Gesetzliche Preisintervention zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben: Maßstäbe der Finanzverfassung, der Freiheitsrechte und des Prinzips der Lastengleichheit [1 ed.] 9783428523108, 9783428123100

Der Gesetzgeber setzt zunehmend Preisregelungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben ein. Bei materieller Betrachtung

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German Pages 898 Year 2007

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Gesetzliche Preisintervention zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben: Maßstäbe der Finanzverfassung, der Freiheitsrechte und des Prinzips der Lastengleichheit [1 ed.]
 9783428523108, 9783428123100

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1060

Gesetzliche Preisintervention zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben Maßstäbe der Finanzverfassung, der Freiheitsrechte und des Prinzips der Lastengleichheit

Von

Christian von Stockhausen

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTIAN VON STOCKHAUSEN

Gesetzliche Preisintervention zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1060

Gesetzliche Preisintervention zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben Maßstäbe der Finanzverfassung, der Freiheitsrechte und des Prinzips der Lastengleichheit

Von

Christian von Stockhausen

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung der Peters-Beer-Stiftung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft

Die Juristische Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-12310-0 Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Untersuchung entwickelt die verfassungsrechtlichen Maßstäbe an abgabenähnlich wirkende Vergütungsregelungen, derer sich der Gesetzgeber zunehmend zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben bedient. Als Referenzregelungen, an denen sich abgabenäquivalente Preisintervention veranschaulichen und untersuchen läßt, werden die Stromeinspeisungsregelung des Erneuerbare-EnergienGesetzes, der Herstellerabschlag auf Arzneimittel im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld gewählt. Den Verfassungsmaßstäben an Zwangsvergütungen hat sich das wissenschaftliche Schrifttum bisher nur durch erste Untersuchungen in einzelnen Rechtsgebieten gewidmet; eine gebietsübergreifende Untersuchung dieser Verfassungsanforderungen liegt bislang nicht vor. Die Arbeit wurde im Frühjahr 2006 von der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg als Dissertation angenommen. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Schrifttum konnten bis zum 1. Juli 2006 berücksichtigt werden. An erster Stelle möchte ich meinem verehrten akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Paul Kirchhof, meinen Dank aussprechen. Als seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter am Heidelberger Institut für Finanz- und Steuerrecht hat er mir Förderung ebenso wie wissenschaftliche Freiheit in Maßen gewährt, wie ich sie mir anders nicht hätte wünschen können. Die Entstehung der Arbeit hat er mit seiner Erfahrung begleitet und dabei mein juristisches Denken geprägt. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Ekkehart Reimer für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens, darüber hinaus für intensive Gespräche und vielfachen Rat. Herrn Professor Dr. Hanno Kube, Herrn Professor Dr. Christian Seiler und Herrn Dr. Ulrich Palm danke ich herzlich für wertvolle fachliche Anregungen, die fortwährende Bereitschaft zum Gespräch und die schöne gemeinsame Zeit am Heidelberger Institut. Mit Herrn Dr. Rainer Hess, dem Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses, durfte ich meine Ergebnisse zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung diskutieren.

6

Vorwort

Schließlich bin ich der Peters-Beer-Stiftung zu Dank verpflichtet, welche die Veröffentlichung der Arbeit durch einen großzügigen Druckkostenzuschuß gefördert hat. Gewidmet sei die Arbeit in großer Dankbarkeit meinen Eltern, die zu ihrem Gelingen in vielfältiger Weise beigetragen haben. Heidelberg, im Januar 2007

Christian von Stockhausen

Inhaltsübersicht Erster Teil

§1

Finanzierung von Gemeinwohlbelangen durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

29

Abgabenähnliche Vergütungsregelungen als Mittel öffentlicher Aufgabenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

Zweiter Teil Referenzregelungen der Untersuchung

61

§2

Die Stromeinspeisungsregelung gem. §§ 4 ff., 14 Erneuerbare-EnergienGesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

§3

Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern gem. § 130a Sozialgesetzbuch V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

§4

Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 Mutterschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Dritter Teil Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe auf abgabenähnliche Vergütungsregelungen

135

§5

Staatsaufgabenlehre und private Finanzierungsverantwortung . . . . . . . . . . . . . 135

§6

Nicht-abgabenrechtliche Verfassungsmaßstäbe an abgabenäquivalente Preisinterventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

§7

Möglichkeit und Notwendigkeit einer Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

8

Inhaltsübersicht Vierter Teil Vereinbarkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen mit der Finanzverfassung des Grundgesetzes

230

§8

Die Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

§9

Die grundgesetzliche Dogmatik des Kompetenzübergriffs . . . . . . . . . . . . . . . . 245

§ 10 Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 § 11 Übergriff in Steuerertragskompetenzen und Störungen des Bund-LänderFinanzausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 § 12 Übergriff in Steuerverwaltungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 § 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers . . 387

Fünfter Teil Vereinbarkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen mit den Grundrechten

426

§ 14 Vereinbarkeit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 § 15 Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie gem. Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . 545 § 16 Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG . . 574

Sechster Teil Ergebnis – Die Anforderungen des Grundgesetzes an abgabenähnliche Vergütungsregelungen

813

§ 17 Die Verfassungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen – Zusammenfassung . . . . . 813 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 841 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 875

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Finanzierung von Gemeinwohlbelangen durch privatrechtliche Geldleistungspflichten §1

Abgabenähnliche Vergütungsregelungen als Mittel öffentlicher Aufgabenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Wirtschaftliche Freiheitsentfaltung Privater und hoheitliche Zuweisung öffentlicher Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Entwicklungstendenzen der Erfüllung und Finanzierung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Nichtsteuerliche Geldleistungspflichten in funktioneller Konkurrenz zur Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Privatisierung von Staatsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Erscheinungsformen privatrechtlicher Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Der Tatbestand der „abgabenähnlichen Vergütungsregelung“ . . . . . . . . . . I. Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Problematik des Begriffs der „Quersubvention“ . . . . . . . . . . . . . E. Ziel und Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erkenntnisinteresse – Klärung der Verfassungsmaßstäbe an abgabenähnliche Vergütungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes und Wahl der Referenzregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

29 29 33 33 36 39 46 46 48 51 51 55 59

Zweiter Teil Referenzregelungen der Untersuchung §2

Die Stromeinspeisungsregelung gem. §§ 4 ff., 14 Erneuerbare-EnergienGesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Entwicklung und Hintergrund der Stromeinspeisung . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Entwicklung bis zum Inkrafttreten des Stromeinspeisungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Stromeinspeisungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

61 62 62 67

10

Inhaltsverzeichnis III. B. Ziel I. II.

Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG) . . . . . . . und Funktionsweise der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Zweck der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Funktionsweise des Fördermechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachpflichten, § 4 EEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergütungspflicht, §§ 5 ff. EEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die dauerhafte finanzielle Belastung durch das EEG . . . . . . . . . . . . 1. Die Verteilung der Kostenlast – Der bundesweite Ausgleichsmechanismus gem. § 14 EEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Intensität der Mehrkostenbelastung der Stromlieferanten . . 3. Die Weitergabe der Mehrkostenlast an den Endverbraucher . . . C. Die Stromeinspeisungsregelung als abgabenähnliche Vergütungspflicht §3

§4

Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern gem. § 130a Sozialgesetzbuch V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Hintergrund – Bemühungen um eine Reform der gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Preisbildung im Arzneimittelrecht und sozialversicherungsrechtliche Kostendämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Entwicklung der Arzneimittelrabatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Der Preisabschlag zu Lasten pharmazeutischer Unternehmen gem. § 130a SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung durch das Beitragssatzsicherungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ziele und Maßnahmen des GMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Änderungen des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V durch das GMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergänzungen durch das Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung – Aktuelle Gesetzeslage . . . IV. Aktuelle Gesamtbelastung der Hersteller durch den Abschlag gem. § 130a Abs. 1 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die Belastungswirkung der Erstattungspflicht gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Der Herstellerabschlag als abgabenähnliche Vergütungspflicht . . . . . . . . . Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 Mutterschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Zweck des Entgeltschutzes nach dem Mutterschutzgesetz . . . . . . . . . B. Der verfassungsrechtliche Hintergrund des Mutterschutzes – Art. 6 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Entwicklung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld . . . I. Die historische Entwicklung der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die aktuelle Kostenbelastung der Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73 76 76 78 78 81 82 82 84 85 88 89 89 92 97 100 100 104 104 105 108 110 111 112 114 115 116 119 119 124

Inhaltsverzeichnis

11

D. Die Entwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 E. Die aktuelle Gesetzeslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 F. Der Arbeitgeberzuschuß als abgabenähnliche Vergütungspflicht . . . . . . . 132

Dritter Teil Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe auf abgabenähnliche Vergütungsregelungen §5

§6

§7

Staatsaufgabenlehre und private Finanzierungsverantwortung . . . . . . . . . A. Öffentliche Aufgaben und Staatsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Finanzierung öffentlicher Aufgaben durch die Referenzregelungen . . C. Aufgabenzuordnung und Finanzierungsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Unterscheidung von allgemeinen und besonderen Staatsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorgaben für die Aufgabenfinanzierung aus einer materiellen Staatsaufgabenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht-abgabenrechtliche Verfassungsmaßstäbe an abgabenäquivalente Preisinterventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Verfassungsmaßstäbe an Preisregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriff und Erscheinungsformen von Preisregelungen . . . . . . . . . . . . II. Zulässigkeitsanforderungen der Verfassung an Preisregelungen . . . . B. Verfassungsrechtliche Vorgaben an Indienstnahmen Privater zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Möglichkeit und Notwendigkeit einer Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Verfassungsanforderungen an Sonderabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die besondere Rechtfertigungsbedürftigkeit der Sonderabgabe vor der Finanzverfassung und dem Grundsatz der Lastengleichheit . . . . II. Die Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben . . . 1. Tatbestandsmerkmale und Zulässigkeitsvoraussetzungen . . . . . . . 2. Die Wahrnehmung einer Sachaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Homogenität der belasteten Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die besondere Gruppenverantwortung kraft Sachnähe . . . . . . . . . 5. Die gruppennützige Verwendung des Abgabenaufkommens . . . . 6. Das Erfordernis periodisch wiederkehrender Legitimation der Sonderabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Die haushaltsrechtliche Dokumentationspflicht des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

135 135 136 139 140 140 142 145 145 146 146 148 151 157 158 158 160 160 164 165 166 171 173 174

12

Inhaltsverzeichnis III. Systematisierung der Erscheinungsformen von Sonderabgaben . . . . B. Die Übertragung der Verfassungsanforderungen an Sonderabgaben . . . . I. Rechtfertigung einer Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Formelle Sichtweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Materielle Betrachtung – Wirkungsäquivalenz von Vergütungsregelungen und Sonderabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsbild in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Reaktionen der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eingrenzungsbedarf als Folge einer materiellen Betrachtung . . . II. Kriterien der Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Unterscheidung von Finanzrecht und Wirtschaftslenkung . . 2. Der Zweck der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Schwerpunkt der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abgabenähnliche Vergütungsregelungen als „Formenmißbrauch“ des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Verfassungsmaßstäbe an Sonderabgaben als „abgeleitete“ Verfassungsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zuordnung der einzelnen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu Schutzgütern der Finanzverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Sachzweckerfordernis als Kriterium für Übergriffe des Sachgesetzgebers in Steuerkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Budgetbewilligungsrecht des Parlaments . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gruppennützige Verwendung als Kompensation der Haushaltsflüchtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Periodische Legitimation als Anforderung des Haushaltsverfassungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hinreichende Dokumentation als Anforderung des Haushaltsverfassungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung: Zulässigkeitsanforderungen an Sonderabgaben aus der Funktion des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Grundsatz der Lastengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die besondere Gruppenverantwortung als Anforderung der Lastengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Homogenität der Gruppe als Anforderung der Lastengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die gruppennützige Verwendung des Abgabenaufkommens als Anforderung der Lastengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung: Zulässigkeitsanforderungen an Sonderabgaben aus dem Prinzip der Lastengleichheit . . . . . . . . . . . . 4. Der Schutz des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

174 177 177 178 179 179 182 185 186 186 188 190 191 194 198 198 198 204 204 206 208

211 213 213 216 218 220 222

Inhaltsverzeichnis

13

II. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 D. Schlußfolgerung – Formulierung verfassungsunmittelbarer Rechtfertigungsmaßstäbe für abgabenähnliche Preisinterventionen . . . . . . . . . . . . . . 227

Vierter Teil Vereinbarkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen mit der Finanzverfassung des Grundgesetzes §8

§9

Die Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der verfassungsrechtliche Begriff der Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Prinzip des Steuerstaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Herleitung und normativer Gehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die besondere Abstimmung der steuerlichen Finanzierungsform auf Rechtsgüter und Prinzipien des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . C. Anforderungen des Steuerstaatsgebots an die Auferlegung nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben . . Die grundgesetzliche Dogmatik des Kompetenzübergriffs . . . . . . . . . . . . . . A. Die Gliederung der Finanzgewalt in Einnahmen-, Aufgaben- und Ausgabengewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Begriff des Kompetenzübergriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Übergriffsintensität als Zulässigkeitsgrenze für Kompetenzübergriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 10 Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlage der Übergriffswirkung – Die Einnahmenwirksamkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundfunktion der Steuer – Die Erzielung von Staatseinnahmen . . II. Der allgemeine Grundtatbestand der Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgabenähnliche Vergütungsregelungen in ihrer Einnahmenwirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen – Grundlagen und Schutzzwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Trennung von Steuer- und Sachgesetzgebungskompetenzen durch das Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Horizontale Funktionenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vertikale Gewaltenteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Grenzen der Belastbarkeit des Leistungspflichtigen . . . . . . . . . . . . . . C. Feststellung der Intensität des Kompetenzübergriffs einer einnahmenwirksamen Sachregelung in Steuergesetzgebungskompetenzen . . . . . . . . . I. Kriterien der Übergriffsintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

230

230 230 234 234 237 240 245 246 248 252 256 256 257 259 260 265 266 266 271 278 281 285 285

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Inhaltsverzeichnis 1. Das Verhältnis von Sachgestaltungs- und Finanzierungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Weite der zugewiesenen Finanzierungsaufgabe . . . . . . . . . . . 3. Historische Auslegung der Sachgesetzgebungskompetenz . . . . . 4. Planmäßige Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die staatliche Einnahmenwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Weitere Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendung der Intensitätskriterien auf die Referenzregelungen . . . 1. Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis von Sachgestaltungs- und Finanzierungsfunktion b) Weite der zugewiesenen Finanzierungsaufgabe . . . . . . . . . . . . c) Historische Auslegung der Sachgesetzgebungskompetenz . . d) Planmäßige Einflußnahme auf die staatliche Einnahmenwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Herstellerabschlag für Arzneimittel, § 130a SGB V . . . . . . . . . . a) Verhältnis von Sachgestaltungs- und Finanzierungsfunktion b) Weite der zugewiesenen Finanzierungsaufgabe . . . . . . . . . . . . c) Historische Auslegung der Sachgesetzgebungskompetenz . . d) Planmäßige Einflußnahme auf die staatliche Einnahmenwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis von Sachgestaltungs- und Finanzierungsfunktion b) Weite der zugewiesenen Finanzierungsaufgabe . . . . . . . . . . . . c) Historische Auslegung der Sachgesetzgebungskompetenz . . d) Planmäßige Einflußnahme auf die staatliche Einnahmenwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Übergriffe in Steuergesetzgebungskompetenzen durch Preisinterventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Übergriffsintensität der Stromeinspeisungsregelung . . . . . . . . . . . . . . III. Übergriffsintensität des Herstellerabschlags auf Arzneimittelpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Übergriffsintensität des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 11 Übergriff in Steuerertragskompetenzen und Störungen des Bund-Länder-Finanzausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlage der Übergriffswirkung in Steuerertragskompetenzen . . . . . . . . B. Steuerertragsverteilung und Finanzausgleich – Grundlagen und Schutzzwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Aufgabengerechte Finanzausstattung aller Ebenen im Bundesstaat . . 1. Die Stufenfolge des Finanzausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

285 288 290 291 295 296 296 296 303 304 307 310 310 312 316 318 320 320 322 324 326 328 328 330 331 332 334 334 337 337 338

Inhaltsverzeichnis

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2. Die Bedeutung des Aufgabenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Konkretisierungsbedürftigkeit zentraler Begriffe des Finanzausgleichsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 III. Die Trennung von Gesetzgebungs- und Ertragshoheit . . . . . . . . . . . . 343 II.

C. Die „Störung“ einer Steuer durch Übergriff in die Steuerertragskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 I. Sonderabgaben als Übergriff in die Steuerertragskompetenz – Meinungsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 II. Erster Anhaltspunkt – Das Urteil des BVerfG zur Ergänzungsabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 III. Die „Gleichartigkeit“ von Steuer und nichtsteuerlicher Geldleistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 1. Die Entwicklung des Gleichartigkeitsmaßstabes in der Rechtsprechung des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 2. Gleichartigkeit von Steuern als Übergriff in die Ertragskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 3. Übertragbarkeit auf das Verhältnis von Steuer und fördernder Vergütungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 IV. Übergriffswirkung und Übergriffsintensität von Preisinterventionen in Steuerertragskompetenzen – Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . 361 V. Anwendung auf die Referenzregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 1. Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG . . . . . . . . . . . . . . . . 362 a) Stromsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 b) Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 2. Herstellerabschlag für Arzneimittel, § 130a SGB V . . . . . . . . . . 367 3. Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 VI. Ergebnis: Übergriffswirkung von Preisinterventionen in Steuerertragskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 D. Störung des Finanzausgleichs als Gesamtsystem durch abgabenähnliche Vergütungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 I. Fehlen einer quantitativen Grenze für „Störungslagen“ . . . . . . . . . . . 372 II.

Reaktion systemimmanenter Korrekturmechanismen des Finanzausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 III. Finanzausgleichsrechtliche Relevanz der Referenzregelungen . . . . . 377 IV. Berücksichtigungsfähigkeit abgabenäquivalenter Preisinterventionen als „laufende Einnahmen“ im Rahmen einer Umsatzsteuerrevision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 V. Ergebnis: Störungen des Finanzausgleichs als Gesamtsystem durch abgabenäquivalente Vergütungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 § 12 Übergriff in Steuerverwaltungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385

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Inhaltsverzeichnis

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlage der Übergriffswirkung – Die Ausgabenwirksamkeit abgabenäquivalenter Vergütungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die parlamentarische Ausgabenbewilligung – Grundlagen und Schutzzwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Budgetbewilligungsrecht des Parlaments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Bedeutung und Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans . . . . . . . . a) Sicherung des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts aa) Sicherung der Ermächtigungs- und Kontrollfunktion . . . bb) Erfassung der Abgabenlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Umfassende Vergegenwärtigungsfunktion . . . . . . . . . . . . b) Sicherung der Haushaltsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verteilungsgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Periodizität der Ausgabenbewilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Prinzip der Budgetöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Das Gebot der Gesamtdeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die nen I. II. III. IV. V. VI.

Übergriffsintensität am Maßstab der Beeinträchtigung von Funktioder Ausgabenbewilligungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intensitätskriterien an Übergriffe in das Budgetbewilligungsrecht . . Das Vollständigkeitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Periodische Legitimation des Ausgabegebarens . . . . . . . . . . . . . . . . . Budgetöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trennung von Mittelherkunft und -verwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . Kein Übergriff im Verhältnis von Exekutive und Haushaltsgesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Abschließende Würdigung der Übergriffsintensität abgabenähnlicher Vergütungspflichten in das parlamentarische Budgetbewilligungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

387 387 392 392 392 395 395 396 397 397 399 400 401 402 403 404 404 407 413 417 419 421

423

Fünfter Teil Vereinbarkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen mit den Grundrechten

426

§ 14 Vereinbarkeit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 A. Untersuchungsgegenstand – Verfassungsmäßigkeit der finanziellen Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 B. Schutzbereich der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . 427

Inhaltsverzeichnis

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I.

Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . 427 II. Das Primat der Persönlichkeitsentfaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 III. Unternehmerfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 1. Grundrechtsberechtigung juristischer Personen des Privatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 b) Grundrechtsschutz juristischer Personen gegenüber den Referenzregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 2. Grundrechtsberechtigung gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 3. Gewährleistungen der Unternehmerfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 b) Einzelne Ausprägungen der Unternehmerfreiheit . . . . . . . . . . 435 4. Eröffnung des Schutzbereichs der Unternehmerfreiheit gegenüber den Referenzregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 a) Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG . . . . . . . . . . . . . 438 b) Arzneimittelabschlag zu Lasten der Hersteller, § 130a SGB V 440 c) Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 C. Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 I. Beeinträchtigung durch Auferlegung einer Geldleistungspflicht . . . 442 1. Die berufsregelnde Tendenz einer Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 2. Beeinträchtigung der Berufsfreiheit durch die Referenzregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 a) Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG . . . . . . . . . . . . . 446

II.

b) Arzneimittelabschlag zu Lasten der Hersteller, § 130a SGB V 448 c) Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Die Form der Beeinträchtigung – Berufswahl- oder Berufsausübungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451

D. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Materielle Rechtfertigungsanforderungen – Regelungsvorbehalt und Stufenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sonstige Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit einzelner Referenzregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnismäßigkeit der Referenzregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

452 452 455

456 1. Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG . . . . . . . . . . . . . . . . 457 a) Gemeinwohldienlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 b) Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 c) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460

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Inhaltsverzeichnis aa) Erhöhte Anstrengungen der Elektrizitätswirtschaft auf freiwilliger Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verbändevereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Selbstverpflichtungserklärungen der Energiewirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Alternative Ausgestaltungen der finanziellen Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gewährung von Investitionszuschüssen . . . . . . . . . . . (2) Erhebung einer Sonderabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Direkte Subventionierung aus öffentlichen Mitteln . . cc) Ergebnis zur Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gewicht der verfolgten Gemeinschaftsinteressen . . . . . . cc) Gewicht der beeinträchtigten Grundrechtsgewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Intensität der Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Ausgestaltung der Vergütungsregelung . . . . . . . . (2) Möglichkeiten der Stromhändler zur Weitergabe der Mehrkostenlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Existenzgefährdende Belastung der letztversorgenden EVU durch § 14 Abs. 3 EEG . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Angemessenheit des Zwangs zur Konkurrentenförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Ergebnis: Angemessenheit der Stromeinspeisungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Berücksichtigung von Aspekten der Lastengleichheit in der Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Herstellerabschlag auf Arzneimittelpreise, § 130a SGB V . . . . . a) Gemeinwohldienlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Exkurs: Rechtsprechung des BVerfG zur Kostendämpfung im System der GKV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Konsolidierungsbeiträge der pharmazeutischen Industrie auf freiwilliger Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rabattverträge mit Krankenkassen auf freiwilliger Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Selbstverpflichtungserklärungen der pharmazeutischen Industrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abgabenrechtliche Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

461 461 462 464 464 465 466 470 470 470 471 473 475 475 477 478 479 480 481 482 484 484 486 489 490 490 491 492 493

Inhaltsverzeichnis (1) Ersetzung des Herstellerabschlags durch eine Sonderabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Finanzierung der GKV und das „Argument der Lastenverlagerung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ermäßigung der Umsatzsteuerbelastung von Arzneimitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis: Erforderlichkeit des Herstellerabschlags . . . . . e) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätze der Abwägung und abwägungsrelevante Rechtsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausgestaltung der Abschlagsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Höhe und Dauer der finanziellen Belastung . . . . . . . . . . dd) Ergebnis: Angemessenheit des Herstellerabschlags . . . . f) Berücksichtigung von Aspekten der Lastengleichheit in der Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gemeinwohldienlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Intensität der finanziellen Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gleichheitsrechtliche Erwägungen in der Angemessenheitsprüfung – Der Beschluß des BVerfG zum Arbeitgeberzuschuß vom 18. November 2003 . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorgaben des Art. 6 Abs. 4 GG für die Verlagerung öffentlicher Finanzlasten auf private Gruppen? – Zur Kritik des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Funktion des Art. 6 Abs. 4 GG und Verhältnis zum Gebot der Lastengleichheit . . . . . . . . . . . . . . (b) Entstehungsgeschichte des Art. 6 Abs. 4 GG . . (c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Das Gebot einer „Gesamtbetrachtung“ öffentlicher und privater Anteile an den Finanzlasten des Mutterschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Systematische Einordnung der „Gesamtbetrachtung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Eingrenzung der zu vergleichenden Sozialleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die „besondere Verantwortungsbeziehung“ der Arbeitgeber für den Mutterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis: Angemessenheit des Arbeitgeberzuschusses . .

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493 495 497 498 499 499 500 502 505 505 506 506 507 507 509 510

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514 514 516 519

520 521 523 525 526

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Inhaltsverzeichnis IV. Die Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten als Element der freiheitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 1. Die Verteilung öffentlicher Lasten zwischen dem Staat und Privaten als Frage der Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 a) Struktur und Grenzen der Erforderlichkeitsbetrachtung . . . . 528 b) Das „Argument der Lastenverlagerung“ in der Erforderlichkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 c) Ergebnis: Lastenverteilung kein Gegenstand der Erforderlichkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 2. Die Legitimation einer finanziellen Sonderbelastung als Element der Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 a) Verbreitete Prüfungsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535

V.

b) Finanzierungsverantwortlichkeit als Frage der Angemessenheit – Ein Dilemma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 c) Ergebnis: Vorzugswürdigkeit einer systematischen Gleichheitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 3. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 Ergebnis zur Rechtfertigung der Referenzregelungen . . . . . . . . . . . . 544

§ 15 Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie gem. Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . 545 A. Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie und Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 B. Das Konkurrenzverhältnis der Eigentumsgarantie zur Berufsfreiheit . . . 547 C. Schutz der Eigentumsgarantie gegen abgabenähnliche Vergütungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 I. Vertragliche Rechtspositionen als Gegenstand der Eigentumsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 II. Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 III. Der Schutz der Eigentumsgarantie gegen hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 1. Zwangsvergütungen als staatlich auferlegte Geldleistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 2. Die Rechtsprechung des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 3. Der Meinungsstand im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 IV. Systematische Konsequenzen des Vermögensschutzes durch Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568 1. Dogmatik des Eigentumsschutzes und Zwangsvergütungen . . . . 569 2. Vermögensschutz der Eigentumsgarantie im Verhältnis zur Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570

Inhaltsverzeichnis

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D. Übereinstimmung der Rechtfertigungsmaßstäbe von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 § 16 Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Rechtfertigungsbedarf abgabenähnlicher Preisinterventionen vor dem allgemeinen Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Prinzip der Lastengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Systematische Einordnung und Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtfertigungsanforderungen der Belastungsgleichheit an finanzielle Sonderlasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtfertigung der Sonderlast und Intensität der Sonderbelastung . . C. Ungleichbehandlung durch Preisintervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Ungleichbehandlung als Tatbestandsvoraussetzung des allgemeinen Gleichheitssatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ungleichbehandlungen durch die Referenzregelungen . . . . . . . . . . . . 1. Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Herstellerabschlag für Arzneimittel, § 130a SGB V . . . . . . . . . . 3. Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Rechtfertigung der Sonderbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verfassungsmäßigkeit des Differenzierungsziels und des Differenzierungskriteriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfassungsmäßigkeit des Regelungszwecks und des Differenzierungsziels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfassungsmäßigkeit des Differenzierungskriteriums . . . . . . . . . II. Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes an den Rechtfertigungsgrund finanzieller Sonderbelastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der allgemeine Gleichheitssatz als Willkürverbot . . . . . . . . . . . . 2. Die „neue Formel“ des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kriterien der Maßstabswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Verhältnis der Maßstäbe zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die „neue Formel“ – eine Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Maßstabsbildung als Kontinuum steigender Rechtfertigungsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Grundvoraussetzung der Rechtfertigung – Der „sachliche Grund“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Intensität verfassungsgerichtlicher Kontrolle . . . . . . . . . . . . . a) Die „weite Gestaltungsfreiheit“ des Gesetzgebers . . . . . . . . .

574 574 578 578 584 590 591 591 593 594 595 597 598 598 598 599 601 603 603 605 608 610 610 615 617 619 619

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Inhaltsverzeichnis b) Besonderheiten der Kontrolle von Zwangsvergütungen am Maßstab der Lastengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Folgerung: Anforderungen des Gleichheitssatzes an die Rechtfertigung abgabenähnlicher Preisinterventionen . . . . . . . . . . . . . . III. Die Unterscheidung zwischen Sach- und Finanzierungsverantwortung bei der Rechtfertigung öffentlicher Sonderlasten . . . . . . . . . . . . 1. Ausprägungen der Unterscheidung in der Rechtsordnung . . . . . a) Die neuere Rechtsprechung des BVerfG zu Indienstnahmen Privater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Unterscheidung von Sach- und Finanzierungsverantwortlichkeit im Polizeirecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Zielkonflikt zwischen Belangen der effektiven Gefahrenabwehr und solchen der gerechten Lastenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Unterscheidung von Primärebene und Sekundärebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anscheinsgefahr und Anscheinsstörer . . . . . . . . . . . . (2) Auswahl unter einer Mehrheit von Störern . . . . . . . . 2. Ableitung der Unterscheidung aus der Struktur der Gleichheits- und der Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Rechtfertigung sonderbelastender Naturalleistungs- und Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Folgerungen für die Ausbildung verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe an abgabenäquivalente Preisinterventionen . . . . IV. Bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe der Referenzgebiete . . . . 1. Energiewirtschaftsrecht und Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Recht der Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Individualarbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Distanz zur Steuer als Anforderung an materielle Belastungsgründe finanzieller Sonderlasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Belastungsgründe nichtsteuerlicher Abgaben – Materielle Steuerdistanz und Umgehungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Materielle Steuerdistanz in der Wahl der Belastungsgründe b) Die legitimen Belastungsgründe nichtsteuerlicher Abgaben als Umgehungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts . . . . . . . a) Ausgangspunkt – Rechtfertigung und Bemessung der Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Gebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

626 630 634 635 635 637 638

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c) Der Beitrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682 d) Die Sonderabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685 aa) Die Rechtsprechung des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685 bb) Die Gesetzgebungspraxis im Sonderabgabenrecht . . . . . 691 e) Die Verbandslast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695 f) Der Sozialversicherungsbeitrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 700 g) Sonstige Abgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 704 h) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706 aa) Aufwandsveranlassung und Vorteilsausgleich als systemtragende Belastungsprinzipien des nichtsteuerlichen Abgabenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706 bb) Lenkung und Umverteilung als lediglich ergänzende Zwecksetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709 cc) Materielle Steuerdistanz der Belastungsgründe . . . . . . . . 711 3. Gegenprobe – Verursachung und Vorteilsabschöpfung als Tatbestände der Steuerrechtfertigung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 713 4. Folgerungen für die gleichheitsrechtliche Legitimation von Zwangsvergütungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 716 VI. Grenzen zulässiger Belastungsintensität von Zwangsvergütungen – Das Gebot der Korrelation von Legitimationsgrund und Umfang der Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 718 VII. Die gleichheitsrechtliche Legitimation der Referenzregelungen . . . . 722 1. Evident unsachliche Rechtfertigungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 723 a) Zweckmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723 b) Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726 2. Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG . . . . . . . . . . . . . . . . 727 a) Kausalverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727 aa) Die Rechtfertigung der Sonderbelastung aus Sicht des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727 bb) Mittelbare Verursacherverantwortlichkeit der Stromhändler wegen Bevorzugung konventioneller Stromerzeugungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729 (1) Steuerungsmacht im Nachfrageverhalten der Stromhändler oder der Verbraucher? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729 (2) Wechselnde Positionen des Gesetzgebers . . . . . . . . . . 732 (3) Rechtfertigung der SER als verursachergerechte Belastung der Endverbraucher? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 735 cc) Zwischenergebnis: Scheitern der gesetzgeberischen Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 737 dd) „Nachreichen“ tragfähiger Belastungserwägungen durch den Gesetzgeber? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 738

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Inhaltsverzeichnis ee) Verursacherverantwortlichkeit für den geringen Marktanteil erneuerbarer Energien aufgrund benachteiligenden Wettbewerbsverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausgleich einer besonderen Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis zur gleichheitsrechtlichen Legitimation der Stromeinspeisungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Herstellerabschlag auf Arzneimittelpreise, § 130a SGB V . . . . . a) Kausalverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vielzahl zweckidentischer Sonderlasten im Recht der GKV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kausalverantwortlichkeit der Hersteller wegen Ausnutzung defizitärer Wettbewerbsverhältnisse auf dem GKV-Arzneimittelmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Arzneimittelfestbeträge als zentrales Instrument zur Beseitigung von Wettbewerbsdefiziten auf dem GKV-Arzneimittelmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Fehlender Nachweis überhöhter Herstellerabgabepreise im Geltungsbereich des Herstellerabschlags gem. § 130a Abs. 1 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis: Keine besondere Kausalverantwortlichkeit der Arzneimittelhersteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausgleich einer besonderen Begünstigung der Arzneimittelhersteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis zur Rechtfertigung des Herstellerabschlags . . . . . . 4. Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlen einer Rechtfertigungskonzeption des Gesetzgebers . . b) Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers als Belastungsgrund . c) Grundlagen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers . . . . . . . . . d) Die Reichweite der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers . . . . . . aa) Kausalität als Zurechnungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Begünstigung des Arbeitgebers als Zurechnungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Rechtfertigung des Arbeitgeberzuschusses aus der Fürsorgepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Gegenprobe – Rechtfertigung anderer Lohnfortzahlungspflichten aus dem Fürsorgegedanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und das Gebot materieller Steuerdistanz von Sonderlasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Ergebnis zur Rechtfertigung des Arbeitgeberzuschusses . . . .

741 746 753 755 755 757

762

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768 776 777 782 783 783 784 785 789 790 794 797 797 803 808 811

Inhaltsverzeichnis

25

Sechster Teil Ergebnis – Die Anforderungen des Grundgesetzes an abgabenähnliche Vergütungsregelungen

813

§ 17 Die Verfassungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen – Zusammenfassung . . 813 A. Tatbestand und Charakteristika abgabenähnlicher Vergütungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 813 B. Zulässigkeitsanforderungen des Grundgesetzes an abgabenähnliche Vergütungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 815 I. Handlungsformspezifische Verfassungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 816 II. Möglichkeit und Notwendigkeit einer Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 816 III. Die Vereinbarkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen mit der Finanzverfassung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 819 1. Rechtfertigungsanforderungen aus dem Prinzip des Steuerstaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 819 2. Die grundgesetzliche Dogmatik des Kompetenzübergriffs . . . . . 820 3. Kompetenzübergriff des Sachgesetzgebers in Steuergesetzgebungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 821 4. Übergriff in Steuerertragskompetenzen und Störungen des Bund-Länder-Finanzausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 824 5. Übergriff in die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 IV. Vereinbarkeit abgabenähnlicher Preisinterventionen mit den Grundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 827 1. Rechtfertigung des Eingriffs in die Unternehmerfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 827 2. Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie gem. Art. 14 Abs. 1 GG gegenüber abgabenäquivalenten Vergütungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829 3. Vereinbarkeit abgabenähnlicher Vergütungspflichten mit dem Prinzip der Lastengleichheit gem. Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . 830 a) Das Prinzip der Lastengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 830 b) Verfassungsanforderungen an den Rechtfertigungsgrund – Die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . 831 c) Der Umfang der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers . . . . 833 d) Unterschiedliche Rechtmäßigkeitsanforderungen an die Inanspruchnahme einer besonderen Sach- gegenüber einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 834 e) Die legitimen Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts – Steuerdistanz und Umgehungsverbot . . . . . . . . 834

26

Inhaltsverzeichnis f) Die Bemessung abgabenäquivalenter Finanzierungspflichten – Korrelation von Legitimationsgrund und Belastungsintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 836 g) Gleichheitsrechtliche Legitimation der Referenzregelungen 836 C. Perspektiven von Zwangsvergütungen vor dem Hintergrund ihrer besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsbedürftigkeit – Abschließende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 838

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 841 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 875

Abkürzungsverzeichnis AAG

Gesetz über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen

AFG

Arbeitsförderungsgesetz

AFWoG

Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen

AVWG

Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung

BMAS

Bundesministerium für Arbeit und Soziales

BSSichG

Beitragssatzsicherungsgesetz

BTOElt

Bundestarifordnung Elektrizität

EEG

Erneuerbare-Energien-Gesetz

EEX

European Energy Exchange

EnWG

Energiewirtschaftsgesetz

ET

Energiewirtschaftliche Tagesfragen

EVU

Energieversorgungsunternehmen

GKV

Gesetzliche Krankenversicherung

GMG

Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung

KWKG

Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz

MuSchG

Mutterschutzgesetz

RdE

Recht der Energiewirtschaft

RVO

Reichsversicherungsordnung

SDSRV

Schriftenreihe des Deutschen Sozialrechtsverbandes e. V.

SER

Stromeinspeisungsregelung

SGB

Sozialgesetzbuch

StrEG

Stromeinspeisungsgesetz

VDEW

Verband der Elektrizitätswirtschaft

VFA

Verband Forschender Arzneimittelhersteller

VSSR

Vierteljahresschrift für Sozialrecht

ZNER

Zeitschrift für Neues Energierecht

Im übrigen sei verwiesen auf Kirchner, Hildebert/Butz, Cornelie, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Auflage, 2003.

Erster Teil

Finanzierung von Gemeinwohlbelangen durch privatrechtliche Geldleistungspflichten § 1 Abgabenähnliche Vergütungsregelungen als Mittel öffentlicher Aufgabenfinanzierung A. Wirtschaftliche Freiheitsentfaltung Privater und hoheitliche Zuweisung öffentlicher Lasten Aristoteles unterscheidet in der Nikomachischen Ethik zwischen zwei Grundformen der Gerechtigkeit: „Die eine ist wirksam bei der Verteilung von öffentlichen Anerkennungen, von Geld und sonstigen Werten, die den Bürgern eines geordneten Gemeinwesens zustehen. Hier ist es nämlich möglich, daß der eine das gleiche wie der andere oder nicht das gleiche zugeteilt erhält. Eine zweite Grundform ist die, welche dafür sorgt, daß die vertraglichen Beziehungen von Mensch zu Mensch rechtens sind.“1 Die erste Grundform, die das Verhältnis des Individuums zum Gemeinwesen betrifft, nennt Aristoteles die „verteilende“ oder „austeilende“ Gerechtigkeit; sie ist „auf das Gerechte bei den Verteilungen“ gerichtet und weist jeder Person das ihr „Angemessene“ zu.2 Die zweite Grundform, die Aristoteles die „regelnde“ oder „ausgleichende“ nennt, entsteht „im Bereich der vertraglichen Beziehungen zwischen Mensch und Mensch“, insbesondere bei „dem freiwilligen Güteraustausch“.3 Die beiden Grundformen der Gerechtigkeit nach Aristoteles sind in der Scholastik weiterentwickelt worden4 und prägen als Unterscheidung zwischen „iustitia distributiva“, der zuteilenden Gerechtigkeit, und „iustitia commutativa“, der Gerechtigkeit im Leistungsaustausch, die abendländische Rechtsphilosophie bis in die Gegenwart.5 1 Aristoteles, Nikomachische Ethik, Buch V 1131a (Übersetzung von F. Dirlmeier, 1997, S. 125 f.). 2 Aristoteles, a. a. O., Buch V 1131b. 3 Aristoteles, a. a. O., Buch V 1131b–1132b. 4 Eingehend hierzu J. Gordley, The Philosophical Origins of Modern Contract Doctrine, 1991, S. 10 ff.; ders., California Law Review 69 (1981), S. 1587 ff. 5 Vgl. nur G. Radbruch, Rechtsphilosophie, 3. Aufl., 1932, S. 30 f.; H. Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 4. Aufl., 1985, S. 215 ff.; K. F. Röhl, Allgemeine

30 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

Die iustitia distributiva verwirklicht sich in der Zuteilung von Lasten und Wohltaten durch das Gemeinwesen an seine Bürger. Sie ist eine Gerechtigkeit „in Ansehung der Person“6 und weist jedem Mitglied des Gemeinwesens das ihm „Angemessene“7 zu. Der Maßstab der Angemessenheit hängt dabei von der Form des Gemeinwesens und dem Gegenstand der Verteilung ab. Anerkennungen empfängt der einzelne nach dem Maß seiner Verdienste um das Gemeinwesen, Begünstigungen entsprechend seiner Bedürftigkeit, Lasten werden ihm nach dem Maßstab seiner Verantwortlichkeit auferlegt.8 Die iustitia commutativa entsteht in der Sphäre des vertraglichen Waren- und Leistungsaustausches zwischen Bürgern, wie Aristoteles sagt, „überall da, wo das Gesetz freie Hand läßt.“9 Sie ist eine Gerechtigkeit „ohne Ansehung der Person“, die nicht nach der Verantwortlichkeit oder Bedürftigkeit der Vertragsparteien, sondern allein nach dem Wert der ausgetauschten Leistungen fragt.10 Der Inhalt des vereinbarten Geschäfts, nicht das Ziel einer hoheitlichen Zuteilung, bildet den Maßstab des Gerechten. Die klassische Unterscheidung zwischen Gerechtigkeit im Austausch und Gerechtigkeit in der Zuweisung öffentlicher Lasten begegnet in den Rechtsmaßstäben des modernen Verfassungsstaates wieder.11 Unter dem Grundgesetz gelten für den Leistungsaustausch unter Freiheitsberechtigten aufgrund rechtsgeschäftlicher Vereinbarung gänzlich andere Rechtmäßigkeits- und Wirksamkeitsanforderungen als für die Auferlegung öffentlicher, also gemeinwohldienlicher Lasten durch den Staat. Beteiligt die öffentliche Hand den Bürger beispielsweise im Wege der Besteuerung an der Deckung ihres allgemeinen, aus der Erfüllung öffentlicher Aufgaben entstehenden Finanzbedarfs, so ist sie dabei verpflichtet, die Grundrechte des Belasteten zu wahren sowie rechtsstaatliche Grundsätze zu beachten. Ist die finanzielle Inanspruchnahme des Bürgers vor dem in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Prinzip der Lastengleichheit gerechtfertigt und wahrt

Rechtslehre, 2. Aufl., 2001, S. 309 ff.; zur Bedeutung der iustitia distributiva gerade für das deutsche Privatrecht C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, 1997, S. 9 ff.; zu ihrer Bedeutung für das Arbeitsverhältnis W. Zöllner, Gerechtigkeit im Arbeitsverhältnis, in: FS f. Alfred Söllner, 2000, S. 1297 (1301 ff.). 6 M. Salomon, Der Begriff der Gerechtigkeit bei Aristoteles, 1937, S. 26; G. del Vecchio, Die Gerechtigkeit, 2. Aufl., 1950, S. 55. 7 Aristoteles, Nikomachische Ethik, Buch V 1131b. 8 C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 16; M. Salomon, Der Begriff der Gerechtigkeit bei Aristoteles, 1937, S. 29; G. Radbruch, Rechtsphilosophie, 3. Aufl., 1932, S. 30. 9 Aristoteles, Nikomachische Ethik, Buch V 1132b. 10 G. del Vecchio, Die Gerechtigkeit, 2. Aufl., 1950, S. 55; G. Radbruch, Rechtsphilosophie, 3. Aufl., 1932, S. 30. 11 Zur Bedeutung der austeilenden Gerechtigkeit für die Rechtsmaßstäbe finanzstaatlichen Handelns P. Kirchhof, JZ 1979, S. 153 (154).

§ 1 Abgabenähnliche Vergütungsregelungen als Mittel

31

der Grundrechtseingriff das Gebot der Verhältnismäßigkeit, so kann die Zuweisung der öffentlichen Last an den einzelnen als „gerecht“ bezeichnet werden. Ergibt sich eine Geldleistungspflicht hingegen aus der privatautonomen Vereinbarung zweier Freiheitsberechtigter, so finden hoheitliche Handlungsmaßstäbe auf diese Verpflichtung keine Anwendung. Zwar gibt der Gesetzgeber der wirtschaftlichen Freiheitsentfaltung Privater einen rechtlichen Rahmen vor, bei dessen Ausgestaltung er an die besonderen Vorgaben des Rechts für staatliches Handeln gebunden ist. Für die Pflichten, denen Freiheitsberechtigte sich innerhalb dieses Rahmens im Verhältnis zueinander unterwerfen, gelten diese rechtlichen Anforderungen jedoch nicht. Die Entscheidung, ob das Verteilungsergebnis eines Güteraustauschs zwischen Freiheitsberechtigten ausgeglichen, ob es „austauschgerecht“ ist, überläßt die Rechtsordnung weitestgehend der autonomen Vereinbarung der Parteien; sie greift hier nur zur Abwehr grober Mißverhältnisse und im Falle äußerst ungleicher Verhandlungspositionen ein.12 Dies entspricht der Beobachtung des Aristoteles, die iustitia commutativa verwirkliche sich „überall da, wo das Gesetz freie Hand läßt.“13 Leistungsaustausch im Privatrechtsverhältnis und iustitia commutativa auf der einen Seite, hoheitliche Lastenzuweisung und iustitia distributiva auf der anderen Seite nähern sich einander unmittelbar an, wenn der Staat dem Bürger zur Förderung des allgemeinen Wohls Pflichten auferlegt und dabei an den Abschluß privatvertraglicher Austauschgeschäfte anknüpft. Dies ist um so mehr der Fall, je weiter der Gesetzgeber durch die Regelung solcher Pflichten über die Ausgestaltung des allgemeinen rechtlichen Rahmens privater Leistungsbeziehungen hinausgeht und einen Vertragspartner gezielt zur Wahrnehmung einer bestimmten, klar umrissenen öffentlichen Aufgabe in Anspruch nimmt. Besonders deutlich wird das Element hoheitlicher Inanspruchnahme, wenn die Gemeinwohlaufgabe, zu deren Erfüllung die belastete Vertragspartei herangezogen wird, einen Zusammenhang zu dem Inhalt des privatrechtlichen Austauschverhältnisses kaum mehr erkennen läßt. Eine solche Überformung privatrechtlicher Vertragsinhalte bietet dem handelnden Hoheitsträger mehrere Vorteile. Regelmäßig wird sich der Gesetzgeber dann für eine Modifikation privatvertraglicher Leistungsprogramme entscheiden, wenn er an einem bestimmten Verhalten eines Vertragspartners ein öffentliches Interesse erkennt, das es aus seiner Sicht gebietet, den Freiheitsberechtigten bei der weiteren Verfolgung seiner Ziele finanziell zu unterstützen. Ein solches öf12 Ein Beispiel bietet die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts, welches gegen die guten Sitten verstößt, vgl. § 138 Abs. 1 BGB, oder als Wucher anzusehen ist, vgl. § 138 Abs. 2 BGB. Im Kartellrecht kann die Verweigerung einer angemessenen Vergütung durch ein marktbeherrschendes Unternehmen den Tatbestand der unbilligen Behinderung nach § 20 Abs. 1 GWB erfüllen, dazu K. Markert, in: U. Immenga/E.-J. Mestmäcker (Hrsg.), GWB, Kommentar, 3. Aufl., 2001, § 20 Rn. 216. 13 Aristoteles, Nikomachische Ethik, Buch V 1132b.

32 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

fentliches Interesse kann beispielsweise an Aufgaben des Umweltschutzes, der Gesundheitsversorgung und des familiären oder sozialen Engagements bestehen. Eine Förderung dieser Aufgaben läßt sich leicht dadurch erreichen, daß das wirtschaftliche Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung durch gesetzliche Anordnung zugunsten des förderungswürdigen Vertragsteils verändert wird. Der begünstigte Kontrahent wird hierdurch in die Lage versetzt, eine gemeinwohldienliche Tätigkeit, der er bislang nicht oder nur im begrenzten Rahmen seiner eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nachgehen konnte, aufzunehmen oder in erweitertem Umfang fortzusetzen. Bemerkenswert ist, daß mit der Intervention des Gesetzgebers zugleich auch die Maßstäbe der iustitia distributiva in die Sphäre des freiwilligen Güteraustauschs Einzug halten: Jedenfalls aus Sicht des Gesetzgebers ist das Ergebnis der vertraglichen Güterverteilung nicht mehr allein dann gerecht, wenn beide Parteien – wie Aristoteles formuliert – einen Gegenwert dessen erhalten, „was durch sie eingebracht worden war“.14 Vielmehr erlangen für die Güterverteilung auch die Verantwortlichkeit des belasteten sowie die Förderungswürdigkeit des begünstigten Vertragsteils Bedeutung. Auch die Austauschgerechtigkeit ist plötzlich eine solche „in Ansehung der Person.“ Ein weiterer Vorteil für den Staat ergibt sich daraus, daß die finanziellen Ressourcen, die zu dem erweiterten gemeinwohlnützigen Engagement vonnöten sind, weder in der Person des Geförderten vorhanden sein noch aus Mitteln der öffentlichen Hand bereitgestellt werden müssen. Die gesetzliche Anpassung der vertraglichen Pflichten an die Förderabsicht des Gesetzgebers führt dem unterstützten Vertragspartner das wirtschaftliche Handlungsvermögen, welches er benötigt, zu. Der Gesetzgeber erreicht folglich zum einen, daß eine Aufgabe des öffentlichen Interesses von den Angehörigen einer gesellschaftlichen Gruppe wahrgenommen wird, die zu dieser Aufgabe in einem besonderen Näheverhältnis steht und daher zu ihrer effektiven und sachkundigen Erfüllung regelmäßig in besonderer Weise befähigt ist. Er vermag es zum anderen, die Wahrnehmung der Gemeinwohlaufgabe sicherzustellen, ohne daß der öffentlichen Hand hieraus Aufwendungen entstehen. Neben den Vorzügen einer sachkundigen und engagierten Aufgabenwahrnehmung gewinnt er die Möglichkeit, einen bestimmten Aspekt des Gemeinwohls ohne Belastungen für die öffentlichen Haushalte zu fördern. Beide Ziele des Gesetzgebers, die Situation der öffentlichen Haushalte zu verbessern und für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung Sorge zu tragen, bilden zugleich die Leitaspekte zweier Entwicklungen, welche die Finanzierung und die sachliche Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in der jüngeren Vergangenheit maßgeblich prägen. Die erste dieser Entwicklungen vollzieht sich im Bereich der staatlichen Einnahmenwirtschaft und ist von dem Bestreben aller Ge14

Aristoteles, a. a. O., Buch V 1132b.

§ 1 Abgabenähnliche Vergütungsregelungen als Mittel

33

bietskörperschaften getragen, neben der Steuer als Regelinstrument15 der Staatsfinanzierung zunehmend weitere Einnahmequellen zu erschließen. Die zweite Entwicklung ist auf die (Rück)Übertragung öffentlicher Aufgaben aus staatlicher in private Aufgabenträgerschaft, also auf Privatisierung im weitesten Sinne, gerichtet.

B. Entwicklungstendenzen der Erfüllung und Finanzierung öffentlicher Aufgaben I. Nichtsteuerliche Geldleistungspflichten in funktioneller Konkurrenz zur Steuer Eine schon gegenwärtig hohe Steuerbelastung des Bürgers, steigende Schulden der Gebietskörperschaften sowie eine Tendenz zur Erweiterung des Spektrums staatlicher Aufgaben formen gegenwärtig den Hintergrund für das Bemühen von Bund, Ländern und Gemeinden, neue Einnahmequellen zu erschließen und innovative Formen der Aufgabenfinanzierung zu ersinnen.16 Da der Dekkung des öffentlichen Finanzbedarfs durch Kreditaufnahme ebenso wie durch erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt sind,17 entfalten alle Glieder des Bundesstaates erhebliche Kreativität bei der Konzeption neuartiger Formen nichtsteuerlicher Abgaben. Die Erweiterung des überkommenen Instrumentariums nichtsteuerlicher Abgabenerhebung zeigt sich zunächst darin, daß auch solche Tätigkeitsbereiche der öffentlichen Verwaltung, die traditionell als allgemeine Staatsaufgaben der Finanzierung aus Steuermitteln vorbehalten waren, zum Einsatzgebiet entgeltender Abgaben werden. Der Gesetzgeber erkennt damit zunehmend besondere Kostenverantwortlichkeiten bestimmter gesellschaftlicher Gruppen für Bereiche des Staatshandelns, für die bislang davon ausgegangen wurde, sie lägen im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und seien daher einer Finanzierung 15 Zur Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung des Staates P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 45 ff.; J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 ff.; W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10 ff. 16 Zu diesen Ursachen einer vordringenden nichtsteuerlichen Aufgabenfinanzierung C. Gramm, Der Staat 36 (1997), S. 267 (269 ff.); U. Sacksofsky, Staatsfinanzierung durch Gebühren?, in: dies./J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 188. 17 Zur verfassungsrechtlichen Begrenzung beider Instrumente P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 47 und 293 ff.; eingehend zu den Grenzen zulässiger Staatsverschuldung W. Höfling, Staatsschuldenrecht, 1993, S. 150 ff.; zu den Grenzen erwerbswirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand S. Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 411 ff.

34 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

durch Sonderlasten nicht zugänglich. Ein Beispiel hierfür bietet die Erhebung sog. Flugsicherheitsgebühren, mit denen die Kosten der Passagier- und Gepäckkontrollen auf die Fluggesellschaften überwälzt werden. Da die Kontrollen zur Verhinderung krimineller oder terroristischer Anschläge durchgeführt werden, dienen sie der öffentlichen Sicherheit, deren Gewährleistung durch Staatsorgane traditionell als allgemeine öffentliche Last angesehen wird.18 Anschaulich wird diese Tendenz der Aufgabenfinanzierung auch in der Forderung von Kostenersatz für Polizeieinsätze auf Großveranstaltungen in den Bereichen der Kultur und des Sports.19 In vielen Fällen ist die Erweiterung des traditionellen Spektrums nichtsteuerlicher Abgaben mit einer Annäherung dieser Sonderlasten an die Handlungsform der Steuer verbunden. Denn häufig handelt es sich bei neuartigen Formen nichtsteuerlicher Abgaben um Finanzierungsinstrumente, die nach ihrer Funktion und Wirkungsweise in größerer Konkurrenz zur Steuer stehen als die überkommenen Kategorien nichtsteuerlicher Abgaben. Deutlich wird dies etwa in der Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit sog. Verleihungsgebühren. Im Schrifttum wird bisweilen vertreten, neben der Verwaltungs- und der Benutzungsgebühr als anerkannten Grundtypen der Gebührenerhebung bestehe in Gestalt der Verleihungsgebühr eine weitere zulässige Gebührenform. Als entgeltpflichtiger Tatbestand wird dabei die Übertragung eines Rechtes – beispielsweise einer Genehmigung zu verbrauchender Nutzung von Umweltressourcen – an den Abgabenpflichtigen durch die öffentliche Verwaltung angesehen. Von den überkommenen Formen der Gebührenerhebung unterscheidet sich die Verleihungsgebühr darin, daß der öffentlichen Hand durch die Zuwendung des Rechts keinerlei Sonderaufwand entsteht oder dieser nicht als Legitimation der Sonderbelastung angeführt wird. Zur Rechtfertigung der Gebühr wird allein auf die vermögenswerte Möglichkeit zur Nutzung des eingeräumten Rechts verwiesen.20 Durch diesen Verzicht auf das Erfordernis eines ausgleichsfähigen hoheitlichen Sonderaufwandes21 wird ein Belastungsgrund aufgegeben, der die Sonderlast in unterscheidungskräftiger Distanz zur Rechtfertigung der Besteuerung hielte; zwangsläufig tritt die Verleihungsgebühr in starke funktionelle Konkurrenz zur Steuer.22 18 Das BVerfG hat die Erhebung solcher Gebühren für zulässig erachtet, vgl. BVerfG (Kammerentscheidung), NVwZ 1999, 176 ff.; kritisch hierzu H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 357 (Es werde „verstärkt auch vorrangig gemeinwohldienliches Handeln als abgabenrechtlich individuell zurechenbar betrachtet“.). 19 Hierzu eingehend J. Lege, VerwArch 89 (1998), S. 71 (85 ff.). 20 F. Kirchhof, DVBl. 1987, S. 554 ff.; ders., NVwZ 1987, S. 1031 (1035); D. Drömann, Nichtsteuerliche Abgaben, 2000, S. 293 ff.; U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 197 ff., 210 ff. 21 Zu Entstehung und Entwicklung dieses klassischen Rechtfertigungsgrundes der Gebühr K. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: FS f. Willi Geiger, 1989, S. 518 ff.

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Aber auch unter solchen Abgabenpflichten, die sich den klassischen Grundtypen der Gebühr zuordnen lassen, treten immer häufiger Gestaltungsformen auf, die sich in Funktion und Wirkungsweise der Steuer annähern. Die Ähnlichkeit zur Steuer kann hier insbesondere aus der Ausformung des Belastungsmaßstabes folgen. So hat das Bundesverfassungsgericht es für zulässig gehalten, wenn Benutzungsgebühren nicht allein nach Maßgabe der staatlicherseits entstandenen Kosten oder des zugewendeten Vermögenswertes belasten, sondern darüber hinaus die finanzielle Leistungsfähigkeit des Pflichtigen berücksichtigen23 und damit zum Teil den Belastungsmaßstab der Besteuerung übertragen. Da die Gebührenerhebung sich somit in der Wahl des Anwendungsgebietes, des Rechtfertigungsgrundes und des Belastungsmaßstabes auf die Steuer zu bewegt, wird in der Literatur gefragt, ob sich die Staatsfinanzierung auf den Weg „vom Steuerstaat zum Gebührenstaat“ begeben habe und welche Grenzen das Grundgesetz einer solchen Entwicklung setze.24 Noch deutlicher als für die Vorzugslasten zeigt sich die funktionelle Annäherung finanzieller Sonderlasten an die Steuer bei der Sonderabgabe. Da diese, anders als Gebühren und Beiträge, aber ebenso wie die Steuer, „voraussetzungslos“, also ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand, auferlegt wird,25 steht sie schon in ihrem Belastungsgrund der Steuer näher als die überkommenen Formen nichtsteuerlicher Abgaben. Da sie zudem nicht auf Steuer-, sondern auf Sachgesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG gestützt wird, hat sie gegenüber der Besteuerung „die seltene Ausnahme“26 zu bleiben. Die hohen Zulässigkeitsanforderungen, die das BVerfG für Sonderabgaben formuliert hat,27 haben diese Abgabenart finanzverfassungsrechtlich einbinden, jedoch nicht verhindern können, daß sie in vielen Gebieten des Umwelt- und des Wirtschaftsverwaltungsrechts zum Einsatz kommt. 22 Ablehnend gegenüber der Verleihungsgebühr daher P. Kirchhof, DStJG 15 (1993), S. 3 (13 f.); K. H. Friauf, „Verleihungsgebühren“ als Finanzierungsinstrumente?, in: Festschrift 600 Jahre Universität Köln, 1989, S. 679 ff.; J. Pietzcker, DVBl. 1987, S. 774 ff. 23 BVerfGE 97, 332 (345 ff.); zu den gleichheitsrechtlichen Grenzen einer sozial motivierten Gebührenstaffelung F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 244 f. 24 Hierzu U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000; C. Gramm, Der Staat 36 (1997), S. 267 ff.; F. Kirchhof, Die Verwaltung 21 (1988), S. 137 ff.; ähnlich bereits W. Leisner, Verwaltungspreis – Verwaltungssteuer, in: GS f. Hans Peters, 1967, S. 730 (734) („Flucht aus der Steuergewalt in die Gebührenhoheit“). 25 BVerfGE 55, 274 (298) – Berufsausbildungsabgabe; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 221. 26 BVerfGE 55, 274 (308); 91, 186 (203); 101, 141 (147). 27 Vgl. BVerfGE 55, 274 (305 ff.); 67, 256 (275 ff.); 82, 159 (178 ff.); 91, 186 (202 f.); eingehend hierzu P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 221 ff.; ders., Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 ff.

36 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

Es ist vorstellbar, daß die beschriebene Entwicklung, in deren Zuge nichtsteuerliche Geldleistungspflichten zunehmend in funktionelle Konkurrenz zur Steuer treten, sich auch außerhalb des nichtsteuerlichen Abgabenrechts fortsetzt. Die Möglichkeiten des Gesetzgebers, Privaten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben Geldleistungspflichten aufzuerlegen und sich dabei von den anerkannten Belastungsgründen und -maßstäben nichtsteuerlicher Abgaben zu entfernen, sind nicht auf die Ausgestaltung von Abgabenpflichten beschränkt. Auch die Veranlassung direkter Finanztransfers zwischen Freiheitsberechtigten gibt dem Gesetzgeber Gelegenheit, das bislang eingesetzte Instrumentarium der Belastung Privater zur Finanzierung öffentlicher Belange zu erweitern. II. Privatisierung von Staatsaufgaben Neben der vermehrten Zuweisung nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten zum Zwecke der Einnahmenerzielung dienen auch Veränderungen des Aufgabenbestandes der öffentlichen Hand immer häufiger dazu, die Finanzierung von Staatsaufgaben sicherzustellen. Unter dem Oberbegriff der Privatisierung wird dabei eine Vielzahl von Gestaltungsformen zusammengefaßt, deren gemeinsames Merkmal es ist, daß eine bislang durch Staatsorgane wahrgenommene öffentliche Aufgabe vollständig oder teilweise auf private Aufgabenträger (rück)übertragen wird.28 Nach dem Umfang, in dem die Aufgabe auf Private verlagert wird, und dem Rechtsverhältnis, welches ab dem Zeitpunkt der Übertragung zwischen dem privaten Aufgabenträger und dem Staat besteht, werden als Grundformen der Privatisierung die Organisations-,29 die Aufgaben-30 und die funktionale Privatisierung31 unterschieden.32

28 Die Verlagerung einer öffentlichen Aufgabe oder eines Aufgabenteils aus der staatlichen Sphäre hin zu Privaten bildet anerkanntermaßen den Kern des Privatisierungsbegriffs, dazu C. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, S. 107, 178 ff.; U. Di Fabio, JZ 1999, S. 585 f.; H. Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 (250); zur Abgrenzung von der sog. Vermögensprivatisierung J. A. Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 39; W. Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, 2002, S. 35 f. 29 Zum Begriff M. Burgi, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 75 Rn. 5; L. Osterloh, VVDStRL 54 (1995), S. 204 (210); abweichendes Begriffsverständnis bei J. A. Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 41 f. – Die Organisationsprivatisierung wird auch dahin charakterisiert, sie bilde keine „echte“ Privatisierung, da die Aufgabe die Sphäre des Staates nicht verlasse, sondern lediglich die Form ihrer Wahrnehmung wechsele, so J. Isensee, VVDStRL 54 (1995), S. 303. 30 Zu Begriff und Abgrenzung C. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, S. 107 f.; U. Di Fabio, JZ 1999, S. 585 (588). 31 Hierzu M. Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, 1999, S. 145 ff.; W. Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, 2002, S. 36 f. 32 Hartmut Bauer weist zutreffend darauf hin, bei diesen Grundformen handele es sich lediglich um Idealtypen, zwischen denen zahlreiche Teil- und Mischformen auftreten, vgl. ders., VVDStRL 54 (1995), S. 243 (252).

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Wenngleich sich die verschiedenen Grundformen der Privatisierung in Umfang und Gestaltung der Aufgabenverlagerung erheblich unterscheiden, so sind es doch im wesentlichen dieselben Motive, durch die staatliche Entscheidungsträger zu einer Übertragung öffentlicher Aufgaben aus dem Spektrum der Staatstätigkeit auf Private bewegt werden. Im Vordergrund steht dabei regelmäßig das Bestreben, die Sachkunde privater Wirtschaftsbeteiligter für die Förderung des Gemeinwohls zu gewinnen.33 Unabhängig davon, ob Private als Beliehene tätig werden, als Verwaltungshelfer im Rahmen einer funktionalen Privatisierung Teilbeiträge zu einer fortbestehenden Staatsaufgabe erbringen oder eine bislang staatliche Aufgabe ganz übernehmen, erhalten sie hierdurch die Möglichkeit, ihren Sachverstand in bestimmten Tätigkeitsbereichen bei der Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben einzubringen.34 Zugleich wird die öffentliche Verwaltung von der Notwendigkeit entlastet, selbst ausgebildete Kräfte und technische Vorrichtungen zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe vorzuhalten. In der Verlagerung von Kosten und Aufwand auf Private, der eine Entlastung des Staates gegenübersteht, ist zugleich das zweite Hauptmotiv von Privatisierungsentscheidungen angesprochen.35 Die verstärkt seit den späten achtziger Jahren einsetzenden Bemühungen um eine Rückverlagerung staatlicher Aufgaben in die Sphäre der Gesellschaft sind in ihrem Umfang nur als Reaktion auf das bis dahin über Jahrzehnte anhaltende Wachstum des Kreises staatlicher Aufgaben zu erklären, einem Wachstum, das in Verbindung mit einer zunehmenden Komplexität öffentlicher Aufgaben den Staat nach Ansicht einiger Autoren an die Grenze der Überforderung geführt hat.36 An dieser Stelle besteht die sichtbarste Verbindung zwischen der Privatisierung und der zuvor genannten Entwicklung, der Erschließung neuer Einnahmequellen: Zur Bewältigung der finanziellen Lasten, die sich für die öffentliche Hand aus der Übernahme immer weiterer und zunehmend komplexer Aufgaben ergeben, bieten sich dem Staat nur die Wege einer Steigerung des Einnahmenvolumens oder der Übertragung bislang eigenhändig – oder jedenfalls auf eigene Kosten – wahrgenommener Aufgaben auf Private. 33 Hierzu C. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, S. 18; H. Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 (256); M. Burgi, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 75 Rn. 33. 34 Zur Gewinnung privaten Sachverstandes als Grundmotiv kooperierenden Staatshandelns P. Kirchhof, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, 1977, S. 142 f. 35 Allgemein zur Entlastung der öffentlichen Verwaltung als Privatisierungsmotiv J. Pietzcker, Verfahrensprivatisierung, in: W. Hoffmann-Riem/J.-P. Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 284 (302); H. Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 (256 f.). – Bisweilen wird die Situation der öffentlichen Haushalte als Hauptmotiv jeder Privatisierungsmaßnahme bewertet, vgl. L. Osterloh, VVDStRL 54 (1995), S. 204 (213); C. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, S. 18. 36 M. Burgi, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 75 Rn. 10; C. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, S. 16.

38 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

Neben die Einschaltung privaten Sachverstands und die Entlastung der Verwaltung – und damit der öffentlichen Haushalte – treten je nach Form und Einsatzgebiet einer Privatisierungsmaßnahme weitere Motive. So geht der Rückzug des Staates aus der erwerbswirtschaftlichen Betätigung zur Sicherung der allgemeinen Daseinsvorsorge – etwa auf den Gebieten der Post und der Telekommunikation, ähnlich bei der Energieversorgung – auf Impulse des europäischen Gemeinschaftsrechts zurück, das auf einen ungehemmten Wettbewerb auch in diesen Bereichen drängt.37 Auch in Aufgabenfeldern ohne vergleichbar dominanten gemeinschaftsrechtlichen Hintergrund kann der Steuerungsmodus von Markt und Wettbewerb ein zentrales Privatisierungsziel bilden, wenn der Gesetzgeber sich hiervon einen Gewinn an Effizienz und Wirtschaftlichkeit gegenüber einer weiteren Aufgabenwahrnehmung durch die öffentliche Verwaltung verspricht.38 Nicht zuletzt kann eine Aufgabenverlagerung auf Private in Sachbereichen, in denen die Bearbeitungskapazitäten staatlicher Stellen bereits überbeansprucht sind, die Verwirklichung öffentlicher Interessen beschleunigen.39 Von solchen bereichsspezifischen Motiven heben sich die beiden erstgenannten Privatisierungsziele dadurch ab, daß sie für nahezu alle Formen und Anwendungsgebiete der Privatisierung maßgebend wirken. Die Überformung privatrechtlicher Vertragsverhältnisse zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben dient, ähnlich wie zahlreiche Erscheinungsformen der Privatisierung, dazu, die sachgerechte Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben bei gleichzeitiger Schonung der öffentlichen Haushalte sicherzustellen. Sie läßt sich jedoch nicht in die Dogmatik der Privatisierungsformen einordnen. Zwar finden sich unter den Ausprägungen der funktionalen und der Aufgabenprivatisierung durchaus Gestaltungsformen, bei denen Private nicht durch freiwillige Vereinbarung, sondern aufgrund gesetzlichen Zwangs und ohne finanziellen Ausgleich zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben veranlaßt werden.40 Allerdings handelt es sich bei der Benachteiligung eines Vertragsteils durch gesetzliche Modifikation eines privatrechtlichen Austauschverhältnisses regelmäßig um eine rein finanzielle Belastung; es kommt nicht, wie für Privatisierungsmaßnahmen typisch, zur Ausgliederung einer Sachaufgabe aus dem bisherigen Bestand staat37 Eingehend hierzu J. A. Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 90 ff., 299; W. Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, 2002, S. 348 ff. 38 U. Di Fabio, JZ 1999, S. 585 (589); C. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, S. 18. 39 Zum Motiv der Beschleunigung J. Pietzcker, Verfahrensprivatisierung, in: W. Hoffmann-Riem/J.-P. Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 284 (302); H. Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 (256). 40 Eingehend hierzu M. Burgi, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 75 Rn. 23; für einen Einbezug der sog. Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben in die Privatisierungsdogmatik C. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, S. 177; gegen eine solche Einordnung (mit dem Hinweis, es werde keine Staatsaufgabe übertragen) W. Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, 2002, S. 45.

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licher Aufgaben.41 Auch das Verhältnis des begünstigten Vertragspartners zum Staat entspricht keiner typischen Privatisierungskonstellation, da der Private nicht durch Rechtsakt zur vollständigen oder teilweisen Übernahme einer öffentlichen Aufgabe veranlaßt wird,42 sondern lediglich die finanziellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß er sich aufgrund freiwilligen Entschlusses einer Tätigkeit im öffentlichen Interesse widmen kann. Die gesetzliche Überformung vertraglicher Austauschverhältnisse zwischen Privaten bietet der öffentlichen Hand daher bestimmte Vorzüge, wie sie auch für Privatisierungsentscheidungen maßgeblich werden, fügt sich jedoch nicht in die Privatisierungsdogmatik ein.

C. Erscheinungsformen privatrechtlicher Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben Knüpft der Gesetzgeber bei der Zuweisung der Finanzierungslast einer öffentlichen Aufgabe an ein privatrechtliches Vertragsverhältnis an, so verwirklicht er die Ziele der beiden genannten Entwicklungen innerhalb derselben Regelungstechnik. Indem er dem begünstigten Vertragsteil die wirtschaftlichen Voraussetzungen bietet, eine öffentliche Aufgabe wahrzunehmen, trägt er dafür Sorge, daß die betreffende Aufgabe von einem Personenkreis erfüllt wird, der im Rahmen seiner Freiheitsentfaltung, insbesondere seiner Berufs- und Unternehmenstätigkeit, mit dem Gemeinwohlbelang in gesteigertem Maße in Berührung kommt und daher die Erwartung rechtfertigt, er werde sich der Aufgabe fachkundig und sachgerecht annehmen. Indem er das wirtschaftliche Äquivalenzverhältnis der ausgetauschten Leistungen zu Lasten des anderen Vertragsteils modifiziert, stellt der Gesetzgeber die Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe sicher, ohne hierzu Mittel des – vornehmlich aus Steuern gespeisten – allgemeinen Staatshaushalts aufwenden zu müssen. Zugleich bewegt er sich bei der Wahl des Finanzierungsinstruments außerhalb der überkommenen Handlungsformen des nichtsteuerlichen Abgabenrechts. In einem untechnischen Sinne „privatisiert“ der Gesetzgeber sowohl die Erfüllung als auch die Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe, indem er auf der einen Seite der begünstigten Vertragspartei die sachliche Wahrnehmung der Aufgabe ermöglicht, ihr dazu in der Regel auch einen wirtschaftlichen Anreiz bietet, auf der anderen Seite die belastete Vertragspartei zur Bereitstellung der benötigten finanziellen Ressourcen verpflichtet. Innerhalb eines einheitlichen 41 Zur Veränderung auf der Aufgabenebene als Privatisierungsmerkmal J. A. Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 39 f.; L. Osterloh, VVDStRL 54 (1995), S. 204 (210 f.). 42 Zu den Formen hoheitlicher Veranlassung privaten Tätigwerdens bei Privatisierungsmaßnahmen M. Burgi, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 75 Rn. 4 f.

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Regelungsmechanismus verlagert der Gesetzgeber sowohl die Sach- als auch die Finanzierungsaufgabe auf Private. Staatliche Akteure werden folglich weder zur Erzielung von Einnahmen noch zur Verwaltung und Verwendung eingenommener Mittel tätig. Die Intervention des Staates beschränkt sich bei dieser Regelungstechnik darauf, die als gemeinwohldienlich und infolgedessen förderungswürdig erachtete Aufgabe auszuwählen, zu definieren und den zur Förderung nötigen Finanztransfer dadurch zustande kommen zu lassen, daß eine Finanzierungspflicht zu Lasten Privater in ein privatvertragliches Austauschverhältnis gleichsam eingelassen wird. Der Finanztransfer kommt unmittelbar zwischen Privaten zustande, der Fluß der Geldmittel verläuft also „horizontal“. Hierin unterscheidet sich der Fördermechanismus vom Regelbild der Staatsfinanzierung, bei der zunächst im Wege der Abgabenerhebung gewonnene Geldmittel einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zufließen und sodann zur Finanzierung einer bestimmten Aufgabe ausgegeben werden. Im Gegensatz hierzu verläuft der Finanzfluß bei einer gesetzlichen Überformung privatrechtlicher Vertragsverhältnisse gleichsam „quer“; da der Transfer darauf zielt, Private zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe zu befähigen, wird bisweilen bildlich von einer „Quersubvention“ gesprochen.43 Frühe Beispiele des Einsatzes privatrechtlicher Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben finden sich vereinzelt bereits seit den sechziger Jahren. Erste Schritte hin zu einer gesetzlichen Auferlegung privatrechtlicher Förderpflichten ging der Gesetzgeber im Jahr 1965 durch das Zweite Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer.44 Zum Zwecke einer Intensivierung der Vermögensbildung in den Händen der Arbeitnehmerschaft gab das Gesetz eine Reihe von Gestaltungsformen vor, in denen Arbeitgeber vermögenswirksame Leistungen zugunsten ihrer Beschäftigten erbringen konnten.45 Eine gesetzesunmittelbare Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer zusätzlich zu dessen Lohnanspruch Geldleistungen zum Zweck der Vermögensbildung zu gewähren, enthielt die Regelung nicht. Allerdings sah sie vor, eine solche Verpflichtung könne durch tarifvertragliche Vereinbarung begründet werden und schaltete auf diese Weise gezielt die Gewerkschaften als Interessenvertreter des Arbeitnehmers in die Frage der Gewährung vermögenswirksamer Leistungen ein. Zutreffend wurde in der Literatur beobachtet, der Gesetzgeber führe hierdurch zwar keine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitge43 Die anschauliche Bezeichnung fördernder Vergütungsregelungen als Quersubventionen wählen H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 ff., sie wird neben dem Schrifttum (etwa S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 ff.) auch durch das BVerfG aufgenommen, BVerfG, NVwZ 2006, S. 191 (199) – Beitragssatzsicherungsgesetz. 44 Vgl. das sog. Zweite Vermögensbildungsgesetz vom 1. 7. 1965 (BGBl. I S. 585). 45 Zur Zielsetzung der Regelung die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. IV/2814, S. 6.

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bers ein, neben der Lohnzahlung auch vermögenswirksame Leistungen an den Arbeitnehmer zu erbringen, er strebe dieses Ziel jedoch durch „gesetzlich geförderten sozialen Druck“ an.46 Neben dem Ansatz einer finanziellen Förderpflicht zwischen Privaten ist an dem Zweiten Vermögensbildungsgesetz bemerkenswert, daß die Stellungnahmen des Schrifttums zu dessen Verfassungsmäßigkeit schließlich in die Diskussion um die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Sonderabgaben eingingen und deren Entwicklung maßgeblich mit beeinflußten.47 Bereits 1962 hatte der Verordnungsgeber in Gestalt des Frachtenausgleichs für die Beförderung von Steinkohle, Steinkohlenkoks und Braunkohlenbriketts eine Geldleistungspflicht unter Privaten angeordnet, die der Erfüllung einer Gemeinwohlaufgabe diente, die zu diesem Zweck allerdings nicht an ein vertragliches Austauschverhältnis anknüpfte.48 Durch eine Verordnung des Bundesministers für Verkehr wurden Unternehmen der Binnenschiffahrt, die eines der genannten Güter über die Stadt Bingen hinaus rheinaufwärts transportierten, zur Zahlung einer „Ausgleichsabgabe“ verpflichtet, aus deren Aufkommen dem Empfänger einer solchen Lieferung die Differenz zwischen den Beförderungskosten des sog. „gebrochenen Verkehrs“ mit Binnenschiffen und den Kosten eines unmittelbaren Eisenbahntransports ersetzt wurde. Auf diese Weise sollten – im Interesse der Allgemeinheit – volkswirtschaftlich angemessene Entgelte für Verkehrsleistungen gesichert und verkehrswirtschaftliche Schäden in der Binnenschiffahrt vermieden werden.49 Da die „Abgabe“ durch eine private Reederei erhoben, verwaltet und an die Berechtigten ausgezahlt wurde, stellte sie sich bei formeller Betrachtung nicht als Abgabe, sondern als hoheitlich auferlegte Geldleistungspflicht unter Privaten zum Zwecke der Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe dar. Aus dieser Perspektive wurde auch ihre Verfassungsmäßigkeit im Schrifttum thematisiert.50 Da der Frachtenausgleich jedoch nicht durch Überformung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem belasteten und dem begünstigten Privaten geregelt und vor Auszahlung an den Berechtigten durch eine eigens hierzu eingeschaltete Stelle verwaltet wurde, liegt es aus heutiger Sicht näher, ihn als atypisch – weil mit Hilfe eines Privatunternehmens – erhobene Sonderabgabe zu begreifen.

46 So R. Mußgnug, Die zweckgebundene öffentliche Abgabe, in: FS f. Ernst Forsthoff, 1972, S. 259 (284). 47 E. Forsthoff, BB 1965, S. 381 ff.; hieran anknüpfend R. Mußgnug, Die zweckgebundene öffentliche Abgabe, in: FS f. Ernst Forsthoff, 1972, S. 259 ff.; diesen aufnehmend sodann BVerfGE 55, 274 (307) und K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (53). 48 Vgl. die Verordnung des Bundesministers für Verkehr über den Frachtenausgleich bei der Beförderung von Steinkohlen, Steinkohlenkoks und Braunkohlenbriketts nach Süddeutschland vom 11. 4. 1962 (BAnz. Nr. 77 vom 19. 4. 1962). 49 Vgl. § 1 der Verordnung. 50 Hierzu F. Rottländer, Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1988, S. 96 ff.

42 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

In jüngerer Zeit, insbesondere seit Beginn der neunziger Jahre, nimmt die Bereitschaft des Gesetzgebers, zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben privatrechtliche Vertragsverhältnisse durch Vergütungsregelungen zu überformen, merklich zu. Drei Rechtsgebiete treten dadurch hervor, daß der Gesetzgeber in diesen Bereichen schon mehrfach privatrechtliche Finanzierungspflichten zugewiesen hat. Bei diesen Rechtsgebieten handelt es sich um das Recht der Energiewirtschaft, genauer der Versorgung mit Elektrizität, weiterhin um das Recht der Leistungsbeziehungen zwischen gesetzlichen Krankenkassen und den Berufsgruppen der Leistungserbringer nach dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V) und um das Individualarbeitsrecht. Während der Gesetzgeber in den beiden erstgenannten Gebieten privatrechtliche Vertragsverhältnisse durch gesetzliche Preisregelungen mitgestaltet, wählt er im Arbeitsrecht Lohnfortzahlungsregelungen, um den Arbeitnehmer als Vertragspartner des Arbeitsverhältnisses zu bestimmten gemeinwohldienlichen Verhaltensweisen zu befähigen. Unter allen Erscheinungsformen privatrechtlicher Finanzierungspflichten im öffentlichen Interesse hat besonders die Vergütungsregelung zugunsten der Einspeiser von Strom aus erneuerbaren Energien die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der rechtswissenschaftlichen Literatur auf sich gezogen. Der Finanzierungsmechanismus nach §§ 4 ff., 14 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG)51 zielt darauf, den Anteil erneuerbarer Energieträger an der Stromerzeugung dadurch zu steigern, daß den Betreibern von Anlagen zur Elektrizitätsgewinnung aus Wind-, Wasserkraft, solarer Strahlungsenergie und anderen erneuerbaren Energien Einspeisevergütungen geleistet werden, die einen rentablen Betrieb solcher Anlagen erlauben. Zu diesem Zweck verpflichten § 4 und 5 EEG die Betreiber von Netzen für die allgemeine Versorgung mit Elektrizität, Anlagen zur Erzeugung von „Ökostrom“ an ihr Netz anzuschließen, den in diesen Anlagen erzeugten Strom abzunehmen und diesen zu gesetzlich festgelegten Mindestpreisen zu vergüten. Die gesetzlich angeordneten Mindestvergütungen liegen dabei über dem Niveau der Preise, die Einspeiser von EEG-Strom im Wege privatautonomer Vereinbarung mit den Abnehmern erzielen könnten. Bei wirtschaftlicher Betrachtung zerfällt die Vergütungspflicht der Netzbetreiber daher in einen Anteil, der dem Marktpreis des eingespeisten Stroms entspricht, und einen zusätzlichen Anteil, den diese nur aufgrund des Zusammenwirkens von gesetzlicher Abnahmepflicht und Mindestpreisregelung erbringen, der ihnen also durch Gesetz auferlegt wird. Auf einen vertraglich geregelten Vorgang des Leistungsaustauschs zu Marktpreisen wird durch Anordnung des Gesetzgebers eine Pflicht zu finanzieller Förderung zwischen Angehörigen verschiedener privater Gruppen gleichsam „aufgesattelt“. 51 Vgl. Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich vom 21. 7. 2004 (BGBl. I S. 1918), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. 7. 2005 (BGBl. I S. 1970).

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Neben der Stromeinspeisungsregelung des EEG findet sich im Recht der Energiewirtschaft eine weitere Vergütungsregelung, die darauf zielt, einen Vertragspartner im Interesse öffentlicher Aufgabenerfüllung finanziell zu begünstigen. Auch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz52 verpflichtet in § 4 Abs. 1 KWKG die Netzbetreiber, Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung an ihr Netz anzuschließen und den in diesen Anlagen erzeugten Strom abzunehmen. Für den aufgenommenen Strom sind gem. § 4 Abs. 3 S. 1 KWKG der Preis, den der Betreiber der KWK-Anlage und der Netzbetreiber vereinbaren, sowie ein Zuschlag zu entrichten, dessen Höhe in § 7 KWKG unmittelbar durch Gesetz festgelegt wird. Zweck der Regelung ist es, Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung zu schützen, zu modernisieren sowie die Stromerzeugung in kleinen KWK-Anlagen auszubauen, um auf diese Weise die Kohlendioxid-Emissionen in der Bundesrepublik bis zum Jahr 2010 um 20 bis 23 Millionen Tonnen zu verringern, § 1 KWKG. Sowohl in seiner umweltschützenden Zielsetzung als auch in seiner Funktionsweise ist der Fördermechanismus des KWKG also der – rund ein Jahrzehnt früher eingeführten – Stromeinspeisungsregelung zugunsten erneuerbarer Energien sehr ähnlich. Nicht zur Förderung der Produktions- und Absatzmöglichkeiten eines bestimmten Wirtschaftszweiges, sondern zur Sicherung einer kostengünstigen Versorgung der Verbraucher mit bestimmten Waren finden fördernde Preisregelungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung Einsatz. So sehen § 130 und § 130a SGB V Preisabschläge für Arzneimittel vor, die zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen abgegeben werden und daher deren Budgets belasten. Mit dem Ziel, die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für Arzneimittel zu stabilisieren und zu senken, verpflichtet § 130 Abs. 1 SGB V die Apotheken, den Krankenkassen für bestimmte Arten von Arzneimitteln Preisabschläge zu gewähren. Eine weitere Abschlagsregelung der gleichen Zielrichtung setzt zwar unmittelbar bei der Abgabe eines Arzneimittels durch die Apotheke an, zielt jedoch auf eine wirtschaftliche Belastung des Arzneimittelherstellers. Die Preisabschläge, welche die Apotheken den Krankenkassen gem. § 130a Abs. 1 S. 1, Abs. 3a und 3b SGB V – zusätzlich zum Rabatt nach § 130 – zu gewähren haben, müssen die pharmazeutischen Unternehmen den Apotheken gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V erstatten. Beide Regelungen dienen dazu, die Belastung der Budgets der Krankenkassen mit Arzneimittelausgaben zu verringern, um auf diese Weise eine Erhöhung der Beitragssätze zu Lasten der Versicherten zu vermeiden. Unter den Regelungen, durch die das wirtschaftliche Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung innerhalb privatrechtlicher Vertragsverhältnisse gesetzlich modifiziert wird, bilden die Arzneimittelabschläge des SGB V insofern eine Besonderheit, als sie sich nicht auf die Förderung einer Gruppe 52 Vgl. Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der KraftWärme-Kopplung vom 19. 3. 2002 (BGBl. I S. 1092), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. 9. 2005 (BGBl. I S. 2826, 2883).

44 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

von Freiheitsberechtigten, sondern auf die finanzielle Begünstigung der Krankenkassen, die als Sozialversicherungsträger der mittelbaren Bundes- und Landesverwaltung zuzuordnen sind, richten. Ein drittes Rechtsgebiet, in dem zunehmend Vergütungsregelungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben eingesetzt werden, ist das Recht der Entgeltfortzahlung im Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Seit Ende der achtziger Jahre hatte das BVerfG mehrfach über die Verfassungsmäßigkeit von Regelungen des Landesrechts zu entscheiden, durch die dem Arbeitgeber aufgegeben wurde, einem Arbeitnehmer für verschiedene Formen gemeinwohldienlichen Engagements Sonderurlaub zu gewähren und ihm während dieser Zeit das Arbeitsentgelt ungemindert weiterzuzahlen. Zu den öffentlichen Aufgaben, zu deren Wahrnehmung die Arbeitnehmer auf diese Weise befähigt und motiviert wurden, zählten beispielsweise die berufliche und politische Bildung53 sowie das ehrenamtliche Engagement in der Jugendarbeit.54 Besondere Aufmerksamkeit in der rechtspolitischen Debatte wurde seither einer weiteren „fördernden“ Lohnfortzahlungsregelung, der Zuschußpflicht des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 Mutterschutzgesetz, zuteil.55 Durch diese Vorschrift wird der Arbeitgeber verpflichtet, einer Arbeitnehmerin für die Dauer der Mutterschutzfristen nach §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG die Differenz zwischen der Höhe des – von öffentlichen Leistungsträgern gewährten – Mutterschaftsgeldes und dem durchschnittlichen monatlichen Arbeitsentgelt weiterzuzahlen. Durch die finanzielle Absicherung der Mutter soll gewährleistet werden, daß diese sich während der Schutzfristen der Sorge um ihre Gesundheit und das Wohl des Kindes widmet und keinen wirtschaftlichen Zwängen zu einer vorzeitigen Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit unterliegt. Indem die Regelung den Arbeitgeber zu Vergütungsleistungen in einem Zeitraum verpflichtet, in dem die Arbeitnehmerin keine Arbeitsleistung erbringt, suspendiert sie das synallagmatische Verhältnis von Arbeitsleistung und Lohnzahlung und modifiziert damit das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Preis- und Lohnregelungen, durch die Unternehmen „subventioniert“ werden oder mit denen Privaten eine Transferleistung gewährt wird, stoßen in der rechtspolitischen Diskussion ebenso wie in Rechtsprechung und Literatur auf äußerst unterschiedliche Reaktionen. Bisweilen wird als Vorzug der Regelungstechnik gepriesen, daß sie die finanzielle Förderung einer Personengruppe zu 53

Vgl. BVerfGE 77, 308 – Bezahlter Bildungsurlaub. Vgl. BVerfGE 85, 226 – Bezahlter Sonderurlaub; die darauf folgende Reaktion des hessischen Landesgesetzgebers gab sodann Anlaß zu BVerfGE 101, 141. 55 Vgl. Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz) vom 24.1.1952 (BGBl. I S. 69) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. 6. 2002 (BGBl. I S. 2318), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. 11. 2003 (BGBl. I S. 2190). 54

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öffentlichen Zwecken ermögliche, ohne dabei den Verwaltungsaufwand zu verursachen, der mit einer Subventionierung privater Gruppen aus öffentlichen Mitteln typischerweise verbunden ist.56 Auch werden Vergütungsregelungen mit Förderzweck als marktkonformes Handlungsmittel des Gesetzgebers angesehen, mit dem dieser das Gemeinwohl auf solchen Märkten fördern kann, auf denen das freie Spiel der Kräfte eine gemeinwohlgerechte Güterverteilung nicht herzustellen vermag; die Intervention des Gesetzgebers korrigiert nach diesem Verständnis ein „Marktversagen“.57 Dieser positiven Bewertung stehen erhebliche Bedenken an einer Erweiterung des gesetzgeberischen Instrumentariums im Schnittpunkt von Wirtschaftslenkung und Finanzierung öffentlicher Aufgaben gegenüber. Kritisiert wird insbesondere, der Gesetzgeber bediene sich durch die Wahl „subventionierender“ Preis- und Lohnregelungen bewußt eines Handlungsmittels, dessen Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen ungeklärt seien.58 Oft wird erwogen, es könne sich bei diesem Finanzierungsinstrument um einen gesetzgeberischen „Formenmißbrauch“ handeln.59 Übereinstimmung herrscht darüber, daß der Gesetzgeber durch die Zuweisung privatrechtlicher Finanzierungspflichten die gleichen Ziele verfolgen könne und die benachteiligten Privaten in äußerst ähnlicher Weise belaste wie bei der Auferlegung einer Sonderabgabe.60 Vielfach wird daraus geschlossen, der Gesetzgeber versuche durch den Einsatz fördernder Vergütungsregelungen, die hohen Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben gezielt zu vermeiden und müsse an einer solchen Formenumgehung durch eine Übertragung der sonderabgabenrechtlichen Maßstäbe auf abgabenähnliche Vergütungsregelungen gehindert werden.61 56 So BGHZ 134, 1 (19) – Stromeinspeisungsregelung II – zur Vorgängerregelung des EEG, §§ 3 ff. Stromeinspeisungsgesetz. 57 Vgl. insbesondere die Begründung des Entwurfs der Regierungsfraktionen zum Beitragssatzsicherungsgesetz 2003, durch das der Arzneimittelabschlag nach § 130a SGB V eingeführt wurde, BT-Drs. 15/28, S. 12, 16. – Ähnlich die Bewertung der Stromeinspeisungsregelung durch R. Scholz, ET 1995, S. 600 (601 f.) („systemgerechte Einfügung in die Ordnung der öffentlichen Energieversorgung“); E. M. Hucko, RdE 1995, S. 141 (142). 58 Für die Stromeinspeisungsregelung: H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 (42); K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 (598 f.). – Für den Herstellerabschlag auf Arzneimittel S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (420). 59 BVerfGE 77, 308 (339) – Bezahlter Bildungsurlaub; BGHZ 134, 1 (28) – Stromeinspeisungsregelung II; M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 125; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 177; H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 (42). 60 Dies räumt selbst BVerfG (Kammerentscheidung), NJW 1997, 573 (574) ein, obwohl die Kammer einer Übertragung der Zulässigkeitsvoraussetzungen von Sonderabgaben – hier: auf die Stromeinspeisungsregelung – ablehnend gegenübersteht. 61 Für die Stromeinspeisungsregelung H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 (43 ff.); M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 93 ff. – Für den Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V vgl. H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (181). –

46 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

D. Der Tatbestand der „abgabenähnlichen Vergütungsregelung“ I. Tatbestandsmerkmale Ungeachtet ihrer verschiedenen Einsatzgebiete und ihrer abweichenden Funktionsweisen im einzelnen weisen die genannten Regelungen einige wesentliche Gemeinsamkeiten auf. Wie bereits dargestellt, kommt in ihnen eine Regelungstechnik zum Ausdruck, bei welcher der Gesetzgeber die gegenseitigen Leistungspflichten im Rahmen einer privatrechtlichen Vertragsbeziehung zugunsten eines Vertragspartners verändert, um diesem ein Verhalten zu ermöglichen, an dem er ein gesteigertes öffentliches Interesse erkennt. Durch seinen Eingriff in eine privatrechtliche Austauschbeziehung führt der Gesetzgeber eine Güterverteilung herbei, die für den begünstigten Vertragsteil durch privatautonome Vereinbarung nicht zu erreichen wäre. Zugleich erlegt er hierdurch der benachteiligten Vertragspartei bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Geldleistungspflicht zur Finanzierung eines Gemeinwohlbelanges auf. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtung teilt sich die Leistung des benachteiligten Vertragsteils in zwei Komponenten: Soweit sie dem Wert der Gegenleistung in solcher Weise entspricht, daß sie im Wege eines unbeeinflußten Vertragsschlusses zu vereinbaren wäre oder sogar vereinbart worden ist, findet sie ihre Grundlage in der vertraglichen Austauschbeziehung. In dem Maße, in dem sie aufgrund der gesetzlichen Vergütungsregelung den Wert der Gegenleistung des begünstigten Vertragspartners übersteigt, beruht sie auf einer durch den Gesetzgeber zugewiesenen Finanzierungspflicht, ist also hoheitlich auferlegt. Wie gesehen wurde, können öffentliche Aufgaben sowohl durch Anknüpfung an einen vertraglich vereinbarten Warenaustausch mit einer Preisregelung als auch durch eine zeitweilige Aufhebung des Synallagmas von Arbeitsleistung und Vergütung innerhalb eines Arbeitsverhältnisses gefördert werden. Betrachtet man die beschriebene Funktionsweise privatrechtlicher Finanzierungspflichten in ihren Grundzügen, so lassen sich hieraus die Merkmale eines allgemeinen Tatbestandes der „abgabenähnlichen“ Vergütungsregelung formulieren. Indem der Gesetzgeber das Wertverhältnis von Sach- und Geldleistung, wie es sich als Ergebnis privatautonomer Vereinbarung einstellen würde, zu Lasten eines Vertragspartners modifiziert, belastet er dessen Vermögen. Erstes Merkmal dieser Regelungstechnik ist daher die Belastung privaten Vermögens. Zweitens entsteht infolge der gesetzgeberischen Intervention – tatsächlich oder zumindest bei einer wirtschaftlichen Betrachtung der Austauschbeziehung – eine Geldleistungspflicht des belasteten zugunsten des geförderten Vertragsteils, die ihre Grundlage nicht in der Vertragsbeziehung, sondern in einer hoheitlichen Anordnung des Gesetzgebers findet. Schließlich dient der fördernde FinanzFür den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, 1997, S. 108 f.

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transfer nicht den privaten Interessen des Begünstigten, sondern der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, zu deren Wahrnehmung der begünstigte Vertragsteil befähigt wird. Der hiermit formulierte Tatbestand der abgabenähnlichen Vergütungsregelung stellt zunächst heraus, daß diese Geldleistungen nicht als Abgabenpflichten zu qualifizieren sind, da sie keinen Zufluß von Geldmitteln zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bewirken.62 Handelt es sich bei der begünstigten Vertragspartei – wie es die Regel bildet – um einen Freiheitsberechtigten, so ist Gläubiger der Geldschuld keine Körperschaft des öffentlichen Rechts und eine Qualifikation der Geldleistungspflicht als Abgabe scheidet offensichtlich aus. Anders liegt es, wenn ein Hoheitsträger Adressat des Finanztransfers ist, wie beispielsweise im Falle der Arzneimittelabschläge nach §§ 130, 130a SGB V, durch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung begünstigt werden. Hier kann ein „vertikaler“ Finanzzufluß als Voraussetzung einer Abgabe dann fehlen, wenn die öffentliche Hand nicht Empfängerin einer positiven Geldleistung ist, sondern lediglich durch die Vermeidung von Mehrausgaben finanziell gefördert wird – wie in den Fällen der Arzneimittelabschläge. Die bloße Ersparnis von Mehraufwendungen der öffentlichen Hand läßt sich zwar bei wirtschaftlicher Betrachtung als Finanztransfer in einem materiellen Sinne begreifen, ein positiver Zufluß von Geldmitteln im formellen Sinne des Abgabenbegriffs liegt hierin jedoch nicht. Unter die fördernden Vergütungsregelungen werden daher auch solche privatrechtlichen Finanzierungspflichten gefaßt, die zwar eine Körperschaft des öffentlichen Rechts begünstigen, mangels eines positiven Zuflusses von Geldmitteln im Verhältnis von belastetem Privaten und begünstigtem Hoheitsträger jedoch nicht als Abgaben zu qualifizieren sind. Wenngleich sich die Finanztransfers fördernder Entgeltregelungen nicht als Abgaben einordnen lassen, so stellen sie sich doch in ihren soeben beschriebenen gemeinsamen Merkmalen als abgabenähnlich dar. Mit den Abgaben stimmen sie in der Belastung privaten Vermögens durch eine hoheitlich auferlegte Geldleistungspflicht, die dem Gesetzgeber zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben dient, überein und bilden insoweit ein funktionelles Äquivalent zur Abgabe. Dies läßt es zu, sie als „abgabenähnlich“ oder „abgabenäquivalent“ zu bezeichnen. Zugleich berücksichtigt diese Begriffswahl, daß Finanzierungspflichten aufgrund gesetzlicher Preisinterventionen sich von Abgaben darin unterscheiden, daß sie bei formeller Betrachtung keinen Zufluß finanzieller Mittel an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts bewirken und angesichts dessen nur „abgabenäquivalent“ sind. Auf welche Weise der Befund der Abgabenähnlichkeit

62 Zum Erfordernis eines positiven Mittelzuflusses an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts als begrifflicher Voraussetzung einer Abgabe P. Kirchhof, in: J. Isensee/ ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 10; F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2001, Rn. 5.

48 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

fördernder Vergütungsregelungen die an dieses Finanzierungsinstrument anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe bestimmt, bildet das Grundthema der Untersuchung. Der Tatbestand der abgabenäquivalenten Preisregulierung grenzt diese Regelungstechnik neben der Abgabe noch von weiteren Instrumenten des Gesetzgebers zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben ab. Fördernde Preisinterventionen werden vielfach den sog. Indienstnahmen Privater für öffentliche Aufgaben zugeordnet.63 Unter Indienstnahmen in diesem Sinne werden Maßnahmen verstanden, durch die Grundrechtsberechtigte zur Erfüllung einer Gemeinwohlaufgabe herangezogen und dabei in ihren Freiheitsrechten, typischerweise der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG oder der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, beeinträchtigt werden.64 Begreift man Vergütungsregelungen als Belastung privaten Vermögens zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe, so bilden sie in der Tat eine spezielle Form der Indienstnahme, bei der die Pflichtigen durch die Auferlegung einer Finanzierungspflicht unter Privaten zu öffentlichen Zwecken herangezogen werden. Ein wesentlicher Unterschied liegt jedoch darin, daß Indienstnahmen typischerweise dem belasteten Grundrechtsträger die eigenhändige Wahrnehmung der Sachaufgabe als solcher aufgeben, während Preisbestimmungen dem benachteiligten Vertragspartner eine Geldleistungspflicht auferlegen. Sie nehmen den Pflichtigen in der Regel ausschließlich finanziell in Anspruch, überbringen also eine primäre Vermögensbelastung; Indienstnahmen hingegen zwingen ihn durch Zuweisung von Naturalleistungspflichten zu Aufwendungen und zur Hinnahme von Eigentumsbeschränkungen, die Vermögensbelastung ergibt sich daher sekundär aus der Erfüllung der auferlegten Verhaltenspflichten. II. Die Problematik des Begriffs der „Quersubvention“ Geldleistungspflichten, die der Gesetzgeber einer Gruppe Privater zu öffentlichen Zwecken auferlegt, um eine andere Gruppe Privater finanziell zu fördern oder um Körperschaften des öffentlichen Rechts vor Mehrausgaben zu bewahren, werden in der rechtswissenschaftlichen Literatur65 bisweilen als „Quersubventionen“ bezeichnet, da der Gesetzgeber eine Personengruppe bei der Erfüllung einer Gemeinwohlaufgabe finanziell unterstützt, die hierzu erforderlichen Mittel jedoch nicht aus dem Staatshaushalt, sondern unmittelbar (gleichsam „quer“) durch die Vermögensbelastung von Freiheitsberechtigten aufbringt. 63 Vgl. etwa für die Stromeinspeisungsregelung BGHZ 134, 1 (21); M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 231 ff.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 195 f. 64 R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 148 Rn. 28; R. Scholz, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 140, 155. 65 Siehe oben § 1 C (mit Fn. 43).

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Diese Terminologie verwendet den Subventionsbegriff66 freilich in zweifacher Hinsicht in einem untechnischen Sinne: Denn zum einen wird als Subventionierung regelmäßig nur eine solche Förderung von Personen im öffentlichen Interesse verstanden, die aus öffentlichen Mitteln finanziert wird.67 So erfaßt etwa der Begriff der Finanzhilfe, der zusammen mit dem Begriff der Steuervergünstigung den Subventionstatbestand des § 12 Stabilitäts- und Wachstumsgesetz formuliert und den Gegenstand des Subventionsberichts der Bundesregierung begrenzt, nur solche Geldleistungen, die der Bund aus eigenen, von ihm zuvor eingenommenen Mitteln gewährt.68 Auch § 264 Abs. 7 S. 1 StGB definiert die Subvention im Sinne des Wirtschaftsstrafrechts als „Leistung aus öffentlichen Mitteln.“ Die Finanzvolumina fördernder Vergütungsregelungen hingegen fließen unmittelbar von der Person des Geldleistungspflichtigen dem Mitglied der geförderten Personengruppe zu, sie bilden daher keine öffentlichen Mittel. Hieraus erklärt sich auch, weshalb fördernde Vergütungsregelungen des Bundesrechts nicht im Subventionsbericht der Bundesregierung aufgeführt werden.69 Zum anderen wird die Bezeichnung als Subvention üblicherweise auf solche Maßnahmen beschränkt, durch die Privatrechtspersonen, in der Regel Unternehmen, gefördert werden. Zwar wird darauf hingewiesen, subventionstypische Fragestellungen könnten sich auch im Verhältnis eines Trägers der öffentlichen Verwaltung zu einer rechtlich selbständigen Person des öffentlichen Rechts oder zu einer öffentlich kontrollierten Person des Privatrechts ergeben.70 Dennoch 66 Unabhängig davon, daß ein allgemeingültiger Begriff der Subvention anerkanntermaßen nicht existiert (hierzu W. Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, 1967, S. 194; H.-D. Grosser, Wirtschaftssubventionen durch die öffentliche Hand, 1983, S. 26), Gesetzgebung und Dogmatik den Begriff vielmehr bereichsspezifisch und in Ausrichtung auf das jeweilige Regelungs- oder Erkenntnisziel unterschiedlich definieren (H. P. Ipsen, VVDStRL 25 (1967), S. 257 (276); M. Nieder-Eichholz, Die Subventionsordnung, 1995, S. 20 f.), haben einige typusprägende Merkmale der Subvention Anerkennung gefunden, von denen zwei durch privatrechtliche Finanzierungspflichten zur Förderung öffentlicher Aufgaben nicht oder nur teilweise erfüllt werden, hierzu sogleich im Text. 67 G. Haverkate, in: R. Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bes. Teil 1, 1995, § 4 Rn. 6; H.-D. Grosser, Wirtschaftssubventionen durch die öffentliche Hand, 1983, S. 31; W. Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, 1967, S. 196. 68 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), 19. Subventionsbericht, 2003, S. 15. 69 Bisweilen wird das Merkmal der vermögenswerten Begünstigung aus öffentlichen Mitteln in der Literatur jedoch auch weit im Sinne einer Zurechenbarkeit der Förderung zur öffentlichen Hand verstanden und ausdrücklich darauf hingewiesen, bei diesem Verständnis rechneten auch privatrechtliche Finanzierungspflichten zu den Subventionen, so M. Rodi, Die Subventionsrechtsordnung, 2000, S. 44; vgl. auch V. Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 1966, S. 29 f. 70 G. Schetting, Rechtspraxis der Subventionierung, 1973, S. 88 ff.; M. Rodi, Die Subventionsrechtsordnung, 2000, S. 44.

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herrscht Einigkeit, daß die Förderung privatrechtlicher Unternehmen den Regelfall der Subventionierung bildet.71 Dies ist zu vergegenwärtigen, wenn im Schrifttum auch Preisabschläge des Arzneimittelrechts als „Quersubventionen“ bezeichnet werden, da diese Regelungen Sozialversicherungsträger, die der mittelbaren Bundes- oder Landesverwaltung zuzurechnen sind, begünstigen. Da die Finanzierungspflicht bei diesen Regelungen nicht zwischen Privaten besteht, werden sie auch durch den anschaulichen Begriff der „Quer“subventionierung nicht zutreffend beschrieben. Daneben werden durch abgabenähnliche Vergütungsregelungen bisweilen – insbesondere durch Lohnfortzahlungspflichten – auch Private gefördert, die nicht unternehmerisch aktiv sind, in deren Unterstützung also keine Subvention im üblichen Sinne, sondern die Gewährung einer Transferleistung liegt. Über die untechnische Verwendung des Subventionsbegriffs hinaus birgt der Begriff der Quersubvention die Gefahr der Verwechslung mit einem etablierten Terminus der Betriebswirtschaftslehre, mit dem ein bestimmtes Wettbewerbsverhalten von Unternehmen beschrieben wird. Als „interne Subventionierung“, „Kreuzfinanzierung“ oder auch „Quersubventionierung“ bezeichnet die Betriebswirtschaftslehre die Verlagerung von Kosten der Herstellung eines Produktes oder des Angebots einer Dienstleistung zwischen verschiedenen Geschäftsbereichen desselben Unternehmens oder verschiedenen Unternehmen desselben Konzerns.72 Die Kosten werden dabei einem anderen Geschäftsbereich bzw. Unternehmen zugerechnet als dem, bei dem sie tatsächlich entstehen. Als Geschäftspraxis gerade öffentlicher Unternehmen bilden Quersubventionen in diesem Sinne ein Thema des europäischen Wettbewerbsrechts.73 Die Kommission definiert Quersubventionierung als Wettbewerbsverhalten, bei dem „ein Unternehmen die Kosten seiner Tätigkeit in einem Produkt- oder geographischen Markt ganz oder teilweise seinen Aktivitäten in einem anderen Produkt- oder geographischen Markt zurechnet.“74 Das betriebswirtschaftliche Phänomen der Quersubventionierung steht mit der Regelungstechnik fördernder Preisintervention zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben nicht in Zusammenhang, weshalb eine Homonymie vermieden werden sollte. 71 G. Haverkate, in: R. Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bes. Teil 1, 1995, § 4 Rn. 7; W. Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, 1967, S. 196; V. Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 1966, S. 3. 72 Grundlegend G. Faulhaber, American Economic Review 65 (1975), S. 966 ff.; vgl. auch J. Borrmann/J. Finsinger, Markt und Regulierung, 1999, S. 138 ff.; H. Berger/P. Knauth, Ordnungsrahmen im Postsektor, in: dies. (Hrsg.), Liberalisierung und Regulierung, 1996, S. 11 (40); J. Kirchner, Kosten des Universaldienstes, 2001, S. 68 ff. 73 Eingehend B. Führmeyer, Quersubventionen als Problem des europäischen Wettbewerbsrechts, 2004. 74 Vgl. die Bekanntmachung der Kommission über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf dem Postsektor vom 6. 2. 1998, ABl. EG C 39, S. 2 (10).

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Zwar lädt der Begriff der Quersubvention dazu ein, ihn auf abgabenähnliche Entgeltbestimmungen anzuwenden, da er – im Subventionselement – die finanzielle Förderung einer Personengruppe im allgemeinen Interesse unterstreicht und zudem – im Begriffselement „Quer-“ – die ungewöhnliche Gestaltung des Finanzflusses zum Ausdruck bringt. Die Bezeichnung bietet damit die Möglichkeit, das vielschichtige Phänomen der Preisintervention zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben auf einen anschaulichen und markanten Begriff zu bringen. Angesichts der begrifflichen Unschärfe, die aus der untechnischen Verwendung des Subventionsbegriffes erwächst, und der Verwechslungsgefahr mit betriebsökonomischer Terminologie wird der Begriff der Quersubvention der Untersuchung jedoch nicht zugrunde gelegt, es wird die Bezeichnung als „abgabenähnliche“ Vergütungsregelung bevorzugt und der Begriff der Quersubvention nur gelegentlich als sprachliches Kürzel verwendet. „Vergütungsregelung“ und „Preisintervention“ werden synonym gebraucht, wobei auch der Arbeitslohn als „Preis“ der Leistung in einem weiteren Sinne begriffen wird, auch Lohnfortzahlungspflichten also den Preisregelungen zugerechnet werden und zwischen Lohn- und sonstigen Preisbestimmungen nicht streng unterschieden wird.

E. Ziel und Gegenstand der Untersuchung I. Erkenntnisinteresse – Klärung der Verfassungsmaßstäbe an abgabenähnliche Vergütungsregelungen Aufgrund des bislang eher vereinzelten Auftretens abgabenäquivalenter Preisregelungen und der Neuartigkeit der Regelungstechnik herrscht über die Verfassungsmäßigkeitsanforderungen an diese fördernden Finanztransfers zwischen Privaten noch erhebliche Unsicherheit. Einigkeit besteht lediglich darüber, daß hierdurch Grundrechtsberechtigte in einer belastenden Weise zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben in Anspruch genommen werden und diese Form der Gemeinwohlförderung deshalb an den Freiheitsrechten der Pflichtigen zu messen ist. Da in der Regel eine bestimmte Berufsgruppe oder ein ganzer Wirtschaftszweig verpflichtet wird, wird als zentraler Grundrechtsmaßstab die Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG herangezogen.75 Soweit Preisinterventionen als besondere Erscheinungsform der sog. Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben begriffen werden, bei der die hoheitliche Belastung in der Auferlegung einer fördernden Geldleistungspflicht 75 Zur Stromeinspeisungsregelung: BGHZ 134, 1 (16 ff.); 155, 141 (148 ff.); M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 121 ff.; S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1221 f.); H. Kremser, AöR 121 (1996), S. 406 (426 ff.). – Zu Arzneimittelabschlägen: S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (418 f.); H. Posser/ R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (179 f.). – Zum Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld: BVerfGE 109, 64 (84 ff.) – Arbeitgeberzuschuß III.

52 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

liegt, werden die Grundsätze zur Anwendung gebracht, die das BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit solcher Indienstnahmen entwickelt hat.76 Ob auf diese Weise der Besonderheit von Preisregelungen, die herangezogenen Privaten nicht mit einer Natural-, sondern mit einer Geldleistungspflicht zu belasten, im gebotenen Maße Rechnung getragen wird, erscheint zweifelhaft. Vielfach wird bei der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung abgabenähnlicher Preisdiktate als Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit zunächst die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Belastung auf Grundlage einer Zweck-Mittel-Relation untersucht und sodann danach gefragt, ob auch die Inanspruchnahme „gerade dieses“ Pflichtigen gerechtfertigt ist. Dabei ist man bisweilen auf der Ebene der Erforderlichkeits-,77 meist auf derjenigen der Angemessenheitsbetrachtung78 bemüht, das Erfordernis einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit des Pflichtigen zu berücksichtigen. Auf diese Weise werden Rechtsfragen der Belastungsgleichheit zu Bestandteilen der Verhältnismäßigkeitskontrolle; ob hiermit systematisch stimmige und problemgerechte Lösungswege eröffnet werden, wird zu untersuchen sein. Die umstrittenste Frage im Zusammenhang mit der Verfassungsmäßigkeit „abgabenäquivalenter“ Vergütungsregelungen richtet sich darauf, ob diese Finanzierungspflichten den Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben unterliegen.79 Begreift man diese Geldleistungspflichten als finanzielle Sonderbelastung einer bestimmten Gruppe Privater zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe, zu deren Wahrnehmung der Gesetzgeber eine hervorgehobene Verantwortlichkeit der belasteten Gruppe erkennt, so rückt dieses Finanzierungsinstrument in unmittelbare Nähe zur Sonderabgabe. Zwar ist für die meisten Typen 76 Zur Stromeinspeisungsregelung: BGHZ 134, 1 (21); 155, 141 (149); M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 231 ff.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 195 f. 77 Vgl. K. H. Friauf, Zwangssubventionierung, 1995, S. 147 ff.; ders., ET 1995, S. 597 (599). 78 Zur Stromeinspeisungsregelung: BGHZ 134, 1 (18 ff.); 155, 141 (150 ff.); M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 263 ff.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 225 ff.; ähnlich F. Ossenbühl, RdE 1997, S. 46 (49 f.), der die Verhältnismäßigkeitsbetrachtung um eine Prüfung der „Doppellegitimation“ erweitert. – Zu Arzneimittelabschlägen: H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (180 f.); F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (352 f.). – Zum Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld: BVerfGE 109, 64 (84 ff.). 79 Zur Stromeinspeisungsregelung: BGHZ 134, 1 (27 f.); 155, 141 (153 f.); H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 ff.; M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 72 ff.; M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 111 ff.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 165 ff. – Zu Arzneimittelabschlägen: S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (414 ff.); H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (180 f.); F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (349 ff.). – Zum Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld: BVerfGE 109, 64 (84 ff.); C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 108 f.; H. Kube, JZ 2004, S. 358 (359 f.).

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fördernder Preisregelungen auch im rechtswissenschaftlichen Schrifttum anerkannt, daß sie bei formeller Betrachtung nicht als Abgaben qualifiziert werden können, da ihre Finanzvolumina nicht einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zufließen.80 Vielfach wird dem Verlauf der Finanzflüsse jedoch geringere Bedeutung für die Bestimmung der anwendbaren Verfassungsmaßstäbe beigemessen als der Funktion und den Wirkungen einer „Quersubvention“; bei einer solchen materiellen Betrachtung81 werden Preis- und Lohnregelungen oftmals als funktionelles Äquivalent zur Sonderabgabe angesehen, bisweilen auch als „verkappte Sonderabgabe“82 beurteilt. Neben der Literatur haben sich auch das BVerfG83 und der BGH84 für einzelne Fälle abgabenähnlicher Finanztransfers mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben auf privatrechtliche Geldleistungspflichten anwendbar, zumindest übertragbar sind. Vor diesem Hintergrund wird zu untersuchen sein, ob, gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sonderabgabenrechtliche Maßstäbe auf Vergütungsregelungen Anwendung zu finden haben; denkbar erscheint allerdings, daß der durch Preisinterventionen aufgeworfene verfassungsrechtliche Rechtfertigungsbedarf auch auf andere Weise vollständig erfaßt und befriedigt werden kann. Hinter dem Befund der Wirkungsäquivalenz von Entgeltregulierung und Sonderabgabe stehen zwei Beobachtungen zur Wirkungsweise fördernder Preisbestimmungen, die in jedem Fall, unabhängig von einer möglichen Übertragbarkeit der Sonderabgabenmaßstäbe, eingehender Untersuchung bedürfen. Dies betrifft zum einen den Rechtfertigungsbedarf, den Preisinterventionen in ihrer Eigenschaft als Instrumente zur Finanzierung öffentlicher Belange aufgeben. Da der Gesetzgeber privates Vermögen belastet, um die hierdurch gebundenen Finanzvolumina zur Finanzierung von Gemeinwohlaufgaben einzusetzen, tangieren Lohn- und Preisregelungen möglicherweise Gewährleistungen der Finanzverfassung, Art. 104a ff. GG. Insbesondere kann nicht ausgeschlossen wer80 Lediglich die Arzneimittelabschläge nach §§ 130, 130a SGB V werden bisweilen als Sonderabgaben qualifiziert, da sie unmittelbar Körperschaften des öffentlichen Rechts begünstigen, vgl. F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (351); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (414 ff.). 81 Zur Stromeinspeisungsregelung: LG Karlsruhe, RdE 1996, 75 f.; H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 ff.; K. H. Friauf, Zwangssubventionierung, 1995, S. 73 ff.; M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 93 ff. – Zu Arzneimittelabschlägen: H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (181); H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 37. – Zum Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld: C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 108 f.; H. Kube, JZ 2004, S. 358 (359 f.). 82 So C. Treffer, UPR 1996, S. 128 (129). 83 Jeweils ablehnend BVerfGE 77, 308 (339) – Bezahlter Bildungsurlaub; 85, 226 (233 f.) – Bezahlter Sonderurlaub; BVerfG, NVwZ 2006, 191 (199) – Beitragssatzsicherungsgesetz. 84 Vgl. – zur Stromeinspeisungsregelung – BGHZ 134, 1 (27 f.); 155, 141 (153 f.).

54 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

den, daß die Ordnung der Gesetzgebungs- und Ertragskompetenzen für Steuern, Art. 105 und 106 GG, durch privatrechtliche Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben in Frage gestellt wird. Da „quersubventionierende“ Finanztransfers die Angehörigen der begünstigten Gruppe finanziell fördern, auf Veranlassung des Gesetzgebers also die wirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten Privater erweitert werden, könnte eine Preisregulierung mit Förderzweck auch mittelbare Auswirkungen auf die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers haben. Da der Schutz eben dieser Verfassungsgewährleistungen auch bei der Entwicklung der formenspezifischen Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben im Vordergrund gestanden hat,85 verweist der Befund der Wirkungsäquivalenz beider Handlungsformen letztlich auf Rechtfertigungsfragen der Finanzverfassung. Neben der finanzverfassungsrechtlichen Relevanz, die sie besitzen könnten, unterstreicht die funktionelle Nähe, in der fördernde Vergütungsregelungen vielfach zu Sonderabgaben gesehen werden, auch ihren Charakter als finanzielle Sonderbelastung Privater für Gemeinwohlzwecke. Durch Zwangsvergütungen werden Grundrechtsträger, die bereits im Rahmen der allgemeinen Steuerpflicht nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben beitragen, zusätzlich belastet. Es bedarf daher der Untersuchung, an welchen Verfassungsmaßstäben die finanzielle Sonderbelastung, die privatrechtliche Finanzierungspflichten auferlegen, zu rechtfertigen ist. Gegenüber der meist als Gegenstand der Grundrechtsprüfung an Art. 12 Abs. 1 GG behandelten Frage, welche Intensität der Inanspruchnahme für öffentliche Aufgaben ein Preisdiktat entfalten darf, handelt es sich bei der Untersuchung, ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche Sonderbelastung überhaupt gerechtfertigt ist, um die logisch vorgelagerte Frage. Das Erkenntnisinteresse der Untersuchung geht folglich dahin, die an abgabenähnliche Vergütungsregelungen anzulegenden Verfassungsmäßigkeitsanforderungen zu klären und die als anwendbar erkannten Verfassungsmaßstäbe zu konkretisieren. Zu diesem Ziel werden der Arbeit drei Referenzregelungen zugrunde gelegt, deren Betrachtung es erlaubt, die für einschlägig erachteten Verfassungsmaßstäbe auch in ihren Anforderungen an die konkrete Regelung zu beleuchten.86 Ziel der Untersuchung ist es auch, die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit dieser Referenzregelungen zu beantworten. Dabei werden jedoch nur solche Rechtsfragen behandelt, die sich aus der Regelungstechnik der Preis- oder Lohnregulierung, die allen Referenzregelungen gemeinsam ist, erge85 Vgl. BVerfGE 55, 274 (298 ff.) – in der Folge st. Rspr., vgl. nur E 91, 186 (202 f.); 93, 319 (342 f.); aus der Lit. grundlegend K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 ff.; ders., Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 ff. 86 Zur Bedeutung von Referenzgebieten für die Entwicklung der Rechtsdogmatik E. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2004, S. 8 f.

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ben. Freilich ist die Grenze zwischen allgemeinen Strukturmerkmalen der Gesetzgebungsart und spezifischen Zulässigkeitsfragen einer Einzelregelung nicht immer eindeutig zu ziehen; dennoch ist die Untersuchung darauf angelegt, die Zulässigkeit der einzelnen Referenzregelungen stets nur insoweit zu überprüfen, wie sich hieraus Rückschlüsse auf die übergreifenden Aspekte der Regelungstechnik fördernder Entgeltbestimmungen ziehen lassen.

II. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes und Wahl der Referenzregelungen Die Auswahl der Referenzregelungen wird zunächst durch den formulierten Tatbestand der abgabenäquivalenten Preisintervention bestimmt. Als exemplarisch zu untersuchende Vorschriften kommen nur solche in Betracht, durch die Privaten bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Geldleistungspflicht auferlegt wird, deren Mittel zwar nicht dem Staat zufließen, von diesem aber dennoch der Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe zugeführt werden. Die Untersuchung betrachtet daher gesetzliche Vergütungsregelungen, die das wirtschaftliche Wertverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung innerhalb einer privatrechtlichen Vertragsbeziehung verändern. Allerdings erfaßt der hiermit formulierte Tatbestand einen Kreis privatrechtlicher Geldleistungspflichten, die sich nach ihrem Anwendungsbereich, der belasteten wie auch der begünstigen Personengruppe und insbesondere der Art und Weise, in der sie den fördernden Finanztransfer zustande kommen lassen, erheblich unterscheiden. Infolgedessen stellen sich nicht alle der skizzierten Rechtsfragen für sämtliche Erscheinungsformen der Entgeltregulierung in einer vergleichbaren Weise. Die Wahl der Referenzregelungen kann daher dazu dienen, den Gegenstand der Untersuchung in Übereinstimmung mit deren Erkenntnisinteresse näher einzugrenzen. Ein wesentliches Ziel der Untersuchung bildet es, die Diskussion um die an Preisinterventionen anzulegenden Verfassungsmaßstäbe zu größerer Klarheit in der Frage zu führen, welche Bedeutung den Zulässigkeitsanforderungen an Abgaben, insbesondere Sonderabgaben, für die verfassungsrechtliche Beurteilung funktionsäquivalenter Preisregelungen zukommt. Angesichts dessen wird der Kreis der betrachteten Finanzierungspflichten auf solche Regelungen begrenzt, für die ein Wirkungsvergleich mit Sonderabgaben zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint. Ein Vergleich von Vergütungsbestimmungen und Sonderabgaben erscheint insbesondere dann nicht sinnvoll und aufschlußreich, wenn eine Entgeltregelung einen äußerst weiten Kreis von Personen begünstigt, dessen Förderung aus dem Aufkommen einer Sonderabgabe der Gesetzgeber in der Praxis nicht in Betracht ziehen würde. Aus diesem Grund werden im folgenden nur solche Preisregelungen untersucht, die eine Personen-

56 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

gruppe begünstigen, die nicht in der Allgemeinheit der Bevölkerung aufgeht, sondern von dieser anhand bestimmter gemeinsamer Merkmale abgrenzbar ist. Hierdurch werden solche Vergütungsregelungen aus dem Kreis der untersuchungserheblichen Gestaltungsformen ausgenommen, die darauf gerichtet sind, eine angemessene Versorgung der Allgemeinheit mit Waren und Dienstleistungen sicherzustellen, an deren Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit der Gesetzgeber ein gesteigertes öffentliches Interesse erkennt. Dies führt dazu, daß etwa die Universaldienste87, die auf den Gebieten einiger netzgebundener Infrastrukturdienste – insbesondere dem Postwesen und der Telekommunikation – eine angemessene und erschwingliche Grundversorgung aller Bevölkerungskreise gewährleisten sollen, nicht Gegenstand der Untersuchung sind. Aufgrund derselben Erwägung scheidet die Genehmigungspflicht der allgemeinen Preise für die Versorgung mit Elektrizität88 aus dem Kreis untersuchungsrelevanter Regelungen aus, da die Gruppe der Letztverbraucher von Strom in der Allgemeinheit aufgeht. Auch die sog. Gebührenordnungen der freien Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte und Notare enthalten zwar Vorgaben für die im Rahmen eines privatrechtlichen Dienstleistungsverhältnisses zu erzielenden Vergütungen, schützen durch diese Vorgaben jedoch einen Kreis von Leistungsberechtigten, der sich in der Allgemeinheit der Bevölkerung verliert. Wenn im folgenden der Begriff der „fördernden“ synonym zu demjenigen der abgabenähnlichen Vergütungsbestimmung verwendet wird, so bezeichnet dies stets eine Entgeltregelung, deren Finanztransfer die Mitglieder einer von der Allgemeinheit abgrenzbaren Gruppe fördert, um sie zur Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe zu befähigen. Andere Typen von Vergütungsregelungen bleiben grundsätzlich außer Betracht. Der Umstand, daß wiederkehrendes Thema der Untersuchung die materielle Ähnlichkeit von Entgeltbestimmungen zu Sonderabgaben und damit zugleich deren funktionelle Konkurrenz zur Steuer ist, würde es nahelegen, nur solche Vergütungsregelungen zu berücksichtigen, die für den Belasteten nicht lediglich eine Umsatzeinbuße bewirken, sondern ihn tatsächlich mit einer „positiven“ Geldleistungspflicht zugunsten des anderen Vertragsteils belegen. Zwar erfüllen sämtliche Referenzregelungen der Untersuchung dieses Erfordernis. Als Tatbestandsmerkmal der abgabenähnlichen Preisintervention muß es indessen aufgrund seiner Zufallsabhängigkeit ausscheiden: Ob die Belastung des benachteiligten Vertragspartners durch eine Erhöhung der von diesem zu erbringenden Geldleistung oder durch eine Verringerung der von ihm zu beanspruchenden Vergütung erreicht wird, hängt regelmäßig nur davon ab, welche Partei Sach87 Zu diesen eingehend G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 348 ff., 393 ff.; J. Masing, Die Verwaltung 36 (2003), S. 1 (25 ff.). 88 Vgl. § 12 der Bundestarifordnung Elektrizität (BTOElt) vom 18. 12. 1989 (BGBl. I S. 2255), zuletzt geändert durch Art. 5 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 7. 7. 2005 (BGBl. I S. 1970).

§ 1 Abgabenähnliche Vergütungsregelungen als Mittel

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und welche Geldleistungsschuldner ist; für das wirtschaftliche Ergebnis des Fördermechanismus ist es ohne Relevanz. Anschaulich wird die Beliebigkeit dieses Merkmals am Beispiel der Preisabschläge zu Lasten von Arzneimittelherstellern, die als „reine“ Abschlagsregelungen lediglich zu Umsatzminderungen der Hersteller führen, keine positive Geldleistungspflicht zugunsten der Krankenkassen begründen und folglich einen eng formulierten Tatbestand der abgabenäquivalenten Preisregulierung nicht erfüllen würden, während sie bei einer Ausgestaltung als Erstattungspflicht, wie sie für § 130a Abs. 1 SGB V gewählt wurde, auch diesen Anforderungen genügen. Für den Tatbestand der fördernden Vergütungsregelung ist es daher ohne Bedeutung, ob durch den Eingriff des Gesetzgebers in das Äquivalenzverhältnis der Leistungen der Sach- oder der Geldleistungsschuldner begünstigt wird. Der Gesetzgeber kann zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben Geldleistungspflichten zwischen Privaten begründen, auch ohne dabei an ein Vertragsverhältnis des Privatrechts anzuknüpfen. Die frühere Regelung des Frachtenausgleichs für Kohle und Koks in der Binnenschiffahrt belegt dies. Allerdings treten solche Regelungen nur sehr vereinzelt auf, was sich auf mehrfache Weise erklären läßt. Zunächst tritt bei Finanztransfers ohne Verankerung in einem privatrechtlichen Vertragsverhältnis das Element der hoheitlich auferlegten Last noch weiter in den Vordergrund als bei der Überformung einer vertraglichen Austauschbeziehung. Zudem wird die Rechtfertigung der Grundrechtsbelastung häufig schwerfallen, wenn der Gesetzgeber keinerlei rechtlich verfestigte Nähebeziehung zwischen belasteter und begünstigter Personengruppe vorfindet. Darüber hinaus zeigen die Förderregelungen des Energiewirtschaftsrechts, EEG und KWKG, daß der Gesetzgeber den Abschluß von Verträgen, an denen sich mit einer Förderpflicht anknüpfen läßt, durch Anordnung eines gesetzlichen Kontrahierungszwanges89 veranlassen kann, wenn sich die beteiligten Privaten zu einem Vertragsschluß aus eigenem Willen nicht bereit finden. Soweit ersichtlich, existieren derzeit keine „quersubventionierenden“ Regelungen ohne Anbindung an ein privatrechtliches Vertragsverhältnis. Solche Regelungen werden daher aus der Untersuchung ausgeklammert. Dies schließt allerdings nicht aus, daß die Verfassungsmaßstäbe, die für abgabenähnliche Vergütungsregelungen herausgearbeitet werden, auch für andere Formen privatrechtlicher Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben, die sich nicht aus einer Entgeltregulierung ergeben, Geltung beanspruchen. Wie bereits erwähnt sind es die Materien des Energiewirtschaftsrechts, des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung und des Individualarbeitsrechts, in denen bislang mehrere abgabenäquivalente Preisregelungen Anwendung gefunden haben und finden. Die Untersuchung wählt aus jedem der drei Rechtsge89 Zur näheren Qualifikation der Abnahme- und Vergütungspflichten nach dem EEG siehe unten § 2 B II 1.

58 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

biete eine Regelung aus, die sie für den Einsatz dieser Regelungstechnik in dem jeweiligen Gebiet als repräsentativ erachtet. Von den energiewirtschaftsrechtlichen „Subventions“regimes zur Förderung einer umweltverträglicheren Stromerzeugung wird die Stromeinspeisungsregelung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gewählt, da sie in ihrem Fördervolumen bedeutender ist und auf eine längere Regelungsgeschichte zurückblickt als das Gesetz zur Kraft-Wärme-Kopplung. Als Beispiel für einen Arzneimittelrabatt aus dem Recht der Leistungsbeziehungen zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und Leistungserbringern dient der Herstellerabschlag nach § 130a Abs. 1, 3b SGB V. Wie bereits angedeutet, unterscheiden sich die Abschlagsregelungen des SGB V von den meisten Erscheinungsformen fördernder Entgeltregulierung darin, daß sie letztlich zu einer wirtschaftlichen Besserstellung der gesetzlichen Krankenkassen führen, die keine Freiheitsberechtigten, sondern als Sozialversicherungsträger Funktionseinheiten der mittelbaren Bundes- oder Landesverwaltung sind. Auch die unmittelbare Begünstigung der Apotheken, der die Erstattungspflicht nach § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V dient, ist nur eine vorübergehende finanzielle Förderung von Freiheitsberechtigten, da durch sie lediglich die Umsatzeinbußen erstattet werden, die den Apotheken aus der Gewährung der Preisabschläge nach § 130a Abs. 1 S. 1, Abs. 3b SGB V zugunsten der Krankenkassen entstehen. Ungeachtet dieser Besonderheit der Arzneimittelrabatte nach dem SGB V lassen sich die von abgabenäquivalenten Preisinterventionen aufgeworfenen Rechtsfragen auch am Beispiel des § 130a SGB V untersuchen. Die Regelung legt den pharmazeutischen Unternehmen eine Geldleistungspflicht auf, belastet also deren Vermögen, um mit den hierdurch gewonnenen Mitteln eine öffentliche Aufgabe, die finanzielle Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung, zu fördern; gleichzeitig ist die Zahlungspflicht nicht als nichtsteuerliche Abgabe zu qualifizieren. Denn der Begriff der Abgabe – in einem allgemeinen Sinne, also ohne Unterscheidung nach der Abgabenart – knüpft an formelle Kriterien. Er erfaßt jede Geldleistungspflicht, die dem Pflichtigen hoheitlich auferlegt wird, dabei auch der Erzielung von Einnahmen dient und deren Aufkommen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zufließt.90 Das Zuflußprinzip erfordert es, daß das Vermögen der vereinnahmenden Körperschaft tatsächlich um Geldmittel gemehrt wird, also in einem „positiven“ Sinne Finanzmittel zugeführt werden.91 Angesichts dieses formellen Erfordernisses scheidet für den Herstellerabschlag eine Qualifikation als Abgabe aus. Zwar ersparen die Abschläge gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V der jeweiligen Krankenkasse, zu deren 90 Hierzu statt vieler F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2001, Rn. 1 ff. 91 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 10; F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2001, Rn. 5.

§ 1 Abgabenähnliche Vergütungsregelungen als Mittel

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Lasten ein Arzneimittel abgegeben wird, Mehrausgaben in Höhe des Abschlagssatzes. Vergleicht man den Vermögensstand der Krankenkasse mit der Situation, wie sie sich ohne Rabattregelung darstellt, so läßt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung von einem Vermögenszuwachs der Krankenkasse sprechen. Geldmittel fließen ihr infolge der verbilligten Arzneimittelabgabe durch die Apotheke indessen nicht zu. Anstatt eines positiven Zuflusses an Geldmitteln, wie der Begriff der Abgabe ihn voraussetzt, bewirkt die Regelung zugunsten der Krankenkasse lediglich eine Ausgabenersparnis. Minderausgaben jedoch erfüllen den formalen Abgabenbegriff nicht. Ebenso wie die übrigen Referenzregelungen ist der Herstellerabschlag auf Arzneimittel gem. § 130a SGB V daher nicht als nichtsteuerliche Abgabe zu qualifizieren. Er wird in dieser Untersuchung den abgabenähnlichen Vergütungsregelungen zugerechnet. Schließlich wird unter den Lohnfortzahlungspflichten des Individualarbeitsrechts die Zuschußpflicht des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG gewählt. Hierdurch wird neben den gesetzlichen Preisregelungen der §§ 4 ff., 14 EEG und § 130a SGB V, die beide an Vorgänge des Warenaustauschs anknüpfen, auch eine Regelung der Entgeltfortzahlung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als Referenzregelung berücksichtigt. Daß sich auch insoweit die oben skizzierten Verfassungsrechtsfragen stellen, wird bereits daraus deutlich, daß auch für die Regelung des Arbeitgeberzuschusses die materielle Wirkungsäquivalenz mit einer Sonderabgabe beobachtet wird.92 Auf weitere fördernde Vergütungsregelungen, die nicht mit der Intensität einer Referenzregelung zu betrachten sind, wird immer dann eingegangen werden, wenn hierdurch Rechtfertigungsfragen, die sich für die Referenzgebiete stellen, deutlicher herausgearbeitet werden können. III. Gang der Untersuchung Die Untersuchung entwickelt die an abgabenähnliche Preisinterventionen anzulegenden Verfassungsmäßigkeitsanforderungen in drei Schritten. Sie fragt zunächst danach, ob diese Regelungen solchen Verfassungsmaßstäben zu unterwerfen sind, die der Gesetzgeber nicht bei jeder Form grundrechtsbelastender Gesetzgebung zu beachten hat, sondern die an eine bestimmte Qualifikation des Handlungsmittels anknüpfen, also handlungsformspezifische Zulässigkeitsmaßstäbe der Verfassung bilden. Insoweit kommt eine Qualifikation fördernder Entgeltregulierung als Preisregelungen und als Indienstnahmen Privater zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben in Betracht. Auch die Verfassungsmaßstäbe an Sonderabgaben bilden in diesem Sinne „besondere“, formenspezifische Zulässigkeitsanforderungen. Die Frage ihrer Anwendbarkeit auf Preis- und Lohnbe92 Vgl. nur C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, 1997, S. 108 f.; H. Kube, JZ 2004, S. 358 (359 f.).

60 1. Teil: Gemeinwohlfinanzierung durch privatrechtliche Geldleistungspflichten

stimmungen wird in Rechtsprechung und Literatur äußerst kontrovers diskutiert. Da Vergütungspflichten keine Abgaben im formellen Sinne sind, eine unmittelbare Anwendung sonderabgabenrechtlicher Maßstäbe also schon aus diesem Grund ausscheidet, wird zu klären sein, ob durch eine Übertragung dieser Anforderungen der verfassungsrechtliche Rechtfertigungsbedarf von Preisinterventionen sachgerecht erfaßt und befriedigt wird. Im darauf folgenden Teil wendet sich die Untersuchung den Vorgaben der Finanzverfassung, Art. 104a ff. GG, für Vergütungsregelungen zu. Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob aus der Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung des Staates – dem sog. Steuerstaatsprinzip – eigenständige Rechtmäßigkeitsanforderungen an finanzielle Sonderlasten wie abgabenäquivalente Finanztransfers herzuleiten sind. Sodann wird auf Grundlage der allgemeinen Dogmatik des Kompetenzübergriffs betrachtet, ob „Quersubventionen“ in die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen für Steuern, Art. 105 ff. GG, sowie in die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers übergreifen und ob die Intensität solcher Kompetenzübergriffe die Verfassungswidrigkeit einer privatrechtlichen Entgeltregelung begründen kann. Der dritte Schritt zur Klärung der Verfassungsmaßstäbe für Zwangsvergütungen untersucht deren Vereinbarkeit mit den Grundrechten der in Anspruch genommenen Privatrechtspersonen. Hierzu werden die Gewährleistungen der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG, der Eigentumsgarantie gem. Art. 14 Abs. 1 GG und insbesondere des Gleichheitssatzes gem. Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Prinzip der Lastengleichheit herangezogen.

Zweiter Teil

Referenzregelungen der Untersuchung § 2 Die Stromeinspeisungsregelung gem. §§ 4 ff., 14 Erneuerbare-Energien-Gesetz Das erste Politikfeld, auf dem der Einsatz abgabenäquivalenter Preisregelungen weite Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, ist die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Die sog. Stromeinspeisungsregelung bildet seit ihrer Einführung durch das Stromeinspeisungsgesetz 1991 das zentrale Instrument des Bundesgesetzgebers bei der Vermittlung von Anreizen zur Stromerzeugung aus regenerativen Energieträgern wie Windenergie, Wasserkraft oder solarer Strahlungsenergie. Neben der Steuerung der Vergütungshöhe für Stromeinspeisungen durch diese Regelung fördert der Bund Forschung und Investitionen im Bereich der Nutzung erneuerbarer Energien in erheblichem Umfang durch Zuschüsse aus Haushaltsmitteln.1 Seit dem Jahr 2000 besteht auch für die Gewinnung von Elektrizität aus Kraft-Wärme-Kopplung eine gesetzliche Förderregelung, die an der Einspeisungsvergütung ansetzt; diese Förderung wurde im Jahr 2002 weiter ausgebaut.2 In seiner Regelungstechnik, insbesondere im Zusammenwirken von Abnahme- und Vergütungspflichten, ähnelt das KraftWärme-Kopplungsgesetz (KWKG) der Stromeinspeisungsregelung zugunsten erneuerbarer Energien. Das übergreifende Ziel aller Maßnahmen zur Förderung einer verstärkten Nutzung regenerativer Energieträger liegt in der Substitution von Elektrizität aus konventioneller Erzeugung im Dienste des Umwelt-, insbesondere des Klimaschutzes. Insofern erlangen die völkerrechtlichen Verpflichtungen, welche die 1 Bei der Investitionsförderung steht das 1999 angelaufene „Marktanreizprogramm zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien“ im Vordergrund, aus dem allein im Jahr 2005 Investitionszuschüsse in Höhe von rund 193 Mio. Euro für die Errichtung von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien geleistet wurden, vgl. Bundesministerium für Umwelt (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Zahlen, 2005, S. 16, 20; Konzeption und Umfang der Forschungsförderung durch die Bundesregierung sind dargestellt in Bundesministerium für Umwelt (Hrsg.), Forschung und Entwicklung im Bereich erneuerbarer Energien – Jahresbericht 2004, 2005. 2 Vgl. das Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der KraftWärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) vom 19. 3. 2002 (BGBl. I S. 1092); zu den Zielen der Novelle vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 14/ 7024.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

Europäische Union und Deutschland im Rahmen des Kyoto-Protokolls zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen eingegangen sind, Bedeutung für die deutsche Energiepolitik.3 In der Zielsetzung des Klimaschutzes stimmt die Stromeinspeisungsregelung (SER) mit einer weiteren finanzstaatlichen Handlungsform auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft, der im Zuge der sog. ökologischen Steuerreform eingeführten Stromsteuer, überein, die darauf zielt, die klimaschädlichen Folgen konventioneller Stromerzeugung durch eine Verteuerung des Stromverbrauchs zu begrenzen.4 Da ein Vergleich mit der Belastungskonzeption der Stromsteuer sich dazu eignet, den Blick für die Legitimation der SER als finanzieller Sonderbelastung einer Gruppe Privater zu schärfen, wird im Zusammenhang mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung der SER auch auf das Verhältnis dieser beiden Instrumente zueinander eingegangen werden.

A. Entwicklung und Hintergrund der Stromeinspeisung I. Die Entwicklung bis zum Inkrafttreten des Stromeinspeisungsgesetzes Seit industrielle Produktion durch die Erzeugung von Strom in Eigenanlagen des Unternehmens begleitet wird, bildet die Einspeisung in Netze zur allgemeinen Versorgung mit Elektrizität eine attraktive, oftmals auch die einzige mögliche Verwendung überschüssiger Energie aus Eigenerzeugung.5 Die Anfänge staatlicher Einflußnahme auf das Rechtsverhältnis zwischen Eigenerzeuger und Abnehmer liegen in den frühen fünfziger Jahren. Im Jahr 1952 erließ der bayerische Staatsminister für Wirtschaft eine Verordnung, durch die Arbeits- und Leistungspreise für die Einspeisung von Strom aus Kleinwasserkraftwerken festgesetzt, ein Kontrahierungszwang jedoch nicht begründet wurde.6 Daneben 3 Dementsprechend beziehen sich sowohl die Gesetzesbegründung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz 2000 als auch diejenige zu dessen Novelle 2004 auf diese völkerrechtlichen Verpflichtungen, vgl. BT-Drs. 14/2776, S. 18, sowie BT-Drs. 15/2864, S. 26. 4 Eine Verbindung zwischen der Stromsteuer und der Förderung erneuerbarer Energien besteht auch insofern, als das Mehraufkommen infolge der ökologischen Steuerreform zum Teil zur Finanzierung des erwähnten Marktanreizprogramms zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien verwendet wird, vgl. hierzu die Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform, BT-Drs. 14/40, S. 2, 9. 5 Zu den historischen Wurzeln der Stromeinspeisung P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, Einführung Rn. 26 ff.; B. J. Herrmann, Anwendungsprobleme des Stromeinspeisungsgesetzes, 1996, S. 21; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 54 ff.; J.-P. Schneider, in: ders./C. Theobald (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 18 Rn. 47 ff. 6 StAnz Bayern Nr. 11 v. 15. 3. 1952 (Nr. By 2/52); geändert durch die VO vom 7. 5. 1957 (GVBl. Bayern, S. 97) und v. 2. 2. 1963 (GVBl. Bayern, S. 31); dazu M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 26.

§ 2 Die Stromeinspeisungsregelung gem. §§ 4 ff., 14 EEG

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stellten Vereinbarungen zwischen den Verbänden beider Seiten schon früh ein Instrument dar, um den Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen Eigenerzeuger und Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) im Einzelfall vorzuzeichnen oder mitzugestalten. So schlossen der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) und der Verband industrieller Kraftwerksbetreiber (VIK) im Jahr 1959 erstmals eine Vereinbarung über die Einrichtung von Gütestellen, die im Falle von Streitigkeiten um die Übernahme freier Leistungen aus bestimmten Eigenanlagen zu entscheiden hatten.7 Eine dynamische Entwicklung setzte gegen Ende der siebziger Jahre ein und führte für den Zeitraum bis 1991 zu einer starken kartellrechtlichen Überformung des Stromeinspeisungsrechts. Das Bundeskartellamt leitete im Jahr 1977 gegen RWE ein Mißbrauchsverfahren gem. §§ 22 Abs. 4 und 5, 26 Abs. 2 GWB (a. F.)8 ein, weil es den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung sowie eine unbillige Behinderung industrieller Sonderabnehmer bei der Verwertung überschüssiger Energie aus Eigenerzeugung vermutete.9 RWE hatte industrielle Eigenerzeuger, die ihren Strombedarf zum Teil aus dem Betrieb eigener Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung deckten und überschüssigen Strom in das öffentliche Netz abgaben, mit einer sog. „Parallelfahrgebühr“ belastet, wenn es zu einem Parallelbetrieb mit Erzeugungsanlagen der RWE kam. Hierin erkannte das Bundeskartellamt eine unbillige Behinderung dieser industriellen Sonderabnehmer. Als Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung erachtete man, daß Zusatzstrombezieher bei der Bezahlung der vorgehaltenen Leistung sowie bei Benutzungsdauerrabatten gegenüber Vollstrombeziehern benachteiligt wurden. Für die rechtlichen Rahmenbedingungen der Stromeinspeisung ging aus dem Verfahren insbesondere hervor, daß sich die Vergütung der abgenommenen Energie an den ersparten beweglichen Kosten der Stromerzeugung zu orientieren hatte.10 Ausschlaggebend hierfür war nach Auffassung des Bundeskartellamts, daß der Verwendung überschüssiger Energie unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten der Vorrang vor einer nur betriebswirtschaftlich begründeten Verhaltensweise eines marktbeherrschenden EVU zukommen müsse. Mit dem Ausgang dieses Verfahrens war erstmals ein Anspruch des Einspeisers auf Stromabnahme begründet, waren erstmals Maßstäbe für die Bemessung der Einspeisungsvergütung gefunden worden.

7 Dazu auch die Stellungsnahme des BMWi, BT-Drs. V/3978, S. 11; die Vereinbarung ist in Teilen abgedruckt bei H. Schwaiger, Die Bindung der Vertragsfreiheit, 1967, S. 178 f. 8 Zur heutigen Rechtslage vgl. das Verbot des Mißbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, § 19 GWB, sowie das Verbot unbilliger Behinderung, § 20 GWB. 9 Vgl. den Tätigkeitsbericht 1977 des Bundeskartellamtes, BT-Drs. 8/1925, S. 86 f.; zustimmend S. Klaue, ET 1980, S. 586 (590). 10 Hierzu der Tätigkeitsbericht 1977 des Bundeskartellamtes, BT-Drs. 8/1925, S. 86 f.; vgl. auch P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, Einführung Rn. 30.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

Angestoßen durch diese kartellrechtliche Entwicklung kam 1979 zwischen VDEW, VIK und BDI eine Verbändevereinbarung über die Intensivierung der stromwirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Elektrizitätsversorgung und industrieller Kraftwirtschaft zustande,11 welche die Ergebnisse des Musterverfahrens weitgehend übernahm. Die öffentlichen EVU erklärten sich bereit, Überschußstrom in ihr Netz einzuspeisen, sofern gegenüber der Stromerzeugung in großen Kondensationskraftwerken in ausreichendem Maße Primärenergie eingespart wurde. Die Vereinbarung erstreckte sich auch auf Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern. Abhängig von der elektrizitätswirtschaftlichen Wertigkeit des abgenommenen Stroms wurden Vergütungen auf Grundlage der vermiedenen Kosten festgelegt.12 Eine intensive Auseinandersetzung mit der Bemessung der Einspeisungsvergütung begann Ende der achtziger Jahre. Zunächst wurde 1988 die Verbändevereinbarung13 um eine Zusatzvergütung ergänzt. Zur regulären Einspeisungsvergütung waren Zuschläge zu leisten, wenn sich aus Art und Umfang der Einspeisungen, insbesondere ihrer Häufigkeit, eine längerfristige Verläßlichkeit und gesteigerte Verfügbarkeit der eingespeisten Energie ergab.14 Dem lag zugrunde, daß sich bei einer zuverlässigen Verfügbarkeit von Energie infolge kumulierter Einspeisungen fixe Kosten der Stromerzeugung einsparen lassen, die im Wege erhöhter Vergütungen an die Einspeiser zurückgegeben werden können.15 Durch diese Änderung der Verbändevereinbarung wurden die Einspeisungsvergütungen um rund 30 Prozent angehoben.16 Auch der Rat der EG sprach sich in einer Empfehlung aus dem Jahr 1988 dafür aus, die Vergütung von Stromeinspeisungen aus Eigenanlagen in das öffentliche Netz habe sich möglichst eng an den hierdurch in der öffentlichen Versorgung vermiedenen Kosten zu orientieren.17

11 Abgedruckt in VIK-Mitteilungen 1979, S. 71 ff.; dazu auch H. Klinger, Das Stromeinspeisungsgesetz, in: FS f. Bodo Börner, 1992, S. 541 (541 f.); J.-P. Schneider, in: ders./C. Theobald (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 18 Rn. 48. 12 Dazu auch M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 27; P. Salje, StrEG, Kommentar, 1999, Einführung Rn. 47; J. F. Baur, Vergütung für Strom aus Eigenerzeugungsanlagen, 1990, S. 17 f. 13 Diese wurde bereits seit 1984 nicht mehr allein auf industrielle Eigenerzeugung, sondern auch auf Einspeisungen aus sonstigen privaten Anlagen erstreckt, vgl. B. J. Herrmann, Anwendungsprobleme des Stromeinspeisungsgesetzes, 1996, S. 22. 14 Vgl. Ziffer 4.3 c) der Verbändevereinbarung, abgedruckt in: VIK-Mitteilungen 1988, S. 97; vgl. auch P. Salje, StrEG, Kommentar, 1999, Einführung Rn. 27; B. J. Herrmann, ebd.; E. Schmitz, RdE 1990, S. 110. 15 Zur sog. „Bodensatztheorie“ E. Schmitz, RdE 1990, S. 110 (117); P. Salje, StrEG, Kommentar, 1999, Einführung Rn. 27. 16 Vgl. VIK-Mitteilungen 1990, S. 107 (108); B. J. Herrmann, Anwendungsprobleme des Stromeinspeisungsgesetzes, 1996, S. 22 f. 17 Empfehlung des Rates der EG an die Mitgliedstaaten zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Elektrizitätsversorgungsunternehmen und Eigenerzeugern vom 8. 11. 1988, vgl. ABl. EG L 335, S. 29.

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Ebenfalls zu dieser Zeit erging eine Reihe ober- und höchstgerichtlicher Entscheidungen, die sich mit den Maßstäben der Einspeisungsvergütung auseinandersetzten. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob weiterhin der pauschalierende Maßstab der Verbändevereinbarung Anwendung finden sollte oder ob die durch das EVU konkret vermiedenen, möglicherweise sogar die beim Eigenerzeuger entstandenen Kosten die Höhe der Vergütung bestimmen sollten. Den Auftakt gab das OLG Karlsruhe, als es einem Wasserkraftwerksbetreiber einen deutlich über das Maß der vermiedenen Kosten hinausgehenden Vergütungsanspruch unter dem Hinweis zusprach, Volleinspeiser seien im Unterschied zu Überschußstromerzeugern darauf angewiesen, für ihre Lieferungen kostendekkende Preise zuzüglich eines Gewinns zu erhalten.18 Die übrige Rechtsprechung folgte dem Ansatz nicht und wandte sich statt dessen der Aufgabe zu, das Prinzip der vermiedenen Kosten als Maßstab der Einspeisungsvergütung weiterzuentwickeln und zu konkretisieren.19 In besonderem Maße rechtsfortbildend wirkten mehrere Entscheidungen des BGH, die im Laufe der neunziger Jahre eine ständige Rechtsprechung zur Abnahme und Vergütung von Strom aus Eigenerzeugung entstehen ließen.20 Nach dieser Judikatur verfügte der Einspeiser über einen Anspruch auf Einspeisung aus § 26 Abs. 2 GWB (a. F.),21 wenn er bei der Verwertung des von ihm erzeugten Stroms von einem EVU mit Gebietsmonopol unbillig behindert wurde.22 Dieser Anspruch war nicht auf Strom aus regenerativer Erzeugung beschränkt, sondern bezog auch Eigenerzeugung unter Nutzung sonstiger Energieträger ein, praktisch bedeutsam waren jedoch meist Einspeisungen von Kleinwasserkraftwerken und Anlagen zur Kraft-WärmeKopplung.23 Eine unbillige Behinderung durch ein marktbeherrschendes Unternehmen konnte nach dem BGH nicht nur dann vorliegen, wenn sich ein EVU mit Gebietsmonopol gänzlich weigerte, Strom aus Eigenerzeugung abzuneh18

OLG Karlsruhe, RdE 1988, 8. Insbesondere OLG Stuttgart, RdE 1992, 33 (36); vgl. auch OLG Karlsruhe, ET 1995, 206; OLG Frankfurt, ET 1995, 672. 20 Vgl. dazu auch P. Salje, StrEG. Kommentar, 1999, Einführung Rn. 52 ff.; M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 12 ff. 21 Anders als die Vorinstanz (OLG Stuttgart, RdE 1992, 33 (38)), die einen verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch gem. §§ 26 Abs. 2 i.V. m. 35 Abs. 1 GWB (a. F.) prüfte, nahm BGHZ 119, 335 (345 f.) einen verschuldensunabhängigen Beseitigungsanspruch an, dazu auch P. Salje, StrEG, Kommentar, 1999, Einführung Rn. 54 ff., sowie die Urteilsanmerkung von B.-M. Zinow, RdE 1993, S. 75 (76 f.). 22 Nach Ansicht des BGH stand dem nicht entgegen, daß in solchen Fällen auch eine Mißbrauchsaufsicht der Kartellbehörde gem. § 103 Abs. 5 S. 1 und S. 2 Nr. 3 GWB (a. F.) vorgesehen war; eigene Ansprüche des unbillig behinderten Unternehmens seien aufgrund der unterschiedlichen Schutzrichtung der beiden Korrektive nicht ausgeschlossen, vgl. BGHZ 119, 335 (337) – Stromeinspeisung I. 23 Vgl. BGHZ 119, 335; 134, 1; aus der obergerichtlichen Rspr. OLG Karlsruhe, RdE 1988, 8; OLG Stuttgart, RdE 1992, 33 (36); OLG Karlsruhe, RdE 1992, 78; LG Mannheim, RdE 1992, 245; OLG Karlsruhe, ET 1995, 206; OLG Frankfurt, ET 1995, 672. 19

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

men, sondern auch dann, wenn es nicht bereit war, für den aufzunehmenden Strom eine angemessene Vergütung zu zahlen.24 Die Angemessenheit der Vergütung bestimmte sich durch einen Vergleich der ersparten Aufwendungen für eine anderweitige Strombeschaffung – durch Drittbezug oder Eigenerzeugung – mit der tatsächlich gezahlten Vergütung, mithin nach dem Maßstab der von dem EVU konkret vermiedenen Kosten.25 Bei deren Ermittlung waren sämtliche Umstände des Einzelfalls zu betrachten; bezog das EVU die benötigte Energie nicht ganz überwiegend von Lieferanten, so konnten auch langfristige Ersparnisse im Bereich des Anlagenbaus berücksichtigt werden.26 Da sich die kartellrechtliche Vorschrift des § 26 Abs. 2 GWB (a. F.) gegen den Mißbrauch von Marktmacht im Verhältnis zwischen bestimmten Unternehmen richtete, nicht aber die Sicherung eines gleichmäßigen Vergütungsniveaus für Stromeinspeisungen bezweckte, kam die Anwendung genereller Vergütungsmaßstäbe, wie sie die Verbändevereinbarung vorsah, nicht in Betracht.27 Die dargestellte Rechtsprechung des BGH spiegelt die Rechtslage zur Stromeinspeisung gleichsam am Vorabend des Inkrafttretens des Stromeinspeisungsgesetzes zum 1. Januar 1991 wider. Sie stellt sich als Anwendung allgemeiner kartellrechtlicher Grundsätze dar, die jedoch an einer Stelle durch eine energieumweltrechtliche Grundentscheidung des Gesetzgebers modifiziert werden: Grundsätzlich war auch ein marktmächtiger Nachfrager nach § 26 Abs. 2 GWB (a. F.) nicht verpflichtet, einem abhängigen Anbieter bestimmte Leistungen mit einem Preis in Höhe der Kosten zu vergüten, die der Nachfrager bei einem Bezug von Dritten oder bei einer Bereitstellung mit eigenen Mitteln hätte auf sich nehmen müssen. Doch wurde das allgemeine kartellrechtliche Verbot unbilliger Behinderung im Lichte der – in § 103 Abs. 5 S. 2 Nr. 3 GWB (a. F.) zutage tretenden – Entscheidung des Gesetzgebers ausgelegt, den schonenden Umgang mit fossilen Energieträgern und die Nutzung erneuerbarer Energien dadurch zu fördern, daß Hindernisse für die Verwertung von Energie aus Eigenerzeugung beseitigt wurden.28 Durch die Vergütung eingespeisten Stroms aus erneuerbaren Energien nach dem Maßstab der vermiedenen Kosten sollte erneuerbaren Energien im Ergebnis der Vorrang vor Stromerzeugung aus anderen Energiequellen gewährt werden, soweit sich die Kosten der Stromversorgung dadurch zumindest nicht erhöhten.29 Die kartellrechtliche Judikatur des BGH gewährte den Erzeugern einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung ihrer Stromeinspeisungen, um unangemessene Vergütungen als Behinderung des Marktzugangs 24 BGHZ 119, 335 (340) – Stromeinspeisung I; BGH, RdE 1995, 247 – Einspeisungsvergütung; BGHZ 134, 1 (6) – Stromeinspeisung II. 25 BGHZ 119, 335 (340); BGH, RdE 1995, 247; BGHZ 134, 1 (6 f.). 26 BGHZ 119, 335 (341); 134, 1 (7). 27 BGHZ 119, 335 (343) – Stromeinspeisung I. 28 So auch BGH, a. a. O., S. 341. 29 Vgl. auch BGH, a. a. O., S. 344; BGHZ 134, 1 (7).

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auszuschließen. Einen Förderanteil der Vergütung, um den diese über die vermiedenen Kosten und damit über die elektrizitätswirtschaftliche Wertigkeit des abgenommenen Stroms hinausging und insoweit die Förderung erneuerbarer Energien in die Finanzierungsverantwortung der abnehmenden EVU legte, kannte diese Rechtsprechung nicht. II. Das Stromeinspeisungsgesetz Durch das am 1. Januar 1991 in Kraft getretene Stromeinspeisungsgesetz30 führte der Gesetzgeber erstmals gesetzlich festgelegte Mindestvergütungen für Strom aus erneuerbaren Energieträgern ein. Das StrEG 1991 markiert daher den Beginn der finanziellen Förderung erneuerbarer Energien durch die gesetzliche Festsetzung von über Marktniveau liegenden Vergütungen. Gem. § 2 StrEG waren die EVU31 verpflichtet, den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien abzunehmen und zu vergüten. Die Einspeisungsvergütung wurde für Strom, der ausschließlich auf Basis erneuerbarer Energieträger erzeugt worden war, vom Maßstab der vermiedenen Kosten gelöst, an dessen Stelle traten gem. § 3 StrEG gesetzlich vorgeschriebene Mindestvergütungssätze. Als leitender Gesichtspunkt für die Bemessung der Vergütung diente nun nicht mehr die Aufwendungsersparnis des abnehmenden Gebietsversorgers und damit die elektrizitätswirtschaftliche Wertigkeit des abgenommenen Stroms, sondern die Förderungswürdigkeit des verwendeten Energieträgers unter umweltpolitischen Aspekten. Die Mindestvergütungshöhe wurde als Prozentsatz des Durchschnittserlöses je Kilowattstunde aus der Stromabgabe von EVU an alle Letztverbraucher festgelegt.32 Die Abnahme- und Vergütungspflicht entfiel nach der Härteklausel des § 4 StrEG nur dann, wenn ihre Einhaltung für das EVU eine unbillige Härte darstellte, insbesondere dieses dazu zwang, seine Stromabgabepreise spürbar über die Preise gleichartiger oder vorgelagerter EVU anzuheben, oder es dem EVU unmöglich machte, seinen Verpflichtungen aus der BTOElt nachzukommen. Eine Zweckbestimmung enthielt das Gesetz nicht, doch ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, daß der Anteil der erneuerbaren Energien an der Energieversorgung im Interesse der Ressourcenschonung und des Klimaschutzes stärker 30 Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz vom 7. 12. 1990 (BGBl. I S. 2633). 31 Zum Begriff des Elektrizitätsversorgungsunternehmens im Sinne des StrEG 1991 in Abgrenzung zu gleichlautenden Begriffen anderer Gesetze des Energiewirtschaftsrechts vgl. eingehend BGHZ 134, 1 (11 f.) – Stromeinspeisung II; auch M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 159 ff. 32 Als Durchschnittserlös galt der in der amtlichen Statistik des Bundes jeweils für das vorletzte Jahr veröffentlichte Wert abzüglich des sog. „Kohlepfennigs“ und der Umsatzsteuer, vgl. § 3 Abs. 3 StrEG.

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ausgeweitet werden sollte.33 Da die bislang am Maßstab des vollen wirtschaftlichen Wertes des Stroms erzielten und erzielbaren Vergütungen zu niedrig seien, um „im energie- und umweltpolitisch erwünschten Umfang“ die Installation neuer sowie den Ausbau und Weiterbetrieb laufender Anlagen zu fördern, müsse die Einspeisevergütung „über die bei den EVU auch längerfristig vermiedenen Kosten hinaus“ erhöht werden.34 Der Gesetzgeber war sich bewußt, durch die Einführung einer gesetzlichen Mindestvergütung sowohl vom Grundsatz der freien Preisbildung unter kartellrechtlicher Mißbrauchsaufsicht als auch dem Prinzip der vermiedenen Kosten abzuweichen; er stellte heraus, eine solche Maßnahme müsse „in einer marktwirtschaftlichen Ordnung die absolute Ausnahme bleiben.“35 Sie sei jedoch im vorgesehenen Umfang vertretbar und richtig „wegen des energie- und umweltpolitischen Stellenwertes der erneuerbaren Energien und weil es sich um klar abgegrenzte und überschaubare Tatbestände handelt, bei denen sich die Auswirkungen auf die verpflichteten Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Rahmen des Zumutbaren halten.“ Bei Beachtung dieser Grundsätze sei eine Ausdehnung der gesetzlichen Regelungen auf die KraftWärme-Kopplung mit ihrer wesentlich höheren Einspeisung – wie sie dann im Jahr 2000 folgte36 – ausgeschlossen.37 Dem Gesetz war eine breite umweltpolitische Diskussion über die verstärkte Förderung von „Zukunftsenergien“ in Parlament und Öffentlichkeit vorausgegangen.38 Dabei stand das Verhältnis von Eigenerzeugern und EVU nicht im Vordergrund, auch der schließlich gewählte Fördermechanismus zeichnete sich nicht frühzeitig ab. Von den Regierungsfraktionen und der Opposition wurde gleichermaßen bemängelt, die Entwicklung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien werde in der Bundesrepublik bislang durch fehlende finanzielle Anreize zu Investitionen in entsprechende Anlagen, wie sie durch Zuschüsse, Investitionszulagen oder Steuererleichterungen vermittelt werden könnten, behindert. Gefordert wurden neben ordnungs- und forschungspolitischen Maßnahmen insbesondere eine Verbesserung der Einspeisevergütungen sowie direkte Zuschüsse aus Bundesmitteln.39 Vor Beginn des Gesetzgebungsverfahrens sahen die parlamentarischen Befürworter erhöhter Einspeisevergütungen das vorran33

BT-Drs. 11/7816, S. 1. BT-Drs. 11/7816, S. 3. 35 BT-Drs. 11/7816, S. 4. 36 Vgl. das Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung vom 12. 5. 2000 (BGBl. I S. 703), aufgehoben durch § 13 Abs. 1 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KraftWärme-Kopplungsgesetz) vom 19. 3. 2002 (BGBl. I S. 1092). 37 BT-Drs. 11/7816, S. 4. 38 Hierzu eingehend H. Klinger, Das Stromeinspeisungsgesetz, in: FS f. Bodo Börner, 1992, S. 541 (542); B. J. Herrmann, Anwendungsprobleme des Stromeinspeisungsgesetzes, 1996, S. 25 f.; zur Entstehung des StrEG ferner M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 35 f. 34

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gige Instrument zur Erreichung dieses Ziels in einer erneuten Vereinbarung der betroffenen Verbände.40 Da sich jedoch bald abzeichnete, daß die Bereitschaft zum Abschluß einer derart weitreichenden Vereinbarung nicht bestand,41 die Bundesregierung zudem erhebliche Zweifel an der kartellrechtlichen Zulässigkeit einer Vereinbarung diesen Inhalts hegte,42 wurde dieser Weg nicht weiter beschritten. Im Vorfeld der Entwurfserarbeitung wurden als Maßnahmen zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung die „Förderung durch steuerliche Sonderabschreibungen, Zuschussregelungen und Beratung“43 mindestens ebenso häufig genannt wie die Verbesserung der Einspeisevergütungen. Obwohl es möglicherweise nahegelegen hätte, beide Arten von Maßnahmen dergestalt miteinander zu verbinden, daß die aus erhöhten Einspeisevergütungen resultierenden finanziellen Lasten jedenfalls zum Teil aus öffentlichen Mitteln bestritten werden, wird diese Option in den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren nicht diskutiert. Eher scheint sich bald die Absicht des Gesetzgebers herausgebildet zu haben, im Interesse größerer Wirksamkeit die Forschungs- und Investitionsförderung aus öffentlichen Mitteln neben eine Verbesserung der Einspeisevergütung treten zu lassen. Auch die Gesetzesbegründung nennt als Alternative zum Fördermechanismus des StrEG ein staatliches Subventionsprogramm für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien,44 geht jedoch auf die Frage, weshalb sich der Gesetzgeber schließlich mit einer Anhebung der Einspeisevergütungen zugleich für die Inanspruchnahme privater Finanzierungsverantwortung entschieden hat, nur durch die Ausführungen zur Zumutbarkeit der finanziellen Belastung ein. Eine Begründung für die finanzielle Sonderbelastung der EVU findet sich nicht. Bereits bei der Verabschiedung des Gesetzes hatte die Bundesregierung einen Bericht zu den Erfahrungen mit diesem angekündigt; da die Festlegung gesetzlicher Mindestpreise in einer marktwirtschaftlichen Ordnung die absolute Ausnahme bleiben müsse, seien Notwendigkeit und Auswirkungen des Gesetzes besonders sorgfältig zu überprüfen.45 Seinen ersten Erfahrungsbericht zum StrEG erstattete das Bundesministerium für Wirtschaft im Oktober 1995.46 Insgesamt 39 Vgl. den Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP, BT-Drs. 11/7169, S. 3, sowie den Antrag der Fraktion Die Grünen, BT-Drs. 11/4048, S. 2 f., 5. 40 Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP, BT-Drs. 11/7169, S. 3. 41 Plenarprotokoll 11/216, S. 17095 (B). 42 Plenarprotokoll 11/216, S. 17098 (C) sowie BT-Drs. 11/7418, S. 4; hierzu auch P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, Einführung Rn. 37. 43 Vgl. neben den genannten Fraktionsanträgen insbesondere die Beschlußempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, BT-Drs. 11/7418, S. 1, 4. 44 BT-Drs. 11/7816, S. 1. 45 BT-Drs. 11/7816, S. 4; hieran knüpft der Erfahrungsbericht des Bundesministers für Wirtschaft an, vgl. BT-Drs. 13/2681, S. 3.

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hob es hervor, das Gesetz habe die Chancen für den Einsatz erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung außerhalb des Bereichs der EVU wesentlich verbessert; in allen Bereichen geförderter Energieträger waren deutliche Sprünge der Vergütungshöhe zu verzeichnen.47 Zugleich räumte das Ministerium ein, die tatsächlichen Mehrkosten für EVU und Stromverbraucher lägen höher als die bei Verabschiedung des Gesetzes getroffene Prognose von rund 50 Mio. DM pro Jahr; allein für das Jahr 1994 wurde ein Wert von rund 135 Mio. DM genannt.48 Als Grund wurde auf die explosionsartige Entwicklung bei der Nutzung von Windenergie verwiesen, deren jährliche Mehrkosten allein die Gesamtprognose des Jahres 1990 bereits erheblich überstiegen. Eingehend beschäftigte sich der Bericht mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Förderregelung im Lichte der kurz zuvor ergangenen Entscheidung des BVerfG zum sog. Kohlepfennig. Obwohl das BVerfG die Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz für verfassungswidrig erklärt hatte,49 weil diese die Allgemeinheit der Stromverbraucher mit einer Sonderabgabe zur Erfüllung einer Aufgabe belastete, für die diese keine Finanzierungsverantwortlichkeit traf, hielt die Bundesregierung an ihrer Überzeugung, das StrEG sei verfassungsmäßig, fest.50 Sie führte an, die Zahlungspflicht nach § 3 StrEG sei im Unterschied zum Kohlepfennig keine Abgabe, sondern ergebe sich aus einer Preisregelung, weshalb die Finanzverfassung als Prüfungsmaßstab ausscheide. Unter Hinweis auf die Geringfügigkeit des Eingriffs, seine wichtige umweltpolitische Zielsetzung sowie die weitgehende Überwälzungsmöglichkeit lehnte sie auch eine Verletzung von Grundrechten ab. Im Oktober 1996 äußerte sich der BGH ausführlich zur Verfassungsmäßigkeit der Abnahme- und Vergütungspflicht nach § 2 Abs. 1 StrEG.51 Das Gericht begriff die Abnahme- und Vergütungspflicht als Indienstnahme Privater zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, die als Berufsausübungsregelung in erster Linie an Art. 12 Abs. 1 i.V. m. Art. 3 Abs. 1 GG zu messen sei.52 Als zentralen Prüfungsmaßstab zog der BGH das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Rechtfertigungsanforderung an die Beeinträchtigung der Berufsfreiheit heran, ergänzte dieses jedoch sowohl auf Ebene der Erforderlichkeit als auch der Zumutbarkeit durch gleichheitsrechtliche Erwägungen zur Sonderbelastung der EVU. So 46 In der Zwischenzeit war das StrEG durch Gesetz vom 19. 7. 1994 (BGBl. I S. 1618 (1622)) erstmals novelliert, dabei aber nur geringfügig verändert worden. 47 Vgl. zu den Steigerungssätzen in den verschiedenen Förderbereichen den Erfahrungsbericht des Bundesministers für Wirtschaft, BT-Drs. 13/2681, S. 6. 48 BT-Drs. 13/2681, S. 4, 9 ff. 49 BVerfGE 91, 186 (201 ff.) – Kohlepfennig. 50 BT-Drs. 13/2681, S. 7. 51 Vgl. BGHZ 134, 1 (13 ff.) – Stromeinspeisung II; die Ausführungen des BGH beziehen sich auf die Fassung des StrEG 1991, welches bis zur StrEG-Novelle 1998 jedoch nur geringfügigen Änderungen unterzogen wurde. 52 BGHZ 134, 1 (16).

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fragte er im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung danach, ob für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien „gerade auf dem vom Stromeinspeisungsgesetz gewählten Weg [. . .] naheliegende Sachgründe“ geltend gemacht werden könnten.53 Solche naheliegenden Sachgründe erkannte er in Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten, da die Förderung der Einspeiser im Wege horizontaler Finanztransfers unter Privaten gegenüber der Gewährung staatlicher Subventionen den Vorteil habe, die Einschaltung von Behörden und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand entbehrlich zu machen. In ähnlicher Weise erweiterte der BGH den Maßstab der Angemessenheit:54 Da eine Indienstnahme Privater im öffentlichen Interesse stets einer besonderen Rechtfertigung bedürfe, genüge es nicht, daß die Belastung des Privaten in einem angemessenen Verhältnis zur Entlastung des Staates stehe. Der Grundsatz der Gleichheit der Bürger bei der Auferlegung öffentlicher Lasten sei nicht nur bei der Erhebung von Abgaben, sondern auch bei der Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben zu beachten, so daß diese einen Zurechnungsgrund erforderten, wie er in einer besonderen Verantwortungsbeziehung zwischen dem Belasteten und der zu erfüllenden Aufgabe liegen könne. Eine solche Verantwortungsbeziehung erwuchs den EVU nach Ansicht des BGH aus ihrer monopolartigen Stellung auf dem Strommarkt. Die besondere Pflichtenlage der EVU umfasse nicht allein die Art und Weise der Stromversorgung innerhalb des jeweiligen Versorgungsgebiets, sondern erstrecke sich darüber hinaus auch auf die Art und Weise der Stromerzeugung selbst. Am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes prüfte der BGH die Regelung nur insoweit, als sie zu Ungleichbehandlungen innerhalb der Gruppe der belasteten EVU führte, und sah diese als gerechtfertigt an. Die Ungleichbehandlung der EVU gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen sprach der BGH bei der Prüfung von Art. 3 Abs. 1 GG verständlicherweise nicht an, da er sie bereits im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG als gerechtfertigt angesehen hatte. Finanzverfassungsrechtliche Maßstäbe brachte die Entscheidung nicht zur Anwendung. Die unmittelbare Anwendbarkeit der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben lehnte der BGH mit dem Hinweis auf die fehlende Aufkommenswirkung der Preisregelung ab. Weder unmittelbar noch mittelbar erziele das StrEG Einnahmen für die öffentliche Hand. Auch dem Einwand, die SER wirke materiell wie eine Sonderabgabe, begegnete er mit einer formellen Argumentation. Der Gesetzgeber habe gerade nicht den Weg gewählt, Geldleistungspflichten gegenüber dem Staat zu begründen oder einen zweckgebundenen Sonderfonds einzurichten; in seiner Entscheidung für eine Preisregelung liege kein Formenmißbrauch zur Umgehung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an Sonderabgaben.55 53 54

BGH, a. a. O., S. 18 f. BGH, a. a. O., S. 21 f.

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Zur finanzverfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Fördermechanismus nach dem StrEG argumentierte der BGH insoweit ähnlich wie eine kurz zuvor ergangene Kammerentscheidung des BVerfG. Diese hatte eine Vorlage im Verfahren der konkreten Normenkontrolle gem. Art. 100 Abs. 1 GG unter der Begründung verworfen, das vorlegende Landgericht56 habe nicht hinreichend dargetan, nach welchen Kriterien sich die Anwendung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben auf eine Preisregelung mit vergleichbaren Wirkungen richte.57 Im Rahmen der Energierechtsnovelle des Jahres 1998 wurde das StrEG umfangreichen Änderungen unterzogen.58 Die Bestimmung der Adressaten der Abnahme- und Vergütungspflicht durch § 2 Abs. 1 StrEG – bislang „Elektrizitätsversorgungsunternehmen“ – wurde um den Zusatz „die ein Netz für die allgemeine Versorgung betreiben“ ergänzt. Damit paßte der Gesetzgeber die Förderregelung den künftigen Strukturen eines wettbewerbsoffenen Strommarktes an, dessen rechtliche Rahmenbedingungen er durch die gleichzeitige Novelle des Energiewirtschaftsrechts schuf. Denn ebenfalls mit Gesetz vom 24. April 1998 wurde in Umsetzung der sog. Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 59 die Anwendung der kartellrechtlichen Bereichsausnahmen der §§ 103 und 103a GWB (a. F.) auf die Versorgung mit Elektrizität beendet und das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) erstmals seit seinem Inkrafttreten im Jahr 1935 grundlegend novelliert.60 Hierdurch wurden geschlossene Versorgungsgebiete – seit jeher ein Kennzeichen des deutschen Energiemarktes61 – für den Bereich der Elektrizitätswirtschaft abgeschafft und damit nach Bahn, Post und Telekommunikation der letzte Monopolbereich auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge liberalisiert. Das Hauptziel der Reform lag darin, neuen Anbietern von Elektrizität den Marktzugang zu ermöglichen, ohne sie zu einem – kostspieligen und oftmals unrentablen – Bau eigener Leitungen und Netze zu zwingen, ihnen also Zugang zu existierenden Netzen zu gewähren. Hierzu war eine Öffnung der durch Gebietsmonopole geprägten Elektrizitätsversorgungsstruktur erforderlich.62 Eine 55

BGH, a. a. O., S. 28. Vorlagebeschluß des LG Karlsruhe, NJW 1997, 590. 57 BVerfG, NJW 1997, 573. 58 Vgl. Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. 4. 1998 (BGBl. I S. 730 (734)). 59 Vgl. Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. 12. 1996 (ABl. EG L 27, S. 20); zu dieser J. F. Baur, ET 1996, S. 474 ff.; G. Britz, RdE 1997, S. 85 ff. 60 Hierzu M. Cronenberg, RdE 1998, S. 85 ff.; G. Kühne/B. Scholtka, NJW 1998, S. 1902 ff.; H. H. Lindemann/K. Köster, DVBl. 1997, S. 527 ff. 61 Zur Entstehung der Monopole auf dem deutschen Elektrizitätsmarkt eingehend C. Theobald, in: J.-P. Schneider/ders. (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 1 Rn. 46 ff.; U. Büdenbender, EnWG, Kommentar, 2003, Einleitung Rn. 8 ff. 62 Hierzu eingehend G. Britz, RdE 1997, S. 85 (86); G. Kühne/B. Scholtka, NJW 1998, S. 1902 (1903 f.). 56

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Abnahmepflicht „der Elektrizitätsversorgungsunternehmen“ entsprach nicht mehr den Gegebenheiten eines Strommarktes, auf dem die Wertschöpfungsstufen der Erzeugung, der Übertragung und des Handels sich zunehmend entflechten und auf den jeweiligen Ebenen Wettbewerb einsetzen sollte. Indem § 2 S. 1 StrEG 1998 nun auf die Betreiber allgemeiner Versorgungsnetze abstellte, wies er den Einspeisern einen eindeutigen Vertragspartner zu und sicherte deren Absatzmöglichkeiten in einer den künftigen Strukturen des Wirtschaftszweiges entsprechenden Weise ab. Neben der Anpassung des Adressatenkreises sah die Novelle zwei wesentliche Änderungen vor. Fortan verpflichtete § 4a StrEG 1998 die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, daß die EVU im Wege freiwilliger Selbstverpflichtungserklärungen zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung an der Stromerzeugung träfen. Zum anderen enthielt § 4 StrEG 1998 eine Härtefallklausel, welche die – allgemein als unzureichend bewertete63 – bisherige Belastungsgrenze nach § 4 StrEG 1991 ersetzte und damit zugleich die Vorgängerregelung des späteren bundesweiten Belastungsausgleichs nach dem EEG bildete.64 III. Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG) Funktionelle Defizite auch der novellierten Härtefallklausel nach § 4 StrEG 1998 in Verbindung mit einer steigenden Belastung der EVU führten dazu, daß bereits zum 1. April 2000 eine grundlegende Neufassung der Stromeinspeisungsregelung, das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG), in Kraft trat.65 Neben einer Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs auf bislang nicht berücksichtigte Energieträger66 stachen zwei Änderungen des Förder- und Finanzierungsmechanismus gegenüber den Regelungen des StrEG hervor. Zum einen führte das EEG in den §§ 4 bis 8, jeweils auf die Förderungsbedürftigkeit des Energieträgers zugeschnitten, erstmals absolute Vergütungssätze in Form von Pfennig-Sätzen pro Kilowattstunde ein. Damit kehrte der Gesetzgeber von der bisherigen relativen Anbindung der Mindestvergütung an den Durchschnittserlös pro Kilowattstunde aus der Stromabgabe der EVU an alle Letztverbraucher – den bundesweit durchschnittlichen Strompreis – ab. 63 Vgl. nur P. Salje, ET 1996, S. 171 ff.; M. Cronenberg, RdE 1998, S. 90; zu der geringen praktischen Wirksamkeit der früheren Härteklausel auch der Erfahrungsbericht des Bundesministers für Wirtschaft, BT-Drs. 13/2681, S. 4. 64 Zur Funktionsweise der Regelung nach § 4 StrEG 1998 vgl. M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 19; abweichend P. Salje, StrEG, Kommentar, 1999, Einführung Rn. 36 ff. 65 Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 29. 3. 2000 (BGBl. I S. 305 ff.). 66 § 2 Abs. 1 S. 1 EEG 2000 führte erstmals auch Geothermie und Grubengas als geförderte Energieträger auf.

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Nach seiner Auffassung ließ sich eine weitere Ankopplung der Vergütungssätze an die Entwicklung der Strompreise nicht mehr aufrechterhalten, ohne einen Abriß der Entwicklung bei der Nutzung erneuerbarer Energien zu riskieren.67 Die zweite wesentliche Neuerung bestand in der erwarteten Neufassung der Härteklausel. An die Stelle mehrstufiger Begrenzungen der Vergütungspflicht auf jeweils fünf Prozent des Gesamtstromabsatzes, wie § 4 StrEG 1998 sie vorgesehen hatte, trat mit § 11 EEG 2000 eine bundesweite Ausgleichsregelung. Nach dieser waren zunächst die vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber verpflichtet, den Umfang des von ihnen gem. § 3 EEG abgenommenen Stroms68 aus ausschließlich regenerativer Erzeugung zu erfassen und gleichmäßig untereinander zu verteilen, § 11 Abs. 1 EEG. Dieser Ausgleich wurde sodann im Wege einer anteiligen Abnahme- und Vergütungspflicht auf die Ebene der letztversorgenden EVU übertragen. Gem. § 11 Abs. 4 S. 1 EEG hatten diese dem für sie regelverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber anteilig im Verhältnis ihres Stromabsatzes die aufgenommene Energiemenge aus erneuerbaren Energien abzunehmen und nach einem bundesweit einheitlichen Durchschnittspreis zu vergüten. Der Ausgleich auf der Ebene der Übertragungsnetzbetreiber diente dazu, den Mangel des StrEG, das EVU in bestimmten Regionen weit überdurchschnittlich belastet hatte, zu beseitigen. Mit der Weitergabe der Kostenlast an alle letztversorgenden EVU bezweckte der Gesetzgeber die endgültige finanzielle Belastung der Stromlieferanten „als Verursacher einer klima- und umweltgefährdenden Energieerzeugung.“69 In der Begründung der Kostentragungspflicht der letztversorgenden EVU kommt eine weitere Besonderheit des EEG 2000 gegenüber seinen Vorgängerregelungen zum Ausdruck. Die Gesetzesbegründung rechtfertigt die Sonderbelastung der EVU aus dem umweltrechtlichen Verursacherprinzip. Dabei wird die konventionelle Stromerzeugung als Ursache ökologischer Folgeschäden hervorgehoben. Die Ausführungen bilden die ersten ausdrücklichen Darlegungen einer Gesetzesbegründung zur Finanzierungsverantwortlichkeit privater Unternehmen für die Stromeinspeisung.70 An ihnen ist insbesondere bemerkenswert, daß als Ursache von Umwelt- und Klimabeeinträchtigungen die konventionelle Stromerzeugung, als Verantwortliche jedoch die Stromlieferanten ausgemacht werden. Der Zusammenhang zwischen beiden Unternehmenstätigkeiten – der umwelt67 Begründung des Gesetzentwurfs der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BTDrs. 14/2776, S. 19. 68 Anders als noch § 2 StrEG 1998 unterschied § 3 EEG 2000 zwischen der Abnahme- und Vergütungspflicht desjenigen Netzbetreibers, an dessen Netz die erzeugende Anlage angeschlossen ist, und den entsprechenden Pflichten des vorgelagerten Übertragungsnetzbetreibers, vgl. § 3 Abs. 2 EEG 2000. 69 So die Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BT-Drs. 14/2776, S. 24. 70 BT-Drs. 14/2776, S. 19 f.

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schädigenden Stromerzeugung und der Versorgung von Verbrauchern – wird nicht näher erläutert. Im Juli 2003 wurde auch das EEG 2000 vom BGH auf seine Verfassungsmäßigkeit hin überprüft.71 Aufgrund der Liberalisierung des Strommarktes durch die Energierechtsreform 1998 sah sich der BGH einer seit seinem Urteil aus dem Oktober 199672 wesentlich veränderten Rechtslage gegenüber. In der damaligen Entscheidung hatte das Gericht die Sonderbelastung der EVU als Indienstnahme Privater für verhältnismäßig und folglich mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar erachtet, da den EVU aus ihrer „monopolartigen Stellung“ auf dem Strommarkt eine besondere Pflichtenlage sowohl für die Stromversorgung in ihrem Versorgungsgebiet als auch für eine ressourcenschonende Stromerzeugung allgemein entstehe.73 Wie der BGH nunmehr einräumte, war die gesetzliche Grundlage dieser monopolartigen Stellung mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998 beseitigt worden. Dennoch sei die besondere Verantwortungsbeziehung derjenigen EVU, die ein Netz für die allgemeine Versorgung betrieben, auch unter Geltung des StrEG 1998 und des EEG 2000 bestehen geblieben, da diese eine marktbeherrschende Stellung in Gestalt eines „natürlichen Monopols“ besäßen, das auch durch die Entflechtung und Liberalisierung des Strommarktes nicht gefährdet worden sei.74 Zudem sah der BGH in den Betreibern von Versorgungsnetzen „gleichsam das Bindeglied zwischen den Stromerzeugern und den Stromverbrauchern“; aufgrund ihrer unmittelbaren Vertragsbeziehungen zu den Verbrauchern sei es ihnen „am einfachsten möglich, die finanziellen Belastungen, die durch die Abnahme und Vergütung des Stroms aus erneuerbaren Energien entstehen, auf die Stromverbraucher zu verlagern.“ Diese Rechtfertigung der Sonderbelastung der EVU durch den BGH steht in einem beachtlichen Kontrast zu den Ausführungen der Gesetzesbegründung des EEG 2000, in denen der Gesetzgeber den Gedanken der Verursachung externer Kosten in den Mittelpunkt stellt. Die Anwendung finanzverfassungsrechtlicher Maßstäbe, die nach dem BGH nur in einer Übertragung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben liegen konnte, lehnte er – wie schon im Urteil aus dem Oktober 1996 – unter Hinweis auf die fehlende Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand ab; eine „entsprechende Heranziehung dieser Voraussetzungen“ komme nicht in Betracht.75 Insgesamt hielt der BGH also trotz der veränderten Rah-

71 BGHZ 155, 141 (148 ff.) – Stromeinspeisung III; das Urteil setzt sich umfassend mit der Verfassungsmäßigkeit sowohl des StrEG 1998 (S. 148 ff.) als auch des EEG 2000 (S. 154 ff.) auseinander. 72 BGHZ 134, 1 – Stromeinspeisung II. 73 BGH, a. a. O., S. 21 f. 74 Hierzu und zum folgenden BGHZ 155, 141 (150 f., 156). 75 BGHZ 155, 141 (153, 157).

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

menbedingungen auf dem Strommarkt an seiner früheren Beurteilung der Abnahme- und Vergütungspflicht fest. In Umsetzung der Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt wurde das EEG im Jahr 2004 umfassend novelliert.76 Die Richtlinie zielte darauf, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung in der Europäischen Gemeinschaft auf 22 Prozent im Jahr 2010 zu erhöhen und verpflichtete die Mitgliedstaaten, sich zu diesem Zweck selbst Richtziele für die Förderung erneuerbarer Energien zu setzen. Inhaltliche Vorgaben, wie die Mitgliedstaaten diese Ziele zu erreichen hätten, machte die Richtlinie nicht, so daß die bislang eingesetzten Fördermodelle fortgeführt werden konnten. Zwar verpflichtete sie die Mitgliedstaaten, die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in die Netze zur allgemeinen Versorgung sicherzustellen. Sie traf jedoch keine Aussagen zur Vergütungspflicht und zu Fragen der Kostentragung, so daß die Vergütungsregelungen des EEG durch den deutschen Gesetzgeber in ihrer Funktionsweise nicht angetastet und der Finanzierungsmechanismus als solcher beibehalten wurde. Bemerkenswert ist schließlich, daß das BVerfG trotz einer Vielzahl angestrengter Verfahren niemals in eine Sachentscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der SER eingetreten ist. Sämtliche Anträge, die im Verfahren der konkreten Normenkontrolle und der Verfassungsbeschwerde gegen den Fördermechanismus gestellt wurden, sind entweder vom Antragsteller zurückgenommen oder als unzulässig verworfen77 worden.

B. Ziel und Funktionsweise der Regelung I. Der Zweck der Regelung Die Bestimmung des § 1 EEG 2004 verwendet große Sorgfalt darauf, die nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung als Regelungszweck herauszustellen und sie durch Nennung einzelner Ausprägungen zu verdeutlichen. Gem. § 1 Abs. 1 EEG liegt der Zweck des Gesetzes darin, „insbesondere im Interesse

76 Vgl. die Richtlinie vom 27. 9. 2001, ABl. EG L 283, S. 33, vom 27. 10. 2001; zur Umsetzung S. Tüngler, ET 2005, S. 101 ff.; S. Jahn, InfrastrukturRecht 2004, S. 199 ff. 77 Vgl. nur BVerfG (Kammerentscheidung), NJW 1997, 573 f. (unzulässig mangels hinreichender Darlegung einer sonderabgabenähnlichen Wirkung); BVerfG (Kammerentscheidung), NVwZ-RR 2002, 321 f. (unzulässig wegen Verfristung); BVerfG (Kammerentscheidung), NVwZ-RR 2002, 322 f. (unzulässig mangels gegenwärtiger Beschwer); die Mehrzahl dieser Beschlüsse ist unveröffentlicht; andere Verfahren sind vom BVerfG wegen Erledigung aus „sonstigen Gründen“ eingestellt worden, dazu auch C. Moench/C. Corino, RdE 2002, S. 124 f.

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des Klima-, Natur- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, Natur und Umwelt zu schützen, einen Beitrag zur Vermeidung von Konflikten um fossile Energieressourcen zu leisten und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern.“ Nach § 1 Abs. 2 EEG bezweckt das Gesetz zudem eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromversorgung auf mindestens 12,5 Prozent bis zum Jahr 2010 sowie auf mindestens 20 Prozent bis zum Jahr 2020. Die Gesetzesbegründung arbeitet das Verhältnis dieser verschiedenen Zwecksetzungen zueinander genauer heraus.78 Hiernach möchte der Gesetzgeber die in Abs. 1 genannten Zwecke nicht als gleichberechtigt nebeneinander, sondern in einem Stufenverhältnis stehend verstanden wissen. Auch nach der umfassenden Neuformulierung der Zweckbestimmungen durch die EEG-Novelle 2004 bleibt es der zentrale Zweck des Gesetzes, eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen. Dementsprechend bildet die – ausdrücklich erst in Absatz 2 aufgeführte – Steigerung des Anteils regenerativer Energien keinen Selbstzweck, vielmehr ist sie final auf die Sicherung der nachhaltigen Entwicklung bezogen. Hinter beiden Zwecksetzungen steht übergreifend das im Gesetzeswortlaut gesondert herausgestellte Ziel des Klima-, Natur- und Umweltschutzes. Die im Jahr 2004 neu in Absatz 1 aufgenommenen Zweckbestimmungen heben einzelne Aspekte der nachhaltigen Entwicklung der Energieversorgung besonders hervor. Der Zweck, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung zu verringern, verdeutlicht das Anliegen des Gesetzgebers, einem mittelbis langfristigen Anstieg der Erzeugerpreise für konventionell hergestellten Strom infolge der abnehmenden Verfügbarkeit fossiler Energieträger entgegenzusteuern. Die Bewahrung fossiler Energieträger sieht der Gesetzgeber dadurch gefährdet, daß der Marktpreis für konventionellen Strom nicht den tatsächlichen gesamtwirtschaftlichen Kosten konventioneller Stromerzeugung entspricht, da deren externe Effekte wie langfristige Klimaveränderungen nicht im Strompreis zutage treten. Ein Hauptinstrument zur Sicherung langfristiger Strompreisstabilität bildet nach der Konzeption des EEG die „Einbeziehung“ – gemeint ist die Internalisierung – externer Kosten konventioneller Stromerzeugung; der Gesetzgeber erblickt hierin zugleich einen Beitrag zur Verwirklichung des umweltrechtlichen Verursacherprinzips.79 Eine weitere in Absatz 1 hervorgehobene Ausprägung des Nachhaltigkeitsgedankens bildet der Schutz von Natur und Umwelt. Da dieser untrennbar mit 78 Zum folgenden die Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/ 2864, S. 26 f. 79 BT-Drs. 15/2864, S. 27.

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dem Klimaschutz verbunden ist, welchem bereits die Verringerung der volkswirtschaftlichen Kosten durch Berücksichtigung externer Effekte verpflichtet ist, überschneiden sich die beiden Teilzwecke. Die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien soll die Schadstoffemissionen der Stromerzeugung reduzieren und auf diese Weise natürliche Ressourcen schonen. Da mit der Errichtung und dem Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus regenerativen Energieträgern regelmäßig keine gravierenden Eingriffe in Ökosysteme verbunden seien, korrespondiere der Gesetzeszweck auch mit den umweltrechtlichen Grundsätzen des Naturschutzes und der Landschaftspflege.80 Absatz 2 ergänzt die abstrakten Zweckbestimmungen der Vorschrift um konkrete Zwischenziele für die Entwicklung regenerativer Energien, die zugleich die Perspektive über das Jahr 2010 hinaus eröffnen sollen. Die angestrebten Werte ergeben sich als nationales Richtziel für Deutschland aus gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben und stimmen mit der schon durch das EEG 2000 vorgesehenen Zielmarke überein.81 Die Gesetzesbegründung stellt heraus, bis Mitte des Jahrhunderts sollten erneuerbare Energien „rund die Hälfte“ des Energiebedarfs decken.82 II. Die Funktionsweise des Fördermechanismus 1. Sachpflichten, § 4 EEG Der Fördermechanismus der §§ 4 ff. EEG kombiniert eine Reihe sachlichhandlungsbezogener Pflichten mit der gesetzlichen Festsetzung von Mindestvergütungen. Adressat dieser Pflichten ist der Netzbetreiber als – wie die Legaldefinition in § 3 Abs. 7 EEG klärt – Betreiber eines Netzes für die allgemeine Versorgung mit Elektrizität, wobei es unerheblich ist, welcher Spannungsebene das Netz zuzuordnen ist. Zu den Netzbetreibern zählen daher auch sog. Übertragungsnetzbetreiber, die regelverantwortlich Hoch- und Höchstspannungsnetze für die überregionale Übertragung von Elektrizität zu nachgeordneten Netzen betreiben und dadurch zumindest mittelbar Aufgaben der allgemeinen Versorgung mit Elektrizität wahrnehmen, vgl. § 3 Abs. 7 S. 2 EEG. Die Eigenschaft als Netzbetreiber im Sinne des EEG ist unabhängig davon, ob das Netz unmittelbar der Versorgung von Letztverbrauchern oder allein der Belieferung anderer Netzbetreiber dient.83 Die Bestimmung der Netzbetreiber als Adressaten der 80

Ebd. Die Vorgaben der Richtlinie 2001/77/EG gehen auf das Weißbuch der Europäischen Kommission „Energie für die Zukunft – Erneuerbare Energieträger“ zurück. Das dort enthaltene Ziel, den Anteil regenerativer Energieträger am Primärenergieverbrauch bis zum Jahr 2010 mindestens zu verdoppeln, erfordert eine entsprechend höhere Steigerung des Anteils an der Stromerzeugung. 82 Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 28. 81

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Förderregelung ist eine Konsequenz der Liberalisierung des Strommarktes durch die Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts im Jahr 1988. Die Abschaffung geschlossener Versorgungsgebiete und die fortschreitende Entflechtung der stromwirtschaftlichen Funktionen der Erzeugung, der Übertragung und der Versorgung von Letztverbrauchern lassen es nicht mehr zu, „die Elektrizitätsversorgungsunternehmen“ zur Abnahme und Vergütung regenerativ erzeugten Stroms in die Pflicht zu nehmen, wie dies noch die Vorgängerregelung des § 2 StrEG vorsah.84 Die Sachpflichten, die sich im weiteren Sinne auf die Abnahme und Übertragung regenerativ erzeugten Stroms beziehen, sind in § 4 Abs. 1 EEG konzentriert. Hiernach sind Netzbetreiber verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien unverzüglich vorrangig an ihr Netz anzuschließen, den gesamten aus diesen Anlagen angebotenen Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig abzunehmen und – einschließlich der Verteilung – zu übertragen, vgl. § 4 Abs. 1 S. 1 EEG. Sämtliche Pflichten sind „vorrangig“ zu erfüllen, so daß sich ein Netzbetreiber nicht darauf berufen kann, der Anschluß, die Abnahme oder die Übertragung des Stroms aus erneuerbaren Energien sei ihm nicht möglich, weil andere, nicht unter § 3 Abs. 1 EEG fallende Anlagen zuerst angeschlossen oder Strom aus diesen zuerst abgenommen werden müsse.85 Insbesondere kann die Abnahme und Übertragung von Strom aus erneuerbaren Energien nicht unter dem Hinweis verweigert werden, das Netz sei bereits anderweitig durch die Einspeisung konventionell erzeugten Stroms ausgelastet. Die Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energien gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EEG durch den nach Maßgabe von Abs. 2 S. 1 bestimmten Netzbetreiber bildet regelmäßig nur die erste Stufe der Übertragung dieses Stroms. Auch dessen weitere Übertragung in andere Netze wird durch gesetzliche Abnahme- und Übertragungspflichten sichergestellt. Nach § 4 Abs. 6 S. 1 EEG ist der Betreiber eines vorgelagerten Übertragungsnetzes ebenfalls zur vorrangigen Abnahme und Übertragung der von dem Netzbetreiber gem. Abs. 1 aufgenommenen Energiemenge verpflichtet.86 Wird im Netzbereich des abgabeberechtigten Betrei83

BT-Drs. 15/2864, S. 31. Eine Abkehr von der früheren Konzeption zeigt bereits § 2 StrEG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. 4. 1998 (BGBl. I S. 730), der sich an „Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die ein Netz für die allgemeine Versorgung betreiben,“ wendet. Hierin kam der Übergangszustand zum Ausdruck, der sich infolge der Öffnung des Strommarktes bei gleichzeitigem Fortbestehen faktischer Monopole bei der Gebietsversorgung ergab. 85 Zum Vorrang erneuerbarer Energien als rechtlichem Gestaltungsprinzip M. Möstl, RdE 2003, S. 90 ff. 86 Die Verpflichtung des § 4 Abs. 6 S. 1 EEG erstreckt sich auch auf den in Abs. 5 berücksichtigten Sonderfall, daß die Anlage nicht unmittelbar an ein Netz zur allgemeinen Versorgung, sondern an ein sog. Arealnetz angeschlossen und erst von diesem 84

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

bers kein inländisches Übertragungsnetz betrieben, so trifft diese Pflicht zur Abnahme und Übertragung den nächstgelegenen inländischen Übertragungsnetzbetreiber, § 4 Abs. 6 S. 2. Die Abnahme- und Übertragungspflichten des EEG „ebnen“ daher in jedem Fall den „Weg“ von Strom aus regenerativer Erzeugung in die allgemeinen Übertragungsnetze. Hiervon hängt, wie noch zu sehen sein wird, die Funktionsfähigkeit des Finanzierungssystems des EEG als Gesamtregelung entscheidend ab. Sowohl für das StrEG als auch für das EEG 2000 ist kontrovers diskutiert worden, ob durch die Anordnung der Abnahme- und Vergütungspflichten ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Einspeiser und Netzbetreiber begründet werde oder ob dem Netzbetreiber hieraus lediglich die Verpflichtung erwachse, einen Einspeisungsvertrag mit dem Betreiber der Erzeugungsanlage abzuschließen.87 Der BGH ließ die Qualifikation der Einspeisungsregelung als gesetzliches Schuldverhältnis oder Kontrahierungszwang in seinem Urteil vom 11. Juni 2003 ausdrücklich offen und gewährte dem Einspeiser jedenfalls das prozessuale Recht, unmittelbar auf Anschluß seiner Anlage sowie auf Abnahme und Vergütung des eingespeisten Stromes zu klagen.88 Den weiter bestehenden Unsicherheiten hat der Gesetzgeber schließlich ein Ende gesetzt, indem er in das EEG 2004 die Bestimmung des § 12 Abs. 1 einfügte, wonach Netzbetreiber die Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den §§ 4 und 5 nicht vom Abschluß eines Vertrages abhängig machen dürfen. Erklärtes Ziel der Regelung ist es, herauszustellen, daß der Anlagenbetreiber gegenüber dem Netzbetreiber über einen unmittelbar auf Anschluß, Abnahme und Vergütung gerichteten Anspruch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis verfügt. Zugleich weist der Gesetzgeber jedoch darauf hin, der Abschluß eines Einspeisungsvertrages werde regelmäßig zur Vereinbarung technischer Details der Einbindung der Anlage in das Netz sinnvoll sein.89 Auch in der Literatur wird vielfach darauf hingewiesen, der Abschluß eines Einspeisungsvertrages sei deshalb anzuraten, weil die gesetzlichen Pflichtenregelungen keine Aussagen insbesondere zur Qualität des eingespeisten Stromes, zur Abstimmung der Einspeisung auf die Netzkapazitäten sowie zur gem. Abs. 1 S. 1 in ein Netz zur allgemeinen Versorgung abgenommen und übertragen wird, vgl. dazu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/2864, S. 35. 87 Für einen Kontrahierungszwang hatten sich dabei u. a. ausgesprochen: OLG Koblenz, RdE 2000, 74; OLG Schleswig-Holstein, RdE 2003, 214 f.; M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 26 ff.; M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 37 ff. – Für ein gesetzliches Schuldverhältnis waren eingetreten: P. Salje, EEG, Kommentar, 2. Aufl., 2000, § 3 Rn. 29 ff.; E. Brandt/J. Reshöft/ S. Steiner, EEG, Handkommentar, 2001, § 3 Rn. 33 f.; K. Gent, ZNER 2001, S. 237. 88 BGHZ 155, 141 (159 f.) – Stromeinspeisungsregelung III; dazu die Anmerkungen von C. Weißenborn, RdE 2003, S. 274 (276) sowie S. Mager, EWiR 2003, S. 965 (966). 89 So die Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 45 (zu § 12 Abs. 1).

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Erfüllung des Vergütungsanspruches träfen.90 In der Praxis ist es daher üblich geworden, daß der abnehmende Netzbetreiber die Modalitäten der Einspeisung mit dem Anlagenbetreiber vertraglich festlegt. Die gesetzlichen Vorgaben der §§ 4 und 5 EEG bilden dabei den Rahmen der vertraglichen Vereinbarung, so daß trotz des Bestehens gesetzesunmittelbarer Ansprüche davon gesprochen werden kann, die SER gestalte ein privatrechtliches Vertragsverhältnis inhaltlich aus. 2. Vergütungspflicht, §§ 5 ff. EEG Der Fördermechanismus des EEG wäre unvollständig und nicht funktionsfähig, würden nicht die durch § 4 Abs. 1 S. 1 EEG angeordneten Sachpflichten in § 5 EEG durch die Verpflichtung der Netzbetreiber ergänzt, den abgenommenen Strom nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu vergüten. In Kongruenz zu der Regelung des § 4 Abs. 6 EEG besteht die Vergütungspflicht nicht nur für die Energieabnahme zwischen Anlagenbetreiber und Netzbetreiber, sondern in gleicher Weise für die Abnahme zwischen Netzbetreiber und vorgelagertem Übertragungsnetzbetreiber, § 5 Abs. 2 EEG. Der Anwendungsbereich der Vergütungsregelung ist gegenüber demjenigen der abnahmebezogenen Sachpflichten insofern eingeschränkt, als sich die Vergütungspflicht nur auf Strom erstreckt, der in Anlagen erzeugt wird, die ausschließlich erneuerbare Energien einsetzen, § 5 Abs. 1 S. 1 EEG.91 Die §§ 6 bis 11 EEG treffen nach Energieträgern spezifizierte Bestimmungen über die Vergütung für abgenommenen Strom aus Wasserkraft (§ 6), Deponie-, Klär- und Grubengas (§ 7), Biomasse (§ 8), Geothermie (§ 9), Windenergie (§ 10) und solarer Strahlungsenergie (§ 11), während § 12 EEG gemeinsame Vorschriften enthält, die neben Rechtsfragen der Abnahme und Übertragung auch solche der Vergütung regeln. Absolute Mindestvergütungssätze, wie sie die §§ 6 bis 11 EEG in der Form von Festbeträgen in Cent pro Kilowattstunde enthalten, sind erst mit Erlaß des EEG im Jahr 2000 in das Energieumweltrecht eingeführt worden und stellen – sieht man von dem in mehrerlei Hinsicht dem EEG nachgebildeten Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz92 ab – weiterhin ein besonderes Kennzeichen dieses Gesetzes dar. Als leitendes Gestaltungsprinzip der 90 C. Weißenborn, Streitfragen, in: T. Böhmer (Hrsg.), Erneuerbare Energien, 2003, S. 71 (94 ff.); ders., RdE 2004, S. 274 (276); T. Müller, RdE 2004, S. 237 (238); P. Salje, EEG, Kommentar, 2. Aufl., 2000, § 3 Rn. 30. 91 Zum Ausschließlichkeitsprinzip B. J. Herrmann, Anwendungsprobleme des Stromeinspeisungsgesetzes, 1996, S. 75 f.; A. Klemm, ET 2001, S. 592 ff.; P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, § 5 Rn. 13 ff. 92 Vgl. die Zuschlagsregelung in § 7 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) vom 19. 3. 2002 (BGBl. I S. 1092), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. 9. 2005 (BGBl. I S. 2826, 2883).

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

einzelnen energieträgerspezifischen Vergütungsregelungen, insbesondere der Vergütungssätze, dient der Gedanke, den Betreibern von optimierten Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien bei rationeller Betriebsführung einen wirtschaftlichen Betrieb dieser Anlangen grundsätzlich zu ermöglichen. Bei der Ermittlung der nötigen Vergütungshöhe hat der Gesetzgeber insbesondere die Investitions-, Betriebs- und Kapitalkosten eines bestimmten Anlagentyps bezogen auf dessen durchschnittliche Lebensdauer sowie die marktübliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals zugrunde gelegt.93 Trotz ihres spezifischen Zuschnitts auf den jeweiligen Energieträger zeigen die Vergütungsregelungen der §§ 6 bis 11 EEG einige gemeinsame Gestaltungsmerkmale wie beispielsweise eine degressive Staffelung der Vergütungssätze und eine jährliche Degression der Vergütungssätze für Neuanlagen, auf die im Rahmen der verfassungsrechtlichen Beurteilung der SER zurückzukommen sein wird. Für sämtliche Vergütungshöhen nach §§ 6 ff. EEG gilt, daß sie erheblich über dem Niveau der elektrizitätswirtschaftlichen Wertigkeit des eingespeisten Stroms, wie es durch den Maßstab der vermiedenen Kosten markiert wird, liegen. III. Die dauerhafte finanzielle Belastung durch das EEG 1. Die Verteilung der Kostenlast – Der bundesweite Ausgleichsmechanismus gem. § 14 EEG Die durch die Vergütungspflicht auferlegte finanzielle Belastung durchläuft einen vierstufigen Wälzungsmechanismus.94 Sie wird zunächst von den nach § 5 Abs. 1 EEG primär zur Abnahme und Vergütung verpflichteten Netzbetreibern (erste Stufe) gem. § 5 Abs. 2 EEG an die vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber weitergereicht (zweite Stufe). Auf der Ebene der Übertragungsnetzbetreiber findet ein bundesweiter Ausgleich der nach dem EEG abgenommenen und vergüteten Energiemengen statt (dritte Stufe). Gem. § 14 Abs. 2 S. 1 EEG ermitteln die Übertragungsnetzbetreiber bis zum 30. September eines jeden Jahres die Energiemenge, die sie im vorangegangenen Kalenderjahr nach § 5 EEG abgenommen und vergütet haben.95 Sodann bestimmen sie den Anteil dieser 93

Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 36. Darstellungen des Ausgleichsmechanismus nach § 14 EEG bei J. Reshöft/ S. Steiner/J. Dreher, Erneuerbare Energien-Gesetz, Handkommentar, 2. Aufl., 2005, § 14 Rn. 9 ff., 48 ff.; P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, § 14 Rn. 18 ff. 95 Genauer verpflichtet § 14 Abs. 1 EEG die Übertragungsnetzbetreiber bereits dazu, die abgenommenen und vergüteten Energiemengen unverzüglich untereinander vorläufig auszugleichen sowie die Energiemengen und die Vergütungszahlungen gem. Abs. 2 abzurechnen; der vorläufige Ausgleich wird im Rahmen des späteren, dauerhaften Ausgleichs unter den Übertragungsnetzbetreiber berücksichtigt, vgl. § 14 Abs. 3 S. 1 EEG. 94

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Energiemenge an der Gesamtmenge, die EVU im Bereich ihres Übertragungsnetzes im vorangegangenen Kalenderjahr an Letztverbraucher geliefert haben. In Höhe der Differenz zwischen dem auf diese Weise bestimmten Anteil und dem Durchschnitt der gebildeten Anteile sind die Übertragungsnetzbetreiber einander zum Ausgleich verpflichtet. Dieser vollzieht sich, indem überdurchschnittlich belastete Übertragungsnetzbetreiber gegen unterdurchschnittlich belastete Unternehmen Ansprüche auf Abnahme der Energiemengendifferenzen und Vergütung nach den §§ 6 bis 12 EEG haben. Der Ausgleich ist erzielt, wenn alle Übertragungsnetzbetreiber eine Energiemenge abgenommen und vergütet haben, die dem Durchschnittswert entspricht, § 14 Abs. 2 S. 2 EEG. Daraufhin verfügen alle Übertragungsnetzbetreiber über einen bezogen auf die durch ihre Netze geleiteten Strommengen gleichen prozentualen Anteil von EEG-Strom.96 An den Ausgleich auf Ebene der Übertragungsnetzbetreiber schließt sich dessen Übersetzung auf die Ebene der Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Gemäß § 14 Abs. 3 S. 1 EEG sind EVU, die Strom an Letztverbraucher liefern, verpflichtet, den von ihrem regelverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber nach dem EEG abgenommenen und vergüteten Strom wiederum anteilig abzunehmen und zu vergüten. Der auf das einzelne EVU entfallende Anteil bestimmt sich dabei nach dem Verhältnis zwischen der insgesamt von dem Übertragungsnetzbetreiber gem. § 5 Abs. 2 EEG vergüteten und der von dem EVU im Bereich dieses Übertragungsnetzbetreibers an Letztverbraucher gelieferten Energiemenge, § 14 Abs. 3 S. 3 und 4 EEG. Die Vergütung richtet sich nach einem bundesweit einheitlichen Durchschnittsvergütungssatz; dieser errechnet sich gem. § 14 Abs. 3 S. 5 EEG aus dem voraussichtlichen Durchschnitt der nach § 5 EEG von der Gesamtheit der Netzbetreiber pro Kilowattstunde in dem vorangegangenen Quartal gezahlten Vergütungen abzüglich der nach § 5 Abs. 2 S. 2 EEG vermiedenen Netznutzungsentgelte. Im Ergebnis verpflichtet der Ausgleichsmechanismus alle EVU, die Strom an Letztverbraucher liefern, zu prozentual gleichen Anteilen zur Abnahme und Vergütung des nach dem EEG geförderten Stroms. Ausgenommen sind durch das sog. „Grünstromhändlerprivileg“ des § 14 Abs. 3 S. 2 EEG lediglich solche EVU, die mindestens die Hälfte der insgesamt von ihnen gelieferten Strommenge ausschließlich aus erneuerbaren Energien beziehen. Für die nach § 5 EEG verpflichteten Netzbetreiber und Übertragungsnetzbetreiber stellen sich die Mehrkosten der gesetzlichen Preisfestsetzungen gleichsam als „durchlaufende Kosten“ dar, eine endgültige finanzielle Belastung der Netzbetreiber ist mit den 96 Der Gesetzgeber stellt den umfassenden bundesweiten Belastungsausgleich auf Ebene der Übertragungsnetzbetreiber her, da es sich bei diesen um eine überschaubare Anzahl von Beteiligten handelt, die zudem zur Abwicklung der mit dem Ausgleich verbundenen Transaktionen imstande sind, vgl. BT-Drs. 15/2864, S. 48. Die Wahl der Ebene für den horizontalen Ausgleich, welcher der letzten Stufe der Abwälzung vorausgeht, folgt daher dem sog. Flaschenhalsprinzip.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

Regelungen der §§ 4 ff., 14 EEG nicht bezweckt. Die Kostenlast aus der Förderung regenerativer Stromerzeugung nach dem EEG wird in vollem Umfang an die letztversorgenden Stromhändler durchgereicht. Nach der Intention des Gesetzgebers soll hierdurch eine „dem Prinzip der Entflechtung von Elektrizitätsversorgungsunternehmen ideal entsprechende Verpflichtung der Stromlieferanten als Verursachern einer klima- und umweltgefährdenden Energieerzeugung“ erreicht und gleichzeitig dem Verbraucherschutz durch die Vermeidung von Ungleichbehandlungen und übermäßigen Abwälzungen gedient werden.97 2. Die Intensität der Mehrkostenbelastung der Stromlieferanten Die Ausgleichsregelung des § 14 Abs. 3 EEG bewirkt eine finanzielle Mehrbelastung der Stromlieferanten, die in ihrem Umfang der gesetzlich veranlaßten Förderung der Einspeiser von EEG-Strom durch die Netzbetreiber entspricht. Da der gesamte nach §§ 4 ff. EEG durch die Netzbetreiber abgenommene Strom auf die letztversorgenden EVU weiterverteilt wird und von diesen nach einer Durchschnittsvergütung für die Abnahme von EEG-Strom, § 14 Abs. 3 S. 5 EEG, zu vergüten ist, stimmen die finanzielle Förderwirkung zugunsten der Einspeiser und die Belastungswirkung für die Stromlieferanten in ihrem Umfang überein. Durch den Gesetzgeber veranlaßt ist dieser Finanztransfer, soweit die von den Stromhändlern zu entrichtende Durchschnittsvergütung die elektrizitätswirtschaftliche Wertigkeit des bezogenen Stroms zu Förderzwecken übersteigt. Das Ausmaß der förderbedingten Mehrkostenbelastung aller letztversorgenden EVU berechnet sich als Produkt aus der insgesamt abgenommenen Menge von EEG-Strom und der Differenz zwischen der Durchschnittsvergütung gem. § 14 Abs. 3 S. 5 EEG und dem elektrizitätswirtschaftlichen Wert des EEGStroms, dividiert durch die insgesamt an Letztverbraucher abgegebene Strommenge.98 Der Marktwert des EEG-Stroms tritt in dieser Berechnung an die Stelle der konkret vermiedenen Strombezugskosten, die sich nur im Einzelfall für das jeweils betroffene EVU bestimmen lassen. Der Berechnungsvorschlag des VDEW legt als elektrizitätswirtschaftliche Wertigkeit den Börsenpreis im Sinne des durchschnittlichen Terminmarktpreises für ein an der European Energy Exchange AG (EEX) festgestelltes Grundlast-Stromprodukt zugrunde.99 Dieser lag im Jahr 2005 bei rund 3,2 Cent pro Kilowattstunde,100 während die 97

Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 48. Hierzu eingehend T. Böhmer, Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, in: ders. (Hrsg.), Erneuerbare Energien, 2003, S. 51 (55 ff.). 99 Der Berechnungsvorschlag des VDEW wird dargestellt in VDEW-Kontakt 2/06, S. 20 f. 100 Zugrunde gelegt wird dabei der Durchschnittspreis des Terminmarktproduktes Future Base Year 05 (sog. Cal-05) im Zeitraum vom 1. Juli 2003 bis 30. Juni 2004; 98

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Durchschnittsvergütung gem. § 14 Abs. 3 S. 5 EEG rund 9,5 Cent pro Kilowattstunde betrug.101 Auf dieser Grundlage ergibt sich für das Jahr 2005 ein Gesamtvolumen des Finanztransfers zwischen Stromlieferanten und EEG-Einspeisern von rund 2,7 Mrd. Euro.102 3. Die Weitergabe der Mehrkostenlast an den Endverbraucher Es bleibt schließlich festzustellen, welche Akteure des Strommarktes endgültig mit den förderbedingten Mehrkosten der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien belastet werden, so daß insbesondere im Rahmen der Rechtfertigung der SER als Grundrechtsbeeinträchtigung auf diese Personengruppe abzustellen sein wird. Die bundesweite Ausgleichsregelung des § 14 EEG verlagert die durchschnittlichen Kosten, die aus dem Förderanteil der gesetzlichen Mindestvergütungen gem. §§ 6 ff. EEG resultieren, auf der vierten Stufe des Belastungsausgleichs von den Übertragungsnetzbetreibern auf die letztversorgenden EVU. Bei diesen würde es sich daher um die Träger der endgültigen finanziellen Belastung aus dem EEG handeln, sofern nicht deren Möglichkeiten, die Kostenlast durch Einbeziehung in die Strompreise auf die Endverbraucher abzuwälzen,103 eine andere Sicht vorgibt. Kriterien zur Bestimmung des Personenkreises, der bei der Überprüfung einer hoheitlich auferlegten Geldleistungspflicht am Maßstab der Grundrechte in den Blick zu nehmen ist, hat das BVerfG in seinem Beschluß zur Verfassungsmäßigkeit der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz – dem sog. Kohlepfennig – entwickelt. Dort erachtete das BVerfG es für maßgeblich, daß das Dritte Verstromungsgesetz nach seiner Zielsetzung, seinem Regelungsgehalt und seinen flankierenden Vorkehrungen darauf angelegt war, den belasteten Unternehmen die Überwälzung der Kostenlast auf den Endverbraucher zu ermöglichen.104 Betrachtet man zunächst die Intention des Gesetzgebers, so fällt auf, daß der Gesetzgeber des Dritten Verstromungsgesetzes – wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt105 – fest von einer Erhöhung der Strompreise infolge der Ausvgl. zu dieser Berechnungsgrundlage auch T. Böhmer, Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, in: ders. (Hrsg.), Erneuerbare Energien, 2003, S. 51 (56). 101 Angabe des Verbands der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) e. V., vgl. Pressemitteilung „Ökostrom-Förderung steigt auf drei Milliarden Euro“ vom 31. 10. 2005. 102 Angabe des VDEW e. V., vgl. Pressemitteilung „Staat verteuert Stromrechnung“ vom 10. 10. 2005, sowie Pressemitteilung „Ökostrom-Förderung steigt auf drei Milliarden Euro“ vom 31. 10. 2005; nach Angaben des VDEW e. V. im April 2006 bedarf die Schätzung von 2,7 Mrd. Euro keiner Korrektur. 103 Zur Lastenüberwälzung als Grundform der Weitergabe von Verwaltungswirkungen P. Kirchhof, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, 1977, S. 14 ff. 104 BVerfGE 91, 186 (203).

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

gleichsabgabe ausging und diese in seine Planungen mit einbezog, während dies für das EEG nicht der Fall ist. Zwar ist der Gesetzesbegründung zum EEG 2004 an mehreren Stellen zu entnehmen, daß der Gesetzgeber mit einer Belastung der Endverbraucher durch steigende Strompreise rechnet.106 Doch geht aus diesen Ausführungen zugleich hervor, daß der Gesetzgeber zunehmende Stromkosten für die Endverbraucher als zeitlich begrenztes „notwendiges Übel“ ansieht, das nach seinem Willen nicht die Lösung der mit der Förderung erneuerbarer Energien verbundenen Kostentragungsproblematik bildet. Auf der einen Seite ist die Möglichkeit der Kostenüberwälzung an Letztverbraucher dem Gesetzgeber als Beleg für seine Annahme, die finanzielle Belastung der Stromhändler werde sich innerhalb der Grenzen des Zumutbaren halten, willkommen.107 Auf der anderen Seite kann davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage und einer Vielzahl weiterer strompreiserhöhender staatlicher Interventionen neben dem EEG108 nicht mehr in demselben Maße bereit ist, steigende Strompreise in Kauf zu nehmen, wie dies möglicherweise noch unter Geltung des Dritten Verstromungsgesetzes der Fall gewesen ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung des EEG 2004 sollen die Mehrkosten der Förderung ressourcenschonender Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien daher nicht dauerhaft und in weitem Umfang von den Verbrauchern getragen werden; vielmehr sollen die letztversorgenden EVU an einer umfangreichen Überwälzung ihrer finanziellen Belastung durch zunehmenden Wettbewerb auf einem liberalisierten Strommarkt gehindert werden. Der Gesetzgeber überläßt es mithin der unternehmerischen Entscheidung des einzelnen EVU, ob dieses sich der Kostenlast aus dem EEG durch deren Einbeziehung in seine Strompreiskalkulation entledigt oder sich einer solchen Überwälzung weitgehend enthält und im Gegenzug Wettbewerbsvorteile genießt.109 105

BT-Drs. 7/1991, S. 13. BT-Drs. 15/2864, S. 3, 25, 48, 50. 107 Vgl. BT-Drs. 15/2864, S. 48 (zu § 14 Abs. 3), 49 (zu § 14 Abs. 7) 50 (zu § 16 Abs. 1); ähnlich bereits der Erfahrungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 10. 7. 2002, BT-Drs. 14/9807, S. 6, sowie die Begründung zur Einfügung von § 11a EEG 2000, BT-Drs. 15/810, S. 1, 5. 108 Als Beispiele seien hier nur die Stromsteuer, die auf eine Abwälzung der Mehrkostenlast an den Endverbraucher angelegt ist, sowie die Förderung der Kraft-WärmeKopplung nach dem KWKG genannt; ein Vergleich der Regelungskonzeptionen von EEG, KWKG und StromStG hinsichtlich der Abwälzung von Mehrkosten findet sich bei U. Büdenbender, ET 2001, S. 298 (302 ff.). 109 Vgl. BT-Drs. 15/2864, S. 50, zu § 16 Abs. 1 EEG („Das EEG regelt nicht, wie die EVU mit der abgenommenen und vergüteten Strommenge zu verfahren haben. Es stellt ihnen vielmehr frei, diese Strommenge an die von ihnen belieferten Letztverbraucher als Anteil des gesamten Strombezugs weiterzugeben. Die Differenzkosten zwischen dem gezahlten Durchschnittsvergütungssatz und den alternativen Bezugskosten durch Elektrizitätsversorgungsunternehmen werden in diesem Fall Bestandteil der Strombezugskosten der Letztverbraucher.“); ähnlich der Erfahrungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 10. 7. 2002, BT-Drs. 14/9807, S. 6. 106

§ 2 Die Stromeinspeisungsregelung gem. §§ 4 ff., 14 EEG

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Die Überwälzung der EEG-Kostenlast stellt sich aus der Sicht des Gesetzgebers folglich als Frage des Wettbewerbsverhaltens des einzelnen EVU am Markt dar, sie ist für ihn – in der Sprache des Kohlepfennig-Urteils – eine „marktabhängige Möglichkeit.“110 Insofern muß der Gesetzgeber des EEG in seinen Erwartungen den Gegebenheiten eines nunmehr wettbewerbsoffenen Strommarktes Rechnung tragen: Die sichere Vorhersehbarkeit der Kostenüberwälzung im Fall des Dritten Verstromungsgesetzes beruhte wesentlich auf der Existenz geschlossener, monopolisierter Absatzgebiete, wie sie seit der Reform des Energiewirtschaftsrechts 1998 der Vergangenheit angehören. Schon aufgrund dieser veränderten energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des EEG berücksichtigt hat, liegt eine vollständige oder weitestgehende Weitergabe der Mehrkostenlast an die Letztverbraucher nicht innerhalb der Zielsetzung der SER. Dem entspricht es, daß die Bundesregierung nach eigenen Angaben über keine sicheren Kenntnisse zur Verteilung der Kostenlast zwischen letztversorgenden EVU und Endverbrauchern verfügt.111 Fragt man zudem – wie es das BVerfG für den Kohlepfennig getan hat – danach, ob der Fördermechanismus des EEG „flankierende Vorkehrungen“ aufweist, die ihn zusätzlich auf eine Kostenüberwälzung an Letztverbraucher ausrichten, so wird der bislang gewonnene Befund bestätigt. Der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz waren in § 10 des Gesetzes verschiedene Regelungen zur Seite gestellt, welche die Überwälzung an Stromverbraucher rechtlich begleiteten, indem sie die preis-, vertrags- und wettbewerbsrechtlichen Hindernisse einer Überwälzung beseitigten, § 10 Abs. 1 S. 1, die Weitergabe der Kosten mit den Höchstgrenzen der BTOElt für Strompreise in Einklang brachten, § 10 Abs. 2, und die Weitergabe des Abgabenanteils durch das Erfordernis gesonderter Ausweisung als offene Überwälzung ausgestalteten, § 10 Abs. 3.112 Entsprechende Regelungen sucht man im EEG vergeblich. Lediglich die sog. besondere Ausgleichsregelung des § 16 EEG deutet auf eine Mehrkostenbelastung der Letztverbraucher hin, indem sie es zuläßt, den Anteil der Strommenge, die ein EVU gem. § 14 Abs. 3 S. 1 EEG abgenommen und sodann an ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes geliefert hat, auf Antrag des Unternehmens zu begrenzen, um dadurch die mit der Lastenüberwälzung für das Unternehmen verbundenen Kosten zu reduzieren, vgl. § 16 Abs. 1 EEG. Allerdings läßt sich aus der Existenz einer tatbestandlich eng begrenzten Härtefallklausel nicht schließen, der Gesetzgeber gehe für den Regelfall davon aus, der Stromhändler werde zu einer vollständigen oder weitgehenden Weitergabe der Mehrkosten in der Lage sein. Eine Betrachtung der Regelungssystematik der SER ergibt daher, daß der Gesetzgeber die Kostenüberwälzung an Letzt110

BVerfGE 91, 186 (205). Hierzu die Antwort auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ramsauer, BT-Drs. 14/4993, S. 17. 112 Vgl. BVerfGE 91, 186 (204 f.). 111

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

verbraucher nicht durch „flankierende“ Bestimmungen rechtlich vorgesehen und vorbereitet hat. Zusammenfassend hat der Gesetzgeber die SER nicht gezielt auf eine umfangreiche Lastenüberwälzung auf die Endverbraucher ausgerichtet. Zwar ist er sich der Möglichkeit einer Weitergabe der Mehrkostenlast an die Stromkunden durchaus bewußt, doch überläßt er sie der unternehmerischen Entscheidung des einzelnen Stromhändlers. Für diesen bleibt die Kostenabwälzung daher eine ungewisse, jeweils „marktabhängige“ Möglichkeit. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt die Mehrheit im Schrifttum, die der Gesetzeskonzeption des EEG eine „Neutralität“ zur Frage der Mehrkostenüberwälzung an Letztverbraucher attestiert.113 Für die weitere Untersuchung folgt hieraus, daß im Zusammenhang mit der grundrechtlichen Rechtfertigung der finanziellen (Sonder)Belastung nicht auf die Allgemeinheit der Stromverbraucher, sondern auf die letztversorgenden EVU abzustellen sein wird.

C. Die Stromeinspeisungsregelung als abgabenähnliche Vergütungspflicht Die SER dient der Untersuchung als Referenzregelung bei der Formulierung der an fördernde Vergütungsbestimmungen anzulegenden Verfassungsmaßstäbe. Das Interesse der Untersuchung gilt der SER daher weniger in ihrer formalen Eigenschaft als Preisregelung als vielmehr ihrem Charakter als hoheitlich auferlegte Geldleistungspflicht zur Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe, mithin als abgabenähnliche Vergütungspflicht. Es lohnt deshalb, die Merkmale dieser Regelungstechnik am Beispiel der SER nochmals zu verdeutlichen. Durch §§ 4 und 5 EEG werden die Betreiber von Stromnetzen für die allgemeine Versorgung verpflichtet, Elektrizität aus Anlagen zur Erzeugung von EEG-Strom abzunehmen und zu gesetzlich festgelegten Preisen zu vergüten. Da diese Preise die stromwirtschaftliche Wertigkeit der abgenommenen Elektrizität, wie sie sich nach den – gegenüber einer Eigenerzeugung oder eines frei gewählten Drittbezuges – vermiedenen Kosten bestimmt, übersteigen, wird dem Einspeiser eine Vergütung gewährt, die für ihn im Wege privatautonomer Vereinbarung nicht zu erzielen wäre. Gleichzeitig steht der Geldleistung des Abnehmers keine wertäquivalente Gegenleistung gegenüber; dieser wird kraft gesetzlicher Anordnung finanziell belastet. Die Geldleistung des abnehmenden Netzbetreibers zerfällt bei wirtschaftlicher Betrachtung in einen Anteil, der dem 113 So U. Büdenbender, ET 2001, S. 298 (302); ähnlich P. Rosin/M. Elspas, ET 2002, S. 182 (186); G. Britz/F. Müller, RdE 2003, S. 163 (165 f.); für eine materielle Letztbelastung der Stromhändler auch M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 156 ff., sowie S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 220 ff.

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern

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Marktwert des eingespeisten Stromes entspricht und folglich auch auf vertraglicher Grundlage zu vereinbaren wäre, sowie einen fördernden Anteil, den dieser allein aufgrund gesetzlichen Zwanges erbringt, der ihm also hoheitlich auferlegt wird. Im Umfang dieser gesetzlich zugewiesenen Mehrkostenlast „subventioniert“ der Netzbetreiber die Verwendung erneuerbarer Energien bei der Stromerzeugung und finanziert damit eine Aufgabe des allgemeinen Wohls. Eine Besonderheit der SER besteht darin, daß diejenigen Freiheitsberechtigten, denen die Finanzlast der Förderung endgültig verbleibt – dies sind gem. § 14 Abs. 3 EEG die Stromhändler –, selbst nicht an dem Verhältnis des Leistungsaustausches beteiligt sind, an dem der Fördermechanismus ansetzt – dem Verhältnis von Einspeiser und Netzbetreiber. Dieser Umstand folgt aus der Entscheidung des Gesetzgebers, die EEG-Mehrkostenlast gem. § 14 EEG gleichmäßig auf der Ebene der Versorgung von Letztverbrauchern zu verteilen; die Zuordnung der SER zur Regelungstechnik der abgabenäquivalenten Preisintervention wird hierdurch nicht in Frage gestellt.

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern gem. § 130a Sozialgesetzbuch V A. Hintergrund – Bemühungen um eine Reform der gesetzlichen Krankenversicherung Ein weiteres Gebiet, auf dem abgabenähnliche Entgeltregelungen bereits Einsatz finden, bildet das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Entwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) als eine der Hauptsäulen der Sozialversicherung ist seit Bestehen der Bundesrepublik durch eine ständige Ausweitung des Kreises der Versicherten, der Leistungserbringer und über viele Jahrzehnte auch der erbrachten Leistungen geprägt.114 Damit verbunden ist ein Anstieg der Leistungsausgaben von etwa 9 Mrd. DM im Jahr 1960115 auf rund 136 Mrd. Euro im Jahr 2003.116 Da die Leistungsausgaben, die zum größten Teil aus Sozialversicherungsbeiträgen zu finanzieren sind, in dieser Zeit praktisch ohne Unterbrechung stärker angestiegen sind als der Grundlohn, gin-

114 Hierzu K. Peters, in: Kasseler Kommentar, vor § 1 SGB V Rn. 7 ff.; F. Knieps, in: B. v. Maydell, GK-SGB V, Einleitung Rn. 13 ff.; vgl. auch die Begründung des Fraktionsentwurfs zum Gesundheits-Reformgesetz 1989, BT-Drs. 11/2237, S. 135 f. 115 Dazu die Begründung des Regierungsentwurfs zum Gesundheits-Reformgesetz, BR-Drs. 200/88, S. 282 (Tab. 3). 116 Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.), Statistisches Taschenbuch Gesundheit 2005, 2005, S. 152 (Tab. 10.5A).

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

gen mit dem Anstieg der Leistungsausgaben nahezu kontinuierlich Erhöhungen der Beitragssätze einher.117 Bereits Ende der achtziger Jahre waren mit der zunehmenden Qualität der medizinischen Versorgung aufgrund des technologischen Fortschritts, den Überkapazitäten auf Seiten des Leistungsangebots und einer unwirtschaftlichen Ressourcenverwendung, auch infolge mangelnden Ausgabenbewußtseins aller Beteiligten, wesentliche Ursachen der Kostenentwicklung benannt.118 Während Kostenfaktoren wie der Umfang des gesetzlich gewährleisteten Leistungsangebotes seither kontinuierlich zurückgeführt wurden, traten in Gestalt der demographischen Entwicklung und der zunehmenden Morbidität der Gesellschaft andere Faktoren stärker in den Vordergrund. Da sich steigende Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung durch wachsende Lohnnebenkosten negativ auf das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigungssituation auswirken, bleiben Ausgabenüberschüsse der GKV in ihrer Wirkung nicht auf das Gesundheitswesen beschränkt. Beschäftigungszuwächse im Gesundheitswesen sind nicht annähernd in der Lage, diese Effekte zu kompensieren. Seit Ende der achtziger Jahre unternahm der Gesetzgeber daher verstärkt Anstrengungen, der Ausgabenentwicklung der GKV Einhalt zu gebieten und einem weiteren Ansteigen der Beitragssätze entgegenzuwirken. Diese Bemühungen spiegeln sich bereits in der Ursprungsfassung des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches, mit dem der Gesetzgeber durch das Gesundheits-Reformgesetz 1989119 die gesetzliche Krankenversicherung erstmals seit dem Inkrafttreten der Reichsversicherungsordnung im Jahr 1911 umfassend neu geordnet hat.120 Schon bald nach Inkrafttreten des SGB V zum 1. Januar 1989 zeigte sich jedoch, daß die gesetzlichen Neuerungen den Anstieg der Beitragssätze zwar kurzfristig verlangsamen, nicht aber dauerhaft aufhalten konnten.121 Die Einführung weiterer Maßnahmen zur Kostensenkung verzögerte sich durch die Wie117

Eine Darstellung der Beitragssatzentwicklung von 1950 bis 1987 enthält die Begründung des Regierungsentwurfs zum Gesundheits-Reformgesetz, BR-Drs. 200/88, S. 287 (Grafik 2); eine Übersicht der Entwicklung von 1991 bis 2004 gibt Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.), Statistisches Taschenbuch Gesundheit 2005, 2005, S. 161 (Tab. 10.11). 118 Hierzu eingehend der Fraktionsentwurf zum Gesundheits-Reformgesetz 1989, BT-Drs. 11/2237, S. 132 ff., 141 ff. 119 Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz – GRG) vom 20. 12. 1988 (BGBl. I S. 2477); Nachweise zum Gang des Gesetzgebungsverfahren und zu Materialien bei K. Peters, in: Kasseler Kommentar, vor § 1 SGB V Rn. 4; R.-U. Schlenker, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 1 Rn. 138 ff. 120 Eingehend zu den Neuerungen durch das SGB V R.-U. Schlenker, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 1 Rn. 142 ff.; F. Knieps, in: B. v. Maydell, GK-SGB V, Einleitung Rn. 76 ff.; W. Rüfner, NJW 1989, S. 1001 ff. 121 Hierzu S. Hacke, Die Ausstrahlung des Gesundheits-Strukturgesetzes, 1996, S. 36; R.-U. Schlenker, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 1 Rn. 178; K. Peters, in: Kasseler Kommentar, vor § 1 SGB V Rn. 12.

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern

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derherstellung der Einheit Deutschlands, die zunächst eine Übertragung des Rechts der GKV auf die neuen Bundesländer erforderte.122 Da sich seit 1991 zeigte, daß die Einnahmen und Ausgaben der GKV sich in nunmehr dramatischer Weise auseinanderentwickelten,123 ließ der Gesetzgeber durch das Gesundheitsstrukturgesetz 1993 noch einschneidendere Maßnahmen folgen, als er sie im Gesundheits-Reformgesetz 1989 vorgesehen hatte.124 Das Gesundheitsstrukturgesetz 1993 (GSG) bildet insofern einen Meilenstein der Gesundheitsreform, als es erstmals die Hauptlast der veranschlagten Einsparungen auf die Leistungserbringer verlagerte. Ziel des Gesetzes war es, dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität auch durch eine Strukturreform der Leistungsangebote zu Wirksamkeit zu verhelfen.125 Charakteristisch für diese Phase der Gesundheitsreform ist es allerdings, daß sich die Kostendämpfungsmaßnahmen des GSG vornehmlich an die klassischen Gruppen von Leistungserbringern – Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser – richteten, während die Belastung von Unternehmen der Pharmawirtschaft noch im Hintergrund blieb. Trotz der weitgehenden Maßnahmen des GSG und der Hinwendung des Gesetzgebers zur Regelung der Pflegeversicherung kam es auch in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre zu zahlreichen Änderungen der GKV, die jedoch überwiegend deren Grundstrukturen und deren Finanzierung aussparten.126 Seit dem Jahr 2000 ergingen dann Gesetzespakete zur Gesundheitsreform in einer bis dahin ungekannten Frequenz. Auf das Gesundheitsreformgesetz des Jahres 2000127 folgten das Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz 2002128 sowie das Beitragssatzsicherungsgesetz 2003129, bevor die Entwicklung mit dem Gesetz 122 K. Peters, a. a. O., vor § 1 SGB V Rn. 28; zur Verwirklichung der deutschen Einheit im Bereich der GKV eingehend R.-U. Schlenker, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 1 Rn. 160 ff.; F. Knieps, in: B. v. Maydell, GK-SGB V, Einleitung Rn. 25 ff. 123 Daten zur Einnahmen- und Ausgabenentwicklung der GKV vor Erlaß des Gesundheitsstrukturgesetzes bei R.-U. Schlenker, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 1 Rn. 178; vgl. auch S. Hacke, Die Ausstrahlung des Gesundheits-Strukturgesetzes, 1996, S. 36 m.w. N. 124 Vgl. Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21. 12. 1992 (BGBl. I S. 2266); einen Überblick der Neuerungen durch das GSG gibt W. Rüfner, NJW 1993, S. 753 ff. – Bei der Vorbereitung dieses Gesetzes lag bereits der Endbericht der Enquête-Kommission „Strukturreform der Gesetzlichen Krankenversicherung“ vor, der bei Ausarbeitung des GRG nicht mehr hatte berücksichtigt werden können, vgl. BT-Drs. 11/6380. 125 Hierzu eingehend S. Hacke, Die Ausstrahlung des Gesundheits-Strukturgesetzes, 1996, S. 35 ff.; R.-U. Schlenker, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 1 Rn. 186 ff. 126 Inhaltlich weitgehend jedoch das Zweite Gesetz zur Neuordnung der Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKVNeuordnungsgesetz) vom 23. 6. 1997 (BGBl. I S. 1520). 127 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. 12. 1999 (BGBl. I S. 2626).

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung,130 das zum 1. Januar 2004 in Kraft trat, zu einem vorläufigen Ende kam. Neben ihrer Geschwindigkeit und geringen Vorhersehbarkeit ist an der Gesetzgebungstätigkeit der jüngsten Zeit bemerkenswert, daß immer häufiger Instrumente des Arzneimittelpreisrechts zur Erschließung weiterer Einsparungsmöglichkeiten eingesetzt werden, immer öfter also die Angehörigen des pharmazeutischen Wirtschaftszweigs – Apotheken, Großhändler und Arzneimittelhersteller – die Adressaten oder Betroffenen der Sparmaßnahmen sind. Gegenwärtig bestehen Preisabschlagsregelungen zu Lasten der Apotheken gem. § 130 SGB V sowie zu Lasten der Arzneimittelhersteller gem. § 130a SGB V. Da die verfassungsrechtlichen Fragestellungen sich weitgehend gleichen, wird als Beispielsregelung der Herstellerabschlag gewählt und auf die Verfassungsmäßigkeit des Apothekenrabatts nur ergänzend eingegangen. Der Preisabschlag zu Lasten der Hersteller ist zum einen deshalb von größerem Interesse, weil auch andere Kostensenkungsmaßnahmen im System der GKV wie die Festsetzung von Festbeträgen und die sog. aut-idem-Regelung in erster Linie die pharmazeutischen Unternehmen belasten, so daß das Verhältnis der verschiedenen Maßnahmen zueinander Bedeutung erlangt. Zum anderen erleichtert es die gegenüber dem Apothekenrabatt kürzere Rechtsentwicklung des Herstellerabschlags, die rechtliche Beurteilung dieses Förderinstruments direkter auf die verfassungsrechtlichen Grundfragen hinzuführen. Um die Stellung des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V innerhalb des Arzneimittelpreisrechts zu verdeutlichen, ist zunächst der Grundmechanismus der Preisbildung auf dem Arzneimittelmarkt und das Verhältnis der wichtigsten preisrechtlichen Steuerungsinstrumente zu diesem Grundmechanismus zu erläutern. Im Anschluß hieran wird die Entwicklung der Arzneimittelrabatte im Bereich der GKV nachgezeichnet.

B. Preisbildung im Arzneimittelrecht und sozialversicherungsrechtliche Kostendämpfung Durch gesetzlich vorgeschriebene Arzneimittelrabatte wird von den allgemeinen Preisbildungsstrukturen des Arzneimittelrechts abgewichen. Diese Preisbildung vollzieht sich bei verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln nach Maßgabe der aufgrund von § 78 Arzneimittelgesetz erlassenen Arzneimittelpreisver128 Gesetz zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz – AABG) vom 15. 2. 2002 (BGBl. I S. 684). 129 Gesetz zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung (Beitragssatzsicherungsgesetz – BSSichG) vom 23. 12. 2002 (BGBl. I S. 4637). 130 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14. 11. 2003 (BGBl. I S. 2190).

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern

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ordnung.131 Als Fixpunkt der Preisbestimmung dient zum einen der Herstellerabgabepreis. Der Hersteller eines Arzneimittels ist in seiner Preisbildung grundsätzlich frei. Seine Entscheidung, den Preis für das von ihm hergestellte Präparat in der für angemessen erachteten Höhe festzusetzen, bildet den Ausgangspunkt des arzneimittelrechtlichen Preisbildungsmechanismus. Zweiter Fixpunkt ist der Apothekenabgabepreis: Unabhängig von der Gewinnmarge des Großhändlers oder der Apotheke gilt für ein bestimmtes verschreibungspflichtiges Fertigarzneimittel in allen Apotheken der gleiche Abgabepreis.132 In Anbetracht der Beratungsfunktion des Apothekers soll nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Abgabe eines verschreibungspflichtigen Präparates von der Apotheke an den Patienten kein Preiswettbewerb stattfinden.133 Entlang der Handelsstufen erhöht sich der Herstellerabgabepreis zunächst auf Ebene des Großhandels um eine Höchstzuschlagssumme gem. § 2 AMPreisVO. Der Summe von Herstellerabgabepreis und Großhandelshöchstzuschlag wird sodann gem. § 3 AMPreisVO auf Ebene der Apotheke ein Festzuschlag hinzugefügt.134 Hieraus ergibt sich der einheitliche Apothekenabgabepreis. Bleibt der Zuschlag des Großhändlers hinter dem zulässigen Höchstbetrag – wie oftmals der Fall – zurück, so verbessert dies die Gewinnmarge der Apotheke, verändert jedoch nicht deren Abgabepreis. Die Verordnungsermächtigung des § 78 Abs. 2 AMG verpflichtet den Verordnungsgeber dazu, Preise und Preisspannen so festzulegen, daß diese den berechtigten Interessen aller Beteiligten auf Anbieter- wie auch auf Abnehmerseite, insbesondere also der Apotheken und der Endverbraucher, Rechnung tragen. Diese Bestimmungen des allgemeinen Arzneimittelpreisrechts gelten unabhängig davon, ob ein Arzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben wird.135 Allerdings besteht inzwischen im System der gesetzlichen Krankenversicherung eine Reihe von Regelungen, die zum Zwecke der 131 Vgl. Verordnung vom 14. 11. 1980 (BGBl. I S. 2147), zuletzt geändert durch Art. 24 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. 11. 2003 (BGBl. I S. 2190 (2254)). – Durch § 1 Abs. 4 AMPreisVO in der seit 1. 1. 2004 geltenden Fassung werden nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel aus dem Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen, es sei denn, sie werden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben, vgl. § 129 Abs. 5a SGB V. 132 Vgl. § 78 Abs. 2 S. 2 AMG. 133 Vgl. hierzu W. A. Rehmann, Arzneimittelgesetz, Kommentar, 2. Aufl., 2003, § 78 Rn. 1. 134 Seit Änderung der AMPreisVO durch das GMG (siehe Fn. 131) gilt gem. § 3 Abs. 1 S. 1 AMPreisVO ein Festzuschlag der Apotheke von 3 Prozent zuzüglich eines Festbetrages. Der prozentuale Zuschlag ist ein Entgelt für die Kosten der Warenbewirtschaftung einschließlich der Bevorratung der Arzneimittel in der Apotheke. Der Festbetrag bildet das Honorar für die Beratung des Kunden sowie die Abgabe des Arzneimittels in der Apotheke und kann gem. § 78 Abs. 1 S. 2 AMG durch Rechtsverordnung der Kostenentwicklung der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung angepaßt werden.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

Kostensenkung an diese Preisbildungsmechanismen anschließen und sie teilweise erheblich verändern. Die erste Gruppe solcher Preisregelungen setzt an der originären Befugnis des Arzneimittelherstellers, den Preis für sein Produkt nach eigenen Vorstellungen zu bestimmen, an. Hierzu gehört zum einen das sog. Preismoratorium als – in der Regel befristetes – gesetzliches Verbot an den Hersteller, die Preise der von ihm produzierten und in Verkehr gebrachten Arzneimittel zu erhöhen. Befristete Preismoratorien sind etwa durch das Gesundheitsstrukturgesetz 1993136 und das Beitragssatzsicherungsgesetz 2003137 verhängt worden. Auch Abschlagsregelungen zugunsten der Krankenkasse können bereits an der Preisfestsetzungsbefugnis des Herstellers ansetzen. Sie müssen dabei nicht unmittelbar an das Inverkehrbringen des Arzneimittels, etwa durch Lieferung an den Großhändler, anknüpfen, sondern können sich auch anläßlich eines wirtschaftlichen Vorgangs auf einer späteren Handelsstufe, wie der Abgabe des Medikaments an den Endverbraucher, aktualisieren und dann als Erstattungspflicht des Herstellers ausgestaltet sein. Dies gilt etwa für den – im folgenden zu betrachtenden – Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V. Abschlagsregelungen können ebenso auf anderen Stufen der Wertschöpfungskette, namentlich zu Lasten des Großhandels oder der Apotheke, eingesetzt werden. Sie verringern dann die Gewinnmarge des betroffenen Unternehmers gegenüber der Zuschlagssumme, wie sie durch das allgemeine Arzneimittelpreisrecht – die AMPreisVO – festgelegt wird. Solche Zwangsrabatte werden derzeit von § 130 SGB V zu Lasten der Apotheken angeordnet; für das Jahr 2003 wurde auch dem pharmazeutischen Großhandel eine Abschlagsregelung auferlegt. Die Entwicklung und Funktionsweise von Arzneimittelrabatten wird am Beispiel des Herstellerabschlags noch eingehend betrachtet werden. Durch das Gesundheits-Reformgesetz 1989 wurden zwei weitere Typen von Kostendämpfungsmaßnahmen in das Recht der GKV eingeführt, denen seither bei der sozialversicherungsrechtlichen Überformung des Arzneimittelpreisrechts besondere Bedeutung zukommt. Es handelt sich um die Festsetzung von Festbeträgen für die Erstattung von Arzneimittelkosten durch die Krankenkasse und um die sog. aut-idem-Regelung.138 Beide Instrumente setzen am Ende der phar135 Eine Ausnahme bildet die Einbeziehung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel in die Preisbildung nach der AMPreisVO, wenn diese zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, vgl. § 129 Abs. 5a SGB V. 136 Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21. 12. 1992 (BGBl. I S. 2266). 137 Vgl. Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung (Beitragssatzsicherungsgesetz – BSSichG) vom 23. 12. 2002 (BGBl. I S. 4637 (4638)). 138 Hierzu zunächst die Begründung des Fraktionsentwurfes zum Gesundheits-Reformgesetz, BT-Drs. 11/2237, S. 138 f., 148 (zu Festbeträgen), S. 175 (zu § 35 SGB V) sowie S. 205 (zu § 138, Entwurf der aut-idem-Regelung).

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern

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mazeutischen Wertschöpfungskette, nämlich bei der Abgabe des Arzneimittels an den Patienten in der Apotheke, an. Seit der Ursprungsfassung des SGB V aus dem Jahr 1989 sieht § 35 des Gesetzes die Möglichkeit vor, Festbeträge für Arzneimittel festzusetzen. Ist ein solcher Festbetrag für ein bestimmtes Arzneimittel festgesetzt worden, so trägt die Krankenkasse die Kosten des Arzneimittels nur bis zur Höhe dieses Betrages abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung sowie der jeweils geltenden Arzneimittelrabatte, vgl. § 31 Abs. 2 SGB V.139 Den Hintergrund der Regelung bildet, daß für Arzneimittel vergleichbarer Wirkung oder Zusammensetzung teilweise erhebliche Preisspannen bestehen.140 Durch die Festsetzung von Festbeträgen werden Höchstgrenzen der Kostenerstattung durch die Krankenkasse gezogen. Überschreitet der Preis des verordneten Medikaments den Festbetrag, so muß der Versicherte die Differenz selbst tragen oder auf ein kostengünstigeres Präparat zurückgreifen. Zur Tragung eines erheblichen Eigenanteils wird der Versicherte aber regelmäßig nicht bereit sein. Setzt ein Arzneimittelhersteller den Herstellerabgabepreis eines Präparates in solcher Höhe an, daß der Apothekenabgabepreis des Medikaments den Festbetrag überschreitet, muß der Hersteller in Anbetracht des Verbraucherverhaltens befürchten, durch kostengünstigere Konkurrenzprodukte aus dem Markt gedrängt zu werden. Auf diesen Mechanismus vertraut der Gesetzgeber; Festbeträge zielen folglich darauf, Preissenkungsdruck auf Arzneimittelhersteller auszuüben und auf diese Weise die Kosten der Arzneimittelversorgung für die GKV zu verringern.141 Hierdurch soll das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V auch gegenüber der pharmazeutischen Industrie verwirklicht werden.142 § 35 Abs. 5 S. 2 SGB V benennt ausdrücklich als Zweck von Festbeträgen, Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen und einen wirksamen Preiswettbewerb auszulösen. In Anbetracht der erzielten Einsparungserfolge handelt es sich bei der Festsetzung von Festbeträgen um das zentrale Kostendämpfungsinstrument143 auf dem Gebiet der GKV-Arzneimittelausgaben.144 139 Zu den Grundlagen der Festbetragsfestsetzung G. Schneider, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 22 Rn. 179; K. Höfler, in: Kasseler Kommentar, § 31 SGB V Rn. 25 ff. 140 Hierzu R. Hess, in: Kasseler Kommentar, § 35 SGB V Rn. 2. 141 Vgl. auch R. Wagner, in: D. Krauskopf (Hrsg.), Soziale Krankenversicherung, Bd. 1, § 35 Rn. 2; zu Zweck und Funktionsweise von Festbeträgen ferner die Begründung des Fraktionsentwurfs zum GRG, BT-Drs. 11/2237, S. 138 f. (Die Kostenentwicklung der GKV bei der Arzneimittelversorgung sei wesentlich durch einen eingeschränkten Wettbewerb und geringe Markttransparenz auf dem Arzneimittelmarkt, ein wenig ausgeprägtes Preis- und Ausgabenbewußtsein auf Verbraucherseite und ein zu wenig an Preisgünstigkeit orientiertes Verordnungsverhalten der Ärzte bedingt.). 142 G. Schneider, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 22 Rn. 179. 143 Eingehende Darstellungen zum Stand der Festbetragsfestsetzungen und der Ausgabenersparnisse enthält der jährlich erscheinende, von U. Schwabe und D. Paffrath herausgegebene Arzneiverordnungs-Report.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

Neben der Festsetzung von Festbeträgen hat die Ersetzungsbefugnis des Apothekers bei der Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte der GKV besondere Bedeutung für Einsparungen bei der Arzneimittelversorgung. Gemäß § 129 Abs.1 S. 1 Nr. 1 SGB V sind Apotheken bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte verpflichtet, ein preisgünstiges145 Arzneimittel abzugeben, sofern der behandelnde Arzt ein Arzneimittel nur unter Angabe der Wirkstoffbezeichnung verordnet hat oder die Ersetzung des verordneten durch ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches („aut-idem“) Arzneimittel durch den Apotheker nicht ausgeschlossen hat. Die Voraussetzungen dieser Substitutionspflicht, insbesondere der Maßstab der Preisgünstigkeit, werden im einzelnen durch einen Rahmenvertrag geregelt, den die Spitzenverbände der Krankenkassen mit der zuständigen Spitzenorganisation der Apotheker gem. § 129 Abs. 2 SGB V abschließen. Die besondere Bedeutung der Regelung liegt in der durch § 129 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b SGB V eingeräumten Befugnis des Apothekers, von der Arzneimittelverordnung des Arztes schon dann abzuweichen, wenn der Arzt eine Ersetzung des Arzneimittels nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat.146 Infolgedessen liegt die Verantwortung für die Kosten der Arzneimittelabgabe nicht mehr – wie unter der Rechtslage vor Erlaß des Gesundheits-Reformgesetzes 1989 – ausschließlich beim verordnenden Arzt.147 Die Intention des Gesetzgebers geht auch bei dieser Regelung dahin, die Abgabe eines aus gesetzgeberischer Sicht ungerechtfertigt kostenintensiven Arzneimittels an den Versicherten zu vermeiden. Während bei Festbeträgen die Auswahlentscheidung zwischen dem teureren – im Preis den Festbetrag übersteigenden – und dem preisgünstigeren Arzneimittel durch den Versicherten getroffen wird, obliegt sie bei der aut-idem-Regelung dem Apotheker.148 Dieser wird zur Kostendämpfung gegenüber den Krankenkassen verpflichtet, also in die Verwirklichung des Wirtschaftlichkeitsgebots gem. §§ 12, 70 SGB V einbe144 Das BVerfG hat die durch §§ 35, 36 SGB V den Spitzenverbänden der Krankenkassen eingeräumte Befugnis zur Festsetzung von Festbeträgen für verfassungsmäßig erklärt, vgl. BVerfGE 106, 275 – Arzneimittelfestbeträge; vgl. demgegenüber auch den Vorlagebeschluß des BSG zu Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung, BSG, NZS 1995, 502 ff. 145 Bis zu ihrer Änderung durch das GMG sah die Vorschrift in § 129 Abs. 1 S. 3 SGB V (a. F.) ein komplexes Verfahren zur Bestimmung der Preisgünstigkeit vor; der Apotheker hatte die Obergrenze des unteren Preisdrittels des Abstands zwischen den drei günstigsten und den drei höchstpreisigen wirkstoffgleichen Arzneimitteln zu ermitteln. Zur Vereinfachung der Regelung durch das GMG vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/1525, S. 121 f. 146 R. Hess, in: Kasseler Kommentar, § 129 SGB V Rn. 3; A. Kranig, in: K. Hauck/W. Noftz, SGB V, Kommentar, § 129 Rn. 9. 147 Zu diesem Systemwechsel M.-P. Henninger, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 44 Rn. 2. 148 Zum Verhältnis von Festbetrags- und aut-idem-Regelung S. Becker-Berke, in: LPK-SGB V, 1. Aufl., 1999, § 129 Rn. 5; A. Kranig, in: K. Hauck/W. Noftz, SGB V, Kommentar, § 129 Rn. 9.

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern

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zogen.149 Da Preisabschläge zu Lasten der Arzneimittelhersteller häufig als Ergänzung der beiden dargestellten preisrechtlichen Instrumente oder als Übergangsregelungen eingesetzt werden, solange Festbetrags- oder aut-idem-Regelungen aus organisatorischen Gründen vorübergehend nicht ihr volles Einsparpotential entfalten können, stehen diese drei Formen von Kostendämpfungsmaßnahmen in besonders engem Zusammenhang.

C. Die Entwicklung der Arzneimittelrabatte Das Sozialversicherungsrecht kennt Abschlagsregelungen für Arzneimittel bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Schon § 376 der Reichsversicherungsordnung150 in ihrer Ursprungsfassung aus dem Jahr 1911 sah vor, daß die Apotheken den Krankenkassen für Arzneien einen Abschlag von den Preisen der Arzneitaxe zu gewähren hatten. Diese Rabattregelung diente jedoch nicht der finanziellen Begünstigung der Krankenkassen oder der Stabilität der Beitragssätze.151 Sie verfolgte neben dem Anliegen einer sicheren und zumutbaren Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln vornehmlich kartellrechtliche Zwecke.152 § 375 RVO ließ es zu, daß der Vorstand einer Krankenkasse mit einzelnen Apothekenbetreibern Vorzugsbedingungen für die Lieferung von Arzneimitteln an Kassenmitglieder vereinbarte. Da hierdurch jedoch Apotheken, zu denen die Kasse keine Vertragsbeziehungen einging, leicht von der Belieferung der Kassenpatienten ausgeschlossen werden konnten, räumte die Vorschrift allen Apothekenbetreibern im Bereich der Kasse zugleich das Recht ein, der Vereinbarung von Vorzugsbedingungen beizutreten. Vor diesem Hintergrund, nämlich als Kompensation der finanziellen Vorteile, die den Apotheken durch das Beitrittsrecht eingeräumt wurden, erklärt sich die Abschlagsregelung des § 376 RVO. Da das Beitrittsrecht der Apotheken durch eine Verordnung des Reichsarbeitsministers im Jahr 1923 außer Kraft gesetzt153 und in der Folgezeit nicht wiederhergestellt wurde, war die Legitimation des Apothekenrabatts bereits lange vor Inkrafttreten des Grundgesetzes entfallen.154 Dennoch bestand der Abschlag zugunsten der Kassen in § 376 RVO fort. 149 S. Becker-Berke, in: LPK-SGB V, 1. Aufl., 1999, § 129 Rn. 2; vgl. auch die Begründung des Fraktionsentwurfs zum GRG, BT-Drs. 11/2237, S. 205 (zu § 138). 150 RGBl. I S. 509 ff. 151 Zum folgenden F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (344 f.); U. Becker, NZS 2003, S. 561 (563). 152 Allgemein zu den Beziehungen zwischen Krankenkassen und Apotheken in der Frühphase der gesetzlichen Krankenversicherung K. Landgraf-Brunner, Die Auseinandersetzungen zwischen Apothekern und den gesetzlichen Krankenkassen, 1986; vgl. auch W. Haug, NJW 1966, S. 379 (380). 153 Verordnung vom 30. 10. 1923 (RGBl. I S. 1054). 154 F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (345) weist zu Recht darauf hin, daß auch ein Verständnis des Beitrittsrechts als „Privileg“ mit der grundrechtlichen Wettbe-

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

Ende der sechziger Jahre entbrannte noch einmal eine heftige Kontroverse um die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Apothekenrabatts und bildete damit einen Vorläufer der heutigen Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit von Arzneimittelrabatten im System der GKV. Im Vordergrund standen die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung der Apotheken am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes sowie die Zulässigkeit des Apothekenrabatts als Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG.155 Daraus, daß der Abgabentypus der Sonderabgabe Ende der sechziger Jahre nach Begriff und Verfassungsanforderungen noch nicht gefaßt war, erklärt sich, daß in der damaligen anders als in der heutigen Diskussion die „Sonderabgabenähnlichkeit“ dieses Arzneimittelrabatts noch nicht in die verfassungsrechtliche Beurteilung einbezogen wurde. Die Debatte kam zur Ruhe, nachdem der BGH im Jahr 1970 entschieden hatte, der Apothekenrabatt sei als Ungleichbehandlung im Sinne des allgemeinen Gleichheitssatzes durch sachliche Gründe gerechtfertigt und greife weder in Art. 12 Abs. 1 GG noch in Art. 14 Abs. 1 GG übermäßig ein, er sei daher insgesamt mit dem Grundgesetz vereinbar.156 Der Apothekenrabatt wurde durch das Gesundheits-Reformgesetz 1989 als § 130 in die Ursprungsfassung des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches übernommen157 und besteht – in seither mehrfacher veränderter Gestalt – bis in die Gegenwart. Die Gesetzesbegründung zum Gesundheits-Reformgesetz stellt lediglich fest, hierdurch werde der bisherige Kassenabschlag übernommen;158 zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Abschlages zu Lasten der Apotheken – etwa aufgrund einer veränderten Zielsetzung – äußert sie sich nicht. Eine Abschlagsregelung – verbunden mit einem Preismoratorium – zu Lasten pharmazeutischer Unternehmen wurde erstmals159 durch das Gesundheitsstrukwerbsfreiheit des Grundgesetzes sowie den einfachgesetzlichen Anforderungen des heutigen Kartellrechts nicht zu vereinbaren wäre. 155 Hierzu W. Haug, NJW 1966, S. 379 ff.; W. Hamel, NJW 1967, S. 1496 ff.; K. Rode, NJW 1967, S. 659 ff.; W. Wekel, SGb. 1967, S. 433 ff.; G. Küchenhoff, SGb. 1968, S. 181 ff. 156 BGHZ 54, 115 – Apothekenrabatt. – Die gegen das Urteil des BGH eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG vom 1. 4. 1971, 1 BvR 555/70 (erwähnt, aber nicht wiedergegeben in DOK 1971, S. 371, wonach die Verfassungsbeschwerde teils unzulässig war, teils keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg hatte). 157 Vgl. Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) vom 20. 12. 1988 (BGBl. I S. 2477 (2517)). 158 Begründung des Entwurfs der Regierungsfraktionen, BT-Drs. 11/2237, S. 206 (zu § 139). 159 Bereits im Vorfeld der deutschen Wiedervereinigung war die Bestimmung des § 311 Abs. 1b in das SGB V eingefügt worden. Diese sah vor, daß der Herstellerabgabepreis für apothekenpflichtige Arzneimittel, die an Verbraucher im Beitrittsgebiet abgegeben wurden, sich im Jahr 1991 um 55 Prozent, in den darauffolgenden Jahren um niedrigere Abschlagssätze verringerte (vgl. BVerfG (Kammerentscheidung) DVBl. 1991, 205 f.; vgl. auch BT-Drs. 11/7760, S. 162 f.). Die Regelung unterschied sich

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern

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turgesetz 1993 eingeführt.160 Gem. Art. 30 GSG betrugen die Herstellerabgabepreise in den Jahren 1993 und 1994 bei verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln höchstens 95 Prozent, bei nicht verschreibungspflichtigen Präparaten höchstens 98 Prozent der am 1. Mai 1992 geltenden Preise. Den Arzneimittelherstellern wurde hierdurch die Pflicht auferlegt, die Preise entsprechend zu senken und während der Geltung der Vorschrift nicht wieder zu erhöhen. Kamen sie ihrer weiteren Pflicht, die verminderte Preisfestsetzung rechtzeitig bekannt zu geben, nicht nach, so galten die nach der Abschlagsregelung höchstzulässigen Preise als Herstellerabgabepreise, Art. 30 Abs. 1 S. 3 GSG. Im Jahr 2002 schickte sich der Gesetzgeber erneut an, durch das Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz (AABG)161 einen Preisabschlag zu Lasten der Arzneimittelhersteller einzusetzen. Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen sah vor, daß die Herstellerabgabepreise für verschreibungspflichtige festbetragsfreie Arzneimittel in den Jahren 2002 und 2003 höchstens 96 Prozent des am 1. Juli 2002 erreichten Preisstandes betragen durften; die Hersteller hatten die Preise entsprechend zu senken.162 Auf diese Weise sollte für die Jahre 2002 und 2003 eine mindestens vierprozentige Preissenkung mit einem Preismoratorium verbunden werden. In ihrer Regelungstechnik glich die vorgesehene Norm mit geringfügigen Abweichungen dem Preismoratorium der Jahre 1993 und 1994, welches das Gesundheitsstrukturgesetz verhängt hatte. Mit Aussicht auf diese Pläne des Gesetzgebers erklärte sich die forschende Arzneimittelindustrie in Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller e. V. im Herbst 2001 bereit, die finanzielle Stabilisierung der GKV durch eine freiwillige Einmalzahlung in Höhe von 400 Mio. DM zu unterstützen.163 Anstatt der geplanten Abschlags- und Preisstoppregelung fand von den im Text betrachteten Abschlagsregelungen insbesondere dadurch, daß sie nicht auf die typische Interessenlage bei Bemühungen um die finanzielle Konsolidierung der GKV im gesamten Bundesgebiet, sondern auf eine einigungsbedingte Sondersituation zugeschnitten war. Dementsprechend wurden die pharmazeutischen Unternehmen durch diese Regelung nicht in ihren bisherigen Marktpositionen, sondern nur in ihren Möglichkeiten zur Erschließung eines neuen Marktes betroffen. In Anbetracht dessen wird auf § 311 Abs. 1b SGB V (a. F.) in dieser Untersuchung nur vereinzelt zurückzukommen sein. 160 Vgl. Art. 30 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz – GSG) vom 21. 12. 1992 (BGBl. I S. 2266 (2330)). 161 Vgl. Gesetz zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz – AABG) vom 15. 02. 2002 (BGBl. I S. 684). 162 BT-Drs. 14/7144, S. 3 (zu Art. 2). 163 Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen ging angesichts einer Kumulation von erhöhtem Apotheken- und Herstellerrabatt von einem Einsparvolumen von ca. 1 Mrd. DM aus (BT-Drs. 14/7144, S. 5), die spätere Beschlußempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Gesundheit, die bereits auf einen Preisabschlag zu Lasten der Hersteller verzichteten, von Einsparungen durch den erhöhten Apothekenrabatt in

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sich daraufhin in Art. 2 des am 23. Februar 2002 in Kraft getretenen AABG lediglich eine Bestimmung, welche die Verteilung des von den forschenden Arzneimittelherstellern geleisteten „Solidarbeitrages“ auf die Krankenkassen regelte.164 Von Seiten der Regierung war an diese Vereinbarung die Erwartung geknüpft, daß „die forschenden Arzneimittelhersteller auch in Zukunft zu ihrer finanziellen Mitverantwortung stehen und die Preise für festbetragsfreie Arzneimittel in den nächsten beiden Jahren stabil bleiben.“165 Die Bundesregierung erklärte sich im Gegenzug dazu bereit, bis zum Jahresende 2003 von der Einführung eines Preisabschlages zu Lasten der Arzneimittelhersteller abzusehen.166 Dennoch wurde den pharmazeutischen Unternehmen nur zehn Monate später sowohl ein Herstellerabschlag als auch ein zweijähriges Preismoratorium auferlegt.

D. Der Preisabschlag zu Lasten pharmazeutischer Unternehmen gem. § 130a SGB V I. Einführung durch das Beitragssatzsicherungsgesetz Durch das Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) wurde zum 1. Januar 2003 die Bestimmung des § 130a in das Fünfte Buch des Sozialgesetzbuches eingefügt.167 Diese Vorschrift sieht – insoweit seither unverändert – vor, daß die Apotheken den Krankenkassen auf zu deren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von sechs Prozent des Herstellerabgabepreises gewähren. Die pharmazeutischen Unternehmen wiederum sind verpflichtet, den Apotheken diesen Abschlag zu erstatten, vgl. § 130a Abs. 1 S. 1 und 2 SGB V. Sofern die Apotheke mit pharmazeutischen Großhändlern gem. § 130a Abs. 5 S. 1 SGB V vereinbart hat, daß diese den Abschlag mit pharmazeutischen Unternehmen abrechnen, sind die Unternehmen zur Erstattung des Abschlages gegenüber den pharmazeutischen Großhändlern verpflichtet, Abs. 1 S. 3. Auffallend ist an dieser Abschlagsregelung zunächst, daß sie im Unterschied zu früheren Rabattbestimmungen – wie den beschriebenen Regelungen des GSG und des AABG – als Erstattungspflicht ausgestaltet ist und infolgedessen Höhe von 400 Mio. DM (BT-Drs. 14/7827, S. 8). Unter der Voraussetzung, daß diese Schätzungen zutreffen, ist durch die Einmalzahlung eine finanzielle Mehrbelastung von rund 600 Mio. DM vermieden worden. 164 Vgl. BGBl. I 2002, S. 684 (685). 165 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 14/ 7827, S. 9. 166 Hierzu S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409; U. Becker, NZS 2003, S. 561 (562). 167 Vgl. Art. 1 Nr. 8 des Beitragssatzsicherungsgesetz vom 23. 12. 2002 (BGBl. I S. 4637 (4638)).

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nicht für die Arzneimittelhersteller, sondern lediglich für die Apotheken unmittelbar eine Vergütungsregelung enthält. Durch die Konstruktion der Abschlagsregelung als Erstattungspflicht stellt der Gesetzgeber – erstmals – sicher, daß nur solche Arzneimittel in ihrem Preis herabgesetzt werden, die tatsächlich zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen abgegeben werden. Frühere Abschlagsregelungen, welche die Herstellerabgabepreise aller verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel verringerten, führten zwangsläufig auch zu einer Förderung anderer, etwa zu Lasten privater Krankenversicherungen abgegebener Arzneimittel und belasteten dadurch pharmazeutische Unternehmen unabhängig von den Auswirkungen der konkreten Arzneimittelabgabe auf die Haushaltssituation der GKV. Nach Absicht des Gesetzgebers des BSSichG sollte der Herstellerrabatt in dieser Fassung die Arzneimittelhersteller mit ca. 420 Mio. Euro jährlich belasten.168 Flankiert wurde die Abschlagsregelung durch § 130a Abs. 2 SGB V, wonach der Abschlag sich bis zum 31. Dezember 2004 um den Betrag einer Anhebung des Herstellerabgabepreises gegenüber dem Preisstand vom 1. Oktober 2002 oder – im Falle einer späteren Markteinführung des Präparats – gegenüber dem Preisstand bei Markteinführung erhöhte. Durch dieses Preismoratorium wurden die Herstellerabgabepreise bis zum 31. Dezember 2004 auf dem Stand vom 1. Oktober 2002 bzw. dem Preisstand der Markteinführung gleichsam „eingefroren“. Hiermit sollte vermieden werden, daß die Hersteller der betroffenen Arzneimittel die finanziellen Auswirkungen des Rabattes durch eine entsprechende Anhebung des Herstellerabgabepreises ausgleichen und auf diese Weise die Einsparungsbestrebungen des Gesetzgebers vereiteln.169 Abgesehen von dem erhöhten Abschlagssatz von sechs Prozent des Herstellerabgabepreises hatte der Gesetzgeber mit dem BSSichG eben diejenige Gesetzeslage herbeigeführt, die er zu Beginn des Jahres 2002 bereits mit dem AABG anvisiert, von deren Schaffung er jedoch infolge der freiwilligen Einmalzahlung der forschenden Arzneimittelhersteller schließlich abgesehen hatte. Bemerkenswert ist, daß hierdurch erstmals ein Herstellerabschlag in das SGB V aufgenommen wurde; die bisher den Herstellern auferlegten Abschlagsregelungen hatten – entsprechend ihrer zeitlich begrenzten Geltung – nur Bestandteile umfangreicher Artikelgesetze gebildet, jedoch – anders als nun § 130a – keine Aufnahme in die Kodifikation des SGB V gefunden.

168 Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drs. 15/28, S. 16. – Das tatsächliche Einsparvolumen bzw. die tatsächliche Mehrbelastung der Arzneimittelhersteller im Jahr 2003 belief sich schließlich auf annähernd 600 Mio. Euro, vgl. dazu H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (180 in Fn. 33) m.w. N. 169 Hierzu auch S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (410); U. Becker, NZS 2003, S. 561 (562); R. Hess, in: Kasseler Kommentar, § 130a SGB V Rn. 3.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

Die Gesetzesbegründung weist zur Rechtfertigung des Herstellerrabatts sowie des Preismoratoriums auf die steigenden Arzneimittelausgaben in der GKV hin, ohne hieraus allerdings ausdrücklich eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Pharmahersteller abzuleiten. Die Ausführungen bleiben vielmehr beschreibend: Die GKV weise je Mitglied kontinuierlich einen überproportionalen Zuwachs bei den Arzneimittelausgaben auf, so daß davon ausgegangen werden müsse, daß „ein beträchtlicher Anteil“ der jährlichen Defizite auf die Ausgabenentwicklung im Arzneimittelbereich zurückzuführen sei.170 Eine Zuweisung finanzieller Verantwortlichkeit klingt nur in der Feststellung der Gesetzesbegründung an, die Ausgabenentwicklung des Jahres 2002 sei unvereinbar mit dem von den Vertragspartnern der gemeinsamen Selbstverwaltung vereinbarten Ziel, die Arzneimittelausgaben der GKV gegenüber dem hohen Ausgabenniveau des Vorjahres um ca. 1 Mrd. Euro zu verringern;171 allerdings gehören die pharmazeutischen Hersteller nicht zu den Vertragspartnern der gemeinsamen Selbstverwaltung.172 Maßgeblich stellt die Begründung zu § 130a SGB V jedoch auf die Umsatzentwicklung der pharmazeutischen Industrie ab. Vor dem Hintergrund der von pharmazeutischen Unternehmen im Bereich der GKV erzielten Umsätze – genannt werden für das Jahr 2001 12 Mrd. Euro, davon 7 Mrd. Euro für festbetragsfreie Arzneimittel – sei die Belastung der Pharmahersteller im Verhältnis zu dem Ziel der finanziellen Stabilisierung der GKV „als angemessen zu bewerten.“173 Bei seiner Einführung war der Herstellerzwangsrabatt gem. § 130a SGB V Bestandteil eines umfangreichen Maßnahmenpakets zur finanziellen Stabilisierung der GKV.174 Neben einer Anhebung der Versicherungspflichtgrenze und der Festsetzung sog. Nullrunden in verschiedenen Leistungsbereichen machte der Gesetzgeber des BSSichG besonders intensiven Gebrauch von dem Instrument des Arzneimittelabschlags. Die bereits existierenden Apothekenrabatte zugunsten der Krankenkassen gem. § 130 SGB V wurden nach Arzneimittelpreisen gestaffelt, neben den Abschlägen zu Lasten der Hersteller gem. § 130a SGB V wurden auch solche zu Lasten des pharmazeutischen Großhandels175 170

BT-Drs. 15/28, S. 11. Ebd. 172 Zu Zweck, Aufgaben und Organisation des Gemeinsamen Bundesausschusses R. Hess, in: Kasseler Kommentar, § 91 SGB V Rn. 1 ff. 173 BT-Drs. 15/28, S. 16 (zu § 130a). 174 Eingehend zum Maßnahmenbündel des BSSichG die Gesetzesbegründung, BTDrs. 15/28, S. 1 f., 12; ferner H. Sodan, NJW 2003, S. 1761 ff. 175 Vgl. Art. 11 BSSichG (BGBl. I 2002, S. 4637 (4642)); die Abschläge zu Lasten des pharmazeutischen Großhandels wurden jedoch bereits nach einem Jahr durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung – GMG – wieder abgeschafft, da der Gesetzgeber sie neben der Neufassung der Arzneimittelpreisverordnung nicht mehr für erforderlich hielt, vgl. Art. 26 GMG (BT-Drs. 15/1525, S. 68, 167). 171

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern

103

eingeführt. Der Herstellerrabatt des § 130a SGB V kam den Krankenkassen also von Anfang an zusätzlich zu dem Abschlag der Apotheken nach § 130 SGB V zugute. Das übergeordnete Ziel des BSSichG war es, „die Finanzgrundlagen der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zu stärken, das Beitragssatzniveau zu stabilisieren und insbesondere im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung finanziellen Spielraum für notwendige strukturelle Reformmaßnahmen zu schaffen.“176 Schon wenige Wochen nach Inkrafttreten des BSSichG entschied das BVerfG über den Antrag mehrerer pharmazeutischer Unternehmen, in dem diese begehrten, die Abschlagsregelung im Wege der einstweiligen Anordnung außer Vollzug zu setzen.177 Neben der fehlenden Zustimmung des Bundesrates rügten die Antragsteller insbesondere, mit der Pflicht zur Abschlagsgewährung werde eine unzulässige Sonderabgabe eingeführt. Da die Regelung die pharmazeutischen Unternehmen in ihrer Freiheit zur Preisfestsetzung und damit in der Möglichkeit zur Erzielung angemessener Gewinne massiv beeinträchtige, greife sie als Berufsausübungsregelung übermäßig in Art. 12 Abs. 1 GG ein. Der Erste Senat hielt den Antrag für unbegründet, da die Nachteile einer Außervollzugsetzung der Bestimmungen diejenigen Nachteile, die sich bei einem weiteren Vollzug bis zu einer für die Antragsteller erfolgreichen Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergäben, überwögen. Der Senat erklärte jedoch, die Verfassungsbeschwerde sei weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet, die Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes müßten der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.178 Noch bevor es zu dieser Klärung kommen konnte, entschied das Gericht im September 2005 über zwei Anträge im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle, mit denen Landesregierungen die verfassungsrechtliche Überprüfung des BSSichG begehrten. Für die Abschlagsregelung des § 130a SGB V stellte das Gericht in diesem Zusammenhang fest, sie greife weder übermäßig in die Berufsfreiheit der Arzneimittelhersteller ein,179 noch sei sie aufgrund einer sonderabgabenähnlichen Wirkung mit dem Grundgesetz unvereinbar.180 Insgesamt stellte der Zweite Senat die Vereinbarkeit des BSSichG mit dem Grundgesetz 176

BT-Drs. 15/28, S. 11. Zum folgenden BVerfGE 108, 45 (47). – Auch die Bestimmungen des BSSichG zu Lasten zahntechnischer Labore (dazu BVerfGE 106, 351 ff.), zu Lasten der Apotheken (dazu BVerfGE 106, 359 ff.) sowie zu Lasten der Arzneimittelgroßhändler (dazu BVerfGE 106, 369 ff.) wurden vor dem BVerfG angegriffen; für sämtliche Verfahren entschied das BVerfG, die Nachteile, die dem System der GKV im Falle einer Außervollzugsetzung der entsprechenden Vorschriften entständen, wögen schwerer als die Nachteile im Falle eines Vollzugs bei späterem Obsiegen der Antragsteller im Hauptsacheverfahren. 178 BVerfGE 108, 45 (49). 179 BVerfG, NVwZ 2006, 191 (198) – Beitragssatzsicherungsgesetz. 180 BVerfG, a. a. O., S. 199. 177

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

fest und hielt dabei auch andere Kostendämpfungsinstrumente wie den Apothekenabschlag gem. § 130 SGB V für unbedenklich. II. Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung 1. Ziele und Maßnahmen des GMG Die Gesetzesbegründung des BSSichG enthält Anzeichen dafür, daß es sich bei dem neu eingeführten Herstellerrabatt um eine zeitlich eng begrenzte Maßnahme handeln sollte. Der Zweck der preisrechtlichen Regelungen wurde dahingehend beschrieben, sie sollten im Bereich der GKV finanziellen Spielraum für notwendige strukturelle Reformmaßnahmen, darunter eine Liberalisierung des Arzneimittelmarktes sowie eine effektivere ambulante Versorgung, schaffen.181 Dieser Zweck des Gesetzes ebenso wie die Befristung des Preismoratoriums in § 130a Abs. 2 SGB V machen deutlich, daß der Gesetzgeber den Herstellerrabatt – bei dessen Erlaß – als Instrument ansah, mit dem weitere Ausgabenzuwächse in der GKV solange abgemildert werden konnten, bis sich umfassendere Einsparerfolge infolge einer grundlegenden Strukturreform erreichen ließen. Die hierdurch in Aussicht gestellte Strukturreform nahm der Gesetzgeber mit dem zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) in Angriff.182 Das erklärte Ziel des Gesetzes war es, das System der gesetzlichen Krankenversicherung grundlegend und nachhaltig wirksam zu reformieren.183 Handlungsbedarf erkannte der Gesetzgeber neben der mangelnden Effektivität und Qualität der medizinischen Versorgung im Bereich der großen Volkskrankheiten vor allem bei der künftigen Finanzierung der GKV. Ziel des Gesetzgebers war es vor diesem Hintergrund, auch in Zukunft ein hohes Versorgungsniveau „bei angemessenen Beitragssätzen“184 zu gewährleisten. Eine Steigerung der Beitragssätze lehnte man aus arbeitsmarktpolitischen Gründen ab, da eine Abkehr vom Ziel der Beitragssatzstabilität die Lohnnebenkosten erhöhe und damit zu einem weiteren Anwachsen der Arbeitslosigkeit beitrage. Statt dessen sollte die Finanzierung dadurch neu geordnet werden, daß „alle Beteiligten maßvoll in Sparmaßnahmen“ einbezogen werden; für eine gerechte und ausgewogene Lastenverteilung müßten alle Beteiligten, „von den Versicherten und Patienten über die Krankenkas181

BT-Drs. 15/28, S. 11. Vgl. Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKVModernisierungsgesetz – GMG) vom 14. 11. 2003 (BGBl. I S. 2190). 183 Zum folgenden die Begründung des Fraktionsentwurfs, BT-Drs. 15/1525, S. 1 f., 71 f. 184 BT-Drs. 15/1525, S. 1. 182

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern

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sen bis hin zu den Leistungserbringern, ihren Beitrag leisten.“185 Die umgestaltete Finanzierung sollte es ermöglichen, die Beitragssätze in den folgenden Jahren deutlich abzusenken186 – auch in dieser Zielsetzung ging das GMG über das BSSichG, welches lediglich auf die Stabilisierung der Beitragssätze gezielt hatte, hinaus. 2. Änderungen des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V durch das GMG Unter der Bemühungen des GMG-Gesetzgebers um eine finanzielle Konsolidierung der GKV nahmen Regelungen des Arzneimittelrechts, insbesondere des Arzneimittelpreisrechts, eine zentrale Stellung ein. Die damit verbundene wirtschaftliche Belastung des Pharmabereiches rechtfertigte der Gesetzgeber mit der „immer noch bestehenden Unwirtschaftlichkeit bei der Arzneimittelversorgung“, zu deren Abbau die pharmazeutischen Hersteller und Apotheker „erhebliche Beiträge leisten“ müßten.187 Die Ausgaben der GKV im Bereich der Arzneimittelversorgung seien in den vorangegangenen Jahren „überproportional angestiegen, ohne daß dies allein medizinisch zu begründen“ sei.188 Vier arzneimittelrechtliche Neuerungen standen bei der Reform im Vordergrund. Zunächst wurden nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich aus der Leistungspflicht der GKV ausgeschlossen, § 34 Abs. 1 S. 1 i.V. m. § 31 SGB V. Ferner wurde der Kreis der festbetragsgeregelten Arzneimittel erweitert. Seither können auch Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen – wieder189 – in die Festbetragsregelung einbezogen werden, sofern sie nicht „eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen“, 185

BT-Drs. 15/1525, S. 71. BT-Drs. 15/1525, S. 171. 187 BT-Drs. 15/1525, S. 72. 188 BT-Drs. 15/1525, S. 75. 189 Bereits bis zum Jahr 1996 konnten patentgeschützte Arzneimittel grundsätzlich Festbeträgen unterworfen werden. Im Oktober 1996 entschloß sich der Gesetzgeber sodann zur Einfügung eines § 35 Abs. 1a SGB V (a. F.), der anordnete, daß für patentgeschützte Arzneimittel, die nach dem 31. 12. 1995 zugelassen worden waren, keine Festbetragsgruppen mehr gebildet würden (vgl. Art. 1 des Siebten Gesetzes zur Änderung des SGB V vom 28. 10. 1996 (BGBl. I S. 1558)). Die zuvor getroffene Unterscheidung zwischen innovativen patentgeschützten Arzneimitteln, die nicht der Festbetragsregelung unterfielen, und sonstigen Arzneimitteln mit patentierten Wirkstoffen, die festbetragsgeregelt werden konnten, wurde damit aufgehoben. Ziel dieser Freistellung war es, als Anreiz zu verstärkten Investitionen in die Arzneimittelforschung und zur Stärkung des Pharmastandortes Deutschland die Finanzierung von Arzneimittelinvestitionen zu erleichtern (vgl. den Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des SGB V, BT-Drs. 13/3217, S. 3; vgl. auch Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen, BT-Drs. 13/ 4407, S. 4 f.; hierzu auch R. Hess, in: Kasseler Kommentar, § 35 Rn. 12). Indem der Gesetzgeber des GMG die generelle Privilegierung patentgeschützter Arzneimittel vor 186

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

bedeuten, vgl. § 35 Abs. 1 S. 3, Abs. 1a S. 2 SGB V. Die aut-idem-Regelung wurde dadurch vereinfacht, daß das Merkmal der Preisgünstigkeit, an dem die Ersetzungspflicht des Apothekers anknüpft, in seinen Einzelheiten der Regelung durch Rahmenvertrag gem. § 129 Abs. 2 SGB V vorbehalten und damit der Apotheker von diffizilen Berechnungen, wie sie bislang erforderlich gewesen waren, entlastet wurde. Schließlich wurde die Abschlagsregelung zu Lasten der pharmazeutischen Hersteller sowohl hinsichtlich der Höhe als auch des Anwendungsbereichs ausgeweitet. Die Bestimmung des § 130a Abs. 1 SGB V, welche den Abschlag von sechs Prozent zugunsten der Krankenkassen anordnet, wurde durch das GMG unverändert beibehalten. Dies geschah überraschend, da der Abschlag ausweislich der Gesetzesbegründung zum BSSichG nur als Übergangsregelung hatte dienen sollen, bis durch eine umfassende Strukturreform Einsparungserfolge in größerem Umfang und auf systemkonformere Weise erzielt werden könnten.190 Eben diese grundlegende Reform sah der Gesetzgeber aber durch das GMG als verwirklicht an, so daß die Zwecksetzung des Herstellerrabatts an sich entfallen war. Dieser Umstand macht es um so schwieriger, dem Herstellerabschlag gem. § 130a Abs. 1 SGB V eine klare und eindeutige Funktion zuzuerkennen; denn bereits bei Einführung der Regelung durch das BSSichG war deren Konzeption widersprüchlich. Die Gesetzesbegründung, die eine umfassende Strukturreform in naher Zukunft in Aussicht stellte, sowie der Regelungskontext des befristeten Preismoratoriums in § 130a Abs. 2 SGB V charakterisierten die Vorschrift trotz Fehlens einer förmlichen Befristung als bloße Übergangsregelung. Andererseits vermittelte die Tatsache, daß mit § 130a Abs. 1 SGB V erstmals überhaupt ein Herstellerabschlag Aufnahme in die Regelungssystematik des SGB V fand – die zuvor eingesetzten Preisabschläge zu Lasten von Arzneimittelherstellern waren jeweils nur in Artikelgesetze aufgenommen worden –, den Eindruck einer Dauerregelung. Da die Gesetzesbegründung des GMG die weitere Geltung des sechsprozentigen Abschlages mit keinem Wort erwähnt, ist ihr auch zu einer veränderten Zwecksetzung der Rabattregelung für die Zukunft nichts zu entnehmen.191 Es muß davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber sich trotz der zu erwartenden Einsparungen aus der strukturellen Umgestaltung der GKV nicht dazu in der Lage gesehen hat, auf den Konsolidierungsbeitrag des Herstellerrabatts zu verzichten. Der ursprünglich mit § 130a Abs. 1 SGB V verfolgte Zweck, die finanzielle Stabilisierung der GKV solange abzusichern, bis eine Strukturreform Wirksamkeit entfaltet, wurde da-

der Festbetragsregelung wieder aufgab, führte er die bis 1996 herrschende Gesetzeslage wieder herbei. 190 BT-Drs. 15/28, S. 11. 191 Hierzu H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 26.

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern

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mit zugunsten des übergeordneten Gesetzeszwecks – der finanziellen Konsolidierung in praktisch allen Bereichen der GKV – stillschweigend aufgegeben.192 Über die Beibehaltung der Abschlagsregelung hinaus wurde deren Anwendungsbereich durch das GMG erweitert. Während § 130a Abs. 3 SGB V a. F. neben den bereits festbetragsgeregelten Arzneimitteln auch solche von der Abschlagspflicht freigestellt hatte, für die ein Festbetrag festgesetzt werden konnte oder die der aut-idem-Regelung des § 129 Abs. 1 SGB V unterfielen, nimmt die neue Fassung des § 130a Abs. 3 SGB V nur mehr solche Arzneimittel aus, für die ein Festbetrag aktuell festgesetzt ist. Die Festbetragsregelung und der Herstellerabschlag gem. 130a Abs. 1 SGB V stehen also weiterhin in einem Exklusivitätsverhältnis, aut-idem-Regelung und Herstellerrabatt überschneiden sich hingegen. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs steht in einem Widerspruch zu der Bekräftigung des Gesetzgebers bei Erlaß des BSSichG, es würden Rabatte zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen nur für solche Arzneimittel eingeführt, die bislang noch keinen Beitrag zur finanziellen Konsolidierung der GKV geleistet hätten.193 Denn auch die aut-idem-Regelung wirkt effektiv wie eine Regelung zur Begrenzung der Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung; durch sie lassen sich die Arzneimittelkosten im Einzelfall noch unter das Niveau eines Festbetrages absenken. Eine vieldiskutierte Neuerung durch das GMG bildete ein Zuschlag auf den Herstellerrabatt von weiteren 10 Prozent des Herstellerabgabepreises, doch war dessen Geltung – im Gegensatz zur dauerhaften Ausweitung des Anwendungsbereichs gem. § 130a Abs. 3 SGB V – auf das Jahr 2004 beschränkt. Im Anschluß an die Regelung des Abschlags von sechs Prozent in § 130a Abs. 1 SGB V wurde ein Abs. 1a angefügt, demzufolge der Abschlag für verschreibungspflichtige Arzneimittel im Jahr 2004 16 Prozent betrug. Der erhöhte Abschlagssatz wurde auf ein Jahr befristet, da der Gesetzgeber davon ausging, die Selbstverwaltung werde innerhalb dieses Zeitraumes in der Lage sein, die novellierte Festbetragsregelung, von der ein vergleichbares Einsparvolumen erwartet wurde, umzusetzen.194 Die Vorschrift erfüllte also die Funktion einer Übergangsregelung, durch die Defizite bei der finanziellen Konsolidierung der GKV, wie sie infolge der Umstellung auf eine veränderte Festbetragsregelung zu erwarten waren, vermieden werden sollten.195 Der erhöhte Herstellerabschlag von 192 Vgl. auch H. A. Wolff, a. a. O., S. 25 (Dadurch, daß der Gesetzgeber den niedrigeren Basisabschlag von sechs Prozent über das Inkrafttreten des GMG hinaus beibehalten habe, habe er ihn von einer Übergangsregelung zu einer Systemregelung umqualifiziert.). 193 BT-Drs. 15/28, S. 16 (zu § 130a Abs. 3 SGB V) („Festbetragsarzneimittel und Arzneimittel, die der aut-idem-Regelung unterliegen, werden vom Herstellerrabatt nicht erfaßt, weil in diesem Marktsegment bereits ausreichend Preiswettbewerb vorhanden ist und dieser eine wirtschaftliche Versorgung ermöglicht.“). 194 BT-Drs. 15/1525, S. 123.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

16 Prozent nach § 130a Abs. 1a SGB V ist ebenso wie das Preismoratorium des § 130a Abs. 2 SGB V zum 31. Dezember 2004 ausgelaufen. Die Regelungen der § 130a Abs. 4 bis 9 SGB V, die Fragen der technischen Durchführung der Abschlagsregelung, ergänzender Maßnahmen sowie des Rechtsschutzes betreffen, blieben durch das GMG unverändert. Unter diesen Bestimmungen sind die Regelungen der Absätze 4 und 8 hervorzuheben. Durch § 130a Abs. 4 SGB V wird das Bundesministerium für Gesundheit verpflichtet, den Preisabschlag gem. Abs. 1 regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob er in Anbetracht der gesamtwirtschaftlichen Lage einschließlich ihrer Auswirkung auf die GKV noch erforderlich ist. Erweist sich der Abschlag bei dieser Prüfung als nicht mehr gerechtfertigt, so hat das Ministerium ihn durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nach Maßgabe der sog. TransparenzRichtlinie 89/105/EWG herabzusetzen oder aufzuheben.196 Aufmerksamkeit verdient auch § 130a Abs. 8 SGB V, durch den die Krankenkassen und ihre Verbände ermächtigt werden, mit pharmazeutischen Unternehmen Rabatte für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel zu vereinbaren. Durch diese Ermächtigung öffnet Abs. 8 die ansonsten ordnungsrechtlich geprägte Regelungstechnik des § 130a SGB V für einen beschränkten Einsatz informaler Handlungsformen.197 Allerdings wird den Krankenkassen und Verbänden hierdurch lediglich die Befugnis eingeräumt, Rabatte „zusätzlich zu den Abschlägen nach den Absätzen 1 und 2“ zu vereinbaren; wie Abs. 8 S. 4 nochmals klarstellt, werden die Abschläge nach den Absätzen 1 und 2 durch solche Vereinbarungen nicht berührt. III. Ergänzungen durch das Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung – Aktuelle Gesetzeslage Veranlaßt durch unerwartet hohe Arzneimittelausgaben im Jahr 2005 hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG)198 zum 1. April 2006 die Abschlagsregelung gem. § 130a Abs. 1 SGB V durch ein erneutes Preismoratorium gem. § 130a 195 BT-Drs. 15/1525, S. 75 („Bis die neue Festbetragsregelung wirksam wird, wird der Herstellerabschlag von 6 auf 16% für verschreibungspflichtige Nichtfestbetragsarzneimittel im Jahr 2004 erhöht.“). 196 Zu den Anforderungen an die Erforderlichkeitsprüfung und Anpassung des Abschlages vgl. Art. 4 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. 12. 1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme, ABl. EG L 40 vom 11. 2. 1989, S. 8. 197 Kritisch zur Wirkungsweise des § 130a Abs. 8 SGB V und seiner infolgedessen beschränkten Funktionstauglichkeit R. Hess, in: Kasseler Kommentar, § 130a SGB V Rn. 9.

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern

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Abs. 3a SGB V und einen ergänzenden Preisabschlag mit enger begrenztem Anwendungsbereich gem. § 130a Abs. 3b SGB V ergänzt. Die Preisstoppregelung des § 130a Abs. 3a SGB V verhängt für den Zeitraum von 1. April 2006 bis 31. März 2008 erneut ein Preismoratorium für zu Lasten der GKV abgegebene Arzneimittel und legt dabei den Preisstand am 1. November 2005 zugrunde. § 130a Abs. 3b SGB V sieht als Ergänzung zur allgemeinen Abschlagsregelung in Abs. 1 für patentfreie wirkstoffgleiche Arzneimittel einen Abschlag von zehn Prozent des Herstellerabgabepreises vor. In der Begrenzung auf sog. Generika und deren Referenzarzneimittel bleibt der Anwendungsbereich des zehnprozentigen Abschlags hinter dem des sechsprozentigen zurück, da er jedoch auch festbetragsgeregelte Arzneimittel umfaßt, geht er gleichzeitig über diesen hinaus. Beide Preisabschläge, derjenige im Falle von Preiserhöhungen während der Dauer des Moratoriums gem. § 130a Abs. 3a SGB V und der derjenige gem. Abs. 3b, folgen dem Erstattungsmodell des § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V, werden also unmittelbar durch die Apotheke gewährt und dieser durch den Hersteller ersetzt. Bemerkenswert ist an der Einführung des Generika-Abschlages durch § 130a Abs. 3b SGB V, daß der Gesetzgeber die zusätzliche Belastung der Arzneimittelhersteller nicht mit Umständen aus deren Person, etwa bestimmten Aspekten der Unternehmenstätigkeit, rechtfertigt. Vielmehr begründet er die Auferlegung des ergänzenden Abschlages zum einen mit dem starken Anstieg der Arzneimittelausgaben im Jahr 2005, durch den das politische Ziel der Beitragssatzstabilität gefährdet werde.199 Diese Entwicklung bringt der Gesetzgeber jedoch nicht mit dem Geschäfts-, insbesondere mit dem Preisbildungsverhalten der Pharmaunternehmen in Verbindung. Anders als zu § 130a Abs. 1 SGB V führt der Gesetzgeber zur Legitimation des Generika-Abschlages nicht an, die Arzneimittelhersteller nutzten den defizitären Preiswettbewerb auf dem Arzneimittelmarkt der GKV zur Festlegung „überhöhter“, aus gesetzgeberischer Sicht also unwirtschaftlicher Herstellerabgabepreise. Zum anderen begreift der Gesetzgeber den ergänzenden Abschlag gem. § 130a Abs. 3b SGB V gar nicht als vor Art. 3 Abs. 1 GG besonders rechtfertigungsbedürftige zusätzliche Sonderbelastung der Hersteller. Er erklärt, die Regelung erschließe zugunsten der GKV lediglich die „Rationalisierungsreserven“ auf Seiten der Pharmaunternehmen, die durch das mit dem AVWG ebenfalls ausgesprochene Verbot von Naturalrabatten an die Apotheken frei würden.200 Der Generika-Abschlag sei daher eine bloße „Folgeregelung“, durch die das bisherige Volumen der Naturalrabatte für patentfreie

198 Vgl. Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) vom 26. 4. 2006 (BGBl. I S. 984). 199 Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum AVWG, BT-Drs. 16/194, S. 1, 6, 9, 12. 200 BT-Drs. 16/194, S. 6.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

Arzneimittel im generikafähigen Markt an die Krankenkassen weitergegeben, die Belastung der Hersteller aber im Ergebnis nicht gesteigert werde.201 Da sich der Großteil der durch fördernde Preisinterventionen aufgeworfenen Rechtsfragen in gleicher Weise für § 130a Abs. 1 und Abs. 3b SGB V stellt, wird im folgenden nur im Falle untersuchungserheblicher Unterschiede zwischen beiden Abschlagsregelungen differenziert werden. Soweit sich die Untersuchung darauf richtet, die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer finanziellen Sonderbelastung Privater zu Gemeinwohlzwecken zu klären, ist die Abschlagsregelung des § 130a Abs. 3b SGB V nicht von gleichem Interesse wie § 130a Abs. 1 SGB V, da der Gesetzgeber die Einführung des Generika-Abschlages nicht mit einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit der Arzneimittelhersteller aufgrund bestimmter gemeinsamer Eigenschaften dieser Gruppe rechtfertigt, eine Rechtfertigungskonzeption der Inanspruchnahme – wie für § 130a Abs. 1 SGB V – also nicht entwickelt hat. IV. Aktuelle Gesamtbelastung der Hersteller durch den Abschlag gem. § 130a Abs. 1 SGB V Die verfassungsrechtliche Beurteilung der Abschlagsregelung des § 130a Abs. 1 S. 1 SGB V hat die Intensität der finanziellen Belastung der Arzneimittelhersteller zu berücksichtigen. Der sechsprozentige Preisabschlag auf sämtliche nicht festbetragsgeregelten Fertigarzneimittel gem. § 130a Abs. 1 S. 1 SGB V führte im Jahr 2005 zu Umsatzeinbußen der Pharmaunternehmen in Höhe von rund 520 Mio. Euro,202 denen entsprechende Minderausgaben der GKV für Arzneimittel gegenüberstanden. Das Jahr 2005 ist deshalb von besonderer Aussagekraft für die Belastung der Hersteller, weil der sechsprozentige Preisabschlag in diesem Jahr weder durch ergänzende Abschlagsregelungen – wie im Jahr 2004 gem. § 130a Abs. 1a SGB V oder ab 1. April 2006 gem. § 130a Abs. 3b SGB V – noch durch ein Preismoratorium – wie beispielsweise in den Jahren 2003 und 2004 gem. § 130a Abs. 2 SGB V – begleitet wurde. Die Belastung der Arzneimittelhersteller ist gegenüber rund 540 Mio. Euro203 im Jahr der Einführung, 2003, gesunken, da der Anwendungsbereich der Abschlagsregelung gem. § 130a Abs. 1 SGB V in dieser Zeit infolge der fortschreitenden Festsetzung von Festbeträgen abgenommen hat.

201

BT-Drs. 16/194, S. 10. Vgl. K. Nink/H. Schröder, Ergänzende Statistische Übersicht, in: U. Schwabe/ D. Paffrath (Hrsg.), Arzneiverordnungs-Report 2006, 2006, S. 981 (987) (Tab. 51.1). 203 Vgl. K. Nink/H. Schröder, Ergänzende Statistische Übersicht, in: U. Schwabe/ D. Paffrath (Hrsg.), Arzneiverordnungs-Report 2005, 2005, S. 1053 (1059) (Tab. 54.1). 202

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern

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E. Die Belastungswirkung der Erstattungspflicht gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V Für die SER wurde gesehen, daß aufgrund der Ausgleichs- und Abwälzungsmechanismen dieses Finanzierungsinstruments den Bestimmungen des EEG nicht ohne weiteres zu entnehmen ist, welcher Gruppe Privater die förderbedingte Mehrkostenlast endgültig verbleibt.204 Im Falle des Herstellerabschlags gestaltet sich die Lastenübertragung weniger komplex. Unabhängig von der Frage, ob pharmazeutische Großhändler in den Vertrieb von Arzneimitteln, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, eingeschaltet sind, werden die Arzneimittelhersteller mit der Erfüllung ihrer Erstattungspflicht gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V – auch die Abschlagsregelungen der Absätze 3a und 3b verweisen auf diese Bestimmung – zu Trägern der förderbedingten Mehrkostenlast. Ihnen bieten sich nur sehr geringe Möglichkeiten, dieser Belastung auszuweichen. Insbesondere scheidet eine Abwälzung der Mehrkosten auf die Endverbraucher, wie sie für die Stromeinspeisungsregelung eingehend untersucht worden ist, für die Arzneimittelhersteller aus mehreren Gründen aus. Anders als bei der SER bildet die Vermeidung höherer Kostenbelastungen für den Endverbraucher bzw. seine Krankenkasse gerade den Förderzweck der Abschlagsregelung. Vor diesem Hintergrund läßt die Regelungstechnik des § 130a SGB V für eine Kostenabwälzung auf den Endverbraucher überhaupt nur in zwei Formen Raum: Zum einen schließt die Regelung nicht jede Ausweichreaktion der Pharmaunternehmen durch Erhöhungen des Herstellerabgabepreises von vornherein aus. Die Erhöhung des Herstellerabgabepreises eines Arzneimittels ist in solchen Zeiträumen, für die der Gesetzgeber kein Preismoratorium verhängt, grundsätzlich möglich. Allerdings werden die Arzneimittelhersteller von dieser Möglichkeit nur mit Vorsicht Gebrauch machen, um ein erneutes Tätigwerden des Gesetzgebers – klassischerweise durch den Erlaß einer Preisstoppregelung – nicht zu provozieren. Die Entwicklung nach Ablauf des Preismoratoriums gem. § 130a Abs. 2 SGB V zum 31. Dezember 2004, als die von vielen Seiten erwarteten sprungartigen Anstiege der Herstellerabgabepreise ausblieben, belegt dies.205 Zum anderen ist es den pharmazeutischen Unternehmen möglich, durch eine entsprechende Gestaltung der Herstellerabgabepreise höhere Umsätze auf dem Markt der privat krankenversicherten Arzneimittelverbraucher zu erzielen. Insoweit kommt es infolge der Kostensenkungsmaßnahmen im System der gesetzlichen Krankenversicherung zu Mehrbelastungen des privaten Krankenversicherungswesens. Allerdings bleiben diese Kompensationsmöglichkeiten der Arznei204

Siehe hierzu oben § 2 B III 3. Hierzu T. Bellartz, Pharmazeutische Zeitung 4/2005, S. 10; D. Rücker, Pharmazeutische Zeitung 6/2005, S. 14. 205

112

2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

mittelhersteller angesichts des vergleichsweise geringen Nachfrageanteils nicht gesetzlich krankenversicherter Arzneimittelverbraucher206 äußerst gering. Zusammenfassend ist den belasteten Unternehmen der pharmazeutischen Industrie eine Abwälzung der durch § 130a Abs. 1, 3b SGB V207 auferlegten Mehrkostenlast als Ausweichreaktion also kaum möglich, da sie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung dem Förderzweck der Regelung gerade zuwiderliefe.208 Folglich sind die Arzneimittelhersteller tatsächliche und endgültige Träger der Mehrkostenlast.

F. Der Herstellerabschlag als abgabenähnliche Vergütungspflicht Die finanzielle Belastung von Privatunternehmen durch gesetzliche Zwangsvergütungen, der das Interesse dieser Untersuchung gilt, steht bei der Abschlagsregelung des § 130a Abs. 1 SGB V deutlicher im Vordergrund als bei der SER, da sachlich-handlungsbezogene Belastungen zur Erreichung des Förderzwecks, wie etwa Nachweis- und Abrechnungspflichten, weitgehend den Apotheken und pharmazeutischen Großhändlern zugewiesen sind. Inwiefern die Inanspruchnahme der Arzneimittelhersteller die Züge einer hoheitlich auferlegten Finanzierungspflicht für öffentliche Aufgaben aufweist, soll an dieser Stelle nochmals verdeutlichend herausgearbeitet werden. In dem Anliegen des Gesetzgebers, die finanziellen Grundlagen der GKV zu stärken, um auf diese Weise Beitragssenkungen zu ermöglichen, erkennen Gesetzgebung209 und Verfassungsrechtsprechung210 einen Gemeinwohlzweck. Die Finanzierung der Gemeinwohlaufgabe gelingt, wie auch zur SER festgestellt, dadurch, daß einer Gruppe privater Unternehmen Geldleistungspflichten auferlegt werden; die Abschlagsregelung entfaltet in der Erstattungspflicht gem. 206

Im Mai 2003 waren rund 90 Prozent der Bevölkerung gesetzlich krankenversichert, vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch 2005, 2005, S. 45 (Tabelle 2.12). 207 Aus § 130a Abs. 3a SGB V folgen Belastungen für das Pharmaunternehmen nur im Falle einer vorherigen Preiserhöhung gegenüber dem Preisstand des 1. 11. 2005 bzw. der Markteinführung des Arzneimittels; die Bestimmung zum Preismoratorium wird daher im folgenden neben den Abschlagsregelungen der § 130a Abs. 1 und Abs. 3b SGB V nur betrachtet, soweit die Wirkungsweise von Preisstoppregelungen in Frage steht. 208 Dementsprechend stellen die Gesetzesbegründungen des BSSichG wie auch des GMG fest, Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf das Niveau der Verbraucherpreise, seien nicht zu erwarten, vgl. BT-Drs. 15/28, S. 3 und 22, bzw., für die Begründung zum GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 2, 174. 209 Begründung des Fraktionsentwurfs zum BSSichG, BT-Drs. 15/28, S. 11, 16. 210 BVerfGE 68, 193 (218) – Zahntechniker-Innungen; 70, 1 (26, 30) – Orthopädietechniker-Innungen; 82, 209 (230) – Krankenhausfinanzierung; 103, 172 (184) – Altersgrenze für Kassenärzte.

§ 3 Der Preisabschlag zu Lasten von Arzneimittelherstellern

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§ 130a Abs. 1 S. 2 SGB V eine finanzielle Belastungswirkung. Anders als bei der SER ergibt sich die Qualifikation der Geldleistungspflicht als einer gesetzlich auferlegten, also dem Staat zurechenbaren Zahlungspflicht nicht aus einer Hochpreisbindung, die dem Erbringer der Sachleistung eine erhöhte, vertraglich nicht zu erzielende Vergütung gewährt. Im Fall des Herstellerabschlags geht der Gesetzgeber den umgekehrten Weg, den vertraglichen Vergütungsanspruch des Sachleistungsschuldners um einen gesetzlich festgelegten Prozentsatz zu kürzen.211 Auch auf diese Weise vermag der Gesetzgeber, denjenigen Vertragspartner, der ein Interesse an der Wahrnehmung der förderungswürdigen Sachaufgabe – hier der Begrenzung der Arzneimittelausgaben gesetzlicher Krankenkassen – hat, dadurch finanziell zu begünstigen, daß er die privatautonom vereinbarte Äquivalenz von Sach- und Geldleistung aufhebt. Als Ergebnis wird eine Gemeinwohlaufgabe aufgrund gesetzgeberischer Veranlassung wahrgenommen, ohne daß hierfür öffentliche Mittel aufgewandt werden müssen. In einer wesentlichen Hinsicht unterscheidet sich die Abschlagsregelung des § 130a SGB V sowohl von der SER als auch, wie noch zu sehen sein wird, von der Regelung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld. In diesen beiden Fällen ist nicht nur der unmittelbare Empfänger der Geldleistung, sondern auch derjenige, dem der zugewandte Vermögensvorteil endgültig verbleibt, ein Privater. Anders liegt es bei der Regelung des Herstellerabschlags. Zwar werden auch durch die Erstattungspflicht des § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V unmittelbar die Apotheken als private Unternehmen begünstigt.212 Diesen werden hierdurch aber lediglich die Aufwendungen ersetzt, die ihnen zuvor aus der Rabattgewährung gem. § 130a Abs. 1 S. 1, Abs. 3b SGB V zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen entstanden sind. Mittelbar, aber endgültig fließen die Geldmittel den gesetzlichen Krankenkassen zu, bei denen es sich nicht um Private, sondern um Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt. Ihre finanzielle Förderung allein entspricht dem Zweck der Regelung. Folglich ist der Finanztransfer, den die Abschlagsregelung zustande kommen läßt, kein „horizontaler“, da er nicht endgültig einen Privaten begünstigt. Ungeachtet dieser Besonderheit des Herstellerabschlags ist allen Referenzregelungen jedoch gemeinsam, daß sie Private mit einer Geldleistungspflicht zur Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe belasten und dabei nicht als Abgabe zu qualifizieren sind. Wie bereits dargestellt,213 erfüllen auch die Arzneimittelabschläge nicht den 211 An dem vertraglichen Verhältnis des Leistungsaustausches ist nicht der Arzneimittelhersteller, sondern der Apotheker beteiligt; die Erstattungspflicht gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V führt jedoch zu einer „Rückverlagerung“ der endgültigen finanziellen Belastung auf das Pharmaunternehmen. Ähnlich wie bei der SER ist also derjenige Freiheitsberechtigte, der die Finanzlast dauerhaft zu tragen hat, nicht Partei des Vertragsverhältnisses, an dem die Vergütungsregelung ansetzt. 212 Sofern pharmazeutische Großhändler gem. § 130a Abs. 1 S. 3, Abs. 5 SGB V in die Abwicklung der Rabattgewährung einbezogen sind, gilt Gleiches für diese. 213 Siehe oben § 1 E II.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

formellen Begriff der Abgabe, da sie den Trägern der GKV lediglich Mehrausgaben für Arzneimittel ersparen, ihnen jedoch nicht „positiv“ Geldmittel zuführen. Wenn im Verlauf der Untersuchung im Zusammenhang mit dem Herstellerabschlag von einer staatlich auferlegten Geldleistungspflicht zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe gesprochen wird, so ist damit stets eine materielle Betrachtung zugrunde gelegt, welche die Geldleistung der Hersteller an die Apotheken und die Rabattgewährung durch diese zugunsten der Krankenkassen als einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang begreift. An keiner Stelle wird jedoch aus dem Befund der Abgabenähnlichkeit allein die Anwendbarkeit abgabenrechtlicher Maßstäbe gefolgert werden. Ziel der Untersuchung ist es, für diese wie für die beiden anderen Referenzregelungen verfassungsrechtliche Maßstäbe herauszuarbeiten, die dem besonderen, von vielen Autoren als „sonderabgabenähnlich“ beschriebenen Rechtfertigungsbedarf dieser finanziellen Sonderlasten gerecht werden.

§ 4 Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 Mutterschutzgesetz Auch das Individualarbeitsrecht bietet ein Beispiel dafür, wie der Gesetzgeber die Finanzierung von Gemeinwohlaufgaben dadurch sicherstellt, daß er Privatunternehmen zu Geldleistungen an andere Private verpflichtet, die zur Verwirklichung des Gemeinwohlzwecks finanzieller Unterstützung bedürfen. Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Mutterschutzgesetz, der zum 1. Januar 1968 eingeführt wurde, bildet eine der frühesten Regelungen, bei der sich der Gesetzgeber der Technik der abgabenähnlichen Entgeltregulierung bedient hat. Von den bislang betrachteten Referenzregelungen nach §§ 4 ff., 14 EEG und § 130a SGB V hebt sie sich insbesondere dadurch ab, daß sie nicht allein Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweiges zur Finanzierung eines Gemeinwohlzwecks heranzieht, sondern sich an die Gruppe der Arbeitgeber insgesamt wendet und damit in allen Bereichen der Wirtschaft Einsatz findet. Daneben handelt es sich um die einzige „quersubventionierende“ Regelung, die bereits mehrfach das BVerfG beschäftigt hat. Nach § 14 Abs. 1 MuSchG erhalten Frauen, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung, des Gesetzes über die Krankenversicherung für Landwirte oder des Mutterschutzgesetzes haben, während ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Schutzfristen der § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuß in Höhe der Differenz zwischen dem Mutterschaftsgeld – 13 Euro je Kalendertag – und ihrem kalendertäglichen Nettodurchschnittsentgelt. Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld bildet als Lohnersatzleistung einen Teil des Entgeltschutzes, der als dritte Säule des Mutterschutzes neben den unmittelba-

§ 4 Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld

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ren Schutz vor arbeitsplatzbedingten Gefahren und den erweiterten Kündigungsschutz zugunsten der Arbeitnehmerin vor und nach der Entbindung tritt.214 Da dem Arbeitgeber zum einen die Beschäftigungsverbote gem. §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG auferlegt werden und er zum anderen in Gestalt des Arbeitgeberzuschusses für die finanzielle Absicherung der Arbeitnehmerin vor und nach der Entbindung in Anspruch genommen wird, wirken die mutterschutzrechtlichen Verpflichtungen des Arbeitgebers – ähnlich wie bereits für die Stromeinspeisungsregelung beobachtet – als Kombination aus einer sachlich-handlungsbezogenen und einer rein finanziellen Belastung, die sich gegenseitig ergänzen.

A. Der Zweck des Entgeltschutzes nach dem Mutterschutzgesetz Durch die Gewährung des Mutterschaftsgeldes und des Arbeitgeberzuschusses zu diesem soll die Arbeitnehmerin während der Schutzfristen gem. §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG finanziell abgesichert und hierdurch erst in die Lage versetzt werden, den Mutterschutz ohne Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz in Anspruch zu nehmen. Für die Mutter soll jeder Anreiz entfallen, ungeachtet der gesetzlichen Verbote die Arbeit zu ihrem oder des Kindes Schaden fortzusetzen; sie soll nach der Absicht des Gesetzgebers ohne wirtschaftliche Sorgen der Geburt ihres Kindes entgegensehen.215 Zu diesem Zweck wird der Entgeltschutz der Mutter nicht auf eine Grundsicherung beschränkt, sondern gerade in Höhe ihres bisherigen Arbeitseinkommens sichergestellt. Damit die Arbeitnehmerin durch die Aussicht auf finanzielle Nachteile einer Erwerbsbehinderung weder von einer Mutterschaft abgehalten noch zur Fortsetzung der Arbeit veranlaßt wird, bleiben ihr Verdienst und Lebensstandard wie vor Beginn der Schwangerschaft erhalten.216 In dieser Zwecksetzung unterscheiden sich das Mutterschaftsgeld und der Arbeitgeberzuschuß von anderen Sozialleistungen zugunsten von Kindern und Familie. Insbesondere ist das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz, welches häufig mit dem Mutterschaftsgeld in Verbindung gebracht wird, nicht auf den Gesundheitsschutz von Mutter und Kind, sondern darauf gerichtet, einem Elternteil in den ersten Lebensmonaten des Kindes die Möglichkeit zu geben, sich gänzlich der Betreuung und Erzie-

214 Zur Einordnung des Entgeltschutzes in die Systematik des Mutterschutzrechts H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, Einleitung Rn. 4; P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 22 ff.; F. Gamillscheg, Mutterschutz und Sozialstaat, in: FS f. Erich Molitor, 1961, S. 57 (59). 215 BAGE 52, 177 (179); 81, 222 (226); vgl. auch P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 24. 216 BAG, NJW 1985, 1496; P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 24; W. Klempt, in: W. Leinemann (Hrsg.), Kasseler HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, Abschn. 3.4, Rn. 193.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

hung des Kindes zu widmen, es fördert und anerkennt also die Erziehungsleistung.217 Da der Gesetzgeber mit dem Schutz der erwerbstätigen Mutter und des Kindes seinem Auftrag aus Art. 6 Abs. 4 GG nachkommt, besitzt der Zweck des Mutterschutzes einschließlich des Entgeltschutzes nach dem MuSchG Verfassungsrang.218

B. Der verfassungsrechtliche Hintergrund des Mutterschutzes – Art. 6 Abs. 4 GG Das Recht des Mutterschutzes sowie insbesondere die Rechtsprechung des BVerfG zu den Pflichten und Leistungen des Arbeitgebers nach dem MuSchG stehen unter dem bestimmenden Einfluß der Verfassungsgewährleistung des Art. 6 Abs. 4 GG. Die Vorschrift wird daher von besonderer Bedeutung für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld sein, und zwar auch insoweit, als die Vereinbarkeit der Verlagerung finanzieller öffentlicher Lasten auf die Gruppe der Arbeitgeber in Frage steht. Eine kurze Darstellung der Verfassungsbestimmung in ihren Grundzügen soll an dieser Stelle eine Grundlage bilden, auf der sodann im Zusammenhang mit der Überprüfung des Arbeitgeberzuschusses an den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes aufgebaut werden kann.219 Indem Art. 6 Abs. 4 GG jeder Mutter den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft zuspricht, erkennt die Verfassung an, daß Mutterschaft und die mit ihr verbundenen Belastungen stets auch im Interesse der Gemeinschaft eingegangen werden und sich die Gemeinschaft daher an diesen besonderen Belastungen zu beteiligen hat.220 Obwohl die Norm nach ihrem Wortlaut einen „Anspruch“ der Mutter gegen die Gemeinschaft begründet, wird sie primär objektiv-rechtlich als „bindender Auftrag an den Gesetzgeber [. . .], jeder Mutter Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft angedeihen zu lassen“, verstanden.221 Bei der Erfüllung des Schutzauftrages verfügt der Gesetzgeber über einen wei217 N. Heenen, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 2, 2. Aufl., 2000, § 228 Rn. 1; vgl. ferner die Gesetzesbegründung zum BErzGG, BTDrucks. 10/3792, S. 13. 218 BVerfGE 37, 121 (126); 109, 64 (86); BAGE 14, 304 (309); 81, 222 (226). 219 Umfassend zu Rechtsnatur und Gewährleistungsfunktionen des Art. 6 Abs. 4 GG T. Aubel, Der verfassungsrechtliche Mutterschutz, 2003, S. 22 ff. 220 BVerfGE 88, 203 (258); H. F. Zacher, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 134 Rn. 118; D. Coester-Waltjen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 6 Rn. 105. 221 BVerfGE 60, 68 (70) unter Verweis auf E 32, 273 (277); 52, 357 (365); 55, 154 (157); vgl. auch E 85, 360 (372); R. Gröschner, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 6 Rn. 140; D. Coester-Waltjen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 6 Rn. 105; a. A. G. Robbers, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 6 Rn. 281. – Zur subjektiv-rechtlichen Dimension der Norm als

§ 4 Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld

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ten Gestaltungsspielraum.222 Daneben erkennt das BVerfG in der Bestimmung eine verfassungsrechtliche Wertentscheidung, die für den gesamten Bereich des privaten und öffentlichen Rechts verbindlich ist223 und die das Sozialstaatsprinzip im Bereich des Mutterschutzes konkretisiert.224 Gesetzgebung und Verfassungsrechtsprechung haben dem Verfassungsgebot zu Schutz und Fürsorge für die Mutter gerade auf dem Gebiet des Arbeitsrechts zu Wirksamkeit verholfen. Dabei hat das BVerfG insbesondere aus dem Schutzauftrag gem. Art. 6 Abs. 4 GG das Erfordernis eines wirksamen arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes zugunsten der erwerbstätigen Mutter hergeleitet.225 Ein enger Zusammenhang herrscht zwischen dem Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 4 GG und der Anordnung in Art. 6 Abs. 1 GG, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Zwar ist im Schrifttum bislang ungeklärt, ob sich die Gewährleistung von Schutz und Fürsorge gem. Art. 6 Abs. 4 GG nur auf die speziellen Belastungen der biologischen Mutter wie Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit bezieht226 oder weitere mit der Schwangerschaft verbundene Belastungen umfaßt, denen auch die – ihrerseits von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte – „soziale“ Mutter ausgesetzt ist.227 Anerkannt ist in jedem Fall, daß der Schutz der biologischen Mutter durch Art. 6 Abs. 4 GG die Schutzpflichten des Art. 6 Abs. 1 GG verstärkt.228 Die Beziehung zwischen den beiden Verfassungsgewährleistungen bleibt auch für die verfassungsrechtliche Beurteilung des Arbeitgeberzuschusses nicht ohne Auswirkung, zumal das BVerfG die Angemessenheit der Zahlungspflicht als Frage des Verhältnisses zwischen öffentlichen und privaten Leistungsanteilen begreift und dabei auf Seiten der staatlichen Leistungen auch Familienhilfen wie das Erziehungsgeld berücksichtigt. „Verschaffungsanspruch“ der Mutter gegen den Gesetzgeber R. Gröschner, a. a. O., Art. 6 Rn. 143. 222 BVerfGE 37, 121 (127); 60, 68 (74); H. F. Zacher, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 134 Rn. 118. 223 BVerfGE 32, 273 (277); vgl. auch E 47, 1 (20); 52, 357 (365). 224 BVerfGE 32, 273 (279); D. Coester-Waltjen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 6 Rn. 105; G. Robbers, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 6 Rn. 284. 225 BVerfGE 32, 273 (277) – Kündigungsschutz nach MuSchG; 85, 360 (372); hierzu auch G. Robbers, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 6 Rn. 298. 226 So A. Schmitt-Kammler, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 6 Rn. 84; W. Lauda, Geschlechtsbezogene Benachteiligungen, 1996, S. 38; D. Coester-Waltjen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 6 Rn. 108. 227 In diesem Sinne offenbar R. Gröschner, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 6 Rn. 144; G. Robbers, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 6 Rn. 278. 228 D. Coester-Waltjen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 6 Rn. 108; vgl. auch H. F. Zacher, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 134 Rn. 116.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

Bemerkenswert ist, daß das BVerfG es im Gegensatz zu seiner übrigen Rechtsprechung zu Art. 6 Abs. 4 GG nur in den Entscheidungen zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses gem. § 14 Abs. 1 MuSchG unternimmt, die Verfassungsbestimmung mit der Frage der Kostentragung für den Schutz und die Fürsorge zugunsten der Mutter in Verbindung zu bringen. In keinem anderen Bereich hat das Gericht aus dem Verfassungsauftrag Aussagen zur Verteilung der hieraus resultierenden finanziellen Lasten abgeleitet. Nach dem Wortlaut des Grundgesetzes hat jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge „der Gemeinschaft“. Diesen Verfassungsbegriff interpretiert das BVerfG dahin, die Kosten des Mutterschutzes müßten nicht ausschließlich vom Staat getragen werden, denn es werde nicht der Staat, sondern eben die „Gemeinschaft“ in die Pflicht genommen, zu der auch die Arbeitgeber gehörten.229 Dieser Auslegung ist zuzugeben, daß Art. 6 Abs. 4 GG, anders als Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, nach seinem Wortlaut nicht die „staatliche“ Ordnung oder Gemeinschaft verpflichtet. Dementgegen wird im Schrifttum gerade aus dem Begriff der „Gemeinschaft“ abgeleitet, Gerechtigkeitsgesichtspunkte verböten es, die Lasten der Fürsorge „nach zufälligen oder sachfremden Kriterien Einzelnen oder bestimmten Gruppen aufzuerlegen“.230 Zumal wenn sich zeige, daß die finanzielle Belastung bestimmter Gruppen negative Auswirkungen auf die Beschäftigungschancen jüngerer Frauen entfaltet, ergebe sich aus Art. 6 Abs. 4 GG der „aktuelle Auftrag an den Gesetzgeber“, die Verteilung der Kostenlast unter dem Gesichtspunkt der Belastungsgerechtigkeit zu überprüfen.231 Ob und gegebenenfalls welche Aussagen der Verfassungsbestimmung zur Finanzierungsverantwortlichkeit für die Gesundheit und das Wohl der Mutter und des Kindes zu entnehmen sind, ist für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld von erheblicher Bedeutung. Der Aussagegehalt des Art. 6 Abs. 4 GG für eine verfassungsmäßige Verteilung der Lasten des Entgeltschutzes zwischen dem Staat, der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung und den Arbeitgebern wird insbesondere in Auseinandersetzung mit dem Beschluß des BVerfG vom 18. November 2003232 eingehend betrachtet werden. Dabei wird auch Anlaß zur Klärung der Auslegungsfrage bestehen, ob die Verfassungsbestimmung nach ihrem Wortlaut, der „die Gemeinschaft“ zu Schutz und Fürsorge zugunsten der Mutter verpflich229 BVerfGE 109, 64 (87) – Arbeitgeberzuschuß III – unter Verweis auf E 37, 121 (126 f.) – Arbeitgeberzuschuß I. 230 D. Coester-Waltjen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 6 Rn. 111; ebenso C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, 1997, S. 88 ff. 231 R. Gröschner, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 6 Rn. 146; ähnlich auch H. F. Zacher, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 134 Rn. 118. 232 Vgl. BVerfGE 109, 64.

§ 4 Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld

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tet, besondere Vorgaben für die Kostenverteilung zwischen den verschiedenen Lastenträgern bereithält.

C. Die Entwicklung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld I. Die historische Entwicklung der Regelung Die Ausgestaltung der Arbeitgeberleistungen für den Entgeltschutz der Mutter, die Höhe der finanziellen Verpflichtungen sowie die Verteilung der Gesamtkostenlast auf den Bund, die Krankenkassen und die Arbeitgeber haben sich im Zuge der Entwicklung des Mutterschutzrechts erheblich verändert. Die erste finanzielle Inanspruchnahme des Arbeitgebers zur finanziellen Absicherung schwangerer Arbeitnehmerinnen findet sich in § 7 MuSchG 1942, durch den der Arbeitgeber verpflichtet wurde, nicht gesetzlich krankenversicherten Frauen für die Dauer des Mutterschutzes das bisherige Arbeitsentgelt weiterzuzahlen.233 Zwar war dieser Regelung bis zum Zusammenbruch des Dritten Reiches und damit auch weiter Teile des Sozialversicherungssystems nur eine geringe Geltungsdauer beschieden, doch bildete sie die Grundlage für eine Neuregelung des Mutterschutzrechts im Jahr 1952.234 Gem. § 13 Abs. 1 MuSchG 1952 erhielten sodann Frauen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert waren, während der Schutzfristen ein sog. Wochengeld in Höhe des durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts der letzten dreizehn Wochen von der Krankenkasse. Den Arbeitnehmerinnen, die nicht pflichtversichert waren, hatte der Arbeitgeber gem. § 12 Abs. 1 MuSchG 1952 für die Dauer der Mutterschutzfristen das regelmäßige Arbeitsentgelt weiterzugewähren. Der Bund war an den finanziellen Lasten der Mutterschutzleistungen dadurch beteiligt, daß er gem. § 14 S. 1 und 2 MuSchG 1952 den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung die ihnen durch die Leistungen nach § 13 MuSchG entstehenden Kosten zu ersetzen hatte, soweit diese die Kosten der nach der RVO zu gewährenden Leistungen überschritten. Diese Rechtslage widersprach allerdings Art. 4 Nr. 8 des – von der Bundesrepublik nicht ratifizierten – Übereinkommens Nr. 103 betreffend den Mutterschutz der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO).235 Nach dieser Regelung durften Leistungen zum Schutz der Mutter vor und nach der Entbindung nicht in vollem Umfang dem einzelnen Arbeitgeber auferlegt werden.236 233 Vgl. Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter vom 17. 5. 1942 (RGBl. I S. 321); dazu auch H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, Einführung Rn. 16 ff. 234 Vgl. Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz) vom 24. 1. 1952 (BGBl. I S. 69); zur Rechtslage unter dem MuSchG 1952 auch H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, § 13 Rn. 2.

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Mit Bekanntwerden neuer internationaler Vergleichszahlen über die Mütterund Säuglingssterblichkeit entstand Mitte der sechziger Jahre der Wunsch, den bestehenden gesetzlichen Mutterschutz weiter auszubauen.237 Dabei sollte mit Rücksicht auf die völkerrechtliche Lage auch die Verteilung der finanziellen Lasten des Mutterschutzes grundlegend umgestaltet werden. Tatsächlich wurde im August 1965 eine Fassung des MuSchG verabschiedet, nach der die bislang in § 12 enthaltene Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung ersatzlos entfiel.238 Statt dessen sollten erwerbstätige Frauen unabhängig von ihrer Versicherungspflicht ein Mutterschaftsgeld zu Lasten des Bundes nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung erhalten. Nach § 200a Abs. 2 RVO (a. F.) belief sich das Mutterschaftsgeld auf das um die gesetzlichen Abzüge verminderte durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt der letzten drei Monate. § 200d Abs. 1 RVO sah weiter vor, daß der Bund den Krankenkassen die Aufwendungen für das laufende Mutterschaftsgeld in vollem Umfang erstattet.239 An sich sollten diese Regelungen zum 1. Januar 1966 in Kraft treten. Angesichts des unausgeglichenen Haushalts wurde jedoch durch das Haushaltssicherungsgesetz vom 20. Dezember 1965240 das Inkrafttreten derjenigen Bestimmungen, mit denen Mehrausgaben des Bundes einhergingen, auf den 1. Januar 1967 verschoben. Hiervon waren insbesondere die Vorschriften zur Neuregelung der Mutterschutzleistungen betroffen. Kurz vor Jahresende 1966 wurde dieser Zeitpunkt aus finanzpolitischen Gründen nochmals, nun auf das Inkrafttreten eines Gesetzes zur Neuregelung der gesetzlichen Krankenversicherung, spätestens aber auf den 1. Januar 1969, verschoben.241

235 Die amtliche deutsche Übersetzung ist abgedruckt in BArbBl 1952, S. 391; hierzu auch P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 7; G. Fischwasser, BArbBl. 1968, S. 82 (83). 236 Die zunächst strittige Frage, ob in dieser Abweichung auch ein Verstoß gegen das Übereinkommen zu sehen war, hat sich durch den Erlaß des Übereinkommens Nr. 183 der IAO aus dem Jahr 2000 erledigt, da die Entscheidung, wem die Lasten für Lohnersatzleistungen des Mutterschutzes zuzuweisen sind, seither dem nationalen Gesetzgeber überlassen bleibt, vgl. dazu H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, § 14 Rn. 13. 237 Hierzu P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 8. 238 Vgl. Art. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Änderung des Mutterschutzgesetzes und der Reichsversicherungsordnung vom 24. 8. 1965 (BGBl. I S. 912 (914)). 239 Zur ursprünglichen Konzeption des Gesetzgebers zur Neuregelung des Mutterschaftsgeldes H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, § 14 Rn. 2; G. Knorr/O. Krasney, Mutterschaftsgeld, § 14 MuSchG Rn. 1. 240 Vgl. Art. 5 Nr. 3 des Gesetzes zur Sicherung des Haushaltsausgleichs vom 20. 12. 1965 (BGBl. I S. 2065 (2067)). 241 Vgl. Art. 6 des Ersten Gesetzes zur Überleitung der Haushaltswirtschaft des Bundes in eine mehrjährige Finanzplanung (Finanzplanungsgesetz) vom 23. 12. 1966 (BGBl. I S. 697 (698)).

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Durch das Finanzänderungsgesetz 1967 kam es schließlich zu einer Neuregelung der Mutterschutzleistungen, doch war der Gesetzgeber in der Zwischenzeit deutlich von der Konzeption des Jahres 1965, nach der weder Krankenkassen noch Arbeitgeber finanziell belastet wurden, abgerückt.242 Das Mutterschaftsgeld wurde auf höchstens 25 DM pro Kalendertag begrenzt, § 200 Abs. 2 S. 2 RVO (a. F.). „Zu Lasten des Bundes“ wurde es gem. § 13 Abs. 2 MuSchG 1968 nur denjenigen Frauen gewährt, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert waren. Versicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen wurde das Mutterschaftsgeld gem. § 200 RVO (a. F.) von der Krankenkasse geleistet. Während aber § 200d Abs. 1 RVO in der 1965 vorgesehenen Fassung den Krankenkassen noch einen kostendeckenden Erstattungsanspruch gegen den Bund eingeräumt hatte, begrenzte die Neufassung der Vorschrift die Erstattung auf einen Pauschbetrag von 400 DM je Leistungsfall. Anstatt die Krankenkassen gegenüber der seit 1952 geltenden Rechtslage finanziell zu entlasten, wie der Gesetzgeber es ursprünglich vorgesehen hatte, zog der Bund sich aus der Lastentragung für das Mutterschaftsgeld zurück mit der Folge, daß die Belastung der Krankenkassen wuchs.243 Am Finanzänderungsgesetz 1967 ist hervorzuheben, daß es die Geburtsstunde des Arbeitgeberzuschusses markiert. § 14 Abs. 1 MuSchG 1968 regelte erstmals, daß alle Frauen, die Anspruch auf ein kalendertägliches Mutterschaftsgeld nach § 200 RVO (a. F.) oder § 13 Abs. 2 MuSchG 1968 haben, von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuß in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Mutterschaftsgeld und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten kalendertäglichen Arbeitsentgelt erhalten. Damit hatte der Gesetzgeber zwar eine übermäßige Belastung der Krankenkassen vermieden, zugleich aber auch sein anfängliches Vorhaben, die Arbeitgeber ganz aus der Kostentragung für Mutterschutzleistungen zu entlassen, aufgegeben. Ein näherer Blick auf das Gesetzgebungsverfahren belegt eindrücklich, daß die Einführung des Arbeitgeberzuschusses weder Erwägungen der Belastungsgerechtigkeit noch einem bestimmten Funktionsgedanken, sondern ausschließlich dem Zwang zur Haushaltskonsolidierung geschuldet ist. Die Bundesregierung hatte ihren Entwurf des Finanzänderungsgesetzes 1967 dem Bundestag mit dem Hinweis zugeleitet, sie halte das Inkrafttreten der 1965 erlassenen finanzwirksamen Bestimmungen nur für tragbar, wenn „einige Leistungsverbesserungen aufgehoben oder eingeschränkt und die Aufbringung des Mutterschaftsgeldes zwischen Bund und Kassen neu aufgeteilt werden.“244 Erst der Haushalts242 Zum folgenden Art. 1 Nr. 6, Art. 3 des Gesetzes zur Verwirklichung einer mehrjährigen Finanzplanung des Bundes, II. Teil (Finanzänderungsgesetz) vom 21. 12. 1967 (BGBl. I S. 1259 (1260 f., 1273 ff.)); zu den Abweichungen des MuSchG 1968 von den gesetzgeberischen Absichten des Jahres 1965 auch P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 15, 18; H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, § 14 Rn. 3. 243 Hierzu P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, § 14 Rn. 1.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

ausschuß des Deutschen Bundestages ging über die Umsetzung dieses Anliegens weit hinaus, indem er neben anderen Änderungen im Interesse der Haushaltsersparnis das Mutterschaftsgeld auf einen Höchstbetrag von 25 DM je Kalendertag beschränkte und zum Ausgleich dieser Kürzung die Verpflichtung des Arbeitgebers schuf, den Differenzbetrag zum Nettoarbeitsentgelt beizutragen.245 Die hierdurch entstandenen Bestimmungen traten zum 1. Januar 1968 in Kraft und sind seither in ihrer Grundkonzeption unangetastet geblieben. Einige der späteren Änderungen des MuSchG und der RVO sind für die Lastenverteilung zwischen dem Bund, den Krankenkassen und den Arbeitgebern von besonderer Bedeutung gewesen. So wurde im Jahr 1981 aus Gründen der Haushaltsersparnis das Mutterschaftsgeld für Frauen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, für die Schutzfristen vor und nach der Entbindung auf insgesamt 400 DM je Leistungsfall beschränkt.246 Hierdurch weitete sich die durch den Arbeitgeberzuschuß abzudeckende Spanne zwischen der Höhe des Mutterschaftsgeldes und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten kalendertäglichen Arbeitsentgelt, die Belastung der Arbeitgeber nahm weiter zu. Eine veränderte Verteilung der finanziellen Lasten innerhalb der Gruppe der Arbeitgeber brachte die Einführung eines Ausgleichs- und Umlageverfahrens für Kleinunternehmen zum 1. Januar 1986. § 10 des Lohnfortzahlungsgesetzes wurde dahingehend ergänzt, daß die Ortskrankenkassen, die Innungskrankenkassen, die Bundesknappschaft und die See-Krankenkasse solchen Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als zwanzig Arbeitnehmer beschäftigen, den nach § 14 Abs. 1 MuSchG gezahlten Zuschuß zum Mutterschaftsgeld erstatten.247 Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen wurden gem. § 14 Abs. 1 LFZG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht. Für die Beteiligung eines Betriebes am Umlageverfahren war es bedeutungslos, ob und in welchem Umfang dort Frauen im gebärfähigen Alter beschäftigt waren. Mit der Einrichtung des Ausgleichs- und Umlageverfah244 245

So die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. V/2149, S. 25. Vgl. den Schriftlichen Bericht des Haushaltsausschusses, BT-Drs. V/2341, S. 5,

12. 246 Vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Ergänzung und Verbesserung der Wirksamkeit kostendämpfender Maßnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz) vom 22. 12. 1981 (BGBl. I S. 1578 (1583)); hierzu auch P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 20; H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, § 13 Rn. 4. 247 Vgl. Art. 6 Nr. 2 des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 (BeschFG 1985) vom 26. 4. 1985 (BGBl. I S. 710 (713)). – § 10 Abs. 1 LFZG sah in dieser Fassung zunächst nur eine Erstattung des Zuschusses zu 80 Prozent vor, wurde aber durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Mutterschutzrechts vom 20. 12. 1996 (BGBl. I S. 2110 (2111)) zu einer Erstattung in voller Höhe ergänzt.

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rens bezweckte der Gesetzgeber, Kleinbetriebe vor dem Risiko einer unkalkulierbaren Belastung mit Mutterschutzleistungen zu schützen und sie durch eine gleichmäßige Verteilung der Kosten auf eine größere Anzahl von Betrieben zu entlasten. Hierdurch sollten im Interesse der Arbeitsförderung Beschäftigungsmöglichkeiten in Kleinbetrieben eröffnet und zugleich Einstellungshemmnisse für junge Frauen, wie sie sich aus einer möglichen Belastung des Arbeitgebers mit Mutterschutzleistungen ergeben konnten, beseitigt werden.248 Stand bei der Einführung des Systems im Jahr 1986 noch das Ziel der Beschäftigungsförderung allgemein im Vordergrund, so war bis zum Jahr 1996, als der Gesetzgeber den von den Krankenkassen zu erstattenden Anteil an den Arbeitgeberkosten für den Mutterschutz von 80 auf 100 Prozent anhob,249 die Verbesserung der Beschäftigungschancen junger Frauen in Handwerks- und anderen Kleinbetrieben zum bestimmenden Motiv geworden.250 Nachdrücklich wies der Gesetzgeber darauf hin, es zeichne sich – da über 90 Prozent der Unternehmen der freien Wirtschaft in Deutschland Kleinbetriebe seien – die Gefahr ernstzunehmender Beschäftigungshindernisse für Arbeitnehmerinnen im gebärfähigen Alter ab. Dieser Aspekt des Arbeitgeberzuschusses sollte für die weitere Rechtsentwicklung noch entscheidende Bedeutung erlangen. Weitere Änderungen schließlich betrafen die Verteilung der Lasten aus der Gewährung des Mutterschaftsgeldes zwischen dem Bund und der Versichertengemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung. In Umsetzung des sog. Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms beseitigte der Gesetzgeber im Jahr 1993 die Verpflichtung des Bundes, den Krankenkassen einen Pauschbetrag von 400 DM für jeden Fall der Leistung von Mutterschaftsgeld an versicherte Arbeitnehmerinnen zu erstatten. Die Vorschrift, die bislang Erstattungsansprüche der Krankenkassen gegen den Bund vorgesehen hatte, § 200a RVO, wurde ersatzlos gestrichen.251 Ein plötzliches Ende fand der fortschreitende Rückzug des Bundes aus seiner Beteiligung an den finanziellen Lasten des Mutterschutzes im Herbst 2003 durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG). Zwar blieben die Pflichten der Krankenkassen zur Leistung von Lohnersatz an Arbeitnehmerinnen vor und nach der Entbindung gem. § 200 RVO unverändert. Doch wendet der Bund nunmehr gem. § 221 SGB V den Krankenkassen zur pauschalen Abgeltung der Aufwendungen für versicherungsfremde 248

Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 10/2102, S. 14, 18, 37. Siehe hierzu bereits Fn. 247. 250 Hierzu die Begründung des Regierungsentwurfs zu dem Gesetz zur Änderung des Mutterschutzrechts vom 20. 12. 1996, BT-Drs. 13/2763, S. 2, 12. 251 Vgl. Art. 2 des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungsund Wachstumsprogramms (2. SKWPG) vom 21. 12. 1993 (BGBl. I S. 2374 (2376)); hierzu auch H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, § 13 Rn. 6; P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 21 f. 249

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

Leistungen Finanzmittel zu, die von 2004 bis 2006 auf einen Betrag von 4,2 Mrd. Euro jährlich ansteigen und dann in dieser Höhe festgeschrieben werden.252 Zu versicherungsfremden Leistungen in diesem Sinne, die „keinen Bezug zu Krankheit haben und gesamtgesellschaftliche Aufgaben darstellen“, zählt die Gesetzesbegründung auch das Mutterschaftsgeld.253 Der Gesetzgeber plant eine Gegenfinanzierung der übernommenen Lasten aus den Mehreinnahmen der in den Jahren 2004 und 2005 erhöhten Tabaksteuer.254 Wenngleich nicht davon gesprochen werden kann, der Bund übernehme die bisherigen Lasten der GKV aus der Gewährung des Mutterschaftsgeldes in vollem Umfang – die Finanzzuwendungen des Bundes an die Krankenkassen dienen dem pauschalen Ausgleich einer Vielzahl versicherungsfremder Leistungen und erreichen deren Gesamtkosten in der Höhe nicht –, so liegt darin doch immerhin eine erhebliche Beteiligung an der Kostenlast. II. Die aktuelle Kostenbelastung der Arbeitgeber Kennzeichnend für die Entwicklung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld ist es, daß der Höchstbetrag des von öffentlichen Kostenträgern zu leistenden Mutterschaftsgeldes – 25 DM oder nunmehr 13 Euro – seit der Einführung des Arbeitgeberzuschusses zum 1. Januar 1968 unverändert geblieben ist, während das durchschnittliche Nettoarbeitsentgelt von Arbeitnehmerinnen und verbunden hiermit auch die finanzielle Belastung der Arbeitgeber mit dem Unterschiedsbetrag seither kontinuierlich gestiegen sind. Spätestens seit Beginn der neunziger Jahre übertrifft der Anteil der Arbeitgeber an den finanziellen Lasten des Entgeltschutzes die Leistungen des Bundes und der Krankenkassen.255 Seit dieser Zeit handelt es sich bei der Leistungspflicht gem. § 14 Abs. 1 MuSchG nicht mehr um einen „Zuschuß“, sondern um die Hauptlast aus den Leistungen des Entgeltschutzes, an denen die öffentliche Hand einen immer geringer werdenden Anteil trägt. Die gruppenbezogene Gesamtbelastung der Arbeitnehmer durch die Zuschußpflicht belief sich im Jahr 2004 auf rund 1,36 Mrd. Euro.256 Zur durchschnittlichen Belastung des einzelnen Betriebes las252 Vgl. Art. 1 Nr. 141 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14. 11. 2003 (BGBl. I S. 2190 (2229)). 253 Begründung des Regierungsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1170, S. 59; hierzu auch H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 (1129). 254 BT-Drs. 15/1170, S. 142. 255 Das BAG hat bereits 1995 anerkannt, die Grenze einer hälftigen Beteiligung der Arbeitgeber sei seit mehreren Jahren überschritten, wobei es Zahlen für das Jahr 1990 zugrunde legte, vgl. BAGE 81, 222 (228); vgl. auch aus der Sicht des BVerfG im Jahr 2003 BVerfGE 109, 64 (67); ferner P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, § 14 Rn. 2; eingehend hierzu auch E. Winkler, Die Risiko- und Lastenverteilung im Mutterschutzrecht, 2002, S. 135.

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sen sich hingegen kaum präzise Aussagen treffen, da sie von einer Vielzahl von Faktoren wie der Größe des Unternehmens, der Lohnsumme sowie der Beschäftigtenstruktur nach Alter und Geschlecht abhängt.257

D. Die Entwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG Nicht zuletzt aufgrund der immer größeren Diskrepanz zwischen den privaten und den öffentlichen Leistungsanteilen hatte das BVerfG seit der Einführung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld mehrfach darüber zu entscheiden, ob die Geldleistungspflicht des Arbeitgebers mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Zum ersten Mal war das Gericht im Jahr 1974 mit der Verfassungsmäßigkeit der Zuschußpflicht gem. § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG befaßt.258 Als Verfassungsmaßstäbe legte es Art. 6 Abs. 4 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG an die Regelung an und befand, diese Grundrechtsgewährleistungen seien nicht verletzt. Im Schwerpunkt bemühte das BVerfG sich zu zeigen, daß die Geldleistungspflicht auch nicht deshalb gegen Art. 6 Abs. 4 GG verstoße, weil der Entgeltschutz der Mutter während der Schutzfrist zum Teil auf Kosten des Arbeitgebers gewährleistet werde.259 Im neueren Schrifttum zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses wird dieser Ausgangspunkt der verfassungsgerichtlichen Überprüfung als systematisch verfehlt beurteilt, weil Art. 6 Abs. 4 GG – wie auch der Erste Senat in der damaligen Entscheidung bereits einräumte – allein den Schutz von Mutter und Kind, nicht aber des Arbeitgebers bezwecke und folglich zu dessen verfassungsrechtlich gewährleistetem Freiheitsraum keine Aussage treffe.260 Nach der Kernaussage des Beschlusses ist die finanzielle Belastung der Arbeitgeber verfassungsrechtlich unbedenklich, da die Kosten des Mutterschutzes von Verfassungs wegen nicht ausschließlich vom Staat getragen zu werden bräuchten. Der Wortlaut des Art. 6 Abs. 4 GG lasse „die Möglichkeit offen, daß die Gemeinschaft den Entgeltschutz der Mutter zumindest teilweise auf anderem Wege sicherstellt.“261 Vor diesem Hintergrund sei es nicht zu bean256 Vgl. Sozialbudget 2001, Teil B des Sozialberichts 2001, BT-Drs. 14/8700, S. 261; der Wert von 1,36 Mrd. Euro für das Jahr 2004 ergibt sich nach Sonderauswertung der aktualisierten Arbeitskosten durch das BMAS. 257 Seit der Erstreckung des Umlageverfahrens „U 2“ auch auf mittlere und große Unternehmen ist die Belastung des einzelnen Betriebes hingegen unabhängig vom Anteil weiblicher Beschäftigter, dazu sogleich im Text. 258 Zum folgenden BVerfGE 37, 121 (125 ff.) – Arbeitgeberzuschuß I. 259 Hierzu BVerfG, a. a. O., S. 126 ff. 260 Dazu H. Kube, JZ 2004, S. 358 (359); auch H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 (1122). 261 BVerfGE 37, 121 (126).

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standen, wenn der Gesetzgeber die finanziellen Lasten des Mutterschutzes zwischen dem Bund, den Krankenkassen und den Arbeitgebern aufteile. Im Ergebnis wird die finanzielle Sonderbelastung der Arbeitgeber der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Erfüllung von Schutz- und Fürsorgepflichten zugeordnet. Nach einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit des Arbeitgebers für das Wohlergehen der Mutter und des Kindes fragte der Senat – obwohl mehrere Stellungnahmen zu dem Verfahren in diese Richtung wiesen262 – nicht. Folglich finden sich in der Entscheidung auch keine Aussagen zur Reichweite der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Durch die Vorlage eines Arbeitsgerichts gem. Art. 100 Abs. 1 GG wurde das BVerfG im Jahr 1985 erneut mit der Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses befaßt.263 Das Arbeitsgericht hielt § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG, da die Regelung Arbeitgeber mit einem hohen Anteil von Frauen unter ihren Arbeitnehmern sowie solche Arbeitgeber, die überdurchschnittlich viele Frauen mit höherem Lohn beschäftigten, benachteilige. Zwar sei das BVerfG in seiner Entscheidung aus dem Jahr 1974 davon ausgegangen, daß nur ein geringer Anteil aller erwerbstätigen Frauen zu vergleichsweise hohem Lohn beschäftigt werde, so daß die Belastung der Arbeitgeber sich in Grenzen halte. Aufgrund der zwischenzeitlichen Lohnentwicklung und der unveränderten Höhe des Mutterschaftsgeldes habe sich die Belastung der Arbeitgeber seither jedoch deutlich erhöht. Hatte das BVerfG im Jahr 1974 die geringfügige Belastung der Arbeitgeber noch damit begründet, nur etwa 22,4 Prozent aller erwerbstätigen Frauen empfingen einen Lohn von 800 DM und mehr monatlich, so habe sich dieser Anteil der Arbeitnehmerinnen inzwischen auf ca. 85 Prozent erhöht. Das BVerfG wies die Richtervorlage als unzulässig zurück. Es führte aus, das vorlegende Gericht sei an die Entscheidung des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 1974 gebunden, dieser komme Gesetzeskraft und Rechtskraftwirkung zu.264 Unter diesen Umständen sei eine erneute Vorlage nur dann zulässig, wenn sie von der Begründung der früheren Entscheidung ausgehe und neue Tatsachen darlege, die geeignet seien, eine von dem früheren Erkenntnis abweichende Entscheidung des BVerfG herbeizuführen. Hieran fehle es: Wenn das vorlegende Gericht auf eine fortlaufende Erhöhung der Lohnsätze für Arbeitnehmerinnen in der Zwischenzeit und eine damit verbundene erhebliche Mehrbelastung der Arbeitgeber abstelle, so lägen hierin keine rechtserheblichen neuen Tatsachen gegenüber den Feststellungen des BVerfG. Denn schon im Zeitpunkt der früheren Entscheidung sei absehbar gewesen, daß sich bei unveränderter Höhe des Mutterschaftsgeldes und steigenden Löhnen die finanzielle 262 263 264

Vgl. BVerfG, a. a. O., S. 124. Vgl. BVerfGE 70, 242 (245 ff.) – Arbeitgeberzuschuß II. BVerfG, a. a. O., S. 249.

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Belastung der Arbeitgeber künftig erhöhen werde. Eine erneute verfassungsrechtliche Prüfung des § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG infolge veränderter Verhältnisse komme solange nicht in Betracht, wie der größere Teil der gem. Art. 6 Abs. 4 GG von der Gemeinschaft zu erbringenden Leistungen für den Mutterschutz vom Bund und den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung aufgebracht werde.265 Trotz der hierdurch errichteten Hürden für die Zulässigkeit weiterer Anträge zur verfassungsrechtlichen Überprüfung von § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG entschied das BVerfG im November 2003 ein weiteres Mal über die Vereinbarkeit des Arbeitgeberzuschusses mit dem Grundgesetz.266 Den Anlaß hierzu gab die Verfassungsbeschwerde eines Unternehmens, welches von einer Arbeitnehmerin auf Zahlung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld in Anspruch genommen worden und vor den Arbeitsgerichten in allen Instanzen unterlegen war.267 Das BVerfG erkannte die Verfassungsbeschwerde für zulässig, da seit den früheren Entscheidungen rechtserhebliche Änderungen der Sach- und Rechtslage eingetreten seien.268 Eine wesentliche Änderung der Sachlage sah das Gericht in dem zwischenzeitlichen Anstieg der Belastungen des Arbeitgebers mit Leistungen des Mutterschutzes; durch die Neufassung des Art. 3 Abs. 2 GG und die Weiterentwicklung des europäischen Gemeinschaftsrechts zur Gleichberechtigung der Geschlechter hatte sich zudem die Rechtslage geändert. Die dritte Entscheidung des BVerfG zum Arbeitgeberzuschuß steht insbesondere in der Auswahl der verfassungsrechtlichen Maßstäbe in einem Kontrast zur bisherigen Rechtsprechung. Hatte das Gericht in seinem ersten Beschluß eine Überprüfung der Regelung an Art. 12 Abs. 1 GG noch wie selbstverständlich abgelehnt, so zog es die Berufsfreiheit nunmehr im Ausgangspunkt als alleinigen grundrechtlichen Prüfungsmaßstab heran.269 Die Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufsfreiheit der Arbeitgeber untersuchte das Gericht vornehmlich am Maßstab der Verhältnismäßigkeit. Es erkannte dem Regelungszweck, die im Arbeitsverhältnis stehende Mutter und das werdende Kind vor arbeitsplatzbedingten Gefahren zu schützen, einen hohen Rang zu und nahm die Eignung und Erforderlichkeit der Geldleistungspflicht zur Verfolgung dieses Zweckes an. Darüber hinaus hielt das BVerfG die finanzielle Belastung der Arbeitgeber auch für zu265

BVerfG, a. a. O., S. 251. Zum folgenden BVerfGE 109, 64 – Arbeitgeberzuschuß III. 267 Zum letztinstanzlichen Urteil des Bundesarbeitsgerichts BAGE 81, 222. 268 BVerfGE 109, 64 (84) in ausdrücklicher Abkehr von E 37, 121 (131); kritisch zu dieser überraschenden Absenkung der Anforderungen an Eingriffe in Art. 12 Abs. 1 GG H. Kube, JZ 2004, S. 358 (359). 269 Die vorgehende Entscheidung des BAG hatte Art. 6 Abs. 4 GG noch als eigenständigen Prüfungsmaßstab neben Art. 12 Abs. 1 GG zur Anwendung gebracht, eine Verletzung des Schutzauftrages durch die Sonderbelastung der Arbeitgeber aber in Einklang mit BVerfGE 37, 121 (124 f.) – Arbeitgeberzuschuß I – abgelehnt, vgl. BAGE 81, 222 (225). 266

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mutbar, wobei es mehrere Begründungsansätze miteinander verband. Es stellte zunächst fest, die Intensität der Kostenbelastung halte sich in den Grenzen des Zumutbaren.270 Sodann untersuchte das Gericht im Rahmen der Angemessenheitsprüfung die Verteilung der Kostenlast zwischen Bund, Krankenkassen und Arbeitgebern. Dabei führte der Senat eine bislang unbekannte Rechtsfigur der Verhältnismäßigkeitsprüfung in die Verfassungsrechtsprechung ein. Er erklärte, zur Beurteilung der Angemessenheit des Zuschusses sei eine „Gesamtbetrachtung“ aller Leistungen für den Mutterschutz geboten. Beziehe man in diese auf Seiten des Staates die „Gesamtleistungen für Kinder und Familien“ ein, so überwögen „die öffentlichen Leistungen für den Schutz von Mutter und Kind bei weitem die Belastungen der Arbeitgeber.“271 Schließlich legte das Gericht dar, worin es die besondere Verantwortungsbeziehung des Arbeitgebers zur Aufgabe des Mutterschutzes erkenne. Es argumentierte, die Gefahren, vor denen Mutter und Kind geschützt werden müßten, resultierten unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis. Indem die Kosten des Mutterschutzes zum Teil dem Arbeitgeber auferlegt würden, träfen sie denjenigen, „der für die gesetzlich vermutete Gefährdung verantwortlich und damit besonders betroffen“ sei.272 Aus diesem Grund ließen sich die vom jeweiligen Arbeitgeber zu tragenden Kosten dem einzelnen Arbeitsverhältnis zuordnen. Das BVerfG kam zu dem Ergebnis, die Belastung der Arbeitgeber mit der Zuschußpflicht sei am Maßstab der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt. Für Aufsehen in Schrifttum haben die Ausführungen gesorgt, die das Gericht auf die Verhältnismäßigkeitskontrolle folgen ließ.273 Es erklärte, die Regelung sei „eine unangemessene Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit, weil sie das im Zuge systematischer Verfassungsinterpretation zu berücksichtigende Gleichberechtigungsgebot aus Art. 3 Abs. 2 GG“ verletze.274 Bei der Erfüllung seines Auftrages zum Schutz der Mutter gem. Art. 6 Abs. 4 GG habe der Gesetzgeber auch mögliche faktische Diskriminierungen, die von Schutzgesetzen zugunsten von Frauen ausgehen können, zu berücksichtigen und so weit wie möglich durch geeignete Regelungsmechanismen auszugleichen. Zwar lasse sich die Wahrscheinlichkeit, daß Frauen allein wegen der Belastung des Arbeitgebers mit der Zuschußpflicht zum Mutterschaftsgeld nicht eingestellt werden, nicht sicher feststellen; dennoch sei die ständig steigende Kostenbelastung verfassungsrechtlich erheblich, da sie jedenfalls im Zusammenwirken mit den anderen 270

BVerfGE 109, 64 (86 f.). BVerfG, a. a. O., S. 88. 272 BVerfG, a. a. O., S. 88 f. 273 Zu den Reaktionen auf die Entscheidung, insbesondere auf die Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG am Maßstab des Art. 3 Abs. 2 GG: T. Aubel, RdA 2004, S. 141 (142 f.); H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 (1124 f.); E. Eichenhofer, BB 2004, S. 382; H. Kube, JZ 2004, S. 358 (360 f.); W. Leisner, DB 2004, S. 598 f. 274 Hierzu und zum folgenden BVerfGE 109, 64 (89 ff.). 271

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Belastungen des Arbeitgebers, die mit Schwangerschaft von Arbeitnehmerinnen verbunden sein können, einen Benachteiligungseffekt auszulösen vermöge. Der Gesetzgeber habe die Gefahr zusätzlicher Beschäftigungshemmnisse für Frauen auch zutreffend erkannt und mit dem Ausgleichs- und Umlageverfahren, das ungleiche Belastungen von Unternehmen mit unterschiedlich hohem Frauenanteil vermeide, ein geeignetes Mittel gegen die mittelbare Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt bereitgestellt. Dennoch sei das Ausgleichs- und Umlageverfahren durch seine Beschränkung auf Kleinunterehmen, in denen nur etwa ein Drittel aller Arbeitnehmerinnen beschäftigt sei, unzureichend, wie daran erkennbar werde, daß auch in mittleren und großen Unternehmen nach wie vor eine geschlechtsspezifische Teilung des Arbeitsmarktes bestehe. Das BVerfG sprach die Verpflichtung des Gesetzgebers aus, bis zum 31. Dezember 2005 eine verfassungskonforme Neuregelung zu treffen.275 Dabei stellte das Gericht nachdrücklich heraus, der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht auf eine Ausweitung des Ausgleichs- und Umlageverfahrens festgelegt, es stehe ihm vielmehr frei, wie er die Diskriminierungswirkung der geltenden Zuschußregelung beseitige. Dennoch läßt der Beschluß an mehreren Stellen erkennen, daß der Erste Senat eine Lösung durch Ausweitung des Ausgleichsverfahrens favorisiert;276 in diesem Sinne wurde die Entscheidung auch im Schrifttum ganz überwiegend aufgefaßt.277 Aufmerksamkeit verdient schließlich ein verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, den das BVerfG nicht heranzog. Vor dem BAG hatte der Arbeitgeber und spätere Beschwerdeführer vorgebracht, er werde durch den Zuschuß zum Mutterschaftsgeld „im Ergebnis mit einer Sonderabgabe belegt“.278 Das BAG hatte das Parteivorbringen aufgegriffen, den Charakter der Geldleistungspflicht als Sonderabgabe aber in Anwendung formeller Kriterien verneint und deshalb die finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an Sonderabgaben außer Anwendung gelassen.279 Das BVerfG hingegen ging auf eine sonderabgabenähnliche Belastungswirkung der Zahlungspflicht nicht ein.

275

BVerfG, a. a. O., S. 95. Das Gericht betont, in dem Umlageverfahren stehe ein einfaches System zur Verfügung, mit dem die ungleiche Belastung einzelner Arbeitgeber durch die monetäre Beteiligung an den Kosten des Mutterschutzes aufgefangen werden könnte (BVerfG, ebd.). Nach Auffassung des Gerichts wäre ein einheitliches Umlagesystem ohne Differenzierung nach der Unternehmensgröße – neben anderen Vorzügen – „sogar leichter zu handhaben, weil die Krankenkassen auf die zum Teil schwierigen Feststellungen zur Anzahl der Beschäftigten verzichten könnten.“ (BVerfG, a. a. O., S. 93 f.). 277 Vgl. H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 (1123, 1125); H. Kube, JZ 2004, S. 358 (360); T. Aubel, RdA 2004, S. 141 (146); E. Eichenhofer, BB 2004, S. 382 f. 278 BAGE 81, 222 (224). 279 Vgl. BAG, a. a. O., S. 231. 276

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E. Die aktuelle Gesetzeslage Der Gesetzgeber hat die Verteilung der finanziellen Lasten aus dem Entgeltschutz innerhalb der Gruppe der Arbeitgeber mit Wirkung zum 1. Januar 2006 neu ausgestaltet und damit den Regelungsauftrag des BVerfG fristgemäß umgesetzt. Wie dies bereits im Schrifttum erwartet und durch die Ausführungen des Ersten Senats im Beschluß vom 18. November 2003 nahegelegt worden war, hat der Gesetzgeber das bislang in §§ 10, 14 LFZG geregelte Ausgleichsverfahren auf alle Arbeitgeber ausgeweitet.280 Die Regelungen eines neu geschaffenen Gesetzes über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen (AAG) treten damit an die Stelle des bisherigen Lohnfortzahlungsgesetzes.281 Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 i.V. m. § 2 Abs. 1 AAG werden die Aufwendungen des Arbeitgebers für den Zuschuß zum Mutterschaftsgeld in vollem Umfang durch die Krankenkasse der Arbeitnehmerin erstattet. Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichsverfahrens „U 2“ werden durch Umlagen der am Ausgleich beteiligten Arbeitgeber, im Ergebnis also nahezu aller Arbeitgeber,282 aufgebracht, vgl. § 7 Abs. 1 AAG. Die Höhe der Umlage bestimmt sich gem. § 7 Abs. 2 S. 1 i.V. m. § 9 Abs. 1 AAG nach einem von der Krankenkasse festzusetzenden Prozentsatz des Entgelts, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen bemessen werden oder zu bemessen wären. Da die finanzielle Belastung durch die Umlage unabhängig von der Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen im gebärfähigen Alter eintritt, besteht für den Arbeitgeber fortan kein Anreiz, von der Einstellung solcher Arbeitnehmerinnen abzusehen. Für den Charakter der Zuschußpflicht gem. § 14 Abs. 1 MuSchG als finanzielle Sonderbelastung der Arbeitgeber zur Förderung einer Gemeinwohlaufgabe – der Gesundheit erwerbstätiger Mütter und ihrer Kinder – ergeben sich aus der Erstreckung des Umlageverfahrens auf alle Arbeitgeber keine Änderungen. Da die Arbeitgeber als Gesamtgruppe die empfangenen Erstattungsleistungen durch Umlagen selbst zu finanzieren haben, dient das Verfahren im wesentlichen dazu, die Kostenbelastung durch den mutterschutzrechtlichen Entgeltschutz gleichmäßig unter den Arbeitgebern zu verteilen, sie für den einzelnen Arbeitgeber voraussehbarer zu gestalten und übermäßige Belastungen einzelner Betriebe zu verhindern.283 In seiner Funktion, Belastungsunterschiede zwischen 280 Neben der Umsetzung des Regelungsauftrages war es das Ziel der Neuregelung, auch weitere Umlageverfahren, die bislang im LFZG geregelt gewesen waren, den aktuellen Strukturen der Sozialversicherung anzugleichen, vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 16/30, S. 1, 9. 281 Nach Art. 4 des Gesetzes über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. 12. 2005 (BGBl. I S. 3686 (3690)) tritt das Lohnfortzahlungsgesetz am 1. 1. 2006 außer Kraft. 282 Zu vereinzelten Ausnahmen vom personellen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 AAG vgl. § 11 Abs. 2 AAG.

§ 4 Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld

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den Unternehmen der sonderbelasteten Gruppe auszugleichen, ähnelt das Verfahren U 2 dem bundesweiten Belastungsausgleich im Recht der Stromeinspeisung nach § 14 Abs. 3 EEG. Entscheidend ist jedoch, daß die finanzielle Inanspruchnahme der Arbeitgeber als Gesamtgruppe im Außenverhältnis zur Gruppe der Arbeitnehmerinnen unverändert bleibt. Sowohl die durchschnittliche Kostenbelastung des einzelnen Arbeitgebers als auch dessen Verpflichtung zu unmittelbaren Finanztransfers an die Arbeitnehmerin bleiben bestehen. Auch das quantitative Verhältnis zwischen den Gruppenaufwendungen der Arbeitgeber und dem staatlich finanzierten Mutterschaftsgeld hängt nicht von der gruppeninternen Lastenverteilung, sondern allein von der gesetzlich festgelegten Höhe des Mutterschaftsgeldes und der Lohnentwicklung ab. Allerdings führt die Erstattung im Wege des Umlageverfahrens dazu, daß die finanzielle Belastungswirkung sich von der Entgeltfortzahlung an die Arbeitnehmerin auf die Zahlung der Umlage an deren Krankenkasse verlagert. Während im Außenverhältnis zur Arbeitnehmerin die „quersubventionierende“ Finanzierungspflicht nach § 14 Abs. 1 MuSchG fortbesteht, wird den Arbeitgebern in einem Binnenverhältnis zu den Krankenkassen eine Sonderabgabe284 mit Ausgleichsfunktion auferlegt. Der abgabenäquivalenten Vergütungsregelung wird folglich zum Zwecke einer Anonymisierung der Kostenlast eine Sonderabgabe hinzugefügt, gleichsam „nachgeschaltet“. Als Konsequenz stellen sich auch die für Preisinterventionen typischen Rechtsfragen, die der Arbeitgeberzuschuß aufwirft, weiterhin. Da die finanziellen Verpflichtungen des einzelnen Arbeitgebers im Außenverhältnis zur Arbeitnehmerin beibehalten werden und sich aus ihrer Ausgestaltung sowohl die gruppenbezogene Gesamtbelastung der Arbeitgeber als auch die durchschnittliche finanzielle Inanspruchnahme des einzelnen Arbeitgebers ergibt, bleibt die Ausgestaltung der Zuschußregelung – in ihrem systematischen Zusammenwirken mit den Bestimmungen zum Mutterschaftsgeld – für die Untersuchung weiterhin von Bedeutung. Gem. §§ 13 Abs. 1 MuSchG, 200 RVO gewähren die Krankenkassen den bei ihnen versicherten Arbeitnehmerinnen während der Mutterschutzfristen ein Mutterschaftsgeld in Höhe des durchschnittlichen kalendertäglichen Nettoentgelts der letzten drei Monate.285 Die Höhe des Mutterschaftsgeldes wird durch § 200 Abs. 2 S. 2 RVO auf höchstens 13 Euro je Kalendertag begrenzt, eine 283 Zu den Faktoren, nach denen sich die Finanzlast aufgrund der Ausweitung des Umlageverfahrens innerhalb der Gruppe der Arbeitgeber neu verteilen wird, vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/39, S. 11. 284 Gem. § 8 Abs. 1 AAG verwalten die Krankenkassen die Mittel für den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen als zweckgebundenes Sondervermögen. 285 Die Anspruchsgrundlage bildet hierbei § 200 RVO, der Vorschrift des § 13 Abs. 1 MuSchG kommt lediglich deklaratorische Bedeutung zu, vgl. H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, § 13 Rn. 13.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

Beschränkung auf einen bestimmten Gesamtbetrag besteht nicht. Für nicht gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmerinnen gilt gem. §§ 13 Abs. 2 S. 1 MuSchG die Regelung des § 200 RVO286 entsprechend.287 Allerdings wird ihr Anspruch neben der Begrenzung durch § 200 Abs. 2 S. 2 RVO analog auf höchstens 13 Euro je Kalendertag zusätzlich durch § 13 Abs. 2 S. 1 MuSchG auf einen Gesamtbetrag von höchstens 210 Euro beschränkt. Diesen Arbeitnehmerinnen wird das Mutterschaftsgeld auf Antrag vom Bundesversicherungsamt gezahlt, § 13 Abs. 2 S. 2 MuSchG. Die Kostenlast aus der Gewährung des Mutterschaftsgeldes trägt für beide Gruppen im wesentlichen der Bund, da seit dem Jahr 2004 den Krankenkassen die Aufwendungen für versicherungsfremde Leistungen wie das Mutterschaftsgeld durch Finanzzuweisungen des Bundes pauschal abgegolten werden, § 221 SGB V.288 Unabhängig von ihrem Versichertenstatus und dem Umfang ihres Anspruchs auf Mutterschaftsgeld erhalten Frauen gem. § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG während ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses für die Zeit der Mutterschutzfristen von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuß in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen 13 Euro und dem durchschnittlichen kalendertäglichen Nettoarbeitsentgelt. Diese Aufwendungen werden dem Arbeitgeber, wie soeben dargestellt, gemäß §§ 1 ff. AAG durch die Krankenkasse der Arbeitnehmerin, allerdings letztlich auf seine eigenen Kosten, erstattet.

F. Der Arbeitgeberzuschuß als abgabenähnliche Vergütungspflicht In seinem Referenzcharakter für die Untersuchung fördernder Vergütungsregelungen unterscheidet sich der Arbeitgeberzuschuß geringfügig von den bislang vorgestellten Regelungen der §§ 4 ff., 14 EEG und des § 130a SGB V. In gleicher Weise wie durch die SER und den Arzneimittelpreisabschlag werden Private unmittelbar durch Gesetz mit einer Geldleistungspflicht belastet. Die hierdurch erzielten Mittel werden der Förderung – durch Finanzierung – einer Aufgabe zugeführt, die zum Wohl der Allgemeinheit wahrgenommen wird. Wie bereits für die SER festgestellt, fließen die Geldmittel einer anderen Gruppe 286 Für diese Arbeitnehmerinnen bildet § 13 Abs. 2 eine eigenständige mutterschutzrechtliche Anspruchsgrundlage, da § 200 Abs. 1 RVO nur Mitgliedern einer Krankenkasse einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld gewährt, vgl. H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, § 13 Rn. 16; N. Heenen, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 2, 2. Aufl., 2000, § 226 Rn. 58. 287 Die Arbeitgeberaufwendungen werden in diesem Fall gem. § 2 Abs. 1 S. 3 AAG i.V. m. § 175 Abs. 3 S. 2 SGB V durch die Krankenkasse erstattet, bei der die Arbeitnehmerin zuletzt gesetzlich krankenversichert war. 288 Vgl. hierzu Art. 1 Nr. 141 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. 11. 2003 (BGBl. I S. 2190 (2229)).

§ 4 Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld

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Privater zu, deren Mitglieder unmittelbar zur Erfüllung der geförderten Sachaufgabe tätig werden; der finanzielle Vorteil verbleibt diesen Privaten endgültig. Ein Unterschied zwischen der SER und dem Herstellerabschlag einerseits sowie dem Arbeitgeberzuschuß andererseits besteht in den Umständen, aus denen sich die Inäquivalenz von Leistung und Gegenleistung ergibt. Anders als die beiden erstgenannten Bestimmungen stellt der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld eine Lohnregelung dar. Es handelt sich um eine arbeitsrechtliche Lohnersatzleistung.289 Für die SER und den Herstellerabschlag wurde gesehen, daß der Gesetzgeber dort an ein privatrechtliches Vertragsverhältnis, das auf den Austausch von Waren gerichtet ist, im einen Fall mit einer Hochpreisbindung, im anderen Fall mit einem prozentualen Preisabschlag anknüpft. In beiden Konstellationen verändert sich aufgrund der gesetzgeberischen Intervention das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zugunsten des Kontrahenten, welcher der zu fördernden Gruppe angehört. Auch Lohnfortzahlungspflichten des Individualarbeitsrechts stellen sich als Eingriff des Gesetzgebers in das vertragliche Austauschverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dar. Unter den Pflichten, die der Arbeitsvertrag begründet, steht die Hauptpflicht des Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung zu erbringen, im Synallagma zur der Hauptpflicht des Arbeitgebers, die Leistung des Arbeitnehmers wie vereinbart zu vergüten. Erbringt der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung nicht, so wird diese jedenfalls mit Ablauf des Zeitraumes, in dem die Leistung zu erbringen gewesen wäre, unmöglich; der Arbeitnehmer wird gem. § 275 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht frei.290 Zugleich verliert der Arbeitnehmer jedoch gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB seinen Anspruch auf die Gegenleistung, die Vergütung, sofern nicht der Arbeitgeber für die Umstände, infolge derer der Arbeitnehmer von der Leistungspflicht frei wird, allein oder ganz überwiegend verantwortlich ist, § 326 Abs. 2 S. 1 BGB. Von diesem Grundprinzip, wonach „ohne Arbeit kein Lohn“ zu zahlen ist,291 weicht der Gesetzgeber ab, wenn er durch die Anordnung einer Lohnfortzahlungspflicht den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers auch für einen Zeitraum aufrechterhält, in dem der Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung nicht erbracht hat. Auch auf diese Weise wird, wie für abgabenähnliche Preisregulierung kennzeichnend, die Relation von Leistung und Gegenleistung im vertrag289 Zur systematischen Qualifikation des Zuschusses im Arbeitsrecht N. Heenen, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 2, 2. Aufl., 2000, § 226 Rn. 64; H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, § 14 Rn. 102; W. Klempt, in: W. Leinemann (Hrsg.), Kasseler HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, Abschn. 3.4, Rn. 211. 290 R. Linck, in: G. Schaub/U. Koch/ders., Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., 2005, § 98 Rn. 7, stellt die schuldrechtssystematischen Zusammenhänge am Beispiel der Krankheit des Arbeitnehmers dar. 291 Zu diesem Prinzip A. Söllner, AcP 1967, S. 132 ff.

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2. Teil: Referenzregelungen der Untersuchung

lichen Austauschverhältnis verändert, allerdings nicht durch Eingriffe in die Preisbildung anläßlich konkreter Vorgänge des Warenaustauschs, sondern indem die Pflicht zur Lohnfortzahlung während eines Zeitraums angeordnet wird, in dem nach allgemeinen Grundsätzen eine solche Verpflichtung des Arbeitgebers nicht besteht. Lohnfortzahlungsregelungen finden sich im Arbeitsrecht in großer Zahl: Neben der partiellen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG, bilden die Entgeltfortzahlung bei persönlicher Verhinderung des Arbeitnehmers gem. § 616 BGB, die Entgeltzahlung an Feiertagen gem. § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), die praktisch besonders bedeutsame Entgeltfortzahlung bei Erkrankung des Arbeitnehmers gem. § 3 EFZG sowie der Anspruch auf Gewährung bezahlten Erholungsurlaubs gem. § 1 Bundesurlaubsgesetz nur einige Beispiele. Allen Lohnfortzahlungspflichten ist gemeinsam, daß infolge der gesetzlichen Aufrechterhaltung des Vergütungsanspruchs trotz nicht erbrachter Arbeitsleistung eine Inäquivalenz von Leistung und Gegenleistung entsteht, die nicht den Parteien des Arbeitsverhältnisses, sondern dem Gesetzgeber zuzurechnen ist und deshalb als finanzielle Sonderbelastung des Arbeitgebers der Rechtfertigung bedarf. Ob eine solche Rechtfertigung besteht und aus welchen Sachgründen sich diese Legitimation ergibt, wird für die verschiedenen Erscheinungsformen von Lohnfortzahlungspflichten durchaus unterschiedlich beurteilt. Für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld wird diesen Fragen im folgenden nachgegangen werden. An dieser Stelle genügt es festzuhalten, daß auch der Arbeitgeberzuschuß das Merkmal der gesetzlich veranlaßten Inäquivalenz von Leistung und Gegenleistung aufweist, welches abgabenäquivalente Vergütungsregelungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben kennzeichnet.

Dritter Teil

Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe auf abgabenähnliche Vergütungsregelungen § 5 Staatsaufgabenlehre und private Finanzierungsverantwortung Die besondere Rechtfertigungsbedürftigkeit abgabenähnlicher Lohn- und Preisregelungen gegenüber dem Grundgesetz wird darin erkannt, daß Mitglieder privater Gruppen durch Gesetz zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben gezwungen werden. Der besondere Rechtfertigungsbedarf, der solchen Regelungen zugeschrieben wird, erwächst damit aus dem Befund der Heranziehung Privater zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben. Allerdings wird der Begriff der öffentlichen Aufgabe in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich verwendet; unklar ist auch sein Verhältnis zu dem weiteren Begriff der Staatsaufgabe, mit dem er häufig synonym gebraucht wird. Hieraus folgt die Notwendigkeit, die Begriffe der öffentlichen Aufgabe und der Staatsaufgabe zu klären, bevor die Untersuchung sich den an abgabenähnliche Vergütungspflichten anzulegenden Verfassungsmaßstäben und der Verfassungsmäßigkeit der gewählten Referenzregelungen zuwenden kann (A). Auf Grundlage dieser Begriffsklärung ist weiter zu sehen, ob der Gesetzgeber mit dem Einsatz der Referenzregelungen darauf ausgeht, öffentliche Aufgaben zu finanzieren (B). Auch über die Begriffe der öffentlichen und der staatlichen Aufgabe hinaus findet in der Diskussion um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit fördernder Vergütungsregelungen aufgabenrechtliches Vokabular Verwendung. So wird allgemein im Zusammenhang mit der Verfassungsmäßigkeit finanzieller Sonderlasten zwischen der Finanzierung allgemeiner und besonderer Staatsaufgaben unterschieden; auch diese Unterscheidung bedarf der Erläuterung (C I). Im Mittelpunkt der Debatte um die Vereinbarkeit von „Quersubventionen“ mit dem Grundgesetz steht die Frage nach der Verantwortlichkeit der in Anspruch genommenen Gruppen Privater für die ihnen übertragene Aufgabenfinanzierung. Angesichts dessen ist auch zu untersuchen, ob sich sachlich abgegrenzte Aufgabenfelder dem Staat bzw. der Gesellschaft und ihren einzelnen Gruppen in solcher Weise zuordnen lassen, daß die Finanzierungsverantwortung der Aufgabenzuordnung folgt (C II). In diesem Sinne wäre vorstellbar, daß sich bestimmte „genuin staatliche“ Aufgaben ausmachen lassen, für deren Wahrneh-

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

mung den Staat auch die Finanzierungsverantwortung trifft; umgekehrt könnten möglicherweise „gesellschaftliche Aufgaben“ identifiziert werden, deren Finanzierungslasten von Verfassungs wegen einzelne gesellschaftliche Gruppen treffen.

A. Öffentliche Aufgaben und Staatsaufgaben Über den Umfang und die Bedeutung der Begriffe der öffentlichen Aufgabe, der Staatsaufgabe sowie über das Verhältnis beider Begriffe zueinander herrscht weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur Einigkeit. Eine umfassende Auseinandersetzung mit den hierzu geäußerten Auffassungen ist indessen nicht erforderlich. Für die Zwecke dieser Untersuchung genügt es, wenn im folgenden die Bedeutungen erläutert werden, mit denen die Begriffe im weiteren Verlauf der Untersuchung Verwendung finden. Die gewählte Verwendungsweise entspricht dem überwiegend in der Literatur anzutreffenden Gebrauch und insbesondere dem Sinn, in dem die Begriffe in der Debatte um die Zulässigkeit abgabenäquivalenter Preisintervention gebraucht werden. Die öffentliche Aufgabe kennzeichnet es, daß die Allgemeinheit an ihrer Wahrnehmung maßgeblich interessiert ist, ihre Erfüllung also im öffentlichen Interesse liegt.1 Im öffentlichen Interesse liegt eine Aufgabe dann, wenn ihre Wahrnehmung zur Förderung des Gemeinwohls geboten erscheint. Der Begriff des Gemeinwohls wiederum bezeichnet klassischerweise die Idee vom „guten Zustand“ des Gemeinwesens und vom Gedeihen aller seiner Glieder.2 Das Gemeinwohl verkörpert die Gesamtheit der öffentlichen Interessen und damit den Inbegriff aller legitimen Staatsziele.3 Ob ein öffentliches Interesse an einer Aufgabe besteht, entscheidet in einem demokratischen Gemeinwesen in erster Linie der Gesetzgeber. Ihm obliegt die Aufgabe, innerhalb des durch die Verfassung vorgegebenen Rahmens die Anliegen des Gemeinwohls zu konkretisieren. Zwar werden an einer Aufgabe, an deren Erfüllung die Allgemeinheit interessiert ist, nahezu stets auch partikulare Interessen einzelner Gruppen bestehen; ob dies der Fall ist und ob möglicherweise das Interesse einer gesellschaftlichen 1 Ganz h. M., vgl. nur BVerfGE 15, 235 (241); H. Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: FS f. Hans Carl Nipperdey, 1965, S. 877 (878); H. P. Bull, Staatsaufgaben, 2. Aufl., 1977, S. 48 ff., 105; G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 137. 2 J. Isensee, in: ders./P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. III, § 57 Rn. 2, 134 (Isensee unterscheidet hiervon die instrumentale Bedeutung des Begriffs im Sinne des prinzipiellen Verantwortungsbereichs des Verfassungsstaates; in dieser Bedeutung stellt Gemeinwohl den Inbegriff aller äußeren Bedingungen dar, unter denen sich die Grundrechtsträger „ihrer Menschenwürde gemäß in Freiheit entfalten können“, vgl. a. a. O., Rn. 134). 3 J. Isensee, a. a. O., Rn. 2.

§ 5 Staatsaufgabenlehre und private Finanzierungsverantwortung

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Gruppe das öffentliche Interesse sogar eindeutig überwiegt, bleibt für die Qualifikation als öffentliche Aufgabe ohne Bedeutung. Schließlich hängt die Qualifikation eines Handlungsbereichs als öffentliche Aufgabe nicht davon ab, ob die Anliegen des gemeinen Wohls in diesem Bereich durch staatliche Organe oder durch Freiheitsberechtigte gefördert werden und ob die maßgeblichen Akteure in der Form des öffentlichen oder aber des Privatrechts tätig werden.4 Eine Vielzahl öffentlicher Aufgaben wird unter dem Grundgesetz durch Private in Ausübung ihrer grundrechtlichen Freiheiten wahrgenommen. Oftmals wird der Staat sich einer bestimmten öffentlichen Aufgabe, etwa im Bereich des Umweltschutzes, nur und erst dann annehmen, wenn aus Sicht der zuständigen Organe die Verwirklichung wesentlicher Gemeinwohlziele nicht gesichert erscheint, sofern der Handlungsbereich weiterhin ausschließlich der Freiheitsausübung Privater überlassen bleibt. Zur staatlichen Aufgabe oder Staatsaufgabe wird eine öffentliche Aufgabe dann, wenn sich ein Träger hoheitlicher Gewalt ihrer annimmt, sie also der alleinigen und unbeeinflußten Wahrnehmung durch Freiheitsberechtigte entzieht.5 Neben der staatlichen Beteiligung an der Aufgabenwahrnehmung setzt eine Qualifikation als Staatsaufgabe jedoch weiter voraus, daß das staatliche Engagement in diesem Handlungsbereich als solches mit der Verfassung vereinbar ist.6 Die Begriffe der öffentlichen Aufgabe und der Staatsaufgabe stehen hiernach nicht in einem Verhältnis der Exklusivität, sondern der Spezialität zueinander.7 Unterschiedliche Ansichten bestehen seit jeher zu der Frage, ab welchem Grad staatlichen Tätigwerdens eine öffentliche Aufgabe als Staatsaufgabe 4 H. Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: FS f. Hans Carl Nipperdey, 1965, S. 877 (878); J. Isensee, in: ders./P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. III, § 57 Rn. 136; G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 137; anders U. Di Fabio, JZ 1999, S. 585 (587 f.). 5 So die ganz h. M., vgl. nur BVerfGE 41, 205 (218); 53, 366 (401); F. Ossenbühl, VVDStRL 29 (1970), S. 137 (153); H. P. Bull, Staatsaufgaben, 2. Aufl., 1977, S. 48 ff., J. Isensee, in: ders./P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. III, § 57 Rn. 137; anders U. Di Fabio, JZ 1999, S. 585 (586 ff.), der die Begriffe der öffentlichen und staatlichen Aufgabe gleichsetzt, da eine Erstreckung des Begriffs der öffentlichen Aufgabe auf private Gemeinwohlförderung den Gegensatz von Staat und Gesellschaft nicht in der gebotenen Weise zum Ausdruck bringe. 6 Vgl. nur F. Ossenbühl, VVDStRL 29 (1970), S. 137 (153); J. Isensee, in: ders./ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. III, § 57 Rn. 137, der hierdurch die Aussage des BVerfG, eine öffentliche Aufgabe, derer sich der Staat „in irgendeiner Form“ annehme, werde hierdurch zur Staatsaufgabe (vgl. BVerfGE 12, 205 (243)), um das Erfordernis der verfassungsrechtlichen Legalität ergänzt. 7 H. Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: FS f. Hans Carl Nipperdey, 1965, S. 877 (879); F. Ossenbühl, VVDStRL 29 (1970), S. 137 (153); E. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2004, S. 154; M. Burgi, Funktionale Privatisierung, 1999, S. 42, der dieses Verständnis als „heute ganz herrschend“ beurteilt; so auch U. Di Fabio, JZ 1999, S. 585 (587), der allerdings den Begriff der öffentlichen Aufgabe abweichend definiert und ihn nur aufgrund dessen synonym mit demjenigen der Staatsaufgabe verwenden kann.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

zu bezeichnen ist. Noch während der sechziger Jahre drang die Auffassung vor, eine Staatsaufgabe setze voraus, daß der Staat sie durch eigene Behörden wahrnehme oder durch von ihm abhängige Rechtsträger wahrnehmen lasse.8 In neuerer Zeit wird der Begriff in einem weiteren Sinne verstanden und innerhalb des Kreises staatlicher Aufgabenerfüllung nach der Intensität hoheitlichen Engagements unterschieden. Am intensivsten beteiligt sich der Staat an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, wenn er diese durch eigene Verwaltungseinheiten wahrnehmen läßt; dagegen tritt die staatliche Mitwirkung zurück, wenn ein Hoheitsträger sich auf eine Aufgabenerfüllung in Kooperation mit freien Leistungsträgern beschränkt, wenn er lediglich private Gemeinwohlförderung durch Maßnahmen der Wirtschaftslenkung steuert oder wenn er es als ausreichend ansieht, privater Freiheitsausübung im öffentlichen Interesse eine rechtliche Rahmenordnung bereitzustellen.9 Die Grenzen des Begriffs der Staatsaufgabe zu bestimmen ist dann von entscheidender Bedeutung, wenn der Begriff zur Abgrenzung der Handlungssphären von Staat und Gesellschaft verwendet wird und an diese Unterscheidung die Rechtmäßigkeitsanforderungen geknüpft werden, denen das gemeinwohlfördernde Handeln des jeweiligen Akteurs unterliegt. Der Qualifikation eines Aufgabengebiets als Staatsaufgabe kommt dann die Funktion zu, den Handlungsbereich einzugrenzen, in dem gemeinwohldienliches Handeln den Rechtmäßigkeitsanforderungen des öffentlichen Rechts, insbesondere der Grundrechte und des Rechtsstaatsprinzips, unterworfen ist. Die Definition des Begriffs ist dann vor die Schwierigkeit gestellt, die vielfältigen und zunehmenden Zwischenformen einer kombiniert staatlich-privaten Aufgabenwahrnehmung zu erfassen und zu berücksichtigen. Für die Bestimmung der an fördernde Preisregelungen anzulegenden Verfassungsmaßstäbe besteht diese Notwendigkeit nicht. Aufgabenrechtliche Kategorien sind für diese Untersuchung nur insoweit relevant, als sie in der literarischen Diskussion bisweilen mit der Frage der Finanzierungsverantwortung in Verbindung gebracht werden. Hingegen bildet es keinen Gegenstand der Untersuchung, welchen Rechtmäßigkeitsanforderungen die Wahrnehmung einer gemeinwohldienlichen Sachaufgabe – etwa die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung durch den Betrieb entsprechender Erzeugungsanlagen – durch Private unterliegt. Die Sachaufgabe, für die sich – insbesondere im Falle einer staatlichen Aufgabenprivatisierung10 – die Frage der geltenden Rechtsbindungen stellen und für die daher eine Qualifikation als Staatsaufgabe notwendig werden kann, wird bei dem Einsatz abgabenähnlicher 8 So etwa H. Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: FS f. Hans Carl Nipperdey, 1965, S. 877 ff. 9 Zu den möglichen Abstufungen bei staatlicher Erfüllung öffentlicher Aufgaben J. Isensee, in: ders./P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. III, § 57 Rn. 139; G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 138.

§ 5 Staatsaufgabenlehre und private Finanzierungsverantwortung

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Preisregelungen durch die begünstigte Personengruppe wahrgenommen. Die Untersuchung richtet sich hingegen auf die Verfassungsmäßigkeit des Finanzierungsmechanismus und nimmt folglich vor allem die Auswirkungen fördernder Preisinterventionen auf die belastete Personengruppe in den Blick. Im Gegensatz zum Begriff der öffentlichen Aufgabe erlangt derjenige der Staatsaufgabe im weiteren Verlauf der Untersuchung keine tragende Bedeutung; eine Auseinandersetzung mit den genauen Grenzen dieses Begriffs ist daher verzichtbar.

B. Die Finanzierung öffentlicher Aufgaben durch die Referenzregelungen Die Referenzregelungen der Untersuchung sind Instrumente zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben, wenn der Gesetzgeber die „subventionierenden“ Finanztransfers, die sich aus den gesetzlichen Lohn- und Preisbestimmungen ergeben, nicht um der bloßen Begünstigung der jeweils geförderten Personengruppe, sondern in einem darüber hinausgehenden öffentlichen Interesse veranlaßt. Die Regelungen der §§ 4 ff. EEG richten sich unmittelbar darauf, den Einspeisern von Elektrizität aus Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern einen rentablen Betrieb dieser Anlagen sowie eine anreizvermittelnde Gewinnmarge zu ermöglichen.11 Diese Förderung der Einspeiser steht jedoch in einem instrumentellen Verhältnis zu den übergreifenden Zielsetzungen des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung. Bei diesen Zielen handelt es sich um Anliegen der Allgemeinheit, sie stehen also im öffentlichen Interesse. Ähnlich geht der Arzneimittelpreisabschlag zu Lasten der Hersteller gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V unmittelbar darauf aus, die Ausgaben der Krankenkassen für die an ihre Versicherten abgegebenen Fertigarzneimittel zu senken. Diese Ausgabenminderung verfolgt jedoch den gemeinwohldienlichen Zweck, die finanziellen Grundlagen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung im Ganzen zu stärken.12 Da zwar nicht die Bevölkerung insgesamt, jedoch rund 90 Prozent am System der gesetzlichen Krankenversicherung teilhaben,13 liegt die finanzielle Konsolidierung der GKV im Interesse der Allgemeinheit. Schließlich dient der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG dazu, die erwerbstätige Mutter während der Schutzfristen der 10 Zum Begriff der Aufgabenprivatisierung in Abgrenzung zu anderen Formen der Privatisierung U. Di Fabio, JZ 1999, S. 585 (588); M. Burgi, Funktionale Privatisierung, 1999, S. 10, 61 ff. 11 Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 24. 12 Begründung des Gesetzentwurfs der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BTDrs. 15/28, S. 11. 13 Angabe für Mai 2003, vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch 2005, S. 45 (Tab. 2.12).

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

§§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG finanziell abzusichern und ihr dadurch jeden Anreiz zu nehmen, ihre Erwerbstätigkeit während dieser Zeit unter Gefährdung ihrer Gesundheit und damit des Kindeswohls fortzusetzen.14 Die Regelung verfolgt insofern nicht das wirtschaftliche Individualinteresse der Arbeitnehmerin, sondern dient – neben der Vereinbarkeit von Beruf und Familie – der Gesundheit der Bevölkerung gleichsam „vom ersten Tage an“ und damit einem Belang des öffentlichen Interesses. Somit dienen sämtliche Referenzregelungen neben partikularen Gruppenanliegen auch öffentlichen Interessen. Die durch sie finanzierten Zwecke bilden öffentliche Aufgaben.

C. Aufgabenzuordnung und Finanzierungsverantwortung Auch über die Begriffe der öffentlichen und der staatlichen Aufgabe hinaus wird in der Diskussion um die Zulässigkeit gesetzlicher Zwangsvergütungen aufgabenrechtliches Vokabular verwandt, ohne daß dessen Bedeutungsgehalt stets hinreichend geklärt wird. Eine Begriffsklärung erscheint um so wichtiger, als im Schrifttum bisweilen der Versuch unternommen wird, aus aufgabenrechtlichen Qualifikationen Aussagen zu der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit privater Gruppen für öffentliche Aufgaben abzuleiten. I. Die Unterscheidung von allgemeinen und besonderen Staatsaufgaben In Stellungnahmen zur Verfassungsmäßigkeit finanzieller Sonderlasten, die der Finanzierung öffentlicher Aufgaben dienen, begegnet man häufig der Unterscheidung zwischen „allgemeinen“ und „besonderen“ Staatsaufgaben. Typischerweise wird argumentiert, die finanzielle Sonderbelastung einer Gruppe Privater für den jeweiligen Zweck sei mangels einer Finanzierungsverantwortung der belasteten Gruppe unzulässig, da es sich bei dem finanzierungsbedürftigen Anliegen um eine allgemeine Staatsaufgabe handele.15 In dieser Form kann die Argumentation den Eindruck erwecken, als finde der Sonderlasten zuweisende Gesetzgeber den Charakter einer Aufgabe als allgemeine oder besondere Staatsaufgabe vor und als sei die Qualifikation eines Handlungsbereichs als allgemeine oder besondere Staatsaufgabe der Frage nach der Finanzierungsverant14 Hierzu BVerfGE 70, 242 (243) – Arbeitgeberzuschuß II; 109, 64 (65 f.) – Arbeitgeberzuschuß III; P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 24. 15 Vgl. nur H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 (45); H.-J. Blanke/A. Peilert, RdE 1999, S. 96 (100); K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 (599); vgl. auch BVerfGE 55, 274 (298) (Das Grundgesetz versage es dem Gesetzgeber, Einnahmen aus finanziellen Sonderlasten zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu verwenden.).

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wortlichkeit vorgelagert. Insofern birgt die Argumentation die Gefahr von Mißverständnissen. Doch ist das Verhältnis von Finanzierungsverantwortung und der Unterscheidung von allgemeiner und besonderer Staatsaufgabe dem soeben angedeuteten gerade entgegengesetzt. Die Charakterisierung als allgemeine oder besondere Staatsaufgabe präjudiziert nicht die Bestimmung einer staatlichen oder privaten Finanzierungsverantwortung, sondern setzt diese voraus. Da die Finanzierungsverantwortlichkeit als Zulässigkeitsvoraussetzung einer finanziellen Sonderbelastung Privater für öffentliche Zwecke im Rahmen dieser Untersuchung als Frage der Lastengleichheit begriffen und im Zusammenhang mit dieser Verfassungsgewährleistung eingehend behandelt werden wird, genügt es einstweilen, auf eine mißverständliche Verwendung von Begriffen hinzuweisen. Indem das Grundgesetz unter allen Instrumenten staatlicher Aufgabenfinanzierung allein das Institut der Steuer umfassend regelt, vgl. Art. 105 ff. GG, gibt es zu erkennen, daß die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch den Staat im Grundsatz durch Steuern zu finanzieren ist. Der Staat des Grundgesetzes ist Steuerstaat.16 Die im Wege der Besteuerung erzielten Einnahmen werden in den Haushalt eingestellt, aus dem der Staat seinen aus der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben resultierenden Finanzbedarf deckt. Wie auch das BVerfG hervorgehoben hat, dürfen die Lasten aus der staatlichen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben grundsätzlich nur die Allgemeinheit treffen und sind deshalb nur mit den von der Allgemeinheit aufgebrachten Mitteln, „das heißt im wesentlichen mit Steuern“, zu finanzieren.17 Aus dem Prinzip des Steuerstaates und dem Gebot der Lastengleichheit folgt daher, daß finanzielle Sonderlasten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben der besonderen Rechtfertigung bedürfen; sie bilden gegenüber der Gemeinlast die legitimationsbedürftige Ausnahme. Vor diesem Hintergrund ist die Unterscheidung von allgemeinen und besonderen Staatsaufgaben zu sehen. Findet die Inanspruchnahme einer Gruppe Privater nicht ausnahmsweise ihre Rechtfertigung in deren besonderer Finanzierungsverantwortlichkeit für eine – dann „besondere“ – öffentliche Aufgabe, so bildet es die grundgesetzlich vorgesehene Regel, daß der Staat sie als „allgemeine“ Staatsaufgabe aus Haushaltsmitteln finanziert. Die Differenzierung nach allgemeinen und besonderen Staatsaufgaben verweist auf das Regel-AusnahmeVerhältnis von Steuerfinanzierung und finanzieller Sonderbelastung Privater für öffentliche Aufgaben. Da die Abweichung vom Prinzip der Steuerstaatlichkeit und dem durch sie wesentlich verwirklichten Gebot der Lastengleichheit der Rechtfertigung durch eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit bedarf, liegt die Verantwortlichkeitsfrage der Unterscheidung von allgemeinen und be16

Siehe hierzu eingehend unten § 8 B. BVerfGE 55, 274 (306) – Berufsausbildungsabgabe; ähnlich E 82, 159 (178) – Absatzfonds. 17

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

sonderen Aufgaben zugrunde und wird nicht durch diese determiniert. Die Kennzeichnung eines Handlungsbereichs als besondere Staatsaufgabe bringt den Befund einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit beschreibend zum Ausdruck – eine normative Aussage enthält sie nicht. II. Vorgaben für die Aufgabenfinanzierung aus einer materiellen Staatsaufgabenlehre Schließlich trifft man in Rechtsprechung und Literatur auf Ansätze, bestimmte Bereiche der Gemeinwohlförderung sachlich-gegenständlich abzugrenzen und als Staatsaufgabe oder „gesellschaftliche Aufgabe“ der Finanzierungsverantwortung des Staates oder aber einzelner gesellschaftlicher Gruppen zuzuweisen. So wird beispielsweise für die Stromeinspeisungsregelung vertreten,18 ungeachtet der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG, die den Staat auf Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verpflichtet, handele es sich bei der Aufgabe des Umwelt- und Klimaschutzes weniger um ein Staatsziel als vielmehr um ein „gesellschaftliches Ziel“. Zur Begründung wird darauf verwiesen, umweltschützende Maßnahmen kämen jedermann, auch den hierzu möglicherweise besonders in Anspruch genommenen Unternehmen zugute; überdies zeige das „Vollzugsdefizit“ im Umweltrecht, daß Maßnahmen des Umweltschutzes vielfach effektiver und nachhaltiger durch private Eigeninitiative als aufgrund hoheitlicher Veranlassung erfüllt werden könnten.19 Angesichts dessen würden Private durch neuartige Finanzierungsinstrumente des Umweltschutzes wie die SER nicht zur Finanzierung einer materiellen Staatsaufgabe herangezogen. Ein besonderer verfassungsrechtlicher Rechtfertigungsbedarf bestehe deshalb nicht. In eine ähnliche Richtung weist die Rechtsprechung des BVerfG zur Verteilung der finanziellen Lasten des Entgeltschutzes nach dem Mutterschutzgesetz. Zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses nach § 14 Abs. 1 MuSchG führt das Gericht aus, Art. 6 Abs. 4 GG verpflichte nicht allein den Staat, sondern die „Gemeinschaft“ auf Schutz und Fürsorge zugunsten der Mutter. Infolgedessen sei es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn die finanziellen Lasten des Mutterschutzes nicht vollständig von der öffentlichen Hand getragen, sondern zum Teil der Gruppe der Arbeitgeber zugewiesen werden.20 In beiden Fällen wird die Vorstellung einer „gesellschaftlichen Aufgabe“ 18 Zum folgenden insbesondere M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 116 ff., der die Idee der „gesellschaftlichen Aufgabe“ mit Auswirkungen für die zulässige Lastenverteilung wesentlich stärker zuspitzt als Hoffmann-Riem, auf den er sich für diesen Gedanken beruft; vgl. daher auch W. Hoffmann-Riem, Die Verwaltung 1995, S. 425 ff., ders., GewArch 1996, S. 1 ff. 19 W. Hoffmann-Riem, GewArch 1996, S. 1 (2 f.); M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 117. 20 BVerfGE 37, 121 (126 f.); 109, 64 (87).

§ 5 Staatsaufgabenlehre und private Finanzierungsverantwortung

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formuliert und werden hieraus Folgerungen für die verfassungsmäßige Verteilung der finanziellen Lasten gezogen. Bei näherem Zusehen zeigt sich jedoch, daß der Versuch, bestimmte sachlichgegenständlich abgegrenzte Aufgabenfelder eindeutig dem Staat oder der Gesellschaft zuzuordnen und aus dieser Zuordnung sodann auf die Finanzierungsverantwortung zu schließen, nicht gelingen kann. Dies liegt zunächst darin begründet, daß eine eindeutige Zuordnung bestimmter sachlich-gegenständlich abgegrenzter Handlungsbereiche zum Staat bzw. zur Gesellschaft nicht zu treffen ist. Eine über Jahrzehnte hinweg geführte Diskussion um das Bestehen einer „normativen Staatsaufgabenlehre“ und um die Kritik der herrschenden Aufgabenverteilung zwischen beiden Sphären ist der Einsicht gewichen, daß eine solche Staatsaufgabenlehre abstrakt nicht zu formulieren21 und insbesondere nicht im Grundgesetz als geschlossene Regelung angelegt ist.22 Das Grundgesetz bindet den Staat in der Wahl seiner Handlungsformen, kaum jedoch hinsichtlich der Aufgaben, derer er sich annimmt.23 Der Gesetzgeber ist befugt, grundsätzlich jede Aufgabe, an der er ein öffentliches Interesse erkennt, staatlichen Organen zur Erfüllung zu übertragen. Der Souveränität des modernen Verfassungsstaates entspricht seine prinzipielle Allzuständigkeit.24 Die Aufgabenfindungskompetenz des Gesetzgebers wird dabei insbesondere durch die Freiheitsrechte der Bürger und Institutsgarantien, nicht jedoch durch einen vermeintlich änderungsfesten Bestand gesellschaftlicher Aufgaben begrenzt. Auf der anderen Seite existieren kaum Handlungsbereiche, in denen der Staat sich nicht aus der Gemeinwohlförderung zurückziehen oder auf eine gewährleistende Rolle beschränken könnte. Als staatliche „Vorbehaltsaufgaben“, die einer Privatisierung nicht zugänglich sind, werden meist die Felder der Verteidigung, der Inneren Sicherheit, Justiz und Finanzverwaltung angeführt.25 Auch für diese Bereiche wird jedoch zutreffend darauf hingewiesen, daß das Grundgesetz nicht die Wahrnehmung bestimmter räumlich-gegenständlicher Aufgabenbereiche durch den Staat gebietet, sondern in funktioneller Hinsicht sicherstellen

21 R. Herzog, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 72 Rn. 1; D. Grimm, Staatsaufgaben – eine Bilanz, in: ders. (Hrsg.), Staatsaufgaben, 1994, S. 771 ff.; G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 136; E. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2004, S. 155. 22 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. III, § 59 Rn. 1, 17; H. P. Bull, Staatsaufgaben, 2. Aufl., 1977, S. 114; F. Ossenbühl, VVDStRL 29 (1970), S. 137 (153 f.); M. Burgi, Funktionale Privatisierung, 1999, S. 31. 23 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. III, § 59 Rn. 1. 24 Hierzu C. Seiler, Der souveräne Verfassungsstaat, 2005, S. 67 f.; J. Isensee, in: ders./P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. III, § 57 Rn. 156. 25 Vgl. nur H. P. Bull, Staatsaufgaben, 2. Aufl., 1977, S. 102; G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 138.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

will, daß Hoheitsbefugnisse, mit deren Ausübung notwendigerweise Grundrechtseinwirkungen verbunden sind, unter Beachtung rechtsstaatlicher Formenbindungen, also durch Hoheitsträger, ausgeübt werden.26 Eine nach Aufgabenfeldern differenzierende Staatsaufgabenlehre, die der Unterscheidung von staatlichen und gesellschaftlichen Aufgaben als Grundlage dienen könnte, besteht daher nicht.27 Schon von daher erscheint der Ansatz, einen Begriff der gesellschaftlichen Aufgabe zu formulieren und ihn der Staatsaufgabe als Gegenbegriff gegenüberzustellen, zweifelhaft. Doch selbst dann, wenn sich eine solche Unterscheidung treffen ließe, könnten aus ihr keine Folgerungen für die zulässige Verteilung der finanziellen Lasten gezogen werden. Denn Versuche, eine Staatsaufgabenlehre zu konstruieren, und die Bestimmung der Finanzierungsverantwortlichkeit für eine konkrete öffentliche Aufgabe liegen auf unterschiedlichen Ebenen. Dies wird schon daran sichtbar, daß der Qualifikation einer Gemeinwohlaufgabe als allgemein „gesellschaftlichem“ Ziel keine Aussagen dazu zu entnehmen sind, weshalb gerade einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe eine besondere Finanzierungslast auferlegt wird. Setzt der Gesetzgeber abgabenähnliche Vergütungsregelungen ein, so läßt er hierdurch in doppelter Hinsicht eine öffentliche Aufgabe durch Private wahrnehmen: Die Sachaufgabe, an der öffentliches Interesse besteht, wird durch die finanziell begünstigte Gruppe – etwa die Einspeiser von „Ökostrom“ oder die erwerbstätigen Mütter – erfüllt, die Finanzierungsaufgabe hingegen einer anderen, dadurch sonderbelasteten Gruppe übertragen. Vor diesem Hintergrund ließe sich aus der Qualifikation einer öffentlichen Aufgabe als „Gesellschaftsaufgabe“ allenfalls ableiten, daß es unter Effektivitätsgesichtspunkten sinnvoll sein kann, die Aufgabe durch Private anstatt durch Staatsorgane wahrnehmen zu lassen, wenn diese Privaten zur Aufgabenerfüllung besonders befähigt sind. Dieser Schluß betrifft allerdings das Verhältnis von Staat und begünstigter Gruppe. Aus der Qualifikation als gesellschaftliche Aufgabe sind hingegen keine Folgerungen dafür zu ziehen, weshalb eine weitere gesellschaftliche Gruppe, deren Beitrag zur Aufgabenwahrnehmung sich weitgehend in deren Finanzierung erschöpft, mit einer besonderen Finanzlast belegt werden kann. Von daher verquicken Versuche, eine Unterscheidung von Staats- und Gesellschaftsaufgabe für die Bestimmung der Finanzierungsverantwortung fruchtbar zu machen, Fragen unterschiedlicher Problemebenen und laufen deshalb Gefahr, die klare Fragestellung nach der Verantwortlichkeit einer bestimmten Gruppe Privater für die Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe zu verschleiern.

26 So insbesondere U. Di Fabio, JZ 1999, S. 585 (591); ähnlich bereits K. Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, 1959, S. 80 f. 27 So auch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. III, § 59 Rn. 17.

§ 6 Nicht-abgabenrechtliche Verfassungsmaßstäbe an Preisinterventionen

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D. Ergebnis Eine öffentliche Aufgabe ist eine solche, an deren Wahrnehmung die Allgemeinheit maßgeblich interessiert ist. Bei den Finanzierungszwecken, die der Gesetzgeber mit den Referenzregelungen dieser Untersuchung verfolgt, handelt es sich um öffentliche Aufgaben in diesem Sinne. Aus der Qualifikation einer öffentlichen Aufgabe als allgemeiner oder besonderer Staatsaufgabe lassen sich keine Folgerungen zum Bestehen einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit Privater ableiten. Ist die Inanspruchnahme einer gesellschaftlichen Gruppe durch deren besondere Finanzierungsverantwortlichkeit gerechtfertigt, so läßt sich von einer „besonderen“ Staatsaufgabe sprechen; die Verantwortlichkeitsfrage liegt folglich der Unterscheidung zwischen allgemeiner und besonderer Staatsaufgabe zugrunde, sie wird nicht durch diese präjudiziert. Daneben hat sich gezeigt, daß Ansätze zu einer materiellen Staatsaufgabenlehre keine Schlüsse auf eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit Privater in einem bestimmten Aufgabenfeld zulassen.

§ 6 Nicht-abgabenrechtliche Verfassungsmaßstäbe an abgabenäquivalente Preisinterventionen Da abgabenähnliche Vergütungsregelungen keine Finanzflüsse zugunsten juristischer Personen des öffentlichen Rechts bewirken, ihre Transfervolumina vielmehr entweder Privatpersonen zugute kommen oder sich Vermögensvorteile für die öffentliche Hand lediglich aus der Ersparnis von Mehrausgaben, nicht der positiven Zufuhr finanzieller Mittel ergeben, erfüllen Preisinterventionen das Zuflußkriterium des formellen Abgabenbegriffs28 nicht. Preis- oder Lohnregelungen bilden daher zwar hoheitlich auferlegte Lasten, nicht jedoch öffentliche Abgaben, so daß abgabenrechtliche Maßstäbe auf sie grundsätzlich nicht anwendbar sind. Auf der Grundlage einer rein formellen Betrachtung werden vergütungsgesteuerte Finanztransfers bisweilen als Preisregelungen oder als Indienstnahmen Privater für öffentliche Aufgaben qualifiziert und wird hieraus die ausschließliche Anwendbarkeit der für diese Handlungsformen geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen geschlossen. Es sind jedoch Zweifel daran angebracht, ob die Frage nach den an Zwangsvergütungen anzulegenden Verfassungsmaßstäben durch ein solches Vorgehen befriedigend beantwortet wird.

28

Zu diesem F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2001, Rn. 2.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

A. Verfassungsmaßstäbe an Preisregelungen I. Begriff und Erscheinungsformen von Preisregelungen Angesichts der Unanwendbarkeit abgabenrechtlicher Maßstäbe wird in der Literatur vertreten, Regelungen, durch die das Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung innerhalb einer privatrechtlichen Austauschbeziehung verändert werde, seien ausschließlich als Preisregelungen zu qualifizieren und folglich nur an den für solche Bestimmungen geltenden Verfassungsanforderungen zu messen.29 Entscheidend für die Auswahl der an „Quersubventionen“ anzulegenden Prüfungsmaßstäbe ist nach dieser Auffassung die Qualifikation als Preisregelung. Bei der Bezeichnung als Preisregelung handelt es sich um einen schillernden Begriff, unter den eine Vielfalt preisrechtlicher Gestaltungsformen gefaßt wird. Das Schrifttum ordnet dem Begriff alle Arten von Regelungen zu, durch die der Preis von Waren oder Dienstleistungen unter Verfolgung öffentlicher Interessen der alleinigen Gestaltungsmacht der beteiligten Privaten entzogen wird.30 Zutreffend wird festgestellt, das einzige gemeinsame Merkmal aller unter den Begriff der Preisregelung gefaßten hoheitlichen Maßnahmen bilde der Eingriff in die grundrechtlich geschützte Freiheit der betroffenen Privaten, den Preis des Güteraustauschs unbeeinflußt von staatlichen Vorgaben zu vereinbaren.31 Eine gewisse Orientierung bietet die in der Literatur getroffene Unterscheidung von allgemeinem und besonderem Preisrecht. Das allgemeine Preisrecht umfaßt alle Regelungen, die darauf zielen, das herrschende allgemeine Preisniveau im Interesse der Preisstabilität aufrechtzuerhalten.32 Hierzu zählen das Preisgesetz, das wiederholt Gegenstand verfassungsgerichtlicher Überprüfung gewesen ist,33 und die auf seiner Grundlage erlassenen Preisanordnungen, soweit diese noch in Kraft sind. Dem besonderen Preisrecht werden alle Regelungen zugeordnet, mit denen der Gesetzgeber nicht das allgemeine Preisniveau zu sichern sucht, sondern darauf ausgeht, durch Preisintervention in einzelnen Wirtschaftsbereichen Gemeinwohlziele zu verwirklichen.34 Im Vordergrund ste29 Vgl. für die SER: R. Scholz, ET 1995, S. 600 f.; S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1219); E. M. Hucko, RdE 1995, S. 141 f. – Ähnlich für den Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V U. Becker, NZS 2003, S. 561 (564 f.). 30 M. Bauer, Verwaltungsrechtliche Probleme staatlicher Preisadministration, 1985, S. 6 f.; H. Knöchel, Die Preisaufsicht nach dem Energiewirtschaftsgesetz, 1989, S. 31 f. 31 M. Bauer, Verwaltungsrechtliche Probleme staatlicher Preisadministration, 1985, S. 13. 32 H. Knöchel, Die Preisaufsicht nach dem Energiewirtschaftsgesetz, 1989, S. 27, 30 f.; G. Rinck/E. Schwark, Wirtschaftsrecht, 6. Aufl., 1986, S. 286; F. Rittner, Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., 1987, S. 490 ff. 33 Vgl. BVerfGE 8, 274 (309 ff.); 53, 1 (16 f.).

§ 6 Nicht-abgabenrechtliche Verfassungsmaßstäbe an Preisinterventionen

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hen hier Bestrebungen des Gesetzgebers, die Marktverhältnisse solcher Wirtschaftsbereiche zu korrigieren, in denen nicht gewährleistet erscheint, daß bestimmte Gemeinwohlziele allein durch das freie Spiel von Angebot und Nachfrage erreicht werden. Eine häufige Ursache für ein solches „Marktversagen“ bilden monopolistische Strukturen.35 Im sog. besonderen Preisrecht wird die Vielfalt der Erscheinungsformen von Preisregelungen augenfällig: Sie reichen von der energiewirtschaftsrechtlichen Strompreisaufsicht aufgrund der Bundestarifordnung Elektrizität, die insbesondere der sicheren und preisgünstigen Versorgung mit Strom dient, über die Festlegung von Fest- und Höchstzuschlägen für Arzneimittel durch die Arzneimittelpreisverordnung, die Genehmigungspflicht für Tarife der Personenbeförderung im Nahverkehr gem. § 39 Personenbeförderungsgesetz bis hin zu den sog. Gebührenordnungen der freien Berufe wie Rechtsanwälten, Notaren und Ärzten. Neben der gegenstandsbezogenen Differenzierung nach allgemeinem und besonderem Preisrecht wird mit Blick auf die Wirkungsweise zwischen Preisregelungen, die sich auf die Überwachung privaten Preisbildungsverhaltens richten und solchen, welche auf die Preisbildung selbst Einfluß nehmen, unterschieden.36 Vorgaben für die Preisbildung können durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Verwaltungsakt angeordnet werden. Dabei können die Vorgaben einseitig durch den Hoheitsträger festgesetzt werden oder der Gesetzgeber beschränkt sich auf die Regelung eines Genehmigungsvorbehalts;37 im letzteren Fall enthält die Preisregelung Aussagen zu einzelnen Preisbestandteilen oder der Berechnung des Endpreises. Je nach Wahl der Regelungstechnik können Preisvorgaben in Form von Festpreisen, von Höchst- oder Mindestpreisen, eines Preisrahmens oder gar durch Verhängung eines Preisstopps angeordnet werden.38 Hiernach lassen sich die Referenzvorschriften der Untersuchung als gesetzliche Preisregelungen qualifizieren. Durch §§ 5 ff. EEG bestimmt der Gesetzgeber die Mindesthöhe der Vergütungen, die ein stromaufnehmender Netzbetreiber an den Erzeuger von Strom aus regenerativer Erzeugung zu leisten hat. Er regelt damit die Preisbildung zwischen den Parteien, indem er Mindestpreise anordnet. Die Abschlagsregelungen gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V stellen innerhalb der Zeiträume, in denen sie – wie derzeit durch § 130a Abs. 3a SGB V – 34 H. Knöchel, Die Preisaufsicht nach dem Energiewirtschaftsgesetz, 1989, S. 31 f.; F. Rittner, Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., 1987, S. 492 f.; W. Fikentscher, Wirtschaftsrecht, Bd. II, 1983, S. 446 f. 35 M. Bauer, Verwaltungsrechtliche Probleme staatlicher Preisadministration, 1985, S. 62 f. 36 Vgl. W. Fikentscher, Wirtschaftsrecht, Bd. II, 1983, S. 445; H. Knöchel, Die Preisaufsicht nach dem Energiewirtschaftsgesetz, 1989, S. 27. 37 G. Rinck/E. Schwark, Wirtschaftsrecht, 6. Aufl., 1986, S. 285 f.; M. Bauer, Verwaltungsrechtliche Probleme staatlicher Preisadministration, 1985, S. 21 ff. 38 W. Fikentscher, Wirtschaftsrecht, Bd. II, 1983, S. 446; G. Rinck/E. Schwark, Wirtschaftsrecht, 6. Aufl., 1986, S. 285 f.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

durch ein Preismoratorium flankiert werden, höchstbegrenzende Preisstoppregelungen dar. In Phasen, in denen der Gesetzgeber auf die Verhängung eines Preismoratoriums verzichtet, beruht dies auf der – häufig gerechtfertigten – Erwartung, die Arzneimittelhersteller würden von sich aus von Erhöhungen der Herstellerabgabepreise betroffener Arzneimittel absehen. Daher wirken auch „unflankierte“ Abschlagsregelungen faktisch als Festsetzung eines Höchstpreises für das jeweilige Arzneimittel. Beide Referenzregelungen erweisen sich damit als gesetzliche Preisregelungen. Bemerkenswert ist es, daß beide Regelungen sich von den zuvor genannten Beispielen darin unterscheiden, daß der bei wirtschaftlicher Betrachtung aus ihnen resultierende Finanztransfer nicht einen Personenkreis begünstigt, der in der Allgemeinheit aufgeht. Als abgabenähnliche Preisinterventionen begünstigen sie einen von der Allgemeinheit abgrenzbaren Personenkreis. Lohnfortzahlungspflichten wie die Zuschußpflicht der Arbeitgeber zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG werden im Schrifttum üblicherweise nicht den gesetzlichen Preisregelungen zugeordnet. Da sie an den wechselseitigen Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis ansetzen, werden insoweit die Verfassungsmaßstäbe an die Ausgestaltung des Individualarbeitsrechts als vorrangig erachtet. Begrifflich steht jedoch, wie bereits dargestellt,39 nichts entgegen, auch die gesetzgeberische Einflußnahme auf das Äquivalenzverhältnis von Arbeitsleistung und Arbeitslohn als Preisregelung einzuordnen. II. Zulässigkeitsanforderungen der Verfassung an Preisregelungen Zu sehen bleibt, welche verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstäbe sich aus der Qualifikation einer Maßnahme als Preisregelung ergeben. Vergegenwärtigt man sich, daß Preisregelungen von dem Mechanismus der freien Preisbildung als einem, wenn nicht dem zentralen Steuerungs- und Koordinationsprinzip der Marktwirtschaft abweichen,40 so ist denkbar, daß diese Maßnahmen nur unter qualifizierten Voraussetzungen mit der Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes zu vereinbaren sind. Dies läge um so näher, wenn dem Grundgesetz die Entscheidung des Verfassunggebers für eine bestimmte Wirtschaftsordnung, also eine „Systemgarantie“41 zu entnehmen wäre. In diese Richtung weisen die Ausführungen des Gesetzgebers in der Begründung zur Ursprungsfassung der Stromeinspeisungsregelung nach dem StrEG 1991, wonach die „Einführung ei39

Siehe oben § 1 D II. Hierzu auch M. Schmidt-Preuß, Verfassungsrechtliche Zentralfragen staatlicher Lohn- und Preisdirigismen, 1977, S. 79; M. Bauer, Verwaltungsrechtliche Probleme staatlicher Preisadministration, 1985, S. 3. 41 Zur Vorstellung einer verfassungsrechtlichen Systemgarantie R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allg. Teil, 1990, S. 78; M. Schmidt-Preuß, Verfassungsrechtliche Zentralfragen, 1977, S. 100 f. 40

§ 6 Nicht-abgabenrechtliche Verfassungsmaßstäbe an Preisinterventionen

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ner gesetzlichen Mindestvergütung für Strom bedeutet, daß von dem Grundsatz der freien Preisbildung mit kartellrechtlicher Mißbrauchsaufsicht und dem Prinzip der vermiedenen Kosten abgewichen wird. Eine solche Maßnahme muß in einer marktwirtschaftlichen Ordnung die absolute Ausnahme bleiben.“42 Der Gesetzgeber selbst scheint die Abweichung vom Prinzip freier Preisbildung als Krisensymptom zu begreifen, das besonderer Rechtfertigung bedarf und nur unter strengen Voraussetzungen zulässig ist. Diese Haltung des Gesetzgebers läßt erwarten, daß sich aus der „Wirtschaftsverfassung“ des Grundgesetzes hohe Anforderungen an die Zulässigkeit von Preisregelungen ergeben, hinsichtlich derer sich dieses Instrument von anderen Formen grundrechtsbelastenden Staatshandelns unterscheidet. Wendet man sich jedoch der Rechtsprechung des BVerfG zu, der sich die Literatur anschließt,43 so zeigt sich, daß diese Erwartung verfehlt ist. Spezifische Maßstäbe der „Wirtschaftsverfassung“, die über die Vorgaben der Kompetenzordnung und die Gewährleistungen der einzelnen Grundrechte hinausgehen, enthält das Grundgesetz nicht. Insbesondere ergeben sich aus der oft beschworenen „wirtschaftspolitischen Neutralität“ des Grundgesetzes keine gesteigerten Anforderungen an wirtschaftslenkende Maßnahmen, zu denen auch Preisregelungen zählen. In seinem Urteil zum Investitionshilfegesetz 195244 erklärt der Erste Senat, die „wirtschaftspolitische Neutralität“ des Grundgesetzes bestehe „lediglich darin, daß sich der Verfassungsgeber nicht ausdrücklich für ein bestimmtes Wirtschaftssystem entschieden hat.“ Dies ermögliche es dem Gesetzgeber, die ihm jeweils sachgemäß erscheinende Wirtschaftspolitik zu verfolgen, „sofern er dabei das Grundgesetz beachtet.“ Die jeweils errichtete Wirtschaftsund Sozialordnung sei zwar „eine nach dem Grundgesetz mögliche Ordnung, keineswegs aber die allein mögliche.“ Sie beruhe auf einer vom Willen des Gesetzgebers getragenen wirtschafts- und sozialpolitischen Entscheidung, die durch eine andere Entscheidung ersetzt oder durchbrochen werden könne; daher sei es verfassungsrechtlich ohne Bedeutung, ob eine wirtschaftsordnende Regelung im Einklang mit der bisherigen Wirtschafts- und Sozialordnung steht und ob das zur Wirtschaftslenkung verwandte Mittel „marktkonform“ ist. Im Urteil zum Mitbestimmungsgesetz hat der Erste Senat seine Auffassung zu den Verfassungsmaßstäben an wirtschaftslenkende Regelungen wie Preisbestimmungen noch präzisiert. Er führt aus, Maßstäbe der verfassungsrechtlichen 42 So der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen, vgl. BT-Drs. 11/7816, S. 3 (Hervorhebung nicht im Original). 43 Vgl. R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allg. Teil, 1990, S. 74 ff.; H. Knöchel, Die Preisaufsicht nach dem Energiewirtschaftsgesetz, 1989, S. 78 f.; M. Schmidt-Preuß, Verfassungsrechtliche Zentralfragen, 1977, S. 81 ff., 102 f.; F. Rittner, Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., 1987, S. 30 ff. (mit Nachweisen zu früher vertretenen Gegenauffassungen). 44 Zum folgenden BVerfGE 4, 7 (17 f.) – Investitionshilfe.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Prüfung seien diejenigen Einzelgrundrechte, welche die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen und Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Einführung wirtschaftsordnender Regelungen markieren. Zwar ließen sich diese „nicht ohne Berücksichtigung der Überschneidungen, Ergänzungen und Zusammenhänge zwischen ihrem Schutzbereich und dem anderer Grundrechte und nicht ohne Rücksicht auf die das Grundgesetz tragenden Prinzipien auslegen.“ Wenn aber die Beschwerdeführer in Übereinstimmung mit Ansichten in der Literatur darüber hinausgehende Prüfungsmaßstäbe eines „institutionellen Zusammenhangs der Wirtschaftsverfassung“ und eines „Schutzzusammenhangs und Ordnungszusammenhangs der Grundrechte“ zugrunde legten, so finde dies im Grundgesetz keine Stütze.45 Die Verfassungsmäßigkeit wirtschaftsordnender Gesetze richte sich primär danach, ob die grundrechtlichen Freiheiten des einzelnen Bürgers, die der Gesetzgeber auch bei der Ordnung der Wirtschaft zu respektieren habe, gewahrt werden. Sie sei hingegen keine Frage eines „institutionellen Zusammenhangs der Wirtschaftsverfassung“, der „durch verselbständigte, den individualrechtlichen Gehalt der Grundrechte überhöhende Objektivierungen begründet wird, oder eines mehr als seine grundgesetzlichen Elemente gewährleistenden ,Ordnungszusammenhangs und Schutzzusammenhangs der Grundrechte‘.“ Dem entspreche es, wenn das Gericht in der Entscheidung zur Investitionshilfe ausgesprochen habe, das Grundgesetz sei wirtschaftspolitisch neutral; der Gesetzgeber dürfe jede ihm sachgemäß erscheinende Wirtschaftspolitik verfolgen, sofern er dabei das Grundgesetz, insbesondere die Grundrechte beachtet.46 Spätestens durch seine Ausführungen im Urteil zum Mitbestimmungsgesetz macht das BVerfG unmißverständlich klar, daß eine Verfassungskontrolle wirtschaftsordnender Regelungen „sub specie ,Wirtschaftsverfassung‘“,47 die weitergehende Anforderungen erhebt als diejenigen, die sich einer Zusammenschau der Wirtschaftsgrundrechte entnehmen lassen, im Grundgesetz keine Stütze findet. Für die Bestimmung der an finanzielle Förderpflichten zwischen Privaten anzulegenden Verfassungsmaßstäbe folgt hieraus, daß sich an die Qualifikation einer gesetzgeberischen Maßnahme als „Preisregelung“ nicht die Anwendbarkeit spezifisch wirtschaftsverfassungsrechtlicher Zulässigkeitsvoraussetzungen knüpft, deren Anwendung ohne eine solche Qualifikation nicht in Betracht käme. Die Gestaltungsbefugnis, die der Gesetzgeber bei der Einführung wirtschaftspolitisch motivierter Regelungen besitzt, findet ihre Grenzen in den allgemeinen Verfassungsmaßstäben der Kompetenzordnung, der Staatsstrukturbestimmungen wie insbesondere dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten. 45

BVerfGE 50, 290 (336) – Mitbestimmung. BVerfG, a. a. O., S. 337 f., unter Verweis auf E 4, 7 (17 f.) (Hervorhebung nicht im Original). 47 M. Schmidt-Preuß, Verfassungsrechtliche Zentralfragen staatlicher Lohn- und Preisdirigismen, 1977, S. 81. 46

§ 6 Nicht-abgabenrechtliche Verfassungsmaßstäbe an Preisinterventionen

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Die Gewährleistungen der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG und der Eigentumsgarantie gem. Art. 14 Abs. 1 GG, häufig auch als „Wirtschaftsfreiheiten“ bezeichnet, stehen bei der Kontrolle wirtschaftslenkender Regelungen zwar in der Regel mehr im Vordergrund als in anderen Bereichen grundrechtsrelevanten Staatshandelns; die Zuordnung der jeweiligen Maßnahme zu einem bestimmten Instrument der Wirtschaftslenkung, etwa der „Preisregelung“, ist für ihre Anwendung jedoch keine Voraussetzung. Die formelle Qualifikation abgabenähnlicher Zwangsvergütungen als Preisregelungen stellt daher für die Bestimmung der an sie anzulegenden Verfassungsmaßstäbe keine Weichen.

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben an Indienstnahmen Privater zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben Bisweilen werden abgabenäquivalente Vergütungspflichten in Rechtsprechung und Literatur auch als „Indienstnahmen Privater zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben“ qualifiziert und den für diese Art staatlicher Maßnahmen geltenden Verfassungsmäßigkeitsanforderungen unterworfen.48 Das Instrument der „Indienstnahme Privater“ zur Erfüllung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung findet bereits seit den frühen fünfziger Jahren die Aufmerksamkeit der Literatur49 und bildete nach mehreren vielbeachteten Entscheidungen, in denen das BVerfG50 sich mit der Verfassungsmäßigkeit solcher Regelungen auseinandersetzte, einen Beratungsgegenstand der Jahrestagung der Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer 1970.51 Anders als die häufige und selbstverständliche Verwendung des Begriffs in der Literatur nahelegt, handelt es sich bei der Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben nicht um einen Rechtsbegriff, der als Tatbestandsmerkmal von Rechtsnormen Einsatz findet und an dessen Einschlägigkeit sich bestimmte Rechtsfolgen knüpfen. Der Begriff beschreibt vielmehr ein Handeln des Gesetzgebers, bei dem dieser eine bestimmte Gruppe Privater zur Wahrnehmung einer 48 Für die SER BGHZ 134, 1 (21); M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 231 ff.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 195 f. 49 Vgl. H. P. Ipsen, Gesetzliche Indienstnahme Privater für Verwaltungsaufgaben, in: FG f. Erich Kaufmann, 1950, S. 141 ff.; K. Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, 1959, S. 21 ff.; W. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 202 ff. – Aus der neueren Lit. vgl. etwa K. Ritgen, Indienstnahme Privater, in: J. Menzel (Hrsg.), Verfassungsrechtsprechung, 2000, S. 175 ff.; R. Breuer, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 148 Rn. 28. 50 Vgl. BVerfGE 22, 380 – Kuponsteuer; 30, 292 – Erdölbevorratung. 51 Vgl. den zweiten Beratungsgegenstand „Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private“, in: VVDStRL 29 (1971), S. 137 ff., insbesondere die Referate von F. Ossenbühl, (S. 137 ff.) und H.-U. Gallwas (S. 211 ff.); dazu auch R. Dreier, JZ 1971, S. 106 ff.; H. Scholler, AöR 96 (1971), S. 85 ff.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Aufgabe im allgemeinen Interesse heranzieht, indem er ihren Mitgliedern Handlungspflichten auferlegt und sie hierdurch in der Regel in ihrer Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG, bisweilen auch in ihrer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten freien Eigentumsnutzung entschädigungslos beeinträchtigt. Über den Inhalt der auferlegten Last trifft der Begriff keine Aussage, ebensowenig darüber, ob diese den Kreis der in Anspruch genommenen Privaten zu Geld- oder Naturalleistungen verpflichtet. So weit der Begriff der Indienstnahme Privater gefaßt ist, so vielfältig sind die Regelungen, die das BVerfG diesem Typus zuordnet.52 Im Jahr 1967 entschied das Gericht über die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 45 Abs. 3 EStG in der Fassung des sog. Kuponsteuergesetzes 1965, durch die Kreditinstituten die Pflicht auferlegt wurde, anläßlich der Auszahlung oder Gutschrift von Kapitalerträgen die anfallende Kapitalertragsteuer einzubehalten und die finanziellen Lasten des hiermit verbundenen Arbeitsaufwandes zu tragen.53 Wenig später hatte das BVerfG darüber zu entscheiden, ob eine gesetzliche Verpflichtung der Mineralölerzeugnisse einführenden Unternehmen, unentgeltlich bestimmte Mindestvorräte an Mineralöl zu halten, um auf diese Weise die Sicherheit der Versorgung in der Bundesrepublik zu gewährleisten, mit dem Grundgesetz vereinbar war.54 Ebenfalls nach den Grundsätzen der Indienstnahme Privater beurteilte das Gericht die Verpflichtung privater Nahverkehrsunternehmen, Schwerbehinderte unentgeltlich zu befördern und die hieraus entstehenden Fahrgeldausfälle entschädigungslos hinzunehmen.55 Auch die Verpflichtung der Hersteller von Tabakerzeugnissen, auf die Verpackungen ihrer Produkte Warnhinweise vor den Gesundheitsgefahren des Rauchens aufzudrucken, hat das Gericht als „Indienstnahme privater Organisations- und Finanzkraft für die staatliche Aufgabe der Gesundheitspolitik“56 angesehen und nach den Maßstäben seiner Indienstnahme-Rechtsprechung beurteilt. Auch die Referenzregelungen dieser Untersuchung lassen sich unter den Begriff der Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben fassen. Durch die Stromeinspeisungsregelung in der Fassung der §§ 4 ff. EEG werden die Betreiber von Netzen der Elektrizitätsversorgung dazu verpflichtet, Anlagen zur Stromerzeugung aus regenerativen Energieträgern an ihr Netz anzuschließen, 52 Das BVerfG spricht nur vereinzelt ausdrücklich von „Indienstnahmen Privater für öffentliche Aufgaben“, etwa BVerfGE 30, 292 (311); 68, 155 (170). Gleichwohl gibt das Gericht durch die Kontinuität der Ausbildung verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe sowie durch seine Bezugnahmen auf frühere Entscheidungen zu erkennen, wenn es eine Regelung dieser Handlungsform zuordnet und sie dementsprechend an den für diese geltenden Verfassungsanforderungen mißt; vgl. dazu auch die im folgenden genannten Entscheidungen. 53 BVerfGE 22, 380 – Kuponsteuer. 54 BVerfGE 30, 292 – Erdölbevorratung. 55 BVerfGE 68, 155 – Unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter. 56 BVerfGE 95, 173 (187) – Warnhinweise für Tabakerzeugnisse.

§ 6 Nicht-abgabenrechtliche Verfassungsmaßstäbe an Preisinterventionen

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den erzeugten Strom abzunehmen und diesen zu gesetzlich festgelegten Preisen, welche die vermiedenen Kosten übersteigen, zu vergüten. Im Rahmen des bundesweiten Belastungsausgleichs gem. § 14 EEG wird sowohl die physikalische als auch die finanzielle Belastung über die vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber an die letztversorgenden EVU weitergereicht, denen sie verbleibt. Die Inanspruchnahme der verschiedenen Gruppen privater Unternehmen dient der Gemeinwohlaufgabe, zu Umwelt- und Klimaschutzzwecken den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung zu steigern. Mit § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V werden die Hersteller von Fertigarzneimitteln, die zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen abgegeben werden, zur Erstattung der Umsatzeinbuße in Anspruch genommen, die der abgebenden Apotheke infolge der Preisabschläge gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V entsteht. Die Pharmaunternehmen werden mit einer Geldleistungspflicht belegt, die mittelbar zu Minderausgaben der jeweiligen Krankenkasse führt und dadurch zur finanziellen Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung beiträgt. Die Zuschußpflicht nach § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG schließlich stellt der Verpflichtung der Arbeitgeber, schwangere Arbeitnehmerinnen während der Mutterschutzfristen von ihrer Pflicht zur Arbeitsleistung freizustellen, eine Lohnfortzahlungspflicht zur Seite. Auf diese Weise werden die Arbeitgeber zur überwiegenden Finanzierung der Lasten des Entgeltschutzes herangezogen, durch den der Gesetzgeber die Gesundheit und das Wohl von Mutter und Kind gegen wirtschaftliche Zwänge zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit absichert. Lassen sich Preisinterventionen wie die Referenzregelungen mühelos unter den Begriff der Indienstnahme Privater fassen, so ist dies für den Gegenstand der Untersuchung doch nur dann von Interesse, wenn sich aus einer solchen Einordnung Konsequenzen für die Bestimmung der an sie anzulegenden Verfassungsmaßstäbe ergeben. Von besonderer Bedeutung wäre es, wenn sich an die Zuordnung zum Instrument der Indienstnahme Privater die Anwendbarkeit verfassungsrechtlicher Maßstäbe knüpfte, die formenspezifisch gelten, also nicht an jeden Akt belastenden Staatshandelns gegenüber Freiheitsberechtigten anzulegen sind. Wären hingegen auch bei einer Qualifikation als Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben nur die allgemeinen Anforderungen der Kompetenzordnung und der Grundrechte in ihrer Geltung angesprochen, so bliebe diese Qualifikation – ähnlich wie schon für die Zuordnung zum Begriff der Preisregelung gesehen – für die Bestimmung der für Zwangsvergütungen geltenden Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen ohne weitergehende Bedeutung. Zu klären ist daher, welche Zulässigkeitsanforderungen sich aus dem Befund einer Indienstnahme Privater ableiten. Wie die angeführten Beispiele aus der Verfassungsrechtsprechung veranschaulichen, zieht der Gesetzgeber in der Regel Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweiges zur – unentgeltlichen und entschädigungslosen – Wahrneh-

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

mung einer öffentlichen Aufgabe heran. Dementsprechend mißt das BVerfG, dessen Rechtsprechung repräsentativ für die allgemeine Meinung steht, Indienstnahmen in erster Linie am Grundrecht der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG. Bereits in seinem Beschluß zum Kuponsteuergesetz 1965 hatte das Gericht entschieden, Erscheinungsformen der Indienstnahme bildeten keine Dienstpflicht im Sinne des Art. 12 Abs. 2 S. 1 GG und seien daher nicht den Anforderungen dieser Bestimmung unterworfen. Aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte werde erkennbar, daß dieses Grundrecht einen engen Schutzbereich aufweise, der vornehmlich auf den Ausschluß jeglicher Form von Zwangsarbeit gerichtet sei.57 Seither hat das Gericht stets die Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG als zentralen Maßstab für die Verfassungsmäßigkeit von Indienstnahmen herangezogen.58 Es hat die zu beurteilenden Regelungen als Berufsausübungsregelungen qualifiziert und im Rahmen der Verhältnismäßigkeitskontrolle die Grundsätze angewandt, die es seit dem Apotheken-Urteil für diese Form der Beeinträchtigung der Berufsfreiheit entwickelt hat.59 Ob neben der Berufsfreiheit auch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG als Maßstab an Indienstnahmen anzulegen ist, bildet nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung eine Frage der Abgrenzung der Gewährleistungsgehalte beider Grundrechte. Die „klassische“ Abgrenzung des BVerfG, Art. 14 Abs. 1 GG schütze das Erworbene, das Ergebnis der Betätigung, Art. 12 Abs. 1 GG dagegen den Erwerb, die Betätigung selbst, führt dieses in der Entscheidung zur Erdölbevorratung ein,60 die zugleich als Leitentscheidung zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Indienstnahmen Privater gelten kann. Ob Art. 14 Abs. 1 GG den Eigentümer jedenfalls dann vor Indienstnahmen für öffentliche Aufgaben schützt, wenn die hierbei auferlegten Handlungspflichten so weit gehen, daß sie sich im wirtschaftlichen Ergebnis als Eingriff in die Substanz des Gewerbebetriebes darstellen, hat das BVerfG offengelassen.61 Wird der Pflichtige nicht zu Naturalleistungen, sondern zu Geldleistungen herangezogen, so sehen auch neuere Entscheidungen die Eigentumsgarantie nur dann angesprochen, wenn diese nichtsteuerlichen Geldleistungspflichten den Vermö57 BVerfGE 22, 380 (383); vgl. zur ähnlich gelagerten Fragestellung der Verfassungsmäßigkeit arbeitgeberischer Erfüllungspflichten im Lohnsteuerverfahren – unter besonderer Berücksichtigung der Berufsfreiheit – G. Kirchhof, Erfüllungspflichten des Arbeitgebers, 2005, S. 135 ff. 58 Vgl. nur BVerfGE 22, 380 (382 ff.); 30, 292 (312 ff.); 68, 155 (170 ff.); 77, 308 (332 ff.); 95, 173 (183 ff.). – Hierzu aus der Lit. G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/ F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 200; R. Breuer, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 148 Rn. 28. 59 Vgl. BVerfGE 7, 377 (397 ff.); zur weiteren Entwicklung der Rspr. J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 107 ff. 60 BVerfGE 30, 292 (334 f.) im Anschluß an P. Wittig, BVerfG und Grundrechtssystematik, in: FS f. Gebhard Müller, 1970, S. 575 (590). 61 BVerfGE 30, 292 (335).

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gensinhaber übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen.62 Schließlich hat das BVerfG auch den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG als grundrechtlichen Maßstab zur Kontrolle von Indienstnahmen hinzugezogen. Lange Zeit hat es dabei lediglich Ungleichheiten innerhalb der besonders in Anspruch genommenen Gruppe auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG überprüft. So hat es etwa in dem Beschluß zur Erdölbevorratung erklärt, Berufsausübungsregelungen könnten nicht nur dann verfassungswidrig sein, wenn sie „in ihrer generellen Wirkung auf die betroffene Berufsgruppe den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzen“, sondern müßten auch die Ungleichheiten berücksichtigen, die typischerweise innerhalb des Berufes bestehen, dessen Ausübung geregelt wird. Belaste der Gesetzgeber innerhalb der betroffenen Berufsgruppe nicht nur einzelne Sonderfälle ohne zureichende sachliche Gründe wesentlich stärker, so könne „Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sein.“63 Erst in jüngerer Zeit befragt das Gericht Indienstnahmen auch insoweit auf ihre gleichheitsrechtliche Rechtfertigung, als die Verpflichtung Privater zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe den Kreis der Pflichtigen gegenüber der Allgemeinheit ungleich belastet, die Inanspruchnahme also auch der Rechtfertigung vor dem Prinzip der Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher Lasten bedarf.64 Die Zuweisung nicht-abgabenrechtlicher Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben erachtet das Gericht nur dann für verfassungsmäßig, wenn die Gruppe der Pflichtigen in einer „besonderen Verantwortungsbeziehung“ zu der finanzierungsbedürftigen Aufgabe steht.65 Zwar untersucht es dieses Erfordernis im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG; in der Sache kontrolliert das Gericht hierdurch jedoch die Rechtfertigung der finanziellen Sonderlast vor dem Gebot der Lastengleichheit.66 Einen besonderen Rechtfertigungsbedarf von Indienstnahmen Privater für öffentliche Aufgaben gegenüber den Schutzgütern und Prinzipien der Finanzverfassung erkennt das BVerfG nicht. Als allgemeine Frage nach der Anwendbarkeit finanzverfassungsrechtlicher Maßstäbe auf Indienstnahme-Konstellationen thematisiert die Verfassungsrechtsprechung einen möglichen Rechtfertigungsbe62

Vgl. nur BVerfGE 77, 308 (339 f.); 85, 226 (237). BVerfGE 30, 292 (327) unter Berufung auf E 25, 236 (251). 64 Hierzu auch W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 89; C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 83. – Zur Vernachlässigung dieses Maßstabes in der frühen Rspr. zu Indienstnahmen vgl. K. Ritgen, Indienstnahme Privater, in: J. Menzel (Hrsg.), Verfassungsrechtsprechung, 2000, S. 175 (176 f.). 65 BVerfGE 77, 308 (337 ff.); 81, 156 (197 f.); 85, 226 (236). 66 Ausdrücklich so auch BGHZ 134, 1 (21) – Stromeinspeisungsregelung II. 63

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

darf gegenüber den Art. 104a ff. GG an keiner Stelle. Allerdings hatte das Gericht mehrfach im Verfahren der Verfassungsbeschwerde über die Zulässigkeit von Regelungen zu entscheiden, die nach Auffassung der Beschwerdeführer Sonderabgaben darstellten oder sich zumindest in einer Sonderabgaben äquivalenten Weise auswirkten.67 Zu diesen Regelungen zählen die arbeitsrechtlichen Bestimmungen nach Landesrecht, durch die dem Arbeitgeber die Pflicht zur Lohnfortzahlung an den Arbeitnehmer während eines Sonderurlaubs für Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung oder des ehrenamtlichen Engagements in der Jugendarbeit auferlegt wurde. Für diese Bestimmungen wurde bereits eingangs festgestellt,68 daß sie als „fördernde“ Lohnfortzahlungsregelungen alle begrifflichen Merkmale abgabenähnlicher Zwangsvergütungen erfüllen und insbesondere mit der Regelung des Arbeitgeberzuschusses gem. § 14 Abs. 1 MuSchG Gemeinsamkeiten aufweisen. Den Sonderabgabencharakter dieser Geldleistungspflichten lehnte das BVerfG ab, wobei es die formelle Sichtweise einnahm, es würden keine Zahlungspflichten gegenüber dem Staat begründet, ein zweckgebundenes Sondervermögen werde nicht gebildet, insgesamt gehe es nicht darum, Einnahmen für öffentliche Haushalte zu erzielen.69 Eine materielle Betrachtung, die darauf sieht, ob angesichts der Auswirkungen nicht-abgabenrechtlicher Geldleistungspflichten auf die Grundrechte des Belasteten sowie die Schutzgüter und Prinzipien der Finanzverfassung eine Übertragung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben oder sonstiger finanzverfassungsrechtlich determinierter Prüfungsmaßstäbe geboten ist, lehnt das Gericht ab.70 Es zeigt sich, daß gesetzliche Preisinterventionen wie die Referenzregelungen dieser Untersuchung zwar begrifflich der Rechtsfigur der Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben zugeordnet werden können, da der Gesetzgeber mit ihnen Freiheitsberechtigte zur Wahrnehmung – durch Finanzierung – einer Gemeinwohlaufgabe heranzieht. Bei einem solchen Verständnis sind Vergütungspflichten Indienstnahmen durch die Auferlegung nicht-abgabenrechtlicher Geldleistungspflichten. Allerdings führt die Einordnung dieser Regelungen als Indienstnahmen Privater für öffentliche Aufgaben nicht zu einer Anwendbarkeit bestimmter handlungsformspezifischer Rechtfertigungsmaßstäbe. Das BVerfG mißt Indienstnahmen an den Freiheitsrechten der Belasteten und dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG, somit an Verfassungsgewährleistungen, die bei jeder Form belastenden Staatshandelns gegenüber Grundrechtsträgern angesprochen sind. Knüpft sich an die Qualifikation von Preisbestimmungen als Indienstnahmen Privater lediglich die Anwendbarkeit allgemeiner 67

Vgl. BVerfGE 77, 308 (317); 81, 156 (174); 85, 226 (230). Siehe oben § 1 C. 69 BVerfGE 77, 308 (339); ähnlich E 85, 226 (233 f.). 70 Mißverständlich insoweit BVerfGE 77, 308 (339) (Die Geldleistungspflichten seien „auch bei materieller Betrachtung nicht mit einer Sonderabgabe zu vergleichen“; das BVerfG führt an dieser Stelle gerade keine materielle Betrachtung durch.). 68

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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Verfassungsmäßigkeitsanforderungen, so bleibt die Zuordnung zu diesem Instrument für die Ermittlung der an nicht-abgabenrechtliche Finanztransfers anzulegenden Rechtfertigungsmaßstäbe – ähnlich wie schon für die Qualifikation als Preisregelung festgestellt – ohne weitergehende Bedeutung. Die Bezeichnung als Indienstnahmen Privater erschöpft sich dann in der Charakterisierung, durch eine Regelung werde eine Gruppe Privater zu eigenhändiger Wahrnehmung oder jedenfalls zur Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe verpflichtet.

§ 7 Möglichkeit und Notwendigkeit einer Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben Es bildet ein verbindendes Merkmal sämtlicher Referenzregelungen wie auch weiterer fördernder Preisinterventionen, daß sie im Schrifttum als „verkappte Sonderabgaben“ beurteilt71 und infolgedessen die für Sonderabgaben geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen als anwendbar, zumindest als übertragbar angesehen werden.72 Auch hierin zeigt sich, daß die Debatte um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit solcher Entgeltregelungen im wesentlichen um die Frage geführt wird, welche Verfassungsmaßstäbe auf diese Form abgabenähnlicher Geldleistungspflichten anzuwenden sind. Für die Qualifikation als Preisregelung oder als Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben wurde gesehen, daß eine systematische Einordnung von Zwangsvergütungen, an die sich lediglich die Anwendbarkeit allgemeiner Verfassungsanforderungen, die für jede Form grundrechtsbelastenden Staatshandelns gelten, knüpft, für die Formulierung der an diese Regelungen anzulegenden Verfassungsmaßstäbe nicht von weitergehender Bedeutung ist. Anders wäre dies, wenn der durch fördernde Vergütungspflichten aufgeworfene verfassungsrechtliche Rechtfertigungsbedarf dazu zwingt, die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben auch auf Preisdiktate anzuwenden; denn die Verfassungsmäßigkeitsanforderungen für Sonderabgaben gehen über den Kreis allgemeiner Verfassungsmaßstäbe an wirtschaftslenkende Regelungen hinaus. Sie sind darauf gerichtet, die Vereinbarkeit von Sonderabgaben nicht nur mit den Grundrechten der Abgabenpflichtigen, etwa dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem daraus abgeleiteten Gebot der Lastengleichheit, sondern auch mit den Schutzgütern und Prinzipien der Finanzverfassung zu gewährleisten. Verglichen mit den allgemeinen Verfassungsmaßstäben an wirtschaftslenkende 71

So ausdrücklich C. Treffer, UPR 1996, S. 128 (129). Exemplarisch H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 (43 ff.) (zur Stromeinspeisungsregelung); H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (181) (zum Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V); C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 108 f. (für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld). 72

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Regelungen handelt es sich bei ihnen um Sondermaßstäbe für Regelungen, die dem Bürger Geldleistungspflichten auferlegen und das erzielte Aufkommen der Finanzierung öffentlicher Aufgaben zuführen. Wären die Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben auf „Quersubventionen“ anzuwenden, so würde hierdurch der Kreis der von diesen Regelungen zu erfüllenden Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen erheblich erweitert. Zur Untersuchung dieser Frage sind zunächst die Rechtfertigungsbedürftigkeit von Sonderabgaben sowie die Zulässigkeitsvoraussetzungen, mit denen dieser Rechtfertigungsbedarf befriedigt wird, zu klären (A). Hierauf folgt eine Auseinandersetzung mit den Auffassungen, die in Rechtsprechung und Literatur zu einer Übertragbarkeit sonderabgabenrechtlicher Maßstäbe auf abgabenähnliche Finanztransfers sowie zu den Kriterien einer solchen Übertragung vertreten werden (B). Diese führt zu der Frage, ob eine Übertragung zu einer sachgerechten Erfassung und Befriedigung des Rechtfertigungsbedarfs von Zwangsvergütungen überhaupt geboten ist und ob sie sich unter methodischen Gesichtspunkten empfiehlt (C).

A. Die Verfassungsanforderungen an Sonderabgaben I. Die besondere Rechtfertigungsbedürftigkeit der Sonderabgabe vor der Finanzverfassung und dem Grundsatz der Lastengleichheit Die Sonderabgabe unterscheidet sich von anderen Arten nichtsteuerlicher Abgaben, etwa den Vorzugslasten, durch das Ausmaß ihrer Rechtfertigungsbedürftigkeit vor den Prinzipien der Finanzverfassung und dem Gebot der Lastengleichheit. Dieser besondere Rechtfertigungsbedarf hat das BVerfG dazu veranlaßt, hohe Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Sonderabgaben zu formulieren, dabei darauf hinzuweisen, diese Zulässigkeitskriterien seien strikt auszulegen und anzuwenden73 und nochmals zu unterstreichen, die Sonderabgabe habe gegenüber der Steuer die „seltene Ausnahme“ zu bleiben.74 Sonderabgaben werden einer von der Allgemeinheit der Steuerzahler abgegrenzten Gruppe Privater, typischerweise den Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweiges oder der Gruppe der Arbeitgeber, auferlegt. Sie dienen dazu, eine öffentliche Aufgabe zu finanzieren, zu der die sonderbelastete Gruppe aus der Sicht des Gesetzgebers eine Nähebeziehung aufweist, die es gerechtfertigt erscheinen läßt, anstatt der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen die einzelne Gruppe zur Aufgabenfinanzierung heranzuziehen. Da das Aufkommen der Abgabe zur Erfüllung der betreffenden Aufgabe verwendet werden 73 74

BVerfGE 55, 274 (308). BVerfGE 55, 274 (308); 91, 186 (203); 101, 141 (147).

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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soll, wird es in der Regel nicht in den allgemeinen Staatshaushalt des Gemeinwesens eingestellt, sondern in einem Sonderfonds verwaltet und von der verwaltenden Stelle für Zwecke der finanzierungsbedürftigen Aufgabe verwendet. Das Finanzierungsinstrument der Sonderabgabe gerät mit mehreren Rechtsgütern und Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere der Finanzverfassung, in Konflikt.75 Sonderabgabenregelungen erlegen dem Bürger zur Deckung eines besonderen staatlichen Finanzbedarfs Geldleistungspflichten auf, werden jedoch nicht auf die Steuergesetzgebungskompetenzen des Art. 105 GG, sondern auf die allgemeinen Sachgesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG gestützt. Infolgedessen tritt der Sachgesetzgeber bei der Zuweisung von Lasten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben neben den Steuergesetzgeber. Hierbei steht die Sonderabgabe in einem besonderen Konkurrenzverhältnis zur Steuer, da sie wie diese „voraussetzungslos“, also ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand, auferlegt wird.76 Da Sonderabgaben der auferlegenden Körperschaft Geldmittel zuführen und dabei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Abgabenpflichtigen mindern, bergen sie die Gefahr, die in Art. 106 GG festgelegte Verteilung der Steuererträge zwischen den verschiedenen Gliedern des Bundesstaates zu stören. Werden Sonderabgaben nicht in den allgemeinen Staatshaushalt eingestellt, so unterliegen sie nicht der Ausgabenbewilligung durch den Haushaltsgesetzgeber. Die Funktionen des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts, das gesamte Finanzgebaren des Staates in regelmäßigen zeitlichen Abständen zu kontrollieren und zu legitimieren, es zu planen, nach seinem Umfang und seiner Belastungswirkung zu mäßigen sowie Parlament und Öffentlichkeit über die Erzielung und Verwendung von Einnahmen zu informieren, werden nicht in der vom Grundgesetz vorgesehenen Weise erfüllt. Schließlich wird die Sonderabgabe von einem Abgabenpflichtigen erhoben, der zugleich Steuerpflichtiger ist und in dieser Eigenschaft bereits nach Maßgabe seiner finanziellen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben beiträgt. Soll die Gleichheit der Bürger in der öffentlichen Last, die durch eine gleichmäßige Besteuerung hergestellt wird, nicht durch die Zuweisung finanzieller Sonderlasten wieder aufgehoben werden, so bedarf die Sonderabgabe einer besonderen Rechtfertigung vor dem Prinzip der Lastengleichheit. Das BVerfG faßt die Rechtfertigungsbedürftigkeit von Sonderabgaben gegenüber der Kompetenzordnung für Steuern, dem Haushaltsverfassungsrecht und dem Prinzip der Lastengleichheit in ständiger Rechtsprechung dahin zusammen, der Gesetzgeber weiche mit der Auferlegung von Sonderabgaben von „drei 75 Zum folgenden BVerfGE 91, 186 (202 f.); 93, 319 (342 f.); 101, 141 (147); 108, 186 (215 f.); aus dem Schrifttum P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 223 ff. 76 BVerfGE 55, 274 (298); 67, 256 (275); 92, 91 (113); st. Rspr.

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grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung“ ab;77 hierdurch hebt es die Bedeutung dieser Prinzipien für die Ausbildung verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe an Sonderabgaben besonders hervor. II. Die Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben 1. Tatbestandsmerkmale und Zulässigkeitsvoraussetzungen Nachdem das BVerfG sich bereits in einer Reihe von Entscheidungen mit der Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben auseinandergesetzt,78 dabei jedoch die Zulässigkeit der jeweiligen Regelungen im wesentlichen aus den Umständen des konkreten Falles hergeleitet hatte,79 formulierte es in der Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe erstmals allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben.80 Es erkannte die Erhebung einer Sonderabgabe als zulässig an, wenn diese einer hinsichtlich bestimmter gemeinsamer Merkmale homogenen Gruppe von Abgabenpflichtigen auferlegt wird, die der finanzierungsbedürftigen Aufgabe evident nähersteht als die Allgemeinheit der Steuerzahler sowie sonstige gesellschaftliche Gruppen und auf Grundlage dieser Sachnähe eine besondere Verantwortung für die Finanzierung der Aufgabe aufweist.81 Zudem mußte das Abgabenaufkommen im überwiegenden Interesse der sonderbelasteten Gruppe verwendet werden, sofern nicht triftige Gründe eine fremdnützige Verwendung eindeutig rechtfertigen.82 Schließlich hatte der Gesetzgeber bei einer auf längere Zeit angelegten Sonderabgabenerhebung von Zeit zu Zeit zu überprüfen, ob seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz einer Sonderabgabe noch durch den Regelungszweck gerechtfertigt oder ob sie wegen veränderter Umstände zu ändern oder aufzuheben war.83 Zu diesen Anforderungen fügte das Gericht im Verlauf seiner späteren Rechtsprechung noch die Erfordernisse hinzu, der Gesetzgeber dürfe sich der Sonderabgabe nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung 77 BVerfGE 91, 186 (202); 93, 319 (342); 101, 141 (147); 108, 186 (215); 110, 370 (386); st. Rspr. 78 Vgl. nur BVerfGE 8, 274 (316 ff.); 13, 167 (171 ff.); 18, 315 (327 ff.); 37, 1 (16 ff.). 79 So auch K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (115); P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 257; W. Heun, DVBl. 1990, S. 666; W. Patzig, DÖV 1981, S. 729 (743). 80 Zu der Art und Weise, in der sich das BVerfG hierbei auf Vorarbeiten der Lit., insbesondere auf K. H. Friauf und R. Mußgnug stützte, siehe unten § 16 B II. – Dazu auch P. Kirchhof, Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 ff.; W. Köck, Die Sonderabgabe, 1991, S. 72 ff. 81 BVerfGE 55, 274 (305 f.). 82 BVerfG, a. a. O., S. 307 f. 83 BVerfG, a. a. O., S. 308.

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hinausgeht,84 und müsse die Entwicklung und den Bestand von Sonderabgaben in einer Anlage zum Haushaltsplan hinreichend dokumentieren.85 Das Urteil zur Berufsausbildungsabgabe vermittelt den Eindruck, das BVerfG sehe die hierdurch formulierten Zulässigkeitsvoraussetzungen einerseits als Kriterien der Abgrenzung von Steuer und Sonderabgabe, andererseits aber zugleich als Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben an. Das Gericht spricht von Kriterien, „durch die sich Sonderabgaben und Steuern voneinander unterscheiden und die die Erhebung einer Sonderabgabe im Einzelfall gegenüber dem Ausschließlichkeitsanspruch der in Art. 104a ff. GG normierten Regeln grundsätzlich rechtfertigen“.86 In seinen darauf folgenden Ausführungen zu Inhalt und Bedeutung der einzelnen Anforderungen unterscheidet das Gericht nicht zwischen Abgrenzungskriterien und Zulässigkeitsvoraussetzungen. Auch in der Literatur ist die Verfassungsrechtsprechung vielfach dahingehend aufgefaßt worden, sie habe in den genannten Erfordernissen zugleich Abgrenzungsmerkmale und Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen aufgestellt.87 Bei näherem Zusehen erweist sich diese Beobachtung jedoch als nicht korrekt. Besonders augenfällig ist dies für die Zulässigkeitsanforderungen der periodischen Legitimation und der hinreichenden Dokumentation von Sonderabgaben. Diese formellen Voraussetzungen erlegen dem Gesetzgeber Überprüfungs- und Dokumentationspflichten auf. Kommt der Gesetzgeber diesen Pflichten für eine bestimmte Sonderabgabe nicht nach, so ist deren Auferlegung verfassungswidrig; am Charakter der Abgabe als Sonderabgabe ändert die Pflichtverletzung des Gesetzgebers jedoch nichts. Folglich handelt es sich bei beiden Erfordernissen um Zulässigkeitsvoraussetzungen, als Abgrenzungsmerkmale gegenüber anderen Abgabenarten eignen sie sich hingegen nicht. Auch unter den materiellen Voraussetzungen finden sich solche, bei deren Fehlen die Sonderabgabe zwar mit dem GG unvereinbar, gleichwohl aber als Sonderabgabe im Sinne der Verfassungsrechtsprechung zu qualifizieren ist. Ein solches Merkmal stellt das Erfordernis dar, der Gesetzgeber müsse einen Sachzweck verfolgen, der über die Beschaffung finanzieller Mittel hinausgeht. Verfolgt eine Sonderabgabenregelung

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BVerfGE 67, 256 (275). BVerfGE 108, 186 (218 f.). 86 BVerfGE 55, 274 (304) (Hervorhebung nicht im Original). 87 Vgl. K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (116) (Friauf spricht davon, die Kriterien seien „eindeutig zugleich Zurechnungs- und Rechtfertigungskriterien“, bezieht sich dabei jedoch noch nicht auf die – später formulierten – Anforderungen der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, sondern auf das Erfordernis einer sachgerechten Verknüpfung, dazu sogleich im Text); gegen eine Gleichsetzung von Abgrenzungsmerkmalen und Zulässigkeitsvoraussetzungen P. Henseler, Legitimation von Sonderabgaben, 1984, S. 27 ff.; kritisch auch L. Osterloh, JuS 1982, S. 421 (424); für Identität hingegen R. Staudacher, Zulässigkeit von Sonderabgaben, 2004, S. 35 f. 85

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

ausschließlich Finanzierungszwecke, so ist sie unzulässig; auf ihre Qualifikation als Sonderabgabe ist dies ohne Einfluß. Zumindest einen abgrenzungsrelevanten „Kern“ weisen hingegen die Merkmale der Gruppenhomogenität, der besonderen Gruppenverantwortung und der gruppennützigen Verwendung auf. Das BVerfG präzisiert in diesen Kriterien die – schon in seiner frühen Rechtsprechung formulierte88 – Anforderung, nichtsteuerliche Abgaben müßten eine „sachgerechte Verknüpfung“ zwischen der sonderbelastenden Abgabenpflicht und dem Interesse der Abgabenschuldner an der Wahrnehmung der zu finanzierenden öffentlichen Aufgabe herstellen. Ausgehend von diesem Gedanken einer sachlichen Beziehung zwischen der besonderen – weil zur allgemeinen Steuerpflicht hinzutretenden – Abgabenpflicht und dem Finanzierungsaufwand einer besonderen öffentlichen Aufgabe verfährt das BVerfG in seiner neueren Rechtsprechung bei der Abgrenzung von Sonderabgaben zu Steuern und anderen Arten nichtsteuerlicher Abgaben nach einem wiederkehrenden Muster.89 Das Gericht fragt dabei stets nach einer „tatbestandlichen Verknüpfung“ zwischen der Abgabenpflicht und der Wahrnehmung einer besonderen öffentlichen Aufgabe. Diese liegt dann vor, wenn der Gesetzgeber einen speziellen Finanzbedarf – die Kosten einer bestimmten Gemeinwohlaufgabe – gesetzlich als Sonderlast ausweist und ihn der besonderen Finanzierungsverantwortung einer Gruppe Privater zugeordnet, wenn also die Abgabenpflicht „im Tatbestand des Gesetzes an den Kostenaufwand für eine konkrete, gesetzlich bestimmte Aufgabe gebunden“ wird.90 Läßt sich eine solche tatbestandliche Verknüpfung feststellen, so dient die Abgabenerhebung nicht der Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines Gemeinwesens; es handelt es sich nicht um eine Steuer, sondern um eine nichtsteuerliche Abgabe. Um festzustellen, ob die Geldleistungspflicht als Sonderabgabe zu qualifizieren ist, grenzt das BVerfG die Abgabe sodann anhand ihres materiellen Belastungsgrundes von anerkannten Formen nichtsteuerlicher Abgaben, insbesondere von Gebühren und Beiträgen, ab. Wird die Abgabe dem Pflichtigen nicht aus Anlaß einer individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung auferlegt und ist sie nicht dazu bestimmt, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten zu decken,91 so scheidet eine Einordnung als Gebühr aus. Wird sie auch nicht für die potentielle Inanspruchnahme einer staatlichen Einrichtung oder Leistung erhoben,92 so kommt ein finanzrechtlicher Beitrag ebensowenig in Betracht. Ent88 BVerfGE 11, 105 (115) („sachgerechte Verknüpfung“); 23, 12 (23); 37, 1 (16) („besondere Beziehung“). 89 Vgl. BVerfGE 108, 186 (212); 110, 370 (384); 113, 128 (145 ff.). 90 BVerfGE 108, 186 (212). 91 Zum Begriff der Gebühr BVerfGE 50, 217 (226); 97, 332 (345); D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 105; vgl. auch K. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: FS f. Willi Geiger, 1989, S. 518.

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sprechend fragt das Gericht in diesem Zusammenhang weiter danach, ob die Abgabe als Verbandslast93 oder als sozialversicherungsrechtlicher Solidarbeitrag94 zu qualifizieren ist. Erweist sich die Abgabe hiernach als Sonderabgabe, so ist sie an den Zulässigkeitsanforderungen für diese Abgabenart zu messen.95 Zwei Grundsätze der Abgrenzung zwischen Sonderabgaben und Steuern sowie sonstigen nichtsteuerlichen Abgaben verdienen es, besonders hervorgehoben zu werden. Allgemein ist für die Qualifikation einer Abgabe nicht ausschlaggebend, wie der Gesetzgeber die Geldleistungspflicht klassifiziert und unter welcher Bezeichnung sie in der gesetzlichen Regelung erscheint.96 Entscheidend für die systematische Einordnung einer Abgabe ist ihr „tatbestandlich bestimmter materieller Gehalt.97 Hinge die Qualifikation einer Geldleistungspflicht von ihrer Benennung durch den Gesetzgeber ab, so wäre es diesem möglich, durch eine entsprechende Bezeichnung der Abgabe seine Zuständigkeit zu deren Regelung zu begründen und zugleich die anwendbaren Zulässigkeitsvoraussetzungen festzulegen.98 Insbesondere für die Qualifikation als Sonderabgabe ist die konkrete haushaltsmäßige Behandlung einer Abgabe nicht ausschlaggebend.99 Zwar wird das Aufkommen einer Sonderabgabe typischerweise nicht als – zweckgebundene – Einnahme in den allgemeinen Staatshaushalt eingestellt, sondern in einem Sonderfonds verwaltet; konstitutive Bedeutung für die systematische Einordnung 92 Zum Begriff des Beitrags BVerfGE 92, 91 (115); 108, 1 (17); P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 213 f. 93 Zum Begriff der Verbandslast P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 277; K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 427; zur Abgrenzung von Sonderabgabe und Verbandslast BVerfGE 113, 128 (149). 94 Zu diesem F. Kirchhof, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 93 Rn. 16; J. Isensee, Gewährleistung der sozialen Sicherung, in: H. F. Zacher (Hrsg.), Die Rolle des Beitrags, 1980, S. 461 (465 ff.). 95 Vgl. etwa BVerfGE 110, 370 (388 f.). – Vereinzelt hat das Gericht die Qualifikation offengelassen und die Abgabe darauf untersucht, ob sie die grundlegenden Verfassungsprinzipien, die durch nichtsteuerliche Abgaben berührt werden können, verletzt, vgl. E 93, 319 (345). – Die Entscheidung ist mit dieser Vorgehensweise allein geblieben. Neuere Entscheidungen legen sich bei der Qualifikation der Abgabe fest oder kommen zu dem Ergebnis, „jedenfalls“ erfülle die Abgabe die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben, vgl. BVerfGE 110, 370 (389). 96 Vgl. BVerfGE 55, 274 (304 f.); 67, 256 (276); auch J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (438); W. Heun, DVBl. 1990, S. 666 (667); R. Staudacher, Zulässigkeit von Sonderabgaben, 2004, S. 42. 97 So bereits BVerfGE 7, 244 (252); zu Sonderabgaben sodann E 55, 274 (304 f.); 108, 186 (212); 110, 370 (384); st. Rspr. 98 Vgl. BVerfGE 55, 274 (305). 99 Vgl. BVerfG, ebd.; E 108, 186 (212 f.); W. Heun, DVBl. 1990, S. 666 (668); P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 196 f.

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der Abgabe kommt diesem Umstand jedoch nicht zu. Wird eine Abgabe außerhalb des Staatshaushaltes vereinnahmt und wird auch ohne parlamentarische Ausgabenbewilligung über ihre Verwendung entschieden, so wird hierdurch die Qualifikation als Sonderabgabe, die anhand des materiellen Charakters der Geldleistungspflicht zu treffen ist, lediglich bestätigt.100 Auch dann, wenn eine nichtsteuerliche Abgabe weder als Sonderabgabe zu qualifizieren noch den Abgabenarten der Vorzugslasten, der Verbandslast oder des Sozialversicherungsbeitrags zuzuordnen ist, kann ihre Erhebung zulässig sein, sofern sie die besonderen Rechtfertigungsanforderungen der Finanzverfassung und der Grundrechte erfüllt. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes enthält keinen abschließenden Kanon zulässiger Abgabetypen.101 2. Die Wahrnehmung einer Sachaufgabe Die Anforderung, wonach der Gesetzgeber eine Sonderabgabe nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks auferlegen darf, findet sich als eigenständige Zulässigkeitsvoraussetzung für Sonderabgaben noch nicht im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe. Das BVerfG formuliert sie erstmals in der Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Abgabe nach dem Investitionshilfegesetz 1982. Dort knüpft der Zweite Senat an seine Aussage im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe an, das Grundgesetz versage es dem Gesetzgeber, Sonderabgaben zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf des Gemeinwesens zu erheben und das Aufkommen aus Sonderabgaben zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu verwenden.102 Hieraus leitet der Senat das Erfordernis ab, der Gesetzgeber dürfe sich einer Sonderabgabe „nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht.“103 Nur wenn der Gesetzgeber durch die Sonderabgabe in dem jeweiligen Kompetenzbereich gestaltend wirke, könne er sich auf die allgemeinen Sachkompetenzen der Art. 70 ff. GG stützen und „im Einzelfall über den bundesstaatlich begründeten Ausschließlichkeitsanspruch der in Art. 104a ff. GG normierten Regeln hinwegsetzen.“104 Für Sonderabgabenregelungen, die – wie häufig der Fall – auf den Kompetenztitel zur Regelung des Rechts der 100 Vgl. auch BVerfGE 108, 186 (213) („. . . ändert jedenfalls die Einstellung des Abgabenaufkommens in den allgemeinen Haushalt nichts an dem bereits durch die Fassung der Abgabentatbestände bestimmten materiellen Gehalt als nichtsteuerliche Abgabe.“). 101 BVerfGE 82, 159 (181); 93, 319 (342); 108, 186 (215); P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 269; J. Isensee, Äquivalenz im Abgabenrecht, in: GS f. Wilhelm Karl Geck, 1989, S. 355 (367). 102 BVerfGE 67, 256 (275) unter Verweis auf E 55, 274 (298). 103 BVerfGE 67, 256 (275); so in der Folge auch E 82, 159 (179); 108, 186 (217 f.); 110, 370 (389). 104 BVerfGE 67, 256 (275) unter Verweis auf E 55, 274 (304).

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Wirtschaft in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG gestützt werden, fordert das BVerfG, in dem Gesetz müsse „außer der Belastung mit der Abgabe und der Verwendung ihres Aufkommens auch die gestaltende Einflußnahme auf die Wirtschaft zum Ausdruck kommen.“ Das Gesetz selbst müsse wirtschaftsregulierenden oder -lenkenden Inhalt haben, andernfalls falle es nicht in den Kompetenzbereich des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG.105 Beachtenswert ist es, daß der Zweite Senat nicht fordert, der Gestaltungszweck müsse den primären Zweck der Abgabenerhebung bilden und den Finanzierungszweck nach der Intention des Gesetzgebers überwiegen. Das Urteil führt gerade keine Unterscheidung zwischen einem Hauptzweck, der in der Wahrnehmung und Gestaltung einer Sachaufgabe liegen müsse, und einem Nebenzweck, der auf Finanzierung gerichtet sein dürfe, ein. Nach der hinzutretenden Zulässigkeitsvoraussetzung reicht es aus, wenn die Regelung neben einem Finanzierungszweck überhaupt Gestaltungszwecke verfolgt, unabhängig davon, ob diese den Finanzierungszweck überwiegen oder hinter ihm zurücktreten. Nähere Vorgaben für das Verhältnis, in dem Gestaltungs- und Finanzierungszweck bei der Sonderabgabenerhebung zueinander stehen müssen, finden sich in der Rechtsprechung kaum. Das BVerfG gibt lediglich den einen weiteren Hinweis, die sachliche Regelung des Aufgabenbereiches dürfe sich nicht auf die Benennung des Gesetzeszwecks, zu dessen Erreichung die Mittel eingenommen werden, beschränken, da eine solche Konkretisierung auch bei Zwecksteuern üblich sei, die Abgrenzung von Sach- und Einnahmengesetzgebungskompetenzen auf diese Weise also nicht gefördert werde.106 Im übrigen jedoch stellt das Gericht keine besonderen Anforderungen an das Gewicht und die Ausgestaltung des Sachzwecks und läßt dem Gesetzgeber hierdurch weiten Raum, bei der Auferlegung von Sonderabgaben Finanzierungsbelange in den Vordergrund zu stellen. 3. Die Homogenität der belasteten Gruppe Die erste Anforderung, die das BVerfG in der Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe formuliert hat und die seither einen festen Bestandteil des „Kataloges“ der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben bildet, betrifft die Abgrenzung der sonderbelasteten Privaten von der Allgemeinheit der Steuerzahler, also gleichsam den „Zuschnitt“ der in Anspruch genommenen Gruppe. Hierzu verlangt das Gericht, eine gesellschaftliche Gruppe könne nur dann mit einer Sonderabgabe belastet werden, wenn sie „durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interes-

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BVerfG, ebd.; ähnlich E 82, 159 (179 f.). BVerfGE 67, 256 (279).

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senlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist, wenn es sich also um eine in diesem Sinne homogene Gruppe handelt.“107 Mit Nachdruck weist das Gericht darauf hin, es sei dem Gesetzgeber verwehrt, für eine beabsichtigte Abgabenerhebung „beliebig Gruppen nach Gesichtspunkten, die nicht in der Rechts- und Sozialordnung materiell vorgegeben sind, normativ zu bilden.“108 Hinsichtlich welcher gemeinsamen Eigenschaften und Gegebenheiten die Gruppe von der Allgemeinheit abzugrenzen ist, bildet keine Frage des Erfordernisses der Gruppenhomogenität, sondern verweist auf die Voraussetzung der besonderen Gruppenverantwortung. Das Homogenitätserfordernis fragt nicht danach, ob die Merkmale, nach denen der Gesetzgeber die Abgabenpflichtigen zu einer Gruppe zusammenschließt, auch geeignet sind, die finanzielle Sonderbelastung dieser Privaten zu rechtfertigen. Es bereitet vielmehr die Überprüfung der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit anhand der Kriterien der besonderen Gruppenverantwortung und der gruppennützigen Verwendung vor und bildet damit die Grundlage dieser weiteren Prüfungsschritte. Da das Erfordernis der Gruppenhomogenität eine vorbereitende Funktion gegenüber den Anforderungen der besonderen Gruppenverantwortung und der Gruppennützigkeit wahrnimmt, mit diesen also zur Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung zusammenwirkt,109 wird seine Schutzrichtung im Zusammenhang mit der Funktion dieser beiden Merkmale deutlicher hervortreten. 4. Die besondere Gruppenverantwortung kraft Sachnähe Auf dem Gebot der Gruppenhomogenität baut das weitere Erfordernis, die sonderbelastete Gruppe müsse kraft ihrer Sachnähe zu der finanzierungsbedürftigen Aufgabe eine besondere Gruppenverantwortung für deren Finanzierung aufweisen, unmittelbar auf. Das BVerfG legt die Anforderungen dieser Rechtmäßigkeitsvoraussetzung besonders eingehend dar; dies entspricht der zentralen Bedeutung dieses Kriteriums für die Rechtfertigung von Sonderabgaben. Wiederum in der Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe führt das Gericht aus, die Erhebung einer Sonderabgabe setze eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabenpflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraus.110 Nach ihrer Schutzrichtung ordnet das Gericht diese Voraussetzung dem allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als 107 BVerfGE 55, 274 (305 f.) unter Verweis auf E 23, 12 (23 f.); 37, 1 (16); J. Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 18; K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (55 f.). – Vgl. auch BVerfGE 67, 256 (276); 108, 186 (218); 110, 370 (389 f.). 108 BVerfGE 55, 274 (306). 109 So auch BVerfGE 113, 128 (150 f.) – Solidarfonds Abfallrückführung.

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Gebot der Lastengleichheit zu. Die mit der Abgabe belastete Gruppe müsse dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck „evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler; andernfalls wäre die Sonderbelastung der durch die Abgabe in Anspruch genommenen Gruppe schon mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nicht zu vereinbaren.“111 Das Verhältnis, in dem die Teilerfordernisse der Sachnähe und der besonderen Gruppenverantwortung zueinander stehen, bringt das Gericht eher andeutungsweise zum Ausdruck, wenn es erklärt, „aus dieser zu fordernden Sachnähe der Abgabenpflichtigen zum Abgabenzweck“ müsse „eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen.“112 Da sich das Interesse der Allgemeinheit an der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe stets mit den gleichgerichteten Interessen einzelner Gruppen überlagern wird, sieht sich das Gericht veranlaßt, auch zu der erforderlichen Intensität der Gruppenverantwortung Stellung zu nehmen. Es erklärt, die Aufgabe, die mit Hilfe des Abgabenaufkommens erfüllt werden solle, müsse „demnach ganz überwiegend in die Sachverantwortung der belasteten Gruppe, nicht in die der staatlichen Gesamtverantwortung fallen. Andernfalls würde es sich bei der Verfolgung des Zwecks um eine öffentliche Angelegenheit handeln, deren Lasten nur die Allgemeinheit treffen dürfen und die deshalb nur mit von der Allgemeinheit zu erbringenden Mitteln, das heißt im wesentlichen mit Steuermitteln finanziert werden darf.“113 Ist diese Voraussetzung erfüllt, weist die sonderbelastete Gruppe also eine Finanzierungsverantwortung auf, welche diejenige der Allgemeinheit deutlich überwiegt, so ist es für diese spezielle Gruppenverantwortung ohne Bedeutung, wenn daneben weiterhin ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit an der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe besteht. Wie das Gericht herausstellt, ist, die „Förderung des Gemeinwohls [. . .] notwendiges Ziel jeder staatlichen Aktivität, auch der des Sonderabgabengesetzgebers“; daher begleite „ein öffentliches Interesse an der Aufgabenerfüllung [. . .] notwendig jede zwangsweise Inanspruchnahme besonderer Gruppen und setzt deren spezifische Finanzierungsverantwortung voraus, beseitigt sie aber nicht.“114 110 BVerfGE 55, 274 (306) unter Bezugnahme auf E 11, 105 (116); 18, 315 (328); 37, 1 (16); K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (53 ff.); ders., Reform des Systems der beruflichen Bildung, 1974, S. 37 ff.; ders., Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 1976, S. 103 (116 ff.). 111 BVerfGE 55, 274 (306); vgl. auch E 67, 256 (276); 82, 159 (180); 110, 370 (390). 112 BVerfGE 55, 274 (306); 67, 256 (276); 82, 159 (180). 113 BVerfGE 55, 274 (306) unter Bezugnahme auf K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (118) und auf BVerfGE 23, 12 (23). 114 BVerfGE 108, 186 (227 f.) unter Verweis auf E 55, 274 (315).

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Dazu, aus welchen Eigenschaften und Gegebenheiten sich eine besondere Gruppenverantwortung ergeben, worin also der materielle Belastungsgrund für eine Sonderabgabenerhebung liegen könne, hat das BVerfG keine allgemeinen Grundsätze formuliert. In vielen Fällen hat das Gericht die Finanzierungsverantwortlichkeit der Gruppe aus den besonderen Vorteilen abgeleitet, die sich für diese aus der Wahrnehmung der finanzierungsbedürftigen Aufgabe mit Hilfe des Sonderabgabenaufkommens ergeben.115 Mit Blick auf diese begünstigende Wirkung hat das Gericht Sonderabgabenregelungen mehrfach als „erzwungene Selbsthilfe“ eines Wirtschaftszweiges in dessen eigenem Interesse bezeichnet.116 Aufmerksamkeit verdient der Umstand, daß das BVerfG zwischen dem Erfordernis der Sachnähe der Gruppe zur finanzierungsbedürftigen Aufgabe und demjenigen der besonderen Gruppenverantwortung für die Finanzierung der Aufgabe trennt. In der Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe betont das Gericht zunächst, die mit der Abgabe belastete Gruppe müsse dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck „evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler“, und fügt sodann hinzu, „aus dieser zu fordernden Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Abgabezweck“ müsse „eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen.“117 Auch bei der Überprüfung der Berufsausbildungsabgabe anhand der zuvor formulierten Anforderungen unterscheidet das Gericht zwischen Sachnähe und Finanzierungsverantwortung. Die Sachnähe der Arbeitgeber zur Gemeinwohlaufgabe, ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen sicherzustellen, leitet das Gericht daraus ab, daß in einer privatrechtlich geprägten Wirtschaftsund Arbeitsordnung typischerweise nur diese Gruppe über die Möglichkeiten verfügt, Ausbildungsplätze zu schaffen und anzubieten.118 Die besondere Gruppenverantwortung hingegen stützt das Gericht erst auf die zusätzliche Erwägung, die Sonderabgabe führe letztlich zu einer besonderen Begünstigung der Arbeitgeber, da ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen „vornehmlich“ den Interessen der Arbeitgeber diene.119 Sowohl in der abstrakten Darlegung der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen an Sonderabgaben als auch in deren Anwendung auf den konkreten Fall bringt das Gericht somit zum Ausdruck, daß eine bloße Sachnähe zu der wahrnehmungsbedürftigen Aufgabe noch keine Finanzierungsverantwortlichkeit der Gruppe zu begründen vermag.120 Sachnähe 115 Vgl. BVerfGE 55, 274 (314); 82, 159 (178); 101, 141 (149); ähnlich schon vor Formulierung des Erfordernisses der besonderen Gruppenverantwortung durch die Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe E 18, 315 (327 ff.); 37, 1 (16). 116 Etwa BVerfGE 18, 315 (328); 55, 274 (314); 82, 159 (178). 117 BVerfGE 55, 274 (306) (Hervorhebung nicht im Original); ebenso E 67, 256 (276); 82, 159 (180). 118 BVerfGE 55, 274 (312 f.). 119 BVerfG, a. a. O., S. 314.

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und besondere Gruppenverantwortung bilden hiernach getrennte, kumulativ aufeinander aufbauende Rechtfertigungsanforderungen; liegen sie beide vor, weist die Gruppe eine besondere Finanzierungsverantwortung auf. Einzelne Entscheidungen im Verlauf der späteren Rechtsprechung haben diesen Unterschied nicht hinreichend beachtet und den Eindruck entstehen lassen, als handele es sich bei der Sachnähe und der besonderen Gruppenverantwortung um identische Anforderungen. Diese Sichtweise, die in der Literatur bisweilen anzutreffen ist, birgt die Gefahr des Mißverständnisses, jede tatsächliche Nähebeziehung einer Gruppe zu einer öffentlichen Aufgabe begründe bereits eine besondere Verantwortlichkeit für deren Finanzierung. Zwei Entscheidungen des Gerichts können die verkürzte Darstellung des Verhältnisses von Sachnähe und besonderer Gruppenverantwortung veranschaulichen. So spricht das Gericht in dem Beschluß zur Verfassungsmäßigkeit des sog. Wasserpfennigs davon, der Umstand, daß sich die Auferlegung einer Sonderabgabe „letztlich aus einer spezifischen Sachnähe“ der Abgabenpflichtigen zu der finanzierungsbedürftigen Aufgabe rechtfertige, komme „sowohl in der Notwendigkeit einer besonderen Finanzierungsverantwortung der Abgabepflichtigen für die Aufgabe als auch der einer gruppennützigen Verwendung der Abgabe zum Ausdruck“.121 Die Aussage steht zu der bisherigen Rechtsprechung, die ausdrücklich zwischen den kumulativen Erfordernissen der Sachnähe und der besonderen Gruppenverantwortung sowie der weiteren Voraussetzung der gruppennützigen Verwendung des Abgabenaufkommens unterschied, in Widerspruch. Sie formuliert die Anforderungen an die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung daher in unpräziser Weise. In der Entscheidung zur Umlagefinanzierung der Berufsausbildung in den Altenpflegeberufen handhabt das Gericht die Voraussetzungen der Sachnähe und der besonderen Gruppenverantwortung schließlich, als handele es sich bei ihnen um synonyme Begriffe.122 Inwiefern aus der Sachnähe der abgabenpflichtigen Pflegeeinrichtungen zur Berufsausbildung im Beruf des Altenpflegers eine besondere Gruppenverantwortung für die Finanzierungsaufgabe entspringt, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen. In der Behandlung dieses Merkmals wird das Gericht daher den Anforderungen seiner ständigen Rechtsprechung nicht gerecht. In seiner neueren Rechtsprechung hingegen handhabt das BVerfG die Voraussetzungen der Sachnähe und der besonderen Gruppenverantwortung durchgän120 So auch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 235; K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (119). 121 BVerfGE 93, 319 (344). 122 Vgl. BVerfGE 108, 186 (224 f.) („Hiernach bilden sowohl Heime im Sinne des Heimgesetzes als auch Pflegeeinrichtungen [. . .] homogene Gruppen mit einer spezifischen Sachnähe zu der zu finanzierenden Aufgabe. Ihnen ist gemeinsam die besondere Verantwortung für die Qualität der Dienstleistungen . . .“).

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gig als separate, aufeinander aufbauende Anforderungen und legt damit wieder ein Verständnis der beiden Merkmale zugrunde, das den Grundsätzen seiner Sonderabgabenjudikatur seit dem Urteil zur Berufsausbildungsabgabe entspricht. Dabei hebt es die Trennung der beiden Erfordernisse deutlich hervor. In dem Beschluß zum Klärschlamm-Entschädigungsfonds faßt der Zweite Senat die Kriterien der Sachnähe und der besonderen Gruppenverantwortung unter dem Begriff der Finanzierungsverantwortung zusammen und bringt darin zum Ausdruck, daß sich aus der bloßen Sachnähe einer gesellschaftlichen Gruppe zu einer öffentlichen Aufgabe erst durch Hinzutreten einer besonderen Gruppenverantwortung die besondere Verantwortlichkeit zur Finanzierung der Aufgabe ergibt.123 Auch das Urteil zum Solidarfonds Abfallrückführung unterscheidet durchgängig und genau zwischen dem Erfordernis der Sachnähe und demjenigen der besonderen Gruppenverantwortung und macht damit deutlich, daß es sich um getrennte Anforderungen handelt, von denen die letztere sich aus der ersteren ergeben muß.124 Schließlich ist bemerkenswert, welche Betonung das Gericht darauf legt, der Gesetzgeber müsse die Umstände, aus denen er die besondere Finanzierungsverantwortung der Gruppenmitglieder ableitet, in den Verhältnissen der Rechtsund Sozialordnung vorgegeben finden. Es führt aus, die Sachnähe, aus der sich eine besondere Gruppenverantwortung ergeben müsse, dürfe „nicht als formales und damit ,machbares‘ Kriterium aufgefaßt werden“, sondern sei „nach materiell-inhaltlichen Kriterien zu bestimmen, die sich einer gezielten Normierung des Gesetzgebers aus Anlaß der Einführung der Abgabe entziehen.“125 Dem BVerfG ist erkennbar daran gelegen, die Voraussetzung der besonderen Gruppenverantwortung nicht der Definitionsmacht des Gesetzgebers zu unterstellen und damit unter Umständen gesetzgeberischen Mißbrauch bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten zu ermöglichen. Ob eine bestimmte Gruppe eine Finanzierungsverantwortlichkeit für eine öffentliche Aufgabe aufweise, sei daher „unter Anknüpfung an vorgegebene Strukturen der Lebenswirklichkeit bei Berücksichtigung der Rechts- und Sozialordnung zu bestimmen.“126 In dieser Betonung der vorgegebenen Strukturen der Rechts- und Sozialordnung wird auch der enge Zusammenhang zwischen besonderer Gruppenverantwortung und Gruppenhomogenität deutlich, da der Gesetzgeber die Gruppe der Sonderlastenträger nach 123

Vgl. BVerfGE 110, 370 (389). Vgl. BVerfGE 113, 128 (150 f.) („Innerhalb des Ensembles der speziellen Anforderungen an die Zulässigkeit einer Sonderabgabe mit Finanzierungszweck besteht eine besonders enge Verbindung zwischen der spezifischen Beziehung oder auch Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Zweck der Abgabenerhebung, einer daraus ableitbaren Finanzierungsverantwortung und . . .“) (Hervorhebung nicht im Original.). 125 BVerfGE 55, 274 (307) unter Berufung auf K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (54 f.); P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 184, 198 f. 126 BVerfGE 55, 274 (307); vgl. auch E 67, 256 (276); 82, 159 (180). 124

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eben den vorgefundenen gemeinsamen Eigenschaften und Gegebenheiten zu bilden hat, aus denen er ihre besondere Finanzierungsverantwortung ableitet. In diesem Zusammenhang kommt schließlich zum Ausdruck, daß es bei der Rechtfertigung von Sonderabgaben weniger um die Verwirklichung gesetzgeberischer Gestaltungsanliegen als vielmehr darum geht, finanzielle öffentliche Lasten entsprechend vorgefundener Verantwortlichkeiten, also „verantwortungsgerecht“, zuzuweisen. 5. Die gruppennützige Verwendung des Abgabenaufkommens Neben der Zwecksetzung der Sonderabgabenregelung und der Auswahl der Abgabenpflichtigen richten sich die Zulässigkeitsanforderungen auch auf die Verwendung des erzielten Abgabenaufkommens. Ebenfalls in ständiger Rechtsprechung erklärt das BVerfG, die Rechtfertigung der finanziellen Sonderlast setze voraus, daß zwischen den Belastungen und den Begünstigungen, die eine Sonderabgabe bewirkt, eine sachgerechte Verknüpfung besteht. Dies sei der Fall, wenn das Abgabeaufkommen im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen, also „gruppennützig“ verwendet wird.127 Wie das Gericht präzisierend hinzufügt, setzt eine gruppennützige Verwendung des Abgabenaufkommens nicht voraus, daß die erzielten Mittel im spezifischen Interesse jedes einzelnen Abgabenpflichtigen verwenden werden; es genüge, wenn diese „überwiegend im Interesse der Gesamtgruppe“ eingesetzt werden.128 Im überwiegenden Interesse der Gesamtgruppe wird das Abgabenaufkommen jedenfalls dann verwendet, wenn die erzielten Mittel unmittelbar der Gruppe der Abgabenpflichtigen zugute kommen. Das Erfordernis der Gruppennützigkeit ist aber auch dann erfüllt, wenn die belastete Gruppe nur mittelbar von der Aufkommensverwendung begünstigt wird.129 Eine solche mittelbar gruppennützige Verwendung liegt nach dem BVerfG vor, wenn das Abgabenaufkommen zwar nicht an die Gruppe der Abgabenschuldner zurückfließt, sondern unmittelbar zugunsten einer anderen Gruppe eingesetzt wird, sich aus dieser Verwendung jedoch zugleich Vorteile für die Gruppe der Abgabenschuldner ergeben.130

127 BVerfGE 55, 274 (307) unter Bezugnahme auf E 18, 315 (327 f.); 37, 1 (16 f.); R. Mußgnug, Die zweckgebundene öffentliche Aufgabe, in: FS f. Ernst Forsthoff, 1972, S. 259 (288 ff.); K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (53 f.). – Ebenso BVerfGE 67, 256 (276); 82, 159 (180); 110, 370 (391). 128 BVerfGE 55, 274 (307 f.); vgl. auch E 67, 256 (276 f.); 82, 159 (180); 93, 319 (344); 110, 370 (391). 129 Vgl. BVerfGE 55, 274 (307 f.); 82, 159 (180); 108, 186 (229). 130 BVerfGE 110, 370 (392).

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Fremdnützige Sonderabgaben sieht das Gericht – „soweit ihnen nicht schon Bedenken aus den Grundrechten, insbesondere aus Art. 14 GG, entgegenstehen“ – als unzulässig an, „es sei denn, daß die Natur der Sache eine finanzielle Inanspruchnahme der Abgabenpflichtigen zugunsten fremder Begünstigter aus triftigen Gründen eindeutig rechtfertigt.“131 Indem es unter qualifizierten Voraussetzungen auch fremdnützige Sonderabgaben für zulässig hält, knüpft das BVerfG an Vorarbeiten in der Literatur, insbesondere diejenige Reinhard Mußgnugs, an. Dieser hatte als „triftige Gründe“, die eine Fremdbegünstigung in eindeutigen Fällen rechtfertigen könnten, besondere soziale Verpflichtungen der belasteten gegenüber der begünstigten Gruppe wie insbesondere die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber, aus der sich auch die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung rechtfertigen, anerkannt. Mußgnug hatte jedoch zugleich darauf hingewiesen, daß es sich bei „solchen finanziellen Zwangspatenschaften“ um Ausnahmefälle handele, die nur dort zur Rechtfertigung fremdnütziger Sonderlasten in Betracht kämen, wo die Natur der Sache dies eindeutig gebiete.132 Wenn das BVerfG an dieser Stelle auch auf frühere Entscheidungen zu sozialversicherungsrechtlichen Sonderlasten der Arbeitgeber verweist, so läßt dies darauf schließen, daß es hinsichtlich der Anforderungen an die Rechtfertigung fremdnütziger finanzieller Sonderlasten mit Mußgnug übereinstimmt. In der Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe weist das Gericht schließlich darauf hin, an der Zulässigkeit fremdnütziger Sonderabgaben könnten sich auch Bedenken aus den Grundrechten, „insbesondere aus Art. 14 GG“, ergeben.133 Dieser Hinweis überrascht deshalb, weil das Gericht jedenfalls zum Zeitpunkt des Urteils zur Berufsausbildungsabgabe noch in ständiger Rechtsprechung davon ausging, die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG werde durch die hoheitliche Auferlegung von Geldleistungspflichten nur dann berührt, wenn die Geldleistungspflicht den Betroffenen in der Weise übermäßig belastet und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigt, daß sie eine erdrosselnde Wirkung entfaltet.134 Erst in späterer Zeit hat das Gericht der Eigentumsgarantie gegenüber steuerlichen Geldleistungspflichten einen weitergehenden Abwehrgehalt zuerkannt.135 Für Geldleistungspflichten außerhalb des Steuerrechts erhält das Gericht seine Auffassung, Art. 14 Abs. 1 GG schütze den Eigentümer lediglich im Falle einer grundlegenden Beeinträchtigung seiner Ver-

131 BVerfGE 55, 274 (307) unter Bezugnahme auf E 11, 105 (116); R. Mußgnug, Die zweckgebundene öffentliche Aufgabe, in: FS f. Ernst Forsthoff, 1972, S. 259 (290 ff.); K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (118). 132 R. Mußgnug Die zweckgebundene öffentliche Aufgabe, in: FS f. Ernst Forsthoff, 1972, S. 259 (290 f., 292). 133 BVerfGE 55, 274 (307). 134 So BVerfGE 82, 159 (180) unter Verweis auf E 70, 219 (230); 78, 232 (243). 135 Vgl. nur BVerfGE 87, 153 (169); 93, 121 (137).

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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mögensverhältnisse, weiter aufrecht.136 Es fällt auf, daß spätere Entscheidungen, in denen das BVerfG es mangels einer grundlegenden Vermögensbeeinträchtigung ablehnt, Sonderabgabenregelungen an der Eigentumsgarantie zu messen, auch den Hinweis auf den Rechtfertigungszusammenhang zwischen Art. 14 GG und gemeinnützigen – im Gegensatz zu fremdgruppennützigen – Geldleistungspflichten nicht mehr enthalten.137 6. Das Erfordernis periodisch wiederkehrender Legitimation der Sonderabgabe Bereits im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe stellt das BVerfG den materiellen Zulässigkeitsanforderungen der Verfolgung eines Sachzwecks, der Gruppenhomogenität, der besonderen Gruppenverantwortung kraft Sachnähe und der gruppennützigen Verwendung des Abgabenaufkommens ein formelles Erfordernis in Form einer Überprüfungs- und Anpassungspflicht des Gesetzgebers zur Seite. Das Gericht sieht den Gesetzgeber bei einer auf längere Zeit angelegten Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe durch Erhebung einer Sonderabgabe von Verfassungs wegen gehalten, „stets zu überprüfen, ob seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz des gesetzgeberischen Mittels ,Sonderabgabe‘ aufrechtzuerhalten oder ob sie wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Wegfalls des Finanzierungszwecks oder Zielerreichung zu ändern oder aufzuheben ist.“138 Erläuternd fügt der Zweite Senat hinzu, die Sonderabgabe bedürfe – im Gegensatz zur Steuer – als Ausnahmeinstrument der fortdauernden Legitimation durch hinreichende Rechtfertigungsgründe.139 In welchen Zeitabständen die Fortdauer der sachlichen Rechtfertigung einer Sonderabgabe vom Gesetzgeber zu prüfen ist, lasse sich, so hat das Gericht in späteren Entscheidungen erklärt, nicht generell und abstrakt, sondern nur nach den besonderen Umständen der konkreten Sonderabgabe und den ihr zugrundeliegenden Verhältnissen bemessen.140

136 BVerfGE 70, 219 (230); 77, 308 (339); 85, 226 (237); 105, 17 (32); neuerdings erkennt das Gericht allerdings einen Schutz der Eigentumsgarantie gegenüber solchen Geldleistungspflichten an, die an den Hinzuerwerb vermögenswerter Rechtspositionen knüpfen, BVerfG, NJW 2006, 1191 (1193). 137 Etwa BVerfGE 82, 159 (180, 190); 108, 186 (218, 233). 138 BVerfGE 55, 274 (308) unter Verweis auf E 49, 89 (130). – Vgl. auch E 82, 159 (181); 108, 186 (218). 139 BVerfGE 55, 274 (308). 140 BVerfGE 108, 186 (231); 110, 370 (392).

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

7. Die haushaltsrechtliche Dokumentationspflicht des Gesetzgebers In seinem Beschluß zur Verfassungsmäßigkeit der umlagefinanzierten Altenpflegeausbildung hat das BVerfG den Katalog der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben um eine weitere formelle Anforderung ergänzt.141 Über die Pflicht zu periodischer Überprüfung und Anpassung von Sonderabgaben hinaus sieht das BVerfG den Gesetzgeber auch verpflichtet, den Bestand und die Entwicklung der Sonderabgaben einheitlich und hinreichend übersichtlich zu dokumentieren. Neben dem Bestand und der Entwicklung aller Sonderabgaben im Verantwortungsbereich des jeweiligen Gesetzgebers, die nach Art und Umfang in regelmäßigen Abständen zu dokumentieren seien, müsse auch das Verhältnis der Sonderabgaben zu den Steuern sichtbar gemacht werden. Da der Bedarf nach Information und Dokumentation durch die besonderen materiellen Zulässigkeitsanforderungen an haushaltsflüchtige Sonderabgaben nicht befriedigt werden könne, formuliert das Gericht in der Dokumentationspflicht eine weitere formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für Sonderabgaben. Deren Erfüllung bildet zugleich eine notwendige Voraussetzung dafür, daß der Gesetzgeber die Pflichten zu periodischer Überprüfung und Anpassung, die ihn bereits nach der bisherigen Sonderabgabenjudikatur des Gerichts treffen, in effektiver Weise wahrnehmen kann. Den angemessenen Ort für eine solche Dokumentation sieht das Gericht in einer dem Haushaltsplan beigefügten Anlage entsprechend den einfachgesetzlich vorhandenen Modellen haushaltsrechtlicher Berichtspflichten. In diese Anlage sind unabhängig von der konkreten haushaltsrechtlichen Behandlung der jeweiligen Abgabe alle nichtsteuerlichen Abgaben aufzunehmen, die weder Gebühr noch Beitrag sind und bei denen auch mangels sonstiger spezieller Sach- und Zweckzusammenhänge eine Konkurrenz zur Steuer nicht von vornherein ausgeschlossen ist. III. Systematisierung der Erscheinungsformen von Sonderabgaben Aus der Vielzahl verschiedener Sonderabgaben, die unter Geltung des Grundgesetzes Einsatz gefunden haben, und insbesondere aus den Regelungen, welche die Verfassungsrechtsprechung beschäftigt haben, hat das Schrifttum einige Grundtypen herausgearbeitet und beschrieben. Als Kategorie der Systematisierung dient dabei der Sachzweck, den eine Sonderabgabe nach allgemeiner Ansicht verfolgen muß, um vor der finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzordnung Bestand zu haben. Mit Blick auf die sachgestaltende Zwecksetzung der Abgabenpflicht ist zunächst der Typus der Ausgleichsabgabe gebildet worden. Ausgleich bedeutet 141

Zum folgenden BVerfGE 108, 186 (218 f.); ferner E 110, 370 (389, 393).

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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dabei die Kompensation besonderer, durch staatliches Handeln bedingter Belastungen oder Vorteile innerhalb eines bestimmten Wirtschaftssektors.142 Die gestaltende Wirkung ergibt sich bei diesem Typus nicht erst aus der Verwendung des Abgabenaufkommens, sondern bereits aus der Belastungswirkung der Abgabenpflicht, durch die Folgen einer vorangegangenen staatlichen Intervention gleichheitsgerecht beseitigt oder gemildert werden. In der Regel ergänzt der Gesetzgeber hierbei bestehende gesetzliche Handlungspflichten, denen bislang nur in ungleicher Weise nachgekommen wird, durch Geldleistungspflichten und gleicht auf diese Weise reale Belastungsunterschiede aus.143 Voraussetzung dieses Ausgleichszwecks ist jedoch stets, daß es sich bei den Belastungsunterschieden nicht um tatsächliche Ungleichheiten handelt, die der gesetzgeberischen Einflußnahme vorausliegen, sondern um Steuerungsfehler des Rechts.144 Neben der Ergänzung primärer Handlungs- durch sekundäre Zahlungspflichten dienen auch solche Sonderabgaben einem Ausgleichszweck, durch die Fehlwirkungen staatlicher Bewirtschaftungsentscheidungen korrigiert werden sollen.145 Neben dem Typus der Ausgleichsabgabe ist derjenige der Lenkungsabgabe von zentraler Bedeutung. Lenkung bezeichnet dabei das Bemühen des Gesetzgebers, durch finanzielle Anreize einen Verhaltensbefehl zu überbringen, der zu gemeinwohldienlichen Verhaltensweisen anregen, von staatlicherseits unerwünschtem Verhalten hingegen abhalten soll.146 Mit der Ausgleichsabgabe stimmt die Lenkungsabgabe darin überein, daß sie ihre gestaltende Wirkung nicht durch die Verwendung des Aufkommens, sondern bereits im Wege der finanziellen Belastung erzielt. Ein hohes Abgabenaufkommen ist dann ein Anzeichen dafür, daß der primäre Lenkungszweck der Regelung nur in geringem Umfang erreicht werden konnte. Da die Ertragswirkung bei dieser Abgabenform gerade kein Mittel zur Erreichung des Sachzwecks ist, sondern Gestaltungs- und Finanzierungsfunktion einander zuwiderlaufen, ist das Erfordernis, die Abgabenerhebung müsse einen über die Mittelbeschaffung hinausgehenden Sachweck verfolgen, in besonders deutlicher Weise erfüllt. Aufgrund des widerstreitenden Verhältnisses von Gestaltungs- und Finanzierungsfunktion bietet das 142 Zu diesem Typus P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 242 ff.; P. Henseler, Legitimation von Sonderabgaben, 1984, S. 62 ff.; H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 40 ff.; W. Patzig, DÖV 1981, S. 729 (738); W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 58 ff.; F. Rottländer, Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1988, S. 24 f. 143 Vgl. als Beispiele die Schwerbehindertenabgabe, BVerfGE 57, 139 (165 f.), sowie die Feuerwehrabgabe nach Landesrecht, BVerfGE 9, 291; 13, 167; 92, 91 (117). 144 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 243. 145 Dies gilt insbesondere nach Installation einer Marktordnung in einem bestimmten Wirtschaftsbereich, vgl. nur BVerfGE 18, 315 (328 ff.); 37, 1 (16 ff.); 82, 159 (178 ff.). 146 Zu Lenkungsonderabgaben H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 51 ff.; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 245 ff.; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 55 ff.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Kriterium des Lenkungszwecks auch eine wertvolle heuristische Hilfe bei der Ermittlung des Gewichts, das der Finanzierung unter verschiedenen Zwecken einer Zahlungspflicht zukommt.147 Schließlich wird der Förderzweck einer Abgabenpflicht vielfach als Ausprägung eines verfassungsrechtlich gebotenen Gestaltungszwecks betrachtet. Als Förderungsabgaben bezeichnet das Schrifttum Zahlungspflichten, die der Aufrechterhaltung der Existenzfähigkeit oder der Entwicklung ganzer Wirtschaftszweige oder Berufsgruppen durch Förderung des Absatzes, der Produktqualität oder vergleichbarer Maßnahmen dienen.148 Regelmäßig erzielen sie Finanzmittel, durch deren Verwendung die Mitglieder der begünstigten Gruppe zur Verfolgung eines Gemeinwohlzwecks befähigt und motiviert werden. Im Gegensatz zu Ausgleichsabgaben ist die Verwirklichung einer Finanzierungsfunktion – die Aufkommenswirkung – ein notwendiges Zwischenziel bei der Realisierung des Förderzweckes. Da die Förderung einer Personengruppe durch Zuführung von Geldmitteln entscheidend von der Finanzierungswirkung der Abgabe abhängt, entfaltet der Förderzweck gegenüber dem Finanzierungszweck nicht dieselbe Unterscheidungskraft wie die vorgenannten Zwecke des Ausgleichs und der Lenkung. Über die genannten Typen hinaus sind weitere Kategorien der Sonderabgabenerhebung gebildet worden, beispielsweise die Gruppen der Verursacherabgaben149 und der Vorteilsabschöpfungsabgaben.150 Da die Mehrheit dieser Kategorien, einschließlich der genannten Beispiele, allerdings nicht anhand des Gestaltungszwecks – im Unterschied zum Finanzierungszweck – der Abgabe, sondern nach dem Legitimationsgrund der finanziellen Sonderbelastung systematisieren, bleiben sie hier unberücksichtigt. Das BVerfG sieht die Qualifikation einer Sonderabgabe als Ausgleichs-, Lenkungs- oder Förderabgabe nicht als entscheidend dafür an, ob und inwieweit die Zulässigkeitsanforderungen an Sonderabgaben auf eine bestimmte Abgabenpflicht Anwendung finden. Das Gericht selbst hat lediglich an die Unterscheidung zwischen sog. Ausgleichsabgaben mit Finanzierungszweck und Ausgleichsabgaben mit einer „auf Verhaltenslenkung gerichteten Antriebs- und 147 Lenkungsfunktion hat BVerfGE 55, 274 (309 f.) beispielsweise der Berufsausbildungsabgabe, BVerfGE 57, 139 (167) auch der Schwerbehindertenabgabe zuerkannt; im Umweltrecht bilden Abwasserabgaben eine Erscheinungsform dieses Typus, dazu U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 34 ff. 148 W. Patzig, DÖV 1981, S. 729 (740); ähnlich P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 248 ff.; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 55 ff. 149 Vgl. K. Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, 1986, S. 86 ff.; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 251 ff.; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 61 f. 150 Vgl. H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 33 ff.

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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Sanktionsfunktion“151 gewisse Folgen für die Anwendbarkeit einzelner Zulässigkeitsvoraussetzungen geknüpft.152 Aus der im Schrifttum getroffenen Systematisierung von Sonderabgaben mit Ausgleichs-, Lenkungs- oder Förderzweck sind daher keine unmittelbaren Rechtsfolgen abzuleiten. Sie besitzt allerdings heuristischen Wert; in dieser Funktion wird auf sie zurückzukommen sein.

B. Die Übertragung der Verfassungsanforderungen an Sonderabgaben I. Rechtfertigung einer Übertragung Für Vergütungsregelungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben ist es typisch, daß von vielen Seiten die Anwendung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben auf diese weitere Form finanzieller Sonderlasten gefordert wird. Dabei verkennen die Befürworter einer Übertragung der Zulässigkeitsanforderungen nicht, daß diese auf fördernde Vergütungsbestimmungen wegen des fehlenden Abgabencharakters dieser Regelungen keine unmittelbare Anwendung finden können. Zwar handelt es sich bei dem „subventionierenden“ Anteil der Vergütung bei wirtschaftlicher Betrachtung um eine Geldleistungspflicht, die nicht im Privatrechtsverhältnis begründet, sondern allein dem Gesetzgeber zuzurechnen, insoweit also hoheitlich auferlegt ist. Doch fließt infolge der Zuweisung dieser Geldleistungspflicht keiner Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Aufkommen zu, wie dies für eine Abgabe Voraussetzung ist.153 Auf der anderen Seite werden diese Entgeltregelungen dazu eingesetzt, Privaten einen Teil ihres finanziellen Handlungspotentials zu entziehen, um dieses der Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe zuzuführen; zumindest nach ihrem Zweck und ihrer Wirkung sind fördernde Vergütungspflichten daher außersteuerlichen Abgaben ähnlich. Aufgrund dieses Spannungsverhältnisses von formeller Ausgestaltung und materieller Wirkung sind Rechtsprechung und Literatur in der Frage der Behandlung abgabenäquivalenter Preisinterventionen gespalten.

151 BVerfGE 67, 256 (277 f.); zu dieser Gruppe G. Schiller, Sonderabgaben in der Wirtschafts- und Finanzverfassung, 2000. 152 Nachdem BVerfGE 57, 139 (167, 169) – Schwerbehindertenabgabe – die Ausgleichsabgabe mit Antriebs- und Ausgleichsfunktion erstmals als eigene Unterkategorie der Sonderabgabe formuliert und entschieden hatte, die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben könnten für diese Abgaben keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen, hat BVerfGE 67, 256 (277 f.) – Investitionshilfeabgabe – nachdrücklich darauf hingewiesen, einzelne Formen von Sonderabgaben könnten nur in engen Grenzen von den allgemeinen Zulässigkeitsanforderungen freigestellt werden. 153 Zum Begriff der Abgabe allgemein F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 2. – Zum fehlenden Abgabencharakter der Referenzregelungen siehe bereits oben § 1 D I.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

1. Formelle Sichtweise Ein Teil des Schrifttums,154 dem sich die Rechtsprechung anschließt,155 will nur solche außersteuerlichen Geldleistungspflichten an Maßstäben der Finanzverfassung messen, aus denen ein Aufkommen entsteht, bei dessen Erhebung, Verwaltung und Verwendung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts unmittelbar beteiligt ist. Nach dieser Auffassung ist entscheidend, ob einer öffentlichrechtlichen Körperschaft aus der Auferlegung der Geldleistungspflicht tatsächlich ein Aufkommen zufließt, ob die juristische Person des öffentlichen Rechts also in ihrem allgemeinen Staatshaushalt oder in einem Sonderfonds Mittel vereinnahmt, die ihre finanzwirtschaftliche Handlungsmacht zumindest vorübergehend mehren. Diese Ansicht stellt die formelle Behandlung der finanziellen Sonderlast, die Organisation des Finanzflusses, in den Vordergrund. Ihr zufolge löst eine außersteuerliche Geldleistungspflicht keinen Rechtfertigungsbedarf vor den Prinzipien der Finanzverfassung aus, sofern die öffentliche Hand nur dadurch an dem Transfer finanzieller Mittel beteiligt ist, daß der Gesetzgeber eine Gruppe Privater zu Zahlungen in bestimmter Höhe verpflichtet und die Gruppe der Zuwendungsempfänger bestimmt. Eine Rechtfertigungsbedürftigkeit gegenüber den Rechtsgütern und Prinzipien der Finanzverfassung wird verneint, wenn ein Hoheitsträger lediglich finanzielles Handlungspotential zwischen Privaten156 verschiebt, die hierdurch zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebundenen Mittel jedoch zu keinem Zeitpunkt der Körperschaft zufließen und von dieser verwaltet werden.157 Für eine Anwendung finanzverfassungsrechtlicher Maßstäbe, wie sie auch in den Anforderungen der Sonderabgabenjudikatur des BVerfG enthal154 Vgl. R. Scholz, ET 1995, S. 600 f.; E. M. Hucko, RdE 1995, S. 141 f.; S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1219); H. Kremser, AöR 121 (1996), S. 406 (415) (Der Autor begreift seine Sichtweise selbst als „wirtschaftliche Betrachtung“.). 155 Vgl. BVerfGE 77, 308 (339); 85, 226 (234 f.); BVerfG, NVwZ 2006, 191 (199); BVerfG, NJW 1997, 573 f.; BGHZ 134, 1 (27 f.) – Stromeinspeisung II; anders LG Karlsruhe, RdE 1996, 75 f. 156 Für den Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V wurde bereits darauf hingewiesen, daß dieser – betrachtet man Rabattgewährung und Erstattungspflicht als einheitlichen Lebensvorgang – einen vertikalen Finanzfluß zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen bewirkt, siehe oben § 1 E II sowie § 3 F. – Dementsprechend werden Arzneimittelabschläge im Schrifttum zum Teil als Sonderabgaben auch in einem formellen Sinne begriffen (F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (352 f.); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (414 ff.)), während andere Autoren sie als sonderabgabenähnliche Geldleistungspflichten einstufen (H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 37; H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (181)) und von dritter Seite schließlich die Anwendung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben aufgrund einer rein formellen Qualifikation als Preisregelung abgelehnt wird (U. Becker, NZS 2003, S. 561 (564 f.)). 157 Zum Einnahmencharakter einer Geldleistungspflicht als Voraussetzung ihrer finanzverfassungsrechtlichen Relevanz vgl. nur S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1219).

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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ten sind, sei unerläßlich, daß es sich bei dem Gläubiger der Zahlungspflicht um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt.158 Nach dieser formellen Auffassung sind „Quersubventionen“, die der auferlegenden Körperschaft keine finanziellen Mittel zuführen, sondern einen Finanzfluß unmittelbar zwischen den Mitgliedern der sonderbelasteten und der begünstigten Personengruppe zustande kommen lassen, nicht an Maßstäben der Finanzverfassung zu kontrollieren. An gesetzliche Preisinterventionen sind hiernach nur allgemeine Verfassungsanforderungen, insbesondere Vorgaben der Kompetenzordnung gem. Art. 70 ff. GG und der Grundrechte, anzulegen.159 2. Materielle Betrachtung – Wirkungsäquivalenz von Vergütungsregelungen und Sonderabgaben a) Meinungsbild in der Literatur Gegen diesen Ansatz wendet die überwiegende Ansicht im Schrifttum ein, er vernachlässige den finanzverfassungsrechtlichen Rechtfertigungsbedarf, den auch nicht-abgabenrechtliche Sonderlasten aufwürfen, und ermögliche es dem Gesetzgeber, die Begrenzungs- und Schutzfunktionen der Art. 104a ff. GG dadurch zu umgehen, daß er nach seiner freien Wahl statt nichtsteuerlicher Abgaben fördernde Lohn- und Preisregelungen einsetze.160 Nach dieser Ansicht sind Vergütungsregelungen, durch die – ebenso wie durch Sonderabgaben – den Mitgliedern einer bestimmten gesellschaftliche Gruppe „voraussetzungslos“ eine Geldleistungspflicht zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben auferlegt werde, den Zulässigkeitsvoraussetzungen unterworfen, welche das BVerfG für Sonderabgaben formuliert hat. Der formelle Umstand, daß Entgeltregelungen keinen vertikalen Finanzfluß zustande kommen lassen – oder sich dieser, wie im Falle des Herstellerabschlags für Arzneimittel gem. § 130a SGB V, lediglich aus der Verringerung eines in umgekehrter Richtung verlaufenden Finanzstroms ergibt – wird von den Vertretern dieser Auffassung zwar anerkannt, es wird ihm jedoch keine entscheidende Bedeutung für die 158 So insbesondere R. Scholz, ET 1995, S. 600 (601); dazu auch M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 126. 159 BVerfG, NVwZ 2006, 191 (199); R. Scholz, ET 1995, S. 600 (602); S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1219); H. Kremser, AöR 121 (1996), S. 406 (414). 160 Zur SER: K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 (598); H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 (42 f.); M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 77 f. – Zu den Arzneimittelrabatten: H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 37; H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (181). – Für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld: C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 108 f.; E. Kreßel, Anmerkung zu BAG, AP Nr. 13 zu § 14 MuSchG 1968, Bl. 1448.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Ausbildung verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen zugemessen. Entscheidend ist für diese Ansicht, daß Quersubventionen und Sonderabgaben sich in ihren rechtlichen und tatsächlichen Wirkungen gleichen.161 Da fördernde Vergütungsregelungen insbesondere gegenüber den sonderbelasteten Privaten eine vergleichbare Belastungswirkung wie Sonderabgaben entfalteten, könne es für ihre verfassungsrechtliche Beurteilung nicht allein maßgebend sein, daß Gläubiger der Geldleistungspflicht nicht eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern in der Regel die Mitglieder einer Gruppe Privater seien. Denn – so wird der Grundgedanke dieser Betrachtung häufig formuliert162 – ergänze man den Finanzfluß einer solchen Entgeltregelung im Geiste um einen Sonderfonds, in dem die transferierten Geldmittel vor ihrer Zuwendung an die begünstigte Gruppe vorübergehend von der öffentlichen Hand verwaltet werden, so unterscheide sich dieser Finanzierungsmechanismus in nichts mehr von der Erhebung einer Sonderabgabe. Hoheitlich auferlegte Vergütungspflichten erscheinen bei einem solchen hypothetischen Vergleich gesetzgeberischer Handlungsformen als Sonderabgaben auf gleichsam „abgekürztem Zahlungswege“,163 bei dem die öffentliche Hand „in ihrer Funktion als Abgabengläubiger, Auszahlungs- und Verteilungsstelle ,übersprungen‘“ werde.164 Da die formelle Konstruktion – der Verlauf des Finanzflusses – durch den Gesetzgeber beliebig manipulierbar sei,165 könne sie nicht die verbindliche Grundlage der Entscheidung bilden, welche Rechtfertigungsanforderungen an Preisinterventionen anzulegen sind. Ungeachtet der formellen Unterschiede müsse daher bei einer materiellen Betrachtung darauf gesehen werden, ob Entgeltregelungen in ihren Wirkungen auf die Verfassungsrechtsgüter und Prinzipien, die durch Sonderabgaben gefährdet werden können, den Sonderabgaben gleichkommen. Entscheidend für diese materielle Sichtweise sind mithin die Auswirkungen abgabenäquivalenter Preisregulierung auf die Rechte des in Anspruch genommenen Privaten sowie auf sonstige Rechtsgüter und Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere der Finanzverfassung. Die Notwendigkeit einer materiellen Betrachtung wird für alle Referenzregelungen dieser Untersuchung166 sowie für weitere Zwangsvergütungen vertre161 So insbesondere H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 (42 f.); vgl. zur wirkungsbezogenen Sicht auch M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 124 f., 128. 162 H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 (42); M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 114; H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 (930). 163 H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 (929). 164 So H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 (42). 165 Vgl. LG Karlsruhe, RdE 1996, 75; K. H. Friauf, Zwangssubventionierung, 1995, S. 89, 97 f.; ders., ET 1995, S. 597 (598 f.); M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 76. 166 Siehe Fn. 160.

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ten.167 Ein unbestreitbarer Vorzug dieses Ansatzes besteht darin, daß er von den finanzverfassungsrechtlichen und grundrechtlichen Schutzgütern ausgeht, die durch finanzielle Sonderlasten allgemein beeinträchtigt werden können, und auf eine vollständige Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsbedarfs solcher Geldleistungspflichten nicht allein mit Blick auf formelle Konstruktionen verzichtet. Allerdings unterscheiden sich die Literaturstimmen, welche die Wirkungsäquivalenz von Preisregelungen und Sonderabgaben als Rechtfertigung einer Übertragung von Zulässigkeitsvoraussetzungen herausstellen, in der Sorgfalt, mit der sie diesen Befund der Wirkungsäquivalenz – häufiger ist von Wirkungs„gleichheit“ die Rede168 – nachweisen. Nur wenige Autoren benennen sämtliche Schutzgüter, die durch Sonderabgaben beeinträchtigt werden können, differenzieren zwischen den jeweiligen Schutzanforderungen und betrachten Vergütungsregelungen eingehend darauf, ob auch sie diese Verfassungsrechtsgüter in vergleichbarer Weise gefährden.169 Häufig beschränkt sich die Darlegung einer Wirkungsäquivalenz von Preisdiktat und Sonderabgabe auf den Hinweis, für den einzelnen Geldleistungspflichtigen mache es keinen Unterschied, ob der Empfänger der Geldleistung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder ein anderer Privater sei.170 Bei dieser Argumentation beschränkt sich der Befund der Wirkungs„gleichheit“ jedoch auf die äquivalente Belastungswirkung für den Pflichtigen, während andere Schutzgüter als die Rechte des einzelnen nicht in den Blick genommen werden. Wenngleich es sich bei der Belastungswirkung für den in Anspruch genommenen Grundrechtsträger um die zentrale Zulässigkeitsfrage abgabenähnlicher Preisinterventionen handeln dürfte, entfalten finanzielle Sonderlasten doch auch Wirkungen auf Schutzgüter der Finanzverfassung, die es folglich bei einem Wirkungsvergleich von Sonderabgaben und Zwangsvergütungen ebenfalls zu berücksichtigen gilt. Denn es erscheint überaus zweifelhaft, ob allein die Vergleichbarkeit der Belastungswirkung für den Pflichtigen eine Übertragung sämtlicher Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben rechtfertigt, zumal einzelne von diesen eher kompetenzrechtliche als individualschützende Begrenzungsfunktionen erfüllen. Darüber hinaus ist auch dem Befund einer äquivalenten Belastungswirkung nichts darüber zu entnehmen, ob hieraus Anforderungen 167 Vgl. etwa das Vorbringen der Antragsteller in BVerfGE 77, 308 (317); 85, 226 (230); zur Lohnfortzahlungspflicht der Arbeitgeber bei Krankheit des Arbeitnehmers vgl. R. Wank, Arbeiter und Angestellte, 1992, S. 157. 168 H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 (43); C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 109. 169 So insbesondere K. H. Friauf, Zwangssubventionierung, 1995, S. 80 ff.; eingehendere Betrachtungen auch bei M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 131 ff.; M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 79 f., 86 f.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 179 f. 170 H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 (42); C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 109; wenig weitergehend LG Karlsruhe, RdE 1996, 75 f.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

an die Rechtfertigung einer „Quersubvention“ vor dem Prinzip der Lastengleichheit gem. Art. 3 Abs. 1 GG oder an ihre Vereinbarkeit mit Freiheitsrechten des Geldleistungspflichtigen hergeleitet werden. Wird lediglich ganz allgemein die „Wirkungsgleichheit“ von Preisinterventionen und Sonderabgaben festgestellt, so bleibt unklar, ob es sich hierbei um die Auswirkungen der finanziellen Sonderlast auf finanzverfassungsrechtliche Schutzgüter wie die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen für Steuern aus Art. 105 ff. GG und die parlamentarische Ausgabenbewilligungskompetenz gem. Art. 109 Abs. 1, 110 Abs. 2 S. 1 GG oder um Grundrechtsgarantien wie das Gebot der Lastengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG und die Freiheitsrechte des Pflichtigen handelt. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben erfüllen jedoch, wie noch näher zu sehen sein wird,171 Schutzfunktionen für eine ganze Reihe von Verfassungsrechtsgütern; wird ihre Übertragung auf den Befund einer Wirkungsäquivalenz oder gar „-gleichheit“ gestützt, muß hierzu ein Zusammenhang zwischen den einzelnen Wirkungen einer Vergütungsregelung und den schutzbedürftigen Rechtsgütern hergestellt werden. Denn eine äquivalente Wirkung verschiedener Handlungsformen kann immer nur mit Blick auf ein bestimmtes Schutzgut nachgewiesen werden.172 Der globale Befund der sonderabgabenäquivalenten Wirkung eines Preisdiktates ist nur dann zutreffend festgestellt, wenn von dieser Regelung auf alle maßgeblichen Verfassungsrechtsgüter Wirkungen ausgehen, die denen einer Sonderabgabe äquivalent sind. Eben dies wird in der Literatur jedoch kaum untersucht. b) Reaktionen der Rechtsprechung Die vergleichsweise geringe Präzision, mit der die Wirkungsäquivalenz von Vergütungspflichten und Sonderabgaben bislang in der Literatur dargelegt worden ist, dürfte dazu beigetragen haben, daß sich die Rechtsprechung bis heute in keinem Fall für eine materielle Betrachtung von Preis- und Lohnregelungen entschieden hat. Zwar hat das BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit von Lohnfortzahlungspflichten der Arbeitgeber zum Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung ihrer Beschäftigten ausgeführt, diese Geldleistungspflichten seien „auch bei materieller Betrachtung nicht mit einer Sonderabgabe zu vergleichen.“173 Die darauf folgenden Ausführungen des Gerichts belegen jedoch, daß sich dieses in der Sache auf eine rein formelle Betrachtung „subventionierender“ Geldleistungspflichten in Privatrechtsverhältnissen beschränkt. Soweit das Gericht die An171 172 173

Siehe hierzu eingehend unten § 7 C I. Übereinstimmend M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 130. Hierzu und zum folgenden BVerfGE 77, 308 (339).

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wendung abgabenrechtlicher Grundsätze damit ablehnt, im Falle von Lohnfortzahlungspflichten gehe es „nicht darum, Einnahmen für öffentliche Haushalte zu erzielen“, da Geldleistungspflichten gegenüber dem Staat nicht begründet würden, bleibt diese Betrachtung rein formell. Andeutungsweise wagt sich das BVerfG über eine formelle Qualifikation hinaus, wenn es abschließend erklärt, ein „gesetzgeberischer Formenmißbrauch zur Umgehung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Sonderabgabe“ sei „nicht feststellbar.“ Diese Feststellung trifft das Gericht jedoch ohne Begründung. In gleicher Weise verfährt es auch in der Entscheidung über die – ähnlich gestaltete – Lohnfortzahlungspflicht zur Förderung ehrenamtlichen Engagements in der Jugendarbeit.174 Auch der BGH führt im Gewande einer materiellen Betrachtung eine rein formelle Qualifikation der Stromeinspeisungsregelung durch. Er erklärt zu den Leistungspflichten nach §§ 3, 4 StrEG 1991, diese seien „auch ihrem materiellen Gehalt nach keine Abgabenlasten, weil keine Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand erreicht“ werde, und führt sodann aus, das StrEG regele die privatrechtlichen Beziehungen zwischen EVU und Einspeisern, erziele für die öffentliche Hand jedoch „weder unmittelbar noch mittelbar Einnahmen.“175 Die finanziellen Förderungspflichten der EVU seien „auch nicht deshalb verfassungsrechtlich wie Abgabenlasten zu behandeln, weil sich dieselbe Förderwirkung auch durch die Erhebung einer Sonderabgabe erreichen ließe“, denn der Gesetzgeber habe diesen Weg „gerade nicht gewählt.“176 Wie schon das BVerfG in der soeben referierten Entscheidung, so schließt auch der BGH seine Ausführungen mit dem apodiktischen Hinweis, ein gesetzgeberischer Formenmißbrauch zur Umgehung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Sonderabgabe liege darin nicht.177 Nicht einmal andeutungsweise läßt sich das BVerfG auf eine materielle Betrachtung ein, wenn es die Verfassungsmaßstäbe bestimmt, die nach seiner Ansicht an die Arzneimittelrabatte der §§ 130, 130a SGB V anzulegen sind.178 Es stellt allgemein fest, die Maßstäbe für die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben seien „nicht auf staatliche Preisreglementierungen wie Mindestvergütungen oder Zwangsrabatte anwendbar.“ Sinn und Zweck der Sonderabgabenjudikatur des BVerfG sei es, „eine Umgehung der Finanzverfassung in den Fällen zu verhindern, in denen der Gesetzgeber unter Rückgriff auf seine Kompetenzen aus Art. 70 ff. GG den Bürger jenseits der finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln mit nichtsteuerlichen Abgaben belegt.“ Preisinterventionen des Staates wirkten sich demgegenüber „nur im Bereich privatautonom vereinbarter 174 175 176 177 178

Vgl. BVerfGE 85, 226 (234 f.). BGHZ 134, 1 (27 f.) – Stromeinspeisung II. BGH, a. a. O., S. 28. Vgl. BGH, ebd. Zum folgenden BVerfG, NVwZ 2006, 191 (199) – Beitragssatzsicherungsgesetz.

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Leistungsbeziehungen aus; der Schutzzweck der Rechtsprechung zu den Sonderabgaben greift hier nicht ein.“ In den Fällen, in denen der Gesetzgeber auf eine Abgabenpflicht und entsprechende Finanzierungsinstrumente verzichte, sei „nicht die Finanzverfassung der entscheidende Prüfungsmaßstab.“ Daß der Ansatz der materiellen Betrachtung hohe Anforderungen an die Darlegung der Wirkungsäquivalenz von Vergütungspflichten und Sonderabgaben stellt und zugleich das große Risiko birgt, die Rechtsprechung werde das Vorbringen materieller Wirkungsgleichheit wegen unzureichender Begründung zurückweisen, veranschaulicht der Beschluß des BVerfG über einen Antrag des LG Karlsruhe, mit dem dieses die Stromeinspeisungsregelung in der Fassung des StrEG 1991 im Verfahren der konkreten Normenkontrolle vorlegte. Das Landgericht hatte die Anwendbarkeit der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben auf die SER damit begründet, die „verfassungsrechtliche Beurteilung einer Heranziehung einzelner Gruppen von Bürgern oder Unternehmen zur Finanzierung bestimmter öffentlicher Aufgaben“ richte sich „nach materiellen Kriterien und nicht nach der vom Belieben des Gesetzgebers abhängigen rechtstechnischen Ausgestaltung.“179 Durch die SER würden die Einspeiser regenerativ erzeugten Stroms durch die EVU in einer Weise finanziell unterstützt, „die sich weder in ihrer Belastungswirkung für die Verpflichteten noch in ihrer Förderwirkung für die Begünstigten von einer Subventionierung unterscheidet, die über einen Sonderfonds abgewickelt wird.“180 Das Landgericht argumentierte damit in einer für die materielle Betrachtung geradezu klassischen Weise. Das BVerfG erklärte den Vorlagebeschluß für unzulässig, da das Gericht seine Auffassung, trotz einer formellen Qualifikation der SER als Preisfestsetzung seien finanzverfassungsrechtliche Maßstäbe anwendbar, nicht hinreichend dargelegt habe.181 Das Gericht verkenne insoweit, daß die rechtliche Beurteilung staatlichen Handelns „zunächst die Unterscheidung zwischen dem Mittel und dem Ziel des Handelns voraussetzt. So mögen das Ziel und auch die Belastungswirkung der beiden Handlungsformen identisch sein, ohne daß aber allein deshalb die für das Abgabenrecht geltenden Maßstäbe (Finanzverfassung) unbesehen auf eine Preisregelung anzuwenden wären.“ Zwar könne eine Preisfestsetzung, „welche einen Anbieter ,subventioniert‘, um einen Interessenausgleich zu erreichen, den die Marktbedingungen nicht leisten können, im Einzelfall weitgehend die gleichen Wirkungen erzielen wie eine Sonderabgabe“, dies alleine führe aber nicht schon dazu, daß „eine entsprechende Anwendung der Art. 104a ff. GG und ihres Ausschließlichkeitsanspruchs zu rechtfertigen wäre.“182 Im Schrifttum ist der Frage große Aufmerksamkeit geschenkt worden, 179 180 181 182

LG Karlsruhe, RdE 1996, 75. LG Karlsruhe, a. a. O., S. 76. Zum folgenden BVerfG, NJW 1997, 573. BVerfG, NJW 1997, 573 (574).

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ob das BVerfG sich in diesen Passagen zumindest im Grundsatz für eine materielle Betrachtung ausgesprochen habe,183 doch bieten die Ausführungen des Gerichts für eine solche Schlußfolgerung keine Grundlage. Die spätere Rechtsprechung, etwa der dargestellte Beschluß zur Verfassungsmäßigkeit der Arzneimittelrabatte nach §§ 130, 130a SGB V, läßt eher auf das Gegenteil schließen. Fest steht allein, daß die Schwierigkeit und Aufwendigkeit, die umfassende Wirkungsäquivalenz einer Zwangsvergütung mit einer alternativen Sonderabgabe schlüssig und lückenlos nachzuweisen, auch in Zukunft Gerichtsentscheidungen erwarten läßt, die – sofern sie sich auf eine materielle Betrachtung von Preisinterventionen einlassen – eine Übertragung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben mangels einer hinreichend dargelegten Wirkungsäquivalenz ablehnen. Dies gibt Anlaß zu der Frage, ob die Übertragung der Rechtmäßigkeitsanforderungen für Sonderabgaben der gebotene und etwa der einzig gangbare Weg zur Ausbildung sachgerechter Prüfungsmaßstäbe für abgabenähnliche Preisinterventionen ist; hierauf wird im folgenden zurückzukommen sein. 3. Eingrenzungsbedarf als Folge einer materiellen Betrachtung Die Vertreter einer formellen Betrachtung des Rechtfertigungsbedarfs außersteuerlicher Geldleistungspflichten ziehen eine Grenzlinie zwischen Abgaben und anderen Formen finanzwirtschaftlichen Staatshandelns, ohne die Frage aufzuwerfen, ob auch nicht-abgabenrechtliche Geldleistungspflichten mit den Gewährleistungen der Finanzverfassung in Konflikt geraten können.184 Ob durch diese Sichtweise der finanzverfassungsrechtliche Rechtfertigungsbedarf von Geldleistungspflichten zwischen Privaten in allen Fällen ausreichend erfaßt und berücksichtigt wird, kann bezweifelt werden. Die Frage, ob auch hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten außerhalb des Abgabenrechts Schutzgüter und Prinzipien der Finanzverfassung beeinträchtigen können, ist nur dadurch zu beantworten, daß auf Grundlage der materiellen Betrachtung die Auswirkungen abgabenäquivalenter Preisregulierung auf diese Verfassungsgewährleistungen untersucht werden. Eine Klärung des finanzverfassungsrechtlichen Rechtfertigungsbedarfs solcher Geldleistungspflichten muß also einstweilen die materielle Sichtweise zugrunde legen. Nimmt man eine materielle Betrachtung nicht-abgabenrechtlicher Geldleistungspflichten ein, so ergibt sich allerdings ein Folgeproblem: Eine Belastungswirkung, die derjenigen von Sonderabgaben zumindest ähnlich ist, läßt sich für eine Vielzahl nicht-abgabenrechtlicher, auch privatrechtlicher Geldleistungspflichten feststellen. Würde allein der Befund einer sonderabgabenähnlichen 183 Vgl. nur S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 174 f. m.w. N. 184 Vgl. R. Scholz, ET 1995, S. 600 ff.; E. M. Hucko, RdE 1995, S. 141 f.

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Belastungswirkung für den Pflichtigen eine Übertragung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben auf alle Geldleistungspflichten gebieten, auf die dieser Befund zutrifft, so wäre die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers bei der gesetzlichen Regelung von Geldleistungspflichten unter Privaten erheblich eingeschränkt. Der Gesetzgeber wäre bei der Einführung und Ausgestaltung von Geldleistungspflichten, die sich aus Rechtsverhältnissen zwischen Privaten ergeben, möglicherweise auch dann an die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Sonderabgabenjudikatur des BVerfG gebunden, wenn von der betreffenden Regelung keine Bedrohung von Schutzgütern der Finanzverfassung ausgehen könnte. Durch ein einseitiges Abstellen auf die Vergleichbarkeit der Belastungswirkung würden somit unter Umständen die Schutzzwecke der Finanzverfassung verfehlt und ungerechtfertigt hohe Anforderungen an die Zulässigkeit gesetzlich auferlegter Geldleistungspflichten unter Privaten gestellt. Überwiegend sehen die Befürworter einer materiellen Betrachtung daher die Notwendigkeit, den Kreis der Regelungen, die den Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben unterworfen werden, durch ergänzende Kriterien näher einzugrenzen.185 Durch diese Eingrenzung soll gewährleistet werden, daß finanzverfassungsrechtliche Maßstäbe nur an solche Regelungen angelegt werden, durch die auch tatsächlich Schutzgüter der Finanzverfassung beeinträchtigt werden. In diesem Sinne wird unterschieden zwischen Geldleistungspflichten in Privatrechtsverhältnissen, die Rechtsgüter der Finanzverfassung in ähnlicher Weise gefährden wie Sonderabgaben und daher den für diese geltenden Anforderungen zu unterwerfen sind, und solchen privatrechtlichen Zahlungspflichten, die mit Blick auf Art. 104a ff. GG unbedenklich und deshalb an keine qualifizierten Zulässigkeitsvoraussetzungen zu binden sind.186 Im folgenden werden die im Schrifttum vorgeschlagenen Eingrenzungskriterien vorgestellt und auf ihre Tauglichkeit zu einer schutzgutgerechten Ergänzung der materiellen Betrachtung untersucht. II. Kriterien der Übertragung 1. Die Unterscheidung von Finanzrecht und Wirtschaftslenkung Einen ersten Ansatz zur Abgrenzung privatrechtlicher Geldleistungspflichten, die an der Finanzverfassung zu messen sind, von solchen, für die diese Notwendigkeit nicht besteht, bildet die Unterscheidung, ob eine Regelung ein „Institut des Finanzrechts“ oder aber ein „Mittel der Wirtschaftslenkung“ sei. Die Unter185 Vgl. M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 84; M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 129; S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1219); S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 178 f. 186 Vgl. insbesondere M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 89 ff.

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scheidung findet sich häufiger in der frühen Rechtsprechung des BVerfG zu Sonderabgaben. Sie dient dort zur Abgrenzung von Steuern, für die die Kompetenzgrundlagen und handlungsformspezifischen Zulässigkeitsanforderungen der Art. 105 ff. GG gelten, zu Sonderabgaben, die das Gericht als sachgestaltende Maßnahmen der Wirtschaftslenkung den allgemeinen Aufgabengesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG zuordnet.187 Wie bereits diese frühe Rechtsprechung, in der das BVerfG in keinem Fall erläutert, weshalb eine „wirtschaftslenkende“ Geldleistungspflicht keinen finanzverfassungsrechtlichen Zulässigkeitsanforderungen unterliegt, zeigt, birgt die Unterscheidung in hohem Maße die Gefahr, eine dezisionistische Entscheidungspraxis zu begründen. Der Begriff der Wirtschaftslenkung stellt keinen wohldefinierten Rechtsbegriff, sondern eine konturenarme Umschreibung einer Vielzahl verschiedenartiger staatlicher Maßnahmen dar, denen ein abstrakter Zweck gemeinsam ist. Der Begriff verleitet deshalb dazu, die Abgrenzung zwischen finanzverfassungsrechtlich rechtfertigungsbedürftigen und unbedenklichen Geldleistungspflichten im Wege apodiktischer Feststellung zu treffen. Zudem täuscht die Unterscheidung eine Alternativität von Wirtschaftslenkung und finanzverfassungsrechtlich relevantem Staatshandeln vor, die in Wirklichkeit nicht besteht. Wirtschaftslenkende Gesetze und solche Regelungen, die Schutzgüter der Finanzverfassung gefährden, bilden keine exklusiven Kategorien, sondern formulieren Eigenschaften, die häufig miteinander einhergehen. Bezeichnend für die Tauglichkeit dieses Eingrenzungskriteriums ist es, daß die frühe Verfassungsrechtsprechung auf seiner Grundlage jeglichen finanzverfassungsrechtlichen Rechtfertigungsbedarf von Sonderabgaben leugnen konnte, während er heute einhellig anerkannt wird. Angesichts der Zulässigkeit verhaltenslenkender Steuergesetze hätte sich die mangelnde Eignung dieses Ansatzes schon der frühen Rechtsprechung des BVerfG aufdrängen müssen, belegt sie doch, daß Wirtschaftslenkung und finanzverfassungsrechtliche Relevanz Attribute ein und desselben Abgabentatbestandes sein können. Zu den grundsätzlichen Bedenken an der Tauglichkeit dieses Eingrenzungskriteriums treten Zweifel an der Art und Weise seiner Anwendung auf Entgeltregelungen. Bei der Anwendung auf fördernde Vergütungspflichten wird das Eingrenzungskriterium meist so formuliert, daß als Institut des Finanzverfassungsrechts – und damit als finanzverfassungsrechtlich rechtfertigungsbedürftig – nur eine Geldleistungspflicht verstanden wird, deren Gläubiger eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, aus der einem öffentlichen Gemeinwesen oder einem Sonderfonds also ein Aufkommen zufließt.188 Bei dieser Ausgestal187 Vgl. BVerfGE 8, 274 (316 f.) unter Verweis auf E 4, 7 (13 ff.); ähnlich E 18, 315 (328 f.); zu dieser Rspr. auch K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (109 ff.); P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 198; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 259.

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tung verläßt das Eingrenzungskriterium jedoch den Boden einer materiellen Betrachtung und verwandelt sich in die – oben dargestellte – formelle Sichtweise von Preisinterventionen. Es bedarf auch aus diesem Grund hier keiner weiteren Betrachtung. 2. Der Zweck der Regelung Weiter wird in der Literatur vorgeschlagen, den Kreis der finanzverfassungsrechtlich relevanten Zahlungspflichten nach dem Zweck der Regelung einzugrenzen. Dabei steht außer Frage, daß Geldleistungspflichten, durch die der Gesetzgeber die Finanzierung öffentlicher Aufgaben sicherstellt, insbesondere Zahlungspflichten, die sich aus „subventionierenden“ Vergütungsregelungen ergeben, stets auch Anliegen im öffentlichen Interesse, also Gemeinwohlzwekken, dienen. Vor diesem Hintergrund soll die Eingrenzung danach getroffen werden, ob die Regelung vorrangig der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe oder im Schwerpunkt dem Interessenausgleich innerhalb des auszugestaltenden Privatrechtsverhältnisses dienen soll.189 Entscheidend für die Abgrenzung soll sein, ob nach der Intention des Gesetzgebers die Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe oder der Ausgleich widerstreitender Interessen innerhalb einer Privatrechtsbeziehung den Vorrang einnimmt. Damit sieht sich das Eingrenzungsmerkmal allen Bedenken ausgesetzt, die durch eine Qualifikation gesetzlicher Regelungen nach ihrer Zwecksetzung aufgeworfen werden. Im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Steuern und Sonderabgaben, bei der das Zweckkriterium ebenfalls Einsatz findet,190 wird die Bestimmung des dominanten Zwecks einer Regelung inzwischen gar als „leidige Frage“ bezeichnet.191 Dahinter steht, daß jede Abgrenzung von Handlungsformen und den für sie geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen nach dem Regelungszweck methodisch mit großen Unsicherheiten verbunden ist. Diese ergeben sich zunächst daraus, daß der Gesetzgeber nur selten ausdrücklich in der Gesetzesbegründung dazu Stellung nimmt, welcher der Zwecke, die er mit einer Regelung verfolgt, nach seiner Intention im Vordergrund steht. In diesem Fall kann ein dominanter Zweck allenfalls durch eine Gesamtschau der gesetzlichen Regelungen be188 Vgl. R. Scholz, ET 1995, S. 600 (601) („Die EVU werden zur Zahlung regulierter Preise im unmittelbaren Kontakt mit den Einspeisern verpflichtet. Das ist Preispolitik, damit aber Wirtschaftspolitik, nicht aber Finanzpolitik. Damit aber fehlt der eigentliche Ansatz für jede finanzverfassungsrechtliche Prüfung . . .“); vgl. auch E. M. Hucko, RdE 1995, S. 141 f. 189 M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 138; ähnlich M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 83. 190 Vgl. BVerfGE 67, 256 (275); W. Heun, DVBl. 1990, S. 666 (669 ff.); L. Osterloh, JuS 1982, S. 421 (423). 191 So L. Osterloh, JuS 1982, S. 421 (423); vgl. auch U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 76.

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stimmt werden, doch ist gerade dieses Vorgehen mit erheblichen Unsicherheiten verbunden, bedeutet es doch, „auf die meist nur spekulativ zu erfassenden Motive des Gesetzgebers abzustellen und diese auch noch in ein nach Wertigkeit gestuftes Verhältnis zu bringen.“192 Vor allem wird eine präzise Bestimmung des vorrangigen Regelungszwecks dadurch erschwert, daß ein jeder Zweck zugleich auch Mittel zur Erreichung eines weiteren Zwecks sein kann. Bilden verschiedene Anliegen einer Regelung miteinander eine solche „Zweckkette“, so läßt sich keine Aussage darüber treffen, ob ein Zweck vorrangig um seiner selbst willen verfolgt wird oder in einer dienenden Funktion zu einem weiteren Regelungsziel steht. So läßt sich etwa für die SER nach §§ 4 ff., 14 EEG kaum sinnvoll danach fragen, ob der Gemeinwohlzweck, das Klima und die Reserven endlicher Primärenergieträger vor den Auswirkungen konventioneller Stromerzeugung zu bewahren, den privatrechtsgestaltenden Zweck, den Einspeisern von Strom aus regenerativer Erzeugung eine kostendeckende Vergütung einschließlich einer Gewinnmarge mit Anreizwirkung zu gewähren, überwiegt. Denn durch die gewählte Ausgestaltung des Fördermechanismus hat sich der Gesetzgeber gerade dazu entschlossen, die Ziele des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung dadurch zu verfolgen, daß mittels gesetzlicher Mindestvergütungen der Anteil erneuerbarer Energien an der Gesamtstromerzeugung gesteigert wird. Der privatrechtsgestaltende Zweck steht daher in einer unauflöslichen funktionalen Beziehung zum Gemeinwohlzweck des Umweltschutzes; er steht diesem folglich auch in Bedeutung nicht nach. Angesichts dieser Umstände führt das Zweckkriterium in der Regel nur in besonders eindeutigen Fällen und unter Zuhilfenahme objektiver Gesichtspunkte wie der Ausgestaltung der Regelung und ihren Auswirkungen zu präzisen Abgrenzungsleistungen. Im Falle der SER wird die Handhabung des Kriteriums zusätzlich dadurch erschwert, daß seit Einführung des – nunmehr in § 14 EEG geregelten – bundesweiten Belastungsausgleichs die endgültige finanzielle Sonderbelastung nicht mehr den primär abnahmeverpflichteten Netzbetreibern verbleibt, sondern an die Gruppe der letztversorgenden EVU weitergegeben wird, vgl. § 14 Abs. 3 EEG. Die Finanzierungsaufgabe im öffentlichen Interesse wird dadurch einer Gruppe zugewiesen, die an dem Privatrechtsverhältnis, das durch die gesetzliche Festlegung der Mindestvergütung ausgestaltet wird, gar nicht beteiligt ist.193 Unabhängig von dieser besonderen Schwierigkeit, die sich bei der Anwendung des Merkmals auf die Stromeinspeisungsregelung stellt, kann das Zweckkriterium wegen seiner erheblichen Unschärfe auch allgemein kaum zu aussagekräftigen Abgrenzungsresultaten führen. 192 193

W. Heun, DVBl. 1990, S. 666 (670). Hierzu auch M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 140.

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3. Der Schwerpunkt der Regelung Ähnlichkeiten zu dem Eingrenzungskriterium des Regelungszwecks weist ein weiterer Ansatz auf, der finanzverfassungsrechtlich rechtfertigungsbedürftige und unbedenkliche Geldleistungspflichten unter Privaten danach unterscheiden will, ob der Schwerpunkt der Regelung darauf liegt, eine bestehende Finanzierungsverantwortlichkeit innerhalb des Privatrechtsverhältnisses auszugestalten oder eine besondere Finanzierungsverantwortung der belasteten Gruppe gegenüber der Allgemeinheit zu realisieren. Eine finanzverfassungsrechtlich unbedenkliche „reine Regelung privater Ansprüche“ setzt hiernach voraus, daß „zwischen Belastetem und Begünstigtem eine schon verfestigte Rechtsbeziehung besteht, die die Geldleistungspflicht auch vom Umfang her deckt.“194 Der besonderen Rechtfertigung vor den Gewährleistungen der Art. 104a ff. GG bedürfe die Geldleistungspflicht hingegen dann, wenn die „besondere Rechtsbeziehung“, aus der sich die Auferlegung der Zahlungspflicht rechtfertigt, „in Form von Finanz- und Sachverantwortung gegenüber dem Staat oder Gemeinwesen“ besteht.195 Diese Ansicht geht davon aus, daß sich zwischen einer Finanzierungsverantwortlichkeit, die gegenüber der Allgemeinheit besteht, und einer solchen innerhalb der privatrechtlichen Sonderbeziehung trennen läßt. In der praktischen Anwendung erweisen sich die Resultate dieses Ansatz jedoch als wenig eindeutig, wie die Befürworter dieser Eingrenzungsweise selbst zugeben. Es finde sich „in der Vielgestaltigkeit der Rechtsordnung selten eine klare Gestaltung, die eine eindeutige Lokalisierung der zugrundeliegenden Rechtsbeziehung“ ermögliche; zumeist bestehe „eine doppelte Beziehung in der Form, daß sowohl eine Rechtsbeziehung des Belasteten im Sinne von Sachverantwortung gegenüber dem Gemeinwesen als auch gegenüber dem Begünstigten“ bestehe.196 Eine besondere Schwierigkeit erwächst für diesen Ansatz daraus, daß er von den Gründen, aus denen sich die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Gruppe ergibt, ausgeht, diese als Ausgangspunkt für die Bestimmung der verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstäbe wählt.197 Tatsächlich aber wird es sich bei der Bestimmung der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit oftmals um die diffizilste Frage der Verfassungsmäßigkeit einer finanziellen Sonderlast handeln. Methodisch verspricht es wenig Erfolg, die zentrale Zulässigkeitsfrage zur Vorbedingung für die Ermittlung der anzulegenden Verfassungsmäßigkeitsanforderungen zu erklären.

194 M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 89; kritisch zu dessen Ansatz M. Altrock, a. a. O., S. 136 f. 195 M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 90. 196 M. Pohlmann, ebd. 197 Dazu auch M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 136 f.

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Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob sich überhaupt eine Unterscheidung danach treffen läßt, ob eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit „gegenüber“ der Allgemeinheit oder dem Vertragspartner innerhalb der Privatrechtsbeziehung besteht. Mit Sicherheit kann für eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit nur gesagt werden, wofür, also zur Finanzierung welcher Aufgabe, sie den Pflichtigen trifft. Die Vorstellung, eine Finanzierungsverantwortung bestehe „gegenüber“ einem bestimmten Personenkreis, setzt stillschweigend voraus, die finanzierungsbedürftige Aufgabe werde im überwiegenden Interesse dieser Personengruppe wahrgenommen. Dann aber läuft dieser Ansatz auf das Zweckkriterium – und die mit ihm verbundenen Unsicherheiten – hinaus: Denn die Finanzierungsverantwortung wird nur dann nicht gegenüber der Allgemeinheit bestehen, wenn die Aufgabenerfüllung weniger dem öffentlichen Interesse als dem Interessenausgleich innerhalb des Privatrechtsverhältnisses dient, wenn also die Regelung nicht vorrangig auf die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe zielt. Bei näherem Zusehen führt dieser Ansatz folglich das Zweckkriterium in anderer Gestalt wieder ein und sieht sich infolgedessen auch den gleichen Zweifeln ausgesetzt wie dieses. 4. Abgabenähnliche Vergütungsregelungen als „Formenmißbrauch“ des Gesetzgebers Besonderer Beliebtheit in der Debatte um die an Zwangsvergütungen anzulegenden Verfassungsmaßstäbe erfreut sich der Argumentationstopos des gesetzgeberischen „Formenmißbrauchs“. Auch hierin liegt eine Parallele zu der Entwicklung, die im Verlauf der siebziger Jahre zur Formulierung formenspezifischer Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben führte.198 In der Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit fördernder Vergütungspflichten wird der Begriff des Formenmißbrauchs zumeist schlagwortartig verwendet, ohne daß seine Bedeutung geklärt, seine tatbestandlichen Anforderungen aufgeführt oder seine Rechtsfolge benannt wird. Dabei wird der Begriff nahezu ebenso häufig gegen wie für eine Anwendung finanzverfassungsrechtlicher Maßstäbe auf Preisinterventionen angeführt, in jedem Fall aber bleiben seine Voraussetzungen und Rechtsfolgen im Dunkeln.199 Typisch für die Art und Weise, in der der Begriff im Zusammenhang mit der Zulässigkeit abgabenähnlicher Lohn- und Preisregelungen gebraucht wird, ist die schlichte Feststellung des BVerfG zur Lohnfort198 Vgl. etwa K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (107); W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 141 ff. 199 Vgl. BVerfGE 77, 308 (339); BGHZ 134, 1 (28); M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 125; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 177; H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 (42) (Arndt äußert selbst Kritik an der Konturenlosigkeit des Begriffs.).

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zahlungspflicht der Arbeitgeber nach den Bildungsurlaubsgesetzen einiger Länder, ein gesetzgeberischer Formenmißbrauch zur Umgehung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an Sonderabgaben sei nicht feststellbar.200 Die apodiktische Handhabung des Begriffs wird verständlich, wenn man die Ergebnisse betrachtet, zu denen eingehendere Beschäftigungen mit der Figur des Formenmißbrauchs in der Literatur kommen. Insbesondere Pestalozza201 hat die Verwendung des Begriffs in Literatur und Rechtsprechung analysiert und dabei nachgewiesen, daß ihm nach seiner bisherigen Entwicklung kein weiterer Bedeutungsgehalt zukommt als der Befund eines gesetzgeberischen „Subsumtionsfehlschlags“. Für den Formenmißbrauch im öffentlichen Recht geht Pestalozza davon aus, daß die Qualifikation einer hoheitlichen Maßnahme durch dasjenige Staatsorgan, welches die Maßnahme erläßt – etwa der Gesetzgeber –, für ein anderes Staatsorgan, welches über die Rechts-, insbesondere die Verfassungsmäßigkeit der Maßnahme zu entscheiden hat – etwa das BVerfG –, nicht verbindlich ist. Auch dann, wenn das handelnde Staatsorgan die Maßnahme im Einklang mit dem Wortlaut der Kompetenzgrundlage einer bestimmten Handlungsform zugeordnet hat, bleibt es möglich, daß das zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit berufene Organ im Wege teleologischer und systematischer Auslegung zu dem Ergebnis gelangt, es sei nicht die gewählte, sondern eine andere Handlungsform einschlägig und dieser müßten folglich auch die anzulegenden Zulässigkeitsanforderungen entnommen werden.202 In diesem Fall ist die Qualifikation der Maßnahme durch das handelnde Staatsorgan im Sinne Pestalozzas „fehlgeschlagen“. Der Befund des Formenmißbrauchs besagt demnach nicht mehr, als daß ein Rechtsanwender „wider sein Erwarten die Tatbestandsmerkmale der anvisierten Norm nicht erfüllt.“203 Sowohl das bürgerliche als auch das öffentliche Recht lehrten, daß „Mißbrauch den Vorgang eines Subsumtionsvorschlages und -fehlschlages anläßlich einer ,Rechts‘ausübung umgangssprachlich festhält, nicht mehr.“204 Die Respekt einflößende Vokabel stelle sich insoweit als ein bloß „bequemes und zugleich plastisches Sprachkürzel“,205 als ein „treffendes Schlagwort, das mit dem Ausgang der Sache nichts zu tun hat“,206 heraus. 200 BVerfGE 77, 308 (339); ebenso für die Stromeinspeisungsregelung BGHZ 134, 1 (28). 201 Vgl. C. Pestalozza, „Formenmißbrauch“ des Staates, 1973. – Spätere Arbeiten zur „mißbräuchlichen“ Ausübung von Kompetenzen und Wahl von Handlungsformen gehen in der Klärung des Begriffs und seiner Grundlagen nicht über den durch Pestalozza erreichten Stand hinaus, vgl. nur B. Biervert, Der Mißbrauch von Handlungsformen, 1999; H. Goerlich, „Formenmißbrauch“ und Kompetenzverständnis, 1987. 202 C. Pestalozza, „Formenmißbrauch“ des Staates, 1973, S. 63 ff., 106 ff. 203 C. Pestalozza, a. a. O., S. 63. 204 C. Pestalozza, a. a. O., S. 106. 205 C. Pestalozza, a. a. O., S. 16. 206 C. Pestalozza, a. a. O., S. 26.

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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Auch die Rechtsfolgen dieses Subsumtionsfehlschlages ergeben sich nicht aus einer bestimmten inneren Struktur des Formenmißbrauchs; sie richten sich vielmehr nach den Bestimmungen, die bei einer teleologischen und systematischen Auslegung für die jeweilige Maßnahme einschlägig sind. Pestalozza spricht insoweit von einer „Fiktion der adäquaten Form“ auf Rechtsfolgenseite.207 Geht das zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Regelung berufene Organ bei der Qualifikation im Wege der teleologischen und systematischen Interpretation vor, so bedeutet dies regelmäßig, daß das Organ bei der Frage, welcher Handlungsform die betreffende Maßnahme hinsichtlich ihrer Zulässigkeitsanforderungen zuzuordnen ist, welche Rechtsform insoweit also „adäquat“ erscheint, auch diejenigen Verfassungsrechtsgüter berücksichtigen wird, die durch die Maßnahme beeinträchtigt werden können. Die Ermittlung der einschlägigen Zulässigkeitsanforderungen hat sich daher an den im verfassungsrechtlichen Kontext der Maßnahme berührten Schutzinteressen zu orientieren.208 Überträgt man die Ergebnisse der Untersuchung Pestalozzas zum Begriff des Formenmißbrauchs auf abgabenähnliche Preisinterventionen, so ergibt sich folgendes: Der Gesetzgeber qualifiziert diese als gesetzliche Vergütungsregelungen und sieht – ebenso wie die formelle Auffassung in Rechtsprechung und Literatur – die für diese Handlungsform geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen als einschlägig an. Die Autoren hingegen, die eine materielle Betrachtung fordern, qualifizieren Zwangsvergütungen aufgrund ihrer sonderabgabenähnlichen Wirkung im systematischen Zusammenhang mit denjenigen Verfassungsrechtsgütern und -prinzipien, die nach ihrer Auffassung durch fördernde Vergütungsregelungen genauso bedroht werden wie durch Sonderabgaben. Es sind dies insbesondere die Kompetenzordnung für Steuern, die Prinzipien des Haushaltsverfassungsrechts sowie das Gebot der Lastengleichheit. „Formenmißbrauch“ bedeutet daher im Zusammenhang mit Preisinterventionen nicht mehr, als daß nach überwiegender Auffassung des Schrifttums eine Qualifikation von Lohnund Preisregelungen, die nicht die Schutzgüter der Finanzverfassung und die Lastengleichheit im Wege systematischer Interpretation der allgemeinen Sachgesetzgebungskompetenzen berücksichtigt, diese Schutzgüter vernachlässigt und daher zu unzutreffenden Ergebnissen hinsichtlich der an Vergütungsregelungen anzulegenden Zulässigkeitsanforderungen gelangt. Handelt es sich demnach bei der Figur des Formenmißbrauchs lediglich um eine Umschreibung dafür, daß bei der Qualifikation einer Handlungsform unter Schutzzweckgesichtspunkten eine materielle Betrachtungsweise geboten sein kann, so leistet die Figur des Formenmißbrauchs keinen eigenständigen Beitrag

207 208

C. Pestalozza, a. a. O., S. 115 ff. C. Pestalozza, ebd.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

zur Bestimmung der an Preisdiktate anzulegenden Verfassungsmäßigkeitsanforderungen. Insbesondere ist dem Begriff nichts zu der entscheidenden Frage zu entnehmen, welche Schutzgüter im Wege der systematischen Interpretation von Kompetenzbestimmungen bei der Qualifikation der betreffenden Maßnahme zu berücksichtigen sind; diese Entscheidung kann stets nur mit Blick auf die jeweilige Regelung getroffen werden. Schließlich ergibt sich aus dem Gesagten, daß es sich bei der Figur des Formenmißbrauchs nicht um ein Kriterium handelt, mittels dessen der Kreis aller bei materieller Betrachtung „sonderabgabenähnlich“ erscheinenden Geldleistungspflichten zwischen Privaten unter Schutzzweckgesichtspunkten näher eingegrenzt werden kann. Als Eingrenzungskriterium scheidet der Argumentationstopos daher ebenfalls aus.

III. Kritik Durch die Wahl einer materiellen Sichtweise wird ein weiter Kreis von Geldleistungspflichten unter Privaten für eine Überprüfung an den Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben zugänglich. Wird im Rahmen der materiellen Betrachtung nicht die Wirkungsgleichheit von Zwangsvergütungen und Sonderabgaben bezüglich sämtlicher Schutzgüter der Finanzverfassung, die durch Sonderabgaben gefährdet werden können, untersucht, sondern lediglich die „gleiche“ Belastungswirkung für den Geldleistungspflichtigen in den Vordergrund gestellt, so birgt eine materielle Betrachtung das Risiko, auch solche Zahlungspflichten den Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben zu unterwerfen, durch die Schutzgüter und Prinzipien der Finanzverfassung nicht beeinträchtigt werden. Aus Sicht der Befürworter einer materiellen Betrachtung ist es daher konsequent, wenn der Kreis der Geldleistungspflichten zwischen Privaten, für die bei materieller Anschauung eine Anwendung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben in Betracht kommt, durch ergänzende Kriterien auf solche Regelungen eingegrenzt wird, von denen Beeinträchtigungen der Finanzverfassung auch tatsächlich zu erwarten stehen. Eine Durchsicht der im Schrifttum bislang vorgeschlagenen Kriterien hat jedoch ergeben, daß diese die ihnen zugedachte Eingrenzungsfunktion nicht befriedigend erfüllen. Die Unterscheidung von finanzverfassungsrechtlich relevanten Geldleistungspflichten und bloßen „Maßnahmen der Wirtschaftslenkung“ konstruiert eine künstliche Alternativität von Eigenschaften, die in Wirklichkeit häufig miteinander einhergehen. Sie beruht auf dem Begriff der Wirtschaftslenkung, der keinen definierten rechtlichen Bedeutungsgehalt aufweist. In der Anwendung auf Vergütungsregelungen setzt die Unterscheidung finanzverfassungsrechtliche Rechtfertigungsbedürftigkeit in der Regel mit dem formellen Abgabencharakter einer Zahlungspflicht gleich und wählt damit nicht eine materielle, sondern formelle Sicht.

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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Die Eingrenzungskriterien des Regelungszwecks und des Schwerpunkts der Regelung erweisen sich bei näherer Betrachtung als äußerst rechtsunsicher und praktisch kaum handhabbar. Das Kriterium des Regelungsschwerpunktes setzt in der Form, in der es für die Eingrenzung von „Quersubventionen“ vorgeschlagen wird, zudem voraus, daß über die Grundlagen der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit des Zahlungspflichtigen bei der Auswahl der anzulegenden Verfassungsmaßstäbe bereits Klarheit herrscht; damit führt es die wohl diffizilste Rechtmäßigkeitsfrage als Vorbedingung der Maßstabswahl ein. Der Argumentationstopos des gesetzgeberischen „Formenmißbrauchs“ erschöpft sich in der Beschreibung eines „Subsumtionsfehlschlages“209 auf Seiten des Gesetzgebers. Er unterstreicht die Notwendigkeit, bei der Auslegung von Kompetenzbestimmungen schutzbedürftige Verfassungsrechtsgüter, die durch eine Kompetenzausübung beeinträchtigt werden können, im Wege systematischer Interpretation zu berücksichtigen, liefert jedoch kein geeignetes Kriterium zur Abgrenzung unbedenklicher von finanzverfassungsrechtlich relevanten Geldleistungspflichten zwischen Privaten. Auch unabhängig von den bislang in der Literatur vorgeschlagenen Eingrenzungskriterien bestehen Zweifel, ob die Ausbildung sachgerechter Prüfungsmaßstäbe für fördernde Vergütungsregelungen dadurch gelingen kann, daß ein bestimmter Kreis von Geldleistungspflichten unter Privaten im Wege einer materiellen Betrachtung für „sonderabgabenähnlich“ erklärt wird und sodann die für Sonderabgaben geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen auf diese Regelungen übertragen werden. Das Grundanliegen der Befürworter einer materiellen Betrachtung liegt darin, eine schutzgutbezogene Rechtfertigungsprüfung finanzieller Sonderlasten auch für solche Handlungsformen zu ermöglichen, bei denen diese Notwendigkeit noch nicht – wie bei den Sonderabgaben – zu einer Ausbildung formenspezifischer Prüfungsmaßstäbe geführt hat. Dieses Anliegen wird zwangsläufig verfehlt, wenn zwar durch die Wahl einer materiellen Perspektive die Übertragung finanzverfassungsrechtlich determinierter Zulässigkeitsanforderungen auf Preisinterventionen für möglich gehalten, zugleich jedoch das hinzutretende Eingrenzungskriterium nicht so gewählt wird, daß gerade diejenigen Regelungen an Maßstäben der Finanzverfassung gemessen werden, durch die Schutzgüter der Art. 104a ff. GG gefährdet werden. Die Bestimmung eines ungeeigneten Eingrenzungskriteriums kann daher die Rechtfertigungsprüfung auf einen kleineren Kreis von Regelungen beschränken, als dies unter Schutzzweckgesichtspunkten geboten ist, und hierdurch den rechtsstaatlichen Gewinn einer materiellen Betrachtung weitgehend wieder preisgeben. Es muß jedoch bezweifelt werden, ob dieses methodische Defizit bei Zugrundelegung eines Ansatzes, der zunächst durch eine materielle Betrachtung den 209

C. Pestalozza, „Formenmißbrauch“ des Staates, 1973, S. 106.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Weg zu einer Übertragung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben auf Geldleistungspflichten unter Privaten eröffnet und diese Übertragung sodann anhand eines einzelnen Eingrenzungskriteriums auf finanzverfassungsrechtlich rechtfertigungsbedürftige Transferpflichten beschränkt, überhaupt zu vermeiden ist. Wie im folgenden noch zu sehen sein wird, erfüllen die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben Schutzfunktionen für eine Reihe verschiedener Verfassungsrechtsgüter. Sie sichern die Kompetenzordnung für Steuern gegen Umgehungen durch den Sonderabgabengesetzgeber, der Geldleistungspflichten in besonderer Konkurrenz zur Steuer auf Grundlage der allgemeinen Sachgesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG auferlegt. Sie wahren die gewaltenteilenden und individualschützenden Funktionen des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts gegenüber der Organisation haushaltsflüchtiger Einnahmen- und Ausgabenkreisläufe. Sie verwirklichen schließlich das Prinzip der Belastungsgleichheit auch bei der Zuweisung finanzieller öffentlicher Lasten außerhalb des Steuerrechts. Wird die Übertragung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben, wie die Literatur dies befürwortet, gleichsam „en bloc“ von einem einzelnen Eingrenzungskriterium abhängig gemacht, so besteht zwangsläufig ein hohes Risiko, daß der Rechtfertigungsbedarf von Vergütungsregelungen gegenüber manchen Schutzgütern angemessen erfaßt und berücksichtigt, gegenüber anderen hingegen vernachlässigt wird. Es erscheint kaum vorstellbar, daß ein einzelnes Übertragungskriterium gefunden werden kann, welches den Rechtfertigungsbedarf nicht-abgabenrechtlicher Geldleistungspflichten gegenüber mehreren verschiedenen Verfassungsrechtsgütern zugleich in der gebotenen Weise erfaßt. In Auseinandersetzung mit der materiellen Sichtweise wurde bereits gesehen, daß sich die Wirkungsgleichheit verschiedener Handlungsformen immer nur in Hinsicht auf ein bestimmtes einzelnes Schutzgut feststellen läßt. Von einer gleichen Belastungswirkung zweier formenverschiedener Geldleistungspflichten für den Pflichtigen kann daher nicht darauf geschlossen werden, beide Zahlungspflichten glichen sich auch in ihren gefährdenden Auswirkungen auf verschiedene Schutzgüter der Finanzverfassung. Eine Wirkungsidentität von Zwangsvergütungen und Sonderabgaben, die eine umfassende Übertragung der Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben rechtfertigt, bestünde nur dann, wenn durch Preisdiktate sämtliche Verfassungsrechtsgüter, deren Schutz die Prüfungsmaßstäbe an Sonderabgaben bezwecken, gefährdet würden. Im Falle einer solchen umfassenden Wirkungsgleichheit besteht allerdings für eine weitere Eingrenzung des Kreises rechtfertigungsbedürftiger Zahlungspflichten unter Privaten kein Bedarf mehr. Auch finden sich in der Literatur, die eine Übertragung sonderabgabenrechtlicher Maßstäbe auf Entgeltregelungen fordert, kaum Untersuchungen, die „Quersubventionen“ und Sonderabgaben umfassend, also hinsichtlich aller maßgeblichen Verfassungsrechtsgüter, auf ihre Wirkungsgleichheit hin betrachten.210

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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Hieraus folgt, daß der verfassungsrechtliche Rechtfertigungsbedarf von Preisinterventionen nicht sachgerecht dadurch erfaßt wird, daß eine Wirkungsgleichheit von solchen Regelungen und Sonderabgaben hinsichtlich einzelner, kaum jemals aber aller maßgeblichen Verfassungsrechtsgüter festgestellt und zur Grundlage einer Übertragung von Zulässigkeitsvoraussetzungen gemacht wird. Die Ausbildung verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe für abgabenähnliche Vergütungspflichten hat daher nach anderen Wegen zu suchen, den Rechtfertigungsbedarf dieser finanziellen Sonderlasten gegenüber den Gewährleistungen des Grundgesetzes zu erfassen und in der Formulierung von Zulässigkeitsanforderungen zu befriedigen. Wenngleich eine Übertragung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben aus den dargelegten Gründen ausscheidet, können diese Voraussetzungen dennoch eine wertvolle Hilfe bei der Klärung der an Zwangsvergütungen anzulegenden Verfassungsmaßstäbe leisten. Da die Verfassungsmäßigkeitsanforderungen an Sonderabgaben dazu dienen, den Einsatz dieser Form finanzieller Sonderlasten auf diejenigen Regelungen zu begrenzen, die mit den Schutzgütern der Finanzverfassung sowie den Grundrechten der Geldleistungspflichtigen vereinbar sind, kann eine Analyse dieser Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen zunächst Klarheit darüber schaffen, welche Verfassungsgewährleistungen durch die Zuweisung finanzieller Sonderlasten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben bedroht werden und in welcher Weise die Voraussetzungen zulässiger Sonderabgabenerhebung auf diesen Rechtfertigungsbedarf reagieren. Möglicherweise ergibt die Analyse der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben auch, daß die dadurch formulierten Anforderungen allesamt aus Schutzgütern und Prinzipien der Finanzverfassung und der Grundrechte abgeleitet sind, deren Geltungsanspruch nicht auf außersteuerliche Abgaben beschränkt ist. Daraus wäre zu folgern, daß für eine – aus methodischen Gründen zweifelhafte – Übertragung formenspezifischer Zulässigkeitsvoraussetzungen von vornherein kein Bedarf besteht, da sich aus sämtlichen Verfassungsgewährleistungen, die durch die Zuweisung gemeinwohldienlicher finanzieller Sonderlasten beeinträchtigt werden können, auch „eigene“ Zulässigkeitsvoraussetzungen für abgabenäquivalente Vergütungsregelungen herleiten lassen. Eine Übertragung der Zulässigkeitskriterien für Sonderabgaben wäre unter diesen Voraussetzungen methodisch entbehrlich. Die Ausbildung verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe für „Quersubventionen“ könnte dann unmittelbar an den schutzbedürftigen Rechtsgütern und Prinzipien der Finanzverfassung und der Grundrechte ansetzen, ohne daß die Gefahr bestünde, der Rechtfertigungsbedarf fördernder Vergütungspflichten werde durch eine unzureichende Erfassung der gleichen Wirkungen von Sonderabgaben und Preisregelungen unvollständig ermittelt.

210

Vgl. jedoch K. H. Friauf, Zwangssubventionierung, 1995, S. 80 ff.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Im folgenden wird daher untersucht, welche Verfassungsgewährleistungen durch die Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben gegen Beeinträchtigungen geschützt werden und welche Bedeutung den einzelnen Erfordernissen innerhalb dieser Schutz- und Begrenzungsfunktion zukommt. Es wird der Versuch unternommen, die Schutzfunktion der einzelnen Zulässigkeitsanforderungen freizulegen und sie denjenigen Verfassungsrechtsgütern und -prinzipien zuzuordnen, deren Wahrung sie bezwecken.

C. Die Verfassungsmaßstäbe an Sonderabgaben als „abgeleitete“ Verfassungsanforderungen I. Zuordnung der einzelnen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu Schutzgütern der Finanzverfassung 1. Das Sachzweckerfordernis als Kriterium für Übergriffe des Sachgesetzgebers in Steuerkompetenzen Das Erfordernis, der Gesetzgeber dürfe sich einer Sonderabgabe „nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht“, formuliert das BVerfG erstmals in der Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Abgabe nach dem Investitionshilfegesetz 1982.211 Das Gericht leitet die Darstellung der hinzutretenden Zulässigkeitsvoraussetzung durch ein Zitat aus dem Urteil zur Berufsausbildungsabgabe ein, in dem der Zweite Senat erklärt hatte, das Grundgesetz versage es dem Gesetzgeber, Sonderabgaben zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf des Gemeinwesens zu erheben und das Aufkommen aus Sonderabgaben zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu verwenden.212 Schon aus dem Zitat wird deutlich, daß das Gericht das Erfordernis einer sachgestaltenden Zwecksetzung von Sonderabgaben aus der Notwendigkeit herleitet, die Ausübung von Steuergesetzgebungskompetenzen gem. Art. 105 GG von der Ausübung der allgemeinen Sachgesetzgebungskompetenzen gem. Art. 70 ff. GG abzugrenzen. Auch in seinen Ausführungen zur besonderen Rechtfertigungsbedürftigkeit von Sonderabgaben gegenüber den Gewährleistungen der Finanzverfassung und des Prinzips der Lastengleichheit stellt das BVerfG im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe das besondere Konkurrenzverhältnis von Steuer und Sonderabgabe in den Vordergrund.213 Es hebt hervor, die Bewahrung der bundesstaatlichen Ordnungs- und Ausgleichsfunktion der Art. 104a bis 108 GG mache es „unabdingbar, Steuern und außersteuerliche Abgaben eindeutig voneinander abzu211 212 213

BVerfGE 67, 256 (275). BVerfGE 67, 256 (275) unter Verweis auf E 55, 274 (298). Vgl. BVerfGE 55, 274 (297 ff.).

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grenzen“. Andernfalls lasse es sich „schlechterdings nicht vermeiden, daß der Gesetzgeber unter Inanspruchnahme seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 73 ff. GG auch Abgaben einführt, die in Wahrheit Steuercharakter haben und für die deshalb nach dem Willen des Grundgesetzes die andersartigen Regelungs-, Ertrags- und Verwaltungszuständigkeiten der Finanzverfassung zu gelten haben“. Die Gefahren für die Ordnungsfunktion der Finanzverfassung, die mit einer solchen Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen verbunden seien, gelte es abzuwehren.214 Seine Ursache findet das besondere Konkurrenzverhältnis von Steuer und Sonderabgabe darin, daß die Sonderabgabe, anders als die von der Verfassung als zulässig vorausgesetzten Vorzugslasten,215 aber ähnlich wie die Steuer, „voraussetzungslos“ erhoben, dem Abgabenpflichtigen also ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand auferlegt wird.216 Die Notwendigkeit, die auf Art. 105 GG gestützte Erhebung von Steuern von der Auferlegung sonstiger Abgaben auf Grundlage der Sachgesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG abzugrenzen, besteht jedoch nicht allein für Sonderabgaben, sondern grundsätzlich für alle Formen nichtsteuerlicher Abgaben.217 Das BVerfG eröffnet seine Ausführungen zur Rechtfertigungsbedürftigkeit von Sonderabgaben im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe mit der Erklärung, der Gesetzgeber bedürfe zur Auferlegung öffentlicher Abgaben, die weder Steuern noch Vorzugslasten seien, nicht einer ausdrücklichen verfassungsgesetzlichen „Spezialermächtigung.“ Vielmehr könne er sich bei der Einführung nichtsteuerlicher Abgaben und der Regelung ihrer Verwendung auf die allgemeinen Sachzuständigkeiten nach Art. 73 ff. GG stützen.218 Diese – in der Entscheidung zum Investitionshilfegesetz 1952 erstmals erklärte219 und seither mehrfach bestätigte220 – Auffassung des BVerfG bildet die Grundlage der Zulässigkeit 214

BVerfG, a. a. O., S. 304. Das Grundgesetz regelt die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen für Gebühren und Beiträge nicht, gibt jedoch in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22, Art. 80 Abs. 2 GG zu erkennen, daß es von der Zulässigkeit der Gebührenerhebung ausgeht, vgl. auch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 183; K. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: FS f. Willi Geiger, 1989, S. 518 (519). 216 BVerfGE 55, 274 (304); 67, 256 (275); 92, 91 (113); J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (439 f.); M. Jachmann, StuW 1997, S. 299 (303). 217 F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 10; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 229; J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (443). 218 BVerfGE 55, 274 (297). 219 Vgl. BVerfGE 4, 7 (13). 220 Vgl. aus der Rspr. bis BVerfGE 55, 274 nur E 8, 274 (317); 18, 315 (328 f.); 29, 402 (409); 37, 1 (16 f.). 215

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von Sonderabgaben. Bedürfte der Gesetzgeber für die Erhebung von Sonderabgaben einer speziellen verfassungsgesetzlichen Ermächtigung und schieden die Sachgesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG damit als Kompetenzgrundlage aus, so wären Sonderabgaben mangels einer anderen Gesetzgebungskompetenz für die Auferlegung von Geldleistungspflichten an Art. 105 GG zu messen und folglich unzulässig. Erst auf dem Boden dieser vielfach kritisierten,221 von der Literatur aber letztlich akzeptierten222 Auffassung des BVerfG, der Gesetzgeber benötige für die Auferlegung außersteuerlicher Geldleistungspflichten keine spezielle Ermächtigung in der Verfassung, ergibt sich die Notwendigkeit, Steuern und Sonderabgaben hinsichtlich ihrer Kompetenzgrundlage voneinander abzugrenzen. Das Erfordernis, der Gesetzgeber müsse sich der Sonderabgabe zur Erreichung eines Gestaltungszwecks bedienen, der über die Beschaffung finanzieller Mittel hinausgeht, dient jedoch nicht der Abgrenzung von Steuer und Sonderabgabe, sondern setzt die Qualifikation als Sonderabgabe bereits voraus. Seine Funktion liegt darin, zu verhindern, daß der Aufgabengesetzgeber durch die Auferlegung von Sonderabgaben in unzulässiger Weise in Kompetenzen des Steuergesetzgebers übergreift. Werden Sonderabgaben ausschließlich auf der Grundlage von Sachgesetzgebungskompetenzen erhoben, sind sie aber zugleich den Steuern darin ähnlich, daß sie dem Bürger eine „voraussetzungslose“ Geldleistungspflicht auferlegen, so sind Sonderabgaben in besonderem Maße dazu geeignet, in Kompetenzen des Steuergesetzgebers überzugreifen. Als gesetzgeberischer Kompetenzübergriff ist dabei jedes Handeln des Gesetzgebers anzusehen, das sich auf eine wirksame Kompetenzgrundlage stützt und insofern nicht kompetenzwidrig ist, das jedoch durch seine mittelbaren Auswirkungen die Ausübung anderer Gesetzgebungskompetenzen beeinträchtigt.223 Eine wechselseitige Beeinflussung unter Rechtsakten verschiedener kompetenzieller Grund221 Die Kritik entzündet sich daran, daß das BVerfG seine Position niemals mit einer Begründung versehen hat, vgl. W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 105 m. Fn. 9; K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (104) („ganz apodiktisch aufgestellt“, „nicht einmal den Versuch einer Begründung“); P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 183 f., 195 („keineswegs zweifelsfreie, auch mehr behauptete als begründete Einordnung“). 222 Es steht heute außer Zweifel, daß Sonderabgaben auf der Kompetenzgrundlage der Art. 70 ff. GG erhoben werden können, vgl. nur P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 228. – Nicht mehr vertreten wird hingegen die Auffassung, das „Schweigen“ der Verfassung zu Sonderabgaben deute auf deren grundsätzliche Zulässigkeit hin. So hatten C. Brodersen, Nichtfiskalische Abgaben und Finanzverfassung, in: FS f. Gerhard Wacke, 1972, S. 103 (107 f., 112 f.) und K. M. Meessen, BB 1971, S. 928 f., dem Gesetzgeber ein Wahlrecht zwischen der Erhebung einer Steuer oder derjenigen einer Sonderabgabe zuerkannt, eine besondere Rechtfertigungsbedürftigkeit von Sonderabgaben also geleugnet; kritisch hierzu K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (105 ff.).

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lagen bildet in der Kompetenzordnung des Grundgesetzes einen häufigen, in dieser Ordnung selbst angelegten und daher nicht per se unzulässigen Befund. Als Beispiel kann die Erhebung von Steuern dienen, mit denen der Gesetzgeber neben dem Zweck der Erzielung allgemeiner Staatseinnahmen auch Lenkungsanliegen verfolgt. Lenkungsteuern stützen sich auf die Einnahmengesetzgebungskompetenzen des Art. 105 GG, entfalten jedoch eine verhaltenssteuernde und darin sachbereichsgestaltende Wirkung; sie greifen insofern in die Sachgesetzgebungskompetenzen zur Regelung des betroffenen Sachbereichs über. Diese Übergriffswirkung ist verfassungsmäßig, sofern sie die Ausübung der berührten Sachgesetzgebungskompetenz nicht mit unzulässiger Intensität beeinträchtigt.224 Die Zulässigkeitsgrenzen von Kompetenzübergriffen ermitteln sich daher durch Auslegung der ausgeübten Kompetenz unter Berücksichtigung derjenigen Kompetenzen, die durch ihre Ausübung mittelbar beeinträchtigt werden. Auf die Dogmatik des Kompetenzübergriffs und die Kriterien zur Bestimmung der Grenzen zulässiger Übergriffsintensität wird noch eingehend zurückzukommen sein.225 Zunächst ist jedoch festzuhalten, daß das besondere Konkurrenzverhältnis von Steuer und Sonderabgabe nicht nur die Notwendigkeit begründet, beide Arten von Abgaben begrifflich voneinander abzugrenzen und sie den verschiedenen kompetenziellen Grundlagen der Steuer- und der Sachgesetzgebungskompetenzen zuzuordnen. Aus diesem Konkurrenzverhältnis folgt zugleich die Notwendigkeit, unzulässige Übergriffe des Sachgesetzgebers, der Sonderabgaben auferlegt, in die Kompetenzen des Steuergesetzgebers zu verhindern. Aus den Ausführungen, in denen das BVerfG im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe die besondere Rechtfertigungsbedürftigkeit von Sonderabgaben gegenüber der bundesstaatlichen Finanzverfassung darlegt, ist zu erkennen, daß das Gericht diesen besonderen Rechtfertigungsbedarf aus der Übergriffswirkung von Sonderabgaben in die Kompetenzordnung für Steuern herleitet. So erklärt das Gericht, die Kompetenznormen des Grundgesetzes bestimmten nicht nur, welcher Gesetzgeber zum Erlaß einer Regelung zuständig ist, sondern legten zugleich auch den Umfang der Regelungsbefugnis fest.226 Dies bedeute jedoch nicht, „daß sich die Schranken für die Auferlegung von Sonderabgaben allein aus dem Inhalt und den Grenzen der zugrundeliegenden Sachgebietskompetenz bestimmen lassen“.227 Vielmehr seien die bundesstaatlichen wie auch die indi223 Hierzu eingehend H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 265 ff., 536 ff.; ferner K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen, 1966, S. 25, 28 ff., 33; S. Haack, Widersprüchliche Regelungskonzeptionen, 2002, S. 92 f. 224 H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 267 ff.; W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 143; vgl. auch K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen, 1966, S. 31 f. 225 Siehe hierzu unten §§ 9–13. 226 BVerfGE 55, 274 (298) unter Verweis auf E 34, 139 (146).

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vidualschützenden Aspekte der Konkurrenzsituation zwischen Sonderabgabe und Steuer bei der Auslegung der ausgeübten Aufgabengesetzgebungskompetenz zur Bestimmung des Umfangs der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers in den Blick zu nehmen; denn eine Verfassungsvorschrift dürfe nicht isoliert gesehen werden, sondern müsse „aus dem Gesamtgefüge der Verfassung heraus, also in Rücksicht auf das Prinzip der Einheit der Verfassung ausgelegt werden“.228 Wenn das BVerfG herausstellt, die Funktion, Mittel für den allgemeinen Finanzbedarf des Staates zu gewinnen, sei – unter den voraussetzungslos geschuldeten Abgaben – nach dem Willen der Verfassung ausschließlich der Steuer zugewiesen, so zeichnet es damit vor, bei welchen Auswirkungen der Übergriff des Sachgesetzgebers in Steuergesetzgebungskompetenzen jedenfalls eine unzulässige Intensität erreicht.229 Dient eine Sonderabgabe dazu, Mittel für den allgemeinen Finanzbedarf des Staates zu erzielen, so greift sie hierdurch in unzulässigem Ausmaß in den Kernbereich der Steuergesetzgebungskompetenzen über und ist infolgedessen verfassungswidrig. Die Auferlegung von Sonderabgaben beeinträchtigt jedoch nicht nur die Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen, sondern auch die Verteilung der Steuererträge. Das BVerfG läßt im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe keinen Zweifel daran, daß es die Verteilung der Steuerertragskompetenzen im Bundesstaat durch Sonderabgaben ebenso gefährdet sieht wie die Ordnung der Gesetzgebungskompetenzen. Erkennbar wird dies, wenn das Gericht ausführt, die Art. 104a bis 108 GG sollten als „tragender Eckpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung“ eine Finanzordnung sicherstellen, die den Gesamtstaat und die Gliedstaaten am Gesamtertrag der Volkswirtschaft sachgerecht beteiligt, durch die Bund und Länder also „im Rahmen der verfügbaren Gesamteinnahmen so ausgestattet werden, daß sie die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Ausgaben leisten können“.230 Bei der Verwirklichung dieses Ziels komme der „strikten Beachtung der finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeitsbereiche von Bund und Ländern eine überragende Bedeutung für die Stabilität der bundesstaatlichen Verfassung zu“.231 Indem das Gericht die Bedeutung einer sachgerechten Finanzausstattung von Bund und Ländern betont, stellt es die Wahrung der in Art. 106 GG vorgesehenen Ertragsverteilung durch die Erhebung von Sonderabgaben in den Vordergrund. Allerdings führt das BVerfG keine separaten Kriterien zur Begrenzung der zulässigen Intensität von Übergriffen auf der Ebene der Gesetzgebungs- und der 227

BVerfG, ebd. BVerfG, a. a. O., S. 300, unter Bezugnahme auf E 19, 206 (220); 30, 1 (19); 33, 23 (29); 39, 334 (368). 229 Vgl. BVerfGE 55, 274 (299). 230 BVerfG, a. a. O., S. 300, unter Verweis auf E 32, 333 (338). 231 BVerfGE 55, 274 (300 f.) unter Berufung auf P. Selmer, AöR 101 (1976), S. 238 (240 f.). 228

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Ebene der Ertragskompetenzen ein. Während es in seinen abstrakten Ausführungen zur Rechtfertigungsbedürftigkeit von Sonderabgaben mit gleichem Nachdruck auf die Gefahr von Kompetenzübergriffen auf beiden Ebenen eingeht, beschränkt es sich bei der Formulierung von Zulässigkeitsvoraussetzungen auf das Erfordernis des Gestaltungszwecks. Das Gericht geht offenbar davon aus, daß Sonderabgaben, die ausschließlich Finanzierungszwecke verfolgen, in besonderem Maße geeignet sind, die auferlegende Körperschaft mit zusätzlicher finanzieller Handlungsmacht auszustatten und infolgedessen die Gefahr bergen, die Ertragsverteilung zwischen Bund und Ländern in Ungleichgewicht zu bringen. Indem der Aufgabengesetzgeber an das Erfordernis eines Gestaltungszwecks gebunden wird, wird er daran gehindert, Abgaben mit einem reinen Finanzierungszweck einzusetzen, von denen zu vermuten ist, daß sie aufgrund besonderer Ertragsstärke die steuerliche Ertragsverteilung beeinträchtigen. Bei diesem Verständnis kommt dem Sachzweckerfordernis auch eine Schutzfunktion zugunsten der Ordnung der Steuerertragskompetenzen zu. Keine Erwähnung im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe findet der Schutz der Verwaltungskompetenzen für Steuern vor einer unzulässigen Beeinträchtigung durch Sonderabgabenregelungen. Erkennt man in Sonderabgaben mit dem BVerfG Übergriffe des Sachgesetzgebers in die steuerliche Kompetenzordnung der Art. 104a ff. GG, so wäre konsequenterweise auch nach den Grenzen zulässiger Übergriffswirkungen in Steuerverwaltungskompetenzen zu fragen. Es ist zu vermuten, daß das Gericht den Schwerpunkt der kompetenzrechtlichen Rechtfertigungsbedürftigkeit von Sonderabgaben im Bereich der Gesetzgebungs- und Ertragskompetenzen sieht und die Wahrung der Steuerverwaltungskompetenzen als Folgefrage von nachgeordneter Bedeutung beurteilt. Steht hiernach fest, daß das BVerfG das Sachzweckerfordernis als Kriterium zur Bestimmung der zulässigen Intensität von Übergriffen des Sachgesetzgebers in die Kompetenzordnung für Steuern verwendet,232 so folgt hieraus, daß die Anwendung dieses Kriteriums nicht auf das Konkurrenzverhältnis zwischen Steuern und Sonderabgaben beschränkt ist. Die Notwendigkeit, Übergriffe von unzulässiger Intensität abzuwehren, besteht immer dann, wenn der Gesetzgeber von den Sachgesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG in einer Weise Gebrauch macht, die geeignet ist, die Zuweisung insbesondere der Gesetzgebungsund Ertragskompetenzen für Steuern durch das Grundgesetz zu stören und in Ungleichgewicht zu bringen. Ob und in welchem Maße diese Gefahr auch von Quersubventionen ausgeht, wird zu sehen sein. Einen ersten Anhaltspunkt in dieser Frage gibt die individualschützende Funktion der steuerlichen Kompe-

232 Auch im Schrifttum wird das Sachzweckkriterium als Erfordernis zum Schutz der steuerlichen Kompetenzordnung begriffen, vgl. M. Jachmann, StuW 1997, S. 299 (305); U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 85; G. Schiller, Sonderabgaben in der Wirtschafts- und Finanzverfassung, 2000, S. 95 f.

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tenzordnung, die das BVerfG hervorhebt.233 Die Zuweisung der Gesetzgebungsund Ertragskompetenzen für Steuern dient maßgeblich auch dazu, den Steuerpflichtigen vor einer unkoordinierten und infolgedessen übermäßigen Steuerbelastung zu bewahren und die Last der Besteuerung auf verschiedene Quellen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu verteilen. Kann diese Schutzfunktion durch Sonderabgaben gestört werden und geht von abgabenähnlichen Preisinterventionen – ungeachtet der formellen Unterschiede zwischen beiden Formen finanzieller Sonderlasten – eine vergleichbare Belastungswirkung aus wie von Sonderabgaben, so deutet dies darauf hin, daß die individualschützende Funktion der steuerlichen Kompetenzordnung durch Vergütungsregelungen in gleicher Weise beeinträchtigt werden kann wie durch Sonderabgaben. In jedem Fall ist die Notwendigkeit, die Kompetenzordnung für Steuern durch die Entwicklung von Kriterien zur Bestimmung der zulässigen Übergriffsintensität außersteuerlicher Geldleistungspflichten zu schützen, nicht auf Sonderabgaben beschränkt, sondern immer dann gegeben, wenn die bundesstaatlichen und grundrechtsschützenden Funktionen dieser Kompetenzordnung durch die Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen beeinträchtigt zu werden drohen. 2. Das Budgetbewilligungsrecht des Parlaments Neben der bundesstaatlichen Kompetenzordnung für Steuern gem. Art. 105 ff. GG, deren Schutz das Sachzweckkriterium dient, geht die Verfassungsrechtsprechung noch in weiteren Anforderungen auf den kompetenzrechtlichen Rechtfertigungsbedarf von Sonderabgaben ein. Die Erfordernisse der gruppennützigen Verwendung, der periodischen Legitimation und der hinreichenden Dokumentation von Sonderabgaben zielen auf den Schutz der Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers. Sie wahren die wesentlichen Funktionen des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts auch beim Einsatz des haushaltsflüchtigen Finanzierungsinstruments der Sonderabgabe und treten funktionell an die Stelle zentraler Haushaltsgrundsätze. a) Gruppennützige Verwendung als Kompensation der Haushaltsflüchtigkeit Durch die Erhebung von Sonderabgaben und die Verwendung ihres Aufkommens organisiert der Sachgesetzgeber Einnahmen- und Ausgabenkreisläufe außerhalb des allgemeinen Staatshaushalts. In der Regel werden weder die durch Sonderabgaben erzielten Finanzmittel als Einnahmen in den Staatshaushalt eingestellt, noch unterliegt die Aufkommensverwendung der Budgetbewilligungs233 Vgl. BVerfGE 55, 274 (300, 302 ff.); zuvor bereits P. Kirchhof/H. Walter, NJW 1970, S. 1575 (1580 f.).

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kompetenz des Haushaltsgesetzgebers. Für haushaltsflüchtige Sonderabgaben kann das parlamentarische Budgetbewilligungsrecht daher die ihm zugedachten Funktionen nicht erfüllen. Zu diesen Funktionen gehört es zum einen, dem Parlament die als Folge der staatlichen Einnahmenwirtschaft eintretende finanzielle Gesamtbelastung der Bürger vor Augen zu führen.234 Zum anderen und insbesondere gestattet es das Budgetbewilligungsrecht dem Parlament, die Kompetenzausübung der Exekutive zu kontrollieren, indem die finanziellen Voraussetzungen exekutivischen Handelns von der Zustimmung des Haushaltsgesetzgebers abhängig gemacht werden.235 In der Regierungskontrolle liegt der historische Ursprung236 ebenso wie die zentrale Funktion der parlamentarischen Ausgabenbewilligung. Das Erfordernis der gruppennützigen Verwendung verpflichtet den Sachgesetzgeber dazu, den Schutzzweck der Ausgabenbewilligung jedenfalls zum Teil auf andere Weise zu erreichen.237 Die Zulässigkeitsvoraussetzung der Gruppennützigkeit verlangt zunächst, daß der Aufgabengesetzgeber das Aufkommen einer Sonderabgabe an einen bestimmten Zweck, der zudem im überwiegenden Interesse der sonderbelasteten Gruppe zu liegen hat, binden muß. Im Erfordernis der Gruppennützigkeit ist notwendig das Gebot einer Zweckbindung des Abgabenaufkommens enthalten. Da diese Zweckbestimmung dem Sachgesetzgeber zugewiesen ist, sorgt das Gebot gruppennütziger Verwendung mittelbar dafür, daß eine freie, ungebundene Verwendungsentscheidung der Exekutive über das Abgabenaufkommen – wie sie auch durch das parlamentarische Budgetbewilligungsrecht vermieden werden soll – nicht getroffen werden kann. Zwar ist es im Falle der Sonderabgabenerhebung nicht der Haushalts-, sondern der Aufgabengesetzgeber, welcher den Verwendungszweck festlegt; ähnlich wie im Falle der parlamentarischen Ausgabenbewilligung wird jedoch eine ungebundene Verwendungsentscheidung der Exekutive verhindert. Wird das Erfordernis der Gruppennützigkeit beachtet, so besteht die Gefahr, Regierung und Verwaltung könnten außerhalb parlamentarischer Kontrolle in „schwarzen Kassen“238 Finanzmittel zur Erfüllung von Aufgaben nach ihrem Belieben bereithalten, nicht. 234 Vgl. BVerfGE 82, 159 (178 f.); 108, 1 (16 f.); P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 9. 235 BVerfGE 79, 311 (344); W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 12; C. Hillgruber, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 3 f. 236 Hierzu K. H. Friauf, Der Staatshaushaltsplan, Bd. 1, 1968, S. 199 ff.; W. Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, 1989, S. 52 ff. 237 Zum funktionalen Verhältnis zwischen dem Erfordernis der Gruppennützigkeit und der parlamentarischen Budgetbewilligungskompetenz G. Schiller, Sonderabgaben in der Wirtschafts- und Finanzverfassung, 2000, S. 122; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 224. 238 P. Kirchhof, ebd.

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Der Schutzzweck, durch eine Zweckbindung des Abgabenaufkommens im Gesetz eine ungebundene Verwendungsentscheidung der Exekutive auszuschließen, wird auch dann erreicht, wenn das Aufkommen nicht gruppen-, sondern fremdnützig verwendet wird, da auch in diesem Fall der Verwendungszweck durch den Sachgesetzgeber festgelegt wird und nicht zur Disposition der verwaltenden Behörden steht. Entscheidend dafür, daß die Kontrollfunktion des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts auch bei der Erhebung haushaltsflüchtiger Sonderabgaben so weit wie möglich gewahrt bleibt, ist daher nicht, ob das Aufkommen gruppen- oder fremdnützig verwendet wird, sondern, daß diese Verwendungsentscheidung durch den (Sach)Gesetzgeber getroffen wird. Soweit das Erfordernis der Gruppennützigkeit in seinen Anforderungen über das Gebot einer Zweckbindung des Abgabenaufkommens hinausgeht, dient es, wie noch zu sehen sein wird, dazu, die Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher Lasten zu verwirklichen. b) Periodische Legitimation als Anforderung des Haushaltsverfassungsrechts Dafür, daß die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers ihre gewaltenteilende Funktion, das Ausgabegebaren der Exekutive zu kontrollieren, ebenso wie ihre individualschützende Funktion, dem Parlament das Ausmaß der finanziellen Belastung Privater zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben umfassend vor Augen zu führen, erfüllen kann, ist von besonderer Bedeutung, daß das Parlament in regelmäßigen Abständen einen vollständigen Überblick über die Einnahmen- und Ausgabensituation des Staates gewinnt. Zu diesem Zweck sieht die Verfassung eine periodische Bewilligung der staatlichen Ausgaben vor. Indem Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG – für den Bund – anordnet, daß der Haushaltsplan für ein oder mehrere Rechnungsjahre239, dabei nach Jahren getrennt, festgestellt wird, stellt die Verfassung das gesamte Finanzgebaren des Staates unter das Erfordernis einer in regelmäßigen zeitlichen Abständen erneuerten Legitimation. Die Periodizität der Ausgabenbewilligung ist daher ein unmittelbares Gebot der Verfassung. Indem die öffentliche Hand die finanziellen Mittel, die sie durch die Erhebung einer Sonderabgabe erzielt, wieder verwendet, büßt sie an finanzwirtschaftlicher Handlungsmacht ein, ohne daß dieser Verlust wirtschaftlicher Potenz aufgrund einer parlamentarischen Ausgabenbewilligung eintritt. Der Sachgesetzgeber organisiert einen Einnahmen- und Ausgabenkreislauf, der nicht der Ausgabenbewilligungskompetenz unterliegt und folglich nicht an der periodi239 In der Praxis kommt eine Feststellung des Haushaltsplans für einen mehrjährigen Zeitraum nicht vor, vgl. W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 28; G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 70.

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schen Kontrolle des staatlichen Finanzgebarens, die durch die parlamentarische Ausgabenbewilligung ausgeübt wird, teilnimmt. In dem Erfordernis, der Sonderabgabengesetzgeber habe „stets zu überprüfen, ob seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz des gesetzgeberischen Mittels ,Sonderabgabe‘ aufrechtzuerhalten oder ob sie wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Wegfalls des Finanzierungszwecks oder Zielerreichung zu ändern oder aufzuheben ist“,240 hat das BVerfG eine Art funktionelles Surrogat der parlamentarischen Budgetbewilligung im Hinblick auf die periodisch erneuerungsbedürftige Legitimation von Sonderabgaben formuliert.241 Das Erfordernis periodisch wiederkehrender Legitimation stellt sicher, daß das Aufkommen einer Sonderabgabe in einer Weise verwendet wird, die dem Bedarf der zu finanzierenden Aufgabe auch bei einem längeren Einsatz der Sonderabgabe gerecht wird. Eine solche regelmäßige Bedarfsprüfung ist gerade angesichts der Zweckbindung von Sonderabgaben geboten, da jeder zweckgebundenen Verwendung eines Abgabenaufkommens die Gefahr innewohnt, daß diese sich unabhängig von den veränderlichen aufgabenpolitischen und finanzwirtschaftlichen Gegebenheiten „zementiert“.242 Die Zulässigkeitsvoraussetzung periodischer Legitimation erfüllt zwei Funktionen, die bei einer regulären Finanzierung öffentlicher Aufgaben aus Haushaltsmitteln dem parlamentarischen Budgetbewilligungsrecht zufallen. Sie wirkt zum einen der Finanzierung auch solcher Aufgaben entgegen, bei denen die Notwendigkeit und der Sinn einer hoheitlichen Wahrnehmung im Laufe der Zeit entfallen sind. Insoweit tritt sie an die Stelle der sog. politischen Funktion des Haushaltsplans, wonach das Aufgabenprogramm der Regierung und die daraus resultierenden Ausgaben vor dem Hintergrund eines formell nach Einnahmen und Ausgaben ausgeglichenen Haushalts aufeinander abzustimmen sind.243 Zum anderen drängt sie auf die Vermeidung finanzieller Belastungen von Freiheitsberechtigten, wo eine solche durch die Zwecke der Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht mehr gerechtfertigt wird. Diese Schutz- und Mäßigungsfunktion wird bei einer Aufgabenfinanzierung aus Haushaltsmitteln durch ein Zusammenwirken der Grundsätze der Vollständigkeit des Haushaltsplans und der Periodizität der Budgetbewilligung gewährleistet, die dem Haushaltsgesetzgeber die 240 BVerfGE 55, 274 (308) unter Verweis auf E 49, 89 (130); vgl. auch E 82, 159 (181); 108, 186 (218). 241 Vgl. auch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 239 („In dieser Überprüfungs- und Nachbesserungspflicht gewinnt das Parlament ein Stück periodischen Budgetrechts zurück.“). 242 Zu dieser Tendenz F. Rottländer, Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1988, S. 49 f. 243 Zur politischen Funktion des Haushaltsplans BVerfGE 79, 311 (329) (Im Haushaltsplan komme die „Regierungspolitik in Zahlen“ zum Ausdruck.); A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 10; G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 13 f.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

finanzielle Gesamtbelastung des Bürgers vergegenwärtigen und ihn gleichzeitig dazu anhalten, diese Belastung nur solange und soweit aufrechtzuerhalten, wie dies durch die Aufgaben- und Bedarfssituation geboten erscheint. Das Erfordernis einer periodisch zu überprüfenden Legitimation von Sonderabgaben übernimmt daher insbesondere die grundrechtsschützende Funktion der periodisch wiederkehrenden Budgetbewilligung, den Freiheitsberechtigten vor einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme zu bewahren. c) Hinreichende Dokumentation als Anforderung des Haushaltsverfassungsrechts In neuerer Rechtsprechung hat das BVerfG auch bei der Einführung des weiteren formellen Erfordernisses, der Gesetzgeber habe die Entwicklung und den Bestand von Sonderabgaben in einer Anlage zum Haushaltsplan hinreichend zu dokumentieren,244 Schutzzwecke verfolgt, die bei einer regulären Aufgabenfinanzierung aus Haushaltsmitteln durch das Budgetbewilligungsrecht des Parlaments verwirklicht würden. Unterliegt die Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe der parlamentarischen Ausgabenbewilligung, so dienen die Grundsätze der Vollständigkeit und der Einheit des Haushaltsplans dazu, dem Haushaltsgesetzgeber vor der Ausübung seiner Bewilligungskompetenz einen umfassenden und lückenlosen Überblick über die finanzielle Belastung der Bürger zur Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs zu verschaffen. Die vollständige und einheitliche Erfassung aller Einnahmen und Ausgaben führt dem Parlament vor Augen, in welchem Ausmaß die Bürger zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben beansprucht werden und in welchem Umfang die hierdurch gewonnene finanzielle Handlungsmacht des Staates der Erfüllung bestimmter Gemeinwohlaufgaben zugeführt wird.245 Den gleichen Schutzzweck verfolgt das Erfordernis einer hinreichenden Dokumentation von Sonderabgaben für die Erfüllung besonderer, durch die gesteigerte Inanspruchnahme einzelner gesellschaftlicher Gruppen finanzierter öffentlicher Aufgaben. Indem dem Gesetzgeber aufgegeben wird, die Entwicklung und den Bestand aller von ihm auferlegten Sonderabgaben in einer Anlage zum Haushaltsplan zu erfassen, wird dieser dazu angehalten, sich die Intensität der Sonderbelastung einzelner Gruppen und die jeweils verfolgten Finanzierungszwecke zu vergegenwärtigen. Mit zunehmendem Einsatz von Sonderabgaben wird das Bild, welches der Haushaltsgesetzgeber durch die vollständige Darstellung aller Einnahmen gem. Art. 110 Abs. 1 S. 1 1. Hs. GG von der finanziellen 244

Vgl. BVerfGE 108, 186 (218 f.); 110, 370 (389, 393). Zu dieser und weiteren Funktionen des Grundsatzes der Haushaltsvollständigkeit P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 9, 230; ders., Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 (673). 245

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Belastung der Bürger gewinnt, erst durch die hinreichende Dokumentation des Sonderabgabenvolumens zu einem Überblick über die finanzielle Gesamtlast, die die betreffende Körperschaft den Bürgern auferlegt, vervollständigt. Wie das BVerfG zutreffend ausgeführt hat, befähigt erst eine hinreichende Information über den Umfang, in dem Sonderabgaben Einsatz finden, den Gesetzgeber dazu, seiner Pflicht zu periodischer Überprüfung und Anpassung von Sonderabgaben in effektiver Weise nachzukommen.246 Das Verhältnis der beiden formellen Zulässigkeitsanforderungen entspricht insofern dem Zusammenspiel der Haushaltsgrundsätze der Vollständigkeit und der Periodizität, deren Funktionen sie übernehmen. Um in Ausübung seines Budgetbewilligungsrechts eine fundierte Entscheidung darüber treffen zu können, für welche Ausgabenzwecke eine finanzielle Belastung der Steuerpflichtigen weiterhin gerechtfertigt ist, muß der Haushaltsgesetzgeber eine vollständige Übersicht aller Einnahmen und Ausgaben besitzen. Schon früh hat das BVerfG in seiner Rechtsprechung zu Sonderabgaben die besondere Bedeutung des Grundsatzes der Budgetvollständigkeit betont. Es hat ausgeführt, dieser Grundsatz ziele darauf ab, „das gesamte staatliche Finanzvolumen der Budgetplanung und -entscheidung von Parlament und Regierung zu unterstellen.“ Nur dadurch sei gewährleistet, „daß das Parlament in regelmäßigen Abständen den vollen Überblick über das dem Staat verfügbare Finanzvolumen und damit auch über die dem Bürger auferlegte Abgabenlast erhält, soweit sie der Verantwortung des Parlaments unterliegen.“ Nur auf diese Weise könnten Einnahmen und Ausgaben vollständig den dafür vorgesehenen Planungs-, Kontroll- und Rechenschaftsverfahren unterworfen werden; demgemäß sei der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans berührt, „wenn der Gesetzgeber Einnahmen- und Ausgabenkreisläufe außerhalb des Budgets organisiert.“247 Angesichts dieser Betonung des Grundsatzes der Vollständigkeit des Haushaltsplanes kann es überraschen, daß das Gericht erst nach einer längeren Rechtsprechung eine formelle Zulässigkeitsvoraussetzung formuliert hat, die den Gesetzgeber dazu verpflichtet, den Gesamtumfang, in dem Sonderabgaben Einsatz finden, haushaltsrechtlich zu dokumentieren. Das Gericht verweist hierzu auf das „Fortschreiten“ der Sonderabgabengesetzgebung des Bundes und der Länder.248 Da die Erstellung einer Übersicht der Entwicklung und des Bestandes der Sonderabgabenerhebung nicht nur den Gesetzgeber, sondern auch die Allgemeinheit über das Ausmaß und die Zwecke finanzieller Sonderbelastung durch Sonderabgaben informieren soll, tritt sie funktionell an die Stelle noch eines weiteren Haushaltsgrundsatzes. Nach dem Prinzip der Budgetöffentlichkeit müs246

BVerfGE 108, 186 (219). BVerfGE 82, 159 (179); ähnlich E 91, 186 (202); zur Bedeutung des Grundsatzes der Budgetvollständigkeit zuvor bereits E 55, 274 (303). 248 BVerfGE 108, 186 (218). 247

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

sen die Planung, die Bewilligung, der Vollzug und die Kontrolle des Haushalts nicht allein dem Parlament, sondern darüber hinaus auch der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich sein.249 Dem liegt der Gedanke zugrunde, die demokratische Kontrolle der Haushaltswirtschaft dürfe in einer repräsentativen Demokratie nicht allein dem Parlament vorbehalten bleiben, sondern müsse darüber hinaus auch die informierte und interessierte Öffentlichkeit einbeziehen. Das BVerfG leitet den Grundsatz der Budgetöffentlichkeit aus dem Demokratieprinzip ab.250 Finden die Verfahrensschritte des Haushaltskreislaufs – die Planung, die Bewilligung, der Vollzug und die Kontrolle des Haushalts –, wie im Falle haushaltsflüchtiger Sonderabgaben, nicht statt, so kann das Gebot der Budgetöffentlichkeit seine Funktion nicht erfüllen. Wird vor diesem Hintergrund das Ausmaß, der Zweck und die Rechtfertigung einer parafiskalischen Abgabenerhebung auch nicht auf andere Weise dokumentiert, so ist es für Teile der interessierten Öffentlichkeit kaum mehr möglich, sich aus allgemein zugänglichen Quellen über die Formen und den Umfang finanzieller Sonderbelastungen einzelner gesellschaftlicher Gruppen zu informieren. Eine demokratische Kontrolle der Zuweisung finanzieller Sonderlasten wird unter diesen Umständen schon dem Gesetzgeber, um so mehr jedoch der allgemeinen Öffentlichkeit erschwert. Auch anläßlich der erstmaligen Formulierung des Erfordernisses hinreichender Dokumentation von Sonderabgaben hat das BVerfG den engen Zusammenhang zwischen dieser Voraussetzung und dem Prinzip der Budgetöffentlichkeit zu erkennen gegeben. Es hat betont, die geforderte Dokumentation sei „nicht nur notwendige Voraussetzung für eine verantwortungsgerechte Wahrnehmung der Entscheidungs-, Planungs- und Kontrollaufgaben des Parlaments, sondern auch Bedingung wirksamer Kontrollmöglichkeiten der Öffentlichkeit.“251 Auch außerhalb des unmittelbaren Geltungsbereichs der Haushaltsgrundsätze bleibe „die hinreichende Information des Parlaments und der Öffentlichkeit durch vollständige Dokumentation der Sonderabgaben ein Gebot wirksamer parlamentarisch-demokratischer Legitimation und Kontrolle“ der finanziellen Inanspruchnahme des Bürgers für öffentliche Aufgaben.252

249 Zu diesem Prinzip W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 21; M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 26; T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 11, 193. 250 Vgl. BVerfGE 70, 324 (358). 251 BVerfGE 108, 186 (218). 252 BVerfG, a. a. O., S. 219.

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d) Zusammenfassung: Zulässigkeitsanforderungen an Sonderabgaben aus der Funktion des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts Die Erfordernisse der gruppennützigen Verwendung, der periodischen Legitimation und der hinreichenden haushaltsrechtlichen Dokumentation von Sonderabgaben dienen dazu, die kompetenzrechtlichen ebenso wie die individualschützenden Funktionen des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts so weit wie möglich auch bei der Erhebung haushaltsflüchtiger Sonderabgaben zu verwirklichen. Den historischen Ursprung und noch immer eine der zentralen Funktionen der parlamentarischen Ausgabenbewilligung bildet die Kontrolle der Exekutive. Indem der Vollzug des Haushaltsplans von der Zustimmung des Haushaltsgesetzgebers abhängig gemacht wird, erhält das Parlament die Möglichkeit, die Aufgabenwahrnehmung der Exekutive in ihren finanzwirtschaftlichen Voraussetzungen zu kontrollieren. Vor diesem Hintergrund verpflichtet das Erfordernis gruppennütziger Verwendung den Sachgesetzgeber dazu, das Aufkommen einer Sonderabgabe an einen bestimmten Zweck zu binden, der in der Regel im überwiegenden Interesse der sonderbelasteten Gruppe zu liegen hat, unter qualifizierten Voraussetzungen aber auch ein fremdnütziger Verwendungszweck sein kann. Unabhängig von der Gruppen- oder Fremdnützigkeit des Finanzierungszwecks wird durch das Gebot der Zweckbindung gewährleistet, daß die Verwendungsentscheidung durch den Sachgesetzgeber getroffen wird, die Exekutive also keine freie, ungebundene Entscheidung über den Einsatz des Abgabenaufkommens fällen kann. Im Haushaltsverfassungsrecht des Grundgesetzes stellen insbesondere die Grundsätze der Vollständigkeit und Einheit des Haushaltsplanes, der Periodizität und der Budgetöffentlichkeit sicher, daß das Budgetbewilligungsrecht des Parlaments die ihm von der Verfassung zugedachten Kontroll-, Mäßigungs- und Informationsfunktionen erfüllen kann. Da die Erfordernisse der periodischen Legitimation und der hinreichenden Dokumentation von Sonderabgaben dazu dienen, die Funktionen der parlamentarischen Ausgabenbewilligung auch bei der Erhebung haushaltsflüchtiger Sonderabgaben weitestmöglich zu erfüllen, korrespondieren sie inhaltlich mit den genannten Haushaltsgrundsätzen. Die genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen übernehmen somit durchweg Funktionen, die im Falle regulärer Finanzierung aus Haushaltsmitteln der parlamentarischen Budgetbewilligungskompetenz in ihrer näheren Ausgestaltung durch die Haushaltsgrundsätze der Vollständigkeit und Einheit des Haushaltsplanes, der Periodizität und der Budgetöffentlichkeit zufallen würden. Die Formulierung dieser Erfordernisse durch das BVerfG zeigt, daß die Schutzzwecke des Haushaltsverfassungsrechts nicht allein bei der Behandlung von Einnahmen und Ausgaben im haushaltsrechtlichen Sinne zu verwirklichen sind, da das Aufkommen haushaltsflüchtiger Sonderabgaben nicht als Einnahmen in diesem Sinne

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

gilt. Wie das BVerfG betont hat, sind die Schutzzwecke des Haushaltsverfassungsrechts auch dann zu berücksichtigen, „wenn der Gesetzgeber Einnahmenund Ausgabenkreisläufe außerhalb des Budgets organisiert.“253 Bei genauerer Betrachtung handelt es sich bei der Erhebung von Sonderabgaben um einen Kompetenzübergriff des Sachgesetzgebers nicht nur in die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen für Steuern, sondern ebenso in die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers. Durch die Auferlegung einer haushaltsflüchtigen Sonderabgabe erzielt der Sachgesetzgeber zwar keine Einnahmen im formell-haushaltsrechtlichen Sinne, er mehrt jedoch die finanzwirtschaftliche Handlungsmacht des Staates zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Zugleich entscheidet er durch die Regelung des Verwendungszwecks, daß und für welche Aufgaben sich die öffentliche Hand der erzielten Finanzmittel entäußert, die hinzugewonnene finanzielle Handlungsmacht also wieder verliert. Eben diese Entscheidung unterfällt nach der Vorstellung des Grundgesetzes jedoch der Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers. Indem der Sachgesetzgeber nicht nur die Erhebung einer haushaltsflüchtigen Sonderabgabe, sondern zugleich die Bereitstellung und Verwendung ihres Aufkommens regelt, übt er in funktioneller Hinsicht Kompetenzen aus, die von der Verfassung nicht ihm, sondern dem Haushaltsgesetzgeber zugewiesen sind. Wenn die Erfordernisse der Gruppennützigkeit, der periodischen Legitimation und der Dokumentation sicherstellen, daß die Funktionen der parlamentarischen Ausgabenbewilligungskompetenz auch bei der Erhebung parafiskalischer Sonderabgaben so weit wie möglich erfüllt werden, so begrenzen die Erfordernisse dadurch die Intensität, die der Kompetenzübergriff des Sachgesetzgebers erreichen kann. Die Notwendigkeit, Übergriffe des Sachgesetzgebers in Kompetenzen des Haushaltsgesetzgebers zu begrenzen, besteht grundsätzlich für alle Formen finanzwirtschaftlicher Aktivität des Staates, durch die Schutzzwecke des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts – in seiner Ausgestaltung durch die Grundsätze des Haushaltsverfassungsrechts – tangiert werden. Der Bedarf, die Intensität solcher Kompetenzübergriffe auf ein zulässiges Maß zu beschränken, besteht daher nicht allein für Sonderabgaben. Ob und in welchem Maße sich „subventionierende“ Vergütungsregelungen als Übergriffe in die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers darstellen, wird zu untersuchen sein. Ähnlich wie zur Wahrung der steuerlichen Kompetenzordnung durch das Sachzweckerfordernis festgestellt, besteht hier jedoch ein erster Anhaltspunkt. Dienen die Mäßigungs- und Kontrollfunktionen des Budgetbewilligungsrechts auch dem Schutz des Bürgers vor übermäßiger und ungerechtfertigter Belastung und geht von Zwangsvergütungen eine Belastungswirkung aus, die derjenigen von Sonderabgaben vergleichbar ist, so spricht dies dafür, daß die Schutz253

BVerfGE 82, 159 (179); 91, 186 (202).

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zwecke der Ausgabenbewilligungskompetenz insoweit auch durch fördernde Vergütungspflichten berührt werden können. 3. Der Grundsatz der Lastengleichheit In seinem Urteil zur Berufsausbildungsabgabe legt das BVerfG dar, aus dem Konkurrenzverhältnis zwischen Sonderabgabe und Steuer ergebe sich in zweierlei Hinsicht ein besonderer Rechtfertigungsbedarf von Sonderabgaben. Zunächst gelte es, die bundesstaatliche Finanzverfassung vor einer Aushöhlung durch Sonderabgaben zu schützen; zum anderen sei den Erfordernissen des Individualschutzes der Abgabenpflichtigen Rechnung zu tragen, die neben ihrer allgemeinen Steuerpflicht zusätzlich mit Sonderabgaben belastet werden.254 Wie bereits gesehen, geht das BVerfG mit der Vorgabe, eine Sonderabgabenregelung müsse stets auch einen Gestaltungszweck verfolgen, auf die Erfordernisse der steuerlichen Kompetenzordnung ein und wirkt hierdurch einem faktischen „Wahlrecht“ des Gesetzgebers zwischen Steuer und Sonderabgabe entgegen. Den Erfordernissen des Individualschutzes hingegen trägt das Gericht – über die mittelbar auch individualschützende Wirkung kompetenzrechtlicher Begrenzungen hinaus – in besonderem Maße durch die Voraussetzungen der besonderen Gruppenverantwortung, der Gruppenhomogenität und der gruppennützigen Verwendung Rechnung, da diese Anforderungen die Erhebung von Sonderabgaben mit dem Prinzip der Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher Lasten in Einklang bringen. a) Die besondere Gruppenverantwortung als Anforderung der Lastengleichheit Im Mittelpunkt der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung von Sonderabgaben als finanziellen Sonderlasten zu öffentlichen Zwecken steht der Nachweis einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Gruppe. Das BVerfG stellt diese Frage im Erfordernis einer besonderen Gruppenverantwortung, die sich aus der Sachnähe der in Anspruch genommenen Gruppe zu der finanzierungsbedürftigen Aufgabe ergeben muß. Indem es das Kriterium der besonderen Gruppenverantwortung näher charakterisiert, gibt das Gericht deutlich zu erkennen, daß es sich dabei um eine gleichheitsrechtliche Anforderung handelt. So fügt das Gericht zu seiner Forderung, die mit der Abgabe belastete Gruppe müsse „dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler“, hinzu, „andernfalls wäre die Sonderbelastung der durch die Abgabe in Anspruch genommenen Gruppe schon mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nicht zu 254

Vgl. BVerfGE 55, 274 (300).

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

vereinbaren“.255 Schon zuvor hat sich der Senat im gleichen Zusammenhang auf den „fundamentalen Grundsatz der Gleichheit der Bürger bei der Auferlegung öffentlicher Lasten“ berufen.256 Das Erfordernis der besonderen Gruppenverantwortung bildet also eine Anforderung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner besonderen Ausprägung als Prinzip der Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher Lasten. Insbesondere aus den grundsätzlichen Ausführungen des Senats zur Rechtfertigungsbedürftigkeit von Sonderabgaben, die den Formulierungen der einzelnen Zulässigkeitsvoraussetzungen im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe vorangestellt sind, geht hervor, welche Funktion das Gericht dem Merkmal der besonderen Gruppenverantwortung unter den verschiedenen Anforderungen der Lastengleichheit an Sonderabgaben zuerkennt. Das Gericht sieht das allgemeine Prinzip der Lastengleichheit, das für jede Auferlegung öffentlicher Lasten und damit auch außerhalb des Steuerrechts gilt,257 in einem Komplementärverhältnis zum Gebot der Steuergleichheit. Es ist sich der Notwendigkeit bewußt, die Zuweisung finanzieller Sonderlasten streng am Maßstab der Lastengleichheit zu kontrollieren, wenn nicht dem Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet werden soll, die Vorgaben einer gleichmäßigen Besteuerung nach der individuellen Zahlungsfähigkeit durch die Auferlegung finanzieller Lasten außerhalb des Steuerrechts zu unterlaufen. So stellt das Gericht heraus, der mit der Sonderabgabe in Anspruch Genommene sei regelmäßig zugleich Steuerpflichtiger und werde als solcher „unter der Herrschaft der spezifischen Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes im Steuerrecht, also unter Wahrung der Steuergerechtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nach seiner individuellen und damit relativ gleichen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung der die Gemeinschaft treffenden Lasten herangezogen.“258 Sodann zitiert der Senat Karl Heinrich Friauf, wenn er ausführt: „Die relativ gleiche Teilnahme aller Staatsbürger an den die Gemeinschaft treffenden Lasten nach Maßgabe der vom Steuergesetz getroffenen Belastungsentscheidung würde zu einem bloßen Formalprinzip entwertet, wenn nicht zugleich gewährleistet wäre, daß diese Lasten auch tatsächlich aus den von allen gemeinsam aufgebrachten Steuermitteln getragen werden. In dem Maße, in dem der Staat bestimmte öffentliche Aufgaben nicht aus Steuergeldern finanziert, sondern sie einzelnen Bürgern oder Gruppen neben ihrer Steuerlast und ohne Rücksicht bei dieser aufbürdet, hebt er der Sache nach die Lastengleichheit wieder auf.“259 255

BVerfG, a. a. O., S. 306. BVerfG, a. a. O., S. 303. 257 Hierzu K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (51); G. Schiller, Sonderabgaben in der Wirtschafts- und Finanzverfassung, 2000, S. 119, 173; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 153, 164. 258 BVerfGE 55, 274 (302) unter Verweis auf E 6, 55 (70); 8, 51 (68 f.). 256

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Aus der Notwendigkeit, das Prinzip der Steuergleichheit gegen Umgehungen durch die Auferlegung außersteuerlicher Geldleistungspflichten zu sichern, leitet der Senat die besondere Rechtfertigungsbedürftigkeit von Sonderabgaben von dem Prinzip der Lastengleichheit her. Er weist nochmals darauf hin, daß „Lasten, die durch die Erledigung öffentlicher Angelegenheiten entstehen, nur die Allgemeinheit treffen und deshalb nur aus öffentlichen Mitteln zu tragen“ seien,260 und benennt darin das Gemeinlastprinzip als gemeinsame Grundlage sowohl der steuerlichen als auch der außersteuerlichen Belastungsgleichheit. Finanzielle Sonderbelastungen zu Gemeinwohlzwecken sind hiernach nicht per se gleichheitswidrig, doch bedürfen sie stets einer besonderen Rechtfertigung. Dieser besondere Zurechnungsgrund muß, wie der Senat betont, „vor den Grundsätzen der bundesstaatlichen Finanzverfassung und vor dem Gebot der Gleichheit aller Bürger vor den öffentlichen Lasten“ Bestand haben.261 Wenn das Gericht die finanzielle Sonderbelastung durch Sonderabgaben als Ungleichbehandlung im Sinne des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG begreift, so wählt es als Vergleichsgruppen der Gleichheitsbetrachtung einerseits die Gruppe der Sonderabgabenschuldner, die zugleich Steuerpflichtige sind, andererseits die Allgemeinheit der Steuerzahler, soweit diese sich keiner finanziellen Sonderbelastung ausgesetzt sehen. Die Bildung der Vergleichsgruppen kommt ausdrücklich zur Sprache, wenn das Gericht verlangt, die Gruppe der Abgabenpflichtigen müsse dem Finanzierungszweck evident näherstehen „als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler“,262 und wenn es bereits zuvor die finanzielle Sonderlast der „relativ gleichen Teilnahme aller Staatsbürger an den die Gemeinschaft treffenden Lasten“263 gegenüberstellt. Eine Besonderheit des Prinzips der Lastengleichheit gegenüber der Verwirklichung des Art. 3 Abs. 1 GG im allgemeinen liegt in der notwendigen Überschneidung von öffentlichem und partikularem Interesse an der Aufgabenerfüllung. Da Sonderabgaben zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben eingesetzt werden, an deren Wahrnehmung per definitionem ein Gemeinwohlinteresse besteht, werden die Interessen der Allgemeinheit stets mit solchen einzelner gesellschaftlicher Gruppen zusammentreffen und sich mit diesen überlagern.264 259 BVerfGE 55, 274 (303) unter Bezugnahme auf K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (48). 260 BVerfGE 55, 274 (303) unter Verweis auf E 23, 12 (23). 261 BVerfG, a. a. O., S. 304. 262 BVerfG, a. a. O., S. 306. 263 BVerfGE 55, 274 (303) unter Berufung auf K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (48). 264 Vgl. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 236; K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (118 f.).

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Da sich private Gruppen deshalb durch ihr Interesse an der Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe dem Grunde nach nicht von der Allgemeinheit unterscheiden, kann ein Gruppeninteresse erst dann eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit begründen, wenn dieses Interesse dasjenige der Allgemeinheit deutlich überwiegt. Auch auf diese besondere Rechtfertigungsanforderung des Prinzips der Lastengleichheit geht das Gericht ausdrücklich ein, wenn es herausstellt, die sonderbelastete Gruppe müsse der Finanzierungsaufgabe „evident näherstehen“ als die Allgemeinheit der Steuerzahler, die Aufgabe müsse „überwiegend in die Sachverantwortung der belasteten Gruppe, nicht in die der staatlichen Gesamtverantwortung fallen“.265 b) Die Homogenität der Gruppe als Anforderung der Lastengleichheit Für das Erfordernis der Gruppenhomogenität wurde bereits darauf hingewiesen, daß dieses in einer vorbereitenden und ergänzenden Funktion zum Merkmal der besonderen Gruppenverantwortung steht.266 Dementsprechend leitet sich auch diese Zulässigkeitsvoraussetzung für Sonderabgaben aus dem Prinzip der Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher Lasten ab.267 Finanzielle Sonderlasten für Gemeinwohlbelange sind mit dem Prinzip der Lastengleichheit vereinbar, sofern sie durch eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Privaten gerechtfertigt sind. Für Sonderabgaben kontrolliert das BVerfG diese Finanzierungsverantwortlichkeit als Frage nach der besonderen, die Verantwortung der Allgemeinheit deutlich überwiegenden Gruppenverantwortung. Werden nun nicht einzelne Private, sondern eine nach bestimmten Merkmalen von der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen abgegrenzte Gruppe sonderbelastet, so kann die Rechtfertigung der Sonderlast nur dann gelingen, wenn der Gesetzgeber die Gruppe nach Merkmalen bildet, aus denen die besondere Verantwortung der Gruppenmitglieder erwächst oder die mit den Grundlagen dieser besonderen Verantwortung in einem solchen Zusammenhang stehen, daß gewährleistet ist, daß die überwiegende Zahl der Gruppenmitglieder die gebotene Finanzierungsverantwortlichkeit tatsächlich aufweist.268 Zwar wird kaum jemals auszuschließen sein, daß in eine nach allgemeinen Eigenschaften und Merkmalen gebildete Personengruppe auch einzelne Perso265

BVerfGE 55, 274 (306). Siehe bereits oben § 7 A II 3. 267 Hierzu auch U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 78; R. Staudacher, Zulässigkeit von Sonderabgaben, 2004, S. 44 ff.; G. Schiller, Sonderabgaben in der Wirtschafts- und Finanzverfassung, 2000, S. 119, 173 f. 268 Vgl. auch K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (55); U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 78; W. Köck, Die Sonderabgabe, 1991, S. 101. 266

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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nen aufgenommen werden, bei denen eine Finanzierungsverantwortlichkeit aus besonderen Gründen nicht gegeben ist. Weisen infolgedessen nicht sämtliche, sondern nur die große Mehrzahl der Gruppenmitglieder die maßgeblichen Verantwortungsmerkmale auf, so läßt dies die Rechtfertigung der Gruppenbelastung unberührt. Denn auch bei der Zuweisung öffentlicher Lasten an Private verfügt der Gesetzgeber über eine Typisierungsbefugnis, die es ihm gestattet, den typischen Fall einer Sonderverantwortung zur Grundlage seiner Differenzierung zu machen und dabei Besonderheiten in der Person einzelner Sonderlastenträger in begrenztem Umfang zu vernachlässigen.269 Der unvermeidbare Bedarf nach Typisierung rechtfertigt in diesem Fall die Ungleichbehandlung innerhalb der sonderbelasteten Gruppe. Auf der anderen Seite wäre eine Sonderlast gleichheitswidrig, wenn sie nicht für die überwiegende Mehrheit der Gruppenmitglieder durch eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit gerechtfertigt ist, wenn also der Zusammenhang zwischen Gruppenangehörigkeit und Finanzierungsverantwortung nahezu zufällig erscheint. Der Gesetzgeber ist vor diesem Hintergrund verpflichtet, die Gruppe der Sonderlastenträger nach Merkmalen zusammenzuschließen, durch die sichergestellt ist, daß die gleichheitsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen für die überwiegende Zahl der in Anspruch genommenen Personen erfüllt sind. Gelingt dies, so ist die Gruppe hinsichtlich dieser verantwortlichkeitsbegründenden Merkmale „homogen“ gebildet. Erst durch das Erfordernis der Gruppenhomogenität wird ein – wenn auch nicht ganz strikter – Zusammenhang von Gruppenzugehörigkeit und Finanzierungsverantwortung gefordert und dadurch sichergestellt, daß die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung für die Gruppe als solche gelingen kann. Auch mit der Formulierung des Erfordernisses der Gruppenhomogenität greift das BVerfG neben eigenen Entscheidungen, in denen eine solche Anforderung an gruppenbezogene Sonderlasten sich zumindest abzeichnet,270 Vorarbeiten in der Literatur auf. Hier ist es Josef Isensee gewesen, der für die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen erstmals darauf hingewiesen hat, ein Zusammenschluß von Privaten zum Zwecke der Finanzierung öffentlicher Aufgaben könne nie das Ergebnis einer „voraussetzungslosen Organisationsgewalt“ des Gesetzgebers sein. Der Gesetzgeber dürfe einer gesellschaftlichen Gruppe nur dann Sonderlasten zuweisen, wenn die Gruppe durch gemeinsame Interessen und Merkmale, die der Gesetzgeber in den Strukturen der rechtlichen und sozialen Wirklichkeit vorfinde, verbunden sei und sich hierin als homogen erweise.271 269 Zur Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebots P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 124 Rn. 293 ff.; W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 114. 270 Vgl. BVerfGE 11, 105 (116); 23, 12 (23 f.). 271 J. Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 18 f.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Isensee hatte das Gebot der Gruppenhomogenität also mit Blick auf sozialversicherungsrechtliche Solidargemeinschaften entwickelt und sich damit gegen Versuche des Gesetzgebers gewandt, zur Finanzierung von Sozialleistungen gesellschaftliche Gruppen von hoher finanzieller Leistungsfähigkeit mit eher finanzschwachen, sozial hilfsbedürftigen Gruppen zu Lastenverbänden zusammenzuschließen, obwohl beide Gruppen gerade nicht durch gemeinsame Interessen und Merkmale verbunden sind.272 Schon Karl Heinrich Friauf hatte den Begriff der Gruppenhomogenität aber aus diesem Kontext gelöst und auf die Rechtfertigungsbedürftigkeit finanzieller Sonderbelastungen gesellschaftlicher Gruppen im allgemeinen übertragen.273 Auch diese Entstehungsgeschichte des Begriffs läßt deutlich werden, daß das Erfordernis homogener Gruppenbildung keine formenspezifische Anforderung allein an die Erhebung von Sonderabgaben bildet, sondern als allgemeine Rechtfertigungsanforderung der Lastengleichheit für alle Formen gruppenbezogener finanzieller Sonderlasten gilt. c) Die gruppennützige Verwendung des Abgabenaufkommens als Anforderung der Lastengleichheit Für das Merkmal der besonderen Gruppenverantwortung wurde gesehen, daß es sich hierbei nicht um einen materiellen Belastungsgrund handelt, der angibt, unter welchen Umständen eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Gruppe vorliegt, sondern lediglich um eine formelle Kategorie, welche den gleichheitsrechtlichen Rechtfertigungsbedarf von Sonderabgaben zum Ausdruck bringt, die also gerade nach der Finanzierungsverantwortlichkeit der Gruppe fragt.274 Ebenso wurde festgestellt, daß die Rechtsprechung des BVerfG keine allgemeinen Vorgaben dafür enthält, aus welchen Eigenschaften oder Umständen sich eine besondere Finanzierungsverantwortung der in Anspruch genommenen Privaten ergeben kann.275 Auffällig ist jedoch, daß das Gericht die Rechtfertigung von Sonderabgabenregelungen in einer Vielzahl von Entscheidungen auf den Gedanken der besonderen Begünstigung gestützt hat. Eine besondere Gruppenverantwortung erkennt das Gericht häufig dann, wenn sich aus der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe durch Verwendung des Abgabenaufkommens besondere Vorteile gerade für die Gruppe der Abgabenschuldner einstellen.276 Zu diesen Fällen zählt auch die Konstellation, die das BVerfG

272

J. Isensee, a. a. O., S. 63. Vgl. K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (55). 274 Siehe oben § 7 A II 4. 275 Siehe ebd. 276 Vgl. BVerfGE 55, 274 (314); 82, 159 (178); 101, 141 (149); ähnlich schon vor der Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe E 18, 315 (327 ff.); 37, 1 (16). 273

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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als „staatlich organisierte Selbsthilfe“ des sonderbelasteten Wirtschaftszweiges beschreibt.277 Eine Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung aus dem Gedanken der besonderen Begünstigung kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn sich aus der Verwendung des Abgabenaufkommens in besonderem Maße Vorteile für die Gruppe der Sonderabgabenpflichtigen ergeben, wenn die erzielten Mittel also gruppennützig verwendet werden. Kommt die Aufkommensverwendung lediglich der Allgemeinheit oder in gesteigertem Maße einer anderen gesellschaftlichen Gruppe zugute, so schließt dies zwar nicht von vornherein aus, daß die Inanspruchnahme der sonderbelasteten Gruppe durch eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit gerechtfertigt ist – aus dem Gedanken des Vorteilsausgleichs ergibt sich die besondere Verantwortlichkeit in diesem Falle jedoch nicht. Somit ergänzt das Erfordernis der gruppennützigen Verwendung dasjenige der besonderen Gruppenverantwortung und wirkt mit diesem zur Rechtfertigung der finanziellen Sonderlast vor dem Prinzip der Belastungsgleichheit zusammen. Die Gruppennützigkeit gewährleistet die „sachgerechte Verknüpfung“ von Belastung und Begünstigung,278 aus der sich die besondere Inanspruchnahme der herangezogenen Gruppe regelmäßig rechtfertigen wird. Den materiellen Belastungsgrund der Sonderlast bildet in diesem Fall der Ausgleich einer besonderen Begünstigung. Seine Funktion bezieht das Erfordernis der Gruppennützigkeit in dieser Konstellation aus dem Prinzip der Lastengleichheit.279 Dieses Verständnis des Merkmals der Gruppennützigkeit findet seine Bestätigung, wenn man sich den Voraussetzungen zuwendet, unter denen das BVerfG auch die fremdnützige Verwendung des Abgabenaufkommens für zulässig erachtet. Das Gericht sieht fremdnützige Sonderabgaben ausnahmsweise dann als zulässig an, wenn „die Natur der Sache eine finanzielle Inanspruchnahme der Abgabepflichtigen zugunsten fremder Begünstigter aus triftigen Gründen eindeutig rechtfertigt“.280 Unter „triftigen Gründen“ in diesem Sinne können im Anschluß an Mußgnug281 besondere soziale Verpflichtungen der belasteten gegenüber der begünstigten Gruppe verstanden werden, wie sie etwa in Gestalt der Fürsorgepflicht der Arbeitgeber als Rechtfertigung für die Erhebung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung anerkannt sind. Solche „finanziel277

Dazu nur BVerfGE 18, 315 (328); 55, 274 (314); 82, 159 (178). Vgl. BVerfGE 55, 274 (307); 67, 256 (276). 279 So im Ergebnis auch P. Henseler, Legitimation von Sonderabgaben, 1984, S. 93 f., 164; W. Heun, DVBl. 1990, S. 666 (675); M. Jachmann, StuW 1997, S. 299 (305); W. Köck, Die Sonderabgabe, 1991, S. 104. 280 BVerfGE 55, 274 (307) unter Verweis auf E 11, 105 (116); R. Mußgnug, Die zweckgebundene öffentliche Aufgabe, in: FS f. Ernst Forsthoff, 1972, S. 259 (290 ff.); K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (118). 281 R. Mußgnug Die zweckgebundene öffentliche Aufgabe, in: FS f. Ernst Forsthoff, 1972, S. 259 (290 f., 292). 278

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

len Zwangspatenschaften“282 sind nur unter hohen Voraussetzungen anzuerkennen. Sie gehen offensichtlich über das Maß an Verantwortlichkeit hinaus, welches das BVerfG für eine „besondere Gruppenverantwortung“ verlangt, wie daraus zu erkennen ist, daß das Gericht im Regelfall Gruppenverantwortung und Gruppennützigkeit als kumulative Zulässigkeitsvoraussetzungen fordert und nur unter qualifizierten Voraussetzungen – den genannten „triftigen Gründen“ – eine gruppennützige Verwendung für entbehrlich hält. Wird das Abgabenaufkommen nicht gruppen-, sondern fremdnützig verwendet und kommt infolgedessen eine Rechtfertigung der finanziellen Sonderlast aus dem Gedanken des Vorteilsausgleichs nicht in Betracht, so stellt das Gericht als Konsequenz besondere Anforderungen an die Verantwortlichkeit im Sinne der „besonderen Gruppenverantwortung“. Die Rechtfertigung der Sonderlast vor dem Prinzip der Lastengleichheit kann sich in dieser Konstellation nur aus einer besonders weitgehenden, durch den Gesetzgeber vorgefundenen und nicht durch Sondervorteile begründeten Finanzierungsverantwortlichkeit ergeben. Das Element der Gruppennützigkeit trägt in diesem Falle nicht zur gleichheitsrechtlichen Legitimation der Sonderlast bei; diese hängt folglich allein davon ab, ob eine qualifizierte „besondere Gruppenverantwortung“ besteht. d) Zusammenfassung: Zulässigkeitsanforderungen an Sonderabgaben aus dem Prinzip der Lastengleichheit Die Erfordernisse der besonderen Gruppenverantwortung, der Gruppenhomogenität und der gruppennützigen Verwendung stellen Anforderungen aus dem Prinzip der Lastengleichheit, anhand derer das BVerfG überprüft, ob die finanzielle Sonderbelastung privater Gruppen mit Sonderabgaben gleichheitsrechtlich legitimiert ist. Nach dem Gericht bildet die „Erfüllung dieser Merkmalsgruppe in ihrem Zusammenspiel [. . .] zugleich den entscheidenden Rechtfertigungsgrund für eine zu der Gemeinlast der Steuern hinzutretende Sonderlast und sichert so die Wahrung verhältnismäßiger Belastungsgleichheit“.283 Sofern die Literatur eine Übertragung dieser Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben auf fördernde Vergütungsregelungen befürwortet, stellt sie damit die Frage nach der Rechtfertigung solcher Vergütungspflichten vor dem Prinzip der Lastengleichheit. Für eine wirksame Kontrolle von Entgeltregelungen an diesem Maßstab ist es jedoch nicht geboten, einzelne Anforderungen der Sonderabgabenjudikatur auf diese Form von Sonderlasten zu übertragen. Denn das Prinzip der Lastengleichheit, dem die Verfassungsrechtsprechung durch die drei genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen Rechnung trägt, gilt ebenso für Sonder-

282 283

R. Mußgnug, a. a. O., S. 292. BVerfGE 113, 128 (151) – Solidarfonds Abfallrückführung.

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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lasten außerhalb des nichtsteuerlichen Abgabenrechts, so daß Preisregelungen unmittelbar an diesem Prinzip gemessen werden können. Das Prinzip der Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher Lasten gilt für jede Zuweisung öffentlicher Lasten an Private neben deren allgemeiner Steuerpflicht. Es gilt für außersteuerliche Geldleistungspflichten ebenso wie für Naturalleistungspflichten. Weist ein Hoheitsträger einzelnen oder Gruppen von Freiheitsberechtigten, die auch im Wege der allgemeinen Steuerpflicht an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben beteiligt werden, zusätzliche Lasten im Interesse der Allgemeinheit zu, so ist er dabei an das Gebot der Belastungsgleichheit gebunden. Die Frage nach der Legitimation von „Quersubventionen“ vor dem Prinzip der Lastengleichheit hat daher nicht zu lauten, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen, die das BVerfG für Sonderabgaben formuliert hat, in ihrer Gesamtheit oder jedenfalls in Teilen auf fördernde Vergütungsregelungen zu übertragen sind. Sie ist vielmehr dahin zu stellen, welche Anforderungen sich aus dem Prinzip der Lastengleichheit unmittelbar für Preisinterventionen ergeben, für die dieses Prinzip ebenso Geltung beansprucht wie für Sonderabgaben und andere Formen öffentlicher Sonderlasten. Die finanzielle Sonderbelastung einzelner Steuerpflichtiger durch hoheitlich auferlegte Vergütungspflichten zwingt zu einer Überprüfung dieser Regelungen am Maßstab der Lastengleichheit, sie zwingt jedoch nicht zu einer unveränderten Übertragung einzelner Voraussetzungen der Sonderabgabenjudikatur. Eine unveränderte Übertragung dieser Zulässigkeitsvoraussetzungen ist zur Verwirklichung von Lastengleichheit nicht nur nicht geboten, es erscheint auch zweifelhaft, ob hierdurch der gleichheitsrechtliche Rechtfertigungsbedarf abgabenäquivalenter Finanztransfers in sachgerechter Weise befriedigt würde. Bei den Erfordernissen der besonderen Gruppenverantwortung, der Gruppenhomogenität und der gruppennützigen Verwendung handelt es sich um Ableitungen aus dem allgemeinen Prinzip der Belastungsgleichheit an eine spezifische Form nichtsteuerlicher Abgaben. Jede veränderungslose Übertragung formenspezifischer Zulässigkeitsvoraussetzungen birgt die Gefahr, die Unterschiede zwischen den verschiedenen hoheitlichen Handlungsformen zu vernachlässigen und in der Folge Anforderungen an den Einsatz eines Instrumentes zu stellen, die nur im Hinblick auf die Besonderheiten einer anderen Handlungsform zum Bestandteil der Zulässigkeitsvoraussetzung gemacht wurden. Soweit die Literatur die Übertragbarkeit der drei genannten Erfordernisse auf die materielle Wirkungsgleichheit von Sonderabgaben und Preisregelungen stützt, stellt sie sich auf den Standpunkt, die formenspezifischen Unterschiede zwischen beiden Arten finanzieller Sonderlasten seien – von dem Verlauf des Finanzflusses abgesehen – so gering, daß sie vernachlässigt werden können, einer Übertragung also nicht entgegenstehen.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Bei näherem Zusehen sind jedoch auch in der Ausgestaltung der drei gleichheitsschützenden Zulässigkeitsvoraussetzungen formenspezifische Besonderheiten der Sonderabgabe berücksichtigt. So impliziert etwa das Erfordernis der gruppennützigen Verwendung eine hoheitliche Verwendungsentscheidung, die von dem Akt der Gewinnung finanzieller Handlungsmacht getrennt ist. Gerade hierin unterscheiden sich Sonderabgaben jedoch von Preisinterventionen. Bei der Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe durch Sonderabgaben ergeht eine Verwendungsentscheidung über die tatsächlich erzielten, gleichsam in die Hände des Staates gelangten Finanzmittel. Die verwaltende Körperschaft kann im Rahmen der Zweckbindung die konkrete Verwendung des Abgabenaufkommens ändern, ohne daß sich dies in einer Änderung des Pflichtentatbestandes, also der Art und des Umfangs der finanziellen Belastung, niederschlagen muß. Die Zweckbestimmung der durch Entgeltregulierung transferierten Finanzvolumina kann sich hingegen nur aus der Ausgestaltung des gesetzlichen Pflichtentatbestands ergeben, Belastungs- und Verwendungsentscheidung sind hier also tatbestandlich zusammengefaßt. Ähnlich wie schon für das Erfordernis der Verfolgung eines Gestaltungszwecks und die Anforderungen an Sonderabgaben aus dem Haushaltsverfassungsrecht zeigt sich somit auch für die gleichheitsschützenden Voraussetzungen der Sonderabgabenjudikatur, daß die Rechtfertigungsbedürftigkeit von Zwangsvergütungen vor bestimmten grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung nicht dazu zwingt, die jeweiligen Zulässigkeitsvoraussetzungen an Sonderabgaben, durch die das berührte Prinzip geschützt und verwirklicht wird, auf Preisregelungen zu übertragen. Da das Prinzip der Lastengleichheit – wie schon die Wahrung der steuerlichen Kompetenzordnung – bei dem Einsatz fördernder Vergütungsregelungen in gleichem Maße zu beachten ist wie bei der Erhebung von Sonderabgaben, können Preisinterventionen unmittelbar an diesem Verfassungsmaßstab gemessen werden. Im Unterschied zu dem Erfordernis des Sachzwecks wurde für die gleichheitsschützenden Erfordernisse zudem gesehen, daß eine unveränderte Übertragung von Zulässigkeitsvoraussetzungen die Gefahr birgt, formenspezifische Besonderheiten zu vernachlässigen und infolgedessen Anforderungen zu stellen, die den Rechtfertigungsbedarf einer bestimmten Handlungsform nicht sachgerecht abbilden. 4. Der Schutz des Eigentums Besondere Erfordernisse, die den Rechtfertigungsbedarf von Sonderabgaben gegenüber den beeinträchtigten Freiheitsrechten der Abgabenpflichtigen aufnehmen, formuliert das BVerfG nicht. Da jedes staatliche Handeln, durch das Freiheitsrechte von Grundrechtsträgern berührt werden, an diesen Verfassungsgewährleistungen zu messen ist, erübrigt sich die Formulierung formenspezifischer Zulässigkeitsvoraussetzungen an Sonderabgaben, die gerade auf den

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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Schutz von Freiheitsrechten abzielen. Dementsprechend prüft das BVerfG Sonderabgabenregelungen nicht nur an den spezifischen Zulässigkeitsvoraussetzungen, sondern stets auch auf ihre Vereinbarkeit mit den Freiheitsrechten der Abgabenschuldner.284 Lediglich im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe deutet das Gericht an, der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG könne eine besondere Bedeutung für die Zulässigkeit von Sonderabgaben zukommen. Es äußert, an der Zulässigkeit fremdnütziger Sonderabgaben könnten sich auch Bedenken aus den Grundrechten, „insbesondere aus Art. 14 GG“, ergeben.285 Wie bereits dargestellt,286 überrascht dieser Hinweis angesichts der ständigen Rechtsprechung des BVerfG, wonach Art. 14 Abs. 1 GG durch die hoheitliche Auferlegung außersteuerlicher Geldleistungspflichten nur dann berührt wird, wenn die Geldleistungspflicht den Betroffenen in der Weise übermäßig belastet und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigt, daß sie eine erdrosselnde Wirkung entfaltet.287 Mit dieser Rechtsprechung steht es wiederum in Einklang, wenn spätere Entscheidungen, in denen das Gericht es ablehnt, Sonderabgabenregelungen an der Eigentumsgarantie zu messen, auch den Hinweis auf den Rechtfertigungszusammenhang zwischen Art. 14 GG und gemeinnützigen – im Gegensatz zu fremdgruppennützigen – Geldleistungspflichten nicht mehr enthalten.288 Für die Ausbildung verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe an abgabenähnliche Transferpflichten kann jedoch dahinstehen, ob sich aus Art. 14 Abs. 1 GG besondere Anforderungen an die Zulässigkeit von Sonderabgaben ergeben. Ob Vergütungspflichten an Art. 14 Abs. 1 GG zu messen sind, hängt im wesentlichen davon ab, ob der Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie auch den Schutz des Eigentümers vor der Auferlegung außersteuerlicher Geldleistungspflichten umfaßt. Ist dies der Fall, so wird die Rechtfertigung einer Eigentumsbeeinträchtigung durch Preisregulierung kaum jemals an der Anforderung aus Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG scheitern, wonach Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig sind. Für „Quersubventionen“ ist es charakteristisch, daß der Gesetzgeber sich ihrer zur Finanzierung von Aufgaben bedient, die jedenfalls auch im Interesse der Allgemeinheit liegen, also Gemeinwohlaufgaben sind.289 Unter diesen Umständen ist dem Gebot des Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG auch dann genügt, wenn die Finanzvolumina einer Entgeltregelung – wie regelmäßig der Fall – unmittelbar einer anderen Gruppe als der belasteten zugute kommen. Die Förderung der begünstigten 284 285 286 287 288 289

Vgl. nur BVerfGE 82, 159 (190 ff.); 108, 186 (233 ff.); 110, 370 (393 ff.). BVerfGE 55, 274 (307). Siehe oben § 7 A II 5. So BVerfGE 82, 159 (180) unter Verweis auf E 70, 219 (230); 78, 232 (243). Vgl. etwa BVerfGE 82, 159 (180, 190); 108, 186 (218, 233). Siehe oben § 1 C.

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Gruppe dient in dieser Konstellation – der auch die Referenzregelungen dieser Untersuchung entsprechen290 – der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, ist also nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur Mehrung des Gemeinwohls. Sollte sich der Gesetzgeber in Ausnahmefällen des Finanzierungsinstruments der Preisintervention zur Förderung einer anderen als der belasteten Gruppe bedienen, ohne dabei Gemeinwohlzwecke zu verfolgen, so handelt er damit verfassungswidrig, ohne daß es darauf ankäme, an welchem Freiheitsgrundrecht die Regelung zu messen ist. Hält man Art. 14 Abs. 1 GG für einschlägig, so folgt die Verfassungswidrigkeit aus der Gemeinwohlbindung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG, sieht man hingegen den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG oder Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet, so ist die Beeinträchtigung dieser Freiheitsrechte ebenfalls nur dann gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber dabei einen legitimen Zweck im allgemeinen Interesse verfolgt. II. Zusammenfassung Es konnte nachgewiesen werden, daß sämtliche Erfordernisse, die die Verfassungsrechtsprechung für die Zulässigkeit von Sonderabgaben formuliert hat, aus allgemeinen Prinzipien der Finanzverfassung, insbesondere der Ordnungsfunktion der Steuergesetzgebungs-, Steuerertrags- und Steuerverwaltungskompetenzen im Bundesstaat und den Funktionen der Ausgabenbewilligungskompetenz, sowie aus dem Prinzip der Lastengleichheit abgeleitet sind. Im Grundgesetz, das die Abgabenkategorie der Sonderabgabe nicht erwähnt, finden sich keine formenspezifischen Zulässigkeitsanforderungen an die Auferlegung von Sonderabgaben. Bei dem Erfordernis, der Gesetzgeber dürfe Sonderabgaben nur in Verfolgung eines Gestaltungszwecks einsetzen, der über reine Finanzierungsanliegen hinausgeht, handelt es sich um ein Kriterium zur Festlegung der Intensitätsgrenze zulässiger Kompetenzübergriffe des Sachgesetzgebers in Steuerkompetenzen. Das Sachzweckerfordernis hindert den Gesetzgeber, Sonderabgabenregelungen ausschließlich zu Finanzierungszwecken einzusetzen, da solche Regelungen mangels einer sachgestaltenden Wirkung der Funktion, Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf des Gemeinwesens zu erzielen, besonders nahekommen und darin intensiv in Kompetenzen des Steuergesetzgebers übergreifen. Zugleich wirkt diese Voraussetzung der Gefahr entgegen, der Gesetzgeber, dessen Handeln durch Finanzierungsanliegen geleitet ist, werde Sonderabgaben von besonderer Ertragsstärke auferlegen, deren Auswirkungen die Steuerertragsverteilung im Bundesstaat in Ungleichgewicht bringen können.

290

Siehe oben § 5 B.

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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Die Kriterien der Gruppennützigkeit, der periodisch erneuerten Legitimation und der haushaltsrechtlichen Dokumentation von Sonderabgaben begrenzen die Übergriffswirkung von Sonderabgaben in die Bewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers. Sie stellen sicher, daß die Kontroll-, Mäßigungs- und Informationsfunktionen, die bei einer Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben aus Haushaltsmitteln dem Budgetbewilligungsrecht des Parlaments zufallen, auch bei einer Finanzierung besonderer öffentlicher Aufgaben durch Sonderabgabenerhebung soweit wie möglich erfüllt werden. Das Erfordernis gruppennütziger Verwendung weist, indem es eine Zweckbindung des Abgabenaufkommens verlangt, die Entscheidung über die Verwendung der erzielten Mittel dem Sachgesetzgeber zu. Es verhindert eine freie, ungebundene Verwendungsentscheidung der Verwaltung und übernimmt damit die Kontrollfunktion, die bei regulärer Haushaltsfinanzierung der parlamentarischen Ausgabenbewilligung zukäme. Wäre die Verwaltung in der Verwendung von Mitteln, die durch die Erhebung von Sonderabgaben erzielt worden sind, frei, so bliebe die Kontrollfunktion des Budgetbewilligungsrechts insoweit unverwirklicht; hierin läge ein intensiver Übergriff des Sachgesetzgebers in die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers. Die Erfordernisse der periodischen Legitimation und der hinreichenden Dokumentation von Entwicklung und Bestand der Sonderabgaben treten funktionell an die Stelle von Haushaltsgrundsätzen, die das Budgetbewilligungsrecht zur Förderung seiner Kontroll-, Mäßigungs- und Informationsfunktionen näher ausgestalten. Durch das Gebot periodischer Legitimation von Sonderabgaben wird innerhalb des haushaltsflüchtigen Finanzierungskreislaufs, den eine Sonderabgabe zustande kommen läßt, gewährleistet, daß die Sonderbelastung der Abgabenpflichtigen auf ein – auch zum Zeitpunkt der Erhebung noch – aufgaben- und bedarfsgerechtes Ausmaß beschränkt bleibt; dies entspricht der Funktion der periodisch erneuerten Legitimation des staatlichen Finanzgebarens durch die Haushaltsbewilligung. Die Dokumentationspflicht dient zum einen der Information des Gesetzgebers und befähigt diesen zugleich zu einer effektiven Wahrnehmung seiner Überprüfungs- und Anpassungspflichten bei Sonderabgaben. Insoweit bildet sie ein funktionales Surrogat der Haushaltsgrundsätze der Vollständigkeit und der Einheit. Zum anderen zielt sie auf eine Information der Öffentlichkeit, die im Haushaltsverfassungsrecht des Grundgesetzes durch den Grundsatz der Budgetöffentlichkeit, eine Ausprägung des Demokratieprinzips, gefördert wird. Die Erfordernisse der besonderen Gruppenverantwortung kraft Sachnähe, der Gruppenhomogenität sowie der gruppennützigen Verwendung dienen vornehmlich der Wahrung der Lastengleichheit bei der Erhebung von Sonderabgaben. Das Kriterium der besonderen Gruppenverantwortung fragt nach dem spezifischen Rechtfertigungsgrund, welcher die finanzielle Sonderbelastung der Abgabenpflichtigen, die zugleich Steuerpflichtige sind, vor dem Prinzip der Lastengleichheit legitimiert. Da der Tatbestand der Sonderabgabenpflicht nicht auf die

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

Verhältnisse des einzelnen Pflichtigen, sondern auf diejenigen des vom Gesetzgeber als typisch zugrunde gelegten Gruppenmitglieds zugeschnitten ist, bedarf das Erfordernis der besonderen Gruppenverantwortung der Ergänzung durch dasjenige der Gruppenhomogenität. Gewinnt die Sonderlast ihre Rechtfertigung aus dem materiellen Belastungsgrund des Ausgleichs besonderer Vorteile, so stellt die Voraussetzung der gruppennützigen Verwendung des Abgabenaufkommens sicher, daß eine Begünstigung der überwiegenden Zahl der Gruppenmitglieder auch tatsächlich eintritt. Das Prinzip der Lastengleichheit, aus dem die drei Anforderungen abgeleitet sind, ist in seiner Geltung nicht auf Abgaben, geschweige denn auf Sonderabgaben beschränkt, sondern bindet den Gesetzgeber bei der Auferlegung jeglicher außersteuerlicher Lasten zur Verwirklichung öffentlicher Zwecke. Teilweise dienen die einzelnen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Sonderabgabenjudikatur der Verwirklichung eines bestimmten Verfassungsprinzips auch bei der Erhebung von Sonderabgaben; häufig erfüllt eine einzelne Voraussetzung jedoch Schutzfunktionen für mehrere Verfassungsrechtsgüter und -prinzipien zugleich. Die Mehrheit der einzelnen Zulässigkeitsvoraussetzungen schützt im Schwerpunkt ein bestimmtes Verfassungsrechtsgut gegen Beeinträchtigungen durch die Auferlegung von Sonderabgaben, wie beispielsweise das Merkmal der besonderen Gruppenverantwortung das Prinzip der Lastengleichheit verwirklicht oder das Gebot hinreichender Dokumentation Funktionen des parlamentarischen Budgetbewilligungsrecht auf Grundlage eines vollständigen Haushaltsplans übernimmt. Andere Erfordernisse lassen sich nach ihrem Schutzzweck mehreren Verfassungsrechtsgütern zuordnen, so wie etwa das Gebot gruppennütziger Verwendung die Belastungsgleichheit wahrt und zugleich Funktionen des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts aufrechterhält. Ihre eigentliche Schutz- und Rechtfertigungswirkung entfalten die Verfassungsmäßigkeitsanforderungen jedoch erst im Zusammenwirken miteinander. Dem liegt der Zusammenhang zwischen der Ordnungs- und Koordinationsfunktion der Kompetenzordnung für Steuern und den Belangen des Individualschutzes zugrunde, den das BVerfG als „Grundrechts-Kompetenz-Zusammenhang“ bezeichnet.291 Dieser Zusammenhang läßt sich in der wechselseitigen Ergänzung der einzelnen Zulässigkeitsvoraussetzungen leicht aufzeigen. So dient das Sachzweckerfordernis zwar zunächst dazu, Übergriffe des Aufgabengesetzgebers in Steuerkompetenzen zu verhindern und zu begrenzen, zugleich wirkt es aber auch individualschützend, da es den Bürger vor Geldleistungspflichten bewahrt, die in der Kompetenzordnung des Grundgesetzes keinen Platz haben, folglich unkoordiniert auferlegt werden und infolgedessen leicht zu einer übermäßigen Gesamtbelastung des Abgabenpflichtigen führen können. Umgekehrt drängen 291 BVerfGE 55, 274 (302); zuvor bereits P. Kirchhof/H. Walter, NJW 1970, S. 1575 (1580 f.); F. Ossenbühl, DÖV 1965, S. 649 (657).

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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auch primär grundrechtsschützende Anforderungen auf eine Wahrung der finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzordnung. Während das Erfordernis gruppennütziger Verwendung vornehmlich darauf ausgeht, Sonderabgaben aus dem materiellen Belastungsgrund des Vorteilsausgleichs vor dem Prinzip der Lastengleichheit zu rechtfertigen, hindert es den Sachgesetzgeber zugleich daran, finanzielle Sonderlasten zur Deckung des allgemeinen staatlichen Finanzbedarfs aufzuerlegen und dadurch in den Kernbereich der Kompetenzen des Steuergesetzgebers überzugreifen.

D. Schlußfolgerung – Formulierung verfassungsunmittelbarer Rechtfertigungsmaßstäbe für abgabenähnliche Preisinterventionen Handelt es sich bei den Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben durchweg um Anforderungen, die aus allgemeinen Prinzipien und Schutzerwägungen der Finanzverfassung sowie dem Prinzip der Lastengleichheit abgeleitet sind, so besteht eine Notwendigkeit, diese Zulässigkeitsvoraussetzungen auf fördernde Vergütungsregelungen zu übertragen, nicht. Für die Ausbildung verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe an Preisregelungen ist dann allein maßgeblich, welche Anforderungen sich aus den schutzbedürftigen Verfassungsrechtsgütern und -prinzipien für den Einsatz dieser Regelungen ergeben. Daß es sich bei Preisinterventionen nicht um Abgaben, bei den durch Entgeltregulierung transferierten Finanzvolumina nicht um Einnahmen und dementsprechend bei ihrer „Verwendung“ nicht um Ausgaben im haushaltsrechtlichen Sinne handelt, hindert die Herleitung von Zulässigkeitsanforderungen aus Grundsätzen der Finanzverfassung nicht. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben belegen dies eindrücklich. Aufgrund des besonderen Konkurrenzverhältnisses zwischen Sonderabgaben und Steuern hat das BVerfG zur Wahrung der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen für Steuern das Erfordernis eines über reine Finanzierungsanliegen hinausgehenden Gestaltungszwecks aufgestellt, obwohl bzw. gerade weil es sich bei Sonderabgaben nicht um Steuern handelt. Aufgrund des haushaltsflüchtigen Finanzierungskreislaufs, den Sonderabgaben zustande bringen, hat das Gericht mit den Erfordernissen der gruppennützigen Zweckbindung, der periodischen Legitimation und der Dokumentation Anforderungen aus dem Haushaltsverfassungsrecht abgeleitet, obwohl – oder wiederum: gerade weil – das Aufkommen haushaltsflüchtiger Sonderabgaben nicht den formalhaushaltsrechtlichen Begriff der Einnahme, seine Verwendung nicht denjenigen der Ausgabe erfüllt. Es kennzeichnet kompetenzübergreifende Rechtsakte, daß sie nicht die Ausübung derjenigen Kompetenz stören, auf die sie selbst gestützt sind und aus der sich die für ihre Handlungsform unmittelbar geltenden Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen ergeben, sondern daß sie die Ausübung einer ande-

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3. Teil: Anwendbarkeit formenspezifischer Verfassungsmaßstäbe

ren Kompetenz beeinträchtigen. Aus der Wirkungsweise von Kompetenzübergriffen folgt daher zwangsläufig, daß die Kriterien zu ihrer Begrenzung nicht aus der durch sie ausgeübten Kompetenz, sondern der beeinträchtigten hergeleitet werden müssen. Für Sonderabgaben hat das BVerfG diesen Zusammenhang dahin formuliert, es ließen sich „die Schranken für die Auferlegung von Sonderabgaben [nicht] allein aus dem Inhalt und den Grenzen der zugrundeliegenden Sachgebietskompetenz bestimmen“,292 statt dessen sei auch die „Konkurrenzsituation“ zu anderen Kompetenzen „bei der Auslegung der Kompetenznorm zur Bestimmung des Umfangs der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers in den Blick zu nehmen“, da eine Verfassungsvorschrift nicht isoliert, sondern aus dem Gesamtgefüge der Verfassung heraus ausgelegt werden müsse.293 Vor diesem Hintergrund wird für abgabenäquivalente Vergütungsregelungen danach zu fragen sein, inwiefern ihre Auswirkungen Schutzzwecke der Finanzverfassung, insbesondere solche der föderalen Gewaltenteilung und des Grundrechtsschutzes, gefährden und anhand welcher Kriterien diese Wirkungen auf ein zulässiges Ausmaß zu begrenzen sind. Dabei wird zunächst im Vordergrund stehen, ob der Sachgesetzgeber durch „quersubventionierende“ Regelungen auf der Grundlage der Art. 70 ff. GG in unzulässiger Weise in die Kompetenzen des Steuergesetzgebers aus Art. 105 GG übergreift; des weiteren bedarf der Untersuchung, ob Preisinterventionen die Verteilung der Steuererträge im Verhältnis von Bund und Ländern stören; schließlich wird betrachtet werden, ob die Gewährung von Subventionen und Transferleistungen auf „abgekürztem Zahlungsweg“294 in verfassungswidriger Weise die Funktionen der parlamentarischen Ausgabenbewilligungskompetenz entwertet. Bei der Klärung all dieser Fragen handelt es sich methodisch nicht um die Anwendung übertragener, sondern von Verfassungs wegen unmittelbar auf Preisregelungen anwendbarer Maßstäbe. Noch deutlicher als für die finanzverfassungsrechtliche Kompetenzordnung ist für das Prinzip der Lastengleichheit zu erkennen, daß dieses unmittelbar als Rechtfertigungsmaßstab an hoheitlich zugewiesene Vergütungspflichten anzulegen ist und es wiederum keiner Übertragung der Zulässigkeitsvoraussetzungen bedarf, die das BVerfG für Sonderabgaben aus dem Gebot der Belastungsgleichheit hergeleitet hat. Das Prinzip der Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher Lasten gilt für jede Zuweisung öffentlicher Lasten, die neben die allgemeine Steuerpflicht tritt, sei es durch die Begründung von Geld- oder von Naturalleistungspflichten. Die Lastengleichheit stellt eine Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes dar, der alles staatliche Handeln bindet; aus ihr ergeben sich unmittelbar verfassungsrechtliche Anforderungen an den Einsatz fördernder Vergütungsregelungen. 292 293 294

BVerfGE 55, 274 (298). BVerfG, a. a. O., S. 300. H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 (929).

§ 7 Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben

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Eine Übertragung formenfremder Zulässigkeitsanforderungen ist daher zu einer verfassungsrechtlichen Beurteilung von Zwangsvergütungen nicht nur nicht geboten, es muß auch bezweifelt werden, ob der spezifische Rechtfertigungsbedarf dieser Form von Sonderlasten hierdurch sachgerecht erfaßt würde. Hiergegen spricht zunächst die bereits erwähnte Gefahr, durch einen Transfer formenfremder Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen könnten die Unterschiede, die auch zwischen Geldleistungspflichten ähnlicher oder gleicher Belastungswirkung bestehen, vernachlässigt werden.295 Des weiteren wurde gesehen, daß eine unveränderte Übertragung sämtlicher Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben, wie sie von Befürwortern einer materiellen Betrachtung von Entgeltregelungen bisweilen gefordert wird, die Bestimmung eines Kriteriums voraussetzt, welches sich dazu eignet, innerhalb der nicht-abgabenrechtlichen Geldleistungspflichten den Kreis der finanzverfassungsrechtlich rechtfertigungsbedürftigen einzugrenzen. Ob sich der Rechtfertigungsbedarf verschiedener Geldleistungspflichten gegenüber einer Vielzahl finanzverfassungsrechtlicher Schutzgüter und Prinzipien durch ein einzelnes Übertragungskriterium sachgerecht erfassen läßt, erscheint zweifelhaft; bislang ist dem rechtswissenschaftlichen Schrifttum die Bestimmung eines solchen Kriteriums nicht gelungen.296 Darüber hinaus erscheint an einer Übertragung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben bedenklich, daß möglicherweise der Rechtfertigungsbedarf finanzieller Sonderlasten vor den Prinzipien der Finanzverfassung und der Lastengleichheit durch diese Anforderungen nicht vollständig erfaßt und hinreichend berücksichtigt ist. Hierfür spricht zunächst, daß das BVerfG selbst den Katalog der Verfassungsmäßigkeitsanforderungen im Laufe seiner Rechtsprechung mehrfach erweitert und damit zu erkennen gegeben hat, daß die Anforderungen in ihrer bisherigen Ausgestaltung bestimmte Aspekte der Rechtfertigungsbedürftigkeit von Sonderabgaben nicht befriedigend erfaßten.297 Dieser Befund könnte in Teilaspekten auch auf die derzeitige Ausformung der Zulässigkeitsanforderungen zutreffen. So kann beispielsweise nicht als gesichert gelten, ob der Rechtfertigungsbedarf finanzieller Sonderlasten gegenüber der Ordnung der Gesetzgebungs- und Ertragskompetenzen für Steuern durch das Erfordernis, der Gesetzgeber müsse einen Gestaltungszweck verfolgen, ausreichend berücksichtigt ist. Auch aus diesem Grunde erscheint es vorzugswürdig, für die Ausbildung verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe an Preisinterventionen unmittelbar bei den gefährdeten Rechtsgütern der Finanzverfassung und dem Prinzip der Lastengleichheit anzusetzen.

295

Siehe hierzu bereits oben § 7 C I 3 d). Siehe hierzu bereits oben § 7 B III. 297 Vgl. BVerfGE 67, 256 (275) (Gestaltungszweck); 108, 186 (218 f.) (Dokumentationspflicht). 296

Vierter Teil

Vereinbarkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen mit der Finanzverfassung des Grundgesetzes § 8 Die Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung des Staates Spezifisch finanzverfassungsrechtliche Anforderungen an die Vereinbarkeit abgabenäquivalenter Preisinterventionen mit dem Grundgesetz könnten sich zunächst aus dem Prinzip des Steuerstaates ergeben. Dies setzt voraus, daß das Gebot der Steuerstaatlichkeit, welches die Steuer im verfassungsrechtlichen Sinne (A) als Regelform der Staatseinnahme vorsieht und darin mit einer Reihe weiterer Verfassungsgewährleistungen zusammenwirkt (B), einen eigenständigen verfassungsrechtlichen Kontrollmaßstab an nichtsteuerliche Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben bildet (C).

A. Der verfassungsrechtliche Begriff der Steuer Da die Verfassungsanforderungen an Entgeltregulierung sowohl im folgenden Zusammenhang mit dem Prinzip des Steuerstaats als auch im weiteren Verlauf der Untersuchung noch verschiedentlich aus Verfassungsbestimmungen über die Ausübung der Besteuerungsgewalt hergeleitet werden, bedarf es zunächst einer kurzen Klärung des verfassungsrechtlichen Begriffs der Steuer. Die Art. 105 ff. GG verwenden einen eigenständigen verfassungsrechtlichen Begriff der Steuer.1 Zugleich knüpfen sie an den traditionellen Begriff des deutschen Steuerrechts an, wie er bereits in § 1 der Reichsabgabenordnung von 1919 und von 1931 ausgeformt worden ist.2 Anerkanntermaßen ist der Verfassunggeber bei der Verwendung des Begriffs der Steuer in den Art. 105 ff. GG von der etablierten Begrifflichkeit des einfachen Rechts ausgegangen.3 Aus die1 Hierzu BVerfGE 49, 343 (353); 55, 274 (299); 67, 256 (282); K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 352; M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 12; M. Jachmann, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 3. 2 BVerfGE 65, 325 (344); 72, 330 (344); 93, 319 (346); st. Rspr. – Eingehend dazu K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 361 ff.

§ 8 Die Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung

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sem Grund kann der Steuerbegriff des Fachrechts, wie er nunmehr in § 3 Abs. 1 AO 1977 legal definiert ist, als Auslegungshilfe bei der Verfassungsinterpretation herangezogen werden, ohne daß hierdurch in methodisch unzulässiger Weise von den Gewährleistungen des einfachen Rechts auf den Umfang eines Verfassungsbegriffs geschlossen würde. Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 AO 1977 sind Steuern „Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.“ Dabei gilt für die Qualifikation einer Abgabe als Steuer – wie schon allgemein für die Qualifikation von Abgaben gesehen4 –, daß allein der tatbestandlich bestimmte materielle Gehalt der Geldleistungspflicht, nicht ihre Bezeichnung durch den Gesetzgeber maßgebend ist.5 Da die Qualifikation der Geldleistungspflicht über die an diese anzulegenden Rechtmäßigkeitsmaßstäbe entscheidet und diese überwiegend formenspezifisch ausgestaltet sind, sollen die von einer Abgabe ausgehenden Wirkungen bei deren Subsumtion unter eine Abgabenkategorie berücksichtigt werden. Jedem Tatbestandsmerkmal des Steuerbegriffs entspricht eine Abgrenzungsfunktion gegenüber bestimmten anderen Formen staatlicher Aufgabenfinanzierung, insbesondere der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben. Das Merkmal der Geldleistung unterscheidet die Steuer von Sach- und Dienstleistungen. Bereits aus der Steuerertragsverteilung gem. Art. 106 GG sowie aus dem Haushaltsverfassungsrecht des Art. 110 GG, die sinnvoll nur die Verteilung und Verwendung von Geldmitteln regeln können, ergibt sich, daß Sach- und Dienstleistungen keine Steuern sowie allgemein keine Staatseinnahmen darstellen.6 Die Charakterisierung als Geldleistung, die keine Gegenleistung für eine hoheitliche Leistung darstellt, grenzt die Steuer von der Mehrzahl nichtsteuerlicher Abgabenarten ab. Den klassischen Fall einer Gegenleistung im Sinne des Steuerbegriffs bilden die Vorzugslasten. Die Gebühr und der Beitrag entgelten einen Vorteil, der einem einzelnen oder einer Gruppe durch hoheitliches Handeln aktuell – bei der Gebühr – oder jedenfalls kraft gesetzlicher Vermutung – im Falle des Beitrags – vermittelt worden ist.7 Die Sonderabgabe hingegen steht in besonderer Konkurrenz zur Steuer, weil auch sie dem Abgabenpflichtigen „vor3 Vgl. nur H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 6 m.w. N.; W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 42 ff. 4 Siehe oben § 7 A II 1. 5 Aus der Rspr. des BVerfG zur Gleichartigkeit von Landes- und Bundessteuern vgl. BVerfGE 7, 244 (251 f.); 49, 343 (353); aus der Sonderabgabenjudikatur E 67, 256 (276); 92, 91 (114); zu Gebühren E 108, 1 (13). 6 K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 374; hierzu auch T. Maunz, in: ders./G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 105 Rn. 3.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

aussetzungslos“,8 also ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand, auferlegt wird.9 Allerdings führt das Tatbestandsmerkmal der Steuer, wonach diese keine Gegenleistung für eine hoheitliche Leistung darstellt, nicht dazu, daß schon die Zweckbindung des Aufkommens einer Abgabe deren Eigenschaft als Steuer ausschließt.10 Die Zwecksteuer ist grundsätzlich zulässig. Den Begriff der Steuer erfüllt eine zweckgebundene Abgabe erst dann nicht mehr, wenn durch die gesetzliche Festlegung des Verwendungszwecks sichergestellt werden soll, daß dem jeweiligen Kreis der Abgabenpflichtigen aus dem Aufkommen besondere wirtschaftliche Vorteile gewährt werden sollen,11 wie dies etwa für Sonderabgaben gilt. Kennzeichnend für die Zwecksteuer ist es, daß ein solcher Konnex zwischen der Erhebung und der Verwendung der Abgabe nicht besteht. In der Formulierung, die Geldleistungspflicht müsse dem Pflichtigen „von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen [. . .] auferlegt“ werden, treten gleich mehrere Merkmale des verfassungsrechtlichen Steuerbetriffs zutage. Der Begriff des Auferlegens macht zunächst deutlich, daß es sich bei der Steuer um die Festsetzung einer Zwangsleistung durch einseitigen Hoheitsakt im Gegensatz zu einer freiwilligen Geldleistung des Bürgers handelt.12 Des weiteren enthält die Wendung das Erfordernis, das Aufkommen müsse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zufließen. Explizit bringt § 3 Abs. 1 AO die Anforderung des Mittelzuflusses nicht zum Ausdruck, doch ist sie für die Steuer – wie für sämtliche Abgaben – konstitutiv.13 Zudem wirft der Gesetzeswortlaut an dieser Stelle die Frage auf, ob es ein Element des Verfassungsbegriffs der Steuer bildet, daß diese von einem nach Art. 106 GG, Art. 140 GG i.V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV steuerertragsberechtigten Gemeinwesen erhoben wird, oder ob es sich hierbei zwar um eine Verfassungsmäßigkeits-, nicht jedoch um eine Begriffsvoraussetzung handelt; die Literatur ist in dieser Frage geteilt.14

7 Vgl. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 181 ff.; M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 20. 8 Zur Voraussetzungslosigkeit als Merkmal der klassischen Steuerdefinition Otto Mayers: ders., Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. I, 3. Aufl., 1924, S. 315 f.; auch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 51. 9 BVerfGE 55, 274 (298); 67, 256 (275); 78, 249 (267); 92, 91 (113). 10 Allg. M., vgl. nur M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 15; M. Jachmann, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 4. 11 Zum Kriterium des besonderen wirtschaftlichen Vorteils BVerfGE 7, 244 (255 f.); 49, 343 (353 f.); 65, 325 (344). 12 K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 376; K. Tipke/J. Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., 2005, § 3 Rn. 15. 13 Vgl. F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2001, Rn. 2; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 120 m. Fn. 75; K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 378.

§ 8 Die Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung

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Um Steuer zu sein, muß die Abgabe schließlich zur Erzielung von Einnahmen erhoben werden. Da der in § 3 Abs. 1 AO 1977 angefügte Halbsatz – „die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein“ – in den Vorgängerbestimmungen der Reichsabgabenordnung nicht enthalten war,15 wäre vorstellbar, daß der verfassungsrechtliche Steuerbegriff gegenüber dem einfachrechtlichen insofern enger ist. Als Konsequenz entsprächen Steuerrechtsnormen, bei denen ein Lenkungszweck den Zweck der Einnahmenerzielung überwiegt, nicht dem Steuerbegriff des Grundgesetzes. Eine nähere Betrachtung zeigt jedoch, daß diese Schlußfolgerung nicht trägt. Zwar handelt es sich bei der Deckung des allgemeinen öffentlichen Finanzbedarfs unbestrittenermaßen um die Grundfunktion der Steuer.16 Gleichzeitig gehen von jeder Besteuerung in weiterem oder geringerem Umfang verhaltenssteuernde Anreize aus, derer sich der Gesetzgeber bei der Einführung eines Steuertatbestandes bewußt ist. Die Steuer ist – in den Worten des BVerfG – „in der modernen Industriegesellschaft zwangsläufig auch zum zentralen Lenkungsinstrument aktiver staatlicher Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik geworden [. . .], wobei der Zweck, Einkünfte für die Bestreitung allgemeiner Staatsaufgaben zu erzielen, sogar als Nebenzweck nicht selten völlig in den Hintergrund tritt.“17 Folglich kann es auch für die verfassungsrechtliche Begriffsbestimmung nicht darauf ankommen, ob im Einzelfall eher die fiskalische oder die außerfiskalische Wirkung einer Steuerrechtsnorm überwiegt.18 Aus der Grundfunktion der Steuer, den staatlichen Finanzbedarf zu decken, ergeben sich jedoch auch die Grenzen zulässiger Verfolgung von Lenkungszwecken. Belastet eine Abgabenregelung bestimmte Verhaltensalternativen in solchem Maße, daß sie nach Gewicht und Auswirkung einem Verhaltensgebot nahekommt – „erdrosselnd“ wirkt –, so verliert sie mit ihrer Finanzierungsfunktion auch ihre Eigenschaft als Steuer.19 Gleiches gilt, wenn ein nennenswertes Aufkommen zwar noch erzielt wird, dieses aber nicht zur Finanzierung von Gemeinlasten verwendet werden soll.20 14 Als Begriffselement qualifizieren dieses Erfordernis K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 377 f.; M. Jachmann, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 5. – Als verfassungsrechtliche Zulässigkeitsanforderung begreifen es P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 192; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 105 Rn. 14 m.w. N. 15 § 1 RAO 1931 sprach lediglich davon, es werde „zur Erzielung von Einkünften“ besteuert, dazu K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 387. 16 BVerfGE 82, 159 (178); P. Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, 2000, S. 77; hierzu und zum folgenden auch H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 122. 17 So BVerfGE 55, 274 (299); vgl. auch E 67, 256 (278); 98, 106 (118). 18 Dazu H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 122; M. Jachmann, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 6; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 105 Rn. 15. 19 Vgl. BVerfGE 38, 61 (81); 98, 106 (118).

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Die Bedeutung des § 3 Abs. 1 AO 1977 als Auslegungshilfe bei der Ermittlung des verfassungsgesetzlichen Begriffsgehalts ist daher nicht auf einzelne Merkmale des Steuerbegriffs beschränkt. Insbesondere in der Unabhängigkeit der Steuer von einer entgeltwürdigen hoheitlichen Leistung – ihrer Voraussetzungslosigkeit – ermöglicht der Begriff die Abgrenzung zur Mehrheit nichtsteuerlicher Abgabenarten.

B. Das Prinzip des Steuerstaates I. Herleitung und normativer Gehalt Durch die Einordnung eines öffentlichen Gemeinwesens als „Steuerstaat“21 wird dieses dahingehend charakterisiert, es decke seinen Finanzbedarf im wesentlichen aus Steuern.22 Für die Finanzordnung des Grundgesetzes wird diese Entscheidung für einen Vorrang der Steuerfinanzierung des Staates einer Zusammenschau der Kompetenzregelungen der Art. 105 ff. GG entnommen. Diese Bestimmungen verteilen ausschließlich die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen für Steuern auf Bund, Länder und Gemeinden, treffen jedoch zur Verteilung der Kompetenzen für die Erzielung sonstiger Arten von Einnahmen keine Aussage. Die Steuer bildet mithin das einzige verfassungsrechtlich umfassend geregelte Institut staatlicher Einnahmenerzielung.23 Hieraus wird geschlossen, der Verfassunggeber sei von einer allgemeinen Staatsfinanzierung im Wege der Besteuerung24 ausgegangen.25 20

Vgl. BVerfGE 29, 402 (408 f.); 38, 61 (81); 98, 106 (118). Ein Konzept des Steuerstaates entfaltet erstmals L. v. Stein, Lehrbuch der Finanzwissenschaft, Theil II, Abth. 1, 5. Aufl., 1885; der Begriff findet Verbreitung in der Folge von J. Schumpeter, Die Krise des Steuerstaats, 1918; zur darauf einsetzenden Diskussion J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (413 f.). 22 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 45; W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10; F. Kirchhof, Die Verwaltung 21 (1988), S. 137; K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, § 30 Rn. 51. 23 BVerfGE 55, 274 (298); P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 45. 24 Deutliche Hinweise auf eine allgemeine Steuerfinanzierung des Staats finden sich auch an anderer Stelle als den Art. 105 ff. GG. Als „negative Voraussetzung“ der Steuerstaatlichkeit wird etwa der grundsätzliche, nur unter den engen Voraussetzungen der Art. 12 Abs. 2, Art. 12a GG durchbrochene Verzicht auf öffentliche Dienstleistungspflichten des Bürgers aufgefaßt, dazu J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (421 f.); W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10 (16). 25 Vgl. K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, § 30 Rn. 70; J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (428); 21

§ 8 Die Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung

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Auch in die Rechtsprechung des BVerfG hat das Prinzip des Steuerstaates Eingang gefunden. Das Gericht sieht in der Finanzverfassung des Grundgesetzes die Vorstellung verkörpert, die Erfüllung staatlicher Aufgaben sei grundsätzlich aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmequellen zu finanzieren und nur ausnahmsweise, unter besonderen Voraussetzungen, dürften Einnahmen „außerhalb des von der Finanzverfassung erfaßten Bereichs“ erschlossen werden.26 Die Finanzverfassung des Grundgesetzes gehe davon aus, daß Gemeinlasten aus Steuern finanziert werden.27 Für das Verhältnis zwischen Steuern und anderen, ebenfalls „voraussetzungslos“ geschuldeten Abgaben betont das Gericht, die Funktion, Mittel für den allgemeinen Finanzbedarf des Staates zu gewinnen, sei nach dem Willen der Verfassung ausschließlich der Steuer zugewiesen.28 Das Steuerstaatsprinzip ordnet den Zugriff des Staates auf die ihm zur Verfügung stehenden Einnahmequellen. Aus ihm ergibt sich zunächst der Vorrang der Steuerfinanzierung gegenüber allen Formen nichtsteuerlicher Abgabenerhebung.29 Nur die Steuer ist als Belastung privaten Vermögens allein durch ihren fiskalischen Zweck gerechtfertigt.30 Sie bedarf über ihren Zweck, den Staat durch Teilhabe an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mit Finanzmitteln auszustatten, hinaus keiner weiteren Rechtfertigung. Dieses Fehlen einer besonderen Rechtfertigungsbedürftigkeit zeichnet sie vor allen Arten nichtsteuerlicher Zahlungspflichten aus. Darüber hinaus weist die Entscheidung des Grundgesetzes für die Steuerstaatlichkeit auch die Nutzung nichtabgabenrechtlicher Einnahmequellen in Schranken. Zwar ist dem Staat die Erzielung von Einnahmen durch erwerbswirtschaftliche Betätigung, wie das Grundgesetz in mehreren Bestimmungen zu erkennen gibt, erlaubt.31 Der zuläs-

D. Birk/R. Eckhoff, Staatsfinanzierung durch Gebühren und Steuern, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 54 (55); ablehnend gegenüber der normativen Verankerung des Steuerstaatsgebots in Art. 105 ff. GG E. Gawel, Der Staat 39 (2000), S. 209 (210); R. Hendler, DÖV 1999, S. 749 (756); M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 2. 26 So BVerfG 78 249 (266 f.) unter Hinweis auf K. Vogel, nunmehr in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, § 30 Rn. 70; ebenso E 93, 319 (342). 27 BVerfGE 82, 159 (178) – Absatzfonds. 28 BVerfGE 55, 274 (299) – Berufsausbildungsabgabe. 29 Dazu, welche Anforderungen an die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben aus diesem Vorrang resultieren, sogleich unten § 8 C. 30 K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 336; J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (432); zur Rechtfertigung der Steuer aus der Sozialpflichtigkeit des Eigentums P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 95; allgemein zur Rechtfertigung von Steuern M. Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern, 1994. 31 Art. 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 und Art. 108 Abs. 1 GG beziehen sich auf die Finanzmonopole des Staates, während Art. 110 Abs. 1, 115, 135 Abs. 3 und 6 GG Rechtsfragen staatlicher Erwerbsbetriebe regeln.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

sige Umfang staatlicher Erwerbswirtschaft wird jedoch nicht nur durch die Wirtschaftsgrundrechte der Berufsfreiheit und des Privateigentums, Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG, in die der Staat durch unternehmerische Tätigkeit eingreift, begrenzt; auch durch das Gebot der Steuerstaatlichkeit wird die öffentliche Hand dazu angehalten, sich im wesentlichen durch besteuernde Teilhabe am Erfolg privaten Wirtschaftens zu finanzieren.32 Ähnlich ist dem Staat die Deckung seines Finanzbedarfs durch Verschuldung in den Grenzen der Kreditbegrenzungsregel des Art. 115 Abs. 1 S. 2 GG sowie der Verpflichtung auf das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gem. Art. 109 Abs. 2 GG zwar gestattet, doch folgt auch insoweit aus dem Prinzip des Steuerstaates, daß die Kreditaufnahme nicht als primäre Finanzierungsform in Betracht kommt. Mit dem Steuerstaatsgebot trifft der Verfassunggeber nicht nur eine Grundentscheidung für die Regelform der Staatsfinanzierung, sondern zugleich eine solche über das Verhältnis von Staat und Wirtschaft. Der Staat, der sich durch Steuern finanziert, muß die Objekte der Besteuerung und damit die Mittel wirtschaftlicher Betätigung in privater Hand belassen.33 Marktwirtschaft und Steuerstaat bedingen sich daher gegenseitig: Indem der Staat auf eigenhändige Wirtschaftstätigkeit als Systementscheidung verzichtet, ermöglicht er es, Wirtschaftsgüter gem. Art. 14 Abs. 1 GG als Privateigentum zu fassen, ist im Gegenzug jedoch auf die Deckung seines Finanzbedarfs durch Besteuerung verwiesen.34 Aufgrund seiner inhaltlichen Reichweite, aber in Anbetracht seiner abweichenden verfassungsgesetzlichen Verankerung wird dem Prinzip des Steuerstaats eine den Staatsstrukturbestimmungen des Art. 20 GG vergleichbare Bedeutung zugemessen, bisweilen auch angenommen, das Prinzip nehme an der Unantastbarkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG teil.35

32 Vgl. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 1; W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 17; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 118; zur Bedeutung des Steuerstaatsprinzips als Entscheidung gegen den „Unternehmerstaat“ vgl. J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (416). 33 K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, § 30 Rn. 53; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 92. 34 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 47, 92. 35 Dazu W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10; J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (434) sieht das Steuerstaatsprinzip als notwendige Voraussetzung des sozialen Rechtsstaats in Art. 20, 79 Abs. 3 GG mitgewährleistet.

§ 8 Die Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung

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II. Die besondere Abstimmung der steuerlichen Finanzierungsform auf Rechtsgüter und Prinzipien des Grundgesetzes Die Steuer hebt sich von anderen Arten der Erzielung von Staatseinnahmen nicht nur durch ihren in Art. 105 ff. GG vorausgesetzten normativen Vorrang ab. Sie zeichnet sich gegenüber sonstigen Formen der Abgabenerhebung auch dadurch aus, daß sie die Verfassungsrechtsgüter und -prinzipien, die durch jede hoheitliche Auferlegung von Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben berührt werden, in optimaler Weise berücksichtigt und zur Geltung kommen läßt. Dem besonderen Ausmaß, in dem das Handlungsmittel der Steuer auf die Wahrung dieser Schutzgüter abgestimmt ist, wird im Schrifttum vielfach solche Bedeutung zugemessen, daß der Vorrang der Steuerfinanzierung nicht allein auf die Kompetenzregelungen der Art. 105 ff. GG, sondern ebenso auf die durch die Steuer in besonderem Maße berücksichtigten Verfassungsgewährleistungen – insbesondere das Gebot der Lastengleichheit36 – gestützt wird. Zuvorderst verspricht die Steuer eine finanzielle Inanspruchnahme für öffentliche Aufgaben, die mit dem allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Prinzip der Lastengleichheit vereinbar ist. Durch die Zuweisung finanzieller Sonderlasten stellt der Gesetzgeber sich vor die Schwierigkeit, aus den Umständen, die er in der Rechts- und Sozialordnung vorfindet, solche auszuwählen, an die sich eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für öffentliche Aufgaben knüpfen läßt. Da die Erfüllung öffentlicher Aufgaben stets auch im Interesse der Allgemeinheit liegt, besteht bei einer solchen Sonderbelastung die erhöhte Gefahr einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung einzelner Personen oder Gruppen. Angesichts dessen bedarf die finanzielle Sonderlast als Abweichung vom Gemeinlastprinzip der besonderen Rechtfertigung vor dem Gebot der Lastengleichheit. Zwar kann auch der Steuerzugriff im Einzelfall gleichheitswidrig sein, etwa dann, wenn die angeordnete Steuerpflicht den Maßstab der individuellen Zahlungsfähigkeit verfehlt. Dennoch ist der Vermögenszugriff im Wege der Besteuerung als Ausdruck des Gemeinlastprinzips, wie in der Literatur treffend formuliert wird, gleichsam „von Hause aus“37 mit dem Gleichheitssatz vereinbar; er birgt gegenüber der Auferlegung finanzieller Sonderlasten die geringere Gefahr ungerechtfertigter Ungleichbehandlungen. Im Schrifttum wird die Bedeutung der Steuer für eine gleichmäßige Verteilung der

36 Vgl. J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (429); W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/ J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10 (20); vgl. auch E. Gawel, Der Staat 39 (2000), S. 209 (214). 37 J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (430); vgl. auch ders., Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (442).

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

öffentlichen Lasten so hoch eingeschätzt, daß das Prinzip des Steuerstaates vielfach in Art. 3 Abs. 1 GG verankert gesehen wird.38 Gerade in der Wahrung der Lastengleichheit steht die Steuerstaatlichkeit in einem untrennbarem Zusammenhang zu der Staatsstrukturbestimmung des Demokratieprinzips. Die gleiche Beteiligung aller Bürger an der Staatsfinanzierung nach dem Gemeinlastprinzip bildet gleichsam das finanzwirtschaftliche Gegenstück ihrer demokratischen Gleichheit. Gleichen sich die Menschen in einer Demokratie in ihrem Status als Staatsbürger und in ihren hieraus fließenden Rechten auf demokratische Partizipation, so entspricht dieser Legitimation von Staatsgewalt allein die gleiche Beteiligung aller Bürger an den öffentlichen Lasten.39 Auch das BVerfG erkennt in dem Grundsatz der staatsbürgerlichen Lastengleichheit eine „wesentliche Ausprägung rechtsstaatlicher Demokratie“.40 Die Steuer bildet das Finanzierungsinstrument der Demokratie; es ist daher kein Zufall, daß die Umstellung der Staatsfinanzierung auf die Besteuerung nach Maßgabe der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zeitlich mit dem Übergang Deutschlands von der Monarchie zur demokratischen Republik zusammenfällt.41 In engem Zusammenhang zur demokratischen Legitimation hoheitlicher Gewalt wiederum steht das Gebot der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung als einer zentralen Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzung von Steuernormen.42 Mit dem Gebot der Tatbestandsmäßigkeit unterliegen Steuernormen dem Vorbehalt des Gesetzes in einer besonders strengen Ausprägung.43 Dem liegt zugrunde, daß der Steuerzugriff im Unterschied zur Auferlegung von Naturalleistungspflichten und Geldleistungspflichten zu besonderen Zwecken durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip kaum begrenzt und strukturiert wird.44 Während in anderen Bereichen der Eingriffsverwaltung Inhalt und Grenzen von Grundrechtsbeeinträchtigungen durch einen konkreten Gesetzeszweck vorgegeben werden und 38

Siehe Fn. 36. Vgl. K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (54); auch P. Kirchhof, Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 (670); ders., in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 46. 40 BVerfGE 55, 274 (303). 41 Hierzu P. Kirchhof, Matthias Erzberger, in: C. Palmer/T. Schnabel (Hrsg.), Matthias Erzberger, 2006, S. 79 (95 f.). 42 Vgl. H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 128 f.; allgemein zur Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung K. Tipke/J. Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., 2005, § 4 Rn. 150 ff.; H.-J. Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte, 1973, S. 27 ff., 153 ff. 43 J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (429); zur Einordnung der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung in die allgemeine Lehre des Gesetzesvorbehalts C. Seiler, Der einheitliche Parlamentsvorbehalt, 2000. 44 Zum folgenden K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 68 ff.; ders., Das ungeschriebene Finanzrecht des Grundgesetzes, in: GS f. Wolfgang Martens, 1987, S. 265 (268 ff.); P. Kirchhof, StuW 1985, S. 319; C. Seiler, finanzreform 3/2004, S. 37 (40). 39

§ 8 Die Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung

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dieser der Verwaltung die Gesetzeskonkretisierung ermöglicht, ist dies bei der Besteuerung aufgrund ihres allgemeinen Zwecks, Mittel zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staates zu erzielen, kaum der Fall. Da der strukturierende und begrenzende Gehalt des Verhältnismäßigkeitsprinzips infolgedessen gering bleibt, ist der Gesetzgeber zum Schutz des Steuerschuldners verpflichtet, den Umfang der Geldleistungspflicht im Tatbestand des Gesetzes um so bestimmter vorzuzeichnen. Wenn das Steuerrecht also in besonderem Maße „aus dem Diktum des Gesetzgebers“ lebt,45 so dient dies dem Grundrechtsschutz des Steuerpflichtigen. Zugleich verwirklicht die hohe Bestimmtheit von Steuernormen in besonderer Weise das Erfordernis demokratischer Legitimation grundrechtsrelevanter Hoheitsakte. Auch an den Freiheitsrechten des Grundgesetzes läßt sich ablesen, daß die Steuer das von der Verfassung vorgesehene und mit den Freiheitsgewährleistungen in optimaler Weise zu vereinbarende Instrument der Staatsfinanzierung bildet. So sind etwa gem. Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums nur zum Wohl der Allgemeinheit zulässig, ist die verfassungsrechtlich gewährleistete Privatnützigkeit des Eigentums folglich nur durch dessen Sozialpflichtigkeit eingeschränkt. Sonderlasten zur Finanzierung besonderer Staatsaufgaben laufen angesichts dessen stets Gefahr, die Interessen der Allgemeinheit hinter denjenigen einer einzelnen Gruppe, zu deren Gunsten das Aufkommen verwendet wird, zurücktreten zu lassen und dadurch mit Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG in Konflikt zu geraten. Die Steuer hingegen bildet als Geldleistungspflicht zur haushaltsgestützten Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben den klassischen Fall einer Eigentumsbeschränkung zum Wohl der Allgemeinheit.46 Die Steuer unterscheidet sich von anderen Formen hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben auch darin, daß sie die finanzielle Gesamtbelastung des Pflichtigen in möglichst grundrechtsschonender Weise überbringt. Das Zusammenspiel der Steuergesetzgebungsund Ertragskompetenzen in Art. 105, 106 GG zielt nicht zuletzt darauf, die finanzielle Belastung des Bürgers durch Steuern auf verschiedene Lebensbereiche und eine Mehrzahl von Quellen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu verteilen, um die Gesamtbelastung auf diese Weise für den Pflichtigen so erträglich wie möglich zu gestalten. Auch insoweit schützt der Vorrang der Steuerfinanzierung den Bürger davor, daß die Grenzen seiner finanziellen Belastbarkeit durch die Ausübung der Einnahmengewalt überschritten werden.

45 So BVerfGE 13, 318 (328) unter Bezugnahme auf O. Bühler/G. Strickrodt, Steuerrecht, Bd. 1, 3. Aufl., 1960, S. 658; vgl. auch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 41. 46 Vgl. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 90.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Die bislang dargestellten grundrechtlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Anforderungen antworten auf grundlegende Rechtfertigungsfragen, die sich für jede Belastung von Individualvermögen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben, nicht allein für die Steuer, stellen. Das Steuerrecht findet diese Rechtfertigungsfragen vor und geht – verglichen mit anderen Formen staatlicher Einnahmenerzielung – in optimaler Weise auf sie ein. Aufgrund ihres Wesens als Gemeinlast und ihrer hohen dogmatischen Durchdringung ist die Steuer unter allen Instrumenten der Staatsfinanzierung im höchsten Maße auf die Wahrung dieser Verfassungsanforderungen abgestimmt. Von diesen Anforderungen sind diejenigen Verfassungsrechtsgüter und -prinzipien zu unterscheiden, die bereits kraft ausdrücklicher Anordnung des Verfassunggebers am Tatbestand der Steuer anknüpfen. Es sind dies insbesondere die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen der Art. 105 ff. GG. In diesen Bestimmungen sucht das Grundgesetz Anforderungen an das finanzwirtschaftliche Handeln des Staates zu verwirklichen, die es nicht oder kaum explizit nennt, wie beispielsweise die aufgabengerechte Ausstattung aller Glieder des Bundesstaats mit Finanzmitteln.47 In den Regelungen der Art. 105 ff. GG kommt der Vorrang der Steuer nicht allein in ihrer optimalen Abstimmung auf die Rechtfertigungsanforderungen des Grundgesetzes zum Ausdruck; er folgt hier bereits unmittelbar aus normativer Anordnung.

C. Anforderungen des Steuerstaatsgebots an die Auferlegung nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben Für die Ausbildung verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe an fördernde Vergütungspflichten ist entscheidend, inwiefern sich aus der Stellung der Steuer als Regelform der Staatseinnahme spezifische Anforderungen an die Zulässigkeit nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben ableiten, ob insbesondere das Prinzip des Steuerstaates einen eigenen Verfassungsmaßstab an abgabenähnliche Preisinterventionen enthält. Ein erster Blick gilt dabei der Formulierung des Steuerstaatsgebots durch das BVerfG. Das Gericht sieht die Finanzverfassung von der Vorstellung getragen, die Finanzierung der staatlichen Aufgaben habe grundsätzlich aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmen zu erfolgen und nur ausnahmsweise, unter besonderen Voraussetzungen, dürften Einnahmen außerhalb des von der Finanzverfassung erfaßten Bereichs erschlossen werden.48 Damit unter47 Zu dieser Funktion der finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen der Art. 106, 107 GG vgl. BVerfGE 55, 274 (300); 78, 249 (266); 93, 319 (342); 105, 185 (194); 108, 1 (15). 48 BVerfGE 78, 249 (266 f.); 93, 319 (342).

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streicht das Gericht zwar den Vorrang der Steuerfinanzierung vor anderen Einnahmequellen, äußert sich jedoch nicht zu den Zulässigkeitsmaßstäben an Abweichungen von dieser Regel. Der Formel ist zum einen nicht zu entnehmen, ob sich die „besonderen Voraussetzungen“, unter denen eine Abweichung vom Steuerstaatsprinzip statthaft ist, aus diesem Prinzip selbst ergeben oder aus den einzelnen Verfassungsgewährleistungen, die durch die Auferlegung nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben berührt werden. Sie sagt zum anderen nichts darüber aus, ob es sich bei dem Prinzip der Steuerstaatlichkeit lediglich um eine Handlungsanweisung an den Gesetzgeber oder aber um einen eigenständigen verfassungsrechtlichen Kontrollmaßstab handelt. Als Ausgangspunkt der Überlegungen kann dienen, daß finanzielle Sonderlasten die allgemeinen Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen zu erfüllen haben, soweit diese auf sie anwendbar sind. So kann beispielsweise eine Gebühr vor dem allgemeinen Gleichheitssatz nur dann Bestand haben, wenn ihre Erhebung an ein begünstigendes oder zumindest in zurechenbarer Weise aufwandsverursachendes Verwaltungshandeln anknüpft;49 weiter genügt sie dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nur dann, wenn sich ihre Bemessung im Grundsatz nach den Prinzipien der Wertäquivalenz oder der Kostendeckung richtet.50 Zu klären bleibt, ob nichtsteuerliche Geldleistungspflichten zu Finanzierungszwecken über diese allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen hinaus aufgrund ihrer Abweichung vom Prinzip des Steuerstaats einer besonderen Rechtfertigung bedürfen. Entscheidend für die Beantwortung dieser Frage muß sein, daß das Steuerstaatsprinzip, wie soeben dargelegt, selbst Ausdruck der besonders weitgehenden Verwirklichung grundrechtlicher, insbesondere gleichheitsrechtlicher, zudem rechtsstaatlicher und bundesstaatlicher Schutzzwecke durch das Institut der Steuer ist. Da sich auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen an nichtsteuerliche Geldleistungspflichten aus diesen Rechtsgütern und Prinzipien der Verfassung ergeben, läßt sich nicht sinnvoll zwischen diesen „allgemeinen“ Anforderungen und solchen unterscheiden, die gerade die Abweichung der Zahlungspflicht vom Grundsatz der Steuerfinanzierung rechtfertigen.51 Die Rechtfertigungsbedürftigkeit einer außersteuerlichen Finanzierungspflicht läßt sich jeweils nur im Hin49 Hierzu P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 188; K. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: FS f. Willi Geiger, 1989, S. 518 ff. 50 Vgl. F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 237 f. 51 So auch W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/ J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10 (21) (Da das Steuerstaatsgebot verfassungsrechtlich „nicht mehr als die Summe seiner Teile“ sei, ließen sich aus ihm über die allgemeinen Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen hinaus keine Konsequenzen für nichtsteuerliche Abgaben herleiten.); ebenso E. Gawel, Der Staat 39 (2000), S. 209 (214); G. Schiller, Sonderabgaben in der Wirtschafts- und Finanzverfassung, 2000, S. 90 f.

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blick auf ein bestimmtes Schutzgut des Grundgesetzes untersuchen. Das Prinzip des Steuerstaats begründet jedoch kein solches einheitliches und klar umrissenes Schutzgut. Es ordnet den vorrangigen Einsatz einer Handlungsform an, durch die die Vielzahl einzelner Schutzgüter, die durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben typischerweise betroffen sind, in besonderem Maße berücksichtigt und gewahrt werden. Dann aber sind die Rechtfertigungsanforderungen an Abweichungen vom Prinzip der Steuerstaatlichkeit nicht diesem abstrakten Prinzip – welches gleichsam die Zusammenfassung der einzelnen Schutzgüter bildet –, sondern unmittelbar den jeweiligen Verfassungsrechtsgütern und -prinzipien zu entnehmen. Erscheint beispielsweise die Einführung einer Sonderabgabe als mißbräuchlich, weil sie nicht auf die Wahrnehmung einer Sachaufgabe,52 sondern allein auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist und folglich funktionell an die Stelle einer Steuer tritt, so bedarf es keiner gesonderten Zulässigkeitsvoraussetzungen aus dem Prinzip der Steuerstaatlichkeit, vielmehr beurteilt sich die Verfassungsmäßigkeit der Abgabe nach der allgemeinen Dogmatik für Kompetenzübergriffe. Ähnlich ist eine nichtsteuerliche Abgabe, die zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben eingesetzt wird, nicht am Maßstab des Steuerstaatsprinzips zu messen, sondern mangels einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Abgabenpflichtigen für allgemeine Staatsaufgaben schon mit dem Gebot der Lastengleichheit unvereinbar. Somit trifft es zwar zu, daß nichtsteuerliche Geldleistungspflichten einer besonderen Rechtfertigung bedürfen. Diese tritt jedoch nicht durch Erfüllung einer zusätzlichen, aus dem Prinzip der Steuerstaatlichkeit abzuleitenden Zulässigkeitsvoraussetzung ein.53 Vielmehr steht hinter dem Erfordernis einer besonderen Rechtfertigung, daß mit der Wahl einer nichtsteuerlichen Finanzierungsform und der daraus resultierenden Nichtanwendbarkeit der Verfassungsmaßstäbe für Steuern keine Verringerung des Schutzniveaus einhergehen darf, daß die betroffenen Verfassungsrechtsgüter und -prinzipien gegenüber der hoheitlichen Auferlegung von Geldleistungspflichten zu Finanzierungszwecken genießen. Die hier vertretene Auffassung entspricht der herrschenden Meinung im Schrifttum.54 Dort besteht weitgehend Einigkeit, das Prinzip des Steuerstaates bilde keinen eigenständigen Prüfungsmaßstab an nichtsteuerliche Zahlungs52 Zum Erfordernis eines über die Erzielung von Einnahmen hinausgehenden Sachzwecks aus der Sonderabgabenjudikatur des BVerfG E 67, 256 (275); 108, 186 (218); st. Rspr. 53 So auch J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (429). 54 E. Gawel, Der Staat 39 (2000), S. 209 (214); W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10 (21); G. Schiller, Sonderabgaben in der Wirtschafts- und Finanzverfassung, 2000, S. 90 f.; U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche

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pflichten zu Finanzierungszwecken. Vielmehr sei das Prinzip „rein deskriptiven Ursprungs“,55 also „nicht mehr als die Summe seiner Teile“56 im Sinne der einzelnen Verfassungsgewährleistungen, die durch staatliche Einnahmenerzielung im Wege der Besteuerung besonders weitgehend gewahrt und berücksichtigt werden. Ebensowenig wie gesteigerte qualitative Anforderungen lassen sich dem Prinzip des Steuerstaates quantitative Begrenzungen des Einsatzes nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten entnehmen. Zwar wird in der Literatur bisweilen vertreten, aus dem Wesen der Steuer als Regeltypus der Staatseinnahme ließen sich quantitative Grenzen ableiten, so daß „im Gesamtergebnis [. . .] die Finanzierung des Staatsbedarfs zum allergrößten Teil auf Steuereinnahmen beruhen“ müsse.57 Gegen die Annahme quantitativer Höchstgrenzen für den Einsatz nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten spricht jedoch bereits, daß hierdurch die Herleitung des Steuerstaatsprinzips und die ihm entnommenen Rechtsfolgen auseinanderfallen. Denn das Gebot der Steuerstaatlichkeit wird nicht aus dem – durchaus zutreffenden58 – empirischen Befund überwiegender Steuerfinanzierung, sondern aus einer normativen Entscheidung des Verfassunggebers abgeleitet.59 Dann aber müssen folgerichtigerweise an nichtsteuerliche Geldleistungspflichten nicht quantitative, sondern allein diejenigen qualitativen Anforderungen gestellt werden, die sich aus den Verfassungsrechtsgütern und -prinzipien ergeben, denen der Verfassunggeber mit der normativen Entscheidung für den Steuerstaat Rechnung tragen wollte.60 Verfassungsrechtlich ist dem zunehmenAbgaben, 2000, S. 153 ff., 189; anders offenbar K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 45. 55 So G. Schiller, Sonderabgaben in der Wirtschafts- und Finanzverfassung, 2000, S. 90; ähnlich U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 189. 56 W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10 (21); ähnlich G. Schiller, Sonderabgaben in der Wirtschafts- und Finanzverfassung, 2000, S. 91 („Gesamtschau der Einzelpostulate“). 57 So H. Siekmann, in: M. Sachs, GG, Kommentar, vor Art. 104a Rn. 47; ähnlich R. Hendler, DÖV 1999, S. 749 (756). – Ein anderer Weg, den Einsatz nichtsteuerlicher Abgaben zu beschränken, liegt in der aufgabenbezogenen Unterscheidung von zulässigen und unzulässigen Einsatzbereichen nichtsteuerlicher Abgaben, dazu C. Gramm, Der Staat 36 (1997), S. 267 (277 f.); kritisch hierzu W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10 (21); E. Gawel, Der Staat 39 (2000), S. 209 (212). 58 Das Prinzip des Steuerstaats findet seine empirische Bestätigung in den Finanzierungsverhältnissen des Staates, dazu W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10 (16); H.-G. Henneke, Öffentliches Finanzwesen, 2. Aufl., 2000, Rn. 268. 59 J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (420) (Die reale Wirksamkeit lasse keinen Schluß auf die normative Bestandsicherung zu.); ebenso W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/ J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10 (16).

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den Einsatz nichtsteuerlicher Abgaben und neuartiger finanzieller Sonderlasten wie Zwangsvergütungen daher dadurch zu begegnen, daß diese Geldleistungspflichten auf ihre Vereinbarkeit mit den durch sie betroffenen Einzelgewährleistungen befragt, sie also darauf untersucht werden, ob sie etwa die Kompetenzordnung des Finanzstaates stören, übermäßig in Freiheitsrechte eingreifen oder die Geldleistungspflichtigen in ungerechtfertigter Weise ungleich belasten. Es erscheint kaum vorstellbar, daß nach korrekter Anwendung der allgemeinen – qualitativen – Verfassungsmäßigkeitsanforderungen auf den einzelnen Akt finanzieller Belastung überhaupt noch ein Bedarf besteht, den verbleibenden Kreis nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten durch die Festsetzung quantitativer Höchstgrenzen weiter einzuschränken. Darüber hinaus sieht sich eine quantitative Begrenzung zwangsläufig dem Vorwurf der „gegriffenen Größe“ ausgesetzt. Wenngleich es plausibel erscheint, das Prinzip, der Staat habe sich „im wesentlichen“ durch Steuern zu finanzieren, dahin zu deuten, der Anteil nichtsteuerlicher Einnahmen dürfe die Hälfte des staatlichen Einnahmenvolumens nicht überschreiten, so finden diese und ähnliche Begrenzungen in einer bestimmten Höhe doch im Grundgesetz keine normative Grundlage.61 Schließlich wirft die Durchsetzung quantitativer Höchstgrenzen Fragen auf. Neben der Schwierigkeit, das jeweils erreichte Ausmaß nichtsteuerlicher Einnahmenerzielung präzise zu ermitteln, fällt insbesondere auf, daß sich Folgerungen für die Verfassungsmäßigkeit konkreter Zahlungspflichten nur ziehen lassen, wenn sich das Überschreiten des Höchstmaßes einer eingrenzbaren Gruppe von Regelungen zurechnen läßt. Ob diese Zuordnung gelingen kann, erscheint indes zweifelhaft.62 Quantitative Begrenzungen sind folglich weder durch das Steuerstaatsprinzip geboten, noch zur Sicherung des Vorranges der Steuerfinanzierung geeignet. Wenngleich dem Prinzip des Steuerstaats weder spezifische qualitative noch quantitative Anforderungen an die Auferlegung nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten zu Finanzierungszwecken zu entnehmen sind, so ist es doch nicht richtig, wenn dem Prinzip jeglicher normative Gehalt abgesprochen wird.63 Aus ihm ergibt sich das Gebot an den Gesetzgeber, dem zur Finanzierung von Staatsaufgaben stets verschiedene Handlungsformen zur Verfügung stehen, sich grundsätzlich und vorrangig des Instruments der Steuer zu bedienen. Das Prinzip entfaltet daher normative Wirkung als handlungsanleitende Maxime des Ge60 Für ein qualitatives Verständnis der Steuerstaatlichkeit spricht sich die ganz h. M. aus, vgl. nur P. Selmer/C. Brodersen, DVBl. 2000, S. 1153 (1164 f.); U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 156 f.; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 118. 61 Übereinstimmend C. Gramm, Der Staat 36 (1997), S. 267 (277); U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 156. 62 So auch U. Sacksofsky, ebd. 63 So U. Sacksofsky, a. a. O., S. 189.

§ 9 Die grundgesetzliche Dogmatik des Kompetenzübergriffs

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setzgebers. In dieser Funktion entspricht es der Formel des BVerfG, wonach staatliche Aufgaben grundsätzlich aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmen zu finanzieren sind und nur unter besonderen Voraussetzungen Einnahmen außerhalb des von der Finanzverfassung erfaßten Bereichs erschlossen werden dürfen.64 Ob die Voraussetzungen, unter denen die Abweichung vom Vorrang der Steuerfinanzierung zulässig ist, gegeben sind, folgt hingegen nicht aus dem Steuerstaatsgebot selbst, sondern aus den durch dieses geschützten Einzelgewährleistungen des Grundgesetzes. Zusammenfassend läßt sich zur Bedeutung des Steuerstaatsprinzips als Verfassungsmaßstab an Vergütungsregelungen festhalten: Das Grundgesetz setzt die Steuer als Regeltypus der Abgabe sowie der Staatseinnahme überhaupt voraus. Die Grundentscheidung des Verfassunggebers für die Steuerfinanzierung trägt dem Umstand Rechnung, daß die Steuer unter allen Arten hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten zu Finanzierungszwecken optimal darauf ausgerichtet ist, die Verfassungsrechtsgüter und -prinzipien, die durch die Belastung von Individualvermögen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben berührt werden, zu wahren. Bei Beachtung der für sie geltenden allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind nichtsteuerliche Abgaben und sonstige Geldleistungspflichten zu Finanzierungszwecken verfassungsmäßig. Zu diesen Zulässigkeitsvoraussetzungen, wie sie sich vornehmlich aus der Kompetenzordnung, rechtsstaatlichen Erfordernissen wie dem Vorbehalt des Gesetzes, dem Prinzip der Lastengleichheit und den Freiheitsrechten ergeben, treten keine weiteren Anforderungen, durch deren Beachtung gerade die Abweichung vom Prinzip des Steuerstaates gerechtfertigt wird. Es bedarf daher keiner Untersuchung der Referenzregelungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Steuerstaatsgebot als eigenständigem verfassungsrechtlichen Kontrollmaßstab.

§ 9 Die grundgesetzliche Dogmatik des Kompetenzübergriffs Finanzverfassungsrechtliche Anforderungen an die Zulässigkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen ergeben sich nicht aus dem Prinzip des Steuerstaats als solchem, sondern aus den einzelnen Verfassungsgewährleistungen, die durch die Auferlegung von Zahlungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben berührt werden und denen die Einnahmengewalt des Staates durch den Einsatz von Steuern in der grundgesetzlich vorgesehenen und für die betroffenen Schutzgüter besonders schonenden Weise gegenübertritt. Zu den Verfassungsrechtsgütern, die auf diese Weise durch das Steuerstaatsprinzip mitgeschützt werden, zählen die Freiheitsrechte der Finanzierungspflichtigen sowie deren 64

Vgl. BVerfGE 78, 249 (266 f.); 93, 319 (342).

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Anspruch auf gleichmäßige Heranziehung zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben aus Art. 3 Abs. 1 GG; allerdings handelt es sich bei diesen um allgemeine, nicht spezifisch finanzverfassungsrechtliche Zulässigkeitsmaßstäbe. Bei der Analyse der Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben auf die ihnen zugrundeliegenden Schutzgüter konnte nachgewiesen werden, daß diese Erfordernisse neben den Grundrechten der Abgabenpflichtigen auch kompetenzrechtlich gefaßte Verfassungsrechtsgüter, namentlich die Kompetenzordnung für Steuern, Art. 105 ff. GG, und das Budgetbewilligungsrecht des Parlaments, Art. 104a, 109 GG, gegen außersteuerliche Geldleistungspflichten sichern. Da es sich bei fördernden Vergütungsregelungen weder um Steuern noch um Haushaltseinnahmen und -ausgaben im verfassungsrechtlichen Sinne handelt, sind die genannten Bestimmungen auf diese Form finanzieller Sonderlasten nicht anwendbar. Denkbar ist jedoch, daß sich aus den durch diese Vorschriften gewährleisteten Schutzgütern mittels der allgemeinen grundgesetzlichen Dogmatik zu Kompetenzübergriffen Anforderungen an abgabenäquivalente Finanztransfers ableiten lassen. Dies entspräche der Bedeutung, in der diese Rechtsgüter und Prinzipien auch für die Entwicklung von Verfassungsmaßstäben an Sonderabgaben von Einfluß gewesen sind. Zur Beantwortung dieser Frage wird im folgenden in die Dogmatik des Kompetenzübergriffs eingeführt, bevor sodann für einzelne kompetenzrechtliche Gewährleistungen der Finanzverfassung nach einer unzulässigen Übergriffswirkung von Preisinterventionen gefragt wird.

A. Die Gliederung der Finanzgewalt in Einnahmen-, Aufgaben- und Ausgabengewalt Das Grundgesetz teilt die staatliche Finanzgewalt in drei Teilgewalten.65 Richtet sich die Tätigkeit des Staates darauf, finanzielle Mittel zu gewinnen, die ihn zur Erfüllung der von ihm übernommenen Aufgaben befähigen, so handelt er als Einnahmengewalt. Wählen die zur Gemeinwohlkonkretisierung zuständigen Staatsorgane Ziele des öffentlichen Interesses aus und führen sie die zu ihrer Erreichung notwendigen Maßnahmen durch, so werden sie als Aufgabengewalt tätig. Geht staatliches Handeln schließlich darauf aus, die zur Erfüllung der übernommenen Sachaufgaben erforderlichen finanziellen Mittel zur Verwendung bereitzustellen, so zeigt sich der Staat als Ausgabengewalt. Das Grundgesetz sieht für die Ausübung der drei Gewalten voneinander getrennte Kompetenzgrundlagen vor. Dabei kann der Staat als Einnahmen-, Aufgaben- und Ausgabengewalt gleichermaßen in Erfüllung der Staatsfunktionen der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Rechtsprechung tätig werden. Da das Gemeinwesen seinen Finanzbedarf grundsätzlich im Wege der Besteuerung 65 Zum folgenden H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 3 f., 211 f.

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deckt, ruht die Einnahmengewalt im Schwerpunkt auf der Kompetenzordnung für Steuern, Art. 105 ff. GG. Art. 105 GG weist dabei die Gesetzgebungskompetenz, Art. 106 GG die Ertragshoheit und Art. 108 GG die Verwaltungszuständigkeit für eine bestimmte Steuer dem Bund oder den Ländern zu. Zwar bestehen in der Ermächtigung zur Kreditaufnahme durch Art. 115 GG und einer ungeschriebenen Befugnis des Staats zu erwerbswirtschaftlicher Betätigung66 weitere Einnahmenkompetenzen, doch kommt diesen neben der Handlungsform der Steuer deutlich geringere Bedeutung zu. Die Einnahmengewalt ist daher vorrangig Besteuerungsgewalt und stützt sich auf die für Steuern geltenden Kompetenzen. In deutlicher Trennung von den einnahmenrechtlichen Befugnissen hat das Grundgesetz die Kompetenzen der Aufgabengewalt geregelt. Für diese trifft Art. 30 GG eine allgemeine Zuständigkeitsvermutung zugunsten der Länder, die für den Bereich der Gesetzgebung durch Art. 70 ff. GG, für denjenigen der Verwaltung durch Art. 83 ff. GG modifiziert wird. Neben die steuerlichen und aufgabenrechtlichen Kompetenzordnungen stellt die Verfassung eine eigenständige Ausgabengewalt. Die Ausgabenkompetenz und damit die Finanzierungsverantwortung für staatliche Aufgaben knüpft sich gem. Art. 104a Abs. 1 GG an die Zuweisung der Verwaltungszuständigkeit für die Aufgabe, aus deren Wahrnehmung die finanziellen Lasten erwachsen. Da Bund und Länder gem. Art. 109 Abs. 1 GG in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig sind, stellt jede Gebietskörperschaft zur Legitimation ihrer Ausgaben einen eigenen Haushaltsplan auf, stellt diesen durch Gesetz fest und vollzieht ihn eigenständig. Auch die Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen der Ausgabengewalt sind also im Grundgesetz getrennt von denjenigen der anderen finanzstaatlichen Gewalten niedergelegt. Der Finanzstaat des Grundgesetzes handelt stets in Ausübung einer der genannten Kompetenzen.67 Da sich diese Ermächtigungen jedoch nach ihrem Inhalt, ihrer Funktion und den Wirkungen, die von ihrem Gebrauch – zwischen Hoheitsträgern oder gegenüber Freiheitsberechtigten – ausgehen, unterscheiden, unterliegt das Handeln des Staates je nach ausgeübter Kompetenz unterschiedlichen Rechtmäßigkeitsanforderungen. Erzielt ein Hoheitsträger Einnahmen durch den Einsatz steuerrechtlicher Handlungsformen, so sieht er sich zum Schutze einer gleichmäßigen Belastung der Zensiten den Anforderungen des Leistungsfähigkeitsprinzips68 gegenüber; die Voraussehbarkeit der Steuerschuld für den Pflichtigen wird durch den strengen steuerrechtlichen Gesetzesvorbehalt sicher66

Siehe dazu soeben § 8 B I. Eingehend hierzu H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 111 ff., 151 ff., 180 ff. 68 Grundlegend D. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983; P. Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, 2000, S. 17 ff. 67

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gestellt.69 Legt der Sachgesetzgeber aufgrund der allgemeinen Kompetenztitel der Art. 70 ff. GG den Bürgern Verhaltenspflichten auf, so unterscheiden sich regelmäßig schon die Anforderungen des Gesetzesvorbehalts von denjenigen des steuerrechtlichen Legalitätsprinzips. Besteht die Sachregelung in einer nichtsteuerlichen Abgabenpflicht, so bemißt sich die Belastung des Schuldners nach den Prinzipien der Wertäquivalenz und der Kostendeckung,70 nicht aber seiner individuellen Zahlungsfähigkeit. Nicht nur die Zulässigkeitsvoraussetzungen im Verhältnis von Staat und Bürger, sondern auch zwischen Hoheitsträgern können sich je nach ausgeübter Kompetenz unterscheiden. So unterliegt beispielsweise ein Steuergesetz des Bundes anderen Zustimmungsvorbehalten zugunsten des Bundesrates als eine Sachregelung, während die Feststellung des Haushaltsplanes einer Gebietskörperschaft nicht an Zustimmungserfordernisse gebunden ist. Auf die Abhängigkeit der Rechtmäßigkeitsanforderungen von der jeweils ausgeübten Kompetenz und damit der gewählten Handlungsform wird zurückzukommen sein.

B. Der Begriff des Kompetenzübergriffs Die rechtsstaatlich-demokratische Grundlage für die Ausübung der staatlichen Finanzgewalt bildet die Zuweisung einer entsprechenden Kompetenz durch das Grundgesetz. Die grundgesetzliche Kompetenzordnung folgt dabei den Prinzipien der Ausschließlichkeit und der Alternativität.71 Demnach ist jede Kompetenz zu hoheitlichem Handeln ausschließlich einem bestimmten Staatsorgan zugewiesen, welches die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Kompetenzausübung trägt. Hieraus ergibt sich zugleich, daß dieselbe Kompetenz keinerlei Ermächtigungswirkung gegenüber einem anderen Hoheitsträger entfaltet. Die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung ist strikt. Der Träger einer Kompetenz ist bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu deren Gebrauch verpflichtet und darf sich der ihm zugewiesenen Befugnis nicht zugunsten eines anderen Staatsorgans entäußern.72 Doppelzuständigkeiten sowie jede Form kompetenzrechtlich nicht koordinierter Wahrnehmung derselben öffentlichen Aufgabe durch verschiedene Kompetenzträger sollen nach der Ordnungsvorstellung des Verfassunggebers vermieden werden.73 Gleichwohl sind Konflikte zwischen

69 Zu diesem H.-J. Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte, 1973, S. 27 ff., 153 ff.; K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 68 ff. 70 Vgl. F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 237 ff.; ders., Die Höhe der Gebühr, 1981. 71 J. Isensee, in: ders./P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 98 Rn. 187; R. Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, 1983, S. 293 f.; W. Brohm, DÖV 1983, S. 525 (528). 72 So insbesondere für die Kompetenzordnung der Finanzverfassung BVerfGE 55, 274 (300 f.) m.w. N.

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Kompetenzen durch die Ausgestaltung der Kompetenzordnung nicht von vornherein ausgeschlossen. Gerade im Bereich finanzstaatlichen Handelns besteht diese Gefahr in erhöhtem Maße, da das Grundgesetz Einnahmen-, Aufgabenund Ausgabengewalt zwar voneinander trennt, sich die diesen Gewalten zugrundeliegenden Kompetenzen jedoch vielfach berühren und in ihrer Ausübung wechselseitig beeinflussen. Eine häufige Erscheinungsform des Kompetenzkonflikts bildet die Kompetenzüberschneidung.74 Diese ist gegeben, wenn der Gegenstand einer hoheitlichen Maßnahme von zwei oder mehr Kompetenzvorschriften umfaßt ist, diese Kompetenzregelungen also zumindest nach ihrem Wortlaut gleichermaßen zur Durchführung der Maßnahme ermächtigen. Das Auftreten von Kompetenzüberschneidungen wird insbesondere dadurch begünstigt, daß die Kompetenztitel der Art. 73 ff. GG bei der Zuweisung von Sachgesetzgebungskompetenzen unterschiedlich strukturierte Begriffe verwenden, bisweilen etwa Rechtsmaterien aufführen, in anderen Titeln an Tätigkeitsbereiche bestimmter Organe oder an Staatsziele anknüpfen.75 Als Kompetenzüberschneidung wird auch die Situation begriffen, daß ein Sachverhalt nicht sinnvoll geregelt werden kann, ohne daß die Regelung auch Rechtsfragen umfaßt, die nach ihrem Gegenstand bereits einer anderen Kompetenzmaterie zuzuordnen sind; diese Konstellation wird heute durch die Rechtsfigur der Kompetenz kraft Sachzusammenhangs gelöst.76 Wenngleich die grundgesetzliche Kompetenzordnung auf eindeutige Kompetenzzuweisung angelegt ist, sind sich überschneidende Befugnisnormen doch nicht vollends zu vermeiden.77 Insbesondere der Kreis regelungsbedürftiger Sachfragen ist zu vielgestaltig und zu wenig voraussehbar, als daß der Verfassunggeber Berührungen und Überlagerungen von Gesetzgebungskompetenzen von vornherein durch entsprechende Formulierung der Kompetenztitel verhindern könnte.78 Um verschiedene, unter Umständen widersprüchliche Regelungen desselben Gegenstandes zu vermeiden, müssen daher Kompetenzkonflikte durch Abgrenzung der einschlägigen Befugnisnormen im Einzelfall aufgelöst werden; die klassischen Methoden der Verfassungsauslegung werden dabei durch bestimmte Interpretationstopoi gerade für die Auslegung von Kompetenztiteln79 ergänzt.

73 Vgl. auch BVerfGE 36, 193 (202 f.) (Systemwidrigkeit von Doppelzuständigkeiten). 74 Zum Begriff W. Erbguth, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 30 Rn. 15, 17; andere Autoren (etwa W. Brohm, DÖV 1983, S. 525 (525, 528)) verstehen den Begriff in einem weiteren Sinne, der auch diejenigen Kompetenzkonflikte erfaßt, die hier als Kompetenzübergriff bezeichnet werden. 75 Hierzu W. Erbguth, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 30 Rn. 18. 76 H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 265. 77 W. Brohm, DÖV 1983, S. 525; R. Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, 1983, S. 374. 78 W. Brohm, DÖV 1983, S. 525 (528).

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Von der Überschneidung ist eine weitere Form des Kompetenzkonflikts zu unterscheiden, die bei der Entwicklung verfassungsrechtlicher Zulässigkeitsmaßstäbe für Preisinterventionen im Mittelpunkt steht: der Kompetenzübergriff. Ein solcher liegt vor, wenn zwei Kompetenzen sich zwar nach ihrem unmittelbaren Gegenstand unterscheiden, von der Ausübung der einen Kompetenz jedoch mittelbare Wirkungen ausgehen, die sich im Zuweisungsbereich der anderen entfalten und deren Gebrauch möglicherweise beeinträchtigen.80 Dem klassischen Bild eines Kompetenzübergriffs entspricht eine Maßnahme dann, wenn der handelnde Hoheitsträger sich bei ihrer Durchführung im Randbereich der ausgeübten Kompetenz bewegt und durch die Auswirkungen seines Handelns zugleich in den Kernbereich einer anderen Kompetenz81 „hinüberwirkt“.82 Ob sich eine Maßnahme im Randbereich der zugrunde gelegten Kompetenz bewegt, ist dadurch festzustellen, daß ihre Zielrichtung nicht der Hauptfunktion der Kompetenzgrundlage entspricht und oftmals auch zentrale Rechtmäßigkeitsanforderungen an den Gebrauch dieser Kompetenz nicht in vollem Umfang beachtet.83 Der Kernbereich der beeinflußten Kompetenz ist berührt, wenn der übergreifende Hoheitsakt Kernfunktionen dieser Kompetenz übernimmt, also funktionell an die Stelle einer Handlungsform tritt, die üblicherweise auf die beeinträchtigte Kompetenz gestützt wird. Als Beispiel können hier verhaltenslenkende Steuerrechtsnormen dienen. Diese verfolgen neben dem Zweck der Einnahmenerzielung als Hauptfunktion von Steuertatbeständen das weitere Ziel, durch Steuerung des Verhaltens der Abgabenpflichtigen Einfluß auf bestimmte Sachmaterien zu nehmen. Durch diese „materielle Regelung“84 eines Sachbereichs bewegen sie sich außerhalb des Kernbereichs der Steuergesetzgebungskompetenz, treten funktionell in bestimmtem Umfang an die Stelle einer Sachregelung und wirken damit auf den Kernbereich der betroffenen Sachgesetzgebungskompetenz ein. Das Heraustreten aus dem Kernbereich der Steuergesetzgebungskompetenz wird auch daran 79 Zu diesen W. Erbguth, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 30 Rn. 21; H.-W. Rengeling, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 100 Rn. 37. 80 Zu diesem Begriff K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen, 1966, S. 25, 28 ff., 33; besonders eingehend H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 265 ff., 536 ff.; vgl. auch S. Haack, Widersprüchliche Regelungskonzeptionen, 2002, S. 92 f. („kompetenztitelübergreifender Normkonflikt“); W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 141 („mittelbare Regelungen im Gewande des Steuergesetzes“); M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (114) („hinüberwirken“). 81 Zur Unterscheidung von Rand- und Kernbereich einer Kompetenz im Hinblick auf deren Ausübung H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 266, 380; H. D. Jarass, AöR 126 (2001), S. 588 (604); W. Erbguth, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 30 Rn. 28. 82 Mit dem Begriff des Hinüberwirkens charakterisiert BVerfGE 61, 149 (204 f.) – Staatshaftungsgesetz – die Wirkungsweise von Kompetenzübergriffen. 83 Vgl. H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 265, 380. 84 W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 141.

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sichtbar, daß Lenkungsteuern sich zur Überbringung des Verhaltensanreizes ein Stück weit vom steuerlichen Belastungsmaßstab der individuellen Zahlungsfähigkeit lösen und damit von einer zentralen Rechtmäßigkeitsanforderung des Steuerrechts abweichen.85 Wie das Beispiel der steuerlichen Verhaltenslenkung zeigt, ist Grundlage eines Kompetenzübergriffs stets ein „mittelbares Wirksamwerden“ einer Kompetenzausübung im Bereich einer anderen Kompetenz.86 Solche mittelbaren Wirksamkeiten begründen jedoch nicht per se die Verfassungswidrigkeit des Staatshandelns, von dem die mittelbaren Wirkungen ausgehen. Ebensowenig wie die Kompetenzordnung des Grundgesetzes frei von Überschneidungen ausgestaltet ist, ist sie auf den völligen Ausschluß von Kompetenzübergriffen angelegt.87 Auch dies läßt sich am Beispiel der Lenkungsbesteuerung veranschaulichen. Der Verfassunggeber war sich des historisch überkommenen Einsatzes von Steuerrechtsnormen zu Zwecken der Verhaltenslenkung bewußt. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß er sich bei seiner Entscheidung für eine systematische Trennung von steuerlicher und sachbereichsgestaltender Kompetenzordnung und damit von Einnahmen- und Aufgabengewalt über die Übergriffswirkung von Lenkungsteuern im klaren war und diese innerhalb bestimmter Grenzen gebilligt hat.88 Gleiches gilt für andere Formen übergreifender Kompetenzausübung, sofern diese historisch überkommen ist und daher bereits dem Verfassunggeber vor Augen gestanden haben dürfte. Treten zwischen verschiedenen Teilen der Kompetenzordnung verstärkt Übergriffe auf, so löst dies oftmals eine Debatte in Rechtsprechung und Literatur aus, ob es für den Einsatz der übergreifenden Handlungsform einer doppelten Kompetenzgrundlage bedürfe. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß mittelbare Wirksamkeiten zwischen verschiedenen Kompetenzen dann nicht zu Störungen innerhalb der Kompetenzordnung führen, wenn sowohl die ausgeübte als auch die beeinflußte Kompetenz demselben Staatsorgan zugewiesen ist. Besonders eingehend ist diese Diskussion für die lenkende Besteuerung89 sowie für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben mit erheblicher Finanzierungsfunktion, insbesondere für Sonderabgaben,90 geführt worden. Auf beiden Feldern hat 85

H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 265. Dazu eingehend H. Kube, a. a. O., S. 524 ff. 87 S. Haack, Widersprüchliche Regelungskonzeptionen, 2002, S. 93; R. Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, 1983, S. 374. 88 M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (115); H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 268. 89 Zum Stand der Diskussion für Lenkungsteuern M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (107); S. Haack, Widersprüchliche Regelungskonzeptionen, 2002, S. 59 f. 90 Vgl. K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (105 ff.); P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 194 ff.; K. M. Meessen, BB 1971, S. 928 (929 ff.); C. Brodersen, 86

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sich inzwischen die Auffassung durchgesetzt, daß die Forderung einer doppelten Kompetenzgrundlage zur Bewältigung von Übergriffswirkungen weder geboten noch besonders geeignet ist.91 Ist damit auf der einen Seite nicht zu fordern, daß dem handelnden Staatsorgan neben der ausgeübten auch die beeinflußte Kompetenz zusteht, sollen jedoch auf der anderen Seite nicht Störungen der Kompetenzordnung durch eine uneingeschränkte Zulässigkeit kompetenzübergreifenden Staatshandelns hingenommen werden, so bedarf mittelbares Wirksamwerden zwischen Kompetenzen der verfassungsrechtlichen Begrenzung. Diese Begrenzung leisten die beeinträchtigten Kompetenzen selbst in ihrer Funktion als Ausübungsschranken der übergreifenden Kompetenz.

C. Die Übergriffsintensität als Zulässigkeitsgrenze für Kompetenzübergriffe Zu den gesicherten Erkenntnissen der grundgesetzlichen Kompetenzdogmatik zählt es, daß jeder Kompetenz neben ihrem ermächtigenden Gehalt, durch den der Kompetenzträger zur Ausübung der ihm eingeräumten Handlungsmacht berechtigt und verpflichtet wird, auch eine übergriffsabwehrende Dimension eignet.92 Der Zuweisungsgehalt einer Befugnisnorm darf durch das Handeln anderer Staatsorgane als des ermächtigten weder unmittelbar – etwa durch Handeln eines unzuständigen Hoheitsträgers – noch mittelbar – im Wege indirekter Beeinflussung der Kompetenz durch die Ausübung einer anderen – entwertet werden. Indem der Verfassunggeber des Grundgesetzes die Kompetenzen nicht übergriffsfrei angeordnet hat, hat er der Verfassungsinterpretation die Aufgabe zugewiesen, die Kompetenzbestimmungen in ihrem systematischen Zusammenhang in solcher Weise auszulegen, daß Übergriffe vermieden oder auf ein unbedenkliches Maß begrenzt werden. Wie erstmals für die Übergriffsfragen der Lenkungsbesteuerung herausgearbeitet, inzwischen aber für die grundgesetzliche Kompetenzordnung insgesamt anerkannt ist, stehen die durch das Grundgesetz angeordneten Kompetenzen nicht beziehungslos nebeneinander; sie sind vielmehr durch materielle OrdNichtfiskalische Abgaben und Finanzverfassung, in: FS f. Gerhard Wacke, 1972, S. 103 (111 ff.); sodann BVerfGE 55, 274 (297) – Berufsausbildungsabgabe. 91 Vgl. für Lenkungsteuern nur BVerfGE 98, 106 (118); H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 262 f.; W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 139. – Zu Sonderabgaben BVerfGE 55, 274 (297) m.w. N.; K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (108 f.). 92 H.-W. Rengeling, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 100 Rn. 11; W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 143; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 268 f., 547.

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nungsprinzipien miteinander verbunden und folglich in konkretisierender Auslegung und in ihrer Ausübung aufeinander abzustimmen.93 Unter diesen materiellen Ordnungsprinzipien steht das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung im Vordergrund.94 Es leitet den Rechtsanwender zu einer Auslegung der grundgesetzlichen Kompetenzbestimmungen an, durch die eine eindeutige Zuweisung von Verantwortung ermöglicht und eine widerspruchsfreie Ausgestaltung der Gesamtrechtsordnung sichergestellt wird. Danach ist jede Kompetenzbestimmung nicht in isolierter Betrachtung, sondern im Hinblick auf ihre Stellung und Funktion innerhalb der Gesamtkompetenzordnung sowie unter Berücksichtigung der von ihrer Ausübung ausgehenden Wirkungen auf andere Kompetenzen auszulegen.95 Sämtliche weiteren Kompetenzen, die im Falle einer rein normimmanenten und unabgestimmten Auslegung einer einzelnen Kompetenz durch deren Ausübung beeinträchtigt werden könnten, wirken als „Ausübungsschranken“96 dieser Kompetenz und sind folglich bereits bei deren Auslegung mit heranzuziehen. Mit besonderer Deutlichkeit hat auch das BVerfG für die Handlungsformen der lenkenden Besteuerung97 und der Erhebung von Sonderabgaben98 auf diese Notwendigkeit hingewiesen. Sind die Kompetenzen des Grundgesetzes durch den Verfassunggeber nicht von vornherein frei von Überschneidungen und Übergriffen zugeordnet, so hat jedenfalls am Ende der Auslegung der Kompetenznormen ein Ergebnis zu stehen, welches eine funktionsgerechte, die Ziele der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verwirklichende Kompetenzausübung gewährleistet.99 Bei der Auslegung einer möglicherweise gefährdeten Kompetenz auf ih93 Hierzu K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen, 1966, S. 28; S. Haack, Widersprüchliche Regelungskonzeptionen, 2002, S. 99; M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (115). 94 Grundlegend zu diesem D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, 1998; zu seiner Bedeutung als Auslegungstopos bei der Interpretation von Kompetenznormen vgl. BVerfGE 98, 106 (118 f.); H.-W. Rengeling, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 100 Rn. 28; M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (109 f.). 95 So auch W. Brohm, DÖV 1983, S. 525 (528); W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 143; K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen, 1966, S. 30 f. 96 Begriff nach W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 143; vgl. auch M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (113 ff.); H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 263 ff. 97 Vgl. BVerfGE 98, 106 (118 f.); parallel hierzu E 98, 83 (97 f.); im Anschluß hieran auch BVerfG, NVwZ 2001, 1264 (1265). 98 Vgl. BVerfGE 55, 274 (300 f.) („Diese Aspekte der Konkurrenzsituation zwischen Sonderabgabe und Steuer sind bei der Auslegung der Kompetenznorm zur Bestimmung des Umfangs der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers in den Blick zu nehmen. Denn eine Verfassungsvorschrift darf nicht isoliert gesehen werden; sie muß vielmehr aus dem Gesamtgefüge der Verfassung heraus, also in Rücksicht auf das Prinzip der Einheit der Verfassung ausgelegt werden.“). 99 Vgl. H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 266, 276; W. Brohm, DÖV 1983, S. 525 (528).

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ren übergriffsabwehrenden Gehalt ist deshalb insbesondere ihre Funktion zu berücksichtigen. Es darf der übergreifende Hoheitsakt diese Funktion nicht usurpieren und in einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Weise zu seiner eigenen Hauptfunktion machen. Noch weniger darf er die Erfüllung der Funktion durch die beeinträchtigte Kompetenz ausschließen oder zunichte machen. Stellt sich infolge der mittelbaren Auswirkungen der Kompetenzwahrnehmung ungeachtet ihrer formellen Unterschiede eine funktionelle Äquivalenz beider Handlungsformen ein, die nicht der Funktionenordnung des Grundgesetzes entspricht, so bedarf diese der Begrenzung. Dabei sind insbesondere die Kernfunktionen zu wahren, die bestimmten Kompetenzen und Handlungsformen nach dem objektiven Willen des Verfassunggebers zukommen. So bildet es, wie dargestellt, die Grundfunktion von Steuergesetzen, die Erzielung von Geldmitteln zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben zu regeln,100 während sich Sachregelungen auf der Grundlage der Art. 70 ff. GG auf die sachlich-inhaltliche Verwirklichung von Gemeinwohlzielen richten.101 Sind Übergriffe nicht per se unzulässig, sondern ist vielmehr danach zu fragen, inwieweit die Funktionen der beeinflußten Kompetenz gestört oder jedenfalls in einer verfassungsrechtlich nicht vorgesehenen Weise durch die Ausübung einer anderen Kompetenz usurpiert werden, so bestimmt sich die Zulässigkeit dieser Kompetenzausübung nach der Intensität der Übergriffswirkung.102 Zwar bildet die Zuweisung von Kompetenzen keine Frage von Intensität und graduellen Übergängen; die Kompetenzverteilung des Grundgesetzes ist nach ihrer Anlage eindeutig, lückenlos und strikt.103 Bestimmt sich jedoch die zulässige Reichweite der Ausübung einer Kompetenz durch systematische Auslegung der Kompetenz in ihrem Verhältnis zu den jeweils betroffenen Kompetenzausübungsschranken, so wirken die dabei heranzuziehenden Auslegungsgesichtspunkte als Kriterien der Intensität des Kompetenzübergriffs zusammen. Diese Intensitätskriterien lassen sich nicht in einer abstrakten, für jede Erscheinungsform von Kompetenzübergriffen gültigen Form festlegen; sie müssen jeweils im Hinblick auf das Verhältnis von beeinflussender und beeinflußter Kompetenz sowie unter Berücksichtigung der Funktionen und Rechtmäßigkeitsanforderungen der in einer Übergriffslage stehenden Kompetenzen bestimmt werden. 100 P. Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, 2000, S. 77; H. D. Jarass, AöR 126 (2001), S. 588 (603). 101 BVerfGE 98, 106 (118) („Sachkompetenz und Steuerkompetenz werden vom Grundgesetz bereits in der Weise aufeinander abgestimmt, daß grundsätzlich der Sachgesetzgeber Verhaltenspflichten, der Steuergesetzgeber Zahlungspflichten regelt.“). 102 H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 267 ff.; W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 143; vgl. auch K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen, 1966, S. 31 f. 103 W. Erbguth, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 30 Rn. 17; H.-W. Rengeling, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 100 Rn. 30; S. Haack, Widersprüchliche Regelungskonzeptionen, 2002, S. 101.

§ 9 Die grundgesetzliche Dogmatik des Kompetenzübergriffs

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Bedarf ein Hoheitsakt trotz seiner Übergriffswirkung keiner weiteren kompetenziellen Grundlage als derjenigen, der er durch seine Grundfunktion zugeordnet ist – wie Lenkungsteuern auch im Falle eines überwiegenden Lenkungszwecks auf die Gesetzgebungskompetenz des Art. 105 GG, Sonderabgaben etwa trotz eines dominanten Finanzierungszwecks auf Art. 70 ff. GG zu stützen sind –, so bleibt die Übergriffswirkung auch bei Überschreiten der zulässigen Intensität ohne Folge für die Kompetenzgrundlage der Maßnahme. Übergreifende Hoheitsakte verfügen mit anderen Worten auch dann noch über eine hinreichende Kompetenzgrundlage, wenn deren Gebrauch die zu beachtenden Ausübungsschranken verletzt. Rechtsakte von mittelbarer Wirksamkeit werden im Falle ihrer unzulässigen Intensität also nicht „kompetenzlos“.104 Ihre Verfassungswidrigkeit ergibt sich daraus, daß sie die ihnen gesetzten Kompetenzausübungsschranken mißachten, diese Kompetenzen also durch die Intensität ihrer Einwirkung in ihrem übergriffsabwehrenden Gehalt verletzen.105 Für mehrere kompetenzrechtliche Schutzgüter der Finanzverfassung wird zu sehen sein, ob abgabenähnliche Vergütungsregelungen eine Übergriffswirkung auf diese Kompetenzen entfalten, worin die Grundlage des mittelbaren Wirksamwerdens von Entgeltregulierung gegenüber diesen Kompetenzen liegt und wie sich der übergriffsabwehrende Gehalt durch Auslegung der Kompetenzausübungsschranken ermitteln läßt, welches also die Kriterien der zulässigen Intensität des jeweiligen Kompetenzübergriffs sind. Dabei wird zunächst die Übergriffslage zwischen Preisinterventionen als auf Art. 70 ff. GG gestützten Sachregelungen und den Steuergesetzgebungskompetenzen des Art. 105 GG betrachtet. Hieran schließt sich die Untersuchung, inwieweit durch die Bindung der finanziellen Leistungsfähigkeit Privater zur parafiskalischen Finanzierung öffentlicher Aufgaben die Steuerertragskompetenzen des Art. 106 GG und darüber hinaus der Verteilungsmechanismus des Finanzausgleichs als Gesamtsystem nach Art. 106, 107 GG beeinträchtigt werden. Des weiteren gilt ein Blick den Auswirkungen von Preisregulierung auf die Verwaltungskompetenzen für Steuern. Schließlich werden „Quersubventionen“ auf ihre Übergriffswirkung in die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers gem. Art. 104a, 109 GG untersucht.

104 So H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 270 f.; zweifelnd S. Haack, Widersprüchliche Regelungskonzeptionen, 2002, S. 98. 105 Vgl. W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 143; M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (116); H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 270 f.

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§ 10 Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen A. Grundlage der Übergriffswirkung – Die Einnahmenwirksamkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen Eine Übergriffswirkung könnte von der Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen gem. Art. 70 ff. GG zur Regelung abgabenäquivalenter Finanztransfers zunächst auf die Steuergesetzgebungskompetenzen des Art. 105 GG ausgehen. Dem typischen Bild eines Kompetenzübergriffs würden Zwangsvergütungen dann entsprechen, wenn sich der Gesetzgeber bei ihrer Regelung in einem Randbereich der ausgeübten Sachgesetzgebungskompetenz bewegt und sich die hierdurch veranlaßten Finanztransfers mittelbar auf den Kernbereich von Steuergesetzgebungskompetenzen auswirken. Ob sich eine Regelung auf den Randbereich der gewählten Sachzuständigkeit stützt und zugleich den Kernbereich einer anderen Gesetzgebungskompetenz beeinflußt, bestimmt sich wesentlich danach, inwieweit sich der Rechtsakt von der Grundfunktion der ausgeübten Kompetenz entfernt und zugleich die grundgesetzlich vorgesehene Funktion der tangierten Kompetenz annimmt.106 Die Kernfunktion von Sachgesetzgebungskompetenzen liegt in der Ermächtigung an den Gesetzgeber, Gemeinwohlziele auszuwählen und dadurch zu verwirklichen, daß ein bestimmter sachlich-gegenständlich abgrenzbarer Bereich der Wirklichkeit durch hoheitliche Einflußnahme gestaltet wird. Der Gesetzgeber kann von ihnen durch Regelungen Gebrauch machen, mit denen er Staatsorgane zu eigenhändiger Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ermächtigt und verpflichtet. Regelt er eine Sachmaterie, indem er Private zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben verpflichtet, so wird er ihnen typischerweise Verhaltenspflichten auferlegen.107 Ein Beispiel bildet das Recht der Gefahrenabwehr, dessen Regelungen vielfach Privaten die Beseitigung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufgeben, diese also durch Naturalleistungspflichten in Anspruch nehmen. Im Gegensatz hierzu nähert sich die Auferlegung von Geldleistungspflichten zu Finanzierungszwecken dem Handeln der Einnahmengewalt an, da die Finanzierung allgemeiner öffentlicher Aufgaben gerade die Kernfunktion der Steuergesetzgebungskompetenzen gem. Art. 105 GG ausmacht; bei der Zuweisung von Zahlungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben bewegt sich der Gesetzgeber folglich im Randbereich der Sachgesetzgebungskompetenzen. Wie bereits an der Zwecksetzung der gewählten Referenzregelungen deutlich geworden 106

Siehe hierzu oben § 9 B. Hierzu auch BVerfGE 98, 106 (118) („Sachkompetenz und Steuerkompetenz werden vom Grundgesetz bereits in der Weise aufeinander abgestimmt, daß grundsätzlich der Sachgesetzgeber Verhaltenspflichten, der Steuergesetzgeber Zahlungspflichten regelt.“). 107

§ 10 Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen

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ist,108 verfolgen fördernde Vergütungsregelungen jedenfalls auch den Zweck, die jeweils begünstigte Personengruppe durch Zuführung finanzieller Mittel oder durch die Vermeidung von Mehrausgaben zu einem bestimmten gemeinwohldienlichen Verhalten zu befähigen. Soweit sie diesen Zweck verfolgen, dienen Preisinterventionen nicht allein der inhaltlichen Gestaltung eines Sachbereichs, sondern auch der Finanzierung öffentlicher Aufgaben. Aufgrund dessen bewegt sich die Auferlegung „quersubventionierender“ Finanzierungspflichten im Randbereich der ausgeübten Sachgesetzgebungskompetenzen. I. Grundfunktion der Steuer – Die Erzielung von Staatseinnahmen Weiter fragt sich, inwieweit Vergütungspflichten den Kernbereich von Steuergesetzgebungskompetenzen dadurch tangieren, daß sie aufgrund mittelbarer Wirksamkeiten funktionell an die Stelle von Steuern treten. Die Grundfunktion der Steuer liegt darin, Einnahmen zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staates zu erzielen.109 Diese Grundfunktion wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Hauptzweck einzelner Steuernormen sich ausnahmsweise auf Verhaltenslenkung richtet, solange den Regelungen jedenfalls auch die Funktion zukommt, einen Ertrag zu erbringen und auf diese Weise Einnahmen für den Haushalt des Gemeinwesens zu erzielen.110 Vergütungsregelungen greifen in den Kernbereich der Steuergesetzgebungskompetenzen über, wenn sie bei materieller Betrachtung zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben beitragen, da diese nach der Vorstellung des Grundgesetzes aus Mitteln des durch Steuern gespeisten Staatshaushalts zu finanzieren sind.111 Zunächst ist festzuhalten, daß durch Preis- und Lohnregelungen unmittelbar keine Staatseinnahmen erzielt werden. Der Einnahmenbegriff des Haushaltsverfassungsrechts, wie er etwa in Art. 110 Abs. 1 GG Verwendung findet, bezeichnet sämtliche im Rechnungsjahr erwartungsgemäß eingehenden finanziellen Deckungsmittel, ohne Rücksicht auf ihre Art und Herkunft.112 Für einen „Ein108 Siehe zum Regelungszweck der Stromeinspeisungsregelung oben § 2 B I. – Zum Zweck des Arzneimittelpreisabschlags gem. § 130a SGB V oben § 3 D I und II 1. – Für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld schließlich oben § 4 A. 109 BVerfGE 82, 159 (178); P. Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, 2000, S. 77; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 122. 110 Vgl. BVerfGE 98, 106 (117 f.); P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 55; K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 51; zur Untauglichkeit der Unterscheidung von Haupt- und Nebenzweck für die Abgrenzung W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 101 ff., 123 ff. 111 Vgl. nur BVerfGE 55, 274 (299) („Die Funktion, Mittel für den allgemeinen Finanzbedarf des Staates zu gewinnen, ist [. . .] nach dem Willen der Verfassung ausschließlich der Steuer zugewiesen.“).

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

gang“ finanzieller Mittel ist wiederum Voraussetzung, daß die Finanzvolumina der Körperschaft des öffentlichen Rechts auch zufließen; dies ist, wie bereits anläßlich des Versuchs einer Subsumtion unter den Begriff der Abgabe gesehen wurde,113 bei abgabenäquivalenten Finanztransfers nicht der Fall. Allerdings vermag allein der Umstand, daß abgabenähnliche Preisinterventionen den formalen Einnahmenbegriff des Haushaltsverfassungsrechts nicht erfüllen, nicht auszuschließen, daß diese Handlungsform bei materieller Betrachtung Steuerfunktionen übernimmt und infolgedessen als Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen anzusehen ist. Der formale Einnahmenbegriff des Haushaltsverfassungsrechts hat sich bereits in der Vergangenheit als untauglich erwiesen, solche Formen finanzwirtschaftlichen Staatshandelns, die gegenüber den Rechtsgütern und Prinzipien der Finanzverfassung zu rechtfertigen sind, von anderen Handlungsmitteln, deren Einsatz keinen finanzverfassungsrechtlichen Rechtfertigungsbedarf aufgibt, abzugrenzen. Anschaulich wird dies an dem Wandel, den die Beurteilung von Sonderabgaben nach Maßgabe des Finanzverfassungsrechts erfahren hat.114 So stellte das BVerfG in seinem Beschluß zum Investitionshilfegesetz 1952 heraus, die Mittel der Investitionshilfe seien keine „staatlichen Einkünfte“, da sie einem Sondervermögen zuflössen.115 Zu einer Überprüfung der Regelung auf ihre Vereinbarkeit mit den Ordnungsprinzipien der Finanzverfassung, auch im Hinblick auf die Haushaltsflüchtigkeit der Finanzmittel, dringt die Entscheidung infolgedessen nicht durch. Ähnlich argumentierte das Gericht in der Entscheidung zum Preisgesetz 1948, die Leistungen an die Ausgleichskassen seien „nicht zur Deckung des Finanzbedarfs der öffentlichen Verwaltung bestimmt“ und stellten deshalb „kein Institut des Finanzrechts“ dar.116 Auch hier bleibt eine Kontrolle der gesetzlichen Regelung an den Maßstäben der Finanzverfassung aus. Auch das Urteil zur Ausgleichsabgabe nach dem Milch- und Fettgesetz 1952 leitet aus dem Umstand, daß die Ausgleichsabgabe nicht der Gewinnung von Mitteln für den allgemeinen Finanzbedarf des Staates diene, der Staat sie „deshalb auch nicht als Einnahme in seinen Haushalt“ einstelle, ab, die Ausgleichsabgabe verbleibe „somit gänzlich außerhalb des Bereichs des Finanzrechts.“117 Die Regelung wird als Maßnahme der Wirtschaftslenkung auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten überprüft, doch bleibt ihr finanzverfassungsrechtlicher Rechtfertigungsbedarf in jeder Hin112 C. Hillgruber, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 15; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 26; A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 41. 113 Siehe oben § 1 D I. 114 Zum folgenden auch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 258 ff. 115 BVerfGE 4, 7 (14). 116 BVerfGE 8, 274 (317). 117 BVerfGE 18, 315 (328).

§ 10 Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen

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sicht unerkannt. Den Entscheidungen zur Investitionshilfe und zum Milch- und Fettgesetz liegt die Vorstellung zugrunde, Sonderabgaben seien deshalb keine staatlichen Einnahmen, weil ihre Mittel letztlich wieder an die Gruppe der Begünstigten auszukehren sind, der Staat also gleichsam nur als „Vermittler“ der Finanzvolumina tätig werde.118 Insgesamt veranschaulichen die angeführten Entscheidungen, wie die Subsumtion von – zum Zeitpunkt ihrer Einführung – neuartigen Finanzierungsinstrumenten unter einen formalen haushaltsrechtlichen Begriff der Staatseinnahme dazu führen kann, daß die finanzverfassungsrechtliche Rechtfertigungsbedürftigkeit eines Regelungstypus übersehen wird. Dies wird am Beispiel der Sonderabgabe, deren besonderer Rechtfertigungsbedarf vor den Prinzipien der Finanzverfassung inzwischen unbestritten ist, besonders deutlich. Hierfür spricht gerade der scharfe Kontrast, in dem die dargestellte frühe Judikatur zu der mit dem Urteil zur Berufsausbildungsabgabe eingeschlagenen Rechtsprechungslinie steht, welche Sonderabgaben unabhängig von ihrer haushaltsrechtlichen Handhabung im Einzelfall als Abweichung von den Gesetzgebungs- und Ertragskompetenzen für Steuern sowie vom Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans für besonders rechtfertigungsbedürftig erachtet.119 Wird die Grenzlinie zwischen besonderer finanzverfassungsrechtlicher Relevanz und Unbedenklichkeit eines Finanzierungsinstruments mit dem Begriff der Staatseinnahme in einem formellen Sinne gleichgesetzt, so birgt dies die Gefahr, daß neuartige Handlungsformen der staatlichen Finanzwirtschaft nicht auf ihre Vereinbarkeit mit den Rechtsgütern und Prinzipien der Finanzverfassung kontrolliert werden und infolgedessen ein „Schattendasein“ als – vermeintlich – nicht finanzverfassungsrechtlich gebundenes Finanzgebaren des Staates führen. II. Der allgemeine Grundtatbestand der Einnahmen Angesichts der Defizite eines formalen Einnahmenbegriffs bei der Erfassung finanzverfassungsrechtlich erheblicher Handlungsformen dringt im Schrifttum eine Auffassung vor, die für die Ausbildung eines „allgemeinen Grundtatbestands der Einnahmen“ plädiert, der „nicht nach Herkunft, Rechtsgrund oder Zweckbindung“ der hinzugewonnenen Finanzmittel fragt, sondern die Entwicklung des finanzstaatlichen Handlungspotentials in den Vordergrund stellt und dieses vollständig erfaßt.120 Insbesondere Paul Kirchhof weist darauf hin, nur in 118 Zur Kritik an dieser Betrachtung P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 195 f.; M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 85. 119 Vgl. BVerfGE 55, 274 (298 ff.); 67, 256 (274 ff.); 82, 159 (178 ff.); st. Rspr. 120 So P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 8 (Hervorhebung nicht im Original); ähnlich J. W. Hidien, Die Verteilung der Umsatzsteuer, 1998, S. 237.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

einem umfassenden Einnahmentatbestand werde „die im Geld angelegte Macht, Leistungsfähigkeit und finanzwirtschaftliche Anfälligkeit des Rechtsstaats“ sichtbar und kontrollierbar.121 Gemäß ihrem Anliegen, das effektive Handlungspotential des Finanzstaates und die Wirkungen seiner Gewinnung auf den Bürger kenntlich zu machen, bestimmt diese Auffassung den allgemeinen Grundtatbestand der Einnahme nach deren Funktion und Wirkungen. Einnahmen sind hiernach Geldleistungen, die einem Privaten einen Teil seiner ökonomischen Handlungsfreiheit entziehen, sein Vermögen also mindern, um den finanzwirtschaftlichen Handlungsspielraum des Staates zu mehren.122 Konstitutiv für den Einnahmencharakter einer Geldleistungspflicht ist damit zum einen ihre Belastungswirkung für Private, zum anderen ihre Aufkommenswirkung für ein öffentlich-rechtliches Gemeinwesen.123 Allerdings setzt auch nach dieser Auffassung die Qualifikation eines Finanztransfers als Einnahme voraus, daß die öffentliche Hand die tatsächliche Verfügungsgewalt über die transferierten Geldmittel gewinnt, diese ihr also zufließen und in der Folge von ihr verwaltet und verwendet werden können.124 Preisinterventionen, deren Transfervolumina keinem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zufließen, sondern unmittelbar der begünstigten Personengruppe übertragen werden, erfüllen daher nicht den allgemeinen Grundtatbestand der Einnahmen im Sinne dieser Auffassung. III. Abgabenähnliche Vergütungsregelungen in ihrer Einnahmenwirksamkeit Möglicherweise ist jedoch mit dem Hinweis auf die beiden Grundwirkungen staatlicher Einnahmenerzielung, privates Vermögen zu mindern und hierdurch das finanzwirtschaftliche Handlungspotential des Staates zu mehren, auf Belastungs- und Aufkommenswirkung also, der Weg zu einer Behandlung fördernder Vergütungsregelungen gewiesen, die den Schutzzwecken der grundgesetzlichen Finanzverfassung gerecht wird. Bereits in Auseinandersetzung mit dem – letztlich nicht befolgten – Lösungsansatz, die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben auf Entgeltregelungen zu übertragen, wurde festgestellt, daß eine sachgerechte Erfassung neuartiger Handlungsformen des Finanzstaats grundsätzlich eine materielle, wirkungsbezogene Betrachtung zugrunde zu legen hat.125 Handelt es sich bei den zu beurteilenden Finanzierungsinstrumenten möglicherweise um Kompetenzübergriffe des Sachgesetzgebers, so ergibt sich das Gebot einer materiellen Be121 122 123 124 125

P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 8. P. Kirchhof, a. a. O., Rn. 26; H. Kube, finanzreform 4/2004, S. 1 (18). P. Kirchhof, a. a. O., Rn. 31 ff., 34 ff. Vgl. P. Kirchhof, a. a. O., Rn. 34. Siehe oben § 7 B I 2 a) und 3.

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trachtung schon daraus, daß die Schranken an übergreifende Kompetenzausübungen nicht aus der ausgeübten Kompetenz, sondern aus den durch sie tangierten Befugnisnormen herzuleiten sind. Eine formelle Anschauung hingegen nähme eine der ausgeübten Kompetenz immanente Betrachtung ein und wäre daher zur Bestimmung von Übergriffsschranken ungeeignet. Sollen übergreifende Rechtsakte in ihrer mittelbaren Wirksamkeit für andere Kompetenzbereiche und deren Schutzgüter begrenzt werden, so erfordert dies notwendig eine wirkungsbezogene Betrachtung. Dem entspricht die Aufteilung des Einnahmenbegriffs in eine Belastungs- und eine Aufkommenswirkung. Zu fragen ist daher, ob „Quersubventionen“ aufgrund einnahmentypischer Belastungs- und Aufkommenswirkungen der Rechtfertigung vor den Prinzipien der Finanzverfassung bedürfen, mit anderen Worten, ob sie, wenngleich nicht Einnahmen, so doch in einem finanzverfassungsrechtlich erheblichen Sinne „einnahmenwirksam“ sind.126 Dies würde zunächst voraussetzen, daß von diesen Regelungen eine Belastungswirkung für privates Vermögen ausgeht. Da finanzstaatliches Handeln bisweilen auch in unbeabsichtigter Weise belastende Wirkungen für das Vermögen Privater entfaltet, muß eingrenzend gefordert werden, daß die Belastungswirkung staatlicherseits intendiert oder zumindest voraussehbar gewesen ist.127 Da das Kriterium der Belastungswirkung auf die grundrechtliche Rechtfertigungsbedürftigkeit der staatlichen Einnahmenwirtschaft verweist, gilt es insofern, einen Gleichlauf mit der Dogmatik des Grundrechtseingriffs herzustellen, die für die Zurechnung mittelbarer Grundrechtseingriffe zu staatlicher Verantwortlichkeit ebenfalls auf die Merkmale der Intention und der Voraussehbarkeit abstellt.128 Abgabenähnliche Vergütungsregelungen stellen sich bei einer wirtschaftlichen Betrachtung als Geldleistungspflichten dar, die den Angehörigen einer Gruppe Privater zur Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe auferlegt werden. Die Vermögensbelastung erwächst den Normadressaten daraus, daß durch gesetzliche Anordnung – die Referenzregelungen setzen die Mittel der Mindestpreisbindung, des prozentualen Abschlags und der Lohnfortzahlungspflicht ein – das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung im Rahmen eines privat126 Zur Gebotenheit einer solchen materiellen Betrachtung der mittelbaren Einnahmenwirkung von Sachregelungen vgl. H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, der den Begriff der Einnahmenwirksamkeit zunächst auf entgeltende Abgaben und damit auf Geldleistungspflichten, durch die Staatseinnahmen schon im formellen Sinne erzielt werden (a. a. O., S. 353), sodann auch auf abgabenähnliche Vergütungsregelungen (a. a. O., S. 692) bezieht. 127 Vgl. auch H. Kube, finanzreform 4/2004, S. 1 (19). 128 Zur Dogmatik des mittelbaren Grundrechtseingriffs und der an diesen anzulegenden Kriterien A. Bleckmann, Die Grundrechte, 4. Aufl., 1997, S. 413 ff.; P. Lerche, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 121 Rn. 50.

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rechtlich vereinbarten Leistungsaustausches zu Lasten einer Vertragspartei modifiziert wird, um dem Vertragspartner ein bestimmtes Verhalten im öffentlichen Interesse zu ermöglichen. In Höhe des gesetzlich festgelegten Förderanteils bleibt die Leistung des belasteten Vertragspartners ohne Gegenleistung, sie erfolgt bei wirtschaftlicher Betrachtung unentgeltlich. Da der Gesetzgeber bei seiner Preis- oder Lohnintervention das Ziel verfolgt, das gemeinwohldienliche und deshalb nach seiner Einschätzung förderungswürdige Verhalten des begünstigten Vertragsteils durch finanzielle Unterstützung zu ermöglichen, erstreckt sich diese Intention auch auf die hierzu notwendige Belastung des anderen Kontrahenten. Die Belastung ist folglich zielgerichtet überbracht, die Belastungswirkung für den Gesetzgeber nicht nur voraussehbar, sondern von ihm bezweckt und deshalb dem Staat zurechenbar.129 Als einnahmenwirksam erweisen sich Preisinterventionen jedoch nur dann, wenn sie neben ihrer Belastungswirkung auch eine Aufkommenswirkung zugunsten des Staates entfalten. Verlangt man für eine solche Aufkommenswirkung, daß der Körperschaft, die sich des Finanzierungsinstruments bedient, Geldmittel in der Form zufließen, daß die öffentliche Hand jedenfalls vorübergehend die tatsächliche Verfügungsgewalt über diese Mittel erlangt und sie verwaltet, bevor sie eine Entscheidung über deren Verwendung trifft, so erfüllen „quersubventionierende“ Finanztransfers diese Voraussetzungen nicht. Allerdings könnte es angesichts der Weise, auf die der Gesetzgeber Zwangsvergütungen zum Zweck einer haushaltsneutralen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben einsetzt, geboten sein, das äußerlich-formelle Element des Verlaufs der Finanzflüsse zurückzustellen und statt dessen die Finanzierungswirkungen, die der Sachgesetzgeber durch die Veranlassung horizontaler Finanztransfers zu erreichen vermag, als entscheidend anzusehen. Der rechtsstaatliche Gewinn und die Funktion einer materiellen Betrachtung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten liegen darin, daß diese eine vollständige Erfassung des finanzwirtschaftlichen Handlungspotentials erlaubt, welches die öffentliche Hand durch Belastung privater Vermögen aufbaut.130 Transferiert der Gesetzgeber Finanzvolumina und belastet er hierbei Private, um andere Private131 begünstigen zu können, so übt er hierdurch staatliche Finanzmacht aus, unabhängig davon, ob 129 Vgl. H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 (929); so auch für die Stromeinspeisungsregelung LG Karlsruhe, RdE 1996, 75; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 177. 130 Zur Gebotenheit einer solchen vollständigen Erfassung P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 8. 131 Eine Ausnahme bilden wiederum die Abschlagsregelungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, da diese nicht einer Gruppe Privater, sondern den Trägern der GKV und damit Körperschaften des öffentlichen Rechts zugute kommen. Ihre Behandlung als „Quersubventionen“ erscheint gleichwohl sachgerecht, da sich ein Zufluß von Geldmitteln zu einem Hoheitsträger auch für diese Regelungen allein bei wirtschaftlicher Betrachtung ergibt, wenn also nicht nur die Erzielung abgabenrechtli-

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die verschobenen Geldmittel dabei das Zwischenstadium staatlicher Vereinnahmung durchlaufen. Die geförderte Personengruppe sieht sich infolge der gesetzgeberischen Intervention zu einem Verhalten befähigt, zu dem sie aufgrund ihrer eigenen wirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten nicht in der Lage wäre. Als Ausdruck finanziellen Handlungsvermögens der öffentlichen Hand im Sinne einer Aufkommenswirkung wäre daher auch die Förderwirkung auf Seiten der begünstigten Personengruppe anzusehen, wenn sich diese Förderung dem Staat eindeutig zurechnen läßt. Als Kriterium für die Zurechnung der Förderwirkung steht – wie schon hinsichtlich der Belastungswirkung – das Merkmal der Intention des Gesetzgebers zur Verfügung.132 Während für fördernde Vergütungsregelungen bisweilen zweifelhaft sein kann, ob ihre Zwecksetzung mehr als Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe oder als Gestaltung einer Sachmaterie aufzufassen ist, steht in beiden Fällen fest, daß der Gesetzgeber sich zu einer Überformung des privatvertraglichen Austauschverhältnisses in der Absicht entschieden hat, hierdurch dem begünstigten Vertragsteil zu erweiterten wirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten zu verhelfen. Da der Gesetzgeber legitimerweise nur zur Verwirklichung von Gemeinwohlzwecken tätig wird und öffentliche Interessen durch abgabenähnliche Preisregelungen nur insoweit gefördert werden, als der „subventionierte“ Vertragsteil seinerseits zur Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe befähigt wird, richtet sich die Intention des Gesetzgebers auf die Begünstigung dieser Personengruppe. Dient der Einsatz der abgabenäquivalenten Regelung von vornherein dem Zweck, einer Personengruppe finanzielle Mittel zuzuführen, so sind die erweiterten wirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten dieser finanziell geförderten Partei dem Gesetzgeber als eigenes finanzwirtschaftliches Handlungspotential, welches er zuvor durch den Zugriff auf das Vermögen der belasteten Gruppe Privater erlangt hat, zuzurechnen. Die Zurechenbarkeit der Förderwirkung nach dem Kriterium der gesetzgeberischen Absicht tritt als Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand an die Stelle eines formalen Finanzzuflusses. Von besonderer Bedeutung ist dabei das Zusammenfallen von gesetzgeberischer Belastungs- und Verwendungsentscheidung. Im Regelfall der Staatsfinanzierung durch Steuererhebung ergehen die Entscheidung, Private zur Erzielung von Einnahmen finanziell zu belasten, sowie die weitere Entscheidung, die erzielten Mittel zur Erfüllung einer bestimmten Staatsaufgabe – etwa der Subventionierung bestimmter Personengruppen im öffentlichen Interesse – als separate Willensakte im Rahmen eines gestreckten Verfahrens. Sie sind zudem in funktionelcher Ertragswirkungen, sondern auch die Vermeidung von Mehrausgaben als Finanzfluß angesehen wird. Siehe hierzu oben § 1 E II. 132 So auch H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 (929); H. Kube, finanzreform 4/2004, S. 1 (19).

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ler Hinsicht verschiedenen Gewalten zugewiesen, da die Belastungsentscheidung durch den Steuergesetzgeber gefällt, die Verwendungsentscheidung durch den Sachgesetzgeber beeinflußt und schließlich vom Haushaltsgesetzgeber getroffen wird. Die Besonderheit von „Quersubvention“ besteht nun darin, daß durch die Ausgestaltung des Pflichtentatbestandes im Rahmen der Belastungsentscheidung zugleich der Leistungsempfänger bestimmt und damit der Verwendungszweck der gebundenen Finanzvolumina festgelegt wird; eine Vereinnahmung der Mittel durch die öffentliche Hand wird damit funktionell entbehrlich.133 Im Schrifttum wird das Zusammenfallen von Belastungs- und Verwendungsentscheidung als Ersatz sukzessiver Mittelvereinnahmung und -verausgabung treffend als staatliche Subvention „auf abgekürztem Zahlungswege“ beschrieben.134 Daß auch die Verwendungsentscheidung durch den Sachgesetzgeber getroffen und damit das Stadium der Mittelvereinnahmung durch die öffentliche Hand gleichsam „übersprungen“ wird, entbindet nicht von dem Erfordernis, die in der Mittelverwendung verkörperte finanzstaatliche Handlungsmacht finanzverfassungsrechtlich zu begrenzen.135 Dies erfordert es, die zur Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe durch die begünstige Personengruppe vom Gesetzgeber bereitgestellten Finanzmittel dem Gemeinwesen als finanzwirtschaftliches Handlungspotential zuzurechnen; in der Gewinnung dieses Handlungspotentials durch die öffentliche Hand entfaltet sich die Aufkommenswirkung von Preisinterventionen. Weisen Vergütungsregelungen demnach neben der Belastungswirkung auch eine Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand auf, so sind sie im oben beschriebenen Sinne einnahmenwirksam. Über die Mehrung der finanzwirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten des Staates hinaus weisen abgabenäquivalente Finanztransfers eine Eigenschaft auf, die sie in funktionelle Nähe nicht nur zur Abgabenerhebung allgemein, sondern gerade zur Besteuerung rückt. Da sich die Grundfunktion der Steuer darauf richtet, Deckungsmittel für den allgemeinen Finanzbedarf des Staates zu erzielen, stehen die verschiedenen Arten nichtsteuerlicher Abgaben in funktioneller Hinsicht in unterschiedlich starker Konkurrenz zur Steuer. Die Nähe der Vorzugslasten zur Steuer ist vergleichsweise gering, da sich ihr zulässiger Einsatz darauf beschränkt, staatlich vermittelte Sondervorteile abzuschöpfen oder einen hoheitlichen Sonderaufwand auszugleichen, der den Abgabenpflichtigen zure133 Vgl. auch K. H. Friauf, Zwangssubventionierung, 1995, S. 71 (An die Stelle des „klassischen Zweiphasenmodells“ trete eine „einphasig ausgestaltete Direktsubventionierung“.). 134 H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 (929); ähnlich H. Kube, finanzreform 4/2004, S. 1 (19). 135 Vgl. – zur Verfassungsmäßigkeit der SER – M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 86 f. (Durch die Ausgestaltung der finanziellen Förderung als privatrechtliche Geldleistungspflicht werde die „objektive Ordnungsfunktion“ des Art. 105 GG ebenso beeinträchtigt wie durch eine Sonderabgabe.).

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chenbar ist.136 Sie werden als Gegenleistung für eine Leistung der öffentlichen Hand erhoben und bergen daher kaum die Gefahr, zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben verwendet zu werden. Als allgemeine Staatsaufgabe wird dabei ein Finanzierungszweck verstanden, für den eine private Finanzierungsverantwortung nicht besteht oder der zumindest durch den Gesetzgeber so weit gefaßt ist, daß er das Maß einer bestehenden Finanzierungsverantwortung Privater übersteigt.137 In deutlich größerer Konkurrenz zur Steuer steht die Sonderabgabe. Im Unterschied zu den Vorzugslasten wird sie – ebenso wie die Steuer – „voraussetzungslos“, also ohne Rücksicht auf eine Gegenleistung der öffentlichen Hand erhoben.138 Zwar setzt auch die Erhebung von Sonderabgaben voraus, daß die belasteten Privaten eine Finanzierungsverantwortung für den Abgabenzweck aufweisen; doch verfügt der Gesetzgeber über erweiterte Möglichkeiten, den Finanzierungszweck der Sonderabgabe weit zu definieren. Sonderabgaben bergen daher eine größere Gefahr, vom Gesetzgeber zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben eingesetzt zu werden. Vergleicht man Zwangsvergütungen mit diesen Arten nichtsteuerlicher Abgaben, so ähneln sie der Sonderabgabe in hohem Maße. Auch Preisinterventionen beziehen ihre Rechtfertigung nicht aus dem Ausgleich einer konkreten hoheitlichen Leistung. Der Konnex zwischen der Herkunft der finanziellen Mittel und ihrer Verwendung ist gegenüber der engen Verbindung, wie sie für Vorzugslasten typisch ist, erheblich gelockert. Sie eröffnen dem Gesetzgeber daher die gleichen – weiten – Möglichkeiten, den Finanzierungszweck des Mitteltransfers zu definieren und ihn der Finanzierungsverantwortung einer privaten Gruppe zuzuordnen, wie er sie bei der Erhebung einer Sonderabgabe besitzt.139 Auch Entgeltregelungen lassen sich daher tendenziell zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben einsetzen und stehen daher in funktioneller Hinsicht – vergleichbar den Sonderabgaben – in Konkurrenz zur Steuer. IV. Ergebnis Die Rechtfertigungsbedürftigkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen gegenüber der Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen ergibt sich aus ihrer Einnahmenwirksamkeit. Zwangsvergütungen mindern das Vermögen Privater und mehren zugleich den finanzwirtschaftlichen Handlungsspielraum des Staates, indem sie dem Gesetzgeber die „subventionierende“ Förderung von Aufga136 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 181; K. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: FS f. Willi Geiger, 1989, S. 518 ff. 137 Siehe hierzu bereits oben § 5 C I. 138 BVerfGE 55, 274 (298) – Berufsausbildungsabgabe. 139 So auch – zur Verfassungsmäßigkeit der Stromeinspeisungsregelung – M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 81 („. . . ebenso wie eine Sonderabgabe ,voraussetzungslos‘.“).

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ben des öffentlichen Interesses erlauben, ohne daß die öffentliche Hand hierzu eigene finanzielle Ressourcen aufwenden muß. Sowohl die Belastungs- als auch die Förderwirkung ist vom Gesetzgeber bezweckt und daher dem Staat zurechenbar. In der Möglichkeit zu haushaltsneutraler Finanzierung öffentlicher Aufgaben zeigt sich die Aufkommenswirkung fördernder Vergütungsregelungen für die öffentliche Hand. Über die Mehrung des finanzstaatlichen Handlungsvermögens hinaus wird die Einnahmenwirksamkeit von Preisinterventionen dadurch charakterisiert, daß der Gesetzgeber sich ihrer zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben bedienen kann. Ein strenger Konnex zwischen Belastungsgrund und Verwendungszweck, wie er nach überkommener Abgabendogmatik bei Vorzugslasten besteht, ist für nicht-abgabenrechtliche Finanzierungspflichten wie Zwangsvergütungen nicht anerkannt. Diese Regelungen bergen daher die Gefahr, vom Gesetzgeber tendenziell zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben eingesetzt zu werden. Im Zusammenspiel beider Eigenschaften, der Mehrung des finanzwirtschaftlichen Handlungsvermögens des Staates und der Möglichkeit zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben, nähern sich fördernde Vergütungsregelungen funktionell der Steuer an. In dem Maße, wie abgabenäquivalente Finanztransfers zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben verwendet werden, greift der Sachgesetzgeber durch ihre Regelung in den Kernbereich der Steuergesetzgebungskompetenzen über. In gleichem Maße bewegt er sich dabei auf den Rand der ausgeübten Sachgesetzgebungskompetenz zu. Hierin erweisen sich Preisinterventionen als Kompetenzübergriffe des Sachgesetzgebers in Steuergesetzgebungskompetenzen.

B. Die Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen – Grundlagen und Schutzzwecke I. Die Trennung von Steuer- und Sachgesetzgebungskompetenzen durch das Grundgesetz Das Grundgesetz unterscheidet streng zwischen der Zuweisung von Gesetzgebungskompetenzen für Steuern durch Art. 105 GG und den Kompetenztiteln der Art. 73 ff. GG, auf welche der Erlaß von Sachregelungen zu stützen ist. Es trennt damit die Einnahmengewalt des Staates, die nach der Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung prinzipiell durch die Handlungsform der Steuer ausgeübt wird, von der Aufgabengewalt.140

140 Hierzu H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 3 f., 111 f.; vgl. auch W. Leisner, Verwaltungspreis – Verwaltungssteuer, in: GS Hans Peters, 1967, S. 730 (732).

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Art. 105 GG errichtet für die Besteuerungsgewalt eine eigenständige, von den Art. 70 ff. GG getrennte und nur vereinzelt durch ausdrückliche Verweisung – vgl. Art. 105 Abs. 2 GG – mit diesen verbundene Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen. Die Zuständigkeitsvermutung des Art. 70 Abs. 1 GG zugunsten der Länder wird durch Art. 105 GG aufgehoben.141 Dabei setzt Art. 105 Abs. 2 GG, der die „übrigen“, nicht an anderer Stelle des Grundgesetzes ausdrücklich zugewiesenen Steuern der konkurrierenden142 Gesetzgebungskompetenz des Bundes zuordnet, voraus, daß es sich dabei um Steuern handelt, die einem der in Art. 106 GG aufgeführten Steuertypen zuzuordnen sind.143 Andernfalls könnte es – systemwidrig – zur Entstehung von Steuern kommen, deren Ertrag vom Grundgesetz keiner Gebietskörperschaft zugewiesen ist.144 In den Rechtsgrundverweisungen des Art. 105 Abs. 2 GG auf die Steuerertragsverteilung gem. Art. 106 GG einerseits und auf die Voraussetzungen der konkurrierenden Aufgabengesetzgebungskompetenzen gem. Art. 72 Abs. 2 GG andererseits werden die beiden Grundgedanken deutlich, nach denen die Verfassung die Gesetzgebungskompetenzen für Steuern zuweist. Die Bestimmung dient dazu, die Gesetzgebungskompetenzen für das materielle Steuerrecht, also diejenigen Steuergesetze, durch die unmittelbar Einfluß auf die Erzielung von Steueraufkommen genommen werden kann, zu verteilen.145 Daher ist es sachgerecht, die Legislativkompetenzen primär in Anbindung an die Verteilung der Ertragskompetenzen zuzuweisen. Die ertragsberechtigte Gebietskörperschaft soll so weit wie möglich selbst über die Ausgestaltung der Steuergesetze entscheiden können. Diese Grundregel wird – alternativ – durch einen Verweis auf die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG ergänzt, um im Interesse der Rechtsund Wirtschaftseinheit durch bundesgesetzliche Regelungen eine gleichmäßige Steuerbelastung im gesamten Bundesgebiet herzustellen.146 In seiner heutigen Fassung ist Art. 105 Abs. 2 GG Ausdruck der Bemühungen des verfassungs141 M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 39; M. Jachmann, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 24. 142 Kritisch zum Verständnis des Art. 105 Abs. 2 GG als konkurrierende Gesetzgebungskompetenz K. Vogel/H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 76, die darlegen, es handele sich bei dieser Kompetenz, soweit Steuern betroffen sind, deren Aufkommen auch dem Bund zusteht, um eine „mehr als ausschließliche“. 143 Einen Überblick der Meinungen zu dieser sehr streitigen Frage gibt K. Vogel, Zur Auslegung des Art. 106 GG, in: FS f. Klaus Tipke, 1995, S. 93 (95 ff.); weitere Nachweise bei R. Wendt, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 104 Rn. 29. 144 M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 45; K. Vogel/H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 65. 145 W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 105 Rn. 6, 34; M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 44; vgl. ferner K. Vogel/H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 12, 129. – Die Gesetzgebungskompetenzen für das Organisations- und Verfahrensrecht der Besteuerungsgewalt ergeben sich aus Art. 108 GG.

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ändernden Gesetzgebers des Jahres 1969, die Steuergesetzgebungskompetenzen des Bundes im Interesse der Einheitlichkeit des Wirtschaftsraumes weiter zu stärken.147 Obwohl Art. 105 Abs. 2 GG für die Sperrwirkung der konkurrierenden Bundeskompetenz auf die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG verweist, ist im Bereich der Einnahmengewalt eine stärker unitarische Handhabung dieser Kriterien zu beobachten.148 Das BVerfG erkennt in der Inanspruchnahme eines Steuergegenstandes durch den Bund in aller Regel eine erschöpfende, Sperrwirkung für die Länder auslösende Regelung.149 Hierin liegt ein weiterer Grund für das Übergewicht des Bundes bei der Verteilung der Steuergesetzgebungskompetenzen.150 Zur Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben sowie zur Auferlegung sonstiger finanzieller Lasten kann sich der Gesetzgeber der allgemeinen Aufgabenkompetenzen der Art. 70 ff. GG bedienen. Dies ist insbesondere für die Zuweisung von Vorzugslasten einsichtig, da diese einen im Rahmen der allgemeinen Verwaltungstätigkeit überbrachten Vermögensvorteil abschöpfen, welcher nach der Zielrichtung des vollzogenen Verwaltungsprogramms den begünstigten Privaten nicht unentgeltlich zugewendet werden soll; Vorzugslasten vollenden somit ein Verwaltungsprogramm.151 Die Kompetenz zur Erhebung von Gebühren und Beiträgen bildet einen Annex zur Aufgabengesetzgebungskompetenz, auf die sich der Erlaß der Sachregelung stützt.152 Das BVerfG hat seine Auffassung, der Gesetzgeber bedürfe zur Einführung einer außersteuerlichen Abgabe keiner ausdrücklichen verfassungsgesetzlichen „Spezialermächtigung“,153 vielmehr folge seine Kompetenz hierzu aus den allgemeinen Sachzuständigkeiten der 146 Hierzu W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 99, 100; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 105 Rn. 8. 147 Daneben sollte die bislang gewählte Regelungstechnik enumerativer Aufzählung durch eine Generalklausel ersetzt werden, zu beiden Reformzielen R. Wendt, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 104 Rn. 27. 148 M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 6, 49 m. Nw. zur Rspr. des BVerfG; wenn R. Wendt, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 104 Rn. 31, erklärt, eine wirklich eingrenzende Bedeutung erlangten die Schranken des Art. 72 Abs. 2 GG für den Erlaß von Bundessteuergesetzen aufgrund von Art. 105 Abs. 2 GG deshalb nicht, weil die Voraussetzungen nach der Rspr. des BVerfG nicht justitiabel seien, so hat er die Judikatur vor Augen, von der das Gericht sich in Reaktion auf die Verfassungsänderung 1994 in E 106, 62 – Altenpflegegesetz – abgewandt hat. 149 Vgl. BVerfGE 7, 244 (258 f.); 16, 64 (76 f.); 40, 56 (62). 150 Hierzu M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 6; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 105 Rn. 8 („fast durchgehend bundeseinheitliche Steuergesetzgebung“); R. Wendt, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 104 Rn. 28. 151 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 88 Rn. 183. 152 M. Jachmann, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 7; P. Selmer/C. Brodersen, DVBl. 2000, S. 1153 (1161 f.). 153 So BVerfGE 55, 274 (297).

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Art. 70 ff. GG, nicht auf Vorzugslasten beschränkt, sondern auch auf sonstige nichtsteuerliche Abgaben, insbesondere auf Sonderabgaben, erstreckt.154 Wie bereits im Rahmen der Analyse der Zulässigkeitsanforderungen an Sonderabgaben auf die durch sie geschützten Verfassungsrechtsgüter und -prinzipien festgestellt wurde, bildet der Verzicht auf eine zweite, einnahmenrechtliche Kompetenzgrundlage die Grundbedingung für die verfassungsrechtliche Anerkennung von Sonderabgaben.155 Inzwischen ist allgemein anerkannt, daß nichtsteuerliche Abgaben und sonstige Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben einer doppelten Kompetenzgrundlage sowohl in Art. 70 ff. GG als auch in Art. 105 GG nicht bedürfen.156 Zu Recht wird im Schrifttum auf die inakzeptablen verfassungsrechtlichen Folgeschwierigkeiten hingewiesen, die sich an das Postulat einer sowohl aufgaben- als auch einnahmenrechtlichen Kompetenzgrundlage knüpfen würden.157 Eine doppelte Kompetenzgrundlage würde insbesondere zu einer „Verdoppelung“ der für einnahmenwirksame Sachregelungen geltenden Initiativ- und Vollzugszuständigkeiten, der zu wahrenden Beteiligungsrechte anderer Staatsorgane – etwa des Bundesrates – und der materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen führen. Da sich diese Erfordernisse zwischen den Handlungsformen der Steuer und der Sachregelung bisweilen erheblich unterscheiden, wären die Zulässigkeitsanforderungen an kompetenzübergreifende Rechtsakte unklar und widersprüchlich; eine kumulative Erfüllung wäre nicht möglich oder jedenfalls sinnwidrig. Bedürfen einnahmenwirksame Sachregelungen demnach keiner doppelten kompetenziellen Fundierung, so ist die Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen auf andere Weise vor Störungen durch den zunehmenden Einsatz solcher Handlungsformen zu schützen; Übergriffe durch mittelbare Wirksamkeiten bei der Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen sind nur in begrenztem Umfang verfassungsmäßig. Als einnahmenwirksame Regelungen sind dabei alle nichtsteuerlichen Abgaben und sonstigen Geldleistungspflichten zu begreifen, derer sich der Sachgesetzgeber zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben bedienen kann und die deshalb in funktioneller Hinsicht in Konkurrenz zur Steuer treten. Diese Gefahr besteht für Vorzugslasten, wenn diese aus der historisch überkommenen158 und gleichheitsrechtlich gebotenen Beschränkung auf den

154 Vgl. bereits aus der Rspr. des BVerfG vor dem Urteil zur Berufsausbildungsabgabe BVerfGE 4, 7 (13); 8, 274 (317); 18, 315 (328 f.); 37, 1 (16 f.). 155 Siehe hierzu bereits oben § 7 C I 1. 156 Für Sonderabgaben P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 228; allgemein zu nichtsteuerlichen Abgaben M. Jachmann, in: H. v. Mangoldt/ F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 7; H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 15 f.; für abgabenäquivalente Preisregelungen ist die Forderung einer doppelten Kompetenzgrundlage – wohl beeinflußt durch die vorherige Entwicklung im Bereich der Sonderabgaben – nicht erhoben worden. 157 Zu diesen H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 262, 378.

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Ausgleich eines hoheitlich vermittelten Sondervorteils und eines individuell oder gruppenbezogen zurechenbaren Sonderaufwandes gelöst und unter Aufgabe ihrer spezifisch nichtsteuerlichen Belastungsgründe zur Erzielung allgemeiner Staatsaufgaben verwendet werden.159 Für Sonderabgaben hat das BVerfG vor dieser Gefahr schon deshalb gewarnt, weil diese – anders als Vorzugslasten, doch ähnlich wie die Steuer – „voraussetzungslos“, also unabhängig von einer hoheitlichen Gegenleistung, auferlegt werden.160 Beschränkt sich die Erhebung einer Sonderabgabe nicht darauf, die Finanzierungsverantwortung einer Gruppe Privater für eine konkrete, in ihrem Umfang definierte öffentliche Aufgabe in Anspruch zu nehmen, so gerät sie – in den Worten des BVerfG – „zwangsläufig in Konkurrenz zu dem verfassungsrechtlich umfassend geregelten Institut der Steuer“.161 Entsprechendes gilt angesichts ihrer materiellen Ähnlichkeit mit Sonderabgaben für fördernde Vergütungsregelungen. Sachgesetzgebungskompetenzen, von denen in einnahmenwirksamer Weise Gebrauch gemacht werden kann, werden daher in ihrem ermächtigenden Gehalt durch die Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen als „Ausübungsschranken“162 begrenzt. Die zulässige Reichweite des einnahmenwirksamen Gebrauchs von Sachzuständigkeiten und damit die zulässige Intensität ihrer Übergriffswirkung in Steuergesetzgebungskompetenzen bestimmt sich durch systematische Auslegung der im Einzelfall beteiligten Kompetenzen vor dem Hintergrund des Gebots der Einheit der Rechtsordnung.163 Das BVerfG hat diese Eingrenzungs- und Abstimmungsbedürftigkeit für nichtsteuerliche Abgaben prägnant dahingehend zusammengefaßt, die grundgesetzliche Finanzverfassung „verlöre ihren Sinn und ihre Funktion, wenn unter Rückgriff auf die Sachgesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern daneben beliebig Abgaben unter Umgehung der bundesstaatlichen Verteilung der Gesetzgebungs- und Ertragskompetenz für das Steuerwesen erhoben werden könnten.“164 In dieser Begrenzungs- und Schutzfunktion haben die Steuergesetzgebungskompetenzen des 158 Dazu K. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: FS f. Willi Geiger, 1989, S. 518 ff. 159 Vgl. in diesem Zusammenhang die Diskussion um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der sog. Verleihungsgebühr, insbesondere die Kritik von P. Kirchhof, DStJG 15 (1993), S. 3 (13 f.); K. H. Friauf, „Verleihungsgebühren“ als Finanzierungsinstrumente?, in: Festschrift 600 Jahre Universität Köln, 1989, S. 679 ff.; J. Pietzcker, DVBl. 1987, S. 774 ff. 160 Grundlegend BVerfGE 55, 274 (298) – Berufsausbildungsabgabe; vgl. auch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 221. 161 BVerfGE 55, 274 (298). 162 Begriff nach W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 143; vgl. auch M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (113 ff.); H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 263 ff. 163 Siehe hierzu oben § 9 C. 164 BVerfGE 93, 319 (342) unter Hinweis auf E 55, 274 (300 ff.); ebenso E 108, 1 (16); 108, 186 (215).

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Art. 105 GG neben ihrem formellen auch einen materiellen, übergriffsabwehrenden Gehalt, der sich an den Gesetzgeber nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten mit Finanzierungszweck richtet.165 Werden diese Schranken außersteuerlicher Staatsfinanzierung aufgrund von Sachgesetzgebungskompetenzen nicht beachtet, so kommt es zu Verwerfungen innerhalb der horizontalen Funktionenordnung wie auch der vertikalen Gewaltenteilung. Auch die Grenzen der finanziellen Belastbarkeit der Freiheitsberechtigten, auf deren Schutz die steuerliche Kompetenzordnung zielt, geraten in Gefahr.166 II. Horizontale Funktionenordnung Das Gebot aus der Kompetenzordnung des Grundgesetzes, Übergriffe einnahmenwirksamer Sachregelungen in Steuergesetzgebungskompetenzen zu begrenzen, wird zunächst durch einen Vergleich beider Handlungsformen nach Maßgabe der horizontalen Funktionenordnung deutlich. Es wurde gesehen, daß die überwiegende Zahl der Steuergesetzgebungskompetenzen den Bundesgesetzgeber zur Regelung ermächtigt. Gleichzeitig handelt es sich bei der Mehrzahl der derzeit eingesetzten und finanzverfassungsrechtlich relevanten „Quersubventionen“ um Regelungen des Bundes. Die Sachgesetzgebungskompetenzen, auf die der Erlaß dieser Vergütungsregelungen gestützt ist, begründen folglich ebenso wie die Großzahl der Steuergesetzgebungskompetenzen nach Art. 105 GG eine Befugnis des Bundesgesetzgebers. Auf den ersten Blick scheint eine verfassungsrechtliche Problematik von Übergriffen zwischen Kompetenzen, die demselben Kompetenzträger zugeordnet sind, nicht zu bestehen. Es fragt sich, weshalb der Erlaß einnahmenwirksamer Sachregelungen durch dieselbe Gebietskörperschaft und dasselbe Organ, dem auch die mittelbar tangierte Steuergesetzgebungskompetenz zugewiesen ist, kompetenzrechtlicher Begrenzung bedürfen sollte. Doch handelt es sich bei der Wahrnehmung von Steuergesetzgebungskompetenzen gegenüber dem Gebrauch von Sachgesetzgebungskompetenzen in funktioneller Hinsicht um die Ausübung verschiedener Gewalten.167 Nach dem Willen des Verfassunggebers wird das Parlament in Ausübung der Befugnisse nach Art. 105 GG zur Erzielung finanzieller Mittel tätig, durch die der staatliche Finanzbedarf aus der Erfüllung öffentlicher Aufgaben gedeckt werden kann. Im 165 Vgl. auch M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 38. 166 Vgl. BVerfGE 108, 1 (16); 108, 186 (215) („Die Finanzverfassung des Grundgesetzes schützt insofern auch den Bürger.“). 167 Eingehend zur Unerheblichkeit der Kompetenzträgerschaft für die übergriffsabwehrende Dimension einer Kompetenzzuweisung H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 549 f.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Gegensatz hierzu dienen die Kompetenzen der Art. 70 ff. GG dazu, die in parlamentarischer Willensbildung konkretisierten Gemeinwohlziele sachlich-inhaltlich zu verwirklichen; werden zu diesem Zwecke Freiheitsberechtigten Pflichten auferlegt, so sind es in der Regel Verhaltens-, nicht Geldleistungspflichten.168 Auf diese Grundfunktionen der Kompetenzen sind die für sie geltenden Rechtmäßigkeitsanforderungen abgestimmt. Folglich unterscheiden sich beide Handlungsformen, Steuer und Sachregelung, wesentlich in ihren formellen wie auch materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen. Werden die kompetenz- und handlungsformspezifischen Differenzen im Maße der funktionellen Ersetzung einer Steuer durch eine einnahmenwirksame Sachregelung ignoriert, so werden zwangsläufig auch die Schutzzwecke der funktionsspezifischen Zulässigkeitsvoraussetzungen verfehlt. Unterschiedliche Rechtmäßigkeitsanforderungen bestehen zunächst in Form divergierender Zuständigkeits- und Verfahrenserfordernisse in sämtlichen Stadien der Gesetzgebung und des Gesetzesvollzuges. Geht die Gesetzesinitiative von der Regierung aus, so ist es im Falle einer einnahmenwirksamen Sachregelung das jeweilige Fachressort, nicht das Finanzressort, dem die Abstimmung der Regelungsziele und die Gestaltung der Gesetzesvorlage obliegt. Je mehr innerhalb der Regelung die Funktion, öffentliche Aufgaben durch Belastung privaten Vermögens zu finanzieren, im Vordergrund steht, desto mehr werden sich bei ihrer Vorbereitung Fragen stellen, zu deren sachgerechter Behandlung die Sachkunde und institutionelle Ausstattung des Finanzressorts vonnöten sind.169 Im Stadium des Gesetzesbeschlusses können die Schutz- und Kontrollfunktionen von Zustimmungsvorbehalten vereitelt werden, wenn Entscheidungen auf dem Gebiet der Staatsfinanzierung im Wege kompetenzübergreifender Sachregelungen getroffen werden. So sieht insbesondere Art. 105 Abs. 3 GG für das Zustandekommen von Bundesgesetzen über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder Gemeinden ganz oder zum Teil zufließt, die Zustimmung des Bundesrates vor, während Art. 77, 78 GG das Zustandekommen einnahmenwirksamer Sachregelungen von der Mitwirkung des Bundesrates auf Grundlage der Unterscheidung von Einspruchs- und Zustimmungsgesetzen abhängig machen. Schließlich differiert auch der Vollzug von Steuer- und Sachregelungen hinsichtlich der geltenden Zuständigkeits- und Verfahrensanforderungen. So wird der Vollzug von Steuergesetzen durch Art. 108 GG der Finanzverwaltung zugewiesen, während sich die Verwaltungskompetenzen zur Ausführung von Aufgabengesetzen nach Art. 83 ff. GG bestimmen. Auch an diese divergierenden Zuständigkeitsanordnungen knüpfen sich funktionsspezifische Rechtmäßigkeitsanforderungen, durch die das Handeln der jeweiligen Verwaltungszweige 168

Vgl. BVerfGE 98, 106 (118) – Kommunale Verpackungsteuer. Zur Verwischung von Ressortzuständigkeiten durch Übergriffe des Sachgesetzgebers in Steuergesetzgebungskompetenzen auch H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 374. 169

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angeleitet und strukturiert wird. Allein die Handlungsmaßstäbe der Steuerverwaltung sind dabei in besonderer Weise auf ihre Funktion abgestimmt, Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben in einer rechtsstaatlichen und grundrechtsschonenden Weise zu konkretisieren und durchzusetzen.170 Neben den divergierenden Zuständigkeits- und Verfahrenserfordernissen zeigen auch die unterschiedlichen materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen, daß in Ausübung von Steuer- und Sachgesetzgebungskompetenzen derselben Gebietskörperschaft zwar stets der Gesetzgeber, in funktioneller Hinsicht jedoch verschiedene Gewalten handeln. Da die Zulässigkeitsmaßstäbe handlungsformspezifisch ausgebildet sind, können ihre Schutzzwecke durch Kompetenzübergriffe auch dann gefährdet werden, wenn beide Kompetenzen demselben Träger zugewiesen sind. Unterschiede zwischen der Ausübung von Steuer- und Sachgesetzgebungskompetenzen zeigen sich zunächst hinsichtlich der Ausprägungen, die der Vorbehalt des Gesetzes im jeweiligen Handlungsbereich findet. Es wurde gesehen, daß das materielle Steuerrecht einem äußerst strengen Gesetzesvorbehalt unterliegt.171 Wie ebenfalls festgestellt wurde, ist eine solche strenge Ausformung des allgemeinen rechtsstaatlich-demokratischen Gesetzesvorbehalts für die Handlungsform der Steuer schon deshalb geboten, weil Steuerpflichten aufgrund ihres allgemeinen Finanzierungszwecks – im Gegensatz zur Auferlegung von Verhaltenspflichten – kaum Anknüpfungspunkte für eine lastenmäßigende und strukturierende Wirkung des Verhältnismäßigkeitsprinzips bieten.172 Aus letzterem ließe sich schließen, daß an nichtsteuerliche Geldleistungspflichten nicht der Maßstab eines besonders strengen Gesetzesvorbehalts angelegt werden müsse und daß finanzielle Sonderlasten stets nur den Anforderungen des allgemeinen aufgabenrechtlichen Gesetzesvorbehalts zu genügen haben. Schließlich, so ließe sich argumentieren, werden Geldleistungspflichten, die nicht dem allgemeinen Zweck der Einnahmenerzielung, sondern der Finanzierung konkreter öffentlicher Aufgaben dienen, durch diesen besonderen Finanzierungszweck in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip begrenzt, gemäßigt und damit zugleich in ihrer Belastungswirkung voraussehbar. An diesem Gedanken ist richtig, daß nichtsteuerliche Abgaben wie beispielsweise Vorzugslasten, die ihre Abweichung vom Prinzip des Steuerstaates und der steuerlichen Lastengleichheit durch ihren Entgeltcharakter rechtfertigen, bereits weitgehend durch ihren besonderen Finanzierungszweck begrenzt und vorhersehbar gestaltet werden, so 170 Zur institutionellen wie funktionellen Legitimation der Finanzverwaltung in diesem Zusammenhang H. Kube, a. a. O., S. 374; P. Kirchhof, JZ 1979, S. 153 (156). 171 Siehe oben § 8 B II. 172 Vgl. nur BVerfGE 13, 318 (328) (Das Steuerrecht lebe in besonderem Maße „aus dem Diktum des Gesetzgebers“.); zu den Gründen hierfür K. Vogel, Das ungeschriebene Finanzrecht des Grundgesetzes, in: GS f. Wolfgang Martens, 1987, S. 265 (268 ff.); P. Kirchhof, StuW 1985, S. 319.

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daß sie nicht der strengen tatbestandlichen Bestimmtheit unterfallen, wie sie für Steuergesetze gilt. Allerdings sind diese geringeren Bestimmtheitsanforderungen nur solange gerechtfertigt, wie der besondere Finanzierungszweck auch den Umfang einer Geldleistungspflicht vorgibt und nicht von diesem überschritten wird. Bezeichnenderweise hat das BVerfG auch in seiner Rechtsprechung zur Gebührenbemessung in jüngerer Zeit erhöhte Anforderungen an die Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit einer Gebührenpflicht gestellt, wenn die Höhe der Abgabenlast sich aus dem mäßigenden und strukturierenden Zusammenhang zum rechtfertigenden Finanzierungszweck löst.173 Wenig später hat sich das Gericht auch zu den Bestimmtheitsanforderungen, denen Sonderabgabentatbestände zu genügen haben, geäußert.174 Schon für nichtsteuerliche Abgaben läßt sich daher ein allgemeiner Grundsatz, wonach die Verfolgung eines besonderen Finanzierungszwecks den Gesetzgeber bei der Auferlegung von Geldleistungspflichten von strengen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts entbindet, nicht aufstellen. Nichtsteuerliche Geldleistungspflichten – auch außerhalb des Abgabenrechts – können sich erheblich danach unterscheiden, inwieweit sie durch ihre konkrete Zweckbestimmung in ihrem Umfang begrenzt werden und dadurch zugleich die finanzielle Belastung für den Pflichtigen voraussehbar gestaltet wird.175 Es erscheint daher keineswegs ausgeschlossen, daß der Sachgesetzgeber Geldleistungspflichten mit einem weiten Finanzierungszweck regelt und zugleich den Pflichtentatbestand so ausgestaltet, daß das Entstehen der Leistungspflicht kaum durch ein bestimmtes Verhalten des Pflichtigen beeinflußt oder vermieden werden kann. Gegenüber solchen Geldleistungspflichten entfaltet nur ein strenger Gesetzesvorbehalt, wie er für Steuergesetze anerkannt ist, ein gewisses Maß an Schutz für den Pflichtigen. Gerade für abgabenäquivalente Preisinterventionen erscheint zweifelhaft, ob diese durch ihren Finanzierungszweck strukturell, also gleichsam „aus sich heraus“, im Umfang ihrer Belastung so begrenzt und voraussehbar sind, daß auf hohe Bestimmtheitsanforderungen verzichtet werden kann. Bislang ist nicht erkennbar, daß der Gesetzgeber bemüht wäre, fördernde Vergütungspflichten in das System der Belastungsgründe, durch die nichtsteuerliche Abgaben vor dem Prinzip der Lastengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt werden und aus denen sich die Maßstäbe zulässiger Belastungsintensität ergeben, einzufügen.176 Geben abgabenäquivalente Geldlei-

173 BVerfGE 108, 1 (20) – Rückmeldegebühr Baden-Württemberg („Nur dann, wenn solche legitimen Gebührenzwecke nach der tatbestandlichen Ausgestaltung der konkreten Gebührenregelung von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen werden, sind sie auch geeignet, sachlich rechtfertigende Gründe für die Gebührenbemessung zu liefern.“). 174 BVerfGE 108, 186 (235 f.) – Altenpflegeumlage. 175 Siehe hierzu bereits oben § 10 A III, sowie M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 81.

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stungspflichten einen bestimmten Belastungsgrund nicht zu erkennen und ist auch der Umfang der Zahlungspflicht nicht in einem solchen verankert, so weisen sie keines der Merkmale auf, durch die sich nichtsteuerliche Abgaben zumeist von der Steuer unterscheiden und deretwegen ein strenger Gesetzesvorbehalt wie der steuerrechtliche entbehrlich erscheint. Das Beispiel der angemessenen Bestimmtheitsanforderungen macht deutlich, daß die Wahl der funktionsgerechten Handlungsform nicht nur darüber entscheidet, welche individualschützenden Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen auf das Handeln des Gesetzgebers unmittelbar anwendbar sind. Die Wahl der Handlungsform bietet dem Gesetzgeber auch die Gelegenheit, sich die Zulässigkeitsmaßstäbe zu vergegenwärtigen, die nach der Funktion und der Wirkungsweise einer Maßnahme an diese anzulegen sind. Die Auswahl einer kompetenzübergreifenden Handlungsform birgt hingegen die Gefahr, daß gerade deren Wirkungsweise nicht umfassend berücksichtigt wird und folglich auch nicht in die Ausgestaltung der Maßnahme, insbesondere einer gesetzlichen Regelung, einfließen kann.177 So ist für einnahmenwirksame Sachregelungen zu befürchten, daß der Gesetzgeber, der materielle Finanzierungspflichten in den Gesamtkontext einer sachgestaltenden Regelung einbindet, sich oftmals die finanzielle Belastungswirkung der Geldleistungspflicht nicht in dem gebotenen Umfang vor Augen führen wird.178 Gerade dann, wenn die Finanzierungspflicht nur einen Aspekt einer umfangreichen Sachregelung bildet, von der im übrigen keine grundrechtsrelevanten Belastungswirkungen ausgehen, muß als wahrscheinlich gelten, daß der Sachgesetzgeber diese typisch einnahmenrechtlichen Aspekte der Regelung nicht hinreichend würdigen wird. Ein strenger Gesetzesvorbehalt hingegen verpflichtet den Gesetzgeber, die mit einer Regelung verbundenen Belastungswirkungen tatbestandlich bestimmt auszuführen und hält ihn auf diese Weise dazu an, sich solcher Wirkungen bewußt zu werden. Genügt der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung einer einnahmenwirksamen Sachnorm hohen Bestimmtheitsanforderungen auch an die Regelung der Geldleistungspflicht, so gibt er damit zu erkennen, daß er auch die Finanzierungsfunktion seiner Maßnahme in der gebotenen Weise berücksichtigt hat. Unter diesen Voraussetzungen genießen auch die finanziellen Belastungswirkungen der Regelung hinreichende 176 Gerade für „Quersubventionen“ ist die Lit. daher bemüht, die Weite einer übertragenen Finanzierungsaufgabe präzise zu bestimmen, um auf dieser Grundlage beurteilen zu können, ob die Intensität der Inanspruchnahme dem Umfang der privaten Finanzierungsverantwortung entspricht, vgl. – zum Beispiel der Stromeinspeisungsregelung – S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 230; F. Ossenbühl, RdE 1997, S. 46 (51 f.). 177 Zu dieser Gefahr P. Kirchhof, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, 1977, S. 157 f. 178 Zur „Verdeckung“ der vermögensrechtlichen Eingriffswirkung einnahmenwirksamer Sachregelungen durch ihren sachgestaltenden Kontext H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 373 f.

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demokratische Legitimation.179 Nach der Funktionsordnung des Grundgesetzes ist es jedoch der Steuergesetzgeber, der von der Verfassung ausschließlich dazu ausersehen ist, zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben in die vermögensrechtliche Freiheitssphäre des Bürgers einzugreifen. Er ist der von Verfassungs wegen berufene „Spezialist“ für die rechtsstaatliche und grundrechtsschonende Zuweisung finanzieller Belastungen. Eine weitere Rechtmäßigkeitsanforderung, die in ihrer konkreten Ausprägung handlungsformspezifisch ansetzt und deren Schutzzwecke180 daher durch ein Übergreifen nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten in Steuergesetzgebungskompetenzen gefährdet werden können, ist das Prinzip der Belastungsgleichheit gem. Art. 3 Abs. 1 GG. Ihre spezifisch steuerrechtliche Ausprägung findet die Lastengleichheit im Maßstab der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.181 Dieses Belastungsprinzip leitet sich aus dem Rechtfertigungsgrund der Besteuerung, der Teilhabe des Staates am Erfolg individuellen freiheitlichen Erwerbs,182 ab und stellt das Steuerrecht unter das Gebot einer strengen Belastungsgleichheit. Da unter allen Instrumenten der Staatsfinanzierung allein die Steuer durch ihren Zweck, das Gemeinwesen am Erfolg privaten Wirtschaftens teilhaben zu lassen, gerechtfertigt wird, sind finanzielle Sonderlasten unzulässig, durch die der Pflichtige nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit belastet wird.183 Ist eine nichtsteuerliche Geldleistungspflicht in dieser Weise ausgestaltet, so greift der Sachgesetzgeber durch ihre Auferlegung zugleich in den Kernbereich der Steuergesetzgebungskompetenzen über. Umgekehrt ist eine unzulässig intensive funktionelle Annäherung finanzieller Sonderlasten an Steuern solange ausgeschlossen, wie diese Geldleistungspflichten die für sie geltenden handlungsformspezifischen Ausprägungen des Prinzips der Lastengleichheit beachten. Wahrt beispielsweise die Erhebung einer Gebühr die Belastungsprinzipien der Wertäquivalenz oder der Kostendeckung,184 so ist hier179

Für die Bemessung von Gebühren weist auch BVerfGE 108, 1 (20) auf die „demokratische Funktion“ der „klaren gesetzgeberischen Entscheidung“ hin. 180 Der Vorbehalt des Gesetzes und der Gleichheitssatz als individualschützende Anforderungen an die Steuergesetzgebung stehen nicht unverbunden nebeneinander, sie wirken vielmehr im Sinne einer materiell gleichheitssichernden Funktion beider Maßstäbe zusammen, vgl. E. Reimer/C. Waldhoff, Steuerrechtliche Systembildung, in: dies. (Hrsg.), Albert Hensel, 2000, S. 1 (65). 181 Zu diesem BVerfGE 84, 239 (269 ff.); 101, 297 (309 ff.); 105, 73 (110 f.); st. Rspr.; vgl. auch P. Kirchhof, AöR 128 (2003), S. 1 (34 ff.). 182 Vgl. P. Kirchhof, StuW 1985, S. 319 (321 ff.); ders., DStJG 24 (2001), S. 9 (16); D. Birk, StuW 1983, S. 293 (296 ff.). 183 Zur lediglich begrenzten Zulässigkeit leistungsfähigkeitsbezogener Bemessung nichtsteuerlicher Abgaben BVerfGE 108, 1 (18); F. Kirchhof, Die Verwaltung 21 (1988), S. 137 (149 ff.); ders., Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 243; J. Becker, Transfergerechtigkeit, 2001, S. 110 ff. – Siehe zur Systematik der Belastungsgründe nichtsteuerlicher Abgaben eingehend unten § 16 D V 1 und 2.

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durch gewährleistet, daß sie als nichtsteuerliche Geldleistungspflichten mit Finanzierungszweck nur zum Ausgleich individuell oder gruppenbezogen zurechenbarer Sonderverantwortlichkeiten oder -vorteile185 auferlegt wird und nicht darüber hinaus in einem steueräquivalenten Vermögenszugriff allgemeine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abschöpft. Für die bislang anerkannten Kategorien nichtsteuerlicher Abgaben ist eine hinreichende funktionelle Unterscheidbarkeit von Steuer und Sonderlast durch die Formulierung unterscheidungskräftiger186 materieller Belastungsgründe bereits weitgehend sichergestellt.187 Für neuartige Formen finanzieller Sonderlasten, zu denen auch fördernde Vergütungspflichten zählen, steht hingegen zu befürchten, der Gesetzgeber könne sich angesichts der formellen Unterschiede zur Steuer und anderen Abgaben von den Erfordernissen entbunden sehen, der Geldleistungspflicht einen gleichheitsgerechten Belastungsgrund zuzuordnen und ihren Umfang nach Belastungsprinzipien auszugestalten, die in dem gewählten Belastungsgrund wurzeln und dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügen. Aufgrund dessen bergen diese Sonderlasten die Gefahr, der Pflichtige werde neben seiner allgemeinen Steuerpflicht zusätzlich durch eine steueräquivalente Geldleistungspflicht „im Gewande“ einer Sachregelung nach Maßgabe seiner finanziellen Leistungsfähigkeit belastet, was vor dem Prinzip der Lastengleichheit nicht zu rechtfertigen wäre.188 Die Betrachtung einiger wesentlicher Rechtmäßigkeitsanforderungen, in denen sich die Ausübung von Steuergesetzgebungskompetenzen von dem Gebrauch von Sachgesetzgebungskompetenzen unterscheidet, zeigt somit, daß eine mittelbare Einnahmenwirksamkeit von Sachregelungen auch dann keineswegs unbedenklich ist, wenn beide Kompetenzen durch das Grundgesetz derselben Gebietskörperschaft zugewiesen sind. Auch in dieser Konstellation besteht die Gefahr, daß durch einen funktionell steueräquivalenten Einsatz von Sachregelungen handlungsformspezifische Zulässigkeitsmaßstäbe, wie sie sich aus formellen Zuständigkeits- und Verfahrensregeln ebenso wie aus materiellen Erfordernissen ergeben, hinsichtlich ihres Schutzzweckes entwertet werden.

184 Zu diesen F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 237 ff.; ders., Die Höhe der Gebühr, 1981. 185 Zu diesen Belastungsgründen nichtsteuerlicher Abgaben C. Seiler, finanzreform 3/2004, S. 37 (42). 186 Zur Anforderung an Belastungsgründe nichtsteuerlicher Abgaben, diese hinreichend von der Steuer zu unterscheiden, vgl. BVerfGE 93, 319 (343); 108, 186 (217); 113, 128 (146). 187 Siehe hierzu eingehend unten § 16 D V 1 und 2. 188 Vgl. J. Becker, Transfergerechtigkeit, 2001, S. 110 ff.; F. Kirchhof, Die Verwaltung 21 (1988), S. 137 (153); ders., Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 27, 233.

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III. Vertikale Gewaltenteilung Zu den dargestellten Beeinträchtigungen einer verfassungsgemäßen Staatsfinanzierung unter dem Aspekt der horizontalen Funktionenordnung, insbesondere dem funktionsgerechten Einsatz der einnahmenrechtlichen Handlungsformen und der Verwirklichung der an sie anknüpfenden Rechtmäßigkeitsanforderungen, treten weitere Bedenken gegenüber einnahmenwirksamen Sachregelungen mit Blick auf die vertikale Gewaltenteilung. Diese aktualisieren sich, wenn die Sachgesetzgebungskompetenz, auf die eine einnahmenwirksame Geldleistungspflicht gestützt wird, einer anderen Gebietskörperschaft zugeordnet ist als die Steuergesetzgebungskompetenz, in deren Bereich sich die Sachregelung mittelbar auswirkt. Kompetenzübergriffe zwischen Bund und Ländern sind grundsätzlich sowohl in der Weise vorstellbar, daß eine einnahmenwirksame Sachregelung des Bundes die Steuergesetzgebungskompetenz eines Landes beeinträchtigt, wie auch in der Weise, daß von einer landesrechtlichen Geldleistungspflicht mittelbare Wirkungen auf eine Bundessteuergesetzgebungskompetenz ausgehen. Da die Mehrzahl der Steuergesetzgebungskompetenzen gem. Art. 105 GG dem Bund zusteht,189 ist der Raum für Übergriffe des Bundessachgesetzgebers in Steuergesetzgebungskompetenzen der Länder begrenzt. Umgekehrt sind Übergriffslagen zwischen einnahmenwirksamen Regelungen der Länder und Steuergesetzgebungskompetenzen des Bundes möglich, sofern der handelnde Landesgesetzgeber gem. Art. 70 GG die Sachgesetzgebungskompetenz für den Erlaß der Regelung innehat. Bei dem Einsatz abgabenäquivalenter Vergütungsregelungen liegt das Schwergewicht bislang beim Bund; allerdings haben auch schon landesrechtliche „Quersubventionen“ das BVerfG beschäftigt.190 Das Grundgesetz trennt die Einnahmen- von der Aufgabengewalt insbesondere dadurch, daß es die Gesetzgebungskompetenzen für Sachregelungen und Steuergesetze separat und voneinander abweichend regelt. In der Folge entspricht das Kompetenzverhältnis von Bund und Ländern auf dem Feld der Sachgesetzgebung, Art. 70 ff. GG, nicht demjenigen im Bereich der Steuergesetzgebung gem. Art. 105 GG. Zwar ist auf beiden Gebieten inzwischen ein deutliches Übergewicht des Bundes festzustellen;191 die Scheidelinien zwischen Bundes- und Länderzuständigkeit verlaufen jedoch unterschiedlich. Durch den Einsatz einnahmenwirksamer Sachregelungen können diese verfassungsgesetzlich vorgesehenen Unterschiede in der Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen verwischt werden. Vermag eine Körperschaft ein Finanzierungsziel durch Auferlegung einer außersteuerlichen Geldleistungspflicht auf Grundlage der Art. 70 ff. GG zu verwirklichen, so ist es für den handelnden Gesetzgeber von 189 190

Siehe hierzu soeben § 10 B I. Vgl. die Lohnfortzahlungspflichten nach Landesrecht in BVerfGE 77, 308; 85,

226. 191

Siehe oben § 10 B I.

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untergeordneter Bedeutung, wenn er über die Steuergesetzgebungskompetenz, die er für eine funktionell äquivalente Einnahmenerzielung im Wege der Besteuerung benötigt, nicht verfügt. Je weiter der Umfang ist, in dem finanzielle Leistungsfähigkeit Privater zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben durch einnahmenwirksame Sachregelungen abgeschöpft wird, desto mehr entsteht eine „faktische Einnahmengewalt“, in deren Tätigkeitsbereich die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen derjenigen der Art. 70 ff. GG entspricht. Zwar bleiben die Steuergesetzgebungskompetenzen in ihrer durch Art. 105 GG vorgesehen Zuweisung bestehen; die faktischen, einnahmenwirtschaftlich relevanten Grenzen der Kompetenzbereiche von Bund und Ländern nähern sich jedoch mit zunehmendem Einsatz einnahmenwirksamer Sachregelungen der durch Art. 70 ff. GG getroffenen Verteilung an. Sollen die in der Verfassung angeordneten Unterschiede in der Zuordnung der Legislativkompetenzen zwischen Einnahmen- und Aufgabengewalt erhalten bleiben, so bedürfen Sachregelungen, die in Steuergesetzgebungskompetenzen übergreifen, der Begrenzung. Unabhängig von der Übergriffsrichtung wirft einnahmenwirksame Sachgesetzgebung im Verhältnis von Bund und Ländern eine Rechtsfrage der vertikalen Gewaltenteilung auf. Wie bereits ausgeführt, liegt der Verteilung der Steuergesetzgebungskompetenzen gem. Art. 105 Abs. 2 GG der Gedanke zugrunde, daß im Grundsatz diejenige Gebietskörperschaft zum Erlaß materieller Steuergesetze befugt sein soll, der nach Art. 106 GG die Ertragshoheit an der geregelten Steuer zusteht.192 Die ertragsberechtigte Körperschaft soll grundsätzlich die Möglichkeit haben, den ihr zulaufenden Finanzfluß und die damit verbundene Belastung der Steuerpflichtigen selbst zu regulieren. Begrenzt wird dieses Prinzip durch die Notwendigkeit, die Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse durch einheitliche Steuergesetze des Bundes zu wahren;193 diesem Erfordernis dient der Verweis des Art. 105 Abs. 2 GG auf die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG. Bedient sich eine Gebietskörperschaft einer einnahmenwirksamen Sachregelung, die sich nach ihrer Funktion und Wirkungsweise einer bestimmten Steuer annähert, so entscheidet sie damit über die finanzielle Belastung der Leistungspflichtigen in einem Lebensbereich, der hinsichtlich seiner einnahmenwirtschaftlichen Nutzung durch den Staat von Verfassungs wegen der Entscheidung eines anderen Gesetzgebers zugewiesen ist. Da eine Steuer durch eine funktionell äquivalente Sachregelung mit mittelbarer Einnahmenwirksamkeit nicht verdrängt wird, sondern neben dieser besteht, bleibt die Regelungsbefugnis des Steuergesetzgebers erhalten. Treffen Steuerpflicht und außersteuerliche Belastung den Leistungspflichtigen jedoch im gleichen Bereich seiner wirtschaftlichen Aktivität, an derselben „Quelle wirtschaft192 Vgl. nur M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 44. 193 W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 105 Rn. 8; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 99, 100.

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licher Leistungsfähigkeit“194, so sind sie durch die tatsächliche Vorgabe der begrenzten Belastbarkeit des Pflichtigen195 miteinander verbunden und darin faktisch voneinander abhängig.196 Der Steuergesetzgeber, der sich um die Wahrung der Belastungsgrenzen des Pflichtigen bemüht, wird auf diese – mehr faktisch und politisch denn rechtlich vermittelte – Weise durch übergreifende Sachregelungen in der Ausübung seiner Steuergesetzgebungskompetenz beeinträchtigt. Dieses Beeinflussungsverhältnis kann sich unabhängig davon einstellen, welchem Akteur die Steuer- und welchem die Sachgesetzgebungskompetenz zugeordnet ist; ebensowenig kommt es darauf an, welcher Körperschaft das Aufkommen der Steuer zufließt und welcher das finanzwirtschaftliche Handlungspotential der einnahmenwirksamen Sachregelung zugute kommt. Eine weitere Abweichung von dem grundgesetzlich vorgesehenen Verhältnis von Bund und Ländern im Bereich der Staatsfinanzierung wurde bereits erwähnt. Sie betrifft den Zustimmungsvorbehalt zugunsten des Bundesrates anläßlich des Beschlusses von Bundesgesetzen über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder Gemeinden ganz oder zum Teil zufließen, Art. 105 Abs. 3 GG. Die Bestimmung knüpft den Zustimmungsvorbehalt zugunsten des Bundesrates an gänzlich andere Voraussetzungen, als sie nach Art. 77, 78 GG für Einspruchs- und Zustimmungsgesetze des Sachgesetzgebers gelten. Infolgedessen ist es für den Bundessachgesetzgeber möglich, außersteuerliche Geldleistungspflichten aufzuerlegen, die in funktioneller Hinsicht Steuern im Sinne des Art. 105 Abs. 3 GG gleichkommen, ohne dabei an den in dieser Bestimmung angeordneten Zustimmungsvorbehalt gebunden zu sein. Da es sich bei dieser Frage um eine solche der funktionsgerechten Beteiligung oberster Bundesorgane an der Bundesgesetzgebung handelt, ist sie systematisch der horizontalen Funktionenordnung zuzuordnen und wurde bereits dort erwähnt.197 Ihrem Schutzzweck nach wurzelt die Frage nach dem einschlägigen Zustimmungsvorbehalt jedoch im Verhältnis von Bund und Ländern: Art. 105 Abs. 3 GG führt das in Art. 105 Abs. 2 GG partiell verwirklichte Prinzip, wonach die Entscheidungsbefugnis über Fragen des materiellen Steuerrechts im Grundsatz der jeweils ertragsberechtigten Körperschaft zustehen soll, in Gestalt eines Zustimmungsvorbehalts zugunsten des Bundesrates weiter, durch den die weitgehende Verdrängung der Länder aus der Steuergesetzgebungskompetenz in Teilen kompensiert werden soll.198 Ist es dem Bundesgesetzgeber möglich, funktionell äquivalente Sachregelungen einzusetzen, ohne dabei dem Zustimmungserfordernis des Art. 105 Abs. 3 GG genügen zu müssen, wird dieser Schutzzweck verfehlt. 194 Zu diesem Begriff aus der Rspr. des BVerfG zur Gleichartigkeit von Landesund Bundessteuern BVerfGE 16, 64 (75); 49, 343 (355). 195 Zu deren Wahrung als Schutzzweck der steuerlichen Kompetenzordnung BVerfGE 108, 1 (16); 108, 186 (215). 196 W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 114, 123. 197 Siehe oben § 10 B II.

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Von den Bedenken gegenüber Sachregelungen, durch die Steuergesetzgebungskompetenzen tangiert werden, zu trennen ist schließlich die Frage, inwieweit es zulässig ist, wenn einnahmenwirksame Geldleistungspflichten funktionell an die Stelle von Steuern treten, deren Ertrag gem. Art. 106 GG einer anderen Körperschaft zugewiesen ist als derjenigen, welche sich der Sachregelung bedient. Hierdurch ist nach den Zulässigkeitsgrenzen von Kompetenzübergriffen des Sachgesetzgebers in Steuerertragskompetenzen gefragt; diesem Themenkomplex wird sich die Untersuchung im Anschluß an die Betrachtung der Zulässigkeitsanforderungen an Übergriffe in Steuergesetzgebungskompetenzen zuwenden. IV. Grenzen der Belastbarkeit des Leistungspflichtigen Ein weiteres Schutzgut der steuerlichen Kompetenzordnung, das durch übergreifende Sachregelungen beeinträchtigt werden kann, findet sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Belastbarkeit des einzelnen Leistungspflichtigen. Die Auferlegung außersteuerlicher Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben bedarf als zusätzliche Belastung eines Freiheitsberechtigten, der bereits als Steuerpflichtiger nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an den allgemeinen öffentlichen Lasten beteiligt wird, der besonderen Rechtfertigung vor dem Prinzip der Lastengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG. Sie wird des weiteren durch die Freiheitsrechte des Pflichtigen begrenzt, die einer übermäßigen Inanspruchnahme privaten Vermögens für besondere Finanzierungsaufgaben entgegenstehen. Dabei wird oftmals die Berufsfreiheit des Geldleistungsschuldners gem. Art. 12 Abs. 1 GG, möglicherweise auch die Eigentumsgarantie gem. Art. 14 Abs. 1 GG berührt sein. Neben diesem unmittelbaren Individualschutz, den die Grundrechte entfalten, wirkt auch das Gebot an den Sachgesetzgeber, die Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen zu wahren, mittelbar als Schutz des Leistungspflichtigen. Bezeichnenderweise hat das BVerfG seine bereits zitierte Mahnung, die grundgesetzliche Finanzverfassung „verlöre ihren Sinn und ihre Funktion“, wenn unter Rückgriff auf Sachgesetzgebungskompetenzen „beliebig Abgaben unter Umgehung der bundesstaatlichen Verteilung der Gesetzgebungs- und Ertragskompetenz für das Steuerwesen erhoben werden könnten,“199 in späteren Entscheidungen um den Hinweis ergänzt, eine solche Handhabung der Kompetenzen gem. Art. 70 ff. GG scheide auch deshalb aus, weil damit „zugleich ein weiterer Zugriff auf die keineswegs unerschöpflichen Ressourcen der Bürger 198 Vgl. BVerfGE 14, 197 (220); M. Jachmann, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 53; K. Vogel/H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 127. 199 BVerfGE 93, 319 (342) unter Hinweis auf E 55, 274 (300 ff.); ebenso E 108, 1 (16); 108, 186 (215).

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

eröffnet würde“. Wie das Gericht sodann hinzufügt, schützt die Finanzverfassung des Grundgesetzes „insofern auch den Bürger“.200 Bereits in der Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe hatte das Gericht auf die enge sachliche Verbindung zwischen Grundrechten und Kompetenznormen, den von ihm sog. „Grundrechts-Kompetenz-Zusammenhang“, hingewiesen.201 Es legte dar, einerseits komme der Kompetenzordnung eine grundrechtssichernde Funktion zu, da der Bürger nur die kompetenzgemäße Auferlegung von Geldleistungspflichten hinzunehmen brauche.202 Auf der anderen Seite bestimmten die Grundrechte ebenso wie sonstige Verfassungsprinzipien „die Grenzen für die Ausnutzung einer durch das Grundgesetz gewährten Gesetzgebungskompetenz“.203 Es erscheint kein Zufall, daß das Gericht den Zusammenhang von Kompetenzwahrung und Individualschutz gerade bei der Beurteilung außersteuerlicher Geldleistungspflichten betont. Denn gerade in diesem Bereich ist die Leistungsfähigkeit der Freiheitsrechte als Ausübungsschranken an den Gebrauch von Sachgesetzgebungskompetenzen in mehrerlei Hinsicht noch immer gemindert. Vergleicht man den effektiven Schutzgehalt der Freiheitsrechte, mit denen der Gesetzgeber bei der Auferlegung nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten typischerweise in Berührung kommt – Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG –, gegenüber Vermögenseingriffen mit den Anforderungen, die diese Gewährleistungen an die Zuweisung von Verhaltenspflichten stellen, so erweist sich dieser als geringer. Jedenfalls die Rechtsprechung des BVerfG sieht Geldleistungspflichten nur dann als – mittelbare – Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit an, wenn diese „in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes stehen und daher eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lassen“.204 Selbst dann handelt es sich nach der Dogmatik des Gerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG bei Zahlungspflichten um bloße Berufsausübungsregelungen, die einem vergleichsweise großzügigen Rechtfertigungsregime unterworfen sind.205 Auch der Eigentumsgarantie wird von vielen Seiten noch immer ein vergleichsweise geringer Schutzgehalt gegenüber nichtsteuerlichen Geldleistungspflichten zugemessen.206 Nach der Verfassungsrechtsprechung, der sich Teile des Schrifttums anschließen,207 wird Art. 14 Abs. 1 GG durch die Auferlegung 200

BVerfGE 108, 1 (16); 108, 186 (215). Siehe hierzu bereits oben § 7 C II. – Vor dem BVerfG hatten namentlich P. Kirchhof/H. Walter, NJW 1970, S. 1575 (1581) und K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (107 f.) diesen Zusammenhang beschrieben. 202 BVerfGE 55, 274 (302) unter Bezugnahme auf E 34, 139 (146). 203 BVerfGE 55, 274 (302) unter Bezugnahme auf E 4, 7 (15). 204 BVerfGE 37, 1 (17); vgl. auch E 70, 191 (214); 82, 209 (224). 205 Zur sog. Stufenlehre des BVerfG G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 138 ff. 201

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solcher Geldleistungspflichten nur dann berührt, wenn diese den Betroffenen in der Weise übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen, daß sie eine erdrosselnde Wirkung entfalten.208 Zwar hat das Gericht in jüngerer Zeit erheblich strengere Maßstäbe an den Steuerzugriff des Gesetzgebers angelegt,209 zur Beurteilung von Sonderlasten hat es diese gesteigerten eigentumsrechtlichen Anforderungen jedoch bislang nicht herangezogen. Vor dem Hintergrund dieses jedenfalls in Teilen noch immer fragmentarischen Grundrechtsschutzes gegenüber finanziellen Sonderlasten kann die Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen als Schranke für die Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen mittelbar individualschützend wirken. Die kompetenzrechtlichen Anforderungen an die Auferlegung nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten setzen dem Vermögenszugriff des Sachgesetzgebers bisweilen auch dort Grenzen, wo weder Freiheits- noch Gleichheitsrechte einen Schutz gegen die Art oder Intensität einer konkreten Vermögensbelastung entfalten können. In diesen Bereichen wirken die Anforderungen der steuerlichen Kompetenzordnung in ihrem übergriffsabwehrenden Gehalt eingriffsverhindernd oder -beschränkend und treten insoweit als effektive Verstärkung des Individualschutzes neben die Gewährleistungen der Freiheitsrechte. Die besondere Bedeutung des Grundrechts-Kompetenz-Zusammenhangs im Bereich der Finanzverfassung wird anschaulich, wenn man sich die Wirkungen einer unkoordinierten Zuweisung von Geldleistungspflichten auf den Bürger vergegenwärtigt. Treffen mehrere Geldleistungspflichten in der Person eines Schuldners zusammen, so stehen die Wahrung der Kompetenzordnung und der Schutz des Pflichtigen miteinander in einem anderen Zusammenhang als im Falle einer Kumulation mehrerer Verhaltenspflichten. Greift der Gesetzgeber in Ausübung einer bestimmten Sachgesetzgebungskompetenz in den Bereich einer anderen Aufgabenzuständigkeit über, so kann dies zur Folge haben, daß sich der Normadressat widerstreitenden Rechtsfolgeanordnungen gegenübersieht. Aufgrund des Widerspruches, der zwischen beiden Verhaltensgeboten herrscht, erreichen die Normbefehle die mit ihnen intendierte Wirkung nicht oder nur unzureichend. Im Verhältnis zwischen Sachregelungen dient die grundgesetzliche Ordnung der Gesetzgebungskompetenzen daher neben der Zurechenbarkeit von Verantwortung vornehmlich der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. 206 Hierzu auch K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (107 f.); berichtigend hiergegen zu Recht P. Kirchhof, Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 (670), der dabei bereits die zwischenzeitlich geänderte, strengere Rspr. des BVerfG im Steuerrecht berücksichtigen kann. 207 Zu Meinungsstand und Gang der Diskussion eingehend O. Depenheuer, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 160 ff. 208 BVerfGE 82, 159 (180); ähnlich bereits E 70, 219 (230); 78, 232 (243). 209 Vgl. insbesondere BVerfGE 87, 153 (169); 93, 121 (137).

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Ähnliches gilt, wenn der Steuergesetzgeber mit einer Regelung nicht nur den Zweck der Einnahmenerzielung verfolgt, sondern auch das Verhalten des Pflichtigen zu steuern sucht und das dazu ausgesprochene Lenkungsangebot dem Verhaltensbefehl einer Aufgabenregelung zuwiderläuft.210 Von dieser Form des Kompetenzkonflikts unterscheidet sich das Zusammentreffen mehrerer Geldleistungspflichten darin, daß der Adressat verschiedener Zahlungspflichten sich auch dann, wenn diese an denselben Tatbestand anknüpfen, keinen widerstreitenden Verhaltensbefehlen gegenübersieht. Er kann die Zahlungspflichten, auch dann, wenn diese für denselben pflichtbegründenden Sachverhalt abweichende Rechtsfolgen anordnen, kumulativ erfüllen. Im Gegensatz zu einem Konflikt tatbestandsgleicher Verhaltenspflichten stellt ein Zusammenfallen mehrerer gleichartiger Zahlungspflichten in der Person eines Adressaten die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung nicht in Frage. Unter Umständen führt es jedoch einen Zustand herbei, den es nach der Finanzverfassung des Grundgesetzes ebenso zu verhindern gilt: Der Leistungspflichtige wird über das Maß seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hinaus in Anspruch genommen, die begrenzte Belastbarkeit des einzelnen als Vorgabe für seine Beteiligung an der Staatsfinanzierung nicht mehr beachtet. Wird der Einsatz einnahmenwirksamer Sachregelungen nicht auf bestehende Steuerpflichten abgestimmt, so kann dies zu einer Überforderung des Pflichtigen auch dann führen, wenn jede Geldleistungspflicht bei isolierter Betrachtung das Gebot der Verhältnismäßigkeit, die Steuerpflichten zudem das Prinzip der Leistungsfähigkeit wahren. Da die Grundrechtsdogmatik bislang nur an wenigen Stellen einen Schutz des Freiheitsberechtigten vor kumulativen Belastungen durch zusammentreffende Geldleistungspflichten vorsieht,211 kommt der Wahrung der Kompetenzordnung entscheidende Bedeutung für die Vermeidung einer unkoordinierten212 und erst infolgedessen übermäßigen finanziellen Belastung des Bürgers zu. Eine Kumulation von Geldleistungspflichten ist für den Adressaten dann besonders spürbar, wenn diese ihn im selben Bereich seiner wirtschaftlichen Freiheitsentfaltung, in den Worten des BVerfG an „derselben Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit“213 treffen. Die Verteilung der Gesetzgebungs- und Ertragskompetenzen für Steuern dient nicht zuletzt einer Streuung der Gesamtsteuerlast auf eine Mehrzahl von Belastungsgegenständen, welche die finanzielle Belastung des Steuerpflichtigen insgesamt erträglicher gestalten soll. Kommt es zu 210 Hierzu BVerfGE 98, 106 (118 ff.) – Kommunale Verpackungsteuer; parallel hierzu E 98, 83 (97 ff.) – Landesabfallabgabe; zu dieser Rspr. auch M. Rodi, StuW 1999, S. 105 ff.; H. D. Jarass, AöR 126 (2001), S. 588 ff. 211 Zur Herleitung einer Belastungsgrenze zusammentreffender Steuerpflichten „in der Nähe einer hälftigen Teilung“ BVerfGE 93, 121 (137 f.) – Vermögensteuer. 212 Zur Vermeidung eines unabgestimmten Zugriffs verschiedener Abgabengläubiger als zentralem Schutzanliegen der Finanzverfassung W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Vorbem. zu Art. 104a–115 Rn. 17. 213 BVerfGE 16, 64 (75); 49, 343 (355).

§ 10 Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen

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einer Kumulation von Steuern oder anderen Geldleistungspflichten an derselben „Quelle“ wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, so wird dieser mäßigende Zweck der steuerlichen Kompetenzordnung verfehlt. Stellt sich der Gedanke der Einheit der Rechtordnung bei der Auslegung von Sachgesetzgebungskompetenzen in ihrem Verhältnis zueinander als Gebot zur Vermeidung widersprüchlicher Rechtsfolgeanordnungen dar,214 so zielt er im Verhältnis von Sach- und Steuergesetzgebungskompetenzen auf die Vermeidung einer unkoordinierten und darin überfordernden finanziellen Belastung des Bürgers.

C. Feststellung der Intensität des Kompetenzübergriffs einer einnahmenwirksamen Sachregelung in Steuergesetzgebungskompetenzen Nachdem als Grundlage der Übergriffswirkung abgabenähnlicher Preisregelungen in Steuergesetzgebungskompetenzen deren Einnahmenwirksamkeit festgestellt wurde, es sich bei solchen Preisinterventionen also grundsätzlich um Übergriffe des Sachgesetzgebers in Kompetenzen des Steuergesetzgebers handelt, bleibt zu untersuchen, nach welchen Kriterien sich die Intensität der Übergriffswirkung bestimmt. Da die Gesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. und des Art. 105 GG durch den Verfassunggeber nicht frei von wechselseitiger mittelbarer Beeinflussung ausgestaltet worden, Übergriffe zwischen ihnen in der Kompetenzordnung des Grundgesetzes vielmehr angelegt sind, verletzen Zwangsvergütungen erst bei Erreichen einer bestimmten Übergriffsintensität die Steuergesetzgebungskompetenzen des Art. 105 GG. I. Kriterien der Übergriffsintensität Die Zulässigkeitsgrenzen an abgabenähnliche Vergütungsregelungen ergeben sich durch eine systematische Auslegung der Sach- und Steuergesetzgebungskompetenzen in ihrem Verhältnis zueinander, wobei die durch einnahmenwirksame Sachregelungen tangierten Steuergesetzgebungskompetenzen als Ausübungsschranken für den Gebrauch der Sachgesetzgebungskompetenzen wirken. 1. Das Verhältnis von Sachgestaltungs- und Finanzierungsfunktion Als Auslegungstopos im Rahmen der systematischen Auslegung einander mittelbar beeinflussender Kompetenzen dienen insbesondere die Funktionen, die diesen Kompetenzen vom Verfassunggeber zugedacht worden sind. Dabei nimmt die Intensität eines Kompetenzübergriffs zu, je weiter sich die Ausübung 214

Vgl. M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (109 ff.).

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einer Kompetenz von deren grundgesetzlich vorgesehener Grundfunktion entfernt und zugleich die Funktion der tangierten Kompetenz übernimmt, diese also in funktioneller Hinsicht zu ersetzen droht. Nach der Gewaltenordnung des Grundgesetzes macht es die Grundfunktion der Besteuerungsgewalt und damit der Steuergesetzgebungskompetenzen aus, Einnahmen zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staates zu erzielen; in ihrem Kernbereich dienen diese Gesetzgebungskompetenzen der Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben. Sachgesetzgebungskompetenzen hingegen sind dazu bestimmt, den Gesetzgeber zur sachlich-inhaltlichen Umsetzung der von ihm ausgewählten Gemeinwohlziele zu ermächtigen.215 Die Übergriffsintensität einer Sachregelung in Steuergesetzgebungskompetenzen läßt sich aufgrund dessen zunächst an dem Verhältnis ablesen, in dem nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Regelungsfunktionen der Sachgestaltung und der Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe zueinander stehen. Dominiert die Finanzierungsfunktion, so weist dies in Richtung einer Usurpation der Grundfunktion von Steuern und damit eines unzulässig intensiven Übergriffs. Steht hingegen die Gestaltung eines Sachbereichs im Vordergrund, so spricht dies nach kompetenzrechtlichen Maßstäben für die Unbedenklichkeit der Sachregelung. Als Funktion der jeweiligen Regelung wird dabei ihre Zwecksetzung begriffen, sofern die Regelung zur Verwirklichung dieser Zwecksetzung grundsätzlich geeignet ist.216 Wie in Auseinandersetzung mit Vorschlägen der Literatur, die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben nach Maßgabe eines bestimmten Kriteriums auf Preisinterventionen zu übertragen, gesehen wurde,217 kann es erhebliche Schwierigkeiten bereiten, den Hauptzweck einer Regelung von Nebenzwekken zu scheiden, da dies eine Gewichtung verschiedener Zwecksetzungen erfordert, die kaum jemals mit Eindeutigkeit zu treffen sein wird. Eine unzulässige Intensität des Übergriffs in Steuergesetzgebungskompetenzen ist angesichts dessen erst dann indiziert, wenn der Finanzierungszweck – dem, um von einer Finanzierungsfunktion sprechen zu können, auch eine objektive Finanzierungswirkung entsprechen muß – den Sachzweck deutlich erkennbar überwiegt.218 Dies ist der Fall, wenn der Zweck der Sachgestaltung bei Betrachtung des Regelungszusammenhangs als bloße „Beigabe“ des Finanzierungszwecks erscheint

215

Siehe oben § 9 A. Zum Zusammenhang von Zweck und Funktion einer Regelung am Beispiel des Verhältnisses von Einnahmenerzielungszweck und Ertragsfunktion als Merkmalen des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 116 ff.; K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 51. 217 Siehe oben § 7 B II 2. 218 Ähnlich H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 267 f., 383; vgl. auch H. Siekmann, in: M. Sachs, GG, Kommentar, vor Art. 104a Rn. 122. 216

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oder zu diesem in einer Art dienender Funktion steht, weil er sich darin erschöpft, die Verwirklichung des Finanzierungszwecks abzusichern. Da sich als Sachgestaltung in einem allgemeinsprachlichen Sinne auch solche Regelungswirkungen bezeichnen lassen, die bei näherem Zusehen ausschließlich der Finanzierungsfunktion der Regelung entspringen, besteht die Gefahr, daß reine Finanzierungszwecke „im Gewande“ eines Sachzwecks bei der Beurteilung der Übergriffswirkung als intensitätsmindernd in Anschlag gebracht werden. Um sicherzustellen, daß nur solche Sachzwecke intensitätsmindernd berücksichtigt werden, die gegenüber Finanzierungszwecken hinreichende Unterscheidungskraft haben, kann als heuristisches Hilfsmittel bei der Bestimmung eines Sachzwecks auf die Typologie von Sachzwecken zurückgegriffen werden, mit denen Sonderabgaben klassifiziert werden, wie etwa die Unterscheidung von Lenkungs- und Ausgleichszweck.219 Auch das BVerfG verwendet das Kriterium des Regelungszwecks zur Begrenzung der Übergriffswirkung, die von Sonderabgabenregelungen auf Steuergesetzgebungskompetenzen ausgeht. Es verlangt für die Zulässigkeit einer Sonderabgabe, der Gesetzgeber dürfe sich ihrer „nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht“; nur dann, wenn der Gesetzgeber durch die Sonderabgabe in dem jeweiligen Kompetenzbereich gestaltend wirke, könne er sich auf die allgemeinen Sachkompetenzen der Art. 70 ff. GG stützen.220 Nach dem Erfordernis des BVerfG ist eine Sonderabgabe auch dann zulässig, wenn der Zweck der Sachgestaltung neben dem der Aufgabenfinanzierung völlig in den Hintergrund tritt. Die Anforderungen des Gerichts an die begrenzte Übergriffswirkung einnahmenwirksamer Sachregelungen, zu denen auch Sonderabgaben zählen, bleiben folglich hinter dem hier formulierten Maßstab zurück. Denkbar ist es, daß die Verfassungsrechtsprechung mit ihrer vergleichsweise großzügigen, erst nachträglich in den Katalog der Zulässigkeitsvoraussetzungen eingefügten kompetenzrechtlichen Anforderung221 der genannten Schwierigkeit Rechnung tragen möchte, Hauptund Nebenzwecke einer Regelung gewichtend voneinander zu unterscheiden. Im Ergebnis hat dies jedoch zu einer Rechtsprechung geführt, die dem Gesetzgeber weite Möglichkeiten einräumt, die Wahrnehmung einer Sachaufgabe durch gehörige Betonung in der Gesetzesbegründung und entsprechende Ausgestaltung des Regelungszusammenhanges in den Vordergrund einer finanzierenden Regelung zu rücken.222 Das Kriterium des BVerfG bietet daher keinerlei 219

Siehe zu dieser Systematisierung oben § 7 A III. BVerfGE 67, 256 (275); 82, 159 (179); 108, 186 (217 f.); 110, 370 (389). 221 Vgl. BVerfGE 67, 256 (275) – Investitionshilfe – gegenüber E 55, 274 (305 ff.) – Berufsausbildungsabgabe. 222 So hat das Gericht im Fall des Fonds zur Förderung des Absatzes der Landwirtschaft unter Hinweis auf die Zweckgebundenheit des Abgabenaufkommens die Zwecke der Finanzierung und der Sachgestaltung praktisch gleichgesetzt, vgl. 220

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Sicherheit gegen Versuche des Gesetzgebers, den dominanten Finanzierungszweck einer Regelung durch geschickte Formulierung in eine – jedenfalls ansatzweise erkennbare – „Gesamtkonzeption“ zur Verfolgung eines Sachanliegens einzuflechten und auf diese Weise den Schwerpunkt der Regelung auf den Gestaltungszweck zu verlagern. Diese Rechtsprechung hat zur Folge, daß der Gesetzgeber auch dann eine einnahmenwirksame Sachregelung einsetzen kann, ohne an Kompetenzausübungsschranken zu stoßen, wenn die Funktion der Regelung sich praktisch in der Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe erschöpft. Angesichts dieser Schwäche des verfassungsgerichtlichen Ansatzes werden hier höhere Anforderungen gestellt. Die Intensität des Übergriffs bestimmt sich in erster Linie danach, ob die Finanzierungsfunktion der Regelung deren Sachgestaltungszweck deutlich überwiegt. 2. Die Weite der zugewiesenen Finanzierungsaufgabe Als weiteres Kriterium der Übergriffsintensität kann die Feststellung dienen, wie weit der Gesetzgeber die mit einer einnahmenwirksamen Sachregelung zu finanzierende öffentliche Aufgabe gefaßt hat. Einnahmenwirksamkeit als Grundlage der Übergriffswirkung von Sachregelungen in Steuergesetzgebungskompetenzen bezeichnet die – verfassungsrechtlicher Begrenzung bedürftige – Möglichkeit für den Gesetzgeber, sich einer nichtsteuerlichen Regelung zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu bedienen. Neben der Dominanz des Finanzierungszwecks spielt es daher für das Ausmaß der Einnahmenwirksamkeit eine entscheidende Rolle, ob der Gesetzgeber die Finanzierungsaufgabe in ihrem Umfang so eng begrenzt hat, daß sie sich eindeutig der – ebenfalls begrenzten – Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Gruppe zuordnen läßt.223 Dabei ist zum einen vorstellbar, daß der Gesetzgeber den finanzierungsbedürftigen Aufwand so konkret und klar umrissen gefaßt hat, daß dessen Zuordnung zu der Finanzierungsverantwortung einer bestimmten Gruppe Privater

BVerfGE 82, 159 (182) („Die Abgabenerhebung dient zweckgebunden der Finanzierung eines agrarwirtschaftlichen Werbeverbundes, wirkt also über die bloße Beschaffung von Finanzmitteln hinaus gestaltend . . .“). – Der Umlage zur Förderung der Altenpflegeausbildung hat das Gericht einen Gestaltungszweck zuerkannt, da es ausweislich der Gesetzesmaterialien und des Regelungszusammenhanges „ein zentrales Ziel der Regelungen war, die Attraktivität der Altenpflegeausbildung zu steigern“ und die Gewährung einer Ausbildungsvergütung an die Altenpflegeschüler nur „ein wesentlicher Baustein bei der dringlichen Bewältigung dieser Aufgabe“ gewesen sei, vgl. BVerfGE 108, 186 (221). 223 Zur Eingrenzung des Finanzierungszwecks als Voraussetzung für die Zuweisung einer öffentlichen Aufgabe zu privater Finanzierungsverantwortung – am Beispiel der SER – S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 230; F. Ossenbühl, RdE 1997, S. 46 (51 f.).

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ohne weiteres einsichtig ist. Insbesondere kann der Gesetzgeber so vorgehen, daß er zunächst die besondere Nähebeziehung einer Personengruppe zur Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe erfaßt, sodann in ihrer ökonomischen Reichweite bewertet und auf dieser Grundlage den Umfang der finanzierungsbedürftigen Aufgabe definiert, diese also der privaten Finanzierungsverantwortung von vornherein in einer auf deren Ausmaß abgestimmten Intensität zuweist. Bei dieser Vorgehensweise hat der Gesetzgeber den Grund und folglich auch die Grenzen der finanziellen Sonderverantwortlichkeit für öffentliche Zwecke im Blick und läßt sich bei der Ausgestaltung des Pflichtentatbestandes von diesen Erwägungen leiten.224 Auf der anderen Seite ist denkbar, daß der Gesetzgeber die Finanzierungspflicht allein an dem von ihm ermittelten Finanzbedarf zur Erfüllung der betreffenden Aufgabe ausrichtet. Der Umfang der Finanzierungsaufgabe ist dann nicht durch Grund und Grenzen der privaten Finanzierungsverantwortung vorgegeben, sondern folgt allein aufgaben- und finanzpolitischen Zweckmäßigkeitserwägungen. Für die Höhe der Finanzierungspflicht werden dann nicht interne, aus dem Näheverhältnis der belasteten Gruppe zum Aufgabenzweck abgeleitete Faktoren, sondern externe, ausschließlich an Finanzbedarf und Effektivität orientierte Überlegungen maßgeblich. Eine solche Vorgehensweise birgt die Gefahr, daß der in Anspruch genommenen Gruppe eine Finanzierungsverantwortlichkeit gleichsam „übergestülpt“ wird, die nicht aus den gemeinsamen Interessen und Verantwortlichkeiten der Gruppenmitglieder,225 sondern aus hiervon unabhängigen Finanzierungszielen des Gesetzgebers hergeleitet ist. Je weniger erkennbar ist, daß der Gesetzgeber sich bei der Ausgestaltung des Pflichtentatbestandes von einem Konnex zwischen Mittelherkunft und -verwendung hat leiten lassen, desto mehr stellt sich die Finanzierungspflicht als funktionelles Äquivalent zur Steuer dar, welches dem Gesetzgeber die Inanspruchnahme einer einzelnen Gruppe zur Finanzierung allgemeiner öffentlicher Aufgaben ermöglicht.226 Dies bedeutet nicht, daß das Bestehen einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit schon bei der Anlegung dieses Intensitätskriteriums an die Referenzregelungen zu untersuchen ist; die Frage der Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Gruppen wird der grundrechtlichen Rechtfertigungsbedürftigkeit abgabenäquivalenter Preisregelungen zugeordnet 224 Ganz im Sinne eines solchen Vorgehens fordert das BVerfG für die Gebührenbemessung, der Gesetzgeber habe der tatbestandlichen Ausgestaltung einer Gebührenpflicht eine „erkennbare [. . .] Entscheidung“ darüber zugrunde zu legen, welchen Belastungsgrund und welche ergänzenden Zwecke er bei der Bemessung der Gebührenhöhe verfolge, BVerfGE 108, 1 (20). 225 Zum Erfordernis einer gemeinsamen Interessen- und Verantwortlichkeitslage als Rechtfertigungsvoraussetzung der finanziellen Sonderbelastung einer Gruppe Privater für öffentliche Aufgaben BVerfGE 55, 274 (305 f.). 226 Hierzu auch K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (55).

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und in deren Rahmen betrachtet werden. Einstweilen ist lediglich danach zu fragen, ob der Gesetzgeber den Pflichtentatbestand einer Vergütungsregelung erkennbar mit Rücksicht auf den Grund und den begrenzten Umfang privater Finanzierungsverantwortung ausgestaltet hat. 3. Historische Auslegung der Sachgesetzgebungskompetenz Bestimmen sich die Kriterien zulässiger Übergriffsintensität durch Auslegung der ausgeübten Kompetenz in ihrem Verhältnis zu den tangierten Ausübungsschranken, so ist bei dieser Auslegung auch danach zu fragen, ob sich die Ausübung der Kompetenz in ihrer übergreifenden Weise auf eine rechtshistorische Tradition stützen kann, ob sie also von einer gewissen „kompetenziellen Kontinuität“227 getragen ist.228 Dem liegt zugrunde, daß der historischen Interpretation für die Auslegung von Kompetenznormen besondere Bedeutung zukommt.229 Ein Beispiel dafür, wie die historische Verfassungsauslegung zur Beurteilung eines Kompetenzübergriffs beitragen kann, bietet der Einsatz von Lenkungsteuern. Der Verfassunggeber des Grundgesetzes war sich bei der Trennung der Steuer- und der Sachgesetzgebungskompetenzen in separate Kompetenzordnungen der historisch überkommenen Verwendung verhaltenslenkender Steuerrechtsnormen und ihrer in Sachgesetzgebungskompetenzen übergreifenden Wirkungen bewußt. Angesichts dieses Befundes wird im Schrifttum davon ausgegangen, daß die mittelbar sachbereichsgestaltende Wirkung von Lenkungsteuern durch den Verfassunggeber – freilich in Grenzen – als zulässig anerkannt worden, ihre Übergriffsintensität infolgedessen als vergleichsweise gering anzusehen ist.230 Ähnlich wie für Lenkungsteuern kann allgemein für kompetenzübergreifende Rechtsakte danach gefragt werden, ob die Wahl einer Handlungsform in Ausübung einer bestimmten Gesetzgebungskompetenz durch den Verfassunggeber vorgefunden und bei Ausgestaltung der Kompetenzordnung als im Grundsatz

227 Begriff nach R. Scholz, Ausschließliche und konkurrierende Gesetzgebungskompetenz, in: FG 25 Jahre BVerfG, Bd. II, 1976, S. 252 (265); ebenso K. Stern, Staatsrecht, Bd. I, 2. Aufl., 1984, S. 676. 228 H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 269, 382; M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (115) (zur Bestimmung der Übergriffsqualität von Lenkungsteuern in Sachgesetzgebungskompetenzen); P. Selmer/C. Brodersen, DVBl. 2000, S. 1153 (1160) (zur verhaltenslenkenden Ausgestaltung von Verbrauchsteuern). 229 Zu dieser Bedeutung eingehend C. Degenhart, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 70 Rn. 46 ff., 50, sowie H.-W. Rengeling, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 100 Rn. 35, jew. m. Nw. zur Rspr. des BVerfG. 230 M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (115); H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 268.

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zulässig vorausgesetzt wurde.231 Läßt sich dies feststellen, so liegt darin ein Hinweis auf eine eher geringe und unbedenkliche Intensität des Übergriffs. Nicht um historische Verfassungsauslegung im eigentlichen Sinne handelt es sich bei der Frage, ob die Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen zum Erlaß einnahmenwirksamer Regelungen unter Geltung des Grundgesetzes Verbreitung gefunden hat und dabei allgemein als zulässig angesehen worden ist. Genießt eine bestimmte Form des einnahmenwirtschaftlich relevanten Gebrauchs von Sachgesetzgebungskompetenzen jedoch nicht die Anerkennung des Verfassunggebers im soeben ausgeführten Sinne, so läßt sich durch diese weitere Frage zumindest ergänzend feststellen, ob die einnahmenwirksame Ausübung der Sachzuständigkeit auch unter Geltung des Grundgesetzes die absolute, in ihrer Verfassungsmäßigkeit womöglich allgemein bezweifelte Ausnahme gebildet hat. Von einer „kompetenziellen Kontinuität“ läßt sich dann um so weniger sprechen. Für einen Bruch mit dem historisch überkommenen Kompetenzgebrauch bei der Finanzierung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe spricht es weiterhin, wenn die Aufgabe, die nunmehr mit Hilfe einer einnahmenwirksamen Sachregelung finanziert wird, vormals aus Steuermitteln bestritten wurde und zudem möglicherweise in einen Sach- und Regelungsbereich eingebettet bleibt, in dem sich jegliche hoheitliche Intervention aus Steuermitteln deckt. Da ein Nebeneinander von privater und staatlicher Finanzierungsverantwortung innerhalb eines gegenständlich abgegrenzten Sachbereichs jedoch nicht ungewöhnlich ist und für sich betrachtet nicht den Schluß auf eine ungerechtfertigte Sonderbelastung trägt, kommt der letzteren Erwägung neben dem Aspekt der Anerkennung der Kompetenzausübung durch den Verfassunggeber lediglich ergänzende Bedeutung zu. 4. Planmäßige Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die staatliche Einnahmenwirtschaft Weiteren Aufschluß über die Intensität des steueräquivalenten Einsatzes einer Sachregelung kann die Frage geben, ob der Sachgesetzgeber hierdurch in planmäßiger Weise auf die Einnahmenwirtschaft des Gemeinwesens Einfluß zu nehmen versucht hat. Das Merkmal der planmäßigen Einflußnahme des Gesetzgebers findet auch als Kriterium zur Bestimmung der Übergriffsintensität von Lenkungsteuern in Sachzuständigkeiten Einsatz. Aufgrund der andersartigen Übergriffslage wird dort danach gefragt, ob der Einnahmengesetzgeber bestrebt ist, durch die lenkende Ausgestaltung von Steuertatbeständen bestimmte Sachbereiche planmäßig 231

Hierzu H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 269, 382.

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eigenen Ordnungsvorstellungen zu unterwerfen, die zu den Regelungszielen des Sachgesetzgebers in Konkurrenz, möglicherweise auch in Widerspruch treten.232 Da die Übergriffswirkung einnahmenwirksamer Sachregelungen nicht aus der Usurpation einer Gestaltungs-, sondern einer Finanzierungsfunktion folgt, ist diese Handlungsform darauf zu betrachten, ob der Sachgesetzgeber dadurch Einfluß auf die Einnahmenwirtschaft eines Verwaltungsträgers nimmt, daß er die Grenzen, die dem einnahmenwirtschaftlichen Handeln des Gemeinwesens gesetzt sind, in einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Weise planmäßig zu erweitern sucht. Für eine solche planmäßige Einflußnahme können mehrere Indizien sprechen. Besonders deutlich ist sie dann zu erkennen, wenn sich objektiv belegen läßt, daß eine einnahmenwirksame Sachregelung nur deshalb gewählt wurde, weil die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einer zwecknäheren Handlungsform nicht vorlagen, wenn die Wahl des Finanzierungsinstruments also gezielt zur Vermeidung einer anderen Handlungsform getroffen wurde. Zwar bestimmt sich die Rechtmäßigkeit hoheitlichen Handelns grundsätzlich nach objektiven Maßstäben, ohne daß es auf subjektive Merkmale wie die Intention des handelnden Staatsorgans ankommt.233 Liegt der Übergriffswirkung einnahmenwirksamer Sachregelungen jedoch gerade deren Tendenz zugrunde, zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben eingesetzt zu werden, so kommt indizielle Bedeutung auch dem Umstand zu, ob ihnen diese Funktion bewußt und zielgerichtet beigelegt wird. Für eine solche Formenumgehung müssen objektive Anhaltspunkte, etwa in der Gesetzesbegründung, bestehen. Allerdings ist nicht zu fordern, die Wahl der einnahmenwirksamen Sachregelung müsse gerade zur Umgehung steuerrechtlicher Zulässigkeitsmaßstäbe getroffen werden. Liegt beispielsweise nach den Finanzierungsanliegen des Gesetzgebers der Einsatz einer Sonderabgabe nahe, so ist auch eine gezielte Vermeidung der Zulässigkeitserfordernisse für Sonderabgaben als Indiz aussagekräftig. Dem liegt zugrunde, daß die Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben ihrerseits gerade Ausdruck des Bemühens sind, die funktionelle Konkurrenz einnahmenwirksamer Sachregelungen zur Steuer finanzverfassungsrechtlich zu begrenzen. Einen indiziellen Wert besitzt es ebenfalls, wenn eindeutig zu belegen ist, daß eine öffentliche Aufgabe nur deshalb im Wege einer einnahmenwirksamen Sachregelung wahrgenommen wird, weil zum Zeitpunkt der Einführung der Re232 So M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (116) unter Bezugnahme auf P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 61; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 269; zu einem rechtsstaatlichen Gebot, widersprüchliche Verhaltensanordnungen infolge aufgabenwirksamer Lenkungsteuern zu vermeiden, vgl. BVerfGE 98, 106 (118 f.); parallel zu dieser Entscheidung E 98, 83 (97 f.). 233 Zu diesem Grundsatz C. Pestalozza, „Formenmißbrauch des Staates“ 1973, S. 61 ff., 67.

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gelung eine Aufgabenfinanzierung aus Haushaltsmitteln aufgrund einer angespannten Haushaltslage ausgeschlossen erschien. Müßte die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe nach der Einnahmensituation einer Körperschaft an sich unterbleiben, so spricht es besonders deutlich für eine Einflußnahme des Sachgesetzgebers, wenn er die Handlungsmöglichkeiten des Verbandes vor diesem Hintergrund gezielt durch finanzierungsrelevante Sachregelungen erweitert. Wiederum muß sich der Zusammenhang zwischen Haushaltsknappheit und Formenwahl objektiv belegen lassen, um als Kriterium der Übergriffsintensität dienen zu können. Als Indiz für eine planmäßige Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die Einnahmenwirtschaft wirkt zudem der Umfang, in dem das finanzwirtschaftliche Handlungspotential des Verbandes durch eine einnahmenwirksame Sachregelung erweitert wird.234 Dabei läßt es auf eine niedrige Übergriffsintensität schließen, wenn die Einnahmenwirkung der Sachregelung keine einnahmenwirtschaftlich relevante Größenordnung erreicht. Feste quantitative Grenzen lassen sich hier allerdings kaum nennen. Insbesondere darf der bereits kritisierte Ansatz, dem Steuerstaatsprinzip bezifferbare quantitative Grenzen beizulegen,235 nicht Eingang in die Anwendung des Übergriffskriteriums finden. Eine – freilich nur grobe – Orientierung für die einnahmenwirtschaftliche Relevanz der Sachregelung kann die Grenze der „wesentlich“ anderen Entwicklung der Dekkungsquoten von Bund und Ländern im Sinne von Art. 106 Abs. 4 S. 1 1. Hs. GG bieten. Zur Konkretisierung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs schlägt das Schrifttum vor, die Verteilung der Umsatzsteuer jedenfalls dann zu revidieren, wenn die Änderung in den Deckungsverhältnissen der Gebietskörperschaften sich auf einen Umfang von einem Prozent des Umsatzsteueraufkommens beläuft.236 Lediglich als Richtwert läßt sich diese Schwelle auf die quantitative Einordnung von Preisinterventionen übertragen. Erreicht das Gesamtvolumen eines abgabenäquivalenten Finanztransfers diese Größe, so steht die kompetenz234 Zur Indizwirkung des Umfangs, in dem Sachregelungen einnahmenwirksam werden, für deren kompetenzrechtliche Zulässigkeit vgl. auch H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 383 f.; C. Gramm, Der Staat 36 (1997), S. 267 (274); R. Hendler, Staatsfinanzierung durch Gebühren oder Steuern, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 68 (79, 81 f.). 235 Siehe oben § 8 C. 236 T. Maunz, in: ders./G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 106 Rn. 65; Sachverständigenkommission Umsatzsteuerverteilung, Verteilung der Umsatzsteuer, 1981, Tz. 169; J. W. Hidien, Die Verteilung der Umsatzsteuer, 1998, S. 352. – Maunz und Hidien lassen sich dabei sowohl in dem Sinne verstehen, daß die Deckungsquoten sich dann „wesentlich“ anders entwickeln, wenn die Änderung der Deckungsquoten selbst eine Größe von einem Prozent des Umsatzsteueraufkommens erreicht, als auch in der Weise, daß die Änderung der Quoten zu einer Anpassung der Umsatzsteueranteile in der genannten Höhe führen muß; letzteren Falles erlaubt es der Ansatz allerdings kaum, eine feste Grenze einnahmenwirtschaftlicher Relevanz zu beziffern.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

rechtliche Relevanz der Sachregelung schon angesichts des Umfangs ihrer Einnahmenwirksamkeit außer Frage. Schließlich weist es in Richtung eines besonders intensiven, möglicherweise unzulässigen Übergriffs, wenn die mittelbaren Wirkungen der Ausübung einer Sachgesetzgebungskompetenz im Bereich einer Steuergesetzgebungskompetenz auftreten, die durch Art. 105 GG einer anderen Gebietskörperschaft als der sachregelnden zugewiesen ist. Noch dazu kann die Übergriffswirkung eine Steuerart betreffen, die nach Art. 106 GG der Ertragshoheit einer anderen Gebietskörperschaft unterliegt. Unter diesen Umständen ist besonders greifbar, daß der Sachgesetzgeber die finanzwirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten des Verbandes in einer Weise erweitert, die durch das Grundgesetz gerade nicht vorgesehen ist.237 Ereignet sich der Kompetenzübergriff im Verhältnis zwischen verschiedenen Gebietskörperschaften, so treten, wie bereits beschrieben, zu den Bedenken an einnahmenwirksamen Sachregelungen unter dem Aspekt der horizontalen Funktionenordnung auch solche aus Schutzzwecken der vertikalen Gewaltenteilung. Von den bislang angeführten Intensitätskriterien unterscheidet sich die Frage nach der Beeinträchtigung von Steuergesetzgebungskompetenzen einer anderen Gebietskörperschaft dadurch, daß sie nur durch eine Bestimmung der konkret beeinflußten Steuergesetzgebungskompetenz zu beantworten ist. Wird diese Frage zur Untersuchung von Kompetenzübergriffen in umgekehrter Wirkungsrichtung, also von Übergriffen des Steuergesetzgebers in Sachzuständigkeiten, gestellt, so wirft ihre Beantwortung regelmäßig keine besonderen Schwierigkeiten auf. Beispielsweise lassen sich die verhaltenslenkenden und damit sachbereichsgestaltenden Wirkungen einer Lenkungsteuer typischerweise in einem bestimmten Lebensbereich lokalisieren und daraufhin einem konkreten Kompetenztitel der Art. 73 ff. GG zuordnen. Anders stellt sich jedoch die Ermittlung der konkret beeinflußten Kompetenz bei Übergriffen von Sachregelungen in Kompetenzen des Steuergesetzgebers dar. Da sich die Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen nicht nach inhaltlich-gegenständlichen Bereichen, sondern nach bestimmten Formen des Vermögenszugriffs anläßlich des Erwerbs oder der Verwendung von Vermögen gliedert, kann allenfalls ein Vergleich der einnahmenwirksamen Sachregelung mit einer bestimmten Steuerart hinsichtlich ihrer jeweiligen Zugriffsweisen über ihre funktionale Konkurrenz unterrichten.238 Ein solcher Vergleich ist daher mit höherem methodischen Aufwand verbunden als die Bestimmung einer konkret beeinträchtigten Sachgesetzgebungskompetenz. Da die Ausgestaltung des Pflichtentatbestandes und damit auch die Form des Vermögenszugriffs sich zwischen einnahmenwirksamen Sachregelungen und 237

Vgl. auch H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 384. In diese Richtung auch W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 119. 238

§ 10 Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen

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Steuertatbeständen oftmals erheblich unterscheidet, ist zudem damit zu rechnen, daß eindeutige Aussagen über die funktionale Konkurrenz etwa einer Vergütungsregelung zu einer konkreten Steuerart in vielen Fällen nicht möglich sein werden. Zugleich aber fragt sich, ob eine solche Untersuchung schon zur Bestimmung der Intensität des Übergriffs zwischen Sach- und Steuergesetzgebungskompetenzen einen relevanten Beitrag leisten kann. Wie gesehen wurde, ordnet das Grundgesetz den überwiegenden Teil nicht nur der Sach-, sondern auch der Steuergesetzgebungskompetenzen dem Bund zu. Übergriffslagen zwischen dem Bund und den Ländern werden daher auf der Ebene der Gesetzgebungskompetenzen äußerst selten auftreten. Vorstellbar sind sie etwa im Bereich der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, deren Gesetzgebungskompetenzen durch Art. 105 Abs. 2a GG grundsätzlich den Ländern zugeordnet werden; eine funktionelle Konkurrenz von Preisinterventionen des Bundes mit diesen Steuern steht jedoch kaum zu erwarten. Größere Relevanz dürfte der Bestimmung der konkret beeinträchtigten Steuerkompetenz bei der Untersuchung von Übergriffslagen zwischen einnahmenwirksamen Sachregelungen und Steuerertragskompetenzen einer anderen Gebietskörperschaft zukommen. Hier ist denkbar, daß beispielsweise Entgeltregelungen des Bundes die Ertragskompetenzen der Länder für Gemeinschaftsteuern beeinträchtigen. Da die Bestimmung der konkret tangierten Steuerkompetenz auf der Ebene des Übergriffs zwischen Gesetzgebungskompetenzen daher geringere Bedeutung erlangt als auf der Ebene der Ertragskompetenzen, wird sie hier einstweilen zurückgestellt. 5. Weitere Kriterien In Verfassungsrechtsprechung und Schrifttum werden weitere Kriterien zur Ermittlung der Intensität eines Kompetenzübergriffs im Verhältnis von Steuerund Sachgesetzgebungskompetenzen vorgeschlagen, von denen jedoch zweifelhaft ist, ob sie sich auf einnahmenwirksame Sachregelungen im allgemeinen sowie auf Zwangsvergütungen im besonderen sinnvoll anwenden lassen. Hierzu zählt zunächst das Erfordernis, Kompetenzkonflikte infolge mittelbarer Wirksamkeiten dürften nicht dazu führen, daß sich der Normadressat widersprüchlichen Rechtsfolgeanordnungen gegenübersieht. Dieses Gebot hat das BVerfG für den verhaltenslenkenden Einsatz von Steuerrechtsnormen aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitet.239 Da infolge mittelbarer Einnahmenwirksam239 Vgl. BVerfGE 98, 106 (118 ff.); hierzu eingehend M. Rodi, StuW 1999, S. 105 ff., der dem rechtsstaatlichen Ansatz des BVerfG ein bundesstaatlich fundiertes Konzept zur Begrenzung von Kompetenzübergriffen entgegenstellt; ferner H. D. Jarass, AöR 126 (2001), S. 588 ff.; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 271 ff., der das Merkmal des BVerfG in die Auslegung von Kompetenzausübungsschranken aus Art. 70 ff. GG integriert.

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keit von Sachregelungen nicht mit widersprüchlichen Verhaltensbefehlen an den Normadressaten, dafür vielmehr mit dessen finanzieller Überforderung zu rechnen ist,240 läßt sich dieses Erfordernis nicht auf die Übergriffslage bei der Auferlegung von Vergütungspflichten übertragen. Es bleibt im folgenden unberücksichtigt. In der Literatur wird weiterhin vertreten, die Intensität des Übergreifens einnahmenwirksamer Sachregelungen in Kompetenzen des Steuergesetzgebers lasse sich auch danach bestimmen, ob die Übergriffswirkung für den Sachgesetzgeber durch entsprechende Ausgestaltung der Regelung vermeidbar und kontrollierbar war, ohne daß dies den Verzicht auf den Einsatz der Handlungsform bedingt. Sachgerecht erfassen läßt sich durch dieses Kriterium beispielsweise die Übergriffswirkung von Gebührenregelungen, die der Gesetzgeber in solcher Weise bemißt, daß die öffentliche Hand über die Zwecke des Vorteils- und Aufwandsausgleichs hinaus Gewinne und damit bei wirtschaftlicher Betrachtung allgemeine Staatseinnahmen erzielt.241 Da fördernde Vergütungsregelungen – neben möglichen Gestaltungszwecken – stets auch zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe durch Private auferlegt werden, also zwangsläufig einnahmenwirksam werden, haftet die Übergriffswirkung in Steuergesetzgebungskompetenzen ihrer Funktionsweise an, ist also nicht vermeidbar, sofern der Gesetzgeber nicht gänzlich auf den Einsatz einer Preisbestimmung verzichtet. Auch dieses Kriterium bleibt daher mangels sachgerechter Anwendbarkeit auf Entgeltregelungen im folgenden außer Anwendung. II. Anwendung der Intensitätskriterien auf die Referenzregelungen 1. Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG a) Verhältnis von Sachgestaltungs- und Finanzierungsfunktion Davon, daß die Übergriffswirkung der SER in Steuergesetzgebungskompetenzen sich im Rahmen des Zulässigen hält, wäre auszugehen, wenn diese Regelung nicht durch einen deutlich überwiegenden Finanzierungszweck gekennzeichnet ist. In der Literatur wird der SER insofern ein Sachzweck zugeschrieben, als der Förderungsmechanismus darauf ausgehe, das Ungleichgewicht wirtschaftlicher Verhandlungsmacht zwischen den Erzeugern von Elektrizität aus regenerativen Energieträgern und den Abnehmern von Strom, unmittelbar 240

Siehe oben § 10 B IV. Hierzu H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 382; in diese Richtung schon BVerfGE 14, 197 (200) und E 15, 1 (9, 22), wo zwischen einem Kompetenzkonflikt als Hauptinhalt der ausgeübten Kompetenz und einer lediglich reflexartigen, „zwangsläufigen“ Berührung unterschieden wird; vgl. auch W. Erbguth, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 30 Rn. 21. 241

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also den Netzbetreibern, zugunsten der Erzeuger auszugleichen.242 Bei dieser Betrachtung ist die Regelung im wesentlichen darauf ausgerichtet, die Kräfteverhältnisse auf dem Markt der Stromerzeugung zu verändern, indem den Betreibern von Anlagen zur Erzeugung von EEG-Strom sichere Absatzmöglichkeiten zu nicht nur kostendeckenden, sondern auch gewinnbringenden Preisen eingeräumt werden.243 Es bedarf jedoch einer genaueren Betrachtung, ob es sich bei dieser Zielsetzung um einen Sachzweck handelt, der gegenüber reinen Finanzierungsanliegen hinreichend unterscheidungskräftig ist, oder ob er sich möglicherweise als Sachzweck zwar in einem allgemeinsprachlichen Sinne, bei näherem Zusehen aber als Finanzierungsanliegen „im Gewande“ einer Sachregelung erweist. Als Hilfsmittel zur Untersuchung der Unterscheidungskraft dieser Sacherwägung gegenüber Finanzierungszwecken kann dabei die Typologie von Sachzwecken herangezogen werden, die das Schrifttum bei der Systematisierung von Sonderabgaben herausgebildet hat.244 Eine reine Finanzierungsfunktion kann für die SER zunächst dann ausgeschlossen werden, wenn diese einen Lenkungszweck verfolgt, wenn sie also darauf gerichtet ist, die Träger der förderungsbedingten Mehrkostenlast gerade durch die finanzielle Sonderbelastung, die von den gesetzlich festgelegten Mindestvergütungen gem. §§ 6 ff. EEG ausgeht, zu einer Verhaltensänderung zu bewegen. Die Mehrkostenlast verbleibt als Ergebnis des bundesweiten Belastungsausgleichs gem. § 14 EEG endgültig den EVU, die Letztverbraucher versorgen, da die Regelung nicht auf eine Überwälzung der Kosten auf die Stromkunden angelegt ist.245 Die finanzielle Belastung der Stromhändler folgt nicht aus Lenkungserwägungen, sondern zielt zum einen darauf, die Mehrkosten der Förderung erneuerbarer Energien derjenigen Gruppe zuzuweisen, bei der es sich aus Sicht des Gesetzgebers um die „Verursacher“ einer umwelt- und klimaschädlichen Elektrizitätsgewinnung handelt,246 zum anderen darauf, dasjenige Glied der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette zu belasten, welches am ehesten zu einer Weitergabe der Kosten an die Endverbraucher in der Lage ist, auch wenn der Erfolg dieser Abwälzung letztlich ungewiß bleibt.247 Das sog. 242 R. Scholz, ET 1995, S. 600 (602); M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 98 f.; M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 154 f. 243 Zu den tragenden Erwägungen des Gesetzgebers bei der Festlegung der Vergütungshöhe die Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BT-Drs. 14/2776, S. 19. 244 Siehe dazu oben § 7 A III. 245 Siehe oben § 2 B III 3. 246 Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BT-Drs. 14/ 2776, S. 20, 24. 247 Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 48 f. (zu § 14 EEG).

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Grünstromhändlerprivileg des § 14 Abs. 3 S. 2 EEG, wonach solche letztversorgenden EVU von der Abnahme- und Vergütungspflicht befreit sind, die zu mehr als 50 Prozent EEG-Strom an ihre Kunden liefern, dient zwar dazu, Stromhändler vor einer Mehrkostenbelastung zu verschonen, bei denen die durch den Gesetzgeber erkannte Verursacherverantwortlichkeit nur in vermindertem Umfang besteht. Es zielt jedoch nicht darauf, die Gruppe der letztversorgenden EVU als solche durch das Inaussichtstellen einer Kostenersparnis zu einer Bevorzugung von EEG-Strom bei ihrer Bezugsentscheidung anzuhalten. Zur Entfaltung einer solchen Lenkungswirkung ist das Privileg nach seinem Umfang ungeeignet und auch nach der Gesetzesbegründung nicht bestimmt.248 Die finanzielle Belastung der Stromhändler gem. § 14 Abs. 3 EEG dient damit der Bereitstellung finanzieller Mittel für die Erzeuger von EEG-Strom, nicht der Verhaltenssteuerung. Ein unterscheidungskräftiger Gestaltungszweck wäre der SER weiter zuzuerkennen, wenn diese auf den Ausgleich einer hoheitlich auferlegten, verschiedene Adressaten jedoch in der Praxis ungleich belastenden Verpflichtung angelegt wäre. Tatsächlich bestehen ungleiche Ausgangsbedingungen bei der Stromerzeugung zwischen den Betreibern von Anlagen zur Elektrizitätsgewinnung aus erneuerbaren Energieträgern und solchen konventioneller Gestehungstechniken. Die Verwendung regenerativer Energieträger ist in der Regel aufwendiger und weniger kosteneffizient, der angebotene Strom daher teurer als bei einer Nutzung fossiler Primärenergieträger.249 Diese Nachteile sind jedoch Folge physikalisch-technischer Besonderheiten der Verwendung erneuerbarer Energien. Sie beruhen nicht auf einer vorangegangenen gesetzgeberischen Intervention, die aufgrund erheblicher Unterschiede bei der Pflichterfüllung in der Praxis oder aus sonstigen Gründen Ungleichheiten in der Lastenverteilung gestiftet hat. Sie bedürfen daher keines Ausgleichs im Sinne der abgabenrechtlichen Typologie. Denkbar wäre, daß die SER Gestaltungsanliegen in Form eines Förderzwecks verwirklicht. Im Schrifttum werden bestimmte Erscheinungsformen von Sonderabgaben bisweilen als „Förderabgaben“250 klassifiziert, doch zählt der Begriff nicht zu den Gestaltungszwecken, an deren Verfolgung das BVerfG abweichende Zulässigkeitsvoraussetzungen gegenüber dem Regeltypus der Finanzierungsabgabe geknüpft hat.251 Einen Förderzweck schreibt die Literatur solchen Sonderabgaben zu, die der Aufrechterhaltung der Existenzfähigkeit oder der Entwicklung eines ganzen Wirtschaftszweigs oder einer Berufsgruppe dadurch dienen, daß sie den Absatz und die Qualität der Produkte fördern oder die Personengruppe in vergleichbarer Weise unterstützen.252 Anders als die Verfolgung 248

Vgl. BT-Drs. 14/2776, S. 24; ähnlich BT-Drs. 15/2864, S. 48. J.-P. Schneider, in: ders./C. Theobald (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 18 Rn. 26. 250 Vgl. nur W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 60 f.; P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 204 f.; F. Rottländer, Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1988, S. 23 f. 251 Hierzu BVerfGE 57, 139 (167 ff.); 67, 256 (277 f.). 249

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eines Lenkungs- oder eines Ausgleichszwecks beruht die Zwecksetzung, eine Gruppe Privater durch die Zuführung von Geldmitteln zur Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe zu befähigen, entscheidend auf der Finanzierungswirkung einer hierzu eingesetzten Geldleistungspflicht. Zahlungspflichten, die einem sog. Förderzweck dienen, stehen der Steuer daher funktionell wesentlich näher als solche anderer Zweckrichtungen; ihr dominanter Finanzierungszweck begründet zwangsläufig eine intensive Übergriffswirkung in Steuergesetzgebungskompetenzen. Dementsprechend werden fördernde Sonderabgaben zwar im Schrifttum bisweilen als Erscheinungsform der abgabenrechtlichen Verfolgung von Gestaltungszwecken anerkannt.253 Zugleich wird aber auf die problematische Nähe dieser Abgaben zur Steuer und damit auf die sehr geringe Leistungsfähigkeit des Förderzwecks als Abgrenzungskriterium hingewiesen.254 Innerhalb der Systematisierung von Sonderabgaben nach ihrer Zwecksetzung sticht die Gruppe der fördernden Abgaben dadurch hervor, daß eine auffällig hohe Anzahl von Abgaben, die durch die Literatur diesem Zwecktypus zugeordnet wurden, von dem BVerfG – meist wegen Fehlens einer besonderen Gruppenverantwortung – für verfassungswidrig erachtet worden ist.255 Hinzu kommt, daß das BVerfG selbst niemals mit dem Förderzweck einer Abgabe argumentiert hat, vielmehr hervorgehoben hat, „nur das steuernde, das Marktverhalten leitende oder Staatsinterventionen ausgleichende Abgabengesetz“ könne auf Aufgabengesetzgebungskompetenzen gestützt werden.256 Die „Förderungsabgabe“ ist also eine Schöpfung der Literatur. Sofern das Gericht den Begriff der Förderung im Zusammenhang mit der Kompetenzmäßigkeit von Sonderabgaben verwendet, zitiert es den Wortlaut von Kompetenztiteln der Art. 73 ff. GG,257 anerkennt aber nicht diese spezifische Form der Zwecksetzung. Zudem ist für keine andere Art von Sonderabgaben mit solchem Nachdruck auf das Erfordernis gruppennütziger Verwendung hingewiesen worden, was ebenfalls auf ihre überwiegende, aufgabenrechtlich allenfalls schwach eingebundene Finanzierungsfunktion hindeu252

W. Patzig, DÖV 1981, S. 729 (740). Als fördernde Sonderabgaben sind die Abgabe nach dem Weinwirtschaftsgesetz (vgl. BVerfGE 37, 1), der Absatzfonds der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft (vgl. BVerfGE 82, 159) sowie der sog. Kohlepfennig (vgl. BVerfGE 91, 186) eingestuft worden, vgl. dazu aus der Lit. W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 60; kritisch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 248; W. Patzig, DÖV 1981, S. 729 (740); P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1971, S. 204 f. 254 Vgl. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 88 Rn. 248; W. Puwalla, Qualifikation von Abgaben, 1987, S. 73; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 61 („. . . dienen also in jedem Fall der Einnahmenerzielung.“). 255 Vgl. BVerfGE 82, 159 – Absatzfonds; E 91, 186 – Kohlepfennig; E 101, 141 – Hessisches Sonderurlaubsgesetz III; zudem das Sondervotum der Richter Rinck, Steinberger und Träger in BVerfGE 55, 274 (329 f.). 256 BVerfGE 82, 159 (179). 257 Vgl. BVerfGE 82, 159 (182) (zu Art. 74 Abs. 1 Nr. 17 GG). 253

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tet.258 Förderung bedeutet, mit anderen Worten, Aufgabenverwirklichung durch Finanzierung. Die verfassungsrechtlichen Bedenken am Einsatz von Geldleistungspflichten mit Förderzweck erfassen auch die SER. Indem §§ 4 ff., 14 EEG eine kostendeckende und anreizvermittelnde Vergütung gewährleisten, stellen sie die wirtschaftliche Existenzfähigkeit und das Wachstum der Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energieträgern sicher; sie verfolgen einen Förderzweck im oben beschriebenen Sinne. Da Förderung auch im Falle der SER lediglich den Effekt bezeichnet, den die gezielte Zuführung finanzieller Mittel auf die Mitglieder der begünstigten Personengruppe hat, erweist sich die Qualifikation als fördernde Geldleistungspflicht als bloße Beschreibung der Finanzierungsfunktion in einer aufgabenrechtlichen Einkleidung. Angesichts dessen fehlt der Zuordnung der SER zu einem Förderzweck die nötige Unterscheidungskraft, um die Finanzierungsfunktion dieses Instruments von einer Gestaltungsfunktion abzugrenzen. Daß sich die Wirkungsweise der Regelung auch als Förderung umschreiben läßt, rechtfertigt es nicht, ihre Übergriffswirkung in Steuergesetzgebungskompetenzen als gering einzustufen. Ausweislich der Gesetzesbegründung verfolgt die SER das Ziel, die Verantwortlichkeit derjenigen Energieversorgungsunternehmen, die Letztverbraucher mit Strom beliefern, als „Verursacher“ einer klimaschädlichen und ressourcenverzehrenden konventionellen Stromerzeugung zu realisieren.259 Zu überlegen wäre daher, ob auch die Verwirklichung des umweltrechtlichen Verursacherprinzips einen Gestaltungszweck darstellt, in dem sich die Zwecksetzung der SER von einer reinen Finanzierungsfunktion unterscheidet. Im Schrifttum wird die Qualifikation einer Geldleistungspflicht als Verursacherabgabe oftmals neben die soeben betrachteten Zwecksetzungen gestellt, die Systematisierung von Sonderabgaben also auch nach der Kategorie der Verursacherabgabe getroffen.260 Bei genauerer Betrachtung bezeichnet Verursachung jedoch nicht eine bestimmte Erscheinungsform des Sachzwecks einer Zahlungspflicht, sondern gibt den rechtfertigenden Grund an, durch den die finanzielle Sonderbelastung eines Pflichtigen, der zugleich Steuerzahler ist, vor dem Prinzip der Lastengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG legitimiert wird. Ob eine Zahlungspflicht den Verursachergedanken verwirklicht, sagt über ihre Gestaltungswirkungen und deren Verhältnis zu einem möglicherweise beherrschenden Finanzierungszweck nichts aus; es benennt lediglich den materiellen Belastungsgrund, welcher die finan258 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 249 f.; W. Patzig, DÖV 1981, S. 729 (740); F. Rottländer, Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1988, S. 23 f. 259 Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BT-Drs. 14/ 2776, S. 20, 24. 260 Vgl. F. Rottländer, Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1988, S. 25; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 61 f.

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zielle Sonderlast unter Gleichheitsgesichtspunkten rechtfertigt. Das Verursacherprinzip dient der Zurechnung eines finanzierungsbedürftigen Sonderaufwandes zu einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit Privater, fragt jedoch nicht nach der Zwecksetzung einer Geldleistungspflicht. Die Kategorie der Verursachung liegt daher nicht auf derselben Ebene wie die Unterscheidung von Gestaltungs- und Finanzierungszweck;261 sie kann zu einer Bestimmung der Übergriffsintensität durch Gewichtung der Finanzierungs- und Gestaltungsfunktionen nichts beitragen. Gestaltungszwecke, wie sie in Rechtsprechung und Literatur zur Systematisierung von Sonderabgaben formuliert worden sind, verfolgt die SER somit nicht. Auch über die genannten Zwecke hinaus ist nicht erkennbar, inwiefern die Finanzierungsfunktion des „Förder“mechanismus durch Sachzwecke aufgabenrechtlich eingefaßt sein sollte. Die Zwecksetzung der SER erschöpft sich damit in der Bereitstellung finanzieller Mittel zur Sicherung der Überlebensfähigkeit und des Branchenwachstums der Erzeuger von EEG-Strom. Seine Bestätigung findet dieses Ergebnis durch einen Blick auf die historische Entwicklung der SER. Bereits vor der Einführung gesetzlich festgelegter Mindestvergütungen durch § 3 Stromeinspeisungsgesetz 1991 war der Marktzutritt für Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien kartellrechtlich gewährleistet. Nach der Rechtsprechung insbesondere des BGH hatte der Betreiber einer Anlage zur Elektrizitätsgewinnung aus regenerativen Energien nach § 26 Abs. 2 GWB (a. F.) einen Anspruch auf Abnahme des Stroms durch den örtlichen Netzbetreiber gegen eine Vergütung in Höhe der konkret vermiedenen Kosten.262 Mit der Einführung der SER verfolgte der Gesetzgeber des StrEG 1991 daher nicht das Ziel, den Marktzugang für Erzeuger von „Ökostrom“ zu sichern. Anlaß für die Entscheidung des Gesetzgebers, die Rechtsbeziehungen zwischen Einspeisern und Netzbetreibern nicht weiterhin der kartellrechtlichen Kontrolle sowie der Regelung durch Verbändevereinbarungen263 zu überlassen, war der Umstand, daß mit den Instrumenten des Kartellrechts und der freiwilligen Selbstverpflichtungen keine Vergütungen in der Höhe sicherzustellen waren, die der Gesetzgeber zur Verwirklichung seiner umweltpolitischen Zielsetzungen für erforderlich hielt. Die Gesetzesbegründung des StrEG 1991 führt dazu aus, die mit den genannten Instrumenten zu gewährleistenden Vergütungen seien „zu niedrig, um in energie- und umweltpolitisch erwünschtem Umfang neue Anla261 Ähnlich P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 254; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 62; W. Patzig, DÖV 1981, S. 729 (738). 262 Vgl. BGHZ 119, 335 (340 ff.) – Stromeinspeisung I; BGH, RdE 1995, 247 – Einspeisungsvergütung; OLG Stuttgart, RdE 1992, 33 (36); OLG Karlsruhe, RdE 1992, 78; vgl. auch P. Salje, StrEG. Kommentar, 1999, Einführung, Rn. 52 ff. – Siehe hierzu auch oben § 2 A I. 263 Siehe hierzu oben § 2 A II.

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gen anzuregen sowie den Ausbau und Weiterbetrieb laufender Anlagen zu sichern.“264 Vor diesem Hintergrund traf es nicht zu, wenn das Verhältnis von Gestaltungs- und Finanzierungsfunktion der SER in der Literatur dahin beschrieben worden ist, es handele sich „primär um eine Abnahmepflicht, verbunden mit einer annexen Preisregelung.“ Diese Auffassung qualifizierte die Zwecksetzung der SER dahin, es werde in erster Linie eine Abnahmepflicht der Netzbetreiber begründet, um überhaupt den Absatz von Strom aus erneuerbaren Energien sicherzustellen, und lediglich „ergänzend und flankierend“ trete die Festsetzung eines Mindestpreises hinzu.265 Entgegen dieser Ansicht läßt sich aus der funktionellen Verbindung von Abnahmezwang und Preisfestsetzung nicht folgern, die Vergütungsregelung nehme an der überwiegend sachgestaltenden Funktion der Abnahmepflicht teil. Wie die Entstehungsgeschichte der SER unzweifelhaft belegt, ist das Gegenteil richtig. Der Gesetzgeber des StrEG 1991 mußte den Abnahmezwang anordnen, um die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Preisfestsetzung dadurch abzusichern, daß deren Belastungswirkung unausweichlich gestellt wurde. Ein eigenständiger Regelungsbedarf nach Anordnung einer Abnahmepflicht zur Sicherung der Marktzutrittschancen der Einspeiser bestand aufgrund der kartellrechtlichen Ausgangssituation, wie soeben geschildert, nicht.266 Die Gesetzesbegründung spricht explizit davon, daß, werde nunmehr eine höhere Vergütung als die konkret vermiedenen Kosten gesetzlich vorgeschrieben, so sei „nicht mehr sichergestellt, daß die EVU Strom zu diesen erhöhten Preisen freiwillig in ihr Netz aufnehmen. Um die höhere Vergütung nicht leerlaufen zu lassen [sei] deshalb eine Abnahmeverpflichtung zusätzlich erforderlich.“267 Folglich steht das sachbereichsgestaltende Element des Abnahmezwangs schon nach der Absicht des Gesetzgebers in einer rein dienenden Funktion zur Preisfestsetzung als Grundlage der Finanzierungsfunktion.268 Die Gestaltungsfunktion der SER tritt damit als bloße flankierende Notwendigkeit zur Verwirklichung der Finanzierungsfunktion neben dieser in den Hintergrund. Die hiernach nahezu ausschließliche Finanzierungsfunktion des Fördermechanismus indiziert 264

Entwurf der Regierungsfraktionen zum StrEG 1991, BT-Drs. 11/7816, S. 3. So aber R. Scholz, ET 1995, S. 600. 266 Vgl. auch K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 (598). 267 Entwurf der Regierungsfraktionen zum StrEG 1991, BT-Drs. 11/7816, S. 5 (Hervorhebung nicht im Original). 268 So auch K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 (598) („Der innere Zusammenhang der Stromeinspeisungsregelung ist damit dem von Scholz gezeichneten Bild diametral entgegengesetzt: Die Mindestpreisregelung bildet keinen bloßen ,Annex‘, der ,ergänzend und flankierend‘ zu einer primär geregelten Abnahmepflicht hinzuträte. Sie steht vielmehr eindeutig im Zentrum der Regelung. Demgegenüber erweist sich die Abnahmepflicht als bloßes Hilfsinstrument.“); ähnlich auch BGHZ 134, 1 (16) zu § 2 StrEG („Im Regelungszusammenhang des Stromeinspeisungsgesetzes dient auch die Abnahmepflicht dem Förderzweck des Gesetzes, weil ohne eine solche Pflicht die Mindestpreisregelung nicht durchsetzbar wäre.“). 265

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eine Übergriffswirkung in Steuergesetzgebungskompetenzen von besonderer Intensität. b) Weite der zugewiesenen Finanzierungsaufgabe Das Ausmaß der Übergriffswirkung bestimmt sich weiter danach, wie weit der Gesetzgeber den Aufgabenzweck, den er der Gruppe der letztversorgenden EVU zur Finanzierung zuweist, gefaßt hat. Für die Unzulässigkeit der SER spricht es dabei zum einen, wenn die Finanzierungspflicht der Stromhändler auf einen „Globalzweck“ gerichtet ist, von dem schon aufgrund seiner Allgemeinheit von vornherein ausgeschlossen erscheint, daß eine Zuordnung zur Finanzierungsverantwortung einer privaten Gruppe gerechtfertigt ist. Zum anderen wäre der Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen dann von bedenklicher Intensität, wenn die Ausgestaltung der Finanzierungspflicht jede Berücksichtigung des Grundes und der Grenzen der privaten Finanzierungsverantwortlichkeit vermissen läßt, wenn sich also die finanzielle Sonderbelastung so darstellt, daß der Gesetzgeber den letztversorgenden EVU eine in ihrem Umfang allein nach Bedarfs- und Zweckmäßigkeitserwägungen umrissene Finanzierungsaufgabe überträgt. Durch die Festlegung von Mindestvergütungen und die Weitergabe der hieraus entstehenden Mehrkostenlast im Wege des bundesweiten Belastungsausgleichs wird die Gruppe der Stromhändler für Zwecke des Umwelt- und Klimaschutzes finanziell in Anspruch genommen. Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt269 und wie auch in der konkreten Ausgestaltung der Vergütungshöhen durch §§ 6 ff. EEG zum Ausdruck kommt, ist der Finanzierungszweck der SER konkret darauf gerichtet, den Anteil erneuerbarer Energien an der Gesamtstromerzeugung zu steigern, um in entsprechendem Umfang Strom aus konventioneller Erzeugung zu ersetzen und hierdurch einen Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emissionen und zur Schonung endlicher Energieressourcen zu leisten. Noch konkreter ist die den letztversorgenden EVU übertragene Finanzierungsaufgabe darauf begrenzt, „den Betreibern von optimierten Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien bei rationeller Betriebsführung einen wirtschaftlichen Betrieb dieser Anlagen grundsätzlich zu ermöglichen.“270 Insofern kann nicht davon gesprochen werden, die Stromhändler würden für einen Globalzweck in Anspruch genommen, der erkennbar außerhalb ihrer Beziehung zu den Erzeugern von umweltverträglich gewonnenem Strom steht.

269 Vgl. die Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 26 f. 270 BT-Drs. 15/2864, S. 36.

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Auf der anderen Seite ist nicht zu erkennen, inwiefern auch der Umfang der übertragenen Finanzierungsaufgabe aus einer besonderen Verantwortlichkeit der letztversorgenden EVU für die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung abgeleitet ist. Den „subventionierenden“ Anteil der Mindestvergütung hat der Gesetzgeber in einer Höhe festgelegt, die nach seiner Auffassung die Erwartung rechtfertigt, es werde eine solche Anzahl von Personen zum weiteren Betrieb oder zu einer Neuinstallation von Anlagen der regenerativen Stromerzeugung bewegt, daß die in § 1 Abs. 2 EEG aufgeführten quantitativen Steigerungsziele in der dazu vorgesehenen Zeit erreicht werden. Diese quantitativen und zeitlichen Steigerungsziele wiederum ergeben sich aus Zielvorgaben der EU sowie aus Zielfestsetzungen im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung.271 Es handelt sich bei ihnen somit um gänzlich „externe“, politisch bestimmte Faktoren, die keinerlei Beziehung zu der Interessen- und Verantwortlichkeitslage der in Anspruch genommenen Stromhändler, etwa dem Ausmaß einer Verursacherverantwortlichkeit oder dem Umfang einer besonderen Begünstigung dieser Gruppe, aufweisen. Somit gibt schon der Pflichtentatbestand der SER zu erkennen, daß das konkrete Ausmaß der finanziellen Sonderbelastung nicht aus dem Umfang der – hier einstweilen unterstellten – besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit abgeleitet und auf diesen abgestimmt, sondern allein nach umweltpolitischen Bedarfs- und Effektivitätserwägungen bemessen ist. Es ist folglich nicht Ausdruck eines vom Gesetzgeber beachteten Konnexes zwischen der Herkunft der Finanzierungsmittel und ihrer Verwendung, der geeignet wäre, die Sonderlast in funktioneller Hinsicht von der Steuer zu unterscheiden. c) Historische Auslegung der Sachgesetzgebungskompetenz Intensitätsmindernd könnte es für die SER in Anschlag gebracht werden, wenn die Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen durch den Erlaß abgabenähnlicher Preisregelungen vom Verfassunggeber des Grundgesetzes bereits vorgefunden und bei der systematischen Trennung von Steuer- und Sachgesetzgebungszuständigkeiten als grundsätzlich zulässige Übergriffslage vorausgesetzt wurde. Dieser historischen Auslegung der beteiligten Gesetzgebungskompetenzen könnte um so mehr Gewicht beigemessen werden, wenn ein rechtshistorisch fundierter Einsatz von Preisregelungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben gerade im Energiewirtschaftsrecht zu belegen wäre. Zwar kannte das Energiewirtschaftsrecht bereits vor Inkrafttreten des Grundgesetzes ein Regime der Preiskontrolle,272 doch diente dieses – wie bereits die 271 Hierzu die Begründung des Gesetzentwurfs der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BT-Drs. 14/2776, S. 20 (zu § 1 EEG 2000) sowie BT-Drs. 15/2864, S. 26 (zu § 1 EEG 2004).

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Präambel des EnWG 1935 zeigt, in der die Ziele einer sicheren und preisgünstigen Stromversorgung festgelegt waren – lediglich zu Zwecken einer preisgünstigen Versorgung der Stromverbraucher sowie zum Ausgleich der Zulassung eines flächendeckenden Systems von Konzessions- und Demarkationsverträgen.273 Preisregelungen, durch die ein bestimmter Zweig der Stromwirtschaft gezielt mit einer horizontalen Subventionspflicht zugunsten eines anderen Branchenzweigs belegt wurde, waren dem Energiewirtschaftsrecht vor Inkrafttreten des Grundgesetzes fremd, können also durch den Verfassunggeber nicht als zulässig vorausgesetzt worden sein. Auch unter Geltung des Grundgesetzes verwirklichte der Gesetzgeber seine ordnungspolitischen Vorstellungen innerhalb der Energiewirtschaft mehrere Jahrzehnte lang, ohne dabei privatrechtliche Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Belange aufzuerlegen. Dabei bediente er sich zwar seit Mitte der siebziger Jahre in weitem Umfang des Instruments der Sonderabgabe, etwa durch Einführung der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz, dem sog. Kohlepfennig.274 Aber erst in Gestalt der auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG gestützten Stromeinspeisungsregelung in der Fassung des zum 1. Januar 1991 in Kraft getretenen StrEG275 setzte der Gesetzgeber im Bereich der Energiewirtschaft erstmals eine abgabenäquivalente Preisregelung ein. Die SER blieb als fördernde Vergütungsregelung innerhalb dieser Rechtsmaterie eine Ausnahme, bis im Jahr 2000 eine ähnliche, nach dem Vorbild des Stromeinspeisungsregimes gestaltete Regelung zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung hinzutrat.276 Daraus erhellt, daß Subventionierung zwischen Privaten im Energiewirtschaftsrecht auch unter Geltung des Grundgesetzes auf einzelne Ausnahmen beschränkt bleibt, so daß von einer „kompetenziellen Kontinuität“ bis in die Gegenwart nicht gesprochen werden kann. Der Eindruck eines „Bruches“ mit der kompetenzrechtlichen Tradition insbesondere im Energiewirtschaftsrecht würde weiter bestätigt, wenn die SER eine Finanzierungsaufgabe übernommen hätte, die zuvor durch Steuermittel wahrgenommen wurde, wenn der Fördermechanismus also funktionell unmittelbar die Handlungsform der Steuer ersetzt hätte. Allerdings war die Höhe der Vergütung 272 Vgl. U. Büdenbender, JuS 1978, S. 150 (155); C. Theobald, in: J.-P. Schneider/ ders. (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 1 Rn. 54; P. Franke, in: J.-P. Schneider/C. Theobald (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 16 Rn. 1. 273 Zur Zulassung von Konzessions- und Demarkationsverträgen unter Geltung des EnWG 1935 vgl. C. Theobald, in: J.-P. Schneider/ders. (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 1 Rn. 50; U. Büdenbender, EnWG, Kommentar, 2003, Einleitung Rn. 12. 274 Zu Entwicklung, Ausgestaltung und Verfassungswidrigkeit dieser Abgabe BVerfGE 91, 186 ff. 275 Vgl. Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz (Stromeinspeisungsgesetz) vom 7. 12. 1990 (BGBl. I S. 2633). 276 Vgl. Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) vom 12. 5. 2000 (BGBl. I S. 703).

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für Stromeinspeisungen aus erneuerbaren Energieträgern bis zur Einführung der SER nicht Gegenstand staatlicher Intervention. Die Wirkungen des Kartellrechts beschränkten sich darauf, den Einspeisern einen Anspruch auf Abnahme der erzeugten Elektrizität zu einem Preis in Höhe der konkret vermiedenen Kosten zu gewähren; höhere Vergütungen blieben freiwilligen Vereinbarungen zwischen den Verbänden der beteiligten Parteien überlassen. Die konkrete öffentliche Aufgabe, zu deren Finanzierung gegenwärtig die SER dient, wurde bis 1991 weder aus Steuermitteln noch in sonstiger Weise wahrgenommen. Der Bund hat daher durch den Erlaß des StrEG seine finanzwirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten in eben der Weise, die als charakteristisch für einnahmenwirksame Sachregelungen beschrieben worden ist,277 erweitert. Daß der Einsatz einer abgabenähnlichen Vergütungsregelung dabei nicht in einer kompetenziellen Kontinuität steht, sondern als Zäsur in der Wahl der Finanzierungsinstrumente auffällt, wird daraus deutlich, daß der Gesetzgeber zur Erhöhung der Einspeisevergütungen zunächst ein Subventionsprogramm aus Haushaltsmitteln erwogen hatte und erst im Gesetzgebungsverfahren die Entscheidung für eine „subventionierende“ Preisregelung fiel.278 Der Ausnahmecharakter dieser Entscheidung wird in der Gesetzesbegründung durch den Hinweis hervorgehoben, „eine solche Maßnahme“ müsse „in einer marktwirtschaftlichen Ordnung die absolute Ausnahme bleiben.“279 Gezielt als funktioneller Ersatz einer steuerfinanzierten Förderung erneuerbarer Energien wurde die SER erst anläßlich späterer Änderungen verwendet. So wurde im Herbst 2003 die Vergütungshöhe für Strom aus solarer Strahlungsenergie angehoben, um auf diese Weise den Rückgang der Gesamtförderung von Anlagen zur Stromerzeugung aus Solarenergie, der durch das Auslaufen des „100 000 Dächer“-Programms – einer Förderung aus Mitteln des Bundeshaushalts – zum 30. Juni 2003 eingetreten war, zu kompensieren.280 Eine historische Betrachtung des Kompetenzgebrauchs auf dem Gebiet der Energiewirtschaft zeigt somit, daß einnahmenwirksame Sachregelungen in diesem Bereich nicht die Anerkennung des Verfassunggebers genießen. Abgabenäquivalente Preisregelungen bilden innerhalb dieser Rechtsmaterie auch seit Inkrafttreten des Grundgesetzes die Ausnahme. Eine unmittelbare Ersetzung steuerfinanzierter staatlicher Aufgabenwahrnehmung ging mit der Einführung der SER nicht einher, vielmehr hat der Bund seine Einflußnahme auf die Energiewirtschaft durch diese Regelung erweitert. Erst in jüngerer Zeit hat der Gesetz277 278

Siehe oben § 10 A III. Vgl. den Entwurf der Regierungsfraktionen zum StrEG 1991, BT-Drs. 11/7816,

S. 1. 279

BT-Drs. 11/7816, S. 4. Hierzu der Entwurf der Regierungsfraktionen zu einem Zweiten Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), BT-Drs. 15/1974, S. 1; vgl. auch die Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 25, 44. 280

§ 10 Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen

307

geber durch Steigerungen des Transfervolumens haushaltsfinanzierte Förderprogramme zur Subventionierung erneuerbarer Energien unmittelbar in ihrer Funktion ersetzt. Eine Zusammenschau dieser Faktoren zeigt, daß abgabenäquivalente Preisregulierung im Stromwirtschaftsrecht keinerlei kompetenzielle Kontinuität oder Tradition aufweist, die für eine verminderte Übergriffsintensität angeführt werden könnte. d) Planmäßige Einflußnahme auf die staatliche Einnahmenwirtschaft Schließlich ist für die Intensität des Kompetenzübergriffs der SER in Steuergesetzgebungskompetenzen von Relevanz, ob der Sachgesetzgeber durch den Einsatz dieses Instruments bestrebt ist, planmäßig Einfluß auf die Einnahmenwirtschaft des Bundes zu nehmen. In Richtung einer unzulässigen Intensität weist es, wenn die SER gerade deshalb als fördernde Vergütungsregelung ausgestaltet worden ist, um formenspezifische Zulässigkeitsvoraussetzungen, durch die der Vorrang der Steuerfinanzierung geschützt werden soll, zu vermeiden. Davon wäre dann auszugehen, wenn es sich bei der SER objektiv nachweisbar um den Versuch des Gesetzgebers handelt, die Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben zu umgehen. Dieser Nachweis gelingt für die SER indessen nicht. Im Vorfeld der Einführung des StrEG 1991 fand eine Diskussion der funktionellen Äquivalenz von Sonderabgaben und Preisregelungen, durch die der Gesetzgeber auf ein mögliches Fehlen der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben im Falle der Stromeinspeisung sowie auf die Möglichkeiten eines äquivalenten Einsatzes einer Preisregelung aufmerksam geworden sein könnte, nicht statt. Die Austauschbarkeit von Sonderabgabe und „Quersubvention“ dürfte für den Gesetzgeber des Jahres 1990 noch nicht im Vordergrund gestanden haben. Dafür spricht zum einen, daß die Gesetzesbegründung des StrEG 1991 zwar nachdrücklich darauf hinweist, der Einsatz einer solchen Maßnahme müsse „die absolute Ausnahme“ bleiben,281 dieses Bedenken jedoch nicht auf die funktionelle Konkurrenz zu Steuer und Sonderabgabe, sondern auf die unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten unerfreulichen Folgen von Eingriffen in die Preisfreiheit bezieht. Zum anderen wird dies dadurch nahegelegt, daß das zuständige Regierungsressort sich, sobald eine Debatte über die bei materieller Betrachtung einer Sonderabgabe gleichkommenden Wirkungen der SER im Schrifttum einmal eingesetzt hatte, durchaus öffentlich und eingehend gegen diesen Vorwurf verwahrte. Allerdings entwikkelte sich eine solche Diskussion erst infolge der Entscheidung des BVerfG zum sog. Kohlepfennig282 und erreichte in den Jahren ab 1995 einen vorläufigen Höhepunkt.283 In Reaktion hierauf setzt sich der erste Erfahrungsbericht der 281 282

Entwurf der Regierungsfraktionen zum StrEG 1991, BT-Drs. 11/7816, S. 4. BVerfGE 91, 186.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Bundesregierung zur SER aus dem Herbst 1995 ausführlich mit den Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen der SER und dem Vorwurf der Formenvertauschung auseinander, wobei die Regierung letzteren freilich von sich weist.284 Daß eine solche Aufmerksamkeit für die Möglichkeiten eines formenvermeidenden Einsatzes auf Seiten des Gesetzgebers bereits im Jahr 1991 bestand und ausschlaggebend für die Ausgestaltung als Preisregelung wurde, läßt sich nicht nachweisen. Deutlichere Anzeichen finden sich hingegen dafür, daß die Wahl der Handlungsform durch den Gesetzgeber des StrEG 1991 maßgeblich von dem Bestreben getragen war, die Förderung umweltverträglicher Stromerzeugung gerade unter Vermeidung weiterer Belastungen für den Bundeshaushalt zu verwirklichen, also im wesentlichen durch Erwägungen der Haushaltsschonung bestimmt war. Hierfür spricht zum einen, daß noch die Entwurfsbegründung des StrEG 1991 als Alternative zu einer fördernden Preisregelung ein staatliches Subventionsprogramm aus Haushaltsmitteln vorsah.285 Auch wurde die Option einer staatlichen Direktsubventionierung in den früheren Phasen des Gesetzgebungsverfahrens häufiger erwogen als eine Finanzierungspflicht der EVU.286 Da die Bundesregierung noch im Frühjahr 1990 eine „subventionierende“ Preisregelung aus ordnungspolitischen Gründen strikt abgelehnt hatte,287 wurde der rasche Übergang zu dieser Finanzierungsform im Schrifttum auch als plötzliche „Kehrtwendung“ bezeichnet.288 Zum anderen fällt auf, daß die Einführung des StrEG 1991 unmittelbar auf die Steuerreform des Jahres 1990 folgte, durch die in großem Umfang steuerrechtliche Vergünstigungen zugunsten der Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien abgeschafft worden waren. Zu diesen Maßnahmen zählen namentlich die Aufhebung der Verordnung über die steuerliche Begünstigung von Wasserkraftanlagen sowie die Abschaffung der Investitionshilfezulage nach § 4a Investitionshilfezulagengesetz 289 und der erhöhten Abschreibungen gem. § 82a Einkommensteuer-Durchführungsverordnung.290 Auch 283 Vgl. H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41 ff.; K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 ff.; R. Scholz, ET 1995, S. 600 ff.; C. Theobald, ET 1996, S. 594 ff. 284 Erfahrungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft zum Stromeinspeisungsgesetz, BT-Drs. 13/2681, S. 7. 285 Vgl. den Entwurf der Regierungsfraktionen zum StrEG 1991, BT-Drs. 11/7816, S. 1. 286 Vgl. den Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP, BT-Drs. 11/7169, S. 3, sowie den Antrag der Fraktion Die Grünen, BT-Drs. 11/4048, S. 2 f., 5; vgl. auch den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zum Antrag der Fraktionen CDU/CSU und FDP, BT-Drs. 11/7418, S. 1. 287 Bericht der Bundesregierung über die Förderung der Windkraft, BT-Drs. 11/ 6444, S. 7. 288 So B. J. Herrmann, Anwendungsprobleme des Stromeinspeisungsgesetzes, 1996, S. 26; vgl. auch P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, Einführung Rn. 38.

§ 10 Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen

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im Schrifttum wurde seinerzeit bemerkt, der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Abbau der Steuersubventionen zugunsten regenerativer Stromerzeugung und der Einführung der gesetzlichen Vergütungsregelung erscheine „nicht zufällig“.291 Wenn der Gesetzgeber die Auferlegung einer privatrechtlichen Finanzierungspflicht unmittelbar auf die Streichung dieser Steuersubventionen folgen ließ, so läßt sich dies nur damit erklären, daß er die Förderung erneuerbarer Energien zu diesem Zeitpunkt als gegenüber anderen finanzierungsbedürftigen Aufgaben nachrangig ansah und deshalb zu einer Intervention zugunsten der Einspeiser „grünen“ Stroms nur bereit war, wenn sich diese Förderung auf haushaltsneutrale Weise realisieren ließ. Neben einem Hinweis, daß die seinerzeit herrschende Haushaltsknappheit die wesentliche Triebfeder für den Einsatz einer einnahmenwirksamen Preisregelung gewesen sein dürfte, liegt hierin auch ein Beleg dafür, daß die SER bereits bei ihrer Einführung in gewissem Umfang der funktionellen Ersetzung steuerlicher Handlungsformen diente. Wie die Gesetzesbegründung der EEG-Novelle 2004 deutlich macht, ist nicht nur für die ursprüngliche Einführung, sondern auch für die spätere Beibehaltung der Preisregelung als Finanzierungsinstrument die Haushaltslage des Bundes bestimmend gewesen. So spricht die Begründung davon, „angesichts der eingeschränkten Handlungsspielräume der öffentlichen Haushalte“ gebe es „derzeit keine realistische Alternative zum Einspeise- und Umlagesystem des EEG, um die Ausbauziele für Erneuerbare Energien zu erreichen“.292 Schließlich spricht das Ausmaß des „quersubventionierenden“ Finanztransfers der SER für eine planmäßige Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die Einnahmenwirtschaft des Bundes. Mit einer Förderwirkung von rund 2,7 Mrd. Euro im Jahr 2005293 – auf diesen Betrag beläuft sich allein die förderbedingte Mehrkostenbelastung der Stromhändler – bildet die SER die „ertrags“stärkste Referenzregelung. Wird als Richtwert, bei dessen Erreichung eine Preisintervention in jedem Fall einnahmenwirtschaftliche Größenordnungen annimmt, ein Prozent des Umsatzsteueraufkommens zugrunde gelegt,294 so übersteigt die Fi289 Vgl. Art. 25 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung von Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen im Beitrittsgebiet sowie zur Änderung steuerrechtlicher und anderer Vorschriften (Steueränderungsgesetz 1991) vom 24. 6. 1991 (BGBl. I S. 1322 (1341)). 290 Hierzu auch H. Klinger, Das Stromeinspeisungsgesetz, in: FS f. Bodo Börner, 1992, S. 541 (544); Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zum Antrag der Fraktionen CDU/CSU und FDP, BT-Drs. 11/7418, S. 5. 291 So H. Klinger, Das Stromeinspeisungsgesetz, in: FS f. Bodo Börner, 1992, S. 541 (544). 292 BT-Drs. 15/2864, S. 23. 293 Siehe zum Fördervolumen der SER bereits oben § 2 B III 2; vgl. auch die Pressemitteilung des Verbands der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) e. V. „Ökostrom-Förderung steigt auf drei Milliarden Euro“ vom 31. 10. 2005. 294 Zur Herleitung dieses Orientierungswerts siehe oben § 10 C I 4.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

nanzierungswirkung der SER diesen Wert – ca. 1,08 Mrd. Euro im Jahr 2005295 – um mehr als das Doppelte. Auch im Vergleich zum Aufkommen der Stromsteuer, durch die der Bund ebenfalls Einnahmen aus der Belastung letztversorgender EVU erzielt und die im Jahr 2005 rund 6,5 Mrd. Euro erbrachte, zeigt sich die Finanzierungswirkung der SER einnahmenwirtschaftlich relevant. 2. Herstellerabschlag für Arzneimittel, § 130a SGB V a) Verhältnis von Sachgestaltungs- und Finanzierungsfunktion Auch für die Preisabschlagsregelung296 zu Lasten der Arzneimittelhersteller gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V ist eine hohe Intensität der Übergriffswirkung dann indiziert, wenn die Finanzierungsfunktion dieser Regelung ihre sachgestaltende Funktion deutlich überwiegt. Wiederum ist dabei darauf zu achten, daß nicht durch eine vorschnelle und an der Oberfläche bleibende Qualifikation des Regelungszwecks solche Wirkungen des Preisabschlags, die entscheidend auf dessen Finanzierungsfunktion basieren und daher dieser gegenüber keine Unterscheidungskraft aufweisen, als Sachzwecke anerkannt werden; um dies zu vermeiden, werden wiederum die aus der Systematisierung von Sonderabgaben bekannten Zwecktypen als heuristisches Instrument eingesetzt. Ein Lenkungszweck wäre der Abschlagsregelung zuzuerkennen, wenn diese darauf gerichtet ist, das Verhalten der Arzneimittelhersteller zu beeinflussen, indem diese dazu veranlaßt werden, der finanziellen Belastungswirkung der Maßnahme auszuweichen. Doch ist die Belastungswirkung des § 130a Abs. 1, 3b SGB V vom Gesetzgeber bewußt unausweichlich gestaltet. Sofern die pharmazeutischen Unternehmen die Herstellung und den Vertrieb der in § 130a Abs. 1 und 3 bzw. Abs. 3b SGB V bezeichneten Fertigarzneimittel nicht einstellen und diese Produkte weiterhin durch Apotheken zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen abgegeben werden, entsteht für jede Arzneimittelabgabe die Erstattungspflicht des § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V. Der einzige Weg für die Hersteller, die erlittene Gewinneinbuße jedenfalls zu mindern, besteht in einer Erhöhung des Herstellerabgabepreises. Dieses Verhalten ist freilich durch den Gesetzgeber gerade nicht intendiert und wird, soweit sich hieraus Mehrausgaben für die GKV ergeben, während der Geltung eines Preismoratoriums – wie derzeit durch § 130a Abs. 3a SGB V angeordnet – gezielt verhindert.

295 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch 2006, 2006, S. 576 (Tab. 23.4.1). 296 Soweit sich die Preisabschläge gem. § 130a Abs. 1 und Abs. 3b SGB V nicht in einer Weise unterscheiden, die für ihre verfassungsrechtliche Beurteilung erheblich ist, wird für die Zwecke dieser Untersuchung nicht zwischen beiden Abschlagsregelungen unterschieden, siehe bereits oben § 3 D III.

§ 10 Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen

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Ebensowenig wie auf Verhaltenssteuerung ist die Abschlagsregelung auf den Ausgleich gesetzgeberisch veranlaßter Ungleichbelastungen gerichtet. Der finanzielle Konsolidierungsbedarf im System der GKV ist nicht auf eine vorangegangene hoheitliche Intervention zurückzuführen, deren ungleiche Wirkungen auf verschiedene Personengruppen durch eine weitere finanzielle Belastung ausgeglichen werden müßte, um eine „Gleichheit in der Last“297 wiederherzustellen. Vielmehr beruht dieser Konsolidierungsbedarf weitgehend auf systemimmanenten Faktoren wie der demographischen Entwicklung, der Zunahme und Kumulation neuartiger Krankheitsbilder („Multimorbidität“) und der Abwanderung attraktiver, weil gesunder und wirtschaftlich leistungsfähiger Versicherungsnehmer zu privaten Krankenversicherungen.298 Da die Abschlagsregelung wie sämtliche Kostendämpfungsmaßnahmen im System der GKV das Ziel verfolgt, die wirtschaftliche Existenzfähigkeit gesetzlicher Krankenkassen zu erhalten und deren Finanzverhältnisse zu bessern, dient sie einem Förderzweck. Da mit dem Begriff der Förderung einer Personengruppe jedoch lediglich die Zuführung finanzieller Mittel umschrieben wird, mangelt es dieser Qualifikation eines Regelungszwecks an der gebotenen Unterscheidungskraft gegenüber einer rein finanziellen Zwecksetzung. Sie erlaubt es, eine ganz überwiegende oder ausschließliche Finanzierungsfunktion schlicht in eine sachgestaltende Zwecksetzung „umzuqualifizieren“. Ihr wird daher für die Bestimmung der Übergriffsqualität keine intensitätsmindernde Bedeutung zuerkannt. Zwar läßt sich auch in der Rechtfertigung des Herstellerabschlages gem. § 130a Abs. 1 SGB V durch den Gesetzgeber der Verursachergedanke erkennen;299 wie bereits zur Übergriffswirkung der Stromeinspeisungsregelung ausgeführt, handelt es sich bei dieser Kategorie jedoch nicht um einen Gestaltungszweck.300

297 Begriff nach BVerfGE 92, 91 (118) – Feuerwehrabgabe III (Das Gericht beschreibt dort die Funktion einer Sonderabgabe mit Ausgleichszweck.). 298 Zu diesen Ursachen die Begründung des Entwurfs der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BT-Drs. 15/28, S. 11; F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (354); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (419). 299 Die Gesetzesbegründung zum BSSichG 2003, durch das die Abschlagsregelung eingeführt wurde, weist auf die „hohen Umsätze der pharmazeutischen Unternehmen im GKV-Bereich“ hin, denen „erhebliche Kostensteigerungen“ und „überproportionale Ausgabenzuwächse“ der Kassen gegenüberständen (BT-Drs. 15/28, S. 11 f.); ähnlich hebt die Gesetzesbegründung zum GKV-Modernisierungsgesetz 2004, durch das der Herstellerabschlag beibehalten wurde, hervor, die Ausgaben der GKV für die Versorgung mit Arzneimitteln seien in den vorangegangenen Jahren „überproportional angestiegen, ohne daß dies allein medizinisch zu begründen wäre.“ (BT-Drs. 15/1525, S. 75). 300 Siehe oben § 10 C II 1 a).

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Nähert man sich der Gewichtung der Regelungsfunktionen des Arzneimittelabschlags von Seiten des Finanzierungszwecks, so ist dieser deutlich festzustellen. Die Erstattungspflicht gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V wirkt bei wirtschaftlicher Betrachtung wie eine Minderung des Herstellerabgabepreises in entsprechender Höhe. In dem Umfang, in dem den Krankenkassen hierdurch Arzneimittelausgaben erspart bleiben, wird ihr finanzielles Handlungspotential für andere Aufgaben erhalten. Auch der Herstellerabschlag weist somit eine Finanzierungsfunktion auf, die – wie soeben gesehen wurde – nicht durch unterscheidungskräftige Sachzwecke begrenzt wird; die Finanzierungsfunktion ist folglich dominant. Allerdings ergibt sich aus der beschriebenen Wirkungsweise der Abschlagsregelung zugleich ein Unterschied zu der Art von Finanzierung, auf die nichtsteuerliche Abgaben oder andere Preisinterventionen wie beispielsweise die SER gerichtet sind. Der Arzneimittelpreisabschlag führt den Budgets der Krankenkassen keine zusätzlichen Finanzmittel zu, durch die deren wirtschaftlicher Handlungsspielraum über den bestehenden Umfang hinaus erweitert wird. Er bewirkt lediglich Minderausgaben für Arzneimittel und erhält damit finanzielles Handlungsvermögen für andere Zwecke.301 Zwar wird hierdurch nicht in Frage gestellt, daß die Regelungen des § 130a Abs. 1 und 3b SGB V ausschließlich Finanzierungszwecken dienen. Dennoch ist der Umstand, daß ihre Wirkungsweise sich nicht als „positive“ Erweiterung des wirtschaftlichen Handlungspotentials der Krankenkassen durch Zuführung zusätzlicher Geldmittel darstellt, bei der Bestimmung der Übergriffsintensität zu berücksichtigen. Der Befund einer reinen Finanzierungsfunktion wird hierdurch in gewissem Umfang relativiert. b) Weite der zugewiesenen Finanzierungsaufgabe Auch für den Herstellerabschlag ist sodann zu fragen, ob der Gesetzgeber die Finanzierungsaufgabe als „Globalzweck“ formuliert hat, so daß ihre Zuordnung zur begrenzten Finanzierungsverantwortlichkeit einer Gruppe Privater von vornherein ausscheidet, oder ob der Umfang der Finanzierungspflicht durch den Gesetzgeber allein nach finanz- und aufgabenpolitischen Bedarfserwägungen und damit ohne Rücksicht auf Grund und Grenzen der privaten Finanzierungsverantwortlichkeit festgelegt worden ist. Als Zweck der Abschlagsregelung nennt die Gesetzesbegründung die finanzielle Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung,302 die zugleich die 301

Hierauf weist auch U. Becker, NZS 2003, S. 561 (564) hin. Vgl. die Begründung des Entwurfs der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BTDrs. 15/28, S. 11 („. . . um die Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung zu stärken, das Beitragssatzniveau zu stabilisieren und insbesondere im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung finanziellen Spielraum für notwendige strukturelle Reformmaßnahmen zu schaffen.“). 302

§ 10 Übergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen

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Möglichkeit eröffnen soll, die Beitragssätze zunächst zu stabilisieren303 und sie sodann auch zu senken.304 Noch präziser grenzt der Gesetzgeber die Zwecksetzung des § 130a Abs. 1 SGB V dahin ein, es sollten die Arzneimittelausgaben der GKV im Bereich nicht festbetragsgeregelter Arzneimittel gesenkt werden.305 Bei diesem Anliegen handelt es sich nicht um einen Globalzweck, der offensichtlich in keinem inneren Zusammenhang zu der Interessen- und Verantwortlichkeitslage des sonderbelasteten Wirtschaftszweiges steht. Vielmehr besteht ein solcher Zusammenhang jedenfalls aus Sicht des Gesetzgebers darin, daß auf dem Gebiet nicht festbetragsgeregelter Arzneimittel erhebliche „Unwirtschaftlichkeiten“ bei der Preisgestaltung herrschen, die Herstellerabgabepreise nach Auffassung des Gesetzgebers also vielfach überhöht sind.306 Allerdings ist fraglich, ob der Gesetzgeber diese Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung der Arzneimittelhersteller auch bei der Ausgestaltung und Bemessung der Finanzierungspflicht zugrunde gelegt hat. Zweifel hieran kommen insbesondere deshalb auf, weil der Gesetzgeber den Umfang der Finanzierungsaufgabe seit der Einführung des § 130a SGB V mehrfach verändert hat, ohne sich hierbei auf eine veränderte Verantwortlichkeitslage auf Seiten der Hersteller zu beziehen. So galt im Jahr 2004 an Stelle des durch § 130a Abs. 1 S. 1 SGB V auf Dauer angeordneten Regelabschlagssatzes von sechs Prozent gem. § 130a Abs. 1a SGB V ein erhöhter Abschlagssatz von 16 Prozent. Zum 1. April 2006 ergänzte der Gesetzgeber die Abschlagsregelung in Absatz 1 sodann durch einen weiteren Abschlag in Höhe von zehn Prozent, der nur auf patentfreie wirkstoffgleiche Arzneimittel zu gewähren ist, vgl. § 130a Abs. 3b SGB V. Der erhöhte Abschlagssatz im Jahr 2004 diente nach dem Willen des Gesetzgebers dazu, Einsparungsverluste, die in diesem Zeitraum durch eine Umstellung der Festbetragsregelung des § 35 SGB V eintraten, vorübergehend zu kompensieren.307 Der innere Zusammenhang zwischen der Festbetragsregelung und dem Herstellerabschlag besteht aus Sicht des Gesetzgebers darin, daß beide Instrumente darauf gerichtet sind, die Auswirkungen „überhöhter“308 Preisniveaus bei Arzneimitteln für die Budgets der GKV zu begrenzen. Eine Begründung, inwiefern sich eine Anhebung des Abschlagssatzes in Höhe von zehn Prozent303

BT-Drs. 15/28, S. 11. Begründung des Fraktionsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 72. 305 Begründung des Entwurfs der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BT-Drs. 15/ 28, S. 16. 306 BT-Drs. 15/28, S. 16; BT-Drs. 15/1525, S. 71, 75. 307 Vgl. die Begründung des Fraktionsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 75, 122. 308 Zu dieser Wertung des Gesetzgebers – anläßlich der Einführung der Festbetragsregelung – die Begründung des Fraktionsentwurfs zum Gesundheits-Reformgesetz 1989, BT-Drs. 11/2237, S. 147. 304

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

punkten gegenüber dem auf Dauer angeordneten Satz aus den Preisniveaus der betroffenen Arzneimittel rechtfertigt, gibt der Gesetzgeber jedoch nicht.309 Auch für die Höhe des Regelabschlagssatzes von sechs Prozent gem. § 130a Abs. 1 SGB V läßt der Gesetzgeber eine tragfähige Begründung vermissen. Die Höhe des Abschlagssatzes wurde bei Einführung des § 130a SGB V durch das Beitragssatzsicherungsgesetz 2003 damit begründet, sie rechtfertige sich aus einem Vergleich zu den Auswirkungen der Festbetragsregelung des § 35 SGB V sowie der aut-idem-Regelung in § 129 Abs. 1 SGB V, die „in den betroffenen Marktsegmenten erfahrungsgemäß zu vergleichbaren Einsparungen für die Krankenversicherung“ führten.310 Allerdings ist die Einführung des Herstellerabschlages gerade wesentlich darauf zurückzuführen, daß eine Festsetzung von Festbeträgen in bestimmten Segmenten des Arzneimittelmarktes aufgrund der Voraussetzungen des § 35 SGB V nicht in Betracht kommt, Einsparungen in diesen Bereichen also nur mit Hilfe einer Abschlagsregelung zu erzielen sind.311 Folglich kann für diese Marktsegmente auch keine Aussage darüber getroffen werden, zu welchen Einsparungen die Festbetragsregelung von Arzneimitteln hier führen würde, inwiefern also das Preisniveau in diesen Marktsegmenten – in den Worten des Gesetzgebers – „überhöht“ ist. Ähnliches gilt im Verhältnis von Herstellerabschlag und aut-idem-Regelung, da auch die Anwendungsbereiche dieser beiden Regelungen zu keinem Zeitpunkt deckungsgleich gewesen sind. Die Begründung, die konkrete Höhe des Abschlagssatzes rechtfertige sich aus einem Wirkungsvergleich der verschiedenen Instrumente, erweist sich also bei näherer Betrachtung als nicht tragfähig. Am deutlichsten aber wird die fehlende Abstimmung der Belastungsintensität auf eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Pharmaunternehmen für den zum 1. April 2006 eingeführten Abschlag auf Generika gem. § 130a Abs. 3b SGB V. Durch diesen werden zum Teil Arzneimittel, die bislang der Abschlagsregelung nach Absatz 1 unterfielen, zum Teil auch solche, für die aufgrund ihrer Festbetragsregelung bislang keine Abschläge galten, einem zehnprozentigen Zwangsrabatt unterworfen. Zum ersten Mal belastet der Gesetzgeber die Arzneimittelhersteller, ohne dies in irgendeiner Form mit Gründen aus der Sphäre der pharmazeutischen Industrie zu rechtfertigen. Die Gesetzesbegründung erläutert die Einführung des ergänzenden Preisabschlags damit, der Anstieg der GKV-Arzneimittelausgaben im Jahr 2005 sei doppelt so hoch gewesen wie der von der Selbstverwaltung vereinbarte Zuwachs; aufgrund dessen sei das Ziel der Beitragssatzstabilität gefährdet.312 An mehreren Stellen erwähnt 309 Vgl. wiederum BT-Drs. 15/1525, S. 75, 122. – Zur Kritik an dieser fehlenden Rechtfertigung vgl. auch H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 12 ff.; H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (180). 310 BT-Drs. 15/28, S. 16. 311 Siehe eingehend hierzu unten § 16 D VI 3 a) bb).

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die Gesetzesbegründung, das Verordnungsverhalten der Ärzte habe sich in dem betreffenden Zeitraum von dem „tatsächlichen medizinischen Versorgungsbedarf“ der Patienten entfernt und dabei Steigerungen der Arzneimittelausgaben bewirkt.313 Daß die erhöhten Belastungen der Pharmaindustrie infolge zusätzlicher Preisabschläge durch Veränderungen der Verantwortlichkeitslage der Arzneimittelhersteller gerechtfertigt seien, macht der Gesetzgeber an keiner Stelle geltend. Insbesondere bringt er die zur Legitimation des § 130a Abs. 1 SGB V angeführten Erwägungen – die Hersteller nutzten den unzureichenden Preiswettbewerb auf dem GKV-Arzneimittelmarkt zur Festlegung „überhöhter“ Herstellerabgabepreise314 – zur Rechtfertigung des Generika-Abschlages nicht vor. Durchgängig wird die erhöhte Inanspruchnahme der Pharmaindustrie damit begründet, das politische Ziel der Beitragssatzstabilität dürfe nicht in Frage gestellt werden.315 Sowohl die Festlegung des Abschlagssatzes in Höhe von sechs Prozent gem. § 130a Abs. 1 SGB V als auch diejenige in Höhe von 16 Prozent für das Jahr 2004 gem. Absatz 2 bzw. in Höhe von zehn Prozent für patentfreie wirkstoffgleiche Arzneimittel gem. Absatz 3b knüpft damit nicht an Umstände aus einer gemeinsamen Interessen- und Verantwortlichkeitslage der belasteten Hersteller an. Wie sich bei näherer Betrachtung zeigt, ist sie nicht auf den Grund und folglich auch nicht auf die Grenzen einer – hier noch nicht zu erörternden – besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit der Pharmaunternehmen abgestimmt. Es muß daher davon ausgegangen werden, daß die Festlegung des Abschlagssatzes allein durch die Einsparungsziele und Bedarfsvorstellungen des Gesetzgebers bestimmt ist. Dann aber kann nicht davon gesprochen werden, der Gesetzgeber habe – wie dies für Sonderlasten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten ist – eine bestehende Finanzierungsverantwortlichkeit ermittelt, ihren Umfang beurteilt und ihr sodann entsprechend ihres Umfangs einen finanzierungsbedürftigen Sonderaufwand zugeordnet. Vielmehr bietet die Regelung des § 130a SGB V das Bild, der Gesetzgeber habe die Finanzierungsaufgabe allein nach praktischen Notwendigkeiten festgelegt und sodann privater Finanzierungsverantwortung aufgebürdet.

312 So die Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum AVWG, BT-Drs. 16/ 194, S. 1. 313 BT-Drs. 16/194, S. 1, 6, 9, 12. 314 Vgl. die Begründung des Entwurfs der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BTDrs. 15/28, S. 11 f., sowie die Begründung des Fraktionsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 75, 123. 315 Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum AVWG, BT-Drs. 16/194, S. 1, 6, 12.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

c) Historische Auslegung der Sachgesetzgebungskompetenz Für eine Anerkennung des Einsatzes abgabenäquivalenter Preisregelungen durch den Verfassunggeber gerade im Sozialversicherungsrecht ließe sich anführen, daß der Apothekenrabatt gem. § 376 Reichsversicherungsordnung – gleichsam als Vorläuferregelung des heutigen § 130 SGB V – bereits seit dem Jahr 1911 bestand.316 Eine Berücksichtigung durch den Verfassunggeber erscheint angesichts dessen nicht von vornherein ausgeschlossen. Allerdings war die kartellrechtliche Ausgleichsfunktion, aus der § 376 RVO ursprünglich seine Legitimation bezogen hatte, bereits im Jahr 1923, als das Beitrittsrecht der Apotheken zu Vereinbarungen über Vorzugsbedingungen zwischen Krankenkassen und anderen Apotheken durch Verordnung des Reichsarbeitsministers aufgehoben wurde, entfallen. Die Regelung war daher vor Inkrafttreten des Grundgesetzes nicht nur eine Ausnahme geblieben, sondern auch hinsichtlich ihrer Rechtfertigung bereits zweifelhaft geworden. Für eine verfassungsrechtliche Anerkennung fehlt sowohl unter der Weimarer Reichsverfassung als auch in den ersten Jahrzehnten des Grundgesetzes jeder Anhaltspunkt. Vielmehr war die Verfassungsmäßigkeit des Apothekenrabatts bis in die siebziger Jahre hinein äußerst umstritten;317 erst infolge einer Entscheidung des BGH, der die Regelung im Jahr 1970 für verfassungsmäßig hielt,318 trat in dieser Frage größere Ruhe ein. Der Apothekenrabatt blieb auch unter Geltung des Grundgesetzes als abgabenäquivalente Preisregelung im Recht der GKV die Ausnahme. Abschlagsregelungen zu Lasten der Arzneimittelhersteller wurden lediglich in zwei Fällen eingesetzt und waren in ihrer Geltungsdauer eng befristet.319 Eine der beiden Regelungen, der Herstellerabschlag gem. § 311 Abs. 1b SGB V (a. F.), erklärt sich dabei ausschließlich aus den besonderen Umständen der Wiedervereinigung Deutschlands, die eine vorübergehende Dämpfung der Arzneimittelausgaben der Krankenkassen in den neuen Bundesländern erforderlich machten. In beiden Fällen war die Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen zum Erlaß ko316

Siehe hierzu oben § 3 C. Vgl. W. Hamel, NJW 1967, S. 1496 ff.; W. Haug, NJW 1966, S. 379 ff.; G. Küchenhoff, SGb. 1968, S. 181 ff.; K. Rode, NJW 1967, S. 659 ff.; W. Wekel, SGb. 1967, S. 433 ff. 318 BGHZ 54, 115. 319 Siehe hierzu bereits oben § 3 C. – Die im Vorfeld der deutschen Wiedervereinigung eingeführte Regelung des § 311 Abs. 1b SGB V (a. F.) sah vor, daß der Herstellerabgabepreis für apothekenpflichtige Arzneimittel, die an Verbraucher im Beitrittsgebiet abgegeben wurden, sich im Jahr 1991 um 55 Prozent, in den darauffolgenden Jahren um niedrigere Abschlagssätze verringerte, vgl. BVerfG (Kammerentscheidung), DVBl. 1991, 205 f.; BT-Drs. 11/7760, S. 162 f. – Ein auf zwei Jahre befristeter und mit einem Preismoratorium verbundener Herstellerabschlag wurde durch Art. 30 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21. 12. 1992 (BGBl. I S. 2266 (2330)) eingeführt. 317

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stendämpfender Preisregelungen also gerade nicht darauf gerichtet, eine „kompetenzielle Kontinuität“ zu begründen. Auch der Preisabschlag gem. § 130a SGB V wurde zunächst als Übergangsregelung eingeführt, durch die lediglich vorübergehend – bis zur Vollendung einer umfassenden Strukturreform der GKV – in bestimmtem Umfang Konsolidierungserfolge erzielt werden sollten.320 Nachdem dieser Zweck mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der GKV zum 1. Januar 2004 an sich entfallen war, behielt der Gesetzgeber die Abschlagsregelung zu Lasten der Hersteller bei, ohne sich zu einer veränderten Legitimation zu äußern. Auch unter Geltung des Grundgesetzes ist der Ausnahmecharakter von Preisabschlagsregelungen als „Bruch“ mit der überkommenen Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen im Sozialversicherungsrecht daher erhalten geblieben. Schließlich ist zu fragen, ob durch die Finanzierungswirkung des § 130a Abs. 1, 3b SGB V in funktioneller Hinsicht eine Aufgabenwahrnehmung aus Steuermitteln ersetzt worden ist. Diese Frage ist für den Herstellerabschlag schwieriger zu beantworten als etwa für die Stromeinspeisungsregelung, da der Preisabschlag den Budgets der Krankenkassen keine Geldmittel „positiv“ zuführt, sondern lediglich höhere Arzneimittelausgaben vermeidet. Insofern besteht grundsätzlich eine funktionelle Äquivalenz der Regelung zu sämtlichen Maßnahmen, die darauf ausgehen, das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben der GKV zu verbessern. Hierzu zählen auch Bundeszuschüsse aus Haushaltsmitteln, wenngleich diesen innerhalb der GKV deutlich geringere Bedeutung zukommt als in anderen Zweigen der Sozialversicherung. Da sich nicht feststellen läßt, daß vor der Einführung des Herstellerabschlages steigende Arzneimittelausgaben der GKV gezielt durch Bundeszuschüsse ausgeglichen wurden, hat die fördernde Preisregelung Steuermittel nicht unmittelbar funktionell ersetzt. Von einer funktionellen Äquivalenz wäre möglicherweise dann auszugehen, wenn der Bund – hätte er nicht die Regelung des § 130a Abs. 1 SGB V eingeführt – zur Leistung von Zuschüssen aus Haushaltsmitteln an die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet gewesen wäre. Bisweilen wird eine Verpflichtung des Bundes, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Krankenkassen durch Übernahme einer Garantiehaftung zu sichern, dem Art. 120 Abs. 1 S. 4 GG entnommen.321 Vielfach wird eine solche Einstehenspflicht jedoch auch mit dem Hinweis abgelehnt, diese Verfassungsbestimmung regele lediglich die Fi320 Vgl. die Begründung des Entwurfs der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BTDrs. 15/28, S. 1, 11 („Das vorliegende Gesetz ist notwendig geworden, um [. . .] im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung finanziellen Spielraum für notwendige strukturelle Reformmaßnahmen zu schaffen.“); vgl. auch H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 4. 321 Vgl. BSGE 34, 177 (179); 47, 148 (153 ff.) (Art. 120 Abs. 1 S. 4 GG i.V. m. dem Sozialstaatsprinzip); F. Kirchhof, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd.

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nanzierungsverantwortung für die Lasten der Sozialversicherung im Verhältnis von Bund und Ländern und ordne darin eine Ausnahme von der Regel des Art. 104a Abs. 1 GG an.322 Außer Streit steht, daß eine Verpflichtung des Bundes zur finanziellen Unterstützung aus Art. 120 Abs. 1 S. 4 GG allenfalls dann besteht, wenn eine Krankenkasse in eine existenzbedrohende wirtschaftliche Notlage geraten ist und zur Aufrechterhaltung ihrer Handlungsfähigkeit finanzieller Zuwendungen bedarf.323 Weder ist eine solche Situation für den Zeitpunkt der Einführung des § 130a Abs. 1 SGB V nachzuweisen, noch ließe sich die Notlage einer konkreten Krankenkasse gerade den steigenden Arzneimittelausgaben zurechnen; schon aus diesem Grund scheidet die Annahme einer funktionellen Ersetzung von Steuermitteln durch den Herstellerabschlag aus. Hinzu tritt, daß Zuschüssen aus Mitteln des Bundeshaushalts neben der Beitragserhebung als dem Regelfinanzierungsinstrument der GKV lediglich eine subsidiäre Funktion zukommen darf.324 Dieser Umstand in Verbindung mit der Tatsache, daß § 130a Abs. 1 SGB V gerade als Beitrag zur Stabilisierung und darüber hinausgehenden Senkung der Beitragssätze eingeführt und beibehalten wurde,325 zeigt, daß als funktionelles Äquivalent der Abschlagsregelung nicht steuerfinanzierte Zuschüsse des Bundes an die Krankenkassen, sondern eine – wenngleich dem Gesetzgeber an sich unerwünschte – Erhöhung der Beitragssätze anzusehen ist. d) Planmäßige Einflußnahme auf die staatliche Einnahmenwirtschaft Ein Verdacht, der Gesetzgeber könne sich einer Preisabschlagsregelung zu Lasten der Arzneimittelhersteller aus der Motivation heraus bedient haben, die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Sonderabgabe gezielt zu vermeiden, erscheint im Falle des § 130a SGB V nicht gerechtfertigt. Da der Regelung in Gestalt des sog. Apothekenrabatts und der beiden befristeten Herstellerabschläge der neunziger Jahre bereits mehrere Arzneimittelpreisabschläge vorausgegangen waren, bildete der Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V bei seiner Einführung kein solches instrumentelles Novum, daß hiervon auf einen „Kunstgriff“ des Gesetzgebers zur Formenvermeidung geschlossen werden IV, § 93 Rn. 41; ders., in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 53 ff.; H. Reiter, Soziallast als Steuerlast, in: FS f. Franz Klein, 1994, S. 1101 (1106 f.). 322 BVerfGE 14, 221 (235); S. Muckel, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 120 Rn. 39 ff.; G. Lübbe-Wolff, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 120 Rn. 16. 323 Unbestritten, vgl. nur H. Reiter, Soziallast als Steuerlast, in: FS f. Franz Klein, 1994, S. 1101 (1106 f.). 324 F. Kirchhof, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 8; S. Muckel, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 120 Rn. 30. 325 Hierzu die Begründung des Fraktionsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 71 f.

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müßte. Darüber hinaus konnte sich der Gesetzgeber durch die Entscheidung des BGH zur Verfassungsmäßigkeit des Apothekenrabatts aus dem Jahr 1970326 in gewissem Umfang in seiner Auffassung bestätigt fühlen, der Einsatz eines solchen Finanzierungsinstruments sei verfassungsrechtlich zulässig, was seine Formenwahl ebenfalls beeinflußt haben dürfte. Wenn der Gesetzgeber des BSSichG 2003 die Regelung ursprünglich trotzdem als Provisorium von begrenzter Geltungsdauer ansah,327 so kann dies ordnungspolitischen Erwägungen geschuldet sein und rechtfertigt für sich betrachtet wiederum nicht den Schluß auf eine bewußte Formenumgehung. Von einer planmäßigen Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die Einnahmenwirtschaft des Bundes wäre dennoch auszugehen, wenn eine angespannte Haushaltslage des Bundes, die den Einsatz anderer, für den Bund kostenträchtiger Handlungsformen zur Konsolidierung der GKV-Finanzen nicht zuließ, als alleiniges Motiv für die Wahl einer kostendämpfenden Preisregelung erschiene. Geht man jedoch davon aus, daß als funktionelles Äquivalent des Herstellerabschlages nicht ein Bundeszuschuß aus Haushaltsmitteln an die Krankenkassen in entsprechender Höhe, sondern eine Erhöhung der Beitragssätze nahegelegen hätte, so besteht ein funktionelles Konkurrenzverhältnis allenfalls zur Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen, nicht aber zur steuerfinanzierten Bezuschussung der GKV-Finanzen. Am Beispiel des Herstellerabschlages wird deutlich, daß der Umfang der Finanzierungswirkung einer Vergütungsregelung für deren kompetenzrechtliche Beurteilung nicht allein entscheidend sein darf. Wird als Schwellenwert, bei dessen Erreichung einer Sachregelung in jedem Fall einnahmenwirtschaftliche Relevanz beizumessen ist, die Größe von einem Prozent des Umsatzsteueraufkommens – 1,08 Mrd. Euro im Jahr 2005328 – herangezogen, so bleibt die Finanzierungswirkung des sechsprozentigen Preisabschlags nach § 130a Abs. 1 SGB V – 520 Mio. Euro im selben Jahr329 – zwar hinter diesem Wert zurück. Allerdings vermag der Gesetzgeber die Finanzierungswirkung bei einer im übrigen gleichen Ausgestaltung des Abschlags schon durch eine Änderung des Abschlagssatzes um einige Prozentpunkte über diese Schwelle steigen zu lassen. Der 16-prozentige Abschlag gem. § 130a Abs. 1a SGB V führte im Jahr 2004

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BGHZ 54, 115. Vgl. die Begründung des Entwurfs der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BTDrs. 15/28, S. 11 (Die Funktion der Kostendämpfungsmaßnahmen gehe dahin, der GKV bis zur Durchführung einer umfassenden Strukturreform finanziellen Spielraum zu verschaffen.). 328 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch 2006, 2006, S. 576 (Tab. 23.4.1). 329 Vgl. K. Nink/H. Schröder, Ergänzende Statistische Übersicht, in: U. Schwabe/ D. Paffrath (Hrsg.), Arzneiverordnungs-Report 2006, 2006, S. 981 (987) (Tab. 51.1). 327

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zu einer Ausgabenersparnis der GKV von rund 1,6 Mrd. Euro.330 Zur Abschlagsregelung gem. § 130a Abs. 1 S. 1 SGB V läßt sich sagen, daß das quantitative Ausmaß ihrer Einnahmenwirksamkeit bei der Bestimmung der Übergriffsintensität in Steuergesetzgebungskompetenzen nicht im Vordergrund steht. 3. Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG a) Verhältnis von Sachgestaltungs- und Finanzierungsfunktion Wie schon für die bislang betrachteten Referenzregelungen, so ist auch für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG die Finanzierungsfunktion eindeutig feststellbar. Im Wege der Lohnfortzahlung während der Mutterschutzfristen gem. §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG stellt der Arbeitgeber finanzielle Mittel bereit, welche die Arbeitnehmerin von der Sorge um die Erhaltung ihrer Lebensgrundlage entlasten, ohne daß die öffentliche Hand über das Mutterschaftsgeld gem. §§ 13 Abs. 1 und 2 MuSchG, 200 Abs. 1 RVO hinaus zur finanziellen Absicherung der Mutter tätig werden muß. Zu untersuchen bleibt, ob die Zuschußpflicht neben der Finanzierungsfunktion auch Gestaltungszwecke verfolgt, die gegenüber dem Zweck der Aufgabenfinanzierung unterscheidungskräftig und folglich in der Lage sind, die Zwecksetzung des § 14 Abs. 1 MuSchG von einer reinen Finanzierungsfunktion abzugrenzen. Für den Arbeitgeberzuschuß zeigt sich noch deutlicher als für die übrigen Referenzregelungen, daß dieser nicht auf die Entfaltung von Lenkungswirkungen gerichtet ist. Das Verhalten des Arbeitgebers soll durch die finanzielle Belastungswirkung nicht beeinflußt werden. Vielmehr bildet die Versuchung für den Arbeitgeber, der Kostenbelastung durch die Zuschußpflicht auszuweichen, ein zentrales Problem des Entgeltschutzes zugunsten der Mutter. Sie birgt die Gefahr, der Arbeitgeber könne durch die Aussicht auf die Kostenlast der Entgeltfortzahlung von vornherein davon abgehalten werden, Frauen im gebärfähigen Alter einzustellen. Angesichts dieser möglichen Abschreckungswirkung hat das BVerfG die Regelung des § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG in seiner Entscheidung vom 18. November 2003 für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 2 GG erachtet und dem Gesetzgeber eine Neuregelung aufgegeben, die dieser sodann durch das Gesetz über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen getroffen hat.331 Ein Ausweichverhalten des Arbeitgebers zu provozieren, bildet hiernach nicht den Zweck der Zuschußpflicht; es liefe ihm gerade zuwider. 330 Hierzu K. Nink/H. Schröder, Ergänzende Statistische Übersicht, in: U. Schwabe/ D. Paffrath (Hrsg.), Arzneiverordnungs-Report 2005, 2005, S. 1053 (1059) (Tab. 54.1). 331 BVerfGE 109, 64 (89 ff.) – Arbeitgeberzuschuß III; zu dieser Entscheidung auch H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 ff.; H. Kube, JZ 2004, S. 358 ff.

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Auch durch Ausgleichs- und Förderzwecke wird die Funktion des Arbeitgeberzuschusses nicht von einer reinen Finanzierungsfunktion unterschieden. Ein Ausgleichszweck wohnt der Regelung nicht inne, da zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin keine Ungleichbelastungen herrschen, die unbeabsichtigte und ausgleichsbedürftige Folge einer vorherigen hoheitlichen Intervention sind. Ein Förderzweck in einem allgemeinsprachlichen Sinne ist der Zuschußpflicht des Arbeitgebers durchaus beizumessen, da durch sie die finanziellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß die Mutter während der Dauer der Schutzfristen von der Notwendigkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, entbunden ist. Allerdings gilt insoweit – wie schon zu den zuvor betrachteten Referenzregelungen ausgeführt –, daß diese Förderung sich ausschließlich als Folge der Finanzierungswirkung der Regelung darstellt und aufgrund dessen nicht geeignet ist, die Gesamtzwecksetzung des § 14 Abs. 1 MuSchG von einer reinen Finanzierungsfunktion zu unterscheiden. In anderen Worten wird jeder privatrechtlichen Geldleistungspflicht, die zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben auferlegt wird, auch eine Förderwirkung zuzuerkennen sein. Sie ist daher für die Bestimmung der Übergriffsintensität grundsätzlich ohne Relevanz. Wenngleich die aus der Systematisierung von Sonderabgaben bekannten Sachzwecktypen im Falle des Arbeitgeberzuschusses keine Abgrenzung leisten können, erscheint es dennoch möglich, daß dieser Finanzierungspflicht auch ein Gestaltungszweck innewohnt. Denn der Schutz der Gesundheit von Mutter und Kind wird nicht allein durch die Entgeltfortzahlung gewährleistet, sondern beruht ganz wesentlich auf den Beschäftigungsverboten der §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG. Da diese Bestimmungen den Arbeitgeber durch normatives Gebot zur Freistellung der Arbeitnehmerin verpflichten, dienen sie der Verhaltenslenkung und damit einem Gestaltungszweck. Diese sachgestaltende Wirkung der Freistellungspflicht könnte auf die Zweckqualifikation des Entgeltschutzes gleichsam „ausstrahlen“, wenn Freistellungspflicht und Entgeltfortzahlung so eng zusammenwirken, daß sie als funktionelle Einheit zur Gewährleistung des Mutterschutzes begriffen werden müssen. Für ein solches Verständnis als funktionelle Einheit spricht, daß die Beschäftigungsverbote allein nicht das Ziel erreichen können, die Mutter vor Gesundheitsgefahren aus jeglicher Form der Erwerbstätigkeit zu schützen. Wird die wirtschaftliche Lebensgrundlage der Arbeitnehmerin während der Schutzfristen nicht erhalten, so besteht die Gefahr, daß diese sich aus finanziellen Zwängen heraus zu weiterer Erwerbstätigkeit veranlaßt sieht und hierbei Risiken für ihre Gesundheit und die ihres Kindes in Kauf nimmt.332 Die Lohnfortzahlung ist daher als Ergänzung der Freistellungspflicht

332 Zur Vermeidung dieser Gefahr als Zweck des Entgeltschutzes vgl. BAGE 81, 222 (226); vgl. auch P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 24; H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, Einführung Rn. 4.

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funktionsnotwendig; ohne finanzielle Absicherung wird das Ziel des Mutterschutzes bestenfalls unvollständig erreicht. Allerdings lassen sich beide Instrumente, Lohnfortzahlung und Beschäftigungsverbot, trotz ihres engen Zusammenwirkens durchaus insofern voneinander trennen, als die Verpflichtungen nicht zwingend denselben Adressaten zu treffen haben. Dies wird schon daran erkennbar, daß der Entgeltschutz nicht allein zu den wirtschaftlichen Lasten der Arbeitgeber gewährt, sondern neben diesen auch von den Krankenkassen und aus dem Bundeshaushalt getragen wird.333 Die Freistellungspflicht hingegen trifft notwendigerweise den Arbeitgeber, da allein dieser als Vertragspartner der Arbeitnehmerin deren Pflichten aus dem Arbeitsvertrag für die Dauer der Schutzfristen aufheben kann.334 Folglich wirken beide Schutzkomponenten zwar zusammen, bilden jedoch keine funktionelle Einheit in dem Sinne, daß ihre Zwecksetzung sich nur durch eine Zusammenschau beider Instrumente bestimmen läßt. Qualifiziert man allein die Zuschußpflicht des Arbeitgebers, deren Verfassungsmäßigkeit hier zu untersuchen ist, nach ihrer Zwecksetzung, so ist sie ausschließlich auf die Bereitstellung finanzieller Mittel zur wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmerin gerichtet. Die Zuschußpflicht als solche verfolgt daher einen reinen Finanzierungszweck, der nicht durch Gestaltungszwecke eingebunden ist. Eine hohe Intensität der Übergriffswirkung des § 14 Abs. 1 MuSchG in Steuergesetzgebungskompetenzen ist damit indiziert. b) Weite der zugewiesenen Finanzierungsaufgabe Weiter ist zu betrachten, wie weit der Gesetzgeber die den Arbeitgebern zugewiesene Finanzierungsaufgabe definiert hat. Die Instrumente des Mutterschutzrechts insgesamt verfolgen das Anliegen, die im Arbeitsverhältnis stehende Mutter und das werdende Kind vor Gefahren, Überforderung und Gesundheitsschädigung am Arbeitsplatz, vor finanziellen Einbußen und vor dem Verlust des Arbeitsplatzes während der Schwangerschaft und einige Zeit nach der Entbindung zu schützen.335 Zweck des Entgeltschutzes, zu dem die Zuschußpflicht gem. § 14 Abs. 1 MuSchG beiträgt, ist es, die Mutter während der 333 Das Mutterschaftsgeld in Höhe von 13 Euro täglich wird Frauen, die Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung sind, gem. § 13 Abs. 1 MuSchG von der Krankenkasse, anderen Arbeitnehmerinnen gem. § 13 Abs. 2 S. 2 MuSchG vom Bundesversicherungsamt ausgezahlt. Die Aufwendungen der Krankenkassen werden zum Teil durch Zuschüsse des Bundes gem. § 221 Abs. 1 SGB V erstattet, dazu H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 (1129). 334 Angesichts dessen wird in der Lit. davon gesprochen, die Freistellungspflicht des Arbeitgebers rechtfertige sich bereits „aus der Natur der Sache“, C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 85 ff. 335 Hierzu auch BVerfGE 70, 242 (243) – Arbeitgeberzuschuß II; 109, 64 (65 f.) – Arbeitgeberzuschuß III.

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Schutzfristen im Umfang ihres bisherigen Arbeitseinkommens finanziell abzusichern und ihr dadurch jeden Anreiz zu nehmen, in diesem Zeitraum ihre Erwerbstätigkeit fortzusetzen oder eine andere aufzunehmen und hierbei ihre Gesundheit in einer dem Kindeswohl zuwiderlaufenden Weise zu gefährden.336 Der Finanzierungszweck, zu dessen Erreichung die Arbeitgeber in Anspruch genommen werden, erstreckt sich somit nicht auf ein globales Anliegen wie „das Kindeswohl“ oder, wie das BVerfG im Sachverhaltsteil seiner Entscheidung vom 18. November 2003 formuliert, den „Kindersegen“.337 Er ist konkret auf das Erfordernis begrenzt, durch Erhaltung des bisherigen Nettoarbeitseinkommens die Gesundheit der Arbeitnehmerin soweit vor Gefahren aus dem Arbeitsverhältnis zu schützen, wie das zur Sicherung des Wohls ihres Kindes geboten erscheint. Wiederum ist jedoch weiter zu fragen, ob die Höhe der Finanzierungslast aus dem Verhältnis der sonderbelasteten Gruppe zu dem konkreten Aufgabenzweck abgeleitet ist, ob also ein gewisser Konnex zwischen der Herkunft der Geldmittel und ihrer Verwendung hergestellt wird und dieser auch den Umfang der Finanzierungspflicht begrenzt. Da die Finanzierungsaufgabe darin besteht, durch Sicherung des bisherigen Lebensstandards jeden Anreiz für die Arbeitnehmerin entfallen zu lassen, während der Schutzfristen einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, ist der Umfang der Finanzierungsaufgabe durch das bisherige Arbeitseinkommen der Mutter begrenzt. In Gestalt des monatlichen Arbeitseinkommens wird also durch die Gesetzlichkeiten des Sachbereichs eine Höchstgrenze der Belastung vorgegeben. Allerdings ist – ähnlich wie bei den zuvor untersuchten Referenzregelungen – auch für die Zuschußpflicht gem. § 14 Abs. 1 MuSchG erkennbar, daß der vorgefundene Umfang der Finanzierungsverantwortlichkeit der Arbeitgeber für den Gesetzgeber in keiner Weise bestimmend bei der Festlegung des Ausmaßes der Finanzierungslast gewesen ist. Die heutige Intensität der Belastung ist ausschließlich das Ergebnis einer Entwicklung, in deren Zuge sich das seit 1968 in der Höhe unverändert gebliebene,338 von der Krankenkasse oder dem Bundesversicherungsamt gewährte Mutterschaftsgeld einerseits und das durchschnittliche monatliche Arbeitsentgelt der Arbeitnehmerin andererseits immer weiter voneinander entfernt haben.339 Der Gesetzgeber hat sich darauf beschränkt, in diese Entwicklung nicht einzugreifen; eine „Bemessung“ der Zahlungspflicht, durch die diese auf die Reichweite der privaten Finanzie336 H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, Einführung Rn. 4; P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 24. 337 BVerfGE 109, 64 (74). 338 Siehe zur Entstehungsgeschichte dieser Begrenzung des Mutterschaftsgeldes sowie des Arbeitgeberzuschusses oben § 4 C I. 339 Zu dieser Entwicklung auch BVerfGE 109, 64 (67) – Arbeitgeberzuschuß III; P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 30; N. Heenen, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 2, 2. Aufl., 2000, § 226 Rn. 68.

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rungsverantwortlichkeit abgestimmt wird, liegt hierin jedoch nicht. Der heutige Umfang der Finanzierungspflicht ist somit auch im Falle dieser Referenzregelung ausschließlich durch externe Faktoren – die Höhe des Mutterschaftsgeldes sowie den gegenwärtigen Stand der Lohnentwicklung – vorgegeben. Eine Verankerung in der umfänglich begrenzten Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Gruppe gibt die Regelung nicht zu erkennen. c) Historische Auslegung der Sachgesetzgebungskompetenz Auch für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld ist danach zu fragen, ob die Intensität des Übergriffs der Lohnfortzahlungsregelung in Kompetenzen des Steuergesetzgebers deshalb als vergleichsweise gering anzusehen sein könnte, weil eine solche Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen durch den Verfassunggeber als zulässig vorausgesetzt worden ist. Im Mutterschutzrecht selbst bestand vor Inkrafttreten des Grundgesetzes keine Tradition einer Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers bei Schwangerschaft der Arbeitnehmerin.340 Das Mutterschutzgesetz 1927 sah eine Beteiligung des Arbeitgebers an der Gewährung des Entgeltschutzes noch in keiner Weise vor. Erwerbstätige Mütter erhielten lediglich Leistungen aus der Wochenhilfe der gesetzlichen Krankenversicherung. Erst kurz vor Zusammenbruch des Dritten Reiches wurde durch § 7 MuSchG 1942 eine Verpflichtung des Arbeitgebers eingeführt, solchen Arbeitnehmerinnen, die nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung und folglich nicht zum Bezug von Wochengeld berechtigt waren, das bisherige Arbeitsentgelt weiterzuzahlen. Angesichts der späten Einführung und des beschränkten Anwendungsbereichs dieser Regelung bietet sie keine Grundlage, um von einer rechtshistorischen Tradition vor Entstehung des Grundgesetzes auszugehen. Außerhalb des unmittelbaren Bereichs des Mutterschutzrechts jedoch fand der Verfassunggeber des Grundgesetzes Lohnfortzahlungspflichten als Ausdruck der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers in großer Zahl vor. Wo solche Ansprüche auf Lohnfortzahlung nicht spezialgesetzlich geregelt waren – wie beispielsweise durch § 616 BGB, der bereits in der Ursprungsfassung des BGB als anspruchserhaltende Norm im Falle der Verhinderung des Dienstverpflichteten aus persönlichen Gründen enthalten war341 – wurden sie unmittelbar aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers abgeleitet,342 so etwa der Anspruch des Ar340 Zum folgenden H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, Einführung Rn. 15 ff., sowie § 13 Rn. 1; P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 2 f. 341 H. Oetker, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2002, § 616 BGB Rn. 1 ff. 342 U. Koch, in: G. Schaub/ders./R. Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., 2005, § 108 Rn. 7.

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beitnehmers auf Gewährung bezahlten Erholungsurlaubs.343 Die Tradition der Lohnfortzahlungspflichten läßt sich bis in das Hochmittelalter zurückverfolgen; zu dieser Zeit waren ausdrückliche Bestimmungen über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall etwa in den Stadtrechten enthalten.344 Lohnfortzahlungspflichten gehören zu den überkommenen Instrumenten des Individualarbeitsrechts und fanden in diesem Rechtsgebiet schon vor Inkrafttreten des Grundgesetzes verbreiteten Einsatz.345 Angesichts dessen muß davon ausgegangen werden, daß der Verfassunggeber die Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen zum Erlaß solcher Regelungen als zulässig angesehen, die auf ihrer Einnahmenwirksamkeit beruhende Übergriffswirkung dieser Regelungen folglich als gering und unbedenklich erachtet hat. An der „kompetenziellen Kontinuität“ gerade des Arbeitgeberzuschusses können gleichwohl insofern Zweifel bestehen, als auch das MuSchG 1952 lediglich den Entgeltschutz zugunsten der nicht gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmerinnen der Gruppe der Arbeitgeber aufgab346 und der Gesetzgeber im Jahr 1965 die Arbeitgeber schließlich dauerhaft von jeder Belastung aus der finanziellen Absicherung der Arbeitnehmerin freistellen wollte, wovon er – nach mehreren Verzögerungen – nur aufgrund der angespannten damaligen Haushaltslage absah.347 Weitere Bedenken gegenüber der Zulässigkeit der Zuschußpflicht stellen sich ein, wenn man das funktionelle Konkurrenzverhältnis des § 14 Abs. 1 MuSchG zur Steuer betrachtet. Seit dem Jahr 2003 erstattet der Bund gem. § 221 Abs. 1 SGB V den Krankenkassen in erheblichem Umfang die Aufwendungen, die diesen aus der Gewährung des Mutterschaftsgeldes entstehen. Der Bundesgesetzgeber anerkennt damit zum einen das Mutterschaftsgeld als „versicherungsfremde Leistung“,348 zum anderen eine Finanzierungsverantwortung der Allgemeinheit für die Sicherung der Gesundheit von Mutter und Kind. Aufgrund dieser Erstattung steht der Arbeitgeberzuschuß funktionell neben einer zweckidentischen Förderung aus Haushaltsmitteln. In dem Maße, wie der Entgeltschutz weiter im Wege des Arbeitgeberzuschusses gewährleistet wird, werden hierdurch bei funktioneller Betrachtung Steuermittel ersetzt.

343 W. Leinemann, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, § 88 Rn. 2 m.w. N.; H.-J. Dörner, in: T. Dieterich/P. Hanau/G. Schaub (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., 2001, § 1 BUrlG Rn. 8. 344 W. Boecken, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, § 82 Rn. 2 m.w. N. 345 Vgl. nur U. Koch, in: G. Schaub/ders./R. Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., 2005, § 108 Rn. 7; W. Boecken, ebd. 346 Hierzu BVerfGE 109, 64 (66). 347 Siehe zur Entwicklung der Lastenverteilung des Entgeltschutzes während dieses Zeitraums oben § 4 C I. 348 So die Begründung des Regierungsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1170, S. 59; hierzu auch H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 (1129).

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Für die Zuschußpflicht des Arbeitgebers nach § 14 Abs. 1 MuSchG ergibt sich damit auf den ersten Blick ein zweideutiges Ergebnis: Während die Auferlegung von Lohnfortzahlungspflichten aufgrund allgemeiner Sachzuständigkeiten zum historisch fundierten, durch den Verfassunggeber vorgefundenen Instrumentarium des Arbeitsrechts zählt, steht der Arbeitgeberzuschuß selbst nicht in einer kompetenziellen Kontinuität. Allerdings verweisen die erwähnten Verschiebungen in der Lastenverteilung zwischen öffentlicher Hand und Arbeitgebern eher auf die Frage, ob und in welchem Umfang die Gruppe der Arbeitgeber eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Zwecke des Entgeltschutzes trifft und entfernen sich darin von dem hier maßgeblichen Gesichtspunkt der rechtshistorischen Kontinuität arbeitsrechtlicher Lohnfortzahlungspflichten aufgrund von Sachgesetzgebungskompetenzen. Da eine solche Kontinuität, wie soeben ausgeführt, allgemein besteht, erweist sich die Übergriffswirkung der Zuschußpflicht gem. § 14 Abs. 1 MuSchG unter der Perspektive dieses Intensitätskriteriums als gering. d) Planmäßige Einflußnahme auf die staatliche Einnahmenwirtschaft Als planmäßige Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die Einnahmenwirtschaft des Bundes würde sich die Regelung des Arbeitgeberzuschusses darstellen, wenn das Hauptmotiv für die Wahl einer Lohnfortzahlungsregelung entweder in der Vermeidung der – nicht erfüllten – Zulässigkeitsvoraussetzungen einer anderen Handlungsform, etwa derjenigen der Sonderabgabe, oder in der durch Finanznot bedingten Unmöglichkeit einer Haushaltsfinanzierung der Aufgabe lag; daneben ist das Ausmaß des hinzugewonnenen finanzwirtschaftlichen Handlungsspielraums zu betrachten. Als Umgehung der sonderabgabenrechtlichen Zulässigkeitsmaßstäbe stellt sich die Regelung der Zuschußpflicht des Arbeitgebers nicht dar. Bei der Einführung der Lohnfortzahlungspflicht gem. § 14 Abs. 1 MuSchG zum 1. Januar 1968 waren anerkannte Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben noch nicht formuliert, so daß zu einer gezielten Vermeidung dieser Maßstäbe weder die Möglichkeit noch der Anlaß bestand. Allerdings finden sich klare Anzeichen dafür, daß bei der Neugestaltung des Entgeltschutzes in den Jahren 1965 bis 1967 eine Finanzierung aus Haushaltsmitteln als Alternative zur Auferlegung der Zuschußpflicht allein im Interesse des Haushaltsausgleichs verworfen wurde.349 In der Absicht, die Verteilung der finanziellen Lasten des Entgeltschutzes zugunsten der Mutter grundlegend umzugestalten, hatte der Gesetzgeber zunächst eine Neufassung des Mutterschutzgesetzes erarbeitet und im August 1965 auch bereits verabschiedet, nach deren 349 Siehe zur Entstehungsgeschichte des § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG bereits eingehend oben § 4 C I.

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Regelung die Arbeitgeber von einer Verpflichtung zur Lohnfortzahlung fortan vollkommen freigestellt sein sollten.350 Diese Rechtslage sah vor, daß erwerbstätige Frauen unabhängig von einer Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Mutterschaftsgeld in Höhe des durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelts erhalten sollten, vgl. § 200a Abs. 2 RVO (a. F.). Zwar unterschieden sich die Modalitäten der Auszahlung nach dem Versichertenstatus der Arbeitnehmerin, da den Krankenkassen jedoch gem. § 200d Abs. 1 RVO (a. F.) sämtliche Aufwendungen aus der Gewährung von Mutterschaftsgeld durch den Bund zu erstatten waren, wurden die finanziellen Lasten des Entgeltschutzes in vollem Umfang durch den Bund getragen.351 Diese Regelung wäre zum 1. Januar 1966 in Kraft getreten. In Anbetracht des unausgeglichenen Jahreshaushalts 1966 wurde jedoch durch das Haushaltssicherungsgesetz vom 20. Dezember 1965 das Inkrafttreten aller Bestimmungen, die für den Bund mit Mehrausgaben verbunden waren – hierunter fielen insbesondere die künftigen Leistungsverpflichtungen im Mutterschutz – auf den 1. Januar 1967 verschoben.352 Hieran schloß sich kurz vor Jahresende 1966 eine weitere Verschiebung, wiederum aus finanzpolitischen Gründen.353 Noch vor Inkrafttreten der Regelung des Jahres 1965 kam es schließlich zu einer Neuregelung der Mutterschutzleistungen durch das Finanzänderungsgesetz 1967, durch die der Gesetzgeber jedoch sein ursprüngliches Hauptanliegen, weder die Krankenkassen noch die Arbeitgeber durch den Entgeltschutz finanziell zu belasten, nicht mehr verwirklichte.354 Die unmittelbare Entstehungsgeschichte der Regelung, die dann zum 1. Januar 1968 in Kraft trat und deren Grundzüge den Entgeltschutz nach dem MuSchG bis in die Gegenwart prägen, veranschaulicht, daß die Einführung einer fördernden Lohnfortzahlungspflicht zu Lasten des Arbeitgebers ausschließlich dem Zwang zur Haushaltskonsolidierung geschuldet ist. Die Bundesregierung hatte ihren Entwurf des Finanzänderungsgesetzes 1967 dem Bundestag mit dem Hinweis zugeleitet, das 350 Vgl. Art. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Änderung des Mutterschutzgesetzes und der Reichsversicherungsordnung vom 24. 8. 1965 (BGBl. I S. 912 (914)). 351 Zur ursprünglichen Konzeption des Gesetzgebers zur Neuregelung des Mutterschaftsgeldes H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, § 14 Rn. 2; G. Knorr/O. Krasney, Mutterschaftsgeld, § 14 MuSchG Rn. 1. 352 Vgl. Art. 5 Nr. 3 des Gesetzes zur Sicherung des Haushaltsausgleichs vom 20. 12. 1965 (BGBl. I S. 2065 (2067)). 353 Vgl. Art. 6 des Ersten Gesetzes zur Überleitung der Haushaltswirtschaft des Bundes in eine mehrjährige Finanzplanung (Finanzplanungsgesetz) vom 23. 12. 1966 (BGBl. I S. 697 (698)). 354 Vgl. Art. 1 Nr. 6, Art. 3 des Gesetzes zur Verwirklichung einer mehrjährigen Finanzplanung des Bundes, II. Teil (Finanzänderungsgesetz) vom 21. 12. 1967 (BGBl. I S. 1259 (1260 f., 1273 ff.)); zu den Abweichungen des MuSchG 1968 von den gesetzgeberischen Absichten des Jahres 1965 auch P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 15, 18; H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, § 14 Rn. 3.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Inkrafttreten der 1965 erlassenen finanzwirksamen Bestimmungen sei nach ihrer Auffassung haushaltspolitisch nur dann zu verantworten, wenn „einige Leistungsverbesserungen aufgehoben oder eingeschränkt und die Aufbringung des Mutterschaftsgeldes zwischen Bund und Kassen neu aufgeteilt werden.“355 Insbesondere war an eine erneute Belastung der Arbeitgeber nicht gedacht, da diese der Regelungskonzeption des Jahres 1965 diametral zuwiderlief. Allerdings ging der Haushaltsausschuß des Bundestages sodann weit über den Hinweis der Bundesregierung hinaus, indem er neben anderen Änderungen im Interesse der Haushaltsersparnis das Mutterschaftsgeld auf einen Höchstbetrag von 25 DM je Kalendertag begrenzte und zum Ausgleich dieser Anspruchsminderung die Verpflichtung des Arbeitgebers schuf, den Differenzbetrag zum Nettoarbeitsentgelt beizutragen.356 Für die Zuschußpflicht gem. § 14 Abs. 1 MuSchG läßt sich daher eindeutig belegen, daß das alleinige Motiv für die Einführung der abgabenäquivalenten Lohnfortzahlungsregelung die Vermeidung einer – an sich schon beschlossenen – Mehrbelastung des Bundeshaushalts war; dieser Umstand weist in Richtung einer intensiveren Übergriffswirkung. Ein Blick auf die Finanzierungswirkung des Arbeitgeberzuschusses stellt die einnahmenwirtschaftliche Relevanz der Regelung als weiteres Indiz für eine planmäßige Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die Einnahmenwirtschaft des Bundes außer Zweifel. Die Zuschußpflicht gem. § 14 Abs. 1 MuSchG führte im Jahr 2004 zu einem Finanztransfer zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen, der mit rund 1,36 Mrd. Euro357 den Richtwert von einem Prozent des Umsatzsteueraufkommens, ab dem in jedem Fall von einer kompetenzrechtlich erheblichen Einnahmenwirkung ausgegangen werden kann – 1,05 Mrd. Euro in 2004358 –, übersteigt.

D. Ergebnis I. Übergriffe in Steuergesetzgebungskompetenzen durch Preisinterventionen Abgabenähnliche Vergütungsregelungen greifen aufgrund ihrer Einnahmenwirksamkeit in Kompetenzen des Steuergesetzgebers über. Als Sachregelungen sind sie einnahmenwirksam, wenn sie privates Vermögen gezielt belasten, um hierdurch das finanzwirtschaftliche Handlungspotential einer Körperschaft des 355

So die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. V/2149, S. 25. Vgl. den Schriftlichen Bericht des Haushaltsausschusses, zu BT-Drs. V/2341, S. 5, 12. 357 Vgl. Sozialbudget 2001, Teil B des Sozialberichts 2001, BT-Drs. 14/8700, S. 261; der Wert von 1,36 Mrd. Euro für das Jahr 2004 ergibt sich nach Sonderauswertung der aktualisierten Arbeitskosten durch das BMAS. 358 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch 2006, 2006, S. 576 (Tab. 23.4.1). 356

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öffentlichen Rechts zu mehren. Diese Mehrung hoheitlicher Handlungsmöglichkeiten zeigt sich bei „Quersubventionen“ in einer Förderwirkung zugunsten einer – in der Regel privaten – Personengruppe, die durch den Gesetzgeber gezielt veranlaßt, dem Staat daher zurechenbar ist. Übergriffe des Sachgesetzgebers in Steuergesetzgebungskompetenzen sind nur dann mit dem Grundgesetz unvereinbar, wenn sie eine bestimmte Intensität der Übergriffswirkung überschreiten. Die Schwelle unzulässiger Übergriffsintensität ermittelt sich durch Auslegung der ausgeübten Sachgesetzgebungskompetenz in ihrem Verhältnis zu den Steuergesetzgebungskompetenzen des Art. 105 GG, die als Kompetenzausübungsschranken gegenüber dem Erlaß einnahmenwirksamer Sachregelungen wirken. Von besonderer Bedeutung für die Intensität des Übergriffs einer Zwangsvergütung ist das Verhältnis, in dem die Gestaltung einer bestimmten Sachmaterie – als Grundfunktion der Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen – und die Finanzierung öffentlicher Aufgaben – als Grundfunktion der Steuergesetzgebungskompetenzen – bei der betreffenden Regelung zueinander stehen. Überwiegt die Finanzierungsfunktion einer Regelung deren sachgestaltende Zwecksetzung deutlich, erscheint insbesondere die Gestaltungsfunktion gleichsam als bloße „Beigabe“ der Finanzierungsfunktion, so deutet dies auf einen unzulässig intensiven Übergriff hin. Die Übergriffsintensität nimmt ferner in dem Maße zu, in dem der Gesetzgeber auf eine präzise Eingrenzung der zugewiesenen Finanzierungsaufgabe verzichtet und diese nur in groben Zügen umreißt. Dabei weist es in Richtung einer unzulässigen Übergriffsintensität, wenn der Umfang der Finanzierungspflicht nicht aus dem Grund und den Grenzen einer privaten Finanzierungsverantwortung abgeleitet und auf diese abgestimmt ist, sondern allein politischen Zielvorstellungen des Gesetzgebers und finanzpolitischen Notwendigkeiten folgt. Als drittes Intensitätskriterium dient die Frage, ob die Ausübung der Sachgesetzgebungskompetenzen zur Regelung einer einnahmenwirksamen Finanzierungspflicht sich auf eine kompetenzrechtliche Tradition stützen kann, ob sie insbesondere durch den Verfassunggeber vorgefunden und als grundsätzlich zulässig anerkannt wurde. Schließlich ist eine unzulässig hohe Übergriffswirkung indiziert, wenn der Sachgesetzgeber durch eine Preisregelung bestrebt gewesen ist, planmäßig Einfluß auf die Einnahmenwirtschaft des Verbandes zu nehmen. Erkennbar wird dies daran, daß der Gesetzgeber das Mittel der Preisintervention wählt, um den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer anderen Handlungsform auszuweichen oder daß die Wahl einer einnahmenwirksamen Sachregelung entscheidend durch das Anliegen, eine Haushaltsbelastung zu vermeiden, motiviert worden ist. Auch das Volumen des Finanztransfers ist zu berücksichtigen.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Durch die materielle Betrachtung fördernder Vergütungsregelungen, die dem Befund der Einnahmenwirksamkeit zugrunde liegt, wird die formale Zuordnung dieser Regelungen zur Aufgabengewalt nicht überspielt, werden also nicht in sachwidriger Weise finanzverfassungsrechtliche Maßstäbe an Rechtsakte des Sachgesetzgebers angelegt. Denn die materielle Betrachtung eröffnet lediglich die Überprüfung anhand von Kriterien, die eine Übergriffsintensität bestimmen; diese Kontrolle kann freilich auch zu dem Ergebnis der Zulässigkeit einer einnahmenwirksamen Sachregelung führen.359 Weder aus dem Befund der Einnahmenwirksamkeit noch aus der Erfüllung eines einzelnen Intensitätskriteriums leitet sich unmittelbar die Verfassungswidrigkeit einer Sachregelung mit Finanzierungszweck ab. II. Übergriffsintensität der Stromeinspeisungsregelung Die Intensität des Übergriffs der Stromeinspeisungsregelung gem. §§ 4 ff., 14 EEG ermittelt sich durch eine Zusammenschau der verschiedenen Kriterien; erst bei einem Zusammentreffen mehrerer Indizien ist eine unzulässig hohe Übergriffswirkung festzustellen. Für den Übergriff der SER kommt dem Umstand erhebliches Gewicht zu, daß die Gestaltungsfunktion der gesetzlichen Abnahmepflicht, die den Netzbetreibern auferlegt wird, lediglich eine unterstützende und flankierende Bedeutung neben der reinen Finanzierungsfunktion der Vergütungsregelung besitzt. Der Abnahmezwang wurde durch das StrEG 1991 nicht zur Sicherung der Absatzmöglichkeiten der Einspeiser von Strom aus erneuerbaren Energien eingeführt, sondern um die mit der Vergütungsregelung verbundene Mehrkostenbelastung unausweichlich zu stellen und dadurch höhere gesetzliche Vergütungen gewähren zu können. Die Gestaltungsfunktion der Regelung steht daher gegenüber deren Finanzierungsfunktion völlig im Hintergrund. Hinzu tritt, daß der Umfang der Finanzierungsaufgabe allein aus den quantitativen und zeitlichen Zielvorstellungen des Gesetzgebers für die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Gesamtstromerzeugung abgeleitet ist und keine Verankerung in dem Grund der begrenzten finanziellen Sonderverantwortlichkeit der Stromhändler erkennen läßt. Eine „kompetenzielle Kontinuität“ abgabenähnlicher Vergütungsregelungen im Energiewirtschaftsrecht bestand weder bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes, noch existiert sie seither. Unterstrichen wird dieser Befund noch dadurch, daß die SER bei ihrer Einführung sowie anläßlich späterer Novellen eine Förde359 Auch H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 526, hält es aus diesen Gründen für unbedenklich, daß der materiellen Betrachtung einnahmenwirksamer Sachregelungen „auf der Befundebene kein in diesem Sinne begrenzendes, antagonistisches Prinzip einer formalen Betrachtung entgegengestellt ist.“

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rung erneuerbarer Energien durch Steuervergünstigungen sowie durch steuerfinanzierte Zuschüsse funktionell ersetzt hat. Auch für eine planmäßige Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die Einnahmenwirtschaft des Bundes finden sich im Falle der SER Anhaltspunkte. Zwar wurde die Regelung nicht zur Umgehung der Zulässigkeitsanforderungen an Sonderabgaben eingeführt. Allerdings bestehen verschiedene Anzeichen dafür, daß zur Förderung des Einsatzes erneuerbarer Energien bei der Stromerzeugung gerade deshalb eine einnahmenwirksame Sachregelung gewählt und seither beibehalten wurde, weil der Gesetzgeber eine Belastung des Bundeshaushalts mit den Kosten einer derart unfangreichen Förderung vermeiden wollte. Das Zusammenwirken dieser Umstände, insbesondere aber die Dominanz ihrer Finanzierungsfunktion zeigt die SER in einer unzulässig intensiven funktionellen Konkurrenz zur Steuer. Die Regelung ist daher mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

III. Übergriffsintensität des Herstellerabschlags auf Arzneimittelpreise Auch die Übergriffswirkung des Herstellerabschlags gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V bestimmt sich im Wege einer Zusammenschau der verschiedenen Intensitätskriterien. Fragt man dabei zunächst nach der Hauptfunktion der Abschlagsregelung, so verfolgt diese – ähnlich wie die SER – lediglich einen „Förder“zweck zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen, jedoch keinen Sachgestaltungszweck, der geeignet wäre, die Gesamtfunktion der Regelung in unterscheidungskräftiger Weise von einer reinen Finanzierungsfunktion abzuheben. Letztere ergibt sich daraus, daß der Abschlag den Trägern der GKV Mehrausgaben für Arzneimittel erspart, wodurch diesen finanzielles Handlungspotential für andere Aufgaben erhalten bleibt. Von der Finanzierungswirkung der SER unterscheidet sich diejenige des Herstellerabschlags darin, daß sie den wirtschaftlichen Handlungsspielraum der Krankenkassen nicht dadurch erweitert, daß diesen Geldmittel „positiv“ zugeführt werden; dies könnte grundsätzlich für eine geringere Übergriffsintensität sprechen. Da die Finanzierungsfunktion der Abschlagsregelung jedoch durch keinerlei sachgestaltende Funktion eingebunden wird, muß auch ihr eine hohe Intensität zugemessen werden. Des weiteren ist nicht zu erkennen, daß der Gesetzgeber die Finanzierungspflicht gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V mit Blick auf einen bestimmten Rechtfertigungsgrund der finanziellen Sonderbelastung ausgestaltet und bemessen hat. Insbesondere gründet die seit Einführung des Herstellerabschlags mehrfach wechselnde Höhe des Abschlagssatzes nicht in Veränderungen des Umfanges einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit der Arzneimittelhersteller. Die Anpassung des Abschlagssatzes erklärt sich vielmehr – wie insbesondere

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anläßlich der Einfügung von § 130a Abs. 3b SGB V deutlich geworden ist – aus jeweils aktuellen gesundheitspolitischen Finanzierungszwängen. Die kompetenzrechtliche Anerkennung des Verfassunggebers genießen einnahmenwirksame Sachregelungen in Gestalt von Arzneimittelabschlägen nicht. Eine kompetenzielle Kontinuität der Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen zur Regelung von Zwangsrabatten im Sozialversicherungsrecht hat sich auch unter Geltung des Grundgesetzes nicht eingestellt. Arzneimittelabschläge bilden noch immer eine – in ihrer Verfassungsmäßigkeit bezweifelte – Ausnahmeerscheinung im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Insgesamt erreicht die Intensität des Kompetenzübergriffs durch § 130a Abs. 1, 3b SGB V nicht das Ausmaß, welches für die SER festgestellt wurde. Zwar ist die Finanzierungsfunktion auch dieser Regelung nicht nur dominant, sondern ausschließlich, doch erweitert sie die Budgets der Krankenkassen nicht durch positive Mittelzuflüsse. Eine steuerfinanzierte Förderung der GKV wird durch die Regelung nicht funktionell ersetzt; eine planmäßige Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die Einnahmenwirtschaft des Bundes wird allenfalls durch die Höhe des eingesparten Ausgabenvolumens indiziert. Mit Ausnahme desjenigen der planmäßigen Einflußnahme auf die staatliche Einnahmenwirtschaft weisen jedoch alle herangezogenen Kriterien in Richtung einer hohen Intensität des Kompetenzübergriffs. Hinsichtlich der Weite der Finanzierungsaufgabe und ihrer fehlenden Abgestimmtheit auf eine bestehende Finanzierungsverantwortlichkeit der Pharmaunternehmen sowie im Ergebnis der historischen Auslegung unterscheidet sich der Herstellerabschlag nicht von der Übergriffsintensität der SER. Auch dieser Regelung ist daher eine unzulässig intensive Übergriffswirkung in Kompetenzen des Steuergesetzgebers zuzumessen.

IV. Übergriffsintensität des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld Während eine Finanzierungsfunktion der Zuschußpflicht nach § 14 Abs. 1 MuSchG eindeutig festzustellen ist – der Arbeitgeber trägt den größten Anteil an den finanziellen Lasten des Entgeltschutzes –, sind unterscheidungskräftige Gestaltungszwecke der Regelung nicht zu erkennen. Auch aus einem Verständnis der Freistellungspflicht gem. §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG und der Entgeltfortzahlung als „funktioneller Einheit“ läßt sich nicht auf eine Gestaltungsfunktion der Zuschußpflicht schließen, da die Person des Kostenträgers für die Funktionsfähigkeit des Entgeltschutzes nicht von Bedeutung ist. Indem sie den Arbeitgeber zur Finanzierung des Entgeltschutzes mit heranzieht, verwirklicht die Regelung daher eine reine Finanzierungsfunktion. Zudem hat sich der Gesetzgeber bei der Bemessung der Finanzierungslast nicht von dem Umfang einer vorgefundenen Finanzierungsverantwortlichkeit

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der Arbeitgeber leiten lassen. Das Ausmaß der Belastung des einzelnen Arbeitgebers ergibt sich zwangsläufig aus dem Ansteigen des durchschnittlichen monatlichen Arbeitsentgelts von Arbeitnehmerinnen, dem ein seit 1968 in unveränderter Höhe gewährtes Mutterschaftsgeld gegenübersteht. Der Umfang der Finanzierungspflicht ist daher nicht durch die Finanzierungsverantwortung der sonderbelasteten Gruppe, sondern allein durch externe Faktoren bestimmt. Besonders deutlich ist für die Regelung des Arbeitgeberzuschusses die planmäßige Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die Einnahmenwirtschaft des Bundes zu erkennen. Die Entstehungsgeschichte des § 14 Abs. 1 MuSchG während der Jahre 1965 bis 1967 zeigt, daß die Lastenverteilung zwischen der öffentlichen Hand und den Arbeitgebern allein Folge haushaltspolitischer Überlegungen ist. Während der Gesetzgeber des Jahres 1965 die Gruppe der Arbeitgeber noch von jeglicher Beteiligung an den Lasten des Entgeltschutzes entbinden wollte, führte schließlich die Finanznot des Bundeshaushaltes zu der – erst durch den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages angeregten – Regelung in ihrer bis heute geltenden Fassung. Die bislang angelegten Kriterien weisen auch für die Zuschußpflicht gem. § 14 Abs. 1 MuSchG in Richtung einer unzulässigen Übergriffsintensität. Allerdings hat die historische Auslegung der Kompetenzbestimmungen für den Arbeitgeberzuschuß zu einem Ergebnis geführt, in dem sich diese Referenzregelung grundlegend von den beiden zuvor betrachteten unterscheidet. Der Verfassunggeber des Grundgesetzes fand die Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen zum Erfaß von Lohnfortzahlungsregelungen bereits in weitem Umfang vor, weshalb davon auszugehen ist, daß er die Übergriffswirkung dieser Gruppe von Sachregelungen in Steuergesetzgebungskompetenzen als im Prinzip unbedenklich beurteilt, Lohnfortzahlungspflichten als im Grundsatz kompetenzrechtlich zulässig anerkannt hat. Diese Anerkennung von Lohnfortzahlungsregelungen durch den Verfassunggeber spricht auch im Falle des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld dagegen, der Entgeltfortzahlungspflicht eine unzulässig intensive Übergriffswirkung in Steuergesetzgebungskompetenzen beizumessen. Ob sich die Zuschußpflicht nach § 14 Abs. 1 MuSchG in Art und Ausmaß der finanziellen Sonderbelastung von anderen Lohnfortzahlungspflichten zu Lasten des Arbeitgebers in einer Weise unterscheidet, die ihre Grundgesetzwidrigkeit begründet, wird noch anhand weiterer, insbesondere grundrechtlicher Verfassungsmaßstäbe zu untersuchen sein. Mit Blick auf die Intensität ihrer Übergriffswirkung in Kompetenzen des Steuergesetzgebers erscheint die Regelung jedoch noch mit dem Grundgesetz vereinbar.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

§ 11 Übergriff in Steuerertragskompetenzen und Störungen des Bund-Länder-Finanzausgleichs A. Grundlage der Übergriffswirkung in Steuerertragskompetenzen Als Grundlage der Übergriffswirkung abgabenähnlicher Vergütungsregelungen in Steuergesetzgebungskompetenzen wurde deren Einnahmenwirksamkeit festgestellt.360 Setzt der Sachgesetzgeber Zwangsvergütungen ein, so bezweckt er dabei zum einen, privates Vermögen durch die Auferlegung einer Geldleistungspflicht zu belasten (Belastungswirkung), zum anderen, das finanzwirtschaftliche Handlungspotential des Verbandes zu vergrößern (Aufkommenswirkung). Beide Wirkungen sind dem Gesetzgeber aufgrund ihrer Intentionalität zurechenbar. Die Aufkommenswirkung von Preisinterventionen unterscheidet sich dabei von derjenigen von Staatseinnahmen im formellen Sinne darin, daß Einnahmen den Haushalt eines öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens mehren, indem sie ihm Geldmittel zuführen.361 Gleichwohl kann Entgeltregelungen eine Aufkommenswirkung insofern zuerkannt werden, als der Gesetzgeber durch ihren Einsatz bezweckt, die finanziellen Handlungsmöglichkeiten einer bestimmten Personengruppe durch Veranlassung privatrechtlicher Finanztransfers zu erweitern.362 Aufgrund dieser gesetzgeberisch bezweckten Förderung kann die Erweiterung des wirtschaftlichen Handlungsspielraums der begünstigen Gruppe dem Staat als Mehrung seiner eigenen finanzwirtschaftlichen Handlungsmacht zugerechnet werden. In dem Maße, in dem ein Verwaltungsträger abgabenähnliche Preisregelungen einsetzt und hierdurch „Subventions“aufgaben363 haushaltsneutral erfüllt, wird entweder eine bisherige Steuerfinanzierung dieser Aufgaben funktionell ersetzt oder der handelnde Verband gewinnt die Möglichkeit, mit Hilfe der hinzugewonnenen finanzwirtschaftlichen Handlungsmacht sein Aufgabenspektrum zu erweitern.364 Da die Steuer nach ihrer Funktion darauf zielt, das Budget eines öffentlichrechtlichen Gemeinwesens zu mehren, zu dessen Gunsten also eine Aufkommens- oder auch Ertragswirkung365 zu entfalten, bildet der Befund der Einnah360

Siehe hierzu eingehend oben § 10 A III. Zum Begriff der Aufkommenswirkung in diesem Sinne P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 34. 362 Zu diesem Verständnis von Aufkommenswirkung vgl. auch H. Kube, finanzreform 4/2004, S. 1 (18). 363 Der Begriff der „Subvention“ wird auch insoweit untechnisch gebraucht, als es sich bei Trägern der GKV um Körperschaften des öffentlichen Rechts, nicht um Freiheitsberechtigte, bei den durch Lohnfortzahlungsregelungen Begünstigten zudem nicht um Unternehmen handelt, siehe schon § 1 D II. 364 Siehe hierzu oben § 10 A III. 361

§ 11 Übergriff in Steuerertragskompetenzen

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menwirksamkeit die Grundlage nicht nur der Übergriffswirkung von Preisinterventionen in Steuergesetzgebungskompetenzen, sondern auch ihrer Übergriffswirkung in die Steuerertragskompetenzen einer Gebietskörperschaft. Art. 106 GG verteilt die Ertragszuständigkeiten für Steuern mit dem Ziel, einerseits unkoordinierte und infolgedessen in ihrer Kumulation übermäßige Zugriffe verschiedener Gebietskörperschaften auf die begrenzte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bürgers zu vermeiden,366 andererseits allen Gebietskörperschaften im Bundesstaat eine aufgabengerechte Finanzausstattung zu gewähren.367 Da gerade diese beiden Schutzzwecke der Steuerertragsverteilung durch den Befund der Belastungs- und der Aufkommenswirkung fördernder Vergütungspflichten angesprochen sind, bilden Belastungs- und Aufkommenswirkung zentrale Tatbestandsmerkmale auch des Übergriffs in Steuerertragskompetenzen. Von der Übergriffswirkung auf Ebene der Gesetzgebungskompetenzen unterscheidet sich diejenige auf Ebene der Ertragskompetenzen darin, daß die mittelbare Wirksamkeit einer Sachregelung sich hier zwischen den Kompetenzen verschiedener Gebietskörperschaften einstellen muß. Betreffen die Wirkungen eine Steuerertragskompetenz, die der sachregelnden Körperschaft selbst zugeordnet ist, so scheidet ein Übergriff in die Ertragshoheit aus. Zu den Merkmalen der Belastungs- und der Aufkommenswirkung tritt daher für den Übergriff einer Sachregelung in Steuerertragskompetenzen noch ein weiteres Tatbestandsmerkmal: Die mittelbaren Auswirkungen der Sachregelung müssen sich gerade im Bereich der Steuerertragskompetenz einer anderen Gebietskörperschaft einstellen. Dabei läßt sich für Vergütungsregelungen freilich nicht davon sprechen, eine Gebietskörperschaft greife durch Ausübung einer ihr zugeordneten „Ertragskompetenz“ in die Steuerertragshoheit eines anderen Verbandes über. Als Übergriff zwischen Ertragskompetenzen stellt es sich beispielsweise dar, wenn sich die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben durch einen Verband mittelbar auf Steuerertragskompetenzen eines anderen Verbandes auswirkt; denn die Berechtigung am Ertrag einer nichtsteuerlichen Abgabe liegt bei der Körperschaft, die gem. Art. 104a Abs. 1 GG die Ausgabenzuständigkeit für den finanzierungsbedürftigen Sonderaufwand innehat, dessen Ausgleich die Abgabenerhebung dient.368 Da Zwangsvergütungen dem Verband, der sie auferlegt, keine Geldmit365 Zur synonymen Verwendung der Begriffe Aufkommen und Ertrag J. W. Hidien, in: Bonner Kommentar, Art. 106 Rn. 539. 366 BVerfGE 108, 1 (16); 108, 186 (215); P. Kirchhof, Finanzgewalt und Verfassungsgerichtsbarkeit, in: K. Stern (Hrsg.), 40 Jahre Grundgesetz, 1990, S. 119 (127); W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Vorbem. zu Art. 104a–115 Rn. 17. 367 BVerfGE 55, 274 (300); 78, 249 (266); 93, 319 (342); 105, 185 (194); 108, 1 (15); st. Rspr. 368 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 212; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 385.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

tel zufließen lassen, bestehen für solche Geldleistungspflichten keine Ertragskompetenzen. An die Stelle einer Ertragshoheit tritt insoweit die bereits beschriebene materielle Aufkommenswirkung. Preisregelungen versetzen einen Verwaltungsträger in die Lage, öffentliche Aufgaben, die er bislang aus Haushaltsmitteln zu erfüllen hatte, fortan haushaltsneutral wahrzunehmen. Wurde die nunmehr durch Preisregulierung finanzierte Förderaufgabe bisher nicht wahrgenommen, so kann der Verband durch die Veranlassung privatrechtlicher Finanztransfers sein Aufgabenspektrum ohne Mehrausgaben erweitern. Die Feststellung, ob die mittelbaren Auswirkungen einer einnahmenwirksamen Sachregelung gerade im Bereich der Steuerertragskompetenz einer anderen Gebietskörperschaft eintreten, gestaltet sich vergleichsweise schwierig. Bereits bei der Bestimmung der Intensitätskriterien für Übergriffe des Sachgesetzgebers in Steuergesetzgebungskompetenzen wurde das Kriterium des Übergriffs in die Kompetenz einer anderen Gebietskörperschaft nicht zuletzt aufgrund des damit verbundenen Untersuchungsaufwandes einstweilen zurückgestellt.369 Zugleich wurde darauf hingewiesen, daß sich die Lokalisierung einer Übergriffswirkung im Bereich einer bestimmten beeinträchtigten Kompetenz unterschiedlich gestaltet, je nachdem, ob Kompetenzen der Besteuerungsgewalt durch Rechtsakte der Sachgewalt tangiert werden oder umgekehrt. Vergleichsweise mühelos lassen sich die sachgestaltenden Übergriffswirkungen von Lenkungsteuern einer bestimmten Sachgesetzgebungskompetenz zuordnen, indem zunächst der Lebensbereich umrissen wird, in dem sich die Lenkungswirkungen des Steuertatbestandes entfalten, und dieser Lebensbereich sodann innerhalb der sachlichgegenständlich voneinander abgegrenzten Kompetenztitel der Art. 73 ff. GG eingeordnet wird.370 Anders gestaltet sich hingegen die Zuordnung der Übergriffswirkungen einer einnahmenwirksamen Sachregelung zu einer bestimmten in Art. 106 GG aufgeführten Steuerart, mit der zugleich die Zuordnung sowohl zu der für diese Steuerart geltenden Ertragskompetenz als auch zu der hieran anknüpfenden Gesetzgebungskompetenz gem. Art. 105 GG getroffen wird. Im Unterschied zur Systematik der Art. 73 ff. GG gliedert Art. 106 GG die Ordnung der Steuerertragskompetenzen nicht nach inhaltlich-gegenständlich voneinander abgegrenzten Sachbereichen, sondern abstrakt-formal nach der Form, in der eine bestimmte Steuerart anläßlich eines Aktes des Erwerbs oder der Verwendung von Vermögen auf dieses zugreift. Die Zuordnung der Übergriffswirkung einer Sachregelung zu einer bestimmten Steuerertragskompetenz erfordert es daher, die einnahmenwirksame Vermögensbelastung nach ihrer Zugriffsform zu qualifizieren und sodann zu prüfen, ob diese Form des Vermögenszugriffs 369

Siehe oben § 10 C I 4. Hierzu auch H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 270; Beispiele für die Zuordnung steuerlicher Lenkungswirkungen zu Sachmaterien der Art. 73 ff. GG bei P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 163 ff. 370

§ 11 Übergriff in Steuerertragskompetenzen

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einer Steuerart entspricht, die durch Art. 106 GG womöglich der Ertragshoheit einer anderen Gebietskörperschaft zugewiesen wird. Die Ähnlichkeit der Zugriffsformen bildet damit zum einen eine Tatbestandsvoraussetzung des Übergriffs in eine bestimmte Steuerertragskompetenz, zugleich aber auch den Maßstab der Intensität dieses Übergriffs. Angesichts dieser doppelten Funktion des Formenvergleichs kann im folgenden – anders als bei Bestimmung der Übergriffsintensität in Steuergesetzgebungskompetenzen – nicht sukzessive zunächst der Übergriff als solcher festgestellt und sodann nach den Kriterien seiner Intensität gefragt werden. Die Untersuchung wird sich statt dessen – nach einer kurzen Darstellung der Grundlagen und Schutzzwecke des bundesstaatlichen Finanzausgleichs, dessen Bestandteil die Steuerertragsverteilung ist371 – schrittweise der Methode annähern, die ein Vergleich der Zugriffsformen von einnahmenwirksamer Sachregelung und Steuer zu wählen hat. Dieses Vorgehen dient zum einen der Bestimmung der konkreten Steuerertragskompetenz, die durch eine Preisintervention beeinträchtigt wird, und damit der Feststellung des Übergriffs als solchem, zum anderen der Ermittlung der Intensität des Kompetenzübergriffs.

B. Steuerertragsverteilung und Finanzausgleich – Grundlagen und Schutzzwecke I. Aufgabengerechte Finanzausstattung aller Ebenen im Bundesstaat Mit besonderer Sorgfalt widmet sich der zehnte Abschnitt des Grundgesetzes der Verteilung der staatlichen Einnahmen. Die Verfassungsbestimmungen über die Verteilung der Steuererträge und den weiteren Finanzausgleich zielen darauf, Bund und Länder sachgerecht und dabei gleichgewichtig an der Finanzmacht des Staates zu beteiligen.372 Bund und Länder sollen dazu befähigt werden, mit den ihnen zur Verfügung gestellten Finanzmitteln die ihnen von der Verfassung zugewiesenen Aufgaben eigenständig und eigenverantwortlich wahrzunehmen.373 In dieser Funktion bildet die grundgesetzliche Finanzverfassung in den Worten des BVerfG einen „Eckpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung“. 371 Der Begriff des Finanzausgleichs wird uneinheitlich verwandt. Das BVerfG und das Gesetz über den Finanzausgleich (FAG) bezeichnen damit den gesamten Prozeß der Einnahmenverteilung, also sowohl die Steuerertragsverteilung als auch die berichtigende Umverteilung der Erträge, nicht jedoch die Zuweisung der Aufgaben, vgl. BVerfGE 72, 330 (383); weiterhin K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 27; H.-G. Henneke, Öffentliches Finanzwesen, 2. Aufl., 2000, Rn. 687. 372 S. Korioth, Der Finanzausgleich, 1997, S. 99 ff.; U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 182 f. 373 BVerfGE 72, 330 (383) – Finanzausgleich II.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Sie soll eine Finanzordnung sicherstellen, „die den Gesamtstaat und die Gliedstaaten am Gesamtertrag der Volkswirtschaft sachgerecht beteiligt“. Bund und Länder müssen „im Rahmen der verfügbaren Gesamteinnahmen so ausgestattet werden, daß sie die Ausgaben leisten können, die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich sind.“374 Um dieses Ziel nicht zu gefährden, betont das BVerfG, der strikten Beachtung der finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeitsbereiche durch den Bund und die Länder komme eine überragende Bedeutung für die Stabilität der bundesstaatlichen Verfassung zu.375 Da sich die Kostenverantwortung im Bundesstaat nach dem in Art. 104a GG niedergelegten376 Konnexitätsprinzip richtet, erlangt die sachgerechte Verteilung der Einnahmen unter den Gebietskörperschaften unmittelbare Bedeutung für die Wahrnehmung der staatlichen Aufgaben.377 Der Konnexitätsgrundsatz bindet die Ausgabenkompetenz an die Zuständigkeit für die jeweilige Staatsaufgabe, so daß die Kostenverantwortlichkeit im Bundesstaat der Zuweisung der Verwaltungskompetenz folgt.378 Auf diese Weise sollen Übergriffe des Bundes in Länderkompetenzen, wie sie vor Einführung des Konnexitätsprinzips vor allem in Gestalt der sog. Fondswirtschaft verbreitet waren,379 verhindert und eine Mischfinanzierung über die im Grundgesetz vorgesehenen Konstellationen380 hinaus vermieden werden. 1. Die Stufenfolge des Finanzausgleichs Das Ziel einer aufgabengerechten Ausstattung aller Ebenen des Bundesstaates mit Finanzmitteln verwirklichen die Art. 106, 107 GG in einem vierstufigen Verfahren. Innerhalb dieses Systems sind jeder Stufe bestimmte Verteilungsund Ausgleichsziele zugeordnet; die Abfolge der Stufen ist zwingend, es dürfen also nicht einzelne Stufen „beliebig funktional ausgewechselt oder übersprungen werden.“381 Dabei vereint jede Stufe des Finanzausgleichs Elemente der Stetig374 BVerfGE 55, 274 (300); 78, 249 (266); 93, 319 (342); 105, 185 (194); 108, 1 (15); st. Rspr. 375 BVerfGE 105, 185 (194) – UMTS-Erlöse. 376 Die Lastenverteilungsregel galt bereits vor ihrer verfassungsgesetzlichen Verankerung durch die Finanzreform des Jahres 1969 als ungeschriebener Grundsatz, vgl. BVerfGE 26, 338 (389 f.); W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 104a Rn. 10. 377 S. Korioth, Der Finanzausgleich, 1997, S. 33 f.; W. Heun, Der Staat 31 (1992), S. 205 (207). 378 So die ganz h. M., vgl. die Nachweise bei W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 104a Rn. 10; ferner U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 52 ff. 379 Hierzu K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 20. 380 Hier sind neben den in Art. 104a Abs. 2 bis 4 GG genannten Ausnahmen vor allem die Gemeinschaftsaufgaben gem. Art. 91a und 91b GG zu nennen, vgl. U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 71 ff.

§ 11 Übergriff in Steuerertragskompetenzen

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keit und Berechenbarkeit der Finanzausstattung mit Erfordernissen der Elastizität und der Reaktionsfähigkeit angesichts einer veränderlichen Einnahmen- und Ausgabensituation.382 Die Steuerertragszuweisung ebenso wie die sich hieran gegebenenfalls anschließende Ertragsumverteilung vollzieht sich sowohl im vertikalen Verhältnis zwischen dem Bund und der Ländergesamtheit als auch im horizontalen Verhältnis der Länder zueinander. Den primären Finanzausgleich bildet die Verteilung der Steuererträge. Gegenstand der Verteilungsregelung des Art. 106 GG ist neben den Finanzmonopolen, deren Ertrag nur geringe finanzwirtschaftliche Bedeutung zukommt, ausschließlich die Zuweisung der Ertragskompetenzen für Steuern an den Bund oder die Gesamtheit der Länder. Die Ertragsberechtigung an nichtsteuerlichen Abgaben folgt mangels anderweitiger Regelung der Verwaltungskompetenz für die Sachaufgabe, in deren Zusammenhang die Abgabe erhoben wird.383 Bei der vertikalen Steuerertragsaufteilung kombiniert das Grundgesetz Elemente eines Trennsystems mit solchen eines Verbundsystems, indem es die Steuern von weniger bedeutender Ertragsstärke dem Bund oder den Ländern ungeteilt zuweist, die drei aufkommensstärksten Steuern hingegen als Gemeinschaftsteuern ausgestaltet. Am Aufkommen der Einkommensteuer – nach Abzug des Gemeindeanteils gem. Art. 106 Abs. 5 GG – und der Körperschaftsteuer sind Bund und Länder je hälftig beteiligt, die jeweiligen Anteile am Aufkommen der Umsatzsteuer werden durch Art. 106 Abs. 3 S. 3 GG der Festsetzung durch einfaches Bundesgesetz überantwortet. Indem die Steuerertragskompetenzen mit Ausnahme der Umsatzsteuerverteilung unmittelbar durch die Verfassung den verschiedenen Ebenen im Bundesstaat zugewiesen werden, betont das Grundgesetz die Stabilität des Finanzausgleichs. Durch die Ergänzung von Trenn- und Verbundsystem werden die Vorzüge beider Ansätze miteinander kombiniert. Die ungeteilte Zuweisung der meisten Steuern an eine Ebene des Bundesstaats betont die finanzielle Autonomie von Bund und Ländern und entzieht weite Teile der Ertragszuweisung den politischen Verteilungsdebatten. Die gemeinschaftliche Ertragsberechtigung an der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer bewirkt vor dem Hintergrund schwankender Steueraufkommen eine gleichmäßigere Belastung oder Begünstigung aller Ebenen.384 Die Umsatzsteuerverteilung, zu deren Revision es keiner Verfassungsänderung bedarf, bildet das flexible Element des primären vertikalen Finanzausgleichs. Durch sie öffnet sich das ansonsten 381

BVerfGE 72, 330 (383) – Finanzausgleich II. H.-G. Henneke, Öffentliches Finanzwesen, 2. Aufl., 2000, Rn. 686. 383 BVerfGE 105, 185 (193) – UMTS-Erlöse; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 212; J. W. Hidien, in: Bonner Kommentar, Art. 106 Rn. 68 ff. 384 H.-G. Henneke, Öffentliches Finanzwesen, 2. Aufl., 2000, Rn. 704; S. Korioth, Der Finanzausgleich, 1997, S. 295 ff., 354 ff. 382

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

statische System der Steuerertragsverteilung der Anpassung an veränderliche Umstände wie die Bevölkerungsentwicklung, die Wirtschaftslage oder die Aufgabenpolitik der Gebietskörperschaften. Dabei wird der verfassungsrechtlich anzuerkennende Bedarf einer Gebietskörperschaft durch Berechnung der sog. Dekkungsquote ermittelt.385 Für deren Feststellung enthält die Finanzverfassung in Art. 106 Abs. 3 S. 4 GG Vorgaben, sie erklärt insbesondere, daß Bund und Länder „im Rahmen der laufenden Einnahmen [. . .] gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben“ haben. Entwickeln sich die Deckungsquoten von Bund und Ländern wesentlich auseinander, so sind die Anteile an der Umsatzsteuer gem. Art. 106 Abs. 4 S. 1 1. Hs. GG neu festzusetzen, die benachteiligten Körperschaften haben einen Anspruch auf Eintritt in Verhandlungen über eine Umsatzsteuerrevision.386 Die Aufteilung der Landessteuern und der Länderanteile am Aufkommen der Gemeinschaftsteuern unter den einzelnen Ländern, Art. 107 Abs. 1 GG, vollendet den primären Finanzausgleich. Auf dieser Stufe sieht das Grundgesetz die Möglichkeit vor, solchen Ländern, deren Einnahmen aus den Landessteuern, der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer unter dem Länderdurchschnitt bleiben, zu ihrem Anteil am Aufkommen der Umsatzsteuer Ergänzungsanteile zu gewähren, Art. 107 Abs. 1 S. 4 2. Hs. GG.387 Mit diesem Schritt ist die Verteilung dessen, was den Ländern als eigene Finanzausstattung zusteht, abgeschlossen.388 Die Verteilung des Gesamtsteueraufkommens auf die verschiedenen Gebietskörperschaften gemäß den Ertragskompetenzen des Art. 106 GG bildet den primären Finanzausgleich als Grundlage und Kernbestandteil der finanziellen Ausstattung von Bund und Ländern. Ob dieses Verteilungssystem seine Funktion einer aufgabengerechten Finanzausstattung aller Gebietskörperschaften zu erfüllen vermag, hängt wesentlich davon ab, ob die durch das Grundgesetz getroffene Zuordnung der Steuerertragskompetenzen gewahrt wird. Wird der Zuweisungsgehalt dieser Ertragskompetenzen durch einnahmenwirksame Sachregelungen oder durch Übergriffe zwischen Steuerertragskompetenzen verschiedener Gebietskörperschaften beeinträchtigt, so wird die grundgesetzlich vorgesehene

385 Zum Deckungsquotenverfahren als verfassungsadäquatem Verteilungsverfahren J. W. Hidien, Die Verteilung der Umsatzsteuer, 1998, S. 153 ff.; U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 198 f.; S. Korioth, Der Finanzausgleich, 1997, S. 485 ff. 386 Zu den Voraussetzungen einer Umsatzsteuerrevision eingehend J. W. Hidien, Die Verteilung der Umsatzsteuer, 1998, S. 340 ff. 387 Zwar handelt es sich bei dem Ergänzungsanteil zur Umsatzsteuer bereits um einen ersten Akt der korrigierenden Umverteilung, bei normativer Betrachtung steht jedoch erst nach Zuteilung dieses Ergänzungsanteils fest, was den Ländern als eigene Finanzausstattung zusteht, so daß der Verteilungsschritt zum primären horizontalen Finanzausgleich gerechnet wird, vgl. BVerfGE 72, 330 (384 f.) – Finanzausgleich II. 388 Vgl. auch BVerfGE 72, 330 (385) – Finanzausgleich II.

§ 11 Übergriff in Steuerertragskompetenzen

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Ertragsverteilung gestört, ohne daß sichergestellt ist, daß diese Abweichungen auf Ebene des sekundären Finanzausgleichs stets korrigiert werden. Da das Ziel einer aufgabengerechten Finanzausstattung aller Gebietskörperschaften durch die Steuerertragsverteilung – auch unabhängig von Übergriffen in Steuerertragskompetenzen – nur unvollkommen zu erreichen ist, wird das primäre Ausgleichsergebnis, soweit es „auch unter Berücksichtigung der Eigenstaatlichkeit der Länder aus dem bundesstaatlichen Gedanken der Solidargemeinschaft unangemessen ist“,389 durch Art. 107 Abs. 2 GG korrigiert. Im Verhältnis der Länder zueinander können leistungsfähigere Länder aufgrund von Art. 107 Abs. 2 S. 1 und 2 GG verpflichtet werden, die geringere Finanzkraft390 anderer Länder durch Finanztransfers angemessen auszugleichen. Daneben kann der allgemeine Finanzbedarf leistungsschwacher Länder gem. Art. 107 Abs. 2 S. 3 GG durch Zuweisungen des Bundes aus seinen Mitteln ergänzend gedeckt werden. 2. Die Bedeutung des Aufgabenrechts Gelegentlich wird auch die Aufteilung der Staatsaufgaben auf die verschiedenen Ebenen des Bundesstaats in den Begriff des Finanzausgleichs mit einbezogen.391 Regelungen über die Zuweisung von Aufgaben und den Umfang, in dem diese wahrzunehmen sind, treffen die Bestimmungen des Grundgesetzes zum Finanzausgleich jedoch nicht. Richtigerweise ist die Aufgabenverteilung dem Ertragsverteilungs- und Ausgleichsmechanismus als bestimmende Größe vorgegeben und bildet nicht den Gegenstand dieser Regelungen. Vor allem im Begriff der „notwendigen Ausgaben“, Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG, nimmt das Recht des Finanzausgleichs die Vorgaben der Aufgabenordnung auf. Die Notwendigkeit einer Ausgabe setzt die Notwendigkeit der zu finanzierenden Aufgabe voraus, wobei allerdings darüber, welcher Kreis von Aufgaben als notwendig anzusehen ist, kaum Einigkeit zu erzielen ist. Übereinstimmung herrscht darin, daß eine Aufgabe jedenfalls dann notwendig ist, wenn die Verfassung ihre Erfüllung unmittelbar fordert oder sie sich auf verfassungsrechtliche Vorgaben zurückführen läßt.392 389

BVerfGE 72, 330 (386); 86, 148 (215). Zu diesem Begriff P. Kirchhof, Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich, 1982, S. 28 ff.; U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 224 ff.; S. Korioth, Der Finanzausgleich, 1997, S. 548 ff. 391 Insbesondere in der Finanzwissenschaft wird dieser weite Begriff des Finanzausgleichs verwendet, vgl. dazu die umfassenden Nachweise bei S. Korioth, Der Finanzausgleich, 1997, S. 28 f., der sich selbst gegen diese Begrifflichkeit wendet; ebenfalls dagegen H.-G. Henneke, Öffentliches Finanzwesen, 2. Aufl., 2000, Rn. 687; ähnlich U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 5. 392 Vgl. K. M. Hettlage, Die Revisionsklausel in der Finanzverfassung, in: FS f. Theodor Maunz, 1981, S. 119 (126 f.); W. Geiger, Zur Auslegung des Begriffs „not390

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Der Verweis auf die vorgelagerte Aufgabenentscheidung öffnet das Verteilungs- und Ausgleichssystem der Art. 106, 107 GG für die Kräfte des politischen Prozesses. Dementsprechend bildet die Gewichtung der Aufgaben von Bund und Ländern nach ihrer Dringlichkeit regelmäßig den Kernpunkt der Auseinandersetzung bei den Verhandlungen über die Umsatzsteuerverteilung. Deshalb hat das BVerfG auch für den Begriff der „notwendigen Ausgaben“ gefordert, dieser müsse durch den Gesetzgeber konkretisiert werden und dürfe nicht „dem freien Spiel der politischen Kräfte überlassen bleiben“.393 II. Konkretisierungsbedürftigkeit zentraler Begriffe des Finanzausgleichsrechts Die Bestimmungen der Art. 106, 107 GG weisen zwei Besonderheiten auf, die bei der Beantwortung kompetenzrechtlicher Fragestellungen zu berücksichtigen sind. Zum einen ist die Gesamtregelung des Finanzausgleichs, obwohl im Vergleich mit anderen Verfassungsbestimmungen schon von außergewöhnlicher Regelungsdichte, noch in hohem Maße auf einfachgesetzliche Konkretisierungen angewiesen. Zum anderen sticht die Finanzordnung des Grundgesetzes im Verfassungsvergleich dadurch hervor, daß sie die Gesetzgebungs- und die Ertragshoheit für Steuern voneinander trennt. Obwohl die Bestimmungen über die Steuerertragsverteilung sowie den Finanzausgleich im engeren Sinne – gemessen an anderen Abschnitten des Grundgesetzes – eine ungewöhnlich hohe Regelungsdichte aufweisen, bleiben sie aufgrund der Komplexität der geregelten Materie und deren Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Bundesstaats in besonderem Maße auf Konkretisierungen des Gesetzgebers angewiesen.394 Insbesondere für die „flexiblen“ Elemente des Finanzausgleichs – die Umsatzsteuerverteilung, die Gewährung von Ergänzungsanteilen zur Umsatzsteuer, die Ausgleichszahlungen zwischen den Ländern und die Bundesergänzungszuweisungen – hat das BVerfG den Gesetzgeber verpflichtet gesehen, die unbestimmten Begriffe der Grundgesetzbestimmungen durch Formulierung allgemeiner, vollziehbarer und ihn selbst bindender Maßstäbe zu konkretisieren und zu ergänzen.395 In den Worten des Gerichts haben „diese abstrakten, auf Dauer wirksamen Maßstäbe [. . .] die Verteilungsprinzipien wendige Ausgaben“, in: FS f. Theodor Maunz, 1981, S. 89 (93); S. Korioth, Der Finanzausgleich, 1997, S. 489; K.-A. Schwarz, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 106 Rn. 79. 393 BVerfGE 101, 158 (218) – Finanzausgleich IV. 394 Zu den unbestimmten Verfassungsbegriffen des Finanzausgleichsrechts und den mit ihnen verbundenen Fragestellungen S. Korioth, Der Finanzausgleich, 1997, S. 63 ff.; ausgehend hiervon zur Justitiabilität der Finanzverfassung K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 120 ff. 395 BVerfGE 101, 158 (215) – Finanzausgleich IV.

§ 11 Übergriff in Steuerertragskompetenzen

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verständlich zu machen, die jeweiligen Verteilungsfolgen zu rechtfertigen und damit auch Maßstäbe der Selbstbindung und der Kontrolle zur Verfügung zu stellen.“396 Unter anderem für die Tatbestände der „laufenden Einnahmen“ und der „notwendigen Ausgaben“ in Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG hat das Gericht gefordert, diese müßten so bestimmt und berechenbar ausgeformt werden, daß sich aus ihnen Verteilungsschlüssel ableiten lassen.397 In Ausführung dieses Regelungsauftrages hat der Gesetzgeber ein Maßstäbegesetz erlassen, in dem er für die genannten dynamischen Elemente des Finanzausgleichs die Grundsätze der Maßstabsbildung festlegt.398 Insgesamt bleibt jedoch der Umfang, in dem die Begriffe und Maßstäbe des Finanzausgleichsrechts durch den einfachen Gesetzgeber konkretisiert worden sind, gering. Für die Mehrzahl der Begriffe und Maßstäbe muß daher weiterhin auf die Konkretisierungen durch Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden, wobei oftmals erhebliche Meinungsunterschiede bestehen.399 Daneben ist die Auslegung unbestimmter Verfassungsbegriffe in den Art. 106, 107 GG von Bedeutungsgehalten beeinflußt, die den Begriffen durch das Haushaltsrecht beigelegt worden sind und von denen sich das Recht des Finanzausgleichs erst allmählich löst. Dies gilt in besonderem Maße für den Begriff der „laufenden Einnahmen“.400 Hier ist eine Loslösung von haushaltsrechtlichen Begriffsverständnissen schon deshalb angezeigt, weil Bund und Länder – worauf auch das BVerfG hingewiesen hat401 – zwar in ihrer Haushaltswirtschaft, nicht aber in ihrer Finanzwirtschaft voneinander unabhängig sind. III. Die Trennung von Gesetzgebungs- und Ertragshoheit Im Verfassungsvergleich sticht die Finanzordnung des Grundgesetzes dadurch hervor, daß sie die Gesetzgebungs- und die Ertragshoheit für Steuern voneinander trennt.402 Der Grund für diesen „Geniestreich des parlamentarischen Ra396

BVerfG, a. a. O., S. 236. BVerfG, a. a. O., S. 215. 398 Vgl. das sog. Maßstäbegesetz vom 9. 9. 2001 (BGBl. I S. 2302). 399 Als Beispiel kann die Qualifikation von Sonderabgaben als „laufende Einnahmen“ im Sinne von Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG gelten, vgl. hierzu einerseits – für deren Berücksichtigungsfähigkeit – P. Kirchhof, Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 (676); K.-A. Schwarz, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 106 Rn. 73; H.-G. Henneke, Öffentliches Finanzwesen, 2. Aufl., 2000, Rn. 725; dagegen W. Köck, Die Sonderabgabe, 1991, S. 109 f.; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 120 f. 400 Hierzu J. W. Hidien, in: Bonner Kommentar, Art. 106 Rn. 857, 870. 401 BVerfGE 101, 158 (220). 402 Hierzu eingehend K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 43, 58; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, S. 1085; T. Maunz, in: ders./G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 105 Rn. 6; allgemeiner zur Tren397

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

tes“403 liegt in der unterschiedlichen Zielsetzung der beiden Kompetenzen. Während die Steuergesetzgebung das Anliegen einheitlicher Lebensverhältnisse im Bundesstaat verfolgt, dabei auch auf die Wahrung einer gleichmäßigen Besteuerung gerichtet ist, dient die Zuweisung der Ertragshoheit zuvorderst der aufgabengerechten Finanzausstattung aller Gebietskörperschaften und orientiert sich an der Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern.404 Als Folge dieser Gestaltungsentscheidung des Verfassunggebers sind die Regelungen der Steuergesetzgebungs- und der Ertragskompetenzen nach der Konzeption des Grundgesetzes in komplexer Weise miteinander verflochten. So verweist Art. 105 Abs. 2 GG für die konkurrierende Steuergesetzgebungskompetenz des Bundes weitgehend auf die Ertragszuständigkeit des Bundes für die Bundes- und die Gemeinschaftsteuern.405 Bei der Zuweisung der Steuergesetzgebungskompetenzen an die Länder nimmt Art. 105 Abs. 2a GG durch das Verbot „gleichartiger“406 Landessteuern implizit die in Art. 106 GG aufgeführten Steuerarten in Bezug. Da dem Steuergesetzgeber die Einführung neuer, nicht in den Katalog des Art. 106 GG einzuordnender Steuern jedenfalls dann untersagt ist, wenn hierdurch das dort verankerte System gestört würde,407 wirkt die Regelung der Steuerertragsverteilung zugleich als Schranke für die Ausübung von Steuergesetzgebungskompetenzen. Wird in diesem Zusammenhang ein „Typenvergleich“ zwischen einer neuartigen Abgabe oder sonstigen Geldleistungspflicht und den in Art. 106 GG zugewiesenen Steuerarten erforderlich, so ist zu beachten, daß es sich bei diesen nicht um exakt definierte Begriffe, sondern um historisch überkommene Steuertypen handelt, mit denen die hinzutretende Zahlungspflicht zwar verglichen, unter die sie aber nicht in einem strengen Sinne subsumiert werden kann.408 nung von Gesetzgebungs- und Ertragshoheit für Abgaben P. Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, 1984, S. 27. 403 So R. Mußgnug, JZ 1992, S. 194. 404 S. Korioth, Der Finanzausgleich, 1997, S. 57; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, S. 1085. 405 In der Sache ist die Kompetenz des Bundes für Bundes- und Gemeinschaftsteuern entgegen der mißverständlichen Bezeichnung durch den Verfassungstext keine konkurrierende, sondern eine ausschließliche, vgl. K. Vogel/H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 76 m.w. N. 406 Eine Übersicht der Rspr. des BVerfG zur Gleichartigkeit von Steuern findet sich bei W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 105 Rn. 36 f. – Das Gericht geht davon aus, der Begriff der Gleichartigkeit sei für Art. 105 Abs. 2a GG enger auszulegen als in Abs. 2, hierzu M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 61; W. Heun, a. a. O., Art. 105 Rn. 41. 407 So P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 68; strengere Anforderungen erhebt eine Auffassung nach K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 32 m.w. N., wonach die Einführung neuer Steuern nur dann zulässig ist, wenn diese unter einen der Begriffe des Art. 106 GG gefaßt werden können; hiergegen K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, S. 1090 ff.

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Umgekehrt ist die Ausübung der Ertragskompetenzen insoweit vom Handeln des Steuergesetzgebers abhängig, als der Ertrag einer Steuer durch entsprechende Ausgestaltung der materiellen Steuerrechtsnormen beeinflußt werden kann. Dabei kann es sich um Änderungen des Gesetzes handeln, welches die betroffene Steuer regelt; es können aber auch Veränderungen an anderen Normen des materiellen Steuerrechts von Einfluß auf das Aufkommen einer Steuer sein, ohne daß der Steuergesetzgeber hierdurch die in Anspruch genommene Gesetzgebungskompetenz überschreitet. Aus diesem Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit zwischen Steuergesetzgebungs- und Steuerertragskompetenz erklären sich die umfangreichen Zustimmungsvorbehalte zugunsten des Bundesrates, mit denen die Finanzverfassung die weitgehende Verdrängung der Länder aus der Steuergesetzgebung ein Stück weit kompensiert.409

C. Die „Störung“ einer Steuer durch Übergriff in die Steuerertragskompetenz Die Untersuchung widmet sich zunächst der Feststellung von Übergriffen abgabenähnlicher Vergütungsregelungen in konkrete Steuerertragskompetenzen. Im Anschluß hieran wird betrachtet, ob Zwangsvergütungen zu einem Ungleichgewicht für den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern insgesamt, also für das Verteilungsergebnis, führen können (D). Die Beantwortung der Frage, ob eine abgabenäquivalente Vergütungsregelung in eine Steuerertragskompetenz einer anderen Gebietskörperschaft übergreift, setzt voraus, daß die Ertragskompetenz bestimmt werden kann, die von den mittelbaren Auswirkungen der Preisintervention betroffen wird. Einer Methode, die diese Bestimmung ermöglicht, wird im folgenden nachgegangen. I. Sonderabgaben als Übergriff in die Steuerertragskompetenz – Meinungsbild Erste Anhaltspunkte dazu, nach welcher Methode sich die konkret durch eine einnahmenwirksame Sachregelung beeinflußte Steuerertragskompetenz sowie die Intensität der Übergriffswirkung bestimmen läßt, könnten von Rechtsprechung und Literatur in Auseinandersetzung mit der Übergriffswirkung von Sonderabgaben in Steuerertragskompetenzen herausgearbeitet worden sein. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse ließen sich möglicherweise auf Entgeltregelungen übertragen: Auch Sonderabgaben sind durch die doppelte Wirksamkeit von Belastungs- und Aufkommenswirkung gekennzeichnet. Da sie dadurch aufkom408

Zum Ganzen K. Vogel/H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 88a ff. Vgl. BVerfGE 14, 197 (220); U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 181; M. Jachmann, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 53. 409

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

menswirksam werden, daß sie das finanzwirtschaftliche Handlungspotential einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft durch einen Zufluß von Geldmitteln – wenn nicht zum allgemeinen Staatshaushalt, so doch zumindest zu einem Sonderfonds – mehren, sind sie nicht nur einnahmen„wirksam“, sondern darüber hinaus auch Staatseinnahmen in einem allgemeinen Sinne.410 Da es sich bei Sonderabgaben um „voraussetzungslos“ auferlegte nichtsteuerliche Abgaben handelt, sie folglich funktionell in erheblicher Konkurrenz zur Steuer stehen,411 stellt sich die Frage ihrer Übergriffswirkung in Steuerertragskompetenzen in nicht geringerem Umfang als für abgabenähnliche Finanztransfers. Betrachtet man den Stand der Diskussion im Schrifttum, so sind gesicherte methodische Erkenntnisse zur Bestimmung der Übergriffswirkung einer Sonderabgabe in eine bestimmte Steuerertragskompetenz – häufig wird von der „Störung“ oder „Aushöhlung“ einer Steuer gesprochen412 – hier noch nicht gewonnen. Einigkeit besteht darüber, daß ein Übergriff in eine Steuerertragskompetenz nicht schon dann vorliegt, wenn das Aufkommen einer bestimmten Steuer durch den Einsatz einer Sonderabgabe gemindert wird. Zu Recht wird darauf hingewiesen, daß andernfalls sämtliche Sonderabgaben, die im Wege des Betriebsausgabenabzuges zu Minderungen etwa der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer oder der Gewerbesteuer führen, Kompetenzübergriffe und – abhängig von ihrer Intensität – unzulässig wären.413 Auf die entgegengerichtete Frage, ob ein Übergriff in eine Steuerertragskompetenz nur dann vorliegen kann, wenn das Aufkommen einer Steuer durch das Hinzutreten einer Sonderabgabe tatsächlich gemindert wird, oder ob die Ordnung der Steuerertragskompetenzen auch das „Potential“ einer Steuer schützt, künftig höhere Erträge zu erbringen, gibt das Schrifttum keine Antwort. Neben der Beeinflussung einer Steuer durch Minderung ihres Ertrages finden sich in der Literatur praktisch keine Kriterien, nach denen die mittelbare Wirksamkeit einer Sonderabgabe einer bestimmten Steuerart zugerechnet werden kann. Lediglich Wolfgang Richter414 will auf die „Gleichartigkeit“ der Pflichtentatbestände abstellen, worauf im folgenden zurückzukommen sein wird. Im übrigen ist die Aufmerksamkeit der Autoren stärker darauf gerichtet, ob ein zunehmender Einsatz von Sonderabgaben zu Störungen und Ungleichgewichten des Finanzausgleichs „als Gesamtsystem“ führen kann.415 Neben dieser Frage wird der Entwicklung von Kri-

410

Hierzu P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 8. Vgl. BVerfGE 55, 274 (298, 308); 91, 186 (201 f.); 101, 141 (147). 412 Vgl. J. W. Hidien, DÖV 1997, S. 990 (991 ff.); W. Köck, Die Sonderabgabe, 1991, S. 115 f.; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 114 ff.; F. Rottländer, Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1988, S. 107. 413 Hierzu W. Köck, Die Sonderabgabe, 1991, S. 115 f.; J. W. Hidien, DÖV 1997, S. 990 (993). 414 W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 115 ff. 411

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terien zur Zurechnung der Übergriffswirkung einer Sonderabgabe zu einer konkreten Steuerertragskompetenz geringe Beachtung zuteil. Wendet man sich der Rechtsprechung des BVerfG zu, so hat das Gericht in einer Vielzahl von Entscheidungen auf die finanzverfassungsrechtliche Notwendigkeit hingewiesen, die Steuerertragsverteilung des Art. 106 GG vor Störungen durch den Einsatz von Sonderabgaben zu schützen. Im Urteil zur Investitionshilfeabgabe betont das Gericht, bei jeder Sonderabgabe mit Finanzierungszweck erlangten „die Sicherung der bundesstaatlichen Finanzverfassung und die Abgrenzung gegenüber Gemeinlasten, die über das Aufkommen aus Steuern und nach Maßgabe der steuerlichen Ertragsverteilung zu finanzieren sind, entscheidende Bedeutung“.416 Zur Feuerwehrabgabe des Landes Baden-Württemberg hat das Gericht ausgeführt, „die Verteilung der Ertragshoheit und des Finanzaufkommens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden könnte einseitig zugunsten der Länder verändert werden, wenn einzelne Länder unter Umgehung ihrer eingeschränkten Steuergesetzgebungskompetenz aus Art. 105 Abs. 2 und 2a GG sich neue Abgabenquellen erschlössen.“417 Schließlich hebt das Gericht seit dem Beschluß zum sog. Wasserpfennig regelmäßig hervor, die grundgesetzliche Finanzverfassung „verlöre ihren Sinn und ihre Funktion, wenn unter Rückgriff auf die Sachgesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern daneben beliebig Abgaben unter Umgehung der bundesstaatlichen Verteilung der Gesetzgebungs- und Ertragskompetenzen für das Steuerwesen erhoben werden könnten“.418 Es steht außer Zweifel, daß das BVerfG sich der Beeinträchtigungen, die von Sonderabgaben nicht nur für die Ordnung der Steuergesetzgebungs-, sondern auch der Steuerertragskompetenzen ausgehen können, bewußt ist. Gleichwohl fehlt unter den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Sonderabgabenjudikatur ein Erfordernis, das ganz oder jedenfalls überwiegend dem Schutz der Steuerertragskompetenzen dient. Vorstellbar ist allein, daß das Gericht das Erfordernis, eine Sonderabgabe müsse neben der Beschaffung finanzieller Mittel stets auch auf die Gestaltung eines Sachbereichs gerichtet sein,419 für geeignet hält, der Gefahr von Kompetenzübergriffen nicht nur auf Ebene der Gesetzgebungs-, sondern ebenso auf derjenigen der Ertragskompetenzen für Steuern zu begegnen. Dagegen spricht allerdings, daß das Kriterium des Gestaltungszwecks auf der grundlegenden Unterscheidung zwischen der Wahrnehmung von Sachaufga415 Hierzu J. W. Hidien, DÖV 1997, S. 990 (991 ff.); W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 119 ff.; W. Köck, Die Sonderabgabe, 1991, S. 106 ff. 416 BVerfGE 67, 256 (278) (Hervorhebung nicht im Original). 417 BVerfGE 92, 91 (115). 418 BVerfGE 93, 319 (342); 108, 1 (16); 108, 186 (215) (Hervorhebung nicht im Original). 419 BVerfGE 67, 256 (275); 82, 159 (179); 108, 186 (217 f.); 110, 370 (389).

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ben durch die Aufgabengewalt und der Erzielung von Staatseinnahmen durch die Besteuerungsgewalt aufbaut. Durch die Trennung dieser beiden Kerninhalte und ihre Zuordnung zu funktionell unterschiedenen Gewalten betrachtet es ausschließlich die Dimension der horizontalen Funktionenordnung. Ob die Übergriffswirkung der Sonderabgabe gerade im Bereich der Steuerertragskompetenz einer anderen Gebietskörperschaft eintritt, ist mit Hilfe dieses Kriteriums weder festzustellen, noch läßt sich diese Gefahr mit ihm begrenzen. Da das Sachzweckkriterium regelungsimmanent auf der Seite der ausgeübten Sachgesetzgebungskompetenz ansetzt, ist es zu einer unmittelbaren Abwehr von Übergriffen in die Ertragskompetenz einer anderen Gebietskörperschaft ungeeignet. Nur mittelbar kann es einen gewissen Schutz für solche Ertragskompetenzen entfalten. Indem es dem Gesetzgeber eine Kompetenzausübung verwehrt, bei der dieser ausschließlich Finanzierungszwecke verfolgt, kann es in gewissem Umfang auch Regelungen verhindern, durch die der handelnde Verwaltungsträger in erheblichem Maße Einnahmen erzielt und dabei möglicherweise konkrete Ertragsberechtigungen einer anderen Gebietskörperschaft beeinträchtigt. Diese Schutzwirkung des Sachzweckkriteriums für die Ordnung der Steuerertragskompetenzen ist jedoch nicht mehr als ein unspezifischer Reflex, dessen praktische Wirksamkeit – besonders in Anbetracht der begrifflichen Weite des Kriteriums – gering sein dürfte. Ungeachtet dieser gewissen mittelbaren Schutzwirkung des Sachzweckkriteriums auch für Steuerertragskompetenzen bleibt festzuhalten, daß der Tatbestand der Zulässigkeitsanforderungen an Sonderabgaben kein Merkmal enthält, mit dessen Hilfe ermittelt werden kann, ob eine bestimmte Steuerertragskompetenz durch die zu beurteilende Sonderabgabe beeinträchtigt wird, um welche Ertragskompetenz es sich handelt und welche Intensität dem Übergriff zukommt. Die wissenschaftliche und verfassungsgerichtliche Auseinandersetzung mit der Übergriffswirkung von Sonderabgaben in Steuerertragskompetenzen liefert somit keine Anhaltspunkte, die für eine Bestimmung der Übergriffsqualität und -intensität von Entgeltregulierung fruchtbar gemacht werden könnten. Eine solche Methode ist daher für Preisinterventionen eigenständig zu entwickeln. II. Erster Anhaltspunkt – Das Urteil des BVerfG zur Ergänzungsabgabe Anhaltspunkte hinsichtlich des Verfahrens, mit dem die Übergriffswirkung abgabenäquivalenter Preisregelungen in Steuerertragskompetenzen sowie die Intensität des Übergriffs bestimmt werden können, bietet die Rechtsprechung des BVerfG zum Steuerrecht, insbesondere der Beschluß des Ersten Senats zur Verfassungsmäßigkeit der Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer.420 420

BVerfGE 32, 333 – Ergänzungsabgabe.

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Auf Vorlage eines Finanzgerichts hatte der Senat über die Vereinbarkeit des Ergänzungsabgabengesetzes 1967 mit dem Grundgesetz zu entscheiden. Durch dieses Gesetz erhob der Bund, gestützt auf die Steuergesetzgebungskompetenz des Art. 105 Abs. 2 Nr. 2 GG (a. F.) für „Steuern vom Einkommen“, eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer in Höhe von drei Prozent dieser Steuern. Der Erste Senat ordnete zunächst die Ergänzungsabgabe den „Steuern von Einkommen“ im Sinne des Art. 105 Abs. 2 Nr. 2 GG (a. F.) zu und stellte damit die vom Bundesgesetzgeber beanspruchte Gesetzgebungszuständigkeit als gegeben fest.421 Das Bestehen einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes als Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzung der Regelung war damit geklärt. Um so bemerkenswerter ist der Methodenschritt, den der Senat im unmittelbaren Anschluß an die Feststellung der Gesetzgebungszuständigkeit ausführt. Er hebt an, der Bund sei jedoch nicht berechtigt, unter der Bezeichnung als „Ergänzungsabgabe“ eine Steuer einzuführen, die „den Vorstellungen widerspricht, die der Verfassunggeber erkennbar mit dem Charakter einer solchen Abgabe verbunden hat.“ Sodann trifft der Senat die – inzwischen als Zitat klassisch gewordene422 – Aussage, das Funktionieren des bundesstaatlichen Systems erfordere „eine Finanzordnung, die sicherstellt, daß der Gesamtstaat und die Gliedstaaten am Gesamtertrag der nationalen Leistungen sachgerecht beteiligt werden“; Bund und Länder müßten „im Rahmen der verfügbaren Gesamteinnahmen so ausgestattet werden, daß sie die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Ausgaben leisten können.“423 Gegen die diesem Ziel dienende Finanzordnung könne verstoßen werden, wenn der Gesetzgeber bei der Einführung einer dem Bund zukommenden Steuer von den Vorstellungen des Grundgesetzes über eine derartige Steuer abweichen und damit „das finanzielle Ausgleichssystem zu Lasten der Länder ändern“ würde. Deshalb dürfe der Bund beispielsweise keine Ergänzungsabgabe einführen, die „wegen ihrer Ausgestaltung, insbesondere wegen ihrer Höhe“ die Bund und Ländern gemeinschaftlich zustehende Einkommen- und Körperschaftsteuer oder die den Ländern zustehende Vermögensteuer „aushöhlen“ würde. Insoweit sei die Zuständigkeit des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 2 GG (a. F.) zur Einführung einer Ergänzungsabgabe „im Lichte des verfassungsrechtlichen Begriffs der Ergänzungsabgabe nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 7 GG (a. F.) zu interpretieren“.424 Betrachtet man die Ausführungen des Senates genauer, so zeigt sich folgendes: Sie betreffen nicht die Frage, ob der Bund über eine Gesetzgebungskompe421

BVerfG, a. a. O., S. 337 f. Vgl. BVerfGE 55, 274 (300); 78, 249 (266); 93, 319 (342); 105, 185 (194); 108, 1 (15); st. Rspr. 423 BVerfGE 32, 333 (338). 424 BVerfG, ebd. 422

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tenz verfügte, auf die sich die eingeführte Abgabe stützen ließ. Das Bestehen einer solchen Kompetenz war bereits festgestellt. Vielmehr legt der Senat in diesen Passagen die Reichweite einer Gesetzgebungskompetenz im Zusammenhang der Systematik der Ertragskompetenzen aus, innerhalb derer die Ertragskompetenz für die Ergänzungsabgabe durch diejenigen für die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer begrenzt wird. Das BVerfG interpretiert Art. 105 Abs. 2 Nr. 2 GG (a. F.) im systematischen Zusammenhang der verschiedenen durch die Ergänzungsabgabe angesprochenen Ertragskompetenzen und zieht diese dabei als Ausübungsschranken der gewählten Gesetzgebungskompetenz des Bundes heran. Das Vorgehen des BVerfG entspricht damit exakt der Methode zur Bestimmung der Zulässigkeitsgrenzen an die Intensität eines Kompetenzübergriffs. Auch sind es gerade die Ertragskompetenzen einer anderen Gebietskörperschaft, die das BVerfG hierzu betrachtet, denn die Ertragshoheit der Ergänzungsabgabe stand gem. Art. 106 Abs. 1 Nr. 7 GG (a. F.) dem Bund, die Ertragshoheit für die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer hingegen zur Hälfte auch den Ländern zu. Zu den Kriterien der Übergriffswirkung und ihrer Intensität ist den Ausführungen des Senats jedenfalls soviel zu entnehmen, daß beides sich nach der „Ausgestaltung“ der Geldleistungspflicht richtet. Dementsprechend untersucht der Senat die Ergänzungsabgabe im darauf folgenden Abschnitt auf ihre „strukturelle Ähnlichkeit“ mit der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer. Diese Ähnlichkeit erweist sich als hoch; allerdings entspricht dies dem grundgesetzlich vorgesehenen Charakter der eingeführten Abgabe als Ergänzung der beiden maßgebenden Steuern. Für die Übergriffswirkung der Ergänzungsabgabe ist deshalb weniger das Ausmaß ihrer strukturellen Ähnlichkeit als vielmehr ihre Höhe entscheidend.425 Hierzu führt der Senat aus, auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung müsse sich die Ergänzungsabgabe „in einem angemessenen Verhältnis zur Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer halten, um deren Aushöhlung zu vermeiden.“426 Da die strukturelle Ähnlichkeit der Ergänzungsabgabe zu den beiden genannten Steuern – entsprechend der grundgesetzlich vorgesehenen Funktion der Ergänzungsabgabe – sehr hoch war, konnte das BVerfG darauf verzichten, ausdrücklich zu einzelnen Kriterien Stellung zu nehmen, nach denen sich die Ähnlichkeit der „Ausgestaltung“ und der „Struktur“ bemißt. An den Ausführungen des Gerichts ist jedoch zu erkennen, daß es insbesondere die Identität des Steuergegenstandes,427 des Belastungsmaßstabs428 und der wirtschaftlichen Auswirkungen429 auf den Steuerpflichtigen als maßgeblich erachtet. 425

Vgl. BVerfG, a. a. O., S. 339. BVerfG, a. a. O., S. 339 f. 427 Vgl. BVerfG, a. a. O., S. 339 („Die Abgabe stellt eine Ergänzung der Einkommen- und Körperschaftsteuer dar [. . .] und baut auf ihrer Systematik auf.“). 428 Vgl. ebd. („Bei Steuern, die wie die Einkommensteuer an der Leistungsfähigkeit ausgerichtet sind . . .“). 426

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Unter methodischen Gesichtspunkten verdienen drei Merkmale der Entscheidung, besonders hervorgehoben zu werden. Zum ersten zieht der Senat verschiedene Steuerertragskompetenzen als Schranken der Ausübung einer Steuergesetzgebungskompetenz des Bundes heran. Des weiteren stellt das Gericht bei der Prüfung eines unzulässigen Kompetenzübergriffs, die es damit in der Sache vornimmt, nicht darauf ab, ob die möglicherweise beeinträchtigten Steuern in ihrem Aufkommen tatsächlich gemindert werden. Es erkennt damit in einer Aufkommensminderung keine Voraussetzung für einen Übergriff in Steuerertragskompetenzen. Dabei ist für die beurteilte Abgabe einsichtig, daß sie als Ergänzung zur Einkommen- und zur Körperschaftsteuer diese nicht in ihren Aufkommen mindert. Schließlich ist bemerkenswert, daß der Senat die Übergriffswirkung dadurch bestimmt, daß er die beteiligten Steuern auf ihre strukturelle Ähnlichkeit untersucht. Dabei vergleicht er die Zahlungspflichten anhand mehrerer Merkmale des Steuertatbestandes und bedient sich damit eines Verfahrens, welches das BVerfG üblicherweise bei der Abgrenzung der konkurrierenden Steuergesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern im Bereich des Art. 105 Abs. 2 GG, nach heutiger Verfassungsrechtslage in ähnlicher Form auch zur Subsumtion des Begriffs der „Gleichartigkeit“ in Art. 105 Abs. 2a GG anwendet. Allerdings dient das Verfahren in dieser Entscheidung nicht zur Feststellung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes, da diese bereits feststeht. Vielmehr bedient sich der Senat der Methode, um die gewählte Gesetzgebungskompetenz im Lichte möglicherweise beeinträchtigter Steuerertragskompetenzen auszulegen, sie also durch Konkretisierung dieser Ertragszuständigkeiten als Kompetenzausübungsschranken zu begrenzen. Da das Gericht die Untersuchung der Steuern auf ihre strukturelle Ähnlichkeit zur Bestimmung sowohl der Übergriffswirkung als auch ihrer Intensität heranzieht, lohnt es, die Rechtsprechung des Gerichts zur Gleichartigkeit von Steuern näher zu betrachten. III. Die „Gleichartigkeit“ von Steuer und nichtsteuerlicher Geldleistungspflicht 1. Die Entwicklung des Gleichartigkeitsmaßstabes in der Rechtsprechung des BVerfG Eine Methode sowie Kriterien zur Bestimmung der strukturellen Ähnlichkeit zweier Steuern hat das BVerfG in seiner Rechtsprechung zur „Gleichartigkeit“ konkurrierender Landes- und Bundessteuern herausgearbeitet. Seit der Entscheidung zur Badischen Weinbauabgabe430 dient der Maßstab der Gleichartigkeit 429 Vgl. ebd. („. . . bei der Ergänzungsabgabe, die im Ergebnis eine Verschärfung der Einkommensteuer darstellt . . .“).

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dem BVerfG dazu, die Reichweite der Sperrwirkung zu ermitteln, die von der Ausübung einer konkurrierenden Steuergesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 GG durch den Bund ausgeht. Erweist sich eine Landessteuer als gleichartig mit einer bestehenden Bundessteuer, so ist sie wegen Überschreitung der Gesetzgebungskompetenz des Landes grundgesetzwidrig. Seit der Einfügung des Art. 105 Abs. 2a GG durch das Finanzreformgesetz 1969431 verwendet das Grundgesetz ausdrücklich den Begriff der Gleichartigkeit. Er dient dort dazu, die partielle Rückzuweisung der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern zur ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder dahin zu begrenzen, daß örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern, die mit bundesgesetzlichen Regelungen nach Art. 105 Abs. 2 GG gleichartig sind, weder vom Bund noch von den Ländern geregelt werden können.432 Nach der Rechtsprechung des BVerfG stimmt der Begriff der Gleichartigkeit in Art. 105 Abs. 2a GG nicht mit dem Begriff der Gleichartigkeit überein, den das Gericht zur Abgrenzung der Kompetenzen von Bund und Ländern im Bereich der konkurrierenden Steuergesetzgebung verwendet, sondern weicht entsprechend seiner andersgerichteten Funktion innerhalb des Art. 105 Abs. 2a GG von dem traditionellen Begriffsgehalt ab.433 Das BVerfG setzt jedoch seine Gleichartigkeitsbetrachtung von Landes- und Bundessteuern im Bereich der konkurrierenden Steuergesetzgebung434 fort.435 Als maßgebliche Gesichtspunkte dieser Gleichartigkeitsbetrachtung hat das Gericht im Verlauf seiner Rechtsprechung den steuerbegründenden Tatbestand436, insbesondere den Steuergegenstand437, aber auch den Steuerschuldner438, den Steuermaßstab439 – im Sinne der Bemessungsgrundlage –, die Art der Erhe430 Vgl. BVerfGE 7, 244 (258 ff.); die Notwendigkeit, Landessteuern von Bundesbzw. Reichssteuern nach dem Merkmal der Gleichartigkeit abzugrenzen, bestand schon unter Geltung der Weimarer Reichsverfassung, da § 2 des Finanzausgleichsgesetzes 1923 ebenfalls den Begriff der Gleichartigkeit verwendete, dazu eingehend BVerfGE 13, 181 (191); 40, 56 (60 f.); W. Markull, VjSchrStuFR 4 (1930), S. 535 ff. 431 Vgl. Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz) vom 12. 5. 1969 (BGBl. I S. 359). 432 Hierzu BVerfGE 40, 56 (60 f.); K. Vogel/H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 84. 433 BVerfGE 40, 56 (63); 65, 325 (350). 434 Zu dieser Rspr. eingehend M. Küssner, Der Begriff der Gleichartigkeit von Steuern, 1992; B. Holst, Das Gleichartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2 und 2a GG, 1990. 435 Vgl. BVerfGE 49, 343 (355 ff.). 436 So BVerfGE 7, 244 (260); 13, 181 (193); 16, 64 (75 f.); 16, 306 (316); 40, 56 (62); 65, 325 (351). 437 BVerfGE 7, 244 (262 f.); 13, 181 (193); 16, 64 (75 f.); 40, 56 (62); 65, 325 (351); 98, 106 (124 f.). 438 Hierzu BVerfGE 49, 343 (356); 65, 325 (351). 439 BVerfGE 7, 244 (262 f.); 16, 64 (76); 16, 306 (316); 49, 343 (356); 65, 325 (351).

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bung440 sowie die wirtschaftliche Auswirkung441 der Besteuerung angesehen. Dabei ist die frühe Judikatur davon gekennzeichnet, daß das Gericht jeweils nur einzelne Merkmale für berücksichtigungsfähig hält und anderen Aspekten jede artbestimmende Bedeutung abspricht. Gleichzeitig wechseln die für maßgeblich befundenen Gesichtspunkte zwischen den Entscheidungen. An dieser frühen Rechtsprechungslinie ist kritisiert worden, sie vermittele, indem sie den Begriff der Gleichartigkeit mit einer eng begrenzten Anzahl von Steuermerkmalen identifiziere, den Eindruck eines präzisen, wohldefinierten Begriffs der Gleichartigkeit, den es in Wirklichkeit nicht gebe.442 Weder sei die jeweilige Auswahl bestimmter Gesichtspunkte zwingend und notwendigerweise abschließend, noch seien diese Gesichtspunkte für sich betrachtet einer präzisen Definition und Abgrenzung untereinander zugänglich. Schon deshalb, weil das Grundgesetz in Art. 106 an historisch gewachsene Steuerbezeichnungen, nicht aber an trennscharf voneinander abgegrenzte Begriffe anknüpfe, könne es sich bei der Gleichartigkeitsprüfung nicht um die vergleichende Subsumtion zweier Steuern unter einen abschließenden Katalog exakter Merkmale handeln.443 Die Verfassung halte keinen numerus clausus von Abgrenzungsmerkmalen, sondern „lediglich Beispiele“ bereit.444 Möglich sei deshalb nur ein „wertender Gesamtvergleich“, bei dem weder die heranzuziehenden Vergleichsmerkmale von vornherein auf gewisse Kriterien beschränkt sein könnten, noch einem bestimmten Gesichtspunkt allein entscheidende Bedeutung zukomme. Statt um die Klassifizierung von Steuern nach abstrakten Kriterien gehe es bei einem solchen „Typenvergleich“ darum, „Konkretes auf seine größere oder geringere Nähe zu anderem Konkreten zu bestimmen“.445 Dieser Wegweisung, der sich die Lehre angeschlossen hat,446 ist das BVerfG schließlich im Jahr 1978 gefolgt und beachtet sie weiterhin.447 Es stellt heraus, nicht als abschließender Katalog einzelner Kriterien, sondern als Anhaltspunkte seien – insbesondere – „Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebung, wie auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der zu vergleichenden Steuern, ins440

BVerfGE 7, 244 (264); 65, 325 (351); 98, 106 (124 f.). BVerfGE 7, 244 (258, 263 f.); 65, 325 (351); 98, 106 (124 f.). 442 Zum folgenden insbesondere K. Vogel/H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 88a ff., unter Bezugnahme auf die vorangegangene Fassung dieser Kommentierung aus dem Jahr 1971. 443 K. Vogel/H. Walter, a. a. O., Rn. 97. 444 K. Vogel/H. Walter, a. a. O., Rn. 98. 445 K. Vogel/H. Walter, ebd. 446 Vgl. M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 52; T. Maunz, in: ders./G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 105 Rn. 43; B. Pieroth, in: H. D. Jarass/ders., GG, Kommentar, Art. 105 Rn. 26; H. Siekmann, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 105 Rn. 23; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, S. 1097. 447 Erstmals BVerfGE 49, 343; ferner E 65, 325 (351 ff.); 98, 106 (124 f.). 441

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besondere die Frage, ob die beiden Steuern dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpfen, in den Vergleich einzubeziehen.“448 Wenn das Gericht neuerdings davon spricht, es dürften nicht beide Steuern „denselben Belastungsgrund“449 erfassen, so bezeichnet auch dieser Begriff den wertenden Gesamtvergleich beider Abgaben durch eine Zusammenschau der soeben aufgeführten Merkmale. 2. Gleichartigkeit von Steuern als Übergriff in die Ertragskompetenz In ihrem zentralen Anwendungsgebiet dient die Betrachtung zweier Steuern auf ihre strukturelle Ähnlichkeit dem BVerfG folglich nicht dazu, die Steuerertragskompetenzen einer Gebietskörperschaft als Ausübungsschranken der Steuergesetzgebungskompetenz eines anderen Verbandes zu konkretisieren. Die dargestellte Rechtsprechung des BVerfG fragt nach der Gleichartigkeit konkurrierender Landes- und Bundessteuern nicht zur Ermittlung von Übergriffen der Länder in Steuerertragskompetenzen des Bundes; vielmehr legt der Befund der Gleichartigkeit die Grenzen der Sperrwirkung fest, welche die Ausübung einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Erlaß von Steuergesetzen durch die Länder entfaltet. Wenngleich die Untersuchung zweier Steuern auf ihre Gleichartigkeit dem BVerfG also hauptsächlich dazu dient, Steuergesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Länder voneinander abzugrenzen, so kann der wertende Gesamtvergleich der Tatbestandsmerkmale – wie der Beschluß zur Ergänzungsabgabe zeigt – auch dazu herangezogen werden, die Steuerertragskompetenzen einer Gebietskörperschaft als Schranken der Ausübung von Steuergesetzgebungskompetenzen einer anderen Gebietskörperschaft zur Anwendung zu bringen. Im folgenden wird dies zunächst für das Verhältnis verschiedener Steuern dargelegt. Die Bedeutung der Gleichartigkeitsbetrachtung geht weit über ihre Funktion als Kriterium zur Abgrenzung von Landes- und Bundessteuern bei der Zuordnung zu den Gesetzgebungskompetenzen der Art. 105 Abs. 2 und 2a GG hinaus. Bei der Figur der Gleichartigkeitsbetrachtung und dem Bestreben, die Entstehung gleichartiger Rechtssätze zu vermeiden, handelt es sich vielmehr um den Grundgedanken jeder Kompetenzabgrenzung und jeder Kollisionsregel.450 Im Interesse der Einheit, insbesondere der Widerspruchsfreiheit der Rechtsord448

BVerfGE 49, 343 (355) – Abgabe wegen Änderung der Gemeindeverhältnisse. BVerfGE 98, 106 (124 f.) – Kommunale Verpackungsteuer. 450 Vgl. auch BVerfGE 26, 116 (135) zur Gleichartigkeit von Rechtssätzen als ungeschriebener Anwendungsvoraussetzung der Kollisionsregel des Art. 31 GG; hierzu und zum folgenden auch K. Vogel/H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 89 ff. 449

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nung451 soll gesichert werden, daß verschiedene Rechtssätze nicht an den gleichen Tatbestand voneinander abweichende Verhaltenspflichten knüpfen oder ein bestimmtes Verhalten auf unterschiedliche Weise sanktionieren. In dieser allgemein kollisionsrechtlichen Bedeutung ist das Gleichartigkeitsverbot nicht auf die Abgrenzung bundes- und landesrechtlicher Regelungen zum Zwecke ihrer Zuordnung zu konkurrierenden oder ausschließlichen Gesetzgebungskompetenzen beschränkt; es dient allgemein der Vermeidung tatbestandlich übereinstimmender Rechtssätze. Allerdings begünstigt die Anordnung konkurrierender Gesetzgebungskompetenzen die Entstehung gleichartiger Rechtssätze, so daß das Gleichartigkeitsverbot im Bereich der Art. 72, 105 Abs. 2 GG besondere Bedeutung gewinnt. Da die Zuweisung konkurrierender Gesetzgebungskompetenzen die Befugnisse verschiedener Gebietskörperschaften sowohl in ihrem sachlichen als auch in ihrem zeitlichen Umfang voneinander abzugrenzen hat, muß jede Zuordnung einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz – um die Reichweite der Sperrwirkung festzulegen – zumindest implizit den Begriff der Gleichartigkeit verwenden. Die Körperschaft, der die nachrangige Gesetzgebungskompetenz zugewiesen ist, kann von dieser nur Gebrauch machen, solange und soweit die mit Vorrang ermächtigte Körperschaft nicht durch Erlaß einer – gleichartigen – Regelung die betreffende Kompetenz ausgeübt hat. Bei der Verleihung konkurrierender Kompetenzen wird also gleichsam die Kollisionsregel, die das allgemeine Verbot gleichartiger Regelungen konkretisiert, von vornherein in die Kompetenzgrundlage inkorporiert. Deshalb bildet das Gleichartigkeitsverbot nicht nur im Bereich konkurrierender Steuergesetzgebungskompetenzen nach Art. 105 Abs. 2 GG, sondern auch im Bereich der konkurrierenden Sachgesetzgebungskompetenzen gem. Art. 72 Abs. 1 GG eine ungeschriebene Voraussetzung für das Bestehen einer Landeskompetenz. Deutlich wird dies auch in der Argumentation des BVerfG, das Ländergesetze oftmals mit dem Hinweis beanstandet, diese regelten „denselben Sachverhalt“ oder „denselben Tatbestand“.452 Wie schon angedeutet, liegt der Schutzzweck des Gleichartigkeitsverbots im Verhältnis verschiedener Sachgesetzgebungskompetenzen darin, die Entstehung tatbestandlich gleichartiger, in ihren Rechtsfolgeanordnungen jedoch voneinander abweichender und deshalb widersprüchlicher Rechtssätze zu verhindern. Von Bedeutung ist nun, daß sich die Funktion des Gleichartigkeitsverbots innerhalb der Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen in einer wesentlichen Beziehung von dessen allgemein kollisionsrechtlicher, auch im Verhältnis der 451 Zur Widerspruchsfreiheit als nur einer Dimension des Gedankens der Einheit der Rechtsordnung C.-W. Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 16 f.; zuvor bereits K. Engisch, Die Einheit der Rechtsordnung, 1935, S. 42. 452 BVerfGE 31, 141 (144); K. Vogel/H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 105 m. Fn. 141.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Sachgesetzgebungskompetenzen bestehender Funktion unterscheidet. Dem liegt zugrunde, daß es eine Besonderheit von Geldleistungspflichten bildet, daß sie keine widerstreitenden Verhaltensanordnungen aussprechen können.453 Mehrere Steuerpflichten stehen auch im Fall ihrer völligen Gleichartigkeit unabhängig nebeneinander, ohne daß eine von ihnen die andere in deren Rechtsfolgeanordnung beeinträchtigt. Im Gegensatz zu gleichartigen, möglicherweise in der Rechtsfolge widerstreitenden Sachregelungen, durch die Verhaltenspflichten auferlegt werden, kann eine Mehrheit gleichartiger Geldleistungspflichten durch ihren Adressaten grundsätzlich kumulativ erfüllt werden.454 Angesichts dessen bildet die Vermeidung widersprüchlicher Verhaltensanordnungen und Sanktionen nicht die Grundlage des Gleichartigkeitsverbots bei der Ausübung von Steuergesetzgebungskompetenzen. Diese Grundlage findet sich vielmehr in der tatsächlichen Vorgabe der begrenzten Belastbarkeit des Steuerpflichtigen. Wie im Zusammenhang mit den Schutzzwecken der steuerlichen Kompetenzordnung dargestellt,455 ist eine unkoordinierte, insbesondere in denselben Lebensbereichen kumulierende und den Pflichtigen in äußerst ähnlicher Weise belastende Besteuerung durch verschiedene Verwaltungsträger außerstande, der begrenzten Belastbarkeit des Bürgers Rechnung zu tragen. Deshalb bezweckt die Verteilung der Gesetzgebungs- und Ertragskompetenzen für Steuern auch, die Gesamtsteuerlast auf unterschiedliche Belastungsgegenstände aufzuteilen und diese verschiedenen Gebietskörperschaften zu ausschließlicher Teilhabe an der jeweiligen Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zuzuweisen; auf diese Weise wird die finanzielle Gesamtbelastung für den Steuerpflichtigen so erträglich wie möglich gestaltet. Kumulieren hingegen verschiedene Steuerpflichten an derselben Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, so wird dieser Mäßigungsweck vereitelt. Denn auch wenn verschiedene Steuerpflichten je für sich betrachtet das Maß der individuellen Zahlungsfähigkeit wahren, die einzelne Steuerpflicht also mit den Freiheitsrechten des Zensiten und dem Gebot gleichmäßiger Besteuerung, Art. 3 Abs. 1 GG, vereinbar ist, so kann doch das Zusammentreffen einer Mehrzahl nicht aufeinander abgestimmter Vermögenszugriffe diese Verfassungsgewährleistungen mißachten. Nur durch eine kompetenzgemäße Ausübung von Steuergesetzgebungskompetenzen also wird eine koordinierte und die Grenzen der individuellen Leistungsfähigkeit wahrende finanzielle Belastung des Bürgers gewährleistet.456 453 Dies gilt freilich nur für die Funktion der Geldleistungspflicht, Einnahmen zu erzielen; überbringen Steuernormen auch Lenkungsbefehle des Gesetzgebers, so können diese zu Kompetenzkonflikten infolge widersprüchlicher Rechtsfolgeanordnungen führen, hierzu BVerfGE 98, 106 (118 f.); M. Rodi, StuW 1999, S. 105 (107 ff.); H. D. Jarass, AöR 126 (2001), S. 588 ff. 454 Siehe hierzu bereits oben § 10 B IV. 455 Siehe hierzu oben § 10 B IV. 456 BVerfGE 55, 274 (302); P. Kirchhof, Finanzgewalt und Verfassungsgerichtsbarkeit, in: K. Stern (Hrsg.), 40 Jahre Grundgesetz, 1990, S. 119 (127).

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Aus dem Gesagten erklärt sich, weshalb der Beschluß des BVerfG zur Ergänzungsabgabe die Minderung des Aufkommens einer bestimmten Steuer nicht als Merkmal des Übergriffs in eine Steuerertragskompetenz fordert und statt dessen die Übergriffswirkung nach dem Maßstab der strukturellen Ähnlichkeit zweier Steuern bestimmt. Durch die Zuordnung einer Ertragskompetenz zu einer bestimmten Gebietskörperschaft weist das Grundgesetz diesem Verband die Berechtigung zu steuerlicher Teilhabe am Erfolg privaten Wirtschaftens in einem bestimmten Bereich der wirtschaftlichen Freiheitsentfaltung des Steuerpflichtigen zu. Auch diese Zuweisung der Ertragskompetenz besitzt neben ihrem ermächtigenden einen übergriffsabwehrenden Gehalt.457 Der Bereich privaten Wirtschaftens, auf den die Steuerart zugreift, wird der ertragsberechtigten Körperschaft zu ausschließlicher Teilhabe am Ergebnis freiheitlichen Erwerbs zugewiesen. Dieser übergriffsabwehrende Gehalt einer Steuerertragskompetenz entfaltet eine doppelte Schutzfunktion. Er schützt zum einen den Pflichtigen davor, daß die Grenzen seiner finanziellen Belastbarkeit durch kompetenzwidrige Vermögenszugriffe verschiedener Gebietskörperschaften überschritten werden.458 Zum anderen sichert er der ertragsberechtigten Körperschaft die Möglichkeit, bei ihrer Einnahmenerzielung die Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Bürgers, die durch die jeweilige Steuerart erfaßt wird, auszuschöpfen. Er bewahrt die Körperschaft davor, daß der einnahmenwirtschaftliche Handlungsspielraum, der ihr zur Besteuerung in einem bestimmten Bereich privater Wirtschaftstätigkeit zugewiesen ist, durch den Zugriff anderer Gebietskörperschaften geschmälert wird. Auf diese Weise wird verhindert, daß eine Erschließung des vollen einnahmenwirtschaftlichen „Potentials“ einer Steuerart deshalb – zu Lasten des ertragsberechtigten Verbandes – unterbleibt, weil der zuständige Steuergesetzgeber vor dem Hintergrund der begrenzten Belastbarkeit des Pflichtigen und angesichts bestehender, jedoch systemwidriger weiterer Steuerlasten im Bereich des einschlägigen Steuergegenstandes von einer Ausschöpfung der Ertragsquelle absieht. Die begrenzte Belastbarkeit des Zensiten bildet damit die tatsächliche Vorgabe, über die sich die mittelbaren Auswirkungen – die „Störungen“,459 wie die Literatur sagt – einer kompetenzübergreifenden Steuer auf die Ertragskompetenzen der betroffenen Körperschaft übertragen. Eine Minderung des aktuellen Aufkommens einer Steuer ist deshalb keine Voraussetzung eines Übergriffs in

457

Hierzu H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 386. Vgl. BVerfGE 108, 1 (16); 108, 186 (215); W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Vorbem. zu Art. 104a–115 Rn. 17. 459 Zur Umschreibung der Übergriffswirkung in Ertragskompetenzen werden im Schrifttum die Bezeichnungen „Störung“, „Aushöhlung“ und „Anzapfen“ synonym verwandt, vgl. J. W. Hidien, DÖV 1997, S. 990 (991 ff.); W. Köck, Die Sonderabgabe, 1991, S. 115 f.; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 114 ff. 458

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die Ertragskompetenz. Der Schutzgehalt einer Steuerertragskompetenz umfaßt auch das „Potential“ der Steuer als der Möglichkeit für die ertragsberechtigte Gebietskörperschaft, von künftigen Steuererhöhungen durch die Erzielung von Mehreinnahmen zu profitieren. Diese Möglichkeit wird beeinträchtigt, wenn eine strukturell äußerst ähnliche Geldleistungspflicht eingeführt und dadurch die Ausnutzung des zur Erhebung von Abgaben auf den gewählten Belastungsgegenstand verbleibenden Handlungsspielraums faktisch vereitelt wird. Die strukturelle Übereinstimmung der Steuertatbestände gibt nun den Maßstab dafür, wie sehr sich eine kompetenzübergreifende Steuer dem Bereich nähert, der durch die Steuerertragskompetenz einer Körperschaft zu ausschließlicher Teilhabe am Erfolg wirtschaftlicher Freiheitsentfaltung zugewiesen ist. Eben diese Annäherung beschreibt der Beschluß zur Ergänzungsabgabe mit der „strukturellen Ähnlichkeit“460 der Steuern. Zum Ausmaß der strukturellen Ähnlichkeit tritt als weiteres Kriterium der Übergriffsintensität die Höhe der übergreifenden Steuerpflicht, wie das Gericht zur Ergänzungsabgabe ebenfalls ausführt.461 Das Zusammenspiel dieser beiden Maßstäbe bedarf dabei keiner näheren Erläuterung: Je mehr sich zwei Steuerpflichten in der Form und Wirkungsweise ihres Vermögenszugriffs ähneln und je höher die Last der übergreifenden Steuerpflicht ist, desto eher besteht die Gefahr, daß das einnahmenwirtschaftliche Potential der beeinträchtigten Steuer aus Rücksicht auf die Belastbarkeitsgrenzen des Bürgers zu Lasten der ertragsberechtigten Körperschaft nicht in vollem Umfang erschlossen wird. Art. 105 Abs. 2a GG trägt diesem Gedanken ausdrücklich schon bei der Zuweisung und Abgrenzung der Steuergesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern im Bereich der Verbrauchund Aufwandsteuern Rechnung. Wo eine verfassungsgesetzliche Anordnung nicht getroffen ist, ergibt sich das Verbot gleichartiger Steuern jedoch aus dem übergriffsabwehrenden Gehalt der tangierten Steuergesetzgebungs- wie auch der Ertragskompetenz. Zusammenfassend bestimmt sich die Übergriffswirkung einer Steuer in die Ertragskompetenz einer anderen Steuer nach dem Ausmaß der strukturellen Gemeinsamkeiten, das auch als tatbestandliche Gleichartigkeit beider Steuerpflichten bezeichnet werden kann. Das Ausmaß struktureller Übereinstimmung ist, wie auch die Rechtsprechung des BVerfG zur Abgrenzung der Steuergesetzgebungskompetenzen nach Art. 105 Abs. 2 und 2a GG zeigt, im Wege eines wertenden Gesamtvergleichs zu bestimmen, bei dem die verschiedenen Merkmale des Steuertatbestandes als Anhaltspunkte dienen. Die Minderung des aktuellen Aufkommens der beeinträchtigten Steuer ist hingegen keine Voraussetzung des Übergriffs in die Ertragskompetenz. Seine Grundlage findet das Gleichartigkeitsverbot bei der Ausübung von Steuergesetzgebungskompetenzen in der be460 461

BVerfGE 32, 333 (339). BVerfG, ebd.

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grenzten Belastbarkeit des Steuerpflichtigen, die durch kumulative Zugriffe verschiedener Gebietskörperschaften auf dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit besonders auf die Probe gestellt wird. 3. Übertragbarkeit auf das Verhältnis von Steuer und fördernder Vergütungsregelung Die strukturelle Ähnlichkeit einer Geldleistungspflicht mit einer Steuer als Maßstab ihrer Übergriffswirkung in deren Ertragskompetenz wurde zunächst für das Verhältnis verschiedener Steuern zueinander festgestellt. Auch der Beschluß zur Ergänzungsabgabe betrachtet strukturelle Ähnlichkeit und Höhe als Kriterien der Intensität des Übergriffs einer Steuer in die Ertragskompetenz einer anderen Steuer. Es bedarf daher der Klärung, ob auch die Übergriffswirkung nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten in Steuerertragskompetenzen auf diese Weise bestimmt werden kann. Als dogmatische Grundlage des Verbots gleichartiger Steuerpflichten wurden die nicht unerschöpflichen Ressourcen des Bürgers herausgearbeitet, die durch ein unabgestimmtes Zusammentreffen mehrerer Zahlungspflichten im selben Bereich wirtschaftlicher Freiheitsentfaltung überbeansprucht werden können. Auch unterhalb der Schwelle einer Überforderung des Zensiten wird durch den Übergriff einer Geldleistungspflicht in die Steuerertragskompetenz einer anderen Gebietskörperschaft deren ausschließliche Berechtigung, das einnahmenwirtschaftliche Potential einer Steuer auszuschöpfen, beeinträchtigt. Da diese beiden Wirkungen sich aus der begrenzten wirtschaftlichen Belastbarkeit des Bürgers erklären, können sie unabhängig davon eintreten, ob es sich bei der mit einer Steuer zusammentreffenden Geldleistungspflicht auch um eine Steuer oder aber um eine nichtsteuerliche Zahlungspflicht handelt. Der Bürger wird auch dann kumulativ belastet, das einnahmenwirtschaftliche Potential der betroffenen Steuer auch dann gemindert, wenn die hinzutretende Zahlungspflicht keine Steuer, sondern eine nichtsteuerliche Abgabe oder eine sonstige finanzielle Sonderlast ist. Der übergriffsabwehrende Gehalt einer Steuerertragskompetenz aktualisiert sich folglich nicht nur gegenüber dem Einsatz anderer Steuern, sondern in gleicher Weise gegenüber nichtsteuerlichen Geldleistungspflichten, sofern diese aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit zu der betroffenen Steuer und ihrer Höhe mittelbare Wirkungen im Kompetenzbereich dieser Ertragszuständigkeit entfalten. Da sich das Verbot einer intensiven strukturellen Annäherung an die Zugriffsform einer bestimmen Steuer aus der drohenden Identität – und der Kumulation – der Belastungswirkung ergibt, macht es für den Übergriffscharakter einer Geldleistungspflicht in eine Steuerertragskompetenz keinen Unterschied, ob Adressat der kompetenzübergreifenden Zahlungspflicht ein öffentlich-rechtliches Gemeinwesen ist oder ob die gewonnenen Finanzvolumina unmittelbar

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einer hierdurch geförderten Personengruppe zufließen. Die beschriebenen Gefahren der Aushöhlung einer Steuerertragskompetenz bestehen unabhängig davon, ob die zu einer Steuer hinzutretende Geldleistungspflicht für einen öffentlichen Haushalt eine Ertragswirkung erzielt. Aus diesem Grund bestehen keine Unterschiede zwischen der Bestimmung eines Übergriffs in Steuerertragskompetenzen durch Steuern, nichtsteuerliche Abgaben oder nicht-abgabenrechtliche Sonderlasten wie Zwangsvergütungen. Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Zweifel gestellt, daß das BVerfG bislang in keinem Fall nichtsteuerliche Geldleistungspflichten auf ihre strukturelle Ähnlichkeit mit einer Steuer untersucht hat. Insbesondere dann, wenn sich eine Abgabenpflicht einer der anerkannten Arten nichtsteuerlicher Abgaben zuordnen läßt, besteht für eine solche Untersuchung regelmäßig kein Bedürfnis. Dies beruht darauf, daß sich die überkommenen Kategorien nichtsteuerlicher Abgaben in der Wahl ihres materiellen Belastungsgrundes – dem Grund, der die finanzielle Sonderbelastung des Steuerpflichtigen vor dem Prinzip der Lastengleichheit gem. Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigt – von der Steuer hinreichend unterscheiden. Wird eine nichtsteuerliche Abgabenpflicht entsprechend ihrem materiellen Belastungsgrund, der sie von der Steuer unterscheidet, ausgeformt, so ist damit in der Regel zugleich sichergestellt, daß die Ausgestaltung ihres Pflichtentatbestandes kein hohes Maß an struktureller Ähnlichkeit mit einer bestimmten Steuer aufweist. Die Verschiedenheit des Vermögenszugriffs ist dann zwingende Folge der unterschiedlichen materiellen Belastungsgründe. Daß diese Unterscheidbarkeit durch manche Arten nichtsteuerlicher Abgaben stärker in Frage gestellt wird als durch andere, zeigt sich etwa darin, daß das BVerfG für Sonderabgaben auf das Erfordernis eines hinreichend – gegenüber der Steuer – unterscheidungskräftigen Belastungsgrundes nachdrücklicher hinweist als etwa für Vorzugslasten.462 Anders als für nichtsteuerliche Abgaben ist der zulässige Einsatz von Preisinterventionen bislang nicht auf solche Formen begrenzt worden, die sich hinsichtlich ihres materiellen Belastungsgrundes deutlich von Steuern unterscheiden. Insbesondere sieht sich der Gesetzgeber bei der Rechtfertigung abgabenähnlicher Preisregelungen nicht an die Systematik der Belastungsgründe nichtsteuerlicher Abgaben gebunden. Auch ist für Vergütungspflichten – wie die Untersuchung der Referenzregelungen gezeigt hat463 – nicht immer feststellbar, daß der Gesetzgeber sich bei der Ausformung des Pflichtentatbestandes von einem bestimmten Belastungsgrund, einer bestimmten Rechtfertigung der Sonderlast, leiten läßt. Aufgrund dessen steht für „quersubventionierende“ Regelun462 Zu diesem Gebot hinreichender Unterscheidbarkeit in der Wahl des materiellen Belastungsgrundes BVerfGE 93, 319 (343); 108, 186 (217); 113, 128 (146) (zu Sonderabgaben); ähnlich für die Ausgestaltung einer Gebührenpflicht E 108, 1 (20 f.). 463 Siehe oben § 10 C II 1 b) (zur Stromeinspeisungsregelung); § 10 C II 2 b) (zum Herstellerabschlag); § 10 C II 3 b) (zum Arbeitgeberzuschuß).

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gen weitaus eher als für nichtsteuerliche Abgaben zu erwarten, daß sie die unterscheidungskräftige Distanz zu bestimmten Steuerarten weder auf der Ebene des materiellen Belastungsgrundes noch bei der hierauf basierenden Ausgestaltung des Pflichtentatbestandes wahren. Der Umstand, daß das BVerfG bislang keine nichtsteuerlichen Abgaben auf ihre strukturelle Ähnlichkeit mit Steuern untersucht hat, begründet daher keine Zweifel an der Gebotenheit einer solchen Betrachtung für Vergütungsregelungen. IV. Übergriffswirkung und Übergriffsintensität von Preisinterventionen in Steuerertragskompetenzen – Zwischenergebnis Die Untersuchungsmethode, die das BVerfG zur kompetenzrechtlichen Beurteilung der Ergänzungsabgabe heranzieht und die als Verfahren zur Feststellung sowie zur Ermittlung der Intensität von Übergriffen in Steuerertragskompetenzen identifiziert werden konnte, läßt sich auch auf die Übergriffswirkung von Entgeltregelungen in Steuerertragszuständigkeiten anwenden. Geboten ist hiernach ein Typenvergleich des Pflichtentatbestandes der Zwangsvergütung mit dem Tatbestand und der wirtschaftlichen Wirkungsweise einer bestimmten Steuerart. Ähnlich wie bei der sog. Gleichartigkeitsbetrachtung, die das BVerfG bei der Abgrenzung von Landes- und Bundessteuern im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenzen des Art. 105 Abs. 2 GG anstellt, erfolgt hierbei keine exakte Subsumtion unter eine begrenzte Anzahl von Vergleichskriterien, sondern ein „wertender Gesamtvergleich“464, der im Wege einer Zusammenschau aller Merkmale des Pflichtentatbestandes die Ähnlichkeit beider Geldleistungspflichten in ihrem Zugriff auf das Vermögen des Bürgers ermittelt. Berücksichtigungsfähig sind dabei insbesondere die Person des Leistungspflichtigen, der Belastungsgegenstand der Geldleistungspflicht, die Art und der Maßstab der Belastung sowie ihre wirtschaftliche Auswirkung auf den Lastenträger. Auf diese Weise läßt sich feststellen, ob die spezifische Belastungswirkung einer Preisregelung für den Pflichtigen der Belastungswirkung einer Steuer so ähnlich ist, daß der Gesetzgeber sich durch ihren Einsatz in funktioneller Hinsicht der – einer anderen Gebietskörperschaft zugewiesenen – Ertragskompetenz dieser Steuerart bedient. Ist dies der Fall, so wird die Berechtigung der betroffenen Gebietskörperschaft zu ausschließlicher Teilhabe am Erfolg privaten Wirtschaftens in diesem Bereich der wirtschaftlichen Freiheitsentfaltung des Pflichtigen verletzt; die Steuerertragskompetenz ist dann in ihrem übergriffsabwehrenden Gehalt angesprochen. Die Intensität des Übergriffs ergibt sich zum einen aus dem Maß der strukturellen Übereinstimmung beider Zahlungspflichten, zum anderen aus der Höhe der zur Steuer hinzutretenden Belastung.

464

K. Vogel/H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 103.

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V. Anwendung auf die Referenzregelungen 1. Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG Indem die Stromeinspeisungsregelung zunächst durch §§ 5 ff. EEG die Netzbetreiber verpflichtet, den eingespeisten EEG-Strom zu Preisen über der Höhe der vermiedenen Kosten zu vergüten und sodann durch § 14 EEG für eine gleichmäßige Verteilung sowohl des EEG-Stroms als auch der förderbedingten Mehrkosten auf alle letztversorgenden EVU sorgt, knüpft sie die „subventionierende“ Geldleistungspflicht auf allen Stufen der stromwirtschaftlichen Wertschöpfungskette an einen Leistungsaustausch zwischen verschiedenen Wirtschaftsbeteiligten. Für einen Typenvergleich kommen daher nur Steuern auf die Verwendung von Einkommen und Vermögen in Betracht. Da es sich bei Elektrizität um ein Wirtschaftsgut handelt, dessen Lieferung darauf gerichtet ist, es schließlich dem privaten Konsum zuzuführen, liegt ein Vergleich mit der Stromsteuer als besonderer Verbrauchsteuer für Elektrizität sowie mit der Umsatzsteuer nahe. a) Stromsteuer Schon aufgrund der Identität des Wirtschaftsgutes Strom, das den Belastungsgegenstand beider Geldleistungspflichten bildet, drängt sich ein Gesamtvergleich der Strukturen der SER mit denjenigen der Stromsteuer auf. Selbst im Falle einer hohen strukturellen Ähnlichkeit beider Pflichtentatbestände könnte sich hieraus jedoch kein Übergriff der SER in Steuerertragskompetenzen einer anderen Gebietskörperschaft ergeben. Denn der Ertrag der Stromsteuer steht gem. Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG dem Bund und damit derselben Gebietskörperschaft zu, deren finanzwirtschaftlicher Handlungsspielraum durch den Einsatz der SER erweitert wird. b) Umsatzsteuer Ein Gesamtvergleich des Pflichtentatbestandes der SER mit demjenigen der Umsatzsteuer hat bei der Person des Leistungsschuldners anzusetzen. Umsatzsteuerpflichtig ist gem. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG ein Unternehmer, der Lieferungen und sonstige Leistungen im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist, wer selbständig eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübt, ihr also nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen nachgeht, § 2 Abs. 1 UStG. Auf Seiten der SER ist auf die Energieversorgungsunternehmen abzustellen, die Strom an Letztverbraucher liefern, da die förderbedingte Mehrkostenlast gem. § 14 Abs. 3 EEG letztlich diesen Unternehmen zufällt, sofern ihnen nicht

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die Weitergabe an ihre Kunden gelingt; nach der Regelung des § 14 EEG sind die Stromhändler also endgültig kostenbelastet.465 In Richtung einer hohen strukturellen Ähnlichkeit der beiden Geldleistungspflichten würde es weisen, wenn diese in der Person des Leistungsschuldners übereinstimmen. Da die Stromhändler eine gewerbliche Tätigkeit – die entgeltliche Bereitstellung von Elektrizität – selbständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen ausüben, erfüllen sie den Unternehmerbegriff des § 2 Abs. 1 UStG. Zwar bilden die letztversorgenden EVU als Leistungsschuldner der SER nur eine vergleichsweise kleine Untergruppe aller Unternehmer und damit aller Umsatzsteuerschuldner. Der Befund struktureller Ähnlichkeit im Merkmal des Leistungsschuldners wird hierdurch jedoch nicht in Frage gestellt. Auch in seiner Rechtsprechung zu den konkurrierenden Gesetzgebungskompetenzen des Art. 105 Abs. 2 GG hat das BVerfG für eine „Gleichartigkeit“ zweier Steuern keine Identität des personellen und sachlichen Anwendungsbereichs gefordert. Vielmehr kann auch nach dieser Rechtsprechung eine hohe strukturelle Übereinstimmung schon dann vorliegen, wenn in allen Fällen, in denen nach der kompetenzübergreifenden Regelung eine Geldleistungspflicht entsteht, auch eine Steuerpflicht vorgesehen ist.466 Strukturähnlichkeit ist mithin nicht schon dann ausgeschlossen, wenn die zu beurteilende Regelung zu der Steuer, welche den Vergleichsgegenstand bildet, in einem Verhältnis der Spezialität steht. Schiede ein Übergriff in die Ertragskompetenz schon deshalb aus, weil die fragliche Geldleistungspflicht in ihrem personellen oder sachlichen Anwendungsbereich gegenüber der Steuer spezieller ist, so würde es dem Gesetzgeber hierdurch möglich, sich aus der Menge der steuerpflichtigen Sachverhalte einen engeren Kreis von Sachverhalten – wie die Literatur markant formuliert – „herauszuschneiden“.467 Ein solches Vorgehen ist dem Gesetzgeber jedoch verwehrt. Auch für die Bestimmung der Übergriffsqualität von Preisregelungen in Steuerertragskompetenzen gilt daher, daß ein Spezialitätsverhältnis zwischen den Anwendungsbereichen den Übergriff in die Ertragskompetenz nicht ausschließt. Diesem Zusammenhang kommt insbesondere Bedeutung für die Merkmale des Leistungsschuldners und des Steuergegenstandes zu. Im Merkmal des Leistungsschuldners sind sich SER und Umsatzsteuer daher strukturell ähnlich. Zu betrachten sind weiter die Belastungsgegenstände beider Geldleistungspflichten. Die Belastung der letztversorgenden EVU durch § 14 Abs. 3 EEG knüpft daran, daß diese Unternehmen von ihrem vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber Strom abnehmen, um ihn an Letztverbraucher zu liefern. Dem465

Siehe hierzu bereits oben § 2 B III 3. Vgl. etwa BVerfGE 7, 244 (258 f.); 16, 306 (328); hierzu auch M. Küssner, Der Begriff der Gleichartigkeit von Steuern, 1992, S. 87. 467 So bereits W. Markull, VjSchrStuFR 4 (1930), S. 535 (547); auch K. Vogel/ H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 106. 466

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gegenüber sind steuerbare Umsätze und damit Steuergegenstand der Umsatzsteuer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG alle Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Zu den gelieferten Gegenständen im Sinne von § 3 Abs. 1 UStG zählen neben Sachen im Sinne des § 90 BGB auch solche Güter, die wie Waren gehandelt werden, darunter auch elektrische Energie.468 Die Stromlieferung an letztversorgende EVU läßt sich also bereits unter den Begriff der Lieferung in § 3 UStG subsumieren, andernfalls wäre sie jedenfalls als sonstige Leistung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG umfaßt. Auch hinsichtlich des gelieferten Wirtschaftsgutes erweisen sich die Anwendungsbereiche der SER und der Umsatzsteuer damit als teilidentisch. Eine umfassende Identität ist im Merkmal des Belastungsgegenstandes ebensowenig zu fordern wie in dem des Leistungsschuldners. Entsprechend hat das BVerfG bereits mehrfach Verbrauchsteuern der Länder, die lediglich einzelne Warengruppen besteuerten, als der Umsatzsteuer gleichartig angesehen.469 Zweifel an der strukturellen Übereinstimmung der Belastungsgegenstände können sich daraus ergeben, daß die Umsatzsteuer die Lieferung einer Ware und das Erbringen einer sonstigen Leistung belastet, während die SER an die Abnahme von Elektrizität durch die Stromhändler anknüpft, die Geldleistungspflicht also dem Empfänger der Sachleistung auferlegt. Ähnlicher wäre die SER der Umsatzsteuer daher, wenn sie auf den verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette jeweils den Veräußerer belastete; allerdings hätte sie dazu als finanzielle Belastung der Einspeiser von EEG-Strom anzusetzen, was dem Regelungszweck zuwiderliefe. Ein Unterschied zwischen EEG und UStG ist hiermit benannt. Gleichzeitig ist jedoch zu sehen, daß dieser Unterschied auf einen formellen Aspekt der Erhebungstechnik beschränkt ist und daher nicht überbewertet werden darf. Denn darin, daß sie eine bestimmte – bei der Umsatzsteuer von einer Handelsstufe zur nächsten anwachsende, bei der SER konstante – Mehrkostenlast entlang der Wertschöpfungskette weiterreichen, gleichen sich beide Finanzierungsinstrumente. Ferner ist die „Bemessungsgrundlage“ der SER mit derjenigen der Umsatzsteuer zu vergleichen. Als Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer dient gem. § 10 Abs. 1 S. 1 UStG das Entgelt im Sinne all dessen, was der Leistungsempfänger – unter Abzug der Vorsteuer – aufwendet, um die Leistung zu erhalten, § 10 Abs. 1 S. 2 UStG. Ohne daß es näherer Betrachtung bedürfte, wie sich die Bemessung des Umsatzes im einzelnen gestaltet, tritt hierin eine weitere Verschiedenheit von Umsatzsteuer und SER hervor. Denn § 14 Abs. 3 S. 4 und 5 EEG, nach denen sich der Umfang der finanziellen Belastung der Stromhändler 468 A. Leonard, in: J. Bunjes/R. Geist, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., 2005, § 3 Rn. 4. 469 Vgl. BVerfGE 7, 244 (258 f.); 16, 306 (328).

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bemißt, knüpfen nicht an der Höhe der von diesen Unternehmen erzielten Vergütung – den Strompreis – an, sondern bestimmen den Umfang der Finanzierungspflicht in Abhängigkeit von der Gesamtmenge der an Letztverbraucher gelieferten Elektrizität und der im vorangegangenen Quartal erzielten Durchschnittsvergütung470 für EEG-Strom. In der „Bemessungsgrundlage“ unterscheiden sich SER und Umsatzsteuer daher wesentlich. Mit diesem Unterschied ist eine weitere Abweichung eng verbunden, die den Belastungsmaßstab betrifft. Maßstab der Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer ist die in der Einkommensverwendung und ihrem Umfang vermutete wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Endverbrauchers;471 aus diesem Grund wählt § 10 Abs. 1 S. 1 UStG das Entgelt als Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer. Fragt man nach dem Belastungsmaßstab der SER, so gibt der Pflichtentatbestand des § 14 Abs. 3 EEG einen solchen Maßstab nicht zu erkennen. In der Menge des zwischen Stromhändler und vorgelagertem Übertragungsnetzbetreiber abgenommenen Stroms einen Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Händlers zu sehen, scheidet aus, da der Umfang dieser Abnahmepflicht gesetzlich vorgegeben ist. Denkbar wäre es, die von einem Stromhändler gem. § 14 Abs. 3 EEG insgesamt an Letztverbraucher gelieferte Strommenge als Ausdruck der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu begreifen, die dieser durch die Belieferung von Letztverbrauchern gewinnt. Als Belastungsmaßstab der SER wäre dann das Leistungsfähigkeitsprinzip anzunehmen. Allerdings entspräche dies nicht der Funktion, die der Gesetzgeber dem EEG zudenkt. Nach der Gesetzesbegründung dient die finanzielle Sonderbelastung der letztversorgenden EVU dazu, deren Verursacherverantwortlichkeit für die umwelt- und klimaschädlichen Wirkungen der konventionellen Stromerzeugung zu realisieren.472 Die Belastung der Stromhändler soll zu einer Internalisierung der externen Kosten nicht-regenerativer Stromerzeugung beitragen und folgt deshalb dem Maßstab der Verursacherverantwortlichkeit. Die Menge des an Letztverbraucher abgegebenen Stroms indiziert nach der Auffassung des Gesetzgebers folglich nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Stromhändler, sondern deren umweltrechtliche Kausalverantwortung. Im Maßstab der finanziellen Belastung besteht also ein weiterer Unterschied zwischen SER und Umsatzsteuer. 470 Zur Durchschnittsvergütung gem. § 14 Abs. 3 S. 5 EEG P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, § 14 Rn. 135; J. Reshöft/S. Steiner/J. Dreher, Erneuerbare Energien-Gesetz, Handkommentar, 2. Aufl., 2005, § 14 Rn. 64 ff. 471 Allgemein zu Verbrauchsteuern BVerfGE 98, 106 (124); grundlegend auch G. Schmölders, in: HdbFinWiss, Bd. II, 2. Aufl., 1956, S. 636 ff.; so auch K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2. Aufl., 2003, S. 981; vgl. aber P. Kirchhof, UR 2002, S. 541 (542 ff.), der auf Grundlage der Markteinkommenstheorie darauf hinweist, das Leistungsfähigkeitsprinzip sei zur Rechtfertigung der Umsatzsteuer unzureichend, da es nicht erkläre, wodurch die erfaßte Leistungsfähigkeit gewonnen worden sei. 472 Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BT-Drs. 14/ 2776, S. 20, 24; ebenso die Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 24, 27.

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Schließlich kann als Merkmal der strukturellen Ähnlichkeit zweier Geldleistungspflichten betrachtet werden, ob von ihnen gleiche wirtschaftliche Auswirkungen auf den Träger der finanziellen Last ausgehen. Kennzeichnend für die wirtschaftliche Wirkung einer Geldleistungspflicht ist dabei insbesondere, ob diese auf eine Überwälzung der finanziellen Belastung an den Endverbraucher angelegt ist.473 Die Umsatzsteuer ist auf die Weitergabe der Abgabenlast an den Verbraucher angelegt, unabhängig davon, ob diese Überwälzung tatsächlich gelingt.474 Anders als die Verkehrsteuern setzt die Umsatzsteuer nur aus technischen Gründen bei den Beteiligten des Leistungsaustausches an, zielt jedoch nicht darauf ab, diese endgültig finanziell zu belasten.475 Die SER hingegen ist, wie bereits eingehend dargelegt wurde,476 weder nach der Intention des Gesetzgebers noch durch bestimmte regelungstechnische Vorkehrungen darauf angelegt, daß die infolge des bundesweiten Belastungsausgleichs nach § 14 EEG belasteten Stromhändler das förderbedingte Mehrkostenvolumen an den Endverbraucher von Strom weiterreichen. Die Kostenüberwälzung an den Stromkunden bleibt für die letztversorgenden EVU eine marktabhängige und darin letztlich ungewisse Möglichkeit. Zudem ist es aus Sicht des Gesetzgebers wünschenswert, daß die EEG-Mehrkostenlast den Stromhändlern jedenfalls zum Teil endgültig verbleibt, da die finanzielle Inanspruchnahme gerade dazu dienen soll, deren – vom Gesetzgeber erkannte – Verursacherverantwortlichkeit durch Internalisierung externer Kosten zu verwirklichen. Dann aber unterscheiden sich SER und Umsatzsteuer auch mit Blick auf ihre wirtschaftlichen Auswirkungen wesentlich. Wurde als besondere Gefahr von Übergriffen in Steuerertragskompetenzen die Möglichkeit herausgearbeitet, daß Steuer und nichtsteuerliche Geldleistungspflicht unabgestimmt auf das Vermögen desselben Lastenträgers und dabei auf dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zugreifen, so erscheint diese Gefahr geringer, wenn etwa die SER vorrangig das Vermögen der Stromhändler, die Umsatzsteuer hingegen letztlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Endverbraucher belastet. Bei einer Zusammenschau der Vergleichsmerkmale ergibt sich daher, daß der Fördermechanismus der §§ 4 ff., 14 EEG aufgrund von Gemeinsamkeiten mit der Umsatzsteuer in der Wahl des Leistungsschuldners und des Belastungsgegenstandes zwar als Übergriff in die Ertragshoheit der Umsatzsteuer, die gem. Art. 106 Abs. 3 S. 1 und 3, Abs. 5a GG in Verbindung mit dem Finanzausgleichsgesetz neben dem Bund auch den Ländern und den Gemeinden zusteht, 473 BVerfGE 7, 244 (264); 14, 76 (95 ff.); vgl. auch E 98, 106 (125); K. Vogel/ H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 113. 474 BVerfGE 14, 76 (96); 27, 375 (384); 98, 106 (124); st. Rspr. 475 K. Tipke/J. Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., 2005, § 14 Rn. 1; A. Leonard, in: J. Bunjes/R. Geist, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., 2005, Einleitung Rn. 19 f. 476 Siehe oben § 2 B III 3.

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anzusehen ist. Angesichts erheblicher Unterschiede in der Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage, hiermit verbunden auch des Belastungsmaßstabes und den wirtschaftlichen Auswirkungen greift die SER jedoch nicht mit solcher Intensität in die Ertragshoheit der Umsatzsteuer über, daß hieraus ihre Verfassungswidrigkeit abzuleiten wäre. 2. Herstellerabschlag für Arzneimittel, § 130a SGB V Da auch der Arzneimittelpreisabschlag zu Lasten der Hersteller gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V an die Lieferung einer verbrauchsfähigen Ware anknüpft, eine besondere Verbrauchsteuer für Arzneimittel jedoch nicht existiert, kommt auch für die Abschlagsregelung nur ein Typenvergleich mit der Umsatzsteuer in Betracht. Ein Strukturvergleich am Merkmal des Leistungsschuldners ergibt dabei Ähnliches wie für die SER. Die Erstattungspflicht gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V trifft die Gruppe der Hersteller verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel – in erhöhtem Maße nach Absatz 3b die Hersteller von Generika –, die zugleich dem Unternehmerbegriff des § 2 Abs. 1 UStG unterfallen. Auch der Herstellerabschlag belastet daher eine Teilgruppe der Steuersubjekte der Umsatzsteuer, wobei die Spezialität der Preisregelung hinsichtlich des personellen Anwendungsbereichs der Feststellung einer strukturellen Übereinstimmung nicht entgegensteht. Zur Ermittlung des Belastungsgegenstandes der Abschlagsregelung hat man sich die Funktion der Erstattungspflicht gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V zu vergegenwärtigen. Im Gegensatz zu früheren Arzneimittelrabatten im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung wird durch § 130a Abs. 1, 3b SGB V nicht unmittelbar der Herstellerabgabepreis bestimmter Arzneimittel gesenkt; dies hätte zur Folge, daß auch solche Arzneimittel vergünstigt werden, die nicht zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen abgegeben werden, so daß die Arzneimittelhersteller in ihrer Preisfreiheit beeinträchtigt würden, ohne daß dies durch den Gemeinwohlzweck der finanziellen Konsolidierung der GKV geboten wäre. Trotz dieser Präzisierung ihrer Wirkung geht die Abschlagsregelung jedoch in der Sache darauf aus, den Gewinnanteil der Arzneimittelhersteller am Apothekenabgabepreis eines Präparates zu verringern, um hierdurch die Arzneimittelausgaben der betroffenen Kasse zu senken. Belastet wird daher bei funktioneller Betrachtung die Lieferung eines Arzneimittels, welches in der Folge durch eine Apotheke zu Lasten einer gesetzlichen Krankenkasse abgegeben wird. Auch hinsichtlich des Belastungsgegenstandes stellt sich die Abschlagsregelung damit gleichsam als „Ausschnitt“ aus dem Anwendungsbereich der Umsatzsteuer dar, der alle inländischen Lieferungen und sonstigen Leistungen eines Unternehmers umfaßt, die dieser im Rahmen seines Unternehmens ausführt, § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG. Im Gegensatz zur SER stimmt die Abschlagsregelung

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auch insoweit mit der Umsatzsteuer überein, als sie die Veräußerung des Gegenstandes, nicht seinen Erwerb, belastet. Eine Abweichung von der Umsatzsteuer besteht insofern, als durch den Zwangsrabatt zu Lasten der Hersteller nur die erste, nicht auch jede weitere Veräußerung des Wirtschaftsgutes belastet wird, da die in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegten Zuschlagspannen des Großhandels und der Apotheken unverändert bleiben. Am Merkmal des Belastungsgegenstandes zeigt sich die Abschlagsregelung somit insgesamt noch strukturähnlicher zur Umsatzsteuer als die SER. Von einer „Bemessung“ der Preisabschläge kann insofern gesprochen werden, als die Erstattungspflicht sich funktionell wie eine Absenkung des Herstellerabgabepreises um den gesetzlich vorgesehenen Abschlagssatz von sechs bzw. zehn Prozent anläßlich der Auslieferung des Arzneimittels an den Großhandel auswirkt; als Bemessungsgrundlage des Abschlags dient damit der Herstellerabgabepreis. Ob der Preis, den das Pharmaunternehmen bei der Veräußerung eines Arzneimittels an den Großhändler erzielt, tatsächlich dem Herstellerabgabepreis entspricht, ist für die „Bemessung“ des Preisabschlags ohne Bedeutung. Hierin unterscheidet sich der Abschlag von der Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer, die sich nach dem Entgelt der Lieferung abzüglich der Vorsteuer richtet, § 10 Abs. 1 S. 1 und 2 UStG, also stets von der tatsächlich erzielten Vergütung abhängig ist. Auch nach dem Merkmal des Belastungsmaßstabs bietet sich ein ähnliches Bild wie bei der SER. An dem Pflichtentatbestand der Abschlagsregelung ist nicht abzulesen, welchem Maßstab die finanzielle Belastung der Arzneimittelhersteller folgt. Die Gesetzesbegründung führt zu § 130a Abs. 1 SGB V aus, der Preisabschlag diene dazu, die beträchtlichen Umsatzsteigerungen der Pharmaunternehmen im Bereich nicht festbetragsgeregelter Arzneimittel, denen erhebliche Mehrausgaben der Krankenkassen für Arzneimittel gegenüberständen, zurückzuführen.477 Der Gesetzgeber geht folglich pauschalisierend davon aus, daß im Bereich nicht festbetragsgeregelter Arzneimittel ein um etwa sechs Prozent „überhöhtes“478 Preisniveau besteht, das es mit Hilfe der Abschlagsregelung abzusenken gilt. Maßstab der finanziellen Sonderbelastung der Hersteller ist dann nicht, wie bei der Umsatzsteuer, die in der Einkommensverwendung vermutete wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verbrauchers, sondern der im Herstellerabgabepreis eines bestimmten Arzneimittels enthaltene überhöhte Preisanteil.479 Folglich differieren Herstellerabschlag und Umsatzsteuer auch im Belastungsmaßstab. 477

BT-Drs. 15/28, S. 16; vgl. auch BT-Drs. 15/1525, S. 71, 75. So die Wertung des Gesetzgebers anläßlich der Einführung der Festbetragsregelung, vgl. die Begründung des Fraktionsentwurfs zum Gesundheits-Reformgesetz 1989, BT-Drs. 11/2237, S. 147. 479 Anders im Falle des § 130a Abs. 3b SGB V, der nicht mit der Festsetzung überhöhter Herstellerabgabepreise, sondern als „Folgeregelung“ zum Verbot von Natu478

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Auch bei Betrachtung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Geldleistungspflichten auf die Lastenträger ergibt sich kein anderes Ergebnis. Während die Umsatzsteuer auf eine Weitergabe der finanziellen Belastung an den Endverbraucher angelegt ist, besteht ein wesentliches Ziel des Gesetzgebers bei der Regelung von Arzneimittelabschlägen darin, eine solche Weitergabe gerade zu vermeiden. Versuchen Pharmaunternehmen, die infolge einer Abschlagsregelung zugunsten der GKV erlittenen Umsatzeinbußen durch eine Anhebung des Herstellerabgabepreises bestimmter Arzneimittel zu kompensieren, so interveniert der Gesetzgeber typischerweise nicht, soweit die Preisanhebung Arzneimittel betrifft, die nicht zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen abgegeben werden, deren Etats also nicht belasten. Im Ergebnis kommt es dann zu einer Minderbelastung der gesetzlichen Krankenkassen zu Lasten der privat Krankenversicherten.480 Könnten die Arzneimittelhersteller hingegen die Belastungswirkung einer Abschlagsregelung durch eine entsprechende Erhöhung des Herstellerabgabepreises ausgleichen, so würde hierdurch der Einsparungserfolg zugunsten der Budgets der gesetzlichen Krankenversicherungsträger zunichte gemacht. Der Gesetzgeber hat eine solche Preiserhöhung deshalb während der Jahre 2003 und 2004 sowie ab dem 1. April 2006 dadurch verhindert, daß er den Abschlagsregelungen des § 130a Abs. 1, 3b SGB V ein Preismoratorium zur Seite gestellt hat. Für Zeiträume, in denen eine Preisstoppregelung nicht gilt, geht der Gesetzgeber offenbar davon aus, daß von der Möglichkeit der Wiedereinführung eines Moratoriums eine hinreichende Abschreckungswirkung ausgeht, durch die die Arzneimittelhersteller dazu veranlaßt werden, auf Erhöhungen der Herstellerabgabepreise von sich aus zu verzichten. In jedem Fall ist die Abschlagsregelung nicht darauf angelegt, daß Pharmaunternehmen die entstehenden Gewinneinbußen durch Preisanhebungen entlang der Wertschöpfungskette weitergeben; die Einbußen sollen den Arzneimittelherstellern nach Möglichkeit verbleiben. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Herstellerabschlags und der Umsatzsteuer sind daher verschieden. Zusammenfassend ergibt sich auch für den Herstellerabschlag gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V, daß dieser nicht mit unzulässiger Intensität in Steuerertragskompetenzen einer anderen Gebietskörperschaft übergreift. Zwar weist die Abschlagsregelung sowohl im Merkmal des Leistungsschuldners als auch im Belastungsgegenstand strukturelle Gemeinsamkeiten mit der Umsatzsteuer auf; sie belastet sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht einen Ausschnitt aus dem Kreis umsatzsteuerpflichtiger Sachverhalte. Doch unterscheidet sich ralrabatten der Hersteller gerechtfertigt wird (vgl. die Gesetzesbegründung des AVWG, BT-Drs. 16/194, S. 6, 10), die Hersteller insofern aber ebenfalls nicht nach dem Maßstab ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit belastet. 480 Hierzu auch H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 (929).

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die Regelung in der „Bemessungsgrundlage“, dem Maßstab der Belastung – der Preisabschlag belastet die Arzneimittelhersteller nicht nach deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, sondern einer Sonderverantwortlichkeit für ansteigende Arzneimittelausgaben der GKV – und in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen in ausreichendem Maße von der Umsatzsteuer, so daß die strukturelle Übereinstimmung nicht den Grad einer unzulässigen Übergriffsintensität erreicht. 3. Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG Als Lohnfortzahlungsregelung unterscheidet sich der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG in seinem Belastungsgegenstand wesentlich von den zuvor betrachteten Preisregelungen, die an den Austausch von Waren anknüpfen. Den Gegenstand der Geldleistungspflicht im Falle des Arbeitgeberzuschusses bildet die Beschäftigung einer Arbeitnehmerin, die während der Geltung des Arbeitsverhältnisses Mutter wird. Die Zuschußpflicht knüpft damit an den Bestand eines Arbeitsverhältnisses und weist infolgedessen Ähnlichkeiten allenfalls mit dem sozialversicherungsrechtlichen Solidarbeitrag auf, der, soweit er sich nach dem Arbeitsentgelt bemißt, im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zur Hälfte vom Arbeitgeber zu leisten ist, vgl. § 249 Abs. 1 SGB V. Eine strukturelle Ähnlichkeit mit Steuern, die an Formen des Erwerbs oder der Verwendung von Vermögen anknüpfen, läßt sich nicht feststellen. Eine Übergriffswirkung dieser Vergütungsregelung in Steuerertragskompetenzen scheidet folglich aus. VI. Ergebnis: Übergriffswirkung von Preisinterventionen in Steuerertragskompetenzen Die Grundlage der Übergriffswirkung abgabenähnlicher Preisregelungen in Steuerertragskompetenzen bildet deren gesetzgeberisch bezweckte Belastungsund Aufkommenswirkung, deren Einnahmenwirksamkeit. Ob eine fördernde Vergütungsregelung die Ertragskompetenz einer anderen Gebietskörperschaft tangiert, ermittelt sich durch einen Gesamtvergleich der tatbestandlichen Struktur der Vergütungspflicht mit einer Steuer, die möglicherweise durch den Einsatz der betreffenden Quersubvention beeinträchtigt wird und deren Ertragskompetenz durch Art. 106 GG einer anderen Körperschaft zugewiesen ist als der preisregelnden. Im Wege des Gesamtvergleichs wird die Preisintervention auf ihre strukturelle Übereinstimmung mit der Steuer untersucht. Die Strukturähnlichkeit der beiden Geldleistungspflichten bildet sowohl eine tatbestandliche Voraussetzung der Übergriffswirkung als auch den Maßstab von deren Intensität. Stimmt die Vergütungspflicht in der Form ihres Zugriffs auf privates Vermögen in hohem Maße mit einer Steuer überein, so belastet sie den Pflichtigen in derselben Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit wie diese Steuer. Sie be-

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einträchtigt dann die Möglichkeiten der ertragsberechtigten Körperschaft, das einnahmenwirtschaftliche Potential eines bestimmten Bereichs wirtschaftlicher Freiheitsentfaltung, der ihr durch die Zuweisung der Steuerertragskompetenz zu ausschließlicher Teilhabe am Erfolg privaten Wirtschaftens überantwortet ist, auszuschöpfen. Diese Beeinträchtigung ist um so stärker, je höher die übergreifende Geldleistungspflicht bemessen ist. Zwei der Referenzregelungen, die Stromeinspeisungsregelung und der Herstellerabschlag für Arzneimittel, greifen in die Ertragskompetenz der Umsatzsteuer über, soweit diese durch Art. 106 Abs. 3 S. 1 und 3, Abs. 5a GG den Ländern und Gemeinden zugewiesen ist. Die tatbestandliche Übereinstimmung ist allerdings so begrenzt, daß ein Übergriff von unzulässiger Intensität ausgeschlossen werden kann, ohne daß es einer Berücksichtigung der Höhe dieser Transfervolumina bei der Bestimmung der Übergriffsintensität bedürfte. Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld weist keine strukturelle Ähnlichkeit zu Steuern auf, deren Ertragskompetenz anderen Gebietskörperschaften als dem Bund zugeordnet sind.

D. Störung des Finanzausgleichs als Gesamtsystem durch abgabenähnliche Vergütungsregelungen Kann ein hohes Maß an struktureller Ähnlichkeit zwischen einer Preisregelung und einer Steuer, wie in den Fällen der Referenzregelungen, nicht festgestellt werden, so scheidet ein Übergriff in die Steuerertragskompetenz einer anderen Gebietskörperschaft aus. Das Ziel, alle Glieder des Bundesstaats in aufgabengerechter und gleichmäßiger Weise mit Finanzmitteln auszustatten,481 erreicht die Finanzverfassung jedoch nur in einem ersten Schritt durch die Zuweisung der Steuerertragskompetenzen. Dementsprechend ist der Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zwar primär, aber nicht ausschließlich durch das Gebot der Beachtung fremder Steuerertragskompetenzen geschützt. Weitaus größere Aufmerksamkeit als der Wahrung konkreter Steuerertragskompetenzen bringt die Literatur dem Schutz des Finanzausgleichs „als Gesamtsystem“ entgegen. Ähnlich wie für die „Störung“ einer konkreten Steuerertragskompetenz ist jedoch darüber, was unter einer Störung oder Aushöhlung des Finanzausgleichssystems insgesamt zu verstehen ist, bislang keine Einigkeit erzielt worden. Übereinstimmung herrscht nur insoweit, als es einer Minderung des Steueraufkommens einer anderen Gebietskörperschaft bedürfe und daß diese Minderung ein erhebliches Ausmaß aufweisen müsse.482 481 Vgl. BVerfGE 105, 185 (194); 108, 1 (15); S. Korioth, Der Finanzausgleich, 1997, S. 99 f. 482 BVerfGE 55, 274 (346 ff.) (Sondervotum Niebler); J. W. Hidien, DÖV 1997, S. 990 (994); W. Köck, Die Sonderabgabe, 1991, S. 116; W. Richter, Zur Verfassungs-

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I. Fehlen einer quantitativen Grenze für „Störungslagen“ Die Debatte um die Herleitung von Zulässigkeitsanforderungen an finanzielle Sonderlasten aus dem System des Finanzausgleichs läßt sich auf die Entscheidung des BVerfG zur Berufsausbildungsabgabe zurückführen. Dort hatte die antragstellende Landesregierung im Normenkontrollverfahren geltend gemacht, die Ertragshoheit der Länder an den Gemeinschaftsteuern werde dadurch beeinträchtigt, daß die bundesrechtliche Sonderabgabe bei den Ertragsteuern abzugsfähig sei. Zwar leitete sie hieraus nicht ab, die Bundesregelung störe das Gleichgewicht des Finanzausgleichs und sei deswegen verfassungswidrig, doch argumentierte sie, die Regelung sei materiell betrachtet ein Gesetz „über Steuern, deren Aufkommen den Ländern“ ganz oder zum Teil zufließt und als solches gem. Art. 105 Abs. 3 GG zustimmungspflichtig.483 Während die Senatsmehrheit eine Zustimmungspflichtigkeit gem. Art. 105 Abs. 3 GG unter Hinweis darauf ablehnte, das Erfordernis gelte nur für Steuergesetze, nahm sie zu der Gefahr störender Auswirkungen der Abgabe auf die Steuerertragsverteilung zwischen Bund und Ländern keine Stellung.484 Auf diese Frage konzentrierte sich jedoch Richter Niebler in einem Sondervotum. Er sah eine Grenze der Sonderabgabenerhebung des Bundes dann erreicht, „wenn durch die Auswirkungen aller erhobenen Sonderabgaben das Aufkommen an Steuern, die den Ländern ganz oder zum Teil zufließen, erheblich gemindert und somit der Finanzzufluß an die Länder ausgehöhlt würde.“485 Kraft seiner Verpflichtung zu bundesfreundlichem Verhalten treffe den Bundesgesetzgeber „die Pflicht, vor Erhebung einer neuen, das heißt einer zu den bereits bisher erhobenen Sonderabgaben hinzutretenden außersteuerlichen Abgabe zu überprüfen, ob durch die neue Sonderabgabe allein oder durch ihr Hinzutreten zu den bisherigen Sonderabgaben eine Beeinträchtigung der wesentlichen Finanzinteressen der Länder gegeben wäre“; gegebenenfalls habe er von der Erhebung der zusätzlichen Sonderabgabe Abstand zu nehmen.486 Die Ansicht Nieblers sieht sich sowohl mit Blick auf die kritisierte Wirkungsweise von Sonderabgaben als auch im Versuch der Lösung Zweifeln ausgesetzt. Zutreffend weist das Sondervotum darauf hin, daß die finanzielle Belastung von Wirtschaftsbeteiligten durch Sonderabgaben – und Gleiches gilt für die hier untersuchten Vergütungsregelungen – im Rahmen des Betriebsausgabenabzuges berücksichtigungsfähig487 ist und den Gewinn des Unternehmens mindert. Auf diesem Wege verringern finanzielle Sonderlasten das Aufkommen mäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 119 ff.; vgl. auch K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (106 f.). 483 BVerfGE 55, 274 (285). 484 BVerfG, a. a. O., S. 318. 485 BVerfG, a. a. O., S. 347. 486 BVerfG, ebd.

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der Einkommen- und der Körperschaftsteuer. Da deren Ertrag gem. Art. 106 Abs. 3 S. 1 und 2 GG Bund und Ländern gemeinschaftlich zusteht, tangieren Aufkommensminderungen stets die Ertragshoheit einer anderen Gebietskörperschaft. Allerdings stellt diese Auswirkung von Geldleistungspflichten auf den Gewinn eines Unternehmens keine Besonderheit finanzieller Sonderlasten dar. Sie geht in gleicher Weise von einer Vielzahl von Steuern aus, ohne daß deren Verfassungsmäßigkeit aus dieser Erwägung heraus bezweifelt würde. Zu solchen Betriebsteuern zählen neben der Gewerbesteuer etwa die Grundsteuer und die Grunderwerbsteuer.488 Die Verringerung des Gewinns und ihre Auswirkung auf die Bemessungsgrundlage der Einkommen- und der Körperschaftsteuer ist daher für sich betrachtet ungeeignet, eine Störung des Finanzausgleichs zu begründen. Handelt es sich bei der Beeinflussung des Aufkommens einer Abgabe durch eine andere Zahlungspflicht nicht um einen unzulässigen Übergriff in Steuerertragskompetenzen, so bildet die wechselseitige Beeinflussung des Aufkommens in einem Nebeneinander staatlich auferlegter Geldleistungspflichten eher die Regel als den „pathologischen“ Sonderfall. Wohl auch angesichts dessen fordert das Sondervotum Nieblers weiter, das Aufkommen der betroffenen Steuern müsse derart „erheblich gemindert“ werden, daß von einer „wesentlichen Erschütterung“ des finanzverfassungsrechtlichen Ertrags- und Verteilungssystems gesprochen werden könne.489 Die gewählte Begrifflichkeit macht sogleich die Schwierigkeit dieses Ansatzes erkennbar. Die Formulierung einer quantitativen Höchstgrenze, bei deren Überschreiten sich finanzielle Sonderlasten als verfassungswidrige Beeinträchtigungen der Kompetenzordnung und des Verteilungssystems der Finanzverfassung darstellen, kann kaum gelingen. Unbestimmte Begriffe wie „erheblich ausgehöhlt“ und „wesentlich erschüttert“, an die der Befund einer „Systemverschiebung“490 geknüpft wird, können beliebig ineinander überführt werden, solange keine konkreten Anhaltspunkte gefunden sind. Der Versuch, durch Verfassungsinterpretation eine exakte Grenze für den Eintritt einer Störungslage zu beziffern, bleibt als Heranziehen einer „gegriffenen Größe“ methodisch zweifelhaft und entbehrt der Grundlage im Grundgesetz. Unter den Bemühungen der Literatur in dieser Richtung findet sich kein Entwurf, dem es gelungen wäre, diese Schwierigkeit zu überwinden.491 Sofern die Annahme einer quantitativen Miß487 Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 i.V. m. § 4 Abs. 1, 3 und 4 EStG, auf die § 8 KStG insoweit verweist. 488 Hierzu H. Weber-Grellet, in: P. Kirchhof/H. Söhn/R. Mellinghoff (Hrsg.), Einkommensteuergesetz. Kommentar, § 4 Anm. D 130. 489 BVerfGE 55, 274 (347, 348). 490 So das Vorbringen der bayerischen Staatsregierung in ihrem Normenkontrollantrag zur Überprüfung der Berufsausbildungsabgabe, BVerfGE 55, 274 (285). 491 Vgl. etwa J. W. Hidien, DÖV 1997, S. 990 (994) (Eine „Systemverschiebung“ setze „i. d. R. ein beachtliches finanzwirtschaftliches Eingriffspotential voraus“; das Gleichgewicht sei „erschüttert“, wenn sich „erhebliche Abweichungen“ ermitteln lie-

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brauchsgrenze überhaupt einen gangbaren Weg darstellt, das Verteilungs- und Ausgleichsergebnis gem. Art. 106, 107 GG vor Beeinträchtigungen zu schützen, sollte auf diese Lösung nur als ultima ratio zurückgegriffen werden. Wie sehr auch das BVerfG dem Argument der „Systemverschiebung“ auf dem Gebiet des Finanzausgleichsrechts mißtraut, wird in der Entscheidung zur Versteigerung der UMTS-Lizenzen deutlich. Dort hatten die klagenden Länder ihr Verlangen, im Wege des Finanzausgleichs zumindest teilweise an den Versteigerungserlösen in Höhe von rund 99,4 Mrd. DM beteiligt zu werden, maßgeblich darauf gestützt, daß es infolge der Versteigerung zu empfindlichen Mindereinnahmen aus der Einkommen- und der Körperschaftsteuer komme.492 Der Zweite Senat beschränkte sich darauf, eine analoge Anwendung des Art. 106 Abs. 3 S. 1 und 2 GG auf nichtsteuerliche Einnahmen abzulehnen und den Ländern einen Anspruch auf Eintritt des Bundes in Verhandlungen über eine Umsatzsteuerneuverteilung gem. Art. 106 Abs. 4 GG zu versagen;493 auf die Minderung des Aufkommens der Einkommen- und der Körperschaftsteuer hingegen ging er nicht ein. Dies läßt den Schluß zu, daß sich nach Auffassung des BVerfG selbst im Falle erheblicher Beträge die Verfassungswidrigkeit einer nichtsteuerlichen Einnahme des Bundes nicht daraus herleiten läßt, daß diese zu Mindereinnahmen der Länder aus der Einkommen- und der Körperschaftsteuer führt. Hierfür spricht um so mehr, daß das BVerfG seinen Ausführungen den Hinweis anfügt, es könne der verfassungsändernde Gesetzgeber gefordert sein, wenn sich in Zukunft erweisen sollte, daß „neuartige Einnahmequellen mit bedeutsamen Erträgen das von Art. 106 GG zu Grunde gelegte Verteilungssystem sprengen“.494 II. Reaktion systemimmanenter Korrekturmechanismen des Finanzausgleichs Die dargestellte Forderung, zur Vermeidung einer „Systemverschiebung“ bedürfe es der Formulierung einer quantitativen Zulässigkeitsgrenze für finanzielle Sonderlasten, beruht auch auf der Vorstellung, der Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bilde ein geschlossenes System, welches aus sich heraus nicht auf Veränderungen der einnahmenwirtschaftlichen Verhältnisse reagieren könne. Bei genauerer Betrachtung trifft diese Vorstellung jedoch nicht zu. Denn das zentrale Schutzgut des Finanzausgleichs, die aufgabengerechte ßen.); in der Bewertung wie hier auch K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (106 f.); W. Köck, Die Sonderabgabe, 1991, S. 116; vgl. auch W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 119 ff. 492 BVerfGE 105, 185 (191). 493 BVerfG, a. a. O., S. 192 ff. 494 BVerfG, a. a. O., S. 194 f.

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und daher ausgabendeckende Ausstattung aller Gebietskörperschaften mit Finanzmitteln, wird bereits durch systemimmanente Vorkehrungen gegen Ungleichgewichte – auch solche infolge des vermehrten Einsatzes finanzieller Sonderlasten – geschützt. Soweit Art. 106 GG die Ertragskompetenzen für Steuern den verschiedenen Gebietskörperschaften zuweist, handelt es sich bei dieser Kompetenzordnung um ein austariertes System, welches zum Schutz gegen Störungen klarer Verfassungsmaßstäbe an neu hinzutretende Geldleistungspflichten bedarf. Diese findet es in den Kriterien der Übergriffsdogmatik, die es ermöglichen, Übergriffe einer Gebietskörperschaft in Steuerertragskompetenzen einer anderen festzustellen und die möglicherweise unzulässige Intensität dieser Kompetenzübergriffe zu ermitteln. Läßt sich hingegen eine hohe strukturelle Ähnlichkeit einer finanziellen Sonderlast mit einer Steuer nicht feststellen und kann, wie gesehen, eine verfassungsgesetzlich fundierte und infolgedessen justitiable verfassungsrechtliche Obergrenze für die – insbesondere kumulative – Belastungswirkung solcher Sonderlasten kaum formuliert werden, so ist das im Grundgesetz vorgesehene Instrument zur Vermeidung eines Ungleichgewichtes die Anpassung der Finanzflüsse. Anders als die kompetenzrechtlich festgelegten Elemente der Steuerertragsverteilung495 bildet der Finanzausgleich im engeren Sinne kein statisches System. Er enthält an mehreren Stellen Regulative, die eine Anpassung der Mittelverteilung an veränderte Umstände zulassen. Gemäß Art. 106 Abs. 4 S. 1 GG sind die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder „wesentlich anders entwickelt“. Die Umsatzsteuerneuverteilung verleiht die Möglichkeit, Veränderungen der Finanzausstattung im „vertikalen“ Vergleich von Bund und Ländern mit zu vollziehen und zu korrigieren. Das flexible Element des primären horizontalen Finanzausgleiches enthält Art. 107 Abs. 1 S. 4 2. Hs. GG, demgemäß in begrenztem Umfang Ergänzungsanteile am Aufkommen der Umsatzsteuer für solche Länder vorgesehen werden können, deren Einnahmen aus den Landessteuern, der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer unter dem Länderdurchschnitt liegen. Schließlich beauftragt Art. 107 Abs. 2 S. 1 GG den Gesetzgeber, Unterschiede in der Finanzkraft der Länder angemessen auszugleichen. Dieser Ausgleich kann mittels Ausgleichszahlungen zwischen den Ländern, Art. 107 Abs. 2 S. 1, 2 GG, sowie durch Ergänzungszuweisungen des Bundes gem. Art. 107 Abs. 2 S. 3 GG erzielt werden. 495 Die in Art. 106 Abs. 4 GG vorgesehene Neuverteilung des Umsatzsteueraufkommens öffnet das ansonsten statische System der Ertragsverteilung für die Anpassung an veränderte Umstände, dazu sogleich im Text.

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Neben den methodischen Unzulänglichkeiten des Versuchs, aus dem Finanzausgleich „als Gesamtsystem“ eine quantitative Grenze für den Einsatz finanzieller Sonderlasten abzuleiten, besteht für ein solches Vorgehen schon kein Bedürfnis, wenn die genannten flexiblen Elemente des Finanzausgleichs in der Lage sind, auf den zunehmenden Einsatz nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu reagieren.496 Dieser Frage wird im folgenden für abgabenähnliche Vergütungsregelungen nachgegangen. Da es sich bislang bei den „Quersubventionen“, durch die erhebliche Finanzvolumina transferiert werden, um Regelungen des Bundesgesetzgebers handelt, werden lediglich die ausgleichsrechtlichen Reaktionsmöglichkeiten auf Preisinterventionen des Bundes betrachtet. Ist ein hohes Maß struktureller Übereinstimmung zwischen Entgeltregelungen des Bundes und Steuern, an deren Ertrag auch die Länder berechtigt sind, nicht nachzuweisen, steht aber gleichzeitig fest, daß mit dem Einsatz der Preisregelung Steuerertragsminderungen zu Lasten der Länder verbunden sind, so kommen folgende finanzausgleichsrechtlichen Regulative in Betracht: Die Zuweisung von Ergänzungsanteilen gem. Art. 107 Abs. 1 S. 4 2. Hs. GG sowie Bundesergänzungszuweisungen gem. Art. 107 Abs. 2 S. 3 GG würden voraussetzen, daß eine abgabenähnliche Preisintervention unterschiedliche Auswirkungen auf die Einnahmen der verschiedenen Länder aus Landessteuern, der Einkommenund der Körperschaftsteuer – vgl. Art. 107 Abs. 1 S. 4 2. Hs. GG – und die „Finanzkraft“ der Länder im Sinne von Art. 107 Abs. 2 S. 1 GG entfaltet. Tatsächlich ist eher davon auszugehen, daß durch eine Zwangsvergütung das finanzwirtschaftliche Handlungspotential des Bundes gemehrt wird, die Steueraufkommen der Länder sich jedoch – sofern sie überhaupt sinken – weitgehend einheitlich, also ohne erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern, verringern. Ein geeignetes Korrektiv der einnahmenwirtschaftlichen Auswirkungen bundesrechtlicher Preisinterventionen stände daher allein in Form der Umsatzsteuerrevision gem. Art. 106 Abs. 4 S. 1 GG zur Verfügung. Da die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer neu festzusetzen sind, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des 496 Zutreffend weist Karl Heinrich Friauf (Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (107)) für Sonderabgaben darauf hin, die Auferlegung finanzieller Sonderlasten „praeter constitutionem“ könne nicht allein deshalb geduldet werden, weil deren Finanzvolumina bei der Neuverteilung der Gemeinschaftsteuern und der Bemessung des Finanzausgleichs zu berücksichtigen seien; hierdurch werde „das Rangverhältnis zwischen der (prinzipalen) verfassungskräftigen Steuerverteilung und der (lediglich subsidiären) Regelung über die Neufestsetzung und den Finanzausgleich verkannt.“ Die hier gewählte Vorgehensweise stimmt mit dem Urteil Friaufs überein, da nur für solche Sonderlasten nach einer Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen der Umsatzsteuerrevision gefragt wird, für die bereits feststeht, daß von ihnen keine unzulässigen Übergriffe in konkrete Steuerertragskompetenzen einer anderen Gebietskörperschaft ausgehen.

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Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt, Art. 106 Abs. 4 S. 1 1. Hs. GG, liegen die Voraussetzungen einer Umsatzsteuerrevision bereits dann vor, wenn aufgrund bundesrechtlicher Entgeltregulierung erhebliche Einnahmenverluste auf Seiten der Länder zu verzeichnen sind. Um den Umfang festzustellen, in dem eine Umsatzsteuerrevision infolge bundesrechtlicher Preisintervention erforderlich würde, genügt es jedoch nicht, allein die Aufkommensminderungen auf Länderseite zu berücksichtigen. Denn gem. Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG ist bei der Festsetzung der Umsatzsteueranteile von Bund und Ländern davon auszugehen, daß Bund und Länder „[i]m Rahmen der laufenden Einnahmen“ gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben haben. Das Ausmaß, in dem sich Preisregelungen auf die Deckungsquoten von Bund und Ländern auswirken, wird daher nur dann vollständig erfaßt, wenn bei der Berechnung der Deckungsquoten auch das finanzwirtschaftliche Handlungsvermögen, welches der Bund durch den Einsatz einer abgabenähnlichen Vergütungspflicht hinzugewinnt, als „laufende Einnahmen“ berücksichtigt wird. Ob das Finanzausgleichssystem der Art. 106 und 107 GG in der Lage ist, von sich aus auf mögliche Ungleichgewichte durch Preisregelungen des Bundes zu reagieren, hängt somit davon ab, ob diese Geldleistungspflichten – jedenfalls bei materieller Betrachtung – als „laufende Einnahmen“ im Sinne von Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG berücksichtigungsfähig sind. III. Finanzausgleichsrechtliche Relevanz der Referenzregelungen Bevor diese Berücksichtigungsfähigkeit abgabenäquivalenter Preisregelungen untersucht wird, ist zu sehen, ob den Transfervolumina der Referenzregelungen überhaupt ein Umfang zukommt, aufgrund dessen sie innerhalb des Systems des Finanzausgleichs nach Art. 106 und 107 GG relevant werden. Für alle Arten von Einnahmen gilt, daß sie dann aus der Deckungsquotenberechnung des Art. 106 Abs. 3 S. 4 GG ausgeklammert werden können, wenn ihr Aufkommen zu gering ist, um verteilungsrelevant wirken zu können.497 Hiervon könnte für die Referenzregelungen aber nur dann ausgegangen werden, wenn der Umfang ihrer Transfervolumina nicht das Erfordernis einer „wesentlichen“ Veränderung der Deckungsquote, wie sie Art. 106 Abs. 4 S. 1 1. Hs. GG für eine Umsatzsteuerrevision voraussetzt, erfüllen. Mit dem Erfordernis einer „wesentlich“ anderen Entwicklung des Verhältnisses von Einnahmen und Ausgaben verwendet Art. 106 Abs. 4 S. 1 GG einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Literatur hat den Begriff der Wesentlichkeit dahin zu präzisieren versucht, die Veränderung müsse von solchem Gewicht sein, daß von den betroffenen Gebietskörperschaf497 J. W. Hidien, Die Verteilung der Umsatzsteuer, 1998, S. 256; ähnlich P. Kirchhof, Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich, 1982, S. 96 (dort zur Berücksichtigung von Sonderabgaben bei der Bestimmung von „Finanzkraft“ i. S. d. Art. 107 Abs. 2 S. 1 GG).

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ten nicht erwartet werden könne, sich im Wege der Selbsthilfe auf die veränderte Lage einzustellen.498 Zur Quantifizierung dieser Wesentlichkeitsschwelle wird im Schrifttum in der Regel auf die Überschreitung von einem Prozent des Umsatzsteueraufkommens abgestellt.499 Die neuere Staatspraxis hat die Umsatzsteuerverteilung jedoch schon bei deutlich geringeren prozentualen Änderungen der Deckungsquoten neu festgesetzt.500 Der Umfang abgabenäquivalenter Finanztransfers wurde bereits als Indiz einer planmäßigen Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die Einnahmenwirtschaft betrachtet,501 dabei wurde der Maßstab der „wesentlich“ anderen Entwicklung, konkretisiert durch die Größe von einem Prozent des Umsatzsteueraufkommens – 1,08 Mrd. Euro im Jahr 2005502–, als Richtwert herangezogen. Es zeigte sich, daß die Finanzierungswirkung der Stromeinspeisungsregelung und des Arbeitgeberzuschusses diesen Betrag übersteigen, so daß auch ihre Relevanz für das Verteilungsergebnis des Finanzausgleichs außer Zweifel steht. Da der Herstellerabschlag gem. § 130a Abs. 1 S. 1 SGB V, der im Jahr 2005 Einsparungen in Höhe von 520 Mio. Euro ermöglichte503, hinter dieser Finanzierungswirkung zurückbleibt, erscheint er auf dem Boden der genannten Literaturauffassung finanzausgleichsrechtlich unerheblich. IV. Berücksichtigungsfähigkeit abgabenäquivalenter Preisinterventionen als „laufende Einnahmen“ im Rahmen einer Umsatzsteuerrevision Einer Erfassung von Preisinterventionen des Bundes im Rahmen einer Neuverteilung des Umsatzsteueraufkommens scheint auf den ersten Blick entgegenzustehen, daß Vergütungspflichten, deren Finanzvolumina nicht einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zufließen, keine Einnahmen im Sinne des Finanzverfassungsrechts darstellen. Gleichwohl wurde gesehen, daß fördernde 498

J. W. Hidien, in: Bonner Kommentar, Art. 106 Rn. 980. Vgl. T. Maunz, in: ders./G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 106 Rn. 65 (Maunz stellt heraus, es könne durchaus auch bei Verschiebungen geringeren Umfang eine „wesentlich“ andere Entwicklung festzustellen sein.); Sachverständigenkommission Umsatzsteuerverteilung, Verteilung der Umsatzsteuer, 1981, Tz. 169; J. W. Hidien, Die Verteilung der Umsatzsteuer, 1998, S. 352. – Die Ausführungen von Maunz und Hidien lassen sich dabei auch so verstehen, die Änderung der Deckungsquoten müsse zu einer Anpassung der Umsatzsteueranteile in Höhe von mindestens einem Prozent des Umsatzsteueraufkommens führen, siehe hierzu bereits oben § 10 C I 4. 500 Vgl. nur § 1 FAG. 501 Siehe oben § 10 C I 4; zur SER § 10 C II 1 d); für den Herstellerabschlag gem. § 130a Abs. 1 S. 1 SGB V § 10 C II 2 d); zum Arbeitgeberzuschuß § 10 C II 3 d). 502 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch 2006, 2006, S. 576 (Tab. 23.4.1). 503 Vgl. K. Nink/H. Schröder, Ergänzende Statistische Übersicht, in: U. Schwabe/ D. Paffrath (Hrsg.), Arzneiverordnungs-Report 2006, 2006, S. 981 (987) (Tab. 51.1). 499

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Vergütungsregelungen angesichts ihrer vom Gesetzgeber bezweckten Belastungs- und Aufkommenswirkung der Begrenzung durch finanzverfassungsrechtliche Maßstäbe bedürfen. Dabei ist freilich darauf zu achten, daß an Preisbestimmungen nicht Anforderungen des Finanzverfassungsrechts gestellt werden, die selbst nach ihrem Schutzzweck nur auf Einnahmen im formellen Sinne angewandt werden dürfen. Die Gefahr, einnahmenwirksame Sachregelungen durch Anlegung unangemessener finanzverfassungsrechtlicher Anforderungen gleichsam zu „überfordern“, besteht nicht, sofern solche Regelungen allein auf die Intensität ihrer Übergriffswirkung in Gesetzgebungs- und Ertragskompetenzen für Steuern untersucht werden. Denn bei dieser Vorgehensweise eröffnet der Befund der Einnahmenwirksamkeit lediglich die Prüfung anhand verschiedener Übergriffskriterien, einer Prüfung, die durchaus – wie auch für die Referenzregelungen zum Teil gesehen wurde – zu dem Ergebnis der Verfassungsmäßigkeit einer Regelung gelangen kann.504 Unmittelbare Rechtsfolgen knüpfen sich an den Befund der Einnahmenwirksamkeit bei diesem Vorgehen also nicht. Wird der Befund der Einnahmenwirksamkeit hingegen der Betrachtung zugrunde gelegt, ob Preisinterventionen als „laufende Einnahmen“ im Sinne von Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG zu berücksichtigen sind, so könnte dies weiterreichende finanzverfassungsrechtliche Folgen haben. Da der Begriff der „laufenden“ Einnahme keine erheblich höheren und erweiterten Anforderungen an eine Geldleistungspflicht stellt als der Begriff der Einnahme, würden, legte man der Subsumtion unter Art. 106 Abs. 3 S. 4 GG den Befund der Einnahmenwirksamkeit ohne zusätzliche Erfordernisse zugrunde, nahezu alle einnahmenwirksamen Sachregelungen mit einem Mal auch bei der Deckungsquotenberechnung der Umsatzsteuerrevision relevant. Die Funktion des Tatbestandes der Einnahmenwirksamkeit, lediglich einen erweiterten Kreis finanzstaatlicher Handlungsformen einer Kontrolle an Maßstäben der Finanzverfassung zugänglich zu machen, würde hierdurch überdehnt. Daher sind bei der weiteren Subsumtion unter den Begriff der „laufenden Einnahme“ nur solche einnahmenwirksamen Sachregelungen zu berücksichtigen, von denen aufgrund ihrer Wirkungsweise feststeht, daß sie zu Steuerertragsminderungen für die Länder führen.505 Einbußen der Länder bei den Steuereinnahmen müssen nachzuweisen und zudem einer bestimmten einnahmenwirksamen Sachregelung, von der sie ausgehen, zuzurechnen sein.

504

Siehe hierzu bereits oben § 10 D I. Auch in der Lit. werden Steuerertragsminderungen zu Lasten der Länder als notwendige Voraussetzung einer „Störung“ des Finanzausgleichssystems durch finanzielle Sonderlasten angesehen, vgl. J. W. Hidien, DÖV 1997, S. 990 (994); W. Köck, Die Sonderabgabe, 1991, S. 116; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 119 ff.; BVerfGE 55, 274 (346 ff.) (Sondervotum Niebler); vgl. auch K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS für Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (106 f.). 505

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Unter dieser Voraussetzung jedoch können einnahmenwirksame Regelungen den Einnahmen zum Zwecke einer weiteren Subsumtion unter die Merkmale des Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG gleichgestellt werden. Zweck der Umsatzsteuerrevision ist es, das ausgleichsrechtliche Ziel einer aufgabengerechten Finanzausstattung von Bund und Ländern dadurch zu verwirklichen, daß die Steuerertragsverteilung bei entsprechendem Bedarf dem veränderten Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben auf Seiten des Bundes oder der Länder angepaßt wird. Setzt der Bundesgesetzgeber Entgeltregelungen ein, die zu Steuerertragsminderungen für die Länder führen, so beeinflußt er hierdurch die Deckungsquote der Länder negativ. Zugleich gewinnt er die Möglichkeit, öffentliche Aufgaben ohne eigene finanzielle Aufwendungen wahrzunehmen. Werden infolgedessen Haushaltsmittel, aus denen eine nunmehr „quersubventionierte“ Aufgabe bislang finanziert wurde, funktionell ersetzt, so verbessert der Bund hierdurch seine Ausgabensituation. Wurde die betreffende öffentliche Aufgabe zuvor nicht wahrgenommen, so wird es dem Bund möglich, sein Aufgabenspektrum haushaltsneutral zu erweitern. In diesem Fall weist die Deckungsquote des Bundes keine Veränderungen auf, obwohl der Kreis der wahrgenommenen Aufgaben vergrößert werden konnte. Dieser Umstand veranschaulicht, daß das System des Finanzausgleichs auf einem Bestand staatlicher Aufgaben aufbaut, zu dessen Umfang jedoch keine Aussagen trifft.506 Indem Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG den laufenden Einnahmen die „notwendigen“ Ausgaben und hierdurch mittelbar den Tatbestand der notwendigen Aufgabe507 gegenüberstellt, gibt die Finanzverfassung allerdings zu erkennen, daß eine Gebietskörperschaft grundsätzlich nicht die Möglichkeit haben soll, ihr Aufgabenspektrum zu den finanziellen Lasten anderer Glieder des Bundesstaats zu erweitern. Da Zwangsvergütungen somit aufgrund ihrer Einnahmenwirksamkeit für das Verhältnis zwischen den Einnahmen und den Ausgaben eines Verbandes von Relevanz sind, müssen sie – unter der genannten zusätzlichen Anforderung – bei der weiteren Subsumtion unter den Begriff der laufenden Einnahmen den Einnahmen im formellen Sinne gleichgestellt werden. Der Begriff der „laufenden“ Einnahmen stellt über den Einnahmencharakter eines Finanzvolumens hinaus weitere Anforderungen. Er zählt zu denjenigen Maßstäben des Finanzausgleichsrechts, deren Konkretisierung das BVerfG dem Gesetzgeber in seiner vierten Entscheidung zum Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern aufgegeben hat.508 Eine nähere Inhaltsbestimmung des Begriffs der „laufenden Einnahmen“ war zwar in § 4 des Regierungsentwurfs zum Maßstäbegesetz enthalten, trat jedoch schließlich nicht in Kraft.509 Da eine ge506

Siehe hierzu bereits oben § 11 B I 2. Zu diesem S. Korioth, Der Finanzausgleich, 1997, S. 489; K.-A. Schwarz, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 106 Rn. 79 f. 508 Vgl. BVerfGE 101, 158 (215) – Finanzausgleich IV. 509 Vgl. den Entwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/5951, S. 5, 18 f. 507

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setzliche Begriffsbestimmung weiterhin fehlt, wird für die tatbestandlichen Anforderungen des Begriffs auf die Klärungen durch Verfassungsrechtsprechung und Schrifttum zurückgegriffen. Aus dem Wortlaut der Bestimmung („laufenden“) sowie aus ihrem Zweck, das Umsatzsteueraufkommen möglichst dauerhaft zwischen den Gebietskörperschaften zu verteilen, ergibt sich, daß nur Vermögenszuwächse von einer gewissen Kontinuität erfaßt sind.510 Weiterhin sind laufende Einnahmen nur solche, die dem vereinnahmenden Gemeinwesen endgültig verbleiben.511 Beide Merkmale werden – bei materieller Betrachtung – von abgabenähnlichen Preisbestimmungen erfüllt. Diese Geldleistungspflichten werden nicht einmalig oder nur vereinzelt, sondern permanent auferlegt. Auch ihre Aufkommenswirkung für die regelnde Körperschaft ist nicht bloß vorübergehend. Schließlich werden nur solche Finanzvolumina als laufende Einnahmen anerkannt, durch die die finanzwirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten des Verbandes gemehrt werden. Die Literatur spricht davon, zu einem Zufluß von Geldmitteln als Grundlage des Einnahmenbegriffs müsse für den Begriff der laufenden Einnahme noch ein Zuwachs an finanzwirtschaftlichem Handlungspotential hinzutreten mit der Folge, daß nur „erfolgswirksame“ Einnahmen unter Art. 106 Abs. 3 S. 4 GG fielen.512 Ob ein solcher Zuwachs an Handlungspotential und damit eine laufende Einnahme i. S. v. Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG gegeben sei, bestimme sich im Wege einer Saldierung von Bruttoeinnahmen und etwaigen konnexen Ausgabenposten, wobei zwischen Einnahme und Ausgabe ein „hinreichend enger finanzwirtschaftlicher Zusammenhang“ existieren müsse.513 Ganz ähnlich geht auch das BVerfG bei der Auslegung des Begriffs der laufenden Einnahmen vermehrt zu einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise über, bei der es darauf abstellt, ob eine Einnahme die Körperschaft zu haushaltspolitischen Gestaltungen befähigt und dabei ihren haushaltswirtschaftlichen Gestaltungsspielraum erweitert.514 Die Steigerung der finanziellen Leistungsfähigkeit wird somit als Erweiterung der haushaltspolitischen Gestaltungsmöglichkeiten des Verbandes verstanden. Daran fehlt es nach Auffassung des Gerichts 510 M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 106 Rn. 34; T. Maunz, in: ders./G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 106 Rn. 45; K.-A. Schwarz, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 106 Rn. 72. 511 K. M. Hettlage, Die Revisionsklausel in der Finanzverfassung, in: FS f. Theodor Maunz, 1981, S. 119 (128 f.); T. Maunz, in: ders./G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 106 Rn. 47. 512 J. W. Hidien, Die Verteilung der Umsatzsteuer, 1998, S. 241 ff.; P. Kirchhof, Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich, 1982, S. 43 f. (zu dem parallel auszulegenden Begriff der Finanzkraft in Art. 107 Abs. 2 GG); S. Korioth, Der Finanzausgleich, 1997, S. 554. 513 J. W. Hidien, in: Bonner Kommentar, Art. 106 Rn. 869. 514 BVerfGE 101, 158 (222 f.) – Finanzausgleich IV; vgl. auch E 86, 148 (226) – Finanzausgleich III.

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bei Einnahmen, die als Entgelte oder entgeltähnliche Abgaben lediglich Leistungen des Staates ausgleichen.515 Ob fördernde Vergütungsregelungen das Merkmal der Erfolgswirksamkeit erfüllen, ließe sich deshalb in Frage stellen, weil der Zugewinn an finanzwirtschaftlichem Handlungsvermögen, den der handelnde Verband durch die Möglichkeit zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben ohne Belastung des eigenen Haushalts erfährt, von vornherein mit der Bindung des Transfervolumens für einen bestimmten Verwendungszweck einhergeht. Durch die Festlegung des Zuwendungsempfängers – beispielsweise des Einspeisers von Strom aus erneuerbaren Energieträgern – wird der Verwendungszweck des hinzugewonnenen Handlungsvermögens – die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung – zugleich mitbestimmt. Es muß jedoch darauf acht gelegt werden, die Erfolgswirksamkeit im Sinne einer Steigerung des finanzwirtschaftlichen Handlungsvermögens einer Körperschaft nicht mit der freien Verfügbarkeit einer Einnahme für den Haushaltsgesetzgeber gleichzusetzen. Daß letztere im Falle eines „quersubventionierenden“ Finanztransfers nicht gegeben sein kann, liegt angesichts der Funktionsweise dieses Finanzierungsinstrumentes auf der Hand. Nicht auf die Erfolgswirksamkeit, sondern auf die freie Verfügbarkeit einer Einnahme für den Haushaltsgesetzgeber stellt eine Ansicht im Schrifttum ab, die nur „fungible“ Einnahmen als laufende Einnahmen im Sinne des Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG anerkennt.516 Fungibel ist eine Einnahme nach dieser Auffassung, wenn über sie „nicht bereits bei ihrem Eingang rechtlich oder zumindest betriebswirtschaftlich verfügt worden ist.“517 An der Fungibilität fehle es insbesondere dann, wenn die Einnahme – wie die Sonderabgabe – einer rechtlichen Zweckbindung unterworfen ist oder sich eine solche – wie bei den Vorzugslasten, die dem Ausgleich eines hoheitlichen Sonderaufwandes dienen – aufgrund betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge ergebe.518 Ähnlich wie für die Sonderabgabe führt die Fungibilitätslehre für Preisinterventionen dazu, daß aufgrund der faktischen Zweckbindung des Transfervolumens eine Mehrung des finanzwirtschaftlichen Handlungsvermögens der Körperschaft – und damit eine laufende Einnahme – abzulehnen wäre. Zu Recht wird das Kriterium der Fungibilität dahin kritisiert, es stelle die Deckungsquotenberechnung in das Belieben der jeweiligen Körperschaft, die sich für einen vermehrten Einsatz zweckgebundener oder entgeltender Geldlei515

BVerfGE 101, 158 (223). G. Kisker, Der bergrechtliche Förderzins, 1983, S. 21, 39, 42; W. Köck, Die Sonderabgabe, 1991, S. 109 f.; W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 120 f. 517 G. Kisker, Der bergrechtliche Förderzins, 1983, S. 39. 518 G. Kisker, a. a. O., S. 21. 516

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stungspflichten entscheide. Da der Gesetzgeber eines Verbandes durch eine entsprechende Ausgestaltung des einnahmenbegründenden Gesetzes bei nahezu jeder Einnahmenart Aufgabenbezüge herstellen könne, sei er bei einer Auslegung des Begriffs der laufenden Einnahme im Sinne der Fungibilität in der Lage, mittels einfachgesetzlicher Zweckbindung über die Verteilungsvorgaben der Finanzquoten zu disponieren; folglich würden diese anfällig für die finanzpolitischen Strategien der beteiligten Körperschaften.519 Gegen das Fungibilitätsverständnis wendet sich auch die Sachverständigenkommission Umsatzsteuerverteilung in ihrem Gutachten aus dem Jahr 1981. Die Kommission definiert den Begriff der laufenden Einnahme als „Zufluß an Geld und geldwerten Gütern, der die Finanzkraft des empfangenden Gemeinwesens in dem Sinne verstärkt, daß dieses über Beträge disponieren kann oder bereits vorwegnehmend disponiert hat.“520 Bemerkenswert an dieser Definition ist insbesondere, daß sie – im Gegensatz zur Fungibilitätslehre – nicht die freie Verwendungsentscheidung des Haushaltsgesetzgebers zur maßgeblichen Voraussetzung einer laufenden Einnahme erklärt, sondern statt dessen die Zweckbindung infolge antizipierter Disposition des Steuer- oder Sachgesetzgebers der freien Disposition des Haushaltsgesetzgebers über eine Einnahme gleichstellt. Sonderabgaben, die eine vergleichbare Zweckbindung mit sich bringen wie Entgeltregelungen, zählen der Kommission zufolge „unzweifelhaft“ zu den laufenden Einnahmen.521 Der Sachgesetzgeber habe bereits mit der Zweckbindung des Abgabenaufkommens von seiner Dispositionsbefugnis Gebrauch gemacht, so daß die Gebundenheit des Haushaltsgesetzgebers es nicht rechtfertige, Sonderabgaben die Eigenschaft als laufende Einnahme abzusprechen.522 Die Berücksichtigung von Sonderabgaben im Rahmen der Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG, der die Literatur ganz überwiegend zustimmt,523 beruht damit auf dem Gedanken, daß jede Körperschaft sich die vorweggenommene Zweckbestimmung des Gesetzgebers über hinzugewonnenes finanzwirtschaftliches Handlungspotential bei der Auferlegung von Sonderlasten zurechnen lassen muß. Nach dieser Sicht liegt die Erfolgswirksamkeit einer Einnahme nicht allein in der Mehrung haushaltspolitischer Gestal519 Sachverständigenkommission Umsatzsteuerverteilung, Verteilung der Umsatzsteuer, 1981, Tz. 134; J. W. Hidien, Handbuch Länderfinanzausgleich, 1999, S. 99. 520 Sachverständigenkommission Umsatzsteuerverteilung, a. a. O., Tz. 127 (Hervorhebung nicht im Original). 521 Sachverständigenkommission Umsatzsteuerverteilung, a. a. O., Tz. 135. 522 Sachverständigenkommission Umsatzsteuerverteilung, a. a. O., Tz. 152 (dort mit Bezug auf die Organisation von Sonderabgaben in rechtlich verselbständigten Fonds). 523 Vgl. J. W. Hidien, Die Verteilung der Umsatzsteuer, S. 255; P. Kirchhof, Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 (676) („selbst ertragsfähig und muß deshalb auch als Ertragsquelle verfassungsrechtlich gebunden werden“); vgl. ferner ohne Begründung T. Maunz, in: ders./G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 106 Rn. 45; vgl. auch H.-G. Henneke, Öffentliches Finanzwesen, 2. Aufl., 2000, Rn. 725; K.-A. Schwarz, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 106 Rn. 73.

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tungsmöglichkeiten, sondern umfassender in dem erweiterten finanzwirtschaftlichen Handlungsvermögen des Verbandes, welches sich nicht nur in Verwendungsentscheidungen des Haushaltsgesetzgebers, sondern auch in solchen des Steuer- oder Sachgesetzgebers manifestiert. Gleiches muß für die Beurteilung abgabenähnlicher Vergütungsregelungen gelten: Nimmt der Sachgesetzgeber wirtschaftliches Handlungspotential Privater in Anspruch, um durch Veranlassung direkter Finanztransfers eine andere Personengruppe finanziell zu fördern, so erweitert er hierdurch das finanzwirtschaftliche Handlungsvermögen des Verbandes, ohne daß es darauf ankommt, daß schon durch die Ausgestaltung des Pflichtentatbestandes der Entgeltregelung von vornherein feststeht, zu welchem Zweck sich der Gesetzgeber des hinzugewonnenen Handlungspotentials wieder entäußern wird. Zwangsvergütungen sind folglich für den Verband, der sich ihrer bedient, „erfolgswirksam“. Da Preisinterventionen auch die zuvor betrachteten Voraussetzungen des Begriffs der laufenden Einnahme erfüllen, sind sie – stellt man die Einnahmenwirksamkeit in bestimmten Fällen dem Einnahmencharakter gleich – im Rahmen der Deckungsquotenberechnung nach Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG berücksichtigungsfähig.

V. Ergebnis: Störungen des Finanzausgleichs als Gesamtsystem durch abgabenäquivalente Vergütungsregelungen Ist ein Übergriff in eine konkrete Steuerertragskompetenz eines anderen Verbandes nicht nachzuweisen, so stellt sich die Frage, ob hoheitlich auferlegte Vergütungspflichten, die häufig mit anderen nichtsteuerlichen Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben zusammentreffen, das Gesamtsystem des bundesstaatlichen Finanzausgleichs stören können. Entgegen entsprechenden Vorschlägen in Rechtsprechung und Literatur bildet die Formulierung einer quantitativen Obergrenze, bei deren Überschreiten nichtsteuerliche Finanzierungspflichten das System des Finanzausgleichs „aushöhlen“, keine befriedigende Lösung. Die grundgesetzlich vorgesehene Reaktion auf Veränderungen der einnahmen- und ausgabenwirtschaftlichen Verhältnisse von Bund und Ländern ist die Anpassung der Finanzflüsse, durch die eine aufgabengerechte Finanzausstattung aller Gebietskörperschaften wieder gewährleistet wird. Führen Preisinterventionen des Bundes zu Steuerertragsminderungen auf Seiten der Länder, so kommt eine Berücksichtigung dieser Maßnahmen im Rahmen einer Umsatzsteuerrevision gem. Art. 106 Abs. 4 S. 1 GG in Betracht. Stellt man abgabenäquivalente Finanztransfers, mit denen Steuerertragsminderungen zu Lasten der Länder einhergehen, aufgrund ihrer Einnahmenwirksamkeit Staatseinnahmen im formellen Sinne gleich, so erfüllen sie bei materieller Betrachtung alle Voraussetzungen einer „laufenden Einnahme“ im Sinne von Art. 106 Abs. 3

§ 12 Übergriff in Steuerverwaltungskompetenzen

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S. 4 Nr. 1 GG. Auch die Transfervolumina der betrachteten Referenzregelungen weisen überwiegend einen Umfang auf, der sie ausgleichsrechtlich relevant erscheinen läßt. Ob die Länder infolge des Einsatzes dieser Vergütungsregelungen einen Anspruch auf Eintritt des Bundes in Verhandlungen über eine Neufestsetzung der Umsatzsteueranteile haben, hängt allerdings auch davon ab, ob die Steuerertragsminderungen, zu denen diese Finanzierungspflichten auf Seiten der Länder führen, erheblich sind.

§ 12 Übergriff in Steuerverwaltungskompetenzen Neben den Gesetzgebungs- und Ertragskompetenzen der Art. 105, 106 GG gründet die Besteuerungsgewalt nach dem Grundgesetz auch auf der Anordnung besonderer Steuerverwaltungskompetenzen durch Art. 108 GG. Art. 108 Abs. 1 bis 4 GG weisen die Verwaltungskompetenzen für bestimmte Steuerarten Bund und Ländern zu und verdrängen hierdurch die Regelungen der Art. 83 ff. GG.524 Aufgrund ihrer Einnahmenwirksamkeit begründen Preisregelungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben auch Kompetenzübergriffe in Steuerverwaltungskompetenzen.525 Nach dem grundgesetzlich vorgesehenen Regelbild der Staatsfinanzierung werden Deckungsmittel zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben im Wege der Besteuerung erzielt, die Steuergesetze dabei von der durch Art. 108 GG legitimierten Steuerverwaltung vollzogen. Diesem Vollzug durch eine spezialisierte Verwaltung eignet ein rechtsstaatlicher, insbesondere grundrechtsschützender Gehalt. So sind die Verfahrensvorschriften und Rechtmäßigkeitsmaßstäbe für das Handeln der Steuerverwaltung auf deren Funktion abgestimmt, Geldleistungspflichten zur Erzielung von Staatseinnahmen zu vollziehen.526 Solche funktionsspezifischen Maßstäbe bestehen etwa in Form von Regelungen über die Veranlagung des Steuerpflichtigen, die vorausgehende Tatsachenermittlung und den Geheimnisschutz. Einnahmenwirksame Sachregelungen tragen – entsprechend der Intensität ihrer Übergriffswirkung – zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben bei, werden jedoch nicht durch die Steuerverwaltung, sondern – wie beispielsweise nichtsteuerliche Abgaben – von der durch Art. 83 ff. GG legitimierten Fachverwaltung vollzogen oder bedürfen – wie Vergütungsregelungen – gar keines Vollzuges, weil der Finanztransfer unmittelbar zwischen den beteiligten Perso524 V. Schlette, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 108 Rn. 13; R. Seer, in: Bonner Kommentar, Art. 108 Rn. 30. 525 Zur Übergriffswirkung von Sonderabgaben in die Ordnung der Steuerverwaltungskompetenzen vgl. W. Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 130 f. 526 Hierzu und zum folgenden H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 374; vgl. auch P. Kirchhof, JZ 1979, S. 153 (156).

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nengruppen zustande kommt. Folglich können auch die Schutzzwecke eines Gesetzesvollzugs durch eine funktionell spezialisierte Verwaltung nicht verwirklicht werden. Trotz dieses Befundes kann auf eine eingehende Untersuchung der Übergriffsqualität von Preisinterventionen in Steuerverwaltungskompetenzen verzichtet werden. Der Vollzug der Steuergesetze durch die Finanzverwaltung zielt darauf, die Belastungsentscheidung des Gesetzgebers in einer die Verhältnismäßigkeit und das Gleichmaß der Besteuerung wahrenden Weise zu konkretisieren und umzusetzen. Die Schutzzwecke der Steuerverwaltungskompetenzen und der an ihre Ausübung geknüpften Rechtmäßigkeitsanforderungen erscheinen damit gleichsam als rechtsstaatliche „Verlängerung“ einer grundrechtsschonenden Steuergesetzgebung in das Vollzugsstadium hinein. Vergleicht man hiermit die Situation der Vergütungsregelungen, so bedürfen diese aufgrund ihrer besonderen Regelungstechnik keines Vollzugs durch Verwaltungsbehörden. Der Sachgesetzgeber nimmt durch den Einsatz von Preisbestimmungen für sich in Anspruch, die finanzielle Belastung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben allein durch eine entsprechende Ausgestaltung des Pflichtentatbestandes in grundrechtsschonender, also verhältnismäßiger und das Prinzip der Lastengleichheit wahrender Weise aufzuerlegen. Erweist sich dieser Versuch in rechtsstaatlicher oder grundrechtsschonender Hinsicht als unzureichend, so ist dieses Defizit unmittelbare Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, die finanzielle Belastung im Wege einer Sachregelung an Stelle eines Steuergesetzes zu überbringen. Die Entwertung von Schutzzwecken tritt damit auf der Ebene des Übergriffs zwischen Sach- und Steuergesetzgebungskompetenzen ein. Die Bestimmung des eigenständigen Übergriffsgehalts einer einnahmenwirksamen Sachregelung in Steuerverwaltungskompetenzen erscheint damit zwar – durch Entwicklung geeigneter Intensitätskriterien – möglich, neben der Bestimmung der Übergriffswirkung in Steuergesetzgebungskompetenzen jedoch verzichtbar. So dürfte es auch zu erklären sein, daß das BVerfG bei der Entwicklung der Zulässigkeitsmaßstäbe an Sonderabgaben zwar die Ordnung der Steuerverwaltungskompetenzen unter den Schutzgütern der Finanzverfassung aufführt,527 diese Gewährleistungen jedoch nicht bei der Ausgestaltung der einzelnen Zulässigkeitsanforderungen berücksichtigt und infolgedessen auch konkrete Sonderabgabenregelungen bislang nicht darauf überprüft hat, ob sie mit dem Schutzgehalt der Steuerverwaltungskompetenzen – als Kompetenzausübungsschranken – vereinbar sind. Für beide Erscheinungsformen einnahmenwirksamer Sachregelungen, Sonderabgaben wie Preisinterventionen, läßt sich das Hauptgewicht der Übergriffswirkung schon auf der Ebene der Gesetzgebungskompetenzen erfassen.

527

BVerfGE 55, 274 (301) – Berufsausbildungsabgabe.

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 387

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers A. Grundlage der Übergriffswirkung – Die Ausgabenwirksamkeit abgabenäquivalenter Vergütungsregelungen Schließlich könnten die mittelbaren Auswirkungen der Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen zur Regelung „quersubventionierender“ Finanztransfers auch zu Beeinträchtigungen im Kompetenzbereich des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts führen. Zu den Übergriffswirkungen im Verhältnis der Aufgabengewalt zur Einnahmengewalt träten damit auch solche im Verhältnis von Aufgabengewalt und Ausgabengewalt. Das Grundgesetz konstituiert die Ausgabengewalt als eigenständiges, in seinen Kompetenzgrundlagen von der Sach- und der Einnahmengewalt unabhängiges Element der staatlichen Finanzgewalt.528 Die Ausgabenkompetenz eines Verbandes als Finanzierungsverantwortung für eine bestimmte Staatsaufgabe folgt dem Konnexitätsprinzip des Art. 104a Abs. 1 GG gemäß der Verwaltungskompetenz für die jeweilige Aufgabe. Die Ausgabengesetzgebungskompetenz und die Befugnis zum Vollzug des Haushaltsgesetzes folgen der Ausgabenkompetenz nach Art. 104a Abs. 1 GG, da Bund und Länder in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig sind, Art. 109 Abs. 1 GG. Formell unterliegen die Transfervolumina abgabenähnlicher Preisregelungen nicht der parlamentarischen Budgetbewilligung, da lediglich der nach Einnahmen und Ausgaben ausgeglichene Haushalt durch das Haushaltsgesetz festgestellt wird529 und es sich bei den Transfervolumina nicht um Ausgaben handelt. Nach der für das Haushaltsverfassungsrecht anerkannten Definition sind Ausgaben die nach dem Fälligkeitsgrundsatz im Haushaltsjahr zu erbringenden Geldleistungen.530 Konkretisierend wirken hier die §§ 10 Abs. 3 Nr. 2 HGrG, 13 Abs. 3 Nr. 2 BHO, welche den Mindestumfang der im Gruppierungsplan darzustellenden Ausgaben angeben und dabei die praktisch bedeutsamsten Ausgabenarten aufführen. Für die Finanzvolumina fördernder Vergütungspflichten steht außer Frage, daß sie nicht von einem öffentlichen Haushaltsträger „erbracht“ werden, da sie zu keinem Zeitpunkt einem öffentlichen Haushalt zufließen, die

528 Zu den kompetenziellen Grundlagen der Ausgabengewalt eingehend H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 180 ff. 529 Vgl. für die Haushaltswirtschaft des Bundes Art. 110 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 GG; Gleiches gilt gem. Art. 104a Abs. 1, 109 Abs. 1 GG für die Haushaltswirtschaft der Länder. 530 C. Hillgruber, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 16; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 26; A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 40.

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öffentliche Hand also keine haushaltsrechtliche Verfügungsgewalt über sie erlangt. Preisinterventionen würden jedoch in das Budgetbewilligungsrecht des Haushaltsgesetzgebers übergreifen, wenn sich der Gesetzgeber bei der Regelung der fördernden Finanztransfers im Randbereich der ausgeübten Sachgesetzgebungskompetenz bewegt und sich die mittelbaren Auswirkungen der Kompetenzausübung im Kernbereich der Haushaltsbewilligungskompetenz einstellen.531 Zwischen dem Kern- und dem Randbereich einer Kompetenz ist danach zu unterscheiden, inwieweit sich Inhalt und Zielrichtung der Maßnahme von der Grundfunktion der ausgeübten Kompetenz entfernen und dabei möglicherweise die Funktion einer anderen – der beeinträchtigten – Kompetenz usurpieren. Innerhalb des Kernbereichs einer Sachgesetzgebungskompetenz bewegt sich der Gesetzgeber, solange er Sachmaterien dadurch gestaltet, daß er Privaten Verhaltenspflichten auferlegt oder die Maßstäbe staatlichen Handelns bei der Verfolgung sachbezogener Gemeinwohlziele festlegt.532 Den Randbereich einer Kompetenz betritt der Sachgesetzgeber, je mehr er sich von diesem Kerninhalt entfernt und sich dabei dem Zuweisungsgehalt von Kompetenzen des Steueroder des Haushaltsgesetzgebers annähert. Den Funktionen der Haushaltsgesetzgebung nähert sich der Sachgesetzgeber dann, wenn er über die Gestaltung von Sachmaterien hinaus auch über die finanziellen Voraussetzungen staatlicher Gemeinwohlverwirklichung letztverbindlich entscheidet, wenn er also über den Einsatz von Geld als staatlichem Handlungsmittel verfügt, ohne hierbei der zustimmenden Entscheidung eines anderen Staatsorgans unterworfen zu sein. Läßt sich dies für Vergütungsregelungen feststellen, so greift der Sachgesetzgeber hierdurch möglicherweise zugleich in den Kernbereich der parlamentarischen Ausgabenbewilligungskompetenz über. Die Kompetenzen des Haushaltsgesetzgebers wirken dann als Ausübungsschranken an das Handeln des Sachgesetzgebers, wenn dieser sich durch die Veranlassung direkter Finanztransfers die Verwirklichung der Grundfunktion des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts anmaßt. Die Grundfunktion der Haushaltsbewilligung liegt darin, die zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch Hoheitsträger erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen und dadurch insbesondere die Exekutive zum Einsatz finanzstaatlicher Handlungsmacht zu ermächtigen.533 Zugleich entscheidet 531 Siehe zur Abgrenzung von Kern- und Randbereich einer Kompetenz bereits oben § 9 B. 532 Vgl. BVerfGE 98, 106 (119); zu einer negativen Abgrenzung der Grundfunktion von Sachgesetzgebungskompetenzen gegenüber derjenigen von Steuergesetzgebungsund Haushaltsbewilligungskompetenzen vgl. H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 3, 150. 533 T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 3 f.; P. Kirchhof, Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 (677); G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 28.

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 389

der Haushaltsgesetzgeber durch die Ausgabenbewilligung darüber, für welche Aufgaben und in welchem Umfang Finanzmittel aufgewendet werden. Bei dieser Entscheidung unterliegt er jedoch vielfach Bindungen durch das Fachrecht. Hat der Sachgesetzgeber durch aufgabenbezogene Regelungen bereits Verpflichtungen im Außenverhältnis begründet, so sind diese grundsätzlich vom Haushaltsgesetzgeber zu respektieren.534 Der Gestaltungsspielraum des budgetbewilligenden Parlaments ist daher durch eine Vielzahl von Vorgaben außerhalb des Haushaltsrechts beschränkt. Die Verwendungsentscheidung über Haushaltsmittel bildet folglich nicht den Kernbereich der Budgetbewilligungskompetenz. Grundfunktion der Ausgabenbewilligung ist vielmehr die Ermächtigung zum Einsatz von Haushaltsmitteln, also die rechtliche Bereitstellung dieser Mittel zur Verwendung. Deshalb ist für Entgeltregelungen danach zu fragen, ob sie Geld als staatliches Handlungsmittel zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben einsetzen, ohne dabei an die parlamentarische Ausgabenbewilligung gebunden zu sein. In diesem Fall bewegt sich die Regelung von Zwangsvergütungen nicht nur im Randbereich der ausgeübten Sachgesetzgebungskompetenz, sondern greift zugleich in den Kernbereich der Haushaltsbewilligungskompetenz über, da sie die parlamentarische Ausgabenermächtigung funktionell ersetzt. Als Grundlage der Übergriffswirkung von Preisinterventionen in Kompetenzen der Einnahmengewalt – insbesondere der Gesetzgebungs- und der Ertragskompetenzen für Steuern – war die Kombination von Belastungs- und Aufkommenswirkung festgestellt worden. „Quersubventionen“ belasten privates Vermögen durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten, um im Wege eines direkten Mitteltransfers eine bestimmte Personengruppe finanziell zu fördern. Da diese Förderwirkung gesetzgeberisch bezweckt und deshalb dem Staat zurechenbar ist, mehrt die Belastung privaten Vermögens bei funktioneller Betrachtung die finanzwirtschaftliche Handlungsmacht des Staates. Abgabenäquivalente Vergütungsregelungen sind hiernach einnahmenwirksam.535 Betrachtet man anstatt des Rechtsverhältnisses zwischen öffentlicher Hand und der belasteten Gruppe Privater die Beziehung zu der begünstigten Personengruppe, so steht dem Zusammenspiel von Belastungs- und Aufkommenswirkung eine Förderwirkung sowie eine damit unmittelbar verbundene „negative“ Aufkommenswirkung gegenüber. Der gesetzgeberisch veranlaßte Transfer finanzieller Mittel erzielt auf Seiten der begünstigten Personengruppe eine Förderwirkung, da er diese zur Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe befähigt, zu deren Erfüllung sie ohne Zuführung finanzieller Handlungsmacht durch den 534 G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 26; H. Siekmann, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 110 Rn. 38; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 31. 535 Siehe oben § 10 A III.

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Staat nicht in der Lage wäre. Da der Zuwachs an finanzwirtschaftlichem Handlungspotential, welches die öffentliche Hand durch die Belastung der in Anspruch genommenen Gruppe gewonnen hat, zugunsten der geförderten Gruppe wieder aufgegeben wird, entfaltet die Förderung eine negative Aufkommenswirkung. Da die Entscheidungen über beide Wirkungen durch den Sachgesetzgeber getroffen werden, sind sie dem Staat zurechenbar. Im Zusammenspiel von Förderwirkung und negativer Aufkommenswirkung erweisen sich gesetzliche Vergütungspflichten als ausgabenwirksam;536 der Erweiterung der finanzwirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten des Staates durch die Belastung privaten Vermögens steht der darauf folgende Verlust dieses Handlungsvermögens durch die finanzielle Förderung der begünstigten Gruppe gegenüber. Die Ausgabenwirksamkeit von Preisinterventionen bildet damit gleichsam die Kehrseite ihrer Einnahmenwirksamkeit. In Gestalt der direkten Mitteltransfers, die Entgeltregelungen zwischen den beiden – in der Regel privaten – Gruppen zustande kommen lassen, setzt der Sachgesetzgeber Geld als staatliches Handlungsmittel zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ein, ohne dabei an eine Ausgabenermächtigung des Parlaments gebunden zu sein. Zwar stellen die verschobenen Finanzvolumina keine Ausgaben im Sinne des Haushaltsverfassungsrechts dar, da sie einem öffentlichen Haushalt nie zugeflossen sind und folglich nicht aus diesem verausgabt werden können. Wie soeben ausgeführt, ermöglichen Vergütungsregelungen es jedoch dem Gesetzgeber, finanzielle Handlungsmacht zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben einzusetzen – und sich ihrer dabei zu entäußern –, ohne der parlamentarischen Ausgabenbewilligung unterworfen zu sein. Aufgrund ihrer Ausgabenwirksamkeit übernehmen Zwangsvergütungen die Grundfunktion der Haushaltsbewilligungskompetenz und greifen hierdurch in deren Kernbereich über. Die Ausgabenwirksamkeit von Preisinterventionen bildet die Grundlage ihrer Übergriffswirkung in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers. Die Übergriffsqualität von Preisregelungen wird durch einen Vergleich ihres Finanzierungsmechanismus mit der gestuften Abfolge von Entscheidungen, die im Falle einer Förderung des gemeinwohldienlichen Handelns Privater aus Haushaltsmitteln zu treffen wären, verdeutlicht. Bei einer solchen Förderung nach dem Regelbild der Staatsfinanzierung würden zunächst Steuergesetzgebungskompetenzen ausgeübt, um Einnahmen zu erzielen, die sodann als Dekkungsmittel zur Finanzierung der geplanten Förderung zur Verfügung ständen. In der Folge könnten Entscheidungen des Sachgesetzgebers darüber ergehen,

536 Zur Gebotenheit einer materiellen Betrachtung der mittelbaren Ausgabenwirkung von Sachregelungen H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, der den Begriff der Ausgabenwirksamkeit zunächst für entgeltende Abgaben prägt (a. a. O., S. 397), ihn sodann auch auf abgabenäquivalente Vergütungsregelungen (a. a. O., S. 692) erstreckt.

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 391

ob, auf welche Weise und in welchem Umfang eine bestimmte Gruppe gefördert werden soll. Allerdings wäre nach dem Vorbehalt des Gesetzes eine Entscheidung des Sachgesetzgebers über Art und Ausmaß der finanziellen Förderung nicht in jedem Fall geboten, es sei denn, die Subventionierung wirkte sich belastend auf die Grundrechtsausübung nicht begünstigter Freiheitsberechtigter aus.537 Wäre dies nicht der Fall, so genügte die Etatlegitimation der zur Förderung veranschlagten Mittel. In jedem Fall aber hätte eine Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers über die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel zu ergehen, unabhängig davon, inwieweit die Förderung bereits durch Regelungen des Sachgesetzgebers für das Außenverhältnis konkretisiert wurde. Der Vergleich veranschaulicht, daß „Quersubventionen“ nicht nur auf Seiten der Gewinnung finanzwirtschaftlicher Handlungsmacht durch den Staat kraft ihrer Einnahmenwirksamkeit in Kompetenzen des Steuergesetzgebers übergreifen, sondern auch auf Seiten der Verwendung dieses Handlungsvermögens aufgrund ihrer Ausgabenwirksamkeit funktionell an die Stelle der Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers treten. Zugleich zeigt er, daß fördernde Vergütungsregelungen der begünstigten Personengruppe zwar nicht in einem formal-begrifflichen Sinne,538 jedoch bei funktioneller Betrachtung Subventionen gewähren. Da die finanzielle Förderwirkung dem Sachgesetzgeber zurechenbar ist, übt dieser mit der Veranlassung des Finanztransfers hoheitliche Finanzgewalt aus. Die Regelungstechnik der fördernden Vergütungsbestimmung ermöglicht es ihm dabei, den Bewilligungsvorbehalt zugunsten des Haushaltsgesetzgebers zu vermeiden. Auch für Übergriffe des Sachgesetzgebers in das parlamentarische Budgetbewilligungsrecht gilt, daß mittelbare Wirksamkeiten erst bei Überschreiten einer bestimmten Intensität die Unzulässigkeit der übergreifenden Kompetenzausübung begründen. Daher gilt es auch für Übergriffe im Verhältnis von Sachund Ausgabengewalt Kriterien zu entwickeln, mit deren Hilfe die Intensität einer Übergriffswirkung bestimmt und in ihrer Zulässigkeit beurteilt werden kann. Im Anschluß an eine Darstellung der Grundlagen, der Funktionen und der Schutzzwecke des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts wendet sich die Untersuchung der Ermittlung solcher Intensitätskriterien zu.

537 Vgl. BVerwGE 6, 282 (288); 90, 112 (122, 127); offengelassen durch BVerfGE 38, 121 (126); 73, 1 (39); hierzu eingehend M. Rodi, Die Subventionsrechtsordnung, 2000, S. 505 ff. 538 Siehe oben § 1 D II.

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B. Die parlamentarische Ausgabenbewilligung – Grundlagen und Schutzzwecke I. Das Budgetbewilligungsrecht des Parlaments 1. Allgemeine Bedeutung und Rechtswirkungen Die historischen Wurzeln der parlamentarischen Haushaltshoheit liegen zum einen im „Budget“ als dem umfassenden Instrument der Veranschlagung von Einnahmen und Ausgaben, welches erst im Frühkonstitutionalismus die bis dahin verbreitete Fondswirtschaft überwindet, zum anderen im Steuerbewilligungsrecht der Stände.539 Ihrem geschichtlichen Ursprung nach ist die Budgethoheit daher nicht allein auf die Bewilligung der Ausgaben, sondern ebenso auf die Mitentscheidung des Volkes über die ihm auferlegte Abgabenlast gerichtet.540 Beide Entwicklungslinien finden im Laufe des 19. Jahrhunderts zusammen, hieraus entwickelt sich das Ausgabenbewilligungsrecht zum zentralen Kontrollinstrument des Parlaments gegenüber dem Landesherrn und später der Regierung.541 Die parlamentarische Budgetbewilligung dient der Kontrolle und der Legitimation des exekutivischen Ausgabegebarens.542 Der Bundestag kann die Art und den Umfang der von der Exekutive im Haushaltsplanentwurf vorgeschlagenen Mittelverwendung beanstanden, sein Änderungsrecht unterliegt dabei keinen Beschränkungen.543 Auf diese Weise gewährleistet das Privileg der Ausgabenbewilligung die uneingeschränkte Verfügungsgewalt des Parlaments über alle staatlichen Einnahmen.544 Das Parlament erhält die haushaltsrechtliche Kontrolle über die Ausgabenplanung der Exekutive und hierdurch die politische Kontrolle nahezu des gesamten Staatshandelns.545 Durch Ausübung des Budgetbewilligungsrechts ermächtigt das Parlament die Regierung dazu, die veranschlagten Ausgaben – und nur diese – zu treffen (Legitimations- oder Ermächtigungsfunktion).546 539

Hierzu W. Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, 1989, S. 33 ff., 38 ff. Vgl. K. H. Friauf, Der Staatshaushaltsplan, Bd. 1, 1968, S. 93 ff.; R. Mußgnug, Der Haushaltsplan als Gesetz, 1976, S. 84 f. 541 Vgl. K. H. Friauf Der Staatshaushaltsplan, Bd. 1, 1968, S. 199 ff.; W. Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, 1989, S. 52 ff. 542 BVerfGE 79, 311 (344) – Staatsverschuldung. 543 BVerfGE 70, 324 (355); einschränkend dagegen K. Lange, Der Staat 11 (1972), S. 313 (317 ff.). 544 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 9. 545 W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 12; C. Hillgruber, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 3 f. 546 M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 3; C. Hillgruber, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 4. 540

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 393

Innerhalb dieser Kontroll- und Legitimationsfunktion des Budgetbewilligungsrechts kommt der Beratung des Haushaltsplanentwurfes im Parlament die Funktion zu, dieses mäßigend auf die Ausgabebereitschaft der Exekutive einwirken zu lassen und dadurch die Belastung der Steuerpflichtigen sowie die Versuchung zu Kreditaufnahme zu begrenzen (Mäßigungsfunktion). Allerdings wird zunehmend bezweifelt, ob es im Leistungs- und Interventionsstaat der Gegenwart noch berechtigt ist, das Parlament als Garanten einer möglichst niedrigen Steuerlast anzusehen.547 Dementsprechend enthält der vom Grundgesetz vorgesehene Haushaltskreislauf auch solche Mechanismen, die es der Regierung erlauben, mäßigend auf das Parlament einzuwirken; diese Instrumente sind im Verlauf der Geschichte der Bundesrepublik noch verstärkt worden.548 Das Grundgesetz verankert das parlamentarische Budgetbewilligungsrecht in Art. 104a Abs. 1, 109 Abs. 1 GG, für den Bund zudem in Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG, und sichert es zugleich durch das Gebot der Vollständigkeit des Haushaltsplans gegen Umgehungsbestrebungen ab. Für den Bund ordnet Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG an, daß der Haushaltsplan durch das Haushaltsgesetz festgestellt wird. Hierdurch wird der Haushaltsplan einschließlich aller Einzelpläne Bestandteil des Gesetzes.549 Erst die gesetzliche Feststellung verleiht dem Haushaltsplan Verbindlichkeit gegenüber der Exekutive550. Diese wird dazu ermächtigt, nicht aber verpflichtet, die veranschlagten Ausgaben zu tätigen.551 Die für einen bestimmten Ausgabenposten vorgesehenen Mittel sind erst mit der Bewilligung durch den Haushaltsgesetzgeber im Rechtssinne bereitgestellt zu ihrer Verwendung. Im Budgetkreislauf von der Aufstellung des Haushaltsplans über die par547 Dazu P. Kirchhof, DStJG 24 (2001), S. 9 (11); ders., Der Staat als Garant und Gegner der Freiheit, 2004, S. 38 f. 548 Zur Novellierung des Art. 113 GG im Jahre 1969 G. Kisker, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 50. 549 BVerfGE 20, 56 (91); 38, 121 (126); T. Maunz, in: ders./G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 110 Rn. 9; A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 13. 550 Unabhängig von der Frage, ob man das Haushaltsgesetz als bloß formelles Gesetz (klassisch hierzu P. Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Bd. IV, 5. Aufl., 1914, S. 522 ff.; vgl. noch T. Maunz, in: ders./G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 110 Rn. 10; G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 25) oder aber als Gesetz „wie jedes andere“ (R. Mußgnug, Der Haushaltsplan als Gesetz, 1976, S. 355; vgl. auch W. Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, 1989, S. 161) qualifiziert, herrscht über die von ihm ausgehenden Rechtswirkungen weitgehend Einigkeit, vgl. G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 25; M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 31 m.w. N. – Das BVerfG hat sich auf keine der angebotenen Begrifflichkeiten festgelegt, vgl. BVerfGE 20, 56 (92); 38, 121 (127); sowie K. H. Friauf, Die Finanzverfassung, in: FG 25 Jahre BVerfG, Bd. II, 1976, S. 300 (329). 551 Zur ermächtigenden Wirkung der Budgetfeststellung BVerfGE 20, 56 (90 f.); K. H. Friauf, Der Staatshaushaltsplan, Bd. 1, 1968, S. 280 f.; M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 3, 32; A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 14.

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lamentarische Beratung und Feststellung, den Vollzug des Haushaltsplans bis zur Rechnungslegung und -prüfung bildet die parlamentarische Bewilligung aufgrund dieser legitimatorischen Wirkung den Mittelpunkt. Der Haushaltsplan entfaltet über den organschaftlichen Rechtskreis hinaus keinerlei Außenwirkung im Verhältnis zu Freiheitsberechtigten.552 Weder werden Private durch die Veranschlagung von Einnahmen verpflichtet, noch können sie aus der Bewilligung von Ausgabenposten Ansprüche für sich herleiten.553 Als belastender Zugriff auf das Vermögen greifen Abgabenpflichten in jedem Fall in die allgemeine Handlungsfreiheit des Pflichtigen gem. Art. 2 Abs. 1 GG, darüber hinaus möglicherweise auch in dessen Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG und die Eigentumsgarantie, Art. 14 Abs. 1 GG, ein. Nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes bedarf die Erhebung von Abgaben daher stets einer gesetzlichen Grundlage. Der Ansatz von Einnahmen im Haushaltsplan bildet keinen hinreichend bestimmten Eingriffstatbestand, der Gegenstand einer Gesetzesbindung der Verwaltung sein könnte, er genügt daher dem Vorbehalt des Gesetzes nicht.554 Da der Ansatz von Einnahmen im Haushaltsplan nicht den Charakter einer Ermächtigung, sondern nur eines Voranschlages hat – vgl. §§ 3, 8 HGrG –, ist er für die Erhebung von Abgaben auch nicht erforderlich.555 Eine Verpflichtung der Körperschaft zur Erhebung bestimmter Abgaben ergibt sich aus den Schätzungen des Haushaltsplans schon gar nicht.556 Ebensowenig läßt der Haushaltsplan es zu, aus ihm unmittelbar Ansprüche gegen die öffentliche Hand abzuleiten. Hiergegen spricht bereits, daß die Ausgabenbewilligung der Exekutive einen Gestaltungs- und Verantwortungsspielraum eröffnet, bei dessen Gebrauch auch ausgabenbeschränkende Rechtsprinzipien wie das Wirtschaftlichkeitsgebot des Art. 114 Abs. 2 GG zu beachten sind; eine generell oder im Einzelfall von vornherein bestehende Ausgabenverpflichtung wäre hiermit nicht zu vereinbaren.557 Zu einer Ausgabenverpflichtung 552 BVerfGE 38, 121 (126); 79, 311 (327); H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 187. 553 Vgl. auch §§ 3 Abs. 2 HGrG, 3 Abs. 2 BHO, in denen dieser Grundsatz der Haushaltsverfassung seinen einfachgesetzlichen Niederschlag findet. 554 F. Ossenbühl, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. III, § 62 Rn. 21. 555 K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 67 m.w. N. – Dazu, daß das Haushaltsgesetz ursprünglich auch zu Einnahmen ermächtigte und diese Funktion erst im Laufe seiner historischen Entwicklung verlor, vgl. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 9. 556 Hierzu H. Siekmann, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 110 Rn. 29. 557 Ganz überwiegend wird die Möglichkeit einer rechtlichen Verpflichtung daher abgelehnt, vgl. K. M. Hettlage, Zur Rechtsnatur des Haushaltsplans, in: FS f. Werner Weber, 1974, S. 391 (393); G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 28; T. Maunz, in: ders./G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 110 Rn. 20; R. Mußgnug, Der Haushaltsplan als Gesetz, 1976, S. 325 ff.; C. Tomuschat, Der Staat 19

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kann sich dieser Gestaltungsspielraum nur dann verdichten, wenn andernfalls der Wille des Haushaltsgesetzgebers systematisch mißachtet würde.558 Jedoch stützen sich auch diese Ausgabenverpflichtungen auf organschaftliche Rechtsbeziehungen und nicht auf eine Außenwirkung des Haushaltsplans. Da eine solche nicht existiert, können Ansprüche einzelner Freiheitsberechtigter, etwa auf die Gewährung von Subventionen, nicht unmittelbar auf Ansätze des Haushaltsplans gegründet werden.559 Allerdings wird die Haushaltsgesetzgebung zwangsläufig durch Vorgaben der allgemeinen Gesetzgebung geprägt. Soweit sich Ausgabenverpflichtungen für die öffentliche Hand aus außenwirksamen Gesetzen ergeben, können diese Verpflichtungen durch die Ausgabenbewilligungen des Haushaltsplans weder aufgehoben noch in ihrem Umfang beschränkt werden.560 Der Haushaltsgesetzgeber ist vielmehr an diese außerbudgetären Vorgaben gebunden. Der einzige Weg, sich von solchen materiell-rechtlichen Bindungen zu lösen, besteht im Erlaß entsprechender außenwirksamer Gesetze, welche den Umfang der Ausgabenverpflichtungen der finanziellen Leistungsfähigkeit der Körperschaft anpassen.561 2. Der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans a) Sicherung des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts Indem Art. 110 Abs. 1 S. 1 1. Hs. GG den am Verfahren der Haushaltsgesetzgebung beteiligten Organen aufgibt, alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes562 in den Haushaltsplan einzustellen, sichert die Haushaltsverfassung das parlamentarische Budgetbewilligungsrecht durch den Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans.

(1980), S. 1 (10 f.); anders noch E. Friesenhahn, VVDStRL 16 (1958), S. 7 (70); R. Hoffmann, Haushaltsvollzug und Parlament, 1972, S. 43 ff. 558 Dazu W. Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, 1989, S. 415 f.; vgl. ferner BVerfGE 45, 1 (38) (Die Regierung dürfe sich nicht durch restriktiven Vollzug des Haushaltsplans im Sinne einer „eigenständigen Erübrigungspolitik“ Spielräume für eine selbständige Ausgabenpolitik verschaffen.). 559 BVerfGE 1, 299 (307); 38, 121 (126); eingehend M. Rodi, Die Subventionsrechtsordnung, 2000, S. 544 ff. 560 H. Siekmann, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 110 Rn. 38; G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 26; vgl. auch BAGE 46, 394 (400 f.). 561 Dazu W. Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, 1989, S. 212 ff.; ders., in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 31. 562 Da im folgenden ausschließlich Preisinterventionen des Bundes auf ihre Übergriffswirkung in die Ausgabenbewilligungskompetenz untersucht werden, beschränkt sich die Darstellung haushaltsrechtlicher Prinzipien darauf, deren verfassungsgesetzliche Verankerung im Grundgesetz anzugeben.

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aa) Sicherung der Ermächtigungs- und Kontrollfunktion Der Schutzzweck der Budgetvollständigkeit geht dahin, dem Parlament die geplanten Einnahmen und Ausgaben umfassend vor Augen zu führen und es auf diese Weise zu befähigen, einzelne Haushaltsansätze zu beanstanden und die Regierung zu Korrekturen zu zwingen. Die Ermächtigungsfunktion der parlamentarischen Ausgabenbewilligungskompetenz würde empfindlich gestört, wenn die Exekutive Mittel verausgaben dürfte, ohne daß diese im Haushaltsplan veranschlagt worden sind.563 Der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans ist daher zuvorderst ein verfassungskräftiges Verbot „schwarzer Kassen“, welche die Regierung in die Lage versetzen würden, eine eigenständige Ausgabenpolitik „am Parlament vorbei“ zu verfolgen, die von diesem womöglich unbemerkt bliebe.564 Die Vollständigkeit des Budgets bildet auch die Grundlage des Deckungsgebots, welches seinerseits Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzung der parlamentarischen Ausgabenbewilligung ist. Da gem. Art. 110 Abs. 1 S. 2 GG der Haushaltsplan in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen ist, markiert das Gesamtvolumen der Einnahmen die Grenze des zulässigen Ausgabenvolumens. Die Vorschrift wird als Prinzip der sog. formalen Deckung ausgelegt mit der Folge, daß die veranschlagten Einnahmen und Ausgaben rein rechnerisch miteinander übereinstimmen müssen565 und zu den Einnahmen im Sinne der Bestimmung auch solche Geldmittel zählen, die im Wege der Kreditaufnahme erworben wurden.566 Da der Haushalt nach dem Deckungsprinzip in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen ist, die Handlungsmöglichkeiten der Körperschaft also durch das zu erwartende Einnahmenvolumen begrenzt sind, bereitet der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans auf Einnahmenseite die Verwendungsentscheidung des Parlaments vor. Die Veranschlagung der Einnahmen im Haushaltsplan soll dem Parlament die Handlungsmöglichkeiten des Staates über einen periodischen Ausgabenzeitraum sichtbar machen.567 Der Vollständigkeitsgrundsatz sichert daher die Ermächtigungsfunktion der parlamentarischen Budgetbewilligung in doppelter Weise ab: Formell, indem er sämtliche Ausgaben der Bewilligung durch das Parlament unterwirft, materiell, indem er das 563

Vgl. auch BVerfGE 82, 159 (179); 91, 186 (202); 93, 319 (343). Vgl. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 19. 565 So die ganz h. M., vgl. M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 27; C. Hillgruber, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 53; G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 75; T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 494 ff. 566 Die Begrenzungsfunktion des Deckungsprinzips geht hierdurch zum Teil auf die Kreditbegrenzungsregel des Art. 115 Abs. 1 S. 2 GG über, hierzu W. Höfling, Staatsschuldenrecht, 1993, S. 158 ff. 567 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 9. 564

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haushaltsrechtliche Ausgleichsgebot auf das Verhältnis aller Einnahmen zu allen Ausgaben bezieht. bb) Erfassung der Abgabenlast Eine weitere Funktion des Vollständigkeitsgrundsatzes ist nur mittelbar auf das Handeln der Ausgabengewalt, unmittelbar aber auf die Ausübung der Einnahmengewalt gerichtet. Die vollständige Erfassung der staatlichen Einnahmen dient auch dazu, dem Parlament, welches zugleich Einnahmengesetzgeber ist, den Gesamtumfang der dem Bürger auferlegten Abgabenlast vor Augen zu führen.568 Bereits der historische Ursprung des Haushaltsplans im Frühkonstitutionalismus liegt nicht allein in der Beteiligung des Volkes an der Ausgabenbewilligung, sondern ebenso in der Begrenzung der Abgabenlast durch Mitwirkung an der – damals noch periodischen – Steuerbewilligung.569 Auch das BVerfG betont, der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans habe seinen Sinn nicht nur in dessen finanzwirtschaftlicher Funktion und in dem Umstand, daß das Haushaltsbewilligungsrecht eines der wesentlichen Instrumente der parlamentarischen Regierungskontrolle ist; er aktualisiere auch „den fundamentalen Grundsatz der Gleichheit der Bürger bei der Auferlegung öffentlicher Lasten“, nur hierdurch sei gewährleistet, daß „das Parlament in regelmäßigen Abständen den vollen Überblick über das dem Staat verfügbare Finanzvolumen und damit auch über die dem Bürger auferlegte Abgabenlast erhält, soweit sie der Verantwortung des Parlaments unterliegen“.570 cc) Umfassende Vergegenwärtigungsfunktion Das Vollständigkeitsprinzip wird ergänzt und flankiert durch einige weitere Haushaltsgrundsätze, welche ebenfalls das Ziel verfolgen, dem Haushaltsgesetzgeber eine lückenlose Übersicht über die zu erwartenden Einnahmen sowie die veranschlagten Ausgaben zu verschaffen. Eine Vielzahl nebeneinander bestehender Haushaltspläne würde es dem Gesetzgeber auch bei Vollständigkeit des Gesamthaushalts sehr erschweren, die Haushaltslage zu überblicken, Zusammenhänge zutreffend zu erfassen und auf dieser Grundlage zu planen. Aufgrund dessen bedarf es der Einheit des Haushaltsplans; sämtliche Einnahmen und Ausgaben sind in einen einzigen Haushaltsplan einzustellen.571 Vollständigkeit und Einheit des Haushaltsplans entsprechen sich in ihrer Zielsetzung so 568 Hierzu BVerfGE 82, 159 (179); 91, 186 (202); 93, 319 (343); kritisch zu dieser Funktion G. Schiller, Sonderabgaben in der Wirtschafts- und Finanzverfassung, 2000, S. 113; einschränkend T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 115. 569 K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. GG, Rn. 474. 570 BVerfGE 82, 159 (178 f.); vgl. auch E 108, 1 (16 f.).

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sehr, daß zwischen ihnen bisweilen nicht streng unterschieden wird.572 Darüber hinaus fordert das Prinzip der sachlichen Spezialität des Haushaltsplans, daß die zu bewilligenden Mittel nur für einen spezifischen Zweck und in einer bestimmten Höhe veranschlagt werden.573 Zwar sind Ausnahmen von diesem Gebot zulässig, doch dürfen diese der Exekutive keine „unangemessene Verfügungsmacht“ über die bewilligten Mittel einräumen.574 Nicht nur die Übersichtlichkeit und Genauigkeit, sondern auch die Verläßlichkeit der enthaltenen Angaben soll der Grundsatz der Haushaltsklarheit und -wahrheit sicherstellen. Die Klarheit des Haushaltsplans erfordert es, diesen so zu gliedern, daß der Entstehensgrund jeder Einnahme, der Zweck jeder Ausgabe sowie jeweils die Höhe des Betrages deutlich erkennbar wird.575 Haushaltswahrheit bezeichnet die Pflicht der Regierung und des Haushaltsgesetzgebers, die im Haushaltsjahr voraussichtlich anfallenden Einnahmen und Ausgaben mit größtmöglicher Genauigkeit abzuschätzen und zu veranschlagen. Sie enthält ein Verbot der Verschleierung haushaltserheblicher Sachverhalte.576 Beide Gebote sollen nicht nur Mißbrauch vorbeugen, sondern Parlament und Öffentlichkeit Einblicke in die entscheidungserheblichen Umstände gewähren, die der Erstellung des Haushaltsplanentwurfs zugrunde liegen, dessen Ausgestaltung also nachvollziehbar machen.577 Nach dem Prinzip der Bruttoveranschlagung schließlich müssen die Einnahmen und Ausgaben des Staates voneinander getrennt und in voller Höhe in den Haushaltsplan eingestellt werden. Eine vorherige Saldierung von Einnahmen und Ausgaben ist nur unter den strengen Voraussetzungen des Art. 110 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GG statthaft, im übrigen unzulässig.578 Das Prinzip der Bruttoveran571 A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 19, 32; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 17; T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 114 ff. 572 Vgl. nur M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 11. 573 W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 24. 574 BVerfGE 70, 324 (357). 575 A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 26; C. Gröpl, in: Bonner Kommentar, Art. 110 Rn. 116. 576 A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 26; M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 23; G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 76. 577 F. Rottländer, Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1988, S. 47; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 21; C. Gröpl, in: Bonner Kommentar, Art. 110 Rn. 114. 578 Zu der umstr. Frage, ob es sich bei dem Prinzip der Bruttoveranschlagung um einen Haushaltsgrundsatz von Verfassungsrang handelt und ob – damit verbunden – eine Nettoveranschlagung bei Staatskrediten in Betracht kommt, vgl. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 22; G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 64. – Zur Rechtsnatur des Bruttoprinzips eingehend F. Rottländer, Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1988, S. 65 ff., dort

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schlagung dient zum einen der umfassenden und übersichtlichen Sammlung von Daten, durch welche die spätere Haushaltskontrolle erleichtert wird.579 Vor allem aber hebt es die Funktion des Haushaltes hervor, dem Gesetzgeber durch Darstellung sämtlicher Geldbewegungen die gesamte finanzwirtschaftliche Handlungsbreite des Staates lückenlos vor Augen zu führen, sie ihm zu vergegenwärtigen. Der Bruttoveranschlagungsgrundsatz gibt zu erkennen, daß die Funktionen des Budgetbewilligungsrechts, die der Vollständigkeitsgrundsatz sichert, nicht bereits dann erfüllt sind, wenn der tatsächliche Zuwachs an finanzwirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Staates in einer Haushaltsperiode veranschlagt wird, sondern daß hierzu vielmehr Zuwachs und Abnahme dieser Leistungsfähigkeit nach Art und Umfang zur Kenntnis des Parlaments zu bringen sind. Das Bruttoprinzip zeigt darin am deutlichsten, daß möglichst das gesamte finanzwirtschaftliche Engagement des Staates in seinen quantifizierbaren Ergebnissen Gegenstand der Haushaltsberatung und -verabschiedung sein soll. b) Sicherung der Haushaltsfunktionen Der Vollständigkeit des Budgets kommt größte Bedeutung dafür zu, daß der Staatshaushalt die ihm beigelegten Funktionen580 – die sog. Haushaltsfunktionen – erfüllen kann. Der Haushalt bildet in erster Linie den finanzwirtschaftlichen Boden, auf dem die Verwirklichung des politischen Programms der Regierung steht (sog. politische oder Koordinationsfunktion des Haushaltsplans).581 In seinen Prioritäts- und Schwerpunktsetzungen kommt zum Ausdruck, welches Gewicht den verschiedenen Staatsaufgaben nach dem Regierungsprogramm zukommt.582 Die Aufgabenplanung und die sie erst ermöglichende Ausgabenplanung werden im Haushaltsplan aufeinander abgestimmt. Diese Abstimmung soll in einer ökonomisch vernünftigen und nachhaltigen Weise erfolgen (sog. finanzinsb. S. 87, 89, 98. – Im Vordringen befindet sich die Auffassung, dem Prinzip der Bruttoveranschlagung komme – obgleich die Finanzreform des Jahres 1969 auf seine ausdrückliche Aufnahme in das Grundgesetz verzichtet hat – Verfassungsrang zu, anders lasse sich nicht erklären, weshalb Art. 110 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GG ausdrücklich eine Ausnahme von diesen Prinzip statuiert, vgl. M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 16; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 18; H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Kommentar, Art. 110 Rn. 4. 579 M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 16; T. Maunz, in: ders./G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 110 Rn. 33. 580 Grundlegend F. Neumark, Der Reichshaushaltsplan, 1929, S. 15 ff.; auch G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 13 ff.; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 11 f. 581 Vgl. BVerfGE 79, 311 (329) – Staatsverschuldung („Regierungspolitik in Zahlen“); ferner J. Heckel, in: G. Anschütz/R. Thoma (Hrsg.), Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. 2, 1932, § 88 (S. 388 ff.); T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 5 ff. 582 A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 10.

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politische Funktion). Die Ausgabenplanung ist der politischen Zielfindung der Regierung also nicht instrumentell nachgeordnet, sondern angesichts begrenzter Mittel auch Vorgabe für diese. Ihr Verhältnis ist das einer Wechselwirkung. Das Privileg der Ausgabenbewilligung bedeutet daher für das Parlament auch eine Pflicht, jährlich in Kooperation mit der Regierung ein „Gesamtfinanzierungskonzept“ des Gemeinwesens zu erarbeiten und sodann verbindlich festzustellen.583 Ein Bestandteil dieser Aufgabenplanung ist die Stabilisierungspolitik, zu welcher der Haushaltsgesetzgeber durch Art. 109 Abs. 2 GG nunmehr ausdrücklich beauftragt wird. Die staatliche Ausgabenplanung ist also auch den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts verpflichtet (sog. wirtschaftspolitische Funktion).584 Die vollständige Erfassung der staatlichen Einnahmen ist die Grundlage dafür, daß Bund und Länder bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung tragen, Art. 109 Abs. 2 GG. Da sowohl die Vereinnahmung als auch die Verausgabung von Finanzmitteln konjunkturelle Auswirkungen entfaltet, erfordert die präzise Steuerung einer antizyklischen Konjunkturpolitik eine genaue Übersicht über die dem Staat zur Verfügung stehenden Mittel. Eine Kontrollfunktion kommt dem Haushaltsplan schließlich insofern zu, als er die Überprüfung der Haushaltsführung auf ihre Verfassungsmäßigkeit, ihre Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Art. 114 Abs. 2 GG) und ihre rechnerische Richtigkeit ermöglichen und dabei möglichst erleichtern soll. Die kontrollierenden Staatsorgane sind dabei der Bundestag, der Bundesrat und der Bundesrechnungshof. Eine umfassende und erschöpfende Darstellung der finanziellen Ressourcen des Staates und ihrer Verwendung ist Grundlage der Verwirklichung aller dieser Haushaltsfunktionen. c) Verteilungsgerechtigkeit Die parlamentarische Budgetbewilligung in ihrer näheren Ausformung durch den Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans bezweckt auch, Verteilungsgerechtigkeit zu stiften. Lastengerechtigkeit in der Staatsfinanzierung ist erst dann hergestellt, wenn zu einer gleichmäßigen Belastung aller Leistungspflichtigen auf Seite der Einnahmenerzielung, die durch Verwirklichung des Gemeinlastprinzips und eine Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit erreicht wird, auch die gerechte Verteilung der gewonnenen Finanzmittel unter der Gesamtheit der einnahmenwirtschaftlich in Anspruch Genommenen tritt. Verteilungsgerechtigkeit wird dadurch gewährleistet, daß der Haushaltsgesetzgeber in Ausübung seiner Bewilligungskompetenz über einen vollständigen,

583

Hierzu T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 160. Hierzu H. H. v. Arnim/H. Knödler, Volkswirtschaftspolitik, 6. Aufl., 1998; M. Rodi, in: Bonner Kommentar, Art. 109 Rn. 138 ff. 584

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von Zweckbindungen möglichst freigehaltenen Haushalt entscheidet;585 er trifft seine Verwendungsentscheidung dabei unbefangen und gleichsam „auf Distanz“ zu partikularen Leistungsinteressen.586 Durch die Vollständigkeit des Haushaltsplans wird dann sichergestellt, daß das Staatsvolk, welches infolge gleichmäßiger Besteuerung als Gesamtheit den Staat mit finanzieller Handlungsmacht ausgestattet hat, dieses „Leistungspotential“587 auch wieder vollständig empfängt und keine Finanzmittel zur Wahrnehmung von Gruppeninteressen abgezweigt werden.588 Die Beteiligung des Parlaments als Repräsentant „des ganzen Volkes“, Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG, bietet nach der Vorstellung des Verfassunggebers die Gewähr, daß das vornehmlich im Wege der Besteuerung erzielte Leistungsvolumen nicht bevorzugend an einzelne Gruppen, sondern verteilungsgerecht an das Volk im Ganzen zurückgegeben wird. Diese gleichheitsstiftende Funktion des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts ist angesprochen, wenn das BVerfG erklärt, der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans habe „seinen Sinn nicht nur in der finanzwirtschaftlichen Funktion des Haushaltsplans selbst“, sondern aktualisiere auch „den fundamentalen Grundsatz der Gleichheit der Bürger bei der Auferlegung öffentlicher Lasten“.589 3. Die Periodizität der Ausgabenbewilligung Die Abstimmung von Finanzkraft und Finanzbedarf des Gemeinwesens, die im Haushaltsplan verbindlich gestellt wird, ist ständigen Veränderungen unterworfen und kann schon aus diesem Grund nicht dauerhaft festgeschrieben werden.590 Deshalb stellt die Verfassung das gesamte Finanzgebaren des Staates unter das Erfordernis periodischer Legitimation, indem Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG – für den Bund – anordnet, daß der Haushaltsplan für ein oder mehrere Jahre591, dabei aber nach Jahren getrennt festgestellt wird. Bei der Ausgestaltung des Haushaltsplans kommt dessen Periodizität darin zum Ausdruck, daß alle Ausgabenposten nicht nur sachlich, sondern auch zeitlich speziell zu veran585

T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 116. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 14; C. Seiler, finanzreform 3/2004, S. 37 (39). 587 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 9. 588 Hierzu BVerfGE 55, 274 (303); 82, 159 (178 f.); 91, 186 (202 f.); P. Kirchhof, Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 (673); ders., in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 14; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 15. 589 BVerfGE 55, 274 (303); vgl. auch E 82, 159 (179); 91, 186 (202); 93, 319 (343). 590 T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 159 f. 591 In der Praxis kommt eine Feststellung des Haushaltsplans für einen mehrjährigen Zeitraum nicht vor, vgl. W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 28; G. Kisker, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 70. 586

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schlagen sind592 und durch die Bewilligung des Parlaments nur für den jeweiligen Haushaltszeitraum zur Verfügung der Exekutive gestellt werden. Die wiederkehrende Entscheidung über den Haushaltsplanentwurf der Regierung erlaubt es dem Parlament, die Wahrnehmung der staatlichen Aufgaben durch die Exekutive von Jahr zu Jahr zu begleiten und zu kontrollieren. Die Verwirklichung wesentlicher Funktionen des Haushaltsplans, etwa der politischen Programmfunktion oder der finanzpolitischen Funktion, wäre ohne eine zeitnahe Begleitung des Ausgabegebarens der Exekutive durch den Haushaltsgesetzgeber nicht denkbar. Dabei setzen die Möglichkeiten des Parlaments, auf die Haushaltsveranschlagung von Ausgaben Einfluß zu nehmen, nicht erst mit der parlamentarischen Beratung ein. Schon im Vorfeld der Plenardebatte kann das Parlament durch den Haushaltsausschuß auf die Erstellung des Haushaltsplanentwurfs durch die Regierung einwirken und sich auf diese Weise in die Aufgabenplanung der Exekutive einschalten.593 4. Das Prinzip der Budgetöffentlichkeit Die Beratung über den Haushaltsplanentwurf vollzieht sich alljährlich in öffentlicher Plenardebatte, die erhebliche Medienaufmerksamkeit erregt. Hierdurch wird die von der Regierung vorgeschlagene Mittelverwendung in regelmäßigen Zeitabständen nicht nur der Prüfung durch das Parlament, sondern auch der Kritik einer breiteren Öffentlichkeit ausgesetzt. Den öffentlichen Haushaltsberatungen kommt dadurch auch die Funktion zu, das Wahlvolk regelmäßig über die finanzwirtschaftlichen Aktivitäten des Staates zu informieren. Diese Funktion der Budgetbewilligung wird durch das Prinzip der Budgetöffentlichkeit abgesichert, wonach Planung, Entscheidung, Vollzug und Kontrolle des Haushalts nicht nur dem Parlament, sondern auch der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden muß.594 Der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans und die ihn flankierenden Haushaltsprinzipien befähigen dann durch die von ihnen vermittelten Informationen nicht allein das Parlament, sondern auch die allgemeine Öffentlichkeit zur Kontrolle des staatlichen Finanzgebarens. Diese Verstärkung der parlamentarischen durch eine allgemein demokratische Kontrolle der staatlichen Finanzwirtschaft unterstreicht wiederum die politische Bedeutung der Budgetvollständigkeit und der sie ergänzenden Haus-

592 Sog. Prinzip der zeitlichen Spezialität, vgl. M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 20; A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 23. 593 C. Tomuschat, Der Staat 19 (1980), S. 1 (6); vgl. zur Rolle des Haushaltsausschusses ferner W. Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, 1989, S. 335 ff.; S. Hölscheidt, Der Haushaltsausschuß, 1988. 594 W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 21; M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 26.

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haltsgrundsätze. Das BVerfG hat das Gebot der Budgetöffentlichkeit aus dem Demokratieprinzip hergeleitet, ihm dadurch Verfassungsrang zugemessen und betont, von diesem Grundsatz dürfe nur aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls abgewichen werden.595 5. Das Gebot der Gesamtdeckung Nach dem Grundsatz der Gesamtdeckung oder Non-Affektation sollen alle Einnahmen zur Deckung aller Ausgaben zur Verfügung stehen. Grundsätzlich dürfen bestimmte Einnahmen nicht für bestimmte Ausgabenzwecke gebunden werden.596 Indem das Finanzvolumen der Staatseinnahmen frei von Zweckbindungen zu seiner Verfügung gestellt wird, erhält der Haushaltsgesetzgeber die Fähigkeit, in flexibler und wirksamer Weise auf die finanz- und gesamtwirtschaftlichen Erfordernisse des Haushaltszeitraumes einzugehen. Es soll vermieden werden, daß die Mittel zur Bewältigung dringend erforderlicher Aufgaben fehlen, während gleichzeitig aufgrund von Zweckbindungen ausreichende Ressourcen für weniger wichtige Ausgabenfelder zur Verfügung stehen.597 Schutzgut des Gesamtdeckungsprinzips ist somit in erster Linie die „Manövrierfähigkeit“ des Haushalts. Ein weiteres Ziel dieses Grundsatzes ist es, eine unbefangene Verwendungsentscheidung des Haushaltsgesetzgebers zu ermöglichen und so einer Verfestigung von Gruppeninteressen entgegenzuwirken.598 Zweckbindungen bergen die Gefahr, über den Zeitraum ihrer rechtlichen oder aufgabenpolitischen Rechtfertigung hinaus weiterzubestehen, da eine Auflösung der Bindung am Widerstand der bislang begünstigten Gruppe scheitern kann. Dieser Fehlentwicklung wird vorgebeugt, wenn die Herkunft finanzieller Mittel von der für sie vorgesehenen Verwendung getrennt und dadurch die Distanz zwischen dem öffentlichen Gemeinwesen und seinen Financiers gesichert wird.599 Die Zweckbindung von Einnahmen durchbricht die Regel freier Verfügbarkeit aller Einnahmen zur Deckung aller Ausgaben und erschwert es dem Haushaltsgesetzgeber, seine Verwendungsentscheidung allein nach der Wichtigkeit und Dringlichkeit der zu finanzierenden Aufgaben zu treffen. Die Bindung bestimmter Einnahmen – regelmäßig des Aufkommens einer Abgabe600 – an bestimmte 595

BVerfGE 70, 324 (358) – Haushaltskontrolle der Nachrichtendienste. A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 21; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 17; G. Kisker, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 89 Rn. 77. 597 C. Gröpl, in: Bonner Kommentar, Art. 110 Rn. 145. – Historisches Gegenbild zum Gesamtdeckungsprinzip des Etatsystems ist die frühneuzeitliche Fondswirtschaft, vgl. H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 31 ff. 598 W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 17; A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 21. 599 Vgl. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 1, 9. 596

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Zwecke ist daher die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme. Freilich treten die beschriebenen Gefahren erst bei Bindung eines substanziellen Anteils des Haushaltsvolumens ein, so daß es hierzu einer Kumulation zweckgebundener Haushaltsansätze bedarf. Da Zweckbindungen jedoch nur eine unter vielen Formen rechtlicher Vorgaben sind, welche den Reaktions- und Gestaltungsspielraum des Haushaltsgesetzgebers einschränken, dürfen die mit ihnen verbundenen Gefahren nicht unterschätzt werden.601 Das BVerfG sieht die Dispositionsfreiheit des Haushaltsgesetzgebers erst dann in verfassungswidriger Weise eingeengt, „wenn Zweckbindungen in unvertretbarem Ausmaß stattfänden“.602

C. Die Übergriffsintensität am Maßstab der Beeinträchtigung von Funktionen der Ausgabenbewilligungskompetenz I. Intensitätskriterien an Übergriffe in das Budgetbewilligungsrecht Indem die Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers über die Bereitstellung finanzieller Mittel zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben – durch Staatsorgane oder durch hierbei geförderte Private – im Falle vergütungsgesteuerter Finanzierung funktionell ersetzt wird, übernehmen Sachgesetzgebungskompetenzen die Grundfunktion des Haushaltsbewilligungsrechts. Vergütungsregelungen greifen folglich in den Kernbereich der Ausgabenbewilligungskompetenz über. Wie bereits für die zuvor betrachteten Übergriffslagen geschehen, ist auch für die Bestimmung der Intensität des Übergriffs in die Haushaltsbewilligungskompetenz danach zu fragen, inwieweit durch diese Funktionsübernahme Schutzzwecke der ersetzten Kompetenz entwertet werden. Die Übergriffsintensität nimmt in dem Maße zu, in dem Verfassungsrechtsgüter, die der Verfassunggeber durch die konkrete Ausgestaltung der parlamentarischen Bewilligungsentscheidung gewährleistet wissen will, durch Preisinterventionen beeinträchtigt werden. Zur Entwicklung geeigneter Intensitätskriterien ist daher zu betrach-ten, welchen Verfassungsmäßigkeitsanforderungen die parlamentarische Bewilli-

600 Umfassend zum Institut der Zwecksteuer C. Waldhoff, StuW 2002, S. 285 ff.; zu Zwecksteuern unter besonderer Berücksichtigung der sog. Ökologischen Steuerreform K. Tipke/J. Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., 2005, § 3 Rn. 14. 601 Zwischen 80 und 95 Prozent des Ausgabenvolumens des Bundeshaushalts stehen aufgrund allgemeiner rechtlicher Vorgaben wie Leistungsgesetzen und infolge faktischer Bewilligungszwänge nicht zur freien Disposition des Haushaltsgesetzgebers, dazu T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 8 f. m.w. N. 602 BVerfGE 93, 319 (348); 110, 274 (294 f.); dazu auch M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 105 Rn. 15; K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 383.

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gungsentscheidung unterliegt und welche Schutzzwecke durch die Beachtung dieser Verfassungsanforderungen verwirklicht werden sollen. Als Verfassungsmaßstäbe an die Ermächtigungsentscheidung des Budgetgesetzgebers wurden die Haushaltsgrundsätze kennengelernt, soweit diese Verfassungsrang genießen. Dabei wurde auch gesehen, daß jedes Haushaltsprinzip darauf gerichtet ist, die parlamentarische Bewilligungsentscheidung in solcher Weise auszugestalten, daß diese sämtliche ihr von der Verfassung zugedachten Funktionen erfüllt; jedem Haushaltsgrundsatz kommen daher bestimmte Schutzzwecke dabei zu, eine funktionsgerechte Entscheidungsfindung des Haushaltsgesetzgebers zu gewährleisten. Unter den Grundsätzen, welche die funktionsgerechte Ausübung der Ausgabenbewilligungskompetenz absichern, besitzen die Prinzipien der Vollständigkeit und der Einheit603 des Haushaltsplans die größte Bedeutung. Zweck des Vollständigkeitsprinzips ist es, sicherzustellen, daß der Haushaltsplan sämtliche Einnahmen und Ausgaben dokumentiert und auf diese Weise dem Parlament vor Ausübung der Ausgabenbewilligungskompetenz das gesamte Ausmaß, in dem der Bürger zur Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs herangezogen wird, sowie die hierdurch finanzierten Aufgabenzwecke und den Umfang der jeweiligen Mittelverwendung vor Augen führt. Die Budgetvollständigkeit bildet damit die Grundlage der Funktion der Ausgabenbewilligung, dem Haushaltsgesetzgeber sowohl Art und Ausmaß der einnahmenwirtschaftlichen Belastung des Bürgers als auch die Verwendung des hierdurch gewonnenen finanziellen Handlungspotentials umfassend zu vergegenwärtigen. Diese Vergegenwärtigung wiederum ist eine notwendige Voraussetzung dafür, daß der Haushaltsgesetzgeber in einer kontrollierenden und legitimierenden Entscheidung über die Bewilligung des Budgets die Verantwortung für das finanzwirtschaftliche Handeln des Verbandes übernehmen kann. Die Ermächtigungsfunktion der Haushaltsbewilligung setzt daher deren – auf eine vollständige Übersicht der Einnahmen und Ausgaben gestützte – Vergegenwärtigungsfunktion voraus. In der Sicherung dieser Vergegenwärtigungsfunktion wird das Vollständigkeitsprinzip durch einige weitere Haushaltsgrundsätze ergänzt. Zu diesen zählen insbesondere die Prinzipien der sachlichen Spezialität und der Bruttoveranschlagung, die beide darauf gerichtet sind, dem Haushaltsgesetzgeber auch einzelne Vorgänge der Zu- und Abnahme des finanzwirtschaftlichen Handlungsvermögens des Verbandes sichtbar zu machen. 603 Da Preisinterventionen keine verfassungsrechtlichen Fragen aufwerfen, wie sie typischerweise mit Nebenhaushalten verbunden sind, der Rechtfertigungsbedarf von Zwangsvergütungen, soweit er sich aus ihrer Haushaltsflüchtigkeit ergibt, vielmehr durch das Prinzip der Budgetvollständigkeit hinreichend erfaßt ist, wird das Prinzip der Haushaltseinheit im folgenden neben demjenigen der Vollständigkeit nicht mehr gesondert aufgeführt; eingehend zur Haushaltseinheit T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 114 ff.

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Die Funktion der Haushaltsbewilligung, die demokratische Legitimation des staatlichen Ausgabegebarens in regelmäßigen Zeitabständen zu erneuern, wird durch den Grundsatz der Periodizität des Haushaltsplans abgesichert. Der Haushaltsgesetzgeber erhält die vollständige Dokumentation und damit den umfassenden Überblick der Einnahmen und der Ausgaben in regelmäßigen zeitlichen Intervallen. Nur so ist sichergestellt, daß das Parlament auf Änderungen der finanz- und aufgabenpolitischen Bedarfslage zeitnah reagieren kann. Ist es hierzu imstande, so ist gewährleistet, daß Ausgaben nur für solche Zwecke getätigt werden, die durch das Aufgabenprogramm der Regierung nach wie vor gerechtfertigt sind; zugleich wird eine einnahmenwirtschaftliche Inanspruchnahme der Steuerpflichtigen für Ausgaben vermieden, deren Rechtfertigung seit der vorherigen Ausgabenbewilligung entfallen ist (Mäßigungsfunktion). Das Prinzip der Budgetöffentlichkeit dient der Informationsfunktion der Ausgabenbewilligung dadurch, daß die periodische und öffentliche Auseinandersetzung des Haushaltsgesetzgebers mit dem Budgetentwurf der Regierung eine demokratische Kontrolle des Ausgabegebarens nicht nur durch das Parlament, sondern auch durch die Öffentlichkeit ermöglicht. Der Grundsatz der Gesamtdeckung oder Non-Affektation schließlich verfolgt den Zweck, dem Haushaltsgesetzgeber ein „manövrierfähiges“ Einnahmenvolumen zu erhalten, mit dem dieser auf aktuelle Aufgabenstellungen bedarfsgerecht reagieren kann, und sichert darin die politische und finanzpolitische Funktion der Ausgabenbewilligung. Die genannten Haushaltsgrundsätze eignen sich als Kriterien zur Bestimmung der Übergriffsintensität abgabenäquivalenter Preisregelungen in die Ausgabenbewilligungskompetenz. Dabei ist allerdings zu beachten, daß es sich bei ihnen nicht um Maßstäbe handelt, die als unmittelbar geltende Rechtmäßigkeitsanforderungen auch an Preisbestimmungen angelegt werden können. Da die Finanzvolumina abgabenähnlicher Zwangsvergütungen weder Einnahmen noch Ausgaben im formell-haushaltsrechtlichen Sinne darstellen, sind die aufgeführten Haushaltsgrundsätze auf sie nicht anwendbar. Aus dem „Verstoß“ einer Vergütungsregelung gegen Haushaltsprinzipien können daher keine unmittelbaren Schlußfolgerungen auf die Verfassungswidrigkeit der betreffenden Regelung gezogen werden. Die Betrachtung von Entgeltregelungen auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Haushaltsgrundsätze dient lediglich als Indikator dafür, inwieweit die mit diesen Prinzipien verfolgten Schutzzwecke durch Preisregulierung vereitelt und infolgedessen auch die entsprechenden Vergegenwärtigungs-, Dokumentations-, Kontroll- und Informationsfunktionen der Budgetbewilligung verfehlt werden. Wiederum gilt es, bei dieser funktionsbezogenen Bestimmung der Übergriffsintensität zu verhindern, daß Vergütungspflichten durch das Anlegen auch solcher finanzverfassungsrechtlicher Anforderungen, die nach ihrem Schutz-

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zweck nur auf Einnahmen bzw. Ausgaben im formellen Sinne angewandt werden dürfen, „überfordert“ werden. Aus diesem Grund wird die Verfassungsmäßigkeit einer „quersubventionierenden“ Regelung erst im Rahmen einer abschließenden Gesamtabwägung aller Einbußen, die sie für Funktionen der Ausgabenbewilligungskompetenz mit sich bringt, beurteilt. Zudem wird bei der Betrachtung der einzelnen Haushaltsgrundsätze als Intensitätskriterien jeweils danach gefragt werden, ob diese Prinzipien Ausnahmen vorsehen, deren Rechtsgedanke auch durch Preisinterventionen angesprochen wird. Schließlich wird ein strengerer Maßstab nur an solche Übergriffswirkungen angelegt, die auch bei der Wahl einer preisregulierenden Regelungstechnik vermeidbar oder jedenfalls kontrollierbar gewesen wären. Läßt sich – auch bei Beachtung der genannten Maßgaben – kaum eine Übereinstimmung zwischen den Schutzzwecken der Haushaltsgrundsätze und der Ausgestaltung einer fördernden Vergütungsregelung feststellen, so folgt daraus, daß auch die durch diese Grundsätze gewährleisteten Funktionen des Budgetbewilligungsrechts durch die Preisbestimmung entwertet werden. Diese Funktionsverluste der Ausgabenbewilligungskompetenz bilden den eigentlichen Maßstab der Übergriffsintensität. Beachtet eine Vergütungspflicht mehrere Prinzipien nicht oder läuft sie dem Schutzzweck eines bestimmten Prinzips in besonders gravierender Weise zuwider, so kann diejenige Funktion des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts, die dieser Grundsatz unterstützt und absichert, gänzlich verfehlt worden sein. In einer gravierenden Funktionseinbuße kommt dann eine unzulässig hohe Intensität des Kompetenzübergriffs zum Ausdruck mit der Folge, daß eine abgabenäquivalente Preisregelung wegen Mißachtung der Kompetenzausübungsschranke des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts verfassungswidrig ist. Im folgenden werden die Grundsätze der Vollständigkeit, der Periodizität, der Budgetöffentlichkeit sowie der Gesamtdeckung darauf untersucht, ob Preisinterventionen von ihnen in solchem Maße abweichen, daß daraus auf Funktionseinbußen der Budgetbewilligungskompetenz von unzulässiger Intensität geschlossen werden muß. II. Das Vollständigkeitsgebot Die Finanzvolumina abgabenähnlicher Entgeltregelungen treten im Haushaltsplan bereits auf Seite der Einnahmen nicht in Erscheinung. Die Funktion des Vollständigkeitsgebotes sowie der parlamentarischen Budgetbewilligung, dem Haushaltsgesetzgeber den Gesamtumfang der staatlich auferlegten finanziellen Belastung des Bürgers zu Bewußtsein zu bringen, wird nicht verwirklicht. Infolgedessen vermag der Haushaltsgesetzgeber auch die ihm von der Verfassung zugedachte Mäßigungsfunktion auf die Ausgabenplanung der Exekutive nicht in der vorgesehenen Weise zu erfüllen.

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Die eigentliche Bedeutung des Vollständigkeitsgebotes, das Budgetbewilligungsrecht des Parlaments gegen Umgehungen zu sichern, liegt indes auf Seiten der veranschlagten Ausgaben. Auch dort wird der Verlust finanzwirtschaftlichen Handlungsvermögens, der die Ausgabenwirksamkeit fördernder Vergütungsregelungen ausmacht, nicht aufgeführt und infolgedessen nicht vom Haushaltsgesetzgeber gebilligt. Unabhängig davon, ob der Finanztransfer in einem formalen Sinne als Subvention zu qualifizieren ist,604 übt der Sachgesetzgeber in der finanziellen Förderung der begünstigten Personengruppe hoheitliche Finanzgewalt aus, ohne dabei der parlamentarischen Ausgabenbewilligung unterworfen zu sein. Die Vergegenwärtigungsfunktion der Ausgabenbewilligung, der das Prinzip der Budgetvollständigkeit dient, wird daher bei „Quersubventionen“ nicht erfüllt. Dieser Feststellung läßt sich nicht mit dem Einwand begegnen, da bereits der Zuwachs an finanzieller Handlungsmacht nicht verzeichnet worden sei, sei der Eindruck, den der Haushaltsgesetzgeber von dem finanzwirtschaftlichen Handlungspotential des Gemeinwesens erhalte, kein unrichtiger. Der Schutzzweck des Vollständigkeitsgebots würde verkannt, wenn sich die Haushaltsflüchtigkeit von Einnahmen mit derjenigen der entsprechenden Ausgaben – und vice versa – rechtfertigen ließe; dies wird auch in der Aussage des BVerfG deutlich, der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans sei berührt, wenn der Gesetzgeber Einnahmen- und Ausgabenkreisläufe außerhalb des Budgets organisiert.605 Der Umstand, daß das Grundgesetz das Prinzip der Budgetvollständigkeit grundsätzlich als Gebot der Bruttoveranschlagung ausformt, zeigt, daß der Haushaltsgesetzgeber grundsätzlich über jeden Vorgang des Gewinns und Verlustes finanzwirtschaftlicher Handlungsmacht unterrichtet sein soll. Nur auf diese Weise wird gewährleistet, daß dem Haushaltsgesetzgeber das Ausmaß, in dem privates Vermögen zu Zwecken der Staatsfinanzierung belastet wird, ebenso wie die Machtausübung, die im Einsatz finanzieller Mittel durch den Staat zum Ausdruck kommt, möglichst umfassend vor Augen geführt wird. Diese Vergegenwärtigungsfunktion sowohl hinsichtlich der Gewinnung als auch der Verwendung finanzstaatlicher Handlungsmacht wird durch abgabenähnliche Preisregelungen vereitelt. Das Grundgesetz sieht allerdings Ausnahmen vom Gebot der Budgetvollständigkeit vor, deren Zweck Aufschluß darüber geben kann, aus welchen Gründen die Verfassung Einschränkungen dieses Prinzips für gerechtfertigt hält. Art. 110 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GG erteilt für Sondervermögen und Bundesbetriebe Dispense nicht nur vom Vollständigkeitsgrundsatz, sondern ebenso von den Prinzipien der Einheit und der Bruttoveranschlagung.606 Bei Bundesbetrieben und bei Sonder-

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Siehe oben § 1 D II. BVerfGE 82, 159 (178 f.); 91, 186 (201 f.); 108, 1 (16). 606 T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 125 f.; P. Kirchhof, Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 (677); A. Nebel, in: 605

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 409

vermögen brauchen nur die Zuführungen oder die Ablieferungen in den Haushalt eingestellt zu werden. Da es sich bei Bundesbetrieben und Sondervermögen um Funktionseinheiten handelt, die nicht nur haushaltsrechtlich, sondern auch – wenngleich in unterschiedlichem Maße – organisatorisch verselbständigt sind, ließe sich der Ausnahmebestimmung möglicherweise der Rechtsgedanke entnehmen, das Grundgesetz lasse im Falle einer organisatorisch verselbständigten Aufgabenwahrnehmung Durchbrechungen des Vollständigkeitsgrundsatzes zu.607 Könnte der Gedanke verselbständigter Aufgabenwahrnehmung schon für Einnahmen und Ausgaben des Bundes im formell-haushaltsrechtlichen Sinne – und damit im unmittelbaren Anwendungsfeld des Vollständigkeitsprinzips – Ausnahmen von diesem rechtfertigen, so ließe sich für Vergütungsregelungen argumentieren, auch diese verselbständigten die Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe, indem sie einer Gruppe Privater zweckgebundene Geldleistungspflichten auferlegen und mit Hilfe der erzielten Finanzvolumina andere Private zur sachlichen Wahrnehmung der Aufgabe befähigen. Nimmt man an, der Gedanke der verselbständigten Aufgabenerfüllung habe in Art. 110 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GG die Anerkennung der Haushaltsverfassung gefunden, so könnte dies ein Indiz bilden, daß die Übergriffswirkung von Preisregulierung in die Budgetbewilligungskompetenz von geringer Intensität und daher noch zulässig ist. Allerdings spricht der Umstand, daß Art. 110 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GG die Ausnahmen von den Prinzipien der Einheit, der Vollständigkeit und der Bruttoveranschlagung bewußt auf Bundesbetriebe und Sondervermögen begrenzt, dagegen, dieser Bestimmung einen allgemeinen Rechtsgedanken zu entnehmen. Darüber hinaus ließe sich die verselbständigte Aufgabenwahrnehmung durch staatliche Funktionseinheiten wie Bundesbetriebe und Sondervermögen kaum mit der vollständigen Übertragung einer öffentlichen Aufgabe in die sachliche bzw. finanzielle Verantwortung zweier privater Gruppen, wie sie durch Preisintervention geschieht, gleichsetzen. Entscheidend tritt hinzu, daß der Vorschrift des Art. 110 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GG eine rechtfertigende Wirkung für die außerbudgetäre Bewirtschaftung von Finanzmitteln zunehmend abgesprochen wird. Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum wird die Norm aufgrund der Konturenarmut ihrer materiellen Anforderungen für ungeeignet gehalten, das parlamentarische Budgetbewilligungsrecht gegen haushaltsflüchtige Finanzvolumina abE. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 43; F. Rottländer, Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1988, S. 83. 607 Gegen die Annahme eines solchen Rechtsgedankens spricht noch nicht, daß mit der rechtlichen, organisatorischen oder sachlichen Verselbständigung von Funktionseinheiten nicht zwingend die Herausbildung eines Nebenhaushaltes verbunden sein muß, vgl. dazu T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 79; Puhl selbst stellt fest, dem Anliegen selbständiger Aufgabenerfüllung unabhängiger Einrichtungen entspreche es in besonderem Maße, wenn ihre eigenen Gremien einen vom Staatshaushalt getrennten Etat verabschieden und vollziehen könnten, vgl. a. a. O., S. 82.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

zusichern.608 Zwar wird der Vorschrift noch Bedeutung als Veranschlagungsregel zugemessen, doch sieht die Literatur auch solche Nebenhaushalte, welche die Erfordernisse des Art. 110 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GG erfüllen, nur unter der weiteren Voraussetzung einer besonderen Rechtfertigung ihrer Haushaltsflüchtigkeit als verfassungsmäßig an.609 Der Ausnahmebestimmung wird, mit anderen Worten, ein eigenständiger Rechtfertigungsgehalt für Formen der außerbudgetären Mittelbewirtschaftung nicht mehr zugeschrieben. Dann aber ist sie auch ungeeignet, als argumentative Grundlage für die Herleitung einer niedrigeren Übergriffsintensität von Preisinterventionen zu dienen. Noch eine weitere aktuelle Entwicklung im Haushaltsverfassungsrecht läßt Zweifel daran aufkommen, ob für Zwangsvergütungen von einer vergleichsweise geringen Übergriffsintensität ausgegangen werden kann. So werden abgabenrechtliche Verschonungssubventionen von einer vordringenden Auffassung im Schrifttum als Verstöße gegen das Prinzip der Bruttoveranschlagung und zugleich als Übergriffe in Kompetenzen der Ausgabengewalt angesehen.610 Es wird darauf hingewiesen, der Gesetzgeber verzichte durch Verschonungssubventionen – abweichend von den gleichheitsrechtlichen Belastungsmaßstäben des Steuerrechts oder nichtsteuerlichen Abgabenrechts – darauf, Mittel zu vereinnahmen, um auf diese Weise bestimmte inhaltliche Ziele zu verfolgen.611 Die Entscheidung des Gesetzgebers, von den Belastungsmaßstäben des Leistungsfähigkeitsprinzips oder des Äquivalenzprinzips zugunsten des Abgabenpflichtigen abzuweichen, um diesen zu einem bestimmten Verhalten zu motivieren, wirke effektiv genauso, als würden Mittel vereinnahmt und im unmittelbaren Anschluß zur Förderung des Subventionszwecks bereitgestellt.612 Obwohl es sich nicht um Ausgaben im formell-haushaltsrechtlichen Sinne handele, wirkten Ver608 Hierzu C. Gröpl, in: Bonner Kommentar, Art. 110 Rn. 99 f.; M. Kilian, Nebenhaushalte des Bundes, 1993, S. 545 ff.; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 25; A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, § 113 BHO Rn. 1; T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 159 ff., 167 ff.; R. Wendt, Haushaltsrechtliche Probleme, in: J. Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1994, S. 37 (43). 609 Vgl. die in Fn. 608 Genannten. 610 C. Gröpl, in: Bonner Kommentar, Art. 110 Rn. 113; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 18; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 403 ff.; P. Kirchhof, AöR 128 (2003), S. 1 (41). 611 H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 309 ff.; K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 52, 109; M. Schaden, Die Steuervergünstigung als staatliche Leistung, 1998; für besonders bedenklich wird erachtet, daß die Mehrzahl der Verschonungstatbestände keinen inneren Zusammenhang zwischen Subventionszweck und dem jeweiligen Steuerrechtsverhältnis aufweisen, dazu C. Gröpl, in: Bonner Kommentar, Art. 110 Rn. 113. 612 H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 398; ähnlich T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 71; zur Unterscheidung von Leistungs- und Verschonungssubvention zuerst H. F. Zacher, VVDStRL 25 (1967), S. 308 (317).

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 411

schonungssubventionen daher ausgabenwirksam.613 Aufgrund des „abgekürzten Zahlungsweges“614 erschienen die Förderungsanteile nicht als Ausgaben im allgemeinen Staatshaushalt und seien der parlamentarischen Ausgabenbewilligung entzogen. Die Saldierung der nach allgemeinen Regeln zu entrichtenden Abgabenlast mit dem Anteil der Verschonungssubvention führe zu einer Nettoveranschlagung, die von keiner grundgesetzlich vorgesehenen Ausnahme vom Prinzip der Bruttoveranschlagung gedeckt ist.615 Die Parallele zu „Quersubventionen“ ist deutlich: Auch durch diese Regelungen wird auf die Vereinnahmung von Mitteln, die nach allgemeinen Regeln der Abgabenerhebung erhoben werden könnten, verzichtet, um Finanzvolumina unmittelbar einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Verwendung durch Private zuzuführen. Beide Fördermechanismen setzen also einen „abgekürzten Zahlungsweg“ ein, aufgrund dessen sie bei formeller Betrachtung weder den Verfassungsmaßstäben an Abgabenerhebung noch den haushaltsrechtlichen Vorgaben für die parlamentarische Ausgabenbewilligung unterworfen sind. Der wesentliche Unterschied beider Handlungsformen besteht darin, daß bei der Verschonungssubvention Belasteter und Begünstigter personenidentisch sind, während bei der Preisintervention ein horizontaler Finanztransfer unter Privaten zustande kommt. Wie die Diskussion um die haushaltsverfassungsrechtliche Zulässigkeit von Verschonungssubventionen zeigt, ist die materielle Betrachtung ausgabenwirksamer Regelungen des Steuer- oder des Sachgesetzgebers, die das Fehlen eines Mittelzu- und -abflusses auf Seiten der öffentlichen Hand nicht für entscheidend hält, sondern nach den verfassungsrechtlichen Grenzen des Funktionsverlustes der parlamentarischen Ausgabenbewilligung fragt, im Schrifttum verbreitet und im Vordringen begriffen. Schließlich gibt auch die neuere Rechtsprechung des BVerfG zu Sonderabgaben Anlaß dazu, die Übergriffsintensität abgabenähnlicher Preisregelungen in das parlamentarische Budgetbewilligungsrecht als hoch einzuschätzen. In seinem Beschluß zur Verfassungsmäßigkeit der Altenpflegeumlage hat der Zweite Senat die bereits in ständiger Rechtsprechung gefestigten Zulässigkeitsvoraussetzungen an Sonderabgaben um ein weiteres Erfordernis ergänzt. Er fordert, Bestand und Entwicklung der verschiedenen Sonderabgaben seien in einer dem Haushaltsplan beigefügten Anlage einheitlich und hinreichend übersichtlich zu 613 Vgl. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 23; M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 39; C. Gröpl, in: Bonner Kommentar, Art. 110 Rn. 113; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 310, 398. 614 Ausdruck nach H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 (929), dort im Hinblick auf „Quersubventionen“. 615 W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 110 Rn. 18; M. Heintzen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 39; K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 109; zurückhaltender T. Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 248 ff.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

dokumentieren.616 Dem haushaltsrechtlichen Informationsbedürfnis des Parlaments werde bislang weder durch die geminderten Berichtspflichten gem. § 26 der Haushaltsordnungen des Bundes und der Länder, in deren Anwendungsbereich auch die durch Sonderabgaben finanzierten Nebenhaushalte fallen könnten, noch allein dadurch genügt, daß eine Sonderabgabe die materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen der bisherigen Rechtsprechung erfülle. Als Schutzgüter dieses weiteren Zulässigkeitserfordernisses benennt das Gericht ausdrücklich die Grundsätze der Einheit und Vollständigkeit des Haushaltsplans. Diese Fortentwicklung der Sonderabgabenjudikatur bedeutet eine erhebliche Aufwertung der Vergegenwärtigungsfunktion der Haushaltsbewilligung gegenüber budgetflüchtigen Sonderlasten durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung. Sie zeigt insbesondere, daß das BVerfG nicht bereit ist, Schwächungen des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts unter Hinweis auf die Grenzen des Anwendungsbereichs – „des Bundes“ – sowie die Ausnahmen – Bundesbetriebe und Sondervermögen – der Prinzipien der Einheit und Vollständigkeit hinzunehmen, vgl. Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG. Daß das BVerfG sich bei der Herleitung des Erfordernisses allein auf funktionelle Erwägungen stützt, unterstreicht, daß seine Überlegungen in gleicher Weise auf abgabenäquivalente Finanztransfers zutreffen. Das Gericht betont, eine hinreichende Information über Bestand und Entwicklung der verschiedenen Sonderabgaben sei die notwendige Voraussetzung für eine effektive Wahrnehmung der speziellen Kontroll- und Anpassungspflichten des Gesetzgebers; ebenso stelle die hinreichende Information des Parlaments und der Öffentlichkeit durch vollständige Dokumentation der Einnahmen und Ausgaben ein Gebot wirksamer parlamentarisch-demokratischer Legitimation und Kontrolle gegenüber der Planung und Entscheidung über die finanzielle Inanspruchnahme der Bürger für öffentliche Aufgaben dar.617 In der Schutzbedürftigkeit dieser Verfassungsrechtsgüter ergeben sich zwischen Sonderabgaben und Preisinterventionen keine Unterschiede. Bemerkenswert ist insbesondere, daß das BVerfG das hinzutretende Zulässigkeitserfordernis nicht aus abgabenrechtlichen Kategorien, sondern aus dem grundlegenden Gebot herleitet, der Haushaltsgesetzgeber habe sich die „finanzielle Inanspruchnahme der Bürger für öffentliche Aufgaben“618 zu vergegenwärtigen. Auch Bestand und Entwicklung fördernder Vergütungsregelungen ließen sich ohne Schwierigkeiten in einer Anlage zum Haushaltsplan dokumentieren.619 616

BVerfGE 108, 186 (218 f.) – Altenpflegeumlage. BVerfG, a. a. O., S. 219. 618 BVerfG, ebd. 619 Dies gilt jedenfalls für Preisregelungen im engeren Sinne; ob Gleiches auch von Lohnfortzahlungsregelungen gesagt werden kann, erscheint aufgrund der weiten Verbreitung dieser Regelungstechnik im Individualarbeitsrecht zweifelhaft. Auf diese 617

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 413

Durch eine solche Dokumentation würde der Haushaltsgesetzgeber vor Ausübung seiner Budgetbewilligungskompetenz über das Ausmaß, in dem Private auf Veranlassung des Sachgesetzgebers zur haushaltsflüchtigen Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden, unterrichtet. Bislang unterliegt der Einsatz „quersubventionierender“ Finanztransfers keiner solchen Dokumentation; selbst im Subventionsbericht der Bundesregierung gem. § 12 Abs. 2 StabG620 erscheinen Preisinterventionen – anders als steuerliche Verschonungssubventionen – nicht. Zwar legt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit dem Deutschen Bundestag gem. § 20 Abs. 1 EEG 2004 alle vier Jahre einen Bericht über den Stand der Markteinführung von Anlagen zur Erzeugung von EEG-Strom vor, der den Umfang der finanziellen Förderung ausführlich darstellt. Im Gegensatz zu einer Dokumentation als Anlage zum Haushaltsplan vermag ein solcher Bericht allerdings nicht, die haushaltsverfassungsrechtliche Relevanz einer Zwangsvergütung, die sich aus ihrer Ausgabenwirksamkeit ergibt, deutlich zu machen. Die Berichtspflicht nach § 20 Abs. 1 EEG ist daher ungeeignet, die Verfehlung der Schutzzwecke des Prinzips der Budgetvollständigkeit zu kompensieren. Soweit sich die Übergriffswirkung abgabenähnlicher Vergütungspflichten in die Ausgabenbewilligungskompetenz aus der Beeinträchtigung der Vergegenwärtigungs- und Mäßigungsfunktionen dieser Kompetenz ergibt, könnte die Intensität des Übergriffs durch eine Dokumentation, wie sie das BVerfG für Sonderabgaben verlangt, erheblich gemindert werden. Daß diese – naheliegende – Kompensationsmöglichkeit bislang ungenutzt bleibt, ohne daß ihr besondere technische Schwierigkeiten gegenüberständen, indiziert für den gegenwärtigen Zustand eine hohe Übergriffsintensität abgabenäquivalenter Preisregelungen. III. Periodische Legitimation des Ausgabegebarens Kennzeichnend für die parlamentarische Ausgabenbewilligung ist es, daß sie die veranschlagten Mittel nur für die jeweilige Haushaltsperiode zur Verfügung stellt. In der Periodizität der Ermächtigung liegt einer der wesentlichen, historisch überkommenen Unterschiede zwischen Rechtsakten des Haushaltsgesetzgebers und der Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen. Die strenge Phasenbezogenheit der Ausgabenbewilligung sichert insbesondere die politische und die finanzpolitische Funktion des Haushaltsplans ab. Die Regierung soll diejenigen Aufgaben, zu deren Wahrnehmung sie sich entscheidet, präzisieren und auf dieser Grundlage die entsprechenden Ausgaben nach ihrer Bedeutung, Frage wird im Rahmen der abschließenden Gesamtabwägung der Übergriffswirkung der Referenzregelungen zurückzukommen sein. 620 Vgl. Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8. 6. 1967 (BGBl. I S. 582), zuletzt geändert durch Art. 101 der Achten ZuständigkeitsanpassungsVO vom 25. 11. 2003 (BGBl. I S. 2304).

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Erforderlichkeit und Dringlichkeit gewichten und aufeinander abstimmen.621 Die Abstimmung von Aufgaben- und Ausgabenpolitik soll sich in ökonomisch vernünftiger Weise vollziehen; die Wahrnehmung von Aufgaben, die mit Blick auf ihre Erforderlichkeit und Dringlichkeit zurückgestellt werden könnten, soll nicht durch finanzielle Mehrbelastung der Steuerpflichtigen „zur Unzeit“ oder durch vermehrte Kreditaufnahme ermöglicht werden.622 Die zeitnahe Ausgabenentscheidung, die es dem Haushaltsgesetzgeber gestattet, auf veränderte Einnahmen- und Bedarfsverhältnisse zu reagieren, verwirklicht die klassische Mäßigungsfunktion des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts. Sie stellt sicher, daß der Bürger nur zur Deckung aufgabenpolitisch gerechtfertigter Ausgaben, also zur Wahrnehmung von Aufgaben, an denen ein öffentliches Interesse noch besteht, belastet wird. Die Zeitnähe bildet zugleich auch die Grundlage der Vergegenwärtigungsfunktion des Budgetbewilligungsrechts. Der vollständige Überblick über sämtliche zu erwartenden Einnahmen und voraussichtlich zu treffenden Ausgaben erleichtert Planungsentscheidungen des Haushaltsgesetzgeber nur solange, wie die Einnahmenschätzungen und Aufgabenentscheidungen, auf denen er beruht, aktuell sind. All diese Funktionen der Haushaltsbewilligungskompetenz bleiben für haushaltsflüchtige Ausgaben und ausgabenwirksame Sachregelungen grundsätzlich unverwirklicht. Haushaltsflüchtige Finanzvolumina, die nicht der periodischen Bewilligungsentscheidung des Parlaments unterworfen sind, laufen am Prozeß des Aufeinanderabstimmens von Einnahmen und Aufgaben vorbei. Diese Mittel geraten daher in Gefahr, „verausgabt“ zu werden, obwohl ihre Verwendung nach Art und Umfang einer Überprüfung auf ihre Erforderlichkeit und Dringlichkeit nicht genügen würde. Durch haushaltsflüchtige Ausgaben und Transfervolumina werden daher in der Regel diejenigen Funktionen des Budgetbewilligungsrechts, die gerade auf dessen Periodizität beruhen, entwertet. Zwar muß außerbudgetäre Mittelbewirtschaftung nicht unbedingt mit erheblichen Funktionseinbußen bei der regelmäßigen Überprüfung der Ausgabenbewilligung einhergehen, wie ein erneuter Blick auf die Sonderabgabenjudikatur des BVerfG zeigt. Neben die materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen an Sonderabgaben stellt das Gericht bereits seit der Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe das formelle Erfordernis, der Gesetzgeber habe „bei einer auf längere Zeit angelegten Finanzierung [. . .] stets zu überprüfen, ob seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz des gesetzgeberischen Mittels ,Sonderabgabe‘ aufrechtzuerhalten oder ob sie wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Wegfalls des Finanzierungszwecks oder Zielerreichung zu ändern oder aufzuheben ist.“623 Auch für haushaltsflüchtige Finanzvolumina wird also ein gewisses

621 622

Siehe oben § 13 B I 2 b) und § 13 B I 3. Siehe oben § 13 B I 2 b).

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 415

Maß an periodischer Legitimation hergestellt, indem der Sachgesetzgeber zu einer wiederkehrenden Auseinandersetzung mit dem Inhalt seiner Belastungsund Verwendungsentscheidung verpflichtet wird.624 Freilich übernimmt der Sachgesetzgeber dabei Funktionen, die in Ausübung des Budgetbewilligungsrechts durch den Haushaltsgesetzgeber und unter Beachtung der für diesen geltenden Handlungsmaßstäbe wahrzunehmen wären. Ähnlich wie bereits für das Verhältnis von Budgetvollständigkeit und Dokumentationspflicht gesehen wurde, könnten auch Einbußen der Ausgabenbewilligungskompetenz an ihrer Funktion zu periodisch erneuerter Legitimation des staatlichen Finanzgebarens zum Teil dadurch kompensiert werden, daß der Gesetzgeber kompetenzübergreifender Sachregelungen sich einer Verpflichtung zu periodischer Überprüfung der auferlegten Sonderlast unterwirft. Auch für Preisinterventionen hätte der Sachgesetzgeber in regelmäßigen Zeitintervallen zu prüfen, ob der Einsatz einer solchen Regelung durch ihren Förderzweck weiter gerechtfertigt erscheint oder ob sie – in den Worten des BVerfG – „wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Wegfalls des Finanzierungszwecks oder Zielerreichung zu ändern oder aufzuheben ist“.625 Tatsächlich bestehen sowohl für die Stromeinspeisungsregelung als auch für den Herstellerabschlag auf Arzneimittel Überprüfungs- und Berichtspflichten. Nach § 20 Abs. 1 EEG 2004 hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit dem Deutschen Bundestag „bis zum 31. Dezember 2007 und dann alle vier Jahre“ über den Stand der Markteinführung von Anlagen zur Erzeugung von EEG-Strom zu berichten und gegebenenfalls eine Anpassung der Höhe der Vergütungen und ihrer Degressionssätze gem. §§ 6 bis 12 EEG vorzuschlagen. Ähnlich sieht § 130a Abs. 4 SGB V für den Herstellerabschlag vor, daß das Bundesministerium für Gesundheit die Erforderlichkeit der Abschläge der § 130a Abs. 1, 3a und 3b SGB V nach Maßgabe des Art. 4 der sog. Transparenz-Richtlinie626 89/105/EWG zu überprüfen und, wenn und soweit diese nach der gesamtwirtschaftlichen Lage einschließlich ihrer Auswirkung auf die GKV nicht mehr gerechtfertigt sind, zu verringern oder aufzuheben hat. Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie sind Preisregelungen des Arzneimit623 BVerfGE 55, 274 (308) unter Hinweis auf E 49, 189 (130); vgl. auch E 82, 159 (181); 108, 186 (218). 624 Das BVerfG blieb mit der Einführung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung hinter Forderungen der Lit. und der Öffentlichkeit zurück, die verlangt hatten, eine periodische Legitimation von Sonderabgabenregelungen dadurch herzustellen, daß diese stets nur unter Befristung erlassen werden, vgl. K. H. Friauf, JA 1981, S. 261 (262). 625 BVerfGE 55, 274 (308). 626 Zu den Anforderungen an die Erforderlichkeitsprüfung und die Anpassung des Abschlages Art. 4 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. 12. 1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme, ABl. EG L 40 vom 11. 2. 1989, S. 8.

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

telrechts „mindestens einmal jährlich“ auf ihre weitere Rechtfertigung zu kontrollieren. Für beide Regelungen ist zu fragen, ob durch die angeordneten Überprüfungs- und Anpassungspflichten die Funktionseinbußen der parlamentarischen Ausgabenbewilligung jedenfalls zum Teil dadurch ausgeglichen werden, daß die demokratische Legitimation der ausgabenwirksamen Sachregelungen periodisch erneuert wird. Beiden Regelungen ist gemeinsam, daß nicht der Befund der Ausgabenwirksamkeit den Gesetzgeber zur Anordnung einer periodischen Überprüfungspflicht bewogen hat. An Stelle haushaltsverfassungsrechtlicher Anforderungen haben in beiden Fällen ordnungspolitische Erwägungen den Ausschlag zur Einführung der Beobachtungspflicht gegeben. Zu § 20 Abs. 1 EEG 2004 ist der Gesetzesbegründung lediglich zu entnehmen, die Vorschrift diene dazu, „den Grad der Marktdurchdringung und die technologische Entwicklung bei Anlagen zur Nutzung Erneuerbarer Energien zu beobachten“ und dadurch Hinweise auf die Notwendigkeit einer Anpassung der Vergütungssätze zu erhalten.627 § 130a Abs. 4 SGB V ist ebenfalls nicht finanzverfassungsrechtlich, sondern gemeinschaftsrechtlich motiviert und soll die Abschlagsregelung mit den Vorgaben der sog. Transparenz-Richtlinie in Einklang bringen.628 Auch wenn die Begrenzung der Übergriffsintensität in beiden Fällen nicht das Motiv zur Anordnung der Überprüfungspflichten gewesen ist, könnten diese dennoch geeignet sein, dem Erfordernis periodischer demokratischer Legitimation von Zwangsvergütungen Genüge zu tun. Die Regelungen unterscheiden sich jedoch wesentlich darin, daß § 20 Abs. 1 EEG der Exekutive eine Berichtspflicht an das Parlament auferlegt, die Entscheidung über die Anpassung des Fördermechanismus also dem Gesetzgeber vorbehält, während § 130a Abs. 4 SGB V sowohl die Beobachtung der Abschlagsregelungen als auch eine mögliche Anpassung in die Hände des Ministeriums legt. Dieses wird dazu ermächtigt, die Abschläge erforderlichenfalls durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu verringern oder aufzuheben. Der Schutzzweck des Periodizitätsprinzips geht nun gerade dahin, für eine regelmäßig wiederkehrende Befassung des Parlaments mit der Erforderlichkeit einer bestimmten Ausgabe zu sorgen; das Prinzip zielt auf die Erneuerung unmittelbarer demokratischer Legitimation. Hierzu ist § 130a Abs. 4 SGB V, der sowohl die Überprüfungs- als auch die Anpassungsentscheidung der Exekutive überträgt, nicht in der Lage. Die Regelung verringert daher die Übergriffsintensität der Abschlagsregelung nicht in nennenswerten Maße. Anders liegt dies für § 20 Abs. 1 EEG. Indem das zuständige Ministerium dem Bundestag lediglich über die Veränderungen der Förderbedürftigkeit erneu627

Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 53. Vgl. die Begründung des Entwurfs der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BTDrs. 15/28, S. 16. 628

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 417

erbarer Energien berichtet und Anpassungen der gesetzlichen Vergütungen vorschlägt, wird der Gesetzgeber selbst zu einer regelmäßigen Befassung mit der Rechtfertigung der SER veranlaßt. Zwar wird die demokratische Legitimation auf diesem Wege nur alle vier Jahre erneuert. Doch fordert das Periodizitätsprinzip schon in seiner unmittelbaren Ausprägung für das Haushaltsverfassungsrecht keine alljährliche Entscheidung des Gesetzgebers, vgl. Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG; um so weniger ist dies für ausgabenwirksame Sachregelungen zu fordern. Auch das BVerfG hat zu der entsprechenden Überprüfungspflicht für Sonderabgaben ausgeführt, in welchen Zeitabständen die Fortdauer der sachlichen Rechtfertigung einer Sonderabgabe vom Gesetzgeber zu prüfen sei, lasse sich nicht generell und abstrakt, sondern nur nach den besonderen Umständen der konkreten Sonderabgabe und den ihr zugrundeliegenden Verhältnissen bemessen.629 Angesichts dessen erscheint die Festlegung eines vierjährigen Überprüfungszeitraumes durch § 20 Abs. 1 EEG nicht ungeeignet, die Funktionseinbußen der Ausgabenbewilligung und damit die Intensität des Übergriffs zu begrenzen. Fordert man allerdings mit der hier vertretenen Auffassung eine Dokumentation von „Quersubventionen“ in einer Anlage zum Haushaltsplan, so würde die Beachtung dieses Erfordernisses unweigerlich zu einer alljährlichen Auseinandersetzung des Haushaltsgesetzgebers mit den Fördervolumina der SER führen. Der genannten Berichts- und Vorschlagspflicht der Bundesregierung im vierjährigen Turnus, die eine Impulswirkung auf den Gesetzgeber entfalten kann, käme daneben lediglich ergänzende Bedeutung zu. Es bleibt festzuhalten, daß abgabenähnliche Preisregelungen, bei denen eine Erneuerung der demokratischen Legitimation der ausgabenwirksamen Sachregelung in regelmäßigen Intervallen nicht gewährleistet ist, eine weitere Funktion der Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers beeinträchtigen. Während der Gesetzgeber des EEG eine gewisse periodische Legitimation der SER auch außerhalb der Budgetbewilligungsrechts sichert und die Übergriffsintensität dieses Förderungsinstrumentes hierdurch begrenzt, fehlen entsprechende Korrektive beim Herstellerabschlag und bei der Zuschußpflicht der Arbeitgeber nach § 14 Abs. 1 MuSchG. IV. Budgetöffentlichkeit Haushaltsflüchtige Ausgaben und Transfervolumina nehmen auch an der Öffentlichkeit des Budgets nicht teil. Diesem Grundsatz kommt die Funktion zu, den Haushaltsplanentwurf der demokratischen Kontrolle nicht nur durch das Parlament, sondern auch durch die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Budgetöffentlichkeit ermöglicht es, die demokratische Kontroll- und Legitimationsfunktion des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts durch 629

BVerfGE 108, 186 (231); 110, 370 (392).

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

Einbezug der interessierten Öffentlichkeit noch zu verstärken. Zudem besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Budgetöffentlichkeit und dem – ebenfalls im Demokratiegedanken verankerten – Prinzip der Gemeinlast. Der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen als dem primären Financier des Staates soll Einblick in die Herkunft und die Verwendung der dem Gemeinwesen zur Verfügung gestellten Finanzmittel gewährt werden. Für haushaltsflüchtige Ausgaben und ausgabenwirksame Finanzvolumina hingegen sind die Aussichten, auch in das Bewußtsein der Öffentlichkeit zu dringen, gering. Da sie nicht allein der parlamentarischen Ausgabenbewilligung, sondern damit auch weitgehend der Auseinandersetzung in der öffentlichen Meinung entzogen sind, bleiben ihnen beide Instanzen demokratischer Kontrolle und Legitimation verschlossen. Infolgedessen kann sich eine weitere Funktion, welche die Finanzverfassung dem Budgetbewilligungsrecht beilegt, für haushaltsflüchtige Transfervolumina nicht entfalten. Zwar kann eine parlamentarische Kontrolle der Verwendungsentscheidung auf ihre fortbestehende Konsensfähigkeit auch dadurch initiiert werden, daß eine Staatsausgabe die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zieht oder die Angehörigen einer sonderbelasteten Gruppe sich durch Verbände und Parteien gegen Herkunft und Verwendung der betreffenden Finanzmittel wenden. Während es sich dabei noch um demokratische Kontrolle in einem weiteren Sinne handeln mag, kommt in diesen Reaktionsformen doch nicht das Wirksamwerden finanz-, insbesondere haushaltsverfassungsrechtlicher Schutzvorkehrungen zum Ausdruck. In welchem Maße das Prinzip der Budgetöffentlichkeit auch gegenüber parafiskalischen Sonderlasten Geltung beansprucht, wird darin deutlich, daß das BVerfG das Erfordernis hinreichender Dokumentation von Sonderabgaben auch aus diesem Haushaltsprinzip herleitet. Es stellt heraus, die Dokumentation haushaltsflüchtiger Finanztransfers sei „nicht nur notwendige Voraussetzung für eine verantwortungsgerechte Wahrnehmung der Entscheidungs-, Planungs- und Kontrollaufgaben des Parlaments, sondern auch Bedingung wirksamer Kontrollmöglichkeiten der Öffentlichkeit.“630 Auch außerhalb des unmittelbaren Geltungsbereichs des Prinzips der Budgetvollständigkeit bleibe deshalb „die hinreichende Information des Parlaments und der Öffentlichkeit [. . .] ein Gebot wirksamer parlamentarisch-demokratischer Legitimation und Kontrolle“.631 In bezug auf die hier untersuchten Vergütungsregelungen ist die allgemeine Öffentlichkeit auf Kontrolle und Partizipation anläßlich der Beratung und Verabschiedung der Sachregelung beschränkt. Dabei muß davon ausgegangen werden, daß diesen Gesetzgebungsakten – noch dazu deshalb, weil sie keine Belastung der Allgemeinheit, sondern nur einzelner Gruppen mit sich bringen –

630 631

BVerfGE 108, 186 (218) – Altenpflegeabgabe. BVerfG, a. a. O., S. 219.

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 419

nicht die gezielte Medienaufmerksamkeit beschieden ist, die regelmäßig der jährlichen Haushaltsdebatte zuteil wird. Zudem bleibt die Möglichkeit zu Information und Kontrolle durch die Öffentlichkeit, soweit die Regelungen keinen vielbeachteten Gesetzesänderungen unterzogen werden, eine einmalige. Die Abweichung von dem Prinzip der Budgetöffentlichkeit und die fehlende Periodizität hängen eng miteinander zusammen. Daß dem Erscheinen eines Erfahrungsberichts des zuständigen Regierungsressorts – wie § 20 Abs. 1 EEG dies für die Stromeinspeisung alle vier Jahre vorschreibt – in Medien und Öffentlichkeit eine vergleichbare Beachtung geschenkt wird wie der Haushaltsdebatte, ist kaum vorstellbar. Auch für die Entwertung von Schutzzwecken des Prinzips der Budgetöffentlichkeit durch Preisregulierung ist danach zu fragen, ob Ausnahmen von diesem Prinzip bestehen, deren Rechtfertigungsgedanke auch auf Preisinterventionen zutrifft. Das BVerfG hat Ausnahmen von dem Grundsatz, dem es Verfassungsrang zuerkennt, dann zugelassen, wenn „zwingende Gründe des Staatswohls“ eine Einschränkung der Budgetöffentlichkeit gebieten.632 Dazu, die Regelungstechnik der Entgeltregulierung zu wählen, wird der Sachgesetzgeber jedoch nicht durch „zwingende Gründe des Staatswohls“ veranlaßt. Als Vorzüge der „Quersubventionierung“ werden häufig angeführt, durch den Verzicht auf staatliche Mittelverwaltung und -verwendung minimierten diese Regelungen den mit einer Förderung üblicherweise verbundenen Verwaltungsaufwand;633 sie erlaubten es auch, eine bestimmte Gruppe Privater entsprechend ihrer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit in Anspruch zu nehmen.634 Zwingende Gründe des Staatswohls sind in beiden Erwägungen nicht zu sehen. Da auch der Schutzzweck des Prinzips der Budgetöffentlichkeit durch Zwangsvergütungen nicht erfüllt wird, beeinträchtigen diese auch die Informationsfunktion der parlamentarischen Ausgabenbewilligung zugunsten der Öffentlichkeit. Inwieweit dies zu einer Steigerung der Übergriffsintensität beiträgt, wird im Rahmen der abschließenden Gesamtwürdigung betrachtet. V. Trennung von Mittelherkunft und -verwendung Die Funktion des Grundsatzes der Gesamtdeckung liegt darin, die Einschränkungen des Gestaltungsspielraums des Haushaltsgesetzgebers, wie sie sich bereits aus materiellrechtlichen Bindungen außerhalb des Budgets sowie aus faktischen Bewilligungszwängen ergeben, so gering wie möglich zu halten. Das Prinzip soll den Haushaltsgesetzgeber dazu befähigen, Ausgabenentscheidungen 632

BVerfGE 70, 324 (358) – Haushaltskontrolle der Nachrichtendienste. Exemplarisch zur SER BGHZ 134, 1 (19) – Stromeinspeisung II. 634 So für die SER die Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BT-Drs. 14/2776, S. 20. 633

420

4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

nach Gesichtspunkten der Erforderlichkeit und Dringlichkeit zu treffen und dabei auch auf unvorhergesehene Entwicklungen reagieren zu können, ohne zu finanzpolitisch nachteiligen oder den Bürger unnötig belastenden Maßnahmen greifen zu müssen. Es dient der Flexibilität und Gestaltungsfähigkeit sowie der Wirtschaftlichkeit der Budgetgesetzgebung dadurch, daß mit den zu erwartenden Einnahmen eine „manövrierfähige“ Finanzmasse zur Verfügung gestellt wird.635 Es handelt sich bei dem Prinzip der Gesamtdeckung daher um ein Gestaltungsgebot, bei dessen Beachtung sich die politische und die finanzpolitische Funktion des Haushaltsplans optimal verwirklichen lassen. Die horizontalen Finanztransfers abgabenäquivalenter Preisregelungen weichen auch von diesem Grundsatz ab, indem sie eine bestimmte Gruppe begünstigen, die durch Zuführung der Finanzmittel zur Erfüllung einer Gemeinwohlaufgabe befähigt wird. Die Steuerung der Finanztransfers entspricht in ihrer Wirkung der Zweckbindung eines Einnahmenpostens, da der Zuwachs an wirtschaftlicher Handlungsfähigkeit, die zur Disposition des Staates steht, nicht freier Verwendung zugänglich, sondern bereits in der Bestimmung des Leistungsadressaten durch den Sachgesetzgeber einer bestimmten Aufgabe gewidmet ist. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Privater, die in dem Finanztransfer einer fördernden Vergütungsregelung gebunden wird, vermittelt dem Staat also erweiterte, nicht aber flexibel einsetzbare Handlungsmacht. Preisinterventionen entsprechen dem Gedanken der Gesamtdeckung oder Non-Affektation daher nicht. Besondere Beachtung verdienen die Auswirkungen auf das Budgetbewilligungsrecht, die sich dann ergeben, wenn eine Ausgabe – und Gleiches gilt für ausgabenwirksame Finanztransfers – kumulativ von den Geboten der Periodizität, der Öffentlichkeit und der Gesamtdeckung abweicht. Zweckbindungen bergen stets die Gefahr, daß eine Zuwendung sich aus der Sicht des Begünstigten zu einer gesicherten Erwartung verfestigt. Unterliegen finanzielle Begünstigungen in Gestalt zweckgebundener Mittelverwendung keiner periodischen Kontrolle, so wird eine „zementierende“ Wirkung hierdurch unterstützt. Wird zugleich dem Prinzip der Budgetöffentlichkeit nicht entsprochen, so reduziert sich die Wahrscheinlichkeit, daß aus dem Parlament oder der informierten Öffentlichkeit Anstöße dazu kommen, die Begünstigung einzustellen. Diese Konstellation bietet „optimale“ Bedingungen dafür, daß aus der parafiskalischen Berücksichtigung von Gruppeninteressen dauerhafte Besitzstände werden. Durch die beschriebenen Auswirkungen weichen abgabenäquivalente Preisbestimmungen zwar vom Grundsatz der Gesamtdeckung ab, doch ergibt sich hieraus keine bedenkliche Beeinträchtigung von Funktionen des Budgetbewilligungsrechts. Der Grundsatz der Gesamtdeckung sichert nicht in gleicher Weise 635

Siehe hierzu bereits oben § 13 B I 5.

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 421

Kernfunktionen der Haushaltsbewilligungskompetenz ab, wie dies für die bisher betrachteten Haushaltsprinzipien festgestellt wurde. Dementsprechend genießt er weder verfassungsrechtliche Anerkennung, noch sind seine Ausnahmen eng begrenzt. Vielmehr genügt es gem. § 7 S. 2 HGrG und der wortlautgleichen Bestimmung des § 8 S. 2 BHO, wenn Ausnahmen in Form von Zweckbindungen durch Gesetz vorgeschrieben oder im Haushaltsplan zugelassen werden. Wollte man Vergütungspflichten als Ausnahmen vom Gebot der Gesamtdeckung begreifen, so wäre schon die Bestimmung des Zuwendungsempfängers durch die Regelung selbst zur Rechtfertigung der Prinzipiendurchbrechung ausreichend. Bezieht man erneut die Sonderabgabenjudikatur des BVerfG in die Betrachtung mit ein, so zeigt sich, daß dieses Ergebnis für haushaltsflüchtige Sonderlasten konsequent ist. Die gruppennützige Verwendung des Aufkommens als Zulässigkeitsvoraussetzung für Sonderabgaben dient auch der Rechtfertigung der Haushaltsflüchtigkeit des Abgabenaufkommens und der mit der Abgabenerhebung verbundenen finanziellen Sonderbelastung.636 Da das Aufkommen der parlamentarischen Budgetbewilligung entzogen ist, darf es jedenfalls nicht der freien Ausgabenentscheidung der Exekutive überantwortet werden; da es zudem im Wege finanzieller Sonderbelastung erzielt worden ist, kann es aus Gründen der Belastungs- und Verteilungsgerechtigkeit nicht zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben verwendet werden. Das Gebot gruppennütziger Verwendung des Aufkommens bewirkt jedoch zugleich dessen Zweckbindung und damit eine Abweichung vom Grundsatz der Gesamtdeckung. Es wäre befremdlich, wenn die Rechtsprechung des BVerfG zur Rechtfertigung der Haushaltsflüchtigkeit und der Sonderbelastung ein Erfordernis aufgestellt hätte, bei dessen Beachtung die Sonderabgaben unweigerlich in Konflikt mit einem anderen zwingenden Haushaltsgrundsatz geraten. Da das Prinzip der Gesamtdeckung keine zwingende Geltung beansprucht, läßt sich der Widerspruch zugunsten der Prinzipien der Haushaltsvollständigkeit und der Lastengleichheit auflösen. Da Entsprechendes auch für fördernde Vergütungsregelungen gilt, erscheint es von vornherein ausgeschlossen, aus deren „Zweckbindung“ auf eine gesteigerte Intensität des Kompetenzübergriffs in das parlamentarische Budgetbewilligungsrecht zu schließen. VI. Kein Übergriff im Verhältnis von Exekutive und Haushaltsgesetzgeber Da alle Referenzregelungen in einem bestimmten Ausmaß zentrale Funktionen der parlamentarischen Ausgabenbewilligung beeinträchtigen, erscheint es möglich, daß diese Regelungen ein unzulässig hohes Maß an Übergriffsintensität entfalten. Gewisse Zweifel an einer erheblichen Übergriffsintensität ergeben 636

Siehe hierzu bereits oben § 7 C I 2 a) und 3 c).

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

sich allerdings aus dem Umstand, daß die von Zwangsvergütungen ausgehenden Kompetenzübergriffe nicht das Verhältnis von Regierung und Parlament, sondern dasjenige von Sach- und Haushaltsgesetzgeber betreffen. Denkbar wäre, daß die Intensität der Übergriffswirkung aus diesem Grund von vornherein als gering einzustufen ist. Seiner klassischen Funktion nach schützt das parlamentarische Budgetbewilligungsrecht vor einer Ausübung finanzstaatlicher Handlungsmacht, der keine Kontrolle durch das Parlament vorgeschaltet ist. Es soll verhindern, daß die Exekutive durch eine eigenständige Ausgabenpolitik „am Haushalt vorbei“ Macht ausüben kann, ohne dabei der demokratischen Kontrolle des Parlaments unterworfen zu sein.637 Diese Funktion des Budgetbewilligungsrechts, die im Verlauf der historischen Entwicklung dieser Kompetenz im Vordergrund gestanden hat, wird durch Entgeltregelungen nicht berührt. „Quersubventionen“ organisieren bei materieller Betrachtung Einnahmen- und Ausgabenkreisläufe, in die weder der Haushaltsgesetzgeber noch – da ihr Finanzierungsmechanismus ohne eine Verausgabung von Mitteln durch Stellen der öffentlichen Verwaltung auskommt – die Exekutive eingeschaltet ist. Zugleich werden die Belastungs- und die Verwendungsentscheidung, wenn auch nicht durch den Haushaltsgesetzgeber, so doch durch das Parlament und folglich mit unmittelbarer demokratischer Legitimation getroffen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken an Preisinterventionen ergeben sich also nicht aus dem Verhältnis von Parlament und Exekutive, da letztere am „Vollzug“ von Vergütungsregelungen gar nicht beteiligt ist. Hierin besteht ein weiterer Unterschied zu Sonderabgaben. Da ihr haushaltsflüchtiges Aufkommen von Stellen der leistenden Verwaltung bewirtschaftet und verausgabt wird, stehen Sonderabgaben noch im klassischen Spannungsverhältnis von Parlament und Exekutive. Vor diesem Hintergrund sichert die vom BVerfG herausgearbeitete Zulässigkeitsvoraussetzung der gruppennützigen Verwendung des Abgabenaufkommens das parlamentarische Budgetbewilligungsrecht in mehrfacher Weise. Durch Bindung des Aufkommens an einen bestimmten Verwendungszweck wird eine freie Verwendungsentscheidung der verwaltenden Stellen ausgeschlossen. Die Bestimmung des konkreten Verwendungszwecks wird zwar nicht vom Haushaltsgesetzgeber, jedoch durch den Sachgesetzgeber und damit durch das Parlament getroffen. Auf diese Weise wird die Kompetenzverteilung beim Einsatz von Sonderabgaben dem Regelbild der Finanzverfassung angenähert: Die Verwendungsentscheidung im Außenverhältnis trifft der Sachgesetzgeber; das Entfallen der Ermächtigung durch den Haushaltsgesetzgeber wird ein Stück weit dadurch kompensiert, daß der Verwaltung eine ungebundene Verwendungsentscheidung verwehrt wird. Insgesamt 637 Hierzu P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 19; C. Hillgruber, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 110 Rn. 3.

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 423

wird also die Beeinträchtigung des Budgetbewilligungsrechts in seiner klassischen Funktion, wie sie infolge der Haushaltsflüchtigkeit von Sonderabgaben eintreten kann, durch deren Zweckbindung zum Teil wieder aufgefangen. Daneben sichert das Erfordernis der gruppennützigen Verwendung durch die Wahrung von Verteilungsgerechtigkeit eine weitere Funktion des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts. Im Gegensatz zu Sonderabgaben ist die „klassische“ Kontrollfunktion der Ausgabenbewilligung durch Preisinterventionen nicht berührt. Wenn aber das Verhältnis von Parlament und Exekutive für die historische Entwicklung des Haushaltsbewilligungsrechts auch prägend gewesen ist, so folgt daraus nicht, daß die Rechtfertigungsbedürftigkeit von Kompetenzübergriffen im Verhältnis anderer Staatsorgane hinter solchen zwischen Parlament und Exekutive grundsätzlich zurücksteht. Wie hinsichtlich der einzelnen Funktionen gesehen wurde, zeichnet sich das Budgetbewilligungsrechts unter Gesichtspunkten der Funktionsgerechtigkeit auch gegenüber dem Handeln des Sachgesetzgebers aus. Da sämtliche Funktionen des Budgetbewilligungsrechts, die im Verhältnis von Haushalts- und Sachgesetzgeber angesprochen sein können, durch Zwangsvergütungen zumindest partiell entwertet werden, ist nicht von vornherein ausgeschlossen, daß auch die Referenzregelungen eine unzulässig hohe Intensität der Übergriffswirkung erreichen. VII. Abschließende Würdigung der Übergriffsintensität abgabenähnlicher Vergütungspflichten in das parlamentarische Budgetbewilligungsrecht Für die untersuchten Referenzregelungen wurde festgestellt, daß sie einige der bedeutsamsten Funktionen des Budgetbewilligungsrechts beeinträchtigen. Der Haushaltsgesetzgeber erhält keinerlei Gelegenheit, sich die Herkunft und die Verwendung der transferierten Mittel zu vergegenwärtigen, so daß ihm sowohl der Zugewinn als auch der Gebrauch finanzstaatlicher Handlungsmacht entgeht. Eine wiederkehrende parlamentarische Überprüfung der Regelungen daraufhin, ob die Erzielung und Verwendung der Mittel noch aktuellen finanzund aufgabenpolitischen Notwendigkeiten entspricht, findet lediglich für die Stromeinspeisungsregelung aufgrund der in § 20 Abs. 1 EEG angeordneten Überprüfungs- und Anpassungspflicht statt. Mit Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens, in dem eine abgabenäquivalente Preisregelung eingeführt wird, enden die Möglichkeiten der allgemeinen Öffentlichkeit, kontrollierend und legitimierend auf die in der Regelung verkörperte Belastungs- und Verwendungsentscheidung Einfluß zu nehmen. Die beschriebenen Funktionsverluste des Budgetbewilligungsrechts sind nicht allein Folge der Haushaltsflüchtigkeit vergütungsgesteuerter Finanzvolumina, sondern beruhen auch darauf, daß funktionelle Äquivalente der Bewilligungsentscheidung, wie sie das BVerfG in Form von Anpassungs- und Dokumentationspflichten des Sachgesetzgebers für Son-

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4. Teil: Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung

derabgaben eingeführt hat, für Preisinterventionen weitgehend fehlen. Die Übergriffsintensität der einzelnen Referenzregelungen wird im folgenden durch eine Zusammenschau der verschiedenen Funktionseinbußen bestimmt, zu denen eine Vergütungsregelung für die parlamentarische Ausgabenbewilligungskompetenz führt. Eine Dokumentation des Einsatzes „quersubventionierender“ Förderungstechnik, die geeignet wäre, die Beeinträchtigung der Vergegenwärtigungs- und Mäßigungsfunktion der Ausgabenbewilligung zu mildern, findet für die Stromeinspeisungsregelung nicht statt. Für die Gewichtung der Intensität des Kompetenzübergriffs, die sich aus dieser Funktionseinbuße ergibt, ist von Bedeutung, daß der Gesetzgeber an einer solchen Dokumentation – als Anlage zum Haushaltsplan – nicht durch besondere technische Schwierigkeiten gehindert wird.638 Schon bei der Entwicklung der Intensitätskriterien für Übergriffe des Sachgesetzgebers in Kompetenzen des Steuergesetzgebers wurde gesehen, daß die Intensität einer übergreifenden Kompetenzausübung auch danach bestimmt werden kann, ob die Übergriffswirkung durch eine entsprechende Ausgestaltung der Maßnahme hätte vermieden oder zumindest in ihrem Ausmaß kontrolliert werden können.639 Ist eine Übergriffswirkung ganz oder jedenfalls partiell vermeidbar, so weist dies in Richtung einer hohen Übergriffsintensität. Da die Übergriffswirkung sich insoweit gerade aus einer Verfehlung der Schutzzwecke des – für die Ausgestaltung der Budgetbewilligung zentralen – Vollständigkeitsgebots ergibt, muß der SER eine unzulässig hohe Übergriffsintensität zugemessen werden. Da die SER in § 20 Abs. 1 EEG über ein gewisses funktionelles Äquivalent zur periodischen Legitimationsfunktion der Ausgabenbewilligung verfügt, folgt aus der Verfehlung dieser Funktion nur eine geringe zusätzliche Übergriffsintensität. Der Umstand, daß die SER den Schutzzweck der Budgetöffentlichkeit und damit die Informationsfunktion des Budgetbewilligungsrechts nicht verwirklicht, steigert ebenfalls ihre Übergriffsintensität. Da sich diese Funktionseinbuße jedoch als notwendige Folge der Haushaltsflüchtigkeit von Zwangsvergütungen einstellt, sollte in ihr keine wesentliche Erhöhung der Intensität gegenüber der 638 Der Kreis der Sachregelungen, die in eine solche Übersicht aufzunehmen wären, ist auch für den Gesetzgeber in der Regel eindeutig zu ziehen: Zu berücksichtigen wären solche Regelungen, durch die privatrechtliche Vertragsverhältnisse mit dem Ziel überformt werden, eine Vertragspartei durch Mehrung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in die Lage zu versetzen, eine bestimmte öffentliche Aufgabe wahrzunehmen. Kennzeichnend für solche Regelungen ist, daß der Sachgesetzgeber das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung mit der Folge verändert, daß bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Geldleistungspflicht zwischen den Parteien entsteht, die nicht auf privatautonomer Vereinbarung, sondern auf gesetzgeberischer Intervention beruht. 639 Hierzu H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 269, 382; siehe auch § 10 C I 5.

§ 13 Übergriff in die Budgetbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 425

Übergriffswirkung durch Verfehlen der Budgetvollständigkeit gesehen werden. Als unzulässig intensiver Übergriff des Sachgesetzgebers in die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers ist die SER daher grundgesetzwidrig. Soweit sich die Übergriffswirkung des Herstellerabschlags für Arzneimittel, § 130a Abs. 1, 3b SGB V, daraus ergibt, daß dieser – vermeidbarerweise – keiner Dokumentation unterliegt und folglich die Vergegenwärtigungs- und Mäßigungsfunktion des Budgetbewilligungsrechts entwertet, gilt das für die Übergriffswirkung der SER Gesagte. Daß eine periodische Erneuerung der unmittelbaren demokratischen Legitimation der Abschlagsregelung, die durch eine Überprüfungs- und Anpassungspflicht des Sachgesetzgebers hergestellt werden kann, – im Gegensatz zur SER – nicht vorgesehen ist, steigert die Übergriffsintensität des Preisabschlags weiter. Auch zur Verfehlung der Schutzzwecke der Budgetöffentlichkeit und der damit verbundenen Auswirkungen auf die Informationsfunktion der Ausgabenbewilligung gilt Entsprechendes wie zur SER ausgeführt. Der Herstellerabschlag für Arzneimittel gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V erreicht damit ebenfalls ein unzulässig hohes Maß an Übergriffswirkung. Auch durch die Zuschußpflicht der Arbeitgeber zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG werden sämtliche der betrachteten Funktionen der parlamentarischen Ausgabenbewilligung nicht verwirklicht. Mit funktionellen Äquivalenten der Budgetbewilligung wie Dokumentations- und Anpassungspflichten des Sachgesetzgebers ist die Regelung ebenfalls nicht versehen. An sich wäre daher auch für sie von einer unzulässig hohen Übergriffsintensität auszugehen. Allerdings unterscheidet sich der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld in einer wesentlichen Hinsicht von den beiden zuvor betrachteten Referenzregelungen. Wie im Zusammenhang mit der Bestimmung der Intensität von Übergriffen in Steuergesetzgebungskompetenzen festgestellt,640 fand der Verfassunggeber, der die Kompetenzgrundlagen der Sachgewalt sowohl von den Befugnissen der Einnahmengewalt als auch von denjenigen der Ausgabengewalt getrennt hat, in weitem Umfang Lohnfortzahlungsregelungen des Individualarbeitsrechts vor. Es muß daher angenommen werden, daß Lohnfortzahlungspflichten vom Verfassunggeber als grundsätzlich unbedenkliche Übergriffe des Sachgesetzgebers in Kompetenzen des Haushaltsgesetzgebers angesehen worden sind. Da die Übergriffswirkungen des Arbeitgeberzuschusses nicht von dessen spezifischer Ausgestaltung, sondern sämtlich von der Regelungstechnik, die allen Lohnfortzahlungspflichten gemeinsam ist, ausgehen, nimmt der Arbeitgeberzuschuß an der Anerkennung der Übergriffswirkung dieser Regelungstechnik durch den Verfassunggeber teil. Die Zuschußpflicht erreicht daher kein unzulässig hohes Maß an Übergriffsintensität. 640

Siehe hierzu oben § 10 C II 3 c).

Fünfter Teil

Vereinbarkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen mit den Grundrechten Dem Schutz des einzelnen Grundrechtsträgers, der zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben in Anspruch genommen wird, sind bereits die kompetenzrechtlichen Gewährleistungen der Finanzverfassung, insbesondere die Kompetenzordnung für Steuern gem. Art. 105 ff. GG sowie die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers, in ihrer individualschützenden Dimension verpflichtet. Soweit diese Kompetenzen durch ihren übergriffsabwehrenden Gehalt das Handeln des preisregulierenden Sachgesetzgebers in Schranken weisen, tragen sie zugleich zum Schutz des Pflichtigen vor finanzieller Sonderbelastung bei. Unabhängig davon, ob abgabenähnliche Preisinterventionen formell als Entgeltregelungen oder materiell als hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten aufgefaßt werden, ist der Gesetzgeber bei ihrem Einsatz auch an die Grundrechte gebunden. Neben die mittelbar individualschützende Wirkung der grundgesetzlichen Kompetenzordnung tritt somit der unmittelbare Schutz des Individuums durch die Grundrechte.

§ 14 Vereinbarkeit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG A. Untersuchungsgegenstand – Verfassungsmäßigkeit der finanziellen Belastung Abgabenäquivalente Preisinterventionen belasten den Pflichtigen oftmals durch eine Kombination von Natural- und Geldleistungspflichten. So verpflichtet beispielsweise die Stromeinspeisungsregelung durch § 4 Abs. 1 EEG den Netzbetreiber, Anlagen zur Erzeugung von EEG-Strom vorrangig an sein Netz anzuschließen, den erzeugten Strom abzunehmen und diesen zu übertragen, während erst durch das Hinzutreten der Vergütungsregelung des § 5 Abs. 1 EEG eine fördernde Geldleistungspflicht des Netzbetreibers begründet wird. Soweit „quersubventionierende“ Regelungen Verhaltens-, insbesondere Naturalleistungspflichten auferlegen, ist anerkannt, daß diese Verpflichtungen die Freiheitsrechte des belasteten Grundrechtsträgers berühren.1

§ 14 Vereinbarkeit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit

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Das Erkenntnisinteresse der Untersuchung richtet sich jedoch auf die Verfassungsmäßigkeit von Zwangsvergütungen als privatrechtlichem Finanzierungsmechanismus aufgrund hoheitlicher Veranlassung, so daß nicht Verhaltenspflichten, sondern die für den horizontalen Finanztransfer geltenden Verfassungsmaßstäbe im Zentrum des Interesses stehen. Die Referenzregelungen sind daher nur insoweit auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten der Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, und der Eigentumsgarantie, Art. 14 Abs. 1 GG, zu untersuchen, als sie Grundrechtsberechtigte gerade durch die Zuweisung einer Geldleistungspflicht zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben belasten. Sachlichhandlungsbezogene Grundrechtsbeeinträchtigungen wie Naturalleistungs- und sonstige Verhaltenspflichten werden nur insoweit betrachtet, als sie mit der Geldleistungspflicht in engem Zusammenhang stehen. Als freiheitsrechtliche Maßstäbe an abgabenähnliche Vergütungspflichten kommen die Gewährleistungen des Art. 12 Abs. 1 GG und des Art. 14 Abs. 1 GG in Betracht. Die Überprüfung der Referenzregelungen an Art. 12 Abs. 1 GG besitzt insofern besondere Bedeutung, als „Quersubventionen“ in Rechtsprechung und Literatur häufig nur am Maßstab dieses Grundrechts gemessen werden, während eine Prüfung an Grundsätzen der Finanzverfassung, der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG und dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG gänzlich unterbleibt. Schrifttum und Rechtsprechung sehen demnach den Schwerpunkt der verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsbedürftigkeit abgabenäquivalenter Preisinterventionen im Schutzbereich der Berufsfreiheit.

B. Schutzbereich der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG I. Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung innerhalb eines einheitlichen Grundrechts. Zwar legt eine eng an Wortlaut und Systematik der Norm orientierte Interpretation ein Verständnis nahe, wonach es sich bei der Freiheit der Berufswahl, der Wahl des Arbeitsplatzes und der Ausbildungsstätte einerseits sowie der freien Berufsausübung andererseits um getrennte Grundrechte handelt. Das BVerfG hat eine solche Auslegung jedoch bereits im Apotheken-Urteil verworfen.2 Als einheitliches Grundrecht, das die gesamte Berufstätigkeit des Freiheitsberechtigten umfaßt, gewährt Art. 12 Abs. 1 GG daher Schutz gegen jede berufsbezogene Regelung.3 1 Hierzu statt vieler die Beurteilung der Stromeinspeisungsregelung durch den Bundesgerichtshof, BGHZ 134, 1 (16 ff.); 155, 141 (148 ff.). 2 BVerfGE 7, 377 (400 f.).

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

Im Mittelpunkt der Grundrechtsbestimmung steht der Begriff des Berufs. Die Verfassungsrechtsprechung faßt hierunter jede erlaubte Tätigkeit, die auf Dauer berechnet ist und der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient, ohne daß es darauf ankommt, ob die Tätigkeit selbständig oder unselbständig ausgeübt wird.4 Das Gericht legt den Begriff des Berufs weit aus und erstreckt ihn über traditionell oder sogar rechtlich fixierte Berufsbilder hinaus auf die vom einzelnen frei gewählten, auch untypischen Betätigungen.5 Gleichzeitig erkennt es dem Gesetzgeber die Befugnis zu, dem einzelnen die Möglichkeit zu atypischer Beschäftigung dadurch zu nehmen, daß er bestimmte Berufsbilder gesetzlich fixiert und den Freiheitsberechtigten so auf die Wahl des Berufes in seiner gesetzlich vorgeprägten Form verweist.6 An dem Definitionsbestandteil „zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage“ hält das BVerfG fest, obwohl der verfassungsrechtliche Berufsbegriff durch ein Merkmal „zur Erzielung von Einkünften durch Arbeit“ insoweit präziser definiert wäre. Seinem sachlichen Umfang nach erstreckt sich der grundrechtliche Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG auf den Beruf in allen seinen Aspekten.7 Die besondere Weite des Schutzbereichs gerade auf dem Gebiet der Berufsausübung bringt es mit sich, daß „nahezu jede Norm oder deren Anwendung unter bestimmten Voraussetzungen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit haben kann“.8 Die Gefahr, Art. 12 Abs. 1 GG könnte angesichts dieser umfassenden Gewährleistung konturenlos werden, hat die Grundrechtsdogmatik nicht dazu veranlaßt, den Schutzbereich des Grundrechts über die Merkmale des Berufsbegriffs hinaus einzugrenzen. Allerdings stellt das BVerfG bei der Feststellung von Grundrechtseingriffen materielle Anforderungen an mittelbare Beeinträchtigungen, mit deren Hilfe es einem ausufernden Schutzgehalt des Grundrechts entgegenwirkt.9 Gerade Beeinträchtigungen rein finanzieller Natur, wie sie durch Abgaben oder sonstige hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten vermittelt werden, sind aus diesem Grund oftmals nicht am Maßstab der Berufsfreiheit zu messen.

3 BVerfG, a. a. O., S. 402; die Lit. ist dem gefolgt, vgl. R. Breuer, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 33; G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/ F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 1 ff.; H.-J. Papier, DVBl. 1984, S. 801 (810 f.). 4 BVerfGE 7, 377 (397); 54, 301 (313); 97, 228 (252 f.); 105, 252 (265); st. Rspr.; zustimmend R. Scholz, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 18; M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 8; J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 55 ff. 5 BVerfGE 7, 377 (397); 17, 232 (241); 78, 179 (193); 81, 70 (85). 6 BVerfGE 17, 232 (241 f.). 7 BVerfGE 97, 228 (253) – Kurzberichterstattung. 8 BVerfG, a. a. O., S. 254. 9 Siehe hierzu unten § 14 C I 1.

§ 14 Vereinbarkeit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit

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II. Das Primat der Persönlichkeitsentfaltung Für die Bestimmung des Schutzgehaltes der Berufsfreiheit gegenüber Zwangsvergütungen ist von Bedeutung, daß diese Finanzierungspflichten in der Regel nicht eine individuell agierende Unternehmerpersönlichkeit, sondern typischerweise größere Unternehmen belasten. Bei diesen handelt es sich um juristische Personen im Sinne des § 19 Abs. 3 GG,10 teils um private, teils um – wie noch zu sehen sein wird – gemischt-wirtschaftliche Unternehmen. Angesichts dessen erlangt Relevanz, daß die Dogmatik zu Art. 12 Abs. 1 GG – maßgeblich geprägt durch die Rechtsprechung des BVerfG – ein Berufsverständnis zugrunde legt, in dessen Mittelpunkt das handelnde Individuum steht, das sich in seiner Berufstätigkeit verwirklicht. Bereits im Apotheken-Urteil leitet das BVerfG seine Ausführungen zum Schutzzweck der Berufsfreiheit mit Aussagen ein, die den Schutz des einzelnen Erwerbstätigen in den Vordergrund stellen. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleiste „dem Einzelnen das Recht, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, als ,Beruf‘ zu ergreifen, d.h. zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen.“11 Damit tritt die Persönlichkeitsentfaltung als wesentliche Funktion der Berufstätigkeit neben die Schaffung einer Lebensgrundlage. Zwar ziele das Grundrecht auf den Schutz der wirtschaftlich sinnvollen Arbeit, doch begreife es sie „als ,Beruf‘, d.h. in ihrer Beziehung zur Persönlichkeit des Menschen im ganzen, die sich erst darin voll ausformt und vollendet, daß der Einzelne sich einer Tätigkeit widmet, die für ihn Lebensaufgabe und Lebensgrundlage ist und durch die er zugleich seinen Beitrag zur gesellschaftlichen Gesamtleistung erbringt.“12 Das Verständnis des Berufs als Persönlichkeitsentfaltung liegt auch der weiteren verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zugrunde, eine Entwicklung, die dadurch begünstigt worden ist, daß unter den zu entscheidenden Rechtsfragen solche aus dem Bereich der selbständigen, unternehmerisch geprägten Berufe dominieren.13 So erklärt das Gericht, das Grundrecht der Berufsfreiheit sei „in erster Linie persönlichkeitsbezogen“, es konkretisiere „das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung.“14 In diesem personalen Bezug erkennen spätere Entscheidun-

10 Hierzu P. M. Huber, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 19 Rn. 242 ff. 11 BVerfGE 7, 377 (397). 12 BVerfG, ebd. 13 Dazu R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 65; J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 36; B.-O. Bryde, NJW 1984, S. 2177 f.; kritisch W. Hoffmann-Riem, Freiheit der arbeitsteiligen Berufsausübung, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 385 (392 ff.). 14 So BVerfGE 30, 292 (334) – Erdölbevorratung – unter Verweis auf E 1, 264 (274); 19, 330 (336 f.).

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

gen den Unterschied zwischen Berufsfreiheit und Gewerbefreiheit: Zwar sei die Gewerbefreiheit von der Berufsfreiheit mit umfaßt, doch gehe letztere in ihrem „personalen Grundzug“ über die Gewerbefreiheit hinaus.15 Aussagen zum Schutzzweck des Art. 12 Abs. 1 GG, die das Individuum und sein Verhältnis zur Arbeit in den Vordergrund stellen, kehren bis in die aktuelle Rechtsprechung wieder.16 Darüber hinaus muß davon ausgegangen werden, daß auch dem Parlamentarischen Rat bei der Formulierung des Art. 12 Abs. 1 GG in bestimmender Weise der Schutz des einzelnen Erwerbstätigen, nicht hingegen der von Unternehmen vor Augen stand. Hierfür spricht insbesondere, daß sich in den Materialien zur Entstehungsgeschichte der Bestimmung keine Ausführungen zur Wirtschaftsverfassung, geschweige denn zum Schutzumfang des Grundrechts für Unternehmen finden.17 Auch aufgrund dessen prägt der „individualrechtlich-personale Ansatz“18 die Dogmatik zum Schutzgehalt des Art. 12 Abs. 1 GG bis in die Gegenwart maßgeblich. III. Unternehmerfreiheit Über die Freiheit der individuellen Berufswahl und Berufsausübung hinaus umfaßt die Gewährleistung des Art. 12 Abs. 1 GG auch die Freiheit, ein Unternehmen zu gründen und zu führen.19 Dabei steht der Befund, daß Unternehmen heutzutage nur in seltenen Fällen von einzelnen natürlichen Personen getragen werden, zunächst in einem gewissen Widerspruch zu dem charakteristischen Zusammenhang zwischen der Gewährleistung der Berufsfreiheit und der Persönlichkeitsentfaltung des Grundrechtsträgers, wie ihn nicht nur die Rechtsprechung hervorhebt. Der besondere personale Bezug der Berufsfreiheit spricht an sich gegen eine Grundrechtsberechtigung juristischer Personen aus Art. 12 Abs. 1 GG.20 Auf der anderen Seite wäre es befremdlich, in einer arbeitsteiligen Industriegesellschaft, deren Wirtschaft in erheblichem Maße durch die Aktivität von Großunternehmen geprägt wird, die Gewährleistungen der Berufs-

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BVerfGE 50, 290 (362) unter Verweis auf E 41, 205 (228). Etwa in BVerfGE 97, 12 (25); 98, 365 (398). 17 So auch J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 17; B.-O. Bryde, NJW 1984, S. 2177 (2178). 18 R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 22. 19 BVerfGE 21, 261 (266); 22, 380 (383); 30, 292 (312); 50, 290 (363); M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 18; H.-J. Papier, in: E. Benda/W. Maihofer/H.-J. Vogel (Hrsg.), HdbVerfR, § 18 Rn. 48 ff.; R. Scholz, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 35. 20 Nach R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 22, „prädestiniert“ der „individualrechtlich-personale“ Ansatz des BVerfG natürliche Personen als Träger der Berufsfreiheit. 16

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freiheit als eines der zentralen Wirtschaftsgrundrechte auf natürliche Personen zu beschränken. 1. Grundrechtsberechtigung juristischer Personen des Privatrechts a) Grundsätze Auch das BVerfG ist sich einer Diskrepanz zwischen dem in seiner Rechtsprechung hervorgehobenen personalen Bezug der Berufsfreiheit und dem Schutz von Wirtschaftsunternehmen bewußt. Es räumt ein, zwar könne eine juristische Person „nicht einen Beruf im Sinne einer Lebensaufgabe, in der sich die menschliche Persönlichkeit voll ausformt und vollendet, ausüben.“21 Doch sei in der Berufsfreiheit „auch die Freiheit enthalten, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe zu betreiben.“ Jedenfalls insoweit, als eine bestimmte Erwerbstätigkeit „ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden kann, ist das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen anwendbar.“22 Da Großunternehmen und Konzerne wesentliche Elemente einer hochentwickelten und leistungsfähigen Volkswirtschaft seien, könne das Fehlen eines personalen Bezuges nicht dazu führen, die Gewährleistung der Unternehmerfreiheit auf kleine und mittlere Unternehmen zu beschränken.23 Im Ergebnis verzichtet das BVerfG auf den personalen Bezug als Voraussetzung grundrechtlich geschützter Berufstätigkeit und beurteilt die Grundrechtsberechtigung juristischer Personen des Privatrechts nach der allgemeinen Regel des Art. 19 Abs. 3 GG. Dabei setzt die Eröffnung des Schutzbereichs weiterhin voraus, daß die Erwerbstätigkeit des Unternehmens die Merkmale des Berufsbegriffs erfüllt. Neuere Entscheidungen sprechen von einem „weiten, nicht personal gebundenen Berufsbegriff“, dem jede auf Erwerb gerichtete Beschäftigung unterfalle, die sich nicht in einem einmaligen Erwerbsakt erschöpft.24 Wenngleich der personale Bezug der Berufsfreiheit also keine zwingende Voraussetzung für den Schutz dieses Grundrechts bildet, ist er dennoch nicht ohne Bedeutung für die Beurteilung von Grundrechtseingriffen. Da die Wahrnehmung der Unternehmerfreiheit sich von der Gründung und Führung eines 21 BVerfGE 21, 261 (266) unter Verweis auf E 7, 377 (397); vgl. auch BVerfGE 50, 290 (363) – Mitbestimmung (Der individualrechtlich-personale Ansatz könne es zweifelhaft erscheinen lassen, ob der Schutz des Grundrechts „seinem Wesen nach“ auch juristischen Personen zukommen kann.). 22 So erstmals BVerfGE 21, 261 (266); fortgesetzt in E 30, 292 (312); 50, 290 (363); st. Rspr. 23 BVerfGE 50, 290 (363) unter Verweis auf E 14, 263 (282). 24 BVerfGE 97, 228 (253); 102, 197 (213).

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Kleinbetriebs bis zur Tätigkeit eines Großunternehmens erstreckt, ist es durchaus möglich, daß der personale Grundzug des Grundrechts sich auch im wirtschaftlichen Bereich voll verwirklicht, die Freiheit „des Unternehmens“ insoweit also tatsächlich Unternehmerfreiheit ist.25 Jedenfalls die Wirtschaftsteilnahme von Großunternehmen ist jedoch nicht mehr „Element der Ausformung der Persönlichkeit des Menschen“, sondern grundrechtliche Gewährleistung eines Verhaltens, „dessen Wirkungen weit über das wirtschaftliche Schicksal des eigenen Unternehmens hinausreichen.“26 Auch in diesen Fällen bleibt die Intensität des personalen Bezuges von Relevanz. Zwar entscheidet sie nicht über die Eröffnung des Schutzbereichs, doch bestimmt sich hiernach der Umfang der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers und damit die Höhe der Rechtfertigungsanforderungen.27 In diesem Sinne fragt das BVerfG im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung von Eingriffen danach, ob der „personale Kern“ des Grundrechts der Berufsfreiheit durch eine Regelung berührt wird.28 Zudem ist für die kollektive Wahrnehmung der Unternehmerfreiheit kennzeichnend, daß die Unternehmen die ihnen garantierte Berufsfreiheit mit Hilfe ihrer Arbeitnehmer, die ebenfalls durch Art. 12 Abs. 1 GG berechtigt werden, ausüben. Aufgrund dessen sieht das BVerfG ihre Freiheit in „einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion“.29 b) Grundrechtsschutz juristischer Personen gegenüber den Referenzregelungen Den Referenzregelungen als Instrumenten der Wirtschaftslenkung und -ordnung ist gemeinsam, daß es sich bei den durch sie belasteten Wirtschaftsbeteiligten in aller Regel um juristische, nicht um natürliche Personen handelt. Um gemäß Art. 19 Abs. 3 GG durch das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG berechtigt zu werden, müßten die Unternehmen daher solchen Erwerbstätigkeiten nachgehen, die – in den Worten des BVerfG – „ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden“ können.30 Bei den EVU, die durch § 14 Abs. 3 EEG – vorbehaltlich einer erfolgreichen Kostenabwälzung auf die Stromkunden – endgültig mit den Mehrkosten der Förderregelung belastet werden, ist dies gegeben. Für 25

Vgl. BVerfGE 50, 290 (363) – Mitbestimmung. BVerfG, ebd., unter Verweis auf E 14, 263 (282). 27 Hierzu BVerfGE 50, 290 (364); J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 45, 47. 28 BVerfGE 50, 290 (365); vgl. auch E 93, 362 (369 ff.). 29 BVerfGE 50, 290 (365); zu den Wechselwirkungen zwischen Grundrechten des Unternehmers und solchen der Beschäftigten M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GGKommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 18 m.w. N. 30 Siehe oben Fn. 22. 26

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die Lieferung von Strom an Endverbraucher macht es keinen Unterschied, ob diese Tätigkeit von einer natürlichen oder einer juristischen Person ausgeübt wird. Gleiches läßt sich für die Lieferung von Arzneimitteln an Apotheken sagen, so daß sich die pharmazeutischen Unternehmen auch gegenüber der Abschlagsregelung des § 130a Abs. 1, 3b SGB V auf ihre Unternehmerfreiheit berufen können. Schließlich ist es für die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen, an welche die Pflicht zur Bezuschussung des Mutterschaftsgeldes nach § 14 Abs. 1 MuSchG anknüpft, unerheblich, ob der Arbeitgeber eine natürliche oder eine juristische Person ist. Ein höchstpersönlicher Charakter kommt der beeinträchtigten Erwerbstätigkeit bei keiner der Referenzregelungen zu. Folglich sind die durch die Referenzregelungen Belasteten, sofern es sich bei ihnen nicht ohnehin um natürliche, sondern um juristische Personen handelt, gem. Art. 12 Abs. 1 i.V. m. Art. 19 Abs. 3 GG grundrechtsberechtigt. 2. Grundrechtsberechtigung gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen Für das Referenzgebiet der SER stellt sich neben der Frage nach der Grundrechtsberechtigung rein privatwirtschaftlicher Unternehmen gem. Art. 19 Abs. 3 GG auch diejenige nach der Grundrechtsberechtigung sog. gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen. Als solche werden Unternehmen bezeichnet, die in den Formen des Privatrechts geführt werden und an denen mindestens ein öffentlicher Verwaltungsträger sowie mindestens ein privater Gesellschafter beteiligt sind;31 entscheidendes Merkmal ist die Verteilung des Unternehmenskapitals zwischen öffentlicher und privater Hand, wobei es auf die Höhe der jeweiligen Beteiligung nicht ankommt. Die Frage der Grundrechtsberechtigung gemischtwirtschaftlicher Unternehmen ist deshalb von besonderer Bedeutung für die Beurteilung wirtschaftslenkender Maßnahmen im Bereich der Energiewirtschaft, weil insbesondere auf den Ebenen der regionalen und der lokalen Versorgung mit Elektrizität gemischt-wirtschaftliche Unternehmen tätig sind.32 Auch die nach § 14 Abs. 3 EEG finanziell letztverantwortlichen EVU, die Strom an Endverbraucher liefern, könnten sich, sofern es sich bei ihnen um gemischt-wirtschaftliche Unternehmen handelt, nur dann gegenüber der SER auf das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG berufen, wenn sie trotz der Beteiligung der öffentlichen Hand als grundrechtsberechtigt anzuerkennen wären. Auf eine Auseinandersetzung mit der weiterhin33 umstrittenen34 Frage der Grundrechtsberechtigung gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen wird hier ver31 E. Schmidt-Aßmann, Der Grundrechtsschutz gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen, in: BB 1990, Beilage 34, S. 1 (2); G. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 2. Aufl., 1985, S. 26; K. Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, 1988, S. 1169. 32 Zur Kapitalbeteiligung von Gebietskörperschaften an regionalen und lokalen EVU P. Drasdo u. a., Konzentration und Wettbewerb in der deutschen Energiewirtschaft, 1998, S. 468 ff.

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zichtet, da die Fragestellung nur für das Referenzgebiet der Energiewirtschaft von zentraler Bedeutung ist, zur Klärung der Verfassungsmaßstäbe an abgabenäquivalente Preisregulierung allgemein jedoch nicht beiträgt. Für die weitere Untersuchung der SER an den Maßstäben der Grundrechte wird die Grundrechtsberechtigung gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen, die durch § 14 Abs. 3 EEG belastet werden, vorausgesetzt. 3. Gewährleistungen der Unternehmerfreiheit a) Allgemeines Die Unternehmerfreiheit bildet keine von der Berufsfreiheit unterschiedene Gewährleistung, sondern den Oberbegriff für eine Reihe von Ausprägungen der Berufsfreiheit, die mit der Gründung und Führung eines Unternehmens in Zusammenhang stehen. Die Gewährleistungen der Unternehmerfreiheit sind daher so vielfältig wie die Gebiete und Formen der wirtschaftlichen Betätigung grundrechtsberechtigter Unternehmen. Daneben trägt der Umstand, daß die Unternehmerfreiheit die Gründung und Führung eines Unternehmens vom Klein- oder Mittelbetrieb bis hin zum Großunternehmen schützt, dazu bei, daß das Grundrecht „insoweit sehr verschiedene wirtschaftliche Sachverhalte erfaßt“.35

33 Das geteilte Meinungsbild im Schrifttum dürfte maßgeblich darauf zurückzuführen sein, daß das BVerfG bislang nur in einem Kammerbeschluß zur Grundrechtsberechtigung gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen Stellung genommen und dabei in einer wenig eindeutigen Weise mehrere Argumentationsansätze miteinander verbunden hat, vgl. BVerfG (Kammerentscheidung), NJW 1990, 1783 ff. 34 Eine sehr verbreitete Auffassung erkennt gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen in Privatrechtsform die Grundrechtsberechtigung unabhängig vom Umfang der öffentlichen Beteiligung und der Art der wahrgenommenen Aufgabe zu, darunter E. Schmidt-Aßmann, BB 1990, Beilage 34, S. 1 (10 f.); D. Merten, Mischunternehmen als Grundrechtsträger, in: FS f. Heinz Krejci, 2001, Bd. 1, S. 2003 ff.; A. Bleckmann, Grundrechte, 4. Aufl., 1997, § 9 Rn. 10 ff.; H.-G. Koppensteiner, NJW 1990, S. 3105 ff.; K. Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, 1988, S. 1169 f.; S. Barden, Grundrechtsfähigkeit gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen, 2002, S. 69 ff.; ähnlich bereits im früheren Schrifttum A. v. Mutius, in: Bonner Kommentar, Art. 19 Abs. 3 Rn. 145 ff.; G. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 2. Aufl., 1985, S. 120 f. – Daneben bemühen sich zahlreiche Autoren um vermittelnde Lösungen, indem sie nach dem Umfang der staatlichen Beteiligung oder einer Beherrschungsmacht der öffentlichen Hand fragen, etwa H. Gersdorf, Öffentliche Unternehmen, 2001, S. 136 ff.; M. Möstl, Grundrechtsbindung öffentlicher Wirtschaftstätigkeit, 1999, S. 137 ff.; P. M. Huber, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 19 Rn. 284 ff.; aus dem älteren Schrifttum vgl. S. Maser, Die Geltung der Grundrechte für juristische Personen, 1964, S. 155 ff. – Bisweilen wird ein entsprechend der öffentlichen Beteiligung abgestufter Grundrechtsschutz vorgeschlagen, so H. P. Bull, Staatsaufgaben, 2. Aufl., 1977, S. 98 (m. Fn. 49); H. Bethge, Zur Problematik von Grundrechtskollisionen, 1977, S. 66 m. Fn. 142; S. Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 238 ff. 35 BVerfGE 50, 290 (363) – Mitbestimmung.

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Aus der umfangreichen Rechtsprechung des BVerfG hat das Schrifttum eine Reihe von Betätigungen herausgearbeitet und abstrakt beschrieben, die für freie unternehmerische Tätigkeit charakteristisch und von hervorgehobener Bedeutung sind. Es handelt sich dabei nicht um einen abschließenden Katalog trennscharf voneinander abgegrenzter Felder unternehmerischer Tätigkeit.36 Dementsprechend variiert im einzelnen die Bezeichnung der jeweiligen Gewährleistungen und die Grenzziehung zwischen ihnen.37 Gelegentlich werden diese Freiheitsgarantien auch nicht als Verdeutlichung allein des Schutzbereichs der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG, sondern als Ausformungen einer „allgemeinen Wirtschaftsfreiheit“ verstanden, die sich „aus dem Zusammenhang von Art. 12 und Art. 14 GG“ ableiten lasse.38 Unterschiede hinsichtlich der Voraussetzungen sowie der sachlichen Reichweite der Gewährleistungen ergeben sich aus dieser abweichenden Verankerung im Verfassungstext nicht. Den Ausprägungen der Unternehmerfreiheit ist gemeinsam, daß bei ihrer kollektiven Ausübung Träger des Grundrechts die juristisch verfaßte Willenseinheit ist, die von Rechts wegen die bestimmenden Entscheidungen für das Unternehmen trifft, also der Unternehmensträger.39 Ebenso stimmt der Großteil der Gewährleistungen darin überein, daß sie bestimmte Formen nicht der Berufswahl, sondern der Berufsausübung schützen, insbesondere die Betätigung des Unternehmens am Markt dadurch, daß dieses Güter produziert und absetzt, Verträge schließt, Dienstleistungen erbringt und Investitionen tätigt. b) Einzelne Ausprägungen der Unternehmerfreiheit Voraussetzung für die erfolgreiche Marktteilnahme eines Unternehmens ist zunächst, daß dieses über eine funktionsfähige Binnenverfassung verfügt. Die unternehmerischen Entscheidungen über die Ausgestaltung dieser Binnenverfassung werden der Organisationsfreiheit zugeordnet. Diese bezeichnet die Freiheit, die Rechtsform des Unternehmens zu wählen und zu ändern sowie im Rahmen der gewählten Rechtsform die Struktur der innerbetrieblichen Organisation eigenverantwortlich zu gestalten.40 Die Organisationsfreiheit des Unternehmers ist angesprochen, wenn der Gesetzgeber durch Vorschriften des Gesell-

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R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 60. Übersichten bei R. Scholz, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 124 ff.; R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 62 ff.; J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 67; G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 68 ff.; H.-J. Papier, in: E. Benda/W. Maihofer/H.-J. Vogel (Hrsg.), HdbVerfR, § 18 Rn. 75 ff. 38 R. Scholz, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 123; ders., AöR 100 (1985), S. 127 ff. 39 H.-J. Papier, VVDStRL 35 (1976), S. 55 (58) mit Nw. zu abweichenden Auffassungen; ders., in: E. Benda/W. Maihofer/H.-J. Vogel (Hrsg.), HdbVerfR, § 18 Rn. 48. 37

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schaftsrechts bestimmte Organisationsformen für die wirtschaftliche Betätigung vorgibt oder durch betriebsverfassungsrechtliche Regelungen die kollidierenden Grundrechte von Arbeitgeber und Arbeitnehmern zum Ausgleich bringt.41 Sie ist insbesondere durch die Entscheidung des BVerfG zum Mitbestimmungsgesetz 1976 näher entfaltet worden.42 Auch die Leitungs- und Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers verwirklicht sich im Binnenbereich des Unternehmens. Sie umfaßt die Entscheidungsbefugnis des Unternehmers über die Inhalte und Bedingungen der Arbeit im Unternehmen sowie, im Rahmen der Privatautonomie, die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse einschließlich des Arbeitslohns.43 Arbeitsrechtlichen Beschränkungen sieht sich die Freiheit der Unternehmensführung im Inneren insbesondere in Gestalt des Kündigungs-, Arbeits- und des Mutterschutzrechts unterworfen. Die Funktion solcher Regelungen, welche die unternehmerische Leitungs- und Gestaltungsfreiheit durch Vorgaben für die arbeitsrechtliche Beziehung zwischen Unternehmer und Beschäftigten beschränken, liegt in der Ausbalancierung widerstreitender Grundrechtsgewährleistungen unter mehreren Trägern der Berufsfreiheit.44 Andere Gewährleistungsgehalte der Unternehmerfreiheit wenden sich der wirtschaftlichen Betätigung des Unternehmens am Markt zu, betreffen also die Unternehmensführung im Außenverhältnis zu Lieferanten, Kunden und Wettbewerbern. Dabei gewährleistet die Dispositionsfreiheit das Recht, die unternehmerischen Planungen und Grundsatzentscheidungen, insbesondere in bezug auf das Wachstum des Unternehmens und seiner Betriebseinheiten, nach eigenen Vorstellungen zu treffen. Sie umfaßt vor allem die freie Planung und Disposition über den Einsatz von Personal und Betriebsmitteln, darunter auch Kapital.45 Hoheitliche Beschränkungen treten in diesem Bereich oftmals in Gestalt quantitativer Produktionsvorgaben46 oder staatlicher Indienstnahmen von Unter40

R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 62; R. Scholz, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 124, 185; F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (16 f.). 41 Zur Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung gesellschaftsrechtlicher Organisationsformen R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 62; vgl. zum Ganzen H.-J. Papier, VVDStRL 35 (1976), S. 55 (87 ff., 99 ff.); E.-J. Mestmäcker, in: FS f. Harry Westermann, 1974, S. 411 ff.; vgl. auch R. Scholz, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 124, 185, der die Organisationsfreiheit weitgehend in Art. 9 Abs. 1 GG verankert sieht. 42 BVerfGE 50, 290 (361 ff.). 43 Dazu R. Scholz, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 125; R. Birk, Die arbeitsrechtliche Leitungsmacht, 1973, S. 101 ff.; F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (19); zur Regelung der Lohngestaltung M. Schmidt-Preuß, Verfassungsrechtliche Zentralfragen, 1977, S. 183 ff. 44 Zu „mehrpoligen“ Grundrechtsbeziehungen aufgrund von Art. 12 Abs. 1 GG im Unternehmen H.-J. Papier, VVDStRL 35 (1976), S. 55 (97); W. Hoffmann-Riem, Freiheit der arbeitsteiligen Berufsausübung, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 385 ff.

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nehmen47 auf, durch die der Einsatz personeller und sachlicher Mittel der unternehmerischen Disposition entzogen und entweder beschränkt oder aber zu vorgegebenen Zwecken gebunden wird. Als mittelbare Beeinträchtigungen der Dispositionsfreiheit werden auch Sonderabgaben angesehen, die durch ihre Ausgleichs- und Lenkungswirkung die unternehmerische Entscheidungsfindung beeinflussen, durch ihre finanzielle Belastungswirkung dem Unternehmen Kapital für Investitionen abziehen.48 Die auch außerhalb der beruflichen Sphäre von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Vertragsfreiheit wird für den Abschluß berufsbezogener oder beruflich bedingter Verträge von Art. 12 Abs. 1 GG umfaßt.49 Sie garantiert die Freiheit, sich gegenüber einem selbstgewählten Partner vertraglich zu binden und dabei den Inhalt der Vereinbarung im Rahmen der Privatautonomie eigenverantwortlich zu bestimmen.50 Als Gewährleistung der Abschlußfreiheit sowie der freien Auswahl des Vertragspartners wird die Vertragsfreiheit durch gesetzliche Kontrahierungspflichten berührt. Da sich die freie Vereinbarung des Vertragsinhalts bei einem Austauschverhältnis auch auf die Bestimmung der Gegenleistung erstreckt, umfaßt die Vertragsfreiheit auch die Freiheit zur Festlegung des für eine Leistung geforderten Preises (Preisfreiheit). Während Preisdirigismen in der Frühzeit der Bundesrepublik vornehmlich dazu dienten, das Preisniveau insgesamt gegen Störungen zu sichern,51 liegt ihr Schwerpunkt heute auf Lenkungsmaßnahmen in verschiedenen Bereichen der Daseinsvorsorge wie der Personenbeförderung und der Energieversorgung.52 Typische Formen der Beeinträchtigung der Preisfreiheit 45 R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 63; F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (18 f.). 46 Zu sachlichen Produktionsbeschränkungen BVerfGE 39, 219 (225 ff.) – Vermahlungsplafonds für Mühlen; 40, 196 (218 ff.) – Höchstzahlen im Güterkraftverkehr; zur Bevorratung gewisser Mindestbestände von Betriebsmitteln BVerfGE 30, 392 (312 ff.) – Erdölbevorratung; 41, 334 (358) – Mindestreservepflicht der Banken. 47 Dazu BVerfGE 22, 380 (383) – Kuponsteuerabzug durch Banken; 30, 392 (312 ff.) – Erdölbevorratung; 68, 155 (170) – Unentgeltliche Beförderung von Schwerbehinderten. 48 F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (19). 49 Nach ganz h. M. wird die allgemeine Handlungsfreiheit daher für berufsbezogene Verträge von Art. 12 Abs. 1 GG kraft Spezialität verdrängt, hierzu BVerfGE 47, 285 (318 ff.); R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 63; J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 67; a. A. G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 69, der die Vertragsfreiheit auch im Rahmen unternehmerischer Betätigung als unbenanntes Freiheitsrecht dem Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG zuordnet; ders., Privatrechtsgestaltung durch Hoheitsakt, 1994, S. 134 ff. 50 F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (25). 51 Dazu BVerfGE 8, 274 (310 f.); 53, 1 (16); zu Preisdirigismen mit „ordnungsrelevanter Breitenwirkung“ M. Schmidt-Preuß, Verfassungsrechtliche Zentralfragen, 1977, S. 79 ff.

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bilden Genehmigungsvorbehalte für Preisänderungen, Preismoratorien sowie die gesetzliche Festsetzung von Höchst-, Mindest- oder Rahmenpreisen.53 Gerade in neuerer Zeit betont das BVerfG ausdrücklich, das Grundrecht der Berufsfreiheit umfasse auch die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen oder mit den Interessenten auszuhandeln.54 Schließlich gewährleistet Art. 12 Abs. 1 GG auch die Freiheit, unternehmerische Entscheidungen im Wettbewerb mit anderen ohne staatliche Behinderung und ohne staatlich bewirkte Wettbewerbsverzerrungen zu treffen.55 Aus der Wettbewerbsfreiheit erwächst dem einzelnen jedoch kein Anspruch auf hoheitlichen Schutz vor privater Konkurrenz, so daß eine bestimmte Marktstellung nicht gesichert wird.56 Das Recht auf freie Teilnahme am Wettbewerb schützt den Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen gegen Konkurrenz durch erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand,57 häufiger wird es jedoch durch die Vergabe von Subventionen an private Konkurrenten angesprochen.58 4. Eröffnung des Schutzbereichs der Unternehmerfreiheit gegenüber den Referenzregelungen a) Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG Betrachtet man die Lasten, die den letztversorgenden EVU durch § 14 Abs. 3 EEG auferlegt werden, so zeigt sich, daß bereits die einzelnen Sach- und Handlungspflichten bestimmten Ausprägungen des Schutzbereichs der Unternehmerfreiheit zugeordnet werden können, der Schutzbereich gegenüber diesen gesetzlichen Verpflichtungen also eröffnet ist. Der Verpflichtung zur Abnahme eines – 52 Zu den Verfassungsmaßstäben an Preisdirigismen im Bereich der Stromversorgung von Tarifkunden – aus der Zeit vor Liberalisierung der Energiewirtschaft – H. Knöchel, Die Preisaufsicht nach dem Energiewirtschaftsgesetz, 1989. 53 Siehe hierzu bereits oben § 6 A I. 54 BVerfGE 59, 290 (363 f.); 101, 331 (347); 102, 197 (212 f.); 106, 275 (298). 55 Zur Wettbewerbsfreiheit als Ausprägung der Unternehmerfreiheit H.-J. Papier, in: E. Benda/W. Maihofer/H.-J. Vogel (Hrsg.), HbdVerfR, § 18 Rn. 77 f.; R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 148 Rn. 75 ff.; U. Di Fabio, JZ 1993, S. 689 (694); G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 70; aus der Rspr. des BVerfG vgl. E 32, 311 (317); 46, 120 (137); 82, 209 (223 f.); 86, 28 (37); 105, 252 (265). 56 U. Di Fabio, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 2 Rn. 118; S. Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 156 f. 57 Eingehend S. Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 159 ff. 58 Hierzu R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 148 Rn. 75 ff.; U. Di Fabio, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 2 Rn. 118; G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 70.

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bezogen auf die von dem EVU an Letztverbraucher gelieferte Strommenge – relativ gleichen Anteils von Strom aus regenerativer Erzeugung gem. § 14 Abs. 3 S. 1 und 3 EEG steht die grundrechtlich geschützte freie unternehmerische Entscheidung gegenüber, aus welcher Quelle das EVU den benötigten Strom zu beziehen wünscht. Zugleich bindet die Abnahmepflicht sachliche und personelle Betriebsmittel und bewegt sich damit im Bereich der unternehmerischen Dispositionsfreiheit. Der gesetzliche Kontrahierungszwang,59 der den Abnahme- und Vergütungspflichten zugrunde liegt, betrifft die Freiheit des Unternehmers, bei dem Abschluß geschäftlicher Verträge den Vertragspartner nach eigenen Vorstellungen und Präferenzen zu wählen. Durch die Verpflichtung, die nach § 14 Abs. 3 S. 5 EEG vorgeschriebene Durchschnittsvergütung zu entrichten, wird auch die Freiheit der Preisvereinbarung als Ausdruck unternehmerischer Entscheidungsfreiheit angesprochen. Bei ihr handelt es sich um die klassische Schutzausprägung der Berufsfreiheit gegenüber staatlichen Preisdirigismen.60 Für die Preisfreiheit kann zudem davon ausgegangen werden, daß sie nicht allein die freie Entscheidung des Kontrahenten, sondern auch dessen Dispositions- und Investitionsfreiheit gegenüber den mit Preisfestsetzungen verbundenen Umsatz- und Gewinnminderungen schützt. Insofern ist die Preisfreiheit grundsätzlich nicht nur auf Abwehr sachlich-handlungsbezogener, sondern auch damit einhergehender finanzieller Beeinträchtigungen gerichtet; sie schützt auch vor Zwang zu einem der privatautonomen Entscheidung des Unternehmers zuwiderlaufenden Einsatz von Kapital. Die hoheitliche Zuweisung der fördernden Finanzierungspflicht, die sich bei wirtschaftlicher Betrachtung aus dem Zusammenwirken von Abnahmepflicht und Vergütungsregelung ergibt, fällt daher in die Schutzbereiche der unternehmerischen Preis- und der Dispositionsfreiheit. Die SER könnte sich zudem im Schutzbereich der Wettbewerbsfreiheit auswirken, da der Gesetzgeber durch die finanzielle Begünstigung der Einspeiser in Wettbewerbsverhältnisse zwischen Privatunternehmen interveniert. Grundsätzlich bietet diese Freiheitsgewährleistung dem Unternehmer erst dann Schutz vor staatlicher Subventionierung seiner Konkurrenten, wenn die Intensität der staatlichen Einflußnahme die Möglichkeiten des Benachteiligten, sich im Wettbewerb als verantwortlicher Unternehmer wirtschaftlich zu betätigen, erheblich 59 Der Gesetzgeber hat durch § 12 Abs. 1 EEG 2004 klargestellt, daß sich die Ansprüche auf Abnahme und Vergütung jedenfalls zwischen Einspeiser und Netzbetreiber unmittelbar aus Gesetz ergeben (siehe hierzu oben § 2 B II 1). Da die Ansprüche aus §§ 4, 5 EEG sowie aus § 14 Abs. 3 EEG jedoch in der Praxis regelmäßig durch den Abschluß von Einspeise- bzw. Strombezugsverträgen flankiert und bei der Vereinbarung des Vertragsinhalts berücksichtigt werden, läßt sich praktisch von einem Kontrahierungszwang sprechen. 60 F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (21); H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 16 f.; vgl. auch M. Schmidt-Preuß, Verfassungsrechtliche Zentralfragen staatlicher Lohn- und Preisdirigismen, 1977, S. 144 ff.

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beeinträchtigt.61 Für die SER stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit von Subventionen62 mit der Wettbewerbsfreiheit deshalb in besonderer Form, weil die letztversorgenden EVU, denen die finanziellen Lasten der Förderung von EEG-Strom auferlegt werden, zugleich Erzeuger von Strom und damit Konkurrenten der begünstigten Anlagenbetreiber sein können. Diese Teilgruppe der Stromhändler wird zu einer direkten finanziellen Förderung von Unternehmen herangezogen, mit denen sie auf dem Markt der Stromerzeugung in Wettbewerb stehen. Es läßt sich daher davon sprechen, daß die SER, die primär auf Gewährleistungsgehalte der Preis- und der Dispositionsfreiheit abzielt, angesichts der Zweckbestimmung der transferierten Mittel zugleich in den Dienst einer Beeinflussung der Wettbewerbsverhältnisse auf dem Markt der Elektrizitätsgewinnung gestellt wird. Dies gilt allerdings nur, soweit letztversorgende EVU belastet werden, die zugleich im Bereich der Stromerzeugung tätig sind; § 14 Abs. 3 EEG stellt nicht unmittelbar auf die Eigenschaft des Pflichtigen als stromerzeugendes Unternehmen ab. Zugunsten dieser Teilgruppe der Stromhändler ist auch der Schutzbereich der Wettbewerbsfreiheit eröffnet.63 Der Schutzbereich der Unternehmerfreiheit ist somit nicht nur für die durch § 14 Abs. 3 EEG auferlegten Verhaltenspflichten, sondern auch für die Geldleistungspflicht, der das Interesse der Untersuchung gilt, eröffnet. Es bleibt zu sehen, ob die von der Vergütungsregelung des § 14 Abs. 3 S. 1 und 5 EEG ausgehende finanzielle Belastung, die sich bei materieller Betrachtung als „subventionierende“ Geldleistungspflicht darstellt, auch als Beeinträchtigung der Berufsfreiheit zu qualifizieren ist. Angesichts der bisweilen restriktiven Rechtsprechung des BVerfG zu finanziellen Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit ist dies zumindest nicht offensichtlich. b) Arzneimittelabschlag zu Lasten der Hersteller, § 130a SGB V Die Preisabschläge zu Lasten der Arzneimittelhersteller gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V sind, anders als der Finanzierungsmechanismus der Stromeinspeisungsregelung, nicht unmittelbar als Vergütungsregelungen konzipiert. Die pharmazeutischen Unternehmen haben vielmehr gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V 61 U. Di Fabio, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 2 Rn. 118; R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 148 Rn. 75, 77; das BVerwG sieht den Schutzbereich erst eröffnet, wenn die freie Betätigung des Unternehmers im Wettbewerb „in unerträglichem Maße“ beschränkt wird, BVerwGE 30, 191 (198). 62 Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß die Bezeichnung fördernder Vergütungsregelungen als „Subventionen“ diesen Begriff gegenüber dem vorherrschenden Begriffsverständnis untechnisch verwendet, da der Begünstigte hierbei nicht im formellen Sinne aus öffentlichen Mitteln gefördert wird, siehe oben § 1 D II. 63 Zu diesem Ergebnis gelangt auch M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 238.

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den Apotheken den Abschlag zu erstatten, den diese zuvor den Krankenkassen auf zu deren Lasten abgegebene Arzneimittel gewährt haben. Die finanzielle Belastung der Pharmaunternehmen knüpft nicht unmittelbar an den Geschäftsvorgang der Arzneimittellieferung an die Apotheken, sondern erst an die Abgabe der entsprechenden Präparate an den gesetzlich krankenversicherten Patienten. Für die Eröffnung des Schutzbereichs der Berufsfreiheit kann sich dieser formal-konstruktive Unterschied jedoch nicht auswirken. Da die beschriebenen Ausprägungen der Unternehmerfreiheit keine trennscharf voneinander abgegrenzten Gewährleistungen bilden, bleibt es folgenlos, ob die Erstattungspflicht als Intervention des Gesetzgebers im Bereich der Dispositions- und Investitionsfreiheit des Unternehmers angesehen wird, die diesen zu einem zusätzlichen, durch die Marktverhältnisse nicht veranlaßten Kapitaleinsatz zwingt, oder ob man Arzneimittellieferung und Erstattung als einheitlichen Vorgang begreift und folglich die Abschlagsregelung im Schutzbereich der Preisfreiheit ansiedelt. Der Schutzbereich der Unternehmerfreiheit ist damit auch gegenüber den Zwangsrabatten gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V eröffnet. Wie schon zur Stromeinspeisungsregelung ausgeführt, bedeutet die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 12 Abs. 1 GG nicht notwendig, daß – bei Zugrundelegung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu mittelbaren Beeinträchtigungen – auch ein Eingriff anzunehmen ist. c) Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG Die Regelung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nach § 14 Abs. 1 MuSchG verpflichtet den Arbeitgeber zur Zahlung des Arbeitsentgelts – vermindert um die Höhe des von öffentlichen Kostenträgern gewährten Mutterschaftsgeldes – während einer Zeit, in der die Arbeitnehmerin von ihrer Pflicht zur Arbeitsleistung entbunden ist. Sie suspendiert das Synallagma zwischen den Ansprüchen auf Arbeitsleistung und Entgeltzahlung und sieht eine gesetzliche Ausnahme von der Grundregel des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB vor.64 Als Regelung des Arbeitslohns bewegt sie sich im Bereich der Leitungs- und Gestaltungsfreiheit des „Arbeitgeber-Unternehmers“ für den Binnenbereich des Unternehmens, da sie die im Ausgangspunkt freie Vereinbarung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin betrifft. Auch die Zuschußpflicht zielt daher auf einen Gegenstand der Unternehmerfreiheit.

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Siehe hierzu oben § 4 F.

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C. Beeinträchtigung I. Beeinträchtigung durch Auferlegung einer Geldleistungspflicht Aus dem Verständnis aller in Art. 12 Abs. 1 GG aufgeführten Gewährleistungen als eines einheitlichen Schutzbereichs ergibt sich der für ein Freiheitsgrundrecht außergewöhnlich weite Schutzumfang der Berufsfreiheit. Die besondere Weite des Schutzbereichs gerade auf dem Gebiet der Berufsausübung bringt es mit sich, daß – wie das BVerfG formuliert – „nahezu jede Norm oder deren Anwendung unter bestimmten Voraussetzungen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit haben kann“.65 Den Umstand, daß der Schutzbereich des Grundrechts umfassend angelegt ist, gleicht das BVerfG dadurch aus, daß es dem Grundrechtsberechtigten den Schutz der Berufsfreiheit nicht gegenüber jeder Form der Freiheitsbeschränkung zuspricht; der effektive Schutzgehalt der Berufsfreiheit wird also vom Eingriffsbegriff her eingeschränkt.66 Wie schon bei Betrachtung der einzelnen Schutzausprägungen der Unternehmensfreiheit angedeutet, ist auch für die Vergütungsbestimmungen, die als Referenzregelungen dieser Arbeit dienen, die Eingriffsqualität – folgt man der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung – nicht offensichtlich. Die Stromeinspeisungsregelung, der Herstellerrabatt und der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld interessieren gerade aufgrund ihres Charakters als nicht-abgabenrechtliche Geldleistungspflichten, als „horizontale“ Finanztransfers. Eben solche Geldleistungspflichten haben in der Verfassungsrechtsprechung zu Beeinträchtigungen des Art. 12 Abs. 1 GG jedoch bislang eine uneinheitliche Behandlung erfahren. Es kommt hinzu, daß das BVerfG auch Regelungen aus den hier gewählten Beispielsgebieten sowie Bestimmungen, die zu Referenzregelungen erhebliche Ähnlichkeit aufwiesen, die Eigenschaft als Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit abgesprochen hat. Dies macht zunächst eine Analyse der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit, sodann die Beurteilung der Referenzregelungen anhand der vorgefundenen Qualifikationsmerkmale erforderlich. 1. Die berufsregelnde Tendenz einer Regelung Außer Zweifel steht, daß solche Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit als abwehrfähige Eingriffe anzusehen sind, die den klassischen Eingriffsbegriff erfüllen, die sich insbesondere final auf die Berufstätigkeit beziehen und diese unmittelbar zum Gegenstand haben, wie insbesondere Gebote oder Verbote eines bestimmten Verhaltens.67 Darüber hinaus wäre, wie das BVerfG im Zusammenhang mit der Belastungswirkung abgabenrechtlicher Normen dargelegt hat, der 65 66

BVerfGE 97, 228 (254) – Kurzberichterstattung. Vgl. BVerfGE 95, 267 (302) – Altschuldenregelung.

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Schutz des einzelnen vor Beschränkungen seiner Berufstätigkeit nur unvollkommen gewährleistet, wenn am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG allein solche Vorschriften zu prüfen wären, welche die berufliche Betätigung unmittelbar zum Gegenstand haben. Aufgrund dieser Überlegung hat das Gericht auch solchen Regelungen den Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG entgegengestellt, die zwar keine Grundrechtseingriffe im klassischen Sinne bilden, jedoch infolge ihrer tatsächlichen Auswirkungen geeignet sind, den Freiheitsberechtigten in seiner Berufstätigkeit mittelbar zu beeinträchtigen.68 Solche mittelbaren Beeinträchtigungen von Art. 12 Abs. 1 GG liegen nach der – inzwischen selbst „klassisch“ gewordenen – Formel des BVerfG vor, wenn staatliche Maßnahmen „infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lassen“.69 Die Formel ist in Auseinandersetzung mit einer Steuerrechtsnorm entwickelt worden70 und hat auch in der folgenden Rechtsprechung meist der Bestimmung der Eingriffsqualität von Abgabenregelungen gedient.71 Zwar gleichen Abgabenpflichten den „klassischen“ Formen der Beeinträchtigung von Art. 12 Abs. 1 GG insofern, als auch sie imperativ wirken, doch haben sie häufig nicht die Berufstätigkeit des Freiheitsberechtigten unmittelbar zum Gegenstand. Oftmals wirken Abgabenpflichten auch unterschiedslos auf Berufstätige und Private und ermangeln aus diesem Grund einer berufsregelnden Tendenz. Inzwischen hat das Gericht klargestellt, die Formel gelte auch für gesetzlich auferlegte Geldleistungspflichten, die keine Abgaben sind.72 Zudem hat der Maßstab sich in neuerer Zeit vermehrt bei der Qualifikation hoheitlicher Realakte als Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit bewähren müssen.73 Zwischen Geldleistungspflichten, Realakten und anderen Formen hoheitlichen Handelns, die mangels eines gezielten und unmittelbaren Eingriffs allenfalls faktische Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit darstellen können, wird hinsichtlich der anzulegenden Voraussetzungen nicht unterschieden.

67 BVerfGE 13, 181 (185); zum klassischen Eingriffsbegriff allgemein I. v. Münch, in: ders./P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Vorb. Art. 1–19 Rn. 51a; W. Roth, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, 1994, S. 7 ff.; in Abgrenzung zum faktischen Eingriff P. Lerche, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 121 Rn. 50. 68 So erstmals BVerfGE 13, 181 (185 f.). 69 BVerfGE 13, 181 (186); 70, 191 (214); 95, 267 (302). 70 Vgl. BVerfGE 13, 181 (185) – Schankerlaubnissteuer. 71 Vgl. BVerfG, a. a. O., S. 186; E 14, 76 (100); 16, 147 (162); 26, 1 (12); 37, 1 (17); 38, 61 (79); 42, 374 (384 f.); 75, 108 (153 f.); 81, 108 (121 f.); 98, 83 (97); 98, 106 (117). 72 BVerfGE 95, 267 (302) – Altschuldenregelung. 73 BVerfGE 105, 252 – Glykol – sowie die Überblicke bei G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 85 ff.; M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 43a.

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Obwohl die Kritik des Schrifttums, aufgrund der Abgrenzungsformel habe sich eine eher inkonsistente und in ihren Ergebnissen schwer vorhersehbare Rechtsprechung entfaltet,74 in vielem zutrifft, lassen sich bei einer Durchsicht der Judikatur doch einige allgemeine Aussagen zur Anwendung des Maßstabes treffen. Zunächst fällt auf, daß die Bestandteile der Formel für die Beurteilung der jeweiligen Maßnahmen kaum unmittelbare Bedeutung erlangen. Das BVerfG stützt seine Überlegungen zur Eingriffsqualität einer Maßnahme stets auf ergänzende Kriterien, mit denen es die abstrakte Formel im Einzelfall konkretisiert und die es als Argumentationshilfen einsetzt. Das am häufigsten herangezogene Kriterium zur Abgrenzung mittelbarer Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit von solchen Maßnahmen, die nicht an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen sind, bildet der Zweck der Regelung.75 Die Finalität der Maßnahme, welche auch das Hauptmerkmal des klassischen Eingriffsbegriffes darstellt, kehrt somit als konkretisierender Gesichtspunkt in der Rechtsprechung zu mittelbaren Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit wieder und nimmt in der Argumentationspraxis des BVerfG eine zentrale Stellung ein. Die berufsregelnde Tendenz einer Maßnahme ist daher nicht notwendigerweise „objektiv“ in dem Sinne zu untersuchen, daß es auf die Intention des Gesetzgebers nicht ankäme. Das zweite ständig wiederkehrende Kriterium zur Bestimmung mittelbarer Beeinträchtigungen von Art. 12 Abs. 1 GG bilden die tatsächlichen Auswirkungen des Staatshandelns auf die Berufstätigkeit des Belasteten.76 Dieses Merkmal, welches in umfassender Weise die Situation des Belasteten betrachtet, entspricht der „objektiven“ Blickrichtung der „berufsregelnden Tendenz“. Verringerte Anforderungen hat das BVerfG bei der Anwendung dieses Kriteriums auf wettbewerbsrelevantes Hoheitshandeln wie staatliche Subventionierung ange-

74

Siehe hierzu sogleich im Text. Vgl. nur BVerfGE 37, 1 (17) (Die Weinwirtschaftsabgabe sei „ihrem Sinn nach ein Instrument der Wirtschaftspolitik.“); 42, 374 (384 f.) (Die Belastung der Dauerschulden des Pfandleihgewerbes mit Gewerbesteuer verfolge nicht das Ziel, eine längerfristige Fremdfinanzierung der Unternehmen zu erschweren.); 52, 42 (54) (Aus dem Sinn und Zweck des kommunalrechtlichen Vertretungsverbots ergebe sich, daß dieses nicht die Art und Weise der Berufstätigkeit der Mandatsträger regeln wolle.); 75, 108 (154) (Nach der Intention des Gesetzgebers solle nicht der Entschluß zur Wahl oder zur Art der Ausübung eines Berufs gesteuert werden.); vgl. auch E 110, 370 (393 f.). 76 Vgl. BVerfGE 61, 291 (308, 311) (Die Berufstätigkeit des Freiheitsberechtigten müsse in einer Weise eingeschränkt sein, die für diesen „spürbar“ ist.); 70, 191 (214) (Eine berufsregelnde Tendenz des Fischereigesetzes im Gegensatz zu „allenfalls mittelbaren Auswirkungen“ setze gravierendere Nachteile als die bislang eingetretenen voraus.); 81, 108 (121) (Maßgeblich seien die „tatsächlichen Auswirkungen“.); 82, 209 (224) (Gerade im Bereich staatlicher Planung und Subventionierung seien die Auswirkungen der hoheitlichen Maßnahme zu betrachten.); im letzteren Sinne auch schon E 46, 120 (137); vgl. auch E 110, 370 (393 f.). 75

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nommen.77 Bei Betrachtung der tatsächlichen Auswirkungen ist insbesondere die Intensität der Beeinträchtigung, im Fall von Geldleistungspflichten die Höhe der finanziellen Belastung, von Bedeutung.78 Daneben fragt das Gericht häufiger danach, ob Gegenstand der beeinträchtigenden Maßnahme die Wahl oder Ausübung eines bestimmten Berufs sei oder ob diese sich unterschiedslos auf mehrere Berufe, möglicherweise ganze Wirtschaftszweige beziehe.79 Schließlich zieht das Gericht bisweilen weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte einer Regelung heran, doch kommt diesen Merkmalen vergleichsweise geringes Gewicht zu.80 Zusammenfassend zeigt sich, daß die Handhabung der Abgrenzungsformel in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung weniger von der konsequenten Anwendung eines abstrakten Maßstabes denn von Anpassungsbereitschaft an den Einzelfall gekennzeichnet ist. Im Mittelpunkt stehen die Kriterien des Zwecks der Maßnahme und ihrer tatsächlichen Auswirkungen. Das BVerfG legt diesen Maßstab unterschiedslos an Abgaben, sonstige Geldleistungspflichten, staatliche Planungen, Subventionen sowie verschiedene Formen von Realakten an. An den Voraussetzungen des BVerfG für mittelbare Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit bemängelt die Literatur bisweilen, sie stellten zu hohe Anforderungen und führten zu beliebigen Resultaten.81 Eine enge, an der Finalität der Maßnahme oder an formalen Merkmalen des Einwirkungsmittels orientierte Definition der Beeinträchtigung entbehre der inneren Rechtfertigung und müsse zu verworrenen, nicht überzeugenden Abgrenzungsversuchen führen.82 Diese Autoren halten eine Überprüfung staatlichen Handelns am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG immer dann für geboten, wenn die hoheitliche Maßnahme „eine spezifische, rechtlich oder faktisch wirkende Betroffenheit des Bürgers bei seiner beruflichen Betätigung“ auslöst.83 Da diese Ansicht ausschließlich auf den 77 BVerfGE 46, 120 (137 f.) unter Verweis auf E 32, 311 (317); ebenso E 82, 209 (224). 78 BVerfGE 37, 1 (17) – Weinwirtschaftsabgabe. 79 BVerfGE 16, 147 (163) – Werkfernverkehr; 38, 61 (85) – Leberpfennig; 95, 267 (302 f.) – Altschulden. 80 Beispielsweise in BVerfGE 97, 228 (254 f.) – Kurzberichterstattung. 81 R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 148 Rn. 31 f.; G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 74 ff.; lediglich gegen die betont finale Betrachtungsweise der frühen Rspr. wenden sich K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen, 1966, S. 39 ff.; H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483 (493 ff.). 82 So R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 148 Rn. 31 f., der jedoch anerkennt, das BVerfG habe hieraus bereits „die gebotene Konsequenz gezogen“. 83 R. Breuer, a. a. O., § 148 Rn. 32; ähnlich G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 74 f.

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Aspekt der tatsächlichen Eingriffswirkung abstellt, auf weitere Voraussetzungen wie die Finalität der Maßnahme hingegen verzichtet, bleiben ihre Anforderungen an mittelbare Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit hinter denjenigen der Verfassungsrechtsprechung zurück. Daraus ergibt sich, daß die Referenzregelungen jedenfalls dann an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen sind, wenn sie sich auch am Maßstab des BVerfG als Grundrechtseingriffe erweisen. Die Eingriffsqualität der Referenzregelungen ist daher anhand der Formel des BVerfG und der diese konkretisierenden Einzelkriterien zu untersuchen. 2. Beeinträchtigung der Berufsfreiheit durch die Referenzregelungen a) Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG Gemäß dem Ziel der Untersuchung, die Verfassungsanforderungen an abgabenäquivalente Finanztransfers zu klären, ist für die SER danach zu fragen, ob diese gerade aufgrund der Zuweisung einer abgabenähnlichen Zahlungspflicht die Unternehmerfreiheit der letztversorgenden EVU beeinträchtigt. Die SER erlegt neben der fördernden Geldleistungspflicht eine Reihe sachlich-handlungsbezogener Belastungen auf, welche die Berufsausübung der EVU unmittelbar zum Gegenstand haben und daher unzweifelhaft als Grundrechtseingriffe zu qualifizieren sind. Etwas anderes könnte jedoch für die Geldleistungspflicht gelten, die sich bei wirtschaftlicher Betrachtung daraus ergibt, daß die letztversorgenden EVU durch § 14 Abs. 3 S. 5 EEG zur Zahlung einer Durchschnittsvergütung verpflichtet werden, in der bereits die Mehrkosten der Förderung von EEG-Strom enthalten sind und die folglich über dem Marktpreis für Strombezug durch letztversorgende EVU liegt. Zweifel daran, daß auch diese finanzielle Mehrbelastung die Unternehmerfreiheit der Stromhändler beeinträchtigt, ergeben sich daraus, daß das BVerfG in ähnlich gelagerten Fällen selbst einen mittelbaren Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG abgelehnt hat. So wurde die Qualifikation der Weinwirtschaftsabgabe – einer Sonderabgabe – als mittelbare Beeinträchtigung der Berufsfreiheit mit der Begründung abgelehnt, die Abgabe knüpfe lediglich formal, um die ihr zugedachte Funktion innerhalb eines bestimmten Wirtschaftsbereichs erfüllen zu können, an berufliche Tätigkeiten innerhalb dieses Wirtschaftsbereichs an; sie sei jedoch „ihrem Sinn nach ein Instrument der Wirtschaftspolitik.“84 Da auch der Förderungsmechanismus der SER darauf abzielt, im Interesse einer ressourcenschonenden Auswahl von Energieträgern in die Marktkräfte der Energiewirtschaft einzugreifen, ließe sich ihrer Eingriffsqualität grundsätzlich mit demselben Einwand begegnen.85 Daneben hat das BVerfG einer Regelung des Urheberrechts, die eine Geldleistungspflicht zwischen Privaten begründete, die 84

BVerfGE 37, 1 (17 f.).

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Eigenschaft als mittelbare Beeinträchtigung der Berufsfreiheit unter dem Hinweis abgesprochen, sie beziehe sich nicht auf die berufliche Tätigkeit der Pflichtigen, sondern sei „eine interessenausgleichende Norm des Privatrechts“.86 Auch hier ließe sich Gleiches für die SER geltend machen. Es bedarf daher der Untersuchung, ob die SER nach Maßgabe der Kriterien der Finalität und der tatsächlichen Auswirkungen einer Maßnahme als mittelbare Beeinträchtigung der Unternehmerfreiheit zu qualifizieren ist. Wie aus der Gesetzesbegründung des EEG eindeutig hervorgeht, richtet sich die Intention des Gesetzgebers bei der Anordnung des bundesweiten Belastungsausgleichs gem. § 14 EEG darauf, die Finanzierung der Förderung von EEG-Strom zu einer Aufgabe der letztversorgenden EVU zu machen, da der Gesetzgeber in den Stromhändlern die „Verursacher einer klima- und umweltgefährdenden Energieerzeugung“ erkennt.87 Die finanzielle Belastung der Stromhändler erfolgt daher zielgerichtet; nach dem Kriterium der Finalität stellt sich die Kostenzuweisung als Grundrechtseingriff dar. Sofern ihnen eine weitgehende Abwälzung der EEG-Mehrkostenlast auf die Letztverbraucher von Strom nicht gelingt, was nach der Ausgestaltung der SER und auch nach der Einschätzung des Gesetzgebers ungewiß ist,88 sind die letztversorgenden EVU nicht bloß vorübergehend, sondern dauerhaft mit den förderbedingten Mehrkosten – rund 2,7 Mrd. Euro im Jahr 200589 – belastet. Auch unter dem Aspekt der tatsächlichen Belastungswirkung erweist sich die Finanzierungspflicht der Stromhändler daher in Höhe der ihnen verbleibenden Kostenlast als mittelbare Beeinträchtigung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit über Kapital. Die SER erfüllt somit die Kriterien der Verfassungsrechtsprechung für eine Beeinträchtigung der Berufsfreiheit. Zu dem gleichen Ergebnis gelangen der BGH90 und weite Teile der Literatur,91 die dabei jedoch nicht allein die för85 Dazu steht es nicht in Widerspruch, wenn die SER bei Feststellung ihrer Übergriffswirkung in Steuergesetzgebungskompetenzen nicht als Geldleistungspflicht mit einem Lenkungs-, sondern einem Förderzweck eingeordnet wurde, siehe oben § 10 C II 1 a). – Im Gegensatz zu Lenkungsonderabgaben ist die SER nicht darauf gerichtet, durch finanzielle Belastung eine Verhaltensänderung der Pflichtigen herbeizuführen, sondern ein bestimmtes Verhalten anderer Wirtschaftsbeteiligter finanziell zu ermöglichen. In diesem weiteren Sinne kann auch sie als Instrument der Wirtschaftslenkung bezeichnet werden. 86 BVerfGE 31, 255 (265) – Private Tonbandvervielfältigungen. 87 So die Begründung des Gesetzentwurfs der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BT-Drs. 14/2776, S. 20, 24; ebenso die Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 27, 48. 88 Siehe hierzu bereits § 2 B III 3. 89 Angabe des VDEW e. V., siehe hierzu bereits oben § 2 B III 2; vgl. auch Pressemitteilung „Staat verteuert Stromrechnung“ vom 10. 10. 2005, sowie Pressemitteilung „Ökostrom-Förderung steigt auf drei Milliarden Euro“ vom 31. 10. 2005. 90 BGHZ 134, 1 (16 ff.) – Stromeinspeisung II; 155, 141 (149 ff.) – Stromeinspeisung III.

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dernde Geldleistungspflicht, sondern die Gesamtregelung der §§ 4 ff., 14 EEG unter Einschluß sachlich-handlungsbezogener Belastungen betrachten. b) Arzneimittelabschlag zu Lasten der Hersteller, § 130a SGB V Auch der Charakter des Herstellerabschlags nach § 130a Abs. 1, 3b SGB V als mittelbare Beeinträchtigung der Berufsfreiheit der pharmazeutischen Unternehmen ist nicht von vornherein ersichtlich. Zweifel an der Eingriffsqualität der Erstattungspflicht können sich insbesondere daraus ergeben, daß das BVerfG – wie es in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Festbetragsregelung für Arzneimittel zu erkennen gegeben hat – dazu neigt, den Eingriffscharakter von Kostendämpfungsmaßnahmen im Recht der GKV äußerst restriktiv zu beurteilen.92 Zur Festbetragsregelung argumentiert das Gericht, durch die Festsetzung von Obergrenzen der Arzneimittelkostenerstattung durch Krankenkassen würden lediglich Patienten und Ärzte in ihrem Marktverhalten betroffen, folglich seien Festbetragsregelungen auch nur an deren Grundrechten zu messen. Die Auswirkungen der begrenzten Kostenübernahme durch die Krankenkassen auf die Berufsausübung der Hersteller und Anbieter von Arzneimitteln bleibe hingegen ein „bloßer Reflex“ der Regelung ohne eigenständige berufsregelnde Tendenz.93 Während das Gericht ausdrücklich herausstellt, daß die Festbetragsregelung sowohl nach ihrem Regelungsgehalt als auch ihrer Entstehungsgeschichte darauf abziele, einen „wirksamen Preiswettbewerb“ unter den Pharmaherstellern zu entfachen und diese zu Preissenkungen zu veranlassen,94 folgert es daraus nicht eine Beeinträchtigung der Berufsfreiheit. Ob das Gericht den Eingriffscharakter der Festbetragsregelung auch dann hätte ablehnen können, wenn es die Regelung mit Hilfe der – üblicherweise herangezogenen – Kriterien der Finalität und der tatsächlichen Auswirkungen untersucht hätte, erscheint äußerst zweifelhaft; im Schrifttum wird die Entscheidung aus diesem Grund scharf kritisiert.95 Für den Herstellerabschlag liegen die Dinge jedoch eindeutiger als für die Festbetragsregelung, da die Erstattungspflicht gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V sich unmittelbar an die Pharmahersteller richtet. Ihnen ist die Art und Weise 91 K. H. Friauf, Zwangssubventionierung, 1995, S. 131, 137; M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 231 ff.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 195 f.; M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 124 f. 92 Zum folgenden BVerfGE 106, 275 (299 f.) – Arzneimittelfestbeträge. 93 BVerfG, ebd. 94 BVerfG, a. a. O., S. 300 (unter aa)), mit Nw. zu Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Norm. 95 F. Hufen, NJW 2004, S. 14 (17); H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (179 m. Fn. 16).

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ihrer Reaktion nicht, wie im Falle der Festbetragsregelung, freigestellt, sondern durch Gesetz unausweichlich vorgegeben. Legt man die Kriterien der Finalität und der tatsächlichen Auswirkungen an die Abschlagsregelung an, so erweist sich diese als mittelbarer Eingriff in die Unternehmerfreiheit der Arzneimittelhersteller. Den Zweck der Abschläge nach § 130a Abs. 1, 3b SGB V bildet es, zusätzlich zu dem Apothekenrabatt nach § 130 SGB V weitere Einsparvolumina zu erschließen, indem – bei wirtschaftlicher Betrachtung – der Herstellerabgabepreis des Arzneimittels gesenkt wird. Die finanzielle Belastung der Pharmaunternehmen entspricht also der Absicht des Gesetzgebers. Den gleichen Befund ergibt ein Blick auf die tatsächlichen Auswirkungen. Vergleicht man die durch § 130a Abs. 1, 3b SGB V herbeigeführte Situation mit derjenigen, bei der in dem Apothekenendpreis eines Arzneimittels der Herstellerabgabepreis ungemindert enthalten ist, so wirkt die Abschlagsregelung bei wirtschaftlicher Betrachtung wie eine direkte Geldleistungspflicht der Hersteller an die Krankenkassen und belastet die Pharmaunternehmen auch in gleicher Weise. Die Geldleistungspflicht knüpft dabei unmittelbar an den Kern der unternehmerischen Tätigkeit von Pharmaherstellern, den Absatz von Arzneimitteln, an.96 In Übereinstimmung mit der einhelligen Ansicht im Schrifttum97 liegt in der Auferlegung des Abschlages zu Lasten der Pharmahersteller gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V eine – zumindest mittelbare – Beeinträchtigung der Berufsfreiheit.98 c) Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG Der Wandel, den die Rechtsprechung des BVerfG in ihren Anforderungen an mittelbare Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit bisweilen vollzieht, wird in den Entscheidungen des Gerichts zum Arbeitgeberzuschuß gem. § 14 Abs. 1 MuSchG anschaulich. In seinem Beschluß aus dem Jahr 1974 stellte der Erste Senat kurzerhand fest, die Regelung des Mutterschutzgesetzes stehe weder in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs, noch lasse sie

96 Lebensfern wäre die Vorstellung, die Pharmaunternehmen würden deshalb nicht in ihrer Berufstätigkeit betroffen, weil der Abschlag nur den Absatz von Arzneimitteln im System der GKV betrifft. Bei einem Versorgungsgrad von derzeit noch ca. 90 Prozent der Bevölkerung gehört auch die ungehinderte Erschließung dieses Absatzmarktes zur Unternehmerfreiheit der Hersteller, hierzu F. Hufen, NJW 2004, S. 14 (15). 97 H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (179 f.); F. Hufen, NJW 2004, S. 14 (16); U. Becker, NZS 2003, S. 561 (566); H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 26; S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (418). 98 Auch das BVerfG beurteilt Vergütungsregelungen, die sich unmittelbar an den betroffenen Personenkreis richten, als Eingriffe in Art. 12 Abs. 1 GG, vgl. zu Vergütungsregelungen im System der GKV BVerfGE 68, 193 (218); 70, 1 (30); 103, 172 (182 f.); zu Vergütungsregelungen in anderen Wirtschaftssektoren BVerfGE 88, 145 (159); 101, 331 (346 f.).

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

eine berufsregelnde Tendenz erkennen, da der Zuschuß zum Mutterschaftsgeld die Arbeitgeber „ohne Rücksicht auf ihren Beruf“ treffe.99 In dieser Feststellung tritt ein Verständnis des Zusammenhangs zwischen Berufstätigkeit und hoheitlich auferlegten Geldleistungspflichten zutage, welches in Rechtsprechung und Literatur bis in die siebziger Jahre hinein verbreitet war. Nach dieser Vorstellung beeinflussen Geldleistungspflichten – selbst dann, wenn sie gerade an die Ausübung eines Berufs anknüpfen – nicht die Willensentschließungen und Handlungen des Freiheitsberechtigten im Rahmen seiner Berufstätigkeit, sondern belasten allein dessen Vermögen. Sie errichten keine rechtlichen, sondern allenfalls wirtschaftliche Schranken und unterscheiden sich darin nicht von zahlreichen anderen Kostenfaktoren, die es bei unternehmerischer Tätigkeit in Rechnung zu stellen gilt.100 In seiner dritten Entscheidung zum Arbeitgeberzuschuß distanziert sich der Erste Senat ausdrücklich von dieser Position und erklärt, Geldleistungspflichten, die ein Arbeitsverhältnis inhaltlich ausgestalteten, seien an der Berufsfreiheit zu messen. Dem Arbeitgeber würden zusätzliche Kostenlasten aufgebürdet, die aus der Beschäftigung der geschützten Arbeitnehmerin und damit aus seiner Berufstätigkeit folgten.101 Mit diesem Richtungswechsel setzt das BVerfG zugleich eine andere Rechtsprechungslinie fort, die ebenfalls im Arbeitsrecht, nämlich in den bereits angesprochenen102 Entscheidungen zu Pflichten des Arbeitgebers, bezahlten Sonderurlaub für gemeinwohldienliches Engagement des Arbeitnehmers zu gewähren, ihren Ausgang genommen hat.103 Ebenso wie neuerdings im Bereich von Abgaben104 verlangt das Gericht hierdurch auch in Fällen sonstiger Geldleistungspflichten für mittelbare Beeinträchtigungen der Unternehmerfreiheit keine erheblichen Steuerungswirkungen der auferlegten Last, sondern läßt es genügen, daß die Geldleistungspflicht die Erwerbstätigkeit erschwert und darin Einfluß auf die Art und Weise der Berufsausübung nimmt. Bemerkenswert ist an den arbeitsrechtlichen Entscheidungen, daß das BVerfG einen ganzen Bereich unternehmerischer Tätigkeit – die inhaltliche Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse – von dem Nachweis einer besonderen berufsregelnden Tendenz der Geldleistungspflicht entbindet.105 Auch die Regelung des Arbeitgeber-

99

BVerfGE 37, 121 (131) – Arbeitgeberzuschuß I – unter Verweis auf frühere

Rspr. 100 Vgl. O. Bachof, in: K. A. Bettermann/H. C. Nipperdey/U. Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Band III/1, 1958, S. 155 (196 f.); dazu auch K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen, 1966, S. 39 f.; H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483 (493 f.). 101 BVerfGE 109, 64 (84 f.) unter Hinweis auf E 81, 156 (188). 102 Siehe hierzu oben § 1 C. 103 Hierzu BVerfGE 77, 308 (332); 81, 156 (188); 85, 226 (232). 104 BVerfGE 98, 83 (97); 98, 106 (117). 105 Vgl. BVerfGE 109, 64 (85); kritisch H. Kube, JZ 2004, S. 358 (359).

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zuschusses zum Mutterschaftsgeld beeinträchtigt somit mittelbar die arbeitgeberische Dispositionsfreiheit des Unternehmers. II. Die Form der Beeinträchtigung – Berufswahl- oder Berufsausübungsregelung Wie das BVerfG in der Apotheken-Entscheidung dargelegt hat, lassen sich die Begriffe der Wahl und der Ausübung eines Berufes nicht derart voneinander trennen, daß jeder von ihnen eine bestimmte zeitliche Phase der Berufstätigkeit bezeichnet, die sich mit der anderen nicht überschneidet. Vielmehr erfassen die Aspekte der Wahl und der Ausübung den einheitlichen Komplex der beruflichen Betätigung von verschiedenen Blickpunkten.106 Trotz der hierauf basierenden, allgemein anerkannten Auslegung des Art. 12 Abs. 1 GG, die sowohl die Freiheit der Berufswahl als auch der Berufsausübung einem einheitlichen Schutzbereich zuordnet, bleibt die Abgrenzung zwischen beiden Aspekten der Berufstätigkeit und die Zuordnung einer Beeinträchtigung zu ihnen von Bedeutung, da die Höhe der Rechtfertigungsanforderungen sich maßgeblich nach der Form der Beeinträchtigung bestimmt. Für die Abgrenzung der beiden Elemente gelten folgende Maßgaben:107 Die Freiheit der Berufswahl wird durch solche Regelungen beeinträchtigt, die entweder rechtlich den Zugang zu einem bestimmten Beruf beschränken oder faktisch die sinnvolle Ausübung eines Berufs unmöglich machen.108 Eine Regelung der Berufsausübung hingegen liegt vor, wenn die Beeinträchtigung nicht ein selbständiges Berufsbild, sondern „lediglich Tätigkeiten betrifft, die als Bestandteil eines umfassenderen oder als Erweiterung eines anderen Berufes ausgeübt werden“ und deren Regelung „die eigentliche Berufstätigkeit als Grundlage der Lebensführung unberührt läßt.“109 Die Ausübungsregelung trifft innerhalb des Bereichs eines bestimmten Berufes Anordnungen über die Art und Weise, in der diese Berufstätigkeit zu gestalten ist.110 Allerdings sind Berufswahl- und Berufsausübungsregelungen nicht nur in zeitlicher Hinsicht, sondern auch in Anbetracht ihrer Belastungswirkung nicht streng voneinander unterschieden. Eine Berufsausübungsregelung kann in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung einer Zulassungsbeschränkung nahekommen und damit die Freiheit der Berufswahl beeinträchtigen. Nach dem BVerfG ist dies 106

BVerfGE 7, 377 (401) – Apotheker. Zum folgenden auch M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 37 f.; F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (10); J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 74 ff. 108 BVerfGE 11, 30 (41 f.); 30, 292 (313). 109 BVerfGE 68, 272 (281); 75, 246 (274). 110 BVerfGE 22, 380 (383 f.); 30, 292 (313). 107

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jedoch nicht schon dann anzunehmen, wenn die Regelung den aus der Ausübung eines Berufs erzielten Gewinn soweit mindert, daß ein einzelner Unternehmer sich zur Aufgabe seines bisherigen Berufs veranlaßt sieht; eine Verletzung des Rechts auf freie Berufswahl sei nur anzunehmen, wenn die betroffenen Berufsangehörigen „in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung oder – bei juristischen Personen – zur Grundlage ihrer unternehmerischen Erwerbstätigkeit zu machen“.111 Nach Maßgabe dieser Grundsätze stellen sich die Referenzregelungen sämtlich als Regelungen der Berufsausübung dar. Keine der betrachteten Vorschriften reguliert den Zugang zu einem bestimmten Beruf, sie alle knüpfen vielmehr Geldleistungspflichten an bestimmte Handlungen im Rahmen der laufenden Erwerbstätigkeit und treffen darin Anordnungen über die Art und Weise der Berufsausübung. Auch ist von Seiten der betroffenen Unternehmen und Arbeitgeber bislang für keine der Referenzregelungen geltend gemacht worden, diese zwinge sie durch das Ausmaß der finanziellen Belastung dazu, ihre bisherige Erwerbstätigkeit einzustellen oder in solchem Umfang zu verändern, daß dies als Einstellung der bisherigen und Aufnahme einer anderen Berufstätigkeit zu beurteilen wäre. Soweit sich Rechtsprechung und Literatur mit den hier zu untersuchenden Regelungen auseinandersetzen, sind diese ausnahmslos als Regelungen der Berufsausübung qualifiziert worden, die auch in ihren tatsächlichen Belastungswirkungen nicht Berufszugangsschranken gleichstehen.112

D. Rechtfertigung I. Materielle Rechtfertigungsanforderungen – Regelungsvorbehalt und Stufenlehre Nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG kann die Berufsausübung durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. Entsprechend dem Verständnis der Berufsfreiheit als einheitlichem Grundrecht wird die Bestimmung des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG als umfassender Regelungsvorbehalt ausgelegt, dessen Geltung sich gleichermaßen auf das Element der Berufswahl wie der Berufsausübung 111

BVerfGE 13, 181 (187); 16, 147 (165); 30, 292 (313 f.); 68, 155 (170 f.); st.

Rspr. 112 Zur Stromeinspeisungsregelung BGHZ 134, 1 (16) – Stromeinspeisung II; M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 229 ff.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 197 ff. – Zu den Herstellerrabatten für Arzneimittel U. Becker, NZS 2003, S. 561 (566); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (418); F. Hufen, NJW 2004, S. 14 (15); BVerfGE 108, 45 (51) (Zur Intensität der wirtschaftlichen Betroffenheit der Pharmaunternehmen) – Für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld BVerfGE 109, 64 (84 f.) – Arbeitgeberzuschuß III.

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erstreckt.113 Da die Begriffe der Wahl und der Ausübung den einheitlichen Komplex „berufliche Betätigung“ lediglich von verschiedenen Blickpunkten her erfassen, wäre es sinnwidrig, wenn die Berufswahl einer gesetzlichen Regelung schlechthin entzogen wäre, während der Regelungsvorbehalt Einschränkungen der Berufsausübung zuläßt.114 In dieser Auslegung wird die Vorschrift zur Grundlage vielfältiger Maßnahmen zur Regulierung der Berufs-, Arbeits- und Ausbildungssphäre sowie der Wirtschaftslenkung. Nach ihrem Sinn und Zweck ist die Regelungsbefugnis gem. Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG um der Berufsausübung willen gegeben und darf nur unter diesem Blickpunkt in die Freiheit der Berufswahl eingreifen. Inhaltlich ist eine Vorschrift in Ausübung des Regelungsvorbehalts um so freier, je mehr sie reine Berufsausübungsregelung ist, um so enger begrenzt, je mehr sie auch die Berufswahl berührt.115 Aus dem Verständnis des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG als einheitlichem Regelungsvorbehalt folgt jedoch nicht, daß an alle Formen der Beeinträchtigung gleiche Anforderungen zu stellen sind. Unter Abstufung nach den verschiedenen Formen der Beeinträchtigung hat das BVerfG in der Apotheken-Entscheidung differenzierende Rechtfertigungsanforderungen an Beschränkungen der Berufsfreiheit formuliert und diese sog. Stufenlehre in der Folge weiterentwickelt.116 Hierdurch soll den widerstreitenden Erfordernissen, einerseits die Freiheit des Individuums zu schützen und andererseits die Interessen der Gemeinschaft zu verwirklichen, Rechnung getragen werden. Die Kernaussage der Stufenlehre lautet zum einen, daß Eingriffe in die Berufsfreiheit auf einer bestimmten „Stufe“ nur in Verfolgung eines entsprechend gewichtigen Gemeinschaftsinteresses erfolgen dürfen. So kann die Freiheit der Berufsausübung beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen; Beschränkungen der Berufswahl in Form subjektiver Zulassungsschranken sind hingegen nur zulässig, sofern der Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter es zwingend erfordert; objektive Berufszulassungsschranken schließlich sind nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut gerechtfertigt.117 Zum anderen gebietet die Stufenlehre, daß Regelungen nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG stets auf der Stufe anzusetzen haben, die den geringsten Eingriff in die Berufsfreiheit mit sich bringt. Die nächsthöhere, bela-

113 Hierzu BVerfGE 7, 377 (402); 33, 303 (336); P. Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (105); R. Scholz, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 15. 114 BVerfGE 7, 377 (401). 115 BVerfG, a. a. O., S. 403; dazu M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 44 („heute nahezu einhellige Meinung“). 116 Hierzu BVerfGE 7, 377 (405 ff.); aus der Lit. insbesondere P. Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (117 ff.); G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 138 ff. 117 BVerfGE 7, 377 (378, 405 ff.).

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stungsintensivere Stufe darf erst dann betreten werden, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit feststeht, daß die befürchteten Gefahren mit verfassungsmäßigen Mitteln der vorausgehenden Stufe nicht wirksam bekämpft werden können.118 Würde sich die Stufenlehre in diesen beiden Erfordernissen erschöpfen, so bliebe ihr Anforderungsgehalt an die Rechtfertigung von Berufsausübungsregelungen – denen auch Preisdiktate wie die hier betrachteten Referenzregelungen zuzurechnen sind – gering. Da diese sich auf der niedrigsten „Stufe“ der Eingriffsintensität bewegen, geböte der Ansatz des BVerfG nach dieser Formulierung nur, daß die jeweilige Regelung zur Verwirklichung vernünftiger Erwägungen des Gemeinwohls zweckmäßig erscheint. Das BVerfG versteht die Stufenlehre jedoch als strikte Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Bereich von Art. 12 Abs. 1 GG.119 Eine Berufsausübungsregelung ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn sie zur Verwirklichung eines legitimen Zwecks, der sich als vernünftige Erwägung des Gemeinwohls darstellt, geeignet, erforderlich und angemessen ist. Auch die Literatur beobachtet in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung schon seit längerem eine zunehmende Betonung der allgemeinen Strukturen der Verhältnismäßigkeit. Anstatt sich „sklavisch“120 an die Zuordnung von Eingriffsintensität und Rang des verfolgten Gemeinschaftsinteresses zu halten, verfeinert das BVerfG zusehends die dogmatischen Ansätze der Stufenlehre als Konkretisierung des Übermaßverbotes und greift daneben auch unmittelbar auf dieses zurück.121 Die meistverwandte Formel der neueren Rechtsprechung belegt diesen Befund. Gesetzliche Regelungen der Berufsausübung sind hiernach zulässig und „bleiben im Rahmen der dem Gesetzgeber durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG eingeräumten Regelungsbefugnis, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zweckes geeignet und auch erforderlich sind und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt wird.“122 Während das Schrifttum die Stufenlehre in ihrer ursprünglichen, in der Apotheken-Entscheidung formulierten Fassung kritisierte, sie bisweilen als unpraktikabel und terminologisch unklar ablehnte,123 räumt es dem heutigen Verständnis der Stufenlehre als bereichsspezifischer Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein, mit ihm lasse 118

BVerfG, a. a. O., S. 408. BVerfGE 13, 97 (104); 25, 1 (12); 46, 120 (138 ff.). 120 J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 111. 121 Hierzu eingehend P. Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (118 ff.) mit umfassenden Nw. zur Rspr. 122 BVerfGE 81, 156 (188 f.) – Arbeitsförderungsgesetz 1981 – unter Verweis auf E 68, 155 (171); 71, 183 (196 f.); 72, 26 (31); 77, 308 (332). 123 G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 140; F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (10 ff.); J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 111 ff. m.w. N. 119

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sich der von Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit aufgegebene Rechtfertigungsbedarf weitgehend befriedigend erfassen.124 II. Sonstige Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit einzelner Referenzregelungen Als Beeinträchtigungen der Unternehmerfreiheit wären die Referenzregelungen nur dann gerechtfertigt, wenn sie sowohl mit den formellen als auch den materiellen Anforderungen des Grundgesetzes umfassend in Einklang stehen.125 Dabei bleibt für die weitere Untersuchung am Maßstab der Berufsfreiheit außer Betracht, daß Grundrechtsbeschränkungen durch die Stromeinspeisungsregelung und den Herstellerabschlag für Arzneimittel schon deshalb nicht gerechtfertigt sind, weil diese Regelungen mit unzulässiger Intensität in Steuergesetzgebungskompetenzen126 und in das Budgetbewilligungsrecht des Haushaltsgesetzgebers127 übergreifen und bereits aus diesen Gründen verfassungswidrig sind. Neben ihrer Übergriffswirkung sind für einzelne Referenzregelungen weitere Verfassungsverstöße erörtert oder sogar durch das BVerfG festgestellt worden. So wird für die Arzneimittelabschläge der §§ 130, 130a SGB V bezweifelt, ob der Bundesgesetzgeber sich bei ihrer Regelung innerhalb der Grenzen seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für die Sozialversicherung aus Art. 72 i.V. m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG gehalten habe.128 Für das Beitragssatzsicherungsgesetz 2003, durch das die Abschlagsregelung des § 130a SGB V eingeführt wurde, wird geltend gemacht,129 zu seinem verfassungsmäßigen Zustandekommen hätte es der Zustimmung des Bundesrates bedurft, die jedoch nicht erteilt wurde. Das BVerfG hat das Beitragssatzsicherungsgesetz für nicht zustimmungsbedürftig sowie insgesamt verfassungsmäßig erachtet.130

124 G. Manssen, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 143; J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 116; P. Tettinger, NJW 1987, S. 294 (298). 125 Grundlegend hierzu BVerfGE 6, 32 (40 f.) – Elfes; ferner J. Isensee, in: ders./ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 111 Rn. 70; P. Lerche, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 122 Rn. 22. 126 Siehe oben § 10 D II (zur Stromeinspeisungsregelung) sowie § 10 D III (zum Herstellerabschlag). 127 Siehe oben § 13 C VII. 128 Hierzu F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (345 ff.) (zu § 130 SGB V); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (411 ff.); H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (179). 129 Nach Ansicht einiger Autoren war das Beitragssatzsicherungsgesetz nach Art. 84 Abs. 1 GG zustimmungsbedürftig, da es Regelungen über das Verwaltungsverfahren bei dem Vollzug des Gesetzes durch die Länder enthielt, dazu H. Sodan, NJW 2003, S. 1761 (1762 f.); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (411). 130 BVerfG, NVwZ 2006, 191 (192 ff.).

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In seinem Beschluß vom 18. November 2003 hat der Erste Senat des BVerfG die Regelung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG, für unvereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG erklärt, da sie das Gleichberechtigungsgebot aus Art. 3 Abs. 2 GG verletze.131 Seiner durch das Gericht ausgesprochenen Verpflichtung, bis zum 31. Dezember 2005 eine verfassungskonforme Neuregelung zu treffen, ist der Gesetzgeber allerdings inzwischen durch den Erlaß des Gesetzes über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen nachgekommen.132 Da es sich bei diesen Aspekten der Verfassungsmäßigkeit einzelner Referenzregelungen um Rechtsfragen handelt, die in keinem inneren Zusammenhang zur Regelungstechnik der abgabenäquivalenten Preisregulierung und den durch sie typischerweise aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Problemen stehen, bleiben sie hier außer Betracht. Als Beeinträchtigungen der Unternehmerfreiheit sind die Referenzregelungen jedoch am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu messen. III. Verhältnismäßigkeit der Referenzregelungen Die Rechtfertigungsanforderungen der Stufenlehre und des Verhältnismäßigkeitsprinzips konvergieren in der Formel der neueren Rechtsprechung, wonach Berufsausübungsregelungen statthaft sind und im Rahmen der dem Gesetzgeber durch Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG eingeräumten Regelungsbefugnis bleiben, wenn sie „durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zweckes geeignet und erforderlich sind und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt wird“.133 Diesen Anforderungen haben die Referenzregelungen zu genügen.

131 BVerfGE 109, 64 (89 ff.); zu der Frage, ob der Senat Art. 3 Abs. 2 GG als sog. Schranken-Schranke im Rahmen der Rechtfertigung einer Beeinträchtigung von Art. 12 Abs. 1 GG berücksichtigen durfte oder ob dieser Maßstab hätte außer Anwendung bleiben müssen, da er nicht vom subjektiven Abwehrgehalt der Unternehmerfreiheit des Arbeitgebers umfaßt war, vgl. H. Kube, JZ 2004, S. 358 (360 f.); T. Aubel, RdA 2004, S. 141 (145 f.). 132 Siehe hierzu oben § 4 E. 133 BVerfGE 68, 155 (171); 71, 183 (196 f.); 72, 26 (31); 77, 308 (332); 81, 156 (188 f.).

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1. Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG a) Gemeinwohldienlichkeit Wie sich aus § 1 Abs. 1 EEG ergibt, dienen die Abnahme- und Vergütungspflichten dazu, eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energiequellen zur Stromerzeugung zu fördern und auf diese Weise eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen. Diese Zwecksetzung wiederum ist auf das übergeordnete Ziel des Klima-, Natur- und Umweltschutzes ausgerichtet. Als konkretes Zwischenziel nennt § 1 Abs. 2 EEG die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromversorgung auf mindestens 12,5 Prozent bis zum Jahr 2010 sowie auf mindestens 20 Prozent bis zum Jahr 2020. Der Zweck, die Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten, erscheint zwar nicht ausdrücklich im Gesetzestext – sofern man ihn nicht in einer nachhaltigen Entwicklung der Energieversorgung mit enthalten sieht –, doch stellt die Gesetzesbegründung zum EEG heraus, daß die Regelung auch diesem Ziel verpflichtet ist: Durch technologischen Fortschritt und zunehmende Wirtschaftlichkeit bei der Verwendung erneuerbarer Energieträger sollen fossile Energiequellen mehr und mehr ersetzt und auf diese Weise die Abhängigkeit der Stromversorgung in Deutschland von diesen – nur begrenzt verfügbaren – Energiequellen beseitigt werden.134 Da es sich bei den Abnahme- und Vergütungspflichten der EVU um Regelungen der Berufsausübung handelt, genügt die SER bereits dann den Rechtfertigungsanforderungen an Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit, wenn die gesetzgeberische Zwecksetzung von „vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls“135 getragen ist. Die Sicherung der Energieversorgung hat das BVerfG136 mehrfach als „Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges“ bezeichnet137 und betont, die ständige Verfügbarkeit ausreichender Energiemengen bilde eine entscheidende Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der gesamten Wirtschaft; die überragende Bedeutung der Energiewirtschaft rechtfertige an sich schon weitergehende staatliche Interventionen, als sie auf anderen Wirtschaftsgebieten üblich und zulässig seien.138 Dabei bedarf keiner näheren Darlegung, daß es sich bei 134

Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 20, 26 f. BVerfGE 77, 84 (107); 85, 226 (234); 91, 148 (164); 95, 173 (184); st. Rspr.; vgl. auch J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 117; M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 49. 136 In der Lit. wird die Praxis des BVerfG kritisiert, bei der Bewertung gesetzgeberischer Zwecksetzungen als Gemeinwohlbelange im Sinne der Rechtfertigungsanforderungen aus Art. 12 Abs. 1 GG keine Anbindung des betrachteten Rechtsguts an den Text des Grundgesetzes zu suchen; die Folge seien Plausibilitätserwägungen in einer Abstraktionshöhe, die eine Verankerung des Rechtsguts im Verfassungstext schwer nachvollziehbar werden ließen, so F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (11); B. Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, 1976, S. 52. 137 BVerfGE 25, 1 (16) – Mühlengesetz; 30, 292 (323 f.) – Erdölbevorratung. 135

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der Sicherung der Energieversorgung nicht um ein partikulares Gruppeninteresse, sondern einen Gemeinwohlbelang handelt. So hat auch das BVerfG an anderer Stelle hervorgehoben, das Interesse an einer gesicherten Stromversorgung sei „heute so allgemein wie das Interesse am täglichen Brot.“139 Der Gemeinwohlbezug sowie das besondere Gewicht des Klima-, Natur- und Umweltschutzes ergeben sich bereits aus dessen verfassungsrechtlicher Anerkennung im Staatsziel zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gem. Art. 20a GG.140 Insbesondere der Klimaschutz und die Ressourcenschonung sind als Inhalte des staatlichen Schutzauftrages anerkannt.141 Aufgrund dessen sind auch sie als Gemeinwohlbelange von hohem Rang anzusehen. Die Zwecksetzung des § 1 Abs. 2 EEG, welcher konkrete und zeitlich fixierte Richtziele für die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien festlegt, ist als Zwischenziel bei der Verwirklichung einer nachhaltigen Energieversorgung ebenfalls auf den Klima-, Naturund Umweltschutz ausgerichtet und steht daher in gleicher Beziehung zur Staatszielbestimmung des Art. 20a GG. Bei den Zwecksetzungen des EEG handelt es sich somit durchweg um Gemeinwohlbelange von hohem Rang, zu deren Verfolgung auch Berufszulassungsschranken eingesetzt werden dürften; um so mehr genügen sie den Anforderungen an „vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls“, wie sie nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung dem Erlaß von Berufsausübungsregelungen zugrunde liegen müssen. b) Eignung Die Abnahme- und Vergütungspflicht zu Lasten der letztversorgenden EVU gem. § 14 Abs. 3 EEG muß geeignet sein, den erstrebten Zweck für das allgemeine Wohl zu erreichen. Für die Eignung des Mittels ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mehr zu fordern, als daß mit seiner Hilfe der intendierte Zweck zumindest gefördert werden kann.142 Die Eignung der Maßnahme zu beurteilen, unterliegt grundsätzlich der Einschätzung des Gesetzgebers. Dabei wird die Berufs- und insbesondere die Unternehmerfreiheit häufig durch wirtschaftslenkende Maßnahmen des Gesetzgebers beeinträchtigt, die in komplexe volkswirtschaftliche Zusammenhänge eingebunden sind und Prognoseentscheidungen des Gesetzgebers erfordern, die 138

BVerfGE 30, 292 (324) – Erdölbevorratung. BVerfGE 91, 186 (206) – Kohlepfennig. 140 Hierzu H.-G. Henneke, NuR 1995, S. 325 ff.; M. Kloepfer, DVBl. 1996, S. 73 ff.; R. Sannwald, in: B. Schmidt-Bleibtreu/F. Klein, Kommentar zum GG, Art. 20a Rn. 1 ff. 141 W. Kluth, NuR 1997, S. 105 (108); H. Kremser, AöR 121 (1996), S. 406 (427); unter ausdrücklicher Berufung auf Art. 20a GG auch die Gesetzesbegründung zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 21, 24. 142 BVerfGE 30, 292 (316); 68, 193 (218); 81, 156 (192). 139

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nicht ohne verbleibende Unsicherheiten zu treffen sind. Das BVerfG beschränkt die Kontrolldichte in dieser Frage daher oftmals auf einen Evidenzmaßstab und beanstandet die Einschätzungen des Gesetzgebers nur dann, wenn diese so offensichtlich fehlsam sind, daß sie vernünftigerweise keine Basis für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können.143 Bisweilen führt das Gericht auch eine – strengere – Vertretbarkeitskontrolle durch und untersucht die Maßnahme darauf, ob sich der Gesetzgeber an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung des erreichbaren Materials orientiert und die Prognosen insoweit sachgerecht getroffen hat.144 Durch die Abnahmepflicht der letztversorgenden EVU gem. § 14 Abs. 3 EEG stellt der Gesetzgeber sicher, daß Strom, der ausschließlich aus Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stammt, auch in die Netze eingespeist wird, die unmittelbar der Versorgung von Letztverbrauchern dienen, dieser Strom also seinen Weg zum Verbraucher findet. Die entsprechende Vergütungspflicht gem. § 14 Abs. 3 EEG bewirkt, daß die aus der Förderung erneuerbarer Energien entstehenden Mehrkosten bundesweit gleichmäßig auf alle letztversorgenden EVU verteilt werden. Hierdurch verwirklicht der Gesetzgeber zum einen sein Ziel, die Stromlieferanten „als Verursacher einer klima- und umweltgefährdenden Energieerzeugung“145 heranzuziehen. Zum anderen bildet die Vergütungspflicht gem. § 14 Abs. 3 EEG das finanzielle Fundament des gesamten Fördermechanismus, da die förderbedingten Mehrkosten von den primär vergütungspflichtigen Netzbetreibern über die Betreiber von Übertragungsnetzen an die letztversorgenden EVU durchgereicht werden. Die Funktion der Abnahme- und Vergütungspflicht zu Lasten der letztversorgenden EVU besteht mithin darin, diese Gruppe als „Bindeglied zwischen Stromerzeugern und Stromverbrauchern“146 sachlich und – soweit diese nicht von der marktabhängigen Möglichkeit Gebrauch machen, ihren Mehrkostenanteil an die Verbraucher weiterzugeben – als endgültige Träger der Mehrkosten auch finanziell in die Pflicht zu nehmen. Die bisherigen Erfahrungen mit dem EEG belegen, daß durch diese Ausgestaltung des Fördermechanismus die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung nicht nur gefördert werden kann, sondern tatsächlich in erheblichem Umfang gefördert wird.147

143

BVerfGE 25, 1 (17); 30, 292 (317); 81, 156 (192). Zur Anwendung dieses Maßstabs bei der Kontrolle von Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit BVerfGE 57, 139 (160) – Schwerbehindertenabgabe. 145 Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 48. 146 BGHZ 155, 141 (150) – Stromeinspeisung III. 147 Hierzu auch der Erfahrungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 10. 7. 2002, BT-Drs. 14/9807, S. 3 ff. 144

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c) Erforderlichkeit Die finanzielle Belastung der letztversorgenden EVU durch § 14 Abs. 3 EEG ist erforderlich, wenn der Förderzweck des EEG nicht mit gleicher Wirksamkeit durch ein anderes hoheitliches Handlungsmittel erreicht werden kann, das die betroffenen Unternehmen in ihrer Grundrechtsausübung weniger beeinträchtigt. Allgemein fehlt es an der Erforderlichkeit einer Maßnahme, wenn ein anderes, gleich wirksames, die Freiheit des Grundrechtsberechtigten aber weniger einschränkendes Mittel zur Verfügung steht.148 Als ebenso wirksam wie die betrachtete Maßnahme gilt ein anderes Mittel nur dann, wenn es eine in jeder Hinsicht eindeutig gleichwertige Alternative darstellt.149 Auch die Entscheidung, ob eine Handlungsalternative den angestrebten Zweck mit gleicher Sicherheit und geringeren Beeinträchtigungen der Grundrechtsausübung erreichen wird, erfordert vom Gesetzgeber eine Prognose, die entsprechend der Komplexität des Aufgabenbereichs – etwa wirtschaftslenkender Maßnahmen – mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sein kann. Aus diesem Grund ist dem Gesetzgeber auch hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Maßnahme ein Einschätzungsund Beurteilungsspielraum zugewiesen. Das BVerfG beschränkt die Dichte verfassungsrechtlicher Kontrolle insoweit auf einen Maßstab der Evidenz oder der sachlichen Vertretbarkeit.150 Typischerweise entscheidet sich der Gesetzgeber dann zu einer Preisintervention, wenn das freie Spiel der Marktkräfte in einem Wirtschaftszweig bestimmte Gemeinwohlanliegen nicht in dem Umfang verwirklicht, den der Gesetzgeber als geboten ansieht, eine Aufwendung öffentlicher Mittel zur Gemeinwohlförderung jedoch vermieden werden soll. Dem entspricht es, wenn in der rechtspolitischen Diskussion um abgabenäquivalente Preisregelungen wie die SER oder Arzneimittelabschläge oftmals freiwillige Anstrengungen des betroffenen Wirtschaftszweiges zu einem stärker am Gemeinwohl orientierten Geschäftsverhalten als Alternative zu gesetzlichen Verpflichtungen genannt werden. Sowohl im Recht der Energiewirtschaft als auch in dem der GKV hat man in der Vergangenheit das Instrument der Selbstverpflichtungserklärung gewählt. Hält der Gesetzgeber ein solches Vorgehen nicht für ausreichend, so kommen als instrumentelle Alternativen zu Zwangsvergütungen nur abgabenrechtliche Lösungen in Betracht, wobei im Falle direkter staatlicher Subventionen an die förderungswürdige Personengruppe doch öffentliche Mittel aufgewandt werden.

148 BVerfGE 30, 292 (316); 70, 84 (109); 80, 1 (30); auch P. Lerche, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 122 Rn. 16; R. Dechsling, Das Verhältnismäßigkeitsgebot, 1989, S. 51 ff. 149 BVerfGE 25, 1 (20); 30, 292 (319); 77, 84 (109); 81, 70 (91). 150 Vgl. BVerfGE 25, 1 (12); 30, 250 (263); 57, 139 (159); hierzu auch C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 1 Rn. 281.

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aa) Erhöhte Anstrengungen der Elektrizitätswirtschaft auf freiwilliger Basis (1) Verbändevereinbarungen Von geringerer Belastung für die letztversorgenden EVU wären insbesondere solche Maßnahmen, zu denen sich die Unternehmen freiwillig bereit erklären könnten. Im Interesse der Breitenwirkung und der Verläßlichkeit freiwilliger Schritte wären Verbändevereinbarungen hier dem Tätigwerden einzelner Unternehmen vorzuziehen.151 Wie bereits im Zusammenhang mit den Rechtsbeziehungen, die vor Inkrafttreten des StrEG 1991 zwischen Einspeisern und stromabnehmenden EVU bestanden, gesehen wurde,152 war das Recht der Stromeinspeisung einschließlich der Bestimmung der Vergütungshöhe bis zur Einführung gesetzlicher Abnahme- und Vergütungspflichten wesentlich durch Vereinbarungen zwischen den Verbänden der am Einspeisungsprozeß Beteiligten geprägt. Durch diese Vereinbarungen wurden bisweilen erhebliche Fortschritte bei der Einbeziehung erneuerbarer Energien in die Stromversorgung erzielt; sieht man von der Verbändevereinbarung 1979 ab, war es dazu in der Regel nicht erforderlich, daß dem Engagement der beteiligten Gruppen ein „Machtwort“ des Bundeskartellamtes vorausging.153 Als exemplarisch kann hier die Änderung der Verbändevereinbarung im Juni 1988 gelten. Sie führte eine sog. Prämie für langfristige Verläßlichkeit sowie einen Verfügbarkeitszuschlag ein und hob hierdurch die Höhe der Einspeisevergütungen um rund 30 Prozent an. Anstatt des bis dahin geltenden Maßstabs der vermiedenen variablen Kosten waren fortan die langfristig vermiedenen fixen Leistungskosten maßgeblich.154 Durch § 12 BTOElt in der seit Januar 1990 geltenden Fassung hatte die Bundesregierung zudem die Möglichkeit geschaffen, im Rahmen der Tarifgenehmigung auch solche Vergütungen anzuerkennen, deren Bemessung infolge vertraglicher Vereinbarungen zwischen den Beteiligten über die langfristig vermiedenen Kosten hinausgingen.155 Die Initiative zum StrEG 1991 folgte unmittelbar aus dem Scheitern der Bemühungen, im Herbst 1990 eine weitere Anhebung der Vergütungssätze im Wege einer neuen Verbändevereinbarung zu erreichen, einer Lö-

151 Zu Verbändevereinbarungen als Alternative zu den gesetzlichen Abnahme- und Vergütungspflichten der SER H. Klinger, Das Stromeinspeisungsgesetz, in: FS f. Bodo Börner, 1992, S. 541 (557). 152 Siehe hierzu bereits oben § 2 A I. 153 Hierzu der Tätigkeitsbericht 1977 des Bundeskartellamtes, BT-Drs. 8/1925, S. 86, sowie P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, Einführung Rn. 30. 154 B. J. Herrmann, Anwendungsprobleme des Stromeinspeisungsgesetzes, 1996, S. 22; P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, Einführung Rn. 34. 155 Bundestarifordnung Elektrizität vom 18. 12. 1989 (BGBl. I S. 2255); zu ihrer Begründung vgl. BR-Drs. 493/89; ferner die Unterrichtung durch die Bundesregierung in BT-Drs. 11/6444, S. 6.

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sung, der man allgemein Vorzüge gegenüber einem Tätigwerden des Gesetzgebers zuerkannt hatte.156 Allerdings läßt gerade das Scheitern der Verbändevereinbarung 1990 Zweifel daran aufkommen, ob ein Vergütungsniveau, wie es das EEG 2004 herstellt und wie es durch die quantitativen Gesetzesziele des § 1 Abs. 1 EEG vorausgesetzt wird, mit Hilfe freiwilliger Vereinbarungen der Verbände zu erzielen wäre. Die damaligen Verhandlungen waren an der Forderung zerbrochen, das bestehende Vergütungsniveau von ca. 10 Pfennig auf zwischen 14 und 17 Pfennig zu steigern.157 Berücksichtigt man, daß die Menge des bundesweit nach dem EEG eingespeisten Stroms bereits im Jahr 2002 das Niveau des Jahres 1991 um mehr als das Zwanzigfache überstieg158 und die Vergütungssätze des EEG 2004 fast ausnahmslos erheblich höher liegen, erscheint eine Verbändevereinbarung als gleichwertige Alternative zum EEG 2004 nicht realistisch.159 Es ist nicht davon auszugehen, daß das Mittel der Verbändevereinbarung in seiner Wirksamkeit dem EEG 2004 auch nur annähernd gleichkommt. (2) Selbstverpflichtungserklärungen der Energiewirtschaft An der Erforderlichkeit der SER könnte es auch deshalb fehlen, weil die Abgabe einer Selbstverpflichtungserklärung160 zur Förderung der erneuerbaren Energien durch die deutsche Elektrizitätswirtschaft möglicherweise ein „milderes“, aber ebenso wirksames Mittel zur Erreichung der Zielvorgaben des § 1 EEG darstellt. Vorstellbar wäre, daß die Unternehmen der Stromwirtschaft sich nach Absprache mit der Bundesregierung freiwillig dazu verpflichten, die Steigerungsziele des § 1 Abs. 2 EEG durch Neuerrichtung von Anlagen zur Stromerzeugung aus regenerativen Energien sowie durch freiwillige Abnahme von Strom aus solchen Anlagen zu verwirklichen. Vorbereitende Verhandlungen zwischen sachverständigen Vertretern der Unternehmen und ihrer Verbände mit

156 Zur Vorgeschichte des StrEG 1991 eingehend H. Klinger, Das Stromeinspeisungsgesetz, in: FS f. Bodo Börner, 1992, S. 541 (542); zum Scheitern der Bestrebungen das Plenarprotokoll 11/216, S. 17095 (B) sowie die Beschlußempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, BT-Drs. 11/7418, S. 1, 4. 157 Zum durchschnittlichen Vergütungsniveau vor Inkrafttreten des StrEG 1991 H.-W. Arndt, RdE 1995, S. 41; zu dem infolge des StrEG 1991 erreichten Niveau vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 11/7816, S. 3. 158 Hierzu der Erfahrungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 10. 7. 2002, BT-Drs. 14/9807, S. 6. 159 So im Ergebnis auch M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 129 (zum StrEG 1994); S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 207 (für das StrEG 1998). 160 Zu Begriff und Erscheinungsformen von Selbstverpflichtungen und anderen Formen normersetzender Absprachen L. Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, 2002, S. 21 ff.

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dem zuständigen Regierungsressort könnten zuvor eine Einigung über geeignete Wege der Implementation herbeiführen. Der Gesetzgeber würde im Vertrauen auf die Einhaltung der Selbstverpflichtung auf eine hoheitliche Regelung verzichten. Tatsächlich werden Selbstverpflichtungen der Stromwirtschaft im Schrifttum bereits als grundrechtsschonende Alternative zur SER diskutiert.161 Dabei gelangt man zu dem zutreffendem Ergebnis, daß eine Selbstverpflichtung gegenüber dem gesetzlichen Finanzierungsmechanismus der §§ 4 ff., 14 EEG jedenfalls ein milderes Mittel bildet. Anstatt sich grundrechtsbeschränkenden Abnahme- und Vergütungspflichten unterworfen zu sehen, wären die Unternehmen – nach koordinierenden Absprachen und der Festlegung unternehmensspezifischer Zielquoten – weitgehend frei in der Wahl der Mittel, durch die sie den für sie jeweils geltenden Steigerungsvorgaben nachkommen. Das einzelne Unternehmen hätte erhebliche Gestaltungsfreiheit darin, verschiedene Förderungsansätze – wie die Errichtung eigener Anlagen oder den Bezug von Dritten – miteinander zu kombinieren und dadurch Arbeit und Kapital flexibel und selbstbestimmt einzusetzen.162 Für die Erforderlichkeit der §§ 4 ff., 14 EEG wäre die Möglichkeit einer solchen Selbstverpflichtung aber nur dann relevant, wenn sie ebenso wirksam, also eine der SER „in jeder Hinsicht eindeutig gleichwertige Alternative“163 wäre. Hiervon kann jedoch – trotz des zunehmenden Einsatzes solcher Absprachen in verschiedenen Wirtschaftszweigen164 – nicht ausgegangen werden, da sowohl die Rechtsnatur von Selbstverpflichtungen als auch die zulässigen Reaktionsmöglichkeiten des Staates im Falle unzureichender Umsetzung noch immer nicht vollständig geklärt sind. So stellt sich gerade für normersetzende Absprachen im Umwelt- und Klimaschutz regelmäßig die Frage, ob diese als öffentlich-rechtliche Verträge oder – mangels eines Rechtsbindungswillens der Parteien – als politisch motivierte Absichtserklärungen ohne rechtliche Verbindlichkeit zu qualifizieren sind.165 Entsprechend der Zweifel an der Rechtsnatur herrscht auch über die Anforderungen an das wirksame Zustandekommen und die materielle Rechtmäßigkeit solcher Erklärungen bzw. Absprachen bislang kaum Einigkeit.166 Geht man von einer Bindungswirkung der Übereinkunft aus, 161

S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 208 f. Dazu auch S. Richter, a. a. O., S. 208. 163 BVerfGE 77, 84 (109); 81, 70 (91). 164 Übersichten bei T. Köpp, Normvermeidende Absprachen, 2001, S. 22 ff.; L. Michael, Rechtsetzende Gewalt, 2002, S. 47 ff. 165 Hierzu J. Fluck/T. Schmitt, VerwArch 1998, S. 220 (229 ff.); S. Kautz, Absprachen im Verwaltungsrecht, 2002, S. 80 ff.; H.-J. Müggenborg, NVwZ 1990, S. 909 (915). 166 Zu den Anforderungen der Zuständigkeitsordnung U. Di Fabio, JZ 1997, S. 969 (972); zur Geltung des Gesetzesvorbehalts T. Köpp, Normvermeidende Absprachen, 162

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so ergeben sich Zweifel an der Wirksamkeit einer Selbstverpflichtung als Alternative zur SER insbesondere aus Fragen der Umsetzung und der hoheitlichen Sanktionsmöglichkeiten bei Umweltabsprachen. Sind auf privater Seite nicht die Unternehmen, sondern deren Verbände Partner der Vereinbarung, so ist oftmals ungewiß, inwieweit diese ihre Mitglieder zur Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen anhalten können.167 Werden die Vereinbarungen von privater Seite nicht oder nur unzulänglich eingehalten, so kann unklar sein, ob der Staat, der sich nunmehr doch zu einseitigem Handeln veranlaßt sieht, durch eine Bindungswirkung der Absprache in der Wahl und Ausgestaltung seiner Reaktionsmittel beschränkt ist.168 Schließlich besteht ein großes Risiko, daß Verzögerungstaktiken auf privater Seite oder die Scheu der beteiligten Staatsorgane vor einem Gesichtsverlust aufgrund der gescheiterten Kooperation dazu führen, daß vor einem neuerlichen Tätigwerden des Gesetzgebers oder der Verwaltung wertvolle Zeit verstreicht.169 Die im Schrifttum an der Tauglichkeit normersetzender Absprachen geäußerten Bedenken gehen weit über die angesprochenen Fragen hinaus,170 doch geben schon diese zu erkennen, daß eine Selbstverpflichtungserklärung keine Alternative bildet, angesichts derer der SER die Erforderlichkeit aberkannt werden muß. bb) Alternative Ausgestaltungen der finanziellen Förderung (1) Gewährung von Investitionszuschüssen Im Vorfeld der Einführung des StrEG 1991 war im Bundestag der Ruf laut geworden, die Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien künftig nicht nur durch Steuererleichterungen, sondern auch durch direkte Zuschüsse zu fördern, mit denen die Betreiber zu Investitionen in moderne und zunehmend wirtschaftliche Anlagen zur Stromgestehung aus regenerativen Energieträgern befähigt werden sollten.171 Auch die Bundesregierung, 2001, S. 229 ff.; zur Anwendung kartellrechtlicher Maßstäbe K. Grewlich, DÖV 1998, S. 54 (56 f.) und L. Michael, Rechtsetzende Gewalt, 2002, S. 519 ff.; zu Grundrechten beteiligter Unternehmen und Dritter U. Di Fabio, JZ 1997, S. 969 (970 ff.); zum Koppelungsverbot S. Kautz, Absprachen im Verwaltungsrecht, 2002, S. 273 ff. 167 Hierzu J. Fluck/T. Schmitt, VerwArch 1998, S. 220 (257 f.); T. Köpp, Normvermeidende Absprachen, 2001, S. 93 ff. 168 Zum Vertrauensschutz der kooperierenden Wirtschaft L. Michael, Rechtsetzende Gewalt, 2002, S. 467 ff. 169 Hierzu H.-J. Müggenborg, NVwZ 1990, S. 909 (915); T. Köpp, Normvermeidende Absprachen, 2001, S. 103. 170 Eingehend hierzu U. Di Fabio, JZ 1997, S. 969 (970 ff.); J. Fluck/T. Schmitt, VerwArch 1998, S. 220 (230 ff.); T. Köpp, Normvermeidende Absprachen, 2001, S. 82 ff. 171 So der Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP, BT-Drs. 11/7169, S. 3, sowie der Antrag der Fraktion Die Grünen, BT-Drs. 11/4048, S. 2 f., 5.

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die eine Subventionierung des Stromes aus erneuerbaren Energien über die Einspeisevergütung noch bis in den Sommer 1990 aus ordnungspolitischen Gründen ablehnte, wollte die Förderung erneuerbarer Energien auf die Bezuschussung von Forschungsprojekten und die Gewährung von Investitionszulagen an Anlagenbetreiber aus Haushaltsmitteln beschränken.172 In Anbetracht dessen wäre vorstellbar, den Fördermechanismus der §§ 4 f., 14 EEG durch staatliche Investitionszuschüsse für die Installation und den Ausbau von Anlagen zur Stromerzeugung aus regenerativen Energieträgern zu ersetzen.173 Mit Blick auf den Gesetzeszweck, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung dadurch zu steigern, daß den Anlagenbetreibern bei rationeller Betriebsführung ein wirtschaftlicher laufender Betrieb ihrer Anlagen ermöglicht wird,174 bestehen jedoch Zweifel an der gleichen Wirksamkeit dieser Alternative. Denn eine Förderung durch Investitionszulagen wäre in ihrer unmittelbaren Wirkung auf die Phase der Errichtung und möglicher späterer Ausbauten der Anlage beschränkt. Zwar hätte eine finanzielle Förderung in dieser Form mittelbar auch positive Auswirkungen auf den laufenden Betrieb der Anlage, da die Kostenersparnisse in der Errichtungs- und späteren Ausbauphasen auf dem Weg über die betriebswirtschaftliche Kostenrechnung auch den laufenden Betrieb begünstigen und somit insgesamt zu geringeren Stromgestehungskosten führen. Eine unmittelbare Förderung der laufenden Einspeisetätigkeit durch die Sicherung rentabler Absatzchancen, wie sie mit den Abnahme- und Vergütungspflichten nach dem EEG bezweckt ist, ließe sich durch Investitionszuschüsse jedoch nicht erreichen. Aufgrund der geringeren Anreizwirkung für Anlagenbetreiber bilden Investitionshilfen daher keine in jeder Hinsicht gleichwertige Alternative. (2) Erhebung einer Sonderabgabe Denkbar wäre auch, die letztversorgenden EVU als homogene Gruppe im Sinne der Zulässigkeitsanforderungen an Sonderabgaben anzusehen und von diesen eine Sonderabgabe in Form einer „Umlage der Stromlieferanten zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen“ zu erheben.175 Das Aufkommen dieser Abgabe könnte zweckgebunden in einem Sonderfonds gefaßt und durch Zahlung laufender Zuschüsse an die Einspeiser zur Sicherung eines rentablen Betriebs von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verwendet werden. In Anbetracht der Einwände, die von Seiten der 172

Unterrichtung durch die Bundesregierung, BT-Drs. 11/6444, S. 7 f. Dazu auch R. Scholz, Windenergie Aktuell 7/1995, S. 15 (23); S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 209. 174 BT-Drs. 15/2864, S. 36. 175 Zu dieser Alternative auch W. Hoffmann-Riem, Die Verwaltung 1995, S. 425 (439 ff.); S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 206. 173

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Energiewirtschaft bisweilen gegen Stromeinspeisungen aus erneuerbaren Energien vorgebracht werden – bemängelt wird insbesondere deren geringere Verläßlichkeit176 – müßte auch die Einführung einer Sonderabgabe zu Lasten der letztversorgenden EVU weiterhin durch Abnahmepflichten der Netzbetreiber auf allen Spannungsebenen flankiert werden. Nur so wäre gewährleistet, daß Strom aus regenerativer Erzeugung tatsächlich einen Beitrag zur Versorgung der Letztverbraucher leistet. Dennoch könnten die Pflichten zur Leistung der gesetzlich festgelegten Vergütungen auf allen Ebenen entfallen. Die Bemessung der Abgabenhöhe könnte sich nach den bislang in § 14 Abs. 3 S. 3 bis 5 EEG enthaltenen Maßstäben richten, so daß auch innerhalb eines Umlagesystems eine gleichmäßige Verteilung der relativen Kostenlast im Bundesgebiet gesichert wäre. Zwar wäre diese Lösung mit einem höheren Aufwand für die öffentliche Verwaltung verbunden, doch entfiele zugleich eine Reihe der in §§ 14 und 15 EEG vorgesehenen Mitteilungs- und Dokumentationspflichten der Netzbetreiber. Unter diesen Voraussetzungen käme eine Sonderabgabe als Mittel gleicher Wirksamkeit zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Betracht. Trotz seiner tatsächlichen Vorzüge wäre ein solches Förderkonzept jedoch zum einen aus verfassungsrechtlichen Gründen kaum wünschenswert, da es einem vermehrten Einsatz von Sonderabgaben Vorschub leisten würde, der schon angesichts der kompetenzrechtlichen Übergriffswirkungen von Sonderabgaben die seltene Ausnahme zu bleiben hat.177 Zum anderen schließt die Möglichkeit einer Sonderabgabe trotz deren gleicher Wirksamkeit die Erforderlichkeit der Abnahme- und Vergütungspflicht gem. § 14 Abs. 3 EEG nicht aus, da die Sonderabgabe für die letztversorgenden EVU kein milderes Mittel darstellt. Diese bleiben Schuldner einer Geldleistung nach Maßgabe des bisherigen Durchschnittsvergütungssatzes, es ändert sich lediglich der Inhaber des Zahlungsanspruchs, wobei ein Sonderfonds an die Stelle des ausgleichsberechtigten Übertragungsnetzbetreibers tritt.178 Da der Austausch des Zahlungsempfängers die Intensität der finanziellen Belastung der EVU unverändert läßt, bildet die Einführung einer Sonderabgabe kein milderes Mittel im Sinne der Erforderlichkeit. (3) Direkte Subventionierung aus öffentlichen Mitteln Schließlich könnte die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung möglicherweise ebenso wirksam im Wege eines staatlichen 176 Hierzu nur J.-P. Schneider, in: ders./C. Theobald (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 18 Rn. 26. 177 BVerfGE 55, 274 (308); 108, 186 (217); st. Rspr. 178 So im Ergebnis auch W. Hoffmann-Riem, Die Verwaltung 1995, S. 425 (439 ff.); S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 206; M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 258.

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Subventionsprogramms verfolgt werden. Tatsächlich war im Vorfeld der Einführung des StrEG 1991 von Regierungs- und Oppositionsfraktionen im Bundestag eine Förderung der Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien mit öffentlichen Mitteln gefordert worden.179 Da die damalige Regierung eine „Subventionierung“ durch horizontale Finanztransfers zunächst entschieden abgelehnt hatte, erschien ein staatliches Subventionsprogramm zwischenzeitlich sogar wahrscheinlicher als der schließlich gewählte Fördermechanismus.180 Auch der Gesetzesentwurf des StrEG 1991 nannte als Alternative ein direktes staatliches Subventionsprogramm für erneuerbare Energien zur Stromerzeugung.181 Noch in der Gesetzesbegründung zum EEG 2004 findet sich der Hinweis, angesichts der eingeschränkten Handlungsspielräume der öffentlichen Haushalte gebe es derzeit keine realistische Alternative zum Einspeise- und Umlagesystem des EEG, sofern man die Ausbauziele für erneuerbare Energien erreichen wolle;182 wie dieser Hinweis belegt, ist dem Gesetzgeber die Alternative der Subventionierung aus Haushaltsmitteln weiterhin präsent. Entsprechend den zu Investitionszuschüssen als Finanzierungsalternative geäußerten Bedenken wäre für eine gleiche Wirksamkeit des Subventionsprogramms Voraussetzung, daß dieses als differenziertes System von Betriebskostenzuschüssen ausgestaltet wird, um auf diese Weise die Rentabilität der laufenden Betriebsführung zu gewährleisten. Unter dieser Voraussetzung beständen – sieht man von dem erheblichen Verwaltungsaufwand ab, der mit einer solchen Lösung verbunden wäre – an der gleichen Wirksamkeit eines Programms direkter Subventionen keine Zweifel.183 Aus den gleichen Gründen wie schon zur Alternative einer Sonderabgabe dargestellt – Unternehmen der Energiewirtschaft beanstanden bisweilen die mangelnde Verläßlichkeit regenerativer Stromeinspeisungen – würde auch ein Programm direkter Subventionen nicht von der Notwendigkeit gesetzlicher Abnahmepflichten entheben. Da jedoch der bisherige EEG-Mehrkostenanteil durch öffentliche Mittel ersetzt würde, könnten Vergütungspflichten zu gesetzlich festgelegten Mindestsätzen, aus denen sich die finanzielle Belastung der letztversorgenden EVU ergibt, entfallen. So häufig die Überlegung, ein staatliches Subventionsprogramm aus Haushaltsmitteln könne gegenüber den Abnahme- und Vergütungspflichten der §§ 4 ff., 14 EEG ein milderes Mittel sein, in Rechtsprechung und Literatur an179 Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP, BT-Drs. 11/7169, S. 3, sowie Antrag der Fraktion Die Grünen, BT-Drs. 11/4048, S. 2 f., 5. 180 Unterrichtung durch die Bundesregierung, BT-Drs. 11/6444, S. 7; hierzu auch B. J. Herrmann, Anwendungsprobleme des Stromeinspeisungsgesetzes, 1996, S. 25 f.; P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, Einführung Rn. 38. 181 BT-Drs. 11/7816, S. 1. 182 BT-Drs. 15/2864, S. 23. 183 So auch M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 129; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 205; S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1221).

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gestellt wird, so unterschiedlich sind die Schlußfolgerungen, die hieraus für die Erforderlichkeit der SER gezogen werden. In der Literatur wird gegen das Argument, die Möglichkeit einer Subventionierung von EEG-Strom aus Haushaltsmitteln stelle die Erforderlichkeit der SER in Frage, geltend gemacht, eine solche Forderung könne in gleicher Weise gegenüber jeder Art finanzieller Sonderbelastung des Bürgers mit Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben erhoben werden.184 Lasse man diesen Einwand gegen die Erforderlichkeit der besonderen Inanspruchnahme privater Gruppen zu, so wäre es als Konsequenz dem Gesetzgeber generell verwehrt, dem einzelnen Freiheitsberechtigten finanzielle Belastungen aufzuerlegen, die mit Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit verbunden sind. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, müsse der Hinweis auf ein alternativ mögliches Subventions- und Finanzierungsprogramm des Staates „im Rahmen des Grundsatzes der Erforderlichkeit als dogmatisch unzulässig qualifiziert werden.“185 Diese Auffassung schließt also den Hinweis auf die Alternative staatlicher Direktsubventionierung mit Blick auf die weitreichenden Folgen dieses Arguments als generell unzulässig aus; sie legt dabei die zutreffende Beobachtung zugrunde, daß grundsätzlich in allen Fällen, in denen der Gesetzgeber einen Bedarf zur Intervention in die freien Kräfte des Marktes erkennt und diesem durch die finanzielle Unterstützung einzelner Gruppen von Wirtschaftsbeteiligten nachzukommen sucht, ein Programm direkter Subventionen in Betracht kommt. Zu einem anderen Ergebnis gelangt Karl Heinrich Friauf, dessen Auffassung zur Erforderlichkeit der SER – in der Fassung des StrEG 1991 – weite Aufmerksamkeit gefunden hat. Friauf lehnt tatsächlich die Erforderlichkeit der SER mit der Begründung ab, die Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien müsse aus öffentlichen, von der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen aufgebrachten Mitteln gefördert werden.186 Dieses Ergebnis leitet er jedoch nicht aus einem vermeintlichen generellen Vorrang direkter staatlicher Subventionen vor finanziellen Sonderlasten im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung ab. Vielmehr 184 S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 206; K. H. Friauf, Zwangssubventionierung, 1995, S. 149. 185 S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 206; H.-J. Koch/ P. Schütte, ZNER 1998, S. 3 (9); ähnlich M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 129. 186 K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 (599); ders., Zwangssubventionierung, 1995, S. 149 ff.; ähnlich F. Ossenbühl, ET 1996, S. 94 (95 f.), der ebenfalls feststellt, die Rechtfertigung der Vergütungsregelung unter dem Aspekt der Lastengleichheit falle „durch den Rost des Prüfungsrasters“ des Verhältnismäßigkeitsprinzips, der jedoch die Sonderbelastung nicht auf Ebene der Erforderlichkeit, sondern durch eine spezifische Untersuchung der Legitimität des Handlungsmittels erfassen will; zur Auseinandersetzung mit der Ansicht Friaufs vgl. M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 129 f.

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bestreitet er die Erforderlichkeit der Sonderbelastung unter dem Hinweis auf die fehlende Finanzierungsverantwortlichkeit der EVU. Da diese keine besondere Verantwortlichkeit für die finanzielle Förderung von EEG-Strom treffe, ihre Sonderbelastung daher vor dem Prinzip der Lastengleichheit nicht zu rechtfertigen sei, komme nur ein Programm staatlicher Direktsubventionierung in Betracht, in dem sich die Finanzierungsverantwortung der Allgemeinheit ausdrücke. Vor dem Hintergrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses von allgemeiner und besonderer Finanzierungsverantwortung fehle der Sonderbelastung der EVU daher die Erforderlichkeit. In der Sache führt diese Ansicht Verantwortlichkeitsmaßstäbe der gerechten, weil gleichmäßigen Lastenverteilung zwischen öffentlicher Hand und privaten Gruppen in die Erforderlichkeitsprüfung ein. Der BGH hat sich anläßlich seiner ersten Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der SER – in der Fassung des StrEG 1991 – mit der Auffassung Friaufs auseinandergesetzt, diese jedoch abgelehnt und die Sonderbelastung der EVU für erforderlich erachtet. Dieses Ergebnis stützt der BGH auf zwei Überlegungen:187 Erstens argumentiert er, im Falle eines Verzichts auf die finanzielle Sonderbelastung der EVU würden die Lasten der Förderung von EEG-Strom auf die öffentlichen Haushalte verlagert. Da auch bei dieser Finanzierungsweise Grundrechtsberechtigte – die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen – belastet würden, könne ein staatliches Subventionsprogramm nicht als milderes Mittel im Sinne der Erforderlichkeit anerkannt werden. Durch diese Argumentation greift der BGH einen Gedanken auf, der zuvor schon im Schrifttum wiederholt zur Erforderlichkeit der SER vorgebracht worden war.188 Bemerkenswert ist, daß der Hinweis auf die Alternative unmittelbarer staatlicher Subventionierung durch dieses Argument der Lastenverlagerung nicht als „dogmatisch unzulässig“ verworfen wird, wie dies die zuerst genannte Literaturauffassung fordert, sondern unter Berufung auf das Erfordernis des milderen Mittels, also gerade in Anwendung allgemeiner Grundsätze der Erforderlichkeitsprüfung, abgelehnt wird. Darüber hinaus äußert der BGH als zweite Kritik an der Ansicht Friaufs, sie berücksichtige „nicht den Gestaltungsraum des Gesetzgebers, der nicht gehalten ist, von einer finanziellen Belastung einer bestimmten Gruppe immer schon dann abzusehen, wenn die Belastung in der einen oder anderen Weise auf dem Weg über den öffentlichen Haushalt auch der Allgemeinheit auferlegt werden kann.“189 Das Gericht lehnt die Position Friaufs folglich zum einen unter Berufung auf materielle Prinzipien der Erforderlichkeitsbetrachtung, zum anderen mit dem Hinweis auf den funktionell-rechtlichen Aspekt eines weiten ge187 BGHZ 134, 1 (18) – Stromeinspeisung II (zur SER i. d. F. des StrEG 1991); unter Berufung hierauf sodann BGHZ 155, 141 (149, 156) – Stromeinspeisung III (zur SER i. d. F. des StrEG 1998 und des EEG 2000). 188 BGHZ 134, 1 (18) verweist auf M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 129 f., und S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1221). 189 BGH, ebd., unter Berufung auf Rspr. des BVerfG.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

setzgeberischen Gestaltungsspielraums bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten ab. Dazu, welche der dargestellten Auffassungen die Bedeutung der Alternative einer staatlichen Direktsubventionierung für die Erforderlichkeit der SER zutreffend erfaßt, soll hier noch nicht Stellung bezogen werden. Da sich die aufgeworfene Frage nicht allein für die SER, sondern für „quersubventionierende“ Regelungen allgemein stellt und einige der genannten Argumente für andere Referenzregelungen in gleicher Weise vorgebracht werden, bietet es sich an, diesen Fragen im Rahmen einer übergreifenden Betrachtung sämtlicher Referenzregelungen nachzugehen. Einstweilen ist daher zu unterstellen, daß der Einwand, ein Subventionsprogramm aus Haushaltsmitteln bilde gegenüber der Sonderbelastung der EVU ein milderes Mittel, die Erforderlichkeit der SER nicht in Frage zu stellen vermag. cc) Ergebnis zur Erforderlichkeit Keines der betrachteten Handlungsmittel, die als Alternativen zum Finanzierungsmechanismus der SER zur Verfügung ständen, läßt dessen Erforderlichkeit entfallen. Anstrengungen der Energiewirtschaft um eine Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung auf freiwilliger Basis bilden angesichts ihrer zweifelhaften Wirksamkeit keine gleichwertige Alternative zu den Pflichten der §§ 4 ff., 14 EEG. Weitere Alternativlösungen wie die Einführung einer Sonderabgabe zu Lasten der Stromhändler oder eines Subventionsprogramms aus Haushaltsmitteln scheitern vorwiegend daran, daß sie keine milderen Mittel darstellen; für die letztgenannte Möglichkeit direkter staatlicher Subventionen steht dieses Ergebnis unter der – noch zu klärenden – Voraussetzung, daß ein Hinweis auf diese Alternative tatsächlich dogmatisch unzulässig ist oder eine Lastenverlagerung auf die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen nicht die Erforderlichkeit einer finanziellen Sonderlast in Frage zu stellen vermag. d) Angemessenheit aa) Grundsätze Die finanzielle Belastung der letztversorgenden EVU darf schließlich nicht außer Verhältnis zu den Gesetzeszielen des EEG stehen, muß also zu deren Verwirklichung auch angemessen sein. Dem Gebot der Angemessenheit oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne190 ist genügt, wenn bei einer Gesamtab190 Die Begriffe der „Angemessenheit“, „Proportionalität“, „Zumutbarkeit“ und der „Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne“ werden in Rspr. und Lit. in der Regel synonym benutzt; das BVerfG spricht meist von Zumutbarkeit oder Verhältnismäßigkeit im

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wägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenzen der Zumutbarkeit noch gewahrt sind.191 In die Abwägung gehen auf der einen Seite die in Rede stehenden Freiheitsbeschränkungen, auf der anderen Seite die Gemeinschaftsinteressen, denen die gesetzliche Regelung dient, ein.192 Dabei müssen die Gemeinwohlbelange um so schwerer wiegen, je intensiver die Berufsfreiheit des Betroffenen in ihrem Interesse beeinträchtigt wird.193 Bei der Gewichtung der verschiedenen Abwägungsgüter sind die Wertungen der Rechtsordnung heranzuziehen; hat ein Belang verfassungsrechtliche Anerkennung gefunden, so verleiht diese ihm grundsätzlich ein höheres Gewicht.194 Ist zudem die Angemessenheit einer wirtschaftsordnenden gesetzlichen Regelung im Bereich der Berufsausübung zu beurteilen, so ist nicht die Interessenlage eines einzelnen Freiheitsberechtigten maßgebend; vielmehr ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, die auf den betreffenden Wirtschaftszweig insgesamt abstellt.195 Das BVerfG kontrolliert die gesetzgeberische Entscheidung allein darauf, ob die Grenzen der Zumutbarkeit gewahrt sind, es erkennt dem Gesetzgeber also auch im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einen Einschätzungsspielraum zu; an der Angemessenheit fehlt es dann, wenn die Freiheitsbeschränkungen „ersichtlich wesentlich schwerer wiegen“ als die Ziele des Gesetzes.196 bb) Gewicht der verfolgten Gemeinschaftsinteressen Für die Abwägung erlangt zunächst das Gewicht, das den mit der Regelung verfolgten Gemeinschaftsinteressen zukommt, Bedeutung. Die Abnahme- und Vergütungspflichten zu Lasten der letztversorgenden EVU gem. § 14 Abs. 3 EEG dienen der finanziellen Absicherung des gesamten Fördermechanismus. Mit diesem wiederum bezweckt der Gesetzgeber, Vermögensanreize zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromversorgung zu schaffen und hierdurch eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung im Interesse des engeren Sinne, etwa in E 37, 1 (19); 39, 210 (234); 51, 193 (208); im Schrifttum wird neuerdings versucht, den Gedanken der Zumutbarkeit zu einer erweiterten, von der Verhältnismäßigkeit gelösten Prüfung zu verselbständigen, dazu R. Albrecht, Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab, 1995. 191 BVerfGE 30, 292 (316); 68, 193 (219); 83, 1 (19); M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 49; P. Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (124); J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 121. 192 BVerfGE 25, 1 (22); 30, 292 (323). 193 BVerfGE 32, 1 (34); M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 49. 194 R. Dechsling, Das Verhältnismäßigkeitsgebot, 1989, S. 17 ff.; R. Wendt, AöR 104 (1979), S. 414 (460). 195 BVerfGE 30, 292 (316 f.); 68, 193 (219). 196 BVerfGE 44, 353 (374); C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 1 Rn. 278 f.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

Klima-, Natur- und Umweltschutzes zu ermöglichen.197 Da die Nachhaltigkeit der Entwicklung im wesentlichen auf der Schonung nur begrenzt verfügbarer Ressourcen beruhen soll, dient das EEG zudem einer gesicherten Energieversorgung. Die langfristige Sicherheit der Energieversorgung hat das BVerfG mehrfach als „Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges“ sowie als „absolutes“ Gemeinschaftsgut bezeichnet198 und betont, die ständige Verfügbarkeit ausreichender Energiemengen bilde eine entscheidende Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der gesamten Wirtschaft. Nach dieser Rechtsprechung rechtfertigt die überragende Bedeutung der Energiewirtschaft schon an sich weitergehende staatliche Interventionen, als sie auf anderen Wirtschaftsgebieten üblich und zulässig sind.199 Angesichts der mit hoher Geschwindigkeit abnehmenden Ressourcen fossiler Primärenergien, auf die auch die Gesetzesbegründung abstellt,200 erscheint die Bewertung des BVerfG im Urteil zur Erdölbevorratung auf die Situation des EEG übertragbar. Die Gesetzeszwecke der Ressourcenschonung sowie der nachhaltigen Entwicklung der Energieversorgung besitzen daher als Abwägungsbelange besonders hohes Gewicht. Gleiches ergibt sich für die Zwecke des Klima-, Natur- und Umweltschutzes, die mit Aufnahme der Staatszielbestimmung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in Art. 20a GG die ausdrückliche Anerkennung der Verfassung gefunden haben. Dabei stehen der Schutz des Klimas und der begrenzten natürlichen Ressourcen nicht nur im Mittelpunkt der Zielsetzung des EEG; anerkanntermaßen kommt ihnen auch innerhalb des Schutzauftrages gem. Art. 20a GG besondere Bedeutung zu.201 Zu dem erheblichen Gewicht der Gesetzeszwecke als Abwägungsgütern tritt die ebenfalls abwägungsrelevante202 Dringlichkeit des gesetzgeberischen Handelns hinzu. Von einer besonderen Dringlichkeit gesetzgeberischen Tätigwerdens ist nicht nur dann auszugehen, wenn der Eintritt der mit dem Gesetz abzuwendenden Nachteile unmittelbar bevorsteht, sondern auch dann, wenn sich ohne zeitnahes Tätigwerden irreparable Teilschäden einstellen oder unumkehrbare Entwicklungen fortschreiten. Insofern steht es einer Bewertung des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung als besonders dringliche Ziele nicht entgegen, wenn dramatische Klimaveränderungen oder allgemein spürbare Engpässe bei der Versorgung mit fossilen Energieträgern erst in einigen Jahrzehnten eintreten. Da es ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers bildet, den Ver-

197

Siehe hierzu eingehend oben § 2 B I. BVerfGE 25, 1 (16) – Mühlengesetz; 30, 292 (323 f.) – Erdölbevorratung. 199 BVerfGE 30, 292 (324) – Erdölbevorratung. 200 Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 26 f. 201 W. Kluth, NuR 1997, S. 105 (108); H. Kremser, AöR 121 (1996), S. 406 (427); vgl. auch BT-Drs. 15/2864, S. 21, 24. 202 BVerfGE 30, 292 (316); 68, 193 (219); 70, 1 (30); 83, 1 (19). 198

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brauch fossiler Energieträger zur Stromerzeugung durch die Verwendung erneuerbarer Energien zu substituieren, zielt das EEG gerade darauf, einer unumkehrbaren Entwicklung Einhalt zu gebieten. Entsprechend bezeichnet auch die Gesetzesbegründung die Verstärkung der Förderbemühungen durch das EEG 2004 als „unaufschiebbar“.203 cc) Gewicht der beeinträchtigten Grundrechtsgewährleistung Im Rahmen der Abwägung ist der – hier festgestellten – überragenden Bedeutung und besonderen Dringlichkeit der Gemeinschaftsinteressen die Intensität gegenüberzustellen, mit der die Berufsfreiheit der letztversorgenden EVU durch ihre finanzielle Letztverantwortlichkeit gem. § 14 Abs. 3 EEG beeinträchtigt wird. Bei der Bestimmung der Intensität der Beeinträchtigung ist zunächst zu beachten, daß es sich – betrachtet man entsprechend dem Gegenstand der Untersuchung nur die Auswirkungen der Vergütungspflicht – um die Belastung von Unternehmen mit Geldleistungspflichten handelt. Schon aus dieser Form des Eingriffs folgen bestimmte Vorgaben an die Abwägung der Gemeinschaftsinteressen mit den beeinträchtigten Grundrechtspositionen. Erstens ist zu berücksichtigen, daß mit zunehmender Größe und Komplexität des Unternehmens die Berufstätigkeit des einzelnen Unternehmers und damit der personale Bezug der Grundrechtsbeeinträchtigung in den Hintergrund tritt. Eben dieser unmittelbare Bezug zwischen den Gewährleistungen der Berufsfreiheit und der Entfaltung der Persönlichkeit des Freiheitsberechtigten im Beruf macht jedoch den grundlegenden Schutzgedanken des Art. 12 Abs. 1 GG aus. In den Worten des BVerfG begreift das Grundrecht der Berufsfreiheit die Arbeit „in ihrer Beziehung zur Persönlichkeit des Menschen im ganzen, die sich erst darin voll ausformt und vollendet, daß der Einzelne sich einer Tätigkeit widmet, die für ihn Lebensgrundlage und Lebensaufgabe ist“.204 Aufgrund dessen fragt das BVerfG im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung danach, ob der „personale Kern“ des Grundrechts der Berufsfreiheit durch eine Regelung berührt wird.205 Ist dies nicht oder nur in geringem Umfang der Fall, so verringern sich entsprechend die Anforderungen an die Rechtfertigung der Beeinträchtigung; der Grundrechtsgewährleistung kommt im Rahmen der Abwägung ein geringeres Gewicht zu als im Falle intensiver persönlicher Betroffenheit.206 Zweitens wirkt es sich aus, daß die Belastung der Erwerbstätigkeit mit Geldleistungspflichten nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung die Berufs203 204 205 206

BT-Drs. 15/2864, S. 26. BVerfGE 7, 377 (397) – Apotheker. BVerfGE 50, 290 (365) – Mitbestimmungsgesetz. Dazu BVerfG, a. a. O., S. 364.

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freiheit nur in mittelbarer Form beeinträchtigt.207 Nach dieser Sichtweise erschwert die Auferlegung einer Geldleistungspflicht die Unternehmenstätigkeit der EVU nicht handlungsbezogen im Sinne eines unmittelbaren Grundrechtseingriffs, sondern nur mittelbar durch die Bindung von Kapital. Aufgrund dessen ist die Intensität der Beeinträchtigung nach den Grundsätzen der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung abermals als eher gering anzusehen.208 Schließlich ist von Bedeutung, daß die Abnahme- und Vergütungspflicht gem. § 14 Abs. 3 EEG die Unternehmenstätigkeit der EVU lediglich in Form einer Berufsausübungsregelung belastet und damit – nach der Stufenlehre des BVerfG – auf der Stufe der geringsten Eingriffsintensität ansetzt. Zwar entscheidet nicht allein die Qualifikation einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme als Berufszulassungs- oder Ausübungsregelung über die Strenge der anzulegenden Rechtfertigungsanforderungen. Auch an Berufsausübungsregelungen können im Einzelfall höhere Anforderungen gestellt werden, als sie die Stufenlehre grundsätzlich vorsieht, wenn sich aus anderen Umständen eine besondere Intensität des Eingriffs ergibt.209 Doch ist dies, wie soeben festgestellt, bei der Belastung größerer Unternehmen mit einer Geldleistungspflicht gerade nicht der Fall. Da das EEG ohnehin Gemeinschaftsinteressen von überragendem Gewicht verfolgt, mit denen auch Zulassungsregelungen gerechtfertigt werden könnten, wirkt es sich nicht aus, daß nach der Stufenlehre des BVerfG auch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zur Rechtfertigung einer Berufsausübungsregelung ausreichen. Eine Direktive für die Gesamtabwägung ergibt sich aus der Qualifikation der Abnahme- und Vergütungspflicht als Berufsausübungsregelung gleichwohl, da zu deren Rechtfertigung lediglich zu fordern ist, daß die Beeinträchtigung zur Verwirklichung des Gemeinschaftsinteresses „zweckmäßig“ erscheint; auch hierin kommen geringere Anforderungen an das Überwiegen der Gemeinschaftsgüter im Rahmen der Abwägung zum Ausdruck. Insgesamt ist mit der Belastung größerer Unternehmen durch eine Geldleistungspflicht gleichsam die „schwächste Stelle“ im Schutzgehalt der Berufsfreiheit gefunden. Die Beeinträchtigung erfolgt gewissermaßen im Schnittpunkt mehrerer Prinzipien, die jeweils in Richtung besonders geringer Anforderungen an die Rechtfertigung der Freiheitsbeschränkung weisen. Schon aufgrund der Form des Eingriffs ist dessen Intensität also grundsätzlich als niedrig einzustufen, so daß eher von einem Überwiegen der Gemeinschaftsinteressen und damit von der Angemessenheit der Freiheitsbeschränkung auszugehen ist.

207 208

Siehe bereits oben § 14 C I 2 a). Zu diesen BVerfGE 46, 120 (145); 57, 139 (158 f.); 77, 308 (332); 81, 156

(189). 209

Rspr.

BVerfGE 13, 181 (187); 16, 147 (165); 30, 292 (313 f.); 68, 155 (170 f.); st.

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dd) Intensität der Beeinträchtigung Neben dessen Form bestimmen insbesondere die konkreten Umstände und Auswirkungen des Eingriffs die Intensität der Belastung. Ein besonders aussagekräftiger Maßstab für die Eingriffsintensität von Geldleistungspflichten liegt in deren Höhe. Die Höhe der Finanzierungspflicht der Stromhändler gem. § 14 Abs. 3 EEG könnte in mehrfacher Weise Rückschlüsse auf die Angemessenheit der SER zulassen. Unangemessen wäre die Mehrkostenlast für die Stromlieferanten zunächst, wenn ihre Höhe nicht streng auf den Zweck des Fördermechanismus ausgerichtet ist, weil die Vergütungsregelung, durch die die Mehrkosten entstehen, in einer Weise ausgestaltet ist, durch die der Förderzweck zum Teil verfehlt, etwa durch eine Überförderung in Form von Mitnahmeeffekten und Überkompensationen für die Anlagenbetreiber über ihn hinausgegangen wird. Von maßgeblicher Bedeutung ist daher, ob der Gesetzgeber des EEG die Vergütungsmodalitäten – gleichsam das Bindeglied zwischen der Förderung der Einspeiser und der Kostenbelastung der letztversorgenden EVU – in einer zweckentsprechenden Weise ausgestaltet hat. Zweitens ist es für die Angemessenheit der finanziellen Belastung von Belang, ob und inwieweit der Gesetzgeber eine Überwälzung der Mehrkostenlast an die Letztverbraucher vorgesehen hat, welche die endgültige Belastung der Stromlieferanten mindert. Schließlich würde es wiederum auf die Unangemessenheit der Finanzierungspflicht hindeuten, wenn diese zwar möglicherweise streng am Förderzweck der SER ausgerichtet ist, die betroffenen Energieversorgungsunternehmen dabei aber in existenzgefährdendem Ausmaß belastet. (1) Die Ausgestaltung der Vergütungsregelung Im Rahmen der Zweck-Mittel-Relation, welche die Verhältnismäßigkeitsbetrachtung herstellt, ist nicht in erster Linie nach der absoluten Höhe der finanziellen Belastung zu fragen, sondern nach dem Verhältnis, in dem diese zu den Zwecken der belastenden Regelung steht. Da die SER Gemeinschaftsgütern von herausragender Bedeutung dient, kann grundsätzlich auch ein hohes Maß an finanzieller Belastung der letztversorgenden EVU durch § 14 Abs. 3 EEG noch gerechtfertigt sein. Auch bei der Verfolgung von Gemeinschaftsinteressen höchsten Ranges ist der Gesetzgeber, der einzelnen Freiheitsberechtigten eine Geldleistungspflicht zur Finanzierung von Gemeinwohlaufgaben auferlegt, jedoch verpflichtet, diese Zahlungspflicht so zu bemessen, daß sie in vollem Umfang zur Verwirklichung der Gemeinschaftsinteressen beiträgt und eine „Überförderung“ zu Lasten der in Anspruch genommenen Grundrechtsträger vermieden wird. Für die SER bedeutet dies, daß durch eine schonende Ausgestaltung der Vergütungsmodalitäten der §§ 6 ff. EEG die aus dem Fördermechanismus insgesamt resultierenden Mehrkosten quantitativ begrenzt und auf dasjenige Belastungsmaß beschränkt werden müssen, das durch den Förderzweck der Rege-

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lung vorgegeben wird. Unter dieser Voraussetzung wäre gewährleistet, daß die EVU durch § 14 Abs. 3 EEG nur mit solchen Mehrkosten belastet werden, die zur Gewährung von Marktanreizen an die Anlagenbetreiber geboten sind und die umweltpolitische Zielsetzung des Gesetzes auch tatsächlich verwirklichen. Zu den erklärten Zielen der EEG-Novelle 2004 gehörte es, die Mehrkosten der Förderung erneuerbarer Energien nicht im gleichen Maße wie die Menge des im Geltungsgebiet des Gesetzes eingespeisten Stroms ansteigen zu lassen und die Degression der Vergütungen in fast allen Bereichen zu verschärfen.210 Bei der Bemessung der Vergütungssätze hat sich der Gesetzgeber bewußt auf ein Vergütungsniveau beschränkt, welches bei fortgeschrittenem Stand der eingesetzten Technik und rationeller Betriebsführung grundsätzlich einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage ermöglicht; eine Garantie des kostendeckenden Betriebs einer jeden Anlage ist gerade nicht bezweckt.211 Die Vergütungssätze sind nach der ökologischen Förderungswürdigkeit sowie den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Nutzung eines bestimmten Energieträgers zugeschnitten. Maßgeblich waren dabei die Kapitalintensität der Stromerzeugung aus der verwendeten Energiequelle, der technologische Fortschritt auf dem jeweiligen Gebiet sowie, damit einhergehend, der Stand der Markteinführung entsprechender Anlagen und insbesondere die Wirtschaftlichkeit des laufenden Betriebs.212 In allen Förderbereichen mit Ausnahme der Windenergie sind die Vergütungssätze degressiv gestaffelt, so daß die Vergütung pro Kilowattstunde mit zunehmender Leistung der Anlage sinkt.213 Hierdurch wird ein übermäßiges Anwachsen der Mehrkosten infolge einer Vielzahl von Einspeisungen aus besonders leistungsstarken Anlagen vermieden, zugleich wird eine Überkompensation der Wettbewerbsnachteile erneuerbarer Energien bei größeren Anlagen verhindert. Aus dem gleichen Grund legt das EEG für mehrere Förderbereiche Höchstgrenzen der Leistungsfähigkeit fest, bei deren Überschreiten eine Anlage von der Abnahme- und Vergütungspflicht ausgenommen wird.214 Eine zeitliche Degression der Vergütungshöhe für Stromeinspeisungen aus Neuanlagen ist in allen Sparten mit Ausnahme kleiner Wasserkraftanlagen vorgesehen, wobei die Vergütungssätze um bis zu 6,5 Prozent jährlich abgesenkt werden.215 Durch § 12 Abs. 3 EEG wird die Pflicht zur Zahlung von Mindestvergütungen je nach 210

Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 3. BT-Drs. 15/2864, S. 24, 36. 212 Ebd. 213 Siehe hierzu § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 5, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 sowie § 11 Abs. 1 und 2 EEG. 214 Siehe § 6 Abs. 1 und 2, § 8 Abs. 1 EEG. 215 Siehe §§ 6 ff. EEG; vgl. auch P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, Vorbemerkungen zu §§ 6–11 Rn. 2. 211

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verwendetem Energieträger auf eine Dauer von 15, 20 oder 30 Kalenderjahren ab Inbetriebnahme der jeweiligen Anlage begrenzt. Der Gesetzgeber will durch die Befristung der Förderung jeder einzelnen Anlage einerseits den Anlagenbetreibern ein hohes Maß an Investitionssicherheit bieten, andererseits aber auch Amortisationsdruck ausüben. Insgesamt ist die Ausgestaltung der Vergütungsmodalitäten darauf ausgelegt, die Anlagenbetreiber im Rahmen der Stromerzeugung kontinuierlich zur Kostensenkung anzuhalten und Mitnahmeeffekte so weit wie möglich auszuschließen. Die Gewinnmargen aus der Einspeisung „grünen“ Stroms sind so bemessen, daß die nötige Anreizwirkung erhalten bleibt, die letztversorgenden EVU als endgültig finanzielle Belastete aber nicht unangemessen beansprucht werden. Das Ziel, eine unangemessene, weil durch den Gesetzeszweck nicht gebotene finanzielle Belastung der letztversorgenden EVU zu vermeiden, verfolgt das EEG neben den Bestimmungen zur Vergütungshöhe auch in Gestalt des sog. Ausschließlichkeitsprinzips. So begrenzt § 5 Abs. 1 EEG schon die Vergütungspflicht des primär abnahmepflichtigen Netzbetreibers auf Strom aus solchen Anlagen, die ausschließlich regenerative Energieträger zur Stromerzeugung einsetzen.216 Hierdurch wird schon im Ansatz des mehrstufigen Abnahme- und Vergütungssystems verhindert, daß förderbedingte Mehrkosten aus der Abnahme von Strom entstehen, der nicht aus erneuerbaren Energien gewonnen worden ist. Durch die Vergütungsmodalitäten der §§ 6 bis 11 EEG und die Umsetzung des Ausschließlichkeitsprinzips hat der Gesetzgeber in einem hohen Maße sichergestellt, daß die förderbedingten Mehrkosten des EEG eng an dem Gesetzeszweck der Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien orientiert sind und nicht durch Mitnahmeeffekte oder Überkompensationen in einer zweckverfehlenden Weise erhöht werden. (2) Möglichkeiten der Stromhändler zur Weitergabe der Mehrkostenlast Legt man die Intensität der Kostenbelastung als Maßstab der Angemessenheit der Finanzierungspflicht der letztversorgenden EVU zugrunde, so ist ferner zu berücksichtigen, ob und inwieweit diese zu einer Weitergabe der Mehrkosten an die Endverbraucher imstande sind. Gegen eine übermäßige finanzielle Belastung der EVU spräche es insbesondere, wenn die förderbedingten Mehrkosten in einer vom Gesetzgeber vorgesehenen und vorbereiteten Art und Weise an die Gesamtheit der Stromverbraucher überwälzt werden könnten, so daß eine endgültige finanzielle Belastung der EVU nicht oder nur in geringem Umfang 216 Zum Ausschließlichkeitsprinzip B. J. Herrmann, Anwendungsprobleme des Stromeinspeisungsgesetzes, 1996, S. 75 f.; A. Klemm, ET 2001, S. 592 ff.; P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, § 5 Rn. 13 ff.

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eintritt. Eine solche Weitergabe der Mehrkosten ist vom Gesetzgeber des EEG jedoch, wie bereits festgestellt,217 weder bezweckt noch durch entsprechende Regelungen – wie sie etwa das sog. Dritte Verstromungsgesetz aufwies218 – ermöglicht und erleichtert worden. Zwar geht der Gesetzgeber, wie die Härtefallregelung des § 16 EEG veranschaulicht, davon aus, daß die letztversorgenden EVU die förderbedingten Kostenanteile in ihre Strompreiskalkulation einbeziehen und es infolgedessen zu Mehrbelastungen der Endverbraucher kommt.219 Der Gesetzgeber intendiert die Weitergabe der Kostenlast jedoch nicht als „Schlußstein“ der Finanzierung des EEG-Fördermechanismus; er setzt vielmehr darauf, daß sich die letztversorgenden EVU durch zunehmenden Wettbewerbsdruck auf dem Elektrizitätsmarkt an einer umfangreichen Überwälzung auf die Endverbraucher gehindert sehen werden.220 Soweit die EVU zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen von der Weitergabe der Mehrkosten Abstand nehmen, wie dies der Gesetzgeber anstrebt, bleiben sie endgültig mit dem finanziellen Aufwand der Förderung erneuerbarer Energien nach dem EEG belastet. In welchem Umfang die letztversorgenden EVU aus Wettbewerbsgründen tatsächlich an einer Kostenüberwälzung gehindert sind, ist nicht bekannt; insbesondere verfügt die Bundesregierung nach eigenen Angaben über keine sicheren Kenntnisse zur Verteilung der Kostenlast zwischen letztversorgenden EVU und Endverbrauchern.221 (3) Existenzgefährdende Belastung der letztversorgenden EVU durch § 14 Abs. 3 EEG Verfolgt eine Berufsausübungsregelung Gemeinschaftsgüter von besonderem Gewicht und steht die Intensität der Grundrechtsbeschränkung nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Gemeinschaftsinteressen, so sind dem absoluten Umfang der Beeinträchtigung durch den Maßstab der Angemessenheit nur äußerste Grenzen gesetzt. Ungeachtet der Struktur der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung als Zweck-Mittel-Relation ist jedoch anerkannt, daß auch eine durch herausragende Gemeinschaftsgüter vorgegebene Belastung unter dem Aspekt der individuellen Unzumutbarkeit unverhältnismäßig sein kann, wenn sie die Grundrechtsausübung der Betroffenen unmöglich macht,222 im Falle der Unter-

217

Siehe oben § 2 B III 3. Dazu BVerfGE 91, 186 (203 ff.) – Kohlepfennig. 219 Hierzu die Gesetzesbegründung zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 50 f.; ferner P. Salje, EEG, Kommentar, 3. Aufl., 2005, § 16 Rn. 1 ff. 220 Diese Erwartung kommt in zahlreichen Passagen der Gesetzesbegründung zum Ausdruck, vgl. BT-Drs. 15/2864, S. 3, 25, 48, 50. 221 Hierzu die Antwort auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ramsauer, BT-Drs. 14/4993, S. 17. 218

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nehmerfreiheit also die wirtschaftliche Existenz der belasteten Unternehmen konkret bedroht.223 Eine solche existenzgefährdende Belastung der letztversorgenden EVU läßt sich indessen nicht feststellen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß als finanzielle Belastung aufgrund der SER nur der Betrag anzusehen ist, um den die Durchschnittsvergütung gem. § 14 Abs. 3 S. 5 EEG den Preis übersteigt, den ein Stromlieferant unter unbeeinflußten Marktbedingungen bei seinem Strombezug zu entrichten hätte; nur in Höhe dieses Betrages ist die Geldleistungspflicht den EVU bei wirtschaftlicher Betrachtung hoheitlich auferlegt. Spätestens seit der Einführung des nunmehr in § 14 EEG geregelten bundesweiten Belastungsausgleichs ist mit einer Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz auch nur einzelner Stromlieferanten nicht mehr zu rechnen. Dies ist darauf zurückzuführen, daß § 14 Abs. 3 EEG nicht nur für eine gleichmäßige Verteilung der Mehrkostenlast unter allen letztversorgenden EVU sorgt, sondern auch die Intensität der finanziellen Belastung des einzelnen Unternehmens auf ein Maß begrenzt, bei dem Existenzgefährdungen ausgeschlossen erscheinen. Die Regelung stellt sicher, daß der Umfang der Inanspruchnahme des einzelnen Stromhändlers in einem proportionalen Verhältnis zur Gesamtmenge des an Letztverbraucher gelieferten Stroms und damit in der Regel zum Umsatz des Unternehmens steht. Zu Situationen, in denen ein relativ umsatzschwaches EVU zur Abnahme und Vergütung einer verhältnismäßig großen Menge EEG-Stroms verpflichtet und dadurch in eine finanzielle Notlage gebracht wird, kann es aufgrund dessen nicht kommen. Dem entspricht es, wenn seit Inkrafttreten des EEG weder in gerichtlichen Verfahren noch in anderer Form von Seiten der letztversorgenden EVU geltend gemacht worden ist, infolge der Abnahme- und Vergütungspflichten des EEG sehe sich der Wirtschaftszweig oder zumindest einzelne Unternehmen existenzgefährdenden Belastungen ausgesetzt. (4) Zwischenergebnis Die Höhe der Geldleistungspflicht als quantitativer Umfang der Grundrechtsbeeinträchtigung führt nicht zur Unangemessenheit der §§ 4 ff., 14 EEG. Da das Ausmaß der Finanzierungspflicht eng am Förderzweck der Regelung ausgerichtet ist, tritt eine zweckverfehlende Überförderung erneuerbarer Energien zu 222 Eine umfassende Übersicht der verfassungsgerichtlichen Rspr. zum Maßstab der individuellen Unzumutbarkeit als Element der Angemessenheitsprüfung liefert R. Albrecht, Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab, 1995, S. 89 ff. 223 Das BVerfG hat bei der Beurteilung der Angemessenheit preisregulierender Berufsausübungsregelungen mehrfach auf die Schwelle der Existenzgefährdung abgestellt, vgl. BVerfGE 109, 64 (87) – Arbeitgeberzuschuß III (Das Gericht fragt danach, ob die finanzielle Belastung für die Arbeitgeber „noch tragbar“ sei.); BVerfG, NVwZ 2006, 191 (198) – Beitragssatzsicherungsgesetz („nicht mehr gewinnbringend ausgeübt“, „wegen Unwirtschaftlichkeit geschlossen“).

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Lasten der Stromhändler nicht ein. Daneben werden die betroffenen Unternehmen durch das Ausmaß der finanziellen Belastung nicht in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet. Da der Maßstab der Angemessenheit in erster Linie eine Zweck-Mittel-Relation nachvollzieht und insoweit nicht die absolute Höhe der Geldleistungspflicht betrachtet, zieht er der finanziellen Belastung unterhalb der Schwelle einer Existenzgefährdung in der Regel keine absoluten Grenzen. (5) Angemessenheit des Zwangs zur Konkurrentenförderung Neben der quantitativen Intensität der Belastung ist jedoch auch zu berücksichtigen, ob der Finanzierungsmechanismus die letztversorgenden EVU in ihrer Wettbewerbsfreiheit als besonderer Ausprägung der Unternehmerfreiheit übermäßig beeinträchtigt. Wie gesehen wurde, wird die Wettbewerbsfreiheit der Stromhändler, soweit diese zugleich auch als Stromerzeuger tätig sind, nicht schon dadurch tangiert, daß der Gesetzgeber die Betreiber von Anlagen zur Elektrizitätsgewinnung aus erneuerbaren Energien finanziell begünstigt. Eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfreiheit entsteht vielmehr erst daraus, daß auch solche Stromhändler, deren Unternehmenstätigkeit zugleich die Stromerzeugung umfaßt, dazu verpflichtet werden, die finanziellen Lasten der „Subventionierung“ ihrer Konkurrenten zu tragen. Damit ist die Frage aufgeworfen, ob gerade der wettbewerbliche Aspekt des abgabenäquivalenten Finanztransfers dazu zwingt, die – bislang für verhältnismäßig erachtete – Belastung der letztversorgenden EVU als Verletzung des Übermaßverbots zu beurteilen. Mit Sicherheit läßt sich sagen, daß die Entscheidung des Gesetzgebers, gerade eine Gruppe von Privatunternehmen als Kostenträger der EEG-Förderung auszuwählen, die zum Teil mit der begünstigten Gruppe im Wettbewerb der Stromerzeugung konkurrieren, eine gewisse Ironie aufweist. Der Aspekt der finanziellen Sonderbelastung zur Finanzierung einer besonderen Begünstigung des Konkurrenten verleiht der Eingriffswirkung der §§ 4 ff., 14 EEG eine besondere Qualität. Weniger eindeutig ist hingegen, ob diese besondere Qualität geeignet ist, den Befund der Verhältnismäßigkeit der finanziellen Belastung in Frage zu stellen. Dabei ist zunächst zu vergegenwärtigen, daß der Aspekt der Konkurrentenförderung am quantitativen Ausmaß der finanziellen Belastung der Stromhändler nichts ändert. Der Umfang der fördernden Geldleistungspflicht bestimmt sich gem. § 14 Abs. 3 S. 3 und 4 EEG nach der Strommenge, die ein EVU an Letztverbraucher absetzt, und der durch § 14 Abs. 3 S. 5 EEG vorgegebenen Durchschnittsvergütung; insoweit bestehen keine Unterschiede zwischen Stromhändlern, die zugleich eigene Erzeugungsanlagen betreiben, und solchen, die dieser Unternehmenstätigkeit nicht nachgehen. Daneben ist zu berücksichtigen, daß § 14 Abs. 3 EEG sowohl die physikalische als auch die finanzielle Last der Förderung gleichmäßig nach Maßgabe der an Letztverbraucher abgegebenen

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Strommenge auf alle Stromhändler verteilt. Dadurch ist gewährleistet, daß die finanzielle Belastung der Stromlieferanten, die über eigene Erzeugungskapazitäten verfügen, zum Zwecke der Förderung ihrer Konkurrenten in Proportion zur Gesamtmenge der von ihnen gelieferten Elektrizität und damit auch ihrer Möglichkeiten zum Absatz von Strom aus Eigenerzeugung steht. Mit einer existenziellen Bedrohung der Unternehmenssparte Erzeugung ist daher nicht zu rechnen. Schließlich erlangt Bedeutung, daß für die Angemessenheit einer Berufsausübungsregelung nicht die Interessenlage des einzelnen – „ErzeugerHändlers“ – maßgebend, sondern vielmehr eine generalisierende Betrachtungsweise geboten ist, die auf den betreffenden Wirtschaftszweig insgesamt abstellt.224 Ob die durch den Belastungsausgleich betroffenen letztversorgenden EVU zugleich selbst als Stromerzeuger tätig sind, bildet eine Frage des Einzelfalls, denn für den Belastungstatbestand des § 14 Abs. 3 EEG ist die Erzeugereigenschaft eines Stromhändlers ohne Relevanz. Da der Gesetzgeber bei der Liberalisierung der Energiewirtschaft darauf zielt, auf sämtlichen Wertschöpfungsstufen – Erzeugung, Übertragung und Vertrieb – Wettbewerb zu entfachen, und diesem Ziel die weitere Entstehung „reiner“ Stromhändler entspricht, steht zudem zu erwarten, daß die Unternehmenstätigkeiten der Erzeugung und der Versorgung von Letztverbrauchern zunehmend auseinanderfallen werden. Diese Überlegungen sprechen allesamt dagegen, von dem besonderen Aspekt des Zwangs zur Konkurrentenförderung auf die – „qualitative“ – Unangemessenheit der SER zu schließen. Sollte sich die Frage der Zulässigkeit einer unmittelbaren finanziellen Förderung der Konkurrenten künftig auch für weitere abgabenähnliche Vergütungsregelungen stellen, so könnte für diese durchaus anderes gelten. Betrachtet man jedoch die Belastungsintensität der SER im Rahmen einer Zweck-Mittel-Relation, so wahrt diese die Grenzen der Angemessenheit; der „qualitative“ Aspekt der Konkurrentenförderung stellt diesen Befund letztlich nicht in Frage. (6) Ergebnis: Angemessenheit der Stromeinspeisungsregelung Bei einer Gesamtabwägung zwischen den Gemeinschaftsinteressen, die der Gesetzgeber mit der SER verfolgt, und der Dringlichkeit ihrer Verwirklichung einerseits sowie den hiermit verbundenen Freiheitsbeschränkungen der letztversorgenden EVU andererseits wiegen die beeinträchtigten Grundrechtsgewährleistungen nicht wesentlich schwerer als die Zwecke ihrer Beschränkung. Die Regelungszwecke des EEG stellen sich sämtlich als Gemeinwohlgüter von überragendem Gewicht dar, die zum Teil in Art. 20a GG ausdrückliche verfassungsrechtliche Anerkennung gefunden haben und auf eine baldige Verwirklichung drängen. Die Intensität der Freiheitsbeschränkung erscheint schon inso224

BVerfGE 30, 292 (316 f.); 68, 193 (219).

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fern gering, als in die Unternehmerfreiheit regelmäßig größerer Unternehmen in Form von mittelbar berufsausübungsregelnden Geldleistungspflichten eingegriffen wird. Die Höhe der Kostenbelastung ist dabei durch differenzierte Vergütungsmodalitäten eng auf das zur Vermittlung von Marktanreizen für die Anlagenbetreiber gebotene Maß abgestimmt worden. Bedrohungen der wirtschaftlichen Existenz letztversorgender EVU treten infolge der Finanzierungspflicht gem. § 14 Abs. 3 EEG nicht ein. Die Angemessenheit der Belastungsintensität wird letztlich auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Gesetzgeber mit den Stromhändlern solche Unternehmen finanziell zur Förderung der Einspeiser von EEG-Strom heranzieht, die bisweilen selbst in der Stromerzeugung tätig sind und folglich zu einer unmittelbaren finanziellen Förderung ihrer Konkurrenten gezwungen werden. e) Berücksichtigung von Aspekten der Lastengleichheit in der Verhältnismäßigkeitsprüfung Für die Rechtfertigung des Eingriffs in die Unternehmerfreiheit durch Zwangsvergütungen ist es charakteristisch, daß die Hauptaufmerksamkeit von Rechtsprechung und Literatur nicht der Verhältnismäßigkeit der Beeinträchtigung im Sinne der Zweck-Mittel-Relation gilt, sondern vielmehr im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung danach gefragt wird, ob die finanzielle Sonderbelastung der abnahme- und vergütungspflichtigen EVU vor dem Prinzip der Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher Lasten gerechtfertigt ist. Die Frage, „weshalb gerade den Energieversorgungsunternehmen“ durch den Gesetzgeber die finanziellen Lasten der Förderung von EEG-Strom auferlegt werden, erfährt wesentlich größere Beachtung als die Aspekte der Eignung, der Erforderlichkeit und der Angemessenheit der Finanzierungspflicht und wird dadurch zur eigentlichen Zentralfrage der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Lediglich Karl Heinrich Friauf begreift die Finanzierungsverantwortlichkeit der EVU bereits als Frage der Erforderlichkeit der SER,225 während das sonstige Schrifttum sowie die Rechtsprechung des BGH die Rechtfertigung der finanziellen Sonderlast als Element der Angemessenheitskontrolle oder als eigenständigen Bestandteil der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Anschluß an die Feststellung der Angemessenheit behandeln. Die Verbindung zwischen der klassischen Verhältnismäßigkeitskontrolle und dem Thema der finanziellen Sonderbelastung wird dabei auf bisweilen sehr unterschiedliche Weise hergestellt. Der BGH qualifiziert die SER als Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben und folgert daraus, diese bedürfe, „auch wenn ihr Umfang vergleichsweise gering ist, einer besonderen Rechtfertigung“.226 Es genüge nicht, daß die Be225 K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 (599); ders., Zwangssubventionierung, 1995, S. 149 ff.

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lastung des Privaten in einem angemessenen Verhältnis zur Entlastung des Staates stehe, da öffentliche Lasten wie die SER „grundsätzlich nur die Allgemeinheit“ träfen und „deshalb nur aus öffentlichen Mittel zu tragen“ seien. Der Grundsatz der Gleichheit der Bürger bei der Auferlegung öffentlicher Lasten sei „nicht nur bei der Auferlegung von Abgaben, sondern auch bei der Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben zu beachten.“227 Hiervon ausgehend fragt das Gericht – im Rahmen der regulären Angemessenheitsprüfung und von dieser in keiner Weise abgehoben – nach einem Zurechnungsgrund für die besondere Inanspruchnahme der EVU. In dieser prüfungssystematischen Einordnung der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit folgt eine Reihe von Autoren dem Beispiel des BGH,228 während andere die Einführung einer gesonderten Prüfungsstufe der „Zumutbarkeit“ vorschlagen, sich in der Ausbildung des Prüfungsmaßstabes dabei jedoch nicht unterscheiden.229 Fritz Ossenbühl leitet von der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung zur Rechtfertigung der finanziellen Sonderlast durch den Gedanken über, kostenverursachende Berufsausübungsregelungen bedürften über die klassische Übermaßkontrolle hinaus einer „Doppellegitimation“. Es sei nicht nur nach der Legitimität des gesetzgeberisch verfolgten Zwecks, sondern zudem danach zu fragen, „ob dieser Zweck auch in der Weise verfolgt werden darf, wie es konkret vorgesehen ist (z. B. Überbürdung der Kostenlast auf eine Sondergruppe)“.230 Unabhängig davon, auf welche Weise Gerichte und Autoren im Rahmen der Angemessenheitsprüfung den Zugang zur Frage nach der Legitimation der Sonderbelastung finden, herrscht Einigkeit, daß diese Frage am Maßstab des Prinzips der Lastengleichheit als besonderer Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes gem. Art. 3 Abs. 1 GG zu beantworten ist.231 Rechtsprechung und Literatur sind sich daher bewußt, daß sie mit der Zurechnung der finanziellen Sonderlast zur Gruppe der durch §§ 4 ff., 14 EEG verpflichteten EVU einem gleichheitsrechtlichen Thema im Rahmen der freiheitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung nachgehen. Die klassischen Prüfungselemente der Eignung, der Erforderlichkeit und der Angemessenheit werden dabei nicht ersetzt, sondern 226

BGHZ 134, 1 (21) – Stromeinspeisung II. BGH, ebd. 228 S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 225 ff.; S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1222) prüft ähnlich, kann dabei jedoch die Entscheidung des BGH noch nicht berücksichtigen; kritisch zur systematischen Einordnung durch den BGH M. Pohlmann, NJW 1997, S. 545 (549). 229 M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 263 ff. 230 F. Ossenbühl, ET 1996, S. 94 (96); ders., RdE 1997, S. 46 (50 ff.); ihm folgen H.-J. Blanke/A. Peilert, RdE 1999, S. 96 (99 f.). 231 BGHZ 134, 1 (21); K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 (599); F. Ossenbühl, RdE 1997, S. 46 (50 ff.); H.-J. Blanke/A. Peilert, RdE 1999, S. 96 (98); M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 263, 243 f.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 226 f.; C. Treffer, UPR 1996, S. 128 (130). 227

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um einen weiteren Rechtfertigungsmaßstab ergänzt, zum Teil auch durch diesen modifiziert. Versuche, das gleichheitsrechtliche Thema der finanziellen Sonderbelastung als Rechtsfrage der Verhältnismäßigkeit zu fassen, sind für die Auseinandersetzung mit der Verfassungsmäßigkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen ebenso kennzeichnend wie die Bestrebungen, sonderabgabenrechtliche Maßstäbe auf diese Art der Sonderlast zu übertragen. Es handelt sich hierbei um das zweite Charakteristikum in der Ausbildung verfassungsrechtlicher Zulässigkeitsmaßstäbe für Preisinterventionen, welches in Rechtsprechung und Schrifttum ständig wiederkehrt. Dementsprechend haben sich vergleichbare Ansätze auch für die übrigen Referenzregelungen herausgebildet. Aus beiden Gründen wird zu solchen Ansätzen erst im Rahmen einer übergreifenden Betrachtung aller Referenzgebiete Stellung genommen.232 Da die Erkenntnisse dieser Betrachtung möglicherweise von Bedeutung für die Verhältnismäßigkeit der SER sind, wird ein Ergebnis zur Verhältnismäßigkeitsprüfung erst im Anschluß an diese Untersuchung formuliert. 2. Herstellerabschlag auf Arzneimittelpreise, § 130a SGB V Auch der Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V ist als Berufsausübungsregelung nur dann mit der Unternehmerfreiheit der Arzneimittelhersteller aus Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn er verhältnismäßig ist, also durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt wird, als Mittel zur Erreichung des verfolgten Zweckes geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt wird.233 a) Gemeinwohldienlichkeit Der Herstellerabschlag war sowohl bei seiner Einführung durch das BSSichG 2003 als auch bei seinen Änderungen durch das GMG 2004 und das AVWG 2006 Bestandteil umfangreicher Maßnahmenpakete und nahm an deren übergeordneter Zielsetzung teil. Diese war darauf gerichtet, die Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung zu stärken und das Beitragssatzniveau nicht nur zu stabilisieren,234 sondern – nach der Intention des Gesetzgebers bei Erlaß des GMG – sogar zu senken.235 Der konkrete Zweck der Regelung des § 130a 232

Siehe unten § 14 IV. Zum Maßstab der Verhältnismäßigkeit an Berufsausübungsregelungen BVerfGE 68, 155 (171); 71, 183 (196 f.); 72, 26 (31); 77, 308 (332); 81, 156 (188 f.). 234 So noch die Begründung des Gesetzentwurfs der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BT-Drs. 15/28, S. 11. 233

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SGB V geht dahin, dem für überproportional erachteten Zuwachs bei den Arzneimittelausgaben der GKV entgegenzuwirken, im Falle des § 130a Abs. 1 SGB V insbesondere die Ausgabenzuwächse bei den nicht festbetragsgebundenen Arzneimitteln zurückzuführen. Der Gesetzgeber begreift den Herstellerabschlag als Mittel zum Abbau „weiterhin bestehender Unwirtschaftlichkeit bei der Arzneimittelversorgung“, zu dem die Hersteller von Arzneimitteln aus seiner Sicht „erhebliche Beiträge“ zu leisten haben.236 Weitere Zwecke, die der Gesetzgeber gerade mit der Einführung des Herstellerabschlages gem. § 130a SGB V durch das BSSichG verfolgt hat, sind in der Zwischenzeit entfallen, ohne daß der Gesetzgeber sich hierdurch zu einer Änderung oder Aufhebung der Abschlagsregelung veranlaßt gesehen hat. Hierzu gehören die Absicht, durch den Herstellerrabatt Konsolidierungsdefizite bis zum Inkrafttreten einer umfassenden Strukturreform zu vermeiden, sowie der Zweck, nur solche Arzneimittel zu Einsparungen heranzuziehen, die weder gem. § 35 SGB V festbetragsgebunden sind noch der aut-idem-Regelung des § 129 Abs. 1 SGB V unterliegen.237 Durch diese Gesetzesziele ist der Herstellerabschlag nach Durchsetzung der Strukturreform 2004 und nachdem auch aut-idem-geregelte Arzneimittel in die Abschlagsregelung des § 130a Abs. 1 SGB V,238 auch festbetragsgeregelte Medikamente in diejenige des § 130a Abs. 3b SGB V239 einbezogen werden, nicht mehr zu rechtfertigen. Um die Beeinträchtigung der Unternehmerfreiheit durch die Berufsausübungsregelung des § 130a SGB V rechtfertigen zu können, müßten die genannten Gesetzeszwecke „vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls“ darstellen.240 Noch deutlicher, als es bereits für die Sicherheit der Energieversorgung festgestellt wurde, hat das BVerfG zur Sicherung der finanziellen Stabilität „und damit der Funktionsfähigkeit“ der GKV erklärt, es handele sich hierbei um eine Gemeinwohlaufgabe von überragendem Gewicht, der sich der Gesetzgeber nicht einmal entziehen dürfe.241 Das Gericht schließt dabei von der Sicherheit der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, die es bereits zuvor in ständiger 235

Begründung zu dem Fraktionsentwurf des GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 71 f. BT-Drs. 15/1525, S. 72; bei der Einführung der Abschläge nach § 130a Abs. 3a, 3b SGB V machte der Gesetzgeber eine unwirtschaftliche Preisgestaltung der Arzneimittelhersteller nicht geltend, BT-Drs. 16/194, S. 1 ff. 237 BT-Drs. 15/28, S. 11, 16. 238 BT-Drs. 15/1525, S. 123 (zu Nr. 95 b). 239 Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum AVWG, BT-Drs. 16/194, S. 10 f. (zu Nr. 7 a). 240 BVerfGE 77, 84 (107); 85, 226 (234); 91, 148 (164); 95, 173 (184); st. Rspr.; hierzu J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 117; M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 49. 241 BVerfGE 68, 193 (218) – Zahntechniker-Innungen; 70, 1 (26, 30) – Orthopädietechniker-Innungen; 82, 209 (230) – Krankenhausfinanzierung; 103, 172 (184) – Altersgrenze für Kassenärzte. 236

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Rechtsprechung als besonders gewichtiges Gemeinschaftsgut anerkannt hatte,242 auf die Bedeutung der finanziellen Stabilität der GKV für das gemeine Wohl. Solle die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung mit Hilfe eines Sozialversicherungssystems erreicht werden, so stelle auch dessen Finanzierbarkeit einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang dar, von dem sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Systems und bei der damit verbundenen Steuerung des Verhaltens der Leistungserbringer leiten lassen dürfe.243 Folgt man dem, so bilden die Regelungszwecke des § 130a SGB V Gemeinwohlaufgaben von überragendem Gewicht und genügen um so mehr den Rechtfertigungsanforderungen an Berufsausübungsregelungen. Bedenklich ist dieser Schluß des BVerfG allerdings insofern, als durch die Erhebung der finanziellen Stabilität der GKV zum Gemeinschaftsgut von überragender Bedeutung praktisch der Haushaltsausgleich der Sozialversicherungsträger als alleinige Legitimation der Belastung privaten Vermögens angeführt wird. b) Exkurs: Rechtsprechung des BVerfG zur Kostendämpfung im System der GKV Entsprechend den zunehmenden Bemühungen des Gesetzgebers seit den achtziger Jahren, das System der gesetzlichen Krankenversicherung finanziell zu entlasten und zu stabilisieren, ist das BVerfG in dieser Zeit vermehrt mit kostendämpfenden Berufsausübungsregelungen zu Lasten der Leistungserbringer befaßt gewesen. Zahlreiche Entscheidungen in diesem Bereich haben besondere Grundsätze der Verhältnismäßigkeit von Berufsausübungsregelungen im System der GKV herausgebildet, die sich von der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Freiheitsbeschränkungen in anderen Wirtschaftsgebieten unterscheiden.244 Dieser Sonderrechtsprechung liegt die Beobachtung zugrunde, daß es sich bei Gesetzen zur Kostensenkung in der GKV regelmäßig um „Bündel“ komplexer und heterogener Einzelmaßnahmen handelt, denen oftmals allein der Zweck, Einsparungen zu erzielen, gemeinsam ist. Das BVerfG charakterisiert das System der GKV als einen Bereich gesetzgeberischen Handelns, in dem „ein sehr allgemein gehaltenes Ziel durch eine Vielzahl von Maßnahmen verfolgt wird, die unterschiedliche Rechtspositionen verschiedener Grundrechtsträger berühren.“245 Das angemessene Verhältnis von Eingriffszweck und Eingriffsintensität richte sich in einem solchen Bereich nach dem Maß der jeweiligen individuellen Betroffenheit. Hieraus zieht das Gericht 242

BVerfGE 13, 97 (107); 25, 236 (247); 78, 179 (192); st. Rspr. Hierzu BVerfGE 103, 172 (185) – Altersgrenze für Kassenärzte. 244 Kritisch zu dieser Rspr. F. Hufen, NJW 2004, S. 14 (16) (Es werde „jedes nur denkbare Argumentationsmuster zur Zurücknahme des verfassungsrechtlichen Kontrollmaßstabes“ eingesetzt, um die Rechtfertigung von Eingriffen zu begründen.). 245 BVerfGE 103, 172 (183). 243

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Konsequenzen für die Prüfung der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit einer Maßnahme.246 Verfolge der Gesetzgeber ein komplexes Ziel wie die finanzielle Stabilität der GKV mit vielfältigen Mitteln, so sei eine Maßnahme nicht ungeeignet, weil die Betroffenen anderenorts größere Einsparpotentiale sähen; es fehle ihr auch nicht die Erforderlichkeit, weil es andere Mittel innerhalb des Systems gebe, die andere Personen weniger belasteten; schließlich sei eine Maßnahme zur Erreichung des gesetzgeberischen Zwecks auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil nicht alle Betroffenen durch die gesetzlichen Vorkehrungen gleichmäßig belastet würden. Da Mehrausgaben in einem Sektor notwendigerweise Kürzungen an anderer Stelle bedingten, wenn Beitragserhöhungen vermieden werden sollten, habe der Gesetzgeber gerade im System der GKV regelmäßig unterschiedliche Gemeinwohlbelange und gegenläufige Grundrechtspositionen vieler Personengruppen miteinander in Ausgleich zu bringen.247 Das BVerfG weist hierdurch auf die Schwierigkeiten hin, welche die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips auf Reformgesetze im Gesundheitswesen bereitet. Gesetzespakete wie das Gesundheits-Reformgesetz 1989 oder das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung 2004 enthalten eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen. Das Maß des Erforderlichen kann für den Inhalt und Umfang einer Einzelmaßnahme kaum aus dem übergeordneten Gesetzeszweck abgeleitet werden, da dieser schlicht auf Kostensenkung drängt und damit an alle Maßnahmen die gleiche Anforderung stellt.248 Alle Einsparmaßnahmen stehen daher in einem Verhältnis wechselseitiger Substitution, bei dem „jeder Teilbeitrag [. . .] erforderlich ist, um die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung als Ganzes zu erhalten“ und „erst die Summe aller Sparmaßnahmen [. . .] eine spürbare Entlastung der gesetzlichen Krankenkassen“ ergibt.249 In der Sache erkennt das BVerfG damit dem Gesetzgeber im Bereich der GKV eine gegenüber wirtschaftslenkenden Gesetzen in anderen Bereichen – nochmals250 – erweiterte Einschätzungs- und Gestaltungsprärogative zu, indem es den Betroffenen weitgehend den Einwand wirksamerer oder milderer Alter246

Zum folgenden BVerfG, a. a. O., S. 183 f. BVerfG, a. a. O., S. 185 f. 248 Die Schwierigkeit ähnelt der allgemein erkannten Schwäche des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei der Strukturierung und Mäßigung materieller Steuernormen, da die Kriterien der Eignung und der Erforderlichkeit auch auf deren Zweck – die Erzielung von Einnahmen – kaum sinnvoll bezogen werden können, dazu K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 68 ff.; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 41. 249 BVerfGE 108, 45 (51). 250 Auch außerhalb des Systems der GKV räumt das BVerfG dem Gesetzgeber bei des Ausgestaltung gesetzlicher Regelungen, durch die wirtschafts-, arbeits- oder sozialpolitische Ziele verwirklicht werden, einen erheblichen Gestaltungsspielraum ein, vgl. nur BVerfGE 30, 292 (317); 81, 156 (189); 109, 64 (85). – F. Hufen, NJW 2004, S. 14 (16) kritisiert daher, die „unendliche Einschätzungsprärogative des Gesetzge247

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nativmaßnahmen nimmt und den Gesetzgeber – durch Betonung des Maßes individueller Betroffenheit – lediglich darauf verpflichtet, die Grenzen des Zumutbaren zu wahren. Dies bedeutet eine besonders geringe Intensität verfassungsgerichtlicher Kontrolle von Kostendämpfungsmaßnahmen in der GKV, die das Gericht aus der Abstraktheit des Gesetzeszwecks sowie der Vielzahl und Austauschbarkeit möglicher Einsparmaßnahmen ableitet.251 Hinzu tritt, daß das Gericht Preisregelungen auf dem Gesundheitssektor immer weniger als in einer Marktwirtschaft systemfremdes Ausnahmeinstrument ansieht, an dessen Einsatz besondere Rechtfertigungsanforderungen aus den Grundrechten zu stellen sind: „Das System der gesetzlichen Krankenversicherung ist so ausgestaltet, daß es in weiten Bereichen nicht durch Marktkräfte gesteuert wird. Die Preise für Güter und Leistungen sind nicht Gegenstand freien Aushandelns im Rahmen eines freien Wettbewerbs. Deshalb unterliegen die Leistungserbringer in erhöhtem Maße den Einwirkungen sozialstaatlicher Gesetzgebung.“252 Gestützt wird diese Annahme wesentlich darauf, daß das System der GKV die Leistungserbringer an einem sicheren, von Wettbewerb und Nachfrageschwankungen nur wenig beeinflußten Markt beteilige und sie auf diese Weise besonders begünstige. „Staatliche Regulierungen des Berufsrechts eröffnen insoweit die Beteiligung an dem umfassenden sozialen Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung, das aus Beiträgen der Versicherten finanziert wird, von dem auch die Leistungserbringer profitieren und für dessen Funktionsfähigkeit der Staat die Verantwortung trägt.“253 Zwar können Zweifel bestehen, ob auch pharmazeutische Unternehmen den Einwirkungen sozialstaatlicher Gesetzgebung in der vom BVerfG beschriebenen Weise unterliegen, denn diese sind, anders als die Mehrheit der Leistungserbringer, in der Festsetzung ihrer Vergütung – des Herstellerabgabepreises – weiterhin frei. Bei näherem Zusehen tritt aber für Arzneimittel, die zu Lasten der GKV abgegeben werden, an die Stelle auch dieser Freiheit die mittelbar wirkende Festbetragsregelung des § 35 SGB V, so daß die Hersteller von Arzneimitteln faktisch bei der Festsetzung des Herstellerabgabepreises in vielen Marktsegmenten nicht frei sind. Auch ihre Situation wird daher durch die Aussage des BVerfG zumindest treffend beschrieben. Auf die dargestellten Grundsätze der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Verhält-

bers“ habe sich von ihrer rechtfertigenden Grundlage, dem Prognosecharakter einer Entscheidung, weitgehend verselbständigt. 251 Typisch sind Ausführungen wie die folgende: „Die genannten Mittel waren und sind allesamt grundsätzlich geeignet, zur finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung beizutragen [. . .] Sie treffen unterschiedliche Personenkreise und haben unterschiedliche Folgen für die Volkswirtschaft. Die Auswahl solcher Maßnahmen obliegt dem Gesetzgeber, der bei der Erfüllung dieser komplexen Aufgabe einen besonders weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum hat.“ (BVerfGE 103, 172 (189) – Altersgrenze für Kassenärzte). 252 BVerfGE 68, 193 (220 f.); 103, 172 (185). 253 BVerfGE 70, 1 (31); 103, 172 (186).

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nismäßigkeit von Berufsausübungsregelungen im System der GKV wird im folgenden zurückzukommen sein. c) Eignung Schon an der Eignung des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V sind bald nach Einführung der Regelung durch das BSSichG Zweifel laut geworden. Vielfach wurde darauf hingewiesen, der Gesetzgeber habe seit 1977 die GKV durch über 50 größere Gesetze mit mehr als 7000 Einzelbestimmungen zu sanieren versucht, doch seien seine Bemühungen ohne dauerhaften Erfolg geblieben.254 Auch bei den Neuerungen des BSSichG und den strukturellen Reformen des GMG handele es sich um halbherzige Strukturveränderungen nach Art eines „Systemerhalts um jeden Preis“, mit deren Hilfe sich das Ziel der Beitragssatzstabilität nicht erreichen lasse.255 Schon die demographische Entwicklung in der Bundesrepublik schließe es unter den herrschenden Systembedingungen in der GKV aus, die Beitragssätze stabil zu halten.256 Aufgrund der Überalterung der Gesellschaft und der zunehmenden Morbidität seien die Menschen in wachsendem Maße auf hochwertigere Diagnose- und Therapieleistungen angewiesen, die wiederum zwangsläufig mit höheren Leistungsausgaben verbunden seien. Ebenso wie bei der Krankenhausbehandlung und der Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln hingen auch auf dem Gebiet der Arzneimittelversorgung die Kosten ganz überwiegend von der therapeutischen Notwendigkeit und damit der Nachfrage nach bestimmten Arzneimitteln ab. Komplexere Krankheitsbilder und längere Krankheitsverläufe erforderten dabei immer häufiger eine Therapie mit Hilfe forschungsintensiver und kostenträchtiger Arzneimittel. Auf diese – maßgeblichen – Faktoren hätten auch die pharmazeutischen Unternehmen keinen Einfluß, so daß die finanzielle Belastung durch den Herstellerabschlag die eigentlichen Ursachen des Ausgabenanstiegs verfehle.257 Obwohl diese Hinweise des Schrifttums auf Kostenfaktoren, die unvermeidlich auf das System der GKV einwirken und möglicherweise die Hauptursachen steigender Arzneimittelausgaben bilden, sachlich zutreffen mögen, läßt sich mit ihnen die Eignung des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V zur Stärkung

254 H. Sodan, NJW 2003, S. 1761; ders., NJW 2003, S. 2581 (2582); H. Posser/ R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (180); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (419). 255 F. Hufen, NJW 2004, S. 14 (18); H. Sodan, NJW 2003, S. 2581 ff.; H. Posser/ R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (180); ähnlich auch der Antrag von Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. zum GMG-Entwurf, BT-Drs. 15/1526, S. 4, sowie das Vorbringen der Antragsteller in BVerfGE 108, 45 (48). 256 Dazu F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (354); ders./P. Kostorz, ZAR 2002, S. 163 (168 ff.); F. Hufen, NJW 2004, S. 14 (18). 257 S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (419); F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (354).

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der Finanzgrundlagen der GKV nicht widerlegen. Dabei kann offen bleiben, ob schon die Tatsache, daß allen früheren Gesetzespaketen zur Reform der GKV ein dauerhafter Konsolidierungserfolg versagt geblieben ist, es zuläßt, aus der Ähnlichkeit des Maßnahmenkatalogs auch die Ungeeignetheit der Regelungen des BSSichG und des GMG herzuleiten. Denn jedenfalls ist eine Maßnahme nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung schon dann geeignet, wenn sich der angestrebte Zweck mit ihrer Hilfe fördern läßt;258 mit Sicherheit erreichen muß sie ihn nicht. Nach diesem Maßstab erweist sich der Herstellerrabatt als geeignet. Infolge der Regelung des § 130a SGB V ergeben sich – je nach der aktuellen Ausgestaltung des Abschlagssatzes – für das System der GKV jährliche Minderausgaben bei der Arzneimittelversorgung von mehreren Hundert Millionen Euro. Ein Ausweichverhalten der pharmazeutischen Unternehmen, durch das die Effektivität der Abschlagsregelung in Frage gestellt würde, wird vom Gesetzgeber häufig durch flankierende Preismoratorien verhindert, ist aber auch in Zeiträumen ohne Preisstopp oft kaum erkennbar.259 Unabhängig von der Entwicklung der Einnahmen und der Ausgaben in anderen Leistungsbereichen trägt der Herstellerabschlag also zu dem übergeordneten Gesetzesziel, die Finanzsituation der GKV durch Ausgabenkürzungen zu bessern, bei. Folgt man der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerfG zur Verhältnismäßigkeit kostendämpfender Berufsausübungsregelungen auf dem Gebiet der GKV, so kommt es für die Eignung der Maßnahme auch nicht darauf an, ob in anderen Leistungsbereichen größere Einsparpotentiale hätten erschlossen werden können.260 Der Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V ist somit geeignet im Sinne der Verhältnismäßigkeit. d) Erforderlichkeit aa) Konsolidierungsbeiträge der pharmazeutischen Industrie auf freiwilliger Basis Da der Gesetzgeber auch durch Arzneimittelabschläge auf eine aus seiner Sicht defizitäre Gemeinwohlverwirklichung durch Marktkräfte, mithin auf ein Markt„versagen“ reagiert, treten auch im Recht der GKV freiwillige Anstrengungen der Unternehmen als Alternative neben wirtschaftslenkende Regelun258

BVerfGE 30, 292 (316); 68, 193 (218); 81, 156 (192); st. Rspr. Bis zum Ablauf des Preismoratoriums gem. § 130a Abs. 2 SGB V zum 31. 12. 2004 war eine Umgehung der Abschlagsregelung durch Preiserhöhungen der betroffenen Arzneimittel ausgeschlossen. Die bereits zu Jahresbeginn 2005 erwarteten Preiserhöhungen zur Kompensation des Preisabschlags, welche die Eignung dieser Kostendämpfungsmaßnahme in Frage hätten stellen können, sind ausgeblieben, dazu nur T. Bellartz, Pharmazeutische Zeitung 4/2005, S. 10; D. Rücker, Pharmazeutische Zeitung 6/2005, S. 14. 260 BVerfGE 103, 172 (183 f.). 259

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gen. Unter den abgabenrechtlichen Lösungen stehen Steuersubventionen, denen man auch bereits im Recht der Stromeinspeisung begegnet ist,261 mehr im Vordergrund als Haushaltszuschüsse. (1) Rabattverträge mit Krankenkassen auf freiwilliger Basis Die Erforderlichkeit der Abschlagsregelung würde fehlen, wenn sich die Arzneimittelausgaben der GKV in dem durch § 130a SGB V angestrebten Umfang auch mit Hilfe anderer, die Berufsfreiheit der pharmazeutischen Unternehmen weniger belastender Handlungsmittel senken ließen. Wie bereits zur Förderung erneuerbarer Energien dargestellt, stellt es regelmäßig ein milderes Mittel im Sinne der Verhältnismäßigkeit dar, wenn Grundrechtsträgern die Möglichkeit eingeräumt wird, das vom Gesetzgeber definierte Ziel aufgrund freiwilliger Anstrengungen zu verwirklichen und ihnen damit insbesondere die Wahl der Vorgehensweise überlassen bleibt. Durch die Marktstruktur des Arzneimittelmarktes innerhalb der GKV wird als Handlungsmittel der Abschluß freiwilliger Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern besonders nahegelegt. Da die Zahl der Akteure sowohl auf Anbieter- als auch auf Abnehmerseite überschaubar ist, ließen sich beachtliche Ausgabensenkungen schon durch den Abschluß einer Reihe individueller Verträge zwischen Hersteller und Kasse erreichen, ohne daß es hierzu – wie auf dem komplexer strukturierten Elektrizitätsmarkt – der Vorzeichnung zulässiger Vertragsinhalte durch eine Verbändevereinbarung bedürfte.262 Allerdings hat bereits das Beispiel der Einspeisung von Energie aus regenerativer Erzeugung gezeigt, daß der quantitative Umfang finanzieller Förderung, der zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels bei wirtschaftslenkenden Maßnahmen notwendig sein kann, häufig die Bereitschaft privater Unternehmen zur Hinnahme von Gewinneinbußen übersteigt. Der Erlaß des StrEG 1991 folgte unmittelbar auf den gescheiterten Versuch, die Vorstellungen des Gesetzgebers von einer angemessenen Förderung erneuerbarer Energien im Wege einer Verbändevereinbarung zu verwirklichen.263 Bei der finanziellen Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung liegt es nicht anders. Einen deutlichen Beleg hierfür enthält das Gesetz. § 130a Abs. 8 S. 1 SGB V ermächtigt die Krankenkassen und ihre Verbände dazu, in Verträgen mit pharmazeutischen Unternehmen „zusätzlich“ zu den bereits gesetzlich angeordneten Preisabschlägen „Rabatte für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel“ zu vereinbaren. § 130a Abs. 8 S. 4 SGB V hebt nochmals 261

Siehe oben § 10 C II 1 d). Kritisch zu Verhandlungslösungen durch Vereinbarungen zwischen Verbänden im Arzneimittelrecht U. Becker, NZS 2003, S. 561 (566). 263 Siehe hierzu oben § 2 A II. 262

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hervor, daß solche Vereinbarungen die Abschläge nach den Absätzen 1, 3a und 3b nicht berühren. Der Gesetzgeber geht erkennbar davon aus, daß mit Einsparungen in dem von ihm für notwendig erachteten Ausmaß nicht zu rechnen ist, wenn die Gewährung von Rabatten ausschließlich der freiwilligen Initiative der Krankenkassen und der Arzneimittelhersteller überlassen wird. Abgesehen davon, daß diese Beurteilung sachlich zutreffen dürfte, nimmt sie jedenfalls an der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers darüber, mit welchen Mitteln er das von ihm definierte Gesetzesziel zu verwirklichen gedenkt, teil und kann deshalb nur im Falle offensichtlicher Fehlsamkeit beanstandet werden.264 Die Möglichkeit für Krankenkassen und Pharmaunternehmen, auch auf freiwilliger Basis Arzneimittelrabatte zu vereinbaren, bildet kein gleich wirksames Mittel im Sinne der Erforderlichkeit. (2) Selbstverpflichtungserklärungen der pharmazeutischen Industrie Eine Senkung der Arzneimittelausgaben der Krankenkassen, wie sie durch § 130a SGB V angestrebt wird, ließe sich grundsätzlich auch dadurch erreichen, daß sich die Unternehmen der pharmazeutischen Industrie auf Grundlage einer freiwilligen Selbstverpflichtung an der finanziellen Konsolidierung der GKV beteiligen. Allerdings ist im Zusammenhang mit der Erforderlichkeit der SER festgestellt worden, daß die Selbstverpflichtungserklärung eines Wirtschaftszweiges keine in jeder Hinsicht gleichwertige Alternative zu der Auferlegung gesetzlicher Finanzierungspflichten bildet, die geeignet wäre, deren Erforderlichkeit in Frage zu stellen.265 Die Bedenken an der Erfolgstauglichkeit, insbesondere der Durchsetzbarkeit kooperativer Absprachen zwischen Staat und Wirtschaft erfassen auch deren möglichen Einsatz im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Möglichkeit einer Selbstverpflichtung der Arzneimittelhersteller ist daher für die Erforderlichkeit des Herstellerabschlags nicht von Relevanz. Die Reform des öffentlichen Gesundheitswesens belegt zudem anschaulich, daß die im Zusammenhang mit Selbstverpflichtungen getroffenen Zusagen nicht nur von Seiten der Wirtschaft, sondern auch von Seiten des Staates gebrochen werden können. Als sich gegen Ende des Jahres 2001 abzeichnete, daß der Gesetzgeber zur Senkung der Arzneimittelausgaben der GKV eine Abschlagsregelung zu Lasten der Arzneimittelhersteller in das Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz 2002 aufnehmen würde,266 verpflichteten sich die forschenden 264

BVerfGE 25, 1 (17); 30, 292 (317); 81, 156 (192). Siehe hierzu bereits oben § 14 D III 1 c) aa) (2). 266 Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen sah in Art. 2 vor, daß die Herstellerabgabepreise für festbetragsfreie Arzneimittel in den Jahren 2002 und 2003 höchstens 96 Prozent des am 1. Juli 2002 erreichten Preisstandes betragen durften; die Hersteller hatten die Preise entsprechend zu senken, BT-Drs. 14/7144, S. 3 (zu Art. 2). 265

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Arzneimittelhersteller freiwillig zur Zahlung eines einmaligen „Solidarbeitrages“ in Höhe von 400 Millionen DM, der den Budgets der Krankenversicherungsträger zufließen sollte.267 Im Gegenzug stellte der Gesetzgeber in Aussicht, auf die Einführung eines Arzneimittelabschlags zu verzichten.268 Während die Pharmaunternehmen ihrer Verpflichtung wie vereinbart nachkamen, trat zwar das AABG 2002 ohne Regelungen zu einem Herstellerrabatt in Kraft, doch führte der Gesetzgeber kaum zwölf Monate später, zum 1. Januar 2003, durch das Beitragssatzsicherungsgesetz die Abschlagsregelung des § 130a Abs. 1 SGB V ein. Der Vorgang veranschaulicht, wie unsicher die Einhaltung von Zusagen, die im Rahmen informeller Absprachen zwischen der Regierung und kooperierenden Wirtschaftsverbänden getroffen werden, aus der Sicht beider Parteien sein kann; er läßt darüber hinaus Zweifel daran aufkommen, ob die deutsche Pharmawirtschaft in naher Zukunft freiwillig zu finanziellen Zuwendungen an die Träger der GKV bereit sein wird. bb) Abgabenrechtliche Lösungen (1) Ersetzung des Herstellerabschlags durch eine Sonderabgabe In Auseinandersetzung mit der Erforderlichkeit der SER ist die Möglichkeit, den bestehenden Fördermechanismus durch eine Sonderabgabe zu ersetzen, betrachtet worden. Auch für die Abschlagsregelungen des § 130a Abs. 1, 3b SGB V wäre zu überlegen, ob nicht der auf die Arzneimittelhersteller entfallende „Beitrag“269 zur finanziellen Konsolidierung der GKV durch abgabenrechtliche Handlungsmittel ersetzt werden könnte und ob dies möglicherweise unter Erforderlichkeitsgesichtspunkten sogar geboten ist. Zur SER hatte sich im Ergebnis gezeigt, daß bei einer solchen Alternative lediglich der Empfänger der Geldleistung ausgetauscht würde, zumal die Fördervolumina anstatt den Einspeisern regenerativ erzeugten Stroms einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zufließen würden. Ein zugunsten der in Anspruch genommenen EVU milderes Mittel läge in einer solchen Ersetzung des Leistungsempfängers nicht. Gleiches muß für Erwägungen gelten, den Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V zugunsten einer Sonderabgabe aufzuheben. Sofern man mit einer Ansicht in der Literatur die Rabattregelung bereits formell als Sonderabgabe be267

Hierzu S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409; U. Becker, NZS 2003, S. 561

(562). 268 Das AABG trat schließlich ohne Bestimmungen über einen Herstellerabschlag in Kraft, regelte dafür jedoch die Verteilung der Mittel aus der Einmalzahlung unter den Krankenversicherungsträgern, vgl. Gesetz zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz) vom 15. 2. 2002 (BGBl. I S. 684 (685)). 269 So die Begründung der Gesetzentwürfe zum GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 71.

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greift,270 stellt sich die Frage freilich nicht. Wie bereits dargestellt,271 überzeugt die Qualifikation des Preisabschlags als Abgabe, auch als Sonderabgabe, jedoch nicht. Zwar handelt es sich bei der Erstattungspflicht gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V nicht in derselben Weise, wie dies für die SER und den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld festgestellt wurde, um einen „horizontalen“ Finanztransfer. Bei diesen Regelungen wird ein finanzieller Vorteil von den Angehörigen der sonderbelasteten Gruppe unmittelbar den Mitgliedern der begünstigten Gruppe Privater zugewandt, bei denen er dauerhaft verbleibt. Die Geldleistungspflicht der Arzneimittelhersteller gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V hingegen besteht zwar unmittelbar gegenüber den Apotheken als privaten Unternehmen, doch werden diesen nur Kosten erstattet, die ihnen zuvor aus der Gewährung der Abschläge gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen entstanden sind. Bei wirtschaftlicher Betrachtung richtet sich der Finanzfluß auf die öffentlich-rechtlichen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, verläuft also gerade nicht „horizontal“. Dennoch läßt sich der Herstellerabschlag nicht als Abgabe qualifizieren. Zwar wird die Erstattungspflicht den Pharmaunternehmen zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe auferlegt, doch bewirkt sie – betrachtet man den Gesamtverlauf des Finanztransfers von den Arzneimittelherstellern zu den Krankenkassen – auf Seiten des Begünstigten schon keinen positiven Zufluß von Geldmitteln. Den Krankenkassen bleiben lediglich Mehrausgaben bei der Kostenerstattung von Arzneimitteln erspart, ihnen fließen jedoch keine zusätzlichen Geldmittel zu. Zwar bleibt dies bei einer materiellen, wirtschaftlichen Betrachtung für die finanzielle Belastung der Pharmahersteller ebenso wie für die Vermögensmehrung auf Seiten der Kassen ohne Bedeutung; den formellen Voraussetzungen des Abgabenbegriffs entspricht der Vermögenstransfer jedoch nicht.272 Aber auch dann, wenn die Erstattungspflicht durch eine Sonderabgabe ersetzt würde, ginge hiermit lediglich ein Austausch der Adressaten einher. Zweckmäßigerweise würde eine solche Sonderabgabe von den Arzneimittelherstellern bundesweit als prozentualer Anteil am Umsatz der betroffenen Fertigarzneimittel erhoben und einem Sonderfonds zugeleitet, aus dem das Aufkommen nach

270 F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (351); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (416); anders H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (181) sowie H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 37, die von Wirkungsgleichheit ausgehen. 271 Siehe oben § 1 E II. 272 Darüber hinaus wäre es für eine Sonderabgabe zumindest äußerst untypisch, daß das Abgabenaufkommen weder dem allgemeinen Staatshaushalt des Bundes oder eines Landes noch einem zu seiner Verwaltung gebildeten Sonderfonds zufließt. Der durch den Rabatt bedingte Vermögenszuwachs entsteht aber jeweils einzelfallabhängig bei der Krankenkasse, zu deren Lasten das abschlagsgebundene Arzneimittel abgegeben wird. Das „Aufkommen“ der Abschlagsregelung würde also gleichsam „verstreut“ erzielt.

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einem belastungsgerechten Verteilungsschlüssel auf die Krankenkassen zu verteilen wäre. Es würden also lediglich die Krankenkassen als unmittelbare Empfänger der Finanzvolumina durch den Sonderfonds ersetzt. Bei gleichbleibendem Einsparvolumen wäre hiermit keine mildere Belastung der Arzneimittelhersteller verbunden. (2) Finanzierung der GKV und das „Argument der Lastenverlagerung“ Deutlich weniger Aufmerksamkeit als in der Debatte um die Verhältnismäßigkeit der SER findet in der Diskussion um den Herstellerabschlag die Alternative steuerfinanzierter öffentlicher Zuschüsse zur Konsolidierung der GKV. Insbesondere das Argument, die Erforderlichkeit der finanziellen Sonderbelastung einer einzelnen Gruppe lasse sich nicht mit der Möglichkeit der Lastenverlagerung auf die öffentlichen Haushalte bestreiten – in der Debatte um die Erforderlichkeit der SER nahezu allgegenwärtig –, wird für die Verhältnismäßigkeit des Herstellerabschlags nicht angeführt. Auch soweit das BVerfG bislang Preisabschlagsregelungen für Arzneimittel im Recht der GKV auf ihre Verhältnismäßigkeit untersucht hat, findet sich ein solcher Hinweis nicht.273 Dieser Unterschied zur Auseinandersetzung um die Erforderlichkeit der SER läßt sich durch mehrere Besonderheiten des Rechts der GKV erklären. Zum einen bestehen Vergütungsregelungen zum Zwecke der Kostendämpfung in jeweils spezifischer Form für nahezu alle Gruppen von Leistungserbringern innerhalb der GKV. Anders als etwa im Recht der erneuerbaren Energien wird also nicht eine einzelne Gruppe von Unternehmen zur Finanzierung der Gemeinwohlaufgabe herangezogen, vielmehr wird eine ganze Reihe von Berufsgruppen im Interesse der finanziellen Konsolidierung der GKV zur Hinnahme vergütungsbegrenzender Maßnahmen verpflichtet. Hierdurch tritt zwangsläufig in den Hintergrund, daß es sich bei der finanziellen Inanspruchnahme nichtsdestotrotz um eine Sonderbelastung handelt, da die Finanzierungsverantwortung für Gemeinwohlbelange grundsätzlich beim Staat und damit bei der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen liegt. Unterstützt wird diese Sichtweise durch die geschilderte Sonderrechtsprechung des BVerfG zu Berufsausübungsregelungen im Recht der GKV, welche die Erforderlichkeitsprüfung auch im Verhältnis zwischen Einsparmaßnahmen zu Lasten verschiedener Berufsgruppen weit zurücknimmt und dadurch den Eindruck vermittelt, zur Stärkung der Finanzgrundlagen der GKV komme praktisch nur die Inanspruchnahme der Leistungserbringer in Betracht. Daneben muß davon ausgegangen werden, daß die Alternative einer staatlichen Subventionierung der Finanzgrundlagen der GKV als Argumentations273 Vgl. BVerfG (Kammerentscheidung), DVBl. 1991, 205; BVerfG (Kammerentscheidung), NJW 2000, 1781; BVerfG, NVwZ 2006, 191 (197 ff.) – Beitragssatzsicherungsgesetz.

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topos auch deshalb nicht explizit in die Verhältnismäßigkeitsprüfung von Vergütungsregelungen im Gesundheitswesen eingeführt wird, um eine Art „Dominoeffekt“ zu vermeiden. Denn würde der finanziellen Sonderbelastung einer Berufsgruppe unter Hinweis auf deren fehlende Finanzierungsverantwortlichkeit für die Sanierung der GKV die Erforderlichkeit abgesprochen und der bislang von dieser Gruppe erbrachte Konsolidierungsbeitrag dem Staat zugewiesen, so stünde mit einem Mal auch die Erforderlichkeit der vermögensbelastenden Berufsausübungsregelungen zu Lasten einer Vielzahl anderer Berufszweige in Frage. Zum anderen unterscheidet sich das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung von anderen Rechtsgebieten, in denen abgabenäquivalente Preisregelungen Einsatz finden, auch darin, daß die staatliche Finanzierungsverantwortung für den Gemeinwohlzweck in der Verfassung ausdrücklich erwähnt ist. Gemäß Art. 120 Abs. 1 S. 4 GG trägt der Bund die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung.274 Zwar ist die Bestimmung nach ihrer Funktion primär eine Kostentragungsregel, die abweichend von Art. 104a Abs. 1 GG die Finanzierungsverantwortung für die Lasten der GKV im Verhältnis von Bund und Ländern regelt.275 Doch ergibt sich aus ihr zugleich, daß die finanzielle Stabilität der Sozialversicherungssysteme, auch der gesetzlichen Krankenversicherung, einen Belang des gemeinen Wohls darstellt, für den die öffentliche Hand – genauer: der Bund – grundsätzlich die Finanzierungsverantwortung trägt. Erweist sich die finanzielle Sonderbelastung einer Gruppe privater Unternehmen zur Konsolidierung der GKV aus irgendeinem Grund als verfassungswidrig, so folgt – anders als für Zwangsvergütungen in anderen Rechtsgebieten – gewissermaßen von selbst, daß die sich daraus ergebenden Konsolidierungsdefizite, sofern sie nicht durch andere Einsparmaßnahmen oder durch eine Erhöhung der Beitragssätze aufgefangen werden, letztlich vom Bund zu tragen sind.276 Die beiden genannten Besonderheiten der finanziellen Sonderbelastung privater Gruppen im Recht der GKV stehen zueinander auch nicht in Widerspruch. Gerade weil die staatliche Einstandspflicht für die Finanzen dieses Sozialversicherungssystems von der Verfassung in Art. 120 Abs. 1 S. 4 GG vorgegeben wird, 274 Anders als durch die Systematik des Art. 120 Abs. 1 GG nahegelegt müssen die Lasten der Sozialversicherung in keinem Zusammenhang zu Kriegsfolgelasten stehen, H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Kommentar, Art. 120 Rn. 7; G. Lübbe-Wolff, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 120 Rn. 16. 275 BVerfGE 14, 221 (235); S. Muckel, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 120 Rn. 39 ff.; G. Lübbe-Wolff, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. III, Art. 120 Rn. 16. 276 Die Einstandspflicht des Bundes aktualisiert sich nach überwiegender Ansicht allerdings erst dann, wenn ein bestimmter Versicherungsträger in eine existenzbedrohende wirtschaftliche Notlage geraten ist und zur Aufrechterhaltung seiner Handlungsfähigkeit finanzieller Zuwendungen bedarf, vgl. BSGE 34, 177 (179); 47, 148 (153 ff.); F. Kirchhof, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 93 Rn. 41; H. Reiter, Soziallast als Steuerlast, in: FS f. Franz Klein, 1994, S. 1101 (1106 f.).

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kann die Rechtsanwendung darauf bedacht sein, diese Einstandspflicht bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung grundrechtsbeeinträchtigender Einsparmaßnahmen nicht in den Vordergrund zu stellen. Zu dem Argument, an der Erforderlichkeit einer finanziellen Sonderbelastung Privater fehle es auch dann nicht, wenn die Gemeinwohlaufgabe durch öffentliche Zuschüsse finanziert werden kann, soll an dieser Stelle nicht Stellung genommen werden, da sich eine eingehende und übergreifende Auseinandersetzung mit ihm nach Betrachtung der Verhältnismäßigkeit aller Referenzregelungen anbietet. Folgt man dieser Sichtweise jedoch, so läßt sich die Erforderlichkeit des Herstellerabschlags nicht angesichts der Möglichkeit einer direkten Bezuschussung der GKV aus Bundesmitteln in entsprechender Höhe ablehnen. (3) Ermäßigung der Umsatzsteuerbelastung von Arzneimitteln Schließlich wird die Erforderlichkeit des Herstellerabschlages im Schrifttum noch unter einem anderen Gesichtspunkt bezweifelt. Es wird geltend gemacht, die Belastung der pharmazeutischen Unternehmen mit der Rabattregelung sei nicht gerechtfertigt, solange Arzneimittel in Deutschland weiterhin in vollem Umfang mit Umsatzsteuer belastet würden. Zutreffend wird darauf hingewiesen, Deutschland gehöre zu den wenigen verbleibenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union, in denen Arzneimittel nicht von der Umsatzsteuer ausgenommen oder zumindest einem deutlich ermäßigten Steuersatz unterworfen werden.277 Die Forderung nach einer Umsatzsteuerermäßigung für Arzneimittel wird in der Diskussion um die finanzielle Entlastung der GKV bereits seit längerem erhoben. In seinem Gutachten zur Steigerung der Effizienz und Effektivität der Arzneimittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung aus dem Jahr 2001 hatte sich auch der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen dafür ausgesprochen, dem Beispiel der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten zu folgen und Arzneimittel in Zukunft nicht mehr in vollem Maße mit Umsatzsteuer zu belasten.278 Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens, welches zum Erlaß des GMG führte, wurde als Reaktion auf den Fraktionsentwurf auch im Deutschen Bundestag der Ruf laut, die Pharmaindustrie nicht weiter mit Preisabschlägen zu belasten und statt dessen die Umsatzsteuer auf Arz277 Gegenwärtig verzichten etwa Großbritannien und Schweden ganz auf eine Umsatzsteuerbelastung verschreibungspflichtiger Arzneimittel, in der Mehrheit der EUMitgliedstaaten gelten für Arzneimittel unabhängig von ihrer Verschreibungspflichtigkeit ermäßigte Steuersätze. Österreich, Dänemark und Deutschland erheben den regulären Steuersatz, vgl. Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. (Hrsg.), Pharma-Daten 2005, S. 28 f.; S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (419). 278 Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Effektivität der Arzneimittelversorgung, Addendum zum Gutachten 2000/2001, S. 67 Rz. 61.

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neimittel zu ermäßigen.279 Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit gehen bei einem Steuersatz von sieben statt bislang 16 Prozent für Arzneimittel von einem jährlichen Einsparvolumen zugunsten der GKV von rund zwei Mrd. Euro aus, einem Wert, der die Einsparungen aufgrund des Herstellerabschlags gem. § 130a Abs. 1 SGB V von sechs Prozent des Herstellerabgabepreises um etwa das Vierfache übertrifft.280 Nebenbei besteht hierin eine weitere Parallele zur Rechtsentwicklung bei der Stromeinspeisung aus regenerativen Energien: Noch kurz vor Einführung der ersten „subventionierenden“ Einspeisungsregelung durch das StrEG 1991 war im Bundestag eine Preisintervention aus ordnungspolitischen Gründen überwiegend abgelehnt und statt dessen eine verstärkte Förderung durch Steuersubventionen befürwortet worden.281 Allerdings sieht sich die Gewährung von Steuererleichterungen als Alternative zur Preisabschlagsregelung gem. § 130a SGB V den gleichen Bedenken ausgesetzt wie eine alternative Förderung durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln. Unterstellt man die Richtigkeit des Lastenverlagerungsarguments, wie es gegen die Alternative staatlicher Direktsubventionierung vorgebracht wird, so scheiden auch Steuersubventionen als milderes Mittel im Sinne der Erforderlichkeit aus. Setzt man die Belastung der öffentlichen Haushalte infolge staatlicher Zuschüsse an die GKV mit Grundrechtseingriffen bei der Erzielung von Staatseinnahmen gleich und leitet hieraus ab, es handele sich bei der Finanzierung aus Haushaltsmitteln nicht um ein milderes Mittel, so muß Gleiches folgerichtigerweise auch dann gelten, wenn die öffentlichen Haushalte nicht durch Mehrausgaben, sondern durch Mindereinnahmen, wie sie mit Steuersubventionen einhergehen, belastet werden. cc) Ergebnis: Erforderlichkeit des Herstellerabschlags Zusammenfassend ergibt sich, daß die betrachteten Alternativen zum Einsatz einer abgabenähnlichen Preisregelung zu Lasten der Arzneimittelhersteller entweder nicht von gleicher Wirksamkeit sind oder keine milderen Mittel darstellen; der Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V ist also zur Erreichung des Gesetzesziels erforderlich.

279 Antrag von Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. zum GMG-Entwrf, BTDrs. 15/1526, S. 3, 5. 280 G. Glaeske u. a., Stärkung des Wettbewerbs in der Arzneimittelversorgung, 2003, S. 178 (zugrunde gelegt wird der GKV-Arzneimittelumsatz des Jahres 2002); die Gesetzesbegründung zum BSSichG geht demgegenüber für denselben Zeitraum von Einsparungen von ca. 420 Mio. Euro aus, BT-Drs. 15/28, S. 16. 281 Dazu der Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und F.D.P., BT-Drs. 11/7169, S. 3, sowie der Antrag der Fraktion Die Grünen, BT-Drs. 11/4048, S. 2 f., 5.

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e) Angemessenheit aa) Grundsätze der Abwägung und abwägungsrelevante Rechtsgüter Der Herstellerabschlag ist angemessen, wenn die Gewinneinbußen der pharmazeutischen Unternehmen nicht außer Verhältnis zu dem Gesetzeszweck, die Finanzgrundlagen der GKV zu stärken, steht. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung einerseits und dem Gewicht des Gemeinschaftsinteresses sowie der Dringlichkeit seiner Verwirklichung andererseits müßten die Grenzen der Zumutbarkeit noch gewahrt sein.282 Das in die Abwägung einzustellende Gemeinschaftsinteresse der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung, dem die gesetzliche Regelung dient, bildet nach dem BVerfG eine Gemeinwohlaufgabe von überragendem Gewicht, der sich der Gesetzgeber nicht einmal entziehen dürfe.283 Es ist geeignet, selbst Beeinträchtigungen der Berufswahlfreiheit anhand objektiver Kriterien zu rechtfertigen und verdient daher im Rahmen der Gesamtabwägung besondere Beachtung.284 Ebenfalls für die Angemessenheit einer Regelung streitet die Dringlichkeit der Aufgabe, die mit ihrer Hilfe wahrgenommen werden soll.285 Der Gesetzesbegründung zum BSSichG zufolge diente die Einführung des Herstellerabschlags einer „sofortigen Senkung“ der Arzneimittelausgaben und damit der schnellstmöglichen finanziellen Entlastung der GKV; der Gesetzgeber hebt hervor, kurzfristig wirksame Maßnahmen seien zur Stärkung der Finanzen dieses Sozialversicherungssystems „unverzichtbar“ gewesen.286 Ähnlich wie schon zu der Zwangsvergütung gem. §§ 4 ff., 14 EEG ausgeführt, verbleibt die ebenfalls abwägungsrelevante Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung durch den Herstellerabschlag gering. Denn auch hier wirkt es sich aus, daß die betroffenen Grundrechtsträger Unternehmen sind, deren Freiheit durch die Auferlegung einer Geldleistungspflicht beschränkt wird. Je weiter sich die Grundrechtsbeeinträchtigung mit zunehmender Größe und Komplexität des Unternehmens vom „personalen Kern“ der Berufsfreiheit entfernt, um so geringer wird das ihr im Rahmen der Abwägung zuzumessende Gewicht.287 282 Zum Maßstab der Angemessenheit an Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit BVerfGE 30, 292 (316); 68, 193 (219); 83, 1 (19); M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Rn. 49; P. Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (124); J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 121. 283 BVerfGE 68, 193 (218) – Zahntechniker-Innungen; 70, 1 (26, 30) – Orthopädietechniker-Innungen; 82, 209 (230) – Krankenhausfinanzierung; 103, 172 (184) – Altersgrenze für Kassenärzte. 284 BVerfGE 103, 172 (184) – Altersgrenze für Kassenärzte. 285 BVerfGE 30, 292 (316); 68, 193 (219); 70, 1 (30); 83, 1 (19). 286 BT-Drs. 15/28, S. 1, 11.

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Daß die Freiheitsbeschränkung in Gestalt einer Geldleistungspflicht und damit einer bloß mittelbaren Beeinträchtigung der Berufsfreiheit eintritt, läßt ihre Intensität nach den Grundsätzen der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung abermals gering erscheinen. Schließlich setzt der Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V als Berufsausübungsregelung auf der Stufe der geringsten Eingriffsintensität an, zu deren Rechtfertigung es genügt, daß die Grundrechtsbeeinträchtigung sich zur Umsetzung vernünftiger Erwägungen des Gemeinwohls als zweckmäßig darstellt. Auf den Ausgang der Abwägung ist es dann um so mehr von Einfluß, wenn dem Eingriff an Stelle einer solchen Gemeinwohlerwägung ein – in ständiger Rechtsprechung anerkanntes – Gemeinschaftsgut von überragendem Gewicht gegenübersteht. Betrachtet man allein die Form des Eingriffs, so ist dessen Intensität somit aus den gleichen Gründen wie bei der SER als gering zu beurteilen. Auch der Herstellerabschlag setzt an der sensibelsten, weil abwehrschwächsten Stelle im Schutzgehalt der Berufsfreiheit an. Die Angemessenheit der Maßnahme beurteilt sich jedoch neben der Form des Eingriffs auch nach dessen Umständen und Wirkungen, auch diese beeinflussen die Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung. Solche weiteren Faktoren der Eingriffsintensität sind insbesondere die Ausgestaltung der beeinträchtigenden Regelung, im Falle einer Geldleistungspflicht deren Höhe sowie die Dauer der Belastung. bb) Ausgestaltung der Abschlagsregelung Mit Blick auf die Angemessenheit der Regelung des § 130a Abs. 1, 3b SGB V ist anzuerkennen, daß der Gesetzgeber für den Abschlag zu Lasten der Arzneimittelhersteller eine Regelungstechnik gewählt hat, die dem Verhältnis von Freiheitsbeschränkung und verfolgtem Gemeinwohlzweck Rechnung trägt. Denn die Ausgestaltung des Herstellerabschlags als Erstattungspflicht an die – ihrerseits einen Abschlag zugunsten der Kassen gewährenden – Apotheken stellt sicher, daß der Herstellerabgabepreis bei wirtschaftlicher Betrachtung nur für solche Arzneimittel gemindert wird, die auch tatsächlich zu Lasten der Krankenkassen abgegeben werden. Mit der Konstruktion des § 130a SGB V als Erstattungsregelung zieht der Gesetzgeber eine Konsequenz aus der verfassungsgerichtlichen Beurteilung früherer Preisabschlagsregelungen. So hatte die erste im gesamten Bundesgebiet geltende Preisabschlagsregelung in Art. 30 Gesundheitsstrukturgesetz 1993288 noch angeordnet, die Herstellerabgabepreise apothekenpflichtiger Fertigarzneimittel betrügen in den Jahren 1993 und 1994 287

Siehe hierzu oben § 14 D III 1 d) cc). Vgl. Art. 30 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21. 12. 1992 (BGBl. I S. 2266 (2330)). 288

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höchstens 95 bzw. 98 Prozent des am 1. Mai 1992 erreichten Preisstandes. Der Gesetzgeber hatte damit im Interesse geringerer Arzneimittelkosten der GKV Preisabschläge unabhängig davon vorgesehen, ob ein Arzneimittel tatsächlich zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben wurde oder nicht. Das BVerfG hatte diese Regelung beanstandet und ausgeführt, der Gesetzgeber dürfe auch unter Berücksichtigung der ihm im Bereich von Berufsausübungsregelungen verfassungsrechtlich gestatteten generalisierenden Betrachtungsweise289 nicht die Preise solcher Arzneimittel schematisch einem Abschlag unterwerfen, die nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften nicht, nur ausnahmsweise oder nur zu einem verhältnismäßig geringen Prozentsatz zu Lasten der GKV verordnet werden könnten. Da ihre Abgabe durch die Apotheken die Haushalte der gesetzlichen Krankenkassen nicht oder nur geringfügig belaste, stehe ihre generelle Einbeziehung in den Preisabschlag und das daran anknüpfende Preismoratorium außer Verhältnis zu dem Zweck, die GKV von Arzneimittelkosten zu entlasten. Soweit die Regelung in ihrer Wirkung über den Zweck hinausgreife, bewirke sie nur eine Entlastung der Verbraucher allgemein, nicht aber der GKV. Das BVerfG gab dem Gesetzgeber zu, die Ausgestaltung eines Preisabschlags als sog. Rabattmodell – wie es für § 130a SGB V sodann gewählt wurde – laufe auf ein gespaltenes Preissystem für gesetzlich und anderweitig Krankenversicherte hinaus und sei deshalb mit einem besonderen Aufwand verbunden.290 Infolgedessen dürfe der Gesetzgeber einen Preisabschlag im Wege zulässiger Typisierung auch an generelle Kriterien wie die Apothekenpflichtigkeit eines Arzneimittels knüpfen, allerdings müßten sich diese typisierenden Regelungen für die betroffenen Hersteller im Rahmen des Zumutbaren halten,291 woran es in diesem Fall fehle. Auf diese Rechtsprechung reagierte der Gesetzgeber sogleich, indem er in die ursprünglich für das Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz 2002 vorgesehene Abschlagsregelung eine Ausnahmeklausel aufnahm, nach der pharmazeutische Unternehmen von dem Abschlag befreit werden konnten, wenn sie nachwiesen, daß der überwiegende Umsatz eines Arzneimittels nicht auf Verordnungen zu Lasten der GKV beruht. Das Erstattungsmodell, das der Gesetzgeber für § 130a SGB V von vornherein gewählt hat, ist zwar mit größerem Aufwand für die Apotheken verbunden, welche die Rabattgewährung abzuwickeln haben, richtet dafür aber die finanzielle Belastung der Arzneimittelhersteller enger am Zweck der Kostenersparnis zugunsten der GKV aus. Es verwirklicht darin das Verhält289 BVerfG (Kammerentscheidung) NJW 2000, 1781 f., unter Verweis auf BVerfGE 30, 292 (316 f.); 68, 193 (219). 290 BVerfG (Kammerentscheidung) NJW 2000, 1781 (1782). 291 BVerfG, a. a. O., S. 1782, unter Hinweis auf BVerfG (Kammerentscheidung) DVBl. 1991, 205 f. (Dort hatte das BVerfG eine generelle, nicht nach Abgabe zu Lasten der GKV und sonstiger Abgabe an Patienten differenzierende Abschlagsregelung als von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers umfaßt angesehen).

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nismäßigkeitsprinzip in weitaus höherem Maße als generelle Preisabschlagsregelungen. Insofern besteht eine Parallele zu den Vergütungsmodalitäten der SER. Bei dieser stellt das sog. Ausschließlichkeitsprinzip des § 5 Abs. 1 S. 1 EEG sicher, daß erhöhte Vergütungen nur für Strom aus „rein“ regenerativer Erzeugung gezahlt werden. Daneben richten §§ 6 bis 11 EEG die Höhe der Einspeisevergütung nahe am gesetzlichen Förderzweck aus, indem sie Mitnahmeeffekte und Überkompensationen vermeiden.292 Im Rahmen des § 130a SGB V ist das Anliegen, Fehlsteuerungen bei der Förderung zu vermeiden, durch die Wahl des Erstattungsmodells umgesetzt, mit dem eine Entlastung von Arzneimitteln, die nicht zu Lasten der GKV abgegeben werden, ausgeschlossen wird. cc) Höhe und Dauer der finanziellen Belastung Für die Bestimmung der Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung erlangt im Falle einer Geldleistungspflicht insbesondere deren Höhe Bedeutung. Auch nach der wenig restriktiven Judikatur des BVerfG zu berufsausübungsregelnden Kostendämpfungsmaßnehmen im System der GKV hängt die Angemessenheit maßgeblich von der konkreten Betroffenheit der Mitglieder der jeweiligen Berufsgruppe ab.293 Allerdings ist für die in der Verhältnismäßigkeitsprüfung primär maßgebliche Zweck-Mittel-Relation grundsätzlich nicht die absolute Höhe der finanziellen Belastung, sondern ihr Verhältnis zu dem Gemeinschaftszweck, dem die Maßnahme dient, entscheidend. Soeben wurde festgestellt, daß der Herstellerabschlag streng am Konsolidierungszweck der Regelung orientiert ist, insbesondere keine Arzneimittel fördert, die nicht zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen abgegeben werden. Auch für den Herstellerrabatt gilt, daß das Übermaßverbot Berufsausübungsregelungen, deren Belastungsintensität nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der verfolgten Gemeinschaftsinteressen steht, kaum absolute Grenzen zieht. Auch insoweit ergibt sich lediglich als äußerste Grenze aus dem Gedanken individueller Unzumutbarkeit, daß durch die bewirkten Umsatzeinbußen nicht die wirtschaftliche Existenz der Arzneimittelhersteller in Frage gestellt werden darf.294 Dabei ist nicht auf die Intensität, mit der ein einzelnes Pharmaunternehmen unter Umständen belastet wird, abzustellen, viel292

Siehe hierzu oben § 14 D III 1 d) dd) (1). In BVerfGE 103, 172 (183) – Altersgrenze für Kassenärzte – erklärt das Gericht, das Verhältnis von Eingriffszweck und Eingriffsintensität richte sich nach dem Maß der jeweiligen „individuellen“ Betroffenheit; diese Aussage muß dahin verstanden werden, es sei im Falle von Maßnahmen, die sich an unterschiedliche Berufsgruppen wenden und deren Angehörige in verschiedenen Grundrechtspositionen betreffen, auf die Betroffenheit der jeweiligen Berufsgruppe abzustellen. Andernfalls stände die Aussage in Widerspruch zu der etablierten Rspr. des Gerichts, wonach die Verhältnismäßigkeit einer Berufsausübungsregelung im Wege einer generalisierenden Betrachtung des Wirtschaftszweigs insgesamt zu beurteilen ist, dazu BVerfGE 30, 292 (316 f.); 68, 193 (219). 293

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mehr ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, die den betroffenen Wirtschaftszweig insgesamt in den Blick nimmt.295 Diese Belastungsgrenze überschreitet der Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V nicht. In Auseinandersetzung mit dem Eilantrag einiger Arzneimittelhersteller gegen die Einführung der Abschlagsregelung des § 130a Abs. 1 SGB V hatte das BVerfG erklärt, die finanzielle Belastung der Unternehmen wiege nicht sehr schwer, gemessen an ihrem Umsatz im Rahmen der GKV erlitten die pharmazeutischen Unternehmen „lediglich geringfügige finanzielle Einbußen.“296 Insbesondere hatte das Gericht auf der Basis der von den Beschwerdeführern vorgelegten Zahlen dargelegt, auch bei einem unterstellten Gewinneinbruch von fast 40 Prozent könne noch eine nennenswerte Rendite erzielt werden.297 Eine Existenzgefährdung der Unternehmen lasse sich aus den Gewinneinbußen, die der Preisabschlag verursache, nicht ableiten. An dieser Einschätzung hat das BVerfG auch in seiner Entscheidung über die Normenkontrollanträge zweier Landesregierungen festgehalten, wobei es die Entwicklung der Belastungswirkung von § 130a Abs. 1 SGB V bis zum September 2005 berücksichtigen konnte.298 Die Einführung des ergänzenden Abschlages nach § 130a Abs. 3b SGB V zum 1. April 2006 dürfte an dieser Beurteilung nichts ändern, da der Gesetzgeber mit dieser Regelung darauf ausgeht, die Umsatzeinbußen, die den Pharmaunternehmen durch das Verbot von Naturalrabatten an die Apotheken künftig nicht mehr entstehen können, in Minderausgaben der GKV zu verwandeln.299 Neben der absoluten Höhe des Rabattzwangs ist auch die Dauer seiner Geltung bei der Beurteilung der Angemessenheit zu berücksichtigen. Der seit dem 1. Januar 2003 geltende Herstellerabschlag gem. § 130a Abs. 1 SGB V unterscheidet sich von allen bislang auferlegten Abschlagsregelungen zu Lasten pharmazeutischer Unternehmen darin, daß er unbefristet gilt.300 Das BVerfG hat 294 Zu dieser Angemessenheitsgrenze der Belastung durch Arzneimittelrabatte U. Becker, NZS 2003, S. 561 (567); BVerfGE 108, 45 (51); BVerfG, NVwZ 2006, 191 (198) – Beitragssatzsicherungsgesetz. 295 Vgl. BVerfGE 30, 292 (316 f.); 68, 193 (219). 296 BVerfGE 108, 45 (50 f.). 297 BVerfG, ebd. 298 BVerfG, NVwZ 2006, 191 (198) – Beitragssatzsicherungsgesetz. 299 Entwurfsbegründung des AVWG zur Einführung von § 130a Abs. 3b SGB V, BT-Drs. 16/194, S. 10. 300 Die Abschlagsregelung gem. § 311 Abs. 1b SGB V (a. F.), die im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung der Sicherung der finanziellen Stabilität der Krankenkassen im Beitrittsgebiet diente, war auf drei Jahre befristet, dazu BVerfG (Kammerentscheidung) DVBl. 1991, 205 f.; der durch Art. 30 des Gesundheitsstrukturgesetz 1993 eingeführte (Art. 30 Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. 12. 1992, BGBl. I S. 2266 (2330)) sowie der ursprünglich in Art. 2 Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz (Fraktionsentwurf zum AABG, BT-Drs. 14/7144, S. 3) vorgesehene Preisabschlag waren jeweils auf zwei Jahre begrenzt.

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zu einem inzwischen aufgehobenen, ausdrücklich auf drei Jahre befristeten Herstellerabschlag erklärt, die Dauer der Regelung sei „immerhin beträchtlich und nicht nur kurzfristig.“301 Auch die Verhältnismäßigkeit von Vergütungsregelungen in anderen Bereichen der GKV als dem Arzneimittelrecht hat das Gericht stets unter ausdrücklicher Berücksichtigung der Dauer der belastenden Maßnahme beurteilt.302 Es stellt sich daher die Frage, ob die Belastung der Hersteller mit dem Preisabschlag gem. § 130a Abs. 1 SGB V – und Gleiches hätte für § 130a Abs. 3b SGB V zu gelten – schon mangels einer förmlichen Befristung, die den Unternehmen Planungssicherheit gibt und ihnen gestattet, sich strategisch auf das Ende der Preisregulierung einzustellen, unangemessen ist.303 Als Ausgangspunkt kann dienen, daß der Gesetzgeber durch die Bestimmung des § 130a Abs. 4 SGB V einen gewissen Schutz der Grundrechtsträger vor einer nach Dauer und Intensität übermäßigen Belastung mit dem Zwangsrabatt vorgesehen hat. Hiernach ist das Bundesministerium für Gesundheit verpflichtet, die Erforderlichkeit der Abschläge gem. § 130a Abs. 1, 3a und 3b SGB V „mindestens einmal jährlich“304 zu überprüfen und diese aufzuheben oder zu verringern, wenn und soweit diese nach der gesamtwirtschaftlichen Lage, einschließlich ihrer Auswirkung auf die GKV, nicht mehr gerechtfertigt sind. Wenngleich die Arzneimittelhersteller doch grundsätzlich damit rechnen können, daß das BMG der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung zur Überprüfung der Erforderlichkeit der Preisregelungen nachkommt, so bleibt dieser Schutz doch hinter demjenigen einer förmlichen Befristung zurück. Insbesondere wird das Ende der Belastung für die betroffenen Unternehmen nicht voraussehbar, so daß sie keine Planungssicherheit gewinnen. Andererseits trägt auch die Befristung einer Abschlagsregelung solange nicht zu deren Verhältnismäßigkeit bei, wie die betroffenen Unternehmen sich nicht darauf verlassen können, daß das Verstreichen der Frist auch tatsächlich das Ende der Grundrechtsbeeinträchtigung mit sich bringt. Müssen die Freiheitsberechtigten damit rechnen, die belastende Regelung werde nach Ablauf der Frist verlängert – woran der Gesetzgeber nicht gehindert ist –, so steht eine befristete Abschlagsregelung einer unbefristeten, aber mit einem Überprüfungsauftrag versehenen Regelung in der Belastungswirkung nicht nach. Entscheidend ist letztlich, daß ein allgemeiner 301

BVerfG (Kammerentscheidung), DVBl. 1991, 205 (206). Vgl. BVerfG 68, 193 (219); 70, 1 (27 f.); dazu auch H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 26. 303 Hierzu auch U. Becker, NZS 2003, S. 561 (567); H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 26. 304 Die Überprüfung hat nach Maßgabe des Art. 4 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. 12. 1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme zu erfolgen; Art. 4 Abs. 1 der RL verpflichtet die Mitgliedstaaten „mindestens einmal jährlich“ zur Überprüfung der Preisregelung. 302

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Grundsatz der Unverhältnismäßigkeit von Vergütungsregelungen, die unbefristet gelten oder eine Dauer von drei bis vier Jahren überschreiten, nicht besteht. Es kann daher festgehalten werden, daß die unbefristete Geltung den Herstellerabschlag zwar trotz der Überprüfungsverpflichtung des Bundesministeriums für Gesundheit aus § 130a Abs. 4 SGB V als besonders intensive Beeinträchtigung der Unternehmerfreiheit kennzeichnet, sich hieraus allein aber noch nicht die Unverhältnismäßigkeit der Regelung ergibt. dd) Ergebnis: Angemessenheit des Herstellerabschlags Vorgang und Ergebnis der Gesamtabwägung zwischen den Gemeinschaftsgütern, denen § 130a SGB V dient, der Dringlichkeit ihrer Verwirklichung und der hieraus resultierenden Grundrechtsbeeinträchtigungen ähneln der Abwägungssituation der SER. Gemeinschaftsinteressen von überragendem Gewicht – der finanziellen Stabilität der GKV –, die auf schnellstmögliche Realisierung drängen, steht ein Grundrechtseingriff gegenüber, dessen Belastungsintensität schon aufgrund seiner Form – überwiegend größere Unternehmen werden durch eine Geldleistungspflicht mittelbar in der Ausübung ihrer Unternehmerfreiheit beeinträchtigt – als gering anzusehen ist. Ähnlich wie bei der SER hat der Gesetzgeber den Umfang der Inanspruchnahme eng am Förderzweck der Regelung ausgerichtet und zugleich eine existenzgefährdende Belastung der Unternehmen vermieden. Da sich auch aus der Geltungsdauer der Abschlagsregelung keine unzumutbare Beschwer der Pharmahersteller ergibt, ist die Grundrechtsbeeinträchtigung insgesamt angemessen. f) Berücksichtigung von Aspekten der Lastengleichheit in der Verhältnismäßigkeitsprüfung In gleicher Weise wie bereits für die Stromeinspeisungsregelung beobachtet wird auch im Rahmen der Rechtfertigung des Eingriffs in die Unternehmerfreiheit durch Arzneimittelrabatte nach der Legitimation der finanziellen Sonderbelastung gefragt, werden also Aspekte der Lastengleichheit innerhalb der freiheitsrechtlichen Eingriffsrechtfertigung berücksichtigt. Friedrich Schnapp hält die Prüfung anhand der Zweck-Mittel-Relation für unzureichend, um den Charakter einer Abschlagsregelung als finanzieller Sonderbelastung sachgerecht zu erfassen und fordert deshalb zusätzlich eine „besondere Verantwortungsbeziehung“ der belasteten Unternehmen zum Regelungszweck, die Finanzen der GKV zu konsolidieren.305 Der Umstand, daß keine größere Zahl von Autoren 305 F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (352 f.) (Die Ausführungen beziehen sich unmittelbar auf den Apothekenrabatt gem. § 130 SGB V, erfassen die Sonderbelastung der Arzneimittelhersteller durch § 130a SGB V jedoch in gleicher Weise.).

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für eine solche Maßstabsbildung eintritt, dürfte darauf zurückzuführen sein, daß bereits die Anwendung der Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben – und damit auch ihrer gleichheitsschützenden Elemente – auf Arzneimittelabschläge häufiger anerkannt wird als im Falle der Stromeinspeisungsregelung.306 Solange nicht die – zu allen Referenzregelungen vertretenen – Ansätze, die Rechtfertigung der finanziellen Sonderlast als Element der Verhältnismäßigkeitskontrolle zu behandeln, einer übergreifenden Betrachtung zugeführt worden sind, wird die Formulierung eines Ergebnisses zur Verhältnismäßigkeit auch des Herstellerabschlags zurückgestellt. 3. Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG Auch der Eingriff in die Unternehmerfreiheit der Arbeitgeber durch die Auferlegung der Geldleistungspflicht nach § 14 Abs. 1 MuSchG ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Zuschußpflicht zum Mutterschaftsgeld die Arbeitgeber verhältnismäßig belastet. Eine Sonderrechtsprechung des BVerfG, welche die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips in Anbetracht der besonderen Verhältnisse eines Rechtsgebietes bereichsspezifisch absenkt und wie sie für kostendämpfende Berufsausübungsregelungen zur Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung beobachtet wurde, existiert für das Individualarbeitsrecht nicht. Allerdings begegnen in der forensischen Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeberzuschuß einige Argumentationsfiguren wieder, die bereits für die verfassungsrechtliche Beurteilung der SER durch den Bundesgerichtshof festgestellt worden sind. a) Gemeinwohldienlichkeit Die Regelung des § 14 Abs. 1 MuSchG müßte einen legitimen Zweck verfolgen, der zumindest als „vernünftige Erwägung des Gemeinwohls“ im Sinne der Stufenlehre des BVerfG anzusehen ist. Der Zweck aller mutterschutzrechtlichen Maßnahmen geht dahin, die Arbeitnehmerin während der Schutzfristen der §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG vor Gefahren und Überforderungen, die von einer Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit in diesem Zeitraum ausgehen können, zu schützen und auf diese Weise die Gesundheit und das Wohl des werdenden oder bereits geborenen Kindes zu gewährleisten.307 Das BVerfG und das BAG erkennen in diesem Schutz der erwerbstätigen Mutter und des Kindes ein „besonders 306 Vgl. S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (414 ff.); H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 37; H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (181). 307 BVerfGE 70, 242 (243) – Arbeitgeberzuschuß II; 109, 64 (65 f.) – Arbeitgeberzuschuß III; auch BAGE 52, 177 (179); 81, 222 (226); P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 24.

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wichtiges Gemeinschaftsgut“ im Sinne der Stufenlehre zu Art. 12 Abs. 1 GG.308 Da der Gesetzgeber durch die Gewährung des Mutterschaftsgeldes und des Arbeitgeberzuschusses den ihm durch Art. 6 Abs. 4 GG erteilten Schutzauftrag verwirklicht,309 nimmt der Zweck der Regelung an der verfassungsrechtlichen Gewährleistung von Schutz und Fürsorge zugunsten der Mutter teil und genießt damit ausdrückliche verfassungsrechtliche Anerkennung. b) Eignung Der Arbeitgeberzuschuß gem. § 14 Abs. 1 MuSchG bildet gemeinsam mit dem von öffentlichen Kostenträgern nach § 13 Abs. 1 MuSchG i.V. m. § 200 RVO und § 13 Abs. 2 MuSchG geleisteten Mutterschaftsgeld den Entgeltschutz zugunsten erwerbstätiger Mütter. Zweck dieses Entgeltschutzes ist es, die Mutter für die Dauer der Schutzfristen dadurch finanziell abzusichern, daß ihr das bisherige Nettoarbeitsentgelt weitergewährt wird; für die Arbeitnehmerin soll kein Anreiz bestehen, in den Wochen vor und nach der Entbindung aus wirtschaftlichen Erwägungen ihrer Erwerbstätigkeit nachzugehen und dabei Gefährdungen ihrer Gesundheit und derjenigen des Kindes in Kauf zu nehmen.310 Diesen Zweck fördert der Arbeitgeberzuschuß, da die durch ihn aufgebrachten Mittel den Unterschiedsbetrag zwischen dem Höchstsatz des Mutterschaftsgeldes von 13 Euro je Kalendertag und der Höhe des Nettoarbeitsentgelts abdecken. Die Belastung der Arbeitgeber mit der Zuschußpflicht ist daher imstande, die Zwecke des Entgeltschutzes tatsächlich zu fördern. c) Erforderlichkeit Für die Verhältnismäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses ist es weiter Voraussetzung, daß zu dessen Auferlegung keine Alternativen bestehen, die das Ziel des Entgeltschutzes mit gleicher Wirksamkeit zu erreichen vermögen und dabei Freiheitsrechte in geringerem Maße beeinträchtigen. Unzweifelhaft ist der sachlich-handlungsbezogenen Belastung der Arbeitgeber mit der Freistellungspflicht gem. §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG die Erforderlichkeit zuzuerkennen. Zu den Beschäftigungsverboten, welche die Mutter unmittelbar vor den Gefahren ihres Arbeitsumfeldes abschirmen und sich als verhaltensbezogene Belastung des Arbeitgebers darstellen, gibt es keine Alternative. Auch kann diese Freistellungspflicht sachnotwendig niemand anders auferlegt werden als dem Arbeitgeber.311

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BVerfGE 109, 64 (85 f.); BAGE 81, 222 (226). R. Gröschner, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 6 Rn. 141; G. Robbers, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 6 Rn. 280 ff. 310 BVerfGE 109, 64 (85 f.); H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, Einleitung Rn. 4. 309

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Von diesen Sachgesetzlichkeiten des Gefahrenschutzes unterscheidet sich jedoch der Entgeltschutz. Denn das hierbei eingesetzte Handlungsmittel – Geld – entfaltet seine Wirkung unabhängig davon, durch welchen Kostenträger die erforderlichen Mittel aufgebracht werden. Für die finanzielle Absicherung der Mutter durch die Instrumente des Entgeltschutzes ist es daher ohne Bedeutung, ob die daraus resultierenden Lasten vom Staat aus Steuermitteln,312 von der Gemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten oder aber durch eine Sonderbelastung der Arbeitgeber getragen werden. Stellte man dementsprechend für die Erforderlichkeit des Arbeitgeberzuschusses ausschließlich auf die Belastung des Arbeitgebers ab, so wäre sie abzulehnen. Damit ist erneut die Frage aufgeworfen, ob die Möglichkeit der Übernahme von Gemeinwohlkosten durch den Staat die Erforderlichkeit der finanziellen Sonderbelastung einer Gruppe Privater entfallen läßt. Bei der Untersuchung der SER auf ihre Erforderlichkeit war festgestellt worden, daß der BGH und weite Teile der Literatur diese Frage verneinen.313 Dieses Argument – der Hinweis, es sei unzulässig, Lastenverlagerungen als milderes Mittel im Sinne der Erforderlichkeit zu begreifen – findet sich indessen nirgendwo ausdrücklicher und klarer als in der Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses vom 18. November 2003: „Bei Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit ohne spezifische berufsregelnde Tendenz durch die Auferlegung von Kostenlasten entfällt die Erforderlichkeit nicht schon deshalb, weil eine Finanzierung der Aufgabe aus Steuermitteln für die Betroffenen ein milderes Mittel wäre. Mildere Mittel sind nicht solche, die eine Kostenlast lediglich verschieben. Es liegt grundsätzlich im Ermessen des Gesetzgebers, die nach seiner Überzeugung gebotene und dem Gemeinwohl dienende Maßnahme zu bestimmen.“314 Ob diese Auffassung des BVerfG zutrifft, wird im Anschluß an die Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG gesondert betrachtet werden, da es sich bei der Lastenverteilung zwischen der öffentlichen Hand und privaten Gruppen um eine Grundfrage der Verfassungsmäßigkeit nicht nur des Arbeitgeberzuschusses, sondern aller abgabenähnlichen Zwangsvergütungen handelt. Andere Handlungsmittel zur Verwirklichung des gesetzgeberischen Ziels, wie sie für die SER und den Herstellerabschlag für Arzneimittel betrachtet worden sind, bedürfen keiner erneuten Erörterung auf dem Gebiet des Mutterschutzes. 311 Hierzu C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, 1997, S. 85 ff. 312 Der Gesetzgeber ist sich dieser Alternative auch im Falle des Arbeitgeberzuschusses bewußt, wie die Anmerkung in der Entwurfsbegründung des Gesetzes über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen (AAG), als Alternative zu Belastung der Arbeitgeber „käme dann nur die Finanzierung des Zuschusses aus Steuermitteln in Betracht“, zeigt (BT-Drs. 16/39, S. 2). 313 Siehe oben § 14 D III 1 c) bb) (3). 314 So BVerfGE 109, 64 (86) (Nachweise zur Rechtsprechung sind im Zitat ausgelassen.).

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Zu normersetzenden Lösungsalternativen – wie Selbstverpflichtungserklärungen bestimmter Industriezweige oder der freiwilligen, einzelvertraglich geregelten finanziellen Förderung der Angehörigen einer Gruppe Privater durch die Mitglieder einer anderen – wurde nachgewiesen, daß diese aufgrund ungewisser Erfolgsaussichten keine „in jeder Hinsicht gleichwertige“315 Alternative im Sinne der Erforderlichkeit darstellen. Darüber hinaus sind solche „informellen“ Handlungsmittel für den Mutterschutz, der anders als die Förderung erneuerbarer Energien oder die finanzielle Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung nicht auf einen bestimmten Wirtschaftssektor beschränkt, sondern in allen Bereichen der Wirtschaft zu verwirklichen ist, von keiner Seite jemals vorgeschlagen worden; ihre Umsetzung wäre angesichts des umfassenden Anwendungsbereichs noch weniger gewährleistet als im Recht der Energiewirtschaft oder dem der GKV. Da mit der Ersetzung einer abgabenähnlichen Lohnoder Preisregelung durch eine Sonderabgabe auch für die Geldleistungspflichtigen selbst keine mildere Belastung, sondern nur ein Austausch des Leistungsempfängers verbunden ist, kann sie unter Erforderlichkeitsgesichtspunkten nicht geboten sein. Dies wird gerade für den Arbeitgeberzuschuß dadurch veranschaulicht, daß das Umlageverfahren gem. §§ 1 ff. AAG316 nicht zur Verringerung der finanziellen Belastung der Arbeitgeber als Gesamtgruppe, sondern lediglich im Interesse einer gruppenintern gleichmäßigeren Lastenverteilung, einer zeitlichen Verstetigung der Zahlungspflicht und um Versuche der Kostenvermeidung durch die Nichteinstellung jüngerer Frauen auszuschließen auf Betriebe jeder Größe erstreckt worden ist. Unter der Voraussetzung, daß das Argument unzulässiger Lastenverlagerung, auf welches das BVerfG seine Auffassung von der Verhältnismäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses maßgeblich stützt, mit der Dogmatik des Erforderlichkeitsgrundsatzes übereinstimmt oder für den Arbeitgeberzuschuß jedenfalls im Ergebnis zutrifft, ist die finanzielle Sonderbelastung der Arbeitgeber erforderlich. d) Angemessenheit Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung zwischen dem mit § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG verfolgten Gemeinschaftsinteresse und der Schwere der Beeinträchtigung der Unternehmerfreiheit gleicht die Gewichtung der widerstreitenden Abwägungsbelange weitgehend der bei § 14 Abs. 3 EEG und § 130a SGB V vorgefundenen Situation. Einem Gemeinschaftsgut von überragender Bedeutung, das im Text der Verfassung ausdrückliche Anerkennung findet – hier der Schutz der Mutter gem. Art. 6 Abs. 4 GG –, steht die mittelbare Beein315

BVerfGE 25, 1 (20); 30, 292 (319); 77, 84 (109); 81, 70 (91). Vgl. Gesetz über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. 12. 2005 (BGBl. I S. 3686). 316

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trächtigung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit von Unternehmen durch die Auferlegung einer Geldleistungspflicht gegenüber. Ein Unterschied zu den bislang betrachteten Referenzregelungen dürfte lediglich mit Blick auf die durchschnittliche Größe der betroffenen Unternehmen bestehen. Während es sich bei der Elektrizitätswirtschaft und der Pharmaindustrie um Wirtschaftszweige handelt, in denen überwiegend größere Unternehmen oder Konzerne tätig sind,317 verpflichtet § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG jeden Arbeitgeber, erfaßt also auch Kleinbetriebe, in deren Unternehmenstätigkeit sich die – von Art. 12 Abs. 1 GG besonders geschützte – individuelle Unternehmerpersönlichkeit entfaltet. aa) Intensität der finanziellen Belastung Neben den Rechtfertigungsanforderungen, die sich aus der Form des Eingriffs ergeben, ist für die Angemessenheit der Berufsausübungsregelung auf die Intensität der Beeinträchtigung, im Falle einer Geldleistungspflicht318 also insbesondere auf die Höhe der finanziellen Belastung abzustellen. Aus der Höhe der Zahlungspflicht kann sich die Unverhältnismäßigkeit der Regelung zum einen dann ergeben, wenn die vorgesehene Höhe der Verpflichtung nicht durch den Gesetzeszweck geboten ist, wenn der Finanztransfer also zumindest in Teilen den Förderzweck der Regelung verfehlt.319 Eine solche zweckverfehlende För317 Übersichten zu den Unternehmens- und Marktstrukturen der deutschen Elektrizitätswirtschaft bei W. Schulz/C. Riechmann, in: C. Bartsch u. a. (Hrsg.), Stromwirtschaft, 2002, Kap. 4; P. Drasdo u. a., Konzentration und Wettbewerb in der deutschen Energiewirtschaft, 1998. – Zur Struktur der Arzneimittelindustrie Verband Forschender Arzneimittelhersteller e. V. (Hrsg.), Statistics 2004 – Die Arzneimittelindustrie in Deutschland, 2004, S. 9. 318 Im Schrifttum ist mit Nachdruck darauf hingewiesen worden, eine Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses dürfe nicht die Beeinträchtigungen unberücksichtigt lassen, die sich für den Arbeitgeber bereits aus der Pflicht zur Freistellung der schwangeren Arbeitnehmerin sowie der hieraus möglicherweise entstehenden Notwendigkeit, vorübergehend eine Ersatzkraft anzustellen, ergeben (H. Kube, JZ 2004, S. 358 (359); zur kumulativen Belastung des Arbeitgebers durch Indienstnahmen auch G. Kirchhof, Erfüllungspflichten des Arbeitgebers, 2005, S. 195 f.). Ähnlich hat auch das BAG herausgestellt, die Prüfung der Zumutbarkeit der von § 14 Abs. 1 MuSchG ausgehenden Belastungen könne sich nicht isoliert auf den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld richten, vielmehr sei auch dessen Zusammentreffen mit den übrigen mutterschutzrechtlichen Verpflichtungen des Arbeitgebers in die Betrachtung mit einzubeziehen (BAGE 81, 222 (226 f.)). Dieser Ansicht ist grundsätzlich beizupflichten. Da jedoch für die vorliegende Untersuchung die Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses lediglich beispielhaft für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Gesetzgebungsart abgabenähnlicher Vergütungsregelungen von Interesse ist, wird in erster Linie die Belastungswirkung der Geldleistungspflicht betrachtet. 319 Bei dieser Betrachtung ergeben sich keine Unterschiede je nachdem, ob man für die Höhe der Finanzierungspflicht auf den Umfang der Umlageverpflichtung gem. §§ 7 Abs. 2, 9 Abs. 1 AAG oder unmittelbar auf die Zuschußpflicht abstellt. Da die Krankenkassen die Höhe ihrer Umlagesätze dem Umfang ihrer Erstattungsleistungen anzupassen haben – vgl. § 9 Abs. 1 und 3 AAG –, wird die Umlagebelastung der Ar-

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derung der Arbeitnehmerinnen vor und nach der Entbindung könnte darin liegen, daß die Höhe des Arbeitgeberzuschusses über das zur finanziellen Absicherung der Mutter gebotene Maß hinausgeht. Allerdings ist es das erklärte Ziel des Gesetzgebers, den Verdienst der Mutter während der Schutzfristen gerade in Höhe ihres bisherigen Nettoarbeitsentgelts sicherzustellen.320 Der Entgeltschutz ist also nach dem gesetzgeberischen Willen nicht auf eine bloße Grundsicherung beschränkt. Hält der Gesetzgeber eine Entgeltsicherung unterhalb des Niveaus des bisherigen Nettoeinkommens der Arbeitnehmerin zur Verwirklichung seines Anliegens, jeden Anreiz zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit zu beseitigen, nicht für ausreichend, so bewegt er sich mit dieser Entscheidung innerhalb des ihm zuerkannten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums; die konkrete Formulierung des Gesetzeszwecks ist dann nicht zu beanstanden. Da der Arbeitgeberzuschuß so bemessen ist, daß er den Unterschiedsbetrag zwischen dem Höchstsatz des Mutterschaftsgeldes je Kalendertag gem. § 200 Abs. 2 S. 2 RVO und dem Nettoarbeitsentgelt umfaßt, geht die Inanspruchnahme der Arbeitgeber nicht über das zur Erreichung des Gesetzeszwecks gebotene Maß hinaus. Eine zweckverfehlende Belastung wird dieser Gruppe nicht auferlegt. Die Grenzen der Angemessenheit könnte die Zuschußpflicht zum anderen dann überschreiten, wenn die finanzielle Belastung des Arbeitgebers das betroffene Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährden würde. In der Literatur wird vielfach kritisiert, daß der Höchstbetrag des Mutterschaftsgeldes gem. § 200 Abs. 2 S. 2 MuSchG – 25 DM oder nunmehr 13 Euro – seit Einführung des Arbeitgeberzuschusses zum 1. Januar 1968 unverändert geblieben ist, obwohl das durchschnittliche Nettoeinkommen von Arbeitnehmerinnen – und mit diesem die effektive wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers durch § 14 Abs. 1 MuSchG – in dieser Zeit kontinuierlich gestiegen ist.321 Verfassungsrechtliche Grenzen dieser Entwicklung sind jedoch aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht hergeleitet worden. Auch das BVerfG hat die absolute Höhe der finanziellen Belastung durch die Zuschußpflicht nicht unter dem Aspekt der Angemessenheit, sondern lediglich unter Hinweis auf die Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmerinnen und die hiermit verbundene Verletzung des Gleichberechtigungsgebots nach Art. 3 Abs. 2 GG beanstandet.322 Beides belegt wiederum die Schwierigkeit, aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip absolute beitgeber in der Regel ihrer durchschnittlichen Belastung durch § 14 Abs. 1 MuSchG entsprechen. 320 BAG, NJW 1985, 1496; P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 24; W. Klempt, in: W. Leinemann (Hrsg.), Kasseler HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, Abschn. 3.4, Rn. 193. 321 W. Leisner, DB 2004, S. 598 (599 f.); H. Buchner/U. Becker, MuSchG, Kommentar, 7. Aufl., 2003, § 14 Rn. 14; P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, § 14 Rn. 2; N. Heenen, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 2, 2. Aufl., 2000, § 226 Rn. 68. 322 BVerfGE 109, 64 (89 ff.) – Arbeitgeberzuschuß III.

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Grenzen der finanziellen Belastung durch Berufsausübungsregelungen unterhalb der Schwelle der Existenzgefährdung eines Unternehmens abzuleiten. Aus mehreren Gründen ist nicht davon auszugehen, daß § 14 Abs. 1 MuSchG die Schwelle einer existenzgefährdenden Belastung erreicht oder sogar überschreitet. Zunächst sind kleinere Betriebe, in denen der schwangerschaftsbedingte Ausfall einer Arbeitskraft bei Hinzutreten der Lohnfortzahlungspflicht eher zu einer Situation führen kann, die den Bestand des Unternehmens bedroht, bereits seit 1986 durch das Ausgleichs- und Umlageverfahren gem. §§ 10, 14 LFZG, seit der Neuregelung des Ausgleichsverfahrens nunmehr gem. §§ 1 ff. AAG gegen diese Gefahr geschützt. Weiterhin stände nach der Rechtsprechung des BVerfG die Angemessenheit der Regelung nicht schon dann in Frage, wenn einzelne Unternehmen in ihrer Existenz bedroht sind, sondern erst dann, wenn eine generalisierende Betrachtung des betreffenden Wirtschafszweiges insgesamt zu diesem Urteil zwingt.323 Schließlich und insbesondere fällt auf, daß die Unangemessenheit der Zahlungspflicht aufgrund einer existenzgefährdenden Belastungswirkung bislang in keinem Verfahren vor dem BVerfG oder dem BAG geltend gemacht worden ist.324 Die Unangemessenheit der Pflicht zur Leistung eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld läßt sich somit nicht feststellen. Dies entspricht dem Ergebnis, zu dem das BVerfG in seinem Beschluß vom 18. November 2003 gelangt. Das Gericht erklärt, die durchschnittlichen Aufwendungen für den Arbeitgeberzuschuß seien nicht nur für Kleinunternehmen, bei denen sie weniger als 0,2 Prozent der Lohnsumme betrügen, sondern auch für mittlere und größere Unternehmen „minimal“. Daher sei die Annahme des Gesetzgebers, die finanzielle Belastung der Arbeitgeber genüge dem Gebot der Angemessenheit, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.325 Dieser Beurteilung durch das BVerfG ist auch nach der Ausweitung des Umlageverfahrens auf Betriebe aller Größenstufen zum 1. Januar 2006 zuzustimmen. Denn die Umlageverpflichtung zur Finanzierung der Erstattungsleistungen führt zwar – verglichen mit einer unmittelbaren Belastung nach § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG – zu einer veränderten Lastenverteilung innerhalb der Gruppe der Arbeitgeber, schont dabei jedoch tendenziell Unternehmen, für die sich die finanzielle Belastung angesichts ihrer Beschäftigten- und Lohnstruktur eher existenzgefährdend auswirken könnte.

323

BVerfGE 30, 292 (316 f.); 68, 193 (219). BVerfGE 37, 121 (123); 70, 242 (244 ff.); 109, 64 (72 ff.); auch BAGE 81, 222 (223 f.) m.w. N. 325 BVerfGE 109, 64 (86 f.) – Arbeitgeberzuschuß III. 324

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bb) Gleichheitsrechtliche Erwägungen in der Angemessenheitsprüfung – Der Beschluß des BVerfG zum Arbeitgeberzuschuß vom 18. November 2003 Die Entscheidung des BVerfG vom 18. November 2003, durch die der Arbeitgeberzuschuß gem. § 14 Abs. 1 MuSchG für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt wurde, wendet sich nach Betrachtung der Intensität der den Arbeitgebern auferlegten Finanzlast der Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung als solcher zu.326 In diesem Zusammenhang untersucht das Gericht zunächst die Bestimmung des Art. 6 Abs. 4 GG daraufhin, ob sich aus ihr Vorgaben für die Verlagerung der finanziellen Lasten öffentlicher Aufgaben auf die Gruppe der Arbeitgeber gewinnen lassen. Im Anschluß hieran fragt der Erste Senat nach einer besonderen Verantwortungsbeziehung der Arbeitgeber für die Kostenlasten des Mutterschutzes. Bei näherem Zusehen geht das Gericht in beiden Prüfungen nicht der Frage nach, ob bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt; beide Betrachtungen sind also auf Rechtsfragen gerichtet, die an sich nicht Gegenstand einer Angemessenheitsprüfung sind. Vielmehr handelt es sich in beiden Fällen um Untersuchungen zur Rechtfertigung einer finanziellen Sonderbelastung zu Gemeinwohlzwecken.327 Das Gericht stellt folglich Gleichheitserwägungen in den Vordergrund der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Gleiches war bereits für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Stromeinspeisungsregelung durch den BGH festgestellt worden;328 bei der Untersuchung der Verhältnismäßigkeit des Arzneimittelpreisabschlags gem. § 130a SGB V hingegen hatte sich gezeigt, daß das BVerfG in seiner Rechtsprechung zu Kostendämpfungsmaßnahmen im Recht der GKV nicht zu einer Überprüfung der finanziellen Sonderbelastung am Maßstab der Lastengleichheit durchdringt, da es auf die Notwendigkeit der Inanspruchnahme aller beteiligten Berufsgruppen abstellt und hinter dieser Vorstellung einer „solidarischen“ Anstrengung zur Konsolidierung der GKV die Tatsache der finanziellen Sonderbelastung und ihrer Rechtfertigungsbedürftigkeit zurücktreten läßt.329 326 BVerfG, a. a. O., S. 87 ff. – Der Sache nach überprüft das Gericht durch diese Betrachtung den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld auf seine Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Lastengleichheit. 327 Auch die Lit. berücksichtigt das Erfordernis der Finanzierungsverantwortlichkeit bisweilen im Rahmen der Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG, vgl. C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 106 ff.; E. Kreßel, Anmerkung zu BAG, AP Nr. 13 zu § 14 MuSchG 1968, Bl. 1448 (Vorders.). 328 BGHZ 134, 1 (21 f.); 155, 141 (149 f., 156). 329 Siehe hierzu bereits oben § 14 D III 2 b); zudem BVerfG, NVwZ 2006, 191 (198) – Beitragssatzsicherungsgesetz (Das BVerfG überprüft die Verfassungsmäßigkeit des BSSichG, durch das der Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V eingeführt wurde, ohne sich mit der besonderen Finanzierungsverantwortung der Arzneimittelhersteller auseinanderzusetzen.).

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(1) Vorgaben des Art. 6 Abs. 4 GG für die Verlagerung öffentlicher Finanzlasten auf private Gruppen? – Zur Kritik des BVerfG (a) Funktion des Art. 6 Abs. 4 GG und Verhältnis zum Gebot der Lastengleichheit Das BVerfG legt zunächst dar, welche Anforderungen sich nach seiner Auffassung aus Art. 6 Abs. 4 GG für die Verlagerung der finanziellen Lasten des Mutterschutzes auf private Gruppen ableiten lassen. Aus Art. 6 Abs. 4 GG ergebe sich nicht, daß die Kosten des Mutterschutzes ausschließlich vom Staat zu tragen seien, vielmehr werde die „Gemeinschaft“ in Anspruch genommen, zu der auch die Arbeitgeber gehörten.330 Die Verfassungsbestimmung lasse die Möglichkeit offen, neben dem Staat auch andere Kostenträger in Anspruch zu nehmen und regele nicht, in welchem Umfang die einzelnen Kostenträger an den Lasten des Mutterschutzes zu beteiligen seien.331 Der Gesetzgeber könne sich bei seiner Aufgabe, Mütter und Kinder zu schützen, auch Dritter bedienen und ihnen zu diesem Zweck Pflichten auferlegen.332 Bemerkenswert ist an diesen Ausführungen des BVerfG bereits, daß das Gericht die Bestimmung des Art. 6 Abs. 4 GG überhaupt mit der Frage der Finanzierungsverantwortung für Gemeinwohlbelange und der Verteilung öffentlicher Lasten auf private Gruppen in Zusammenhang bringt. Wie im Rahmen einer ersten Klärung des Bedeutungsgehalts von Art. 6 Abs. 4 GG gesehen wurde,333 beschränkt sich diese Anwendung der Vorschrift durch das BVerfG allerdings auf die Entscheidungen zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld, sie findet sich nirgendwo sonst.334 Überraschend ist die Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 4 GG in diesem Zusammenhang deshalb, weil diese Norm nach ihrer Funktion keine Kostentragungsregel, sondern einen „bindenden Auftrag an den Gesetzgeber [. . .], jeder Mutter Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft angedeihen zu lassen“, darstellt.335 In dieser Funktion ist sie auch im Rahmen der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Arbeitgeberzuschusses angesprochen. Wenn aber das BVerfG mit Blick auf den Wortlaut von Art. 6 Abs. 4 GG unterstreicht, zur „Gemeinschaft“ gehörten auch die Arbeitgeber, geht es er330

BVerfGE 109, 64 (87) unter Verweis auf E 37, 121 (126 f.). BVerfGE 109, 64 (87 f.); ebenso bereits E 37, 121 (126). 332 BVerfGE 109, 64 (87) unter Verweis auf E 88, 203 (259 f.). 333 Siehe oben § 4 B. 334 BVerfGE 37, 121 (126); 109, 64 (87). 335 BVerfGE 60, 68 (70) unter Verweis auf E 32, 273 (277); 52, 357 (365); 55, 154 (157); auch E 85, 360 (372); R. Gröschner, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 6 Rn. 140; D. Coester-Waltjen, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 6 Rn. 105. 331

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sichtlich davon aus, eine Untersuchung der Verfassungsmäßigkeit der finanziellen Inanspruchnahme dieser Gruppe habe die Grundrechtsbestimmung zu berücksichtigen, diese trage zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Sonderbelastung also etwas bei, was sich nicht schon aus allgemeinen Grundsätzen der Lastenverteilung zwischen dem Staat und privaten Gruppen ergebe. Ob dem tatsächlich so ist, erscheint zweifelhaft. Grundsätzlich bestimmt sich die Zulässigkeit der finanziellen Sonderbelastung privater Gruppen nach dem Prinzip der Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher Lasten, einer Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG.336 Nach dieser Grundregel der Belastungsgerechtigkeit obliegt die Finanzierung öffentlicher Aufgaben dem Staat; auf Private kann sie nur dann übertragen werden, wenn diese eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit aufweisen, wenn sich also ein Belastungsgrund findet, der die Lastenverlagerung zu rechtfertigen vermag.337 Wenn das BVerfG nun davon spricht, Art. 6 Abs. 4 GG lasse es offen, in welchem Umfang die öffentliche Hand selbst die Kosten der Gewährung von Schutz und Fürsorge trägt und verpflichte den Staat nicht zur Deckung der gesamten Kosten, so umschreiben alle diese Aussagen bei genauer Betrachtung nur das Verhältnis von Art. 6 Abs. 4 GG zum Grundsatz der Lastengleichheit. Da der Schutzauftrag zugunsten der Mutter im Gegensatz zum Prinzip der Lastengleichheit keinen Maßstab bereithält, mit dessen Hilfe – konkretisiert durch spezifische Verantwortlichkeitskriterien – sich eine besondere Finanzierungsverantwortung der Arbeitgeber feststellen läßt, muß seine Anwendung die Frage der „gerechten“ – weil gleichmäßigen – Lastenverteilung offen lassen. Da Art. 6 Abs. 4 GG den Rechtsanwender nicht dazu befähigt, das Fehlen einer besonderen Finanzierungsverantwortung privater Gruppen festzustellen, kann er den Staat auch nicht zu alleiniger Tragung der Finanzlasten verpflichten.338 Auch die Erklärung des Gerichts, der Gesetzgeber könne sich bei seiner Aufgabe, Mutter und Kind zu schützen, Dritter bedienen und ihnen hierbei Pflichten auferlegen,339 folgt nicht aus Art. 6 Abs. 4 GG, sondern beschreibt lediglich den Fall, daß eine solche staatliche Inanspruchnahme Privater vor dem Grundsatz der Lastengleichheit aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Die Grundsätze, die das BVerfG zur Bedeutung des Art. 6 Abs. 4 GG für die Finanzierungsverantwortlichkeit im Mutterschutzrecht aufstellt, besagen also nicht mehr, als was sich schon aus dem Grundsatz der Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher 336

So auch ausdrücklich – zur Verfassungsmäßigkeit der SER – BGHZ 134, 1 (21). Hierzu eingehend K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (50 ff.). 338 Unzutreffend ist es daher, wenn BAGE 81, 222 (225) aus Art. 6 Abs. 4 GG ableitet: „Die Kosten des Mutterschutzes brauchen von Verfassungs wegen nicht ausschließlich vom Staat getragen zu werden.“ Die Verfassungsbestimmung trifft hierzu schlicht keine Aussage. 339 BVerfGE 109, 64 (87) unter Verweis auf E 88, 203 (259 f.). 337

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Lasten ergibt. Auch die Feststellung des Gerichts, die Arbeitgeber seien Teil der Gemeinschaft, läßt keine weiteren Folgerungen zu. Denn Gleiches gilt für jede andere Gruppe Privater, ohne daß hierdurch deren Belastung mit den Kosten des Mutterschutzes sachlich gerechtfertigt würde. Allein der Umstand, daß die Arbeitgeber der Gemeinschaft angehören, ist für deren finanzielle Belastung also ohne Belang. Bestätigt wird dieses Ergebnis zum einen dadurch, daß das BVerfG im Anschluß an seine Ausführungen zur Bedeutung von Art. 6 Abs. 4 GG gleichwohl noch nach der „besonderen Verantwortungsbeziehung“ der Arbeitgeber zum Schutz der Gesundheit von Mutter und Kind fragt;340 so, wie auch der BGH die Frage nach der besonderen Verantwortungsbeziehung der letztversorgenden EVU für die Förderung erneuerbarer Energien stellt.341 Ob die Annahme des BVerfG, der Arbeitgeber stehe in einer kausalen Verantwortung für die arbeitsplatzbedingten Gefahren für Mutter und Kind, aufgrund derer sich die Kosten des Mutterschutzes dem einzelnen Arbeitsverhältnis zuordnen ließen,342 zutrifft, wird an anderer Stelle noch eingehend untersucht werden. Sie zeigt in jedem Fall, daß auch nach Ansicht des Gerichts eine Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung nach Verantwortlichkeitskriterien durch die Anordnung des Art. 6 Abs. 4 GG nicht entbehrlich wird – sie wird durch diese allerdings auch nicht sinnvoll ergänzt. (b) Entstehungsgeschichte des Art. 6 Abs. 4 GG Zum anderen zeigt die Entstehungsgeschichte des verfassungsrechtlichen Gebotes zum Schutz der Mutter, daß die Regelung des Schutzauftrages auf die Fragen nach privater Finanzierungsverantwortung und gerechter Lastenverteilung von vornherein keine Antwort geben kann. Vor allem eignet sich der Umstand, daß Art. 6 Abs. 4 GG im Unterschied zu Art. 6 Abs. 1 und 2 GG nicht die „staatliche Ordnung“ oder die „staatliche Gemeinschaft“, sondern allgemein „die Gemeinschaft“ verpflichtet, nicht dazu, hieraus einen weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Zuweisung der finanziellen Lasten des Mutterschutzes an andere Kostenträger als den Staat abzuleiten. Denn hinter dem abweichenden Wortlaut der Bestimmung steht nicht der Wille des Verfassunggebers, das Mutterschutzrecht in besonderem Maße für Lastenzuweisungen an nichtstaatliche Adressaten zu öffnen. Die abweichende Formulierung erklärt sich vielmehr aus dem engen Zusammenhang, in dem die Belange der unehe-

340

BVerfGE 109, 64 (88 f.). BGHZ 134, 1 (21 ff.) – Stromeinspeisung II; 155, 141 (149 ff., 156 f.) – Stromeinspeisung III. 342 BVerfGE 109, 64 (88 f.). 341

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lichen Mutter und des unehelichen Kindes bei der Formulierung der Grundgesetzbestimmungen behandelt wurden. Ein Blick auf die Entwicklung des heutigen Art. 6 Abs. 4 GG in den Beratungen des Parlamentarischen Rates gibt dies deutlich zu erkennen. Art. 119 Abs. 3 WRV hatte noch der „Mutterschaft“ einen Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge des Staates gegeben. Im Ausschuß für Grundsatzfragen war zunächst vorgesehen, unter enger Anlehnung an diese Vorschrift der Weimarer Reichsverfassung zu formulieren: „Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge des Staates.“343 Damit sollte gegenüber der Weimarer Verfassungsrechtslage zum einen die individuelle Anspruchsberechtigung der einzelnen Mutter hervorgehoben werden. Zum anderen trug die Betonung des umfassenden persönlichen Schutzbereichs – „jede“ – dem starken, durch die Kriegsverluste bedingten Überwiegen des weiblichen Geschlechts in der deutschen Bevölkerung der Nachkriegsjahre Rechnung. Den Mitgliedern des Grundsatzausschusses war es ein Anliegen, die gleiche Schutzbedürftigkeit der ehelichen wie auch der unehelichen Mutter zum Ausdruck zu bringen. Daß anspruchsverpflichtet – wie schon in Art. 119 Abs. 3 WRV – der „Staat“ sein sollte, stand außer Frage. Aus Gründen des Regelungszusammenhangs sollte sich an die Gewährleistung von Schutz zugunsten – auch – der unehelichen Mutter unmittelbar das Schutzgebot zugunsten des unehelichen Kindes anschließen: „Uneheliche Kinder stehen in ihren Rechten den ehelichen gleich.“ Im Gegensatz zur Garantie von Schutz und Fürsorge für die Mutter konnte sich die uneingeschränkte rechtliche Gleichstellung unehelicher mit ehelichen Kindern jedoch im Grundsatzausschuß nicht durchsetzen.344 Als Kompromiß wurde eine Formulierung vorgeschlagen, wonach uneheliche Kinder „das gleiche Recht auf Förderung durch die Gemeinschaft wie die ehelichen“ haben sollten.345 Anläßlich dieser Änderung geriet der Entwurf der Regelung über den Mutterschutz, obwohl dieser bereits zuvor breite Zustimmung gefunden hatte, gleichsam in den Sog der geänderten Bestimmung zum Schutz des unehelichen Kindes. Den Mitgliedern des Ausschusses für Grundsatzfragen, die sich besonders für die Berücksichtigung der Belange unehelicher Mütter und Kinder einsetzten, war aus zwei Gründen daran gelegen, die Formulierung „Schutz des Staates“, wenn möglich, zugunsten anderer Wendungen zu ersetzen.346 Zum einen sah man die Gefahr, die 343 Vgl. JöR NF 1 (1951), S. 95 (Hervorhebung nicht im Original); vgl. auch den Antrag des Abg. Dr. Heuss in der 29. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen am 4. 12. 1948, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv (Hrsg.), Der Parlamentarische Rat 1948–1949, Bd. 5/II, 1993, Dok. Nr. 38, S. 808 f. 344 Vgl. JöR NF 1 (1951), S. 95; ferner die Beiträge in der 29. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen am 4. 12. 1948, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv (Hrsg.), Der Parlamentarische Rat 1948–1949, Bd. 5/II, 1993, Dok. Nr. 38, S. 811 f. 345 JöR NF 1 (1951), S. 96 (Hervorhebung nicht im Original).

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Übernahme dieser Formulierung aus der WRV – so auch aus Art. 119 Abs. 3 WRV – könne zu einer inhaltlichen Identifikation der neuen Verfassungsbestimmungen mit vergleichbaren Vorschriften der WRV führen und dadurch die Verbindlichkeit der grundgesetzlichen Regelungen als unmittelbar geltendes Recht in Frage stellen.347 Man befürchtete, es könne als „reine Deklaration“348 mißverstanden werden, wenn ein Rechtsinstitut oder eine Personengruppe unter den Schutz „des Staates“ gestellt würde. Zum anderen war man aus stilistischen Gründen bemüht, wortgleiche Wiederholungen bestimmter Formulierungen zu vermeiden, so daß eine erneute Verwendung der Begriffe „staatliche Ordnung“ oder „staatliche Gemeinschaft“ in Art. 6 Abs. 4 GG ausschied.349 An den Hauptausschuß wurde schließlich eine Fassung des Art. 7a überwiesen, in der sowohl der Schutz und die Fürsorge für „jede Mutter“ als auch die Förderung unehelicher Kinder „der Gemeinschaft“ aufgetragen wurden.350 Während allerdings die Bestimmung zur Rechtsstellung des unehelichen Kindes in der Folge noch mehrfach verändert wurde, trat das Schutzgebot zugunsten der Mutter ohne weitere Veränderungen als Art. 6 Abs. 4 GG in Kraft. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, welche inhaltlichen Konsequenzen die Ersetzung des Begriffs „Staat“ durch „Gemeinschaft“ in der Bestimmung über den Schutz der Mutter möglicherweise haben würde, hatte weder im Grundsatz- noch im Hauptausschuß stattgefunden. Insbesondere waren keine Überlegungen dazu angestellt worden, in welcher Form eine Inanspruchnahme nicht staatlich verfaßter Teile der Gemeinschaft, also etwa gesellschaftlicher Gruppen, in Betracht kam. Auch aus der Entstehungsgeschichte des Art. 6 Abs. 4 GG ergibt sich folglich, daß die Verpflichtung der „Gemeinschaft“ auf Schutz und Fürsorge zugunsten der Mutter dem Gesetzgeber keine weiterreichende Befugnis zur Verlagerung finanzieller Lasten auf Private einräumt, als sie ihm nach allgemeinen Grundsätzen zugewiesen ist; der Gesetzgeber ist bei Erfüllung des Schutzauftrages gem. Art. 6 Abs. 4 GG mithin in gleichem Maße an den Grundsatz der Lastengleichheit gebunden wie in anderen Bereichen.351 346 Vgl. die Beiträge des Abg. Dr. Heuss in der 29. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen am 4. 12. 1948, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv (Hrsg.), Der Parlamentarische Rat 1948–1949, Bd. 5/II, 1993, Dok. Nr. 38, S. 808 f. 347 Deutscher Bundestag/Bundesarchiv (Hrsg.), a. a. O., S. 831. – Daß diese Befürchtung nicht unbegründet war, zeigt die Auslegung von Art. 6 Abs. 4 GG in den frühen Jahren der Geltung des GG, dazu T. Aubel, Der verfassungsrechtliche Mutterschutz, 2003, S. 25 f. 348 Deutscher Bundestag/Bundesarchiv (Hrsg.), a. a. O., S. 808. 349 Vgl. Deutscher Bundestag/Bundesarchiv (Hrsg.), a. a. O., S. 832. 350 Vgl. die Fassung des Grundsatzausschusses, Drs. 341 (zitiert nach JöR NF 1 (1951), S. 96). 351 Nicht überzeugend sind die Schlußfolgerungen, die BVerfGE 37, 121 (126 f.) – Arbeitgeberzuschuß I – aus der Entstehungsgeschichte des Art. 6 Abs. 4 GG zieht: Auch wenn bereits zu Art. 119 Abs. 3 WRV, der ausdrücklich den „Staat“ zum Schutz der Mütter verpflichtete, die Auffassung vertreten wurde, die Befriedigung der

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(c) Ergebnis Die Rechtsprechung des BVerfG – und in der Folge auch des BAG – zieht Art. 6 Abs. 4 GG somit in einer Funktion heran, die dieser Regelung nicht zukommt. Ihren Ursprung hat diese Entwicklung in der ersten Entscheidung des BVerfG zum Arbeitgeberzuschuß vom 23. April 1974, in der das Gericht die finanzielle Sonderbelastung der Arbeitgeber ausschließlich an Art. 6 Abs. 4 GG mißt und eine Prüfung von Art. 12 Abs. 1 GG ablehnt.352 Diese Auswahl unter den in Betracht kommenden Verfassungsmaßstäben wird heute als verfehlt angesehen.353 Dennoch ist die damals angenommene Interpretation von Art. 6 Abs. 4 GG fester Bestandteil aller verfassungsgerichtlichen Entscheidungen zum Arbeitgeberzuschuß gem. § 14 Abs. 1 MuSchG bis in die Gegenwart. Art. 6 Abs. 4 GG ist nach seiner Funktion weder dazu bestimmt noch dazu imstande, Aussagen zur verfassungsmäßigen – weil belastungsgerechten – Verteilung der finanziellen Lasten des Mutterschutzes zu treffen.354 Sein objektivrechtlicher Regelungsgehalt erschöpft sich darin, dem Gesetzgeber einen Auftrag zum Schutz und zur Fürsorge für jede Mutter zu erteilen und ihn dadurch zu verpflichten, die Wahrnehmung der Sachaufgabe Mutterschutz – durch staatliche oder private Akteure – sicherzustellen. Die Frage der Finanzierungsverantwortung, die sich nach allgemeinen Grundsätzen, also dem Prinzip der Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher Lasten, beantwortet, wird durch den Versuch, Art. 6 Abs. 4 GG hierfür fruchtbar zu machen, eher verschleiert.

Ansprüche im einzelnen stehe im freien Ermessen des Gesetzgebers, so folgt daraus nicht, daß diese Ansicht zutrifft. Ebensowenig zwingt der Umstand, daß bei der Fassung von Art. 6 Abs. 4 GG durch den Parlamentarischen Rat bereits Vorschriften bestanden, nach denen der Mutterschutz zum Teil zu Lasten der Arbeitgeber ging, zu dem Schluß, der Verfassunggeber habe diese Lastenverteilung gebilligt, indem er ihr nicht durch entsprechende Gestaltung des Wortlauts entgegengetreten sei. 352 BVerfGE 37, 121 (125 ff.) (Zwar zog das Gericht auch Art. 3 Abs. 1 GG als Verfassungsmaßstab heran, doch überprüfte es an dieser Vorschrift nicht die finanzielle Sonderbelastung der Arbeitgeber, sondern lediglich die ungleichmäßige Belastung innerhalb dieser Gruppe.). 353 So H. Kube, JZ 2004, S. 358 (359); H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 (1122 f.); auch T. Aubel, RdA 2004, S. 141 (142); H. Schleicher, RdA 1984, S. 280. 354 Bemerkenswert ist es, daß BVerfGE 109, 64 (87 ff.) – Arbeitgeberzuschuß III – den Grundsatz der Lastengleichheit nicht einmal erwähnt, obwohl der Vortrag der Beschwerdeführerin wesentlich auf diesen abgestellt hatte und obwohl das Gericht durch die Untersuchung der „besonderen Verantwortlichkeitsbeziehung“ in der Sache eine Überprüfung der Ungleichbehandlung der Arbeitgeber gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes, Art. 3 Abs. 1 GG, vornimmt.

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(2) Das Gebot einer „Gesamtbetrachtung“ öffentlicher und privater Anteile an den Finanzlasten des Mutterschutzes Die Ausführungen des BVerfG zur Bedeutung des Art. 6 Abs. 4 GG für die finanzielle Inanspruchnahme der Arbeitgeber münden in einer „Gesamtbetrachtung“ aller öffentlichen und privaten Leistungen für den Schutz von Mutter und Kind.355 Der Erste Senat erklärt, trotz des prozentual gestiegenen Anteils der Arbeitgeberleistungen überwögen „bei der gebotenen Gesamtbetrachtung“ die öffentlichen Leistungen für den Schutz von Mutter und Kind bei weitem die Belastungen der Arbeitgeber. Auf der Seite des Staates seien „die Gesamtleistungen für Kinder und Familie“ einzubeziehen, da sich die Schutzpflicht des Staates nach Art. 6 Abs. 1 GG und sein Schutzauftrag nach Art. 6 Abs. 4 GG insoweit berührten.356 Wenngleich eine solche „Gesamtbetrachtung“ in der verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Angemessenheit einer Grundrechtsbeeinträchtigung bislang ohne Beispiel ist, so lassen sich doch einige Entwicklungen in der Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses in dieser Argumentationsfigur wiedererkennen. Seinen unmittelbaren Ursprung hat der Gedanke, für die Angemessenheit der finanziellen Sonderbelastung der Arbeitgeber könne eine quantitative Gegenüberstellung der öffentlichen wie der privaten Leistungen für den Mutterschutz von Bedeutung sein, in der zweiten Entscheidung des BVerfG zum Arbeitgeberzuschuß vom 3. Juli 1985. Dort hatte das Gericht angedeutet, die bislang angenommene Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG könne anders beurteilt werden, wenn der größere Teil der gem. Art. 6 Abs. 4 GG von der Gemeinschaft zu erbringenden Leistungen für den Mutterschutz nicht mehr vom Bund und den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung aufgebracht werde.357 Mit diesem eher unbestimmten Hinweis hatte das Gericht seine Annahme aus der Entscheidung im 37. Band, der Gesetzgeber verfüge bei der Aufteilung der finanziellen Lasten des Mutterschutzes auf Bund, Krankenkassen und Arbeitgeber über einen weiten Gestaltungsspielraum,358 ein Stück weit eingeschränkt. Aufgrund des Ausmaßes, das die Mehrbelastung der Arbeitgeber mit der Zuschußpflicht gegenüber dem öffentlich finanzierten Mutterschaftsgeld bis zum Jahr 2003 unzweifelhaft erreicht hatte – die Hälfte der von der Gemeinschaft zu erbringenden Leistungen für den Mutterschutz war bei weitem überschritten –,359 hätte das BVerfG zu der seinerzeit angedeuteten 355

Zum folgenden BVerfGE 109, 64 (88). BVerfG, ebd., unter Verweis auf E 88, 203 (258) – Schwangerschaftsabbruch II. 357 BVerfGE 70, 242 (251) – Arbeitgeberzuschuß II. 358 BVerfGE 37, 121 (127) – Arbeitgeberzuschuß I. 359 Das BAG hatte bereits 1995 anerkannt, diese quantitative Grenze sei seit mehreren Jahren überschritten, BAGE 81, 222 (228); aus der Sicht des BVerfG im Jahr 2003 BVerfGE 109, 64 (67); ferner P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 356

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quantitativen Grenze und den Rechtsfolgen ihrer Überschreitung an sich Stellung nehmen müssen. Indem der Erste Senat anstatt auf die öffentlichen Aufwendungen für das Mutterschaftsgeld auf die staatlichen „Gesamtleistungen für Kinder und Familien“ abstellte, weitete er den Kreis der vergleichsrelevanten staatlichen Leistungen auf einen Umfang aus, der denjenigen der privaten Leistungen überwog; infolgedessen bestand die Notwendigkeit einer verfassungsgerichtlichen Stellungnahme zu dieser Frage nicht mehr.360 Ein Vorbild findet diese Argumentation in der Entscheidung des BAG, die dem Beschluß des Ersten Senats vorangegangen war. Auch das BAG war der Auffassung gewesen, „entscheidend“ für die Angemessenheit des Arbeitgeberzuschusses sei „ein Vergleich der Belastungen der Arbeitgeber durch § 14 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 MuSchG einerseits und der Belastungen des Bundes und der gesetzlichen Krankenkassen durch Zahlung von Mutterschaftsgeld und Erziehungsgeld“ andererseits.361 Zunächst stellt sich die Frage, welche systematische Berechtigung die nach dem BVerfG und dem BAG gebotene „Gesamtbetrachtung“ innerhalb einer Überprüfung des Arbeitgeberzuschusses auf seine Angemessenheit besitzt. Lohnenswert erscheint auch eine nähere Betrachtung der Annahme, auf Seiten der staatlichen Leistungen für Mutter und Kind seien neben den Finanzvolumina des Mutterschaftsgeldes auch die Ausgaben für das Erziehungsgeld zu berücksichtigen. (a) Systematische Einordnung der „Gesamtbetrachtung“ Bei der systematischen Einordnung der „Gesamtbetrachtung“ ist zu bedenken, daß die Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Zweck-Mittel-Relation nachvollzieht, also danach fragt, ob der Einsatz des Handlungsmittels und die mit ihm einhergehende Grundrechtsbeeinträchtigung zur Erreichung des Zwecks der Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen ist. Eine Gegenüberstellung der Leistungsvolumina von privater und öffentlicher Hand vergleicht diese jedoch, ohne auch nur eine der beiden Kostenbelastungen auf den verfolgten Zweck zu beziehen. Es werden die jeweiligen Intensitäten der Belastung zweier unterschiedlicher Kostenträger zueinander, diese aber nicht zum gemeinsamen Zweck in Beziehung gesetzt. Die „Gesamtbetrachtung“ tritt also bereits aus der Zweck-Mittel-Relation, wie sie für das Verhältnismäßigkeitsprinzip charakte5. Aufl., 1999, § 14 Rn. 2, sowie E. Winkler, Die Risiko- und Lastenverteilung im Mutterschutzrecht, 2002, S. 135. 360 Hierzu die Kritik von N. Heenen, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 2, 2. Aufl., 2000, § 226 Rn. 68, zu der entsprechenden Gedankenführung in BAGE 81, 222 (Das Gericht argumentiere von einer „politisch verbreiterten Bemessungsgrundlage her“ und vermeide dadurch die konkrete Sachprüfung.). 361 BAGE 81, 222 (229).

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ristisch ist, heraus. Zwar finden sich in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung seit jeher Verhältnismäßigkeitsprüfungen, welche die Angemessenheit der Eingriffsintensität nicht allein in strenger Ausrichtung auf den Zweck der Maßnahme beurteilen, sondern statt dessen auch nach der „Zumutbarkeit“ der Freiheitsbeschränkung für den konkret betroffenen Grundrechtsträger fragen und dabei dessen individuelle Belastbarkeit berücksichtigen.362 Auch dieser Ausprägung des Übermaßverbots läßt sich die „Gesamtbetrachtung“ jedoch nicht zuordnen, denn eine isolierte Betrachtung der absoluten Betroffenheit der Freiheitsberechtigten nimmt das BVerfG gerade nicht vor, wenn es private und öffentliche Kostenlasten einander gegenüberstellt. Methodisch ließe sich die Gesamtbetrachtung allenfalls als Bestimmung der Intensität einer Ungleichbehandlung, nämlich der finanziellen Sonderbelastung der Arbeitgeber gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen und der zur Leistung von Beiträgen an die gesetzliche Krankenversicherung Pflichtigen qualifizieren. Als solche ist sie vom Ersten Senat jedoch erkennbar nicht beabsichtigt. Darüber hinaus würde sie dem methodischen Grundsatz der Gleichheitsbetrachtung gem. Art. 3 Abs. 1 GG widersprechen, wonach die Vergleichsgruppen vollständig und abschließend unter einen gemeinsamen Oberbegriff zu fassen sein müssen.363 Dies ist beim Arbeitgeberzuschuß nicht der Fall, da die Arbeitgeber als Steuerpflichtige auch an der Finanzierung durch den Bund sowie als Beitragspflichtige zur gesetzlichen Krankenversicherung auch an der Finanzierung durch die Krankenkassen364 beteiligt sind. Die Sonderbelastung der Arbeitgeber liegt also nicht darin, daß der von ihnen als Gruppe aufzubringende Anteil an den Leistungen des Mutterschutzes die anderen Anteile übersteigt, sondern darin, daß sie neben ihren Beiträgen zur Sozialversicherung und ihrer Steuerpflicht ein weiteres Mal als Gruppe, nun mit einer besonderen Geldleistungspflicht unter Privaten, zur Finanzierung des Mutterschutzes in Anspruch genommen werden. Wenn das BVerfG also betont, auch die Arbeitgeber seien Teil der durch Art. 6 Abs. 4 GG verpflichteten Gemeinschaft, so wird daraus nicht deutlich, daß die Arbeitgeber kumulativ in drei verschiedenen Formen als Mitglieder der Gemeinschaft zur Finanzierung der Mutterschutzleistungen herangezogen werden. Folglich läßt sich die bloße Gegenüberstellung der öffentlichen und privaten Leistungsanteile auch nicht als Gleichheitsprüfung im Sinne 362 Hierzu eingehend R. Albrecht, Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab, 1995, S. 76 ff. 363 Hierzu A. Podlech, Gehalt und Funktionen des Gleichheitssatzes, 1971, S. 64 ff. 364 Diesem Finanzierungsanteil kommt geringere Bedeutung zu, seit durch Art. 1 Nr. 141 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung – GMG – die Kosten für die Auszahlung des Mutterschaftsgeldes durch die Krankenkassen in eine staatliche Finanzierung aus Steuermitteln überführt worden sind, dazu die Gesetzesbegründung zum GMG, BT-Drs. 15/1170, S. 59, 142; zu dieser veränderten Kostentragung auch H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 (1129); H. Kube, JZ 2004, S. 358 (360).

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des Art. 3 Abs. 1 GG qualifizieren. Die Gesamtbetrachtung, die das BVerfG und das BAG anstellen, findet somit weder in der Dogmatik des Verhältnismäßigkeitsprinzips noch des allgemeinen Gleichheitssatzes eine Grundlage.365 Noch ein weiteres ist an dieser Betrachtungsweise bemerkenswert. Indem das Gericht mit dem Argument der Lastenverlagerung die Erforderlichkeit der finanziellen Sonderbelastung gegen den Einwand einer alternativen staatlichen Finanzierung aus Steuermitteln abschirmt, erklärt es die Möglichkeiten zur Belastung anderer Kostenträger für die Verhältnismäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses gerade für unerheblich. Dann aber ist schwer nachvollziehbar, weshalb es für die Angemessenheit der Sonderlast von Bedeutung sein soll, ob und in welchem Umfang andere Kostenträger die finanziellen Lasten des Mutterschutzes mit zu tragen haben. Da sich das Gericht auf der Stufe der Erforderlichkeit an eine streng „eindimensionale“, nur die Belastung der Arbeitgeber berücksichtigende Verhältnismäßigkeitsprüfung gebunden sieht, ist es nicht nur – aus den soeben dargelegten Gründen – mit den Grundsätzen der Angemessenheitsprüfung unvereinbar, sondern auch wenig konsequent, wenn das Gericht bei Beurteilung der Angemessenheit zu einem Vergleich der verschiedenen Kostenbeteiligungen übergeht. (b) Eingrenzung der zu vergleichenden Sozialleistungen Neben den grundsätzlichen dogmatischen Bedenken, ob ein quantitativer Vergleich öffentlicher und privater Leistungsanteile für die Angemessenheit einer Sonderbelastung Privater für Gemeinwohlzwecke maßgebend sein kann, erscheint an der Gesamtbetrachtung im konkreten Fall des Mutterschutzrechts auch zweifelhaft, ob die Einbeziehung familiennütziger Sozialleistungen wie des Erziehungsgeldes in die Gegenüberstellung der Leistungsvolumina sachgerecht ist. Das BAG hatte erstmals das Erziehungsgeld nach dem BErzGG in seine Gesamtbetrachtung aufgenommen und damit ein von der Klägerin im Ausgangsverfahren vorgebrachtes Argument aufgegriffen.366 Zur Begründung wies das Gericht auf den „engen Zusammenhang“ hin, der zwischen der Entgeltsicherung der Mutter vor und nach der Entbindung und der sich meist daran anschließenden Zahlung von Erziehungsgeld bestehe.367 365 Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen N. Heenen, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 2, 2. Aufl., 2000, § 226 Rn. 68 („lediglich formaler und unzutreffender Belastungsvergleich“); P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, § 14 Rn. 2. 366 BAGE 81, 222 (223, 227 ff.). 367 BAGE 81, 222 (227) (Den Umstand, daß auch Väter gem. § 1 BErzGG zum Bezug von Erziehungsgeld berechtigt sind, läßt das Gericht unter dem Hinweis zurücktreten, die Leistung werde „nahezu ausschließlich“ von Müttern in Anspruch genommen; dabei handele es sich regelmäßig um abhängig beschäftigte Frauen, also Arbeitnehmerinnen.).

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Im Einklang hiermit beschränkte sich das BVerfG sodann auf die Erklärung, auf der Seite des Staates seien „die Gesamtleistungen für Kinder und Familie“ einzubeziehen, da sich die Schutzpflicht des Staates nach Art. 6 Abs. 1 GG und sein Schutzauftrag nach Art. 6 Abs. 4 GG insoweit berührten.368 Entscheidend für die Abgrenzung der Finanzierungsverantwortlichkeiten und damit für die Art der Leistungen, die in die Gesamtbetrachtung einzustellen sind, ist jedoch die Aufgabe, die der Staat mit einer bestimmten Sozialleistung erfüllt. Welcher Aufgabe eine Sozialleistung dient, ergibt sich aus dem Zweck der Regelung. Das Mutterschaftsgeld und der Arbeitgeberzuschuß zu diesem sind darauf gerichtet, der Mutter jeden Anreiz zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit während der Schutzfristen zu nehmen und dadurch ihre Gesundheit im Interesse derjenigen des Kindes vor arbeitsplatzbedingten Gefahren zu schützen.369 Das Erziehungsgeld gem. § 1 BErzGG hingegen verfolgt ebenso wie die Gewährung von Elternzeit das sozialpolitische Ziel, ein Elternteil zumindest während der ersten Lebensmonate des Kindes in die Lage zu versetzen, sich ganz dessen Betreuung und Erziehung zu widmen.370 Regelungszweck ist also die familienpolitische Förderung und Anerkennung der Erziehungsleistung.371 Auf den Schutz der Gesundheit von Mutter und Kind zielen die Regelungen des BErzGG nicht ab, wie schon daraus erkennbar wird, daß es den Eltern zur Wahl gestellt wird, ob der Vater oder die Mutter das Erziehungsgeld in Anspruch nehmen.372 Dementsprechend wird das Erziehungsgeld in Wahrnehmung der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 6 Abs. 1 GG, das Mutterschaftsgeld sowie der Arbeitgeberzuschuß hierzu hingegen in Erfüllung des Schutzauftrages gem. Art. 6 Abs. 4 GG gewährt. Wenn das BVerfG erklärt, in den Leistungen des Staates für Kinder und Familien berührten sich die Gewährleistungen nach Art. 6 Abs. 1 und 4 GG,373 so 368 BVerfGE 109, 64 (88) unter Verweis auf BVerfGE 88, 203 (258) – Schwangerschaftsabbruch II. 369 BAGE 52, 177 (179); 81, 222 (226); auch P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 24. 370 P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 21; N. Heenen, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 2, 2. Aufl., 2000, § 228 Rn. 1. 371 Hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 10/3792, S. 13; N. Heenen, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 2, 2. Aufl., 2000, § 228 Rn. 1. 372 N. Heenen, a. a. O., § 226 Rn. 68, weist für den familienpolitischen Charakter der Leistungen nach dem BErzGG auch darauf hin, daß während der Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber aufgenommen werden könne, worin ebenfalls zum Ausdruck komme, daß der Zusammenhang dieser Leistungen zum ursprünglichen Arbeitsverhältnis hinter demjenigen der Mutterschutzleistungen zurückbleibe. 373 Das Zitat steht in der zweiten Entscheidung des BVerfG zur strafrechtlichen Behandlung von Schwangerschaftsabbrüchen, auf die E 109, 64 (88) hier verweist, in einem gänzlich anderen Zusammenhang, vgl. BVerfGE 88, 203 (258) – Schwangerschaftsabbruch II.

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trifft daran nur zu, daß zwischen der Gewährung der Mutterschutzleistungen und der Zahlung von Erziehungsgeld – sofern dieses von der Mutter in Anspruch genommen wird – ein gewisser zeitlicher Zusammenhang besteht. Über den Zweck der Regelung und damit über die mittels der jeweiligen Sozialleistung wahrgenommene öffentliche Aufgabe sagt dies jedoch nichts aus; insoweit berühren sich, um die Formulierung des BVerfG aufzunehmen, Art. 6 Abs. 1 und 4 GG gerade nicht. Die Gewährung von Erziehungsgeld steht in keinem Zusammenhang zum Zweck des MuSchG, die Gesundheit der erwerbstätigen Mutter und des Kindes zu bewahren.374 Die fehlende Vergleichbarkeit der Leistungen ergibt sich auch daraus, daß den Arbeitgebern für die Lasten aus dem Vollzug des BErzGG unbestrittenermaßen keine Finanzierungsverantwortung obliegt, so daß diese Lasten nicht einmal in Teilen auf die Gruppe der Arbeitgeber verlagert werden könnten. Es zeigt sich, daß die von BVerfG und BAG befürwortete Gesamtbetrachtung nicht nur einen systematischen Fremdkörper in der Verhältnismäßigkeitsprüfung darstellt, der über die Angemessenheit der Belastung mit dem Arbeitgeberzuschuß keinen Aufschluß zu geben vermag, sondern daß auch der Umfang der in der Gegenüberstellung erscheinenden staatlichen Leistungen zu weit bemessen ist, da sich Mutterschutzleistungen und familienpolitische Instrumente wie das Erziehungsgeld in ihrer Zweckrichtung grundlegend unterscheiden. (3) Die „besondere Verantwortungsbeziehung“ der Arbeitgeber für den Mutterschutz An das Ende der Angemessenheitsprüfung stellt das BVerfG die Frage nach der besonderen Finanzierungsverantwortung der Arbeitgeber für den Mutterschutz. Damit wirft es die Kernfrage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit fördernder Vergütungsregelungen zu Lasten privater Unternehmen auf. Zur Rechtfertigung der Inanspruchnahme zieht es den Maßstab der „besonderen Verantwortungsbeziehung“ heran, den das Gericht seit den Entscheidungen zum bezahlten Bildungsurlaub nach Landesrecht375 und zum Hessischen Sonderurlaubsgesetz376 an finanzielle Sonderbelastungen Privater zur Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben anlegt. Der Erste Senat begreift die Finanzierungsverantwortlichkeit der Arbeitgeber für die Gemeinwohlaufgabe des Schutzes von Mutter und Kind als Gegenstand der Angemessenheitsprüfung. In ihrer systematischen Einordnung der zentralen Fragestellung abgabenähnlicher Lohn- und 374 Mit eingehender Argumentation wendet sich auch E. Winkler, Die Risiko- und Lastenverteilung im Mutterschutzrecht, 2002, S. 130, gegen eine Berücksichtigung der Aufwendungen des Bundes nach dem BErzGG. 375 BVerfGE 77, 308 (337). 376 BVerfGE 85, 226 (236).

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Preisregelungen konvergiert also die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zum Arbeitgeberzuschuß gem. § 14 Abs. 1 MuSchG mit der Rechtsprechung des BGH zur Verfassungsmäßigkeit der Stromeinspeisungsregelung. Beide Gerichte behandeln die finanzielle Sonderbelastung – also Ungleichbehandlung – einer einzelnen Gruppe Privater als Frage der Angemessenheit einer Berufsausübungsregelung; sie gehen dem gleichheitsrechtlichen Thema im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach. Da auch der BGH das Kriterium der „besonderen Verantwortungsbeziehung“ heranzieht und sich dabei auf die beiden genannten Entscheidungen stützt,377 stimmen die Rechtsprechung des BVerfG und des BGH nicht nur in der systematischen Einordnung des Problems, sondern auch in der Wahl des Rechtfertigungsmaßstabs überein. Da zwar bislang noch nicht in der Rechtsprechung, jedoch von der Literatur die gleichen Erwägungen auch zur finanziellen Sonderbelastung der Arzneimittelhersteller gem. § 130a SGB V angestellt werden,378 wird die Finanzierungsverantwortlichkeit der in Anspruch genommenen Gruppen eingehend im Rahmen einer übergreifenden Betrachtung aller drei Referenzregelungen untersucht werden. Dabei wird auch zu klären sein, ob der Erste Senat des BVerfG die Finanzierungsverantwortung der Arbeitgeber für die Kosten des Mutterschutzes zutreffend begründet hat. Der Senat nimmt eine Art kausaler Verantwortung des Arbeitgebers für die Finanzlasten des Entgeltschutzes an. Nach seiner Auffassung resultieren die Gefahren, vor denen Mutter und Kind geschützt werden müssen, unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis. Indem die Kosten des Mutterschutzes zum Teil dem Arbeitgeber auferlegt würden, träfen sie denjenigen, „der für die gesetzlich vermutete Gefährdung verantwortlich und damit besonders betroffen ist.“379 Aus diesem Grund ließen sich die vom jeweiligen Arbeitgeber zu tragenden Kosten dem einzelnen Arbeitsverhältnis zuordnen. Auf diesen Belastungsgedanken wird zurückzukommen sein. cc) Ergebnis: Angemessenheit des Arbeitgeberzuschusses Mit Blick auf die Angemessenheit des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld bietet sich ein ähnliches Bild wie in den Fällen der übrigen Referenzregelungen. Einem Gemeinschaftsgut von überragender Bedeutung, zu des377 Vgl. die Nachweise in BGHZ 134, 1 (21 ff.) – Stromeinspeisung II; 155, 141 (149 ff., 156 f.) – Stromeinspeisung III. 378 F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (352 f.) berücksichtigt die Finanzierungsverantwortlichkeit innerhalb der Verhältnismäßigkeitskontrolle, während die Mehrheit der Autoren vorschlägt, die Gleichheitsproblematik durch Anwendung der Zulässigkeitsmaßstäbe für Sonderabgaben zu lösen, vgl. H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (180); H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V, 2003, S. 37; H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 (931). 379 BVerfGE 109, 64 (88 f.).

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sen Wahrung die Verfassung explizit auffordert – Art. 6 Abs. 4 GG verpflichtet die Gemeinschaft auf Schutz und Fürsorge zugunsten der Mutter –, steht eine Beschränkung der Unternehmerfreiheit durch eine mittelbar berufsausübungsregelnde Geldleistungspflicht gegenüber. Auch hier führt weder die absolute Höhe der Belastung noch ihre Ausrichtung auf den Regelungszweck dazu, daß die Gesamtabwägung zugunsten der Grundrechtsbeeinträchtigung ausfällt. Der Arbeitgeberzuschuß ist folglich angemessen. Eine Gesamtentscheidung über die Verhältnismäßigkeit der Zuschußpflicht wird bis zu einer Klärung der Bedeutung, die der Legitimation der finanziellen Sonderlast im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zukommt, zurückgestellt. IV. Die Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten als Element der freiheitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung Für alle Referenzregelungen wurden Ansätze der Rechtsprechung und der Literatur beobachtet, die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung durch Preisinterventionen als Element der Verhältnismäßigkeitsprüfung, dabei bisweilen als Frage der Erforderlichkeit, überwiegend aber im Rahmen der Angemessenheitskontrolle zu behandeln. Neben dem Versuch, den von abgabenähnlichen Preisregelungen aufgegebenen verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsbedarf durch die Übertragung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben zu befriedigen, bilden diese Bestrebungen eine weitere verbreitete Vorgehensweise bei der Bestimmung der an Zwangsvergütungen anzulegenden Verfassungsmaßstäbe. Obwohl von den meisten Autoren ausdrücklich anerkannt wird, die finanzielle Sonderbelastung stelle vornehmlich eine Frage der Lastengleichheit und sei deshalb systematisch an sich im Rahmen einer Überprüfung an Art. 3 Abs. 1 GG zu behandeln,380 wird eine solche Prüfung bislang von niemand vorgenommen; die Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Grundrechtsträger wird ausschließlich in Zusammenhang mit der Rechtfertigung des Eingriffs in die Unternehmerfreiheit betrachtet. Vor dem Hintergrund, daß das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Instrument zur Mäßigung freiheitsbeschränkenden Staatshandelns entwickelt worden und folglich primär auf das bipolare Subordinationsverhältnis zwischen Staat und Bürger ausgerichtet ist, ergibt sich nicht ohne weiteres, daß das Prinzip auch für die Verteilung öffentlicher Lasten durch den Staat auf eine Mehrheit von Grundrechtsträgern maßgebend sein kann. Es bleibt daher zu sehen, ob Fragen 380 Exemplarisch M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 130, der die Sonderbelastung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung aufgreift, dabei aber einräumt, sie sei „systematisch eher in Art. 3 Abs. 1 GG anzusiedeln“; ähnlich K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 (599); ders., JA 1981, S. 261 (264); besonders deutlich F. Ossenbühl, RdE 1997, S. 46 (47); C. Treffer, UPR 1996, S. 128 (130).

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der gerechten Verteilung finanzieller öffentlicher Lasten sich am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsprinzips oder zumindest im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung in befriedigender Weise beantworten lassen. Dabei stellt sich zum einen die Frage, ob sich aus dem Teilprinzip der Erforderlichkeit Aussagen zu einer verfassungsmäßigen Lastenverteilung zwischen einzelnen Freiheitsberechtigten und der öffentlichen Hand ableiten lassen. Da sowohl die Rechtsprechung als auch die Literatur die Zuweisung finanzieller Sonderlasten nicht bloß im Rahmen, sondern tatsächlich als Gegenstand der Erforderlichkeitskontrolle betrachten, wird in diesem Zusammenhang eine Klärung der Struktur der Erforderlichkeitsprüfung und ihrer Grenzen nötig. Zum anderen bedarf der Untersuchung, ob die Legitimation einer finanziellen Sonderbelastung sachgerecht innerhalb der Angemessenheitskontrolle erfaßt werden kann. Im Unterschied zur Vorgehensweise auf Ebene der Erforderlichkeit werden Gleichheitserwägungen hier lediglich im Rahmen, nicht aber als integraler Bestandteil der Angemessenheitsprüfung behandelt, wie schon daran erkennbar ist, daß das Erfordernis einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit nie als abwägungsfähiger Belang in die Gesamtabwägung eingestellt wird. 1. Die Verteilung öffentlicher Lasten zwischen dem Staat und Privaten als Frage der Erforderlichkeit a) Struktur und Grenzen der Erforderlichkeitsbetrachtung Der Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs oder der Erforderlichkeit bildet sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts zunächst im Schrifttum,381 sodann auch in der Rechtsprechung des PrOVG382 zum Polizeirecht heraus. Er gilt zunächst nur für die Auswahl und Ausgestaltung von Einzelakten der Verwaltung gegenüber dem Bürger, bevor auch eine Bindung des Gesetzgebers an dieses Prinzip anerkannt wird.383 Befördert durch die Rechtsprechung des BVerfG wird der Grundsatz bald nach Inkrafttreten des Grundgesetzes als Teilprinzip der Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinne angesehen.384 Erforderlich ist eine hoheitliche Maßnahme, wenn zu ihr keine Handlungsalternativen bestehen, die zur Erreichung desselben Zwecks genauso geeignet und 381 Eingehende Darstellung dieser Entwicklung bei S. Heinsohn, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 1997, S. 32 ff., 46 ff.; bereits die frühere Entwicklung verfolgt M. d’Avoine, Die Entwicklung der Verhältnismäßigkeit, 1994, S. 85 ff. 382 Hier insbesondere PrOVG 13, 424 (426); 18, 336 ff.; 37, 401 (403); 45, 416 (423 f.). 383 Hierzu R. von Krauss, Verhältnismäßigkeit, 1955, S. 42 ff.; P. Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, 2. Aufl., 1999, S. 20 m. Fn. 4. 384 Vgl. BVerfGE 1, 167 (178); 2, 266 (280); hierzu S. Heinsohn, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 1997, S. 68 ff.

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dabei mit geringeren Grundrechtsbeeinträchtigungen verbunden sind.385 Zu den umstrittensten Fragen der Erforderlichkeitsdogmatik gehört seit je her, ob für die Qualifikation einer Alternativmaßnahme als „milderes Mittel“ lediglich auf Beeinträchtigungen der Grundrechte des Adressaten der Ausgangsmaßnahme abzustellen ist, oder ob auch die Auswirkungen der Alternative auf andere Freiheitsberechtigte oder gar die Allgemeinheit in die Betrachtung einbezogen werden müssen. Im Grundsatz ist inzwischen anerkannt, daß allein die Auswirkungen auf Grundrechte des Adressaten der zu beurteilenden Maßnahme in den Blick zu nehmen sind:386 Das Prinzip der Erforderlichkeit leitet – entsprechend seinen polizeirechtlichen Ursprüngen – die Auswahl unter mehreren zur Verfügung stehenden Mitteln, nicht die Auswahl des Adressaten an. Dementsprechend fragt auch das BVerfG regelmäßig danach, ob „das Ziel nicht auf eine andere, den Einzelnen weniger belastende Weise ebensogut erreicht werden kann“.387 Allerdings beschäftigen zwei Konstellationen weiterhin das Schrifttum, da die Beachtung der Grundregel, wonach bei dem Wirkungsvergleich von Ausgangsund Alternativmaßnahme allein die Grundrechte des Adressaten zu betrachten sind, in diesen Konstellationen zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann.388 Dabei geht es zum einen um den Fall, daß eine Handlungsalternative zur Erreichung des Zwecks ebenso geeignet ist und die Rechtspositionen des Adressaten weniger beeinträchtigt, dafür aber mit größeren Belastungen für andere Grundrechtsberechtigte verbunden ist. Auch in der zweiten Konstellation wäre die Alternative bei isolierter Betrachtung des Adressaten als milderes Mittel anzusehen, doch bringt sie hier insofern Mehrbelastungen der Allgemeinheit mit sich, als sie den handelnden Hoheitsträger zu erheblichen Mehraufwendungen zwingt. In beiden Fällen stellt sich die Frage, ob die weniger einschneidende Wirkung der Alternative für den Adressaten die Erforderlichkeit der Ausgangsmaßnahme entfallen läßt, obwohl die Alternative andere Grundrechtsberechtigte oder die öffentlichen Haushalte stärker belastet. Beide Male fragt sich also, ob das Erfordernis des milderen Mittels allein auf den Adressaten, einen

385 BVerfGE 37, 1 (21); 40, 371 (383); st. Rspr.; L. Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, 1981, S. 56. 386 R. von Krauss, Verhältnismäßigkeit, 1955, S. 15; B. Drews/G. Wacke/K. Vogel/ W. Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1986, S. 393, 422; L. Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, 1981, S. 56 f., 78; M. Jakobs, Verhältnismäßigkeit, 1985, S. 68, der hierfür auf die polizeirechtlichen Ursprünge des Prinzips verweist. 387 BVerfGE 38, 281 (302) (Hervorhebung nicht im Original); ähnlich E 40, 196 (223); 49, 24 (58). 388 Zu den folgenden Fallgestaltungen R. Alexy, Theorie der Grundrechte, 2. Aufl., 1994, S. 101 m. Fn. 86; L. Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, 1981, S. 68 f.; M. Jakobs, Verhältnismäßigkeit, 1985, S. 68 f.; B. Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, 1976, S. 210 f.

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weiteren Kreis von Freiheitsberechtigten oder gar die Allgemeinheit zu beziehen ist. Einigkeit herrscht darüber, daß ein vermeintliches Gebot, wonach mildere Mittel nur solche sind, die sowohl den Adressaten als auch die Allgemeinheit weniger belasten, die Leistungsfähigkeit des Erforderlichkeitsprinzips als Entscheidungsregel überbeansprucht.389 Zu Recht weist das polizeirechtliche Schrifttum darauf hin, die Erfordernisse einer Minderbelastung des einzelnen und der Allgemeinheit würden kaum jemals zusammenfallen, vielmehr einander in aller Regel zuwiderlaufen und daher als Anforderungen eines einheitlichen Maßstabs zu Widersprüchen führen.390 Darüber hinaus ist unbestritten, daß aus dem Prinzip der Erforderlichkeit ein genereller Vorrang weder für die Rechtspositionen des Adressaten, noch derjenigen anderer Freiheitsberechtigter oder die Interessen der Allgemeinheit abzuleiten ist.391 Für den Grundsatz der Erforderlichkeit ist somit anerkannt – und dies gilt es festzuhalten –, daß dieses Prinzip einen Maßstab der gerechten Lastenverteilung zwischen verschiedenen Gruppen von Freiheitsberechtigten oder zwischen einer bestimmten Gruppe Freiheitsberechtigter und der Allgemeinheit nicht enthält. Das Schrifttum formuliert diesen Befund dahin, bei einer Mehrheit gleich geeigneter Mittel, durch die verschiedene Gruppen von Freiheitsberechtigten in gegenläufiger Weise belastet würden, könne die Erforderlichkeitsprüfung „nicht zu Ende geführt werden“,392 sondern „laufe leer“,393 es müsse ein „Versagen des Grundsatzes der Erforderlichkeit in Konkurrenzsituationen“ festgestellt werden, das „strukturell in diesem Entscheidungsmodell selbst angelegt“ sei.394 Immer dort, wo es um die Rechtfertigung einer „Präferenzrelation“ zwischen verschiedenen Lastenträgern gehe, erlaube der Grundsatz der Erforderlichkeit keine Entscheidung mehr, seien vielmehr seine Grenzen erreicht.395 Herrscht somit über die Grenzen der Leistungsfähigkeit des Erforderlichkeitsprinzips Einigkeit, so unterscheiden sich die Ansichten darüber, nach welchem 389 R. Dechsling, Das Verhältnismäßigkeitsgebot, 1989, S. 65 ff.; L. Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, 1981, S. 66 f. (unter Hinweis auf die „Zwei-Skalen-Problematik“ der Entscheidungstheorie); B. Drews/G. Wacke/K. Vogel/W. Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1986, S. 426; M. Jakobs, Verhältnismäßigkeit, 1985, S. 68 ff.; B. Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, 1976, S. 210 ff.; anders noch Bad.-Württ. VGH, ESVGH 7, 41 (43); B. Bender, NJW 1955, S. 938. 390 So insbesondere B. Drews/G. Wacke/K. Vogel/W. Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1986, S. 426. 391 Hierzu die in Fn. 389 genannten Autoren sowie L. Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, 1981, S. 68 ff. 392 L. Hirschberg, a. a. O., S. 71. 393 W. F. Hotz, Verhältnismäßigkeit von Grundrechtseingriffen, 1977, S. 15; auch R. Dechsling, Das Verhältnismäßigkeitsgebot, 1989, S. 67. 394 So wiederum L. Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, 1981, S. 73. 395 So R. Alexy, Theorie der Grundrechte, 2. Aufl., 1994, S. 101 m. Fn. 86.

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Verfassungsmaßstab zu bestimmen ist, ob die Ausgangsmaßnahme oder eine Alternative den Vorrang verdient. Das polizeirechtliche Schrifttum schlägt vor, der handelnden Verwaltung ein weites Ermessen, dem Gesetzgeber eine weite Gestaltungsprärogative bei der Entscheidung zuzuerkennen, ob der Mehrbelastung des einzelnen oder der Allgemeinheit der Vorzug zu geben sei.396 Andere Autoren sehen die Lösung in einer umfassenden Abwägung der Auswirkungen, die mit einer Belastung des Adressaten oder der Allgemeinheit verbunden seien, und wollen hierzu Maßstäbe der Wohlfahrtsökonomik übertragen.397 Überwiegend wird erkannt, daß ein „interpersoneller Nutzenvergleich“, wie er durch die dargestellten Konstellationen gefordert wird, unter den Maßstäben des Grundgesetzes nur im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes möglich ist.398 Entschieden sich die Verwaltung oder der Gesetzgeber dafür, eine einzelne Gruppe von Freiheitsberechtigten gegenüber anderen oder der Allgemeinheit besonders zu belasten, so würden sie hierbei nicht durch das Prinzip der Erforderlichkeit angeleitet, doch sei die darin liegende Ungleichbehandlung vor Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen. Die geschilderte Problematik der gleichen Eignung zweier Maßnahmen, von denen die eine für den Adressaten milder, für die Allgemeinheit hingegen belastender wirkt, während es sich bei der Alternative umgekehrt verhält, tritt auch bei Preisregelungen auf. Da die Untersuchung der Erforderlichkeit eines Preisdiktates die Alternativität von Finanzierungsinstrumenten zu betrachten hat und aufgrund der Fungibilität des Handlungsmittels Geld die Belastung des öffentlichen Haushalts zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe stets genauso geeignet ist wie die Zuweisung einer Sonderlast, stellt sich die Schwierigkeit für Zwangsvergütungen in geradezu klassischer Weise. Vergütungsregelungen entsprechen dabei der zweiten Konstellation, bei der das Alternativmittel für den Adressaten – die sonderbelastete Gruppe – zwar milder wäre, die öffentlichen Haushalte jedoch stärker belasten würde. Die Beurteilung abgabenähnlicher Vergütungspflichten stellt folglich eine Anfrage an das Prinzip der Erforderlichkeit, für die in der Literatur spätestens seit den frühen achtziger Jahren anerkannt ist, daß dieses Prinzip sie nicht zu beantworten vermag; für die gerechte Verteilung finanzieller öffentlicher Lasten zwischen einzelnen Freiheitsberechtigten und der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen bildet die Erforderlichkeit keinen Maßstab. Ob die finanzielle Sonderbelastung einzelner für öffentliche

396 B. Drews/G. Wacke/K. Vogel/W. Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1986, S. 426. 397 R. Dechsling, Das Verhältnismäßigkeitsgebot, 1989, S. 68, begreift diese Abwägung als Kompensation im Sinne des Kaldor-Hicks-Kriteriums; zu letzterem auch S. Huster, Rechte und Ziele, 1993, S. 432 ff. 398 Grundlegend B. Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, 1976, S. 210 ff.; ähnlich L. Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, 1981, S. 71 f.; so wohl auch R. Alexy, Theorie der Grundrechte, 2. Aufl., 1994, S. 101 m. Fn. 86.

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Zwecke gerechtfertigt oder statt dessen die Finanzierungsverantwortlichkeit der Allgemeinheit angesprochen ist, bestimmt sich – wie auch die Literatur zu den Anwendbarkeitsgrenzen der Erforderlichkeit zunehmend anerkennt – nach Maßgabe des allgemeinen Gleichheitssatzes. Es bleibt zu sehen, wie sich die Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur, die auch die Alternative eines staatlichen Subventionsprogramms in die Erforderlichkeitskontrolle „quersubventionierender“ Regelungen einbeziehen, mit diesem Befund vereinbaren lassen. b) Das „Argument der Lastenverlagerung“ in der Erforderlichkeitsprüfung Die Erforderlichkeit abgabenäquivalenter Preisregelungen wird häufig mit dem Hinweis in Frage gestellt, die Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe lasse sich auch dadurch sicherstellen, daß Private, welche die förderungswürdige Sachaufgabe eigenhändig erfüllen, aus Mitteln des allgemeinen Staatshaushalts subventioniert werden; diese Übernahme der Finanzlast durch den Staat stelle sich für die Adressaten des belastenden Preisdiktates als milderes Mittel dar.399 Wie bereits in Auseinandersetzung mit der Erforderlichkeit der Stromeinspeisungsregelung und des Arbeitgeberzuschusses gesehen wurde, gehen Rechtsprechung und Literatur mit diesem Einwand auf unterschiedliche Weise um. Die Literatur zur SER beanstandet an diesem Argument überwiegend, mit ihm lasse sich die Erforderlichkeit jeder vermögensbelastenden Inanspruchnahme privater Gruppen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben in Zweifel ziehen, da eine Übernahme der Lasten durch den öffentlichen Haushalt aus Sicht der betroffenen Gruppe Privater stets ein milderes Mittel darstelle. Der Einwand müsse daher im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung als „dogmatisch unzulässig“ verworfen werden.400 Somit ist es der Blick auf die weitreichenden Folgen des Arguments, der diese Autoren dazu bewegt, den Gedanken der Lastenübernahme durch die öffentliche Hand im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung für generell unzulässig zu erklären. Dahinter steht die zutreffende Beobachtung, daß die Erforderlichkeitskontrolle für Vorgänge der Verteilung öffentlicher Lasten zwischen Freiheitsberechtigten und der öffentlichen Hand keinen Maßstab 399 Diesen Gedanken bringt insbesondere K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 (599) sowie ders., Zwangssubventionierung, 1995, S. 149 ff., vor; in Auseinandersetzung mit seiner Ansicht BGHZ 134, 1 (18); M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 129; H.-J. Koch/P. Schütte, ZNER 1998, S. 3 (9); S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 206. 400 So S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 206; H.-J. Koch/P. Schütte, ZNER 1998, S. 3 (9); in diese Richtung auch M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 129.

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bereithält, an Fragen dieser Lastenverteilung also gleichsam „versagt“. Irreführend ist diese Auffassung allerdings insofern, als sie die Anwendung des Erforderlichkeitskriteriums auf Fälle der Zuweisung finanzieller öffentlicher Lasten an Private verbietet, anstatt die fehlende Anwendbarkeit dieses Maßstabes auf solche Konstellationen festzustellen. Der Einwand, die Übernahme der finanziellen Lasten einer Gemeinwohlaufgabe durch den Staat bilde ein milderes Mittel, ist nicht „dogmatisch unzulässig“, sondern läßt sich aus dem Gedanken der Erforderlichkeit, wie soeben festgestellt, schlicht nicht herleiten. Das BVerfG und der BGH begegnen dem Einwand einer alternativen Finanzierung des Förderaufwandes aus dem Staatshaushalt neuerdings mit dem Argument, bei dieser Option handele es sich nicht um ein milderes Mittel, da die Belastung des Staatshaushalts den Fiskus dazu zwinge, in entsprechendem Umfang Mehreinnahmen zu erzielen, wodurch wiederum Grundrechtsträger, nämlich die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen, belastet würden.401 Im Unterschied zu der vorgenannten Literaturauffassung verwerfen beide Gerichte den Einwand der Lastenübernahme durch die öffentliche Hand nicht als dogmatisch unzulässig, sondern lehnen ihn unter Rekurs auf das Kriterium des milderen Mittels ab; sie argumentieren damit „erforderlichkeitsimmanent“. Allerdings fügt sich die Begründung der beiden Gerichte in die Dogmatik des Erforderlichkeitsprinzips nicht ein. Wie dargestellt, ist für die Beurteilung von Alternativmaßnahmen nur auf diejenigen Freiheitsberechtigten abzustellen, die bereits durch die Ausgangsmaßnahme betroffen werden; dies sind der Adressat der Maßnahme sowie unter Umständen weitere Grundrechtsträger, die durch das hoheitliche Handeln ebenso betroffen werden wie dieser, die also gleichsam „in der Handlungssituation stehen“. Werden weitere Kreise von Freiheitsberechtigten oder gar die Allgemeinheit in die Betrachtung des milderen Mittels einbezogen, so wirft dies Fragen des „interpersonellen Nutzenvergleichs“402 auf, die anhand des Erforderlichkeitsmaßstabes nicht zu beantworten sind. Eben dies geschieht, wenn die Rechtsprechung die Belastung des allgemeinen Staatshaushalts vermittels der einnahmenwirtschaftlichen Inanspruchnahme der Steuerpflichtigen als Belastung von Grundrechtsträgern begreift, die im Rahmen der Erforderlichkeitsbetrachtung berücksichtigt werden könne. Zwar ist es richtig, daß der Einwand eines staatlichen Subventionsprogramms als Alternative zur Sonderbelastung privater Unternehmen deren Erforderlichkeit nicht entfallen läßt, doch folgt dies nicht daraus, daß diese Alternative ebenfalls mit Grundrechtseingriffen verbunden ist 401 So zur Erforderlichkeit der Stromeinspeisungsregelung BGHZ 134, 1 (18); ebenso zum Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld BVerfGE 109, 64 (86) (Die dort in Bezug genommenen Entscheidungen vermitteln den Eindruck, es bestehe eine gefestigte Rspr. des BVerfG, die das „Argument der Lastenverlagerung“ im Rahmen der Erforderlichkeitskontrolle als unzutreffend ablehnt; bei näherer Betrachtung der in Bezug genommenen Entscheidungen ist dies indessen nicht der Fall.). 402 Begriff nach B. Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, 1976, S. 211.

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und infolgedessen kein milderes Mittel darstellt, sondern daraus, daß weitere Personenkreise als die Betroffenen der Ausgangsmaßnahme nicht in den Wirkungsvergleich einzustellen sind. Um Aussagen zur verfassungsmäßigen Verteilung öffentlicher Lasten treffen zu können, müßte das Erforderlichkeitsprinzip Vorgaben für die Bildung von Vergleichsgruppen und den Kreis zulässiger Verantwortlichkeitskriterien enthalten, doch ist dies – im Unterschied zum Gleichheitssatz – nicht der Fall. Die Argumentation der Rechtsprechung ist auch deshalb nicht richtig, weil die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen in keinem Bezug zur Belastung einzelner Freiheitsberechtigter durch Zwangsvergütungen steht außer dem, daß die Alternative von Aufwendungen der öffentlichen Hand sich zwangsläufig, aber höchst mittelbar als Belastung der Steuerpflichtigen fortsetzt. Indem BGH und BVerfG die Belastung des Staatshaushalts mit Eingriffen in Grundrechte der Steuerzahler gleichsetzen, qualifizieren sie die Schonung der öffentlichen Haushalte zu einer Frage des Grundrechtsschutzes um. Wie verfehlt es ist, den Kreis der erforderlichkeitsrelevanten Grundrechtsbeeinträchtigungen auf die staatliche Einnahmenwirtschaft insgesamt auszuweiten, wird daran deutlich, daß nach dem haushaltsrechtlichen Prinzip der Non-Affektation alle Einnahmen als Deckungsmittel für alle Ausgaben zur Verfügung stehen.403 Ein Konnex zwischen der Herkunft und der Verwendung der Haushaltsmittel soll dem Grundsatz nach gerade nicht bestehen. Die Budgetbewilligung des Haushaltsgesetzgebers dient der unbefangenen Verwendungsentscheidung über öffentliche Mittel in Distanz zu den jeweiligen Financiers des Staates.404 Sind Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft demnach im Grundsatz strikt voneinander getrennt, so ist auch die argumentative Ersetzung des Staatshaushalts als alternativem Lastenträger durch die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen, wie sie sich in beiden Entscheidungen findet, im Rahmen der Erforderlichkeitsbetrachtung dogmatisch nicht korrekt. Die Begründung, mit der BVerfG und BGH die Erforderlichkeit abgabenäquivalenter Preisregelungen gegenüber dem Einwand, ein staatliches Subventionsprogramm stelle ein milderes Mittel dar, abschirmen, trägt aus den genannten Gründen nicht. Wenn schließlich einzelne Autoren die Erforderlichkeit einer Preisintervention unter dem Hinweis verneinen, ein staatliches Subventionsprogramm bilde dann ein milderes Mittel, wenn die Finanzierungsverantwortung für die betreffende öffentliche Aufgabe nicht bei den Mitgliedern der sonderbelasteten Gruppe, sondern bei der Allgemeinheit liegt,405 so wird die Erforderlichkeitsprüfung in ihrer überkommenen Gestalt verändert und durch Aspekte der La403

Statt vieler A. Nebel, in: E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rn. 21. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 14. 405 K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 (599); ders., Zwangssubventionierung, 1995, S. 149 ff.; ihm folgt C. Treffer, UPR 1996, S. 128 (129). 404

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stengleichheit ergänzt. Dabei gelangen nicht mehr die hergebrachten Grundsätze der Erforderlichkeit zur Anwendung, sie werden durch Gleichheitserwägungen überlagert. c) Ergebnis: Lastenverteilung kein Gegenstand der Erforderlichkeitsprüfung Es konnte nachgewiesen werden, daß das Prinzip der Erforderlichkeit keine Aussagen dazu erlaubt, ob die Übernahme finanzieller Lasten durch den allgemeinen Staatshaushalt gegenüber der Sonderbelastung einzelner Privater ein milderes Mittel darstellt; die Fragestellung überschreitet die Grenzen der Erforderlichkeitsbetrachtung. Der Einwand einer alternativen Förderung aus Haushaltsmitteln ist daher nicht, wie einige Autoren annehmen, „dogmatisch unzulässig“, sondern verläßt schlicht den Boden der Erforderlichkeitsdogmatik. Wenn BVerfG und BGH diesen Einwand mit der Begründung ablehnen, eine Belastung der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen bilde kein weniger einschneidendes Mittel, so geht diese Argumentation fehl, da der Grundsatz der Erforderlichkeit eben solche Aussagen nicht trägt. Sofern den Referenzregelungen die Erforderlichkeit nur unter der Voraussetzung zuerkannt wurde, daß eine Subventionierung aus öffentlichen Mitteln nicht als milderes Mittel zu beurteilen ist, steht nun fest, daß diese Voraussetzung gegeben ist. 2. Die Legitimation einer finanziellen Sonderbelastung als Element der Verhältnismäßigkeitsprüfung a) Verbreitete Prüfungsstrukturen Noch häufiger als die Berücksichtigung des gleichheitsrechtlichen Themas der Lastenverteilung zwischen öffentlicher Hand und privaten Gruppen innerhalb der Erforderlichkeitskontrolle ist ihre Aufnahme in die Angemessenheitsprüfung des Grundrechtseingriffs anzutreffen. Am deutlichsten wird dies in der Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld vom 18. November 2003. In diesem Beschluß setzt sich das Gericht im Rahmen der Angemessenheitskontrolle406 – nach einer kurzen Feststellung, die Intensität der Belastung halte sich in den Grenzen der Angemessenheit407 – ausschließlich und eingehend mit der Lastenverteilung zwischen der Gruppe der Arbeitgeber und der öffentlichen Hand sowie mit der besonderen Finanzierungsverantwortlich406 Das BVerfG bezeichnet dieses Element der Verhältnismäßigkeitsprüfung regelmäßig als Zumutbarkeit, vgl. nur BVerfGE 77, 308 (334); 81, 156 (194 ff.); 85, 226 (235). 407 BVerfGE 109, 64 (86 f.) – Arbeitgeberzuschuß III.

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keit der Arbeitgeber auseinander.408 Besonders verbreitet ist der Versuch, die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung in die freiheitsrechtliche Angemessenheitsprüfung zu integrieren, in Rechtsprechung409 und Schrifttum410 zur Stromeinspeisungsregelung, doch findet er sich ebenso in der literarischen Auseinandersetzung mit der Verfassungsmäßigkeit der Arzneimittelabschläge 411 und des Arbeitgeberzuschusses.412 Die dogmatischen Anknüpfungspunkte, die zum Anlaß genommen werden, Überlegungen zur Lastengleichheit innerhalb der Angemessenheitsbetrachtung nachzugehen, sind dabei höchst unterschiedlich. Bisweilen wird eine fördernde Vergütungsregelung als Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben eingeordnet und aus dieser Qualifikation sodann – aufbauend auf der Rechtsprechung des BVerfG zu Indienstnahmen – abgeleitet, die Vergütungspflicht bedürfe als finanzielle Sonderbelastung für öffentliche Aufgaben der besonderen Rechtfertigung vor dem Prinzip der Lastengleichheit.413 Einen ähnlichen Zugang wählt Fritz Ossenbühl, der für hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten zur Finanzierung von Gemeinwohlaufgaben eine Doppellegitimation in dem Sinne fordert, daß nicht allein der Zweck der Regelung, sondern auch das zu seiner Verwirklichung eingesetzte Mittel – die finanzielle Sonderlast – legitim sein müsse. Dies sei dann gegeben, wenn die sonderbelastete Gruppe Privater eine Finanzierungsverantwortlichkeit für den Gemeinwohlzweck treffe.414 Sofern Autoren die Anwendung der Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben auch auf Entgeltregelungen für geboten erachten, werden nicht selten die gleichheitsschützenden Erfordernisse der Gruppenhomogenität, der besonderen Gruppenverantwortung und der Gruppennützigkeit als zusätzliche Anforderungen an die Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG eingeführt, begleitet von dem Hinweis, die klassische Verhältnismäßigkeitskontrolle erweise sich bei der Auferlegung finanzieller Sonderlasten als unzureichend.415 Das BVerfG geht regelmäßig ohne Erläuterung des systematischen Zusammenhangs von Erwägungen der Angemessenheit im klassischen Sinne zu 408

BVerfG, a. a. O., S. 87 ff. BGHZ 134, 1 (21 ff.); 155, 141 (149 ff., 156 f.). 410 M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 263 ff.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 225 ff.; S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1222); F. Ossenbühl, RdE 1997, S. 46 (50 ff.); H.-J. Blanke/A. Peilert, RdE 1999, S. 96 (99 f.). 411 Dort F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (350 f.). 412 C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, 1997, S. 104 ff.; E. Kreßel, Anmerkung zu BAG, AP Nr. 13 zu § 14 MuSchG 1968, Bl. 1448 (Vorders.). 413 So BGHZ 134, 1 (21) – Stromeinspeisung II; 155, 141 (149, 156) – Stromeinspeisung III; ähnlich M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 263 ff.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 225 ff.; S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1222). 414 F. Ossenbühl, ET 1996, S. 94 (96); ders., RdE 1997, S. 46 (50 ff.); zustimmend H.-J. Blanke/A. Peilert, RdE 1999, S. 96 (99 f.). 409

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einer Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung über, wobei sich dieser Prüfungsduktus typischerweise in der Erforderlichkeitskontrolle durch den Hinweis des Gerichts ankündigt, ob die Sonderbelastung des Regelungsadressaten gerechtfertigt sei, bilde keine Frage der Erforderlichkeit, sondern der Angemessenheit.416 Wenngleich sich die Untersuchungen der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit als Element der Angemessenheit in ihren dogmatischen Anknüpfungspunkten unterscheiden, so sind sie in der Wahl ihres Prüfungsmaßstabes recht einheitlich. Die Literatur faßt die Kriterien der „besonderen Gruppenverantwortung“ und der „gruppennützigen Verwendung“, wie sie in der Sonderabgabenjudikatur des BVerfG entwickelt worden sind, als Konkretisierungen des Prinzips der Lastengleichheit auf und führt sie als zusätzliche Rechtfertigungsanforderungen in die Angemessenheitskontrolle ein.417 Obwohl die systematische Zuordnung dieser erweiterten Rechtfertigungsprüfung zum Prinzip der Lastengleichheit allgemein anerkannt ist,418 wird diese Vorgehensweise häufig als „entsprechende Anwendung“ einzelner Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben und damit als „Übertragung“ von „Sonderanforderungen des Finanzverfassungsrechts“ begriffen.419 Richtigerweise handelt es sich dabei nicht um eine Analogie oder sonstige Übertragung von Verfassungsmaßstäben, da die Erfordernisse der „besonderen Gruppenverantwortung“ und der „gruppennützigen Verwendung“, wie bereits eingehend dargestellt,420 lediglich „Ableitungen“ des allgemeinen Grundsatzes der Lastengleichheit bilden, so daß sie bei der Rechtfertigung einer finanziellen Sonderbelastung in ihrer originären, nicht in einer übertragenen Funktion zur Anwendung gelangen.

415 F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (350 f.); C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 104 ff.; E. Kreßel, Anmerkung zu BAG, AP Nr. 13 zu § 14 MuSchG 1968, Bl. 1448 (Vorders.). 416 So BVerfGE 77, 308 (334); 109, 64 (86); vgl. auch E 85, 226 (235 ff.), wo lediglich der besagte Hinweis fehlt. 417 Zur Stromeinspeisungsregelung M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 242 ff.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 225 ff.; F. Ossenbühl, RdE 1997, S. 46 (50 ff.); H.-J. Blanke/A. Peilert, RdE 1999, S. 96 (99 f.). – Zu Arzneimittelabschlägen F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (350 f.). – Für den Arbeitgeberzuschuß C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 104 ff.; E. Kreßel, Anmerkung zu BAG, AP Nr. 13 zu § 14 MuSchG 1968, Bl. 1448 (Vorders.). 418 Vgl. nur K. H. Friauf, ET 1995, S. 597 (599); F. Ossenbühl, RdE 1997, S. 46 (50 ff.); S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 226 f.; C. Treffer, UPR 1996, S. 128 (130). 419 So etwa M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 241 ff.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 228; S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1218 f.); J. Reshöft, Verfassungskonformität des EEG, 2003, S. 131. 420 Siehe oben § 7 C I 3 a) und c).

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Die Rechtsprechung fragt im Rahmen der Angemessenheitsprüfung danach, ob die Mitglieder der sonderbelasteten Gruppe eine „besondere Verantwortungsbeziehung“ zur Wahrnehmung der finanzierungsbedürftigen Aufgabe aufweisen.421 Dieses Merkmal der „besonderen Verantwortungsbeziehung“ wird erstmals in Entscheidungen herangezogen, in denen das BVerfG sich mit der Anwendbarkeit der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben auf abgabenäquivalente Vergütungsregelungen im Individualarbeitsrecht auseinanderzusetzen hatte,422 so daß mit einiger Sicherheit angenommen werden kann, daß dieses Kriterium durch das Erfordernis der besonderen Gruppenverantwortung aus der Sonderabgabenjudikatur inspiriert ist.423 Zwar ist durch das BVerfG niemals explizit zum Ausdruck gebracht worden, im Schrifttum424 und in Entscheidungen des BGH425 jedoch anerkannt, daß die Untersuchung der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit im Rahmen der freiheitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung in der Sache danach fragt, ob die finanzielle Sonderbelastung durch Zwangsvergütungen mit dem Prinzip der Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher Lasten vereinbar ist. Erstaunlich ist vor diesem Hintergrund, daß die Rechtfertigung der Sonderlast von niemand im Rahmen einer umfassenden Gleichheitsprüfung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes gem. Art. 3 Abs. 1 GG behandelt wird. Die Frage nach der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit der belasteten Gruppe Privater trägt die Überprüfung der finanziellen Sonderbelastung am Maßstab des – in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten – Lastengleichheitsgebots in die Kontrolle eines Freiheitseingriffs am Maßstab des Übermaßverbots hinein – und bleibt dort in prüfungssystematischer Hinsicht ein Fremdkörper. Die in die Verhältnismäßigkeitsbetrachtung übernommene Gleichheitsprüfung tritt aus der Zweck-Mittel-Relation als Grundstruktur der Verhältnismäßigkeit hinaus, da sie nicht auf das Verhältnis der Grundrechtsbeeinträchtigung in ihrer Intensität zum Zweck der Regelung blickt, sondern darauf schaut, ob die Ungleichbehandlung der Sonderlastenträger gegenüber der Allgemeinheit durch besondere Belastungsgründe gerechtfertigt ist. Als Gleichheitsprüfung ist sie auch nicht dem Gedanken der individuellen Unzumutbarkeit zuzuordnen, der sich zwar ebenfalls nicht in die Struktur der Zweck-Mittel-Relation einfügt, als Element des Übermaßverbots jedoch anerkannt ist.426 Die Untersuchung der besonderen Fi421 BVerfGE 77, 308 (337); 81, 156 (197 f.); 85, 226 (235 ff.); 109, 64 (88); BGHZ 134, 1 (21). 422 BVerfGE 77, 308 (337); 81, 156 (197 f.); 85, 226 (235 ff.). 423 Dieselbe Vermutung äußert K. H. Friauf, Zwangssubventionierung, 1995, S. 150. 424 Siehe soeben in Fn. 418. 425 BGHZ 134, 1 (21); unter Berufung hierauf BGHZ 155, 141 (149, 156). 426 R. Albrecht, Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab, 1995, S. 64 ff.; J. Lücke, DÖV 1974, S. 769 ff.; F. Ossenbühl, Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab, in: FG Gesellschaft für Rechtspolitik, 1984, S. 315 ff.

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nanzierungsverantwortlichkeit fragt nicht danach, ob die Sonderlast für den Freiheitsberechtigten unter Berücksichtigung seiner individuellen Verhältnisse tragbar ist, sondern danach, ob in seiner Person besondere verantwortlichkeitsbegründende Umstände vorliegen.427 Angesichts dessen ist zu bezweifeln, ob mit der Angemessenheitskontrolle der problemgerechte und prüfungssystematisch – gegenüber einer eigenständigen Gleichheitsprüfung am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG – vorzugswürdige Ort zur Untersuchung der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit gefunden ist. b) Finanzierungsverantwortlichkeit als Frage der Angemessenheit – Ein Dilemma Die Berücksichtigung der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung befindet sich in einem Dilemma. Einerseits ist die Frage, ob eine grundrechtsbeeinträchtigende Maßnahme nach ihrer Art und ihrer Intensität durch den Gemeinwohlzweck, dem sie dient, gerechtfertigt wird, nicht befriedigend zu beantworten, solange nicht feststeht, ob der jeweilige Freiheitsberechtigte für diesen Zweck, für diese öffentliche Aufgabe überhaupt gesondert herangezogen werden darf. In dem durch die Literatur eingeführten Begriff der „Doppellegitimation“428 kommt zum Ausdruck, daß nicht nur das Gewicht und die Bedeutung eines bestimmten Gemeinwohlzwecks, sondern auch die Beziehung, in der ein sonderbelasteter Grundrechtsträger zu diesem steht, über das zulässige Ausmaß der Sonderbelastung bestimmen. Ob die besondere Inanspruchnahme gerechtfertigt ist, bildet daher eine unumgängliche Vorfrage der Untersuchung, inwieweit der belastende Vermögenszugriff gerechtfertigt ist. Angesichts dessen ist es nicht nur begrüßenswert, sondern auch durch die Grundrechtsdogmatik geboten, wenn Rechtsprechung und Literatur sich innerhalb der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Frage nach 427 R. Albrecht, Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab, 1995, S. 122 f. – Albrecht geht zudem davon aus, der Grundsatz der Zumutbarkeit als eigenständiger Verfassungsmaßstab besitze auch bei der Beurteilung finanzieller Sonderlasten einen selbständigen Anwendungsbereich neben dem Prinzip der Lastengleichheit (ders., a. a. O., S. 159 ff., 171 ff.). Bei einer näheren Betrachtung der Kriterien, durch die er die Anforderungen des Zumutbarkeitsprinzips auf konkrete Sonderlasten präzisiert, zeigt sich allerdings, daß es sich dabei um dieselben Gesichtspunkte handelt, mit denen die verfassungsgerichtliche Rspr. den Grundsatz der Gleichheit bei der Auferlegung öffentlicher Lasten konkretisiert; der selbständige Anwendungsbereich der Zumutbarkeit neben dem Prinzip der Lastengleichheit unterliegt daher erheblichen Zweifeln, wie der Autor selbst anerkennt (a. a. O., S. 175). 428 F. Ossenbühl, RdE 1997, S. 46 (50); ihm folgt C. Treffer, UPR 1996, S. 128 (130); der Gedanke der „Doppellegitimation“ findet sich bereits zuvor bei K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (65), der jedoch im Rahmen seines Rechtsgutachtens zum StrEG das Konzept der Doppellegitimation in eine auf mehrere Begründungsansätze gestützte umfassendere Argumentation einfließen läßt, vgl. ders., Zwangssubventionierung, 1995, S. 149 ff.

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der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit des Sonderlastenträgers widmen. Unzureichend wird dem beschriebenen Zusammenhang zwischen gleichheitsrechtlicher und freiheitsrechtlicher Rechtfertigung der Sonderbelastung allerdings dann Rechnung getragen, wenn die Kontrolle der Verhältnismäßigkeit anhand der Zweck-Mittel-Relation und die Überprüfung der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit unverbunden nebeneinander stehen. So ist nicht selten zu beobachten, daß zunächst die Angemessenheit der besonderen Inanspruchnahme festgestellt wird, bevor das Gericht oder der Autor sich der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit zuwendet; der konditionale Zusammenhang zwischen der Zulässigkeit der Sonderlast als solcher und der Angemessenheit ihrer Intensität wird auch bei einer solchen Behandlung noch vernachlässigt.429 Anstatt deren Grundlage zu bilden, wird die Rechtfertigung der Sonderlast in ihrer Bedeutung für die Verhältnismäßigkeitskontrolle auf einen bloßen Annex beschränkt. Solange die Finanzierungsverantwortlichkeit des Sonderlastenträgers jedoch nicht nachgewiesen ist, kann die Verhältnismäßigkeit der Belastung nur unterstellt, nicht festgestellt werden; ihr fehlt gleichsam das Fundament. Wenn also für die Referenzregelungen bereits erklärt worden ist, diese hielten sich innerhalb der Grenzen der Verhältnismäßigkeit, so gilt dies nur unter der Voraussetzung, daß eine Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Gruppen überhaupt besteht – was weiterhin der Klärung bedarf. In einem Dilemma befindet sich die Berücksichtigung der Finanzierungsverantwortung innerhalb der Verhältnismäßigkeit deshalb, weil sie einerseits aus dem genannten Grund geboten, andererseits jedoch zweifelhaft ist, ob sie sich in diesem Rahmen in einer Weise verwirklichen läßt, die der von Zwangsvergütungen aufgeworfenen Gleichheitsproblematik gerecht wird. Insoweit bestehen mehrere Gefahren einer verkürzenden und daher nicht problemgerechten Behandlung. Wird innerhalb der Angemessenheitsprüfung isoliert nach der „besonderen Gruppenverantwortung“ oder der „besonderen Verantwortungsbeziehung“ des Sonderlastenträgers gefragt, so wird auf die Festlegung zweier Vergleichsgruppen, wie sie methodische Grundlage jeder Gleichheitsbetrachtung ist, verzichtet. Gegenüber welcher anderen Personengruppe die sonderbelasteten Privaten benachteiligt werden, bleibt unausgesprochen, wenn nicht sogar unklar. Ohne daß eine Vergleichsgruppe identifiziert wird, läßt sich jedoch über das Ausmaß der Ungleichbehandlung, das für die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung relevant ist, nichts aussagen. Auch darüber, ob der 429 Exemplarisch BVerfGE 109, 64 (87 f.); M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 263; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 224 f.; BGHZ 134, 1 (21 ff.) bezieht die Finanzierungsverantwortlichkeit zwar vor Feststellung des Ergebnisses der Angemessenheitskontrolle mit ein, leitet aus dem Grund der Sonderfinanzierungsverantwortung jedoch keine Zulässigkeitsgrenzen für die Intensität der Belastung ab.

§ 14 Vereinbarkeit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit

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Grund der Differenzierung in einem sachlichen Zusammenhang zum Zweck der Regelung steht, läßt sich erst dann eine Aussage treffen, wenn durch die Wahl der Vergleichsgruppe darüber entschieden ist, welche Differenzierung den Gegenstand der Untersuchung bildet. Bleibt die Festlegung der Vergleichsgruppe eine bloß implizite Voraussetzung, wie dies bei einer „kürzelartigen“ Gleichheitsprüfung innerhalb der Verhältnismäßigkeit regelmäßig der Fall ist, so werden Mängel der Rechtfertigung leicht übersehen. Daneben kann eine in Verhältnismäßigkeitserwägungen gleichsam „eingepfropfte“ Gleichheitskontrolle unter Umständen zu einer Vermengung der Maßstäbe430 führen, aus deren Anwendung sich sodann unzutreffende Resultate ergeben werden. So verleitet das Denken in Zweck-Mittel-Kategorien dazu, eine geringfügige Beschwer oder eine mäßige Belastung zugunsten herausragender Gemeinschaftsgüter auch dann für zulässig zu erklären, wenn für die Auswahl des Sonderbelasteten kein sachlicher Grund besteht. Zwar werden diese Gefahren zum Teil gemindert, wenn der Gleichheitskontrolle die drei gleichheitsschützenden Anforderungen der Sonderabgabenjudikatur – Gruppenhomogenität, Gruppenverantwortung und Gruppennützigkeit – zugrunde gelegt werden. Aber auch durch die Maßgaben der Verfassungsrechtsprechung für das Bestehen einer „besonderen Gruppenverantwortung“431 ist nicht unbedingt sichergestellt, daß nur solche Umstände als Legitimation einer sonderbelastenden Vergütungspflicht zugelassen werden, die einen „sachlichen Grund“432 für die Annahme einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit darstellen. Um so mehr kann die isolierte und wenig konturierte Frage des BVerfG nach einer „besonderen Verantwortungsbeziehung“ in eine verkürzte Prüfung münden, die nicht durch die Grundsätze der Gleichheitsbetrachtung strukturiert und angeleitet wird. Die genannten Risiken werden durch verfassungsgerichtliche Entscheidungen zu Vergütungsregelungen im Arbeitsrecht auf anschauliche Weise belegt. Illustrativ ist hier zum einen der Beschluß des Ersten Senats zu den Sonderurlaubsgesetzen Hessens und Nordrhein-Westfalens, durch welche die Arbeitgeber verpflichtet wurden, solchen Arbeitnehmern, die sich ehrenamtlich in der Jugendarbeit engagieren, zu diesem Zweck bezahlten Sonderurlaub zu gewähren. Das BVerfG stellt zunächst im Rahmen der Angemessenheitsprüfung des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG fest, daß den einzelnen Arbeitnehmer keine Finanzierungsverantwortlichkeit für die Gemeinwohlaufgabe der Jugendarbeit trifft.433 Sodann 430 Zu deren Unterschiedlichkeit eingehend P. Kirchhof, Gleichmaß und Übermaß, in: FS f. Peter Lerche, 1993, S. 133 ff. 431 Hierzu nur BVerfGE 55, 274 (306 f.) – Berufsausbildungsabgabe. 432 Zu dieser Grundanforderung an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung BVerfGE 75, 108 (157); 93, 319 (348 f.); 93, 386 (397); 101, 275 (291); 103, 310 (318); 105, 73 (111); st. Rspr.

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deutet es jedoch an, die Belastung der Arbeitgeber könne zulässig sein, wenn diese als Gesamtgruppe zur Finanzierung ehrenamtlichen Engagements in der Jugendarbeit im Wege eines Umlagesystems herangezogen würden.434 Die Entscheidung zeigt, daß eine Gleichheitsbetrachtung durch Einnahme einer ZweckMittel-Perspektive verzerrt werden kann. Zwar ist es richtig, daß Ungleichbehandlungen von geringerer Intensität eher einer Rechtfertigung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes zugänglich sind.435 Besteht eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit jedoch gar nicht – wovon im Falle einer Belastung der Arbeitgeber für Zwecke der Jugendarbeit auszugehen sein dürfte und wie das BVerfG selbst für den einzelnen Arbeitgeber annimmt –, so ist auch die finanzielle Sonderbelastung geringeren Umfangs vor dem Prinzip der Lastengleichheit nicht zu rechtfertigen.436 Noch deutlicher zeigt die Entscheidung des BVerfG über den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld vom 18. November 2003, daß die Überprüfung der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung eine strukturarme Prüfung mit sich bringen kann. Die „Gesamtbetrachtung“ der verschiedenen Anteile an den Lasten des Entgeltschutzes zugunsten der Mutter trägt sowohl Züge der Angemessenheits- als auch der Gleichheitsprüfung, führt jedoch die Prinzipien keiner der beiden Maßstäbe konsequent durch und bleibt folglich ohne rechtlichen Aussagegehalt.437 In der Frage nach der „besonderen Verantwortungsbeziehung“ der Arbeitgeber für die Lasten des Mutterschutzes stützt sich das Gericht auf ein Argument der Sachverantwortung – die Gefahren für die Gesundheit der Mutter und des Kindes gingen vom Arbeitsumfeld, das der Arbeitgeber beherrsche, aus –, um hiermit die Zuschußpflicht des § 14 Abs. 1 MuSchG, eine rein finanzielle Belastung, zu rechtfertigen.438 Eine Gleichheitsprüfung nach allgemeinen Grundsätzen hätte hier auf die Frage geführt, ob die Gefahren des Arbeitsplatzes, die bereits durch die Erfüllung der Freistellungspflicht des Arbeitgebers beseitigt werden, einen sachlichen Grund auch für die Auferlegung der Lohnfortzahlungspflicht bilden. 433

BVerfGE 85, 226 (237). BVerfG, ebd.; einen ähnlichen Hinweis schließt das Gericht in E 77, 308 (337) an. 435 Das BVerfG fragt in Anwendung der sog. neuen Formel regelmäßig danach, ob zwischen den Vergleichsgruppen Unterschiede „von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten“, etwa BVerfGE 88, 87 (97); 95, 39 (45); 100, 195 (205); 103, 225 (235); weitere Nachweise bei W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 21 (m. Fn. 132). 436 Dementsprechend hat BVerfGE 101, 141 (148 ff.) die Sonderabgabe, durch welche die abgabenähnliche Lohnfortzahlungsregelung des Hessischen Sonderurlaubsgesetzes ersetzt wurde, mangels einer besonderen Gruppenverantwortung der Arbeitgeber für verfassungswidrig erklärt. 437 Vgl. BVerfGE 109, 64 (87 f.) – Arbeitgeberzuschuß III. 438 Vgl. BVerfG, a. a. O., S. 88 f. 434

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c) Ergebnis: Vorzugswürdigkeit einer systematischen Gleichheitsprüfung Die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung am Maßstab der Lastengleichheit bildet eine Vorbedingung dafür, die Verhältnismäßigkeit einer abgabenähnlichen Preisintervention untersuchen zu können. Gleichzeitig aber ist es prüfungssystematisch nicht geboten, sondern birgt erhebliche Risiken einer verkürzenden und unpräzisen Gleichheitsprüfung, wenn der Frage nach der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Gruppe im Rahmen der Angemessenheitsprüfung nachgegangen wird. Die hiermit verbundenen Gefahren werden durch Entscheidungen des BVerfG belegt. Vorzugswürdig ist es daher, die Rechtfertigung der finanziellen Sonderlast als Gegenstand einer eigenständigen und umfassenden Gleichheitsprüfung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes zu beleuchten. Ohne das Ergebnis dieser Untersuchung zu kennen, kann die Frage nach der freiheitsrechtlichen Rechtfertigung einer Zwangsvergütung nicht beantwortet, es kann lediglich das Bestehen einer besonderen Finanzierungsverantwortung zum Zwecke der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung unterstellt werden. Dies übersehen Rechtsprechung und Literatur, wenn sie das Ergebnis der Verhältnismäßigkeitskontrolle einer „Quersubvention“ formulieren und sich erst daraufhin der gleichheitsrechtlichen Legitimation der Sonderlast zuwenden. 3. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten In Auseinandersetzung mit der Stromeinspeisungsregelung und der Zuschußpflicht der Arbeitgeber zum Mutterschaftsgeld ist schließlich ein dritter Grundzug der Art und Weise, auf die der Charakter von Preisinterventionen als finanziellen Sonderlasten im Rahmen der Verhältnismäßigkeitskontrolle behandelt wird, aufgefallen. Sowohl das BVerfG als auch der BGH gehen neuerdings davon aus, dem Gesetzgeber sei auch hinsichtlich der Entscheidung, eine öffentliche Aufgabe entweder aus Mitteln des Staatshaushalts zu finanzieren oder sie einer Gruppe Privater als Sonderlast aufzuerlegen, ein weiter Gestaltungsspielraum zugewiesen. Zur Erforderlichkeit der SER formuliert der BGH, angesichts des ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes sei der Gesetzgeber nicht gehalten, „von einer finanziellen Belastung einer bestimmten Gruppe immer schon dann abzusehen, wenn die Belastung in der einen oder anderen Weise auf dem Weg über den öffentlichen Haushalt auch der Allgemeinheit auferlegt werden kann.“439 Ähnlich argumentiert das BVerfG in seinem Beschluß zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld vom 18. No439

BGHZ 134, 1 (18).

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

vember 2003.440 Diese neuere441 Rechtsprechung beider Gerichte erstaunt insofern, als das BVerfG dem Gesetzgeber zwar bereits bislang einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum für Regelungen auf den Gebieten der Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialpolitik eingeräumt, diese Prärogative aber damit gerechtfertigt hatte, der Gesetzgeber stehe in diesen Bereichen verstärkt vor der Notwendigkeit, ungewisse zukünftige Entwicklungen in komplexen technischen oder wirtschaftlichen Sachmaterien abzuschätzen und dabei Prognoseentscheidungen zu treffen.442 Ob auch die Feststellung der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit einer privaten Gruppe als gleichheitsrechtliche Voraussetzung für die Auferlegung finanzieller Sonderlasten zu solchen Einschätzungen künftiger Entwicklungen mit prognosetypischen Ungewißheiten zwingt, erscheint zweifelhaft. Da die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung, bei der ein solcher Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen wäre, jedoch, wie soeben festgestellt, nicht am Maßstab der Unternehmerfreiheit und des Verhältnismäßigkeitsprinzips, sondern an demjenigen des Lastengleichheitsgebots zu beurteilen ist, kann die Frage nach der Legitimation eines solchen Gestaltungsspielraumes einstweilen offen bleiben; sie wird sich vor dem Hintergrund der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigungsdogmatik erneut stellen und dort beantwortet werden.

V. Ergebnis zur Rechtfertigung der Referenzregelungen Als Zentralfrage der Eingriffsrechtfertigung abgabenähnlicher Vergütungspflichten hat sich nicht die Übereinstimmung dieser Regelungen mit den Teilprinzipien der Eignung, der Erforderlichkeit und der Angemessenheit, sondern die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung vor dem Prinzip der Lastengleichheit erwiesen. Ohne zu wissen, ob die sonderbelastete Gruppe Privater eine besondere Verantwortlichkeit für die Aufgabe, zu deren Finanzierung sie herangezogen wird, aufweist, läßt sich lediglich feststellen, ob die Finanzierungspflicht geeignet, erforderlich und angemessen im Sinne einer Zweck-Mit440

Vgl. BVerfGE 109, 64 (86). Beide Passagen vermitteln aufgrund der zahlreichen Bezugnahmen auf frühere Judikate des BVerfG den Eindruck, es bestehe eine gefestigte verfassungsgerichtliche Rspr., derzufolge dem Gesetzgeber bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten eine weite Gestaltungsprärogative eingeräumt ist. Bei einer Durchsicht der in Bezug genommenen Entscheidungen zeigt sich jedoch, daß diese einen solchen Grundsatz nicht formulieren. Die Annahme eines weiten Gestaltungsspielraumes auch bei der Auferlegung finanzieller Sonderlasten ist vielmehr ein Novum der beiden genannten Entscheidungen des BVerfG und des BGH. 442 BVerfGE 30, 292 (317); 77, 84 (106); 81, 156 (189); zu Bereichen einer besonders weitgehenden gesetzgeberischen Gestaltungsprärogative und ihrer Legitimation auch C. Simons, Grundrechte und Gestaltungsspielraum, 1999, S. 311 ff.; F. Ossenbühl, Die Kontrolle von Prognoseentscheidungen durch das BVerfG, in: FG 25 Jahre BVerfG, 1976, Bd. I, S. 458 (504 ff.). 441

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tel-Relation ist. Dies ist für alle betrachteten Entgeltregelungen der Fall. Insbesondere fehlt die Erforderlichkeit einer finanziellen Sonderlast nicht deshalb, weil zur Förderung der öffentlichen Aufgabe auch eine Finanzierung aus Mitteln des Staatshaushalts in Betracht kommt. Auch dann, wenn eine Zwangsvergütung sich als verhältnismäßig im Sinne der Zweck-Mittel-Relation erweist, steht der Befund eines gerechtfertigten Grundrechtseingriffs jedoch gleichsam auf tönernen Füßen: Denn die Frage, ob die betreffenden Privaten überhaupt zur Finanzierung von Gemeinwohlbelangen sonderbelastet werden dürfen, läßt sich als Frage der gleichheitsrechtlichen Legitimation finanzieller Sonderlasten nicht im Rahmen der Verhältnismäßigkeitskontrolle beantworten. Doch entscheidet diese Untersuchung zum einen darüber, „ob“ die Sonderbelastung der privaten Gruppe als solche gerechtfertigt ist, ob diese also „überhaupt“ zur Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe herangezogen werden durfte. Insofern ist sie der Verhältnismäßigkeitskontrolle, die das Verhältnis von Regelungszweck und Belastungsintensität betrachtet, logisch vorgeordnet. Zum anderen können sich aus dem Legitimationsgrund der Finanzierungsverantwortlichkeit durchaus Vorgaben für den zulässigen Umfang der Inanspruchnahme ergeben, die engere Grenzen ziehen als die Zweck-Mittel-Relation der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die Intensität einer „quersubventionierenden“ Finanzierungspflicht kann daher am Maßstab der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt erscheinen, obwohl sie tatsächlich die Grenzen der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit der Sonderlastenträger – sofern eine solche besteht – überschreitet. Die Kontrolle einer abgabenähnlichen Preisintervention am Maßstab der Verhältnismäßigkeit sagt daher ohne vorherige Bestimmung der Finanzierungsverantwortlichkeit der Pflichtigen kaum etwas über die Rechtfertigung der Grundrechtsbeeinträchtigung aus; dies wird in Rechtsprechung und Literatur bislang weitgehend übersehen. Um so mehr richtet sich der Blick auf eine eigenständige Kontrolle der gleichheitsrechtlichen Legitimation der finanziellen Sonderbelastung nach Maßgabe des allgemeinen Gleichheitssatzes, Art. 3 Abs. 1 GG, der hierbei durch das Prinzip der Gleichheit aller Bürger bei der Tragung öffentlicher Lasten konkretisiert wird.

§ 15 Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie gem. Art. 14 Abs. 1 GG A. Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie und Gegenstand der Untersuchung Neben dem Grundrecht der Unternehmerfreiheit könnte auch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG der Auferlegung abgabenähnlicher Vergütungspflichten durch den Gesetzgeber Grenzen ziehen. Wie es dem Erkenntnisinteresse der Untersuchung entspricht, wird im folgenden nicht nach den eigentums-

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

rechtlichen Maßstäben an Verhaltens- und Naturalleistungspflichten, durch die fördernde Vergütungsregelungen bisweilen die Finanzierungspflicht flankieren, sondern allein nach den Vorgaben, die sich aus Art. 14 Abs. 1 GG für die Zulässigkeit des erzwungenen Finanztransfers ergeben, gefragt. Daß Sach- und Handlungspflichten, welche die finanzielle Förderung absichern und ergänzen, Gewährleistungen der Eigentumsgarantie betreffen, unterliegt meist keinen Zweifeln. So werden beispielsweise die Betreiber von Stromnetzen durch die Verpflichtung, EEG-Strom gem. § 4 Abs. 1 EEG in ihr Netz aufzunehmen, in ihrer Verfügungsbefugnis über die entsprechenden Kapazitäten des Stromnetzes beschränkt. Da die Leitungen ebenso wie die sonstigen zur Abnahme und Durchleitung von Strom erforderlichen Anlagen regelmäßig im Sacheigentum des verpflichteten Unternehmens gem. § 903 BGB stehen,443 wird die Nutzung und freie Verfügung über diese Betriebsmittel von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG umfaßt.444 Gegenüber der rein finanziellen Belastung privater Unternehmen durch „quersubventionierende“ Zahlungspflichten ist der Schutz der Eigentumsfreiheit hingegen nicht mit der gleichen Eindeutigkeit gegeben. Die Legitimation der finanziellen Sonderlast, die sich als Zentralfrage der Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG herausgestellt hat, wird durch eine Untersuchung der Vereinbarkeit von Zwangsvergütungen mit der Eigentumsgarantie ebensowenig zu klären sein wie innerhalb der vorangegangenen Überprüfung solcher Regelungen nach Maßgabe der Unternehmerfreiheit; diese Frage harrt daher weiter der Beantwortung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Gebot der Lastengleichheit. Gleichwohl ist es für die Formulierung der Verfassungsmaßstäbe an abgabenähnliche Preisregelungen nicht ohne Bedeutung, ob sich Unternehmen gegen ihre Inanspruchnahme auch auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen können, da grundsätzlich denkbar ist, daß das Eigentumsgrundrecht an die Rechtfertigung sonderbelastender Finanzierungspflichten höhere Anforderungen stellt als Art. 12 Abs. 1 GG. Fraglich ist allerdings, ob sich solche erhöhten Rechtfertigungsanforderungen aus dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit ableiten lassen: Denn auch für Beschränkungen der Eigentumsgarantie durch Preisdiktate gilt, daß das Maß zulässiger Grundrechtsbeeinträchtigung insoweit wesentlich von dem Gewicht abhängt, das dem verfolgten Gemeinschaftszweck im Rahmen der Abwägung zukommt. Daneben kann der Gesetzgeber auch durch die Weite der Finan443 Hierzu schon BGHZ 37, 353 (356 f.) m.w. N.; vgl. auch M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 208. 444 Zum Schutz der Sachanlagen eines Betriebs als Eigentumspositionen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG eingehend C. Engel, AöR 118 (1993), S. 169 (177 ff.). – Zum Schutz der Nutzungsmöglichkeit und der Verfügungsbefugnis des Berechtigten über einen Eigentumsgegenstand H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 8; W. Leisner, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 149 Rn. 52.

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zierungsaufgabe, die er als Regelungszweck definiert, weitgehend den Umfang der finanziellen Belastung bestimmen, bei dem eine staatlich erzwungene Vergütung noch dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügt. Erhöhte Rechtfertigungsanforderungen müßten sich also aus der besonderen Struktur des Eigentumsgrundrechts ergeben. Gewährleistungen der Eigentumsfreiheit könnten durch Zwangsvergütungen in mehrerlei Weise angesprochen sein. Da Preisregelungen das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung innerhalb einer Beziehung vertraglichen Güteraustausches modifizieren, könnten sie auf Rechtspositionen aus Vertrag einwirken, die den Schutz der Eigentumsgarantie genießen. Angesichts der Umsatz- und Gewinneinbußen, die sie für das betroffene Unternehmen mit sich bringen, erscheint ebenso möglich, daß abgabenäquivalente Vergütungsregelungen in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreifen. Mit Rücksicht darauf, daß „Quersubventionen“ als Beeinträchtigungen der Preisvereinbarungsfreiheit bereits dem Schutzbereich der Unternehmerfreiheit zugeordnet worden sind,445 wird gerade in Zusammenhang mit dem grundrechtlichen Schutz des Gewerbebetriebs auch auf das Verhältnis der Freiheitsrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG zueinander einzugehen sein. Da die Untersuchung fördernde Vergütungsregelungen bei wirtschaftlicher Betrachtung als hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten – in Höhe der förderzweckbedingten Mehrkostenlast – begreift, werden schließlich auch die Anforderungen der Eigentumsgarantie an Geldleistungspflichten betrachtet werden.

B. Das Konkurrenzverhältnis der Eigentumsgarantie zur Berufsfreiheit Art. 14 Abs. 1 GG kommt als verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab für Preisinterventionen allerdings nur in Betracht, wenn die Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG der Eigentumsgarantie nicht als speziellere Grundrechtsgewährleistung vorgeht. Das BVerfG hat das Verhältnis der beiden Freiheitsrechte in seiner Entscheidung zur Erdölbevorratung auf die prägnante Formel gebracht, Art. 14 Abs. 1 GG schütze „das Erworbene, das Ergebnis der Betätigung“, Art. 12 Abs. 1 GG hingegen „den Erwerb, die Betätigung selbst“.446 Es hat näher ausgeführt, die Gewährleistungsfunktion der Berufsfreiheit sei in erster Linie „persönlichkeitsbezogen“ und „zukunftsgerichtet“, die der Eigentumsgarantie hingegen, da sie den erworbenen Bestand vermögenswerter Güter 445

Siehe hierzu oben § 14 B III 4. BVerfGE 30, 292 (335) – Erdölbevorratung – in Anknüpfung an P. Wittig, Bundesverfassungsgericht und Grundrechtssystematik, in: FS f. Gebhard Müller, 1970, S. 575 (590); diese Unterscheidung aufgreifend etwa BVerfGE 65, 237 (248); 82, 70 (96). 446

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schütze, „objektbezogen“. Greife ein Akt der öffentlichen Gewalt eher in die Freiheit der individuellen Erwerbs- und Leistungstätigkeit ein, so sei der Schutzbereich der Berufsfreiheit berührt; begrenze er mehr die Innehabung und Verwendung vorhandener Vermögensgüter, so könne der Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG eröffnet sein.447 Betrachtet man die Referenzregelungen nach Maßgabe dieser Grundsätze, so scheint ein Schutz des Eigentumsgrundrechts gegenüber abgabenähnlichen Vergütungsregelungen auszuscheiden. Die SER weist die Kostenlast der Förderung erneuerbarer Energien durch § 14 Abs. 3 GG den EVU zu, die Endverbraucher mit Elektrizität versorgen, und knüpft darin an die – bereits von Art. 12 Abs. 1 GG umfaßte – Erwerbstätigkeit dieser Unternehmen an. Der Herstellerabschlag auf Arzneimittel vollendet mit der Erstattungspflicht der Pharmaunternehmen eine mehrstufige Rabattgewährung der Hersteller über die Apotheken an die gesetzlichen Krankenkassen, durch die der Preis eines vom Hersteller – im Rahmen seiner Unternehmenstätigkeit – gelieferten und zu Lasten einer Krankenkasse abgegebenen Arzneimittels reduziert wird. Die Zuschußregelung zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG schließlich belastet das Unternehmen, indem sie in die vertragliche Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen weiblicher Beschäftigter und damit in die unternehmerische Dispositionsfreiheit des Arbeitgebers eingreift. Die Regelungen knüpfen somit ausnahmslos an die Erwerbstätigkeit der belasteten Unternehmen an. Legte man die Unterscheidung des BVerfG zugrunde, so wäre die Beeinträchtigung von Freiheitsrechten durch Lohn- und Preisregelungen gänzlich dem Aspekt des Erwerbs zuzuordnen mit der Folge, daß die Eigentumsgarantie als grundrechtlicher Prüfungsmaßstab gar nicht zur Verfügung steht;448 daß die Beschränkung der Unternehmerfreiheit dabei nicht ohne gleichzeitige Beeinträchtigung von Sach- und Vermögenswerten des Unternehmens eintritt, bliebe ohne Bedeutung. Allerdings wird der geschilderte Ansatz des BVerfG weder im Schrifttum als zwingend angesehen, noch in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung selbst konsequent durchgehalten. Das BVerfG ist insbesondere im Urteil zum Mitbestimmungsgesetz von seiner Grundposition abgerückt und hat erklärt, zwar seien beide Grundrechte „funktionell aufeinander bezogen“, doch käme ihnen jeweils selbständige Bedeutung zu.449 447

BVerfGE 30, 292 (334 f.). Dieser Schluß wird in der Lit. auch für die Referenzregelungen gezogen. Zur Stromeinspeisungsregelung: H. Kremser, AöR 121 (1996), S. 406 (430 f.); M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 112 ff. – Zum Herstellerabschlag: U. Becker, NZS 2003, S. 561 (565); H. Posser/R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (180 f.); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (419). – Zum Arbeitgeberzuschuß: BVerfGE 37, 121 (131); differenzierend E. Winkler, Die Risiko- und Lastenverteilung im Mutterschutzrecht, 2002, S. 143 ff. 449 BVerfGE 50, 290 (362) – Mitbestimmung. – In einer Reihe weiterer Entscheidungen wendet sich das BVerfG nach der Überprüfung einer Regelung am Maßstab 448

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Bei genauerer Betrachtung sind die Gewährleistungen beider Grundrechte nicht nur aufeinander bezogen, vielmehr überschneiden sie sich in bestimmten Bereichen. Da Art. 14 Abs. 1 GG nicht nur den Bestand vermögenswerter Rechtspositionen, sondern auch die Nutzung der als Eigentum geschützten Gegenstände und die Verfügung über diese gewährleistet,450 sind Überschneidungen der Schutzbereiche bereits in deren Grundkonzeption angelegt.451 Einen häufigen Berührungspunkt bildet das von Art. 14 Abs. 1 GG umfaßte Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, welches dem Betriebsinhaber gestattet, von der Gesamtheit der sachlichen, personellen und sonstigen Mittel, die in dem Gewerbebetrieb zu einer organisatorischen Einheit zusammengefaßt sind, in bestimmungsgemäßer Weise Gebrauch zu machen.452 In Anbetracht dessen hat sich im Schrifttum die Auffassung durchgesetzt, zwischen der Berufsfreiheit und der Eigentumsgarantie herrsche „keine strikte, alternative Exklusivität“453. Überwiegend werden die Grundrechte in einer Idealkonkurrenz zueinander gesehen.454 Dieser Ansicht ist nicht allein deshalb zuzustimmen, weil eine zweifelsfreie Abgrenzung der beiden Grundrechtsgewährleistungen in vielen Fällen nicht zu erreichen ist. Die Annahme eines strikten Exklusivitätsverhältnisses ist auch aus systematischen Gründen nicht zwingend, da sich widersprüchliche Ergebnisse auch durch eine Harmonisierung der Rechtfertigungsanforderungen aus Art. 12 Abs. 1 GG an Berufsausübungsregelungen sowie aus Art. 14 Abs. 1 GG an Inhalts- und Schrankenbestimmungen vermeiden lassen.455 Eine parallele Anwendung beider Freiheitsrechte ist somit in solchen Konstellationen angezeigt, in denen die hoheitliche Freiheitsbeschränkung sowohl erwerbs- als auch objektbezogen wirkt.456 In bestimmten Fällen grenzt das Schrifttum die Schutzbereiche beider Grundrechtsgarantien durch eine systemavon Art. 12 Abs. 1 GG der Prüfung von Art. 14 Abs. 1 GG zu, ohne den Vorrang der Berufsfreiheit kraft Spezialität zu thematisieren, etwa BVerfGE 38, 61 (102); 77, 308 (339 f.); 85, 226 (237). 450 Hierzu W. Leisner, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 149 Rn. 52. 451 F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (25 f.); R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 100; O. Depenheuer, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 99. 452 P. Badura, in: E. Benda/W. Maihofer/H.-J. Vogel (Hrsg.), HdbVerfR, § 10 Rn. 94 f.; F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (25 f.); C. Engel, AöR 118 (1993), S. 169 (171, 175 ff.). 453 So die Formulierung von H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 222; vgl. auch P. Kirchhof, AöR 128 (2003), S. 1 (23). 454 R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 100; R. Scholz, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 122; R. Wendt, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 186. 455 In diesem Sinne auch R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 100; D. Dörr, NJW 1988, S. 1049 (1050); R. Scholz, in: T. Maunz/ G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 141.

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tische Interpretation des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb voneinander ab; hierauf wird im folgenden zurückzukommen sein.

C. Schutz der Eigentumsgarantie gegen abgabenähnliche Vergütungsregelungen Scheidet eine Überprüfung von Zwangsvergütungen am Maßstab der Eigentumsgarantie nicht wegen eines Vorranges der Berufsfreiheit aus, so fragt sich, ob und inwiefern Freiheitsberechtigte sich gegenüber einer Inanspruchnahme durch gesetzliche Vergütungspflichten auf den Gewährleistungsgehalt des Art. 14 Abs. 1 GG berufen können. I. Vertragliche Rechtspositionen als Gegenstand der Eigentumsgarantie Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG schützt nach allgemeiner Auffassung457 jedenfalls sämtliche vermögenswerten Rechtspositionen, welche die Normen der Rechtsordnung, insbesondere des Privatrechts,458 einem Freiheitsberechtigten zu einem bestimmten Zeitpunkt zuweisen.459 Voraussetzung ist allerdings, daß die Rechtsposition dem Berechtigten ebenso ausschließlich wie Sacheigentum im Sinne des bürgerlichen Rechts zur privaten Nutzung und Verfügung zugeordnet ist.460 Die in der Praxis bedeutsamste Form, in der konkrete vermögenswerte Rechtspositionen des privaten Rechts entstehen, ist ihre Begründung durch vertragliche Vereinbarung. „Quersubventionen“ wären daher an Art. 14 Abs. 1 GG zu messen, wenn sie vermögenswerte Rechtspositionen, die 456 Vgl. H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 222; O. Depenheuer, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 99. 457 Umstritten ist hingegen, ob über diese Einzelpositionen hinaus auch das Vermögen „als Ganzes“ durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet wird, siehe hierzu unten § 15 B III. 458 Zu der verfassungsgerichtlichen Rspr., wonach vermögenswerte subjektive öffentliche Rechte nur dann der Eigentumsgarantie unterfallen, wenn sie „dem einzelnen eine Rechtsposition verschaffen, die derjenigen des Eigentümers entspricht“, vgl. BVerfGE 53, 257 (289); 88, 384 (401); 97, 67 (83); H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 11. 459 BVerfGE 24, 367 (396); 51, 193 (218); 83, 201 (209); dazu auch W. Leisner, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 149 Rn. 72 ff.; J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 38 ff.; B.-O. Bryde, in: I. v. Münch/ P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 11. 460 BVerfGE 78, 58 (71); 83, 201 (208); st. Rspr. – Vgl. auch J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 12 Rn. 46; zur Funktion der Eigentumsgarantie, dem einzelnen einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu erhalten, BVerfGE 89, 1 (6).

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den in Anspruch genommenen Grundrechtsträgern aus vertraglicher Vereinbarung erwachsen und die folglich vom Schutz der Eigentumsgarantie umfaßt sind, beeinträchtigen. So wäre grundsätzlich vorstellbar, daß beispielsweise der Arbeitgeber einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis besitzt, die Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin gegen Zahlung nur des vertraglich vereinbarten Lohnes zu empfangen, und dieser von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Anspruch durch die Auferlegung der Zuschußpflicht zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG beeinträchtigt wird. Entsprechendes könnte für Lieferansprüche des letztversorgenden EVU gegenüber dem vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber sowie für Preisansprüche des Arzneimittelherstellers gelten.461 Im Schrifttum wird ein eigentumsrechtlicher Schutz vertraglicher Rechtspositionen gegenüber Zwangsvergütungen allerdings aus zwei Gründen bestritten. Zum einen wird argumentiert, Art. 14 Abs. 1 GG schütze nur solche Rechts461 Allerdings hat eine zunehmende Ausdifferenzierung der „quersubventionierenden“ Regelungstechnik in verschiedenen Rechtsgebieten dazu geführt, daß derjenige Freiheitsberechtigte, der die förderungsbedingte Mehrkostenlast endgültig zu tragen hat, gar nicht selbst Partei des vertraglichen Leistungsaustausches ist, an dem die abgabenäquivalente Vergütungsregelung anknüpft. Illustrieren läßt sich dies an der Stromeinspeisungsregelung und am Herstellerabschlag auf Arzneimittel. So setzt der Fördermechanismus der §§ 4 ff., 14 EEG unmittelbar im Verhältnis von Einspeiser und Netzbetreiber an, vgl. §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 EEG. Für dieses Verhältnis läßt sich davon sprechen, es werde durch die gesetzliche Vergütungsregelung der Inhalt einer vertraglichen Vereinbarung modifiziert. Zwar hat der BGH ausdrücklich offen gelassen, ob die Ansprüche des Einspeisers auf Abnahme und Vergütung auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis basieren oder ob §§ 4, 5 EEG einen Kontrahierungszwang zu Lasten des Netzbetreibers anordnen (BGHZ 155, 141 (159 f.) – Stromeinspeisung III). Tatsächlich werden im Verhältnis zwischen Einspeisern und Netzbetreibern jedoch in der Regel Einspeisungsverträge abgeschlossen, in denen die Modalitäten der Stromabnahme geregelt werden, so daß §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EEG in der Praxis als Ausgestaltung vertraglicher Vereinbarungen wirken. Die Mehrkostenlast der EEG-Förderung verbleibt jedoch letztlich den Stromhändlern, denen sie durch § 14 Abs. 3 EEG zugewiesen wird. An dem Vertragsverhältnis, in dem die SER ihren Ausgangspunkt nimmt, sind diese nicht beteiligt. Zwischen Stromhändlern und Übertragungsnetzbetreibern bestehen grundsätzlich allein gesetzliche Abnahme- und Vergütungsansprüche aus § 14 Abs. 3 EEG, doch gehen auch diese Unternehmen in der Praxis zunehmend dazu über, die Modalitäten des EEG-Strombezugs durch Vertrag zu regeln, so daß auch in diesem Verhältnis gesetzliche Ansprüche in der Regel vertraglich „eingebettet“ sein werden. – Auch die Erstattungspflicht gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V begründet einen gesetzlichen, keinen vertraglichen Anspruch des Apothekers gegenüber dem Arzneimittelhersteller. Die Abschlagsregelung wählt das Erstattungsmodell, um eine Förderung von Präparaten zu vermeiden, die nicht zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen abgegeben werden. Angelpunkt des Rabattmechanismus ist der vertragliche Leistungsaustausch zwischen Apotheke und Krankenkasse; von diesem Personenverhältnis wird die finanzielle Last jedoch durch § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V an den Hersteller weitergegeben. – Beide Referenzregelungen veranschaulichen, wie die Überwälzung der Mehrkostenlast an die Stromhändler bzw. die Weitergabe der Umsatzeinbuße an die Arzneimittelhersteller dazu führt, daß die endgültig kostenbelasteten Unternehmen an dem Vertragsverhältnis, an dem der Fördermechanismus ansetzt, nicht mehr beteiligt sind.

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positionen aus Vertrag, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens einer modifizierenden gesetzlichen Regelung bereits entstanden sind;462 andernfalls werde die Garantie des Eigentumsgrundrechts auf bloße Verdienstmöglichkeiten, Gewinnaussichten und Erwerbshoffnungen des Grundrechtsträgers erstreckt.463 Entstünden Ansprüche oder sonstige Rechte aus Vertrag zu einem Zeitpunkt, zu dem eine gesetzliche Regelung, durch die sie ausgestaltet werden, bereits gilt, so würden diese von Art. 14 Abs. 1 GG von vornherein nur in dem Zuweisungsgehalt geschützt, der ihnen nach Maßgabe auch der betreffenden gesetzlichen Regelung zukommt; diese sei folglich nicht an der Eigentumsfreiheit zu messen.464 Träfe die genannte Auffassung zu, so schiede ein Eigentumsschutz vertraglicher Rechtspositionen gegenüber der Regelung von Zwangsvergütungen tatsächlich aus. Denn sogenannte „Altrechte“, deren Inhalt noch nicht durch eine bestimmte abgabenähnliche Vergütungsregelung mitgestaltet worden ist, werden regelmäßig nur während eines kurzen Zeitraums unmittelbar nach Einführung der Vergütungspflicht bestehen. Indes übersieht diese Betrachtung, daß fördernde Vergütungspflichten als Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums auch dann an Art. 14 Abs. 1 GG zu messen sind, wenn „Altrechte“ nicht bestehen, also keine Rechtspositionen, die vor Erlaß der Preisregelung entstanden sind, durch diese zuungunsten des Berechtigten überwunden werden. In diesem Fall ist es jedoch nicht die Eigentumsfreiheit als Abwehrrecht, sondern Art. 14 Abs. 1 GG in seiner Funktion als Institutsgarantie des Privateigentums, vor der die Neuausgestaltung der Eigentumsordnung für die Zukunft Bestand haben muß.465 In dieser objektivrechtlichen Funktion steht das Eigentumsgrundrecht als Maßstab zur Verfügung. Ein weiterer Grund, weshalb sich Inhaber vertraglicher Rechtspositionen gegenüber Preisdiktaten nicht auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen können, soll darin liegen, daß durch gesetzliche Preisregelungen nicht der Anspruch des belasteten Unternehmers darauf beeinträchtigt wird, die Leistung des Vertragspartners als solche zu erhalten. Tatsächlich beeinflussen Vergütungsregelungen lediglich den Tauschwert der Leistung, auf deren Erhalt der Anspruch gerichtet ist, entsprechend der Förderintention des Gesetzgebers. Dieser Tauschwert, das wirtschaftliche Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung, hat nach einer noch im462 M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 116, 118; M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 201 f.; vgl. auch S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 246 f. 463 Diese sind anerkanntermaßen nicht von Art. 14 Abs. 1 GG umfaßt, dazu BVerfGE 30, 292 (335); H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 100; F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (28). 464 Hierzu die in Fn. 462 Genannten. 465 D. Dörr, NJW 1988, S. 1049 (1051); P. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, 1973, S. 21; J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 14 Rn. 74 ff.; eingehend zu den Bindungen des Gesetzgebers bei der Inhaltsbestimmung des Eigentums H. Kube, Eigentum an Naturgütern, 1999, S. 47 ff.

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mer verbreiteten Ansicht keinen Anteil am Schutz des Anspruchs durch Art. 14 Abs. 1 GG. Wollte man dem Grundrecht der Eigentumsfreiheit eine solche Gewährleistung entnehmen, so wird argumentiert, würde damit ein allgemeiner Vermögensschutz innerhalb vertraglicher Rechtsbeziehungen zwischen Privaten errichtet.466 Die Auffassung, die Eigentumsgarantie umfasse zwar den Anspruch auf Empfang einer bestimmten Leistung, nicht jedoch den Tauschwert der eigenen Gegenleistung, wird folglich auf die Annahme gegründet, Art. 14 Abs. 1 GG schütze nicht das Vermögen „als solches“. Ob diese Annahme trägt, soll hier zunächst unerörtert bleiben, da eine Auseinandersetzung mit dieser Auffassung im folgenden ohnehin erforderlich werden wird. Einstweilen ist zu der Frage, ob sich aus den privatrechtlichen Vertragsbeziehungen, an die „quersubventionierende“ Regelungen typischerweise anknüpfen, vermögenswerte Rechtspositionen ergeben, die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt werden, zweierlei festzuhalten: Zunächst steht es einer Kontrolle an Art. 14 Abs. 1 GG nicht entgegen, wenn durch Vergütungsbestimmungen keine „Altrechte“ beeinträchtigt werden, da insoweit die Eigentumsfreiheit in ihrer Funktion als Institutsgarantie Anforderungen an die Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums durch Zwangsvergütungen stellt. Ob sich die Eigentumsgarantie auch auf den Tauschwert vertraglicher Ansprüche, wie er durch Vergütungsregelungen beeinflußt wird, erstreckt, wird in Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Eigentumsfreiheit auch das Vermögen „als Ganzes“ vor staatlichem Zugriff schützt, zu betrachten sein. II. Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb In der Debatte um die Verfassungsmäßigkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen ist besondere Aufmerksamkeit der Frage zuteil geworden, ob betroffene Unternehmen sich deshalb auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen können, weil von der Gewährleistung der Eigentumsfreiheit auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb umfaßt ist und dieses durch gesetzliche Lohn- und Preisbestimmungen beeinträchtigt wird.467 Die erste dieser beiden Voraussetzungen, die Gewährleistung des Rechts am eingerichteten und ausge466 Vgl. BVerfGE 105, 17 (30); auch H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 164; B.-O. Bryde, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 24; P. Badura, in: E. Benda/W. Maihofer/H.-J. Vogel (Hrsg.), HdbVerfR, § 10 Rn. 37; hiergegen dezidiert J. Eschenbach, Der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentums, 1996, S. 644 f.; so wohl auch H. Klinger, Das Stromeinspeisungsgesetz, in: FS f. Bodo Börner, 1992, S. 541 (556). – Eine Beeinträchtigung von Art. 14 Abs. 1 GG unter dem Aspekt des Eingriffs in laufende Vertragsbeziehungen hat auch BGHZ 134, 1 (25) – Stromeinspeisung II – unter dem Hinweis abgelehnt, der Vermögenswert der Lieferforderungen werde durch die Eigentumsgarantie nicht geschützt.

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übten Gewerbebetrieb durch Art. 14 Abs. 1 GG, unterliegt keinen ernstlichen Zweifeln. Zwar läßt das BVerfG, nachdem es dieses Recht in frühen Entscheidungen von Art. 14 Abs. 1 GG umfaßt gesehen hat,468 die Frage in neueren Judikaten offen469 oder äußert sich zurückhaltend, der Schutz des Gewerbebetriebes dürfe jedenfalls nicht weiter gehen als der Schutz von dessen wirtschaftlicher Grundlage.470 Doch geht das Schrifttum ganz überwiegend und im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BGH471 und des BVerwG472 davon aus, der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb stelle eine durch die Eigentumsgarantie gewährleistete Rechtsposition dar.473 Einer näheren Untersuchung bedarf jedoch, ob und unter welchen Voraussetzungen diese Rechtsposition durch Vergütungsregelungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben beeinträchtigt werden kann. Als Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder auch „unternehmerisches Eigentum“474 schützt Art. 14 Abs. 1 GG die Gesamtheit der sachlichen, persönlichen und sonstigen Mittel sowie der Rechte, die in der Hand des Betriebsinhabers zu einem einheitlichen Organismus zusammengefaßt werden.475 Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß der wirtschaftliche Wert eines funktionsfähigen Unternehmens gleichsam „mehr ist“ als die Summe seiner einzelnen sachlichen, rechtlichen oder personellen Bestandteile. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dient somit dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Betriebes als einer Sach- und Rechtsgesamtheit. Äußere Bedingungen, wie etwa eine bestimmte Rechtslage, von der das Unternehmen zeitweise profitiert, sind nicht vom Schutz des Gewerbebetriebes umfaßt, sondern bilden lediglich das Umfeld, innerhalb dessen das Unternehmen seiner Tätigkeit nachgeht.476

467 M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 202 ff.; F. Ossenbühl, ET 1996, S. 94 (98); M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 118 f.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 247 ff.; S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1221 f.); C. Theobald, ET 1996, S. 594 (595). 468 BVerfGE 1, 264 (277); 13, 225 (229); 16, 147 (187); 22, 380 (386). 469 BVerfGE 51, 193 (221 f.); 66, 116 (145); 68, 193 (223 f.); wiederum neuere Entscheidungen sind in dieser Frage nicht eindeutig, vgl. E 81, 40 (50 f.); 81, 208 (227 f.). 470 BVerfGE 58, 300 (353). 471 Etwa BGHZ 92, 34 (37); 111, 349 (356 f.); jüngst wieder BGHZ 134, 1 (25) – Stromeinspeisung II. 472 Exemplarisch BVerwGE 62, 224 (226 f.); 66, 307 (309); 81, 49 (54). 473 H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 95; P. Badura, in: E. Benda/W. Maihofer/H.-J. Vogel (Hrsg.), HdbVerfR, § 10 Rn. 94 f.; F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (25 f.); a. A. P. Kutschera, Bestandsschutz im öffentlichen Recht, 1990, S. 44. 474 So H. Knöchel, Die Preisaufsicht nach dem Energiewirtschaftsgesetz, 1989, S. 61 m.w. N. 475 BVerfGE 1, 264 (277); BGHZ 111, 349 (356); C. Engel, AöR 118 (1993), S. 169 (171, 175 ff.); H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 95.

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Eine Beeinträchtigung dieses Rechts durch abgabenähnliche Preisinterventionen kommt insofern in Betracht, als die mit ihnen auferlegte finanzielle Belastung die Rentabilität der betrieblichen Tätigkeit und damit den Wert der Sach- und Rechtsgesamtheit mindert. Wirken sich gesetzliche Pflichten für einen Betrieb rentabilitätsmindernd aus, so kann darin eine Störung der Funktionsfähigkeit des Betriebsorganismus sowie der Befugnis des Betriebsinhabers liegen, von der in seinem Unternehmen verkörperten Gesamtheit sachlicher und persönlicher Mittel bestimmungsgemäßen Gebrauch zu machen.477 Daß die finanzielle Belastung eines Unternehmens durch Zwangsvergütungen zu Umsatz- und Gewinneinbußen führt und hierdurch die Rentabilität des Unternehmens mindert, bedarf keiner näheren Erläuterung. Entscheidend ist vielmehr die Frage, welche Intensität solche Rentabilitätsminderungen aufweisen müssen, um für die verfassungsrechtliche Überprüfung fördernder Vergütungspflichten am Maßstab der Eigentumsgarantie relevant zu werden. Überwiegend wird es abgelehnt, allein aus Umsatz- oder Gewinneinbußen von einiger Erheblichkeit abzuleiten, der Schutzbereich der Eigentumsfreiheit sei gegenüber einer Entgeltregelung eröffnet.478 Legte man diese Annahme der verfassungsrechtlichen Überprüfung an Art. 14 Abs. 1 GG zugrunde, so wird argumentiert, wäre eine Abgrenzung der Eigentumsgarantie zum Grundrecht der Berufsfreiheit kaum noch möglich.479 Infolge der Weite der Gewährleistung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sei dieser Bereich der Eigentumsgarantie besonders anfällig dafür, den Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG zu einem umfassenden Schutz der unternehmerischen Erwerbstätigkeit auszuweiten. Tatsächlich besteht ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen dem Grundgedanken des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb – neben den einzelnen sachlichen, personellen und sonstigen Betriebsmitteln sei 476 M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 115; M. SchmidtPreuß, Verfassungsrechtliche Zentralfragen, 1977, S. 137. 477 Zu Rentabilitätsminderungen als Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG H. Knöchel, Die Preisaufsicht nach dem Energiewirtschaftsgesetz, 1989, S. 64 ff.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 249 ff.; zu Beeinträchtigungen des „bestimmungsgemäßen Gebrauchs“ allgemein P. Badura, AöR 98 (1973), S. 153 (165); F. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (28). 478 Einen Überblick der verschiedenen Literaturauffassungen dazu, ab welcher Intensität der Belastung die Eigentumsgarantie durch rentabilitätsmindernde Preisregelungen angesprochen bzw. verletzt ist, gibt H. Knöchel, Die Preisaufsicht nach dem Energiewirtschaftsgesetz, 1989, S. 59 f. – Knöchel, ebd., und H. P. Ipsen, Kartellrechtliche Preiskontrolle als Verfassungsfrage, 1976, S. 86, leiten aus dem Gebot der Privatnützigkeit des Eigentums ab, daß Preisregelungen bereits dann Art. 14 Abs. 1 GG verletzen, wenn ein Unternehmen auch nur vorübergehend unterhalb der Schwelle der Selbstkostendeckung operiert. 479 Eingehend M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 204 f.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 250; M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 119.

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auch der besondere Wert zu schützen, der sich aus der Funktionsfähigkeit des Betriebsorganismus als solchem ergibt – und dem Prinzip, wonach Art. 14 Abs. 1 GG nur die rechtlich bereits konkretisierte Vermögensposition, Art. 12 Abs. 1 GG hingegen die Erwerbstätigkeit schützt. Der gegenüber den Einzelbestandteilen gesteigerte Wert des Unternehmens als organisatorischer Einheit ergibt sich gerade aus dessen Eignung, zukünftig Grundlage und Instrument unternehmerischen Handelns zu sein. Vielfach wird die Lösung dieser Grundrechtskonkurrenz darin gesucht, auch beträchtliche Rentabilitätsminderungen eines Betriebes erst dann für den Schutz der Eigentumsgarantie relevant werden zu lassen, wenn sie ein Ausmaß erreichen, das geeignet ist, die wirtschaftliche Existenz des Gewerbebetriebes zu gefährden.480 Indem der Schutz der Funktionsfähigkeit des Betriebes auf die Wahrung der „Funktionssubstanz“481 zurückgenommen wird, soll das Grundanliegen des Rechts am eingerichteten Gewerbebetrieb mit der Notwendigkeit, diesem Element der Eigentumsgarantie in Abgrenzung zur Berufsfreiheit Konturen zu verleihen, versöhnt werden. Durch die Beschränkung des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes auf die wirtschaftliche Existenzfähigkeit des Unternehmens will man vermeiden, daß das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu einem Recht „auf freie Betätigung als Unternehmer überhaupt“ ausgeweitet wird.482 Auf den Schutz des Gewerbebetriebes durch Art. 14 Abs. 1 GG könnten sich Unternehmen, die mit abgabenähnlichen Finanzierungspflichten belastet werden, demnach nur berufen, wenn die Kostenlast, die ihnen aus dem fördernden Finanztransfer entsteht, ihre wirtschaftliche Existenzfähigkeit bedroht.483 Wie bereits in Zusammenhang mit der Angemessenheit der Beeinträchtigung von

480 P. Badura, in: E. Benda/W. Maihofer/H.-J. Vogel (Hrsg.), HdbVerfR, § 10 Rn. 95; ders., AöR 98 (1973), S. 153 (165); M. Schmidt-Preuß, Verfassungsrechtliche Zentralfragen, 1977, S. 137 f.; R. Scholz, Windenergie Aktuell 7/1995, S. 15 (24); für eine Beschränkung des Schutzes von Art. 14 Abs. 1 GG auf Eingriffe in die Substanz des Gewerbebetriebs bereits BVerfGE 30, 292 (335). 481 H. P. Ipsen, Kartellrechtliche Preiskontrolle als Verfassungsfrage, 1976, S. 96; ebenso R. Scholz, ZHR 141 (1977), S. 520 (552 f.); M. Schmidt-Preuß, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 93 Rn. 31. 482 So die Formulierung in BGHZ 45, 150 (155). 483 Es entsteht hierdurch freilich eine Art grundrechtsdogmatischer „Anomalie“, da der Schutzbereich des Grundrechts erst ab einer gewissen Intensität der Beeinträchtigung eröffnet ist, bei Überschreiten dieser Schwelle jedoch gleichzeitig eine Verletzung des Grundrechts vorliegt; einen Bereich gerechtfertigter Beeinträchtigung kann es unter diesen Voraussetzungen nicht geben. Die Besonderheit ergibt sich für das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus dem Anliegen, unterhalb der Schwelle eines Eingriffs in die Funktionssubstanz des Gewerbebetriebes eine kumulative Anwendung von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG, wie sie andernfalls geboten wäre, zu vermeiden.

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Art. 12 Abs. 1 GG ausgeführt, ist dies jedenfalls für keine Referenzregelung dieser Untersuchung der Fall.484 Indem sie die Rentabilität des Gewerbebetriebes mindern, greifen „Quersubventionen“ somit in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Ist die Eigentumsgarantie damit grundsätzlich berührt, so wird dennoch vorgeschlagen, solche Hoheitsakte erst bei einem Eingriff in die „Funktionssubstanz“ des Gewerbebetriebes an Art. 14 Abs. 1 GG zu messen, um auf diese Weise den Bereich, in dem sich die Gewährleistungen von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG überschneiden, so eng wie möglich zu begrenzen. Sollte sich im folgenden erweisen, daß Zwangsvergütungen als Beeinträchtigungen vertraglicher Rechtspositionen sowie als hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten den Schutz der Eigentumsgarantie unabhängig von ihrer Belastungsintensität aktivieren, so würde die einschränkende Interpretation des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb allerdings zu Widersprüchen innerhalb der Dogmatik des Eigentumsschutzes führen. Bis diese Frage geklärt ist, wird die Entscheidung darüber, ob der dargestellte Ansatz Zustimmung verdient, zurückgestellt. III. Der Schutz der Eigentumsgarantie gegen hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten Zu fragen ist sodann, ob und inwieweit Unternehmen sich gegenüber abgabenäquivalenten Preisinterventionen auf den Schutz der Eigentumsgarantie berufen können, wenn diese in Höhe ihres „fördernden“ Vergütungsanteils als staatlich auferlegte Geldleistungspflichten begriffen werden. Bei einer solchen wirtschaftlichen Betrachtung hängt die Vereinbarkeit abgabenähnlicher Entgeltbestimmungen mit Art. 14 Abs. 1 GG davon ab, unter welchen Voraussetzungen die Eigentumsgarantie Schutz gegenüber hoheitlich auferlegten Geldleistungspflichten entfaltet. 1. Zwangsvergütungen als staatlich auferlegte Geldleistungspflichten Den Anknüpfungsgegenstand einer abgabenäquivalenten Vergütungsregelung bildet ein Vertragsverhältnis zwischen Privaten, aufgrund dessen eine Partei zur Erbringung einer Sachleistung, die andere zur Zahlung eines Geldbetrages verpflichtet wird. Indem Lohn- und Preisbestimmungen die Höhe der zu erbringenden oder – wie im Fall des Herstellerabschlags für Arzneimittel – zu fordernden Vergütung zugunsten einer Vertragspartei modifizieren, im Rahmen von Arbeits484 Siehe hierzu oben § 14 D III 1 d) dd) (3) (zur Stromeinspeisungsregelung); § 14 D III 2 e) cc) (für den Herstellerabschlag); § 14 D III 3 d) aa) (für den Arbeitgeberzuschuß).

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verträgen auch die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers auf einen Zeitraum erstrecken, in dem die Beschäftigten keine Arbeitsleistung erbringen, heben sie in einem bestimmten Umfang die Zurechenbarkeit der Geldleistungspflicht zu der privatvertraglichen Vereinbarung auf. An die Stelle der vertraglichen Grundlage tritt für eine bestimmte Höhe oder Dauer der Geldleistung die Lohn- oder Preisfestlegung durch Gesetz, die allein dem Staat zuzurechnen ist. Setzt eine fördernde Vergütungsregelung an einem Vertragsverhältnis an, so zerfällt die Geldleistungspflicht des belasteten Unternehmens in einen privatvertraglich bedingten Anteil, dem regelmäßig eine wertäquivalente Sachleistung gegenüberstehen wird, und einen staatlich auferlegten Anteil, dem die Eigenschaft der Wertäquivalenz fehlt und welcher allein der Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe dient. In Höhe dieses Anteils bilden abgabenähnliche Entgeltregelungen bei wirtschaftlicher Betrachtung staatlich auferlegte Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben; gleichzeitig sind sie nicht als Abgaben zu qualifizieren. In Anbetracht ihres Charakters als hoheitlich zugewiesene Finanzierungspflichten ist für die verfassungsrechtliche Beurteilung dieser Lohn- und Preisregelungen von Bedeutung, inwieweit die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG gegenüber solchen Geldleistungspflichten Schutz bietet. 2. Die Rechtsprechung des BVerfG Die Weichen für die Entwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu der Frage, ob und inwieweit die Eigentumsgarantie vor der Auferlegung von Geldleistungspflichten durch den Staat schützt, wurden bereits im Urteil des Ersten Senats zur Verfassungsmäßigkeit des Investitionshilfegesetzes vom 20. Juli 1954 gestellt. Dort erklärt das Gericht, wenngleich der Umfang der durch Art. 14 GG geschützten Objekte in Schrifttum und Rechtsprechung umstritten sei, so bestehe doch Einmütigkeit darüber, daß „Art. 14 GG nicht das Vermögen gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten schützt. Solche Geldleistungspflichten, wie sie das Investitionshilfegesetz vorsieht, berühren nicht die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes.“485 Mit dieser ebenso knappen wie weitreichenden Formel warf das BVerfG eine Reihe von Fragen auf. Zunächst war ihr nicht zu entnehmen, weshalb Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten schütze. Eine dogmatische Begründung fehlte. Die „Einmütigkeit“ in dieser Frage nahm das Gericht an, ohne sie zu belegen, und zog dadurch den Verdacht auf sich, sie nicht belegen zu können. Die Kernaussage, Art. 14 GG schütze nicht das Vermögen gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten, ließ zudem nicht mit Sicherheit erkennen, ob nach Auffassung des Gerichts bereits der 485

BVerfGE 4, 7 (17) – Investitionshilfe.

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Schutzbereich der Eigentumsgarantie in diesen Fällen nicht eröffnet war oder ob es diese Form von Freiheitsbeschränkungen als im Regelfall gerechtfertigt ansah. Ebensowenig war erkennbar, ob das Gericht gerade die Schutzlosigkeit des Vermögens als Rechtsgut oder aber den fehlenden Schutz gegenüber der spezifischen Eingriffsform der Geldleistungspflicht als Grundsatz hatte formulieren wollen. Dementsprechend kritisierte das Schrifttum an der These, sie sei „apodiktisch, dogmatisch nicht abgesichert und überdies in ihrem Aussagegehalt mehrdeutig“.486 Einem eindeutigen Verständnis war es weiter abträglich, daß das Gericht in bald darauf folgenden Entscheidungen – ohne Anzeichen einer bewußten inhaltlichen Abweichung – einmal davon sprach, die Auferlegung von Geldleistungspflichten „verletze“ nicht die Eigentumsgarantie,487 ein andermal, die Zulässigkeit von Abgaben bleibe durch diese unberührt488 und schließlich wieder, Art. 14 Abs. 1 GG schütze nicht vor der Auferlegung von Geldleistungspflichten.489 Zwar bezog sich die These auf Geldleistungspflichten allgemein und war anläßlich der Beurteilung einer nichtsteuerlichen Geldleistungspflicht aufgestellt worden, doch erlangte sie zwangsläufig ihre zentrale Bedeutung für die verfassungsrechtliche Überprüfung von Steuern. Bemerkenswert war an der These daher insbesondere, daß sie privates Vermögen gegenüber dem Steuerzugriff des Staates nahezu gänzlich schutzlos stellte und die Besteuerung damit zur – fortan vielbeschworenen – „offenen Flanke der Eigentumsgarantie“490 werden ließ. Eine umfassende Gewährleistung privater Freiheitsentfaltung durch das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG, die einen gewissen grundrechtlichen Schutz gegen Steuern hätte bieten können, war zum Zeitpunkt der Investitionshilfe-Entscheidung noch nicht anerkannt.491 Die Begrenztheit staatlichen Finanzbedarfs alleine war ungeeignet, die Eigentumssphäre des Steuerpflichtigen vor unzulässigen Beeinträchtigungen durch den Staat abzuschirmen. Einen gewissen formellen Schutz bot lediglich der Vorbehalt des Gesetzes in Gestalt der Abgabenbewilligung; während er vereinzelt für 486 So K. H. Friauf, DÖV 1980, S. 480 (484); ders., DStJG 12 (1989), S. 3 (19); ähnlich R. Weber-Fas, NJW 1975, S. 1945 (1948); aus neuerer Zeit H. Butzer, Freiheitsrechtliche Grenzen der Steuer- und Sozialabgabenlast, 1999, S. 32. 487 BVerfGE 6, 290 (298). 488 BVerfGE 10, 89 (116). 489 BVerfGE 11, 105 (126); eingehende Darstellung des Gangs der Rspr. bei K. H. Friauf, DÖV 1980, S. 480 (484 f.). 490 Nach erstmaliger Verwendung wohl durch K. Ballerstedt, Wirtschaftsverfassungsrecht, in: K. A. Bettermann/H. C. Nipperdey/U. Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. III/1, 1958, S. 1 (39) ist das Wort nunmehr klassisch, vgl. aus jüngerer Zeit nur K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, 20. Aufl., 1995, S. 194; W. Leisner, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 149 Rn. 125. 491 Eine Wende brachte hier BVerfGE 6, 32 – Elfes.

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ausreichend erachtet wurde,492 überwog bei weitem die Skepsis, ob das Verfahren der parlamentarischen Gesetzgebung einen hinreichenden Schutz des Bürgers gegen übermäßige Steuerlasten bieten könne.493 Zweifel hieran ergaben sich insbesondere aus dem Wandel, den die Funktion des Parlaments bei der Steuergesetzgebung seit der Zeit der konstitutionellen Monarchie erfahren hatte: Vom zustimmungsberechtigten Kontrolleur der monarchischen Vollkompetenz hatte sich das Parlament zum eigentlichen Träger der Finanzgewalt entwikkelt.494 Vor dem Hintergrund der niedrigen Steuerpflichten des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts, von denen keine nennenswerten Belastungen des Vermögens ausgegangen waren,495 war das Vertrauen in die Verzichtbarkeit materiell-rechtlicher Schutzvorkehrungen gegen übermäßige Steuerlasten nachvollziehbar. Mit Ausweitung der Staatsaufgaben und der damit verbundenen Vervielfachung des staatlichen Finanzbedarfs sowie infolge der zunehmenden Verwendung von Steuertatbeständen zu Zwecken der Sozialpolitik und der Wirtschaftslenkung wuchs im Verlauf der Geschichte der Bundesrepublik die Belastung des Steuerpflichtigen jedoch in einem Maße an, das die These, Art. 14 Abs. 1 GG schütze nicht vor staatlich auferlegten Geldleistungspflichten, immer mehr in Frage stellte.496 Das Erfordernis einer materiell-rechtlichen Sicherung vor übermäßiger steuerlicher Belastung des Bürgers wurde damit offenbar. Das BVerfG reagierte auf diese Entwicklung, indem es seit den frühen sechziger Jahren die bisherige Formel um den Zusatz ergänzte, ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG komme allenfalls dann in Betracht, wenn „die Geldleistungspflichten den Pflichtigen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen würden“.497 Den gleichen Maßstab bezeichnete das Gericht bald darauf auch als Verbot einer „Erdrosselungswirkung“ oder einer „Konfiskation“.498 So sehr die Hinwendung des Gerichts zu einem Schutz des

492 So etwa Konrad Hesse in den ersten elf Auflagen seiner Lehrbuches, vgl. nur ders., Grundzüge des Verfassungsrechts, 11. Aufl., 1978, S. 183; hierzu auch K. H. Friauf, DÖV 1980, S. 480 (483). 493 Hierzu P. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, 1973, S. 14 f.; P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 43 m. Fn. 68; R. WeberFas, NJW 1975, S. 1945 (1948); vgl. auch P. Saladin, Grundrechte im Wandel, 1970, S. 144 f. 494 Vgl. die Nachweise in Fn. 493, sowie K. H. Friauf, DÖV 1980, S. 480 (483). 495 Hierzu K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, 20. Aufl., 1995, S. 194; H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 168. 496 Dazu K. H. Friauf, DÖV 1980, S. 480 (482); P. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, 1973, S. 13 ff.; W. Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, 1976, S. 107 f.; K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, 20. Aufl., 1995, S. 194. 497 BVerfGE 14, 221 (241) – Fremdrenten; ebenso daraufhin E 19, 119 (128 f.); 23, 288 (314 f.); 29, 402 (413). 498 BVerfGE 30, 250 (272) sowie E 23, 288 (315).

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Vermögens vor der Auferlegung von Geldleistungspflichten begrüßt wurde, so wenig blieb unbemerkt, daß die Verfassungsrechtsprechung sich hierdurch in dogmatische Widersprüche verwickelte. Denn mit der Grundannahme, Art. 14 Abs. 1 GG werde durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten nicht berührt, war es an sich nicht zu vereinen,499 wenn das Gericht nun ab einer bestimmten Intensität der Belastung eine Verletzung des Grundrechts für möglich hielt.500 Der Maßstab der grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse des Pflichtigen, mithin die Schwelle der „Erdrosselung“ und der „Konfiskation“, dominiert die Verfassungsrechtsprechung zur Vereinbarkeit nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten mit Art. 14 Abs. 1 GG bis in die Gegenwart.501 Für die Verfassungsmäßigkeit von Steuerlasten hingegen hat sich das BVerfG inzwischen von diesem Ansatz gelöst; es nimmt seit den neunziger Jahren eine aktivere Haltung zum Grundrechtsschutz des Steuerpflichtigen ein und hat den effektiven Schutz der Grundrechte gegen Steuerlasten anhand einer Reihe verschiedener Verfassungsgewährleistungen gestärkt. Im Vordergrund standen dabei die Schutzpflicht des Staates für Ehe und Familie gem. Art. 6 Abs. 1 GG, das Sozialstaatsprinzip gem. Art. 20 Abs. 1 GG sowie der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, die je nach der Konstellation des Falles auch zusammenwirkten.502 Steuern qualifiziert das BVerfG als Eingriffe „in die in der Verfügungsgewalt und Nutzungsbefugnis über ein Vermögen angelegte allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) gerade in deren Ausprägung als persönliche Entfaltung im vermögensrechtlichen Bereich (Art. 14 GG).“ Hieraus leitet das Gericht ab, das geschützte Freiheitsrecht dürfe „nur so weit beschränkt wer499 Ein ähnliches Argumentationsmuster war für die Schwelle der Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb festgestellt worden: Das Schrifttum sieht Rentabilitätsminderungen erst dann als Eingriffe in diese Rechtsposition an, wenn durch sie die Funktionssubstanz des Gewerbebetriebes angegriffen wird. Dann aber liegt zugleich eine Verletzung der Eigentumsgarantie vor. Die Schwellen der eigentumsrechtlichen Relevanz von Rentabilitätsminderungen und der Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG fallen somit zusammen. Anders als bei der Auferlegung von Geldleistungspflichten erklärt sich diese systematische Anomalie jedoch aus dem Anliegen, Art. 14 Abs. 1 GG im Bereich des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gegenüber Art. 12 Abs. 1 GG abzugrenzen. Siehe hierzu oben § 15 C II. 500 Hierzu auch K. H. Friauf, Juristische Analysen 1970, S. 299 (301 ff.); K. Vogel, Finanzverfassung und politisches Ermessen, 1972, S. 36 f.; G. Picot, Gewinnumverteilung und Verfassungsrecht, 1976, S. 107; H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 17; O. Depenheuer, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 164. 501 Aus jüngerer Zeit BVerfGE 77, 308 (339 f.); 82, 159 (190); 85, 226 (237); 95, 267 (301). 502 Vgl. nur BVerfGE 82, 60 (85 f.) – Steuerfreies Existenzminimum; 87, 153 (169 f.) – Grundfreibetrag; 99, 216 (232) – Kinderbetreuungskosten; hierzu P. Kirchhof, AöR 128 (2003), S. 1 (30 ff.).

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den, daß dem Steuerpflichtigen ein Kernbestand des Erfolges eigener Betätigung im wirtschaftlichen Bereich als Ausdruck der grundsätzlichen Privatnützigkeit des Erworbenen und der grundsätzlichen Verfügungsbefugnis über die geschaffenen vermögenswerten Rechtspositionen erhalten wird.“503 Für nichtsteuerliche Geldleistungspflichten hingegen sind nur vereinzelt Vorstöße zu bemerken, in denen das Gericht etwa feststellt, Art. 14 Abs. 1 GG schütze jedenfalls nicht vor solchen Geldleistungspflichten, die „einen verhältnismäßig geringen Umfang haben.“504 In diesem Bereich bleibt auch der geschilderte Widerspruch bestehen. Auf Deutungsversuche in der Literatur, die Grundthese von der Schutzlosigkeit des Vermögens mit den Anforderungen der Übermaßklausel zu versöhnen, ist das BVerfG nicht eingegangen,505 gleichzeitig hat es von seiner Grundposition aus dem Investitionshilfe-Urteil nie Abstand genommen. Allerdings beginnt das Gericht anzuerkennen, daß Geldleistungspflichten jedenfalls dann an Art. 14 Abs. 1 GG zu messen sind, wenn sie tatbestandlich an den Hinzuerwerb vermögenswerter Rechtspositionen anknüpfen.506 3. Der Meinungsstand im Schrifttum Aus der Reaktion des rechtswissenschaftlichen Schrifttums auf die nachgezeichnete Rechtsprechung spricht die Unzufriedenheit vieler Autoren damit, daß das BVerfG zu keiner Zeit in eine argumentative Auseinandersetzung mit seiner Grundthese – Art. 14 Abs. 1 GG schütze nicht das Vermögen gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten – eingetreten ist.507 Das Schrifttum hingegen hat sich dieser Aufgabe angenommen. Es ist dabei überwiegend zu Ergebnissen gelangt, die sich erheblich von der Position des BVerfG unterscheiden. Viele Autoren stellen bei ihren Überlegungen in den Vordergrund, daß Art. 14 Abs. 1 GG nur die konkrete vermögenswerte Rechtsposition schützt, wie sie durch die Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze ausgestaltet und dem einzelnen zugewiesen wird.508 Die Verfassungsgewährleistung des Eigentums 503

BVerfGE 87, 153 (169) – Grundfreibetrag; 93, 121 (137) – Vermögensteuer. BVerfGE 36, 383 (400); 37, 121 (131). 505 P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 301 f., hatte den Widerspruch dahingehend aufzulösen versucht, die Grundthese beziehe sich auf die Funktion von Art. 14 Abs. 1 GG als subjektives Abwehrrecht, die Übermaßklausel hingegen auf die Funktion des Grundrechts als objektive Wertentscheidung; die Verfassungsrechtsprechung hat diesen Ansatz nicht aufgenommen, vgl. ders., AöR 101 (1976), S. 399 (429). 506 Hierzu BVerfG, NJW 2006, 1191 (1193). 507 Vgl. P. Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), S. 213 (231 f.); K. H. Friauf, DStJG 12 (1989), S. 3 (22). 508 Hierzu BVerfGE 24, 367 (396); 74, 129 (148); 95, 267 (300); aus der Literatur R. Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, 1985, S. 37 f.; O. Depenheuer, in: H. v. Man504

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folge dem Leitbild des zivilrechtlichen Sacheigentums,509 in dem sie ihren Ursprung nimmt,510 und beschränke sich deshalb auf den Schutz solcher Rechtspositionen, die ihren Träger zu ausschließlicher Nutzung eines Wirtschaftsguts befähigen.511 Ein Schutz solcher Vermögenspositionen, die nicht durch Rechtssatz zu einer konkreten Rechtsposition ausgestaltet und verdichtet sind, mithin ein Schutz des Vermögens „allgemein“, weise über die Gewährleistung des Eigentums im verfassungsrechtlichen Sinne hinaus. Nach geltender Dogmatik entfalte Art. 14 Abs. 1 GG in erster Linie eine Bestandsgarantie, welche die geschützte Rechts- und Vermögensposition in ihrer konkreten, rechtlich vorgefaßten Form gegen staatlichen Zugriff abschirmt; nur in wenigen, verfassungsrechtlich vorgezeichneten Fällen – Beispiele bilden Art. 14 Abs. 3 sowie Art. 15 GG – werde die Bestandsgarantie in eine Wertgarantie überführt.512 In Gestalt eines allgemeinen Vermögensschutzes werde diese Dogmatik überwunden, da eine Gewährleistung des Vermögens „allgemein“ von vornherein nur als – primäre, nicht sekundäre – Eigentumswertgarantie zu denken sei. Darüber hinaus lasse sich die Gesamtheit aller Vermögensrechte gar nicht zu einem Rechtsinstitut fassen.513 In der Konsequenz dieser Auffassung läge es an sich, daß der Schutz der Eigentumsgarantie Geldleistungspflichten wie Abgaben nicht entgegengestellt werden könnte, da diese nicht zur Aufgabe eines bestimmten Wirtschaftsgutes zwingen, sondern lediglich den Gesamtwert des Vermögens mindern. Dies wiederum hätte zur Folge, daß sich der Bürger gegenüber dem Zugriff des Steuergesetzgebers unter keinen Umständen auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen könnte. Diese Schlußfolgerung zieht die Mehrheit der Autoren indessen nicht. Dem dürfte auch die Erkenntnis zugrunde liegen, daß die Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung514 des Staates auf der grundrechtlichen Garantie des Privateigentums aufbaut, Steuerhoheit und Privateigentum also goldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 160; H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 160; W. Leisner, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 149 Rn. 3, 54, 72. 509 BVerfGE 98, 17 (35); P. Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, 2000, S. 51; J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 14 Rn. 39. 510 W. Leisner, Sozialbindung des Eigentums, 1972, S. 17 f.; E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, Allgemeiner Teil, 10. Aufl., 1973, S. 330 f.; zur Erstrekkung der Gewährleistung auf weitere dingliche und obligatorische Rechtspositionen noch unter Geltung des Art. 153 Abs. 1 WRV vgl. M. Wolff, Reichsverfassung und Eigentum, in: FG f. Wilhelm Kahl, 1923, S. 1 ff. 511 So schon BVerfGE 52, 1 (30); 78, 58 (71); im Schrifttum J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 14 Rn. 39; B.-O. Bryde, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 12. 512 Vgl. BVerfGE 24, 367 (397); 58, 300 (323); H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 8, 160. 513 H. Lecheler, NJW 1979, S. 2273 (2275); H.-J. Papier, AöR 98 (1973), S. 528 (532 ff.).

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funktionell aufeinander bezogen sind: Wenn die Verfassung der öffentlichen Hand die Einnahmenerzielung aus eigenhändiger Staatswirtschaft nur in Grenzen gestattet und hierdurch erst die Voraussetzungen einer privatnützigen Eigentumsordnung schafft, so ist die staatliche Teilhabe am Erfolg privaten Wirtschaftens in dieser Eigentumsidee notwendig enthalten.515 Ihren Ausdruck im Verfassungstext findet diese funktionelle Interdependenz beider Institute, der Steuer und des Privateigentums, in Art. 14 Abs. 2 GG, der die Sozialpflichtigkeit des Eigentums anordnet. Schon dieser Zusammenhang gibt einen deutlichen Hinweis darauf, daß jedenfalls das Handeln des Steuergesetzgebers der Rechtfertigung vor Art. 14 GG bedarf. Dementsprechend sieht eine Reihe auch derjenigen Autoren, die einen eigentumsrechtlichen Schutz des Vermögens als solchem ablehnen, jedenfalls Steuern und andere Abgaben als Beeinträchtigungen der Eigentumsfreiheit an. Bisweilen wird diese Ausnahme damit begründet, die Steuer als Geldleistungspflicht unterscheide sich von einer Belastung konkreter Eigentumsgüter allein in ihrer Zugriffsmodalität, die es dem Pflichtigen überlasse, welche Vermögenswerte er zur Erfüllung seiner Steuerschuld einsetze, in der Belastungswirkung aber nicht hinter spezifischen Eigentumszugriffen zurückbleibe.516 Von anderer Seite wird vorgeschlagen, die staatliche Auferlegung von Geldleistungspflichten immer dann dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie zuzuordnen, wenn diese unmittelbar an das Innehaben und die Nutzung von Eigentumspositionen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG anknüpfen.517 Die Möglichkeit der Berufung auf Art. 14 Abs. 1 GG dürfe nicht allein von der Form der Beeinträchtigung – etwa durch Substanzeingriff, Nutzungsbeschränkung oder Geldleistungspflicht – abhängen, solange feststehe, daß eine konkrete, vermögenswerte Rechtsposition jedenfalls faktisch berührt ist. Ergänzend wird daher gefordert, die finanzielle Belastung müsse von solcher Intensität sein, daß sie einem klas514 Hierzu J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 ff.; K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, § 30 Rn. 51 ff.; W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10 ff.; siehe hierzu eingehend oben § 8 B. 515 Hierzu eingehend P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 92 ff.; ders., AöR 128 (2003), S. 1 (10 f.); ders., Gesetz und Billigkeit im Abgabenrecht, in: FS f. Hans Ulrich Scupin, 1983, S. 775 (777); vgl. auch K. H. Friauf, DÖV 1980, S. 480; J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (414 ff.). 516 R. Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, 1985, S. 38 ff.; ders., in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 38; zustimmend O. Depenheuer, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 169. 517 So bereits D. Bodenheim, Der Zweck der Steuer, 1979, S. 272 ff.; sodann H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 8, 169 f.; H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 17; nun wohl auch BVerfG, NJW 2006, 1191 (1193).

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sischen Eigentumseingriff gleichgestellt werden kann.518 Regelmäßig wird es sich bei Geldleistungspflichten, die diese Voraussetzungen erfüllen, um Steuern handeln, welche das Innehaben, die Nutzung und die Verfügung über Eigentum sowie das Erbrecht belasten, so daß der Anwendungsbereich dieses Lösungsansatzes sich mit dem Schutz der Eigentumsgarantie gegenüber Steuerlasten weitgehend deckt. Seit den frühen siebziger Jahren, um so deutlicher seit der Staatsrechtslehrertagung des Jahres 1980, mehrt sich die Zahl der Autoren, nach deren Ansicht Art. 14 Abs. 1 GG nicht nur die einzelnen Vermögenswerte, die durch Gesetz zu konkreten Rechtspositionen ausgestaltet werden, sondern auch die Zusammenfassung aller dieser Einzelpositionen, mithin das Vermögen „als Ganzes“ gegen staatlichen Zugriff schützt.519 Vielfach gehen die Überlegungen von der Schutzfunktion der Eigentumsgarantie aus, die nicht erfüllt werde, wenn der Eigentümer gegenüber Geldleistungspflichten, die jedenfalls unmittelbar nicht auf konkrete Vermögensgegenstände, sondern nur auf den Gesamtwert des Vermögens zugreifen, schutzlos gestellt werde.520 Auch gehe aus Art. 14 Abs. 3 GG hervor, daß die Eigentumsfreiheit nicht allein eine Bestandsgarantie konkreter Vermögensgegenstände, sondern auch eine Wertgarantie enthalte, die von der Bindung an einzelne Vermögenspositionen gelöst werden könne.521 Daß die Schutzfunktion des Eigentumsgrundrechts den Ausgangspunkt der Überlegungen bildet, wird besonders in der Aussage deutlich, „Eigentum“ definiere nicht das Rechtsgut, das es gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten abzuschirmen gelte, sondern umgrenze „den Handlungsspielraum, der dem Eigentümer bei seinem ökonomischen Verhalten zur Verfügung steht“; Grundlage dieser Handlungsfreiheit sei das jeweilige Gesamtvermögen.522

518 H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 17; ders., Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 85 f. 519 K. H. Friauf, Juristische Analysen 1970, S. 299 (305 ff.); ders., DÖV 1980, S. 480 (488); P. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, 1973, S. 20, 24; ders., VVDStRL 39 (1981), S. 213 (234 ff.); ders., in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 86 ff.; W. Martens, VVDStRL 30 (1972), S. 7 (16); K. Vogel, Finanzverfassung und politisches Ermessen, 1972, S. 39 ff.; ders./C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 540 ff.; J.-R. Sieckmann, in: Berliner Kommentar, Art. 14 Rn. 53, 107. 520 P. Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), S. 213 (236); K. H. Friauf, Juristische Analysen 1970, S. 299 (307); K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 541, 544. 521 K. H. Friauf, Juristische Analysen 1970, S. 299 (307 f.); ders., DStJG 12 (1989), S. 3 (23). 522 So P. Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), S. 213 (236); ders., in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 88; ders., AöR 128 (2003), S. 1 (13, 15); ders., StuW 2006, S. 3 (8); K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 543; vgl. auch BVerfGE 97, 350 (370) – Euro.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

Das Hauptanliegen dieser Auffassung besteht darin zu zeigen, daß Geldleistungspflichten wie Steuern und sonstige Abgaben zwar nicht auf ein bestimmtes Wirtschaftsgut zugreifen, den Eigentümer aber unausweichlich zur Aufgabe von Vermögenswerten zwingen, um der Zahlungspflicht nachkommen zu können, und auf diese Weise jedenfalls mittelbar auch den Bestand konkreter Vermögensgegenstände berühren.523 Die Ansicht, das Eigentumsgrundrecht schütze auch das Vermögen als solches, unterscheidet sich in zwei Konsequenzen besonders markant von der Position, Art. 14 Abs. 1 GG gewährleiste nur den einzelnen, rechtlich konkretisierten Vermögensbestandteil: Zum einen bedingt sie, daß der einzelne Vermögensgegenstand – und in der Folge auch das Gesamtvermögen – nicht nur in seinem Bestand, sondern auch in seinem am Markt erzielbaren wirtschaftlichen Wert, dem Tauschwert, am Schutz der Eigentumsfreiheit teilhat.524 Zum anderen hat der Schutz des Vermögens als der Zusammenfassung aller konkreten vermögenswerten Rechtspositionen zur Folge, daß auch Geldleistungspflichten, die unmittelbar nicht auf konkrete Wirtschaftsgüter, sondern unspezifisch auf deren Gesamtwert zugreifen, Art. 14 Abs. 1 GG berühren; die Auswahlbefugnis des Vermögensinhabers darüber, welchen Wert er zur Erfüllung der Zahlungspflicht aufgibt, führt also nicht dazu, daß ein Schutz der Eigentumsgarantie gegenüber diesem mittelbaren Zugriff auf den Bestand des Einzelwertes ausscheidet. 4. Stellungnahme Den Vorzug verdient die Auffassung, Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch das Vermögen als Ganzes, also die Zusammenfassung aller vermögenswerten Rechtspositionen sowohl in ihrem Bestand als auch nach ihrem Tauschwert. Hervorzuheben ist zunächst, daß diese Auffassung den Widerspruch vermeidet, wonach die Eigentumsgarantie zwar nicht das Vermögen als solches gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten schützt, aber solche Zahlungspflichten abwehre, welche die Zahlungsfähigkeit des Bürgers „erdrosselten“; in der Rechtsprechung des BVerfG findet sich dieser logische Bruch noch immer.525 Sodann ist ein Mißverständnis aufzulösen, das einem häufig geäußerten Einwand gegen den Eigentumsschutz des Gesamtvermögens zugrunde liegt: Gegen 523 Hierzu insbesondere R. Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, 1985, S. 40; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 91; K. H. Friauf, DStJG 12 (1989), S. 3 (23). 524 Hiergegen insbesondere H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 163 f.; B.-O. Bryde, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 24. 525 Exemplarisch aus jüngerer Zeit BVerfGE 85, 226 (237); 95, 267 (301); kritisch hierzu W. Martens, VVDStRL 30 (1972), S. 7 (16); O. Depenheuer, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 164.

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eine solche Auslegung des Art. 14 Abs. 1 GG wird vorgebracht, sie lasse auch bloße „faktische, sich im gesetzesfreien Raum entwickelnde Vermögensvorteile“ zum Gegenstand der Eigentumsgarantie werden.526 Zurecht wird jedoch im Schrifttum bereits von dritter Seite darauf hingewiesen, diese Kritik würdige die angegriffene Auffassung nicht genügend in der Differenziertheit ihrer dogmatischen Konstruktion.527 Denn diejenigen Autoren, die für einen Schutz des Vermögens als Zusammenfassung der einzelnen Vermögensgegenstände und des in ihnen verkörperten Tauschwertes eintreten, stellen zugleich heraus, daß es sich dabei um die Summe der gesetzlich ausgeformten Rechtspositionen zu handeln habe;528 ungesicherte Erwerbsaussichten sind auch hiernach nicht Gegenstand der Eigentumsgarantie, sondern allenfalls – sofern sie sich im Rahmen einer Berufs- oder Unternehmenstätigkeit einstellen – des Art. 12 Abs. 1 GG. Es liegt daher keineswegs in der Konsequenz dieser Auffassung, den Eigentumsschutz auf vage, rein faktisch vermittelte Vermögensnachteile auszudehnen.529 Betrachtet man den Umfang, in dem der Eigentumsschutz des Gesamtvermögens über das Verständnis der Gegenauffassung vom Gewährleistungsgehalt des Art. 14 Abs. 1 GG hinausgeht, so ist dieser geringer als häufig dargestellt – und wo sich solche Erweiterungen feststellen lassen, sind sie konsequent. Dies gilt zum einen für den Grundsatz, Art. 14 Abs. 1 GG schütze rechtlich konkretisierte Vermögensgegenstände auch in ihrem Tauschwert. Zwar ist allgemein anerkannt, daß Art. 14 Abs. 1 GG neben einer Bestandsgarantie auch eine Wertgarantie des Eigentums enthält. Manche Autoren sehen die Vermögenswertgarantie jedoch nur unter den besonderen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 GG aktiviert, während Eigentumsgüter gegenüber Inhalts- und Schrankenbestimmungen zwar in ihrem Bestand, nicht aber in ihrem Tauschwert geschützt würden.530 Allein der Schutz des Tauschwertes aber trägt dem Umstand Rechnung, daß unter den wirtschaftlichen Bedingungen der Gegenwart die Möglichkeit zum Tausch in höherem Maße als diejenige zum Gebrauch von Vermögensgegenständen eine ökonomische Grundlage der Handlungsfreiheit bietet.531 Die Beobachtung gilt zum anderen für den Grundsatz, daß sich der Schutz des Vermögenswertes nicht auf den einzelnen Gegenstand beschränkt, sondern 526

So H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483 (490). So R. Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, 1985, S. 37. 528 P. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, 1973, S. 20; ders., AöR 128 (2003), S. 1 (14); ders., StuW 2006, S. 3 (5, 8); K. H. Friauf, Juristische Analysen 1970, S. 299 (307 f.). 529 Übereinstimmende Beurteilung bei R. Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, 1985, S. 40. 530 H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483 (490 f.); ders., in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 163 f. 531 So deutlich auch BVerfGE 97, 350 (371) – Euro. 527

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

auf die Summe aller vermögenswerten Rechtspositionen erstreckt. Diesem Prinzip liegt die Einsicht zugrunde, daß Geldleistungspflichten – namentlich die Steuer, das Regelinstrument der Staatsfinanzierung532 – als abstrakte Wertsummenschulden zwar nicht auf konkrete Vermögensgegenstände zugreifen, den Umfang des Gesamtvermögens jedoch verringern und den Pflichtigen unweigerlich auch zur Aufgabe konkreter, wenngleich von ihm auszuwählender Vermögensbestandteile zwingen, also auch deren Bestand berühren. Die Erkenntnis des besonderen Zugriffsmodus von Geldleistungspflichten führt nun auch Anhänger der Gegenauffassung dazu, als Abweichung vom vermeintlichen Prinzip der Schutzlosigkeit des Gesamtvermögens jedenfalls einen Eigentumsschutz gegenüber Geldleistungspflichten zu befürworten.533 Die Auffassung, Art. 14 Abs. 1 GG schütze das Vermögen als Ganzes, kann dieses – für die Staatsfinanzierung bedeutsamste – Ergebnis bereits konsequent aus ihren Grundannahmen herleiten. Soweit schließlich die Literatur das Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG als „Handlungsspielraum, der dem Eigentümer bei seinem ökonomischen Verhalten zur Verfügung steht“, begreift,534 denkt sie damit folgerichtig den Ansatz des BVerfG zu Ende, wonach der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie im Gesamtgefüge der Grundrechte die Aufgabe zukommt, dem Grundrechtsträger „einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern“.535 Sie argumentiert insoweit „konsequent vom freiheitsrechtlichen Kern des Grundrechts her“536 und verdient aus diesem wie auch aus den zuvor genannten Gründen den Vorzug. IV. Systematische Konsequenzen des Vermögensschutzes durch Art. 14 Abs. 1 GG Nach der hier zugrunde gelegten Ansicht gewährleistet die Eigentumsgarantie somit auch das Vermögen als Zusammenfassung aller konkreten vermögenswerten Rechtspositionen, die dabei sowohl in ihrem Bestand als auch in ihrem Tauschwert geschützt werden. Hieraus ergeben sich zum einen Konsequenzen für die Kontrolle abgabenähnlicher Vergütungsregelungen an Art. 14 Abs. 1 GG auch unter anderen Gesichtspunkten als der Auferlegung materieller Geld-

532

Siehe hierzu bereits oben § 8 B I. So insbesondere O. Depenheuer, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 169; ähnlich zuvor bereits R. Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, 1985, S. 38 ff. 534 So zuerst P. Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), S. 213 (236); zustimmend insbesondere K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 543. 535 BVerfGE 50, 290 (339); 89, 1 (6); 97, 350 (371). 536 K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 547. 533

§ 15 Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie

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leistungspflichten. Zum anderen sind die Implikationen für das Verhältnis der Eigentumsgarantie zum Grundrecht der Berufsfreiheit zu klären. 1. Dogmatik des Eigentumsschutzes und Zwangsvergütungen Schützt die Eigentumsfreiheit das Gesamtvermögen gegen die hoheitliche Auferlegung von Zahlungspflichten, so berühren abgabenähnliche Preisregelungen, die bei materieller Betrachtung Finanzierungspflichten begründen, den Vermögensinhaber in seinem grundrechtlich gewährleisteten Eigentum. Allerdings wäre es kaum zu erklären, wenn fördernde Vergütungsregelungen bei materieller Betrachtung als Geldleistungspflichten prinzipiell an Art. 14 Abs. 1 GG zu messen wären, bei lediglich formeller Betrachtung als Preisregelungen hingegen nicht und unter dem Aspekt des Eingriffs in den Gewerbebetrieb erst bei Erreichen einer existenzgefährdenden Belastungsintensität. Die Eigentumsrelevanz von „Quersubventionen“ als Modifikationen vertraglicher Ansprüche sowie als Beeinträchtigungen des Gewerbebetriebs bedarf daher einer erneuten Betrachtung vor dem Hintergrund, daß Art. 14 Abs. 1 GG auch das Vermögen als solches schützt. Der Eigentumsschutz vertraglicher Rechtspositionen gegenüber Vergütungsregelungen wird in der Literatur unter dem Hinweis bestritten, nur der Anspruch als Rechtsposition, nicht aber sein Tauschwert werde von der Eigentumsgarantie umfaßt.537 Doch konnte die Richtigkeit dieser Annahme inzwischen widerlegt werden, so daß vom Standpunkt der Auffassung, Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch das Gesamtvermögen, die Eigentumsfreiheit auch durch Preisregelungen tangiert wird, die den Tauschwert vertraglicher Ansprüche gegenüber der Situation bei unbeeinflußter privatautonomer Vereinbarung modifizieren. Insoweit ergeben sich folglich keine Unterschiede daraus, ob Zwangsvergütungen bei formeller Anschauung als Preisregelungen oder bei materieller Betrachtung als hoheitlich auferlegte Zahlungspflichten begriffen werden. Des weiteren wurde festgestellt, daß abgabenäquivalente Vergütungspflichten den Gewinn des benachteiligten Vertragspartners oder desjenigen, der die förderungsbedingte Mehrkostenlast dauerhaft zu tragen hat, verringern, dadurch die Rentabilität des Gewerbebetriebes mindern und unter diesem Gesichtspunkt die Eigentumsfreiheit berühren.538 Wenn das Schrifttum den Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb erst bei einer besonders gravierenden finanziellen Belastung, durch welche die „Funktionssubstanz“ des unternehmerischen Eigentums angetastet wird, eröffnet sieht,539 so zieht es damit 537 J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 14 Rn. 57; H.-J. Papier, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 163 f.; B.-O. Bryde, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 24. 538 Siehe oben § 15 C II.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

nicht den Schutzgehalt der Eigentumsgarantie gegenüber Rentabilitätsminderungen des Gewerbebetriebes in Zweifel, sondern läßt aus Erwägungen der Grundrechtskonkurrenz Art. 14 Abs. 1 GG unterhalb der Schwelle einer besonderen Eingriffsintensität hinter Art. 12 Abs. 1 GG zurücktreten. Dies hat zur fragwürdigen Konsequenz, daß dieselbe grundrechtsbelastende Maßnahme sowohl bei einer formellen Sichtweise als Vergütungsregelung wie auch bei materieller Betrachtung als Geldleistungspflicht unabhängig von ihrer Belastungsintensität an Art. 14 Abs. 1 GG zu messen ist, sich bei einem Verständnis als Beeinträchtigung des Gewerbebetriebes jedoch erst im Falle eines Eingriffs in die „Funktionssubstanz“ der Schutz der Eigentumsfreiheit entfaltet. Schon dies spricht dagegen, die Eigentumsgarantie unterhalb der Schwelle einer bestimmten Belastungsintensität gegenüber der Berufsfreiheit zurücktreten zu lassen. Darüber hinaus führt dieser Ansatz aus Konkurrenzgesichtspunkten denselben Widerspruch herbei, an dem auch die Verfassungsrechtsprechung zum Eigentumsschutz vor – nichtsteuerlichen540 – Geldleistungspflichten leidet: Weshalb Art. 14 Abs. 1 GG gegenüber einer bestimmten Form staatlichen Zugriffs grundsätzlich nicht schützen soll, bei Erreichen einer bestimmten Zugriffsintensität hingegen schon, ist nicht zu erklären. Vorzugswürdig ist es daher, der Eigentumsgarantie einen Schutz gegenüber jeglicher Rentabilitätsminderung des Gewerbebetriebes zu entnehmen, die dem Staat zurechenbar und auf den betroffenen Gewerbebetrieb bezogen ist. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts gegenüber Zwangsvergütungen eröffnet, ohne daß es darauf ankommt, ob diese bei formeller Betrachtung als Preisregelungen, als Eingriffe in das unternehmerische Eigentum oder bei materieller Sichtweise als hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten qualifiziert werden. 2. Vermögensschutz der Eigentumsgarantie im Verhältnis zur Berufsfreiheit Schon eingangs wurde festgestellt, daß es einer Kontrolle abgabenähnlicher Vergütungsregelungen am Maßstab der Eigentumsgarantie nicht entgegensteht, wenn diese Regelungen zugleich als Beeinträchtigungen der Unternehmerfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG zu qualifizieren sind.541 Die Unterscheidung des BVerfG zwischen einem Schutz des Erwerbs und einem solchen des Erworbenen gibt eine allgemeine Richtlinie, erlaubt jedoch keine trennscharfe Abgrenzung der Schutzbereiche von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG.542 539

Siehe oben Fn. 480 und 481. In der neueren Rspr. des BVerfG zum Steuerrecht tritt der Widerspruch nicht auf, siehe oben § 15 C III 2. 541 Siehe oben § 15 B. 540

§ 15 Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie

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Dementsprechend stehen die beiden Grundrechte insbesondere dann in einer „Idealkonkurrenz“543, wenn die Nutzung rechtlich konkretisierter Vermögensgegenstände zu Erwerbszwecken durch Berufsausübungsregelungen beeinträchtigt wird. Auch die Anerkennung des Gesamtvermögens als Schutzgut der Eigentumsgarantie zwingt nicht zu einer grundlegenden Neubestimmung des Verhältnisses der beiden Freiheitsrechte. Bloß „faktische, sich im gesetzesfreien Raum entwickelnde Vermögensvorteile“ unterfallen entgegen entsprechender Kritik aus der Literatur544 auch dann nicht Art. 14 Abs. 1 GG, wenn dessen Schutz auf das Gesamtvermögen, die Zusammenfassung aller vermögenswerten Rechtspositionen, bezogen wird. Wird die Anbindung der Eigentumsgewährleistung an die rechtliche Ausgestaltung konkreter Vermögenswerte demnach nicht aufgegeben, so kann die Abgrenzungsformel der Verfassungsrechtsprechung weiter Anwendung finden – und wird freilich weiterhin in vielen Fällen ergeben, daß sowohl die Berufs- wie auch die Eigentumsfreiheit durch eine Maßnahme angesprochen ist.

D. Übereinstimmung der Rechtfertigungsmaßstäbe von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG Betreffen Zwangsvergütungen als vermögensbeeinträchtigende Berufsausübungsregelungen sowohl den Schutzbereich der Berufsfreiheit als auch der Eigentumsgarantie, so stellt sich die Frage, ob beide Freiheitsrechte in ihren Anforderungen an die Eingriffsrechtfertigung miteinander übereinstimmen oder ob es einer Harmonisierung der Maßstäbe bedarf. Allgemein läßt sich für das Verhältnis der beiden Grundrechte sagen, daß Verfassungsrechtsprechung und Literatur bereits für eine Harmonie der Rechtfertigungsanforderungen gesorgt haben. So ist beispielsweise die Rechtsprechung des BVerfG zu den sogenannten ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen545 stark von dem Gedanken des individuellen Härteausgleichs, wie ihn das Gericht zu Art. 12 Abs. 1 GG entwickelt hat, inspiriert.546 Die Parallelität der Rechtfertigungsmaßstäbe geht nach Auffassung des BVerfG so weit, daß „eine zulässige Berufsausübungsregelung auch stets eine zulässige Sozialbindung des Eigentums“ sei.547 542

Eingehend hierzu P. Kirchhof, AöR 128 (2003), S. 1 (23). R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 147 Rn. 100; ebenso R. Wendt, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 14 Rn. 186. 544 So H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483 (490). 545 Hierzu insbesondere BVerfGE 100, 226 ff.; ähnlich bereits zuvor E 58, 137 ff.; eingehend zu dieser Rechtsfigur J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 14 Rn. 132 ff. m.w. N. 546 D. Dörr, NJW 1988, S. 1049 (1051); J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 14 Rn. 132. 543

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

Zur Legitimation von Zwangsvergütungen vor Art. 12 Abs. 1 GG wurde bereits festgestellt, daß diese Geldleistungspflichten für die Tätigkeit des betroffenen Unternehmens ausübungsregelnd wirken und daher „durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls“ gerechtfertigt werden können, sofern sie „zur Erreichung des verfolgten Zweckes geeignet und erforderlich sind und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt wird.“548 Dabei lassen sich unterhalb der Schwelle einer Belastungsintensität, bei der die finanzielle Inanspruchnahme auf Dauer die Existenz des Unternehmens gefährdet, in der Regel keine Belastungsobergrenzen aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip herleiten.549 Der Wortlaut des Art. 14 GG gibt die Rechtfertigungsmaßstäbe der Eigentumsgarantie an Grundrechtsbeeinträchtigungen deutlicher zu erkennen als Art. 12 Abs. 1 GG, doch stimmen die Anforderungen beider Grundrechte an abgabenähnliche Finanztransfers miteinander überein. Da fördernde Vergütungspflichten den Güteraustausch und damit den Gebrauch von Eigentumsgegenständen belasten, konkretisieren sie die gegenüber Art. 14 Abs. 2 S. 1 GG gesteigerte Sozialbindung des Eigentumsgebrauchs gem. Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG;550 insoweit gilt Ähnliches wie im Verhältnis von Berufswahl- und Berufsausübungsregelungen. Da Geldleistungspflichten nicht als Enteignung zu qualifizieren sind – schon die Entschädigungspflicht gem. Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG wäre im Falle einer rein finanziellen Belastung durch den Staat sinnwidrig551 –, ergibt sich aus einer systematischen Interpretation von Art. 14 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG, daß Geldleistungspflichten die Grenze der Sozialbindung des Eigentums zwar nachzeichnen, diese aber nicht überwinden dürfen. Hieraus folgt, daß Zwangsvergütungen den Pflichtigen nur so weit belasten dürfen, daß diesem „ein Kernbestand des Erfolges eigener Betätigung im wirtschaftlichen Bereich als Ausdruck der grundsätzlichen Privatnützigkeit des Erworbenen und der grundsätzlichen Verfügungsbefugnis über die geschaffenen vermögenswerten Rechtspositionen erhalten wird.“552 Diese eigentumsrechtliche Obergrenze für Preisinterventionen dürfte mit dem Gebot aus Art. 12 Abs. 1 GG zusammenfal547

BVerfGE 22, 380 (386 f.); 50, 290 (364 f.); 97, 228 (265). BVerfGE 68, 155 (171); 71, 183 (196 f.); 72, 26 (31); 77, 308 (332); 81, 156 (188 f.). 549 Siehe insoweit exemplarisch die Ausführungen zur SER, oben § 14 D III 1 d) dd) (3). 550 Zur abgestuften Sozialbindung gem. Art. 14 Abs. 2 GG P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 90, 94; zuvor bereits ders., Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, 1973, S. 48 ff. 551 K. H. Friauf, DÖV 1980, S. 480 (487); P. Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), S. 213 (241); siehe hierzu noch unten § 16 D III 3. 552 So – für den Eigentumsschutz vor Besteuerung – BVerfGE 87, 153 (169); 93, 121 (137); P. Kirchhof, AöR 128 (2003), S. 1 (13); ders., StuW 2006, S. 3 (8). 548

§ 15 Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie

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len, wonach die finanzielle Belastung keine Intensität annehmen darf, die auf Dauer die Existenz des Unternehmens gefährdet. Soweit sich schließlich Anforderungen an abgabenähnliche Preisinterventionen unmittelbar aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ableiten, bestehen keine Unterschiede zwischen Beeinträchtigungen der Berufs- und solchen der Eigentumsfreiheit. Aufgrund der kongruenten Maßstäbe, die Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG an die Rechtfertigung abgabenähnlicher Vergütungspflichten anlegen, wirft es keine Schwierigkeiten auf, daß diese Regelungen an beiden Gewährleistungen zu messen sind; insbesondere erscheint ausgeschlossen, daß die Anwendung zweier grundrechtlicher Maßstäbe zu widersprüchlichen Ergebnissen führt.

E. Ergebnis Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht nur einzelne konkrete vermögenswerte Rechtspositionen, sondern auch das Vermögen als Ganzes, mithin die Zusammenfassung aller dieser Vermögensgegenstände in ihrem Bestand und ihrem Tauschwert. Auf dieser Grundlage sind abgabenäquivalente Preisinterventionen – unabhängig davon, ob sie bei formeller Betrachtung lediglich als Preisregelungen, als Eingriffe in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder bei materieller Anschauung als hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten begriffen werden – an der Eigentumsgarantie zu messen. Allerdings stellt Art. 14 GG keine höheren Rechtfertigungsanforderungen an Zwangsvergütungen als das Grundrecht der Berufsfreiheit. Als Belastungsobergrenze definiert die Eigentumsgewährleistung ein Maß, bei welchem dem Lastenträger ein Kernbestand des Erfolges eigener Betätigung im wirtschaftlichen Bereich als Ausdruck der grundsätzlichen Privatnützigkeit des Eigentums nicht mehr erhalten wird; diese Belastungsintensität erreichen „Quersubventionen“ nicht. Sie sind daher in der Regel mit Art. 14 GG ebenso wie mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Freilich steht auch diese Vereinbarkeit unter dem Vorbehalt, daß die sonderbelasteten Privaten eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die geförderte öffentliche Aufgabe trifft.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

§ 16 Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG A. Der Rechtfertigungsbedarf abgabenähnlicher Preisinterventionen vor dem allgemeinen Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG Abgabenähnliche Vergütungsregelungen weisen einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe die besondere Pflicht zur Finanzierung einer Aufgabe des gemeinen Wohls zu und benachteiligen sie hierdurch gegenüber der Allgemeinheit der Steuerzahler, die über ihre allgemeine Steuerpflicht hinaus nicht zur Tragung öffentlicher Lasten herangezogen wird. Diese Sonderbelastung wird in Rechtsprechung und Literatur als rechtfertigungsbedürftig angesehen. Überwiegend wird die Rechtfertigung jedoch als Frage der Zumutbarkeit einer Berufsausübungsregelung aufgefaßt und hierdurch dogmatisch der Vereinbarkeit von Preisinterventionen mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit zugeordnet. BVerfG, BGH und BAG fragen im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung danach, ob die Mitglieder der sonderbelasteten Gruppe zu der finanzierungsbedürftigen Aufgabe in einer „besonderen Verantwortungsbeziehung“ stehen.553 Das rechtswissenschaftliche Schrifttum zieht im selben Zusammenhang die Kriterien der „besonderen Gruppenverantwortung“ und der „Gruppennützigkeit“, wie sie auch als Zulässigkeitsanforderungen an Sonderabgaben angelegt werden, heran.554 In Rechtsprechung und Literatur wird damit die Frage nach einer besonderen Finanzierungsverantwortung der sonderbelasteten Gruppe gestellt. Beide Ansätze geben allerdings auch zu erkennen, daß es sich bei der aufgeworfenen Legitimationsfrage um die Rechtfertigung der Sonderlast vor dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG handelt. Im Falle der Literatur553 Für die Stromeinspeisungsregelung: BGHZ 134, 1 (21); unter Verweis hierauf auch BGHZ 155, 141 (148). – Für den Arzneimittelabschlag zu Lasten der Apotheken gem. § 130 SGB V: BVerfG, NVwZ 2006, 191 (198). – Für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG: BVerfGE 109, 64 (88); BAGE 81, 222 (229). 554 Für die Stromeinspeisungsregelung: M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 254; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 225 ff.; H.-J. Blanke/A. Peilert, RdE 1999, S. 96 (99 f.); F. Ossenbühl, RdE 1997, S. 46 (50 f.). – Die Arzneimittelrabatte gem. §§ 130, 130a SGB V werden im Schrifttum überwiegend als Sonderabgaben qualifiziert, so daß die Anforderungen der Gruppenverantwortung und der Gruppennützigkeit unmittelbar Anwendung finden, vgl. etwa F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (351 ff.); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (416 ff.); für materielle Vergleichbarkeit mit einer Sonderabgabe hingegen H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags nach § 130a SGB V, 2003, S. 37. – Für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG: C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 105 ff.; E. Kreßel, Anmerkung zu BAG, AP Nr. 13 zu § 14 MuSchG 1968, Bl. 1448; H. Kube, JZ 2004, S. 358 (360).

§ 16 Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz

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auffassung wird dies schon daran deutlich, daß in der Regel nur die gleichheitsschützenden Voraussetzungen der Sonderabgabenjudikatur – besondere Verantwortung, gruppennützige Verwendung, bisweilen auch die Homogenität der belasteten Gruppe – an Preisregelungen angelegt werden. Zudem wird die Anwendbarkeit dieser Kriterien damit begründet, sie stellten „lediglich“ Ausprägungen des Gebotes der Lastengleichheit dar und könnten daher auch auf nichtabgabenrechtliche Sonderlasten Anwendung finden.555 Auch in der Rechtsprechung wird erkennbar, daß die Legitimationsfrage als Rechtfertigungsbedarf fördernder Vergütungsregelungen vor Art. 3 Abs. 1 GG aufgefaßt wird. Sämtliche verfassungsgerichtlichen und höchstrichterlichen Entscheidungen fragen nach der „besonderen Verantwortungsbeziehung“ der Sonderlastenträger.556 Das Erfordernis einer besonderen Verantwortungsbeziehung vollzieht die Zurechnung des Finanzierungsaufwandes einer öffentlichen Aufgabe zur Person des Lastenträgers nach, nimmt also die gleichheitsrechtliche Perspektive, nicht die Sicht der Zweck-Mittel-Relation im Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips ein. Weiter verdeutlicht wird dies durch die Entstehungsgeschichte des Merkmals der „besonderen Verantwortungsbeziehung“.557 Trotz der Erkenntnis des gleichheitsrechtlichen Charakters der Legitimationsfrage wird die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung jedoch stets im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit der Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG untersucht. Sofern Art. 3 Abs. 1 GG als Verfassungsmaßstab überhaupt zur Anwendung gelangt, werden lediglich Ungleichheiten innerhalb der sonderbelasteten Gruppe an dieser Bestimmung gemessen, nicht jedoch die Ungleichbehandlung der Gruppe gegenüber der Allgemeinheit der Steuerzahler.

555 F. Ossenbühl, RdE 1997, S. 46 (47, 50 f.); C. Treffer, UPR 1996, S. 128 (130); S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 228; H.-J. Blanke/A. Peilert, RdE 1999, S. 96 (99 f.); C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 105 ff. (Mangels besonderer Gruppenverantwortung verstoße die Zuschußpflicht sowohl gegen Art. 12 Abs. 1 GG als auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.); E. Kreßel, Anmerkung zu BAG, AP Nr. 13 zu § 14 MuSchG 1968, Bl. 1448. 556 Siebe soeben in Fn. 553. 557 In BVerfGE 77, 308 – Bezahlter Bildungsurlaub – hatten die Beschwerdeführer gerügt, Art. 3 Abs. 1 GG sei dadurch verletzt, daß die angegriffenen Lohnfortzahlungsregelungen bei materieller Betrachtung wie Sonderabgaben wirkten, ohne jedoch die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen dieser Abgabenart zu erfüllen (a. a. O., S. 317). Der Erste Senat trennte die Frage der Qualifikation als Sonderabgabe von derjenigen der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung, ging der letzteren jedoch durch das Erfordernis der besonderen Verantwortungsbeziehung im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung nach (a. a. O., S. 337 ff.). In gleicher Weise verfuhren BVerfGE 85, 226 (236) zur Verfassungsmäßigkeit des Hessischen Sonderurlaubsgesetzes und BAGE 81, 222 (229) zur Zulässigkeit des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld; auch BGHZ 134, 1 (21) geht bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der SER von den genannten Entscheidungen des BVerfG aus und gründet das Kriterium der besonderen Verantwortungsbeziehung ausdrücklich auf das Prinzip der Belastungsgleichheit.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

Wie bereits dargestellt, birgt die Betrachtung der gleichheitsrechtlichen Legitimation der Sonderlast im Rahmen der freiheitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung die Gefahr einer verkürzenden und unpräzisen Gleichheitskontrolle.558 Eine häufige Folge dieses Vorgehens ist es, daß die Allgemeinheit der Steuerzahler als Vergleichsgruppe der lastenzuweisenden Ungleichbehandlung nicht in den Blick genommen wird. Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld durch das BVerfG559 führte die Einkleidung der Rechtfertigungsfrage in die Verhältnismäßigkeitsprüfung zu einer „Gesamtbetrachtung“ der Lastenanteile der Arbeitgeber und des Staates; eine sachgemäße Abgrenzung der Vergleichsgruppen hätte die rechtliche Irrelevanz einer solchen „Gesamtbetrachtung“ deutlich werden lassen. Schließlich dürfte es auf die mangelnde Trennung von freiheits- und gleichheitsrechtlichen Rechtfertigungsaspekten zurückzuführen sein, daß das BVerfG in zwei Beschlüssen zu Lohnfortzahlungsregelungen nach Landesrecht eine hinreichende Verantwortungsbeziehung des einzelnen Arbeitgebers für die Zwecke der Lohnfortzahlung ablehnen, der Gesamtheit der Arbeitgeber jedoch eben diese besondere Verantwortung zuerkennen konnte.560 Woraus den Arbeitgebern als Kollektiv eine besondere Finanzierungsverantwortung für Aufgaben erwachsen kann, die sich dem einzelnen Arbeitsverhältnis nicht zurechnen lassen, geht aus diesen Entscheidungen nicht hervor.561 Es ist daher nochmals festzuhalten, daß die freiheitsrechtliche Verhältnismäßigkeits-, insbesondere Zumutbarkeitsbetrachtung keinen Prüfungszusammenhang bildet, innerhalb dessen sich die Vereinbarkeit finanzieller Sonderlasten mit dem Prinzip der Belastungsgleichheit problemgerecht erfassen läßt. Auf der anderen Seite handelt es sich bei dem Bestehen einer besonderen Finanzierungsverantwortung um eine Vorfrage, ohne deren Klärung nicht beantwortet werden kann, ob die Sonderbelastung einer gesellschaftlichen Gruppe den Angehörigen dieser Gruppe zumutbar ist. Die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsfreiheit konnte für alle Referenzregelungen nur unter der Voraussetzung angenommen werden, daß eine besondere Finanzierungsverantwortung der sonderbelasteten Gruppe für die jeweilige öffentliche Aufgabe besteht.562 Ohne die Antwort auf die vorgelagerte Frage nach der besonderen Finanzierungsverantwortung der Lastenträger zu kennen, läßt sich im Rahmen der 558

Siehe oben § 14 D IV 2 b). Vgl. BVerfGE 109, 64 (88). 560 BVerfGE 77, 308 (337); 85, 226 (237). 561 Siehe hierzu bereits oben § 14 D IV 2 b). – BVerfGE 101, 141 (148 ff.) hat die Sonderabgabe, durch welche die abgabenähnliche Lohnfortzahlungsregelung des Hessischen Sonderurlaubsgesetzes, die Gegenstand von E 85, 226 gewesen war, ersetzt wurde, mangels einer besonderen Gruppenverantwortung der Arbeitgeber für verfassungswidrig erklärt. 562 Siehe oben § 14 D III 1 e) (zur Stromeinspeisungsregelung); § 14 D III 2 f) (für den Herstellerabschlag); § 14 D III 3 d) cc) (zum Arbeitgeberzuschuß). 559

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Verhältnismäßigkeitsprüfung allein die Zweck-Mittel-Relation betrachten, kann also lediglich festgestellt werden, ob bei einer Gesamtabwägung die Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung zu dem Gewicht und der Dringlichkeit der gesetzgeberischen Zwecke außer Verhältnis steht.563 Da diese Zweck-Mittel-Relation allein das Verhältnis zwischen der Intensität des Grundrechtseingriffs und dem Gewicht des Regelungszwecks betrachtet, entgeht ihr die grundlegende und logisch vorrangige Frage, ob der Adressat der Lastenzuweisung überhaupt für Belange der Allgemeinheit sonderbelastet werden darf. Für diese Frage enthält das Verhältnismäßigkeitsprinzip keine Maßstäbe, wie auch daraus deutlich wurde, daß zwischen BVerfG, BGH und Literatur streitig ist, ob die Möglichkeit einer Lastenübernahme durch den Staat aus Haushaltsmitteln für die Erforderlichkeit der Sonderbelastung Privater von Bedeutung ist.564 In grundrechtssystematische Widersprüche führt es, wenn die Inanspruchnahme Privater an den Maßstäben der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG und der Eigentumsgarantie gem. Art. 14 Abs. 1 GG für gerechtfertigt erachtet wird, weil die Intensität der Sonderbelastung nicht außer Verhältnis zu den verfolgten Zwecken steht, gleichzeitig aber die Rechtfertigung der Sonderlast vor dem Gebot der Lastengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG scheitert, so daß die Betroffenen von Verfassungs wegen gar nicht zur Aufgabenfinanzierung hätten in Anspruch genommen werden dürfen. Diesen Widerspruch versuchen sämtliche Ansätze, welche die besondere Finanzierungsverantwortung der Lastenträger im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung berücksichtigen, zu vermeiden. Dennoch stehen die freiheitsrechtliche und die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung einer Zwangsvergütung in der Prüfungspraxis oftmals unverbunden nebeneinander, da zunächst die Zulässigkeit der Belastungsintensität anerkannt und erst daraufhin die Rechtfertigung der Sonderlast dem Grunde nach, also das „Ob“ der Sonderbelastung, untersucht wird.565 Auf diese Weise lassen sich widersprüchliche Ergebnisse der freiheits- und der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigungsprüfung nicht vermeiden. Es bedarf weiter der Klärung, nach welchen Maßstäben sich die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit einer sonderbelasteten Gruppe Privater bestimmt und ob eine solche in den Fällen der Referenzregelungen besteht. Dazu wurde bereits im Zusammenhang mit der Behandlung der Finanzierungsverantwortlichkeit in Rechtsprechung und Literatur gesehen, daß die Rechtfertigung einer Sonderbelastung für Gemeinwohlzwecke nicht als Frage der Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner allgemeinen Form, son-

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Hierzu BVerfGE 68, 155 (171); 77, 308 (332); 81, 156 (188 f.). Siehe oben § 14 D IV 1 b). 565 Exemplarisch insoweit BVerfGE 109, 64 (88) – Arbeitgeberzuschuß III; BAGE 81, 222 (229) (Vorinstanz zu BVerfGE 109, 64). 564

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dern spezifischer als Frage danach untersucht wird, ob das Prinzip der Lastengleichheit als besondere Ausprägung des Gleichheitssatzes gewahrt wird.

B. Das Prinzip der Lastengleichheit I. Systematische Einordnung und Geltungsbereich Als finanzielle Sonderbelastung Privater zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben sind Zwangsvergütungen am Grundsatz der Lastengleichheit zu messen. In diesem Prinzip, ebenso wie in dem Grundsatz der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit, findet der allgemeine Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG eine besondere Ausprägung. In seinem ersten Urteil zur Verfassungsmäßigkeit des Familienlastenausgleichs bezeichnet das BVerfG den Maßstab als „Prinzip der Lastengleichheit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG“.566 Der Grundsatz der Belastungsgleichheit gilt in allen Bereichen sowie für alle Handlungsformen staatlicher Tätigkeit, sofern ein Hoheitsträger in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben einzelnen Bürgern oder Gruppen über ihre Steuerpflicht hinaus zusätzliche Lasten auferlegt.567 Greift der Staat zur Deckung seines allgemeinen Finanzbedarfs im Wege der Besteuerung auf privates Vermögen zu, so ist er hierbei an das Gebot gleichmäßiger Besteuerung nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Zensiten gebunden. Das Prinzip der Steuergleichheit in näherer Ausgestaltung durch das Leistungsfähigkeitsprinzip formt den allgemeinen Gleichheitssatz für das Steuerrecht aus.568 Die Schutzwirkung der Steuergleichheit gegen eine diskriminierende finanzielle Belastung durch den Fiskus wäre jedoch gering, wenn es dem Gesetzgeber außerhalb der steuerrechtlichen Handlungsformen freistände, einzelne Freiheitsberechtigte oder Gruppen zur eigenhändigen Wahrnehmung oder zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben gesondert in Anspruch zu nehmen.569 Indem das Gebot der Lastengleichheit das Handeln des Gesetzgebers bei der Zuweisung solcher zusätz566 BVerfGE 11, 105 (119); vgl. aus der frühen Literatur zum Gebot der Lastengleichheit unter dem Grundgesetz H. P. Ipsen, in: F. Neumann/H. C. Nipperdey/ U. Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. 2, 1954, S. 111 (195). 567 H.-U. Gallwas, BayVBl. 1971, S. 245 (247); W. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 283; R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 148 Rn. 28; R. Scholz, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 155; ferner BVerfGE 55, 274 (303); BGHZ 134, 1 (21). 568 Grundlegend zum Prinzip der Steuergleichheit BVerfGE 84, 239 (269) – Kapitalertragsteuer; aus der Lit. P. Kirchhof, StuW 1984, S. 297 ff.; ders., StuW 1985, S. 319 (321 ff.); D. Birk, StuW 1983, S. 293 (297 ff.). 569 K. H. Friauf, Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (108); ders., Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (48); hieran anschließend BVerfGE 55, 274 (303); vgl. auch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 26, 233; W. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 24.

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licher Belastungen anleitet und ihn darauf verpflichtet, die öffentlichen Lasten gleichmäßig auf alle Bürger zu verteilen, sichert es die Schutzwirkung der Steuergleichheit gegen eine ungleichmäßige Lastentragung außerhalb des Steuerrechts ab.570 Die gleichmäßige Besteuerung aller Inländer nach Maßgabe der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird daher durch das allgemeine Gebot der Lastengleichheit flankiert. Angesichts dieser Funktion wird bisweilen auch vom Prinzip der Lastengleichheit aller Bürger „als Steuerzahler“ gesprochen.571 Aus der Grundentscheidung der Verfassung für den Steuerstaat folgt, daß die Lasten aus der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, derer sich der Staat annimmt, von der Allgemeinheit zu tragen sind. Für die eigenhändige Wahrnehmung der Aufgaben durch staatliche Organe ergibt sich dies unmittelbar daraus, daß die entstehenden Kosten in der Regel aus Haushaltsmitteln bestritten werden und die Einnahmen des Staatshaushalts – hierin liegt die Kernaussage des Steuerstaatsgebotes – grundsätzlich durch die Allgemeinheit der Steuerzahler aufgebracht werden.572 Diese Entscheidung des Verfassunggebers, der Finanzierung des Staates das Gemeinlastprinzip zugrunde zu legen, bleibt auch dann von Bedeutung, wenn der Staat zur Wahrnehmung oder Finanzierung öffentlicher Aufgaben einzelne Private oder Gruppen heranzieht. Wie das BVerfG wiederholt hervorgehoben hat, treffen die Lasten, die durch die Erledigung öffentlicher Angelegenheiten entstehen, dem Grundsatz nach nur die Allgemeinheit und sind deshalb nur aus öffentlichen Mitteln zu tragen.573 Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus dem Grundsatz der Lastengleichheit, daß die Zuweisung öffentlicher Sonderlasten an Private zwar nicht von vornherein gleichheitswidrig ist, aber in jedem Fall der besonderen Legitimation aus Sachgründen bedarf.574 Dem Gebot der Belastungsgleichheit handelt der Staat folglich nur dann zuwider, wenn er Bürger außerhalb der allgemeinen Steuerpflicht zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben heranzieht, ohne daß diese besondere Inanspruchnahme 570

Bezeichnenderweise spricht das BVerfG von der Besteuerungsgleichheit auch als „steuerlicher Lastengleichheit“, BVerfGE 84, 239 (269); hierin wird das komplementäre Verhältnis der beiden Gleichheitsmaßstäbe deutlich. 571 K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (56). 572 Grundlegend J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 ff.; auch W. Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 10 ff.; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 45 ff.; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 116 ff. 573 BVerfGE 23, 12 (23) – Bergbau-Altlast; im Anschluß hieran E 55, 274 (303); 92, 91 (121). 574 BVerfGE 75, 107 (159); 77, 308 (337); 81, 156 (197 f.); 85, 226 (237); aus dem Schrifttum K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (50); ders., Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (115); P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 369; vgl. auch BGHZ 134, 1 (21).

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durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Das rechtswissenschaftliche Schrifttum hat die Anforderungen der Belastungsgleichheit in der Vergangenheit bisweilen erheblich strenger formuliert. So hat Ernst Forsthoff die Gleichheit in der Tragung öffentlicher Lasten im Zusammenhang mit einer frühen Erscheinungsform von „Quersubventionierung“ immer schon dann verletzt gesehen, wenn der Gesetzgeber einzelnen gesellschaftlichen Gruppen neben der allgemeinen Steuerpflicht ihrer Mitglieder weitere finanzielle Lasten auferlegt, die nicht als Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Eine gerechte Verteilung der öffentlichen Lasten sah er nur dann gewährleistet, wenn die Mittel zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben von der Allgemeinheit der Steuerzahler aufgebracht, in den Haushaltsplan eingestellt und auf diese Weise der unbefangenen Ausgabenentscheidung des Haushaltsgesetzgebers unterworfen werden. Angesichts der Lasten- und Verteilungsgerechtigkeit stiftenden Funktion des Prinzips der Budgetvollständigkeit kann es nach Forsthoff „außerhalb des Haushalts keine Umverteilungen geben.“575 Inzwischen wird jedoch nicht mehr bezweifelt, daß finanzielle Sonderbelastungen Privater zur Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben auch dann, wenn sie sich „am Haushalt vorbei“ vollziehen, mit dem Prinzip der Lastengleichheit vereinbar sind, sofern sie sich auf einen rechtfertigenden Grund stützen.576 Aus der Funktion des Gebots der Lastengleichheit, den Steuerpflichtigen umfassend davor zu schützen, daß ihm ohne hinreichende Rechtfertigung zusätzliche öffentliche Lasten auferlegt werden, ergibt sich der Geltungsbereich dieses Gleichheitsprinzips. Der Bürger kann sich gegenüber der ungerechtfertigten Zuweisung sowohl sachlich-handlungsbezogener als auch rein finanzieller Sonderlasten auf die Garantie der Belastungsgleichheit berufen.577 Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist es für den Belasteten in der Regel ohne Bedeutung, ob der Staat diesen unmittelbar zu Geldleistungen verpflichtet oder ob er in anderer Weise auf dessen Vermögen zugreift. Folge des hoheitlichen Vermögenszugriffs ist in beiden Fällen, daß der Betroffene im Vergleich zu anderen Bürgern, die über die allgemeine Steuerpflicht hinaus nicht zur Wahrnehmung von Gemeinwohlaufgaben in Anspruch genommen werden, besonders belastet wird. Aufgrund der vergleichbaren Belastungswirkung für den Freiheitsberechtigten ist die öffentliche Hand daher an das Prinzip der Lastengleichheit gebunden, unabhängig davon, ob die Sonderlast in Gestalt einer nichtsteuerlichen Geldleistungspflicht 575

E. Forsthoff, BB 1965, S. 381 (388). Statt vieler K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (50); R. Mußgnug, Die zweckgebundene öffentliche Aufgabe, in: FS f. Ernst Forsthoff, 1972, S. 259 (276 ff., 284 ff.); M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 129. 577 BVerfGE 92, 91 (115 ff.) – Feuerwehrabgabe III; R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 148 Rn. 28; W. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 283; J. Becker, Transfergerechtigkeit, 2001, S. 90; M. Wehr, Rechtspflichten im Verfassungsstaat, 2005, S. 246. 576

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auferlegt wird, ob der Bürger im öffentlichen Interesse zu unentgeltlichen Dienstleistungen herangezogen wird oder ob der Staat auf das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum des einzelnen zugreift. Bei der Anwendung und Entfaltung des Prinzips der Lastengleichheit haben sich Schwerpunkte im Bereich derjenigen hoheitlichen Handlungsformen herausgebildet, mit deren Einsatz typischerweise Sonderbelastungen für einzelne Bürger oder Gruppen verbunden sind. Hier steht zunächst die Auferlegung außersteuerlicher Geldleistungspflichten, insbesondere die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben, im Vordergrund. Als finanzielle Sonderlasten, die auf die allgemeinen Sachgesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG gestützt werden, bedürfen nichtsteuerliche Abgaben der besonderen Rechtfertigung nicht nur vor der Ordnung der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen für Steuern, Art. 105 ff. GG, sondern ebenso vor dem Prinzip der Lastengleichheit.578 Sofern das Aufkommen einer nichtsteuerlichen Abgabe nicht dem allgemeinen Staatshaushalt zufließt und infolgedessen nicht der parlamentarischen Budgetbewilligung unterliegt, bedarf auch dies einer besonderen Legitimation.579 Das Prinzip der Lastengleichheit gehört daher neben der Wahrung der steuerlichen Kompetenzordnung und dem Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans zu den „drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung“, deren Geltungsanspruch gerade die jüngere Rechtsprechung des BVerfG für die Erhebung sämtlicher Arten nichtsteuerlicher Abgaben mit Nachdruck betont.580 Während die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für Vorzugslasten als „tradiertem Bestand“581 nichtsteuerlicher Abgaben infolge historischer Entwicklung bei Inkrafttreten des Grundgesetzes bereits weitgehend geklärt waren, ist dem Prinzip der Lastengleichheit bei der Formulierung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben durch das BVerfG besondere Aufmerksamkeit zuteil geworden. Das Gericht hat dabei die Anforderungen des Prinzips der Lastengleichheit an die Auferlegung nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten für Sonderabgaben in den Erfordernissen der Homogenität der belasteten Gruppe, der besonderen Verantwortung der Gruppe für die finanzierungsbedürftige Aufgabe und der Verwendung des Abgabenaufkommens im überwiegenden Interesse der Abgabenschuldner spezifiziert.582 Wie nachgewiesen werden konnte,583 handelt es sich bei diesen Zulässigkeitsvoraussetzungen um Ableitungen aus dem Prinzip der Lastengleichheit, welche die formenspezifischen Besonderheiten von Sonderab578 Hierzu P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 28, 182; F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 53; J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (442). 579 P. Kirchhof, Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 ff.; ders., in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 12 ff., 224; vgl. auch H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 397 ff. 580 BVerfGE 91, 186 (202 f.); 93, 319 (342 f.); 108, 1 (16 f.); 108, 186 (215 f.). 581 BVerfGE 108, 1 (17).

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gaben berücksichtigen und daher einer pauschalen Übertragung auf andere Formen von Sonderlasten nicht zugänglich sind, deren grundlegende Rechtfertigungsgedanken jedoch keineswegs auf Sonderabgaben beschränkt sind. Über das Abgabenrecht hinaus hat das BVerfG den Gesetzgeber auch bei der Auferlegung nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten, die nicht als Abgaben zu qualifizieren sind, an den Grundsatz der Belastungsgleichheit gebunden gesehen und für die Rechtfertigung der finanziellen Sonderlast nach einer „besonderen Verantwortungsbeziehung“ der in Anspruch genommenen Gruppe gefragt. Dabei hat das Gericht nicht danach unterschieden, ob Gläubiger der Geldleistungspflicht ein Träger hoheitlicher Gewalt, die Sonderlast jedoch nicht als Abgabe zu qualifizieren ist,584 oder ob die Geldmittel unmittelbar einer anderen Gruppe Privater zuzuwenden sind.585 Schon früh ist die Bedeutung der Belastungsgleichheit für solche Formen der Inanspruchnahme Privater zu Gemeinwohlzwecken erkannt worden, bei denen der Bürger nicht durch die Auferlegung einer Geldleistungspflicht zugunsten der öffentlichen Hand oder anderer Privater belastet wird. Als „Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben“ werden spätestens seit den sechziger Jahren Konstellationen der Sonderbelastung diskutiert, in denen der Staat einzelne Bürger oder Gruppen dadurch beschwert, daß er diese zu eigenhändiger Wahrnehmung einer Gemeinwohlaufgabe, also zu Dienstleistungen, verpflichtet und dabei oftmals auch die freie Eigentumsnutzung der Pflichtigen beeinträchtigt.586 Ein prägnantes Beispiel hierfür bildet die Verpflichtung des Mineralöl importierenden Wirtschaftszweiges, im Interesse einer sicheren Versorgung der Allgemeinheit bestimmte Mineralölerzeugnisse zu bevorraten; aus der hierdurch auferlegten Handlungspflicht ergaben sich für die betroffenen Unternehmen erhebliche Einschränkungen ihrer – durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten – freien Disposition über Lagerkapazitäten, die Inanspruchnahme der Unternehmen erfolgte unentgeltlich.587 582 Vgl. BVerfGE 55, 274 (305 ff.); 82, 159 (179 ff.); 91, 186 (203); 108, 186 (217 f.); P. Kirchhof, Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 (674 f.). 583 Siehe oben § 7 C I 3. 584 So etwa für den Erstattungsanspruch gem. § 128 Arbeitsförderungsgesetz (a. F.), BVerfGE 81, 156; vgl. zudem BVerfG, NVwZ 2006, 191 (199) – Beitragssatzsicherungsgesetz. 585 So für Lohnfortzahlungsregelungen des Individualarbeitsrechts, vgl. BVerfGE 77, 308; 85, 226. 586 Hierzu BVerfGE 22, 380 (383); 30, 292 (312 ff.); 68, 155 (170 ff.); 95, 173 (181 ff.); aus dem Schrifttum H.-U. Gallwas, BayVBl. 1971, S. 245 (247); ders., VVDStRL 29 (1970), S. 211 ff.; F. Ossenbühl, VVDStRL 29 (1970), S. 137 ff. (zum Maßstab der Lastengleichheit dort S. 181 f.); R. Scholz, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Art. 12 Rn. 155; R. Breuer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 148 Rn. 28. 587 Vgl. BVerfGE 30, 292 ff.

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In vielfältigen Erscheinungsformen findet sich die Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben im Polizei- und Ordnungsrecht. Auf diesem Gebiet wird oftmals nicht der Staat durch eigene Organe zur Beseitigung einer Gefahr tätig, vielmehr wird die Gefahrenbeseitigung durch die zuständigen Behörden einem Privaten aufgegeben, dieser wird folglich zur Erfüllung der Gemeinwohlaufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren, besonders in Anspruch genommen. Je nachdem, ob dem Bürger nach Abwehr der Gefahr Entschädigungsansprüche gegen den Rechtsträger der Polizeibehörde zustehen, ob also die Vermögensbelastung mit dem Kostenaufwand der Gefahrenbeseitigung dem Privaten endgültig verbleibt oder nicht, stellt sich die Inanspruchnahme entweder als bloß sachlich-handlungsbezogene oder als bleibende finanzielle Sonderbelastung zu Gemeinwohlzwecken dar. Entsprechendes gilt, wenn staatliche Organe die Gefahr abgewendet haben und sich die Frage anschließt, ob dem Hoheitsträger Ansprüche auf Kostenerstattung gegen denjenigen Privaten zustehen, der nach den allgemeinen Verantwortlichkeitstatbeständen des Polizeirechts zur Beseitigung der Gefahr auf der Primärebene verpflichtet gewesen wäre. Die Entschädigungs- wie auch die Kostenerstattungsansprüche des Gefahrenabwehrrechts verwirklichen für diesen Bereich hoheitlichen Handelns das Gebot der Belastungsgleichheit. Schließlich wird auch das Entschädigungserfordernis, an welches Art. 14 Abs. 3 GG die Zulässigkeit einer Enteignung knüpft, als Ausdruck des Prinzips der Lastengleichheit verstanden.588 In der Enteignung wird die Sozialbindung des Eigentums gem. Art. 14 Abs. 2 GG als Maß der Belastungen, die der Eigentümer im Interesse der Allgemeinheit entschädigungslos hinzunehmen hat, überwunden. Durch die Entschädigung der im öffentlichen Interesse hingenommenen Vermögensnachteile wird die Gleichheit in der Last wiederhergestellt. Wenngleich der Grundsatz der Belastungsgleichheit für sachlich-handlungsbezogene Belastungen – durch Dienstleistungen im öffentlichen Interesse und die Hinnahme von Eigentumsbeeinträchtigungen – ebenso gilt wie für rein finanzielle Sonderlasten, so bedeutet dies freilich nicht, daß sich die hieraus erwachsenden Rechtfertigungsanforderungen nicht je nach der Art der Sonderbelastung unterscheiden. Ein Unterschied von besonderer Tragweite für die Maßstabsbildung der Lastengleichheit besteht zwischen der Zuweisung von Verhaltens- und Naturalleistungspflichten auf der einen und der Auferlegung von Geldleistungspflichten auf der anderen Seite. Er ergibt sich daraus, daß es für die Erfüllung besonderer Verhaltens- und Naturalleistungspflichten in der Regel entscheidend ist, daß sie gerade von der Person oder Gruppe wahrgenommen werden, der sie zugewiesen sind. So wird eine Polizeibehörde einen Bürger typischerweise dann 588 K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (56 ff.); H. P. Ipsen, in: F. Neumann/H. C. Nipperdey/U. Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. 2, 1954, S. 111 (195).

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zur Beseitigung einer Gefahr in Anspruch nehmen, wenn dieser aufgrund seiner Sachkenntnisse sowie seiner Orts- und Gefahrennähe zum Zwecke einer sicheren und nachhaltigen Gefahrenabwendung am besten geeignet erscheint.589 In ähnlicher Weise kommt für eine Absicherung von Arbeitnehmern gegen das Risiko, während einer bestimmten Zeit und Tätigkeit ihren Arbeitsplatz zu verlieren, nur die Belastung des Arbeitgebers durch die Anordnung eines Kündigungsverbotes in Betracht, da nur die Inanspruchnahme des Arbeitgebers als Vertragspartner den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sicherzustellen vermag.590 Hingegen ist es für die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe in aller Regel ohne Bedeutung, von wem die erforderlichen Geldmittel aufgebracht werden, solange die Finanzierung als solche nur gesichert ist. Aufgrund der Austauschbarkeit von Geld als Handlungsmittel, seines Charakters als „Blankettbefähigung“591, bleibt es für die effektive und nachhaltige Erfüllung einer Gemeinwohlaufgabe ohne Auswirkung, welcher Person oder Gruppe die finanziellen Lasten des Erfüllungsaufwandes zugewiesen sind. Dieser fundamentale Unterschied innerhalb des Spektrums rechtfertigungsbedürftiger Sonderlasten wird bisweilen dahin beschrieben, die Rechtfertigung sachlich-handlungsbezogener Sonderlasten könne sich aus der „Natur der Sache“ ergeben, während eine solch zwingende Legitimation für die Zuweisung rein finanzieller Lasten aufgrund der „Fungibilität“ von Geld nicht in Betracht komme.592 II. Rechtfertigungsanforderungen der Belastungsgleichheit an finanzielle Sonderlasten Gemäß dem Erkenntnisinteresse dieser Untersuchung, die Verfassungsmäßigkeitsanforderungen an abgabenähnliche Preisinterventionen herauszuarbeiten, beschränkt sich die Betrachtung des Lastengleichheitsprinzips im folgenden darauf, die Maßstäbe der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten, also nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten, zu bestimmen. Wie bereits dargestellt, ist das Gebot der Lastengleichheit als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes vor dem Hintergrund der Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes und des Gemeinlastprinzips der Staatsfinanzierung zu sehen. Ergeben sich aus der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben Lasten, so sind diese von der Allgemeinheit der Steuerzahler zu tragen; jede Abweichung von diesem Prinzip 589 B. Drews/G. Wacke/K. Vogel/W. Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1986, S. 303; L. Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung, 1990, S. 128 ff.; T. Garbe, DÖV 1998, S. 632 (633). 590 C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 87 ff.; W. Zöllner, Gerechtigkeit im Arbeitsverhältnis, in: FS f. Alfred Söllner, 2000, S. 1297 (1302 f.). 591 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 11. 592 Hierzu C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 91, 120.

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bedarf der besonderen Legitimation. Aus dieser Kernaussage der Belastungsgleichheit leiten sich die zentralen Anforderungen an die Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten vor Art. 3 Abs. 1 GG ab. Unter diesen Anforderungen ist zunächst zu beachten, daß die Zuweisung finanzieller Sonderlasten als Abweichung vom Prinzip der Gemeinlast ihre Rechtfertigung nur darin finden kann, daß die sonderbelastete Gruppe Privater zu der finanzierungsbedürftigen Aufgabe eine spezifische Beziehung aufweist, durch die sie sich von der Allgemeinheit der Steuerzahler unterscheidet.593 Das Interesse der Gruppe an der Wahrnehmung dieser Aufgabe bzw. ihre Verantwortlichkeit hierfür muß das Interesse und die Verantwortlichkeit der Allgemeinheit eindeutig überwiegen. Dem liegt folgender Zusammenhang zugrunde: Per definitionem kennzeichnet es die öffentliche Aufgabe, daß ihre Wahrnehmung nicht allein den Interessen einer einzelnen, nach bestimmten Merkmalen von der Allgemeinheit abgrenzbaren Gruppe dient, sondern gerade auch im Interesse der Allgemeinheit liegt. „Öffentlich“ ist eine Aufgabe dann, wenn sie über die Interessen einzelner Gruppen hinaus zum Wohl der Allgemeinheit beiträgt.594 Gleichzeitig ist kaum eine öffentliche Aufgabe vorstellbar, zu der nicht einzelne gesellschaftliche Gruppen in einer größeren Nähebeziehung stehen als andere, da sie mit den Wirkungen der Aufgabenwahrnehmung häufiger in Kontakt kommen, hierdurch möglicherweise verstärkt zu einem hoheitlichen Handlungsbedarf auf dem Gebiet dieser Aufgabe beitragen oder in gesteigerter Weise von den Vorteilen und Annehmlichkeiten der Aufgabenerfüllung profitieren. Ebenso kennzeichnend für die öffentliche Aufgabe wie das Bestehen eines allgemeinen Interesses ist es daher, daß sich das Interesse der Allgemeinheit mit den besonderen Interessen bestimmter gesellschaftlicher Gruppen trifft, sich mit diesen überlagert. Eine spezifische Beziehung einer einzelnen Gruppe zu einer Gemeinwohlaufgabe kann folglich nur darin bestehen, daß das Interesse dieser Gruppe an bzw. die Verantwortlichkeit der Gruppe für die Erfüllung der Aufgabe das Interesse und die Verantwortlichkeit der Allgemeinheit in erkennbarer Weise übersteigt. Wäre das bloße Zusammentreffen von allgemeinem und partikularem Interesse an der Aufgabenwahrnehmung für die Zurechnung einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit ausreichend, so ließe sich – unter Preisgabe des Ge-

593 Hierzu bereits BVerfGE 11, 105 (116) („sachliche Beziehung“); ähnlich E 37, 1 (16); beide Entscheidungen bereiten hierin das Kriterium der „besonderen Gruppenverantwortung“ vor, das erstmals durch E 55, 274 (306) formuliert wird; hierzu auch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 261. – Aus dem frühen Schrifttum zu Sonderabgaben auch K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (50); zur spezifischen Verantwortungsbeziehung als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für Sozialversicherungsbeiträge grundlegend J. Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 62 f. 594 J. Isensee, in: ders./P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. III, § 57 Rn. 134, 136.

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meinlastprinzips – die Finanzierung nahezu jeder Gemeinwohlaufgabe von der Allgemeinheit der Steuerzahler auf eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe verlagern. Das Prinzip gleicher Tragung öffentlicher Lasten beschreibt daher ein Regel-Ausnahme-Verhältnis: Die Zuweisung besonderer Finanzierungslasten an private Gruppen bedarf als Abweichung vom Prinzip der Gemeinlast der besonderen Legitimation, die sie nur dann erfährt, wenn die Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Gruppe die Verantwortung der Allgemeinheit deutlich überwiegt. Die Regelvermutung, wonach öffentliche Aufgaben im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit wahrgenommen werden, ist zu widerlegen, wenn die Ausnahme, die Aufgabenfinanzierung aus der Sonderlast, gerechtfertigt sein soll.595 Entspricht das Gruppeninteresse nach seiner Intensität hingegen demjenigen der Allgemeinheit, so geht die Gruppe in Bezug auf die finanzierungsbedürftige Aufgabe in der Allgemeinheit auf, tritt jedoch nicht aus ihr hervor; ein Unterschied, der eine Ungleichbehandlung bei der Aufgabenfinanzierung rechtfertigen könnte, besteht nicht. Karl Heinrich Friauf hat dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis für öffentliche Sonderlasten, insbesondere für außersteuerliche Geldleistungspflichten, beschrieben.596 Das BVerfG hat sich seiner Auffassung angeschlossen und in der Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe unter Hinweis auf seine Ausführungen das Erfordernis der besonderen Gruppenverantwortung näher ausgeformt. Die mit der Abgabe belastete Gruppe müsse dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler; „andernfalls wäre die Sonderbelastung der durch die Abgabe in Anspruch genommenen Gruppe schon mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nicht zu vereinbaren.“597 Hieraus folgt freilich nicht, daß die Anforderung einer überwiegenden, deutlich erkennbaren Finanzierungsverantwortung an andere Formen nichtsteuerlicher Geldleistungspflichten als Sonderabgaben nicht anzulegen wäre. Zwar tritt die Sonderabgabe unter den nichtsteu595 Vgl. auch J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (442 f.) („Die Sonderlast steht gleichsam von Haus aus in einem Widerspruch zum Gleichheitsgebot, während die Gemeinlast mit ihm strukturell harmoniert. Eine nichtsteuerliche Abgabe muß daher eigens vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt werden. [. . .] Die Rechtfertigungslast liegt bei der Steuer umgekehrt wie bei nichtsteuerlichen Abgaben: Bei der Steuer muß der Verstoß gegen den Gleichheitssatz dargetan werden, wenn sie als verfassungswidrig, bei der nichtsteuerlichen Abgabe muß die Übereinstimmung mit dem Gleichheitssatz aufgewiesen werden, wenn sie als verfassungsmäßig gelten soll.“). 596 K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (51 ff.). 597 Hierzu BVerfGE 55, 274 (306) unter Verweis auf E 11, 105 (116); 18, 315 (328); 37, 1 (16); K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (53 ff.); ders., Reform des Systems der beruflichen Bildung, 1974, S. 37 ff.; ders., Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 1976, S. 103 (116 ff.).

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erlichen Abgaben wie insgesamt unter den finanziellen Sonderlasten durch ihre besondere Nähe und Konkurrenz zur Steuer598 hervor, muß sie als Abgabenart die „seltene Ausnahme“599 bleiben, so daß es gerechtfertigt ist, an ihre Vereinbarkeit auch mit dem Prinzip der Lastengleichheit besondere Anforderungen zu stellen. Das Erfordernis einer deutlich überwiegenden Finanzierungsverantwortung der sonderbelasteten Gruppe gegenüber der Allgemeinheit folgt jedoch, wie soeben dargestellt, aus allgemeinen Rechtfertigungsanforderungen der Lastengleichheit an eine gruppenbezogene Sonderbelastung zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben, die stets auch im Interesse und der Verantwortlichkeit der Allgemeinheit der Steuerzahler liegen. Mit dem Erfordernis einer überwiegenden Finanzierungsverantwortung steht eine weitere Anforderung an die Legitimation finanzieller Sonderlasten in untrennbarem Zusammenhang. Typischerweise weist der Gesetzgeber die Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe, häufig den Unternehmen eines einzelnen Wirtschaftszweiges oder der Gruppe der Arbeitgeber, zu. Oftmals wird die Finanzierungsverantwortlichkeit, aus der sich die Sonderlast rechtfertigt, in Eigenschaften und Merkmalen gründen, welche die Mehrheit der Gruppenangehörigen miteinander verbinden, die sich jedoch nicht in der Person jedes einzelnen Gruppenmitglieds finden. Infolgedessen werden diejenigen Mitglieder, welche die Voraussetzungen der Finanzierungsverantwortlichkeit nicht erfüllen, gegenüber anderen Personen, die eine solche Verantwortlichkeit ebenfalls nicht aufweisen, allerdings auch nicht der sonderbelasteten Gruppe angehören, ungleich behandelt. Die Rechtfertigung der Gruppenbelastung als solche wird hierdurch nicht in Frage gestellt. Der Gesetzgeber ist befugt, bei der Verwirklichung des allgemeinen Gleichheitssatzes zu typisieren, den vorgefundenen Regelfall also zur Grundlage seiner Tatbestandsbildung zu machen und dabei von Besonderheiten abzusehen.600 Doch sind der Typisierungsbefugnis und damit den Möglichkeiten des Gesetzgebers, bestimmte Unternehmen oder andere Private besonders zu belasten, obwohl diese eine Finanzierungsverantwortlichkeit für die betreffende Aufgabe nicht aufweisen, Grenzen gesetzt.601 Grundsätzlich hat der Gesetzgeber eine Gruppe, der er eine Sonderlast im öffentlichen Interesse auferlegt, nach Merkmalen zu bilden, durch die gewährleistet wird, daß die besondere Finanzierungsverantwortung 598 BVerfGE 92, 91 (113); 93, 319 (344) m.w. N.; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 223 ff.; ders., Die Sonderabgaben, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 669 (670 f.); W. Heun, DVBl. 1990, S. 666 ff. 599 BVerfGE 55, 274 (308); 108, 186 (217); st. Rspr. 600 Zur Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Umsetzung des Gleichbehandlungsgebots P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 124 Rn. 293 ff. 601 Nachweise zur Begrenzung der gesetzgeberischen Typisierungsbefugnis durch die Verfassungsrechtsprechung bei W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 114; C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 23.

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bei der überwiegenden Zahl der Gruppenangehörigen gegeben ist. Der Sachgrund, der die finanzielle Sonderbelastung legitimiert, muß auf die Mehrheit der Gruppenmitglieder zutreffen, so daß der „Zuschnitt“ der sonderbelasteten Gruppe aus der Verteilung der besonderen Finanzierungsverantwortung folgt. Das Differenzierungskriterium, durch das die Mitglieder der Sonderlasten tragenden Gemeinschaft von der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen abgegrenzt werden, muß mit dem Rechtfertigungsgrund der finanziellen Sonderbelastung korrespondieren. Dem Gesetzgeber ist es daher außerhalb des Steuerrechts verwehrt, Private allein unter dem Gesichtspunkt ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu einem Lastenverband zusammenzuschließen.602 Beabsichtigt der Gesetzgeber, einer bestimmten Gruppe Privater die Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe als Sonderlast zu übertragen, so hat er die Gruppe nach denjenigen gemeinsamen Eigenschaften und Merkmalen zu bilden, aus denen die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Gruppenmitglieder erwächst. Josef Isensee hat diese Rechtfertigungsanforderung für den Sozialversicherungsbeitrag, ebenfalls eine gruppenbezogene Sonderbelastung Privater mit Geldleistungspflichten, als „Homogenität der Gruppe“ formuliert und dargelegt, eine Lastengemeinschaft Privater könne nie das Werk einer „voraussetzungslosen Organisationsgewalt“, sondern nur einer gesetzgeberischen Anknüpfung an vorgegebene Strukturen der Rechtswirklichkeit sein. Einer Sonderbelastung könne eine gesellschaftliche Gruppe nur dann unterworfen werden, wenn sie durch gemeinsame soziale Interessen verbunden sei und sich hierin als homogen erweise.603 Wiederum hat das BVerfG in der Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe diese allgemeine Anforderung an die Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten aufgegriffen und als Erfordernis der Gruppenhomogenität in den Katalog der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben integriert.604 Auch durch ihre Aufnahme in den Katalog der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben wird die Homogenität der sonderbelasteten Gruppe freilich nicht zu einer rein formenspezifischen Zulässigkeitsvoraussetzung, die in ihrer Geltung auf Sonderabgaben beschränkt ist. Läßt sich die Sonderbelastung einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe für Gemeinwohlzwecke nur dann mit dem Prinzip der Lastengleichheit vereinbaren, wenn sie durch eine besondere Finanzierungsverantwortung der Gruppenmitglieder gerechtfertigt wird, so muß diese besondere Verantwortlichkeit für die überwiegende Zahl der Gruppenan-

602 Besonders deutlich wird dies für die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen hervorgehoben von J. Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 63; vgl. auch P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 202; W. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 24. 603 J. Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 18 f. 604 BVerfGE 55, 274 (305 f.) unter Verweis auf E 23, 12 (23 f.); 37, 1 (16); J. Isensee, ebd.; K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (55 f.).

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gehörigen vorliegen; der Gesetzgeber hat die Gruppe folglich nach Merkmalen zu bilden, die mit den Voraussetzungen der Finanzierungsverantwortlichkeit korrespondieren. Gelingt ihm dies, so erweist sich die Gruppe in Bezug auf diese Merkmale als „homogen“. Mit den Erfordernissen einer überwiegenden Finanzierungsverantwortung und der Abgrenzung der sonderbelasteten Gruppe von der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen nach Merkmalen, auf denen die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Gruppe gründet, ist eine dritte Anforderung an die Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten verbunden. Überträgt der Gesetzgeber die Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe auf Private, die er durch die Formulierung des gesetzlichen Pflichtentatbestandes – entsprechend ihrer besonderen Verantwortlichkeit – zu einer Gruppe zusammenschließt, so impliziert dies, daß die Finanzierungsverantwortung der Gruppe dem Akt des Zusammenschließens durch den Gesetzgeber vorausliegt. Hat der Gesetzgeber die sonderbelastete Gruppe nach Verantwortlichkeitsgesichtspunkten zu bilden, so setzt dies notwendig voraus, daß ihm die Grundlagen dieser Verantwortlichkeit im Zeitpunkt des Zusammenschlusses vorgegeben sind. Auch das BVerfG geht in seinen Ausführungen zur Homogenität der Gruppe von dieser Anforderung aus, wenn es fordert, der Belastungsentscheidung des Gesetzgebers müsse eine gemeinsame Interessenlage der betroffenen Gruppe „in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegeben“ sein.605 Komme der Gesetzgeber dieser Anforderung nach, so sei gewährleistet, daß die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Gruppe nach materiell-inhaltlichen Kriterien bestimmt werde, „die sich einer gezielten Normierung des Gesetzgebers aus Anlaß der Einführung der Abgabe entziehen“.606 Aus der Kernaussage des Prinzips der Lastengleichheit, wonach finanzielle öffentliche Lasten im Grundsatz von der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen und nur unter der Voraussetzung einer besonderen Verantwortlichkeit von einer einzelnen Gruppe Privater zu tragen sind, ergeben sich die drei dargestellten Anforderungen an die Legitimation finanzieller Sonderlasten. Eine Gruppe Privater darf nur dann für öffentliche Zwecke sonderbelastet werden, wenn ihre Verantwortlichkeit diejenige der Allgemeinheit und anderer Gruppen deutlich überwiegt, wenn ihre Mitglieder sich von der Allgemeinheit durch gemeinsame Merkmale, aus denen ihre Sonderverantwortung entspringt, abgrenzen lassen und wenn diese verantwortlichkeitsbegründenden Umstände durch den Gesetzgeber vorgefunden und nicht zum Zwecke finanzieller Sonderbelastung definiert werden. Inwiefern sich diese Anforderungen in die allgemeine Rechtfertigungsdogmatik zu Art. 3 Abs. 1 GG einfügen oder sogar aus ihr ableiten lassen, wird noch betrachtet werden. 605 606

BVerfGE 55, 274 (305) (Hervorhebung nicht im Original). BVerfG, a. a. O., S. 307.

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III. Rechtfertigung der Sonderlast und Intensität der Sonderbelastung Die Überprüfung einer finanziellen Sonderlast auf ihre Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Lastengleichheit fragt danach, ob die sonderbelastete Gruppe von Verfassungs wegen „überhaupt“ zur Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe in Anspruch genommen werden kann. Sie fragt im Kern nicht nach der zulässigen Intensität, sondern nach dem rechtfertigenden Grund der Sonderlast und betrachtet darin nicht das „Wie sehr?“, sondern das „Ob?“ einer besonderen Inanspruchnahme. Die Zulässigkeit der Sonderbelastung nach ihrer Intensität schließt sich als Folgefrage unmittelbar an diesen gleichheitsrechtlichen Rechtfertigungsbedarf an und ist nicht streng getrennt von diesem zu beantworten. Im Mittelpunkt der Gleichheitsbetrachtung steht jedoch die Auswahl des Lastenträgers und damit die Entscheidung des Gesetzgebers, „gerade diese“ Gruppe Privater in gesteigertem Maße zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben heranzuziehen. Ob das Ausmaß der Sonderbelastung das Übermaßverbot wahrt oder ob es die Freiheitsrechte des Lastenträgers verletzt, ist ohne eine vorherige Untersuchung, ob der in Anspruch Genommene überhaupt für die betreffende Aufgabe herangezogen werden durfte, also der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung, nicht zu beantworten. Die Legitimation der Sonderbelastung vor dem Prinzip der Lastengleichheit ist der Frage nach der zulässigen Intensität des Vermögenszugriffs logisch vorgelagert. In diesem logischen Vorrang der Gleichheitsfrage unterscheidet sich die Zuweisung finanzieller Sonderlasten für Gemeinwohlzwecke von anderen Grundrechtseingriffen. Beschränkt der Staat die Freiheit des Bürgers dadurch, daß er ihm beispielsweise die Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Reisepasses verweigert, so kann diese Belastung sowohl am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsprinzips unzulässig als auch, sofern derselbe Hoheitsträger die begehrte Entscheidung anderen Freiheitsberechtigten unter den gleichen Voraussetzungen rechtmäßigerweise gewährt, gleichheitswidrig sein. Beide Fragen lassen sich in dieser Konstellation jedoch weitgehend unabhängig voneinander beantworten. Anders liegt es, wenn die Freiheitsbeeinträchtigung gerade daraus entsteht, daß ein einzelner Bürger oder eine Gruppe im öffentlichen Interesse gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen ungleich behandelt werden. Friauf hat mit Blick hierauf festgestellt, der Gleichheitssatz werde „insofern zur lex specialis gegenüber den Grundrechten, die, wie namentlich die Berufsfreiheit, die Inpflichtnahme als solche betreffen“, diese also gerade in ihrer Intensität begrenzen.607 Dieses „Spezialitätsverhältnis“, der logische Vorrang der Gleichheits- vor der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung, hat bei der Überprüfung 607

(65).

K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45

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der Referenzregelungen am Maßstab der Berufsfreiheit dazu gezwungen, das Bestehen einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit einstweilen zu unterstellen, um auf dieser Grundlage die Verhältnismäßigkeit der jeweiligen Regelung im Sinne der Zweck-Mittel-Relation untersuchen zu können. Wie bereits dargestellt, führt eine andere Vorgehensweise im Falle einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung zu grundrechtssystematischen Widersprüchen.608

C. Ungleichbehandlung durch Preisintervention I. Die Ungleichbehandlung als Tatbestandsvoraussetzung des allgemeinen Gleichheitssatzes Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet es dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches ungleich, wesentlich Ungleiches gleich zu behandeln.609 Die Feststellung einer Ungleichbehandlung im Rechtssinne sieht sich der Situation gegenüber, daß die zu vergleichenden Objekte sich stets in einer Vielzahl von Eigenschaften unterscheiden, in anderen Eigenschaften hingegen miteinander übereinstimmen werden. Grundbedingung einer Ungleichbehandlung ist es zum einen, daß eine Mehrzahl von Objekten existiert, die sich in mindestens einer Hinsicht unterscheiden; andernfalls schiede der Nachweis einer Ungleichbehandlung wegen Identität der Objekte aus.610 Zum anderen setzt die Feststellung einer Ungleichbehandlung voraus, daß die zu vergleichenden Gegenstände zumindest in einem Merkmal übereinstimmen, da sonst ein Vergleich der Personen oder Sachverhalte von vornherein nicht möglich wäre. Die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG beruht daher stets auf einem Vergleich von Objekten, die nie in allen, sondern stets nur in einzelnen Merkmalen übereinstimmen.611 Die Entscheidung darüber, welche Eigenschaft für den Vergleich der Objekte maßgeblich sein soll, in welcher Hinsicht die Objekte folglich als „wesentlich gleich“ oder „wesentlich ungleich“ zu betrachten sind, wird durch die Wahl eines Vergleichsgegenstandes, des tertium comparationis, getroffen. Aus dieser Festlegung des Vergleichsgegenstandes ergibt sich die Spezialität des Prinzips der Lastengleichheit gegenüber dem allgemeinen Gleichheitssatz. Das Prinzip der Lastengleichheit betrachtet ausschließlich die Ungleichbehandlung von Personen bei der Zuweisung öffentlicher Lasten. Den Vergleichsgegenstand bildet das Ausmaß, in dem verschiedene Personen zur Erfüllung, insbesondere zur Fi608

Siehe oben § 16 A. BVerfGE 1, 14 (52); ähnlich E 4, 144 (155); 42, 64 (72); vgl. auch F. Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (875). 610 W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 18. 611 BVerfGE 81, 108 (117); M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 16. 609

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

nanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden. Da die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch den Staat grundsätzlich aus Steuermitteln finanziert wird, die gleichmäßige Besteuerung aller Inländer nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit also den Grundtatbestand der Staatsfinanzierung bildet, wird das Prinzip der Lastengleichheit auch als Gleichheit aller Bürger „als Steuerzahler“ charakterisiert.612 Die Gesamtheit der Steuerpflichtigen bildet den gemeinsamen Oberbegriff, das genus proximum, unter das die Gruppe der sonderbelasteten ebenso wie diejenige der nicht sonderbelasteten Steuerzahler gefaßt werden kann. Der Vergleichsgegenstand der Lastengleichheit liegt in der Frage, ob ein Bürger lediglich im Wege seiner allgemeinen Steuerpflicht an den öffentlichen Lasten beteiligt wird oder ob er darüber hinaus zusätzlich belastet wird, ob ihm also bestimmte Sonderlasten auferlegt werden. Weitere Ungleichheiten, die zwischen den Trägern öffentlicher Lasten bestehen mögen, bleiben bei der Anwendung des Maßstabes der Belastungsgleichheit unberücksichtigt. Werden mehrere Personen hinsichtlich des gewählten Vergleichsgegenstandes ungleich behandelt, so wird zwischen ihnen regelmäßig ein rechtserheblicher Unterschied, eine differentia specifica, bestehen, auf die sich die Ungleichbehandlung stützt. Ergibt sich die Ungleichheit zwischen den Objekten aus einer unterschiedlichen Behandlung durch gesetzliche Regelungen, so ist die differentia specifica Ausdruck des Kriteriums, nach dem der Gesetzgeber zwischen den verschiedenen Personen differenziert. Typischerweise wird der Gesetzgeber das Differenzierungskriterium dabei nach dem Ziel auswählen, welches er mittels der gesetzlichen Regelung zu erreichen beabsichtigt. Nicht in allen Fällen beruht die Festlegung des Differenzierungskriteriums jedoch auf dem Ziel der Regelung, so daß Regelungszweck und Differenzierungsziel voneinander abweichen können.613 Sowohl die Festlegung des Vergleichsgegenstandes als auch die Wahl des gesetzgeberischen Differenzierungskriteriums bestimmen die Abgrenzung der Vergleichsgruppen einer Ungleichbehandlung. Dabei ist die Überprüfung einer Ungleichbehandlung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes nur dann möglich, wenn die Vergleichsgruppen so gebildet sind, daß sie den Kreis der durch das genus proximum vorgegebenen Vergleichsobjekte vollständig und abschließend ausfüllen.614 Neben den beiden Vergleichsgruppen, deren Ungleichbehandlung zur Beurteilung steht, dürfen keine weiteren Gruppen von Objekten bestehen, die ebenfalls unter den Vergleichsgegenstand zu fassen sind. Veranschaulichen läßt sich diese Anforderung am Beispiel der Lastengleichheit. Den Vergleichsgegenstand gibt hier die Beteiligung Privater an der Finanzierung öf612

K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45

(56). 613 614

Siehe hierzu unten § 16 D I 1. Hierzu A. Podlech, Gehalt und Funktionen des Gleichheitssatzes, 1971, S. 64 ff.

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fentlicher Aufgaben im Wege der allgemeinen Steuerpflicht vor. Weist der Gesetzgeber nun – beispielsweise durch die Auferlegung einer Sonderabgabe – einer Gruppe von Personen – etwa den Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweiges – eine finanzielle Sonderlast zu, so behandelt er sie gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen, die diese Sonderbelastung nicht zu tragen haben, ungleich und grenzt sie hierdurch von dieser ab. Die Gruppe der sonderbelasteten Wirtschaftsunternehmen und die Gruppe der Steuerpflichtigen, die dieser spezifischen Sonderbelastung nicht ausgesetzt sind, bilden gemeinsam – vollständig und abschließend – die Allgemeinheit der Steuerzahler. Weitere Gruppen, die nicht schon in einer der beiden Vergleichsgruppen enthalten sind, aber dennoch den Vergleichsgegenstand aufweisen, lassen sich nicht bilden. Eine weitere Anforderung an die Gruppenbildung, die gerade bei der Verwirklichung der Belastungsgleichheit im Vordergrund steht, liegt in der Abgrenzung der sonderbelasteten Gruppe von der Allgemeinheit der Steuerzahler nach Merkmalen, die auch der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit der Sonderlastenträger zugrunde liegen. Allerdings handelt es sich bei diesem Erfordernis nicht um eine Voraussetzung dafür, daß eine Ungleichbehandlung der Vergleichsgruppen überhaupt methodisch korrekt festgestellt werden kann, sondern um eine Anforderung an die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung. Wie bereits dargestellt, ist es dem Gesetzgeber verwehrt, Private zum Zwecke der Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu Gruppen zusammenzuschließen, die nicht durch eine gemeinsame Interessenlage oder andere Gegebenheiten gekennzeichnet sind, aus denen eine besondere Verantwortung der in Anspruch genommenen Gruppenmitglieder erwächst.615 II. Ungleichbehandlungen durch die Referenzregelungen In welcher Form die finanzielle Sonderbelastung Privater durch Preisregelungen als Ungleichbehandlung im Sinne des Gebotes der Lastengleichheit bzw. des allgemeinen Gleichheitssatzes gem. Art. 3 Abs. 1 GG formuliert werden kann, wird im folgenden untersucht. Dabei gilt für Zwangsvergütungen wie für Sonderlasten allgemein, daß das tertium comparationis, den Gegenstand des Vergleichs, stets die Beteiligung des Bürgers an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben bildet. Die Vergleichsgruppe der Ungleichbehandlung ist daher in allen Fällen die Allgemeinheit der Steuerzahler, soweit sie nicht Träger der konkreten Sonderbelastung ist. Es bedarf jedoch noch der Klärung, nach welchen Differenzierungskriterien der Gesetzgeber die Normadressaten der Referenzregelungen gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen ungleich behandelt.

615

Siehe oben § 16 B II.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

1. Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG Als letzter Schritt des bundesweiten Belastungsausgleichs wird die Mehrkostenlast aus der gesetzlichen Festsetzung von Mindestvergütungen für eingespeisten Strom aus regenerativer Erzeugung durch § 14 Abs. 3 S. 1 EEG den „Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Strom an Letztverbraucher liefern“, zugewiesen. Der Gesetzgeber grenzt hierdurch die Gruppe der Stromlieferanten von der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen ab und überträgt ihnen die finanzielle Last der öffentlichen Aufgabe, durch eine Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung Klimaschädigungen und den Verbrauch endlicher Ressourcen zu verringern. Da die Regelung des Belastungsausgleichs weder nach der Intention des Gesetzgebers noch durch entsprechende Vorkehrungen darauf angelegt ist, eine weitestgehende Überwälzung der Mehrkostenlast auf die Stromverbraucher sicherzustellen, ist die Gruppe der letztversorgenden EVU als gesetzlich bestimmter Lastenträger anzusehen616 und ist folglich für diese Gruppe nach einer Rechtfertigung der Sonderbelastung vor dem Prinzip der Lastengleichheit zu fragen. Der Gesetzgeber wählt die Belieferung von Endverbrauchern mit Elektrizität als Differenzierungskriterium der Ungleichbehandlung. Durch diese Abgrenzung formt er eine Gruppe von Wirtschaftsunternehmen, die durch eine übereinstimmende Unternehmenstätigkeit und hieraus entspringende gemeinsame Anliegen und Interessen verbunden sind. Kennzeichnend für die Gruppe der Stromlieferanten ist ihre Stellung innerhalb der stromwirtschaftlichen Wertschöpfungskette. Den Stromhändlern obliegt die unmittelbare Entscheidung darüber, von welchen Erzeugern und aus welcher Form der Erzeugung Elektrizität bezogen wird. Da sie in unmittelbarer vertraglicher Beziehung zu ihren Kunden stehen und es diesen in einem liberalisierten Strommarkt grundsätzlich freisteht, sich für den Anbieter ihrer Wahl zu entscheiden, werden die letztversorgenden EVU ihren Strombezug wesentlich am Nachfrageverhalten ihrer Kunden ausrichten. Für dieses kann neben dem Preis auch die „Herkunft“ der Elektrizität aus umweltverträglicher Erzeugung bestimmend sein.617 Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, daß Stromlieferanten stets bestrebt sein werden, die ihnen durch § 14 Abs. 3 EEG überbürdete Mehrkostenlast an ihre Kunden weiterzureichen, soweit die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Stromhandelsmarkt eine solche Abwälzung zulassen. Außerhalb der durch den Gesetzgeber hervorgehobenen zentralen Unternehmenstätigkeit, Letztverbraucher mit Elektrizität zu beliefern, können zwischen

616

Siehe hierzu bereits oben § 2 B III 3. Zur Orientierung der Verbrauchernachfrage an der Umweltverträglichkeit der Stromerzeugung C. Timpe/U. Fritsche, ET 1999, S. 730 ff.; G. Erdmann, ET 1999, S. 400 ff.; R. Frischknecht/N. Jungbluth, ET 2000, S. 922 ff. 617

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den unternehmerischen Aktivitäten der Stromlieferanten erhebliche Unterschiede bestehen. So sagt die Eigenschaft als Stromhändler beispielsweise nichts darüber aus, ob das Unternehmen über eigene Kapazitäten zur Stromerzeugung verfügt, ob solche Kapazitäten, falls sie existieren, auf dem Gebiet konventioneller oder aber klimaverträglicherer Gestehungstechniken bestehen, oder ob der Anbieter möglicherweise seinen gesamten Elektrizitätsbedarf durch Drittbezug deckt. Auch darüber, ob ein Unternehmen über eigene Stromnetze auf einer bestimmten Spannungsebene verfügt und auf diese Weise Einfluß auf die Marktzutrittsmöglichkeiten anderer Stromanbieter auszuüben vermag, ist dem Merkmal der Belieferung von Letztverbrauchern nichts zu entnehmen. Hierauf wird zurückzukommen sein. Der Gesetzgeber hat somit durch § 14 Abs. 3 EEG Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft zu einer Lastengemeinschaft zusammengeschlossen, die hinsichtlich ihrer Unternehmenstätigkeit, Letztverbraucher zu versorgen, durch gemeinsame Interessen und Eigenschaften verbunden sind. Ob diese Umstände auch gewährleisten, daß die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit, durch die sich die finanzielle Sonderbelastung der Gruppe rechtfertigt, für die überwiegende Zahl der Gruppenmitglieder gegeben ist, hängt davon ab, woraus die besondere Finanzierungsverantwortung der letztversorgenden EVU erwächst und bleibt daher zu sehen. 2. Herstellerabschlag für Arzneimittel, § 130a SGB V Durch § 130a Abs. 1 S. 1, Abs. 3b SGB V werden die Apotheken dazu verpflichtet, auf Arzneimittel, die zu Lasten der Krankenkassen abgegeben werden, einen Preisabschlag in Höhe von sechs bzw. zehn Prozent des Herstellerabgabepreises zu gewähren. Die hieraus entstehenden Umsatz- und Gewinneinbußen sind den Apotheken gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V von den Herstellern der Arzneimittel zu erstatten. Das Zusammenwirken beider Regelungen führt dazu, daß die Hersteller verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel, die zu Lasten der GKV abgegeben werden, Gewinneinbußen in entsprechender Höhe erleiden und hierdurch zur Stabilisierung der Arzneimittelausgaben der GKV beitragen. Der Gesetzgeber differenziert somit zwischen den pharmazeutischen Unternehmen, deren Produkte zu Lasten von Krankenkassen abgegeben werden, und der Allgemeinheit der Steuerzahler, die von dieser Geldleistungspflicht zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben – der finanziellen Konsolidierung der GKV – nicht betroffen werden. Aus der Herstellung und dem Vertrieb von Fertigarzneimitteln, an die der Gesetzgeber jedenfalls insoweit anknüpft, als die Arzneimittel zu Lasten der GKV abgegeben werden, ergeben sich für die betroffenen Pharmaunternehmen gemeinsame Interessen und Eigenschaften. Pharmazeutische Unternehmen gehö-

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ren zu den Gruppen von „Leistungserbringern“ im Sinne des vierten Kapitels des SGB V, deren Produkte durch die ärztliche Verordnung in die Behandlung gesetzlich krankenversicherter Patienten einbezogen sind. Unter den Unternehmen des Arzneimittelsektors treten die Hersteller dadurch hervor, daß sie als einziges Glied der Wertschöpfungskette von Arzneimitteln in ihrer Preisbildungsentscheidung frei sind;618 der Herstellerabgabepreis, dessen Festsetzung durch das pharmazeutische Unternehmen keinerlei Regulierung durch das Arzneimittelpreisrecht unterliegt,619 dient als Ausgangsgröße für den Preisbildungsmechanismus der Arzneimittelpreisverordnung und ist deshalb entscheidend für die finanzielle Belastung der Krankenkasse durch die Abgabe eines bestimmten Medikaments. Die Hersteller von Arzneimitteln eint zunächst das Anliegen, die Abgabepreise ihrer Produkte in einer Höhe festzusetzen, bei der die in diesem Industriezweig typischerweise hohen Forschungs- und Entwicklungskosten ebenso wie die Kosten der Arzneimittelherstellung und des Marketings gedeckt sind. Darüber hinaus ist das Interesse der Hersteller darauf gerichtet, die Gewinnspanne aus dem Absatz eines bestimmten Arzneimittels zu erhalten und zu vergrößern. Für die Verwirklichung dieser Interessen ist der Arzneimittelmarkt der gesetzlichen Krankenversicherung von besonderer Bedeutung, da nahezu 90 Prozent der Bevölkerung gesetzlich krankenversichert sind.620 Schließlich sind die Arzneimittelhersteller durch das Bestreben verbunden, Umsatzeinbußen, die ihnen auf dem Arzneimittelmarkt der GKV vor allem durch die Festbetragsregelung bestimmter Arzneimittel gem. § 35 SGB V entstehen, durch eine entsprechende Preisbildung im Bereich nicht festbetragsgeregelter und insbesondere neu in den Markt eingeführter Präparate auszugleichen. Durch die finanzielle Sonderbelastung der Arzneimittelhersteller gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V hat der Gesetzgeber somit eine Gruppe von Industrieunternehmen gebildet, die sich im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen Interessen auf dem Arzneimittelmarkt der GKV als „homogen“ darstellt. Ob diese gemeinsamen Eigenschaften der pharmazeutischen Unternehmen auch von solcher Art sind, daß sich aus ihnen eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Konsolidierung der GKV auf dem Gebiet der Arzneimittelausgaben herleiten läßt, wird zu sehen sein.

618 Zum Preisbildungsmechanismus der Arzneimittelpreisverordnung siehe oben § 3 B. 619 Zur mittelbaren Beeinflussung der Herstellerabgabepreise durch die Festsetzung von Arzneimittelfestbeträgen siehe oben § 3 B. 620 Angabe für Mai 2003, vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch 2005, S. 45 (Tab. 2.12).

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3. Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG Durch die Auferlegung der Zuschußpflicht gem. § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG weist der Gesetzgeber den Arbeitgebern, die Arbeitnehmerinnen im gebärfähigen Alter beschäftigen, die Hauptlast aus der Finanzierung des Entgeltschutzes zugunsten der erwerbstätigen Mütter zu. Hierdurch differenziert er bei der Verteilung einer öffentlichen Last zwischen den Arbeitgebern, die entsprechende Beschäftigungsverhältnisse unterhalten, und der Allgemeinheit der Steuerzahler, denen diese Sonderlast nicht auferlegt wird. Auch durch diese Differenzierung schafft der Gesetzgeber eine Lastengemeinschaft der Arbeitgeber, die durch bestimmte gemeinsame Eigenschaften und Interessen ihrer Angehörigen gekennzeichnet ist. Die betroffenen Arbeitgeber sind Vertragspartner eines Arbeitsverhältnisses mit den Arbeitnehmerinnen, die während der Mutterschutzfristen der finanziellen Absicherung bedürfen. Im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses profitiert der Arbeitgeber von der Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin, die ihre Arbeitskraft für die Interessen des Unternehmens einsetzt und hieraus ihre Lebensgrundlage gewinnt. Aus diesem Grund erwächst dem einzelnen Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis eine Fürsorgepflicht für die Gesundheit, die Sicherheit und das Wohl der Erwerbstätigen.621 Ebenfalls aus dem Arbeitsverhältnis trifft den Arbeitgeber die vertragliche Hauptpflicht, die Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin zu vergüten; durch die gesetzliche Anordnung einer Lohnfortzahlungspflicht wird dieser Anspruch der Arbeitnehmerin für einen Zeitraum aufrechterhalten, in dem er nach den allgemeinen Regeln des Leistungsstörungsrechts – „ohne Arbeit kein Lohn“, § 326 Abs. 1 S. 1 BGB – nicht gilt.622 Ihren Grund finden sowohl die Weiterbeschäftigungsverbote gem. §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG als auch der Entgeltschutz zugunsten der schwangeren Arbeitnehmerin gem. §§ 13, 14 MuSchG in den Risiken und Gefahren, die sich für die Gesundheit der Mutter und des Kindes aus den Bedingungen des Arbeitsplatzes im Betrieb des Arbeitgebers ergeben können. Diese Bedingungen sind für den Arbeitgeber kraft seines Leitungs- und Direktionsrechts weitgehend beherrschbar, während die einzelne Arbeitnehmerin, die in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert ist, auf diese Umständen nur in geringem Maße Einfluß zu nehmen vermag. Zusammenfassend ergibt sich auch für die gesetzliche Differenzierung bei der Auferlegung des Arbeitgeberzuschusses, daß der Gesetzgeber durch die Formu621 Allgemein zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers R. Richardi, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 1999, § 611 BGB Rn. 811; W. Zöllner/K.-G. Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., 1998, S. 202 f., 209; U. Koch, in: G. Schaub/ ders./R. Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., 2005, § 108 Rn. 1. 622 Zur Überformung des privatvertraglichen Austauschverhältnisses durch gesetzliche Lohnfortzahlungspflichten siehe oben § 4 F.

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lierung des Pflichtentatbestandes eine Gruppe von sonderbelasteten Personen gebildet hat, die durch gemeinsame Pflichten und Anliegen charakterisiert wird. Ob diese gemeinsamen Gegebenheiten die Grundlage einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit der Arbeitgeber bilden, bedarf auch für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld noch der Untersuchung. III. Ergebnis Eine Ungleichbehandlung von Personen, die der Rechtfertigung vor dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG bedarf, liegt vor, wenn eine Personengruppe, die einer anderen Gruppe im Hinblick auf einen bestimmten Vergleichsgegenstand gleichartig ist, gerade hinsichtlich dieses Vergleichsgegenstandes unterschiedlich behandelt wird. Gelangt der allgemeine Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Prinzip der Lastengleichheit zur Anwendung, so bildet die Beteiligung der Bürger an der Finanzierung von Gemeinwohlaufgaben den Gegenstand dieses Vergleichs. Bei der Vergleichsgruppe handelt es sich in Anwendung des Lastengleichheitsgebots daher stets um die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen, soweit diese durch die spezifische Sonderbelastung nicht betroffen sind. Für alle Referenzregelungen wurde festgestellt, daß der Gesetzgeber eine Gruppe Privater anhand eines bestimmten Differenzierungskriteriums von der Allgemeinheit der Steuerzahler abgrenzt und in besonderem Maße zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben heranzieht, sie also unter dem Aspekt der Lastengleichheit ungleich behandelt. In allen drei Fällen konstituiert der Gesetzgeber durch die Formulierung des gesetzlichen Pflichtentatbestandes eine Lastengemeinschaft, deren Mitglieder durch gemeinsame Pflichten, Interessen und Eigenschaften verbunden und von der Allgemeinheit unterschieden werden. Im Zusammenhang mit der Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung wird zu sehen sein, ob die verbindenden Merkmale innerhalb der jeweiligen Gruppe von Lastenträgern eine Grundlage für die Legitimation der Sonderlast darstellen.

D. Rechtfertigung der Sonderbelastung I. Verfassungsmäßigkeit des Differenzierungsziels und des Differenzierungskriteriums Aus dem bisherigen Gang der Untersuchung zur Vereinbarkeit finanzieller Sonderlasten mit Art. 3 Abs. 1 GG wurde deutlich, daß abgabenähnliche Vergütungsregelungen nur dann vor dem Prinzip der Lastengleichheit Bestand haben, wenn sie durch eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der belasteten Privaten gerechtfertigt werden. Unabhängig davon, ob sich die finanzielle Sonderbelastung auf einen rechtfertigenden Grund stützen läßt, ist die Ungleich-

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behandlung gegenüber der Allgemeinheit der Steuerzahler jedoch nur dann mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn auch das Kriterium, nach dem der Gesetzgeber bei der Zuweisung der Sonderlast differenziert, sowie das Ziel, zu dessen Erreichung er die Differenzierung trifft, verfassungslegitim sind. 1. Verfassungsmäßigkeit des Regelungszwecks und des Differenzierungsziels Als Grundanforderung an die Rechtfertigung einer jeden Ungleichbehandlung vor Art. 3 Abs. 1 GG fordert das rechtswissenschaftliche Schrifttum, das Ziel, das der Gesetzgeber durch die Differenzierung zu erreichen bestrebt ist, müsse mit den Gewährleistungen des Grundgesetzes vereinbar sein. Die Verfassungswidrigkeit dieses Zieles könne sich insbesondere aus seiner Unvereinbarkeit mit Grundentscheidungen der Verfassung wie den Prinzipien der Demokratie, des Rechts- und des Sozialstaats, zudem auch aus der Verletzung von Freiheitsrechten ergeben.623 Angesichts dieser Anforderung gilt es, den Begriff des „Differenzierungsziels“ zu klären, ihn insbesondere von dem Begriff des „Regelungszwecks“ abzugrenzen und sodann zu untersuchen, ob die Ziele, zu deren Verwirklichung der Gesetzgeber in den Fällen der Referenzregelungen differenziert, mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Die Literatur knüpft die Vereinbarkeit einer Ungleichbehandlung einhellig an das Erfordernis der Legitimität des Differenzierungsziels; insbesondere den Staatsstrukturbestimmungen der Demokratie, des Rechts- und des Sozialstaats sowie den Gewährleistungen der Freiheitsrechte dürfe dieses Ziel nicht zuwiderlaufen. Der Begriff des Differenzierungsziels bleibt dabei in der Regel ungeklärt, so daß angenommen werden könnte, es handele sich bei diesem lediglich um eine abweichende Bezeichnung für den Zweck der sonderbelastenden Regelung.624 Bei einer genaueren Betrachtung zeigt sich jedoch, daß zwischen den beiden Begriffen unterschieden werden muß. Die Referenzregelungen können dabei der Veranschaulichung dienen. Sämtliche Beispielsregelungen dieser Untersuchung verfolgen den Zweck, die Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe sicherzustellen. Die Stromeinspeisungsregelung gewährt den Einspeisern von Elektrizität aus erneuerbaren Energieträgern gesetzlich festgelegte Mindestvergütungen und ermöglicht auf diese Weise den rentablen Betrieb von Anlagen zur umweltverträglichen Erzeugung von Strom. Entsprechend dient die Erstattungspflicht zu Lasten der Arzneimittelhersteller gem. § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V, 623 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 124 Rn. 33; M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 21, 28; W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 31, 71; F. Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (874); G. Müller, VVDStRL 47 (1988), S. 37 (49); R. Maaß, NVwZ 1988, S. 14 (20). 624 In diesem Sinne ausdrücklich F. Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (874); G. Müller, VVDStRL 47 (1988), S. 37 (49 m. Fn. 49).

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durch die bei wirtschaftlicher Betrachtung der Herstellerabgabepreis betroffener Arzneimittel abgesenkt wird, der Senkung der Arzneimittelausgaben der GKV. Durch den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld schließlich werden Finanzmittel aufgebracht, mit denen die Differenz zwischen dem Betrag des Mutterschaftsgeldes gem. §§ 13 MuSchG, 200 RVO und der Höhe des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der Arbeitnehmerin ausgeglichen wird. Der Regelungszweck von Zwangsvergütungen und anderen Formen finanzieller Sonderlasten ist daher darauf gerichtet, die Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe durch Private zu gewährleisten. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungszwecke wurde für die Referenzregelungen bereits festgestellt.625 Die Differenzierung, die der Gesetzgeber bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten trifft, zielt hingegen in eine andere Richtung. Durch die Begrenzung des besonderen Pflichtentatbestandes erreicht der Gesetzgeber, daß eine bestimmte Gruppe die Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe übernimmt und hierdurch sonderbelastet wird, während die Allgemeinheit der Steuerzahler, soweit sie nicht dieser Gruppe angehört, von einer finanziellen Belastung zur Erfüllung der betreffenden Aufgabe verschont bleibt. Zwar dient die finanzielle Belastung der Gruppenmitglieder der Aufgabenfinanzierung und damit dem Zweck der Regelung, doch bildet nicht die Differenzierung zwischen beiden Gruppen das Mittel zur Erreichung dieses Zwecks.626 Indem die gesetzgeberische Unterscheidung eine der beiden Vergleichsgruppen gerade von einer finanziellen Inanspruchnahme ausnimmt, läuft sie dem Zweck der Regelung in Teilen zuwider und verfolgt damit ein anderes Ziel. Begreift man die Differenzierung als Entscheidung des Gesetzgebers, eine Gruppe Privater finanziell besonders zu belasten, die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen aber keiner weiteren Belastung auszusetzen, so dient allein die Sonderbelastung der Finanzierung, die Nichtbelastung verfolgt hingegen ein – insoweit gegenläufiges – Differenzierungsziel. Bei dem Ziel der Differenzierung handelt es sich regelmäßig um den Versuch des Gesetzgebers, einen Gerechtigkeitsmaßstab zu verwirklichen, dem für belastendes Staatshandeln in dem jeweiligen Bereich Bedeutung beigemessen wird.627 Im Falle von „Quersubventionen“ differenziert der Gesetzgeber, weil er die in Anspruch zu nehmende Gruppe in einer besonderen Verantwortlich625 Siehe oben § 14 D III 1 a) (zur Stromeinspeisungsregelung); § 14 D III 2 a) (zum Herstellerabschlag); § 14 D III 3 a) (für den Arbeitgeberzuschuß). 626 Eine Unterscheidung zwischen Differenzierungsziel und Regelungszweck bei einem formalen Verständnis des Differenzierungsziels treffen auch W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 31, 97; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 27; besonders eingehend S. Huster, Rechte und Ziele, 1993, S. 129 ff. 627 So auch W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 97; L. Osterloh, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 20; S. Huster, Rechte und Ziele, 1993, S. 165 ff.; ders., JZ 1994, S. 541 (543 f.).

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keitsstellung erkennt und die besondere Finanzierungsverantwortung der Gruppe durch die Sonderbelastung realisieren will. Das Ziel nicht der Belastung, aber der Differenzierung bildet bei Vergütungsregelungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben die Herstellung von Lastengleichheit durch eine verantwortungsgerechte Verteilung der öffentlichen Lasten. Vor diesem Hintergrund ist kaum vorstellbar, daß das Ziel der Differenzierung als solches mit Gewährleistungen des Grundgesetzes in Konflikt gerät. Allerdings bildet die gerechte Lastenzuweisung nicht notwendig das einzige Ziel der Differenzierung zwischen den Mitgliedern einer sonderbelasteten Gruppe und der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen. Anders liegt es, wenn der Gesetzgeber in der Differenzierung nicht in erster Linie einen bereichsspezifischen Gerechtigkeitsmaßstab zur Entfaltung bringen möchte, sondern zur Verfolgung weiterer, von diesen Gerechtigkeitsvorstellungen unabhängiger Zwecke gerade von diesem Maßstab abweicht.628 Beispielweise kann der Gesetzgeber den Gleichheitsmaßstab der finanziellen Leistungsfähigkeit bei der Ausgestaltung von Steuertatbeständen teilweise zurücktreten lassen, um Lenkungseffekte zu erzielen. In dieser Konstellation verfolgt die Differenzierung mehrere, möglicherweise miteinander in Konflikt stehende Ziele, zwischen denen bei der Prüfung der Verfassungslegitimität des Differenzierungsziels unterschieden werden muß. Von Bedeutung ist daher, ob die Referenzregelungen mit der Differenzierung zwischen den Angehörigen der jeweiligen Gruppe und der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen noch weitere, nicht auf gerechte Lastenverteilung gerichtete Ziele verfolgen. Wie bereits festgestellt wurde, dient die Auferlegung der abgabenäquivalenten Geldleistungspflicht bei allen drei Referenzregelungen ausschließlich dem Zweck der Aufgabenfinanzierung.629 Keine der Regelungen ist darauf gerichtet, durch die finanzielle Sonderbelastung das Verhalten der Lastenträger zu steuern oder die ungleichmäßigen Folgen einer vorherigen gesetzgeberischen Intervention auszugleichen. Bei der Verfolgung des Finanzierungszwecks differenziert der Gesetzgeber nach Verantwortlichkeitsgesichtspunkten. Das Ziel der Differenzierung liegt daher allein darin, Lastengerechtigkeit zu verwirklichen; dieses Differenzierungsziel steht mit den Gewährleistungen des Grundgesetzes in Einklang. 2. Verfassungsmäßigkeit des Differenzierungskriteriums Im Zusammenhang mit den Begriffsmerkmalen einer Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG wurde gesehen, daß sich der Gesetzgeber bei der Verwirklichung von Rechtssetzungsgleichheit stets einer Mehrzahl von Objekten 628

Auch hierzu die in Fn. 627 Genannten. Siehe oben § 10 C II 1 a) (zur Stromeinspeisungsregelung); § 10 C II 2 a) (zum Herstellerabschlag); § 10 C II 3 a) (zum Arbeitgeberzuschuß). 629

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– Personen oder Sachverhalten – gegenübersieht, die sich in einer Vielzahl von Aspekten unterscheiden, während sie in anderen Merkmalen übereinstimmen.630 Angesichts dessen muß es grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen bleiben, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen möchte.631 Legt der Gesetzgeber einen bestimmten Vergleichsgegenstand fest und trifft er vor diesem Hintergrund eine Differenzierung, so muß neben deren Ziel auch das gewählte Differenzierungskriterium verfassungslegitim sein.632 Von besonderer Bedeutung für die Zulässigkeit des Differenzierungskriteriums sind die Differenzierungsgebote und -verbote, die das Grundgesetz anordnet.633 So hat das BVerfG erklärt, die „grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, innerhalb gewisser Grenzen die Vergleichspaare zu bestimmen, an denen er die Lösung seiner gesetzgeberischen Aufgabe orientiert“, finde eine Grenze in der Norm des Art. 3 Abs. 2 GG, die als „Konkretisierung des Gleichheitssatzes durch die Verfassung selbst“ zu verstehen sei.634 Gleiches hat das Gericht für Art. 3 Abs. 3 GG ausgesprochen.635 Die Wahl des Differenzierungskriteriums muß ferner auch mit „sonstigen Grundsatznormen, in denen für bestimmte Bereiche der Rechts- und Sozialordnung Wertentscheidungen des Verfassungsgebers ausgedrückt sind“636, in Einklang stehen. Als Grundsatznormen in diesem Sinne wirken insbesondere die Freiheitsrechte;637 in der Verfassungsrechtsprechung haben etwa Art. 6 Abs. 1 und 4 GG Bedeutung erlangt.638 Die Referenzregelungen unterscheiden nach der Belieferung von Endverbrauchern mit Elektrizität, § 14 Abs. 3 EEG, nach der Herstellung bestimmter Fertigarzneimittel, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, § 130a Abs. 1, 3b SGB V, und nach der Beschäftigung von Frauen, deren Schwangerschaft in die Zeit eines Arbeitsverhältnisses fällt, § 14 Abs. 1 630

Siehe oben § 16 C I. BVerfGE 21, 12 (26); 23, 242 (252); 90, 226 (239); vgl. auch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 124 Rn. 32; W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 31. 632 F. Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (874); R. Maaß, NVwZ 1988, S. 14 (20); G. Müller, VVDStRL 47 (1988), S. 37 (49 f.); M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GGKommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 19 f. 633 Hierzu eingehend C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 16 ff.; F. Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (874). 634 BVerfGE 37, 217 (259). 635 Vgl. BVerfGE 6, 55 (71); 10, 59 (73); 39, 169 (186). 636 BVerfGE 6, 55 (71); vgl. auch E 3, 225 (240); 9, 237 (248); 10, 59 (73); 13, 290 (296). 637 Hierzu P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 124 Rn. 167 ff. 638 Zu Art. 6 Abs. 1 GG in diesem Zusammenhang BVerfGE 9, 237 (248); 18, 257 (269); 67, 186 (195 f.); zu Art. 6 Abs. 4 GG insoweit BVerfGE 17, 210 (217); 65, 104 (113). 631

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S. 1 MuSchG. Diese Unterscheidungsmerkmale weisen keine Nähe zu den Kriterien auf, für die Art. 3 Abs. 2 und 3 GG sowie andere Vorschriften der Verfassung Differenzierungsverbote aussprechen. Auch gegen sonstige Bestimmungen des Grundgesetzes, in denen Grundentscheidungen des Verfassunggebers im Bereich der Rechts- und Sozialordnung zum Ausdruck kommen, verstößt die Wahl dieser Differenzierungskriterien nicht; sie stehen mit der Verfassung in Einklang. II. Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes an den Rechtfertigungsgrund finanzieller Sonderbelastungen Die allgemeine Dogmatik zu Art. 3 Abs. 1 GG, die wesentlich durch die Rechtsprechung des BVerfG geprägt ist, enthält hochdifferenzierte Maßstäbe an den Rechtfertigungsgrund einer Ungleichbehandlung, geht jedoch auf den besonderen Legitimationsbedarf der Zuweisung finanzieller Sonderlasten nicht ein. Insbesondere die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 GG und die eingangs formulierten Maßstäbe der Lastengleichheit, die im Schrifttum und durch die Sonderabgabenjudikatur des BVerfG entwickelt worden sind, stehen weitgehend unverbunden nebeneinander. Dies wirft die Frage auf, welche Anforderungen die allgemeine Dogmatik des Gleichheitssatzes an die Legitimation abgabenähnlicher Preisinterventionen stellt und wie diese Anforderungen sich zu den bereits dargestellten Maßstäben der Lastengleichheit verhalten. 1. Der allgemeine Gleichheitssatz als Willkürverbot Bereits in seiner ersten Entscheidung, dem Südweststaat-Urteil, formuliert das BVerfG die Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes an die Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen dahin, eine Differenzierung sei unzulässig, wenn „ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund sich nicht finden läßt, wenn also für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich bezeichnet werden muß.“639 Die Entscheidung bildet damit den Auftakt zur sog. Willkürverbot-Rechtsprechung des Gerichts, welche unter Verwendung wechselnder, in der Strenge des Maßstabes jedoch gleichbleibender Formulierungen die Gleichheitsprüfung von Gesetzen bis in das Jahr 1980 hinein bestimmt.

639 So erstmals BVerfGE 1, 14 (52); in der Folge st. Rspr., etwa E 55, 114 (128); auch nach Einführung der sog. „neuen Formel“ durch E 55, 72 (88) zieht das BVerfG weiterhin den Maßstab des Willkürverbots heran, vgl. E 81, 108 (117); 83, 1 (23); 103, 242 (258).

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In der Berufung auf den Gerechtigkeitsgedanken wird erkennbar, daß das BVerfG durch die Anwendung dieses Maßstabes an die Auslegung des allgemeinen Gleichheitssatzes durch Gerhard Leibholz anknüpft. Dieser hatte – schon unter Geltung der Weimarer Reichsverfassung – nicht nur die Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz vertreten, sondern auch das Verbot willkürlicher Ungleichbehandlung vorgeschlagen, um das formale Gebot der Gleichbehandlung wesentlich Gleichens mit Inhalt zu füllen. Leibholz strebte an, dem Begriff der Gleichheit ein Konzept von Gerechtigkeit zugrunde zu legen,640 war jedoch zugleich von der Unmöglichkeit einer inhaltlichen Bestimmung von Gerechtigkeit überzeugt. Die Lösung suchte er darin, den Begriff der Willkür als Gegenbegriff zu dem der Gerechtigkeit auszubilden; nach diesem Verständnis liegt in der Willkür die „radikale, absolute Verneinung“ der Gerechtigkeit.641 Den zentralen Begriff und zugleich den Maßstab seiner weiteren Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 GG hatte das BVerfG jedoch nicht in dem Begriff der Gerechtigkeit, sondern der Willkür eingeführt. Es erkannte den Gleichheitssatz fortan verletzt, wenn „wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich“ behandelt wurde.642 Gleichzeitig betonte es, welche materiellen Schranken das Willkürverbot dem Handeln des Gesetzgebers ziehe, lasse sich „angesichts der Vielfalt möglicher Lebenssachverhalte abstrakt nicht erschöpfend umreißen“.643 Seit der Aufnahme des Willkürverbots durch das BVerfG sind daher die Bemühungen des Gerichts wie auch des rechtswissenschaftlichen Schrifttums darauf gerichtet, diesen Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes durch nähere Vorgaben zu konkretisieren. Spezifischere Vorgaben dafür, wann eine Ungleichbehandlung als in diesem Sinne willkürlich zu qualifizieren ist, ergeben sich nach der Verfassungsrechtsprechung vor allem aus den Wertentscheidungen des Verfassunggebers, die sich in den Grundrechten manifestieren, sowie aus den „fundamentalen Ordnungsprinzipien“ des Grundgesetzes.644 Auch die Literatur deutet den allgemeinen Gleichheitssatz nach den Wertungen des Grundgesetzes aus und fragt daher bei der Bestimmung des rechtfertigenden Grundes nach dem verfassungsrechtlichen Kontext der konkreten Ungleichbehandlung.645 Konkretisierungen finden die Anforderungen des Gleichheitssatzes zuvorderst in den Differenzierungsge- und -verboten646 der 640 Hierin folgte er seinen Schweizer Vorbildern Stammler und Burckhardt; zur ideengeschichtlichen Entwicklung des Willkürverbots K. Hesse, AöR 109 (1984), S. 174 (177 f.). 641 G. Leibholz, Die Gleichheit vor dem Gesetz, 1925, S. 72. 642 BVerfGE 4, 144 (155); 42, 64 (72); 78, 104 (121). 643 BVerfGE 42, 64 (72) unter Verweis auf E 9, 338 (349); 13, 225 (228). 644 BVerfGE 42, 64 (72 f.). 645 So bereits H. P. Ipsen, in: F. Neumann/H. C. Nipperdey/U. Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. 2, 1954, S. 111 (164 ff.); aus neuerer Zeit vgl. insbesondere C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 13 ff.;

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Verfassung, des weiteren in den Wertentscheidungen der Freiheitsrechte,647 darüber hinaus in den Strukturprinzipien der Demokratie,648 des Rechtsstaats649 und des Sozialstaats.650 Seit dem Beginn seiner Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 GG hat das BVerfG neben den Wertungen der Verfassung noch einem zweiten Faktor maßstabprägende Kraft für die Anwendung des Willkürverbots zugemessen. Es hat erklärt, erst wenn infolge der Differenzierung „Gesetzlichkeiten, die in der Sache selbst liegen“, mißachtet würden, liege ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor.651 In ständiger Rechtsprechung hat es darauf hingewiesen, eine Ungleichbehandlung sei dann vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt, wenn sich ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die differenzierende Regelung finden lasse, der „auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart“ bezogen sei, sich also „aus der Natur der Sache“ ergebe.652 Das Schrifttum anerkennt ebenfalls, daß der Beurteilungsmaßstab für einen zureichenden Grund der Ungleichbehandlung durch die Eigenart des jeweiligen Rechts- und Sachgebiets bestimmt wird, in dem die differenzierende Regelung zum Einsatz kommt.653 2. Die „neue Formel“ des BVerfG In einem Beschluß vom 7. Oktober 1980 formuliert der Erste Senat erstmals654 einen Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes, der in seinen Rechtfertigungsanforderungen über die bisherigen Vorgaben des Willkürverbots hinP. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 124 Rn. 150 ff.; ders., NJW 1987, S. 2354 (2355). 646 C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 16 ff.; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 31. 647 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 124 Rn. 167 ff.; W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 72 ff. 648 M. Sachs, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 127 Rn. 8; L. Osterloh, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 60. 649 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 124 Rn. 150 ff.; H. P. Ipsen, in: F. Neumann/H. C. Nipperdey/U. Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. 2, 1954, S. 111 (164 ff.). 650 W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 32; H. P. Ipsen, in: F. Neumann/H. C. Nipperdey/U. Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. 2, 1954, S. 111 (173 ff.); C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 27 f. 651 BVerfGE 9, 338 (349); 13, 225 (228); 42, 64 (72); 75, 108 (157). 652 BVerfGE 61, 138 (147); 76, 256 (329); 78, 249 (278); 82, 159 (180); 89, 132 (141); st. Rspr. 653 Statt vieler P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 124 Rn. 205 ff.; ders., Die Verschiedenheit der Menschen und die Gleichheit vor dem Gesetz, 1996, S. 30 f.; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 35; W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 29 f.

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ausgeht. Der Gleichheitssatz sei „vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.“655 Diesen, im Schrifttum bald als „neue Formel“ zu Art. 3 Abs. 1 GG bezeichneten Maßstab wendet das BVerfG seither in ständiger Rechtsprechung an.656 Gegenüber dem Willkürverbot unterscheidet sich die neue Formel der Verfassungsrechtsprechung in der – ausdrücklichen – Forderung, der sachliche Grund müsse nicht allein nach seiner Art, sondern auch nach seinem Gewicht in der Lage sein, die konkrete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Mit Blick hierauf wurde der neue Maßstab von der Literatur dahingehend charakterisiert, das BVerfG lasse „nicht mehr jedes“ sachliche Argument eine Ungleichbehandlung rechtfertigen.657 Zu Recht ist jedoch darauf hingewiesen worden, auch in Anwendung des Willkürverbots genüge nicht ein beliebiger Sachgrund für die Legitimation vor Art. 3 Abs. 1 GG, sondern nur ein zureichender; in dem Erfordernis eines zureichenden Grundes und dem Hinweis auf die Eigenart des Sachbereichs seien die Anforderungen der neuen Formel bereits angelegt gewesen.658 Im Gegensatz zu seiner früheren Maßstabsbildung verlangt das BVerfG nunmehr explizit eine Gewichtung zwischen der Intensität der Ungleichbehandlung und den Unterschieden, aus denen diese ihre Rechtfertigung bezieht. Es stellt heraus, die rechtliche Unterscheidung müsse in den sachlichen Unterschieden „eine ausreichende Stütze“,659 einen „hinreichend gewichtigen Grund“,660 finden. Die Ungleichbehandlung habe vor Art. 3 Abs. 1 GG nur dann Bestand, 654 Die Verweise auf frühere Entscheidungen, die auf die Formulierung in BVerfGE 55, 72 (88) folgen, sind irreführend; das Gericht legt in E 22, 387 (415) und E 52, 277 (280) noch das Willkürverbot zugrunde. 655 So E 55, 72 (88) – st. Rspr., zunächst nur des Ersten Senats. In der Folge E 60, 123 (133); 74, 9 (24); aus jüngerer Zeit E 87, 1 (36); 88, 5 (12); 88, 87 (97); 95, 39 (45); 100, 195 (205); 103, 225 (235). Weitere Nachweise zur Verwendung in der neueren Rspr. des Gerichts bei W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 21 (m. Fn. 132). 656 Der Zweite Senat ist in der Verwendung der neuen Formel bald gefolgt (erstmals in E 65, 377 (384), aus der weiteren Rspr. des Zweiten Senats E 76, 256 (329 f.); 101, 275 (291); 103, 310 (319); 105, 73 (110)). Dementsprechend spricht der Erste Senat inzwischen von einer st. Rspr. des Gerichts, ohne zwischen den Senaten zu differenzieren (BVerfGE 81, 108 (118)). Diese Beurteilung wird in der Literatur geteilt, R. Herzog, in: T. Maunz/G. Dürig, GG, Kommentar, Anh. zu Art. 3, Rn. 6; M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 14; differenzierend W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 21. 657 So F. Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (876); ähnlich K. Hesse, AöR 109 (1984), S. 174 (189). 658 So W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 27; zustimmend W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 21 (m. Fn. 134). 659 BVerfGE 87, 234 (255) (Hervorhebung nicht im Original).

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wenn sie „in einem angemessenen Verhältnis“ zu dem sie rechtfertigenden Grund stehe;661 der Rechtfertigungsgrund müsse dem „Grad der Ungleichbehandlung“ angemessen sein.662 Aus der Betonung des angemessenen Verhältnisses zwischen der Intensität der Ungleichbehandlung und dem Gewicht des legitimierenden Sachgrundes ist gefolgert worden, das BVerfG übertrage durch die Anwendung der neuen Formel das Verhältnismäßigkeitsprinzip von den Freiheitsrechten auf die gleichheitsrechtliche Normenkontrolle.663 Auch das Gericht selbst bezeichnet den neueren Gleichheitsmaßstab bisweilen als „Gewichtung nach Verhältnismäßigkeit“.664 Ob es sich bei der Gleichheitsprüfung anhand der sog. neuen Formel tatsächlich um eine Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Sinne einer Zweck-Mittel-Relation zwischen dem Zweck der differenzierenden Regelung und den Auswirkungen der Differenzierung oder lediglich um eine abwägende Gewichtung widerstreitender hoheitlicher und privater Interessen handelt, wird zu untersuchen sein. Die Einführung der neuen Formel ist im Schrifttum nahezu einhellig als Hinwendung des BVerfG zu einer strengeren Gesetzeskontrolle am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes begrüßt worden. Durch sie habe die Gleichheitsprüfung an normativer Struktur gewonnen und sei von einer höheren verfassungsgerichtlichen Kontrolldichte geprägt.665 Von Seiten der Literatur war seit jeher kritisiert worden, das Willkürverbot sei zu unpräzise gefaßt, um als Rechtfertigungsmaßstab für Ungleichbehandlungen Anwendung finden zu können.666 Der Begriff der Willkür postuliere eine Grenze zur „bloßen“ Ungerechtigkeit, die mangels eines qualitativen Kriteriums aber nicht gezogen werden könne; darin erweise sich der Begriff als äußerst rechtsunsicher.667 Häufig wurde gar von einer „Leerformel“668 gesprochen oder darauf hingewiesen, ein sachliches 660 BVerfGE 96, 315 (325); 100, 138 (174); st. Rspr. (Hervorhebung jeweils nicht im Original). 661 BVerfGE 82, 126 (246); 89, 365 (377). 662 BVerfGE 99, 165 (178); 102, 68 (87); st. Rspr. 663 Hierzu bereits das Sondervotum des Richters Katzenstein in BVerfGE 74, 9 (30); vgl. auch K. Hesse, AöR 109 (1984), S. 174 (189); R. Wendt, NVwZ 1988, S. 778 (784 f.); H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 27. 664 BVerfGE 101, 275 (290); vgl. auch E 105, 73 (110) („Gebot verhältnismäßiger Gleichbehandlung“) sowie E 103, 310 (318) (Bindung des Gesetzgebers „an Verhältnismäßigkeitserfordernisse“). 665 L. Osterloh, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 13 ff.; F. Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (876); K. Hesse, AöR 109 (1984), S. 174 (188); R. Maaß, NVwZ 1988, S. 14 (20); zurückhaltender C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 11. 666 R. Maaß, NVwZ 1988, S. 14 (20); F. Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (875); C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 12. 667 So W. Böckenförde, Der allgemeine Gleichheitssatz und die Aufgabe des Richters, 1957, S. 49.

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Argument für eine Ungleichbehandlung werde der Gesetzgeber „immer ins Feld führen können.“669 Allerdings beabsichtigte der Erste Senat bei Einführung der neuen Formel keineswegs, das Willkürverbot als Gleichheitsmaßstab aufzugeben; auch trat dies in der Folge nicht ein. Die Absicht des Senats, die Willkürformel weiter zum Einsatz zu bringen, wird schon in der Formulierung erkennbar, der Gleichheitssatz sei „vor allem“ unter den Voraussetzungen der neuen Formel verletzt.670 Die spätere Rechtsprechung beider Senate führt häufig beide Formeln an, wobei das Willkürverbot vorangestellt wird mit dem Hinweis, Art. 3 Abs. 1 GG sei „jedenfalls“ unter diesen Voraussetzungen verletzt.671 Wenngleich die Aufnahme der neuen Formel als Einführung eines strengeren Prüfungsmaßstabes begrüßt wird, besteht der Bedarf nach Konkretisierung des Gleichbehandlungsgebots weiter. Auch unter der neuen Formel zieht das BVerfG daher neben den Wertungen der Verfassungsnormen, die durch die jeweilige Ungleichbehandlung angesprochen werden, insbesondere die Eigenart und Gesetzlichkeiten des Sachbereichs zur Ausfüllung des Prüfungsmaßstabes heran. Ähnlich wie schon zum Willkürverbot hebt das Gericht hervor, der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfahre seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs;672 nähere Maßstäbe und Kriterien dafür, wann das Gebot „verhältnismäßiger“ Gleichheit – die sog. neue Formel – verletzt sei, ließen sich „nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche präzisieren“.673 3. Kriterien der Maßstabswahl Für die Entscheidung, ob auf eine Ungleichbehandlung der strengere Maßstab der sog. neuen Formel oder aber die weniger intensive Kontrolle des Willkürverbots Anwendung findet, hat das BVerfG detaillierte Vorgaben entwickelt. Die jüngere Rechtsprechung des Gerichts präsentiert sich als engmaschiges Netz aus Gewichtungsdirektiven, welche die Strenge des anzulegenden Rechtfertigungsmaßstabes nach dem Wesen des Differenzierungskriteriums variieren. In der Abstufung der Anforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG an Differenzierungen nach Personengruppen, personen- bzw. verhaltensbezogenen Kriterien so668 M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 13; F. Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (875); H. Scholler, Die Interpretation des Gleichheitssatzes, 1969, S. 33 f. 669 R. Herzog, Gleichheit, in: ders. u. a. (Hrsg.), Evangelisches Staatslexikon, Bd. 1, 3. Aufl., 1987, Sp. 1187. 670 So bereits BVerfGE 55, 72 (89). 671 BVerfGE 105, 73 (110); 107, 27 (45). 672 BVerfGE 75, 108 (157); 93, 319 (349); 103, 310 (318). 673 BVerfGE 107, 27 (46); vgl. auch E 101, 275 (291); 103, 310 (318).

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wie nach Sachverhalten bildet sich die unterschiedliche Nähe der jeweiligen Ungleichbehandlung zur Ausübung von Freiheitsgrundrechten oder des jeweiligen Differenzierungskriteriums zu verfassungsrechtlichen Differenzierungsverboten ab. Das BVerfG unterscheidet regelmäßig folgende Rechtfertigungsanforderungen: Aus dem Zusammenwirken des allgemeinen Gleichheitssatzes mit anderen Verfassungsnormen ergeben sich „je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse“ reichen.674 Das Gericht leitet die Abstufung der Anforderungen aus dem Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus dem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen ab. Da der allgemeine Gleichheitssatz in erster Linie eine Ungleichbehandlung von Personen verhindern solle, unterliege der Gesetzgeber bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung.675 Knüpfe die Differenzierung zudem an personenbezogene Merkmale, bestehe für den Gesetzgeber eine besonders strenge Bindung an die Verhältnismäßigkeit.676 Bei lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen hänge das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage seien, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen.677 Differenziert der Gesetzgeber nach Sachverhalten, bewirkt dies aber mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen, so kann der Gesetzgeber dabei einer ebenso strengen Bindung unterliegen wie bei der unmittelbaren Ungleichbehandlung von Personengruppen.678 Die aufgezeigten Unterscheidungen veranschaulichen, daß die jüngsten Entwicklungen in der Rechtsprechung die Geltung der sog. neuen Formel nicht in Frage stellen; sie haben diese vielmehr zur Grundlage und gestalten sie nach dem Wesen des Differenzierungskriteriums, insbesondere seinem Personenbezug, näher aus. Sie gehen daher in der Aussage des BVerfG auf, wonach dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers um so engere Grenzen gesetzt sind, „je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die 674 BVerfGE 88, 87 (96); 93, 99 (111); 97, 271 (290); 103, 310 (318); 105, 73 (110); 107, 27 (45); st. Rspr. 675 BVerfGE 88, 87 (96) unter Bezugnahme auf E 55, 72 (88); ebenso E 99, 367 (388 f.). 676 BVerfGE 89, 365 (376); 93, 99 (111). 677 BVerfGE 55, 72 (89); 88, 5 (12); 88, 87 (96); 99, 367 (388). 678 Die Rechtsprechung zu dieser Konstellation ist uneinheitlich. Während das Gericht einmal erklärt, der Gesetzgeber sei in diesem Fall derselben strengen Bindung wie bei einer unmittelbaren Ungleichbehandlung von Personengruppen unterworfen (BVerfGE 88, 87 (96)), soll ein andermal „weder eine strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit geboten noch eine bloße Willkürkontrolle ausreichend“ sein (E 89, 365 (376)) und zuletzt schlicht ein „strengerer Prüfungsmaßstab“ (E 92, 53 (69); 99, 367 (388)) zur Anwendung gelangen.

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Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann.“679 Auch im Zuge dieser Rechtsprechung, welche die neue Formel weiterentwikkelt, betont das BVerfG jedoch die Anwendbarkeit des Willkürverbots. Außerhalb des Bereiches, in dem Ungleichbehandlungen grundrechtlich gesicherte Freiheiten berühren, bleibe der Gesetzgeber weitgehend frei, Lebenssachverhalte je nach Regelungszusammenhang verschieden zu behandeln, die Grenze bilde insoweit allein das Willkürverbot.680 4. Das Verhältnis der Maßstäbe zueinander a) Die „neue Formel“ – eine Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips? Zur Bestimmung der Rechtfertigungsanforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes an fördernde Vergütungspflichten ist es von Bedeutung, das Verhältnis von Willkürverbot und neuer Formel zu klären. Handelt es sich bei diesen Anforderungen des Gleichheitssatzes um separate, strikt voneinander zu unterscheidende Maßstäbe, so wäre eine Entscheidung darüber erforderlich, welcher der beiden Maßstäbe auf Zwangsvergütungen Anwendung zu finden hat. Sind Willkürverbot und neue Formel hingegen als Ableitungen desselben, gleichsam „gleitenden“ Maßstabes zu begreifen, so treten stärker die einzelnen Faktoren in den Vordergrund, nach denen sich die Höhe der Rechtfertigungsanforderungen an die konkrete Regelung bestimmt. Von kategorisch zu trennenden Maßstäben müßte dann ausgegangen werden, wenn es sich bei der neuen Formel, wie Teile des Schrifttums annehmen, um eine Übertragung des freiheitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips handelt und sich die Gleichheitsprüfung nach diesem Maßstab infolgedessen nicht nur in ihrer Intensität, sondern zudem in ihrer Prüfungsrichtung grundlegend vom Willkürverbot unterscheidet. Bei einem solchen Verständnis würde die neue Formel zwar mit dem Willkürverbot in dem Grunderfordernis eines sachlichen Rechtfertigungsgrundes übereinstimmen, sie würde diese Rechtfertigungsebene jedoch um eine weitere, dem Willkürverbot fremde Betrachtung ergänzen. Beide Maßstäbe wären nicht allein aufgrund ihrer graduell verschiedenen Prüfungsstrenge, sondern auch infolge ihrer anders gerichteten Betrachtungsweisen voneinander zu unterscheiden. Tatsächlich bezeichnet das BVerfG die Anwendung der neuen Formel bisweilen als „Gebot verhältnismäßiger Gleichbehandlung“681 oder als „Bindung des Gesetzgebers an Verhältnismäßigkeitserfordernisse“.682 Hieraus allein ist jedoch 679 BVerfGE 88, 87 (96); vgl. auch E 88, 5 (12); 89, 365 (376); 97, 271 (290 f.); 99, 367 (388). 680 BVerfGE 92, 53 (69); 97, 271 (291). 681 BVerfGE 105, 73 (110).

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nicht zu schließen, daß es sich bei den damit formulierten Rechtfertigungsanforderungen um eine Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips in dem Sinne handelt, wie es die Rechtfertigung von Freiheitsbeeinträchtigungen kennzeichnet. Insbesondere fällt auf, daß sich in den Gleichheitsprüfungen, in denen das BVerfG hohe Rechtfertigungsanforderungen stellt, nicht die nach Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit des Mittels abgestufte Kontrolle findet, welche die Verhältnismäßigkeitsbetrachtung im freiheitsrechtlichen Kontext strukturiert. Nach einer Eignung der Ungleichbehandlung zur Verwirklichung des Regelungszwecks fragt das Gericht nicht. Ob die konkrete Ungleichbehandlung zur Erreichung des Regelungszwecks das mildeste unter mehreren zur Verfügung stehenden Mitteln bildet, hat es nur ganz vereinzelt betrachtet, ohne dabei von einer „Erforderlichkeit der Ungleichbehandlung“ zu sprechen.683 Lediglich das Erfordernis der Angemessenheit – im freiheitsrechtlichen Kontext verwendet das Gericht den Begriff der „Zumutbarkeit“ – entspricht der ständigen Rechtsprechung des BVerfG zur gleichheitsrechtlichen Überprüfung von Gesetzen anhand der neuen Formel.684 In diesem Zusammenhang stellt das Gericht jeweils die Intensität der Ungleichbehandlung der Bedeutung der rechtfertigenden Gründe gegenüber und gewichtet beide in ihrem Verhältnis zueinander.685 Dieses Verhältnis ist angemessen, wenn die Auswirkungen der Differenzierung „nicht weiter greifen als der die Verschiedenbehandlung legitimierende Zweck es rechtfertigt“.686 Obwohl das BVerfG die neue Formel also bisweilen mit dem Begriff der Verhältnismäßigkeit in Verbindung bringt, lassen sich die klassischen Prüfungsstrukturen der Zweck-Mittel-Relation in der Rechtsprechung des Gerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG nicht nachweisen. Im Schrifttum ist die Auffassung verbreitet, die Verfassungsrechtsprechung habe mit der Aufnahme der neuen Formel die Verhältnismäßigkeitsbetrachtung als Eingriffsschranke der Freiheitsrechte auf die Gleichheitsprüfung übertragen und in diese integriert.687 Die Mehrheit der Autoren, die sich eingehender mit 682

BVerfGE 103, 310 (318). Vgl. BVerfGE 91, 389 (403 f.) („Dem Gesetzgeber hätten zu diesem Zweck weniger einschneidende Maßnahmen zur Verfügung gestanden . . .“); andeutungsweise findet sich eine vergleichbare Prüfung in E 85, 238 (246) („Das im Personenbeförderungsgesetz niedergelegte gesetzgeberische Ziel [. . .] läßt sich [. . .] auch dadurch verwirklichen, daß das Umsatzsteuergesetz dem Kraftdroschkengewerbe günstigere Rahmenbedingungen als den Mietwagenunternehmen einräumt.“). 684 Hierzu BVerfGE 55, 72 (88); 82, 126 (146); 85, 238 (245); 99, 165 (178); st. Rspr. – Allerdings verlangte das Gericht schon vor Aufnahme der neuen Formel ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Ausmaß der Ungleichbehandlung und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe, E 51, 1 (24 ff.). 685 Siehe bereits oben § 16 D II 2. 686 BVerfGE 85, 238 (245). 687 So zunächst das Sondervotum des Richters Katzenstein in BVerfGE 74, 9 (30); sodann K. Hesse, AöR 109 (1984), S. 174 (189); ders., Der allgemeine Gleichheitssatz in der neueren Rechtsprechung, in: FS f. Peter Lerche, 1993, S. 121 (123 f.); M. Gu683

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den strukturellen Unterschieden zwischen der Rechtfertigung von Freiheitseingriffen und der Legitimation von Ungleichbehandlungen auseinandersetzen, vertritt jedoch die gegenteilige Ansicht. Sie bestreiten, daß sich die Verhältnismäßigkeitsbetrachtung in dogmatisch sinnvoller Weise in die Gleichheitsprüfung einfügen lasse, dabei bezweifeln sie auch, daß das BVerfG durch die Einführung seines strengeren Maßstabes diesen Versuch unternommen habe.688 Auch unter den Autoren, welche die neue Formel als Übertragung des Verhältnismäßigkeitsprinzips qualifizieren, herrscht Uneinigkeit darüber, ob sämtliche Prüfungselemente der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung auch im gleichheitsrechtlichen Kontext zur Anwendung gelangen können. Während man das Erfordernis der Geeignetheit ohne nähere Begründung übernimmt,689 wird gegen eine Erforderlichkeitsprüfung für Ungleichbehandlungen bisweilen eingewandt, durch eine solche Verpflichtung werde der Gesetzgeber in der Wahl des Differenzierungskriteriums zu weitgehend eingeschränkt.690 Übereinstimmend mit der neueren Verfassungsrechtsprechung ist man sich darin einig, daß das Ausmaß der Ungleichbehandlung und ihrer beeinträchtigenden Wirkung auf die Rechtssphäre des Bürgers in einem angemessenen Verhältnis zu den rechtfertigenden Gründen stehen muß; diese müssen nach ihrer Art und ihrem Gewicht zur Rechtfertigung der Differenzierung hinreichend sein.691

belt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 15; R. Wendt, NVwZ 1988, S. 778 (784 f.); H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 27. 688 Vorwiegend wird dabei der Relationscharakter der Gleichheitsbetrachtung, das „horizontale“ Verhältnis zwischen den beteiligten Personen, gegen eine Übertragung des Verhältnismäßigkeitsgedankens eingewandt, so P. Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, 2. Aufl., 1999, S. 30; P. Kirchhof, Gleichmaß und Übermaß, in: FS f. Peter Lerche, 1993, S. 133 ff.; ders., in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 124 Rn. 161 ff.; W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 96; G. Müller, VVDStRL 47 (1988), S. 37 (41). – Andere Autoren stellen mehr darauf ab, daß die Ungleichbehandlung in vielen Fällen nicht das Mittel zur Erreichung des Regelungszwecks bildet, die Gleichheitsbetrachtung sich daher nicht als Zweck-Mittel-Relation strukturieren lasse, so S. Huster, Rechte und Ziele, 1993, S. 142 ff., 165 ff.; ders., JZ 1994, S. 541 (543 f.); W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 26 ff.; W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 92 ff., 97. 689 Vgl. H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 27; M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 29; F. Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (874). 690 Ablehnend mit dieser Begründung M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GGKommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 29; einschränkend zum Erforderlichkeitsgebot auch L. Osterloh, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 21. – Mehrheitlich spricht sich das Schrifttum auch für die Übertragung des Erforderlichkeitskriteriums aus, vgl. H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 27; M. Kloepfer, Gleichheit als Verfassungsfrage, 1980, S. 63; R. Wendt, NVwZ 1988, S. 778 (785); W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 97, sieht die Prüfungselemente der Verhältnismäßigkeit nur bei solchen Ungleichbehandlungen anwendbar, durch die der Gesetzgeber von bereichsspezifischen Gleichheitsmaßstäben zur Erreichung „außerhalb der Gleichbehandlung liegender“ Ziele abweicht; zu solchen „externen“ Zielen siehe sogleich im Text.

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Zweifel daran, ob in Gestalt der neuen Formel das Verhältnismäßigkeitsprinzip auf die Gleichheitsprüfung übertragen worden ist und ob dementsprechend die Prüfungsstufen der Eignung, der Erforderlichkeit und der Angemessenheit auch die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung strukturieren, klären sich auf, wenn man Freiheitseingriff und Ungleichbehandlung in ihrer jeweiligen Beziehung zum Zweck der Regelung bzw. zu dem Ziel der Differenzierung vergleicht. Bei einem Zweck im Sinne der Zweck-Mittel-Relation handelt es sich stets um einen äußeren Erfolg, der unabhängig von dem zu beurteilenden Freiheitseingriff besteht, der sich also auch außerhalb des Verhältnisses von Zweckverfolgung und Freiheitseingriff feststellen läßt.692 Als Beispiele für einen solchen Zweck können etwa die Erzielung von Staatseinnahmen oder die polizeiliche Beseitigung einer Gefahr dienen. Zwar verfolgen auch Regelungen, in denen der Gesetzgeber in einer vor Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigenden Weise differenziert, stets einen solchen Zweck, doch bildet die Ungleichbehandlung als solche nicht notwendigerweise das Mittel zu dessen Erreichung. Gerade für die Referenzregelungen dieser Untersuchung wurde gesehen, daß diese der Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe dienen und hierin ihren Regelungszweck haben, daß die Differenzierung zwischen Sonderbelastung und Nichtbelastung jedoch nicht auf diesen Regelungszweck, sondern auf die gerechte Verteilung öffentlicher Lasten zielt. Das Differenzierungsziel liegt in der Herstellung von Lastengerechtigkeit durch Verwirklichung eines bestimmten, vom Gesetzgeber zugrunde gelegten Verantwortlichkeitsmaßstabes.693 Dieses Ziel ist einer isolierten, von der Ungleichbehandlung unabhängigen Betrachtung nicht zugänglich; es handelt sich nicht um einen Erfolg, der als Regelungszweck im Sinne der Zweck-Mittel-Relation stehen könnte. Im Schrifttum wird in diesem Zusammenhang zwischen sog. „internen“ und „externen“ Zielen unterschieden, wobei als internes Ziel die Verwirklichung eines spezifischen Gleichheitsmaßstabes, als externes Ziel die Verfolgung darüber hinausgehender Zwecke begriffen wird.694 Wie ebenfalls gesehen, können Ungleichbehandlungen statt der Verwirklichung eines bereichsspezifischen Gerechtigkeitsmaßstabes durchaus auch die Erreichung eines „äußeren“ Erfolges bezwecken, etwa dann, wenn sie darauf gerichtet sind, das Verhalten der Norm691 Allg. Ansicht, vgl. nur R. Maaß, NVwZ 1988, S. 14 (21); F. Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (874); L. Osterloh, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 21. 692 K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 70, der hierfür zu Recht auf den Ursprung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Recht der Gefahrenabwehr hinweist; vgl. auch S. Huster, Rechte und Ziele, 1993, S. 129 ff.; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 27. 693 Siehe hierzu bereits oben § 16 D I 1. 694 S. Huster, Rechte und Ziele, 1993, S. 165 ff.; ders., JZ 1994, S. 541 (544); W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 27; W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 97; ähnlich L. Osterloh, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 20.

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adressaten zu steuern.695 Richtet sich eine Differenzierung hingegen ausschließlich auf ein internes Ziel, so läßt sie sich nicht in die Struktur einer ZweckMittel-Relation bringen und ist infolgedessen auch einer Verhältnismäßigkeitsbetrachtung nicht zugänglich. Besonders deutlich wird diese Verschiedenartigkeit von Ungleichbehandlungen bei dem Versuch einer Erforderlichkeitsprüfung. Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Differenzierung nur interne Ziele – am Beispiel der Referenzregelungen die verantwortlichkeitsgerechte Verteilung öffentlicher Lasten –, so läßt sich nicht sinnvoll nach der Erforderlichkeit dieser Differenzierung fragen. Diese hinge im gewählten Beispiel davon ab, ob die Belastung einer größeren Zahl von Personen zur Herstellung von Lastengerechtigkeit ebenso geeignet und dabei ein milderes Mittel wäre. Da die Lastengerechtigkeit bei diesem Verständnis Ziel und Maßstab der Differenzierung zugleich ist, läßt sich diese nicht in sinnvoller Weise in die Form einer ZweckMittel-Relation bringen. Eine „Gewichtung nach Verhältnismäßigkeit“, wie das BVerfG die neue Formel auch umschreibt, kann bei dieser Art von Ungleichbehandlung nur bedeuten, daß das Gericht die Differenzierung darauf untersucht, ob sie dem Gerechtigkeitsmaßstab, der an differenzierendes Staatshandeln durch die gewählte Handlungsform anzulegen ist, gerecht wird, ob sie ihm entspricht. Im Schrifttum wird die neue Formel des BVerfG, soweit mit ihr Ungleichbehandlungen zu internen Zielen kontrolliert werden, daher als „Entsprechensprüfung“ charakterisiert.696 Bei dieser Prüfung wird nicht die Zweckrationalität der Differenzierung, also ihre Eignung und Erforderlichkeit zur Erreichung eines externen Zweckes, betrachtet; es wird das Gewicht des rechtfertigenden Grundes in eine Beziehung zum Ausmaß der Ungleichbehandlung und der Intensität des Eingriffs in die Rechtssphäre des Bürgers gesetzt. Für die Frage, ob sich die Maßstäbe des Willkürverbots und der neuen Formel in ihrer Betrachtungsweise grundlegend unterscheiden, ergibt sich hieraus folgendes: Wie bereits erwähnt, wird in der Literatur zu Recht herausgestellt, eine Gewichtung von Rechtfertigungsgrund und Ausmaß der Ungleichbehandlung sei zwar nicht explizit, doch enthalten in der Forderung des BVerfG nach einem „zureichenden“697 Rechtfertigungsgrund und dem Hinweis des Gerichts auf die Eigenart des jeweiligen Sachbereichs schon fester Bestandteil der Gleichheitsprüfung anhand des Willkürverbots gewesen.698 In der Entsprechensprüfung, in der die Anwendung der neuen Formel bei der Überprüfung von Dif695

Siehe oben § 16 D I 1. S. Huster, Rechte und Ziele, 1993, S. 142 ff.; vgl. auch W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 27; M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 15. 697 Etwa BVerfGE 51, 1 (26); 52, 277 (280); zur Anwendung der sog. neuen Formel ging das Gericht in E 55, 72 (88) über. 698 W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 27; zustimmend W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 21 m. Fn. 134. 696

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ferenzierungen zu „internen“ Zielen mündet, unterscheidet sich der neuere Maßstab der Verfassungsrechtsprechung daher nicht kategorisch vom Willkürkriterium. Aber auch bei der Kontrolle von Differenzierungen zu externen Zielen ergeben sich keine fundamentalen Unterschiede in der Betrachtung. Eine strenge Prüfung an den Kriterien der Eignung und der Erforderlichkeit führt das BVerfG in der praktischen Anwendung der neuen Formel, wie festgestellt wurde, nicht durch, so daß das Schwergewicht der Prüfung weiterhin auf der Angemessenheitskontrolle liegt. Eben diese Angemessenheitskontrolle findet jedoch auch bei sachgemäßer Anwendung des Willkürverbots statt, indem das BVerfG danach fragt, ob der sachliche Grund – der auch in einem externen Ziel, also einem äußeren Erfolg liegen kann – zur Rechtfertigung der Differenzierung „zureichend“ ist. Zusammenfassend gilt: Wenn im Schrifttum davon gesprochen wird, in Anwendung der neuen Formel führe das BVerfG eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der Differenzierung durch, die der Rechtfertigung von Freiheitseingriffen entlehnt sei, so trifft diese Beobachtung nicht zu. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung kommt prinzipiell nur für solche Ungleichbehandlungen in Betracht, bei denen der Gesetzgeber einen Zweck verfolgt, der über die Verwirklichung bereichsspezifischer Gleichheitsmaßstäbe hinausgeht. Nur eine solche Differenzierung läßt sich gegenüber dem rechtfertigenden Sachgrund in eine Zweck-MittelRelation setzen und erfüllt darin die strukturellen Anforderungen der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung. Richtet sich die Differenzierung lediglich auf die Realisierung eines „internen“ Gerechtigkeitsmaßstabes, so handelt es sich bei der neuen Formel in der Sache um eine Entsprechensprüfung anhand dieses Maßstabes. Da das BVerfG auch Ungleichbehandlungen zu externen Zielen nicht anhand einer Zweck-Mittel-Relation kontrolliert, gilt für beide Arten von Ungleichbehandlungen, daß sich Willkürverbot und neue Formel in ihrer Betrachtungsweise nicht grundlegend voneinander unterscheiden, so daß der – partielle – Charakter der neuen Formel als Verhältnismäßigkeitsbetrachtung nicht dazu zwingt, beide Maßstäbe als separate, strikt voneinander zu trennende Rechtfertigungsinstrumente zu behandeln. b) Maßstabsbildung als Kontinuum steigender Rechtfertigungsanforderungen Ein kategorischer Unterschied aufgrund gänzlich andersartiger Betrachtungsweisen besteht zwischen den Maßstäben des Willkürverbots und der neuen Formel nicht. Genauere Konturen gewinnt das Verhältnis der beiden Maßstäbe zueinander aus den Kriterien, nach denen das BVerfG den im Einzelfall an eine differenzierende Regelung anzulegenden Rechtfertigungsmaßstab auswählt. Die Unterscheidungen der neueren Rechtsprechung zeigen, daß besonders strenge Anforderungen an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung dann

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zu stellen sind, wenn sich diese nachteilig auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirkt.699 Dies wird in der Regel der Fall sein, wenn der Gesetzgeber nach personenbezogenen Merkmalen unterscheidet oder sich die Anknüpfung zwar auf Verhaltensweisen bezieht, die Betroffenen jedoch nur in geringem Maße in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung dieser Merkmale zu beeinflussen. Daneben sind hohe Rechtfertigungsanforderungen auch dann geboten, wenn sich das gewählte Differenzierungskriterium in bedenklicher Nähe zu einem der in Art. 3 Abs. 2 und 3 GG sowie anderen Differenzierungsverboten des Grundgesetzes aufgeführten Merkmale bewegt. Sind Freiheitsrechte oder Differenzierungsvorgaben des Grundgesetzes nicht oder nur in geringem Maße betroffen, so steht das Willkürverbot für eine „Grundkontrolle“700 der Ungleichbehandlung zur Verfügung. In welchem Maße Freiheitsrechte tangiert und infolgedessen hohe Rechtfertigungsanforderungen zu stellen sind, hängt zunächst von dem Rechts- und Sachbereich ab, in dem der Freiheitsberechtigte von einer differenzierenden Regelung betroffen wird. Maßgebend ist sodann das Ausmaß der Ungleichbehandlung und, hiermit eng verbunden, die Intensität, mit der das im jeweiligen Lebensbereich einschlägige Freiheitsrecht durch die benachteiligende Behandlung des Bürgers beeinträchtigt wird. Die stärkere Berücksichtigung der Intensität der Ungleichbehandlung und des hiermit einhergehenden Freiheitseingriffs wurde bereits als zentrales und ausdrückliches Anliegen bei der Einführung der neuen Formel erkannt.701 Betrachtet man diese Kriterien der Maßstabsbildung, so wird deutlich, daß hinter den Maßstäben des Willkürverbots und der neuen Formel grundsätzlich gleichartige Rechtfertigungsprüfungen stehen, die jedoch, ausgerichtet am jeweiligen verfassungsrechtlichen Kontext der Ungleichbehandlung, mit unterschiedlicher Strenge angewandt werden.702 Die Kontrolldichte des BVerfG nimmt in dem Maße zu, wie sich eine Differenzierung auf Verfassungsgewährleistungen außerhalb des allgemeinen Gleichheitssatzes, insbesondere auf Freiheitsrechte des Betroffenen, auswirkt. Bei diesem Verständnis erweist sich der Unterschied zwischen den Maßstäben der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung als ein gradueller. Statt separater Maßstäbe handelt es sich gleichsam um

699 BVerfGE 88, 87 (96); vgl. auch E 88, 5 (12); 89, 365 (376); 97, 271 (290 f.); 99, 367 (388). 700 So M. Bender, Die Befugnis des Bundesverfassungsgerichts zur Prüfung gerichtlicher Entscheidungen, 1991, S. 400; vgl. auch W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 28. 701 Siehe oben § 16 D II 2. 702 So auch C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 11; H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 17; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 21 f.; ähnlich W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 27.

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„Ableitungen“ eines einheitlichen und gleitenden Maßstabes, die für eine konkrete Ungleichbehandlung die Höhe der Rechtfertigungsanforderungen in Abhängigkeit von der Schutzwirkung des verfassungsrechtlichen Kontextes festlegen. Auch das BVerfG erklärt, aus dem Zusammenwirken des allgemeinen Gleichheitssatzes mit anderen Verfassungsnormen ergäben sich „je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse“ reichen.703 Dieser Vorgabe des Gerichts entspricht das Bild eines gleitenden, kontextabhängigen Maßstabes, von dem sich konkrete Rechtfertigungsanforderungen ableiten. Auch die Anforderungen des Willkürverbots und der neuen Formel markieren daher gleichsam Positionen auf einem „Kontinuum von einer sehr großzügigen bis zu einer sehr strengen Prüfung“.704 5. Grundvoraussetzung der Rechtfertigung – Der „sachliche Grund“ Unabhängig von der Höhe der Rechtfertigungsanforderungen begegnet man bei der Betrachtung des Willkürverbots und der neuen Formel einem Grundelement gleichheitsrechtlicher Maßstabsbildung: der Berücksichtigung von Eigenart und Gesetzlichkeiten des betroffenen Sachbereichs. Für beide Maßstäbe hat das BVerfG herausgestellt, die Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen könne stets nur „sachbereichsbezogen“ erfolgen. Nach Auffassung des Gerichts lassen sich „genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall das Willkürverbot oder das Gebot verhältnismäßiger Gleichbehandlung durch den Gesetzgeber verletzt ist, [. . .] nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen.“705 Inzwischen spricht das Gericht allgemein davon, der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfahre „seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs“706 oder bemerkt schlicht: „Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist bereichsspezifisch anzuwenden.“707

703 BVerfGE 88, 87 (96); 97, 271 (290); 105, 73 (110); st. Rspr. (Hervorhebung nicht im Original). 704 Formulierung bei H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 17. 705 BVerfGE 75, 108 (157); st. Rspr., vgl. nur E 93, 319 (348 f.); 101, 275 (291); 103, 310 (318); 105, 73 (111). 706 BVerfGE 75, 108 (157); 93, 319 (349); 103, 310 (318). 707 BVerfGE 75, 108 (157); 76, 256 (329); 78, 249 (287); 84, 239 (268) (Hervorhebung nicht im Original); hierzu P. Kirchhof, Bereichsspezifische Unterscheidungen, in: FS f. Walter Rudolf, 2001, S. 277 f.

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Aus dem Hinweis des BVerfG auf die Relevanz des jeweils betroffenen Sachbereichs wird nochmals deutlich, daß sich Vorgaben für die Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht ausschließlich aus dem verfassungsrechtlichen Kontext der konkreten Ungleichbehandlung, also aus dem Zusammenwirken von Art. 3 Abs. 1 GG mit anderen Verfassungsnormen, ergeben. Sie lassen sich auch den Strukturprinzipien und Grundentscheidungen des einfachen Gesetzesrechts sowie den realen, nicht rechtlich gefaßten Verhältnissen entnehmen.708 Die Sachverhalte, an die der Gesetzgeber mit einer differenzierenden Regelung anknüpft, werden in nahezu allen Fällen bereits durch die Rechtsordnung vorgeprägt, durch gestaltende Entscheidungen des Gesetzgebers vorstrukturiert sein. Selten wird dieser eine Regelungssituation antreffen, die sich, unbeeinflußt von rechtlichen Wertungen, in einem gleichsam „natürlichen“ Zustand befindet.709 In aller Regel wird der Gesetzgeber in einem bestimmten Sachbereich sowohl Vorgaben der Rechtsordnung als auch Besonderheiten der tatsächlichen Verhältnisse vorfinden, denen er durch eine entsprechende Ausgestaltung der differenzierenden Regelung Rechnung zu tragen hat. Dabei hat er nicht nur die vorgefundenen Rahmenbedingungen hinreichend zu berücksichtigen, sondern auch darauf zu achten, daß sich der Differenzierungstatbestand in das Regelungssystem des jeweiligen Ordnungsbereiches einfügt, dessen Grundregeln und Wertentscheidungen also nicht zuwiderläuft.710 Aufgrund der maßstabsbildenden Bedeutung der Eigenart des Sachbereichs haben sich in weitem Umfang bereichsspezifische Ausprägungen des allgemeinen Gleichheitssatzes entwickelt.711 Ein klassisches Beispiel bietet die gleichmäßige Besteuerung nach Maßgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit des Zensiten. Im Merkmal der Leistungsfähigkeit des Pflichtigen, konkretisiert durch die Bemessungsgrundlage der jeweiligen Steuerart, ist unter einer Vielzahl möglicher Gegenstände, nach denen sich die Situation verschiedener Inländer vergleichen ließe, der steuerrechtlich relevante ausgewählt, zugleich die Weite der Betrachtung gegenüber dem allgemeinen Gleichheitssatz eingeschränkt. Weitere Beispiele finden sich im Recht der sozialen Fürsorge, welches nach dem Ausmaß der Hilfsbedürftigkeit des einzelnen differenziert, oder in der 708 Hierzu P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 124 Rn. 205 ff.; ders., NJW 1987, S. 2354 (2356); C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 44; W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 37. 709 P. Kirchhof, NJW 1987, S. 2354 (2356); R. Wendt, NVwZ 1988, S. 778 (783). 710 Eingehend zu den Geboten der Systemgerechtigkeit und der Folgerichtigkeit P. Kirchhof, Die Verschiedenheit der Menschen und die Gleichheit vor dem Gesetz, 1996, S. 30 ff.; ders., NJW 1987, S. 2354 (2356); ders., in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 124 Rn. 205 ff., 222 ff. 711 Auch das Schrifttum zu Art. 3 Abs. 1 GG widmet sich zunehmend den Ausprägungen des Gleichheitssatzes in den verschiedenen Rechtsbereichen, vgl. insbesondere M. Sachs, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 127; L. Osterloh, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 134 ff.; C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/ ders., GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 55 ff.

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Ahndung von Straftaten, bei der das Strafmaß in Abhängigkeit von der Schuld des Täters gebildet wird. Bereichsspezifische Ausprägungen des Gleichheitssatzes verengen die Breite der Betrachtung auf einen bestimmten Vergleichsgegenstand und gewinnen hierdurch die Möglichkeit, unter Berücksichtigung der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten des betrachteten Lebensbereichs einen spezifischen, „sach-gemäßen“ Gleichheitsmaßstab auszubilden. Dabei zeigen die gewählten Beispiele, daß sich die Eingrenzung des relevanten Sachbereichs weniger nach dem tatsächlichen Umfeld richtet, in dem der einzelne durch differenzierendes Staatshandeln betroffen wird, als vor allem nach der hoheitlichen Handlungsform – der Steuer, der Sozialleistung, der Geld- oder Freiheitsstrafe –, bei deren Einsatz sich die Ungleichbehandlung einstellt. Im Erfordernis der Sachgerechtigkeit der Differenzierung ist ein Grundelement der Gleichheitsdogmatik und zugleich eine Mindestanforderung an die Rechtfertigung jeder Ungleichbehandlung benannt. Vor diesem Hintergrund wird auch für abgabenähnliche Vergütungsregelungen danach zu fragen sein, ob die finanzielle Sonderbelastung einer Gruppe nach spezifischen Gleichheitsmaßstäben des Rechts- und Sachbereichs gerechtfertigt ist. 6. Die Intensität verfassungsgerichtlicher Kontrolle a) Die „weite Gestaltungsfreiheit“ des Gesetzgebers Bereits im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit der Referenzregelungen mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, wurde festgestellt, daß es nach der Auffassung sowohl des BVerfG als auch des BGH und des BAG weitgehend dem „Ermessen“712 des Gesetzgebers überlassen sein soll, ob eine Gemeinwohlaufgabe aus Haushaltsmitteln finanziert, die finanzielle Last also von der Allgemeinheit der Steuerzahler getragen wird, oder ob der Gesetzgeber durch den Einsatz einer „quersubventionierenden“ Regelung eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe zur Finanzierung der öffentlichen Aufgabe in Anspruch nimmt.713 Diese Stellungnahmen befinden sich im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG, das Grundgesetz lasse dem Gesetzgeber im Zusammenhang mit Berufsausübungsregelungen „ein erhebliches Maß an Freiheit“,714 eine Freiheit, 712

BVerfGE 109, 64 (86). Zur SER BGHZ 134, 1 (18); unter Bezugnahme hierauf BGHZ 155, 141 (148). – Für den Arbeitgeberzuschuß BVerfGE 109, 64 (86); ähnlich zuvor BAGE 81, 222 (226). – Bei Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des BSSichG hat das BVerfG sich zu einer rechtfertigenden Finanzierungsverantwortung der Arzneimittelhersteller sowie zu einem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers diesbezüglich nicht geäußert, BVerfG, NVwZ 2006, 191 (199). 714 Grundlegend BVerfGE 7, 377 (405) – Apotheker. 713

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

die dann um so größer sei, wenn die Regelung – wie im Falle abgabenäquivalenter Geldleistungspflichten – keinen unmittelbar berufsregelnden Charakter habe.715 Die Gerichte äußern sich nicht dazu, ob die Grundsätze der Verfassungsrechtsprechung zur Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes auch dann uneingeschränkte Geltung beanspruchen können, wenn die Grundrechtsbeeinträchtigungen sich gerade daraus ergeben, daß einer Gruppe von Freiheitsberechtigten durch Gesetz die Finanzierungslast einer Gemeinwohlaufgabe übertragen wird. In diesem Aspekt, der Zuweisung einer finanziellen Sonderlast für öffentliche Belange, unterscheiden sich Zwangsvergütungen von Berufsausübungsregelungen im allgemeinen. Zwar beziehen sich die Stellungnahmen zur Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers nicht unmittelbar auf die Kontrolle der Gesetze am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes, sondern auf ihre Vereinbarkeit mit der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG. Da die genannten Entscheidungen zur Verfassungsmäßigkeit der Referenzregelungen jedoch auch die besondere Finanzierungsverantwortung der betroffenen Privaten als Frage der Berufsfreiheit begreifen, ist davon auszugehen, daß die Ausführungen zur Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes auch auf das Erfordernis einer besonderen Finanzierungsverantwortung als Rechtfertigungsanforderung der Lastengleichheit bezogen sind. Im folgenden wird daher betrachtet, wie sich der Umfang der gesetzgeberischen Gestaltungsbefugnis und die – ihm entgegengesetzte – Intensität der verfassungsgerichtlichen Kontrolle abgabenähnlicher Preisinterventionen im Lichte des allgemeinen Gleichheitssatzes darstellen. Allgemein zu Art. 3 Abs. 1 GG erklärt das BVerfG, der Gesetzgeber genieße bei der Verwirklichung des allgemeinen Gleichheitssatzes eine weitgehende Gestaltungs„freiheit“.716 Er sei von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, bei der Ausgestaltung einer differenzierenden Regelung die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen.717 Grundsätzlich liege es in seiner Entscheidung, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpfe, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen wolle, solange er seine Auswahl sachgerecht treffe.718 Die Anwendung des Gleichheitssatzes solle nicht dazu führen, daß das BVerfG eine gesetzliche Vorschrift unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Gerechtigkeit nachprüfen und damit seine Auffassung von Gerechtigkeit an die Stelle derjenigen des politischen Gesetzgebers setzen 715

BVerfGE 46, 120 (145); 57, 139 (158); 77, 308 (332); 81, 156 (189). BVerfGE 3, 162 (182); 78, 249 (287); 90, 22 (26); st. Rspr. – Die häufig gewählte Bezeichnung als „Freiheit“ ändert freilich nichts daran, daß es sich bei der gleichheitsgerechten Ausgestaltung der Rechtsordnung durch den Gesetzgeber um die Ausübung von Kompetenzen, nicht um den Gebrauch von Freiheiten handelt. Hierzu bereits P. Kirchhof, Verfassungsgerichtsbarkeit und Gesetzgebung, in: P. Badura/ R. Scholz (Hrsg.), Verfassungsgerichtsbarkeit und Gesetzgebung, 1998, S. 5 (17). 717 BVerfGE 4, 144 (155); 66, 84 (95); 81, 108 (117 f.); 84, 348 (359). 718 BVerfGE 53, 313 (329); 75, 108 (157); 78, 249 (287); 107, 218 (244). 716

§ 16 Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz

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könne.719 In der rechtswissenschaftlichen Literatur stoßen diese grundsätzlichen Aussagen auf Zustimmung.720 Die Weite des Gestaltungsspielraumes, über den der Gesetzgeber bei der Differenzierung verfügt, ergibt sich aus der Strenge der anzulegenden Rechtfertigungsanforderungen; diese wiederum hängt von der Dichte und Intensität ab, mit der das BVerfG die Regelung auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG kontrolliert. Das Gericht selbst spricht davon, der „unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes“ entspreche „eine abgestufte Kontrolldichte bei der verfassungsgerichtlichen Prüfung.“721 Es geht damit erkennbar davon aus, daß sich die Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht danach unterscheiden, ob die Bestimmung als Handlungsmaßstab für den Gesetzgeber oder als verfassungsgerichtliche Kontrollnorm herangezogen wird. Aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich danach ein einheitlicher Prüfungsmaßstab, der den Gesetzgeber bei der Ausgestaltung differenzierender Vorschriften anleitet und an dem die getroffene Regelung auch verfassungsgerichtlich zu kontrollieren ist.722 Bildet die Prüfungsintensität des Verfassungsgerichts gleichsam das Gegenstück zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, so sind für die Höhe der Kontrolldichte grundsätzlich dieselben Faktoren maßgebend, nach denen sich – wie bereits gesehen – die Strenge der an eine Ungleichbehandlung anzulegenden Rechtfertigungsanforderungen bestimmt.723 Neben der Nähe des gewählten Differenzierungskriteriums zu einem der in Art. 3 Abs. 2 und 3 GG aufgeführ719

BVerfGE 3, 162 (182); 12, 326 (337 f.). Statt vieler M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 23; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 51 (Die Rspr. habe im Schrifttum „einhellige Anerkennung“ gefunden.); vgl. auch W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 80. 721 BVerfGE 88, 87 (96 f.); 91, 389 (401); 106, 201 (206). 722 Hierdurch stellt sich das BVerfG gegen eine von Forsthoff (Über Maßnahme-Gesetze, in: GS f. Walter Jellinek, 1955, S. 221 (232 f.)) begründete, in der Lit. lange Zeit verbreitete Auffassung, derzufolge der allgemeine Gleichheitssatz als Handlungsanleitung für den Gesetzgeber gebietet, Regelungen zu treffen, die „in jeder Hinsicht sachgemäß und gerecht sind“, während er in seiner Eigenschaft als Kontrollmaßstab des BVerfG die Überprüfung gesetzgeberischer Entscheidungen „nur in den äußersten Grenzen des Willkürverbots“ gestatte (K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, 20. Aufl., 1995, Rn. 439; ebenso B.-O. Bryde, Verfassungsentwicklung, 1982, S. 307; G. Robbers, DÖV 1988, S. 749 (755); F. Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (876)). – Im neueren Schrifttum wird dieser Ansatz überwiegend abgelehnt; bevorzugenswert sei es, Art. 3 Abs. 1 GG als einheitliche Handlungs- und Kontrollnorm anzuwenden und dabei gegebenenfalls die materiell gebotene Strenge des Maßstabes unter funktionellen Gesichtspunkten einzuschränken. (M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 16; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 40; ders., Funktionell-rechtliche Schranken, 1992, S. 46 ff.; S. Huster, Rechte und Ziele, 1993, S. 49; W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 105; C. Simons, Grundrechte und Gestaltungsspielraum, 1999, S. 139). 723 Siehe oben § 16 D II 3. 720

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

ten Unterscheidungsmerkmale ist insbesondere ausschlaggebend, inwieweit sich die Ungleichbehandlung von Personen auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann.724 Ist dies nicht oder nur in geringem Maße der Fall und kommt folglich als Maßstab des Gleichheitssatzes nur das Willkürverbot in Betracht, so kann ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nach dem BVerfG nur festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist.725 Eine höhere Kontrolldichte am Maßstab der sog. neuen Formel wählt das Gericht dann, wenn eine differenzierende Regelung Personengruppen ungleich behandelt oder sich nachteilig auf die Wahrnehmung von Grundrechten auswirkt.726 Über diese allgemeinen Grundsätze zur Dichte der verfassungsgerichtlichen Gesetzeskontrolle hinaus hat die Rechtsprechung bestimmte Bereiche gesetzgeberischen Handelns definiert, in denen der Gesetzgeber über eine besonders weitgehende Gestaltungs„freiheit“ verfügt. Einen solchen Bereich bildet zunächst die gewährende Staatstätigkeit. Nach dem BVerfG, dem sich die Literatur anschließt,727 besitzt der Gesetzgeber bei der Gewährung von Leistungen eine größere Gestaltungsfreiheit als innerhalb der Eingriffsverwaltung.728 Neuere Entscheidungen, die nach Aufnahme der sog. neuen Formel ergangen sind, verfahren dabei so, daß sie aufgrund der vergleichsweise geringen Grundrechtsbeeinträchtigungen auf diesem Gebiet staatlichen Handelns das Willkürverbot für anwendbar erklären und aus diesem sodann die besonders weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers herleiten.729 Dementsprechend hat das Gericht etwa im Bereich des Subventionswesens, der Sozialversicherung, der Sozialhilfe und dem Recht der Wiedergutmachung730 eine besonders weitgehende Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers angenommen. Fragt man nach der Rechtfertigung einer nochmals erweiterten Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers auf dem Gebiet der Leistungsverwaltung, so zeigt sich bei näherem Zusehen, daß es sich bei der vermeintlich bereichsspezifischen Besonderheit tatsächlich um eine 724

BVerfGE 82, 126 (146); 88, 87 (96); 107, 133 (141). BVerfGE 55, 72 (90); 88, 87 (96). 726 BVerfGE 82, 126 (146); 88, 87 (97); 92, 365 (407 f.). 727 Vgl. nur C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 58; M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 24; W. Heun, in: H. Dreier, Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 85; W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 108; kritisiert wird bisweilen, die Unterscheidung von eingreifender und gewährender Staatstätigkeit werde den Gegebenheiten des modernen Sozialstaates nicht mehr gerecht, dazu W. Rupp-v. Brünneck, AöR 102 (1977), S. 1 (17). 728 BVerfGE 11, 50 (60); 22, 100 (103); 36, 230 (235); 49, 280 (283); 60, 16 (42); st. Rspr. 729 BVerfGE 60, 16 (42); 102, 255 (299, 302 f., 322 f.) – EALG; 106, 201 (206) – Zinszuschlag. 730 Nachweise zur Rspr. in den vorgenannten Bereichen bei W. Heun, in: H. Dreier, Grundgesetz, Kommentar, Art. 3 Rn. 82 ff. 725

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bloße Konsequenz allgemeiner Grundsätze zur Abstufung der verfassungsgerichtlichen Kontrolldichte handelt. Für die Ausbildung gleichheitsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe ist es allgemein von Bedeutung, inwieweit sich eine Ungleichbehandlung nachteilig auf die Wahrnehmung von Freiheitsrechten auswirkt. Eben diese nachteiligen Auswirkungen sind im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit typischerweise geringer als auf dem Gebiet der Eingriffsverwaltung.731 Die zurückgenommene verfassungsgerichtliche Kontrolldichte gegenüber leistungsgewährenden Gesetzen erweist sich somit bei näherer Betrachtung als Ergebnis des verfassungsrechtlichen Kontextes, der bei der Bestimmung der Rechtfertigungsanforderungen an jede Form von Ungleichbehandlung zu beachten ist. Den zweiten zentralen Bereich, in dem die Verfassungsrechtsprechung dem Gesetzgeber eine besonders umfangreiche Gestaltungsbefugnis zuerkennt, bilden die Gesetze der Wirtschaftslenkung und -ordnung.732 Der Bereich der Wirtschaftslenkung ist zugleich von hervorgehobener Bedeutung für die Bestimmung der angemessenen Intensität einer gleichheitsrechtlichen Kontrolle von Preisinterventionen. Denn die eingangs referierte Rechtsprechung des BVerfG, des BGH und des BAG stützt die Annahme einer besonders weiten Einschätzungs- und Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers für Vergütungsbestimmungen im wesentlichen auf die Zuordnung dieser Regelungen zum Recht der Wirtschaftslenkung. Sie betont, das Grundgesetz räume dem Gesetzgeber neben den Bereichen der Arbeits- und Sozialpolitik gerade auf dem Gebiet der Wirtschaftslenkung eine weite Gestaltungsfreiheit bei der Festlegung seiner Ziele733 wie auch in der Bestimmung der zur Verfolgung dieser Ziele geeigneten und erforderlichen Maßnahmen ein.734 Wenn nun der Bereich wirtschaftslenkender Gesetze auch von der Dogmatik zu Art. 3 Abs. 1 GG als Gebiet einer besonders weitreichenden Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers anerkannt ist, so eröffnet dies die Möglichkeit, auch für diesen Bereich – wie schon für die gewährende Staatstätigkeit – nach den rechtfertigenden Grundlagen einer gesteigerten gesetzgeberischen Gestaltungsbefugnis zu fragen. Läßt sich ein solcher Grundgedanke feststellen, so ist weiter zu sehen, ob er auch auf Entgeltregelungen zutrifft oder ob möglicherweise die Annahme einer besonders weitgehenden Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers für Zwangsvergütungen und andere finanzielle Sonderlasten der Rechtfertigung

731 Hierzu auch W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 108; C. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 58. 732 G. F. Schuppert, DVBl. 1988, S. 1191 (1193); W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 109. 733 BVerfGE 81, 156 (189) unter Verweis auf E 37, 1 (21); 46, 246 (257); 51, 193 (208). 734 BVerfGE 81, 156 (193) unter Verweis auf E 53, 135 (145); 77, 84 (106).

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entbehrt und dieser Mangel durch die begriffliche Zuordnung zum Gebiet der Wirtschaftslenkung nur verdeckt wird. Ihren Ursprung hat die Rechtsprechung des BVerfG zur besonderen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsermessens bei wirtschaftslenkenden Gesetzen in der Entscheidung zur Marktordnung für Milchprodukte. Dort stellt das Gericht heraus, die von ihm „bei Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes auf Gesetze allgemein geübte Zurückhaltung“ sei „im besonderen Maße angezeigt, wenn es sich um wirtschaftslenkende Maßnahmen“ handele.735 Aufschlußreich ist die Begründung, auf die das Gericht die Absenkung der Kontrolldichte stützt. Es führt an, daß die einem wirtschaftslenkenden Gesetzgebungsakt zugrunde gelegten Daten besonders anfällig dafür seien, sich als unrichtig zu erweisen, woraufhin das Gesetz rasch und mit einem verbleibenden Rest an Unsicherheit geändert werden müsse. Angesichts dessen könne dem Gesetzgeber ein Gleichheitsverstoß nicht schon dann vorgeworfen werden, wenn seine Prognose durch die Entwicklung nachträglich widerlegt werde.736 Als rechtfertigende Grundlage einer besonders weiten Gestaltungsbefugnis im Bereich der Wirtschaftslenkung stellt das Gericht damit den Prognosecharakter heraus, der gesetzgeberischen Entscheidungen auf diesem Gebiet typischerweise anhaftet. In einer späteren Entscheidung setzt sich das Gericht eingehender mit der Kontrolldichte auseinander, die einer Gleichheitsprüfung von Gesetzen mit Prognosecharakter angemessen ist, und führt dabei aus, die Weite des Prognosespielraums bestimme sich neben der Eigenart des jeweiligen Sachverhalts und der Bedeutung der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter vornehmlich nach den Möglichkeiten des Gesetzgebers, sich im Zeitpunkt der Entscheidung ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden.737 Die Rechtsprechung zur Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsraumes gegenüber Art. 3 Abs. 1 GG deckt sich insoweit mit der Position des Gerichts zur Einschätzungs- und Gestaltungsprärogative des Gesetzgebers bei der verhältnismäßigen Ausgestaltung von Freiheitseingriffen. Das BVerfG bezeichnet es im Mitbestimmungsurteil als „Grundtatbestand jeder Prognose“, daß die Unsicherheit, auf deren Grundlage der Gesetzgeber seine Gestaltungsentscheidungen zu treffen hat, um so größer wird, je weiterreichend und komplexer die Zusammenhänge sind, auf die sich die gesetzgeberische Entscheidung bezieht.738 Vor 735 BVerfGE 18, 315 (331 f.). – Die Lit. hat diese Aussage des BVerfG überwiegend hingenommen, ohne sie einer kritischen Überprüfung zu unterziehen, vgl. nur K. Hesse, AöR 109 (1984), S. 174 (190); W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 109; kritisch wohl allein H. H. Rupp, Art. 3 GG als Maßstab, in: FG 25 Jahre BVerfG, 1976, Bd. II, S. 364 (374) (Da jedes Gesetz in die Zukunft wirke, trage das Argument der Prognosenotwendigkeit die besondere Weite des Kontrollmaßstabes im Bereich der Wirtschaftslenkung nicht.). 736 BVerfGE 18, 315 (332). 737 BVerfGE 88, 87 (97) unter Verweis auf E 50, 290 (332 f.) – Mitbestimmung.

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diesem Hintergrund räumt das Gericht dem Gesetzgeber einen „Einschätzungsvorrang“ bei der Beurteilung zukünftiger Verhältnisse und Entwicklungen ein, dem eine geringere Intensität der verfassungsgerichtlichen Kontrolle solcher Einschätzungen auf ihre Vereinbarkeit mit der Verfassung entspreche.739 Wiederum betont es, je nach der Eigenart des Sachbereichs, den Möglichkeiten des Gesetzgebers, sich ein sicheres Urteil zu bilden, und der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter reiche die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte von einer Evidenz- über eine Vertretbarkeits- bis hin zu einer intensiven inhaltlichen Kontrolle.740 Die verringerte Kontrolldichte bei Entscheidungen mit Prognosecharakter zeigt, daß die Intensität der Prüfung am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG nicht nur durch materiell-rechtliche, sondern bisweilen auch durch funktionell-rechtliche Erwägungen bestimmt wird. Als materiell-rechtlicher Faktor bei der Ausbildung gleichheitsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe wurde der verfassungsrechtliche Kontext der konkreten Ungleichbehandlung, insbesondere ihre nachteiligen Auswirkungen auf die Ausübung von Freiheitsrechten, erkannt. Diese materiellrechtliche Erwägung bildet auch die rechtfertigende Grundlage der bereichsspezifisch besonders weiten Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers auf dem Gebiet der gewährenden Staatstätigkeit. In der verfassungsgerichtlichen „Zurückhaltung“741 gegenüber gesetzgeberischen Prognoseentscheidungen begegnet man nun einer typisch funktionellrechtlichen Überlegung.742 Auch mit Rücksicht auf die unmittelbare demokratische Legitimation des parlamentarischen Gesetzgebers soll das BVerfG nur für solche gesetzgeberischen Entscheidungen zu einer eingehenden Kontrolle befugt sein, zu deren Beurteilung das Gericht aufgrund seiner funktionellen Gegebenheiten – insbesondere seiner Kapazität zur Informationsgewinnung und -verarbeitung sowie der Verfügbarkeit technischen Sachverstandes – zumindest im gleichen Maße befähigt ist wie der parlamentarische Gesetzgeber.743 Bei der Abschätzung ungewisser zukünftiger Entwicklungen in komplexen Sachmaterien verfügt der Gesetzgeber aufgrund des technischen Sachverstandes der Ministerialverwaltung und der parlamentarischen Ausschüsse regelmäßig über eine 738

BVerfGE 50, 290 (331) – Mitbestimmung. BVerfGE 76, 1 (52) – Ehegattennachzug. 740 BVerfGE 50, 290 (333) m.w. N. zur Rspr.; vgl. auch E 99, 367 (389 f.) – Montan-Mitbestimmung. 741 BVerfGE 18, 315 (331). 742 Allgemein zu funktionell-rechtlichen Elementen als Kriterien der Kompetenzabgrenzung zwischen Gesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit K. Hesse, Funktionelle Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit, in: FS f. Hans Huber, 1981, S. 261 ff.; W. Heun, Funktionell-rechtliche Schranken der Verfassungsgerichtsbarkeit, 1992; H.-P. Schneider, NJW 1980, S. 2103 (2104 f.). 743 W. Rupp-v. Brünneck, AöR 102 (1977), S. 1 (18); H.-P. Schneider, NJW 1980, S. 2103 (2104 f.); U. Scheuner, DÖV 1980, S. 473 (478). 739

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Art funktionellen „Vorsprung“ gegenüber der Verfassungsgerichtsbarkeit. Die Verringerung der Kontrolldichte trägt dann dem Gedanken Rechnung, daß die Erkenntnismöglichkeiten des BVerfG im Falle solcher Regelungen, die sich auf vielschichtige technische, soziale oder wirtschaftliche Lebenssachverhalte beziehen, unter Umständen nicht an den Informationsstand und die Sachkenntnis der gesetzgebenden Organe heranreichen und das Gericht infolgedessen zur Abschätzung der Wirkungen dieser Regelungen nicht in höherem Maß befähigt ist als diese.744 Zwar entscheidet das BVerfG – anders als der Gesetzgeber – bei der Normenkontrolle ex post, so daß im Zeitpunkt der verfassungsgerichtlichen Entscheidung oftmals die Auswirkungen eines Gesetzes bereits erkennbar geworden sind und das Gericht infolgedessen über einen „Erfahrungsvorsprung“ verfügt. Damit der Gedanke der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative jedoch nicht durch die entgegengesetzte Zeitperspektive, unter der beide Verfassungsorgane entscheiden, ausgehöhlt wird, führt nach der Rechtsprechung des BVerfG auch eine sich nachträglich als falsch erweisende Prognose des Gesetzgebers nur dann zur Verfassungswidrigkeit der Regelung, wenn sie schon bei Erlaß des Gesetzes evident unrichtig und dies dem Gesetzgeber erkennbar war.745 Diese funktionell-rechtlichen Gesichtspunkte bei der verfassungsgerichtlichen Überprüfung von Prognoseentscheidungen bilden die rechtfertigende Grundlage der eingeschränkten Kontrolldichte gegenüber wirtschaftslenkenden Gesetzen. b) Besonderheiten der Kontrolle von Zwangsvergütungen am Maßstab der Lastengleichheit Ob dem Gesetzgeber auch bei der Zuweisung besonderer Finanzierungspflichten für Gemeinwohlzwecke ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen ist und ob dementsprechend die Intensität einer verfassungsgerichtlichen Gleichheitskontrolle im Falle abgabenähnlicher Preisinterventionen gemindert ist, hängt davon ab, ob die dargestellten Grundsätze der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit auch auf Preisregelungen zutreffen. Dabei ist zunächst darauf zu sehen, ob dem Gesetzgeber bei der Auferlegung „quersubventionierender“ Geldleistungspflichten eine besonders weitreichende Gestaltungsbefugnis zuzu744 K. Hesse, Funktionelle Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit, in: FS f. Hans Huber, 1981, S. 261 (268); U. Scheuner, DÖV 1980, S. 473 (478); vgl. auch BVerfGE 49, 89 (131 f.) – Kalkar I. – Empirische Untersuchungen lassen an einer Unterlegenheit des BVerfG insoweit allerdings Zweifel aufkommen, vgl. K. J. Philippi, Tatsachenfeststellungen des BVerfG, 1971; ferner F. Ossenbühl, Die Kontrolle von Prognoseentscheidungen durch das BVerfG, in: FG 25 Jahre BVerfG, 1976, Bd. I, S. 458 (472). 745 BVerfGE 30, 250 (263 f.) – Absicherungsgesetz –; vgl. auch F. Ossenbühl, Die Kontrolle von Prognoseentscheidungen durch das BVerfG, in: FG 25 Jahre BVerfG, 1976, Bd. I, S. 458 (517); W. Rupp-v. Brünneck, AöR 102 (1977), S. 1 (16).

§ 16 Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz

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erkennen ist, weil es sich bei diesen Regelungen um Maßnahmen der Wirtschaftslenkung handelt. Des weiteren bedarf der Klärung, inwieweit dem Gesetzgeber die weite Gestaltungsfreiheit, über die er allgemein bei der Verwirklichung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG verfügt, auch bei der Finanzierung öffentlicher Aufgaben durch Preisintervention eingeräumt sein kann. Für den Erlaß wirtschaftslenkender Gesetze konnte nachgewiesen werden, daß eine erweiterte Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ihre rechtfertigende Grundlage nicht allgemein aus der Zuordnung einer Maßnahme zum „Bereich“ der Wirtschaftslenkung bezieht, sondern nur insoweit gerechtfertigt ist, als Regelungen auf diesem Gebiet den Gesetzgeber typischerweise vor die Schwierigkeit stellen, ungewisse künftige Entwicklungen in komplexen Sachmaterien abzuschätzen und in ihren Folgen vorherzusehen. Vor diesem Hintergrund bedeutet es eine Verallgemeinerung, von einer weiten gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit „im Bereich der Wirtschaftslenkung“ zu sprechen. Denn wirtschaftslenkende und -ordnende Maßnahmen beinhalten zwar typischerweise, nicht aber in jedem Falle Prognoseentscheidungen. Soweit die Vereinbarkeit solcher Entscheidungen des Gesetzgebers mit Art. 3 Abs. 1 GG in Frage steht, die kein Prognoseelement aufweisen und daher auch unter funktionell-rechtlichen Gesichtspunkten nicht weitgehend dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten sein müssen, entbehrt die Annahme einer besonders weiten Gestaltungsfreiheit der rechtfertigenden Grundlage. Hat der Gesetzgeber darüber zu entscheiden, ob er die Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen oder einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe auferlegt, so ist diese Entscheidung nicht mit der Notwendigkeit verbunden, künftige Entwicklungen von ungewissem Ausgang abzuschätzen.746 Der Gesetzgeber entscheidet in diesem Fall darüber, bei welcher der Vergleichsgruppen er eine überwiegende Finanzierungsverantwortlichkeit für die betreffende öffentliche Aufgabe erkennt. Da er diese Finanzierungsverantwortlichkeit in den Gegebenheiten der Rechts- und Sozialordnung „vorfinden“ muß,747 beurteilt er im wesentlichen einen gegenwärtigen Zustand – die Verantwortlichkeitslage – und berücksichtigt dabei auch die Entwicklung in der Vergangenheit, die diesen Zustand herbeigeführt hat. Ob die sonderbelastete Gruppe eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit aufweist, beinhaltet keine Prognoseentscheidung. Auch unter funktionell-rechtlichen Aspekten ist das BVerfG zu einer Beurteilung dieser Frage in gleichem Maße in der Lage wie der parlamentarische Gesetzgeber. Wenngleich Preisinterventionen infolge ihrer Auswirkungen auf die unternehmerische Tätigkeit der belasteten Privaten 746 Ähnlich – in Auseinandersetzung mit Kostendämpfungsmaßnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung und ihrer Vereinbarkeit mit der Berufsfreiheit der Leistungserbringer – F. Hufen, NJW 2004, S. 14 (16 f.). 747 Siehe oben § 16 B II.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

von Einfluß auf das Wirtschaftsleben, mithin „wirtschaftslenkend“ sind, ist die Inanspruchnahme einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit mangels Prognosecharakter nicht Gegenstand einer besonders weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Weiter ist danach zu fragen, ob die „weite Gestaltungsfreiheit“, die dem Gesetzgeber allgemein bei der Verwirklichung des Gleichheitssatzes zuerkannt wird,748 diesem auch bei der Regelung von Zwangsvergütungen ohne Einschränkung eingeräumt sein kann. Ihre rechtfertigende Grundlage findet diese weite Gestaltungsfreiheit im wesentlichen in der formalen Struktur des Gleichheitssatzes. Eine Ungleichbehandlung läßt sich immer nur hinsichtlich eines bestimmten Vergleichsgegenstandes feststellen; durch die Wahl dieses Vergleichsgegenstandes wird unter einer Vielzahl von Merkmalen, nach denen mehrere Objekte sich unterscheiden oder miteinander übereinstimmen können, ein Kriterium als maßgebliches herausgestellt. In einer parlamentarischen Demokratie ist es daher grundsätzlich die Aufgabe des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die durch Gesetz dieselbe Rechtsfolge geknüpft werden soll, die also im Rechtssinne als gleich gelten sollen.749 Allerdings weist die Kontrolle abgabenähnlicher Vergütungspflichten am Maßstab der Lastengleichheit in diesem Punkt eine Besonderheit gegenüber der Anwendung des Gleichheitssatzes im allgemeinen auf. Das Prinzip der Lastengleichheit als besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes betrachtet Ungleichbehandlungen stets nur mit Blick auf einen bestimmten Vergleichsgegenstand: die Beteiligung Privater an der Wahrnehmung, insbesondere an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben. Bei Differenzierungen auf der Grundlage dieses Vergleichsgegenstandes handelt der Gesetzgeber, wie bereits gesehen,750 vor dem Hintergrund eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses. Nach dem Steuerstaatsprinzip, das als Gemeinlastprinzip für alle Bereiche staatlichen Handelns die Tragung der öffentlichen Lasten durch die Allgemeinheit vorsieht, bedarf die finanzielle Inanspruchnahme einzelner Privater für Gemeinwohlbelange stets der besonderen Rechtfertigung durch eine deutlich überwiegende Finanzierungsverantwortlichkeit der Lastenträger. Durch dieses Erfordernis einer überwiegenden Finanzierungsverantwortung, die der Gesetzgeber in den Gegebenheiten der rechtlichen und sozialen Ordnung vorgegeben finden muß, wird die weite Gestaltungs„freiheit“, die der Gesetzgeber im allgemeinen bei der Umsetzung des Gleichbehandlungsgebots genießt, für die Verwirklichung von Lastengleichheit eingeschränkt. 748 BVerfGE 3, 162 (182); 78, 249 (287); 90, 22 (26); st. Rspr.; M. Gubelt, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 23; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Rn. 51. 749 BVerfGE 53, 313 (329); 75, 108 (157); 78, 249 (287); 107, 218 (244); vgl. auch H.-P. Schneider, NJW 1980, S. 2103 (2108). 750 Siehe oben § 16 B II.

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Von einer strengeren Bindung des Gesetzgebers an Art. 3 Abs. 1 GG bei der Realisierung des Prinzips der Lastengleichheit geht offenbar auch das BVerfG selbst aus. Erkennbar wird dies in Entscheidungen des Gerichts zur Legitimation nichtsteuerlicher Abgaben. So hat das Gericht dem Gesetzgeber bei der Gebührenerhebung zwar einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Entscheidung zuerkannt, welche öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen und welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er hierfür aufstellen wolle; dies gilt jedoch nicht für die Frage, ob den Pflichtigen eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit trifft. Die letztere Entscheidung liegt also nach Auffassung des Gerichts außerhalb des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums.751 In einem anderen Urteil nimmt das Gericht einen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers explizit nur hinsichtlich der Gebührenbemessung an und stützt diesen auf den Prognosecharakter der Entscheidung, welche Kosten eine Amtshandlung für die Verwaltung bzw. welchen Vorteil sie für den Empfänger mit sich bringen werde.752 In seiner Rechtsprechung zu Sonderabgaben betont das BVerfG, die mit der Abgabe belastete Gruppe müsse „dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler; andernfalls wäre die Sonderbelastung der durch die Abgabe in Anspruch genommenen Gruppe schon mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nicht zu vereinbaren.“753 Eine weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers hinsichtlich dieser Rechtmäßigkeitsvoraussetzung nimmt das Gericht also gerade nicht an. Statt dessen hebt es hervor, die „besondere Gruppenverantwortung“ dürfe „nicht als formales und damit ,machbares‘ Kriterium aufgefaßt werden“, da es „dem Gesetzgeber sonst ohne weiteres möglich [wäre], die finanzverfassungsrechtlichen Grundentscheidungen des Grundgesetzes zu unterlaufen.“754 Auch im Schrifttum wird nachdrücklich darauf hingewiesen, Entscheidungen des Gesetzgebers, bei denen dieser an das Prinzip der Lastengleichheit gebunden sei, seien mit einer höheren Kontrolldichte zu überprüfen, als sie das BVerfG in Anwendung des Willkürverbots üblicherweise wähle.755 Die Betrachtungen dazu, welches Maß verfassungsgerichtlicher Kontrolldichte bei der Überprüfung von Zwangsvergütungen auf ihre Vereinbarkeit mit 751

Vgl. BVerfGE 97, 332 (345). Vgl. BVerfGE 108, 1 (19). 753 BVerfGE 55, 274 (306) – Berufsausbildungsabgabe. 754 BVerfGE 55, 274 (307) unter Verweis auf P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 184, 198 f. 755 K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (50) („Als Zurechnungsgrund in diesem Sinne kann freilich nicht jeder sachlich vertretbare Gesichtspunkt im Sinne der Willkürrechtsprechung des BVerfG akzeptiert werden.“); ders., Außersteuerliche Sonderabgaben, in: FS f. Willy Haubrichs, 2. Aufl., 1977, S. 103 (118); K. Ritgen, Indienstnahme Privater, in: J. Menzel (Hrsg.), Verfassungsrechtsprechung, 2000, S. 175 (176); ebenso F. Ossenbühl, ET 1996, S. 94 (95). 752

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dem Prinzip der Lastengleichheit angemessen ist, lassen sich wie folgt zusammenfassen: Eine besonders weite Gestaltungsbefugnis, wie sie das BVerfG für wirtschaftslenkende Gesetze annimmt, ist dem Gesetzgeber bei der Auferlegung abgabenäquivalenter Geldleistungspflichten nicht eingeräumt. Als Entscheidung über das Bestehen einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Gruppe beinhaltet der Einsatz einer „Quersubvention“ kein Element der Prognose. Es fehlt damit an der besonderen Entscheidungssituation des Gesetzgebers, aus der sich die Annahme einer erweiterten Gestaltungs„freiheit“ rechtfertigen könnte. Auch die weite Gestaltungsbefugnis, die dem Gesetzgeber im Bereich von Art. 3 Abs. 1 GG im allgemeinen zugestanden wird, genießt dieser bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten für Gemeinwohlbelange, zu denen auch fördernde Vergütungspflichten zählen, nicht. Würde dem Gesetzgeber auch bei der Verwirklichung der Lastengleichheit ein derart weitgehender Entscheidungsspielraum zuerkannt, so wäre dies nicht mit dem Erfordernis einer deutlich überwiegenden Finanzierungsverantwortlichkeit zu vereinbaren, das sich unmittelbar aus dem Prinzip der Lastengleichheit herleitet und das auch vom BVerfG im Zusammenhang mit der Legitimation nichtsteuerlicher Abgaben streng kontrolliert wird. 7. Folgerung: Anforderungen des Gleichheitssatzes an die Rechtfertigung abgabenähnlicher Preisinterventionen Es bleibt zu sehen, welche Anforderungen nach den allgemeinen Grundsätzen der Gleichheitsdogmatik an hinreichende Legitimationsgründe für Zwangsvergütungen zu stellen sind. Wie eingangs festgestellt, ergeben sich aus dem Prinzip der Belastungsgleichheit drei zentrale Anforderungen an die Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten.756 Eine Gruppe Privater kann nur dann zur Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe in Anspruch genommen werden, wenn ihre Verantwortlichkeit diejenige der Allgemeinheit und anderer Gruppen deutlich überwiegt. Die Gruppenmitglieder müssen ferner durch gemeinsame Eigenschaften und Merkmale, welche die Grundlage ihrer besonderen Verantwortlichkeit bilden, von der Allgemeinheit abzugrenzen sein. Schließlich hat der Gesetzgeber die Umstände, in denen er die Sonderverantwortlichkeit der Gruppenangehörigen erkennt, in der rechtlichen und sozialen Ordnung vorzufinden; insbesondere ist es ihm verwehrt, die verantwortlichkeitsbegründenden Umstände zum Zwecke der Einführung einer finanziellen Sonderlast zu begründen. Unter diesen Anforderungen betrifft allein das Gebot homogener Gruppenbildung anhand gemeinsamer, verantwortlichkeitsbegründender Merkmale nicht die Bestimmung eines hinreichenden Rechtfertigungsgrundes. Dieses Erfordernis bezieht sich nicht auf den Tatbestand der besonderen Verantwortlichkeit, 756

Siehe oben § 16 B II.

§ 16 Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz

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sondern auf den „Zuschnitt“ der in Anspruch genommenen Gruppe und damit auf die Wahl des Differenzierungskriteriums durch den Gesetzgeber. Es steht jedoch mit der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung in unmittelbarem Zusammenhang, da eine sachwidrige Abgrenzung der sonderbelasteten Gruppe unweigerlich zur Folge hat, daß die Gruppenmitglieder die verantwortlichkeitsbegründenden Merkmale nicht – wie dies für die Legitimation einer gruppenbezogenen Sonderbelastung geboten ist757 – mehrheitlich in ihrer eigenen Person aufweisen. Die Erfordernisse einer eindeutig überwiegenden Verantwortlichkeit, die der Gesetzgeber in den Gegebenheiten der Rechts- und Sozialordnung vorfinden muß, betreffen hingegen die Bestimmung eines zulässigen und hinreichenden Legitimationsgrundes. Insoweit gilt, daß die allgemeine Dogmatik zur Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen, die wesentlich durch die Verfassungsrechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 GG geprägt ist, kaum Verbindungen zum Prinzip der Lastengleichheit, das maßgeblich durch die Literatur und die Sonderabgabenjudikatur des BVerfG entwickelt worden ist, herstellt. Gleichwohl läßt sich zeigen, daß die Erfordernisse der deutlich überwiegenden und durch den Gesetzgeber vorgefundenen Finanzierungsverantwortlichkeit sich in die allgemeine Dogmatik zur Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen einfügen, sogar aus dieser abzuleiten sind. Ein Grundelement der Gleichheitsdogmatik und zugleich eine Mindestanforderung an den rechtfertigenden Grund einer Ungleichbehandlung besteht in dessen Sachgerechtigkeit; legitimierende Wirkung entfaltet nur ein solcher Grund, der sich hinsichtlich des Ziels der Differenzierung als „sachlich“ darstellt.758 Im Gebot der Sachgerechtigkeit empfängt der allgemeine Gleichheitssatz konkretisierende Vorgaben aus der Eigenart und den Gesetzlichkeiten des Rechts- und Sachbereichs, in dem sich die Ungleichbehandlung einstellt. Hierin liegt begründet, daß sich auf vielen Gebieten staatlichen Handelns bereichsspezifische Ausprägungen des Gleichheitssatzes herausgebildet haben. Um nähere Vorgaben dafür zu gewinnen, aus welchen Umständen abgabenäquivalente Finanztransfers zu rechtfertigen sind, werden im folgenden also auch die Eigengesetzlichkeiten der Rechts- und Sachbereiche, in denen die Referenzregelungen zum Einsatz kommen, zu betrachten sein. Entscheidend ist jedoch zunächst, daß sich die Verpflichtung des Gesetzgebers aus Art. 3 Abs. 1 GG, bei einer Differenzierung die Eigenheiten der Rechts- und Sachmaterie zu berücksichtigen, mit dem Erfordernis der Lastengleichheit deckt, der Sonderlasten zuweisende Gesetzgeber müsse die verantwortlichkeitsbegründenden Merkmale in den Gegebenheiten der Rechts- und Sozialordnung „vorfinden“. Bei näherer Betrachtung erweist

757 758

Siehe oben § 16 B II. Siehe oben § 16 D II 5.

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sich diese Anforderung somit als Ausprägung des allgemeinen gleichheitsrechtlichen Gebots der Sachgerechtigkeit. Zur Bestimmung der sachbereichsspezifischen Konkretisierungen des Gleichheitssatzes ist dabei neben dem rechtlichen und tatsächlichen Umfeld einer Ungleichbehandlungssituation insbesondere das hoheitliche Handlungsmittel in den Blick zu nehmen, bei dessen Einsatz die Ungleichbehandlung eintritt; bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe sind – das Beispiel des steuerlichen Leistungsfähigkeitsprinzips veranschaulicht es – in der Regel handlungsformspezifische Maßstäbe. Sollten in einzelnen Referenzgebieten konkretisierende Gleichheitsmaßstäbe nicht oder nur schwach ausgeprägt sein, was gerade angesichts der Eigenschaft fördernder Vergütungsregelungen als vergleichsweise neuartiges Instrument mit Ausnahmecharakter vorstellbar ist, so hätte sich der Blick auf andere Vorgaben an die Legitimation von Zwangsvergütungen vor dem Prinzip der Lastengleichheit zu richten. Im Unterschied zur Bezugnahme des Gleichheitssatzes auf die Vorprägungen des Rechts- und Sachbereichs liefert das Erfordernis des „deutlichen Überwiegens“ der Finanzierungsverantwortlichkeit keine materiellen Vorgaben für die Bestimmung eines zulässigen Rechtfertigungsgrundes, es stellt vielmehr Anforderungen an die Strenge der jeweils anzulegenden Rechtfertigungsmaßstäbe und damit auch an die Intensität einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle finanzieller Sonderlasten. Wie gesehen wurde, bestimmt sich die Höhe der anzulegenden Rechtfertigungsanforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG in erster Linie nach dem verfassungsrechtlichen Kontext einer Ungleichbehandlung. Der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers sind hiernach um so engere Grenzen gesetzt, „je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann.“759 Preisinterventionen beeinträchtigen die sonderbelasteten Privaten in ihrer Unternehmerfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG und ihrem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG. Zwar wurde für die Referenzregelungen festgestellt, daß sich die Intensität der Beeinträchtigung in einem angemessenen Verhältnis zu dem Gewicht und der Dringlichkeit der verfolgten Gemeinwohlinteressen hält. Dieser Befund ist jedoch zum einen nur vorläufiger Natur, da er eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Freiheitsberechtigten, die es im Rahmen der Gleichheitsprüfung gerade zu klären gilt, noch voraussetzt. Zum anderen zeigt die Verfassungsrechtsprechung, daß sich das Ausmaß nachteiliger Auswirkungen auf die Freiheitsausübung der Betroffenen auch nach dem gewählten Differenzierungskriterium bestimmt.760 Abgabenähnliche Vergütungspflichten differenzieren nach Personengruppen, knüpfen dabei jedoch 759 BVerfGE 88, 87 (96); vgl. auch E 88, 5 (12); 89, 365 (376); 97, 271 (290 f.); 99, 367 (388). 760 Siehe oben § 16 D II 3.

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nicht unmittelbar an personenbezogene Merkmale, sondern an die Berufs- und Unternehmenstätigkeit der Freiheitsberechtigten und damit an verhaltensbezogene Merkmale. Im Falle verhaltensbezogener Differenzierungen ermittelt sich die Intensität, mit der der Gesetzgeber an Art. 3 Abs. 1 GG gebunden ist, nach den Möglichkeiten für die Betroffenen, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der pflichtenbegründenden Merkmale zu beeinflussen.761 Ist die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale ihrem Einfluß entzogen, so sieht sich der Gesetzgeber einer ebenso intensiven Gleichheitskontrolle gegenüber wie bei einer Differenzierung nach personenbezogenen Merkmalen.762 Da Entgeltregulierung typischerweise am Kern der Unternehmenstätigkeit ansetzt – der Abnahme von Elektrizität oder der Herstellung und dem Absatz von Arzneimitteln –, ließe sich die Verwirklichung der pflichtenbegründenden Merkmale durch betroffene Unternehmen in der Regel nur dadurch vermeiden, daß diese ihre bisherige Geschäftstätigkeit aufgeben und sich einem vollkommen neuen Unternehmenszweck zuwenden. Angesichts dessen kommt die verhaltensbezogene Differenzierung abgabenäquivalenter Preisregelungen einer personenbezogenen gleich, der Gesetzgeber unterliegt folglich einer ebenso strengen Bindung an den Gleichheitssatz. Aus dem verfassungsrechtlichen Kontext der Ungleichbehandlung folgt daher für die gleichheitsrechtlichen Zulässigkeitsanforderungen an Preisinterventionen, daß diese zumindest dem Maß zu entsprechen haben, welches das BVerfG in Anwendung der sog. neuen Formel zu Art. 3 Abs. 1 GG an Differenzierungen anlegt. Zur Legitimation einer „quersubventionierenden“ Regelung kommt von vornherein nur ein solcher Grund in Betracht, der nicht nur nach seiner Art, sondern auch nach seinem Gewicht zur Rechtfertigung der konkreten Sonderbelastung imstande ist, der also insbesondere das Ausmaß der Ungleichbehandlung gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen zu legitimieren vermag. Im Vergleich der unterschiedlich strengen Rechtfertigungsmaßstäbe der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung hatte sich auch erwiesen, daß Ungleichbehandlungen, die lediglich „interne“ Ziele verfolgen, in denen der Gesetzgeber also einen vorgefundenen Verantwortlichkeitsmaßstab verwirklicht, nicht jedoch darüber hinausgehende Anliegen wie beispielsweise der Verhaltenssteuerung verfolgt, sich nicht als Zweck-Mittel-Relation darstellen lassen und folglich im Rahmen der Gleichheitskontrolle keiner Verhältnismäßigkeitsbetrachtung zu unterziehen sind. Die Gleichheitskontrolle betrachtet diese Form der Differenzierung – wie sie auch durch die Referenzregelungen getroffen wird – daraufhin, ob Art und Umfang der Inanspruchnahme der Gruppe einem bereichsspezifischen Gleichheitsmaßstab, an den der Gesetzgeber sich bei Ungleichbehandlungen in dem betreffenden Lebensbereich gebunden sieht, entspricht. 761 762

BVerfGE 55, 72 (89); 88, 5 (12); 88, 87 (96); 99, 367 (388). BVerfGE 89, 365 (376); 93, 99 (111).

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Über diese allgemeinen Rechtfertigungsanforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG hinaus ist bei der Überprüfung von Zwangsvergütungen am Maßstab der Lastengleichheit eine hohe Kontrolldichte angezeigt. Dem liegt zum einen zugrunde, daß Entscheidungen des Gesetzgebers über die Inanspruchnahme einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit keine Einschränkung der verfassungsgerichtlichen Kontrolldichte unter funktionell-rechtlichen Gesichtspunkten erfordern, da sie kein Element der Abschätzung ungewisser zukünftiger Entwicklungen beinhalten, sondern lediglich die gegenwärtige Verantwortlichkeitssituation bei der Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe betrachten. Zum anderen kann dem Gesetzgeber angesichts des Regel-Ausnahme-Verhältnisses, das zwischen der Finanzierung von Gemeinwohlzwecken durch die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen und der finanziellen Sonderbelastung einzelner Gruppen besteht, bei der Auferlegung öffentlicher Sonderlasten nicht die weitreichende Gestaltungsbefugnis eingeräumt sein, die ihm üblicherweise bei der Verwirklichung des Gleichheitsgebots zuerkannt wird. Hierin liegt eine Besonderheit des Prinzips der Lastengleichheit gegenüber dem allgemeinen Gleichheitssatz, die sich aus dessen Vergleichsgegenstand, der Beteiligung an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben, ergibt. Eben dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis von Steuerfinanzierung und Sonderbelastung bildet auch die Grundlage des Erfordernisses, die Finanzierungsverantwortlichkeit einer sonderbelasteten Gruppe müsse diejenige der Allgemeinheit deutlich überwiegen. Das Gebot des „deutlichen Überwiegens“ wirkt daher als Verschärfung der sonst im Bereich von Art. 3 Abs. 1 GG angezeigten Kontrolldichte und fügt sich dadurch ebenfalls in die allgemeine Gleichheitsdogmatik ein. Im Ergebnis lassen sich somit alle zentralen Rechtfertigungsanforderungen der Belastungsgleichheit an finanzielle Sonderlasten – unter Berücksichtigung des Vergleichsgegenstandes – auch aus allgemeinen Grundsätzen der Legitimation von Ungleichbehandlungen vor Art. 3 Abs. 1 GG ableiten.

III. Die Unterscheidung zwischen Sach- und Finanzierungsverantwortung bei der Rechtfertigung öffentlicher Sonderlasten Die Sonderbelastung von Privatunternehmen durch gesetzliche Vergütungspflichten als Ungleichbehandlung einzelner Freiheitsberechtigter gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen ist vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt, wenn sie auf einem „sachlichen Grund“ beruht, wenn also der belastete Personenkreis eine besondere Verantwortlichkeit für die Aufgabe aufweist, zu deren Erfüllung er herangezogen wird. Das Erfordernis des sachlichen Grundes ist, wie gesehen wurde, in hohem Maße auf Konkretisierung angewiesen; solche präzisierenden Vorgaben ergeben sich insbesondere aus den Gesetzlichkeiten des jeweiligen Sach- und Rechtsgebietes, dem eine Regelung zuzuordnen ist. Bereichsspezifische Maßstäbe des Gleichheitssatzes lassen sich allerdings nur

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im Hinblick auf die Art und Wirkungsweise des hoheitlichen Handlungsmittels formulieren, bei dessen Einsatz die Ungleichbehandlung eintritt. Bevor die Referenzgebiete der Untersuchung auf bereichsspezifische Konkretisierungen der Lastengleichheit betrachtet werden, sind daher Zwangsvergütungen als öffentliche Sonderlasten in ihrer Zugriffsform näher zu charakterisieren. Zwar lassen sich Preisinterventionen als Indienstnahmen Privater für öffentliche Aufgaben begreifen, doch besteht ihre Besonderheit darin, daß Freiheitsberechtigte durch die Auferlegung einer Geldleistungspflicht, mithin durch die Verpflichtung zur Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe, zu deren Erfüllung in Anspruch genommen werden. Anders als für Indienstnahmen Privater im engeren Sinne typisch, besteht die Inanspruchnahme in einer reinen Finanzierungspflicht, zu der sachlich-handlungsbezogene Sonderlasten in Gestalt von Naturalleistungs- und sonstigen Verhaltenspflichten allenfalls ergänzend hinzutreten. Damit stellt sich die Frage, ob für rein finanzielle Sonderlasten wie fördernde Vergütungspflichten andere, möglicherweise höhere Rechtfertigungsanforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG gelten als für Naturalleistungs- und sonstige Verhaltenspflichten. In verschiedenen Teilgebieten der Rechtsordnung findet sich eine Unterscheidung zwischen besonderer Sach- und besonderer Finanzierungsverantwortlichkeit Privater für öffentliche Aufgaben, die auf eine Verschiedenheit der Rechtfertigungsmaßstäbe hindeutet. 1. Ausprägungen der Unterscheidung in der Rechtsordnung a) Die neuere Rechtsprechung des BVerfG zu Indienstnahmen Privater Die Unterscheidung von besonderer Sach- und Finanzierungsverantwortlichkeit Privater für öffentliche Aufgaben findet sich in Entscheidungen des BVerfG zur Zulässigkeit landesrechtlicher Regelungen über die Gewährung bezahlten Bildungs- oder Sonderurlaubs zu gemeinwohldienlichen Zwecken, die in der jüngeren verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Indienstnahmen Privater eine zentrale Stellung einnehmen.763 In beiden Beschlüssen sieht das Gericht die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, Arbeitnehmern zum Zwecke gemeinnützigen Engagements Sonderurlaub zu gewähren, diese also für eine bestimmte Zeit von ihrer Pflicht zur Arbeitsleistung freizustellen, als durch die geförderten Gemeinschaftsinteressen gerechtfertigt an.764 Gleichzeitig stellt das 763 Das Gericht qualifiziert die Regelungen in BVerfGE 77, 308 – Bezahlter Bildungsurlaub – und BVerfGE 85, 226 – Bezahlter Sonderurlaub – zwar nicht ausdrücklich als Indienstnahmen, doch zeigen Bezugnahmen in späteren Entscheidungen, daß das Gericht die beiden Beschlüsse in seine Rspr. zu Indienstnahmen einordnet, vgl. nur BVerfGE 81, 156 (198); 109, 64 (86, 88); so auch BGHZ 134, 1 (21) – Stromeinspeisung II. 764 Vgl. BVerfGE 77, 308 (332 ff.); 85, 226 (235).

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Gericht in beiden Entscheidungen fest, der einzelne Arbeitgeber stehe in keiner „besonderen Verantwortungsbeziehung“ zu den Zwecken der beruflichen und politischen Arbeitnehmerbildung und der Jugendarbeit, die es rechtfertige, ihn mit den gesamten Kosten der Entgeltfortzahlung zu belasten.765 In beiden Fällen erkennt der Erste Senat eine hinreichende Legitimation der Freistellungspflicht, nicht aber der Lohnfortzahlungspflicht, und stellt darin unterschiedliche Anforderungen an die Rechtfertigung der sachlich-handlungsbezogenen Sonderbelastung und diejenige der rein finanziellen Inanspruchnahme. Den Maßstab verfassungsgerichtlicher Kontrolle bildet dabei formell das Verhältnismäßigkeitsprinzip, doch prüft das Gericht in der Sache die Legitimation der Sonderlasten vor dem Prinzip der Lastengleichheit.766 Das Gericht gibt in dieser Entscheidungslinie zu erkennen, daß Umstände eines Falles, durch die eine sachlich-handlungsbezogene Sonderbelastung gerechtfertigt werden kann, nicht notwendigerweise auch zur Legitimation einer rein finanziellen Sonderlast ausreichen. Es sieht darin den Kreis hinreichender Rechtfertigungsgründe für finanzielle Sonderlasten als gegenüber demjenigen für Naturalleistungs- und Verhaltenspflichten enger begrenzt an. Im Schrifttum wird diese Verschiedenheit der Maßstäbe – ebenfalls am Beispiel von Lohnfortzahlungsregelungen – dahin umschrieben, die Sonderbelastung durch eine Naturalleistungs- oder sonstige Verhaltenspflicht könne „aus der Natur der Sache“ gerechtfertigt werden, während eine solche Legitimation für Geldleistungspflichten ausscheide.767 Dahinter steht der Gedanke, die Inanspruchnahme eines bestimmten Freiheitsberechtigten könne für die Wahrnehmung der Sachaufgabe – etwa die Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Pflicht zur Arbeitsleistung – unverzichtbar sein, während die Belastung eines bestimmten Kostenträgers aufgrund der Fungibilität des Handlungsmittels Geld für die Verwirklichung einer Finanzierungsaufgabe nie unerläßlich sei. Die Lohnfortzahlungsregelungen, die den Gegenstand der beiden genannten Entscheidungen bildeten, erfüllen den Tatbestand der abgabenähnlichen Vergütungsregelung. Das BVerfG ordnet die Entscheidungen allerdings seiner Rechtsprechung zu Indienstnahmen Privater für öffentliche Aufgaben zu768 und vernachlässigt bei dieser Qualifikation „quersubventionierender“ Regelungen als Indienstnahmen die Besonderheit, daß die Inanspruchnahme durch Zwangsver765

BVerfGE 77, 308 (336 f.); 85, 226 (236 f.). Zur Verbindung freiheits- und gleichheitsrechtlicher Maßstäbe in diesen Entscheidungen siehe bereits oben § 14 D IV 2 b). – Bezeichnenderweise verzichtet BVerfGE 85, 226 (237) im Anschluß an die Prüfung von Art. 12 Abs. 1 GG auf eine Kontrolle am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG und weist darauf hin, sie erübrige sich, „weil sie zu keinem anderen Ergebnis führen könnte“. 767 Eingehend hierzu C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, 1997, S. 85 ff. 768 Siehe hierzu oben Fn. 763. 766

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gütungen stets in der Zuweisung einer Geldleistungspflicht liegt; trotz dieser mangelnden Differenzierung im Ausgangspunkt stellt das Gericht sodann jedoch unterschiedliche Anforderungen an die Rechtfertigung von Verhaltensund von Geldleistungspflichten. b) Die Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben Auch in der Sonderabgabenjudikatur des BVerfG begegnet die Unterscheidung zwischen Rechtfertigungsgründen für die Auferlegung sachlich-handlungsbezogener Sonderlasten und solchen, welche die Zuweisung finanzieller öffentlicher Lasten zu legitimieren vermögen, mithin zwischen einer besonderen Sach- und einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit. Nach dieser Rechtsprechung muß die durch eine Sonderabgabe belastete Gruppe dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck „evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler; andernfalls wäre die Sonderbelastung der durch die Abgabe in Anspruch genommenen Gruppe schon mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nicht zu vereinbaren.“769 Bereits seit der Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe charakterisiert das BVerfG das Verhältnis zwischen der Voraussetzung der Sachnähe und dem Erfordernis der besonderen Gruppenverantwortung für die finanzierungsbedürftige Aufgabe dahingehend, „aus dieser zu fordernden Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Abgabezweck“ müsse „eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen.“770 Mit dieser Formulierung gibt das Gericht zu erkennen, daß es die beiden Erfordernisse keineswegs als synonyme Begriffe, sondern als kumulative Voraussetzungen begreift. Die Sachverantwortung oder „Sachnähe“ der belasteten Gruppe bildet dabei lediglich die Grundlage, aus der sich die Finanzierungsverantwortlichkeit ergeben kann, doch stellt letztere höhere Anforderungen. Umstände, welche die Heranziehung Privater zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe durch Geldleistungspflichten rechtfertigen, werden typischerweise auch die sachliche Inanspruchnahme zu eigenhändiger Wahrnehmung – die nicht notwendigerweise mit einer endgültigen finanziellen Belastung verbunden sein muß – zulassen, während dies umgekehrt, wie die Rechtsprechung zu Sonderabgaben belegt, nicht der Fall ist. Im Rahmen der Darstellung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben wurde bereits herausgestellt,771 daß das BVerfG die Unterscheidung von 769

BVerfGE 55, 274 (306); vgl. auch E 67, 256 (276); 82, 159 (180); 110, 370

(390). 770 BVerfGE 55, 274 (306) (Hervorhebung nicht im Original); ebenso E 67, 256 (276); 82, 159 (180). 771 Siehe oben § 7 A II 4.

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Sachverantwortung – es spricht von „Sachnähe“ – und Finanzierungsverantwortlichkeit – „besonderer Gruppenverantwortung“ – im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe nicht nur in der abstrakten Darlegung der Zulässigkeitsmaßstäbe, sondern auch in deren Anwendung auf die zu beurteilende Regelung beachtet,772 sich in späteren Judikaten vereinzelt von der Unterscheidung entfernt,773 sie in jüngeren Entscheidungen wiederum streng durchführt.774 c) Die Unterscheidung von Sach- und Finanzierungsverantwortlichkeit im Polizeirecht In exemplarischer Weise läßt sich die Unterscheidung zwischen der besonderen Sach- und der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit Privater für öffentliche Aufgaben schließlich anhand des Polizeirechts veranschaulichen, weil die Unterscheidung zwischen sachlich-handlungsbezogener Inpflichtnahme – zur Gefahrenbeseitigung – und finanzieller Sonderbelastung – durch die Pflicht zum Ersatz von Polizeikosten oder die entschädigungslose Inanspruchnahme des Bürgers zur Gefahrenbeseitigung – auf diesem Gebiet besonders deutlich entwickelt worden ist. aa) Der Zielkonflikt zwischen Belangen der effektiven Gefahrenabwehr und solchen der gerechten Lastenverteilung Entscheidungen der Polizeibehörde über die Inanspruchnahme eines Freiheitsberechtigten zum Zwecke der Gefahrenabwehr stehen regelmäßig vor der Notwendigkeit, das öffentliche Interesse an einer effektiven Gefahrenbeseitigung mit dem Ziel einer gerechten Verteilung der hiermit verbundenen Lasten zu vereinbaren. Dabei gebietet es das Prinzip effektiver Gefahrenabwehr, jede Gefahr möglichst schnell, sicher, vollständig und nachhaltig abzuwehren.775 Als materiell-rechtlichem Grundsatz, der auf die erfolgreiche Verwirklichung des Gesetzeszwecks der polizeilichen Befugnisnormen – den wirksamen Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung – zielt, wird diesem Prinzip Verfassungsrang zugemessen.776 Dem Grundsatz effektiver Gefahrenabwehr stehen Belange

772

Vgl. BVerfGE 55, 274 (312 ff.). Vgl. BVerfGE 93, 319 (344); 108, 186 (224 f.). 774 Vgl. BVerfGE 110, 370 (389) – Klärschlamm-Entschädigungsfonds; E 113, 128 (150 f.) – Solidarfonds Abfallrückführung. 775 Hierzu B. Drews/G. Wacke/K. Vogel/W. Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1986, S. 304 f.; J. Lindner, Verfassungsrechtliche Dimension der Adressatenpflichten, 1997, S. 108; M. Kloepfer/R. Thull, DVBl. 1989, S. 1121; H. Ziehm, Störerverantwortlichkeit, 1989, S. 70; kritisch zu einem Prinzip effektiver Gefahrenabwehr außerhalb der Störerauswahl F. Rachor, in: H. Lisken/E. Denninger (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, F Rn. 240 ff. 773

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einer gerechten Verteilung der Gefahrenbeseitigungslasten zwischen dem einzelnen Freiheitsberechtigten und der Allgemeinheit gegenüber, welche die Polizeibehörden bei der Abwehr von Gefahren im öffentlichen Interesse zu beachten haben.777 Sowohl die Inanspruchnahme eines Bürgers zur Gefahrenbeseitigung als auch seine Belastung mit den hieraus möglicherweise resultierenden Kosten und Schäden beeinträchtigen Grundrechte des Pflichtigen. Zunächst liegt in jeder – handlungsbezogenen oder finanziellen – Inanspruchnahme eines Privaten zum Gemeinwohlzweck der Gefahrenabwehr eine Ungleichbehandlung des Pflichtigen gegenüber anderen, nicht in dieser Form für öffentliche Zwecke herangezogenen Bürgern, die der Rechtfertigung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes gem. Art. 3 Abs. 1 GG bedarf. Der allgemeine Gleichheitssatz strukturiert daher unmittelbar die Lastenverteilung zwischen Staat und Bürger, mittelbar auch diejenige zwischen mehreren Bürgern, deren Inanspruchnahme durch die Polizeibehörden in Betracht kommt. Darüber hinaus sind Grundrechtseingriffe zum Zwecke der Gefahrenabwehr nur dann verfassungsmäßig, wenn sie vor dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind; auf diese Weise verwirklicht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die gerechte Verteilung der Gefahrenbeseitigungslasten zwischen dem handelnden Hoheitsträger und dem polizeipflichtigen Bürger. In der Handlungssituation, in der sich die zur Gefahrenabwehr zuständige Behörde typischerweise befindet, besteht ein Spannungsverhältnis zwischen dem Verfassungsprinzip der effektiven Gefahrenabwehr und den Belangen einer gerechten Lastenverteilung. Für Gefahrenabwehrsituationen ist es geradezu charakteristisch, daß den staatlichen Entscheidungsträgern nicht ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um die Ursache einer Gefahr, ihren Urheber, das Ausmaß der Bedrohung und, damit verbunden, die erforderliche Intensität der Abwehrmaßnahme mit vollkommener Sicherheit zu ermitteln. Die typische Gefahrenabwehrsituation ist durch Kenntnisdefizite im Tatsächlichen und die drängende Ungewißheit über den genauen Zeitpunkt des Gefahreneintritts gekennzeichnet; hieraus folgen Handlungsdruck, Zeitnot und die Notwendigkeit prognosegestützter, also letztlich ungewisser Entscheidungen.778 In demselben Maße, in dem die Polizeibehörde Zeit für die Aufklärung der Grundlagen und Umstände 776 Zu den Schutzgütern, aus denen dieser Verfassungsrang abgeleitet wird, vgl. G. Bockwoldt, Rechtmäßigkeit und Kostentragungspflicht, 2003, S. 46 ff. 777 Zum Zusammenwirken der Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und der Lastengleichheit in der Herstellung von Belastungsgerechtigkeit bei polizeilichen Inanspruchnahmen vgl. allgemein J. Lindner, Verfassungsrechtliche Dimension der Adressatenpflichten, 1997, S. 114 ff.; G. Bockwoldt, Rechtmäßigkeit und Kostentragungspflicht, 2003, S. 53 ff.; M. Griesbeck, Die materielle Polizeipflicht, 1991, S. 105 f. 778 Zu den tatsächlichen Umständen der polizeilichen Gefahrenabwehrsituation M. Möstl, Die staatliche Garantie, 2002, S. 169 ff.; W.-R. Schenke, Gefahrenverdacht und polizeirechtliche Verantwortlichkeit, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 455; R. Poscher, Gefahrenabwehr, 1999, S. 114 f.; C. Gusy, Polizeirecht, 5. Aufl., 2003, S. 60.

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der Gefahrensituation aufwendet, riskiert sie die Zunahme der Gefahr bis hin zum Eintritt und der Perpetuierung des Schadens. Das Prinzip effektiver Gefahrenabwehr gebietet daher, im Interesse einer sicheren Schadensabwendung bereits zu einem Zeitpunkt einzuschreiten, in dem Ursache, Urheberschaft und Ausmaß der Bedrohung noch nicht umfassend und abschließend, aber in einem solchen Maße geklärt sind, daß die Auswahl einer bestimmten, zur Erforschung und Abwehr der Gefahr geeigneten Maßnahme und eines zu ihrer Ausführung fähigen Polizeipflichtigen möglich ist.779 Diese Voraussetzungen decken sich oftmals nicht mit den Anforderungen einer gerechten Lastenverteilung:780 Die Ermittlung desjenigen, dessen Verhalten oder dessen Verantwortlichkeit für den Zustand einer Sache zur Entstehung der Gefahr beigetragen haben oder für den die Beseitigung der Gefahr eine vergleichsweise geringe Belastung bedeutet, dessen Inanspruchnahme mit anderen Worten als „die gerechteste“ erscheint, erfordert häufig Nachforschungen in einem zeitlichen Umfang, den die Behörde im Interesse sicherer Schadensabwendung nicht zu leisten vermag. Effektive Gefahrenabwehr und gerechte Lastenverteilung lassen sich vor diesem Hintergrund nicht zur gleichen Zeit uneingeschränkt verwirklichen. bb) Die Unterscheidung von Primärebene und Sekundärebene In dem Bemühen, den Anliegen der effektiven Gefahrenabwehr und der gerechten Lastenverteilung in möglichst weitgehendem Umfang nachzukommen, haben Rechtsprechung und Literatur zum Polizeirecht zu einer Lösung gefunden, die das hoheitliche Tätigwerden zu Gefahrenabwehrzwecken in zwei Handlungsphasen unterschiedlicher Zielrichtung unterteilt. Die sog. Primärebene umfaßt das gesamte polizeiliche Handeln zum Zweck der Gefahrenbeseitigung, beispielsweise den Erlaß einer Grundverfügung an einen Polizeipflichtigen, deren Vollstreckung oder die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme. Auf der Sekundärebene hingegen wendet die Behörde sich der finanziellen Abwicklung des Gefahrenabwehreinsatzes zu und entscheidet, ob die entstandenen Kosten oder Schäden von den privaten Beteiligten der Gefahrenabwehrsituation oder der öffentlichen Hand zu tragen sind.781 Beide Phasen unterscheiden sich zum einen darin, daß nur das polizeiliche Handeln auf der Primärebene durch den drohenden Schadenseintritt und die hieraus erwachsende Zeitnot geprägt ist, 779 Zum „optimalen“ Zeitpunkt polizeilichen Einschreitens R. Poscher, Gefahrenabwehr, 1999, S. 118; T. Darnstädt, Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge, 1983, S. 89. 780 Hierzu J. Lindner, Verfassungsrechtliche Dimension der Adressatenpflichten, 1997, S. 122 ff.; P. Kickartz, Ermittlungsmaßnahmen zur Gefahrerforschung, 1984, S. 64 f.; R. Dill, Amtsermittlung und Gefahrerforschungseingriffe, 1997, S. 40. 781 Zur Unterscheidung der beiden Ebenen T. Würtenberger/D. Heckmann, Polizeirecht BW, 6. Aufl., 2005, Rn. 757; F. Schoch, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 12. Aufl., 2003, 2. Kap. Rn. 296; W. Sailer, in: H. Lisken/E. Denninger (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, M Rn. 49.

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zum anderen darin, daß auf der Sekundärebene infolge fortgeschrittener Ermittlungen der Polizeibehörde deren Kenntnistand bald ein Niveau erreicht haben wird, das eine differenzierte Beurteilung der vormals bestehenden Gefahrensituation nach Ursache, Urheberschaft, tatsächlichem Ausmaß der Bedrohung und tatsächlich erforderlichen Beseitigungsmaßnahmen gestattet. Aus den verschiedenen Erfordernissen und Möglichkeiten polizeibehördlichen Handelns auf der Gefahrenbeseitigungs- und auf der Kostenebene leitet die herrschende Meinung ein unterschiedliches Gewicht der Belange effektiver Gefahrenabwehr und gerechter Lastenverteilung je nach Handlungsebene ab. Zugleich stützt sie auf diese Unterscheidung divergierende Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für das – primäre – Handeln zur Gefahrenbeseitigung und die – sekundäre – finanzielle Abwicklung der Gefahrenabwehrmaßnahme. Auf der Primärebene wird dem Grundsatz der effektiven Gefahrenabwehr der Vorrang vor Erwägungen der Belastungsgerechtigkeit eingeräumt.782 Dem liegt zugrunde, daß den Belangen schnellstmöglicher und sicherer Gefahrenbeseitigung notwendigerweise nur auf der Primärebene Rechnung getragen werden kann, da sie sich im Zeitpunkt des Schadenseintritts erledigen. Die dauerhaften finanziellen Lasten in Gestalt von Polizeikosten, Auslagen oder Schäden können hingegen auch nach Verstreichen der Gefahrensituation noch ausgeglichen werden.783 In Anbetracht dessen wird der Effektivität der Gefahrenabwehr auf der Primärebene der Vorzug gegeben. Dies bedeutet nicht, daß Aspekte der Belastungsgerechtigkeit dort keine Berücksichtigung zu finden hätten; vielmehr erkennt die herrschende Meinung ein Gebot zu frühestmöglicher gerechter Lastenverteilung an.784 Die Inanspruchnahme desjenigen Verantwortlichen, der etwa die Gefahr durch eigenes, möglicherweise rechtswidriges Verhalten verursacht hat oder für den ihre Abwendung eine relativ geringe Grundrechtsbeeinträchtigung bedeuten würde, ist nur dann verzichtbar, wenn im Interesse sicherer Schadensabwendung weitere Ermittlungen riskant erscheinen. Erwägungen der gerechten Lastenverteilung treten auf der Primärebene mithin nur soweit zurück, wie dies zum Zwecke effektiver Gefahrenabwehr geboten erscheint; aufgrund des zeitlich ungewissen Schadenseintritts ist dies allerdings häufig der Fall. 782 Vgl. nur T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 198 (zu den Konstellationen des Anscheinsund des Verdachtsstörers); E. Denninger, in: H. Lisken/ders. (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, E Rn. 119 f., sowie T. Garbe, DÖV 1998, S. 632 (zur Störerauswahl). 783 G. Bockwoldt, Rechtmäßigkeit und Kostentragungspflicht, 2003, S. 61; M. Griesbeck, Die materielle Polizeipflicht, 1991, S. 104 ff.; L. Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung, 1990, S. 52 ff. 784 Hierzu L. Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung, 1990, S. 55 f.; J. Lindner, Verfassungsrechtliche Dimension der Adressatenpflichten, 1997, S. 163; T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 229.

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Mehrere Institute und Prinzipien des Gefahrenabwehrrechts bringen diesen Vorrang des Prinzips effektiver Gefahrenabwehr auf der Primärebene zum Ausdruck. Neben dem heute allgemein anerkannten „relativen Gefahrenbegriff“785 und der Ausgestaltung der Vorschriften über die polizeiliche Verantwortlichkeit786 tritt er vornehmlich in der Beurteilung der Gefahrenabwehrsituation aus der sog. ex-ante-Perspektive zutage. Nach ganz herrschender Meinung bestimmt sich das Bestehen einer Gefahr,787 die Eigenschaft als Störer788 und selbst die Verhältnismäßigkeit der Abwehrmaßnahme789 aus der ex-ante-Sicht eines besonnenen Beamten durchschnittlicher Befähigung. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit des Behördenhandelns auf Primärebene ist also nicht, ob eine Gefahr tatsächlich bestand und ob der als Störer herangezogene Bürger auch tatsächlich verantwortlich war, sondern ob die handelnden Beamten – ihre gewöhnliche Befähigung unterstellt – aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Kenntnisse von einer solchen Sachlage ausgehen durften. Bei pflichtgemäßem Vorgehen bleiben Irrtümer der Polizeibehörden also auch dann für die Rechtmäßigkeit der primären Gefahrbeseitigungsmaßnahme unbeachtlich, wenn sich die Sonderbelastung eines Freiheitsberechtigten bei objektiver Betrachtung als „ungerecht“ erweist. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle polizeilicher Maßnahmen auf der Primärebene nimmt somit die Perspektive der Polizeibeamten im Zeitpunkt des Gefahrenabwehrhandelns ein. Hierdurch wird vermieden, daß die Beamten das Risiko rechtswidriger Gefahrbeseitigungsmaßnahmen infolge situationsbedingter Fehleinschätzungen durch eingehendere, den Schadenseintritt aber in Kauf nehmende Ermittlungen zu minimieren versuchen.

785 Hiernach sind bei der Beurteilung einer Gefahrensituation um so geringere Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu stellen, je gewichtiger das Rechtsgut ist, an dem der Schaden einzutreten droht, vgl. nur BVerwGE 45, 51 (61); 47, 31 (40); M. Möstl, Die staatliche Garantie, 2002, S. 163. 786 Beispielsweise differenzieren die Bestimmungen über die Zustandsverantwortlichkeit weder nach der Intensität der Gefahr, die von der polizeipflichtbegründenden Sache ausgeht, noch sehen sie eine – unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten naheliegende – vorrangige Inanspruchnahme des Verhaltensstörers vor dem Zustandsstörer vor, vgl. § 7 PolG BW, § 5 ME PolG. 787 Hierzu nur BVerwGE 45, 51 (60); E. Denninger, in: H. Lisken/ders. (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, E Rn. 37; W.-R. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl., 2005, Rn. 69; F. Schoch, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 12. Aufl., 2003, 2. Kap. Rn. 88. 788 Vgl. VGH Mannheim, DÖV 1991, 165; F. Rachor, in: H. Lisken/E. Denninger, (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, L Rn. 42; K. H. Friauf, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 11. Aufl., 1999, 2. Kap. Rn. 100c; T. Würtenberger/D. Heckmann, Polizeirecht BW, 6. Aufl., 2005, Rn. 424; dagegen W.-R. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl., 2005, Rn. 252 ff. 789 Vgl. VGH Mannheim, VBlBW 1987, 300 (301); T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 244, 246; B. Drews/G. Wacke/K. Vogel/W. Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1986, S. 391.

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Eben hierin zeigt sich der Vorrang effektiver Gefahrenabwehr vor Erwägungen materieller Gerechtigkeit. Anders gestaltet sich das Verhältnis der widerstreitenden Ziele und Belange auf der Sekundärebene. Da Gesichtspunkten der effektiven Gefahrenabwehr auf dieser Ebene keine Bedeutung mehr zukommt, werden die Anforderungen an eine gerechte Verteilung der Lasten dort durch solche Erfordernisse nicht mehr beschränkt. Lediglich der Grundsatz staatlicher Kostendeckung beansprucht neben Erwägungen der Belastungsgerechtigkeit auf Sekundärebene Berücksichtigung, genießt jedoch keine verfassungsrechtliche Anerkennung.790 Die finanzielle Abwicklung des Gefahrenabwehrhandelns auf der Sekundärebene wird daher als geeigneter Rahmen angesehen, die bleibenden Vermögensnachteile in einer Verantwortlichkeitsgesichtspunkten entsprechenden Weise zwischen dem Staat und den beteiligten Privaten zu verteilen. Als Ausgangspunkt gilt hier, daß polizeiliches Tätigwerden zur Gefahrenabwehr im Prinzip kostenfrei ist, daß also eine finanzielle Inanspruchnahme des Bürgers nur dann in Betracht kommt, wenn der Gesetzgeber hierfür spezifische Rechtsgrundlagen bereitgestellt hat, die an eine individuelle Zurechenbarkeit des staatlichen Kostenaufwandes zum Pflichtigen anknüpfen. Ist dies nicht der Fall, hat es mit dem Grundsatz der Steuerfinanzierung allgemeiner Staatsaufgaben und der Finanzierungsverantwortlichkeit der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen sein Bewenden.791 Soweit Kostenersatztatbestände des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts bestehen, gehen diese von dem Grundsatz der Konnexität von Gefahrenbeseitigungspflicht und Kostenpflichtigkeit aus: Prinzipiell ist der auf Primärebene handlungspflichtige Störer auch auf der Sekundärebene zur Kostentragung verpflichtet. Dies ergibt sich aus den Verweisungen der entsprechenden Kostenerstattungstatbestände auf die allgemeinen, schon für die Primärebene maßgeblichen Störerbegriffe.792 Nach dieser Gesetzessystematik wird die Kostentragungspflicht des Polizeipflichtigen, der nicht selbst zur 790 Zu Inhalt und Herleitung des Prinzips der Kostendeckung F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 93; W. Sailer, in: H. Lisken/E. Denninger (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, M Rn. 14; D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 157; vgl. auch BVerfGE 50, 217 (226). 791 Hierzu W. Sailer, in: H. Lisken/E. Denninger (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, M Rn. 16 ff.; D. Birk/R. Eckhoff, Staatsfinanzierung durch Gebühren und Steuern, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 54 (58 f.); C. Gramm, Ersatz von Polizeikosten, in: U. Sacksofsky/J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 179 (181). 792 Zum Prinzip der Konnexität W.-R. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl., 2005, Rn. 254; ders., Gefahrenverdacht und polizeirechtliche Verantwortlichkeit, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 455 (485 ff.); K. H. Friauf, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 11. Aufl., 1999, 2. Kap. Rn. 197; der Grundsatz der Kostentragung durch den Verantwortlichen wird als Gebot einer gerechten Lastenverteilung zwischen Staat und Bürger begriffen, hierzu nur W. Sailer, in: H. Lisken/E. Denninger (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, M Rn. 26, 39.

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Gefahrenabwehr tätig geworden ist, sondern an dessen Stelle die Behörde oder ein Dritter gehandelt haben, überkommenerweise als „Surrogat“ der Gefahrbeseitigungspflicht im Rahmen einer materiellen Polizeipflicht verstanden.793 Die Frage der Kostentragung kann sich auf zwei verschiedene Weisen stellen. Wird einem Bürger die Beseitigung der Gefahr aufgegeben und kommt er dieser Pflicht auf eigene Kosten nach, so können ihm Entschädigungsansprüche zustehen. Während solche Ansprüche in der Person desjenigen, der auf der Primärebene rechtmäßig als Störer in Anspruch genommen worden ist, regelmäßig ausscheiden, sehen die Landespolizeigesetze Entschädigungsansprüche zugunsten des im polizeilichen Notstand in Anspruch genommenen Nichtstörers vor.794 Wird umgekehrt die Polizeibehörde selbst tätig, etwa, weil die Inanspruchnahme des Verantwortlichen aus tatsächlichen Gründen ausscheidet, so können dem Rechtsträger der Behörde Ansprüche gegen den Verantwortlichen auf Kostenersatz nach den Landespolizeigesetzen oder nach Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsrechts zustehen.795 In jedem Fall bestimmt erst die Entscheidung der Behörde auf der Sekundärebene über die dauerhafte finanzielle Belastung des Bürgers. Eingangs wurde das Gefahrenabwehrrecht als Rechtsgebiet vorgestellt, an dem sich exemplarisch das Auseinanderfallen der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für sachlich-handlungsbezogene auf der einen sowie für finanzielle Sonderbelastungen auf der anderen Seite aufzeigen lassen. Dem scheint es auf den ersten Blick zu widersprechen, wenn davon die Rede ist, die Kostenersatzregelungen des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts verwiesen auf die Tatbestände des Verhaltens- und des Zustandsstörers, welche auch für die Auferlegung von Gefahrenbeseitigungspflichten auf der Primärebene maßgeblich sind. Wäre diese gesetzlich vorgesehene Konnexität der Verantwortlichkeit auf Primär- und Sekundärebene die zwingende, ausnahmslos geltende Regel, so wäre das Gefahrenabwehrrecht von der Parallelität der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen an sachlich-handlungsbezogene und finanzielle Inanspruchnahmen geprägt.

793 Hierzu W. Sailer, in: H. Lisken/E. Denninger (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, M Rn. 39; L. Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung, 1990, S. 58; P. Selmer, Gedanken zur polizeirechtlichen Verhaltensverantwortlichkeit, in: GS f. Wolfgang Martens, 1987, S. 483 (492). 794 Etwa § 55 PolG BW, § 45 ME PolG; hierzu F. Rachor, in: H. Lisken/E. Denninger (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, L Rn. 32 ff.; F. Schoch, in: E. Schmidt- Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 12. Aufl., 2003, 2. Kap. Rn. 298 ff.; T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 361 ff. 795 Regelmäßig wird die Polizeibehörde in den Formen der Ersatzvornahme oder der unmittelbaren Ausführung der Maßnahme einschreiten, zu den hieran anschließenden Ersatzansprüchen des Polizeiträgers W.-R. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl., 2005, Rn. 697 ff.; T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 388 ff.

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Allerdings gehen Rechtsprechung und Literatur in einer zunehmenden Anzahl polizeirechtlicher Fallgestaltungen dazu über, die Rechtmäßigkeitsanforderungen an polizeiliches Tätigwerden auf der Sekundärebene gegenüber solchem auf der Primärebene abweichend zu bestimmen. Zum Teil ergeben sich die unterschiedlichen Rechtsmaßstäbe dadurch, daß bestimmte Gesetzesbegriffe bei der rechtlichen Beurteilung polizeilichen Handelns auf der Ebene der Gefahrenbeseitigung anders ausgelegt werden als auf der Ebene der Kostenzuweisung, zum Teil werden die Polizeibehörden verpflichtet gesehen, im Rahmen ihrer Ermessensausübung auf der Sekundärebene andere Erwägungen in den Vordergrund zu stellen als auf der Primärebene. Diese Entwicklung hat dazu geführt, daß die Konnexität der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen polizeilichen Handelns auf Primär- und Sekundärebene zwar weiterhin die in der Regelungssystematik der Landespolizeigesetze vorgesehene Grundregel bildet, Rechtsprechung und Schrifttum von dieser Regel jedoch in einer wachsenden Zahl von Gefahrenabwehrkonstellationen Ausnahmen vorsehen, um auf diese Weise bestimmten Erfordernissen polizeilicher Tätigkeit auf einer der Ebenen in höherem Maße Rechnung tragen zu können.796 Im folgenden werden zwei dieser Fallgestaltungen näher betrachtet. (1) Anscheinsgefahr und Anscheinsstörer Einen ersten Fragenkomplex, bei dessen Behandlung die herrschende Meinung zwischen den Voraussetzungen, unter denen ein Grundrechtsträger auf der Primärebene zur Gefahrbeseitigung herangezogen werden kann, und denen, die auf der Sekundärebene an seine Belastung mit den Kosten der Gefahrenabwehr zu stellen sind, unterscheidet, bildet die Konstellation der Anscheinsgefahr und des Anscheinsstörers. Als Anscheinsgefahr wird die Situation bezeichnet, in der eine reale Gefahr zwar nicht besteht, der handelnde Beamte jedoch aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Kenntnisse aus der ex-ante-Sicht von einer solchen ausgehen muß.797 Für die Qualifikation eines Beteiligten als Anscheinsstörer ist es unerheblich, ob eine Gefahr tatsächlich herrscht, die Voraussetzungen der Polizeipflichtigkeit in seiner Person allerdings nur dem Anschein nach 796 Aus dem Schrifttum nur K. H. Friauf, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 11. Aufl., 1999, 2. Kap. Rn. 197 („ungeschriebene Grundregel“); L. Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung, 1990, S. 54 ff.; M. Griesbeck, Die materielle Polizeipflicht, 1991, S. 105 f.; H. Hohmann, DVBl. 1984, S. 997 ff.; für eine strenge Orientierung am Konnexitätsprinzip W.-R. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl., 2005, Rn. 254, 284. 797 Erstmals PrOVGE 77, 333 (338); ferner BGHZ 136, 172 (174 f.); BVerwGE 45, 51 (58); VGH Mannheim, NVwZ 1991, 493 (494); E. Denninger, in: H. Lisken/ders. (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, E Rn. 37; B. Drews/G. Wacke/K. Vogel/W. Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1986, S. 226; T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 197.

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gegeben sind, oder ob bereits die Gefahr, auf die bezogen er sich als Störer darstellt, nur dem Anschein nach vorliegt.798 In beiden Fällen beurteilt sich die Rechtmäßigkeit des polizeibehördlichen Einschreitens gegenüber dem Beteiligten aus der ex-ante-Sicht, so daß im weiteren Verlauf gewonnene Erkenntnisse, welche die Voraussetzungen einer Gefahrenlage sowie der Störereigenschaft in Frage stellen, auf Primärebene unbeachtlich sind. Die Gleichstellung der Anscheinsgefahr mit der real bestehenden sowie des Anscheinsstörers mit dem tatsächlichen Störer wird durch Erwägungen der effektiven Gefahrenabwehr gerechtfertigt. Hiernach muß die Polizei im Interesse eines wirksamen Rechtsgüterschutzes auch dann gefahrenabwehrend tätig werden können, wenn sich die Annahme einer Gefahrenlage oder der Störereigenschaft des Herangezogenen nachträglich als falsch erweist; die Effektivität der Gefahrenabwehr würde beeinträchtigt, wenn die Behörden durch die Aussicht, in Fällen unvermeidbarer Fehlbeurteilung der Situation rechtswidrig zu handeln, von einem entschlossenen Einschreiten abgeschreckt würden.799 Nach anderen Kriterien wird jedoch die Kostentragungspflicht des Anscheinsstörers beurteilt. Da Belangen der effektiven Gefahrenabwehr auf Sekundärebene keine Bedeutung zukommt, kann über die finanzielle Inanspruchnahme des Anscheinsstörers allein nach Kriterien der Belastungsgerechtigkeit entschieden werden. Solche Kriterien einer gerechten Lastenverteilung zwischen dem einzelnen und der Allgemeinheit enthalten die Störertatbestände der Landespolizeigesetze. So drückt etwa der Tatbestand der Verhaltensverantwortlichkeit den Gerechtigkeitsgedanken aus, daß derjenige, der durch eigenes Verhalten eine Gefahr zurechenbar verursacht hat, zu deren Beseitigung sowohl sachlich als auch finanziell herangezogen werden soll, da er der Schadensabwendung und dem hiermit verbundenen Aufwand unter Wertungsgesichtspunkten „nähersteht“ als die andernfalls belastete Allgemeinheit. Dieser Gedanke ist jedoch nur dann entscheidend, wenn sich eine Gefahr einer Person nicht nur dem Anschein nach, sondern auch objektiv zurechnen läßt. Um Sonderbelastungen von Grundrechtsträgern, die bei objektiver Betrachtung nicht gerechtfertigt sind, auf der Sekundärebene zu vermeiden, beurteilt die ganz herrschende Meinung die Störereigenschaft eines Beteiligten auf dieser Ebene nicht aus der ex-ante-Perspektive,

798 BGHZ 126, 279 (283 ff.); 138, 15 (22 f.); VGH Mannheim, VBlBW 2001, 281 (282); F. Schoch, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 12. Aufl., 2003, 2. Kap. Rn. 132, 158; J. Kokott, DVBl. 1992, S. 749 ff.; R. Breuer, Anscheins- und Verdachtslagen, in: GS f. Wolfgang Martens, 1987, S. 317 (336); anders W.-R. Schenke, Polizeiund Ordnungsrecht, 4. Aufl., 2005, Rn. 252 ff., der die Störereigenschaft auf Primärund Sekundärebene ex post bestimmen will, dazu auch ders., Gefahrenverdacht und polizeirechtliche Verantwortlichkeit, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 455 ff. 799 Hierzu statt vieler M. Möstl, Die staatliche Garantie, 2002, S. 166 f.; T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 198.

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sondern aus einer kenntnisreicheren Sicht „ex post“. Dabei wird die Entscheidung über die Kostenpflichtigkeit eines auf der Primärebene handlungspflichtigen Störers sowie über die Entschädigungsberechtigung eines primär als Nichtstörer herangezogenen Beteiligten aufgrund des gesamten Wissens getroffen, welches der Behörde im Zeitpunkt dieser Entscheidung über die Kostenfolge zur Verfügung steht. Erweist sich aus der ex-post-Perspektive unter Berücksichtigung aller Kenntnisse, über welche die Behörde im Zeitpunkt der Kostenentscheidung verfügt, daß der in Anspruch Genommene bei Auferlegung der Gefahrbeseitigungspflicht nicht verantwortlich war, so ist er auf Sekundärebene als Nichtstörer zu behandeln.800 Die herrschende Meinung lehnt nicht nur eine Kostentragungspflicht des Anscheinsstörers ab, sondern gewährt diesem darüber hinaus einen Entschädigungsanspruch für eventuell entstandene Kosten und Schäden in analoger Anwendung der Regelungen über die Entschädigung des Nichtstörers.801 Der Gerechtigkeitsgedanke, der dem zugrunde liegt, leitet sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ab. Hat der Anscheinsstörer zur Entstehung der – vermeintlichen – Gefahr in keiner Weise beigetragen, so findet sich kein sachlicher Grund, mit dem eine Ungleichbehandlung dieses Bürgers gegenüber der Allgemeinheit zu Gemeinwohlzwecken gerechtfertigt werden könnte. Ex post stellt sich die besondere Inanspruchnahme folglich als Sonderopfer dar. Die Entschädigungsregelungen der Landespolizeigesetze zugunsten des auf Primärebene herangezogenen Nichtstörers bilden besondere Ausprägungen des allgemeinen Aufopferungsgedankens, der bereits Eingang in §§ 74, 75 der Einleitung des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794 gefunden hatte, sind also auf den Ausgleich eines ungerechtfertigten Sonderopfers gerichtet.802 Etwas anderes soll nur in dem Fall gelten, daß der auf Primärebene Herangezogene den Anschein der Gefahr oder seiner Störereigenschaft zurechenbar803 oder schuld800 VGH Mannheim, DÖV 1990, 394 (395); OVG Hamburg, NJW 1986, 2005 (2006); T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 392; W. Sailer, in: H. Lisken/E. Denninger (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, M Rn. 49 f.; F. Schoch, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 12. Aufl., 2003, 2. Kap. Rn. 297. 801 Vgl. § 55 PolG BW, § 45 ME PolG; dazu BGHZ 117, 303 (307 f.); 138, 15 (22 ff.); F. Rachor, in: H. Lisken/E. Denninger (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, L Rn. 42 ff.; M. Griesbeck, Die materielle Polizeipflicht, 1991, S. 146 ff.; J. Lindner, Verfassungsrechtliche Dimension der Adressatenpflichten, 1997, S. 169 ff.; M. Hoeft, Die Entschädigungsansprüche des Störers, 1995, S. 226 ff. – Die unmittelbare Anwendung der Entschädigungsregelungen scheidet regelmäßig aus, da diese voraussetzt, daß der Anspruchsberechtigte auf Primärebene als Nichtstörer in Anspruch genommen worden ist, woran es in im Falle des Anscheinsstörers fehlt. 802 Hierzu F. Rachor, in: H. Lisken/E. Denninger (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, L Rn. 1; F. Schoch, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 12. Aufl., 2003, 2. Kap. Rn. 298; T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 370; M. Hoeft, Die Entschädigungsansprüche des Störers, 1995, S. 226 ff.

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haft804 verursacht hat. Unter dieser Voraussetzung entfällt der Entschädigungsanspruch in dem Maße bzw. ist der Anscheinsstörer in dem Umfang kostenersatzpflichtig, in dem er seine besondere Inanspruchnahme durch die Polizeibehörden selbst veranlaßt hat.805 Eine ähnliche Differenzierung zwischen den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einer Sonderbelastung auf Primär- und auf Sekundärebene, wie sie für den Anscheinsstörer anerkannt ist, wird überwiegend auch für die Situation des Gefahrenverdachts und des sog. Verdachtsstörers befürwortet.806 (2) Auswahl unter einer Mehrheit von Störern Des weiteren findet sich die Unterscheidung zwischen den Zulässigkeitsvoraussetzungen polizeilichen Handelns auf der Primär- und der Sekundärebene bei den Kriterien, welche die Auswahl des heranzuziehenden Störers durch die Polizeibehörde anleiten. Regelmäßig steht sowohl die Entscheidung der Polizeibehörde über deren Einschreiten zur Gefahrenbeseitigung auf der Primärebene als auch deren Entscheidung, ob und von welchem Pflichtigen Kostenersatz zu fordern ist, im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde.807 Für die Frage, nach welchen Kriterien sich die Auswahl des auf Primär- und Sekundärebene jeweils 803 Das Kriterium der zurechenbaren Verursachung befürworten W. Sailer, in: H. Lisken/E. Denninger (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, M Rn. 51; B. Drews/ G. Wacke/K. Vogel/W. Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1986, S. 669; J. Kokott, DVBl. 1992, S. 749 (751 f.); vgl. auch M. Hoeft, Die Entschädigungsansprüche des Störers, 1995, S. 195 ff. 804 Der BGH stellt in st. Rspr. darauf ab, ob der Anscheinsstörer den Anschein der Gefahr bzw. seiner Störereigenschaft verschuldet hat, vgl. BGHZ 5, 144 (152); 43, 196 (204); 117, 303 (307); 126, 279 (283 ff.). Neuere Entscheidungen, die nach der „zurechenbaren Vorwerfbarkeit“ fragen, ändern das Prüfungskriterium in der Sache nicht, vgl. BGHZ 136, 172 (174); 138, 15 (17). Im Schrifttum wird das Verschuldenskriterium namentlich von F. Schoch, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 12. Aufl., 2003, 2. Kap. Rn. 302, und T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 370, vertreten. 805 Hierzu T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 392. 806 VGH Mannheim, NVwZ-RR 1991, 24 (26); W. Sailer, in: H. Lisken/E. Denninger (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, M Rn. 52 ff.; R. Breuer, NVwZ 1987, S. 751 (754); F. Schoch, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 12. Aufl., 2003, 2. Kap. Rn. 302. 807 Vgl. § 3 PolG BW, § 3 ME PolG; ferner T. Würtenberger, in: N. Achterberg/ G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 222; B. Drews/ G. Wacke/K. Vogel/W. Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1986, S. 370 ff.; M. Möstl, Die staatliche Garantie, 2002, S. 429. – Das Auswahlermessen der Behörde ist auf die Störerauswahl beschränkt, so daß die Entscheidung zwischen der Inanspruchnahme eines Störers und einer unmittelbaren Ausführung sowie zwischen der Heranziehung eines Störers gegenüber einem Nichtstörer nicht im Ermessen der Behörde steht, dazu VGH Mannheim, VBlBW 1993, 298 (299).

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heranzuziehenden Störers zu richten hat, erlangt wiederum das Verhältnis Bedeutung, in dem die Belange effektiver Gefahrenabwehr und gerechter Lastenverteilung im Rahmen der Gleichheits- und der Verhältnismäßigkeitsprüfung zueinander stehen. Während diese Anliegen bei der Behandlung von Anscheinsund Verdachtskonstellationen als Direktiven bei der Auslegung der Gesetzesbegriffe des Störers und des Nichtstörers zu berücksichtigen sind, wirken sie im Rahmen der Störerauswahl als Leitgesichtspunkte, an denen sich die Ermessensausübung der Polizeibehörde auf der Rechtsfolgenseite zu orientieren hat. Abweichungen zwischen den Rechtmäßigkeitsanforderungen an Polizeihandeln auf der Primär- und auf der Sekundärebene resultieren bei dieser Fragestellung also nicht aus einer unterschiedlichen Auslegung von Gesetzesbegriffen, wie sie in der Ersetzung der ex-ante- durch die ex-post-Betrachtung in Anscheinskonstellationen zum Ausdruck kommt, sondern aus dem unterschiedlichen Gewicht bestimmter Ermessenserwägungen je nach Handlungsebene. In Rechtsprechung und Schrifttum herrscht Einigkeit darüber, daß in die Ermessensentscheidung, welcher Beteiligte einer Gefahrensituation zur Schadensabwendung auf der Primärebene zu verpflichten ist, sowohl das Prinzip effektiver Gefahrenabwehr als auch Gesichtspunkte gerechter Lastenverteilung einzubeziehen sind. Wie bereits für die Gesetzesauslegung auf Tatbestandsseite festgestellt, so gilt auch für die Ermessensausübung auf Rechtsfolgenseite, daß im Interesse eines optimalen Rechtsgüterschutzes dem Gebot effektiver Gefahrenabwehr auf der Primärebene der Vorrang vor Erwägungen der Belastungsgerechtigkeit gebührt.808 In den Kriterien, die regelmäßig für die Ausübung des Auswahlermessens der Behörde entscheidend werden, spiegelt sich der Vorrang des Gebots effektiver Gefahrenbeseitigung. So wird die Polizeibehörde oftmals den Störer, dem sie die Schadensabwendung aufgibt, in Anbetracht der Schadensnähe allein nach dessen Leistungsfähigkeit zur Gefahrenbeseitigung auswählen. Diese Leistungsfähigkeit wird sich häufig als finanzielles Handlungsvermögen darstellen, kann sich aber auch in anderen Eigenschaften und Fähigkeiten des Pflichtigen äußern, die zur Gefahrenbekämpfung im konkreten Fall hilfreich und erforderlich sind.809 Ein weiteres Merkmal, in dem sich das Primat des Rechtsgüterschutzes niederschlägt, bildet die zeitliche und örtliche Nähe des Pflichtigen zum Gefah808 Hierzu VGH Mannheim, DÖV 1993, 578 (579); ders., VBlBW 2001, 281 (283); E. Denninger, in: H. Lisken/ders. (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, E Rn. 119 f.; W.-R. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl., 2005, Rn. 285; T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 229; T. Garbe, DÖV 1998, S. 632. 809 Zum Kriterium der Leistungsfähigkeit des Störers zur Gefahrenbeseitigung VGH Mannheim, DÖV 1993, 578 (579); ders., NVwZ-RR, 1999, 167 (168); L. Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung, 1990, S. 71 ff.; T. Garbe, DÖV 1998, S. 632 (633); H.J. Papier, Altlasten und polizeirechtliche Störerhaftung, 1985, S. 70; F. Schoch, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 12. Aufl., 2003, 2. Kap. Rn. 171.

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renherd.810 Eine effektive, also insbesondere eine schnelle und sichere Schadensabwendung verspricht in der Regel die Heranziehung desjenigen Verantwortlichen, der aufgrund seiner Nähe zur Gefahrensituation mit deren Umständen vertraut und zugleich zu einer sofortigen und unmittelbaren Einwirkung auf den Gefahrenherd in der Lage ist. Schließlich kommt die Wirkung des Effektivitätsgebots auch darin zum Ausdruck, daß die Polizeibehörde auf der Primärebene anerkanntermaßen nicht dazu verpflichtet ist, einen Verhaltensstörer, der die Gefahr durch eigenes Handeln zurechenbar veranlaßt hat und dieser daher unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten besonders nahesteht, gegenüber einem bloßen Zustandsstörer vorrangig in Anspruch zu nehmen.811 Da ein solches Gebot je nach Gefahrensituation zu Einbußen bei der Fähigkeit zu schneller und sicherer Schadensvermeidung führen könnte, wird ihm auf der Primärebene keine Bedeutung zugemessen. Im Unterschied zur Primärebene, auf der sich Erwägungen der effektiven Gefahrenabwehr regelmäßig durchsetzen werden, will die herrschende Meinung, der nahezu das gesamte neuere Schrifttum anhängt, die Auswahl des kostenpflichtigen Störers auf der Sekundärebene ausschließlich nach Gesichtspunkten der Belastungsgerechtigkeit treffen.812 Zentrales Kriterium ist hierbei der Anteil, den der Störer an der zurechenbaren Verursachung der Gefahr hat. Das Kriterium der Verursachung, welches bereits bei der Störerermittlung auf Primärebene nach Maßgabe der Lehre von der unmittelbaren Verursachung813 zugrunde gelegt und dort durch die Kategorie der unmittelbaren Zurechnung präzisiert wird, steht folglich auch im Mittelpunkt der Auswahlkriterien, die aus dem Prinzip der Belastungsgerechtigkeit abgeleitet werden.814 Bereitet die Bestimmung des Verursachungsanteils eines Störers Schwierigkeiten, weil dieser nicht „positiv“ zur Gefahrenveranlassung tätig geworden ist, so kann ergänzend auf den Gedanken des Verantwortungs- und Risikobereichs zurückgegriffen und die810 B. Drews/G. Wacke/K. Vogel/W. Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1986, S. 303; L. Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung, 1990, S. 128 ff.; T. Garbe, DÖV 1998, S. 632 (633). 811 VGH Mannheim, NVwZ-RR 1991, 27; F. Schoch, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 12. Aufl., 2003, 2. Kap. Rn. 173; T. Würtenberger/D. Heckmann, Polizeirecht BW, 6. Aufl., 2005, Rn. 503 f. 812 Insbesondere T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 232 ff.; ferner E. Denninger, in: H. Lisken/ ders. (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, E Rn. 64; M. Hoeft, Die Entschädigungsansprüche des Störers, 1995, S. 255 f.; L. Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung, 1990, S. 152 ff.; J. Lindner, Verfassungsrechtliche Dimension der Adressatenpflichten, 1997, S. 165; vgl. auch VGH Mannheim, NJW 1991, 1698 (1699). 813 Hierzu E. Denninger, in: H. Lisken/ders. (Hrsg.), HdbPolR, 3. Aufl., 2001, E Rn. 63 ff.; W.-R. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl., 2005, Rn. 242 f. 814 Vgl. K. H. Friauf, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 11. Aufl., 1999, 2. Kap. Rn. 98; L. Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung, 1990, S. 79 ff.; T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 229.

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ser zur Abgrenzung unter mehreren Beteiligten herangezogen werden.815 Geht die Entstehung einer Gefahr auf das Verschulden eines Störers zurück, so kann auch dieser Aspekt das Auswahlermessen der Behörde bei der Auferlegung der Gefahrbeseitigungspflicht leiten.816 Neben der herrschenden Auffassung erkennen zahlreiche Stimmen in Rechtsprechung und Literatur zwar die Irrelevanz von Effektivitätserwägungen auf der Sekundärebene an, erachten aber dennoch die Auswahlentscheidung auf der Primärebene auch für die Frage der Kostenzuweisung für maßgeblich. Nach dieser Ansicht ist eine erneute Störerauswahl unter dem Aspekt der Kostentragungspflicht verzichtbar, da sich die hierbei zu berücksichtigenden Kriterien nicht von den auf Primärebene anzulegenden unterschieden.817 Diesen Autoren zufolge kann eine Korrektur der primären, in der Regel von Belangen der effektiven Gefahrenabwehr bestimmten Störerauswahl unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten dem zivilrechtlichen Ausgleich unter den Beteiligten der Gefahrensituation vorbehalten bleiben.818 Die öffentlich-rechtliche Kostenentscheidung der Polizeibehörde sei unter diesen Umständen der Notwendigkeit enthoben, auf Sekundärebene Belastungsgerechtigkeit herzustellen. Entgegen dieser Ansicht ist im Schrifttum überzeugend nachgewiesen worden,819 daß zivilrechtliche Ansprüche zwischen den Beteiligten der Gefahrensituation in vielen Fällen nicht ausreichen, um eine polizeibehördliche Kostenentscheidung, welche die Auswahlkriterien der Primärentscheidung übernimmt, unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten zu korrigieren. Vertragliche und deliktische Ansprüche werden in solchen Konstellationen meist nicht durchsetzbar sein, gesamtschuldnerische Ausgleichsansprüche unter mehreren Störern werden durch die Zivilgerichte überwiegend nicht anerkannt. Mit anderen Worten läßt sich eine endgültige Verteilung der finanziellen Lasten, wie sie durch eine Kostenentscheidung der Behörde anhand von Verursachungs- und Verschuldensgesichtspunkten herge815

Hierzu VGH Mannheim, NVwZ 1986, 250; OVG Münster, UPR 1989, 454; E. Kohler-Gehrig, NVwZ 1992, S. 1049 (1051). 816 VGH München, NVwZ 2001, 821 (822); E. Kohler-Gehrig, NVwZ 1992, S. 1049 (1051); T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 230; K. Krampol, Freies Ermessen in der Auswahl?, in: FS f. Rudolf Samper, 1982, S. 153 (159). 817 VGH München, NJW 1993, 81 f.; ders., NVwZ 2000, 450 (452); K. H. Friauf, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Bes. VerwR, 11. Aufl., 1999, 2. Kap. Rn. 98 ff., 204; R. Breuer, NVwZ 1987, S. 751 (756); W.-R. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl., 2005, Rn. 285 ff. 818 Der Kreis derjenigen, die von einer Identität der Auswahlkriterien auf der Primär- und der Sekundärebene ausgehen, deckt sich dementsprechend weitgehend mit der Meinungsgruppe, die eine analoge Anwendung der §§ 426, 254 BGB im Zwischenverhältnis der Verantwortlichen befürworten, hierzu die in Fn. 817 Genannten. 819 Zum folgenden eingehend J. Knoche, Altlasten und Haftung, 2001, S. 127 ff.; G. Bockwoldt, Rechtmäßigkeit und Kostentragungspflicht, 2003, S. 215 ff.; T. Garbe, DÖV 1998, S. 632 (634 f.).

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stellt werden kann, im Wege des zivilrechtlichen Belastungsausgleichs oftmals nicht erreichen. Aus diesen Gründen ist der überwiegenden Auffassung und insbesondere dem neueren Schrifttum darin zuzustimmen, daß die Rechtmäßigkeit der behördlichen Kostenentscheidung eine Störerauswahl allein unter Gesichtspunkten der Belastungsgerechtigkeit, etwa des Verursachungs- und Verschuldensanteils, voraussetzt.820 Ein geeigneter – und im Schrifttum zunehmend befürworteter821 – Ansatz zu einer gerechten Verteilung der Gefahrenabwehrlasten innerhalb einer Mehrheit von Störern liegt in dem Erlaß anteiliger, den jeweiligen Verursachungsbeitrag des Schuldners widerspiegelnder Kostenbescheide. 2. Ableitung der Unterscheidung aus der Struktur der Gleichheits- und der Verhältnismäßigkeitsprüfung Die Unterscheidung zwischen Sach- und Finanzierungsverantwortlichkeit als Voraussetzungen für die Auferlegung handlungsbezogener bzw. finanzieller Sonderlasten konnte in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Indienstnahmen Privater, zu Sonderabgaben sowie in der Trennung von Primärund Sekundärebene in ausgewählten Fallkonstellationen des Polizeirechts nachgewiesen werden. Die Betrachtung der polizeirechtlichen Fallgestaltungen hat zudem deutlich werden lassen, daß die Unterscheidung sich aus der Struktur der Gleichheits- und der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung ergibt. Dieser Zusammenhang soll im folgenden nochmals verdeutlicht und dabei an Rechtsfiguren des Polizeirechts illustriert werden. Unabhängig davon, ob Freiheitsberechtigten im öffentlichen Interesse sachlich-handlungsbezogene oder rein finanzielle Sonderlasten auferlegt werden, ist der handelnde Hoheitsträger bei dieser grundrechtsbelastenden Entscheidung an die Gebote der Lastengleichheit und der Verhältnismäßigkeit gebunden. Zieht der Staat einen Privaten durch die Auferlegung einer Naturalleistungs- oder sonstigen Verhaltenspflicht zur Erfüllung einer Sachaufgabe heran, so zielt das hoheitliche Handeln zum einen auf eine effektive Wahrnehmung der übertragenen Aufgabe, zum anderen auf eine gerechte Verteilung der hiermit verbundenen öffentlichen Lasten auf den einzelnen und die Allgemeinheit. Untersucht man die Zuweisung einer sachlich-handlungsbezogenen Sonderlast – etwa die Verpflichtung zur Beseitigung einer Gefahr – am Maßstab der Lastengleichheit, 820 Hierzu bereits Fn. 812; eingehend und unter Differenzierung nach typischen Fallkonstellationen T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 232 ff. 821 H. Jochum, NVwZ 2003, S. 526 (529 ff.); L. Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung, 1990, S. 79 ff.; T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 237 ff.; in diese Richtung auch BVerwG, NVwZ 1997, 577 (578); zur Umsetzung dieses Haftungskonzeptes in der verwaltungsgerichtlichen Praxis VGH Mannheim, VBlBW 1991, 30 (31).

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so ergibt sich folgendes: Der Regelungszweck im Sinne der Gleichheitsbetrachtung822 richtet sich auf die effektive Wahrnehmung der Sachaufgabe, etwa der Gefahrenbeseitigung. Das Ziel der Differenzierung, die mit der Auswahl eines bestimmten Privaten getroffen wird, ist es, denjenigen in Anspruch zu nehmen, der eine möglichst sichere, schnelle, effektive und nachhaltige Erfüllung der Sachaufgabe verspricht. Daneben liegt das Ziel der Differenzierung jedoch auch darin, die Lasten der Aufgabenwahrnehmung gerecht zwischen dem einzelnen und der Allgemeinheit zu verteilen, sie also möglichst demjenigen aufzuerlegen, bei dem aufgrund bestimmter Verantwortlichkeitsgesichtspunkte ein besonderer Zurechnungszusammenhang zu den öffentlichen Lasten besteht. In vielen Fällen wird sich der handelnde Hoheitsträger allerdings dazu veranlaßt sehen, im Interesse einer effektiven Aufgabenwahrnehmung einen Freiheitsberechtigten heranzuziehen, der unter Verantwortlichkeitsgesichtspunkten in keiner besonderen Nähebeziehung zu den Lasten der Aufgabenerfüllung steht; in diesen Fällen tritt der bereits für das Polizeirecht beschriebene Zielkonflikt zwischen effektiver Aufgabenwahrnehmung und gerechter Lastenverteilung auf. Steht die Auferlegung einer Handlungspflicht in Frage, entscheidet der Hoheitsträger also in der Terminologie des Polizeirechts auf der „Primärebene“, so muß der Zielkonflikt zugunsten von Effektivitätsgesichtspunkten aufgelöst werden, da eine Erfüllung der Aufgabe andernfalls womöglich vereitelt wird. Unter diesen Umständen ist eine sachliche Inanspruchnahme des Freiheitsberechtigten vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt, obwohl diesen unter Aspekten einer gerechten Verteilung öffentlicher Lasten keine Sonderverantwortlichkeit trifft. Die Auswahl des Pflichtigen richtet sich dann regelmäßig nach Kriterien wie dessen zeitlicher und örtlicher Aufgabennähe oder seiner finanziellen und sonstigen Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Aufgabe. Trotz dessen fehlender Sonderverantwortlichkeit unter Gerechtigkeitsaspekten bilden die genannten Kriterien einen „sachlichen Grund“ für die Ungleichbehandlung des einzelnen gegenüber der Allgemeinheit. Es besteht eine Sachverantwortung unter Effektivitätsgesichtspunkten; darüber, ob der Freiheitsberechtigte auch die Vermögensbelastung in Form von Aufwendungen oder Schäden dauerhaft zu tragen hat, ob also eine Finanzierungsverantwortung besteht, ist damit nicht entschieden. Auch am Maßstab der Verhältnismäßigkeit wird die sachliche Inanspruchnahme unter diesen Umständen regelmäßig gerechtfertigt sein. Stehen andere Freiheitsberechtigte für eine effektive Aufgabenwahrnehmung – wie die schnelle und nachhaltige Abwehr einer Gefahr – nicht zur Verfügung, so ist die Heranziehung des einzelnen geeignet und erforderlich. Auch die Angemessenheit steht nicht in Zweifel, wenn man sich in Erinnerung ruft, daß lediglich die sachliche Inanspruchnahme, nicht die dauerhafte Zuordnung der Vermögenslast 822 Zur Unterscheidung zwischen Regelungszweck und Differenzierungsziel siehe bereits oben § 16 D I 1.

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zu beurteilen ist. In diesem Sinne erkennt das Polizeirecht in verschiedenen Konstellationen die sachlich-handlungsbezogene Sonderbelastung von Personen, die keine Sonderverantwortlichkeit unter Aspekten einer gerechten Lastenverteilung trifft, als verhältnismäßig an, etwa bei der Inanspruchnahme des Nichtstörers im polizeilichen Notstand, dem auf der Sekundärebene Entschädigungsansprüche zustehen können, ferner bei der Übertragung dieser Regelung auf den Anscheinsstörer und schließlich bei der Begrenzung der Zustandshaftung in Situationen, in denen der Zustandsstörer sich in einer „Opferlage“ befindet.823 In allen diesen Fällen wird das Spannungsverhältnis von effektiver Aufgabenwahrnehmung und fehlender materieller Sonderverantwortlichkeit lediglich auf der Ebene der sachlichen Inanspruchnahme zugunsten von Effektivitätsgesichtspunkten gelöst. Von diesen Maßstäben der Sachverantwortung unterscheiden sich die Rechtfertigungsanforderungen an die Inanspruchnahme einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit. Wie die polizeirechtliche Dogmatik für die sogenannte „Sekundärebene“ anerkennt, sind Erwägungen zur effektiven Wahrnehmung der Sachaufgabe für Entscheidungen über die endgültige Kostentragung nicht von Bedeutung, so daß ein Zielkonflikt zwischen Effektivität und Lastengerechtigkeit auf der Sekundärebene nicht besteht. Dieser Gedanke ist nicht auf das Polizeirecht beschränkt. In allen Konstellationen der Sonderbelastung Privater für Gemeinwohlaufgaben wird die Frage der dauerhaften Zuordnung der Vermögenslast nicht durch Erwägungen zur Effektivität der Aufgabenwahrnehmung beeinflußt, da es für den Erfolg der Aufgabenerfüllung lediglich von Bedeutung ist, daß Mittel im benötigten Umfang bereitstehen, nicht jedoch, wie die entsprechenden Lasten zwischen dem einzelnen und der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen verteilt werden. Betrachtet man wiederum die Struktur der Gleichheitsprüfung, so liegt das Ziel der Differenzierung allein in einer gerechten Verteilung der finanziellen öffentlichen Lasten, der Aspekte einer effektiven Aufgabenwahrnehmung nicht entgegenstehen können. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Differenzierungskriterien, nach denen der Träger der endgültigen Kostenlast ausgewählt wird, von denjenigen der sachlichen Inanspruchnahme. Beispielsweise wird der Störer auf der polizeirechtlichen Sekundärebene nach Maßgabe seines Beitrages zur Gefahrenverursachung, nach Risiko- und Verantwortlichkeitssphären sowie nach dem Verschulden ausgewählt, anstatt, wie auf der Primärebene, nach den Merkmalen der Gefahrennähe und der Leistungsfähigkeit. Die dauerhafte Zuweisung der finanziellen Sonderlast 823 Die überwiegende Auffassung will die Verantwortlichkeit des Zustandsstörers in „Opferposition“ unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten erst auf der Sekundärebene begrenzen, vgl. OVG Koblenz, NJW 1998, 625 (626); M. Hoeft, Die Entschädigungsansprüche des Störers, 1995, S. 226 f.; H. Hohmann, DVBl. 1984, S. 997 (1000 f.); M. Kniesel, BB 1997, S. 2009 (2012 f.); W. Spannowsky, DVBl. 1994, S. 560 (562); M. Griesbeck, Die materielle Polizeipflicht des Zustandsstörers, 1991, S. 106.

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wird folglich vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht durch Effektivitäts- und Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte, sondern durch materielle Belastungsgründe, in denen Gerechtigkeitswertungen hervortreten, gerechtfertigt; über die bloße Sachverantwortung hinaus muß eine Finanzierungsverantwortlichkeit bestehen. Freilich kann die finanzielle Sonderbelastung auch dann gerechtfertigt sein, wenn sich die auf der Sekundärebene maßgeblichen Belastungskriterien nicht von denjenigen der Primärebene unterscheiden. Die Regelungssystematik der Landespolizeigesetze geht sogar von einer solchen „Konnexität“ der Verantwortlichkeit auf Primär- und Sekundärebene aus. So verweisen etwa die Kostenerstattungstatbestände der Polizeigesetze auf die allgemeinen Störerbegriffe, nach denen sich regelmäßig auch die polizeiliche Verantwortlichkeit auf der Primärebene bestimmt. Die Tatbestände der Verhaltens- und der Zustandshaftung formen Rechtsgedanken aus, die über eine sachliche Inanspruchnahme hinaus auch eine bleibende finanzielle Belastung zu legitimieren vermögen. Die Verantwortlichkeit des Verhaltensstörers nimmt den Gedanken der unmittelbaren Verursachung einer Gefahr und des mit ihrer Beseitigung verbundenen staatlichen Sonderaufwandes auf. Die Zustandsverantwortlichkeit knüpft an die „Verbindung von Vorteilen und Lasten“824 einer Sache und damit an die Sozialpflichtigkeit des Eigentums gem. Art. 14 Abs. 2 GG an. Sind diese Tatbestände erfüllt, so besteht eine Spannungslage zwischen der Effektivität der Aufgabenwahrnehmung – der Gefahrenabwehr – und Erwägungen materieller Gerechtigkeit schon auf der Primärebene nicht. Auch hinsichtlich der Rechtfertigung der dauerhaften finanziellen Sonderbelastung – der Sekundärebene – greifen die Maßstäbe der Lastengleichheit und der Verhältnismäßigkeit ineinander. Wird die finanzielle Inanspruchnahme durch tragfähige materielle Belastungsgründe vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt, so ist sie am Maßstab der Verhältnismäßigkeit nicht nur geeignet und erforderlich, sondern auch angemessen, sofern sich ihre Intensität innerhalb des Umfangs der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit hält. Es gilt hier – wie bereits im Zusammenhang mit Ansätzen zur Legitimation der finanziellen Sonderlast als Teil der Verhältnismäßigkeitskontrolle ausgeführt825 –, daß sich aus dem Grund der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit engere Grenzen an die finanzielle Inanspruchnahme ergeben können, als sie die Zweck-MittelRelation vorgibt. Dieser Befund wird durch das polizeirechtliche Schrifttum bestätigt, das fordert, die Störerauswahl auf der Sekundärebene habe sich durch Kostenerstattungsbescheide zu vollziehen, mit denen der einzelne Freiheitsberechtigte anteilig entsprechend seines jeweiligen Verursachungsbeitrages an den finanziellen Lasten der Gefahrenabwehr beteiligt wird.826 Die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit, die als Rechtfertigungsgrund im Sinne der Lasten824 825

So BVerfGE 102, 1 (19) – Altlasten. Siehe oben § 14 D V.

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gleichheit wirkt, bestimmt gleichzeitig die Grenzen mit, in denen die finanzielle Sonderbelastung des einzelnen mit dessen Freiheitsrechten vereinbar ist. Die Fallgestaltungen, in denen die polizeirechtliche Dogmatik zwischen den Anforderungen an die Inanspruchnahme des einzelnen auf der Primär- und der Sekundärebene unterscheidet, veranschaulichen somit, daß sich die unterschiedlichen Rechtfertigungsmaßstäbe an sachlich-handlungsbezogene und an finanzielle Sonderlasten aus der Struktur der Gleichheits- und der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung ergeben. Entscheidungen über die Rechtfertigung von Naturalleistungs- und sonstigen Verhaltenspflichten im öffentlichen Interesse lassen es zu, Gesichtspunkte der gerechten Lastenverteilung zwischen dem einzelnen und der Allgemeinheit zugunsten von Effektivitätserwägungen zurücktreten zu lassen, da sich die vermögensbelastenden Auswirkungen der Inanspruchnahme regelmäßig noch bei der Entscheidung über die Kostentragung korrigieren lassen. Folglich unterscheidet sich der Kreis sachlicher Rechtfertigungsgründe im Sinne der Lastengleichheit ebenso wie das Gewicht verschiedener Abwägungsbelange im Rahmen der freiheitsrechtlichen Angemessenheitskontrolle je nachdem, ob die Zulässigkeit der sachlich-handlungsbezogenen oder der dauerhaften finanziellen Sonderbelastung in Frage steht. 3. Die Rechtfertigung sonderbelastender Naturalleistungsund Verhaltenspflichten Sachlich-handlungsbezogene Sonderlasten in Gestalt von Naturalleistungsund sonstigen Verhaltenspflichten können, anders als Geldleistungspflichten, durch Gesichtspunkte einer effektiven Wahrnehmung der Sachaufgabe gerechtfertigt werden. Dies kann zu unbefriedigenden Ergebnissen führen, wenn die Heranziehung eines Freiheitsberechtigten im Interesse einer effektiven Aufgabenerfüllung zwar unerläßlich ist, dieser aber weder in seiner Person Umstände aufweist noch durch sein Verhalten Gründe gesetzt hat, die ihn in eine besondere Verantwortlichkeitsstellung weisen und es gerechtfertigt erscheinen lassen, ihm auch die Kosten der Aufgabenwahrnehmung endgültig anzulasten. Anschaulich wird dies an der Inanspruchnahme des Nichtstörers im polizeilichen Notstand, da dieser weder infolge seines Verhaltens noch aufgrund einer Herrschaft über die gefahrbegründende Sache in einer besonderen Verantwortlichkeit zur Beseitigung der Gefahr steht, seine Verpflichtung hierzu jedoch durch die Umstände der Gefahrensituation geboten sein kann.

826 H. Jochum, NVwZ 2003, S. 526 (529 ff.); L. Giesberts, Die gerechte Lastenverteilung, 1990, S. 79 ff.; T. Würtenberger, in: N. Achterberg/G. Püttner/ders. (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. II, 2. Aufl., 2000, § 21 Rn. 237 ff.; in diese Richtung auch BVerwG, NVwZ 1997, 577 (578).

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Das allgemeine Polizeirecht löst das Spannungsverhältnis von unerläßlicher Inanspruchnahme zur Gefahrenbeseitigung und mangelnder individueller Verantwortlichkeit durch die Begründung von Entschädigungsansprüchen. Dem Notstandspflichtigen steht ein Anspruch auf Ersatz der ihm entstandenen Aufwendungen gegen den Rechtsträger der Polizeibehörde zu.827 Das Recht der Gefahrenabwehr trennt damit die sachlich-handlungsbezogene Inanspruchnahme von der endgültigen Vermögensbelastung in Fällen, in denen zwar eine Sach-, nicht aber eine Finanzierungsverantwortlichkeit des Pflichtigen besteht. Neben der Verschiedenheit des Pflichteninhaltes ist damit ein zweiter fundamentaler Unterschied zwischen sachlich-handlungsbezogenen Sonderlasten – wie Indienstnahmen Privater im engeren Sinne – und finanziellen Sonderlasten – etwa nichtsteuerlichen Abgaben oder Zwangsvergütungen – benannt. Naturalleistungs- und sonstige Verhaltenspflichten bieten die Möglichkeit, durch die Gewährung einer Entschädigung die sekundäre Vermögensbelastung auszugleichen und die Sonderlast dadurch auf das Element der sachlichen Inanspruchnahme zu begrenzen; die Wahrnehmung der Sachaufgabe aufgrund gesetzlicher Verpflichtung und der Eintritt einer dauerhaften Vermögensbelastung werden voneinander entkoppelt.828 Anders stellt sich die Situation bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten durch Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben dar. Ein Ausgleich der primären Belastung in dem Umfang, in dem diese dem Pflichtigen nicht als endgültige Vermögensbelastung verbleiben soll, wäre hier offensichtlich sinnwidrig, da eine finanzielle Entschädigung für die Auferlegung einer Geldleistungspflicht zu einer Verrechnung von Geldschulden oder, wie die Literatur kritisiert, zu einem „Hin- und Herschieben von Geldbeträgen“829 führen würde. Geldleistungspflichten als primäre Vermögensbelastungen sind daher nur zulässig, wenn sie von vornherein so bemessen werden, wie dies der Finanzierungsverantwortlichkeit des Pflichtigen entspricht. Die Unsinnigkeit der finanziellen Entschädigung eines Geldleistungspflichtigen ist insbesondere im frühen Schrifttum zur Zulässigkeit von Sonderabgaben im Zusammenhang mit der Frage betont worden, ob Sonderabgaben als „Geld-Enteignung“ an Art. 14 Abs. 3 GG zu messen seien.830 827

Vgl. nur § 55 PolG BW, § 45 ME PolG. Kritisch gegenüber der Möglichkeit, Eingriffe in die Berufsfreiheit durch Zahlung eines Entgelts zu mäßigen, G. Kirchhof, Erfüllungspflichten des Arbeitgebers, 2005, S. 178 ff., der zutreffend hervorhebt, der Freiheitsberechtigte könne sich grundsätzlich seine Berufsfreiheit nicht „abkaufen lassen“, zugleich aber einräumt, der Gleichheitssatz könne einen solchen finanziellen Ausgleich gebieten; unter demselben einschränkenden Hinweis für die Möglichkeit der finanziellen Kompensation von Sonderlasten J. Hey, AöR 128 (2003), S. 226 (230 f. m.w. N.). 829 So K. H. Friauf, DÖV 1980, S. 480 (487) zu Ansätzen einer enteignungsrechtlichen Betrachtung der Steuer im Schrifttum. 830 R. Mußgnug, Die zweckgebundene öffentliche Abgabe, in: FS f. Ernst Forsthoff, 1972, S. 259 (276 f.); K. M. Meessen, BB 1971, S. 928 (930 f.). 828

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Der Umstand, daß finanzielle Sonderlasten nur durch einen engeren Kreis von Belastungsgründen vor dem Prinzip der Lastengleichheit gerechtfertigt werden können als sachlich-handlungsbezogene Belastungen, liegt damit in dem Zusammenhang begründet, daß Gesichtspunkte der effektiven Wahrnehmung der Sachaufgabe nie die finanzielle Inanspruchnahme eines bestimmten Freiheitsberechtigten gebieten können. Abgestützt wird dieser Befund weiter dadurch, daß für Naturalleistungs- und andere Verhaltenspflichten grundsätzlich eine Kompensationsmöglichkeit im Wege finanziellen Ausgleichs besteht, die Auferlegung sachlich-handlungsbezogener Sonderlasten sich also durch die Gewährung einer Entschädigung in Geld von einer hiermit verbundenen dauerhaften Belastung des Vermögens trennen läßt,831 während dies für Geldleistungspflichten sinnwidrig wäre. Für sachliche Inanspruchnahmen hat das BVerfG mit Blick auf die Anwaltsvormundschaft entschieden, daß eine Sonderbelastung Berufsausübender zu Zwecken des Gemeinwohls das Übermaßverbot verletzten könne, wenn der Staat dem herangezogenen Privaten eine angemessene Entschädigung vorenthalte; in diesem Falle sei die unentgeltliche Inanspruchnahme nicht nur mit Art. 12 Abs. 1 GG, sondern auch mit dem Gleichheitssatz unvereinbar.832 Da Indienstnahmen Privater durch Naturalleistungs- und sonstige Verhaltenspflichten oftmals auch die Rechte des Grundrechtsträgers zu freier Nutzung und Verfügung über Eigentumsgegenstände im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG beeinträchtigen werden, können sich Entschädigungspflichten auch aus Art. 14 Abs. 2 GG oder, sofern die Inanspruchnahme ausnahmsweise nicht als ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung,833 sondern als Enteignung zu qualifizieren ist, aus Art. 14 Abs. 3 S. 2 und 3 GG ergeben. Für sachlich-handlungsbezogene Sonderlasten wird hierin das Ineinandergreifen von gleichheits- und freiheitsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen deutlich.834

831 Hierzu bereits K. H. Friauf, Öffentliche Sonderlasten, in: FS f. Hermann Jahrreiß, 1974, S. 45 (60) (Die Ableitung einer bestimmten Last aus der Sozialpflichtigkeit des Eigentums rechtfertige „keineswegs ipso iure ihre Unentgeltlichkeit.“ Vielmehr müsse die Unentgeltlichkeit der Belastung als Überbürdung einer öffentlichen Last auf den Eigentümer jeweils gegenüber dem Prinzip der Lastengleichheit gerechtfertigt werden.). 832 BVerfGE 54, 251 (271) – Anwaltsvormund. 833 Zum Institut der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung BVerfGE 100, 226 (244 f.); ferner J. Wieland, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 14 Rn. 132 ff.; B.-O. Bryde, in: I. v. Münch/P. Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, Art. 14 Rn. 100a. 834 Soweit das BVerfG bislang die sachliche Inanspruchnahme Freiheitsberechtigter zu öffentlichen Zwecken nur gegen Gewährung einer Entschädigung für verhältnismäßig gehalten hat, hat es dabei oftmals auf die Anforderungen des Prinzips der Lastengleichheit hingewiesen, vgl. nur BVerfGE 54, 251 (271) (hierzu bereits soeben im Text); 100, 226 (244) (zu ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmungen gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG).

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Die genannten Unterschiede zwischen der Rechtfertigung sachlich-handlungsbezogener und rein finanzieller Sonderlasten spiegeln sich auch in der aktuellen Diskussion im Schrifttum über die Verfassungsmaßstäbe wider, die auf der einen Seite an Indienstnahmen Privater, auf der anderen Seite an Zwangsvergütungen anzulegen sind. Während im Mittelpunkt der Debatte um die Zulässigkeit von Indienstnahmen, zu denen der Gesetzgeber sich in jüngerer Zeit vermehrt entscheidet, deren Unentgeltlichkeit und damit deren dauerhafte vermögensbelastende Wirkung steht,835 richtet sich die Auseinandersetzung um abgabenähnliche Vergütungsregelungen auf den Kreis tragfähiger Belastungsgründe, welche die finanzielle Sonderbelastung zu rechtfertigen vermögen.836 4. Folgerungen für die Ausbildung verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe an abgabenäquivalente Preisinterventionen Aus der unterschiedlichen Zwecksetzung hoheitlichen Handelns bei der Zuweisung sachlich-handlungsbezogener oder aber finanzieller Sonderlasten ergeben sich, da die jeweilige Zwecksetzung der staatlichen Maßnahme im Rahmen der Gleichheits- und der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung zu berücksichtigen ist, unterschiedliche Anforderungen an die Rechtfertigung hoheitlich auferlegter Handlungspflichten auf der einen und Geldleistungspflichten auf der anderen Seite. Die Einsicht, daß die Inanspruchnahme einer besonderen Sachverantwortung Privater anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen unterliegt als diejenige einer Sonderfinanzierungsverantwortlichkeit, ist von unmittelbarer Relevanz für die Formulierung der Verfassungsmaßstäbe an Preisinterventionen; denn abgabenähnliche Preisregelungen belegen das in Anspruch genommene Privatunternehmen mit einer Geldleistungspflicht zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgaben, sie weisen eine finanzielle Sonderlast zu. Hierin sind sie mit der Inanspruchnahme des Freiheitsberechtigten auf der polizeirechtlichen Sekundärebene vergleichbar, auf der ebenfalls ausschließlich über die finanzielle Sonderbelastung zu öffentlichen Zwecken entschieden wird. Die Legitimation fördernder Vergütungsregelungen vor dem Prinzip der Lastengleichheit stellt somit die Frage nach der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit Privater. Gesichtspunkte der effektiven Wahrnehmung der Sach835 Vgl. M. Elicker, NVwZ 2003, S. 304 (307) (allgemein zur Ausgleichspflichtigkeit sachlicher Indienstnahmen); zu ausgleichspflichtigen Inanspruchnahmen in verschiedenen Sachbereichen vgl. R. Scholz, Staatliche Sicherheitsverantwortung, in: FS f. Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 439 (440 ff.); K. Waechter, VerwArch 1996, S. 68 (77 ff., 81 ff.); H. Kube, finanzreform 4/2004, S. 1 (7 ff.); ders./M. Schütze, CR 2003, S. 663 (667 ff.). 836 Exemplarisch S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 225 ff. (zur Stromeinspeisungsregelung); F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 ff. (zu Arzneimittelabschlägen); C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 78 ff. (zu Lohnfortzahlungsregelungen).

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aufgabe, die eine sachlich-handlungsbezogene Inanspruchnahme rechtfertigen könnten, vermögen eine Zwangsvergütung als rein finanzielle und dauerhafte Sonderbelastung nicht vor Art. 3 Abs. 1 GG zu legitimieren. Für die weitere Untersuchung der Verfassungsanforderungen an abgabenähnliche Preisinterventionen bedeutet dies, daß bei der Betrachtung der Differenzierungskriterien, die den Referenzregelungen zugrunde liegen, darauf zu achten sein wird, ob diese Differenzierungskriterien auf das Ziel einer effektiven Wahrnehmung der jeweiligen Sachaufgabe ausgerichtet sind oder ob sie sich allein an Verantwortlichkeitsgesichtspunkten einer gerechten, also einer freiheits- und gleichheitsrechtlich gerechtfertigten Lastenverteilung zwischen Staat und Bürger orientieren. Als zulässige Kriterien, anhand derer die Polizeibehörde ihre Auswahlentscheidung auf der Primärebene allein im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr treffen kann, wurden etwa die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Grundrechtsträgers oder dessen zeitliche und örtliche Gefahrennähe kennengelernt. Sollte sich bei der Untersuchung der Referenzregelungen daraufhin, ob die Auswahl der sonderbelasteten Privatunternehmen nach sachlichen Differenzierungskriterien im Sinne des Gleichbehandlungsgebots erfolgt, erweisen, daß auch solche rein effektivitätsorientierten Differenzierungskriterien Anwendung finden, so würde hierdurch die Vereinbarkeit der Referenzregelung, bei der dies der Fall ist, mit Art. 3 Abs. 1 GG ernstlich in Frage gestellt. IV. Bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe der Referenzgebiete Zum „sachlichen Grund“ als Mindestanforderung der Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen vor Art. 3 Abs. 1 GG wurde dargelegt, daß die Vorgaben des allgemeinen Gleichheitssatzes in vielen Bereichen durch Spezifika des jeweiligen Sach- und Rechtsgebietes konkretisiert und ausgefüllt werden, sich auf vielen Feldern staatlichen Handelns also bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe herausgebildet haben. Sodann wurde festgestellt, daß sich die Anforderungen an die Zulässigkeit sachlich-handlungsbezogener Inanspruchnahmen von solchen an finanzielle Sonderlasten unterscheiden können, Vergütungsregelungen jedoch nur durch Gründe einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit vor dem Prinzip der Lastengleichheit zu rechtfertigen sind. Vor diesem Hintergrund ist für die Rechts- und Sachgebiete, denen die Referenzregelungen entnommen sind, danach zu fragen, ob sich in ihnen Gleichheitsmaßstäbe entwikkelt haben, die das Gebot der Lastengleichheit in seinen Anforderungen an die Rechtfertigung finanzieller öffentlicher Sonderlasten bereichsspezifisch konkretisieren.

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1. Energiewirtschaftsrecht und Umweltrecht Die Stromeinspeisungsregelung kommt gleichsam im Schnittpunkt von Energiewirtschaftsrecht und Umweltrecht zum Einsatz. Hinsichtlich ihres Regelungsgegenstandes ist sie dem Energiewirtschaftsrecht zuzuordnen. §§ 4 ff. EEG regeln die rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Einspeisern von Elektrizität aus regenerativer Erzeugung und den Netzbetreibern; durch die Anordnung des bundesweiten Belastungsausgleichs gem. § 14 EEG wird die Regelung auch auf die Beziehungen zwischen Netzbetreibern, vorgelagerten Übertragungsnetzbetreibern und letztversorgenden EVU erstreckt. Das Recht der Energiewirtschaft bildet somit den Lebens- und Wirtschaftsbereich, in dem die SER Anwendung findet. Besondere Rechtfertigungsmaßstäbe an die Zuweisung finanzieller Sonderlasten enthält das Recht der Energiewirtschaft allerdings nicht. Als noch immer stark hoheitlich regulierter Wirtschaftsbereich wird das Energiewirtschaftsrecht vornehmlich durch Handlungsformen des Regulierungsverwaltungsrechts geprägt.837 Von der SER unterscheiden sich diese Maßnahmen dadurch, daß sie in der Regel nicht auf die Zuweisung besonderer Finanzierungspflichten gerichtet sind, sondern typischerweise den betroffenen Unternehmen zur Verwirklichung bestimmter energiewirtschaftlicher Ziele – etwa der Gewährleistung eines funktionierenden Wettbewerbs durch Sicherung eines ungehinderten, diskriminierungsfreien Netzzugangs für Wettbewerber – Naturalleistungs- und andere Verhaltenspflichten auferlegen. Zwar weist die SER als gesetzliche Preisregelung gewisse Gemeinsamkeiten mit der Bundestarifordnung Elektrizität auf, durch die ebenfalls die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Preisfreiheit der Energieversorgungsunternehmen zur Wahrnehmung einer Gemeinwohlaufgabe, der Sicherung einer preisgünstigen Versorgung der Stromverbraucher, beschränkt wird. Allerdings betrachten weder der Verordnungsgeber noch das Schrifttum die Bundestarifordnung Elektrizität als finanzielle Sonderbelastung Privater zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben und rechtfertigen sie dementsprechend nicht mit einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit der belasteten EVU.838 Unter den hoheitlichen Handlungsformen des Energiewirtschaftsrechts nimmt die SER aufgrund ihres abgaben- und zugleich subventionsähnlichen Finanzierungsmechanismus eine Sonderstellung ein. 837 Zum Begriff sowie zu typischen Handlungsformen des Regulierungsverwaltungsrechts J. Masing, Die Verwaltung 36 (2003), S. 1 ff. 838 Vgl. die Begründung zur BTOElt 1990, BR-Drs. 493/89, S. 17 ff.; aus der Lit. H. Knöchel, Die Preisaufsicht nach den Energiewirtschaftsgesetz, 1989, S. 70 f., 109 f., 121 f.; P. Franke, in: J.-P. Schneider/C. Theobald (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 16 Rn. 13; zur Rechtfertigung der BTOElt aus Sicht des EnWG-Gesetzgebers 1998 BT-Drs. 13/7274, S. 17 f.

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Den einzigen weiteren Fall von „Quersubventionierung“ im Recht der Energiewirtschaft bildet die Förderregelung nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz. Diese ist jedoch ausweislich der Gesetzesbegründung nicht auf die finanzielle Sonderbelastung einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe, sondern der Allgemeinheit der Stromverbraucher gerichtet.839 Da sich die Regelungstechnik der abgabenäquivalenten Preisregulierung als Zuweisung einer finanziellen Sonderlast in den Kreis typischer hoheitlicher Handlungsformen des Energiewirtschaftsrechts nicht einfügt, finden sich auch bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe an die Zuweisung besonderer Finanzierungsverantwortlichkeiten für öffentliche Aufgaben im Recht der Energiewirtschaft nicht. Stellt man hingegen auf die Zwecksetzung der SER ab, so ist der Finanzierungsmechanismus hiernach dem Umweltrecht zuzuordnen. Die gesetzliche Festlegung von Mindestvergütungen für die Einspeisung regenerativ erzeugten Stroms, aus der sich die Mehrkostenbelastung der letztversorgenden EVU ergibt, zielt darauf, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung im Interesse des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung zu steigern.840 Allerdings weist das Umweltrecht einen solchen Reichtum unterschiedlicher Handlungsformen auf,841 daß sich kaum von bereichsspezifischen Gleichheitsmaßstäben an den Einsatz „typisch“ umweltrechtlicher Handlungsformen sprechen läßt. Eine gewisse Orientierung können jedoch die Grundprinzipien bieten, die das deutsche Umweltrecht strukturieren und anleiten. Hierzu zählen als sog. materielle Leitprinzipien insbesondere das Schutzprinzip, das Vorsorgeprinzip, das Prinzip der Nachhaltigkeit sowie das Verursacherprinzip.842 Unter diesen Grundsätzen wiederum tritt das Verursacherprinzip dadurch hervor, daß es nicht nur die Auswahl der Adressaten ordnungsrechtlicher Maßnahmen des Umweltschutzes anleitet, sondern gerade auch – vornehmlich bei den sog. Umweltabgaben – als Prinzip der Zurechnung einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit für öffentliche Aufgaben des Umweltschutzes dient. Da der umweltrechtliche Verursachergrundsatz als Zurechnungsprinzip besonderer Finanzierungsverantwortung nicht auf Umweltabgaben beschränkt ist, sind ihm als bereichsspezifischem Gleichheitsmaßstab an finanzielle Sonderbelastungen auch Vorgaben für die Rechtfertigung von Zwangsvergütungen zu entnehmen.

839

Begründung des Regierungsentwurfs zum KWKG 2002, BT-Drs. 14/7024, S. 14. Eingehend zur Zielsetzung des EEG die Begründung des Gesetzentwurfs der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BT-Drs. 14/2776, S. 20 (zu § 1), sowie die Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 26 f. (zu § 1). 841 Übersichten der Handlungsformen, in denen der Staat Aufgaben des Umweltschutzes wahrnimmt, geben R. Sparwasser/R. Engel/A. Voßkuhle, Umweltrecht, 5. Aufl., 2003, § 2 Rn. 57 ff.; M. Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl., 2004, § 5 Rn. 1 ff. 842 Auch hierzu R. Sparwasser/R. Engel/A. Voßkuhle, Umweltrecht, 5. Aufl., 2003, § 2 Rn. 15 ff.; M. Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl., 2004, § 4 Rn. 8 ff. 840

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2. Recht der Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung Der Umstand, daß das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung durch eine Vielzahl verschiedener Kostendämpfungsmaßnahmen zu Lasten nahezu sämtlicher Berufsgruppen und Wirtschaftszweige geprägt ist,843 läßt an sich erwarten, daß Gesetzgebung, Rechtsprechung und Wissenschaft auf diesem Gebiet Gleichheitsmaßstäbe entwickelt haben, welche die Anforderungen der Belastungsgleichheit an finanzielle Sonderlasten bereichsspezifisch konkretisieren. Allerdings besagt der Einsatz zahlreicher vermögensbelastender Konsolidierungsmaßnahmen nicht notwendig, daß es sich bei diesen Maßnahmen stets um unmittelbar gesetzlich auferlegte Finanzierungspflichten handelt, für die der Gesetzgeber einen Maßstab besonderer Finanzierungsverantwortlichkeit auch tatsächlich entwickelt hat. Vielmehr bedient sich ein Großteil der Konsolidierungsmaßnahmen im System der GKV vertraglicher Vereinbarungen zwischen den beteiligten Berufs- und Interessengruppen sowie mittelbar verhaltenssteuernder Kostendämpfungsinstrumente. Das zentrale Instrument der Kostenbegrenzung im Bereich der kassenärztlichen Versorgung bildet der Abschluß von Gesamtverträgen gem. §§ 82, 83 SGB V. In diesen Gesamtverträgen werden auch die Vergütungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte geregelt, nach Maßgabe der Gesamtverträge entrichten die Krankenkassen eine Gesamtvergütung an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung ihrer Mitglieder mit Wohnort in diesem Bezirk, § 85 Abs. 1 S. 1 SGB V. Auch das Ausgabenvolumen für die Versorgung mit Arznei- und Heilmitteln wird zwischen den Verbänden der Krankenkassen und den kassenärztlichen Vereinigungen vereinbart, § 84 Abs. 1 SGB V. Werden Kostendämpfungsmaßnahmen im Wege der Vereinbarung zwischen den beteiligten Gruppen geregelt, so sieht sich der Gesetzgeber von der Notwendigkeit entbunden, Verantwortlichkeitskriterien zu entwickeln, anhand derer die Zuweisung einer finanziellen Sonderlast und ihre Bemessung vor dem Grundsatz der Lastengleichheit gerechtfertigt werden können. Folglich tragen solche Maßnahmen nicht dazu bei, daß sich im Recht der Leistungsbeziehungen zwischen gesetzlichen Krankenkassen und den Berufsgruppen der Leistungserbringer spezifische Ausprägungen des Prinzips der Lastengleichheit, also bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe, herausbilden. Ein weiteres Instrument von besonderer Bedeutung und Wirksamkeit für die finanzielle Konsolidierung der GKV, bei dessen Einsatz der Gesetzgeber keine Kriterien für die Sonderverantwortlichkeit der betroffenen Berufgruppen zugrunde legt, bildet die Festsetzung von Festbeträgen. §§ 35, 36 SGB V ermächtigen zur Bildung von Festbetragsgruppen sowie zur Festsetzung von Festbeträ843

Siehe hierzu bereits oben § 14 D III 2 b).

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

gen für Arzneimittel, Verbandmittel und Heilmittel. Festbeträge stellen das zentrale Instrument der Kostenbegrenzung auf dem Gebiet der sachlichen Leistungen dar. Es handelt sich dabei nicht um eine staatliche Preisfestsetzung, sondern um die Festlegung von Erstattungshöchstgrenzen. Die Kosten eines zu Lasten der GKV abgegebenen Arzneimittels werden von der jeweiligen Krankenkasse nur bis zur Höhe des Festbetrages getragen, § 31 Abs. 2 SGB V. Festbeträge üben auf die Hersteller von Arznei-, Verband- und Heilmitteln Druck aus, die Preise ihrer Produkte auf das Niveau des Festbetrages oder darunter zu senken, da sie andernfalls den Verlust von Marktanteilen riskieren; auf diese Weise wirken Festbeträge mittelbar verhaltenssteuernd. Da bei diesem Kostensenkungsinstrument kein unmittelbares hoheitliches Verhaltensgebot an die betroffenen Hersteller, insbesondere keine gesetzliche Preisfestsetzung ergeht, rechtfertigt der Gesetzgeber die Festsetzung von Festbeträgen nicht mit einer besonderen Finanzierungsverantwortung der belasteten Gruppen für die finanzielle Konsolidierung der GKV. Dementsprechend sind auch im Zusammenhang mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Festbetragsregelung keine Kriterien für eine Finanzierungsverantwortlichkeit sonderbelasteter Berufsgruppen entwickelt worden. Der Einsatz solcher Arzneimittelrabatte, für die sich dieselben gleichheitsrechtlichen Rechtfertigungsfragen stellen wie für § 130a SGB V, bildet im Recht der Leistungserbringung in der GKV noch immer die Ausnahme, so daß auch in diesem Bereich nicht von etablierten Maßstäben der Belastungsgleichheit gesprochen werden kann. Der Arzneimittelabschlag zu Lasten der Apotheken gem. § 130 SGB V existiert zwar in wechselnden Ausgestaltungen seit dem Jahr 1911844 und wurde schon 1970 durch den BGH für verfassungsmäßig befunden, doch bestehen über die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung, die für die Apotheker mit dieser Regelungen verbunden ist, weiterhin erhebliche Meinungsverschiedenheiten.845 Das BVerfG hat in seinem Beschluß vom 13. September 2005 zur Verfassungsmäßigkeit des BSSichG auch den Apothekenrabatt gem. § 130 SGB V für zulässig erachtet, für die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Apotheker jedoch nur vage auf den „Nutzen, den auch sie aus der Einbindung in das System der gesetzlichen Krankenversicherung erfahren“, hingewiesen.846 Auf diesen Belastungsgesichtspunkt wird zurückzukommen sein. Doch selbst dann, wenn der Gesetzgeber sich anläßlich der Regelung der bislang eingesetzten Arzneimittelrabatte eingehend zu deren gleichheitsrechtlicher Rechtfertigung geäußert hätte – was nicht der Fall ist –, könnte angesichts des nach wie vor bestehenden Ausnahmecharakters von

844

Siehe oben § 3 C. Aus neuerer Zeit BVerfG, NVwZ 2006, 191 (192 ff.) – Beitragssatzsicherungsgesetz; F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 ff.; U. Becker, NZS 2003, S. 561 ff. 846 BVerfG, NVwZ 2006, 191 (198). 845

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Arzneimittelabschlägen nicht von der Entstehung bereichsspezifischer Maßstäbe der Lastengleichheit gesprochen werden. 3. Individualarbeitsrecht Während finanzielle Sonderlasten zu Gemeinwohlzwecken in den Referenzgebieten des Energiewirtschaftsrechts und des Rechts der GKV bislang nur in begrenztem Umfang auferlegt werden, bietet sich einer Betrachtung der Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein gänzlich anderes Bild. Lohnfortzahlungsregelungen bestehen in diesem Bereich in großer Zahl und gehören gleichsam zum „tradierten Bestand“ des Individualarbeitsrechts. Praktisch bedeutsame Beispiele bilden die Entgeltzahlung bei persönlicher Verhinderung des Arbeitnehmers gem. § 616 BGB, die Entgeltzahlung an Feiertagen gem. § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 EFZG und die Gewährung bezahlten Erholungsurlaubs nach § 1 BUrlG. Zu diesen und anderen Lohnfortzahlungspflichten des Bundesrechts treten landesrechtliche Bestimmungen über die bezahlte Freistellung von Arbeitnehmern für unterschiedlichste Zwecke hinzu.847 Allen diesen Regelungen ist gemeinsam, daß sie Durchbrechungen des Grundsatzes aus § 326 Abs. 1 S. 1 BGB darstellen, wonach der Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung nicht erbringt und gem. § 275 Abs. 1 bis 3 BGB von dieser Verpflichtung frei wird, infolgedessen seinen Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber verliert.848 Ordnet eine Lohnfortzahlungsregelung das Weiterbestehen des Vergütungsanspruchs trotz nicht erbrachter Arbeitsleistung an, so entsteht hierdurch eine Inäquivalenz von Leistung und Gegenleistung, die nicht den Parteien des Arbeitsverhältnisses, sondern dem Gesetzgeber zuzurechnen ist und deshalb als finanzielle Sonderbelastung des Arbeitgebers der Rechtfertigung vor dem Prinzip der Lastengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG bedarf. Als sachlicher Grund für die Rechtfertigung dieser Sonderlast wird im Individualarbeitsrecht die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers angeführt.849 Zur Legiti847 Der Bundesgesetzgeber hat von seiner Gesetzgebungskompetenz für das Arbeitsrecht gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG in verschiedenen Bereichen dieser Materie keinen abschließenden Gebrauch gemacht, so daß für landesrechtliche Regelungen weiterhin Raum besteht, vgl. BVerfGE 77, 308 (328 ff.). 848 Die schuldrechtssystematischen Zusammenhänge werden am Beispiel der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verdeutlicht von R. Linck, in: G. Schaub/U. Koch/ ders., Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., 2005, § 98 Rn. 7. 849 Zur Entwicklung des Fürsorgegedankens H. A. Ryssel, Die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, 1970, S. 25 ff.; W. Blomeyer, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, § 94 Rn. 4 ff.; zu Begriff und Bedeutung der Fürsorgepflicht R. Richardi, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 1999, § 611 BGB Rn. 807 ff. – Zur Rechtfertigung von Lohnfortzahlungspflichten aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers U. Koch, in: G. Schaub/ders./R. Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., 2005, § 108 Rn. 7.

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mation von Entgeltfortzahlungspflichten wurde dieser Verantwortlichkeitstatbestand bereits lange vor Inkrafttreten des Grundgesetzes herangezogen. Die Wurzeln der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall des Arbeitnehmers, die aus dem Gedanken eines personenrechtlichen Fürsorgeverhältnisses heraus gerechtfertigt wird, reichen in das Mittelalter zurück.850 Der Anspruch auf Entgeltzahlung bei persönlicher Verhinderung des Arbeitnehmers gem. § 616 BGB, der ebenfalls in der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verankert wird, war bereits in der Ursprungsfassung des BGB enthalten.851 Spätestens seit den dreißiger Jahren wurde die Verpflichtung des Arbeitgebers, seinen Beschäftigten bezahlten Urlaub zu gewähren, bei Fehlen einer spezialgesetzlichen Regelung auf die allgemeine Fürsorgepflicht gestützt.852 Im Gedanken der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hat sich folglich im Individualarbeitsrecht ein bereichsspezifisch anerkannter Belastungsgrund im Sinne der Lastengleichheit herausgebildet, durch den die nach Art. 3 Abs. 1 GG zu stellenden Rechtfertigungsanforderungen an finanzielle Sonderbelastungen Privater in diesem Gebiet konkretisiert werden. 4. Ergebnis In den Rechts- und Sachgebieten, denen die Referenzregelungen entstammen, haben sich bislang kaum bereichsspezifische Maßstäbe der Belastungsgleichheit herausgebildet. Das Recht der Energiewirtschaft, dem die SER nach ihrem Regelungsgegenstand zuzuordnen ist, enthält keine solchen Prinzipien. Begreift man die SER in Anbetracht ihrer Zwecksetzung als Regelung des Umweltrechts, so eröffnet dies die Anwendung des Verursacherprinzips, welches im Umweltrecht auch als Prinzip der Zurechnung einer besonderen Kostenverantwortlichkeit aufgrund umweltschädigenden Verhaltens herangezogen wird. Da das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung trotz einer Vielzahl vermögensbelastender Kostendämpfungsmaßnahmen bislang keine Prinzipien für die Zurechnung besonderer Finanzierungsverantwortung ausgebildet hat, scheidet eine vorrangige Überprüfung des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V an solchen Konkretisierungen des Gleichheitsgebots aus. Lediglich das Individualarbeitsrecht hat in dem Gedanken der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers einen bereichsspezifischen Gleichheitsmaßstab hervorgebracht, der allgemein Anerkennung findet und einer Vielzahl von Lohnfortzahlungspflichten als Legitima850 W. Boecken, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, § 82 Rn. 2 m.w. N. 851 H. Oetker, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2002, § 616 BGB Rn. 1 ff., 9 ff. 852 R. Richardi, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 1999, § 611 BGB Rn. 809; W. Leinemann, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, § 88 Rn. 2.

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tion zugrunde liegt. Der Umstand, daß sich bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe für die Zuweisung finanzieller Sonderlasten in den Referenzgebieten kaum nachweisen lassen – mithin der instrumentelle Ausnahmecharakter abgabenähnlicher Preisregelungen –, bestätigt den bereits zur Übergriffswirkung in Steuergesetzgebungskompetenzen gewonnenen Befund, daß der Gesetzgeber sich bei dem Einsatz von Zwangsvergütungen im Randbereich der ausgeübten Sachgesetzgebungskompetenzen bewegt.853 V. Die Distanz zur Steuer als Anforderung an materielle Belastungsgründe finanzieller Sonderlasten 1. Die Belastungsgründe nichtsteuerlicher Abgaben – Materielle Steuerdistanz und Umgehungsverbot a) Materielle Steuerdistanz in der Wahl der Belastungsgründe Die Betrachtungen zur Unterschiedlichkeit der Rechtfertigungsmaßstäbe an sachlich-handlungsbezogene und an finanzielle Sonderlasten, mithin die Unterscheidung zwischen besonderer Sach- und besonderer Finanzierungsverantwortung, hat deutlich werden lassen, daß abgabenähnliche Vergütungsregelungen nur durch einen Tatbestand der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit vor Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen sind. Sodann hat sich gezeigt, daß die Rechts- und Sachgebiete, denen die Referenzregelungen entnommen sind, überwiegend keine bereichsspezifischen Gleichheitsmaßstäbe für die Auferlegung finanzieller Sonderlasten herausgebildet haben. Vor diesem Hintergrund lassen sich konkretere Vorgaben dazu, durch welche Umstände die finanzielle Sonderbelastung Privater zu Zwecken des Gemeinwohls gerechtfertigt werden kann, nur aus der grundlegenden Unterscheidung zwischen einer Finanzierung öffentlicher Aufgaben durch die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen und einer solchen durch eine einzelne Gruppe Privater, also aus der Unterscheidung zwischen Gemeinlast und finanzieller Sonderlast, ableiten. Damit kommen unweigerlich die Belastungsprinzipien des nichtsteuerlichen Abgabenrechts in den Blick. Nichtsteuerliche Abgaben werden den Belasteten als Geldleistungspflichten neben deren allgemeiner Steuerpflicht auferlegt; dabei dienen sie nicht der Deckung des allgemeinen staatlichen Finanzbedarfs, sondern der Finanzierung besonderer öffentlicher Aufgaben. Insofern bilden sie die wesentliche Erscheinungsform finanzieller öffentlicher Sonderlasten. Im Zuge der bisherigen Untersuchung hat sich wiederholt gezeigt, daß Entgeltregelungen funktionell wie nichtsteuerliche Abgaben eingesetzt werden. Da die Schuldnergruppe zur Erfüllung einer bestimmten Gemeinwohlaufgabe be853

Siehe oben § 10 A III.

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lastet wird, die unter Vermeidung der öffentlichen Haushalte finanziert werden soll, bestehen bei funktioneller Betrachtung die größten Ähnlichkeiten mit den Sonderabgaben. Von diesen unterscheiden sich Preisinterventionen im wesentlichen darin, daß die zu staatlicher Aufgabenwahrnehmung gebundenen Finanzvolumina keiner öffentlich-rechtlichen Körperschaft zufließen, bei formeller Betrachtung also keine Abgaben sind. Aus der Wirkungsäquivalenz und funktionellen Vergleichbarkeit fördernder Vergütungsregelungen mit einer bestimmten Abgabenart soll – wie im Verlauf der Untersuchung durchgängig betont854 – nicht die Übertragbarkeit der Verfassungsmäßigkeitsanforderungen dieser Abgabenart auf Zwangsvergütungen hergeleitet werden. In der auf Formenklarheit und Formenbindung angelegten Finanzverfassung des Grundgesetzes855 sind die formenspezifischen Rechtmäßigkeitsanforderungen einer bestimmten Abgabenart vor dem Hintergrund der schutzbedürftigen Rechtsgüter und Prinzipien der Finanzverfassung jeweils auf die besonderen Merkmale des betreffenden Abgabentypus abgestimmt. Die formellen Unterschiede zwischen Preisregelungen und nichtsteuerlichen Abgaben, insbesondere den Sonderabgaben, sind daher zu respektieren; sie schließen eine Übertragung von Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen, die in spezifischer Weise auf die Besonderheiten einer konkreten Form nichtsteuerlicher Abgaben eingehen, aus. Sollte es sich allerdings erweisen, daß das Recht der nichtsteuerlichen Abgaben von bestimmten Belastungsgründen geprägt wird, welche die finanzielle Sonderbelastung des Abgabenpflichtigen, der stets zugleich auch Steuerpflichtiger ist, vor dem Gebot der Lastengleichheit rechtfertigen, so wären diese Belastungsgründe auch für abgabenähnliche Vergütungspflichten von Bedeutung. Dem liegt folgender Zusammenhang zugrunde: Sämtliche Formen nichtsteuerlicher Abgabenerhebung bedürfen als Abweichung vom Vorrang der Steuerfinanzierung – dem Prinzip des Steuerstaats856 – der besonderen Legitimation. Dieser besondere Rechtfertigungsbedarf ergibt sich nicht aus dem Steuerstaatsgebot als solchem, sondern aus den Schutzgütern und Prinzipien der Finanzverfassung, die durch die Handlungsform der Steuer in optimaler Weise gewahrt und verwirklicht werden.857 Unter diesen Verfassungsgewährleistungen stehen die Ordnung der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen für Steuern, das Budgetbewilligungsrecht des Haushaltsgesetzgebers sowie das Prinzip der Lastengleichheit im Vordergrund. Insbesondere ihnen gegenüber besteht der verfassungsrechtliche Rechtfertigungsbedarf nichtsteuerlicher Abgaben wie finanzieller Sonderlasten überhaupt. Während manche Abgabenarten – wie vornehmlich die Sonderabgaben – auch im Hinblick auf ihre Haushaltsflüchtigkeit einen 854

Siehe insbesondere oben § 7 D. Hierzu BVerfGE 67, 256 (286) – Investitionshilfeabgabe; 105, 185 (193 f.) – UMTS-Erlöse. 856 Siehe hierzu eingehend oben § 8 B. 857 Siehe eingehend oben § 8 C. 855

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besonderen Legitimationsbedarf aufgeben, sind alle Formen nichtsteuerlicher Abgaben vor der Kompetenzordnung für Steuern, Art. 105 ff. GG, und dem Gebot der Lastengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen.858 Vor der Ordnung der Steuerkompetenzen ist eine nichtsteuerliche Abgabe nur dann gerechtfertigt, wenn sie sich nach ihrer Funktion und Wirkungsweise deutlich von der Steuer unterscheidet. So setzt die kompetenzrechtliche Legitimation einer Sonderabgabe voraus, daß diese über Finanzierungszwecke hinaus auch durch einen Gestaltungszweck gekennzeichnet ist, der ihren Erlaß aufgrund der Sachgesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG rechtfertigt und sie von steuerrechtlichen Regelungen auf der Grundlage der Einnahmengesetzgebungskompetenzen des Art. 105 GG abhebt.859 Fehlt der Abgabe die hinreichende Unterscheidbarkeit oder „Distanz“ zur Steuer in kompetenzrechtlicher Hinsicht, so ist sie als unzulässig intensiver Übergriff in Steuerkompetenzen verfassungswidrig.860 Wie für Zwangsvergütungen nachgewiesen werden konnte, besteht der beschriebene Zusammenhang zwischen Legitimation und „Steuer-Distanz“ auf kompetenzrechtlicher Ebene nicht nur für nichtsteuerliche Abgaben, sondern auch für nicht-abgabenrechtliche Sonderlasten, sofern diese in funktioneller Hinsicht intensiv mit der Steuer konkurrieren.861 Da finanzielle Sonderlasten nicht allein vor der steuerlichen Kompetenzordnung, sondern auch vor dem Prinzip der Lastengleichheit der besonderen Legitimation bedürfen, gilt das Erfordernis hinreichender Unterscheidbarkeit neben der kompetenzrechtlichen Ebene auch auf der Ebene der materiellen Belastungsgründe, durch die finanzielle Sonderlasten vor dem Prinzip der Lastengleichheit gerechtfertigt werden. Das Gebot hinreichender Unterscheidbarkeit oder „Distanz“ trifft Sonderbelastungen Privater zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben mithin sowohl auf der Ebene der kompetenzrechtlichen als der Ebene der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung. Unterscheidet sich eine nichtsteuerliche Abgabe in der Wahl ihres materiellen Belastungsgrundes nicht von einer Steuer, so hat sie daher vor dem Grundsatz der Lastengleichheit keinen Bestand.862 Würde beispielsweise der Gesetzgeber zur gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung eines Beitrages allein auf die hohe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Gruppe von Abgabenpflichtigen verweisen, so wäre eine solche 858 Auch das BVerfG betont in st. Rspr., nichtsteuerliche Abgaben seien gegenüber diesen „drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung“ zu rechtfertigen, vgl. BVerfGE 91, 186 (202 f.); 93, 319 (342 f.); 108, 1 (16); 108, 186 (215 f.). 859 BVerfGE 67, 256 (275); P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 228. 860 Siehe oben § 7 C I 1. 861 Siehe oben § 10 C. 862 F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 27, 242; ders., Die Verwaltung 21 (1988), S. 137 (149 ff.); J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (440).

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Abschöpfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen außerhalb der Formen des Steuerrechts vor dem Gebot der Lastengleichheit nicht zu legitimieren. Alle Formen nichtsteuerlicher Abgaben haben daher hinsichtlich des Belastungsgrundes, der die mit ihnen einhergehende Sonderbelastung eines Steuerpflichtigen vor dem Gleichheitsgrundsatz rechtfertigt, eine „materielle Distanz“ zur Besteuerung nach der individuellen Zahlungsfähigkeit zu wahren. Dieses Gebot der Steuerdistanz finanzieller Sonderlasten auf der Ebene des materiellen Belastungsgrundes ist nicht nur im Schrifttum anerkannt,863 sondern wird neuerdings auch vom BVerfG deutlich herausgestellt. Für Sonderabgaben betont das Gericht, diese bedürften eines „gegenüber der Steuer unterscheidungskräftigen Rechtfertigungsgrundes“,864 ihre Zulässigkeit stehe in Zweifel, wenn „weder ein Gegenleistungsverhältnis noch ähnlich unterscheidungskräftige besondere Belastungsgründe eine Konkurrenz der Abgabe zur Steuer ausschließen“.865 Ob das Recht der nichtsteuerlichen Abgaben, wie zu vermuten ist, als Folge seiner historischen Entwicklung ein System unterscheidungskräftiger Belastungsgründe hervorgebracht hat, in denen die Erhebung abgabenrechtlicher Sonderlasten sich nicht nur kompetenziell, sondern auch hinsichtlich ihrer materiellen Belastungsentscheidungen von der Besteuerung abhebt, wird im folgenden zu untersuchen sein. Ist dies der Fall, so sind diese gleichheitsrechtlichen Legitimationstatbestände auch für die Vereinbarkeit von Preisdiktaten mit Art. 3 Abs. 1 GG von unmittelbarer Relevanz: Denn für eine abgabenähnliche Vergütungspflicht, die sich auf einen legitimen Belastungsgrund des nichtsteuerlichen Abgabenrechts stützt, steht damit fest, daß der Gesetzgeber bei der Auswahl des Sonderbelastungsgrundes die „materielle Distanz“ zur Steuer, die auch bei der Auferlegung nicht-abgabenrechtlicher Sonderlasten einzuhalten ist, gewahrt hat. b) Die legitimen Belastungsgründe nichtsteuerlicher Abgaben als Umgehungsverbote Der distanzwahrenden Funktion der legitimen Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts entspricht zudem ein Umgehungsverbot, das der Gesetzgeber bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten außerhalb des Rechts nichtsteuerlicher Abgaben zu beachten hat. Setzt der Gesetzgeber zur Finanzie863 D. Drömann, Nichtsteuerliche Abgaben, 2000, S. 346 ff.; J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (440 ff.); P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 26 ff.; P. Selmer/C. Brodersen, DVBl. 2000, S. 1153 (1162). 864 BVerfGE 113, 128 (146) – Solidarfonds Abfallrückführung; ähnlich bereits E 93, 319 (343) („. . . müssen sich zudem ihrer Art nach von der Steuer [. . .] deutlich unterscheiden.“). 865 BVerfGE 108, 186 (217) – Altenpflegeumlage.

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rung öffentlicher Aufgaben „Quersubventionen“ ein, so bewegt er sich dabei funktionell in unmittelbarer Nähe zur Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben, insbesondere von Sonderabgaben. Er darf dann die Auswahl der Geldleistungspflichtigen nicht nach Differenzierungskriterien treffen, die als Belastungsgründe der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben vor dem Prinzip der Lastengleichheit nicht bestehen könnten. Andernfalls wäre es dem Gesetzgeber möglich, die – wie im folgenden zu sehen sein wird – begrenzte Zahl legitimer Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts zu umgehen.866 Legt der Gesetzgeber einer fördernden Vergütungsregelung also solche Differenzierungskriterien zugrunde, die als Belastungsgründe der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben unsachlich wären, so ist diese Form der Finanzierung öffentlicher Aufgaben durch Sonderbelastung Privater vor dem Grundsatz der Lastengleichheit nicht zu rechtfertigen. Das oben formulierte Gebot materieller Steuerdistanz und das Verbot an den Gesetzgeber, die legitimen Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts zu unterlaufen, beschreiben letztlich denselben gleichheitsrechtlichen Rechtfertigungszusammenhang aus verschiedenen Richtungen. Werden als sachliche Differenzierungsgründe der Belastung mit Zwangsvergütungen von vornherein solche Kriterien als unzulässig ausgeschieden, die – wie etwa reine Zweckmäßigkeitserwägungen, Anliegen der Praktikabilität und der Verwaltungsökonomie – in keinerlei Bezug zur Inanspruchnahme besonderer Finanzierungsverantwortlichkeit stehen, so verbleibt ein überschaubarer Kreis von Belastungskriterien. Zu diesen zählen die legitimen Belastungsgründe der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Pflichtigen. Das Erfordernis materieller Steuerdistanz gebietet nun gleichsam aus Richtung der Steuer, deren Rechtfertigung aus der Teilhabe des Staates an der individuellen, am Markt erworbenen Leistungsfähigkeit des Bürgers zu respektieren und verbietet damit eine Sonderbelastung am Maßstab der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Privaten. Im Gegenzug lassen auch die Belastungsprinzipien des nichtsteuerlichen Abgabenrechts die Auferlegung von Sonderlasten nach Maßgabe der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht zu, da hierin eine Umgehung der Belastungstatbestände liegen könnte, an die der Gesetzgeber bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten im Regelfall – durch nichtsteuerliche Abgaben – gebunden ist. Ob darüber hinaus Belastungskriterien vorstellbar sind, die für die Realisierung einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit nicht schon deshalb ausscheiden, weil sie auf das Ziel einer effektiven Aufgabenwahrnehmung gerichtet sind, die zudem die materielle Distanz zur Besteuerung nach der individuellen Zahlungsfähigkeit wahren, jedoch nicht mit einem der anerkannten Belastungsgründe des Rechts der nichtsteuerlichen Abgaben zusammenfallen, erscheint zweifelhaft. Die 866 Ein Umgehungsverbot für „Quersubventionen“ nehmen – allerdings auf kompetenzrechtlicher Rechtfertigungsebene – auch H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 (930) an.

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Frage bedürfte jedoch nur dann näherer Untersuchung, wenn sich im folgenden zeigte, daß einzelne Preisinterventionen auf solche Belastungskriterien gestützt werden. Seine praktische Bestätigung könnte der Grundsatz, wonach die Belastungskriterien abgabenäquivalenter Preisregelungen sich kraft des Gebotes, die Distanz zur Steuer auch in materieller Hinsicht zu wahren, an die Belastungsprinzipien des nichtsteuerlichen Abgabenrechts zu halten haben, darin finden, daß der Gesetzgeber die zu betrachtenden „Quersubventionen“ tatsächlich auf Belastungsgründe, wie sie das Recht nichtsteuerlicher Abgaben prägen, gestützt hat. Daneben ist von Interesse, ob gerade solche Belastungskriterien von der Rechtsprechung oder dem Schrifttum zur Rechtfertigung von Zwangsvergütungen angeführt werden. Beides wird zu sehen sein. Die Gründe, aus denen das Recht der nichtsteuerlichen Abgaben die finanzielle Sonderbelastung von Steuerpflichtigen rechtfertigt, sind somit auch dann für die verfassungsrechtliche Beurteilung fördernder Vergütungspflichten relevant, wenn man die Übertragung formenspezifischer Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen auf Sonderlasten außerhalb des Abgabenrechts ablehnt. Ob das Recht der nichtsteuerlichen Abgaben übergreifende, also nicht auf einzelne Abgabenarten beschränkte, sondern bei einer Vielzahl von Abgabentypen wiederkehrende Belastungsprinzipien hervorgebracht hat, durch deren Beachtung sich nichtsteuerliche Abgaben auch in materiell-gleichheitsrechtlicher Hinsicht von der Steuer unterscheiden, wird im folgenden untersucht. Zumal das Recht der nichtsteuerlichen Abgaben dabei nicht zum Zweck der Einordnung abgabenäquivalenter Preisregelungen in die Systematik abgabenrechtlicher Sonderlasten, sondern zum Nachweis der dort geltenden Differenzierungskriterien im Sinne des Prinzips der Lastengleichheit betrachtet wird, wird auf Fragen der Abgrenzung zwischen verschiedenen Kategorien nichtsteuerlicher Abgaben – die bisweilen erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann – nur am Rande eingegangen. Des weiteren stehen solche Belastungskriterien im Vordergrund der Untersuchung, welche die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben gerade hinsichtlich ihrer Einnahmenerzielungs- und Finanzierungsfunktion rechtfertigen und darin die eigentliche Legitimation der finanziellen Sonderbelastung vor Art. 3 Abs. 1 GG bilden.867 Im Zentrum des Interesses stehen also die Prinzipien der „lastenausteilenden“ Gerechtigkeit.868 Zwecke der Verhaltenssteue867 F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 15, 58, 233, weist zutreffend darauf hin, die Ordnung der materiellen Belastungsgründe strukturiere das System der nichtsteuerlichen Abgaben; ähnlich auch L. Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 (825); siehe dazu auch sogleich im Text. 868 Zur Unterscheidung von lenkenden und lastenausteilenden Abgabenpflichten eingehend K. Vogel, StuW 1977, S. 97 ff.; auch J. Lang, Der Einbau umweltpolitischer Belange in das Steuerrecht, in: R. Breuer u. a. (Hrsg.), Umweltschutz durch Abgaben und Steuern, 1992, S. 55 (66).

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rung und des Belastungsausgleichs zwischen verschiedenen Personengruppen sind für die Untersuchung von geringerer Bedeutung, da jedenfalls die hier betrachteten Vergütungsregelungen die fördernde Geldleistungspflicht unter Privaten nicht zum Zweck der Lenkung oder des Ausgleichs, sondern allein der Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe auferlegen. Anliegen der Lenkung und der Umverteilung, wie sie der Gesetzgeber bisweilen auch mit der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben verfolgt, werden daher im folgenden nur daraufhin befragt, ob es sich bei ihnen um eigenständige Belastungsgründe im Sinne der Lastengleichheit handelt oder, falls nicht, in welchem Verhältnis sie zu diesen stehen. 2. Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts a) Ausgangspunkt – Rechtfertigung und Bemessung der Steuer Bevor die Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts auf ihre materielle Unterscheidungskraft gegenüber der Steuer untersucht werden, ist der Belastungsgrund und das aus ihm resultierende Bemessungsprinzip der Steuer zu vergegenwärtigen. Die Gemeinlast der Steuer bedarf als einzige Form hoheitlicher Lastenzuweisung keiner besonderen Rechtfertigung; sie findet ihre Legitimation bereits in der Teilhabe des Staates am Erfolg individuellen freiheitlichen Erwerbs.869 Der Staat, der sich erwerbswirtschaftlicher Betätigung als systemtragender Einnahmequelle enthält und die Wirtschaftsgüter in privater Hand beläßt, muß zum Zwecke der Bedarfsdeckung am Erfolg privaten Wirtschaftens beteiligt werden.870 Die zur Einkommensteuer entwickelte Markteinkommenstheorie erklärt die Teilhabe des Gemeinwesens am Ergebnis privaten Erwerbsstrebens aus dem Zusammentreffen von individueller Erwerbsanstrengung und der Schaffung eines Marktes durch die Gemeinschaft. Der freiheitlichen Erwerbstätigkeit des Individuums ist nur deshalb ein Erfolg beschieden, weil sie sich innerhalb eines Marktes entfalten kann, den der Staat – als Repräsentant der Rechtsgemeinschaft – organisiert, fördert und für den er eine Rechtsordnung bereitstellt.871 Die Rechtfertigung der Steuer liegt daher in der Teilhabe des Staates am Erfolg privaten Wirtschaftens, nicht in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des 869 F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 28; J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (440). 870 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 92 ff.; ders., AöR 128 (2003), S. 1 (10 f.); J. Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: FS f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (414 ff.). 871 Eingehend zur Rechtfertigung der Einkommensteuer aus der Marktnutzung des Einkommensbeziehers P. Kirchhof, DStJG 24 (2001), S. 9 (14 f.); ders., StuW 1985, S. 319 (327 f.); hierzu auch M. Rodi, Rechtfertigung von Steuern, S. 34 f.

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Individuums als solcher. Der Grundsatz der Besteuerung nach der individuellen Zahlungsfähigkeit bildet den Belastungsmaßstab, das historisch überkommene872 zentrale Bemessungsprinzip der Steuer,873 er benennt jedoch nicht deren Rechtfertigungsgrund.874 Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist die Ausprägung des Gebots der Lastengleichheit im Steuerrecht875 und damit eine bereichsspezifische876 Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes,877 der hierbei durch Vorgaben der Freiheitsrechte, insbesondere der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, mit materiellen Wertentscheidungen ausgefüllt wird.878 Faßt man die Teilhabe des Staates am Ergebnis individuellen Erwerbs als Differenzierungsziel im Sinne des Gleichheitssatzes und als legitimes Interesse im Sinne der Verhältnismäßigkeit auf, so gehen freiheits- und gleichheitsrechtliche Anforderungen an den hoheitlichen Steuerzugriff im Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eine Verbindung ein.879 Hieraus ergibt sich der Verfassungsrang des Leistungsfähigkeitsprinzips, ohne daß es einer ausdrücklichen Erwähnung dieses Grundsatzes, wie sie sich in Art. 134 WRV fand,880 durch das Grundgesetz bedarf. 872 D. Pohmer/G. Jurke, FinArch 42 (1984), S. 445 ff.; D. Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 6 ff.; zur historischen Entwicklung der Steuerrechtfertigung vgl. K. Vogel, Der Staat 25 (1986), S. 481 ff. 873 Für indirekte Steuern kann die Leistungsfähigkeit des Steuerträgers nur in Art und Umfang der Einkommens- und Vermögensverwendung vermutet werden, vgl. K. Tipke/J. Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., 2005, § 4 Rn. 85; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 135; einschränkend daher P. Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, 2000, S. 27 (Indirekte Besteuerung folge „allenfalls“ einer in der anonymen Nachfrage vermuteten Leistungsfähigkeit.). 874 So bereits zutreffend D. Birk, StuW 1983, S. 293 (295); H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 131. 875 Siehe bereits oben § 16 B I. 876 Siehe oben § 16 D II 5; vgl. auch BVerfGE 93, 121 (135); P. Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, 2000, S. 32. 877 Zur Herleitung des Leistungsfähigkeitsprinzips aus Art. 3 Abs. 1 GG vgl. BVerfGE 66, 214 (223 ff.); aus neuerer Zeit E 84, 239 (269 ff.); 101, 297 (309 ff.); 105, 73 (110 f.); st. Rspr.; aus der Lit. D. Birk, StuW 1983, S. 293 (295); P. Kirchhof, StuW 1985, S. 319 (321 ff.). 878 P. Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, 2000, S. 36 f.; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 133 f.; zur maßstabsbildenden Kraft gerade der Eigentumsgarantie für das Leistungsfähigkeitsprinzip P. Kirchhof, StuW 1985, S. 319 (323). 879 Vgl. P. Kirchhof, StuW 1985, S. 319 (321) („Gleichheit in der angemessenen Last“), S. 322 („Zusammenfassung“ freiheits- und gleichheitsrechtlicher Vorgaben); ders., DStJG 24 (2001), S. 9 (16); D. Birk, StuW 1983, S. 293 (296 ff.). 880 J. Lang, Bemessungsgrundlage, S. 99 ff.; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 131 f. – Zur Aufnahme des Leistungsfähigkeitsprinzips in Art. 134 WRV aus der Sicht der Steuerrechtswissenschaft der Weimarer Republik eingehend A. Hensel, VjSchrStuFR 4 (1930), S. 441 (453 ff.); hierzu wiederum E. Reimer/C. Waldhoff, Steuerrechtliche Systembildung, in: dies. (Hrsg.), Albert Hensel, 2000, S. 1 (94 ff.).

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b) Die Gebühr Die Gebühr unterscheidet sich von der Steuer darin, daß sie dem Abgabenschuldner nicht „voraussetzungslos“ auferlegt, sondern von diesem als Gegenleistung für eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung erbracht wird. Entsprechend ihrer Funktion, eine Amtshandlung zu entgelten, die sich für den Gebührenschuldner als vorteilhaft erweist oder jedenfalls mit einem besonderen Kostenaufwand für die Behörde verbunden ist, der dem Grundrechtsträger unter Verantwortlichkeitsgesichtspunkten zugerechnet werden kann, haben sich im Recht der Gebühr zwei bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe herausgebildet, welche die Sonderbelastung des Gebührenschuldners mit einer nichtsteuerlichen Abgabe rechtfertigen: dies sind die Abschöpfung eines individuellen Vorteils und der Ausgleich eines individuell zurechenbaren Sonderaufwands. Vermittelt die gebührenpflichtige Leistung der Verwaltung dem Schuldner – wie regelmäßig der Fall – einen Vorteil, so rechtfertigt sich die Sonderbelastung des Grundrechtsträgers, der bereits als Steuerpflichtiger zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben beiträgt, aus dem Ausgleich dieses vermögenswerten Sondervorteils.881 Mit Blick auf diesen Aspekt des Leistungsaustauschs wird die Gebühr auch als „Verwaltungspreis“ bezeichnet.882 Die besondere Begünstigung des Gebührenschuldners durch eine Handlung der öffentlichen Verwaltung läßt es zu, diesen gesondert zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben heranzuziehen und damit gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen ungleich zu behandeln. Voraussetzung einer zulässigen Ungleichbehandlung ist dann, daß die Begünstigung des einzelnen das Interesse der Allgemeinheit an der Wahrnehmung der jeweiligen Staatsaufgabe übersteigt.883 Der Vorteilsausgleich als Grundgedanke der Gebührenrechtfertigung kommt bereits in den traditionellen Gebührentypen der Verwaltungs- und der Benutzungsgebühr deutlich zum Ausdruck. Im Falle der Verwaltungsgebühr ergibt sich die individuelle Begünstigung des Gebührenschuldners aus dem Empfang einer öffentlichen Lei881 Der Vorteilsausgleich als Grundgedanke der Gebührenrechtfertigung ist allgemein anerkannt, vgl. nur BVerfGE 91, 207 (224); 108, 1 (18); F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 16; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 185; H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 29 f.; K. Tipke/J. Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., 2005, § 3 Rn. 18; D. Drömann, Nichtsteuerliche Abgaben, 2000, S. 219 ff. 882 W. Leisner, Verwaltungspreis – Verwaltungssteuer, in: GS Hans Peters, 1967, S. 730 ff. 883 H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 29. – Die Ermittlung der bevorzugenden Wirkung einer Verwaltungshandlung bereitet oftmals Schwierigkeiten; ein anerkanntes Kriterium dafür, ob die Begünstigung des Gebührenschuldners den Nutzen der Leistung für die Allgemeinheit übersteigt, liegt in der Ausschließbarkeit anderer von der Inanspruchnahme dieses Vorteils, dazu D. Drömann, Nichtsteuerliche Abgaben, 2000, S. 225 ff.; K. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: FS f. Willi Geiger, 1989, S. 518 (534) m.w. N.

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stung, die für die handelnde Behörde neben dem Einsatz von Sachmitteln vornehmlich mit personellem Aufwand verbunden ist; entsteht der Sondervorteil für den Pflichtigen aus der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung, so ist sein Ausgleich durch die Erhebung einer Benutzungsgebühr statthaft.884 Allein durch den Gedanken der Vorteilsabschöpfung wird der Rechtfertigungsbedarf der Gebühr jedoch nicht vollständig erfaßt. Seit je her wird diese Form der Abgabe auch für solche Amtshandlungen erhoben, mit denen für den Abgabenpflichtigen weder ein finanzieller noch ein sonstiger Vorteil verbunden ist, so daß der Ausgleich einer besonderen Begünstigung als Rechtfertigung der Sonderlast ausscheidet.885 Wenn die Gebühr als Gegenleistung für eine „Leistung“ der öffentlichen Hand oder auch als „Entgelt“ bezeichnet wird, so impliziert dies zwar für den Regelfall, nicht aber generell, daß die gebührenpflichtige Amtshandlung für den Abgabenschuldner von besonderem Nutzen ist. Neben dem Belastungsgrund der Vorteilsabschöpfung steht daher als weiterer Rechtfertigungstatbestand die Veranlassung eines hoheitlichen Sonderaufwandes durch den Gebührenschuldner.886 Dieser kann zur Erstattung der Kosten einer Verwaltungshandlung herangezogen werden, durch die ihm zwar keine Begünstigung zuteil geworden ist, deren Aufwand er jedoch in solcher Weise verursacht hat, daß dieser ihm unter Verantwortlichkeitsgesichtspunkten zurechenbar ist. Mindestvoraussetzung der Aufwandszurechnung ist dabei ein Verursachungsbeitrag des Gebührenschuldners, der ihn von der Allgemeinheit abhebt.887 Ebenso wie für das Kriterium der Vorteilsabschöpfung ist auch für diesen Tatbestand besonderer Finanzierungsverantwortlichkeit entscheidend, daß seine Voraussetzungen in der Person jedes einzelnen Gebührenschuldners vorliegen; eine Gruppenver884 Verwaltungs- und Benutzungsgebühr lassen sich nicht im Sinne strikt voneinander abgegrenzter Gebührenarten unterscheiden; sie gehen ungeachtet ihrer begrifflichen Unterscheidung fließend ineinander über, dazu D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 112, 114; K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 46. 885 Zur Gebührenerhebung für neutrale oder nachteilige Handlungen des Staates eingehend D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 66 ff.; R. Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, 1975, S. 49 f.; vgl. auch J. Raecke, Das Kostendeckungsprinzip, 1971, S. 9; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 181. 886 Auch die Aufwandsveranlassung ist als zentraler Tatbestand der Gebührenrechtfertigung allgemein anerkannt, hierzu BVerfGE 50, 217 (226 f.); 97, 332 (345 f.); 108, 1 (18); K. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: FS f. Willi Geiger, 1989, S. 518 (524 f.) m.w. N.; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 185; D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 66 ff., 89; H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 31 f.; C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135 (142); U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 104 ff. 887 BVerfGE 108, 1 (21) – Rückmeldegebühr Baden-Württemberg; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 192; C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135 (142); das Kriterium der Verursachung wird als Zurechnungsgesichtspunkt bei der Auferlegung von Gebührenpflichten selten ausdrücklich erwähnt, da es denknotwendig im Tatbestand der Aufwandsveranlassung mitenthalten ist.

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antwortung, wie sie für die Zulässigkeit einer Sonderabgabe zu fordern ist, genügt den Anforderungen des Gebührenrechts nicht.888 Beide materiellen Belastungsgründe, der Ausgleich einer besonderen Begünstigung ebenso wie derjenige der Veranlassung eines hoheitlichen Sonderaufwandes, bestehen als zentrale Rechtfertigungskriterien der finanziellen Sonderbelastung eines Grundrechtsträgers mit einer Gebührenpflicht nebeneinander. Beide Kriterien stehen dadurch miteinander in Zusammenhang, daß der Behörde aus der Erstellung einer individuell begünstigenden Verwaltungsleistung regelmäßig auch Kosten entstehen werden, so daß den Gebührenschuldner in der Regel zugleich als Veranlasser wie auch als Begünstigten eine Sonderfinanzierungsverantwortlichkeit trifft. In dieser Situation verfügt der Gesetzgeber über einen Einschätzungsspielraum, nach welchem Verantwortlichkeitstatbestand er die Gebührenpflicht ausgestaltet.889 Unter anderen Gegebenheiten können auch nur die Voraussetzungen eines der beiden Rechtfertigungsgründe erfüllt sein, etwa dann, wenn – wie schon erwähnt – wegen des Fehlens jeglicher Begünstigung allein auf die Verursachung besonderer Verwaltungskosten abgestellt werden kann. In jedem Fall aber hat der Gesetzgeber durch die Ausbildung des gesetzlichen Tatbestands zu verdeutlichen, an welchen Belastungsgrund er anknüpft.890 Denn aus der Wahl des Tatbestandes besonderer Finanzierungsverantwortlichkeit ergeben sich die Maßstäbe der Gebührenbemessung. Als Sonderbelastung durch hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten bedürfen Gebührenpflichten der Rechtfertigung nicht nur dem Grunde, sondern auch der Intensität nach. Die beiden Bemessungsprinzipien, welche das Gebührenrecht prägen, bringen wiederum die wesentliche Bedeutung der beiden genannten Belastungsgründe zum Ausdruck. Das Äquivalenzprinzip891 richtet die Bemessung der Gebührenhöhe auf den Wert aus, den die öffentliche Leistung für den Gebührenschuldner besitzt, wurzelt also im Gedanken der Vorteilsabschöpfung. Die Kostendeckungsmaxime892 orientiert sich hingegen an den Kosten der Amtshandlung, geht also vom Belastungsgrund der Aufwandsveranlassung aus. 888

H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 29. K. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: FS f. Willi Geiger, 1989, S. 518 (534 f.); siehe zum Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung von Gebührentatbeständen auch sogleich im Text. 890 Eingehend zur Verpflichtung des Gesetzgebers, bei der Ausgestaltung von Gebührentatbeständen eine erkennbare Entscheidung zugunsten eines bestimmten Verantwortlichkeitstatbestandes zugrunde zu legen, BVerfGE 108, 1 (19 ff.); so bereits zuvor P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 197; vgl. auch C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135 (146); G. Schiller, NVwZ 2003, S. 1337 (1339 f.). 891 Zu diesem eingehend D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 244 ff.; F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 77 ff.; V. Schumacher, Rechtsfragen der sozialen Bemessung, 2003, S. 55 ff.; vgl. auch BVerwGE 79, 90 (91); 80, 36 (39). 889

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Einer näheren Betrachtung dieser beiden – das Gebührenrecht prägenden – Bemessungsprinzipien bedarf es an dieser Stelle nicht. Sie sind für die Untersuchung in diesem Zusammenhang nur insoweit von Interesse, als sie die beiden wesentlichen Belastungsgründe der Gebührenerhebung widerspiegeln. Vorteilsausgleich und Aufwandsveranlassung sind im Recht der Gebühr nicht nur als die zentralen Rechtfertigungskriterien der – in jeder Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben liegenden – finanziellen Sonderbelastung von Grundrechtsträgern anerkannt. Als Tatbestände einer Sonderfinanzierungsverantwortlichkeit strukturieren sie auch die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips auf Gebührenpflichten und ergänzen dabei den Maßstab der Zweck-Mittel-Relation durch Gesichtspunkte der Belastungsgleichheit.893 Die Bemessungsprinzipien der Vorteilsäquivalenz und der Kostendeckung ergeben sich daher aus einer Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf Gebührenpflichten, die durch die Belastungsgründe des Vorteilsausgleichs und der Aufwandsveranlassung gerechtfertigt werden. Sowohl die Ausführungen zur gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung der Gebührenerhebung als auch zu den Prinzipien ihrer Bemessung geben Grundsätze wieder, die im Recht der Gebühr allgemeine Anerkennung gefunden haben. Insbesondere steht die Bedeutung der Kriterien der Vorteilsabschöpfung sowie der Aufwandszurechnung als bereichsspezifischer Gleichheitsmaßstäbe des Gebührenrechts außer Streit.894 Unsicherheiten bestehen jedoch darüber, ob diese Belastungsgründe bereits Merkmale des verfassungsrechtlichen Gebührenbegriffs ausmachen oder ob sie erst bei der zulässigen Ausgestaltung der Gebührenpflicht, insbesondere ihrer Rechtfertigung vor dem Grundsatz der Lastengleichheit sowie der verhältnismäßigen Begrenzung ihrer Intensität zu beachten sind. Nach einer von Klaus Vogel begründeten Auffassung stellen die Belastungsgründe des Vorteilsausgleichs und der Aufwandsveranlassung bereits notwendige Bestandteile des Verfassungsbegriffs der Gebühr dar.895 Diese Ansicht geht 892 Zu diesem Bemessungsprinzip J. Raecke, Das Kostendeckungsprinzip, 1971; D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 271 ff.; F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 93 ff.; V. Schumacher, Rechtsfragen der sozialen Bemessung, 2003, S. 63 ff.; H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 32. 893 Siehe hierzu eingehend unten § 16 D VI. 894 Vgl. nur BVerfGE 50, 217 (227); 97, 332 (346); 108, 1 (18); K. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: FWS f. Willi Geiger, 1989, S. 518 ff.; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 181 ff., 185; U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 106; F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 236 ff.; V. Schumacher, Rechtsfragen der sozialen Bemessung, 2003, S. 85 ff. 895 K. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: FS f. Willi Geiger, 1989, S. 518; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 185 ff.; K. H. Friauf, „Verleihungsgebühren“ als Finanzierungsinstrumente?, in: FS 600 Jahre Universität Köln, 1989, S. 679 (695); U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 106; H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 28 ff.; ebenso

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davon aus, daß der Verfassunggeber des Grundgesetzes einen Begriff der Gebühr rezipiert habe, der nicht nur den bis dahin im Schrifttum vertretenen Ansichten, sondern auch der Praxis der Gebührengesetzgebung entspricht.896 In den Gebührengesetzen der Länder seien schon vor Inkrafttreten des Grundgesetzes der Aspekt der Vorteilsabschöpfung sowie derjenige der Aufwandszurechnung – und nur diese – als eigenständige und gleichwertige Typen von Gebührentatbeständen nebeneinander ausgeformt worden.897 Dementgegen definiert eine Auffassung, der sich auch das BVerfG angeschlossen hat, die Gebühr im verfassungsrechtlichen Sinne rein formal als „Abgabe, die an eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung anknüpft“ und erachtet damit die Kriterien, nach denen sich die individuelle Zurechenbarkeit der Leistung bestimmt, nicht als Elemente des verfassungsrechtlichen Gebührenbegriffs.898 Nach den Befürwortern dieses formalen Begriffs steht dem Gesetzgeber darüber, wann eine Leistung individuell zurechenbar ist, eine „weitgehende Dispositionsfreiheit“ zu.899 Wenngleich die zweite Auffassung von einem formalen Verfassungsbegriff der Gebühr ausgeht, stellt sie damit nicht in Frage, daß letztlich nur die Differenzierungskriterien des Vorteils- und des Aufwandsausgleichs als eigenständige Belastungsgründe anzuerkennen sind, welche die Gebührenerhebung vor dem Gebot der Lastengleichheit rechtfertigen. Exemplarisch hierfür steht die Position des BVerfG. Die Tatsache, daß auch das BVerfG die Kriterien der Vorteilsabschöpfung und der Aufwandszurechnung als die beiden Rechtfertigungsgründe finanzieller Sonderbelastung durch Gebühren anerkennt, wird zunächst aus den Bemessungsprinzipien deutlich, anhand derer das Gericht die zulässige Intensität von Gebührenpflichten überprüft. Auch das BVerfG zieht zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Gebührenbemessung nahezu ausschließlich die Maßstäbe der Vorteilsäquivalenz und der Kostendeckung heran.900 Als Maßstäbe der Bemessung von Sonderlasten müssen diese Grundsätze, wie das Gebereits W. Leisner, Verwaltungspreis – Verwaltungssteuer, in: GS Hans Peters, 1967, S. 730 (732); für einen materiellen Gebührenbegriff bereits zuvor R. Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, 1975, S. 54 ff. 896 So K. Vogel, Vorteil und Verantwortlichkeit, in: FS f. Willi Geiger, 1989, S. 518 (525). 897 So K. Vogel, a. a. O., S. 518, 524; darüber, daß die Auferlegung von Gebühren durch den Gesetzgeber sowohl vor Inkrafttreten als auch unter Geltung des Grundgesetzes nicht auf das Moment des Vorteilausgleichs beschränkt gewesen ist, besteht Einigkeit, vgl. auch D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 66 ff. 898 D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 89; ihm folgend F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 16; sodann BVerfGE 50, 217 (226); 97, 332 (345); bereits zuvor für eine formale Bestimmung des Gebührenbegriffs M. Kloepfer, AöR 97 (1972), S. 232 (251); vgl. auch P. Bohley, Gebühren und Beiträge, 1977, S. 10 f.; aus neuerer Zeit V. Schumacher, Rechtsfragen der sozialen Bemessung, 2003, S. 53 f.; D. Drömann, Nichtsteuerliche Abgaben, 2000, S. 199. 899 Hierzu insbesondere D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 88.

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richt ausdrücklich herausstellt,901 an dem Tatbestand der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit ansetzen, aufgrund derer sich die finanzielle Sonderbelastung rechtfertigt. Bei diesen Tatbeständen handelt es sich, wie dargestellt, um den Ausgleich eines individuellen Vorteils und die Veranlassung eines besonderen Kostenaufwandes. Schon hieraus ergibt sich, daß auch die Verfassungsrechtsprechung die genannten Belastungsgründe nicht nur als die zentralen, sondern schlicht als die spezifischen Maßstäbe der Lastengleichheit im Gebührenrecht anerkennt. Zwar betont das BVerfG, weder den Grundsätzen der Wertäquivalenz und der Kostendeckung noch anderen gebührenrechtlichen Bemessungsprinzipien komme Verfassungsrang zu.902 Damit bestreitet das Gericht jedoch nicht, daß die Belastungsgründe, an denen diese Prinzipien ansetzen, das Gebot gleicher Tragung öffentlicher Lasten aus Art. 3 Abs. 1 GG für das Gebührenrecht konkretisieren. Vielmehr ist der Hinweis zunächst dahin zu verstehen, daß die Bemessungsprinzipien ebensowenig wie die ihnen zugrundeliegenden Belastungsgründe Bestandteile des verfassungsrechtlichen Gebührenbegriffs bilden. Darüber hinaus bringt das BVerfG hiermit zum Ausdruck, daß die Merkmale des Vorteilsausgleichs und der Aufwandszurechnung nicht die einzigen Differenzierungskriterien, dementsprechend auch die Maßstäbe der Äquivalenz und der Kostendeckung nicht die einzigen Bemessungsprinzipien darstellen, die der Gesetzgeber bei der Auferlegung von Gebührenpflichten überhaupt berücksichtigen darf.903 In diesem Sinne stellt das Gericht heraus, der Gesetzgeber verfüge „über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen, welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er hierfür aufstellen und welche über die Kostendeckung hinausgehenden Zwecke“ er verfolgen wolle.904 Als 900 Vgl. BVerfGE 18, 392 (396); 20, 257 (269); 28, 66 (88); 50, 217 (226 f., 233); 91, 207 (223 f.); 97, 332 (344 f.); 108, 1 (18 ff.). 901 Vgl. BVerfGE 108, 1 (18) („Die Höhe der Gebühr ist wesentlich nach der Finanzierungsverantwortlichkeit zu bestimmen, die der Gesetzgeber durch die Ausgestaltung des konkreten Gebührentatbestands eingefordert hat.“, unter Verweis auf P. Kirchhof, in: HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 198). 902 Für das Kostendeckungsprinzip: BVerfGE 50, 217 (226); 97, 332 (345). – Für das Äquivalenzprinzip: offengelassen in BVerfGE 50, 217 (233); der Verfassungsrang wird abgelehnt durch E 97, 332 (345). – Zum fehlenden Verfassungsrang dieser und anderer Bemessungsprinzipien des Gebührenrechts bereits F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 41 ff. 903 Das BVerfG lehnt den Verfassungsrang dieser Bemessungsprinzipien mit solchen Nachdruck ab, um dem Fehlschluß vorzubeugen, Vorteilsausgleich und Aufwandsveranlassung bildeten die einzigen zulässigen Zwecke der Gebührenerhebung. Erkennbar wird dies in BVerfGE 97, 332 (345) („Das Kostendeckungsprinzip und ähnliche gebührenrechtliche Prinzipien sind keine Grundsätze mit verfassungsrechtlichem Rang. Mit einer Gebührenregelung dürfen neben der Kostendeckung auch andere Zwecke verfolgt werden . . .“). 904 BVerfGE 50, 217 (226 f.); 97, 332 (345); zurückhaltender hierzu E 108, 1 (19).

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weitere zulässige Rechtfertigungsgründe der Gebührenerhebung erkennt das Gericht Lenkungszwecke und Anliegen des sozialen Ausgleichs an. Wenngleich angesichts dessen der Eindruck entstehen könnte, als käme den Kriterien des Vorteils- und Aufwandsausgleichs in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung keine besondere Bedeutung gegenüber anderen Zwecken der Gebührenerhebung zu, so zeigt sich bei genauerer Betrachtung, daß das Gericht gerade die Verfolgung solcher weiterer Zwecke nur in engen Grenzen zuläßt. Es erkennt dem Gesetzgeber lediglich die Befugnis zu, die Gebührenhöhe „unter Berücksichtigung des Ziels einer begrenzten Verhaltenssteuerung“ festzulegen;905 ähnlich hält es die Verfolgung sozialer Zwecke durch Abstufung der Gebührenbelastung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners nur „unterhalb einer kostenorientierten Obergrenze des Gebührensatzes“ für zulässig.906 Daher ist es zwar richtig, daß der Gesetzgeber durch die Verfassung nicht von vornherein gehindert wird, die Maßstäbe der Wertäquivalenz und der Kostendeckung zugunsten anderer Bemessungsleitlinien zurückzustellen. Doch bleibt die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung durch die Gesichtspunkte des Vorteilsausgleichs und der Aufwandsveranlassung sowie, hierauf basierend, die Bemessung der Gebührenhöhe anhand der Maßstäbe von Vorteilsäquivalenz und Kostendeckung die Regel, die Modifizierung dieser Grundsätze zu sozialen und Lenkungszwecken die in engen Grenzen zulässige Ausnahme. Die herausragende Bedeutung, die der Ausgleichsfunktion der Gebührenerhebung für deren gleichheitsrechtliche Rechtfertigung also auch nach Ansicht des BVerfG zukommt,907 wird durch die Zulässigkeit ergänzender Zwecke nicht in Frage gestellt. Bemerkenswert ist auch, daß das Gericht einen weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zwar für dessen Entscheidungen, „welche öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen“ und „welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er hierfür aufstellen“ wolle, nicht aber für die Bestimmung des Kriteriums der individuellen Zurechenbarkeit annimmt, dieses also offenbar für dem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum vorausliegend erachtet.908 In jüngsten Entscheidungen des BVerfG wird die hervorgehobene Position der beiden klassischen Belastungsgründe von Gebühren nicht nur vermittels der herangezogenen Bemessungsprinzipien erkennbar, vielmehr zählt das Gericht hier die nach seiner Auffassung zulässigen Zwecke der Gebührenerhebung abschließend auf, wobei es neben Vorteilsausgleich und Kostendeckung 905

So BVerfGE 108, 1 (18); ähnlich zuvor bereits E 50, 217 (226 f.); 97, 332

(345). 906

BVerfGE 80, 103 (107); 97, 332 (346 f.); 108, 1 (18). Vgl. auch BVerfGE 91, 207 (223); 93, 319 (344); 108, 1 (17). 908 Vgl. BVerfGE 97, 332 (345); in E 108, 1 (19) nimmt das Gericht einen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nur hinsichtlich der Gebührenbemessung an und stützt diesen auf den Prognosecharakter der Entscheidung, welche Kosten eine Amtshandlung für die Verwaltung bzw. welchen Vorteil sie für den Empfänger mit sich bringen werde. 907

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das Ziel einer „begrenzten“ Verhaltenssteuerung und „schließlich“ – ebenfalls in begrenztem Umfang – soziale Zwecke aufführt.909 Auch das Schrifttum gelangt – unabhängig davon, ob es einen formalen oder einen materiellen Verfassungsbegriff der Gebühr annimmt – überwiegend zu dem Ergebnis, die Zwecke der Verhaltenssteuerung und des sozialen Ausgleichs dürften lediglich ergänzend und in begrenztem Umfang bei der Ausgestaltung der Gebührenpflicht berücksichtigt werden.910 Insbesondere für Lenkungszwecke wird hervorgehoben, diese rechtfertigten nicht die Gebühr als solche, sondern nur deren Bemessung: Da eine abgabenrechtliche Verhaltenslenkung auch durch die Steuer erreicht werden könne, müsse sich die lenkende Gebühr von der Steuer durch Kriterien der individuellen Zurechenbarkeit, also durch ihre Vorteils- und Aufwandsabhängigkeit abheben.911 c) Der Beitrag Auch im Recht des Beitrags hat sich ein bereichsspezifischer Maßstab der Lastengleichheit herausgebildet, wird die Ungleichbehandlung des Beitragsschuldners gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen also durch die Wahl eines bestimmten Belastungsgrundes gerechtfertigt. Wie die Gebühr wird auch der Beitrag als Gegenleistung des Bürgers für eine besondere Leistung der öffentlichen Verwaltung erhoben, er ist also Vorzugslast.912 Im Falle eines Beitrags wird die öffentliche Leistung regelmäßig in der Schaffung, Erweiterung und Erhaltung einer öffentlichen Einrichtung bestehen, etwa der Erschließung von Grundstücken durch Straßen und Leitungen oder der Unterhaltung von Fremdenverkehrseinrichtungen.913 Auch die finanzielle Sonderbelastung des Grundrechtsträgers durch einen – finanzrechtlichen914 – Beitrag ist deshalb vor 909

BVerfGE 108, 1 (18) – Rückmeldegebühr Baden-Württemberg. P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 190, 207; K. H. Friauf, „Verleihungsgebühren“ als Finanzierungsinstrumente?, in: FS 600 Jahre Universität Köln, 1989, S. 679 (695); H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 28 ff.; F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2001, Rn. 241 ff.; P. Selmer/C. Brodersen, DVBl. 2000, S. 1153 (1162); zur „Steuerdistanz“ von Lenkungsgebühren vgl. auch D. Drömann, Nichtsteuerliche Abgaben, 2000, S. 357 ff. 911 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 207. 912 Anerkanntermaßen lassen sich Gebühr und Beitrag nicht trennscharf voneinander abgrenzen, da beiden Typen der Vorzugslast der Charakter als Entgelt für eine öffentliche Leistung gemeinsam ist und die Unterscheidung allein davon abhängt, ob der gesetzliche Abgabentatbestand an die individuelle Zurechenbarkeit eines staatlich überbrachten Sondervorteils anknüpft oder der Gesetzgeber auf die bloße Möglichkeit der Vorteilsziehung durch den Pflichtigen abstellt. Hierzu P. Kirchhof, a. a. O., § 88 Rn. 214; eingehend auch D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 121 ff. 913 Zum Anlieger- und Erschließungsbeitrag als „Musterbeispiel des Beitrags“ sowie zu weiteren Erscheinungsformen D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 119 f. 910

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Art. 3 Abs. 1 GG aus dem Gedanken des „Ausgleichs von Vorteilen und Lasten“915 gerechtfertigt, da die Bereitstellung der öffentlichen Einrichtung einerseits dem Pflichtigen die bevorzugende Möglichkeit zu deren Nutzung eröffnet, andererseits für die Verwaltung mit einem besonderen Erstellungsaufwand verbunden ist. Im Gegensatz zur Gebühr ist die abgabenrechtliche Ungleichbehandlung des Beitragsschuldners jedoch nicht allein durch die Veranlassung eines besonderen Verwaltungsaufwandes zu rechtfertigen, stets bedarf es auch der Begünstigung des Pflichtigen dadurch, daß diesem die Möglichkeit zur Nutzung der hoheitlich bereitgestellten Einrichtung eingeräumt wird. Entsprechend einer verbreiteten Definition dient die Beitragserhebung also der „Beteiligung der Interessenten an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung, von der sie Nutzen haben“ oder haben können.916 Der Beitrag ist nur dann vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt, wenn sich aus der öffentlichen Leistung „konkrete, einzeln greifbare wirtschaftliche Vorteile“ ergeben, die der Abgabenpflichtige „nützen könnte.“917 Allerdings bleiben die Zulässigkeitsanforderungen des Beitragsrechts insofern hinter denen der Gebührenerhebung zurück, als die Vorteilsabschöpfung im Falle des Beitrags nicht die tatsächliche Inanspruchnahme der Verwaltungsleistung durch den Abgabenschuldner voraussetzt, sondern es genügen läßt, daß sich diesem die Möglichkeit zur Nutzung der öffentlichen Einrichtung bietet. Der Beitrag entgilt folglich nicht die tatsächliche Vorteilsziehung, sondern das bevorzugende Angebot einer Leistung der öffentlichen Hand.918 Die abgabenrechtliche Sonderbelastung einzelner Steuerpflichtiger durch Beiträge rechtfertigt sich somit vor dem Grundsatz gleicher Tragung öffentlicher Lasten allein aus dem Gedanken der Vorteilsabschöpfung. Der Ausgleich eines besonderen Verwaltungsaufwands bildet zwar einen zulässigen – und, da die 914 Zur Unterscheidung von der Verbandslast wird der Beitrag auch als „Beitrag im finanzrechtlichen Sinne“ (K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 429), oder „Vorzugsbeitrag“ (J. Isensee, Äquivalenz im Abgabenrecht, in: GS f. Wilhelm Karl Geck, 1989, S. 355 (372, 378)) bezeichnet. Zur Abgrenzung beider Abgabenarten P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 280. – Das BVerwG ordnet auch die Verbandslasten, die durch Kammern der berufsständischen oder wirtschaftlichen Selbstverwaltung erhoben werden, dem Beitrag zu, BVerwGE 92, 24 (26) m.w. N. 915 So BVerfGE 14, 312 (317) unter Verweis auf E 9, 291 (297 f.); vgl. auch E 42, 223 (228); BVerwGE 39, 100 (107); 74, 196 (198); aus dem Schrifttum T. Ubber, Der Beitrag, 1993, S. 275 ff. 916 So BVerfGE 38, 281 (311); vgl. auch E 9, 291 (297 f.); 14, 312 (317); 42, 223 (228); 49, 343 (353); T. Ubber, Der Beitrag, 1993, S. 181; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 213. 917 BVerfGE 49, 343 (353). 918 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 213; vgl. auch M. Kloepfer/W. Follmann, DÖV 1988, S. 572 (584); K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 429; J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (451); ähnlich BVerfGE 49, 343 (353); BVerwGE 25, 147 (149).

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Bereitstellung öffentlicher Einrichtungen zwangsläufig mit Kosten verbunden ist, stets einschlägigen – Zweck der Beitragserhebung, als eigenständiger und vom Erfordernis der Vorteilsabschöpfung unabhängiger Belastungsgrund steht er hingegen nicht zur Verfügung. Soweit auch im Beitragsrecht das Bemessungsprinzip der Kostendeckung neben dem der Leistungsäquivalenz herangezogen wird, weist dies also nicht auf die Existenz zweier eigenständiger und voneinander unabhängiger Belastungsgründe hin, sondern bringt lediglich zum Ausdruck, daß es dem Gesetzgeber freisteht, auch eine durch den Gedanken des Vorteilsausgleichs gerechtfertigte Beitragspflicht nach den Kosten der Leistungserstellung zu bemessen.919 Aus dem „gelockerten“ Zurechnungszusammenhang zwischen der Beitragspflicht und dem Verhalten des Beitragsschuldners erklärt sich schließlich, weshalb dieser Typus der Vorzugslast zur Verfolgung von Lenkungszwecken vergleichsweise ungeeignet ist. Während etwa die Gebühr ein ihr zugewiesenes Lenkungsziel erreicht, indem sie – individuell zurechnend – an ein bestimmtes Verhalten des Pflichtigen anknüpft und diesen dazu veranlaßt, der Abgabenlast durch eine Verhaltensänderung auszuweichen, kann der Beitrag, der gerade unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme der entgoltenen Leistung erhoben wird, das Verhalten des Pflichtigen kaum steuern. Vor diesem Hintergrund läßt sich sagen, daß der Vorrang der Differenzierungskriterien, die sich aus bereichsspezifischen Maßstäben der Belastungsgerechtigkeit herleiten – Vorteilsausgleich und Aufwandsveranlassung –, im Recht des Beitrags noch deutlicher zu erkennen ist als im Gebührenrecht. Können die genannten Belastungsgründe bei der Gebührenerhebung in begrenztem Umfang zugunsten ergänzender Zwecke, etwa der Lenkung, zurückgestellt werden, so ist aufgrund der andersartigen Anknüpfungsweise von Beitragstatbeständen das Kriterium der Vorteilsabschöpfung bei diesen Sonderlasten praktisch unangefochten. Wie für die Gebühr gilt auch für den Beitrag, daß Zwecke des sozialen Ausgleich keinen eigenständigen Belastungsgrund im Sinne der Lastengleichheit bilden, folglich der Maßstab des Vorteilsausgleichs nur in begrenztem Umfang zugunsten sozialer Erwägungen modifiziert werden darf. Das BVerwG hat eine (lediglich) ergänzende Berücksichtigung sozialer Belange im Rahmen vorteilsbezogener Differenzierungen zugelassen;920 allerdings ergingen diese Entscheidungen zu Beitragspflichten berufsständischer Kammern, die nach herrschender, auch hier vertretener Auffassung den Verbandslasten zuzuordnen sind. Die Lite-

919 F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 248, weist darauf hin, daß es sich bei dem Prinzip der Kostendeckung sogar um die historisch frühere Form der Beitragsbemessung handelt, da diese Vorzugslast anfangs ausschließlich als Beteiligung an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung verstanden worden sei; vgl. auch T. Ubber, Der Beitrag, 1993, S. 278 f. 920 BVerwGE 39, 100 (105 f.); 92, 24 (26 f.).

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ratur steht einer Beitragsbemessung unter sozialen Gesichtspunkten ablehnend gegenüber.921 d) Die Sonderabgabe Wie in Auseinandersetzung mit den Schutzfunktionen der einzelnen Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben gesehen wurde, bilden die Erfordernisse der Sachnähe, der besonderen Gruppenverantwortung und der Gruppennützigkeit im Verbund miteinander den Belastungsgrund, der die Sonderlast vor dem Grundsatz der Lastengleichheit legitimiert.922 Da jedoch der Befund der Sachnähe allein nicht die Zuweisung einer finanziellen Sonderlast rechtfertigt923 und die Anforderung der gruppennützigen Verwendung im Falle einer qualifizierten Gruppenverantwortung entbehrlich ist,924 steht die Voraussetzung der besonderen Gruppenverantwortung im Zentrum der gleichheitsrechtlichen Legitimation von Sonderabgaben. Allerdings enthält das Erfordernis der besonderen Gruppenverantwortung keine weiteren Vorgaben für die Rechtfertigung der Sonderabgabe als die Notwendigkeit einer besonderen Finanzierungsverantwortung. Es gibt keinen materiellen Belastungsgrund an, der die Auferlegung einer Sonderabgabe legitimiert, sondern umschreibt lediglich als formelle Kategorie die Rechtfertigungsbedürftigkeit als solche. Es erfüllt damit dieselbe Funktion, die innerhalb des verfassungsrechtlichen Gebührenbegriffs, wie ihn das BVerfG vertritt, dem Merkmal der „individuellen Zurechenbarkeit“ zukommt. Dies stellt die Frage, welche Belastungsgründe die Annahme einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit zu tragen vermögen. Eine Durchsicht der Verfassungsrechtsprechung zu Sonderabgaben sowie der jüngeren Gesetzgebungspraxis kann Aufschluß darüber geben, welche Belastungsgründe das BVerfG und der Gesetzgeber als Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung der Abgabenpflichtigen anerkennen. aa) Die Rechtsprechung des BVerfG Seit dem Urteil zur Berufsausbildungsabgabe – der ersten Entscheidung, in der das Gericht explizit nach der „besonderen Gruppenverantwortung“ fragt – stellt das BVerfG für die Finanzierungsverantwortlichkeit der Abgabenpflichti921 F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 251, 245; J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (453). 922 Siehe oben § 7 C I 3 a); so auch BVerfGE 113, 128 (151); L. Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 (825). 923 Siehe hierzu oben § 7 C I 3 a). 924 Siehe hierzu oben § 7 C I 3 c).

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gen in der Regel darauf ab, ob die sonderbelastete Gruppe durch die Wahrnehmung der finanzierungsbedürftigen Aufgabe in einer hervorgehobenen Weise begünstigt wird. Im Falle der Berufsausbildungsabgabe begründet das Gericht zunächst die Sachnähe der Arbeitgeber zur Herstellung eines ausreichenden Angebots an Ausbildungsplätzen damit, nur diese verfügten typischerweise über die Möglichkeit, berufsbezogene Ausbildungsplätze zu schaffen und anzubieten.925 Die hierauf aufbauende besondere Gruppenverantwortung sieht das Gericht darin angelegt, daß eine qualitativ zufriedenstellende Entwicklung des Arbeitsmarktes als einer wesentlichen Voraussetzung künftiger Leistungsfähigkeit „vornehmlich den Arbeitgebern zugute“ komme.926 Die Berufsausbildungsabgabe trage dazu bei, daß auch in kommenden Jahren ein qualitativ und quantitativ ausreichendes Angebot an Arbeitskräften zur Verfügung stehe und diene hierdurch dem „besonderen Interesse“ der Arbeitgeber. Das BVerfG führt die Finanzierungsverantwortlichkeit der Gruppe der Arbeitgeber also auf den Gedanken des Ausgleichs einer besonderen Begünstigung zurück. Damit zieht das Gericht innerhalb der formellen Rechtfertigungsanforderung der besonderen Gruppenverantwortung als materiellen Belastungsgrund das Kriterium des Vorteilsausgleichs, dem man in ähnlicher Form bereits im Recht der Vorzugslasten begegnet ist, heran. In ähnlicher Weise bezieht sich das Gericht zur Verfassungsmäßigkeit des Absatzfonds zur Förderung von Erzeugnissen der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft durchgängig auf die „Finanzierungsverantwortlichkeit für die Markterschließung und Marktpflege“, welche die Unternehmen der Land- und der Ernährungswirtschaft zu einer homogenen Gruppe verbinde;927 hierdurch gibt das Gericht zu erkennen, daß es die Absatzförderung zugunsten der belasteten Gruppe unter Verwendung des Abgabenaufkommens, die es auch als „staatlich organisierte Selbsthilfe“ bezeichnet, als besondere Begünstigung dieser Gruppe ansieht.928 Auch für die Ausgleichsabgabe nach dem Hessischen Sonderurlaubsgesetz fragt das Gericht danach, ob die sonderbelastete Gruppe der Arbeitgeber aus der finanzierungsbedürftigen Aufgabe einen besonderen Nutzen zu ziehen vermag, und erachtet, da es hieran fehlt, die Voraussetzung der besonderen Gruppenverantwortung für nicht erfüllt.929 Doch stellt das Gericht nicht erst seit der Entwicklung des nunmehr anerkannten Kataloges von Zulässigkeitsanforderungen an Sonderabgaben auf die besondere Begünstigung der abgabenpflichtigen Gruppe ab. Schon das Urteil zur Milchmarktordnung rechtfertigt die Erhebung einer Ausgleichsabgabe da925 926 927 928 929

BVerfGE 55, 274 (312 ff.). BVerfG, a. a. O., S. 314. BVerfGE 82, 159 (184 ff.). BVerfG, a. a. O., S. 178. BVerfGE 101, 141 (149).

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mit, die Schaffung einer einheitlichen Marktordnung für Milcherzeugnisse sei für die Unternehmen des betroffenen Wirtschaftszweiges von besonderem Vorteil, zudem würden innerhalb der Branche nur diejenigen Unternehmen mit der Abgabe belastet, die durch die Errichtung der Marktordnung zuvor in einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Weise begünstigt worden seien.930 In der Entscheidung zur Weinwirtschaftsabgabe erkennt das Gericht die besondere Verantwortlichkeit der Pflichtigen in einem gesteigerten Nutzen, den diese aus der Wahrnehmung der finanzierten Sachaufgabe zögen. Die Unternehmen der Weinwirtschaft profitierten in hervorgehobener Weise von der Errichtung eines Stabilisierungsfonds, aus dessen Mitteln Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität des deutschen Weines, der Weinerzeugung und der Stabilisierung des Weinmarktes finanziert würden.931 Allen Sonderabgaben, die das BVerfG durch das Element der „staatlich organisierten Selbsthilfe“932 eines bestimmten Wirtschaftszweiges charakterisiert gesehen hat – neben den angeführten Regelungen sind noch der sog. „Kohlepfennig“933 und die Umlage zur Finanzierung der Ausbildung in den Altenpflegeberufen934 zu nennen –, ist gemeinsam, daß das Gericht zur Begründung der Finanzierungsverantwortlichkeit auf die besondere Begünstigung abhebt, die sich für die Gruppe der Abgabenschuldner aus der Erfüllung der finanzierungsbedürftigen Aufgabe ergibt. Damit greift das BVerfG und – wie die Ausgestaltung der zu beurteilenden Regelungen zeigt – auch der Gesetzgeber für die gleichheitsrechtliche Legitimation von Sonderabgaben auf einen materiellen Belastungsgrund zurück, der in ähnlicher Gestalt auch das Recht der Vorzugslasten prägt. Das BVerfG selbst beschreibt diesen Zusammenhang dahin, „in gewisser Weise“ erhalte die sonderabgabenpflichtige Gruppe für die Erbringung der Abgabe „eine Art ,Gegenleistung‘, ähnlich wie jemand, der für einen Beitrag eine staatliche Leistung erhält.“ Auch die Rechtfertigung von Sonderabgaben enthalte daher „ein Element der [. . .] Verknüpfung mit dem Beitragsgedanken oder eine Art ,Entgeltcharakter‘.“935 Freilich unterscheidet sich der Gedanke des Vorteilsausgleichs, wie er der Rechtfertigung von Sonderabgaben zugrunde gelegt wird, in einer wesentlichen Hinsicht von seiner Erscheinungsform im Recht der Vorzugslasten. Gebühren und Beiträge schöpfen einen Vorteil ab, der dem Abgabenpflichtigen durch eine Leistung der öffentlichen Hand – tatsächlich 930

BVerfGE 18, 315 (327 ff.). BVerfGE 37, 1 (19 ff.). 932 Vgl. nur BVerfGE 18, 315 (328); 55, 274 (314); 82, 159 (178). 933 Die Abgabe zu Lasten der Energieversorgungsunternehmen nach dem Dritten Verstromungsgesetz rechtfertigte sich nach Auffassung des Gesetzgebers als Selbsthilfemaßnahme der Energiewirtschaft; das BVerfG ist dem nicht gefolgt, vgl. BVerfGE 91, 186 (193 ff.). 934 Vgl. BVerfGE 108, 186 (225) – Altenpflegeumlage („objektives Interesse an einer hinreichenden Zahl gut ausgebildeter Altenpflegekräfte“). 935 BVerfGE 55, 274 (316) – Berufsausbildungsabgabe. 931

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oder zumindest als Leistungsangebot – überbracht worden ist. Bei Sonderabgaben hingegen ergibt sich die besondere Begünstigung aus staatlichen Fördermaßnahmen im überwiegenden Interesse der Gesamtgruppe, wobei die Maßnahmen mangels individueller Zurechenbarkeit nicht als „öffentliche Leistung“ zu qualifizieren sind. Auf diesen Unterschied weist das BVerfG in ständiger Rechtsprechung mit Nachdruck hin.936 Aufgrund der Häufigkeit, mit der die besondere Begünstigung der Schuldnergruppe als materieller Belastungsgrund gewählt wird, werden Sonderabgaben in neuerer Zeit auch als „entgeltende Abgaben“ in einem weiteren Sinne bezeichnet,937 oftmals wird im Schrifttum auch darauf hingewiesen, sie seien hierin dem finanzrechtlichen Beitrag ähnlich.938 Ihr gesteigerter Rechtfertigungsbedarf als „seltene Ausnahme“,939 der sie auch von den Vorzugslasten unterscheidet, wird durch diese Beobachtung nicht in Frage gestellt. Neben der besonderen Begünstigung der belasteten Gruppe findet sich in der Rechtsprechung des BVerfG als weiterer Belastungsgrund die kausale Verantwortlichkeit der Abgabenpflichtigen für einen Bedarf nach hoheitlichem Tätigwerden im Bereich der zu finanzierenden Aufgabe. Besonders deutlich hat das Gericht dieses Differenzierungskriterium in seinen Entscheidungen zur Verfassungsmäßigkeit des Solidarfonds Abfallrückführung940 und des KlärschlammEntschädigungsfonds941 herausgearbeitet. Im ersten Fall stand die Zulässigkeit einer Sonderabgabe in Frage, die Abfall exportierenden Unternehmen auferlegt wurde und aus deren Mitteln Maßnahmen zur Rückführung illegal ins Ausland verbrachter Abfälle durch deutsche Behörden finanziert wurden. Die Abgabenpflicht traf allerdings nur solche Unternehmen, die im Falle eines Abfallexports ihren gesetzlichen Pflichten zur Notifikation an die zuständigen Behörden sowie zur Sicherheitsleistung für den Fall, daß eine Rückführung der Abfälle durch deutsche Behörden erforderlich werde, nachkamen. Das BVerfG stellt für die Rechtfertigung der Sonderbelastung auf die kausale Verantwortlichkeit der Unternehmen ab und sieht, da eine solche fehlt, die Voraussetzung der besonderen Gruppenverantwortung nicht erfüllt. Es legt dar, schon durch die Sicherheitsleistung seien die betroffenen Unternehmen „Zurechnungssubjekte der Finanzierungsverantwortung für die je selbst veranlassten Umweltrisiken ihres Ex936 BVerfGE 82, 159 (178) – Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschaft („Belastungsgrund ist nicht eine der Agrarwirtschaft bevorzugend angebotene Staatsleistung, sondern die Absatzförderung im Wege staatlich organisierter Selbsthilfe.“); vgl. auch die entsprechenden Formulierungen in BVerfGE 110, 370 (388) sowie E 113, 128 (148). 937 H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 347. 938 Vgl. nur K. H. Friauf, JA 1981, S. 261; H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 41. 939 BVerfGE 55, 274 (308); 108, 186 (217); 113, 128 (150); st. Rspr. 940 BVerfGE 113, 128 – Solidarfonds Abfallrückführung. 941 BVerfGE 110, 370 – Klärschlamm-Entschädigungsfonds.

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ports.“942 Die verbleibenden Risiken illegaler Exporte, für die Deutschland aus völkerrechtlicher Verpflichtung einzustehen habe, seien nicht Konsequenz eines gemeinsamen Risikos aller Nutzer des Exportmarktes, sondern Folge individuellen Fehlverhaltens solcher Exporteure, die ihrer Notifikationspflicht nicht nachkämen und aufgrund dessen auch nicht der Gruppe abgabenpflichtiger Unternehmen angehörten. Das Gericht erklärt damit für maßgeblich, daß sich ein kausaler Zurechnungszusammenhang zwischen dem Verhalten der abgabenpflichtigen Unternehmen und der Entstehung eines hoheitlichen Kostenaufwands nicht begründen lasse. Auch in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des Klärschlamm-Entschädigungsfonds hat sich das BVerfG zur Konkretisierung der besonderen Gruppenverantwortung auf das Verursachungskriterium gestützt.943 Allerdings zieht es diese Kategorie hier im Verbund mit dem Belastungsgrund des Ausgleichs einer besonderen Begünstigung heran. Das Gericht erkennt die besondere Gruppenverantwortung zunächst darin, daß es sich bei der Gruppe der Klärschlammabgeber – anders als im Falle des Solidarfonds Abfallrückführung – um die potentiellen Verursacher der Sach- und Personenschäden handelt, zu deren Ersatz die Mittel des Entschädigungsfonds verwendet werden.944 Über diesen Belastungsgrund der Aufwandsveranlassung hinaus sieht es die Gruppe der Abgabenpflichtigen durch die Haftungsabsicherung, die der Fonds bewirkt, in besonderem Maße begünstigt; insbesondere würden die Klärschlammabgeber durch die Leistungen des Fonds von Schadensersatzansprüchen freigestellt, insoweit handele es sich um eine „versicherungsnahe Lösung“.945 Die Sonderabgabenregelungen, bei deren Beurteilung das BVerfG in jüngerer Zeit allein oder jedenfalls maßgeblich auf das Kriterium der Verursachung abgestellt hat, entstammen dem Umweltrecht. Gleichwohl leitet das Gericht die Kategorie kausaler Verantwortlichkeit nicht aus dem umweltrechtlichen Verursacherprinzip ab. Statt dessen behandelt das Gericht die Finanzierungsverantwortlichkeit kraft kausalen Verhaltens als allgemeines, nicht einer bestimmten Rechtsmaterie entnommenes Kriterium der Belastungsgerechtigkeit an die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben. Damit bestätigt die Sonderabgabenjudikatur des BVerfG die schon zum Gebührenverfassungsrecht getroffene Feststellung, die Verursachung mache gleichsam den Kern des Verantwortlichkeitstatbestandes der Aufwandsveranlassung aus, der oftmals nicht ausdrücklich erwähnt, implizit aber vorausgesetzt wird. Ähnlich wie bereits für das Kriterium der besonderen Begünstigung herausgestellt, bedeutet auch „Aufwands“veranlassung im Zusammenhang mit der Erhebung von Sonderabgaben freilich nicht – wie im 942 943 944 945

BVerfGE 113, 128 (152) (Hervorhebung nicht im Original). Zum folgenden BVerfGE 110, 370 – Klärschlamm-Entschädigungsfonds. BVerfG, a. a. O., S. 392. BVerfG, ebd.

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Recht der Gebühr – die Veranlassung eines besonderen Verwaltungsaufwands durch Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung; da eine solche Verwaltungshandlung bei der Erhebung von Sonderabgaben gerade fehlt, bezeichnet die Kategorie in diesem Zusammenhang vielmehr, daß die Abgabenpflichtigen durch ihr Verhalten zur Entstehung eines Bedarfs nach Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe beitragen, die sodann unter Verwendung des Abgabenaufkommens erfüllt wird. Neben den Belastungsgründen der besonderen Begünstigung und der kausalen Verantwortlichkeit hat das BVerfG für die gleichheitsrechtliche Legitimation von Sonderabgaben bisweilen darauf gesehen, ob für die belastete Gruppe eine gesetzliche Verpflichtung zur Wahrnehmung der Sachaufgabe besteht, an die der Abgabengesetzgeber mit der Auferlegung der Sonderabgabe anknüpft. Beispielsweise war die Ausgleichsabgabe nach dem Schwerbehindertengesetz von den Arbeitgebern sobald und solange zu zahlen, wie die Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter in einem Betrieb hinter dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanteil zurückblieb; die Abgabenpflicht knüpfte also an die Nichterfüllung der Einstellungspflicht in der Vergangenheit an, um diese zu kompensieren.946 Ähnlich belastete die in mehreren Bundesländern erhobene Feuerwehrabgabe alle feuerwehrdienstpflichtigen Männer, die ihrer Dienstpflicht in einem vergangenen Dienstzeitraum nicht nachgekommen waren.947 Den typischen Fall, in dem der Gesetzgeber mit einer Sonderabgabenpflicht an eine vorgefundene Sachpflicht anknüpft, bildet in der Praxis also die Auferlegung eines „Ersatzgeldes“948 für die frühere Nichterfüllung einer bestimmten gesetzlichen Handlungspflicht. Die Abgabenpflicht stellt dann gleichsam das „Surrogat“ einer in der Vergangenheit nicht erfüllten Naturalleistungspflicht dar. Freilich sind Ausgleichsabgaben des soeben beschriebenen Typus nicht die einzige Form, in welcher der Gesetzgeber Sachpflichten in Sonderabgabenpflichten „überführt.“ Das besondere Verwaltungsrecht kennt inzwischen eine Vielzahl „befreiender“ Abgaben949 – etwa die bauordnungsrechtliche Stellplatzabgabe oder die naturschutzrechtliche Ausgleichsabgabe –, durch die der Gesetzgeber zur Begründung weiterer Geldleistungspflichten an die Nichterfüllung von Naturalleistungspflichten anschließt. Allerdings muß zum Zwecke der Untersu946

Zur Ausgestaltung der Schwerbehindertenabgabe BVerfGE 57, 139 (141 f.). Zur regelungstechnischen Ausgestaltung sowie zur Verfassungsmäßigkeit der Feuerwehrabgaben nach baden-württembergischem und bayerischem Landesrecht BVerfGE 92, 91 (94 ff.) – Feuerwehrabgabe III; zur Verfassungsmäßigkeit der Vorgängervorschrift der baden-württembergischen Feuerwehrabgabe ferner E 9, 291 – Feuerwehrabgabe I – sowie E 13, 167 – Feuerwehrabgabe II. 948 BVerfGE 9, 291 (295). 949 Umfassend zu den verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsmaßstäben an diesen Abgabentypus – unter Behandlung der wesentlichen Fallgruppen – C. Seiler, Befreiende Abgaben, in: C. Waldhoff/H.-G. Henneke/H. Pünder (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 18. 947

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chung, welche materiellen Belastungsprinzipien das Recht der nichtsteuerlichen Abgaben beherrschen, nicht weiter auf diese Form von Sonderabgaben eingegangen werden, da es sich bei der Anknüpfung an eine bestehende gesetzliche Handlungspflicht nicht im gleichen Sinne um einen materiellen Belastungsgrund handelt wie bei den Tatbeständen des Vorteilsausgleichs und der Aufwandsveranlassung. Die Auferlegung einer Primärpflicht, die im Falle ihrer Nichterfüllung möglicherweise einer Umwandlung in eine Abgabenpflicht zugänglich ist, stellt bereits für sich betrachtet einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in Grundrechte dar. Dabei bedarf die Begründung einer besonderen Handlungsverantwortlichkeit ebenso wie diejenige einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit zu ihrer Legitimation vor dem Grundsatz der Lastengleichheit eines sachlichen Differenzierungsgrundes. Das Bestehen der Sachund Handlungspflicht bildet in keinem Fall den Legitimationsgrund der finanziellen Sonderbelastung; wohl aber können beide Formen von Sonderlasten aufgrund desselben materiellen Belastungskriteriums gerechtfertigt sein. bb) Die Gesetzgebungspraxis im Sonderabgabenrecht Neben der Verfassungsrechtsprechung gibt insbesondere die Gesetzgebungspraxis Auskunft darüber, auf welche materiellen Belastungsgründe die Erhebung von Sonderabgaben gestützt und dadurch vor dem Gebot der Lastengleichheit gerechtfertigt wird. Beschränkt man die Betrachtung dabei auf die Entwicklung seit Beginn der achtziger Jahre und läßt die bereits bei Durchsicht der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung erwähnten Sonderabgaben außer Betracht, so fällt auf, daß der Gesetzgeber sich dieser Abgabenform ganz überwiegend im Umweltrecht bedient. Auch im Umweltrecht werden Sonderabgaben dabei nach ihrer Zwecksetzung systematisiert. Im Vordergrund stehen zum einen Abgaben, die auf den Ausgleich ungleicher Belastungen zielen. Solche Ungleichheiten ergeben sich etwa dann, wenn ein gesetzlicher Verhaltensbefehl von einem Teil der Normadressaten befolgt wird, während eine erhebliche Zahl anderer Adressaten ihm nicht nachkommt bzw. aus tatsächlichen Gründen nicht nachkommen kann. So wird etwa die naturschutzrechtliche „Ausgleichs“abgabe,950 zu deren Erhebung § 19 Abs. 4 BNatSchG den Landesgesetzgebern Raum läßt, von demjenigen Verursacher eines Eingriffs in Natur und 950 Hinter dem Begriff der „Ausgleichsabgabe“ verbirgt sich eine Homonymie: Während BVerfG und Schrifttum darunter allgemein eine Sonderabgabe verstehen, die auf den Ausgleich einer ungleichen Belastung infolge ungleichmäßigen Vollzugs einer gesetzlichen Pflicht gerichtet ist (siehe hierzu bereits oben § 7 A III), bezeichnet der Begriff im naturschutzrechtlichen Zusammenhang eine Sonderabgabe, die auf den Ausgleich eines Umweltschadens im Sinne einer „Wiedergutmachungsfunktion“ abzielt. Die Abgabe nach § 11 Abs. 5 NatSchG BW beispielsweise ist Ausgleichsabgabe im doppelten Sinne. Zur „Ausgleichs“funktion naturschutzrechtlicher Abgaben eingehend BVerwGE 74, 308 (310).

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Landschaft erhoben, dessen Eingriff – im Unterschied zu Eingriffen anderer Verursacher – nicht durch tatsächliche Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen zu kompensieren ist. Zum anderen wird Umweltsonderabgaben häufig eine Lenkungsfunktion beigelegt, es wird also umweltschädigendes Handeln mit einer Abgabenlast versehen, um den Adressaten zur Annahme eines umweltverträglicheren Verhaltens zu bewegen. Ziel ist es dabei, die zu Lasten der Allgemeinheit eintretenden Umweltschädigungen als „externe Effekte“ zu „internalisieren“, indem sie auf dem Wege der Abgabenlast in die Kostenrechnung des Verursachers eingegliedert werden.951 Die Zuordnung einer Umweltsonderabgabe zu einem bestimmten Gestaltungszweck trifft in der Regel keine Aussage darüber, welcher materielle Belastungsgrund die Abgabe vor dem Grundsatz der Lastengleichheit rechtfertigt. Die Systematisierung von Sonderabgaben nach ihrer Zwecksetzung erklärt sich, wie bereits gesehen,952 aus dem Erfordernis, den Akt nichtsteuerlicher Abgabenerhebung vor der Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen zu rechtfertigen. Die Wahl des Belastungsgrundes erfüllt hingegen eine Anforderung des Gleichheitssatzes. Dennoch zeigt die Gesetzgebungspraxis, daß beide Rechtfertigungsebenen nicht isoliert voneinander bestehen. Zur Erzielung von Lenkungszwecken muß der Gesetzgeber den Abgabentatbestand auf denjenigen ausrichten, von dem er andernfalls Umweltbeeinträchtigungen erwartet, also auf den potentiellen Verursacher eines Umweltschadens. Auch ausgleichsbedürftige Ungleichbelastungen können sich nur zwischen solchen Personen einstellen, denen der Gesetzgeber primär dieselben Verhaltenspflichten auferlegt hat; hierbei wird er sich, sofern sein Handeln nicht durch das Vorsorgeprinzip953 angeleitet wurde, in der Regel am Verursacherprinzip orientiert haben. Umweltsonderabgaben sind deshalb meist „Verursacherabgaben“, wenngleich diese Bezeichnung die Gefahr des Mißverständnisses birgt, es handele sich bei ihr, ebenso wie bei den Begriffen der Lenkungs- und der Ausgleichsabgabe, um eine Kategorisierung nach dem Gestaltungszweck, nicht nach dem materiellen Rechtfertigungsgrund der finanziellen Sonderlast.954 Unabhängig von ihrer kompetenzrechtlichen Klassifizierung folgt daher eine große Zahl umweltrechtlicher Sonderabga-

951 Zu den ökonomischen Grundlagen der Verhaltenssteuerung durch Umweltabgaben R. Sparwasser/R. Engel/A. Voßkuhle, Umweltrecht, 5. Aufl., 2003, § 2 Rn. 113 ff.; M. Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl., 2004, § 5 Rn. 224 ff.; D. Dickertmann, DStJG Bd. 15 (1993), S. 33 ff. 952 Siehe oben § 7 C I 1. 953 Zu Begriff und Inhalt des Vorsorgeprinzips im Umweltrecht U. Di Fabio, Voraussetzungen des Vorsorgeprinzips, in: FS f. Wolfgang Ritter, 1997, S. 807 ff.; R. Sparwasser/R. Engel/A. Voßkuhle, Umweltrecht, 5. Aufl., 2003, S. 70 ff.; R. Fleury, Das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht, 1995. 954 Hierzu bereits P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 254.

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ben zum Zwecke der gleichheitsrechtlichen Legitimation dem Verursachergedanken. Unter den bundesrechtlich auferlegten Umweltabgaben verwirklicht insbesondere die Abwasserabgabe955 das Verursacherprinzip. Die Abwasserabgabe wird häufig als das „Paradebeispiel“956 einer Umweltabgabe bezeichnet, da sie von vornherein auch als Lenkungsabgabe zur Verbesserung der Gewässerqualität konzipiert wurde. Bereits in der Entwurfsbegründung legt die Bundesregierung in einem ersten Schritt das Umweltniveau fest, das sie zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt zu erreichen bestrebt ist, und erörtert sodann auf dieser Grundlage die unter Lenkungsgesichtspunkten gebotene Abgabenbemessung.957 Das Beispiel der Abwasserabgabe belegt daher, daß umweltrechtliche Lenkungsabgaben keinen Gegenbegriff zur Verursacherabgabe darstellen; vielmehr wird der Gesetzgeber der Abgabenpflicht oftmals das Verursacherprinzip zugrunde legen müssen, will er neben fiskalischen auch Lenkungszwecke verfolgen. Mehrheitlich werden Umweltsonderabgaben auf landesrechtlicher Grundlage erhoben. So haben zahlreiche Bundesländer seit Beginn der neunziger Jahre Regelungen über Sonderabfallabgaben958 erlassen.959 Abgabenpflichtig waren960 nach diesen Vorschriften die Erzeuger besonders überwachungsbedürftiger Abfälle.961 Als Bewertungsgrundlage der Abgabenpflicht diente neben der Vermeidbarkeit der Abfälle die Schwierigkeit ihrer umweltverträglichen Entsor955 Zur Sonderabgabe nach dem Abwasserabgabengesetz eingehend K. Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, 1986, S. 185 ff.; H. Köhler, Abwasserabgabengesetz. Kommentar, 2. Aufl., 2005; R. Sparwasser/R. Engel/A. Voßkuhle, Umweltrecht, 5. Aufl., 2003, S. 576 ff.; M. Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl., 2004, § 13 Rn. 235 ff. 956 So R. Breuer, Grundprobleme des Umweltschutzes, in: E. Wenz u. a. (Hrsg.), Ökologie, Ökonomie und Jurisprudenz, 1987, S. 21 (48); ähnlich auch K. Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, 1986, S. 185; M. Schröder, DÖV 1983, S. 667; auch M. Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl., 2004, § 5 Rn. 264, hält sie aufgrund dessen für „modellprägend“. 957 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 7/2272, S. 21 ff.; hierzu auch U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 35; C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135 (137). 958 Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Sonderabfallabgaben P. Selmer, Sonderabfallabgaben und Verfassungsrecht, 1996; C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135 ff. 959 So unter anderem Baden-Württemberg (Landesabfallabgabengesetz vom 11. 3. 1991, GBl. S. 133), Hessen (Hessisches Sonderabfallabgabengesetz vom 26. 6. 1991, GVBl. I S. 218), Niedersachsen (Niedersächsisches Abfallabgabengesetz vom 17. 12. 1991, GVBl. S. 373) und Schleswig-Holstein (Schleswig-Holsteinisches Gesetz über die Erhebung einer Abfallabgabe vom 22. 7. 1994, GVBl. S. 395). 960 BVerfGE 98, 83 – Landesabfallabgaben – hat die Verfassungsbeschwerden gegen die Regelungen der genannten Länder für begründet angesehen und die Landesgesetze für nichtig erklärt; Baden-Württemberg und Niedersachsen hatten ihre Abfallabgabengesetze noch vor der Entscheidung des BVerfG aufgehoben. 961 Vgl. §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 LAbfAG BW; § 2 Abs. 1 HSondAbfAbG; § 1 Abs. 2 AbfAG Nds.; § 1 AbfAG SH.

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gung und ihre Verwertbarkeit als Reststoffe;962 hierin kam zum Ausdruck, daß der Abfallerzeuger als Verursacher eines besonderen Umweltrisikos sowie eines besonderen – wenngleich nicht notwendig hoheitlichen – Entsorgungsaufwandes in Anspruch genommen wurde. Umfangreichen Einsatz finden auch naturschutzrechtliche Ausgleichsabgaben auf landesrechtlicher Grundlage.963 Nach der bundesrechtlichen Rahmenregelung des § 19 Abs. 1 und 2 BNatSchG ist der Verursacher eines Eingriffs verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen, unvermeidbare Beeinträchtigungen hat er durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorrangig auszugleichen oder in sonstiger Weise zu kompensieren. § 19 Abs. 4 BNatSchG läßt dem Landesgesetzgeber Raum, den Verursachern nicht ausgleichbarer Beeinträchtigungen eine Ausgleichsabgabe – das Gesetz spricht von „Ersatzzahlung“ – aufzuerlegen. Die Mehrheit der Bundesländer hat von ihrer Kompetenz zur Einführung einer solchen Abgabe Gebrauch gemacht.964 Neben den hiermit skizzierten Verursacherabgaben gibt oder gab es auch auf dem Gebiet des Umweltrechts Sonderabgaben wie die Altöl-965 und die Benzinbleiabgabe,966 welche auf die besondere Begünstigung einer Gruppe durch die Wahrnehmung einer finanzierungsbedürftigen Aufgabe abstellen. Unter den bestehenden Abgabenregelungen des Umweltrechts bildet der Verursachergedanke jedoch den bei weitem am häufigsten gewählten Belastungsgrund. Für diese Akte der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben verfügt das Verursachungskriterium über eine doppelte Grundlage: Zum einen leitet es sich aus dem Verursacherprinzip als allgemeinem Strukturprinzip des deutschen, aber auch des gemeinschaftsrechtlichen967 Umweltrechts ab. Zum anderen stellt es die Mindestanforderung an die Rechtfertigung einer finanziellen Sonderbelastung aus dem 962

Vgl. § 4 Abs. 1 LAbfAG BW; § 3 Abs. 1 HSondAbfAbG. Zur Verfassungsmäßigkeit naturschutzrechtlicher Ausgleichsabgaben BVerwGE 74, 308; 81, 220 (225); K. Meßerschmidt, DVBl. 1987, S. 925 ff.; vgl. auch A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, 1999, S. 242 ff. 964 Vgl. nur § 11 Abs. 5 NatSchG BW; § 15 Abs. 1 NatSchG Bbg; § 6 Abs. 3 HmbNatSchG; § 6b HENatG; § 5 Abs. 3 S. 2 LG NW; § 11 Abs. 4 S. 1 SNG; § 5 Abs. 3, 5a LPflG RhPf; § 8 Abs. 3 NatSchG SH. 965 Die Altölabgabe wurde durch § 4 des Gesetzes über Maßnahmen zur Sicherung der Altölbeseitigung – AltölG – vom 23. 12. 1968 (BGBl. I S. 1419) eingeführt; sie ist inzwischen durch § 30 Abs. 1 des Abfallgesetzes vom 27. 8. 1986 (BGBl. I S. 1410, 1501) mit Wirkung zum 31. 12. 1988 aufgehoben worden. – Zur Altölabgabe H. v. Lersner, DStJG 15 (1993), S. 103 f.; U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 31 ff. 966 Die sog. Benzinbleiabgabe wurde durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Ergänzung des Benzinbleigesetzes vom 25. 11. 1975 (BGBl. I S. 2919) eingeführt. Ihre Erhebung war von vornherein auf den Zeitraum zwischen 1. 1. 1976 und 31. 12. 1977 beschränkt; hierzu M. Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl., 2004, § 5 Rn. 272. 967 Vgl. Art. 174 Abs. 2 EGV. 963

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Gedanken der Aufwandsveranlassung dar, bildet also gleichsam den „Kern“ dieses Tatbestandes einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit. In dieser Eigenschaft wurde das Kriterium bereits im Gebührenverfassungsrecht und sodann in der Rechtsprechung des BVerfG zur gleichheitsrechtlichen Legitimation von Sonderabgaben – auch außerhalb des Umweltrechts – nachgewiesen. e) Die Verbandslast Als „mitgliedschaftsbezogene Abgabe“ oder Verbandslast wird regelmäßig eine Geldleistungspflicht bezeichnet, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ihren Mitgliedern auferlegt und deren Aufkommen der Körperschaft dazu dient, den aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben erwachsenden Finanzbedarf zu decken.968 In der Diskussion um die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Verbandslasten in Rechtsprechung und Literatur dominieren zwei Erscheinungsformen der Abgabenerhebung durch öffentlich-rechtliche Verbände. Hier sind zum einen die sog. Kammer„beiträge“ zu nennen, zu denen Körperschaften der berufsständischen und der wirtschaftlichen Selbstverwaltung ihre Mitglieder heranziehen. Daneben bedient sich der Gesetzgeber des Mittels öffentlich-rechtlicher Zwangszusammenschlüsse auch dazu, die finanziellen Lasten öffentlicher, meist eng begrenzter Aufgaben auf einen Kreis von Privatpersonen und öffentlichen Selbstverwaltungskörperschaften zu verteilen, bei denen er eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die kostenbegründende Aufgabe erkennt. Bei diesen sog. Lastenverbänden, wie sie etwa für die Deicherhaltung und im Bereich der Wasserwirtschaft zum Einsatz kommen, bildet die Verteilung der finanziellen Lasten die wesentliche Aufgabe des Verbandes.969 Nach einer früher vertretenen Auffassung sollte, sofern die Begründung der Pflichtmitgliedschaft verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, auch die Erhebung mitgliedschaftsbezogener Abgaben verfassungsmäßig sein. Die Verbandslast bedürfe als „selbstverständliche Folge“ einer gesetzlich angeordneten Pflichtmitgliedschaft in einem öffentlich-rechtlichen Verband keiner gesonderten Rechtfertigung.970 Träfe diese Auffassung zu, so würde sich die Frage nach der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung einer nichtsteuerlichen Abgabe für die 968 A. Merkt, Die mitgliedschaftsbezogene Abgabe, 1989, S. 7 f.; J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (447 f.); F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 252. 969 Hierzu K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 428; J. Isensee, Äquivalenz im Abgabenrecht, in: GS f. Wilhelm Karl Geck, 1989, S. 355 (377) (Die Verbandsmitgliedschaft sei hier „letztlich nur ein rechtstechnischer Kunstgriff des Gesetzgebers“, um die gesetzliche Aufgabe zu organisieren und zu finanzieren.). 970 So BVerwGE 42, 210 (217) unter Verweis auf BVerfGE 12, 319 (323) – Ärztliche Pflichtaltersversorgung; ebenso J. Isensee, Äquivalenz im Abgabenrecht, in: GS

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Verbandslast nicht stellen. Diese Ansicht vernachlässigte jedoch, daß es sich bei der Eingliederung von Grundrechtsträgern in einen Zwangsverband und der daran anschließenden Abgabenbelastung um verschiedene Grundrechtseingriffe handelt, die je für sich auf ihre Vereinbarkeit mit den beeinträchtigten Grundrechtsgewährleistungen betrachtet werden müssen. Zudem weist das Schrifttum zutreffend darauf hin, die Erhebung einer Abgabe rechtfertige sich niemals allein aus der Zugehörigkeit des Schuldners zu einer Personengruppe, die grundsätzlich zur Belastung mit der betreffenden Abgabe in Betracht kommt, sondern stets erst aus dem spezifischen Belastungsgrund der jeweiligen Abgabe.971 Betrachtet man die Belastungsgründe, die von der autonomen Rechtssetzungsgewalt öffentlich-rechtlicher Zwangsverbände bei der Abgabenerhebung beachtet und in Rechtsprechung und Literatur als Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung der Verbandsmitglieder gegenüber der steuerpflichtigen Allgemeinheit anerkannt werden, so sind dies wiederum die Abschöpfung eines besonderen Vorteils und der Ausgleich eines durch die Verbandsmitglieder zurechenbar verursachten hoheitlichen Sonderaufwandes. Die Erhebung von Kammer„beiträgen“ durch die Selbstverwaltungskörperschaften der freien, handwerklichen und industriellen Berufe verfolgt in erster Linie den Ausgleich des besonderen Nutzens, den die Mitglieder dieser Körperschaften aus der Tätigkeit des Verbandes zu ziehen vermögen.972 Berufskammern etwa vertreten die Interessen der Berufsangehörigen in Staat und Gesellschaft und erweitern durch eine Bündelung der Mitgliederinteressen die Handlungsmöglichkeiten des Individuums. Sie fördern und unterstützen die Berufsausübung ihrer Mitglieder auch darüber hinaus in vielfacher Weise. So erhalten die Mitglieder die Möglichkeit, verbandseigene Einrichtungen zu nutzen und Dienstleistungen, die durch Organe des Verbandes angeboten werden, in Anspruch zu nehmen. Gerade kleinere Betriebe können von der Beratung und Betreuung, die ihnen hierdurch zuteil wird, erheblich profitieren. f. Wilhelm Karl Geck, 1989, S. 355 (375); D. Mronz, Körperschaften und Zwangsmitgliedschaft, 1973, S. 54 (m. Fn. 7), 286 f. 971 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 278; ihm folgen T. Ubber, Der Beitrag, 1993, S. 314, und K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 428; im Ergebnis ebenso A. Merkt, Die mitgliedschaftsbezogene Abgabe, 1989, S. 33 f. 972 Zur Begünstigung der Mitglieder durch die Verbandstätigkeit am Beispiel von Ärztekammern etwa BVerwGE 39, 100 (107); 92, 24 (26); BVerwG, NVwZ 1990, 1167; ähnlich zu Notarkammern BGHZ 112, 163 (169, 175); BGH, NJW 1997, 1239 (1241); zum Belastungsgrund der Vorteilsabschöpfung bei Verbandslasten ferner K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 428; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 280. – Soweit sich die gesetzliche Aufgabe einer Kammer auf bestimmte Gruppen von Mitgliedern nicht erstreckt, können diese nicht zu Beiträgen herangezogen werden, die in Erfüllung dieser Aufgabe entstehen, da ein rechtfertigender Vorteil insoweit ausscheidet, BVerwG, NVwZ-RR 1998, 169.

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Neben diesen erkennbar vorteilsvermittelnden Aufgabenbereichen bildet auch die Kontrolle der Mitglieder nach den Maßstäben des Standesrechts einen wesentlichen Bestandteil der Verbandstätigkeit.973 Während auch dieses Tätigkeitsfeld für die Gesamtgruppe der Kammermitglieder als Begünstigung begriffen werden kann, da die Wahrung berufspraktischer Standards sowie die Pflege der Standesehre für die Berufsgruppe Vorteile nach sich zieht, wirkt diese aus Sicht des Betroffenen unmittelbar belastend. Doch läßt sich die Abgabenerhebung auch hinsichtlich dieses Aspekts der körperschaftlichen Aufgabenwahrnehmung gleichheitsrechtlich rechtfertigen. Zum einen ist es bei der Verbandslast nicht in gleichem Maße wie für den finanzrechtlichen Beitrag Voraussetzung, daß der abgegoltene Vorteil jedem Angehörigen der Schuldnergruppe individuell überbracht wird, er also zumindest die Möglichkeit zum Genuß der Begünstigung hat. Da die Tätigkeit öffentlich-rechtlicher Zwangsverbände darauf ausgeht, das „Gesamtinteresse“ der in ihnen zusammengeschlossenen Personen zu verwirklichen, wird die Erhebung von Abgaben zur Finanzierung dieser Tätigkeit auch dann durch den Gedanken des Vorteilsausgleichs gerechtfertigt, wenn einzelne Mitglieder entgegen der typisierenden Annahme des Gesetz- bzw. des autonomen Satzungsgebers aus der Arbeit des Verbandes keinerlei Vorteile für sich abzuleiten vermögen.974 Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied gegenüber der Rechtfertigung finanzrechtlicher Beiträge aus dem Gedanken der Vorteilsabschöpfung.975 Zum anderen können sich Verbandslasten stets auch auf den Belastungsgrund der Aufwandsveranlassung stützen.976 Entbehrt die Tätigkeit einer öffentlichrechtlichen Körperschaft jeglicher begünstigenden Wirkung für ihre Mitglieder – ein praktisch seltener Fall –, so steht daher die zurechenbare Verursachung eines hoheitlichen Sonderaufwandes als weiterer Legitimationsgrund für die Er973 Zur Überwachung der ordnungsgemäßen Erfüllung von Berufsausgaben durch berufsständische Kammern BVerwGE 39, 100 (103) m.w. N.; zur Legitimation der Abgabenerhebung im Zusammenhang hiermit P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 280. 974 Vgl. BVerwGE 92, 24 (26) (Da eine berufsständische Kammer „in erster Linie die Gesamtbelange ihrer Mitglieder“ zu wahren habe, müsse der für die Beitragsbemessung maßgebende Nutzen „nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil bestehen, der sich bei dem einzelnen Mitglied meßbar niederschlägt“, er könne weitgehend nur vermutet werden.); ähnlich BVerwG, NVwZ 1990, 1167; vgl. auch BGHZ 112, 163 (169); BGH, NJW 1997, 1239 (1241) („Mitgliedsbeiträge dieser Art sind vielmehr bereits dann gerechtfertigt, wenn sie Maßnahmen zugute kommen, die auf die Wahrung der Gesamtbelange der Berufsangehörigen gerichtet sind.“). – Zur Rechtfertigung der Verbandslast durch „Gruppenvorteile“ auch F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 252; W. Puwalla, Qualifikation von Abgaben, 1987, S. 52. 975 Dazu auch K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 426. 976 F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 252; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 280.

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hebung mitgliedschaftsbezogener Abgaben zur Verfügung. Unter diesem Aspekt können gerade Kontroll- und Aufsichtstätigkeiten des Zusammenschlusses über seine Mitglieder, in denen der Charakter der Verbandsgewalt als Eingriffsverwaltung im öffentlichen Interesse deutlich wird, gerechtfertigt werden. Ihre gleichheitsrechtliche Legitimation empfängt die Abgabenbelastung dann aus dem besonderen Bedarf nach hoheitlichem Einschreiten, den die Verbandsmitglieder durch ihr Verhalten zurechenbar verursachen und für dessen Kosten sie unter Verantwortlichkeitsgesichtspunkten aufzukommen haben. Nicht nur an den Körperschaften der berufsständischen und wirtschaftlichen Selbstverwaltung, sondern auch am Typus des Lastenverbandes wird die Ausprägung der beiden Rechtfertigungsgründe im Recht der Verbandslasten deutlich. Bei der Einrichtung eines Lastenverbandes findet der Gesetzgeber oftmals eine Situation vor, in der Privatpersonen oder Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechts – meist Gemeinden – bestimmten Handlungspflichten aus Gesetz unterworfen sind, etwa der Abwasserentsorgung, der Unterhaltung von Gewässern oder baulicher Anlagen wie Deichen.977 Mit dem Zusammenschluß der pflichtigen Personen zu einem Lastenverband wird die Sachpflicht auf diesen übertragen, die Sachaufgabe fortan durch Organe des Verbandes wahrgenommen, die Deckung des entstehenden Finanzbedarfs jedoch im Wege der Abgabenerhebung den Mitgliedern angelastet. Die Auferlegung der Verbandslast ist dann unter Vorteilsgesichtspunkten dadurch legitimiert, daß die Mitglieder von ihrer kostenträchtigen Primärpflicht frei werden.978 Ebenso läßt sich die Finanzierungspflicht jedoch als Fortsetzung der primären Handlungspflicht begreifen, sofern die Verantwortlichkeitsgesichtspunkte, die eine Finanzierungsverantwortung zu tragen vermögen, auch im Tatbestand der primären Sachverantwortlichkeit vorliegen. In Fällen umweltrechtlicher Lastenverbände bildet regelmäßig der Verursachergedanke, bisweilen auch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums den Anknüpfungspunkt sowohl der primären Handlungspflicht als auch der Finanzierungsverantwortung im Sinne der Verbandslast.979 Die Abgabenbemessung richtet sich für Verbandslasten nach den Prinzipien der Vorteilsäquivalenz und der Kostendeckung.980 Eine vorteilsbezogene Be977 Zur „vorgefundenen“ Verantwortlichkeit des Verbandsmitglieds aus gesetzlicher Verpflichtung BVerwGE 42, 210 (213); so nun auch BVerwG, NVwZ 2002, 1508 („. . . ihnen an sich selbst aufzuerlegende Unterhaltungspflicht“); vgl. auch J. Isensee, Äquivalenz im Abgabenrecht, in: GS f. Wilhelm Karl Geck, 1989, S. 355 (380); T. Ubber, Der Beitrag, 1993, S. 310. 978 So ausdrücklich BVerwG, NVwZ 2002, 1508. 979 Vgl. BVerwGE 42, 210 (214); BVerwG, NVwZ 2002, 1508; vgl. auch C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135 (145) zur Finanzierungsverantwortung des Altlastenverursachers im Rahmen von Entsorgungsverbänden. 980 F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 253; zur Anwendung des Äquivalenzprinzips auf Verbandslasten BVerwGE 92, 24 (26 f.); BVerwG, NVwZ 1990, 1167 f.; T. Ubber, Der Beitrag, 1993, S. 311 f.; zum Kosten-

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messung liegt beispielsweise den Kammerbeiträgen, zu denen die Selbstverwaltungskörperschaften der freien, handwerklichen und industriellen Berufe ihre Mitglieder heranziehen, zugrunde. In der Regel findet sich hier neben einem „Grundbeitrag“, der für alle Mitglieder gleich bemessen ist, eine Staffelung des Abgabensatzes nach der Höhe des Einkommens, welches das Mitglied aus seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit erzielt.981 Hinter dieser Staffelung steht die Vermutung, in dem höheren Einkommen eines Mitglieds spiegele sich der weitere Umfang wider, in dem dieses bei seiner Berufsausübung von der Verbandstätigkeit profitiert. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird somit als Indikator für den Genuß besonderer Vorteile betrachtet, wie auch daran erkennbar wird, daß sich die Staffelung des Abgabensatzes allein nach dem beruflichen Einkommen richtet, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit also nur insoweit maßgebend ist, wie sie mit der Verbandstätigkeit in Zusammenhang steht.982 Lediglich ergänzend wird die Beitragsbemessung nach der Höhe des Berufseinkommens auch durch soziale Erwägungen der Verbandssolidarität zwischen Mitgliedern unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gerechtfertigt.983 Gesichtspunkte des sozialen Ausgleichs bilden folglich im Recht der Verbandslasten keinen eigenständigen Belastungsgrund, rechtfertigen also nicht die Sonderbelastung als solche, sondern lassen lediglich gewisse Abweichungen von den Bemessungsprinzipien der Vorteilsäquivalenz und der Kostendeckung zu. deckungsprinzip bei der Abgabenerhebung durch Lastenverbände BVerwGE 42, 210 (215 f.); J. Isensee, Äquivalenz im Abgabenrecht, in: GS f. Wilhelm Karl Geck, 1989, S. 355 (361). 981 Zur Kombination von Grundbeitrag und gestaffelten „Beitrags“sätzen BVerwGE 39, 100 (105 f.); 92, 24 (25); VGH Kassel, DÖV 1987, 548 (549); T. Ubber, Der Beitrag, 1993, S. 327 ff. 982 Zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als Maßstab vermuteter Vorteilsziehung BVerwGE 39, 100 (106 f.); BVerwG, NVwZ 1990, 1167 („Die Anknüpfung an die Gewerbesteuermeßbeträge stellt auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kammermitglieder [ab]. Sie geht davon aus, daß leistungsstarke Unternehmen aus der der Kammer aufgegebenen Wahrnehmung des Gesamtinteresses der ihr zugehörenden Gewerbetreibenden in der Regel höheren Nutzen ziehen können als wirtschaftlich schwächere.“); zur Begrenzung des Differenzierungskriteriums auf berufliches Einkommen BVerwGE 92, 24 (25); J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (448); kritisch T. Ubber, Der Beitrag, 1993, S. 331 f.; allgemein zur Zulässigkeit tätigkeitsbezogener Differenzierungen bei der Bemessung von Verbandslasten P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 279. 983 Vgl. BVerwGE 39, 100 (105 f.); 92, 24 (26 f.) (Die Staffelung solle „nicht nur“ sozialen Erwägungen Rechnung tragen, sondern „insbesondere auch den unterschiedlichen Nutzen erfassen, der den verschiedenen Mitgliedsgruppen aus der Kammertätigkeit“ erwachse. Es handele sich mithin „um einen wesentlich vorteilsbezogenen Maßstab.“); zur begrenzten Berücksichtigung sozialer Erwägungen, sofern diese „in der Struktur der Körperschaft und der Mitgliedschaftsrechte angelegt“ sind, auch J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (448); ablehnend T. Ubber, Der Beitrag, 1993, S. 338 ff.

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Besonders deutlich zeigt sich die Dualität von Vorteilsabschöpfung und Aufwandsveranlassung in der Abgabenbemessung der Lastenverbände. Typischerweise wird hier ein Verband, in dem Gemeinden zur Finanzierung der Abwasserentsorgung zusammengeschlossen sind, die Abgabenpflicht nach der Menge zugeleiteten Abwassers bemessen,984 ein Zusammenschluß von Grundstückseigentümern zum Zwecke der Unterhaltung kleinerer Gewässer die finanziellen Lasten nach Maßgabe der Grundstücksfläche verteilen.985 In beiden Fällen bringt das Bemessungsprinzip zum Ausdruck, in welchem Umfang das Mitglied durch die Verbandstätigkeit in bevorzugender Weise von seiner primären Entsorgungs- oder Unterhaltungspflicht entlastet wird; gleichzeitig spiegelt sich in der Lastenbemessung das Ausmaß wider, in dem das einzelne Mitglied zu einem Bedarf nach Wahrnehmung der Sachaufgabe zurechenbar beiträgt. f) Der Sozialversicherungsbeitrag Bis hierhin hat sich gezeigt, daß die Gedanken der Aufwandsveranlassung und der Vorteilsabschöpfung – in ihren jeweils formenspezifischen Ausprägungen – das Recht der Vorzugslasten, der Sonderabgaben und der Verbandslasten als allgemeine Belastungsprinzipien durchziehen. In einem gewissen Gegensatz hierzu steht der sozialversicherungsrechtliche Solidarbeitrag.986 Als Ergebnis der historischen Entwicklung des Sozialversicherungsrechts steht der Gedanke des Solidarausgleichs hier als eigenständiger Belastungsgrund neben dem Kriterium des Vorteilsausgleichs. Ihre Rechtfertigung findet die abgabenrechtliche Sonderbelastung Privater mit Sozialversicherungsbeiträgen zunächst im Versicherungsprinzip. Die Abgabenpflicht des Versicherten entgilt den Wert, den dieser dadurch empfängt, daß die Versicherung ihm zunächst Schutz vor bestimmten Risiken und nach Eintritt des Versicherungsfalles auch konkrete Versicherungsleistungen gewährt. Legitimationsgrund der Abgabenbelastung ist insofern der Ausgleich eines besonderen Vorteils, der Sozialversicherungsbeitrag steht, soweit er sich auf diesen Belastungsgrund stützen läßt, der Vorzugslast nahe.987 Allerdings bestimmt sich die 984 Beispiel nach J. Isensee, Äquivalenz im Abgabenrecht, in: GS f. Wilhelm Karl Geck, 1989, S. 355 (358). 985 Beispiel nach BVerwGE 42, 210 (214 ff.); ebenso nun BVerwG, NVwZ 2002, 1508. 986 Zu Begriff und Abgrenzung des Sozialversicherungsbeitrags J. Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 31 ff., 41 f.; K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 455; zu dessen Abgrenzung gegenüber dem Beitrag im finanzrechtlichen Sinne und der Verbandslast auch P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 275; gegenüber der Sonderabgabe F. Kirchhof, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 15. 987 Zum Versicherungsprinzip als Ausprägung des Gedankens des Vorteilsausgleichs BVerfGE 11, 105 (115) (Für die Vereinbarkeit einer Beitragspflicht mit dem Gleich-

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Höhe des Beitrages, der durch den einzelnen Beteiligten aufzubringen ist, nicht nach dem Wert der zu erwartenden Versicherungsleistungen. Als Bemessungsgrundlage dient vielmehr die Höhe des Arbeitsentgelts oder eines Entgeltersatzes bis zu einer bestimmten Bemessungsgrenze, wobei der Tarif – im Unterschied zum Einkommensteuerecht988 – durchgehend proportional ausgestaltet ist.989 Der Legitimationsgrund des Vorteilsausgleichs ist also im Sozialversicherungsrecht nur ansatzweise, insbesondere nicht streng bis hin zu einem Bemessungsprinzip der Individualäquivalenz durchgeführt. Das BVerfG spricht davon, das Versicherungsprinzip sei dadurch gekennzeichnet, daß „im Grundsatz“ eine Äquivalenz von Beitrag und Leistung bestehe.990 Bereits der Umstand, daß sich die individuelle Bemessung des Beitrags nach der Höhe des Arbeitsentgelts oder Entgeltersatzes richtet, diesem Beitragsumfang jedoch regelmäßig keine äquivalenten Versicherungsleistungen entsprechen, läßt erkennen, daß die Finanzierung der Sozialversicherung zu erheblichen Umverteilungseffekten führt. Da diese sich vor dem Gebot der Lastengleichheit nicht aus dem Gedanken des individuell bevorzugenden Versicherungsschutzes, dem Versicherungsprinzip, rechtfertigen lassen, bedarf es zur gleichheitsrechtlichen Legitimation der Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen eines ergänzenden Belastungsgrundes. Umverteilungswirkungen und Aspekte des wechselseitigen Einstehens füreinander innerhalb der Versichertengemeinschaft, für die das Versicherungsprinzip keine Legitimation vor Art. 3 Abs. 1 GG bietet, werden durch den Gedanken des sozialen Ausgleichs und der Solidarität gerechtfertigt.991 So läßt es sich zum einen nicht auf das Versicheheitssatz sei die „sachgerechte Verknüpfung zwischen den Begünstigungen und Belastungen“ von Bedeutung.); E 48, 227 (235 f.); 48, 346 (358); 90, 226 (240) m.w. N.; aus dem Schrifttum J. Isensee, Gewährleistung der sozialen Sicherung, in: H. F. Zacher (Hrsg.), Die Rolle des Beitrags, 1980, S. 461 (483); F. Kirchhof, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 93 Rn. 17; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 273; B. Schulin, in: ders. (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 46; zum Ausmaß, in dem das Prinzip der Individualäquivalenz in den verschiedenen Versicherungszweigen Verwirklichung gefunden hat, T. Gössl, Die Finanzverfassung der Sozialversicherung, 1992, S. 40 f. 988 Eingehend zu den Unterschieden zwischen der Zahlungsfähigkeit des Versicherten als Maßstab der Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen und als Besteuerungsmaßstab F. Kirchhof, SDSRV 35 (1992), S. 65 (81 f.); ders., in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 25; J. Isensee, Gewährleistung der sozialen Sicherung, in: H. F. Zacher (Hrsg.), Die Rolle des Beitrags, 1980, S. 461 (464, 473), der darauf hinweist, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bilde den Maßstab, nicht den Rechtfertigungsgrund der Beitragspflicht. 989 Zur Beitragsbemessungsgrundlage sowie zum proportionalen Beitragssatz in verschiedenen Versicherungszweigen §§ 342, 341 Abs. 2 SGB III (Arbeitsförderung), §§ 226 Abs. 1, 241 SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung), §§ 162, 157 SGB VI (Gesetzliche Rentenversicherung); dazu auch F. Kirchhof, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 93 Rn. 18. 990 BVerfGE 90, 226 (240); ähnlich B. v. Maydell, NJW 1992, S. 2195 (2197); K. Vogel/C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 455.

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rungsprinzip stützen, daß die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht allein auf die Gruppe der Versicherten beschränkt ist, sondern in weitem Umfang auch Dritte, die hierdurch keinen eigenen Versicherungsschutz erwerben, erfaßt. Typusprägend für diese Konstellation der finanziellen Inanspruchnahme Dritter, die eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit des Abgabenschuldners für die sozialversicherungsrechtliche Absicherung des Versicherten voraussetzt, ist der Beitragsanteil des Arbeitgebers,992 doch erkennt das BVerfG darüber hinaus weitere Formen der „spezifischen Solidaritäts- oder Verantwortlichkeitsbeziehungen zwischen Zahlungsverpflichteten und Versicherten.“993 Zum anderen wird der Gedanke des sozialen Ausgleichs dort zur Rechtfertigung der Beitragserhebung angeführt, wo innerhalb der Versichertengemeinschaft Umverteilungswirkungen eintreten, die sich ebenfalls nicht durch das Versicherungsprinzip vor dem Gebot der Lastengleichheit legitimieren lassen.994 Für eine ergänzende Legitimation durch das Solidarprinzip besteht insbesondere in den Fällen ein Bedürfnis, in denen ein Beitragsverpflichteter zwar selbst ein Versicherungsrecht erwirbt, seine Beitragsleistung jedoch in keinem proportionalen Verhältnis zu dem Wert seiner späteren Anspruchsberechtigung steht. Unabhängig von der Funktionsweise einer umlagefinanzierten Sozialversicherung trägt dieser Versicherte durch die von ihm erbrachten Solidarabgaben bei wirtschaftlicher Betrachtung zu Leistungen bei, die – etwa im Rahmen der Familienversicherung995 – anderen Versicherten zugute kommen.996 991 Vgl. BVerfGE 9, 124 (133); 11, 105 (114) (Die Sozialversicherung gehe nicht vom Risikobegriff der Privatversicherung aus, sondern enthalte „von jeher auch ein Stück staatlicher Fürsorge.“); BVerfG, a. a. O., S. 117 (Für die Sozialversicherung herrsche „der Grundsatz des sozialen Ausgleichs, nicht der der Abgeltung eines individuellen Vorteils.“); hierzu auch F. Kirchhof, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 93 Rn. 17, 19; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 273; B. Schulin, in: ders. (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 47; K. Vogel/ C. Waldhoff, in: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a ff. Rn. 458 f. 992 Keine Einigkeit herrscht darüber, ob der Arbeitgeberanteil wirtschaftlich als Lohnbestandteil und damit als Belastung des Arbeitnehmers oder als Ausdruck der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zu qualifizieren ist, dazu J. Isensee, Gewährleistung der sozialen Sicherung, in: H. F. Zacher (Hrsg.), Die Rolle des Beitrags, 1980, S. 461 (487 f.); F. Kirchhof, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 27. 993 BVerfGE 75, 108 (158 f.) – Künstlersozialversicherung. 994 Bei einer ungerechtfertigten Überschreitung der Grenzen, die durch die Prinzipien der Äquivalenz – des Versicherungsgrundsatzes – und der Gruppenhomogenität (zu diesem Prinzip als Vorgabe des Sozialversicherungsrecht siehe bereits oben § 16 B II sowie J. Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 18 f., 63) gezogen werden, spricht die Wissenschaft von „Fremdlasten“, zu diesen H. Butzer, Fremdlasten in der Sozialversicherung, 2001; vgl. auch H. Kube, Der Staat 41 (2002), S. 452 ff. 995 F. Kirchhof, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 33; ders., in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 93 Rn. 21; E. Bloch, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 18. 996 Hierzu J. Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 15.

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In begrenztem Umfang sind die Modifikationen des Versicherungsprinzips aus dem Gedanken des Solidarausgleichs – die finanzielle Inanspruchnahme Dritter zur Beitragsleistung sowie die Umverteilung innerhalb der Versichertengemeinschaft – vor dem Grundsatz der Lastengleichheit gerechtfertigt. Dabei stehen sich der Versicherungs- und der Fürsorgegedanke als gleichwertige und miteinander widerstreitende Belastungsgründe des Sozialversicherungsrechts gegenüber,997 sie bilden gleichsam „polare“998 Rechtfertigungstatbestände. Dementsprechend hat das BVerfG für das System der Rentenversicherung festgestellt, die Beitragsrechtfertigung beruhe „einmal mehr auf dem versicherungsrechtlichen Prinzip, einmal mehr auf dem Fürsorgeprinzip“;999 für sämtliche Zweige der Sozialversicherung hat es daran erinnert, aufgrund des Versicherungsprinzips müßten Versicherungsleistungen und Beiträge solange nach Art eines „Gegenleistungsverhältnisses“ aufeinander bezogen sein, wie das Prinzip des sozialen Ausgleichs keine Abweichungen erfordere.1000 Soweit die Legitimation der Beitragserhebung und die Bemessung der Beitragshöhe dem Prinzip des Solidarausgleichs folgt, wird die Anbindung der Sozialversicherungsbeiträge an den Gedanken des Ausgleichs einer besonderen Begünstigung aufgegeben, der Solidarausgleich bildet insoweit einen eigenständigen Rechtfertigungsgrund. Dieser wesentliche Unterschied zwischen dem Sozialversicherungsbeitrag und anderen Formen nichtsteuerlicher Abgaben erklärt sich aus der historischen Entwicklung des Sozialversicherungsrechts. Ungeachtet des Ausmaßes, in dem der Kreis der Versicherten und das Leistungsangebot unter der Geltung des Grundgesetzes ausgeweitet worden sind, fand der Verfassunggeber das System der Sozialversicherung weitgehend vor. Überwiegend wird deshalb davon ausgegangen, der Verfassunggeber habe durch die Aufnahme der Sozialversicherung in die Kompetenzbestimmungen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 und des Art. 87 Abs. 2 GG jedenfalls die wesentlichen Grundstrukturen dieses Systems rezipiert.1001 Zu diesen Strukturen gehören auch die Finanzierungsverantwortlichkeit anderer Beteiligter als der Versicherten, insbesondere der Arbeitgeber, sowie der Eintritt von Umverteilungswirkungen innerhalb der Versichertengemeinschaft.1002 Beide 997 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 273; J. Isensee, a. a. O., S. 17, 42; F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 258 ff.; T. Gössl, Die Finanzverfassung der Sozialversicherung, 1992, S. 45, 48. 998 So J. Isensee, SDSRV 35 (1992), S. 7 (26). 999 BVerfGE 48, 346 (358) m.w. N. 1000 BVerfGE 79, 223 (236); ähnlich E 48, 227 (235 f.); hierzu auch B. Schulin, in: ders. (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 47. 1001 Hierzu BVerfGE 11, 105 (112); 75, 108 (146); B. Schulin, in: ders. (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 45; F. Kirchhof, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 93 Rn. 22; ders., Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 254; J. Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 44 ff.; T. Gössl, Die Finanzverfassung der Sozialversicherung, 1992, S. 43.

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Merkmale der Beitragsfinanzierung, aufgrund derer sich diese finanzielle Sonderbelastung vor dem Grundsatz der Lastengleichheit nur unter Hinzunahme des Gedankens des Solidarausgleichs rechtfertigen läßt, sind Bestandteile des Systems der Sozialversicherung in seiner überkommenen, durch das Grundgesetz rezipierten Gestalt. Der Solidarausgleich bildet demzufolge im Recht der Sozialversicherung neben dem Versicherungsprinzip den zweiten allgemein anerkannten Belastungsgrund, der eine abgabenrechtliche Ungleichbehandlung der Zahlungsverpflichteten gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen legitimiert. g) Sonstige Abgaben Die bislang betrachteten Formen nichtsteuerlicher Abgaben repräsentieren nicht das gesamte Spektrum abgabenrechtlicher Sonderlasten. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes enthält keinen „abschließenden Kanon zulässiger Abgabetypen.“1003 Da nichtsteuerliche Abgaben als Abweichung vom Regelfall der Steuerfinanzierung des Staates stets einer besonderen Rechtfertigung bedürfen, ist es zur Verwirklichung der Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung nicht geboten, einen numerus clausus zulässiger Abgabenarten zu errichten. Daher ist über die anerkannten Kategorien nichtsteuerlicher Abgaben hinaus die Einführung weiterer Sonderlasten zulässig, sofern auch diese Abgaben die Rechtsgüter und Prinzipien der Finanzverfassung – insbesondere die Verteilung der Gesetzgebungs- und Ertragskompetenzen für Steuern sowie das Budgetbewilligungsrecht des Parlaments – wahren und die Grundrechte einer weiteren Belastung des Pflichtigen nicht entgegenstehen.1004 Zu den sonstigen Abgaben werden in der Regel solche Abgaben gerechnet, die angesichts ihrer Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung und den Grundrechten als zulässig anerkannt werden, in ihrer Ausgestaltung jedoch Besonderheiten aufweisen, deretwegen sie keiner der bislang aufgeführten Abgabenkategorien zugeordnet werden können. Die sonstige Abgabe bezeichnet daher einen Auffangtatbestand.

1002 Zu ersterem BVerfGE 11, 105 (114) (Die Sozialversicherung beruhe darauf, daß die Arbeitgeber „in Erfüllung ihrer sozialen Fürsorgepflicht [. . .] einen wesentlichen Teil der Mittel aufbringen“, die von den Versicherungsträgern benötigt würden.); zu letzterem F. Kirchhof, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 93 Rn. 22; B. Schulin, in: ders. (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 59. 1003 BVerfGE 82, 159 (181); 93, 319 (342); 108, 1 (15); P. Kirchhof, in: J. Isensee/ ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 269; J. Isensee, Äquivalenz im Abgabenrecht, in: GS f. Wilhelm Karl Geck, 1989, S. 355 (367); a. A. D. Birk, „Vorteilsabschöpfung“ durch Abgaben, in: FS f. Wolfgang Ritter, 1997, S. 41 (47). 1004 P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 269.

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Ein Blick auf zwei Erscheinungsformen sonstiger Abgaben, die das BVerfG beschäftigt haben, bestätigt den bislang gewonnenen Befund einer Dualität legitimer Belastungsgründe im Recht der nichtsteuerlichen Abgaben. Als Beispiel kann zum einen die sog. Fehlbelegungsabgabe gem. § 1 des Gesetzes über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen1005 dienen.1006 Diese Geldleistungspflicht dient dem Zweck, Wohnungsbausubventionen, die dem Bauherren gewährt und von diesem an den Mieter weitergereicht werden, vom Mieter zurückzufordern, wenn in dessen Person eine Wohnberechtigung im sozialen Wohnungsbau nicht mehr besteht. Die Abgabe dient daher der Abschöpfung eines besonderen, staatlich vermittelten Vermögensvorteils, der dem Pflichtigen nach der gesetzgeberischen Konzeption nicht verbleiben soll. Als gleichheitsrechtliche Rechtfertigung der Sonderlast wird erneut der Gedanke des Vorteilsausgleichs erkennbar. Auch die Erstattungsregelung gem. § 128 Arbeitsförderungsgesetz (a. F.)1007 ist als Abgabe sonstiger Art einzuordnen.1008 Durch sie wurde ein Arbeitgeber, der einen älteren Arbeitnehmer nach langjähriger Beschäftigung in die Arbeitslosigkeit entläßt, dazu verpflichtet, der Bundesanstalt für Arbeit die aus der Gewährung von Arbeitslosengeld entstehenden Kosten zu erstatten. Das BVerfG sieht die finanzielle Sonderbelastung des Arbeitgebers dann als gerechtfertigt an, wenn diesen eine besondere Verantwortlichkeit „für den Eintritt der Arbeitslosigkeit des älteren Arbeitnehmers und damit für die Gewährung der zu erstattenden Leistung“ treffe. Entscheidend sei, ob der Arbeitgeber die Arbeitslosigkeit des früheren Beschäftigten „wesentlich verursacht“ habe.1009 Das Gericht stellt damit auf die kausale Veranlassung eines besonderen hoheitlichen Kostenaufwandes durch die vorzeitige Entlassung des Arbeitnehmers ab. Bei Abgaben, die als „Verursacherabgaben“ charakterisiert werden, wird es sich oftmals um Gebühren oder Sonderabgaben handeln, so daß eine Zuordnung zum Auffangtatbestand der sonstigen Abgabe ausscheidet. Entsprechendes gilt für Abgaben, die mit Blick auf das ihnen zugrundeliegende Belastungskriterium als „Vorteilsabschöpfungsabgaben“ bezeichnet werden.1010 Sofern die Qualifikation dieser Abgaben als Vorzugslasten oder Sonderabgaben nicht gelingt, können sie unter den Tatbestand der sonstigen Abgabe gefaßt werden. Für ihre 1005 Vgl. das Gesetz zum Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen (AFWoG) vom 22. 12. 1981 (BGBl. I S. 1523), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. 12. 2003 (BGBl. I S. 3022). 1006 Zu dieser Abgabe BVerfGE 78, 249 (266 ff.). 1007 Eine entsprechende Regelung sieht nunmehr § 147a SGB III vor. 1008 Zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung BVerfGE 81, 156 (184 ff.); das BVerfG ließ die Qualifikation dieser Geldleistungspflicht als Abgabe offen. 1009 BVerfG, a. a. O., S. 197 f. 1010 Zur Verwendung dieses Begriffs H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 33 ff., der selbst unter dieser Bezeichnung eine dritte Gruppe der Vorzugslasten neben Gebühren und Beiträgen versteht.

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gleichheitsrechtliche Rechtfertigung – ihre Zuordnung zu einem bestimmten legitimen Belastungsgrund – ergeben sich hieraus keine Unterschiede. Die Beispiele der Fehlbelegungsabgabe und der Erstattungsregelung gem. § 128 AFG (a. F.), die als sonstige Abgaben auf die Belastungsgründe der Vorteilsabschöpfung und der Aufwandsveranlassung gestützt wurden, belegen dies. h) Zusammenfassung aa) Aufwandsveranlassung und Vorteilsausgleich als systemtragende Belastungsprinzipien des nichtsteuerlichen Abgabenrechts Der Rundgang durch das Recht der nichtsteuerlichen Abgaben hat die Erwartung1011 bestätigt, daß dieses Rechtsgebiet in Gestalt von Belastungsgründen, die zum Teil bei sämtlichen, zum Teil bei der Mehrheit der Abgabenarten wiederkehren, bereichsspezifische Maßstäbe des Grundsatzes der Lastengleichheit herausgebildet hat, nach denen der Gesetzgeber diesen Teil der Rechtsordnung ausgestaltet, an die er sich also bei lastenzuteilenden Differenzierungen in diesem Bereich gebunden sieht. Dem Gedanken der abgabenrechtlichen Abschöpfung eines besonderen, hoheitlich vermittelten Vorteils ist man bei allen Abgabenarten, der Veranlassung als der zurechenbaren Verursachung eines besonderen und aufwandsbegründenden staatlichen Handlungsbedarfs bei der Rechtfertigung der Gebühr, der Sonderabgabe und der Verbandslast begegnet. In den Tatbeständen der Aufwandsveranlassung und des Vorteilsausgleichs sind damit die beiden übergreifenden und systemtragenden Belastungsprinzipien des nichtsteuerlichen Abgabenrechts nachgewiesen. Freilich unterscheiden sich die einzelnen Abgabenkategorien in der konkreten Ausprägung, welche die beiden grundlegenden Belastungsgedanken der besonderen Begünstigung und der besonderen, kausal begründeten Aufwandsverantwortung in den für die jeweilige Abgabenart geltenden Belastungsgründen gefunden haben. Wäre dem nicht so, ließe sich von einem Spektrum unterschiedlicher nichtsteuerlicher Abgaben gar nicht sprechen, denn es sind die von einem Abgabentypus zum nächsten unterschiedlich ausgeformten Tatbestände besonderer Finanzierungsverantwortlichkeit, durch die das Recht der abgabenrechtlichen Sonderlasten strukturiert wird.1012 Dennoch ist bei der Betrachtung der einzelnen Abgabenarten auf ihre gleichheitsrechtlichen Rechtfertigungskriterien deutlich geworden, daß es sich bei diesen nicht um vollkommen „unverwandte“ Verantwortlichkeitstatbestände, sondern nur um jeweils unterschiedliche Ausprä1011

Siehe oben § 16 D V 1 a). So auch F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 15, 58, 233; C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135 (139); L. Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 (825) (Der Belastungsgrund wirke „typusbestimmend“.). 1012

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gungen zweier materieller Belastungsprinzipien handelt, die das Recht der Sonderlasten durchgängig oder jedenfalls weitestgehend durchziehen. Für das Gebührenverfassungsrecht wurden sowohl der Belastungsgrund der Vorteilsabschöpfung als auch derjenige der Aufwandszurechnung nachgewiesen. Dabei wurde erstmals festgestellt, daß die Kategorie der Verursachung eines besonderen Verwaltungsaufwandes gleichsam den Kerntatbestand der Aufwandsveranlassung ausmacht. Im Gebührenrecht schließen die Belastungskriterien der Vorteilsabschöpfung und der Aufwandszurechnung an das formelle Merkmal einer öffentlichen Leistung als einer Amtshandlung an, die dem Gebührenpflichtigen individuell zurechenbar ist. Vermittelt diese Amtshandlung dem Gebührenschuldner einen vermögenswerten Sondervorteil, so ist ihre Abgeltung unter dem Aspekt der Vorteilsabschöpfung gerechtfertigt; stellt sie sich für den Pflichtigen als vorteilsneutral oder gar nachteilig dar, kommt jedenfalls eine Rechtfertigung unter dem Gesichtspunkt der Aufwandsveranlassung in Betracht. Der finanzrechtliche Beitrag als zweiter Typus der Vorzugslast entgilt den Sondervorteil, den der Beitragspflichtige aus der Nutzung einer öffentlichen Einrichtung zieht oder zumindest ziehen kann. Da die Errichtung und Unterhaltung solcher Einrichtungen notwendigerweise mit einem besonderen Kostenaufwand verbunden ist, wäre im Falle ihrer tatsächlichen Inanspruchnahme durch den Beitragsschuldner grundsätzlich der Tatbestand der Aufwandsveranlassung erfüllt, doch rechtfertigt sich der Beitrag vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht aus der Zurechnung des Sonderaufwands zum Pflichtigen. Die gleichheitsrechtliche Legitimation der Sonderbelastung erwächst vielmehr allein aus dem bevorzugenden Angebot zur Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung. Die vom BVerfG formulierten Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben enthalten keine materiellen Vorgaben für die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung dieser Sonderlasten. Das Erfordernis der besonderen Gruppenverantwortung kraft Sachnähe bildet lediglich eine formelle Kategorie, die auf den besonderen Rechtfertigungsbedarf von Sonderabgaben gegenüber dem Grundsatz der Lastengleichheit hinweist. Bei einer Durchsicht der Regelungen, die dem BVerfG vorgelegen haben, zeigt sich, daß das Gericht bei der Subsumtion unter die Voraussetzung der besonderen Gruppenverantwortung auf die materiellen Belastungsgründe der besonderen Begünstigung und der Verursachung abstellt. Von den Kriterien der Vorteilsabschöpfung und des Aufwandsausgleichs, die das Gebührenverfassungsrecht prägen, unterscheiden sich diese Verantwortlichkeitstatbestände dadurch, daß die Auferlegung von Sonderabgaben nicht an die Erbringung einer Leistung durch die öffentliche Hand anschließt. Der Tatbestand der Veranlassung bzw. Verursachung bezieht sich daher im Recht der Sonderabgaben nicht auf eine aufwandsbegründende Amtshandlung, sondern auf einen gesteigerten Bedarf nach Wahrnehmung einer Gemeinwohlaufgabe durch die öffentliche Hand. Entsprechend wird auch die besondere Begünstigung nicht

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durch eine öffentliche Leistung, sondern durch die Wahrnehmung der Sachaufgabe vermittelt, zu deren Finanzierung das Aufkommen der Sonderabgabe verwendet wird. Die Überführung einer primären Naturalleistungspflicht in eine Sonderabgabenpflicht, mit der das BVerfG bisweilen argumentiert, bildet keinen materiellen Belastungsgrund im Sinne der Lastengleichheit, da die Begründung der primären Handlungsverantwortlichkeit selbst der Legitimation vor dem Gleichheitsgebot bedarf und nicht notwendig eine Finanzierungsverantwortlichkeit mit einschließt. Die Belastungsgründe des Vorteilsausgleichs und der Verursachung kommen neben dem Fallmaterial der Verfassungsrechtsprechung auch in der aktuellen Gesetzgebungspraxis zum Ausdruck. Aufgrund des zunehmenden Einsatzes von Sonderabgaben als Instrument des Umweltschutzes dominiert hier das Verursachungskriterium. Im Recht der Verbandslasten steht entsprechend der vielfältigen Erscheinungsformen dieses Abgabentypus von Fall zu Fall mehr der Legitimationsgrund des Vorteilsausgleichs oder derjenige der Aufwandsveranlassung im Vordergrund. Die Kammern der berufsständischen oder industriellen Selbstverwaltung erheben „Beiträge“ zur Finanzierung ihrer Aufgabenerfüllung, aus der sich – anschaulich in der Vertretung der Mitgliederinteressen oder dem unentgeltlichen Angebot von Dienstleistungen – für die Abgabenpflichtigen besondere Begünstigungen ergeben können. Beiträge zu sog. Lastenverbänden nehmen regelmäßig eine primäre Handlungsverantwortlichkeit der Mitglieder – oftmals aufgrund des umweltrechtlichen Verursacherprinzips – auf und leiten aus dieser eine Finanzierungsverantwortlichkeit ab; das Freiwerden des Beitragsschuldners von der primären Sachleistungspflicht bedeutet für diesen zugleich eine vermögenswerte Begünstigung. Die Legitimation von Sozialversicherungsbeiträgen vor dem Gebot der Belastungsgleichheit weist gegenüber anderen Arten nichtsteuerlicher Abgaben die Besonderheit auf, daß hier der Gedanke des sozialen Ausgleichs als Prinzip der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung Anwendung findet. Der Solidarausgleich wird zur Rechtfertigung von Beitragsgestaltungen angeführt, die allein durch das Versicherungsprinzip, in dem der Gedanke des Vorteilsausgleichs wiederbegegnet, nicht zu legitimieren sind. Versicherungsgrundsatz und sozialer Ausgleich stehen sich als „polare“ und miteinander widerstreitende Rechtfertigungsprinzipien gegenüber; ihr jeweiliges Gewicht für die Ausgestaltung von Beitragspflicht und Leistungsumfang variiert je nach Versicherungszweig und Leistungstyp. Die Bedeutung des Solidarausgleichs als Belastungskriterium erklärt sich aus der historischen Entwicklung des Sozialversicherungsrechts, welches der Verfassunggeber des Grundgesetzes in seinen wesentlichen Grundstrukturen rezipiert hat. Auch über die fünf genannten, in der Praxis besonders bedeutsamen Formen nichtsteuerlicher Abgaben hinaus, auf dem Gebiet der sog. sonstigen Abgaben,

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werden die Belastungsgründe des Vorteilsausgleichs und der Aufwandsveranlassung herangezogen. Gerade in diesem Bereich wird oftmals von Verursacheroder Vorteilsabschöpfungsabgaben gesprochen, womit nicht immer die Qualifikation der nichtsteuerlichen Abgabe – die auch Vorzugslast oder Sonderabgabe sein kann –, wohl aber der zugrunde gelegte Belastungsgrund zutreffend zum Ausdruck gebracht wird.

bb) Lenkung und Umverteilung als lediglich ergänzende Zwecksetzungen Neben den Belastungsgründen des Vorteilsausgleichs und der Aufwandsveranlassung in ihrer jeweils formenspezifischen Ausprägung ist man regelmäßig auch den Zwecken der Verhaltenssteuerung und der Umverteilung begegnet, die ebenfalls bei der Rechtfertigung nichtsteuerlicher Abgaben vor Art. 3 Abs. 1 GG berücksichtigungsfähig sind. Da die im Rahmen dieser Untersuchung zu beurteilenden Preisregelungen die Finanztransfers unter Privaten ausschließlich zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe, nicht aber zu Zwecken der Verhaltenslenkung oder des Belastungsausgleichs veranlassen, scheiden Lenkungs- und Umverteilungsanliegen zur Rechtfertigung der aus diesen Regelungen folgenden Ungleichbehandlung bestimmter Unternehmensgruppen aus. Untersuchungsrelevant ist daher allein, ob Lenkung und Umverteilung eigenständige Legitimationsgründe im Sinne des Lastengleichheitsgrundsatzes darstellen, da in diesem Fall der Kreis der legitimen Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts über die Tatbestände des Vorteilsausgleichs und der Aufwandsveranlassung hinaus zu ziehen wäre. Für den verhaltenslenkenden Einsatz nichtsteuerlicher Abgaben hatte sich indessen gezeigt, daß die Verfolgung von Lenkungszwecken bei keiner Abgabenart als eigenständiger, die finanzielle Sonderbelastung schon dem Grunde nach rechtfertigender Belastungsgrund anerkannt ist. Von geringer Aussagekraft war in diesem Zusammenhang die Betrachtung des Beitragsrechts, zumal der finanzrechtliche Beitrag sich aufgrund seiner tatbestandlichen Anknüpfung an ein bevorzugendes Leistungsangebot der öffentlichen Hand nicht dazu eignet, Lenkungsbefehle zu überbringen. Da es für die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung des Beitrags nicht darauf ankommt, ob der Pflichtige die öffentliche Einrichtung tatsächlich nutzt, ein bestimmtes Verhalten des Abgabenschuldners also gerade nicht vorausgesetzt wird, ist die Beitragserhebung kaum dazu in der Lage, auf das Verhalten des Beitragspflichtigen Einfluß zu nehmen. Die Gebühr hingegen wird in weitem Umfang als Lenkungsmittel eingesetzt. Dabei betont insbesondere das BVerfG, der Gesetzgeber verfüge über einen weiten Gestaltungsspielraum, welche Zwecke er neben denen des Vorteilsausgleichs und der Kostendeckung mit einer Gebührenpflicht verfolge.1013 Bei genauerer Betrachtung stellen allerdings sowohl Literatur als auch Verfassungs-

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rechtsprechung heraus, der Gesetzgeber könne durch die Verfolgung von Lenkungsanliegen lediglich die Abweichung von den Bemessungsprinzipien der Wertäquivalenz und der Kostendeckung, die wiederum in den Belastungsgründen der Vorteilsabschöpfung und des Aufwandsausgleichs wurzeln, legitimieren – ein eigenständiger Rechtfertigungsgehalt gegenüber dem Lastengleichheitsgebot wird Lenkungszwecken also nicht beigemessen. Sie dienen als ergänzende Rechtfertigungskriterien der Gebührenbemessung, bilden jedoch keine eigenständigen Belastungsgründe der Gebührenerhebung. Auch im Recht der Sonderabgaben werden Lenkungsanliegen nicht als Tatbestände einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit herangezogen. Dogmatisch wird die Verfolgung von Lenkungs- und Ausgleichszwecken nicht der Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung vor dem Gleichheitsgrundsatz, sondern der kompetenzrechtlichen Legitimation einnahmenwirksamer Sachregelungen vor Art. 105 GG zugeordnet. Lenkung und Belastungsausgleich bilden damit Formen des Gestaltungszwecks, den Sonderabgaben als Voraussetzung ihrer kompetenzrechtlichen Legitimation zu verfolgen haben. Ausgleichsabgaben dienen der Herstellung einer „Gleichheit in der Last“, wenn die Adressaten einer Naturalleistungspflicht dieser nur ungleichmäßig nachkommen und sich hieraus Belastungsungleichheiten ergeben, die dem Gesetzgeber zurechenbar, von diesem jedoch nicht intendiert sind. Neben dem Zweck des Belastungsausgleichs verfolgt diese Form von Sonderabgaben auch das Lenkungsziel, die Abgabenpflichtigen dazu zu motivieren, künftig bereits die Naturallast anzunehmen. Den gleichheitsrechtlichen Belastungsgrund dieser Abgaben erkennt auch das BVerfG nicht in Lenkungs- und Ausgleichsanliegen, sondern in der Handlungsverantwortlichkeit, die der Abgabenerhebung vorgelagert ist und deren Nichterfüllung den Bedarf nach Lastenausgleich weckt. Zum anderen werden Sonderabgaben im Umweltrecht lenkend dazu eingesetzt, die Verursacher ökologischer Schäden zur Annahme eines umweltverträglicheren Verhaltens zu bewegen. Auch hier fungiert das Lenkungsanliegen als – kompetenzrechtlich gebotener – Gestaltungszweck, nicht als Belastungsgrund. Die gleichheitsrechtliche Legitimation der Sonderabgabe wird im Verursachungsgedanken als Prinzip einer gerechten Kostenzuordnung für Umweltschäden, die andernfalls von der Allgemeinheit zu tragen wären, erkannt. Mit dem Erfordernis einer besonderen Gruppenverantwortung, in dem der gleichheitsrechtliche Rechtfertigungsbedarf von Sonderabgaben zum Ausdruck kommt, bringen weder das BVerfG noch die Gesetzgebungspraxis die Verfolgung von Lenkungszwecken in Verbindung. Im Recht der Verbandslasten und dem Sozialversicherungsrecht, wo die Verhaltenssteuerung durch Abgaben allenfalls eine untergeordnete Rolle spielt, wird ihr keine Bedeutung als eigenständiger Belastungsgrund beigemessen.

1013

BVerfGE 50, 217 (226 f.); 97, 332 (345).

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Ein ähnliches Bild hatte sich für die Erzielung von Umverteilungswirkungen ergeben. Im Recht der Vorzugslasten, bei den Verbandslasten und im Sozialversicherungsrecht wird die Bemessung der Abgabenlast bisweilen am Maßstab des Einkommens und damit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgerichtet, um auf diese Weise soziale Ausgleichswirkungen durch Umverteilung von einkommensstärkeren zu einkommensschwächeren Abgabenpflichtigen zu erzielen. Für die Gebühr hat wiederum das BVerfG deutlich herausgestellt, daß es eine Gebührenbelastung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit nur „unterhalb einer kostenorientierten Obergrenze“ für zulässig erachtet.1014 Damit hat es zum Ausdruck gebracht, daß es auch den Zweck des sozialen Ausgleichs im Gebührenrecht lediglich als ergänzenden Faktor der Abgabenbemessung anerkennt, bei dessen Berücksichtigung der Gesetzgeber sich nur in begrenztem Umfang von den zentralen Bemessungsprinzipien, die in den Belastungsgründen des Vorteils- und des Aufwandsausgleichs wurzeln, lösen darf. Unter den Verbandslasten werden etwa die Beiträge berufsständischer Kammern nach dem beruflichen Einkommen der Mitglieder bemessen. Anerkanntermaßen verfolgt diese Form der Beitragsgestaltung das Ziel des sozialen Ausgleichs unter den Mitgliedern jedoch nur als ergänzende Zwecksetzung, im wesentlichen wird der Maßstab des Berufseinkommens als Indikator für den Umfang zugrunde gelegt, in dem das einzelne Mitglied bei seiner Berufsausübung von der Tätigkeit der Kammer profitiert. Belastungsgrund ist wiederum der Gedanke des Vorteilsausgleichs, nicht der sozialen Fürsorge. Lediglich im Recht des Sozialversicherungsbeitrags hat sich das Prinzip des Solidarausgleichs zu einem eigenständigen, dem Versicherungsprinzip gleichrangigen, aber mit diesem widerstreitenden Grundsatz gleichheitsrechtlicher Legitimation nichtsteuerlicher Abgaben herausgebildet. Diese Besonderheit des Sozialversicherungsrechts ist das Ergebnis einer historischen Entwicklung. Zusammenfassend gilt also sowohl für Lenkungs- als auch Umverteilungszwecke als Kriterien der Ausgestaltung nichtsteuerlicher Abgabenpflichten, daß diese – mit der erwähnten Ausnahme des Sozialversicherungsrechts – lediglich als ergänzende Zwecke berücksichtigungsfähig sind; in dieser Funktion vermögen sie, Abweichungen der Abgabengestaltung von den Bemessungsprinzipien, die sich aus den Belastungsgründen des Vorteilsausgleichs und der Aufwandsveranlassung ergeben, zu rechtfertigen. cc) Materielle Steuerdistanz der Belastungsgründe In dem Befund, daß die Verantwortlichkeitstatbestände der Vorteilsabschöpfung und der Aufwandsveranlassung eigenständige Belastungsgründe markieren 1014

BVerfGE 80, 103 (107); 97, 332 (346 f.); 108, 1 (18).

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und darin sowohl die finanzielle Sonderbelastung durch nichtsteuerliche Abgaben dem Grunde nach rechtfertigen als auch die Bemessung der hierdurch legitimierten Abgabenarten anleiten, während die Zwecke der Lenkung und der Umverteilung lediglich als hinzutretende Faktoren der Abgabenbemessung Berücksichtigung finden können, bestätigt sich die Erwartung einer materiellen Steuerdistanz nichtsteuerlicher Abgaben. Denn die Tatbestände der Vorteilsabschöpfung und der Aufwandsveranlassung zeichnen sich durch ihre hohe Unterscheidbarkeit vom Belastungsgrund der Steuer – der staatlichen Teilhabe am Erfolg individuellen freiheitlichen Erwerbs nach Maßgabe der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit – aus. Lenkungsanliegen hingegen eignen sich nicht dazu, nichtsteuerliche Abgaben auch auf der Ebene des materiellen Belastungsgrundes in erkennbarer Distanz zur Steuer zu halten, da auch Steuertatbestände in vielfältiger Weise zur Verhaltenssteuerung eingesetzt werden, der ihnen innewohnende Fiskalzweck also durch Lenkungszwecke ergänzt wird. Da sowohl Steuern als auch nichtsteuerliche Abgaben in der Praxis vielfach zu Lenkungszwecken auferlegt werden, unterscheidet diese Funktion die Sonderlasten nicht von der Gemeinlast. Die materielle Distanz zur Steuer ist für nichtsteuerliche Abgaben daher nur solange gesichert, wie auch im Rahmen ihrer lenkenden Ausgestaltung die Anbindung an unterscheidungskräftige, spezifisch nichtsteuerliche Belastungsgründe erhalten bleibt. Da ein sozialer Ausgleich durch finanzielle Umverteilung zu einer Bemessung nichtsteuerlicher Abgaben nach dem Maßstab wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zwingt, gerät auch die Auferlegung von Sonderlasten zu Umverteilungszwecken zwangsläufig in Konkurrenz zur Steuer. Wenn das BVerfG daher erklärt, die leistungsfähigkeitsbezogene Bemessung von Gebührenpflichten komme nur unterhalb einer kostenorientierten Obergrenze des Gebührensatzes in Betracht, so gebietet es damit dem Gesetzgeber, die genuin nichtsteuerliche Legitimationsgrundlage der Aufwandszurechnung nicht zu verlassen. Die materielle Unterscheidbarkeit von steuerlichem und nichtsteuerlichem Belastungszugriff ist ebenfalls angesprochen, wenn für die Bemessung der Kammer„beiträge“ herausgestellt wird, nur das berufsbedingte Einkommen lasse sich als Ausdruck der vermuteten Begünstigung durch die Verbandstätigkeit deuten, die allgemeine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit müsse als Maßstab hingegen der Steuer vorbehalten bleiben. Schließlich wird selbst für den Sozialversicherungsbeitrag darauf hingewiesen, durch dessen Bemessung nach dem Arbeitsentgelt oder einem entsprechenden Entgeltersatz des Versicherten werde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zwar als Maßstab, nicht aber zur Rechtfertigung der Sonderlast herangezogen.1015 Solange die Ausgestaltung nichtsteuerlicher Abgabenpflichten die genannten Grenzen wahrt, wird der gebotene Abstand zur Besteuerung auf der Ebene der materiellen Belastungsgründe von Seiten der Sonderlasten her also nicht unterschritten.

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3. Gegenprobe – Verursachung und Vorteilsabschöpfung als Tatbestände der Steuerrechtfertigung? Um letzte Zweifel am Gebot der Steuerdistanz nichtsteuerlicher Belastungskriterien auszuräumen, bleibt zu untersuchen, ob die Unterscheidungsfähigkeit der materiellen Belastungsgründe auch von Seiten des Steuerrechts nicht in Frage gestellt wird. Sollten die Verantwortlichkeitstatbestände, die soeben als spezifisch nichtsteuerlich herausgearbeitet wurden, auch in der Rechtfertigung des hoheitlichen Steuerzugriffs anzutreffen sein, so stände damit der Befund klar unterscheidbarer Rechtfertigungsgründe von Gemeinlasten und Sonderlasten in Zweifel. Zumindest an den Belastungsgrund der Verursachung hat sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Steuertatbeständen in der Vergangenheit bisweilen angenähert. Es bedarf daher einer kurzen Betrachtung, ob die Tatbestände der Aufwandsveranlassung – im Kern der Verursachung eines besonderen hoheitlichen Handlungsbedarfs – und der Vorteilsabschöpfung auch zur Rechtfertigung von Steuernormen angeführt werden. Eine Annäherung des Steuergesetzgebers an den Verursachungsgedanken ist in der Einführung einer Stromsteuer und der Erhöhung der Mineralölsteuer durch das Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform zu beobachten.1016 Mit der Besteuerung von Strom und der Erhöhung der Steuersätze für Mineralöl strebt der Gesetzgeber an, den Energieverbrauch zu verteuern und hierdurch Anreize zu schaffen, „vorhandene Energiesparpotenziale auszuschöpfen, erneuerbare Energie stärker auszubauen und energiesparende und ressourcenschonende Produkte und Produktionsverfahren zu entwickeln.“1017 Durch die sog. ökologische Steuerreform werden also sowohl die Stromsteuer als auch die Mineralölsteuer zur Lenkung des Verbraucherverhaltens eingesetzt. Das übergreifende Ziel dieser Lenkungsbesteuerung bildet – neben der Senkung der Lohnnebenkosten durch die Finanzierung höherer Bundeszuschüsse zum System der gesetzlichen Rentenversicherung1018 – der Umwelt- und Klimaschutz. Der Verbraucher wird dabei in seiner Eigenschaft als Veranlasser einer ressourcenverzehrenden Energieerzeugung zum Adressaten der gesetzlichen Verhaltens-

1015 J. Isensee, Gewährleistung der sozialen Sicherung, in: H. F. Zacher (Hrsg.), Die Rolle des Beitrags, 1980, S. 461 (464, 473); F. Kirchhof, SDSRV 35 (1992), S. 65 (81 f.); ders., in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 25. 1016 Vgl. Art. 1 und 2 des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24. 3. 1999 (BGBl. I S. 378). 1017 So die Begründung des Gesetzentwurfs der Regierungsfraktionen, BT-Drs. 14/ 40, S. 1, 9 f. 1018 Begründung des Gesetzentwurfs der Regierungsfraktionen, BT-Drs. 14/40, S. 1 f.; vgl. auch M. Herdegen/W. Schön, Ökologische Steuerreform, Verfassungsrecht und Verkehrsgewerbe, 2000, S. 41; zum Versprechen der „doppelten Dividende“ für Umwelt und Arbeitsmarkt K. Tipke/J. Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., 2005, § 8 Rn. 121 f. m.w. N.

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steuerung. Insofern ließe sich von den beiden im Zuge der ökologischen Steuerreform lenkend eingesetzten Steuern als umweltrechtlichen Verursacherabgaben in einem weiteren Sinne sprechen. Das BVerfG hat die Stromsteuer und die Mineralölsteuer als Verbrauchsteuern im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG qualifiziert. Es hat hervorgehoben, beide Steuern belasteten nicht die unternehmerische Tätigkeit der Erzeugung von Strom und Mineralöl, sondern den Verbrauch dieser Wirtschaftsgüter, da sie auf die Überwälzung der Kostenlast auf den Verbraucher angelegt seien.1019 Den Legitimationsgrund beider Steuern erkennt das Gericht nicht in dem Gedanken der Verursachung eines gesteigerten hoheitlichen Handlungsbedarfs auf dem Gebiet des Umwelt- und Klimaschutzes, sondern in der Abschöpfung der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Konsumenten, die in deren Einkommensund Vermögensverwendung zutage trete.1020 Damit stellt es nicht auf einen Belastungsgrund, wie er für nichtsteuerliche Abgaben typisch ist, sondern auf die klassische Steuerrechtfertigung bei Verbrauchsteuern ab. Bei diesem Verständnis stellen die Strom- und die Mineralölsteuer keine Verursacherabgaben in dem bereits für Gebühren und Sonderabgaben erläuterten Sinne dar. Der Verursachungsgedanke als Mindesterfordernis des Belastungsgrundes der Aufwandsveranlassung bildet bei diesen Formen nichtsteuerlicher Abgabenerhebung den Legitimationsgrund, der die finanzielle Sonderbelastung vor dem Grundsatz der Lastengleichheit rechtfertigt. Strom- und Mineralölsteuer als Verbrauchsteuern rechtfertigen sich hingegen aus der Teilhabe des Staates am Erfolg privaten Wirtschaftens, wobei der Erfolg in der Einkommens- und Vermögensverwendung des Konsumenten zum Ausdruck kommt. Die sog. ökologische Steuerreform gibt daher keinen Anlaß, für die Stromund die Mineralölsteuer von einer Ersetzung der überkommenen Steuerrechtfertigung durch Erwägungen kausaler Umweltverantwortlichkeit auszugehen. Dieses Ergebnis wird auch dann nicht in Frage gestellt, wenn man mit einer beachtlichen Auffassung in der Literatur die Qualifikation beider Abgaben als Verbrauchsteuern ablehnt und diese an den Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben mißt.1021 Unter dieser Voraussetzung erweisen sich beide Abgaben als verfassungswidrig und belegen wiederum nicht die Zulässigkeit einer Besteuerung anhand des Belastungskriteriums kausaler Verantwortlichkeit. 1019 BVerfGE 110, 274 (295); zur Überwälzung der Steuerlast auf den Verbraucher als Merkmal der Verbrauchsteuer zuvor schon BVerfGE 98, 106 (124) – Kommunale Verpackungsteuer. 1020 BVerfGE 110, 274 (297). 1021 Hierzu M. Herdegen/W. Schön, Ökologische Steuerreform, Verfassungsrecht und Verkehrsgewerbe, 2000, S. 47 (Die Voraussetzungen der Sonderabgabenjudikatur seien zwar nicht unmittelbar, jedoch „als Ausprägung der Steuergerechtigkeit“ anzuwenden.); K. Tipke/J. Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., 2002, § 3 Rn. 14; W. Löwer, Wen oder was steuert die Öko-Steuer?, 2000, S. 36; H. List, DB 1999, S. 1623 (1626).

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Auch über die Frage des umweltpolitisch motivierten Einsatzes der Stromund der Mineralölsteuer hinaus herrscht in der Debatte um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit sog. Öko-Steuern inzwischen weitestgehend Einigkeit, daß die gesteigerte Verantwortlichkeit für Umweltschäden – wie sie sich regelmäßig in der zurechenbaren Verursachung externer Effekte manifestiert – keinen eigenständigen Belastungsgrund für einen hoheitlichen Steuerzugriff bilden kann. Unbestrittenermaßen ist es zulässig, wenn Fiskalzwecknormen im Interesse des Umweltschutzes durch Lenkungszwecke ergänzt werden und zugunsten einer wirksamen Verhaltenssteuerung vom Maßstab wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit abgewichen wird, solange der Lenkungszweck das Ausmaß der Abweichung zu rechtfertigen vermag.1022 Bei einer solchen Ergänzung fiskalzweckbasierter Steuernormen durch umweltrechtliche Steuerungsanliegen kommt es indessen nicht zu einem Austausch des steuerlegitimierenden Belastungsgrundes;1023 Rechtfertigungsgrund der Steuer bleibt die Teilhabe des Gemeinwesens an der individuellen Wirtschaftskraft des Steuerpflichtigen, während der Lenkungszweck lediglich die erhöhte, im Falle von Steuervergünstigungen auch ermäßigte Steuerlast vor dem Grundsatz der Steuergleichheit legitimiert. Der Umstand, daß auch für den materiellen Belastungsgrund der Vorteilsabschöpfung ein Vorbehalt zugunsten nichtsteuerlicher Abgaben besteht, wird durch die Praxis der Steuergesetzgebung nicht in Frage gestellt.1024 Folglich ist daran festzuhalten, daß weder der Gesichtspunkt der Aufwandsveranlassung – im Kern also der Verursachung – noch derjenige der Vorteilsabschöpfung als 1022 P. Kirchhof, DStJG 15 (1993), S. 3 (23); H. Söhn, Umweltsteuern und Finanzverfassung, in: FS f. Klaus Stern, 1997, S. 587 (591) (Dies stehe „außer Streit.“); M. Jachmann, StuW 2000, S. 239 (241); K. Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, 1986, S. 159 f.; D. Gosch, StuW 1990, S. 201 (211). 1023 C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135 (140 f.); P. Kirchhof, DStJG 15 (1993), S. 3 (22); J. Hey, StuW 1998, S. 32 (50); W. Köck, JZ 1991, S. 692 (697); H. Söhn, Umweltsteuern und Finanzverfassung, in: FS f. Klaus Stern, 1997, S. 587 (594); anders L. Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 (826 f.); E. Gawel, StuW 1999, S. 374 ff.; ders., Umweltabgaben zwischen Steuer- und Gebührenlösung, 1999, S. 49 ff. 1024 Im Schrifttum wird vereinzelt geltend gemacht, der Steuergesetzgeber sei nicht gehindert, den Ausgleich einer besonderen staatlich vermittelten Begünstigung als tragenden Legitimationstatbestand der Steuer zugrunde zu legen (L. Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 (827)). Gestützt wird diese Ansicht auf die Annahme, das BVerfG habe in seinen Entscheidungen zur bodenrechtlichen Wertsteigerungsabgabe (E 3, 407 (436)), zur Schankerlaubnissteuer (E 13, 181) und zur Spielbankabgabe (E 28, 119 (150 f.)) zum Zwecke der Steuerrechtfertigung auf den Aspekt der Vorteilsabschöpfung abgestellt und ihn dadurch als eigenständigen Belastungsgrund des Steuerrechts anerkannt (L. Osterloh, ebd.). Dieser Auffassung ist entgegenzutreten: Keines der drei genannten verfassungsgerichtlichen Judikate rechtfertigt die Annahme, das BVerfG habe den Vorteilsausgleich als Legitimationskriterium des Steuerzugriffs gegenüber dem Gebot der Lastengleichheit anerkannt; in keiner der Entscheidungen hebt das Gericht auf die Abschöpfung eines Sondervorteils als Zweck der Besteuerung, geschweige denn als deren eigenständiger Belastungsgrund ab (so auch deutlich C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135 (140 m. Fn. 38)).

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eigenständiger Belastungsgrund, welcher den Zugriff des Steuergesetzgebers vor dem Gebot der Lastengleichheit rechtfertigt, in Betracht kommen. 4. Folgerungen für die gleichheitsrechtliche Legitimation von Zwangsvergütungen Es konnte nachgewiesen werden, daß das Recht der nichtsteuerlichen Abgaben durch zwei Prinzipien der Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten vor dem Gebot der Belastungsgleichheit angeleitet und strukturiert wird. Die Belastungsgründe der Aufwandsveranlassung – als zurechenbare Verursachung eines hoheitlichen Sonderaufwandes oder, wie im Falle der Sonderabgabe, eines besonderen Bedarfs nach staatlicher Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe – und des Vorteilsausgleichs dienen als Leitgesichtspunkte der Rechtfertigung nichtsteuerlicher Abgaben vor dem Grundsatz der Lastengleichheit. Anliegen der Lenkung und der Umverteilung werden bei allen Arten nichtsteuerlicher Abgaben lediglich ergänzend zu den Belastungsgründen, die auf eine gerechte Lastenzuteilung gerichtet sind, als Legitimationskriterien herangezogen. Sie rechtfertigen nicht die Abgabenerhebung als solche, sondern durch ihr Hinzutreten zu den Belastungsgründen der Aufwandsveranlassung und des Vorteilsausgleichs lediglich die Abweichung von den Bemessungsprinzipien der Kostendeckung und der Wertäquivalenz. Allein das Recht des Sozialversicherungsbeitrags hat sich aufgrund historischer Entwicklung von diesen Grundsätzen entfernt; hier steht dem Gedanken des Ausgleichs einer besonderen Begünstigung – dem Versicherungsprinzip – das Prinzip des sozialen Ausgleichs als „polarer“, d.h. gleichwertiger, aber dem Versicherungsprinzip widerstreitender Legitimationsgrund der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben gegenüber. Die Belastungsgründe der Aufwandsveranlassung und des Vorteilsausgleichs zeichnen sich im Unterschied zu den Zwecken der Verhaltenssteuerung und des sozialen Ausgleichs durch eine klare Unterscheidbarkeit vom Rechtfertigungsgrund der Steuer aus und halten damit die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben in einer materiellen Distanz zur Besteuerung. Die deutliche Distanz von Gemeinlast und Sonderlasten auf der Ebene der materiellen Belastungsgründe wird auch durch neuere Entwicklungen im Steuerrecht nicht in Frage gestellt. Wie die Diskussion um die Zulässigkeit sog. Öko-Steuern zeigt, wird die Steuerrechtfertigung als Teilhabe des Staates am Erfolg privaten Wirtschaftens auch im Rahmen eines instrumentellen Einsatzes von Steuerrechtsnormen zu Umweltschutzzwecken nicht aufgegeben und durch eine „äquivalenztheoretische“ Rechtfertigung auf Grundlage des Verursachungsgedankens ersetzt. Der Nachweis eines unterscheidungskräftigen Abstandes zwischen Gemeinlast und Sonderlasten auf Ebene der materiellen Belastungsgründe ist für die gleichheitsrechtliche Beurteilung abgabenähnlicher Vergütungsregelungen von

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Bedeutung. Da diese Regelungen funktionell wie nichtsteuerliche Abgaben eingesetzt werden und aufgrund ihrer Einnahmenwirksamkeit in die Steuerkompetenzen der Art. 105 ff. GG übergreifen, hat der Gesetzgeber das Gebot materieller Steuerdistanz auch beim Einsatz dieser Form finanzieller Sonderlasten zu beachten. Dem Gesetzgeber ist es verwehrt, durch die Wahl einer nicht-abgabenrechtlichen Handlungsform die gleichheitsrechtlichen Belastungsprinzipien des nichtsteuerlichen Abgabenrechts zu umgehen. Bedient er sich insbesondere der abgabenäquivalenten Preisregulierung dazu, bestimmte Unternehmensgruppen neben ihrer Steuerpflicht zusätzlich nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu belasten, so verletzt er damit das Gebot materieller Steuerdistanz von Sonderlasten und umgeht zugleich die legitimen Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts, die diese Distanz wahren. Erweist sich im folgenden, daß der „quersubventionierende“ Gesetzgeber den Referenzregelungen dieser Untersuchung die Belastungsgedanken der Aufwandsveranlassung und des Vorteilsausgleichs zugrunde gelegt hat und daß die Voraussetzungen dieser Tatbestände vorliegen, so sind die Referenzregelungen vor dem Gebot der Lastengleichheit gerechtfertigt. Wählt der Gesetzgeber hingegen Belastungsgründe, die sich von diesen Prinzipien entfernen oder rechtfertigt er eine Sonderlast unter Hinweis auf diese Belastungsgedanken, obwohl die Sonderlastenträger entsprechende Verantwortlichkeitsmerkmale nicht aufweisen, so ist die auferlegte Vergütungspflicht gleichheitswidrig. In jedem Fall ist zu berücksichtigen, daß die Kriterien der Aufwandsveranlassung und der Vorteilsabschöpfung, wie sie im Recht der nichtsteuerlichen Abgaben nachgewiesen wurden, abstrakte Belastungsgedanken, nicht bereits konkretisierte Verantwortlichkeitstatbestände darstellen. Es handelt sich um Grundgedanken der Belastungsgerechtigkeit, die Eingang in das positive Recht gefunden und im Recht der nichtsteuerlichen Abgaben systemtragende Bedeutung erlangt haben. Die Abstraktion und Konkretisierungsbedürftigkeit beider Gesichtspunkte wird schon daran erkennbar, daß sie durch den Gesetzgeber für verschiedene Arten nichtsteuerlicher Abgaben, bisweilen auch innerhalb derselben Kategorie, in sehr unterschiedlicher Weise aufgenommen und präzisiert werden. Dem Gesetzgeber ist deshalb ein Gestaltungsspielraum dabei zuzuerkennen, in welcher Weise er die beiden allgemeinen Belastungstopoi finanzieller Sonderlasten zum konkreten Pflichtentatbestand einer Vergütungsregelung ausformt. So ist insbesondere der Belastungsgedanke der Verursachung in seiner allgemeinen Formulierung zu unspezifisch, um im Einzelfall als Kriterium für die Zurechnung einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit dienen zu können.1025

1025 Hierzu bereits P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 253; zur Ergänzung des Kausalitätskriteriums durch das Zurechnungselement der Unmittelbarkeit im öffentlichen Recht ders., Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, 1977, S. 88 f.

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Zur Entstehung eines hoheitlichen Sonderaufwandes bzw. eines besonderen Bedarfs nach hoheitlichem Tätigwerden zur Gemeinwohlverwirklichung wird regelmäßig eine Mehrzahl verschiedener Personengruppen in unterschiedlichem Umfang beitragen. In diesem Fall bedarf der Verursachungs- und Veranlassungsgedanke der Konkretisierung durch den Gesetzgeber, der festzulegen hat, welchen Kausalbeitrag er für so erheblich erachtet, daß dies die Inanspruchnahme einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit Privater rechtfertigt. Entsprechendes gilt für die Ausgestaltung des Gedankens einer besonderen hoheitlichen Begünstigung als Legitimation konkreter Finanzierungspflichten. Eine Überprüfung abgabenähnlicher Preisinterventionen daraufhin, ob die finanzielle Sonderbelastung zu Gemeinwohlzwecken sich auf die legitimen, steuer-distanten Belastungsgründe der Aufwandsveranlassung und des Vorteilsausgleichs stützen kann, hat daher die konkretisierenden Wertungen des Gesetzgebers zu respektieren. Dabei gilt jedoch, daß die Beachtung der beiden Belastungsprinzipien durch den Gesetzgeber um so deutlicher zu erkennen sein muß, je weniger sich die Sonderlast in kompetenzieller Hinsicht von der Steuer unterscheidet. Keinesfalls darf eine finanzielle Sonderlast, die bereits mit bedenklicher Intensität in Steuerkompetenzen übergreift, auch auf der Ebene der materiellen Belastungsgründe die gebotene Distanz zur Steuer unterschreiten. VI. Grenzen zulässiger Belastungsintensität von Zwangsvergütungen – Das Gebot der Korrelation von Legitimationsgrund und Umfang der Inanspruchnahme Die Betrachtung der legitimen Belastungsgründe nichtsteuerlicher Abgaben hat auch ergeben, daß die Bemessungsprinzipien, die insbesondere im Recht der Gebühr, des Beitrags und der Verbandslast gelten – Kostendeckung und Wertäquivalenz –, in den beiden „steuer-distanten“ Belastungsgründen der Aufwandsveranlassung und des Vorteilsausgleichs verankert sind.1026 Begreift man die Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe, soweit sie von der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit des Sonderlastenträgers gedeckt ist, als legitimen Zweck der finanziellen Sonderbelastung im Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips, so ergeben sich die Anforderungen des jeweiligen Bemessungsprinzips als Konkretisierungen allgemeiner Grundsätze des Übermaßverbots bei der Inanspruchnahme der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit. Wird die Sonderbelastung auf den Zurechnungsgesichtspunkt der Aufwandsveranlassung gestützt, so darf die finanzielle Inanspruchnahme des Pflichtigen nicht außer Verhältnis zur Höhe des hoheitlichen Sonderaufwandes stehen.1027 Geht sie von dem Belastungsgedanken des Vorteilsausgleichs aus, so muß sie in einem angemessenen 1026 Siehe oben § 16 D V 2 b) (Gebührenbemessung); § 16 D V 2 c) (Beitragsbemessung); § 16 D V 2 e) (Bemessung von Verbandslasten).

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Verhältnis zu dem Vermögenswert stehen, welcher der besonderen Begünstigung des Pflichtigen durch hoheitliches Handeln zukommt.1028 Zwar gehen die Bemessungsprinzipien der Kostendeckung und der Wertäquivalenz, die sich im Recht der Vorzugslasten entwickelt haben, von einer Leistung der öffentlichen Hand an den Pflichtigen aus und knüpfen darin an ein formelles Element, welches die meisten Arten finanzieller Sonderlasten – etwa die Sonderabgaben – nicht aufweisen; in ihren materiellen Anforderungen bringen sie jedoch, wie soeben dargelegt, allgemeine Grundsätze der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung zum Ausdruck. Auch für abgabenähnliche Preisregelungen gilt daher, daß die Bemessung der Finanzierungspflicht auf den jeweiligen Verantwortlichkeitstatbestand, aus dem sich die finanzielle Sonderbelastung vor dem Prinzip der Lastengleichheit rechtfertigt, und auf das Ausmaß der besonderen Finanzierungsverantwortung abgestimmt sein muß.1029 Findet eine fördernde Vergütungspflicht ihre Legitimation in der hervorgehobenen Kausalverantwortlichkeit einer privaten Gruppe für einen besonderen Bedarf nach hoheitlichem Tätigwerden zur Erfüllung einer Gemeinwohlaufgabe, so hat sich die Intensität der Sonderbelastung an dem Verursachungsbeitrag der Gruppenmitglieder zu orientieren. Liegt einer „Quersubvention“ der Rechtfertigungsgedanke der besonderen Begünstigung zugrunde, wie dies bisweilen für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld angenommen wird,1030 so darf das Ausmaß der Inanspruchnahme nicht außer Verhältnis zum Umfang der Begünstigung stehen. Bei der Bemessung finanzieller Sonderlasten bewegt sich der Gesetzgeber gleichsam im Schnittpunkt der Prinzipien der Lastengleichheit und der Verhältnismäßigkeit.1031 Um vor dem Prinzip der Lastengleichheit Bestand zu haben, 1027 Die Anforderungen des Prinzips der Kostendeckung an Gebühren werden dahin formuliert, diese dürften „nicht völlig unabhängig von den tatsächlichen Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung“ festgesetzt werden; die Verknüpfung zwischen Kosten und Gebührenhöhe müsse „sachgerecht“ sein, vgl. BVerfGE 50, 217 (227); 85, 337 (346); 97, 332 (345); hierzu auch H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, 1999, S. 27; D. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 253 ff. 1028 Für Gebühren wird das Äquivalenzprinzip dahingehend gefaßt, es verbiete ein „Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung“, vgl. BVerfGE 20, 257 (270); 83, 363 (392); 108, 1 (19); BVerwGE 109, 272 (274); BVerwG, NVwZ 2002, 206 (209); F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, 1981, S. 78; ähnlich W. Leisner, Verwaltungspreis – Verwaltungssteuer, in: GS f. Hans Peters, 1967, S. 730 (740). 1029 In Zusammenhang mit der Feststellung der Intensität der Übergriffswirkung in Steuergesetzgebungskompetenzen wurde bereits festgestellt, daß der Gesetzgeber dieses Gebot bei keiner der Referenzregelungen hinreichend beachtet hat, siehe oben § 10 C II 1 b) (zur Stromeinspeisungsregelung); § 10 C II 2 b) (zum Herstellerabschlag); § 10 C II 3 b) (zum Arbeitgeberzuschuß). 1030 So BAGE 81, 222 (229). 1031 Zum Sinnzusammenhang, in dem die Maßstäbe des Gleichheitssatzes und des Übermaßverbots trotz ihrer unterschiedlichen Blickrichtung stehen, P. Kirchhof, Gleichmaß und Übermaß, in: FS f. Peter Lerche, 1993, S. 133 (137 f.).

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

muß eine finanzielle Sonderlast sich nicht nur nach ihrem Grund, sondern auch nach ihrem Ausmaß auf eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit des Sonderlastenträgers stützen können; die Legitimation vor Art. 3 Abs. 1 GG hat auch die Intensität der Ungleichbehandlung gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Am deutlichsten kommt dieser Intensitätsbezug der Rechtfertigungsanforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG in der sog. neuen Formel des BVerfG zum Ausdruck, wonach der allgemeine Gleichheitssatz verletzt ist, „wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten“.1032 Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitskontrolle begegnet dieser Zusammenhang in Gestalt des Erfordernisses wieder, die finanzielle Sonderbelastung müsse nicht nur in einem angemessenen Verhältnis zu dem Gewicht und der Dringlichkeit der Gemeinwohlverwirklichung, sondern auch zu dem Ausmaß der Sonderverantwortlichkeit stehen. Die Belastung darf nicht schwerer wiegen, als die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit des in Anspruch genommenen Freiheitsberechtigten dies zuläßt; ihre Intensität muß mit dem Umfang der besonderen Verantwortlichkeit „korrelieren“.1033 Diese Begrenzung durch den Rechtfertigungsgrund der Sonderlast bildet einen Bestandteil der Verhältnismäßigkeitskontrolle, sie steht jedoch außerhalb der Zweck-Mittel-Relation,1034 da sie die Intensitätsgrenzen der Inanspruchnahme nicht aus dem Gewicht und der Dringlichkeit des verfolgten Gemeinwohlzwecks, sondern aus dem Tatbestand der Sonderverantwortlichkeit ableitet. Wie bereits dargelegt,1035 kann es sich bei dem legitimen Zweck einer Verhältnismäßigkeitsbetrachtung stets nur um einen empirischen, „äußeren“ Erfolg handeln, der sich unabhängig von dem zu beurteilenden Freiheitseingriff feststellen läßt, der also auch außerhalb der Beziehung von Zweckverfolgung und Grundrechtsbeeinträchtigung darstellbar ist.1036 Der Zweck einer finanziellen Sonderlast im Sinne des Verhältnismäßig1032 BVerfGE 55, 72 (88) (Hervorhebung nicht im Original); st. Rspr., vgl. nur E 100, 195 (205); 103, 225 (235). 1033 Als Prinzip der Begrenzung öffentlich-rechtlicher Pflichten aus dem Gedanken der Sachherrschaft betrachtet O. Lepsius, Besitz und Sachherrschaft, 2002, S. 112 ff., 119 ff., den Korrelationsgrundsatz und beleuchtet dabei auch Ausprägungen des Prinzips in anderen Teilen der Rechtsordnung. Als gleichheitsrechtliche Rechtfertigungsanforderung an öffentliche Sonderlasten behandelt M. Wehr, Rechtspflichten im Verfassungsstaat, 2005, S. 251 f., das Korrelationsgebot eingehend. 1034 Vgl. auch M. Wehr, Rechtspflichten im Verfassungsstaat, 2005, S. 252 („Man kann insofern von einer durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gezogenen absoluten im Gegensatz zur rechtsgrundbezogenen relativen Begrenzung sprechen.“). 1035 Siehe oben § 16 D II 4 a). 1036 K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 70; vgl. auch S. Huster, Rechte und Ziele, 1993, S. 129 ff.; W. Heun, in: H. Dreier, GG, Kommentar, Bd. I, Art. 3 Rn. 27.

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keitsprinzips liegt daher in der Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe,1037 nicht in der gleichheitsgerechten Inanspruchnahme einer besonderen Finanzierungsverantwortung aus den Belastungsgedanken der Aufwandsveranlassung und des Vorteilsausgleichs; letztere bildet insoweit lediglich ein „internes“1038 Differenzierungsziel, das nicht als Zweck im Sinne einer Zweck-Mittel-Relation stehen kann. Das Korrelationsgebot als Erfordernis eines hinreichenden Legitimationsgrundes stellt somit die Verbindung zwischen dem Prinzip der Lastengleichheit – als logisch vorrangigem Maßstab an finanzielle Sonderlasten1039 – und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit her. Es ergänzt als Bestandteil der Angemessenheitskontrolle1040 den Maßstab der Zweck-Mittel-Relation um Vorgaben der Belastungsgleichheit und stellt darin bisweilen höhere Anforderungen an die Mäßigung der Belastungsintensität, als sie sich aus der Zweck-Mittel-Relation ergeben. Im Gebot der Korrelation von Legitimationsgrund und Umfang der besonderen Finanzierungspflicht wirken das Prinzip der Lastengleichheit und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit daher zu einer grundrechtskonformen Begrenzung finanzieller Sonderlasten wie Zwangsvergütungen zusammen. Da die Bemessung der Finanzierungspflicht notwendigerweise eine Einschätzung des Gesetzgebers darüber voraussetzt, in welchem Umfang die sonderbelastete Gruppe gegenwärtig, aber auch in der näheren Zukunft die Verantwortlichkeitstatbestände der Aufwandsveranlassung und des Vorteilsausgleichs erfüllt, ist dem Gesetzgeber bei der Festsetzung der Belastungsintensität ein gewisser Gestaltungsspielraum zuzuerkennen. Diese Prärogative betrifft nicht die vorgelagerte Frage, ob die Gruppe Privater eine gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen und anderen Gruppen deutlich gesteigerte Finanzierungsverantwortlichkeit aufweist, sondern lediglich die Umsetzung dieser Sonderverantwortlichkeit in eine konkrete Finanzierungspflicht. Sie bezieht sich – ähnlich, wie das BVerfG dies für die Gebührenbemessung herausgestellt hat1041 – auf 1037 Lenkungs- und Ausgleichszwecke können ergänzend hinzutreten, stehen jedoch unter den Differenzierungszielen abgabenäquivalenter Preisregelungen nicht im Vordergrund, siehe oben § 16 D I 1. 1038 S. Huster, Rechte und Ziele, 1993, S. 165 ff.; ders., JZ 1994, S. 541 (544); W. Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Rn. 97; ähnlich L. Osterloh, in: M. Sachs, GG, Kommentar, Art. 3 Rn. 20. 1039 Siehe oben § 16 B III. 1040 Mit Blick auf die Intensität der Sonderbelastung ist es daher richtig, wenn das BVerfG für Indienstnahmen Privater erklärt, die Zulässigkeit der Lastenverlagerung auf eine Gruppe von Freiheitsberechtigten bilde im wesentlichen eine Frage der Zumutbarkeit, vgl. BVerfGE 77, 308 (334); 109, 64 (86). 1041 BVerfGE 97, 332 (345) erkennt dem Gesetzgeber eine Prärogative für die Entscheidungen, „welche öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen“ und „welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er hierfür aufstellen“ wolle, nicht aber für die Bestimmung des Kriteriums der individuellen Zurechenbarkeit zu; ähnlich nimmt E 108, 1 (19) einen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers

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die Einschätzung und Realisierung der Finanzierungsverantwortung in ihrem gegenwärtigen und zukünftigen Umfang, nicht auf die Feststellung der Verantwortlichkeit als solcher. Wurde oben hervorgehoben, daß dem Gesetzgeber bei der Zuweisung besonderer Finanzierungspflichten für Gemeinwohlzwecke an einzelne Gruppen eine weite Gestaltungs„freiheit“, wie sie das BVerfG für die Kontrolle von Gesetzen an Art. 3 Abs. 1 GG annimmt, nicht eingeräumt sein kann,1042 so wurde damit der Besonderheit des Prinzips der Lastengleichheit Rechnung getragen, das eine Sonderbelastung einzelner Gruppen nur unter der Voraussetzung einer weit überwiegenden Finanzierungsverantwortung zuläßt. Steht jedoch weniger die Rechtfertigung der Sonderlast dem Grunde nach als mehr die Angemessenheit ihrer Intensität in Frage, so ist dem Gesetzgeber der Gestaltungsspielraum zuzuerkennen, den dieser bei der Beurteilung der Angemessenheit einer hoheitlich auferlegten Last am Maßstab des Übermaßverbots anerkanntermaßen genießt. VII. Die gleichheitsrechtliche Legitimation der Referenzregelungen Nachdem in dem Gebot der Steuerdistanz von Sonderlasten auf der Ebene der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung, in der Funktion der legitimen Belastungsgründe nichtsteuerlicher Abgaben als Umgehungsverbote sowie im Korrelationsgebot als Vorgabe der zulässigen Belastungsintensität weitere Anforderungen der Lastengleichheit an die Legitimation abgabenähnlicher Vergütungsregelungen herausgearbeitet werden konnten, wendet sich die Untersuchung nunmehr den Referenzregelungen zu und betrachtet diese darauf hin, ob die vom Gesetzgeber, der Rechtsprechung und der Literatur angeführten Legitimationserwägungen diese Regelungen vor dem Prinzip der Lastengleichheit rechtfertigen können. Von besonderem Interesse ist dabei, ob die vorgebrachten Rechtfertigungsgründe sich den beiden systemtragenden Belastungsprinzipien finanzieller Sonderlasten, der Aufwandsveranlassung und dem Vorteilsausgleich, zuordnen lassen und ob die sonderbelasteten Personengruppen die Voraussetzungen dieser Verantwortlichkeitstatbestände tatsächlich erfüllen. Bevor die einzelnen Referenzregelungen sukzessive auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG überprüft werden, werden zunächst zwei Typen von Legitimationskriterien aus der weiteren Betrachtung ausgeschlossen, die für eine Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten als unsachlich ausscheiden. Dabei handelt es sich zum einen um Erwägungen der effektiven und zweckmäßigen Wahrnehmung der Sachaufgabe, zum anderen um Gesichtspunkte der wirtschaftlichen Leistungsfä-

nur hinsichtlich der Gebührenbemessung an und stützt diesen auf den Prognosecharakter der Entscheidung, welche Kosten eine Amtshandlung für die Verwaltung bzw. welchen Vorteil sie für den Empfänger mit sich bringen werde. 1042 Siehe oben § 16 D II 6 b).

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higkeit. Beide Kriterien werden am Beispiel einer Referenzregelung betrachtet, zu deren Legitimation sie angeführt werden. 1. Evident unsachliche Rechtfertigungskriterien a) Zweckmäßigkeit Als Ergebnis der Betrachtungen zur Unterscheidung zwischen besonderer Sach- und besonderer Finanzierungsverantwortung konnte festgehalten werden, daß Erwägungen, die auf die Effektivität und die Zweckmäßigkeit der Erfüllung einer Sachaufgabe gerichtet sind, als Rechtfertigung einer finanziellen Sonderbelastung Privater zu öffentlichen Zwecken ausscheiden. Bildet das Gebot der effektiven Wahrnehmung der Sachaufgabe den für Art. 3 Abs. 1 GG maßgeblichen Regelungszweck – wie im Falle polizeilicher Maßnahmen auf der Primärebene –, so stellen Gesichtspunkte der Sach- und Ortsnähe, des geringen Verwaltungsaufwandes sowie des finanziellen Handlungsvermögens des Verpflichteten zum Zwecke einer sicheren und nachhaltigen Aufgabenwahrnehmung sachgerechte Rechtfertigungsgründe für die Inanspruchnahme einer besonderen Handlungsverantwortlichkeit dar. Am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist eine handlungsbezogene Sonderbelastung, die hinsichtlich der Auswahl des Pflichtigen und der Intensität der Inanspruchnahme diesen Kriterien folgt, zumutbar. Schon für das Recht der Gefahrenabwehr wurde hingegen festgestellt, daß die Inanspruchnahme besonderer Finanzierungsverantwortung nicht den Belastungskriterien der Primärebene folgt, wenn es sich bei diesen um Effektivitäts- und Zweckmäßigkeitsüberlegungen handelt. Denn das – wiederum für Art. 3 Abs. 1 GG maßgebliche – Regelungsziel von Lastenzuweisungsnormen auf der Sekundärebene liegt nicht in der Sicherung einer effektiven Aufgabenwahrnehmung, sondern, neben dem Anliegen staatlicher Kostendeckung, in der gerechten Verteilung öffentlicher Lasten zwischen dem einzelnen Pflichtigen und der Allgemeinheit. Auch die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips auf Maßnahmen der Sekundärebene wird durch diese Zwecke, nicht durch das Gebot der effektiven Wahrnehmung der Sachaufgabe strukturiert. Dementsprechend konnte beobachtet werden, daß die Zuweisung finanzieller Sonderlasten den Kriterien des Verursachungsbeitrags – bei der Störerauswahl unter Verhaltensstörern –, des Verschuldens, der Sozialbindung des Eigentums – im Falle der Zustandshaftung – sowie der besonderen Begünstigung des Pflichtigen – bei der Inanspruchnahme des Nichtstörers in dessen eigenem Interesse1043 – folgt. In 1043 Vgl. § 55 Abs. 1 S. 2 PolG BW; § 46 Abs. 5 S. 1 ME PolG. – Auf die Konstellation des Anscheinsstörers wird dieser Belastungsgedanke nicht übertragen, sein Entschädigungsanspruch entfällt in dem Maße bzw. er ist in dem Umfang kostener-

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den Gesichtspunkten der Verursachung und der besonderen Begünstigung wurden damit bereits Kriterien der gerechten Lastenverteilung auf der Sekundärebene kennengelernt, die sodann als legitime Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts wiederbegegnet sind. Bezeichnenderweise konnten der Aspekt der Sachnähe und sonstige Zweckmäßigkeitskriterien der polizeirechtlichen Primärebene nicht als legitime Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts nachgewiesen werden. Gesichtspunkte der effektiven Aufgabenwahrnehmung, der Praktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung bilden keine sachlichen Gründe im Sinne einer Legitimation finanzieller Sonderlasten. Diese Anforderung an die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung von Finanzierungspflichten gerät gerade für fördernde Vergütungsregelungen leicht aus dem Blick. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt darin, daß die Verfassungsmäßigkeit solcher Preisinterventionen vielfach nur am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG untersucht und dadurch das Gebot der Lastengleichheit als Verfassungsmaßstab vernachlässigt wird.1044 Da Lohn- und Preisbestimmungen nach der sog. Stufenlehre des BVerfG als Berufsausübungsregelungen einzuordnen sind, werden bisweilen auch solche Grundsätze der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Berufsausübungsregelungen auf Zwangsvergütungen bezogen, die dem gleichheitsrechtlichen Rechtfertigungsbedarf dieser finanziellen Sonderbelastungen nicht gerecht werden. Dies gilt insbesondere für die Position des BVerfG, das Grundgesetz räume dem Gesetzgeber bei der Festlegung der zu verfolgenden arbeits-, wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele eine weite Gestaltungsfreiheit ein;1045 gerade bei Berufsausübungsregelungen dürfe der Gesetzgeber „in weitem Maße Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit“ in den Vordergrund stellen.1046 Diese bereits im Apothekenurteil enthaltene Vorgabe für die Kontrolle von Berufsausübungsregelungen darf nicht zu dem Mißverständnis führen, auch die Auswahl einer zu Gemeinwohlzwecken sonderbelasteten Gruppe dürfe nach Zweckmäßigkeitskriterien getroffen werden. Das BVerfG hat diese Vorgabe nicht mit Blick auf Regelungen formuliert, durch die besondere Pflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben zugewiesen werden; durch sie wird folglich auch nicht in Frage gestellt, daß Effektivitäts- und Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte als Belastungsgründe einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit nicht in Betracht kommen. Versuche, die finanzielle Sonderbelastung einzelner Gruppen durch „Quersubventionen“ mit Erwägungen der Praktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung vor dem Prinzip der Lastengleichheit zu rechtfertigen, finden sich insbesatzpflichtig, in dem er seine besondere Inanspruchnahme durch die Polizeibehörden selbst veranlaßt hat, siehe oben § 16 D III 1 c) bb) (1). 1044 Siehe hierzu bereits oben § 14 D IV und V. 1045 BVerfGE 7, 377 (405); 37, 1 (21); 39, 21 (225); 51, 193 (208). 1046 BVerfGE 7, 377 (406) – Apotheker; vgl. auch E 77, 308 (332) – Bezahlter Bildungsurlaub.

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sondere1047 in der Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit der SER. Namentlich der BGH, der bislang zweimal über die Vereinbarkeit der SER mit dem Gebot der Lastengleichheit zu entscheiden hatte, verwendet in beiden Urteilen Zweckmäßigkeitsargumente. Zur Gesetzeslage unter Geltung des StrEG 1991 erklärt das Gericht, für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien „gerade auf dem vom StrEG gewählten Weg“ könnten „auch naheliegende Sachgründe geltend gemacht werden“, mehrere Umstände hätten es dem Gesetzgeber „zweckmäßig erscheinen lassen“ können, eine subventionierende Preisregelung einzuführen. Insbesondere habe die gewählte Förderungstechnik „gegenüber der Gewährung staatlicher Subventionen jedenfalls den Vorteil, auf die Einschaltung von Behörden und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand zu verzichten.“1048 Das Gericht geht erkennbar davon aus, bloße Praktikabilitätsgesichtspunkte seien zur Begründung einer besonderen Finanzierungsverantwortung ausreichend. Dabei drängt es sich geradezu auf, daß die Verwaltungsvereinfachung, die sich für die öffentliche Hand daraus ergibt, daß infolge des „abgekürzten Zahlungsweges“1049 der abgabenäquivalenten Preisregulierung ein Tätigwerden der staatlichen Leistungsverwaltung entbehrlich wird, in keinem inneren Zusammenhang zu einer Finanzierungsverantwortlichkeit der belasteten EVU steht. Der BGH problematisiert dies nicht. Zur Rechtfertigung der SER in den Fassungen des StrEG 1998 und des EEG 2000 führt das Gericht in einer späteren Entscheidung erneut Aspekte der Zweckmäßigkeit an. Es erklärt, die besondere Verantwortung gerade der Betreiber von Versorgungsnetzen ergebe sich zum einen daraus, daß diese aufgrund ihres weitverzweigten Netzes „vorzugsweise in der Lage“ seien, „den Strom aus erneuerbaren Energien aufzunehmen und mit möglichst geringen Verlusten an die Abnehmer weiterzuleiten.“ Wegen ihrer unmittelbaren Vertragsbeziehungen zu den Stromverbrauchern sei es ihnen „auch am einfachsten möglich, die finanziellen Belastungen, die durch die Abnahme und Vergütung des Stroms aus erneuerbaren Energien entstehen, auf die Stromverbraucher zu verlagern.“1050 Sieht man davon ab, daß das erstgenannte Argument durch die Einführung des bundesweiten Belastungsausgleichs gem. § 11 EEG 2000 bzw. § 14 EEG 2004, 1047 Auch zur Legitimation fördernder Lohnfortzahlungspflichten werden Zweckmäßigkeitserwägungen vorgebracht. Zu der Verpflichtung der Arbeitgeber nach Landesrecht, Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und politischen Bildung bezahlten Urlaub zu gewähren, machte der Ministerpräsident des Landes Hessen geltend, wenn die Aufbringung von Mitteln zur Finanzierung einer dem Gemeinwohl dienenden Aufgabe erforderlich sei, müßten die damit zusammenhängenden Kosten nicht ausschließlich vom Staat getragen werden: Vielmehr sei eine Heranziehung der Arbeitgeber zur Übernahme eines Teils der Kosten „wegen der arbeitsrechtlichen Verbindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer naheliegend“, hierzu BVerfGE 77, 308 (320). 1048 BGHZ 134, 1 (18 f.) – Stromeinspeisung II. 1049 Formulierung nach H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 (929). 1050 BGHZ 155, 141 (150 f.) – Stromeinspeisung III.

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bei dem nicht nur die finanzielle, sondern auch die physikalische Belastung mit EEG-Strom unter Übertragungsnetzbetreibern und letztversorgenden EVU ausgeglichen wird, an Validität eingebüßt hat, so handelt es sich wiederum um Praktikabilitätsüberlegungen ohne Bezug zur Verantwortlichkeitssituation der belasteten EVU. Eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der letztversorgenden EVU läßt sich aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten, wie sie der BGH in beiden Entscheidungen anführt, nicht herleiten. b) Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Ein weiteres Kriterium, welches zur Legitimation abgabenähnlicher Preisinterventionen von vornherein ausscheidet, liegt in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der in Anspruch genommenen Unternehmen. In diesem Fall ist es nicht die Unterschiedlichkeit der Rechtfertigungsanforderungen an handlungsbezogene und an finanzielle Sonderbelastungen, sondern das Gebot hinreichender Unterscheidungsfähigkeit von Steuer und Sonderlasten, der „materiellen Steuerdistanz“, welches eine Legitimation von Zwangsvergütungen aufgrund dieses Zurechnungsgrundes ausschließt. In der Gesetzesbegründung einer weiteren Referenzregelung, des Herstellerabschlags auf Fertigarzneimittel gem. § 130a SGB V, nähert sich der Gesetzgeber in bedenklicher Weise einer Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung aus der Teilhabe der öffentlichen Hand am Erfolg privaten Wirtschaftens, eben jenem Belastungsgrund, welcher der Steuer vorbehalten ist und daher für die Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten nicht zur Verfügung steht. So stellt die Begründung des Fraktionsentwurfs zum BSSichG, durch das die Regelung des § 130a SGB V zum 1. Januar 2003 eingeführt wurde, heraus, der Arzneimittelabschlag zu Lasten der Hersteller sei „aufgrund hoher Umsätze der pharmazeutischen Unternehmen im GKV-Bereich [. . .] sachlich gerechtfertigt.“1051 Nicht nur dem Grunde, sondern auch der Intensität nach wird die finanzielle Sonderbelastung der Arzneimittelhersteller unter Bezugnahme auf deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gerechtfertigt. So ergänzt die Entwurfsbegründung im folgenden, vor dem Hintergrund der von pharmazeutischen Unternehmen in der GKV erzielten Umsätze von etwa 12 Mrd. Euro im Jahr 2001, davon etwa 7 Mrd. Euro im Bereich nicht festbetragsgeregelter Arzneimittel, sei eine Belastung der pharmazeutischen Unternehmen in Höhe von ca. 420 Mio. Euro jährlich „im Verhältnis zu dem Ziel der Stabilisierung der Kosten der GKV als angemessen zu bewerten.“1052 Da der Gesetzgeber in diesen zentralen Passagen der Gesetzesbegründung keine weiteren Kriterien für eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Arzneimittelhersteller anführt, entsteht der Eindruck, er erkenne die gleichheits1051 1052

BT-Drs. 15/28, S. 12. BT-Drs. 15/28, S. 16.

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rechtliche Rechtfertigung des Herstellerabschlags allein in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der pharmazeutischen Unternehmen, wie sie in deren Umsätzen auf dem GKV-Arzneimittelmarkt zum Ausdruck kommt. Wäre die gesetzgeberische Belastungskonzeption damit zutreffend erfaßt, so müßte sie als gleichheitswidrig abgelehnt werden. Der Gesetzgeber hätte mit der Teilhabe des Staates am Erfolg privaten Wirtschaftens nach Maßgabe der individuellen Zahlungsfähigkeit gerade denjenigen Belastungsgrund ausgewählt, der ausschließlich der Besteuerung vorbehalten ist und aus diesem Grund finanziellen Sonderlasten nicht zugrunde gelegt werden darf. Durch die Legitimation einer Sonderlast auf Basis dieses Belastungsgrundes würde der Gesetzgeber das Gebot materieller Distanz von Steuern und Sonderlasten verletzen und umginge damit zugleich die legitimen Belastungsgründe nichtsteuerlicher Abgaben. Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum werden die Gesetzesmaterialien zum BSSichG bisweilen tatsächlich dahin verstanden, der Gesetzgeber rechtfertige die Sonderbelastung der Arzneimittelhersteller mit deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit; auch die gleichheitsrechtlichen Konsequenzen werden zutreffend gezogen.1053 Allerdings lassen sich die angeführten Passagen der Gesetzesbegründung auch dahin deuten, der Gesetzgeber erkenne die Arzneimittelhersteller in einer hervorgehobenen Kausalverantwortlichkeit für die, wie formuliert wird, „überproportionalen Ausgabenzuwächse“1054 der GKV, da die Hersteller den defizitären Wettbewerb auf dem GKV-Arzneimittelmarkt durch eine an Gewinnmaximierung orientierte Preisbildung für sich zu nutzen wüßten. Auf diesen Rechtfertigungsgrund wird zurückzukommen sein. 2. Stromeinspeisungsregelung, §§ 4 ff., 14 EEG a) Kausalverantwortlichkeit aa) Die Rechtfertigung der Sonderbelastung aus Sicht des Gesetzgebers Die erste Stellungnahme des Gesetzgebers zu der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung der Sonderbelastung, die sich für letztversorgende EVU aus der Stromeinspeisungsregelung ergibt, findet sich in der Gesetzesbegründung zum EEG 2000. Zuvor hatte der Gesetzgeber die Verfassungsmäßigkeit der Abnahme- und Vergütungspflicht stets unter Hinweis auf das besondere Gewicht ihrer umwelt- und energiepolitischen Zwecksetzung sowie auf das zumutbare 1053 Vgl. S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (416) (Die Konkurrenz zur Steuer könne angesichts dessen nicht ausgeschlossen werden.); ablehnend gegenüber einer Rechtfertigung sonderbelastender Kostendämpfungsmaßnahmen in der GKV durch den Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch F. Hufen, NJW 2004, S. 14 (17 m. Fn. 60). 1054 Begründung des Fraktionsentwurfs zum BSSichG, BT-Drs. 15/28, S. 12.

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Ausmaß der finanziellen Belastung zu begründen gesucht, den besonderen Rechtfertigungsbedarf der finanziellen Sonderbelastung vor dem Gebot der Lastengleichheit jedoch nicht zur Kenntnis genommen.1055 Weshalb gerade die verpflichteten EVU eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung aufweisen, legt der Gesetzgeber anläßlich der Ersetzung des StrEG durch das EEG 2000 erstmals dar. Nach seiner Auffassung ergibt sich die gesteigerte Verantwortlichkeit der letztversorgenden EVU aus dem Verursacherprinzip als Zurechnungsgrundsatz umweltrechtlicher Schadensverantwortung. Eine Belastung der Stromlieferanten sei geboten, da die „sozialen und ökologischen Folgekosten der konventionellen Stromerzeugung“ bislang zum größten Teil nicht von den EVU, sondern „der Allgemeinheit, den Steuerzahlern und künftigen Generationen getragen“ würden.1056 In keinem anderen Feld sei „eine Preisregelung zu Lasten der Verursacher legitimer und besser vertretbar als auf dem der Stromversorgung wegen der ökologischen Folgeschäden konventioneller Stromerzeugung.“ Das EEG, das der Markteinführung emissionsfreier und naturverträglicher Energien und damit der Substitution konventioneller Energieträger diene, enthalte „eine strikt durchgehaltene gleiche Lastenverteilung auf alle Stromlieferanten“ und entspreche dadurch „dem Verursacherprinzip im Umweltschutz.“1057 Zur Begründung des Belastungsausgleichs unter den Netzbetreibern, an dessen Ende die letztversorgenden EVU als endgültige Träger der finanziellen Sonderlast stehen, wird ausgeführt, diese Regelung führe zu einer „dem Prinzip der Entflechtung von EVU ideal entsprechenden Verpflichtung der Stromlieferanten als Verursachern einer klima- und umweltgefährdenden Energieerzeugung.“1058 Die Gesetzesbegründung zum EEG 2004 beschränkt sich im wesentlichen darauf, diese Passagen zu wiederholen und ergänzt, das EEG leiste einen Beitrag zu einer verursachergerechten Berücksichtigung der unterschiedlichen externen Kosten der Stromerzeugung aus konventionellen bzw. regenerativen Energiequellen.1059 In diesen externen Kosten erkennt der Gesetzgeber einen Sonderaufwand, der bislang der Allgemeinheit zur Last fällt, unter dem Aspekt der Verursacherverantwortlichkeit aber den letztversorgenden EVU zuzurechnen ist.

1055 Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen für das StrEG 1991, BT-Drs. 11/7816, S. 4; ähnlich der Erfahrungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft zum Stromeinspeisungsgesetz vom 18. 10. 1995, BT-Drs. 13/2681, S. 7. 1056 So die Begründung des Gesetzentwurfs der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BT-Drs. 14/2776, S. 20. 1057 BT-Drs. 14/2776, S. 20. 1058 BT-Drs. 14/2776, S. 24. 1059 Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 24, 27, 48.

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bb) Mittelbare Verursacherverantwortlichkeit der Stromhändler wegen Bevorzugung konventioneller Stromerzeugungsarten (1) Steuerungsmacht im Nachfrageverhalten der Stromhändler oder der Verbraucher? Bemerkenswert ist, daß der Gesetzgeber einen Zusammenhang zwischen der Unternehmenstätigkeit der Stromlieferanten als Versorgern der Letztverbraucher und den klimaschädlichen und ressourcenverbrauchenden Folgen konventioneller Stromerzeugung herstellt. Hierin liegt nach der Vorstellung des Gesetzgebers der zentrale Belastungsgedanke: In ihrer Eigenschaft als Versorger der Endverbraucher seien die Stromhändler die Verursacher einer umweltgefährdenden Stromerzeugung. Worin dieser Zusammenhang aus Sicht des Gesetzgebers besteht, ist den Gesetzesbegründungen des EEG in seinen verschiedenen Fassungen nicht mit völliger Eindeutigkeit zu entnehmen. Wäre der Zusammenhang auf die Annahme gestützt, die Gruppe der Stromhändler sei mit derjenigen der Erzeuger von Strom aus fossilen Primärenergieträgern, von deren Unternehmenstätigkeit tatsächlich unmittelbar klimaschädliche Wirkungen ausgehen, personenidentisch, so würden hierdurch die Markt- und Unternehmensstrukturen auf dem Gebiet der Stromwirtschaft unzutreffend wiedergegeben.1060 Es würde insbesondere die Existenz „reiner“ Stromhändler, mit deren Zunahme für die Zukunft zu rechnen ist, vernachlässigt. Von einer solchen Annahme geht der Gesetzgeber allerdings auch nicht aus, wie der Hinweis in der Gesetzesbegründung, die gewählte Belastungskonzeption führe zu einer „dem Prinzip der Entflechtung von EVU ideal entsprechenden Verpflichtung der Stromlieferanten“,1061 zeigt. Der Gesetzgeber stellt für die Sonderverantwortlichkeit zu finanzieller Förderung von EEG-Strom gezielt auf die Gruppe der letztversorgenden EVU ab und erkennt dabei zutreffend, daß diese nicht zwingend mit den Erzeugern von Strom aus fossilen Primärenergieträgern identisch sind.

1060 Die Annahme träfe in dieser Form vor allem bei vertikal integrierten EVU zu; zu Begriff und Erscheinungsformen dieses Unternehmenstypus J. Sievert/S. Behnes, RdE 2005, S. 93 (94); P. Drasdo u. a., Konzentration und Wettbewerb in der deutschen Energiewirtschaft, 1998, S. 7 ff.; zur Stellung insbesondere der Verbundunternehmen auf dem deutschen Stromhandelsmarkt W. Schulz/C. Riechmann, in: C. Bartsch u. a. (Hrsg.), Stromwirtschaft, 2002, Kap. 4 Rn. 37; P. Drasdo u. a., a. a. O., S. 467 ff. 1061 BT-Drs. 14/2776, S. 24; ebenso BT-Drs. 15/2864, S. 48. – Die Gesetzesmaterialien sind insoweit allerdings nicht frei von Widersprüchen: Wenn der Gesetzgeber die Finanzierungsverantwortlichkeit der Stromlieferanten mit dem Hinweis untermauert, die ökologischen Folgekosten der konventionellen Stromerzeugung würden „bislang zum größten Teil nicht von den Betreibern, sondern der Allgemeinheit, den Steuerzahlern und künftigen Generationen getragen“ (BT-Drs. 14/2776, S. 20), so kann er sich dabei nur auf die Betreiber konventioneller Kraftwerke, mithin auf Stromerzeuger, beziehen.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

Wenn die Gesetzesbegründungen des EEG 2000 sowie des EEG 2004 die Stromversorgung von Letztverbrauchern mit einer klimaschädlichen und ressourcenverzehrenden Stromerzeugung gleichsetzen, so kann dies folglich nur so verstanden werden, daß der Gesetzgeber die Stromlieferanten als mittelbare Verursacher von CO2-Emissionen und Ressourcenverbrauch ansieht, weil nach seiner Auffassung dieser Gruppe durch ihr Nachfrageverhalten die Entscheidung darüber zufällt, welche Energiequellen bei der Stromerzeugung vorrangig zum Einsatz kommen. Bei dieser Betrachtung fiele den Stromhändlern zwar nicht die unmittelbare Schädigungsverantwortung durch den Einsatz bestimmter Techniken der Stromgestehung und die Verwendung bestimmter Primärenergieträger, aber eine Art mittelbarer Steuerungsverantwortung zu, da sie die Verbindung zwischen der Nachfrage der Endverbraucher und der Ebene der Stromerzeugung herstellen und die Nachfrage dabei auf den Bezug von Strom bestimmter Erzeugungsarten ausrichten. Für ein solches Verständnis der gesetzgeberischen Belastungskonzeption spricht auch das in § 14 Abs. 3 S. 2 EEG angeordnete „Grünstromhändlerprivileg“, wonach die Abnahme- und Vergütungspflicht der Stromlieferanten gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern nicht für solche EVU gilt, die bezogen auf die gesamte von ihnen an Endverbraucher gelieferte Strommenge mindestens 50 Prozent EEG-Strom liefern.1062 Auch in der Literatur werden die Ausführungen des Gesetzgebers zur kausalen Verantwortlichkeit der Letztversorger im Sinne einer solchen mittelbaren Steuerungsverantwortung aufgefaßt und bisweilen für zutreffend erachtet. So wird vertreten, die Gruppe der Stromlieferanten treffe eine besondere Finanzierungsverantwortung für die Verbesserung der Marktsituation erneuerbarer Energieträger, da ihr die größte Entscheidungsmacht bei der Wahl der eingesetzten Primärenergieträger zukomme. Für die Endverbraucher, Sonder- wie Tarifkunden, bestünden demgegenüber nur begrenzte Möglichkeiten, sich für ressourcenschonende und klimafreundliche Energieträger zu entscheiden oder aber indirekt politischen Einfluß auszuüben. Aufgrund dessen bleibe die Verantwortung der Endverbraucher deutlich hinter derjenigen der Stromlieferanten zurück.1063 Diese Argumentation läßt indessen wesentliche Gegebenheiten eines liberalisierten Strommarktes außer acht. Infolge der Einführung eines ungehinderten und nichtdiskriminierenden Netzzugangs durch die Reform des Energiewirtschaftsrechts 1998 bestehen geschlossene Versorgungsgebiete auf dem deutschen Strommarkt nicht mehr. Grundsätzlich genießen konkurrierende Anbieter freien Marktzugang. Für den Endverbraucher ist hierdurch die Möglichkeit ge1062 Zu dieser Ausnahmeregelung J. Reshöft/S. Steiner/J. Dreher, Erneuerbare Energien-Gesetz, Handkommentar, 2. Aufl., 2005, § 14 Rn. 51. 1063 M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 160 f.; eine überwiegende Steuerungsmacht der Stromlieferanten lehnen ab G. Britz/F. Müller, RdE 2003, S. 163 (167 f.); C. Moench/C. Corino, RdE 2002, S. 124 (130); U. Büdenbender, ET 2001, S. 298 (302 ff.).

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schaffen worden, sich bewußt für den Bezug von Strom aus regenerativen Energiequellen zu entscheiden. Eine Vielzahl von Stromhändlern bietet in Gestalt jeweils unterschiedlicher Produkte die Lieferung von Strom aus regenerativer Erzeugung an. Den erhöhten Strompreisen, die der Verbraucher bei seiner Entscheidung für einen sog. „grünen Tarif“ in Kauf nimmt, steht die Zusicherung des Anbieters gegenüber, bei den zur Stromerzeugung eingesetzten Energiequellen handele es sich um erneuerbare Energieträger.1064 Der Verbraucher stellt durch seine Nachfrageentscheidung sicher, daß eine bestimmte Menge Stromes, die aus Anlagen der regenerativen Erzeugung in das Netz eingespeist wurde und die im Umfang der von ihm bezogenen Menge entspricht, in wirtschaftlicher Hinsicht Abnahme findet. Der „Grünstromhändler“ weist die Herkunft des Stroms regelmäßig durch Zertifikate nach.1065 Der Stromverbraucher ist also keineswegs der Nachfrageentscheidung eines bestimmten Stromlieferanten, vorrangig Strom aus fossilen Primärenergieträgern oder Kernenergie zu beziehen, „ausgeliefert.“ In einem auch auf Ebene der Letztversorgung wettbewerbsoffenen Strommarkt ist er vielmehr frei, sich bewußt für einen Anbieter von Strom aus regenerativer Erzeugung zu entscheiden. Durch das Zusammenwirken von freiem Netzzugang und dem Angebot „grüner Tarife“ ist die Steuerungsmacht über die vorrangig bei der Stromerzeugung eingesetzten Energieträger inzwischen auf die Endverbraucher übergegangen, liegt also nicht mehr in Händen der letztversorgenden EVU. Wenn von solchen Angeboten bislang nur in geringem Maße Gebrauch gemacht wird, so spricht dies nicht gegen den beschriebenen Übergang der Steuerungsmacht, sondern lediglich dafür, daß die Steuerungsverantwortung für eine klima- und ressourcenschonende Stromerzeugung von den Stromverbrauchern erst zögerlich angenommen wird. Eine überwiegende Finanzierungsverantwortlichkeit der Stromlieferanten für die Förderung erneuerbarer Energien läßt sich vor diesem Hintergrund nicht mehr begründen. Zwar ist es richtig, daß die unmittelbare Entscheidung über den Bezug von Elektrizität einer bestimmten Erzeugungsart durch die Stromhändler getroffen wird. Doch ist diese Entscheidung aufgrund der geschilderten Zusammenhänge inzwischen nicht mehr nur hinsichtlich der quantitativen Stromnachfrage, sondern auch in der Wahl der eingesetzten Energieträger durch das Nachfrageverhalten der Endverbraucher vorbestimmt. Deshalb trifft es zu, wenn im Schrifttum zunehmend der Kreis der Stromverbraucher als „wichtigstes Glied in der Kette der Nachfrager als Verursacher“ einer klimaschädlichen und ressourcenverbrauchenden Stromerzeugung angesehen wird.1066 Eine über1064 Zu den Möglichkeiten der Stromverbraucher, gezielt „Ökostrom“ zu beziehen, C. Timpe/U. Fritsche, ET 1999, S. 730 ff.; G. Erdmann, ET 1999, S. 400 ff.; R. Frischknecht/N. Jungbluth, ET 2000, S. 922 ff. 1065 C. Timpe/U. Fritsche, ET 1999, S 730 ff.; C. de Wyl/J. Essig/G. Holtmeier, in: in: J.-P. Schneider/C. Theobald (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 10 Rn. 66; V. Bürger/ C. Timpe, ET 2003, S. 567 ff.

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wiegende Finanzierungsverantwortlichkeit der Gruppe der letztversorgenden EVU für die Förderung des Ausbaus der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nach dem EEG scheidet damit, soweit sie sich auf die Vorstellung einer mittelbaren Steuerungsverantwortung stützt, aus. (2) Wechselnde Positionen des Gesetzgebers Bei genauerer Betrachtung geben auch die Gesetzesbegründungen des EEG und funktionsähnlicher Finanzierungsinstrumente, durch die innerhalb des Energiewirtschaftsrechts Umweltschutzzwecke verfolgt werden, Anlaß zu Zweifeln, ob der Gesetzgeber selbst von einer verursachungsbedingten Sonderverantwortung gerade der letztversorgenden EVU ausgeht. Mit der Einführung einer Stromsteuer im Zuge der sog. ökologischen Steuerreform verfolgte der Gesetzgeber den umweltpolitischen Lenkungszweck, den Energieverbrauch zu verteuern und auf diese Weise die Endverbraucher von Strom zu einer Verringerung ihrer Nachfrage anzuhalten. Zwar wird die Steuer gem. § 5 Abs. 1 StromStG von den letztversorgenden EVU erhoben, doch ist sie als besondere Verbrauchsteuer auf die Weitergabe der Abgabenlast an den Endverbraucher angelegt.1067 Da die Belastung der Endverbraucher nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers darauf zielt, den „umweltbelastenden Verbrauch“1068 fossiler Energieträger zu mindern, handelt es sich um eine Lenkungsabgabe, die zur Verwirklichung ihres Steuerungsanliegens den Verursachergedanken zugrunde legt. Der Gesetzgeber richtet den abgabenrechtlichen Lenkungsbefehl an den Endverbraucher, weil er diesen als wesentlichen Verursacher klimaschädlicher und ressourcenverbrauchender Stromerzeugung ansieht. Darüber hinaus zeigt die Privilegierung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern durch § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG, daß nicht nur die quantitative Nachfrage, sondern auch die Entscheidung des Verbrauchers für oder gegen bestimmte Energieträger dirigiert werden soll. Der Gesetzgeber ist sich also erkennbar der Tatsache bewußt, daß der Endverbraucher durch entsprechendes Nachfrageverhalten auch die Art der zur Stromgestehung eingesetzten Energieträger zu beeinflussen vermag. Zu einer besonderen Verantwortlichkeit der Letztversorger – die zwar Schuldner, nicht aber Träger der Stromsteuer sind – 1066 G. Britz/F. Müller, RdE 2003, S. 163 (168); J.-P. Schneider, in: ders./C. Theobald (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 18 Rn. 46; U. Büdenbender, ET 2001, S. 298 (304); W. Gronau/A. Topp, ZNER 2001, S. 141 (149); C. Moench/C. Corino, RdE 2002, S. 124 (130); gegen eine überwiegende Verursacherverantwortlichkeit der EVU für umweltschädliche Stromerzeugung auch S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 233; a. A. insbesondere M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 160 f. 1067 Begründung zum Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen, BT-Drs. 14/40, S. 10. 1068 BT-Drs. 14/40, S. 10.

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findet sich weder in den Regelungen noch in den Materialien des Stromsteuergesetzes ein Anhaltspunkt. Noch deutlicher werden die konzeptionellen Widersprüche zwischen den Klimaschutzinstrumenten des Energiewirtschaftsrechts bei einem Vergleich mit der Gesetzesbegründung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz 2002.1069 § 9 KWKG sieht zum Zweck einer gleichmäßigen Verteilung der förderungsbedingten Mehrkostenlast einen mehrstufigen Belastungsausgleich unter den Netzbetreibern vor, der demjenigen des EEG nachgebildet ist und sich in nahezu identischer Weise vollzieht.1070 An seinem Ende steht wiederum die Möglichkeit einer Kostenüberwälzung an die Endverbraucher. Zum KWKG erklärt der Gesetzgeber nun, wenn durch das Umlageverfahren im Ergebnis alle Verbraucher von Strom zu der Finanzierung der Mehrkosten der ressourcenschonenden und klimaschützenden KWK-Stromerzeugung beitrügen, so rechtfertige sich dies aus deren „Verantwortung für die Verursachung des CO2-Ausstoßes und des Primärenergieverbrauchs bei der Stromerzeugung“.1071 Am markantesten tritt der Widerspruch innerhalb der Gesetzesbegründung zum EEG 2004 auf. In diesem Zusammenhang erläutert die Begründung zu § 14 Abs. 7 EEG 2004 die mit dieser Regelung verbundene unmittelbare Kostenbelastung von Endverbrauchern mit der „gesetzgeberischen Absicht, die Kosten des Gesetzes möglichst verursachergerecht auf alle Stromabnehmer zu verteilen.“1072 Hiermit erkennt der Gesetzgeber ausdrücklich an, daß die Stromverbraucher auf einem liberalisierten Elektrizitätsmarkt aufgrund ihres Nachfrageverhaltens auch die Steuerungsmacht darüber innehaben, ob bei der Erzeugung von Strom vorrangig konventionelle Gestehungstechniken, insbesondere solche unter Verwendung fossiler Primärenergieträger, oder verstärkt erneuerbare Energien zum Einsatz kommen sollen. Bemerkenswert ist aber vor allem, daß der Gesetzgeber hier von einer Rechtfertigung der Sonderbelastung der Stromlieferanten durch § 14 Abs. 3 EEG, die sich nach seiner Auffassung auf deren besondere Verursacherverantwortlichkeit stützen kann, gleichsam „nahtlos“ zu einer Legitimation der Sonderbelastung der Stromverbraucher durch § 14 Abs. 7 EEG übergeht, die er ebenfalls – und damit sich selbst widerspre1069 Vgl. Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der KraftWärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) vom 19. 3. 2002 (BGBl. I S. 1092), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. 9. 2005 (BGBl. I S. 2826, 2883). 1070 Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Belastungsausgleich gem. § 9 KWKG und dem Abwälzungsmechanismus gem. § 14 EEG liegt darin, daß ersterer auf den Ausgleich der Zuschlagszahlungen beschränkt ist, im Gegensatz zum EEG also lediglich ein finanzieller, kein strommengenbezogener Ausgleich stattfindet, dazu J.-P. Schneider, in: ders./C. Theobald (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 18 Rn. 203; C. Nill-Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, 2001, S. 359. 1071 So die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/7024, S. 14. 1072 BT-Drs. 15/2864, S. 49.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

chend – in deren überwiegender Kausalverantwortlichkeit für eine klimaschädliche Stromerzeugung erkennt. Da zwischen der Abfassung der verschiedenen Gesetzesbegründungen jeweils nur wenige Monate lagen und der Gesetzgeber darüber hinaus seine Verantwortlichkeitszuweisung an die Stromhändler aus der Begründung des EEG 20001073 zur EEG-Novelle 2004 aufrechterhalten hat,1074 lassen sich die Diskrepanzen zwischen der Rechtfertigung des EEG und derjenigen der anderen genannten Vorschriften – geschweige denn die widersprüchlichen Rechtfertigungen innerhalb des EEG – nicht mit einer zwischenzeitlichen Änderung der Verantwortlichkeitslage auf dem Strommarkt erklären. Vielmehr entsteht der Eindruck, als tausche der Gesetzgeber seine Auffassung dazu, welche gesellschaftliche Gruppe wegen ihres Nachfrageverhaltens eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Förderung von EEG-Strom aufweist, je nachdem aus, welche Regelung es vor dem Gebot der Lastengleichheit zu rechtfertigen gilt. Freilich folgt allein aus den widersprüchlichen Aussagen der Gesetzesbegründungen zur Frage der überwiegenden Verursacherverantwortlichkeit noch nicht die Unvereinbarkeit der SER mit dem Prinzip der Lastengleichheit. Auch der Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, den das BVerfG aus dem Rechtsstaatsprinzip herleitet, kann zwar durch widersprüchliche Rechtsfolgeanordnungen an den Gesetzesadressaten,1075 nicht aber durch inhaltlich inkonsistente Ausführungen des Gesetzgebers zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung verletzt werden.1076 Doch wurde bereits dargelegt, daß angesichts der weitgehenden Entscheidungsfreiheit der Endverbraucher darüber, ob sie konventionell oder regenerativ erzeugte Elektrizität zu beziehen wünschen, von einer herausragenden Steuerungsmacht und – hierauf basierend – von einer überwiegenden Finanzierungsverantwortlichkeit der Stromlieferanten nicht mehr ausgegangen werden kann. Daß der Gesetzgeber sich bei der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten im Energiewirtschafts- und Umweltsteuerrecht einmal für eine überwiegende Finanzierungsverantwortung der Stromverbraucher, ein andermal für eine solche der letztversorgenden EVU entscheidet, belegt vor diesem Hintergrund nur um so mehr, daß sich eine eindeutig gesteigerte Verantwortlichkeit der Stromlieferanten, wie sie zur Legitimation einer Sonderlast gefordert werden muß, nicht überzeugend begründen läßt.

1073

Vgl. BT-Drs. 14/2776, S. 24. Vgl. BT-Drs. 15/2864, S. 48. 1075 BVerfGE 98, 83 (97 f.) – Landesabfallabgabe; 98, 106 (118 f.) – Kommunale Verpackungsteuer. 1076 Zu ähnlichen Inkonsistenzen bei der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung von Abgabenpflichten im Rahmen der sog. ökologischen Steuerreform W. Löwer, Wen oder was steuert die Öko-Steuer?, 2000, S. 28. 1074

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(3) Rechtfertigung der SER als verursachergerechte Belastung der Endverbraucher? Angesichts der unklaren und wechselnden Aussagen, die sich in den Gesetzesmaterialien des EEG zum Überwiegen der Verursacherverantwortlichkeit der letztversorgenden EVU oder aber der Endverbraucher finden, wird die SER in der Literatur bisweilen als Instrument einer verursachergerechten Belastung der Stromverbraucher aufgefaßt. So wird argumentiert,1077 die SER erwecke zwar nach Wortlaut und Systematik den Eindruck, als käme den Letztverbrauchern im Rahmen des Fördermechanismus keine Bedeutung zu. Der Gesetzgeber müsse jedoch davon ausgegangen sein, daß die EEG-Kosten über den Strompreis letztlich an die Endverbraucher durchgereicht würden. Der Fördermechanismus werde daher nur dann in Gänze erfaßt, wenn man auch die Verantwortung der Letztverbraucher mit in den Blick nehme. Dann zeige sich, daß der Gesetzgeber mit der SER ein neues Instrument des Umweltschutzes geschaffen habe, welches durch die Belastung der Stromverbraucher das umweltrechtliche Verursacherprinzip realisiert. Denn die Verbraucher veranlaßten durch Stromverbrauch und Stromnachfrage den Einsatz umweltschädlicher Formen der Energieerzeugung, auch das Nachfrageverhalten der Stromlieferanten gegenüber den Erzeugern werde letztlich durch ihre Entscheidungen gesteuert. Die Intensität der Belastung mit überwälzten EEG-Mehrkosten bilde daher die aus dem individuellen Stromverbrauch resultierende Verursacherverantwortlichkeit des einzelnen Stromverbrauchers ab.1078 Dieser Ansicht ist zuzugeben, daß der Kreis der Stromverbraucher in der gesetzgeberisch bezweckten Verteilung der EEG-Kostenlast eine wichtigere Stellung einnimmt, als dies in den Vorschriften der SER unmittelbar zum Ausdruck kommt. Ihr ist weiter darin zuzustimmen, daß die Verantwortlichkeit der Endverbraucher unter Verursachergesichtspunkten diejenige der letztversorgenden EVU übertrifft. Doch auch wenn sich die SER zu einer verursachungsgerechten Sonderbelastung der Stromhändler einerseits sowie der Stromverbraucher andererseits ambivalent verhält, so darf die mangelnde Eindeutigkeit der gesetzgeberischen Belastungskonzeption nicht dazu führen, daß der gleichheitsrechtliche Rechtfertigungsbedarf der Regelung, der sich aus der besonderen Inanspruchnahme der Stromlieferanten als letztem Glied des in § 14 EEG angeordneten Belastungsausgleichs ergibt, vernachlässigt wird. Wie eingehend dargelegt 1077 Zum folgenden G. Britz/F. Müller, RdE 2003, S. 163 (164 ff.); ähnlich C. Moench/C. Corino, RdE 2002, S. 124 (129 f.); U. Büdenbender, ET 2001, S. 298 (302 ff.) sieht die Konzeption des EEG als neutral zur Frage der Mehrkostenabwälzung auf Endverbraucher an, hält aber die Belastung des Endverbrauchers für „rechtsund energiepolitisch sachgerecht“ (S. 304), da der Stromverbraucher der maßgebliche Verursacher von Umweltschäden infolge konventioneller Stromerzeugung sei. 1078 G. Britz/F. Müller, RdE 2003, S. 163 (170).

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

wurde,1079 ist die SER nicht in einer Weise auf die endgültige finanzielle Belastung der Stromverbraucher ausgerichtet, die es rechtfertigen würde, für die Vereinbarkeit der Sonderlast mit dem Gebot der Belastungsgleichheit auf die Gruppe der Endverbraucher abzustellen. Der Abwälzungsmechanismus des EEG ist weder nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers darauf angelegt noch durch besondere Vorkehrungen dazu ausgestaltet worden, die Mehrkostenlast aus der Förderung von EEG-Strom weitestgehend an die Verbraucher durchzureichen. Für die Stromlieferanten bildet die Minderung der eigenen Belastung mit förderbedingten Mehrkosten durch die Erhöhung der Strompreise nicht mehr als eine marktabhängige, also ungewisse Möglichkeit. Das Risiko, zur Erhaltung der eigenen Wettbewerbsposition auf eine Lastenweitergabe an ihre Kunden verzichten zu müssen und damit selbst Träger der endgültigen finanziellen Sonderbelastung zu bleiben, tragen allein die letztversorgenden EVU. Hätte dem Gesetzgeber daran gelegen, eine rechtfertigungsbedürftige Sonderbelastung der Stromhändler zu vermeiden, so wäre er gehalten gewesen, die Möglichkeiten zur Überwälzung der Mehrkostenlast in solcher Weise zu optimieren, daß diese sich für die Letztversorger lediglich als „durchlaufende Posten“ darstellen. Da der Gesetzgeber hierauf jedoch bewußt verzichtet hat, muß sich die finanzielle Sonderlast der EEG-Förderkosten gerade insoweit, als sie endgültig den Stromlieferanten verbleibt, am Grundsatz der Lastengleichheit messen lassen. Der von Teilen des Schrifttums beschrittene Weg, die SER als gruppenbezogene Sonderbelastung der Stromverbraucher zu begreifen und sie unter Hinweis auf die gesteigerte Verursacherverantwortlichkeit dieser Gruppe für Klimaschäden und Ressourcenverbrauch durch konventionelle Stromerzeugung vor Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen, erscheint noch aus einem weiteren Grund nicht gangbar. Der Ansatz, die SER als verursachergerechte Sonderbelastung vor dem Prinzip der Lastengleichheit zu legitimieren, setzt notwendig voraus, daß es sich bei dieser Kostenzuweisung noch um eine Sonderlast handelt. Er kommt also nur dann in Betracht, wenn die Endverbraucher von Elektrizität ihrerseits eine homogene und von der Allgemeinheit abgrenzbare Gruppe bilden. Hierzu hat das BVerfG in seinem Beschluß zur Verfassungsmäßigkeit des sog. Kohlepfennigs zutreffend erklärt, die bloße Nachfrage nach dem gleichen Wirtschaftsgut forme die Verbraucher nicht zu einer Gruppe, die eine Finanzierungsverantwortung für eine bestimmte öffentliche Aufgabe treffen kann.1080 Die Güternachfrage könne Anknüpfungspunkt für eine Verbrauchsteuer sein, eigne sich jedoch nicht als gemeinsames Merkmal der Mitglieder einer homogenen Gruppe. Die Anforderung der Gruppenhomogenität wiederum ist nicht eine formenspezifische Rechtmäßigkeitsvoraussetzung an Sonderabgaben, sondern notwendige 1079 1080

Siehe oben § 2 B III 3. BVerfGE 91, 186 (205).

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Grundlage der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung jeder Art von gruppenbezogener Sonderlast.1081 Das Kriterium der Stromnachfrage durch Endverbraucher bildet kein Merkmal, durch das eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe zum Zwecke verantwortungsgerechter Sonderbelastung in sachgemäßer Weise von der Allgemeinheit abgegrenzt werden kann. Der Kreis der Stromverbraucher ist, wie auch das BVerfG im Kohlepfennig-Beschluß zu Recht hervorgehoben hat, „nahezu konturenlos und geht in der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen auf.“1082 Zu dem Umstand, daß die SER nicht auf die verursachungsgerechte Belastung der Stromverbraucher abzielt, tritt also hinzu, daß selbst in einem solchen Fall die überwälzte Mehrkostenlast keine rechtfertigungsfähige Sonderlast, sondern eine atypisch erhobene Gemeinlast darstellen würde. Die Ambivalenz der gesetzgeberischen Belastungskonzeption in der Frage, ob unter Verursachungsgesichtspunkten eine Belastung der Stromlieferanten oder aber der Endverbraucher geboten ist, bleibt damit für die Rechtfertigung der SER vor dem Prinzip der Lastengleichheit ohne Bedeutung. Diese schlägt in beiden Fällen fehl. Stellt man, wie Ausgestaltung und Wirkungsweise der Regelung dies vorgeben, auf die Stromlieferanten ab, so läßt sich eine überwiegende Finanzierungsverantwortlichkeit dieser Gruppe nicht daraus herleiten, daß sie die mittelbare Entscheidungsmacht über die zur Stromerzeugung eingesetzten Energieträger innehabe; denn diese mittelbare Steuerung liegt in den Händen der Verbraucher. Sieht man mit einigen Stimmen in der Literatur die Stromverbraucher als eigentliche Träger der EEG-Mehrkostenlast an, so verliert die SER bereits ihren Charakter als – prinzipiell rechtfertigungsfähige – Sonderlast. cc) Zwischenergebnis: Scheitern der gesetzgeberischen Rechtfertigung Die Rechtfertigungserwägungen, die der Gesetzgeber in den Gesetzesbegründungen des EEG 2000 und des EEG 2004 für die Vereinbarkeit der finanziellen Sonderbelastung mit dem Gebot der Lastengleichheit anführt, können die SER somit nicht legitimieren. Der Gesetzgeber rechtfertigt die besondere Inanspruchnahme zur Tragung der EEG-Mehrkostenlast mit dem Argument, die letztversorgenden EVU seien nach dem Verursacherprinzip für die Klimaschäden und den Ressourcenverbrauch, die sich an den Einsatz konventioneller Stromerzeugungstechniken knüpfen, besonders verantwortlich. Hierdurch wird den letztversorgenden EVU eine Art mittelbarer Steuerungsverantwortung zugeschrieben, die auf der Vorstellung beruht, diese Gruppe könne mittels ihres Nachfrageverhaltens gegenüber den Stromerzeugern die Auswahl der vorrangig zur Elektrizitätsgewinnung eingesetzten Energieträger vorbestimmen. Auch ein solcher mittelbarer Verursachungszusammenhang ist jedoch nicht geeignet, eine überwie1081 1082

Hierzu bereits oben § 16 B II. BVerfGE 91, 186 (205).

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

gende Finanzierungsverantwortlichkeit der Stromhändler zu begründen, da in einem auch auf Ebene der Endverbraucherversorgung wettbewerbsoffenen Strommarkt diese Steuerungsmacht inzwischen in den Händen der Stromverbraucher liegt. Hiervon geht offenbar auch der Gesetzgeber aus, der in jüngerer Zeit verschiedene abgabenrechtliche Instrumente im Bereich der Energiewirtschaft auf eine hervorgehobene Verursacherverantwortung der Letztverbraucher gestützt hat. Das gesetzgeberische Konzept zur Rechtfertigung der SER vor dem Gebot der Lastengleichheit schlägt somit fehl. dd) „Nachreichen“ tragfähiger Belastungserwägungen durch den Gesetzgeber? Denkbar wäre jedoch, daß die finanzielle Sonderbelastung der Stromhändler aus anderen Gründen als einer Verursacherverantwortung für Klimaschäden und Ressourcenverbrauch gerechtfertigt ist. Es müßte sich dabei einerseits um Belastungsgründe handeln, deren Realisierung durch finanzielle Sonderlasten legitim ist, die also das Gebot materieller Distanz zur Steuer wahren, andererseits stände fest, daß es sich gerade nicht um diejenigen Rechtfertigungserwägungen handelt, die der Gesetzgeber erklärtermaßen der SER zugrunde legen wollte. Daraus ergibt sich die Frage, ob finanzielle Sonderlasten auch dann vor dem Grundsatz der Lastengleichheit gerechtfertigt sind, wenn ein legitimer Belastungsgrund zwar objektiv vorliegt, dieser jedoch nicht Grundlage der gesetzgeberischen Belastungsentscheidung gewesen ist. Würde man dies zulassen, so würde der Gesetzgeber hierdurch in die Lage versetzt, eine Sonderlast, die sich mit Blick auf ihr ursprünglich intendiertes Belastungskonzept als gleichheitswidrig erweist, dadurch vor dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit zu bewahren, daß er – etwa im Verfahren der verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle – andere Rechtfertigungserwägungen, welche die Sonderlast legitimieren können, gleichsam „nachschiebt“. Sowohl für Steuern als auch für Vorzugslasten hat das BVerfG nachdrücklich gefordert, der Gesetzgeber müsse die gleichheitsrechtlichen Rechtfertigungserwägungen, die er einer Abgabenpflicht zugrunde legt, auch in deren Ausgestaltung deutlich zum Ausdruck kommen lassen. Zur Vereinbarkeit von Lenkungsteuern mit dem allgemeinen Gleichheitssatz hat das Gericht an seine ständige Rechtsprechung angeknüpft, wonach steuerliche Verschonungstatbestände, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widersprechen, gleichheitsrechtlich gerechtfertigt sein können, wenn der Gesetzgeber dadurch das wirtschaftliche oder sonstige Verhalten des Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls lenken wolle.1083 Ausgehend hiervon verlangt das BVerfG, eine Intervention, 1083 BVerfGE 93, 121 (147) – Vermögensteuer – unter Verweis auf E 38, 61 (79 ff.); 84, 239 (274).

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die das Steuerrecht in den Dienst außerfiskalischer Verwaltungsziele stelle, setze eine „erkennbare Entscheidung“ des Gesetzgebers voraus, mit dem Instrument der Steuer auch andere als bloße Ertragswirkungen erzielen zu wollen. Verfolge das Steuergesetz zulässigerweise auch Lenkungsziele, so müsse der Lenkungszweck „mit hinreichender Bestimmtheit tatbestandlich vorgezeichnet“ und gleichheitsgerecht ausgestaltet sein.1084 Diese Rechtsprechung hat das BVerfG sodann auch auf die Ausgestaltung finanzieller Sonderlasten erstreckt. Nur dann, wenn die Verfolgung legitimer Gebührenzwecke – hierzu rechnet das Gericht neben den eigenständigen Belastungsgründen des Vorteilsausgleichs und der Aufwandsveranlassung die ergänzenden Zwecke der Verhaltenslenkung und des sozialen Ausgleichs – „nach der tatbestandlichen Ausgestaltung der konkreten Gebührenregelung von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen“ werde, sei sie auch geeignet, sachlich rechtfertigende Gründe für die Gebührenbemessung zu liefern.1085 Da die Bemessung der Gebühr als Sonderlast „im Verhältnis zur Steuer einer besonderen, unterscheidungskräftigen Legitimation“ bedürfe,1086 müsse die Bemessung erkennbar auf einen bestimmten Belastungsgrund abgestimmt werden.1087 Habe sich der Gesetzgeber durch die Wahl eines im Wortlaut eng begrenzten Gebührentatbestandes auf einen bestimmten Belastungsgrund festgelegt, so könne er nicht nachträglich geltend machen, er habe auch noch weitere, ungenannte Gebührenzwecke verfolgt.1088 Sowohl für Steuern als auch für nichtsteuerliche Abgaben formuliert das BVerfG damit die Anforderung, der Gesetzgeber müsse sich für einen bestimmten, bei der jeweiligen Abgabenart legitimen Belastungsgrund entscheiden und diesen auch in seiner Bedeutung für die Bemessung der Abgabenpflicht zum Ausdruck kommen lassen. Dabei geht es dem Gericht ersichtlich darum, die materielle Distanz – es spricht von „unterscheidungskräftiger Legitimation“ – nichtsteuerlicher Abgaben zur Steuer, die durch die Wahl eines legitimen Belastungsgrundes zunächst gesichert ist, auch durch die Berücksichtigung ergänzender Zwecke, insbesondere von Lenkungszwecken, bei der Bemessung der Abgabenpflicht nicht zu verwischen. Nur durch die „erkennbare Entscheidung“ des Gesetzgebers, der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung der Abgabenpflicht einen bestimmten Belastungsgrund zugrunde zu legen, wird das Verhältnis von Legitimation dem Grunde und der Höhe nach – der Bemessung – transparent. 1084

BVerfGE 93, 121 (147 f.); 99, 280 (296); 105, 73 (112 f.). So BVerfGE 108, 1 (20) – Rückmeldegebühr Baden-Württemberg – unter Bezugnahme auf E 93, 121 (147 f.); 99, 280 (296); 105, 73 (112 f.). 1086 BVerfGE 108, 1 (17) unter Verweis auf K. Vogel, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 87 Rn. 87, 96 f. 1087 So bereits zuvor P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 197; vgl. auch C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135 (146). 1088 BVerfGE 108, 1 (20). 1085

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

Der Verpflichtung des Gesetzgebers, sich bei der Ausgestaltung der Abgabenpflicht auf einen bestimmten Belastungsgrund festzulegen, würde es widersprechen, wenn ihm zugleich gestattet würde, im Falle eines Scheiterns dieser gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung nachträglich andere Legitimationserwägungen anzuführen. Das BVerfG erteilt einem solchen Vorgehen jedenfalls für Gebühren eine klare Absage. Die Verfassungsrechtsprechung hat die geschilderte Anforderung für Abgaben, nicht jedoch für Sonderlasten außerhalb des Abgabenrechts formuliert. Insofern fragt sich, ob aus dieser Rechtsprechung Vorgaben für die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung abgabenähnlicher Vergütungspflichten abgeleitet werden können. Bemerkenswert ist, daß das Gericht die ursprünglich für Lenkungsteuern entwickelten Grundsätze anhand einer nichtsteuerlichen Abgabe spezifiziert und erweitert hat. Darin zeigt das Gericht, daß es die „erkennbare gesetzgeberische Entscheidung“ für einen bestimmten legitimen Belastungsgrund und seine Ausformung in der Bemessung der Geldleistungspflicht fordert, um hierdurch die materielle Distanz von Steuer und Sonderlasten sicherzustellen. Dieser Schutzzweck ist durch Sonderlasten außerhalb des Abgabenrechts, namentlich durch Zwangsvergütungen, genauso angesprochen durch nichtsteuerliche Abgaben. Wie bereits im Zusammenhang mit der Weite der zugewiesenen Finanzierungsaufgabe als Kriterium der Übergriffswirkung in Steuergesetzgebungskompetenzen dargelegt,1089 erfüllt die SER nicht die Anforderung, der Gesetzgeber müsse durch die Ausgestaltung des Pflichtentatbestandes klar zu erkennen geben, auf welchen Belastungsgrund er die Finanzierungsverantwortlichkeit der sonderbelasteten Gruppe stützt. Zwar hat der Gesetzgeber zeitgleich mit der Verlagerung der endgültigen finanziellen Belastung auf die Gruppe der Stromhändler durch die Einführung des Belastungsausgleichs gem. § 14 Abs. 3 EEG auch eine auf diese Gruppe ausgerichtete Rechtfertigung zu geben versucht. Diese kommt jedoch allein in den Gesetzesbegründungen des EEG 2000 und des EEG 2004 zum Ausdruck, während der lastenbegründenden Regelung des § 14 Abs. 3 EEG selbst zu den Gründen der besonderen Inanspruchnahme nichts zu entnehmen ist. Weder diese letztlich lastenzuweisende Vorschrift noch der Regelungszusammenhang des EEG liefern zur Wahl des Belastungsgrundes irgendwelche Anhaltspunkte. Möglicherweise erklärt sich hieraus, weshalb der Gesetzgeber sich in den Entwurfsbegründungen um so mehr um die Darlegung der Rechtfertigung bemüht. Folgt man den Grundsätzen der abgabenrechtlichen Rechtsprechung des BVerfG, die es dem Gesetzgeber verwehren, im Falle des Scheiterns seiner ursprünglich intendierten Rechtfertigung andere Belastungserwägungen für eine 1089

Siehe oben § 10 C II 1 b).

§ 16 Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz

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gleichheitsrechtliche Legitimation der Sonderlast anzuführen, auch für Preisinterventionen, so läßt sich an dieser Stelle bereits feststellen, daß die SER mit dem Grundsatz der Gleichheit bei der Tragung öffentlicher Lasten nicht zu vereinbaren ist. Die Verursacherverantwortlichkeit, auf die der Gesetzgeber abstellt, läßt sich nicht begründen. Zum Zwecke einer umfassenden Untersuchung der SER auf deren Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Lastengleichheit sollen im folgenden dennoch weitere Rechtfertigungsansätze betrachtet werden, die von Rechtsprechung und Literatur entwickelt worden sind. ee) Verursacherverantwortlichkeit für den geringen Marktanteil erneuerbarer Energien aufgrund benachteiligenden Wettbewerbsverhaltens Als weiteres Argument zur Rechtfertigung der SER vor dem Gebot der Lastengleichheit wird in Rechtsprechung und Literatur die „monopolartige Stellung“ der EVU vorgebracht, aus der sich eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung ergebe. Insbesondere der BGH hatte bereits für die SER in der Fassung des StrEG 1991 entschieden, der monopolartigen Stellung, die sich für EVU in ihren Versorgungsgebieten aus Demarkations- und Konzessionsverträgen ergebe, entspreche eine „besondere Pflichtenlage hinsichtlich der Art und Weise, in der die für die Allgemeinheit lebenswichtige Energieversorgung innerhalb ihrer Versorgungsgebiete durchgeführt wird.“1090 Diese besondere Pflichtenlage gelte zunächst für das Verhältnis der Gebietsversorger zu anderen Stromerzeugern, sie betreffe darüber hinaus aber auch die Art und Weise, auf die das EVU selbst Strom erzeuge. Die EVU hätten die Energieversorgung in ihren Gebieten im Sinne des öffentlichen Interesses an der langfristigen Sicherheit der Versorgung, an der Schonung der endlichen Primärenergien und am Klima- und Umweltschutz durchzuführen. Die Verpflichtung zur finanziellen Förderung der Betreiber von Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung konkretisiere diese besondere Verantwortung und sei daher gerechtfertigt.1091 Wie die starke Betonung geschützter Versorgungsgebiete in der Argumentation des BGH zeigt, erging das Urteil zur Rechtslage vor der Liberalisierung des Strommarktes durch die EnWG-Reform 1998. Angesichts dessen wäre zu erwarten gewesen, daß spätere Entscheidungen des BGH nach Öffnung des Elektrizitätsmarktes für den Wettbewerb andere Gründe für die Rechtfertigung der SER anführen würden. Doch behielt das Gericht den gewählten Argumenta1090 BGHZ 134, 1 (21 f.) – Stromeinspeisung II (Der BGH untersuchte die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der EVU im Rahmen der Zumutbarkeit einer Berufsausübungsregelung, hob jedoch hervor, den Rechtfertigungsmaßstab bilde der Grundsatz gleicher Lastentragung.). 1091 BGH, ebd.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

tionsansatz in einer weiteren Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des EEGFördermechanismus aus dem Juni 2003 weitgehend bei.1092 In dieser Entscheidung hatte der BGH sich mit der Rechtslage unter Geltung des StrEG 1998 und des EEG 2000 auseinanderzusetzen. Er räumte ein, die gesetzliche Grundlage der monopolartigen Stellung der EVU in ihren jeweiligen Versorgungsgebieten sei gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des StrEG 1998 durch die Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts beseitigt worden. Dennoch hätten die EVU auch während der zeitlichen Geltung des StrEG 1998 in tatsächlicher Hinsicht eine marktbeherrschende Stellung in ihren jeweiligen Versorgungsgebieten behalten, „jedenfalls als Netzbetreiber“ verfügten sie über „ein ,natürliches‘ Monopol, das auch durch ihre Entflechtung und die Liberalisierung des Strommarktes in der Praxis nicht gefährdet worden“ sei.1093 In der Form, in welcher der BGH das Argument der „monopolartigen Stellung“ in seinem Urteil vom 11. Juni 2003 verwendet, läßt sich der damit formulierte Verantwortlichkeitszusammenhang auf den Belastungsgrund der kausalen Veranlassung eines besonderen hoheitlichen Handlungsbedarfs zurückführen. Zwar stellt der BGH durch den Befund der monopolartigen Stellung nicht auf einen – unmittelbaren oder mittelbaren – Verursachungsbeitrag zu Klimaschäden und Ressourcenverbrauch ab, wie man ihn in der konventionellen Stromerzeugung selbst oder in der Nachfrage nach konventionell erzeugtem Strom sehen könnte. Doch formuliert der BGH einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Wettbewerbsverhalten der Netzbetreiber und dem geringen Marktanteil regenerativ erzeugten Stroms: Da die EVU Strom aus Anlagen zur regenerativen Erzeugung wegen seines vergleichsweise hohen Preises ohne eine gesetzliche Abnahme- und Vergütungsverpflichtung nicht in ihr Netz aufnehmen würden, bestünden bei einem unbeeinflußten Wettbewerbsverhalten der Netzbetreiber erhebliche Marktzugangshindernisse für „grünen“ Strom. Diese – gleichsam „negative“ – Kausalität besteht im Unterschied zu den beiden genannten Wirkungszusammenhängen nicht auf den Ebenen der Stromerzeugung oder des Stromhandels, sondern der dazwischen liegenden Ebene der Elektrizitätsübertragung. Sie bezieht sich des weiteren nicht auf das Globalziel der SER, die Vermeidung von Klimaschäden und Ressourcenverbrauch, sondern auf das konkrete Ziel der Steigerung des Marktanteils erneuerbarer Energien. Doch erscheint zweifelhaft, ob die „monopolartige Stellung“ eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Stromlieferanten zu begründen vermag. Die Ausführungen des BGH, „jedenfalls“ als Netzbetreiber verfügten die EVU über ein „natürliches“ Monopol, das auch durch ihre Entflechtung und die Liberalisierung des Strommarktes nicht gefährdet worden sei, treffen insoweit zu, als Netzbetreiber in der Regel Eigentümer der Leitungen sowie sonstiger zum Be1092 1093

Vgl. BGHZ 155, 144 (148 ff.) – Stromeinspeisung III. BGHZ 155, 144 (150) (Hervorhebung nicht im Original).

§ 16 Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz

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trieb des Stromnetzes erforderlicher Anlagen sind.1094 Aus dem Netzeigentum resultiert das vom BGH beschriebene „natürliche“ Monopol.1095 Weiter ist es richtig, daß die gesetzgeberischen Maßnahmen zur Entflechtung und Liberalisierung des Strommarktes dieses Monopol nicht beseitigt haben, da sie nicht auf die – ökonomisch wenig sinnvolle – Schaffung paralleler Netzstrukturen, sondern auf die Gewährung diskriminierungsfreien Netzzugangs durch die Betreiber existierender Netze gerichtet sind.1096 Jedoch läßt sich aus dem Netzeigentum eine monopolartige Stellung der EVU nicht, wie der BGH formuliert, „jedenfalls“, sondern ausschließlich in ihrer Eigenschaft als Netzbetreiber herleiten. Auch die hieraus – nach Ansicht des BGH – erwachsende besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Förderung des Marktanteils erneuerbarer Energien kann die EVU ausschließlich in ihrer Eigenschaft als Netzbetreiber treffen. Da § 2 Abs. 1 StrEG 1998 die Betreiber von Netzen für die allgemeine Versorgung mit Strom nicht nur zur Abnahme und Vergütung gegenüber den Einspeisern verpflichtete, sondern dieser Gruppe auch die endgültige finanzielle Belastung zuwies, erscheint die Rechtfertigung der Sonderbelastung der Netzbetreiber durch das StrEG 1998 unter dem Hinweis auf deren monopolartige Stellung vertretbar. Dies bedeutet jedoch nicht, daß der vom BGH gewählte Begründungsansatz auch zur Rechtfertigung der Förderregelung des EEG vor dem Gebot der Lastengleichheit beibehalten werden kann. Nachdem der BGH in der genannten Entscheidung die Verfassungsmäßigkeit des StrEG 1998 bejaht hat, wendet er sich der Vereinbarkeit des EEG mit dem Grundgesetz zu. Dabei stellt er heraus, die „wichtigste Änderung“ des EEG-Gesetzgebers gegenüber der Vorgängerregelung bestehe in der Einführung der bundesweiten Ausgleichsregelung, mittels derer eine ungleichmäßige Belastung der Netzbetreiber sowie der vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber vermieden und die Mehrkostenlast auf die Letztverbraucher versorgenden EVU überwälzt werde.1097 Der BGH erkennt also, daß der Gesetzgeber das Belastungskonzept des EEG 2000 gegenüber dem StrEG in grundlegender Weise umgestellt hat, indem er die Gruppe der endgültigen finanziellen Lastenträger – vormals, sofern nicht § 4 StrEG eingriff, die primär abnahme- und vergütungspflichtigen Netzbetreiber, nunmehr die Stromlieferanten – ausgetauscht hat. Allerdings zieht das Gericht aus dem Austausch der finanziell endgültig sonderbelasteten Gruppe nicht die gebotenen Konsequenzen für die Rechtfertigung des Fördermechanismus vor dem Prinzip der Belastungs1094 Hierzu C. Nill-Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, 2001, S. 55 f.; M. Schmidt-Preuß, RdE 1996, S. 1 (3). 1095 Zum Begriff des „natürlichen“ Monopols G. Knieps, Wettbewerbsökonomie, 2001, S. 21 ff.; F. J. Säcker, AöR 130 (2005), S. 180 (185). 1096 G. Britz, RdE 1997, S. 85; C. Koenig/J. Kühling/W. Rasbach, RdE 2003, S. 221 (222). 1097 BGHZ 155, 141 (154 f.).

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

gleichheit. Anstatt nach einer gesteigerten Finanzierungsverantwortlichkeit der letztversorgenden EVU zu fragen, untersucht es ausschließlich die Abnahmeund Vergütungspflicht der Netzbetreiber gem. § 3 EEG 2000 auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG und dem Gebot der Lastengleichheit. Wie nicht verwunderlich, sieht sich das Gericht hierbei in der Lage, auf seine Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit des StrEG 1998 zu verweisen.1098 Es betont, auch unter der zeitlichen Geltung des EEG 2000 sei die „besondere Verantwortung der Netzbetreiber als wesentlicher Teil der Stromwirtschaft für eine ressourcenschonende und umweltgerechte Stromerzeugung“, welche die Belastung mit den Pflichten zur Abnahme und zur Vergütung von Strom aus erneuerbaren Energien zumutbar mache, bestehen geblieben.1099 Hierdurch verkennt der BGH jedoch den grundlegend veränderten Rechtfertigungsbedarf, der sich daraus ergibt, daß durch das EEG nicht mehr die Netzbetreiber, sondern die letztversorgenden EVU dauerhaft finanziell sonderbelastet werden. Für die Rechtfertigung dieser Sonderbelastung bedarf es des Nachweises einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit, die sich gerade aus der Unternehmenstätigkeit als Stromlieferant an Endverbraucher ergibt. Die monopolartige Stellung der Netzbetreiber, die nach Auffassung des BGH fortbesteht und daher weiterhin eine Belastung mit Abnahme- und Vergütungspflichten legitimieren kann, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Daß der BGH auf die gewandelte Belastungskonzeption des Gesetzgebers nicht eingeht, ist um so erstaunlicher, als das Gericht bei seiner Entscheidung im Juni 2003 die Gesetzesbegründung des EEG 2000 berücksichtigen konnte und in anderem Zusammenhang auch berücksichtigt hat.1100 Bereits in dieser Begründung stellt der Gesetzgeber jedoch das Rechtfertigungskonzept der SER vollkommen auf den Gedanken der hervorgehobenen Verursacherverantwortlichkeit der Stromlieferanten als mittelbaren Veranlassern einer klimaschädlichen und ressourcenverbrauchenden konventionellen Stromerzeugung um.1101 Die „monopolartige Stellung“ der Netzbetreiber auf der Ebene der Übertragung und Verteilung von Elektrizität bringt der Gesetzgeber mit dieser Rechtfertigungsfrage nicht in Verbindung. Mögliche Gründe einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit gerade der Stromhändler für die Förderung erneuerbarer Energien betrachtet der BGH nur im Rahmen einer kurzen ergänzenden Argumentation. So fügt das Gericht seinen Ausführungen zu der „monopolartigen Stellung“ den Hinweis an, eine besondere Verantwortung bestehe auch für die Betreiber von Versorgungsnet1098 1099 1100

BGH, a. a. O., S. 156. BGH, ebd. (Hervorhebung nicht im Original). Vgl. etwa BGHZ 155, 141 (150) unter Verweis auf BT-Drs. 14/2776, S. 22 und

25. 1101 Begründung des Entwurfs der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BT-Drs. 14/2776, S. 20, 24.

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zen, da diese „gleichsam das Bindeglied zwischen den Stromerzeugern und den Stromverbrauchern“ bildeten. Infolge dieser Stellung seien sie zum einen vorzugsweise dazu in der Lage, Strom aus erneuerbaren Energien aufzunehmen und mit möglichst geringen Verlusten an die Abnehmer weiterzuleiten, zum anderen sei es ihnen aufgrund ihrer unmittelbaren Vertragsbeziehungen zu Stromverbrauchern am einfachsten möglich, die förderungsbedingte Mehrkostenlast auf diese zu verlagern.1102 Es handelt sich hierbei um den Begründungsansatz, der bereits an anderer Stelle als Argumentation unter ausschließlicher Verwendung von Zweckmäßigkeitserwägungen qualifiziert und deshalb zur Rechtfertigung einer finanziellen Sonderbelastung vor dem Grundsatz der Lastengleichheit abgelehnt worden ist.1103 Für das Argument der „monopolartigen Stellung“ pflichtiger EVU läßt sich daher feststellen, daß dieser Befund eine Sonderbelastung der Stromlieferanten, wie sie aus dem Abwälzungsmechanismus des EEG resultiert, nicht zu rechtfertigen vermag. Da die monopolartige Stellung sich – seit der Aufhebung geschützter Versorgungsgebiete – in Form eines „natürlichen“ Monopols aus dem Netzeigentum ergibt, betrifft sie notwendig die Unternehmenstätigkeiten der Übertragung und Verteilung von Elektrizität. Auf dieser Ebene besteht die Gefahr, daß den Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energien der Netzzugang verweigert wird und auf diese Weise Marktzugangshindernisse für regenerativ erzeugten Strom errichtet werden. Dieser Gefahr wirken die Abnahme- und Vergütungspflichten entgegen, die den instrumentalen Kern der SER bilden. Im Gegensatz zu seinen Vorgängerregelungen trennt das EEG jedoch durch die Anordnung des bundesweiten Belastungsausgleichs die primäre Abnahme- und Vergütungspflicht von der endgültigen finanziellen Sonderbelastung. Letztere trifft die Stromlieferanten. Mögen diese auch zugleich Netzbetreiber sein, so knüpft die gesetzliche Zuweisung der finanziellen Sonderlast durch § 14 Abs. 3 EEG 2004 doch am Tatbestand der Belieferung von Endverbrauchern an. Aus dieser Tätigkeit können sich Marktzugangshindernisse für Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien nicht ergeben, die endgültig finanziell belasteten Unternehmen haben insoweit keine „monopolartige Stellung“ inne. Solange die SER sowohl die primäre Abnahme- und Vergütungspflicht, die Marktzugang für Strom aus regenerativer Erzeugung schaffen soll, als auch die bleibende finanzielle Sonderlast den Netzbetreibern zuwies – also unter Geltung des StrEG –, könnte auch die finanzielle Sonderbelastung durch die „monopolartige Stellung“ der verpflichteten EVU gerechtfertigt gewesen sein. Gerade zu den verschiedenen Fassungen des StrEG ist dieses Argument auch im Schrifttum für die Rechtfertigung der SER angeführt worden.1104 Da jedoch die Vereinbarkeit der 1102

BGHZ 155, 141 (150 f.). Siehe oben § 16 D VII 1 a). 1104 M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 106; ders., NJW 1997, S. 545 (549); U. Mutschler, RdE 1995, S. 12 (14 f.); H. Kremser, AöR 121 1103

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

SER in der Fassung des EEG 2004 mit dem Grundsatz der Lastengleichheit in Frage steht, braucht dieser Frage nicht weiter nachgegangen zu werden. Bezeichnenderweise hat der Gesetzgeber gleichzeitig mit der Einführung des bundesweiten Belastungsausgleichs eine eingehende Begründung dafür gegeben, weshalb als Träger der bleibenden finanziellen Sonderlast nunmehr die Gruppe der Stromlieferanten in Anspruch genommen wird. Gesichtspunkten des Wettbewerbsverhaltens von Netzbetreibern, insbesondere der Ausnutzung ihres natürlichen Monopols zu Lasten der Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien, hat er dabei keine Beachtung geschenkt. Auch aus dem Befund einer „monopolartigen Stellung“ rechtfertigt sich die finanzielle Sonderbelastung der letztversorgenden EVU vor Art. 3 Abs. 1 GG daher nicht. Somit steht die Gruppe der Stromlieferanten weder zu den übergreifenden Zwecken des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung noch zu dem konkreten Gesetzesziel einer Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Elektrizitätserzeugung in einer besonderen Finanzierungsverantwortung kraft kausalen Verhaltens. Der besondere hoheitliche Handlungsbedarf auf dem Gebiet regenerativer Stromerzeugung ist nicht überwiegend durch die Unternehmenstätigkeit der letztversorgenden EVU veranlaßt. b) Ausgleich einer besonderen Begünstigung Neben der zurechenbaren Verursachung eines besonderen hoheitlichen Handlungsbedarfs kommt auch der Belastungsgrund des Ausgleichs einer besonderen Begünstigung zur Rechtfertigung der SER vor dem Gebot der Lastengleichheit in Betracht. Die Gruppe der letztversorgenden EVU wäre jedenfalls dann durch die SER in besonderer Weise begünstigt, wenn die ihr angehörenden Unternehmen nicht nur gem. § 14 Abs. 3 EEG zur Tragung der Mehrkostenlast verpflichtet, sondern auch ganz überwiegend Empfänger der gesetzlich veranlaßten Finanztransfers, mithin Einspeiser von Elektrizität aus Anlagen der regenerativen Erzeugung wären. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, daß Versorgungsunternehmen nicht nur auf dem Markt der Belieferung von Endverbrauchern tätig sind, sondern zugleich auch über eigene Kapazitäten zur Elektrizitätsgewinnung aus erneuerbaren Energieträgern verfügen. Ein notwendiger oder zumindest typischer Zusammenhang besteht zwischen diesen beiden Unternehmenstätigkeiten jedoch nicht.1105 Da eine finanzielle Sonderbelastung der letztversorgenden EVU aus (1996), S. 406 (418); S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1222); S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 232, unterscheidet bereits zur Gesetzeslage des StrEG 1998 zwischen den verschiedenen Wertschöpfungsebenen der Stromwirtschaft und stützt sich folgerichtig nicht auf das Argument der monopolartigen Stellung.

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dem Gedanken der Vorteilsabschöpfung nur dann gerechtfertigt wäre, wenn diese nicht bloß in Einzelfall, sondern ganz überwiegend zu den Begünstigten der erhöhten Einspeisevergütungen nach dem EEG gehörten, scheidet eine Legitimation der SER vor Art. 3 Abs. 1 GG unter diesem Aspekt aus. Auch aus den übergeordneten Zielen des EEG ergibt sich eine überwiegende Begünstigung der Stromlieferanten nicht. Fortschritte auf dem Gebiet des Klima- und Umweltschutzes bilden einen Gemeinwohlzweck, von dessen Verwirklichung alle gesellschaftlichen Gruppen profitieren. Zwar verfolgt der Gesetzgeber mit der verstärkten Förderung erneuerbarer Energien durch das EEG auch das Ziel, die Fortentwicklung zukunftsweisender Technologien einer umweltverträglichen Stromerzeugung zu beschleunigen und durch die Vermittlung von Forschungs- und Investitionsanreizen einen Innovationsschub auszulösen.1106 Eine wahrscheinliche und auch beabsichtigte Folge dieser Entwicklung läge in einer langfristigen Verringerung der Gestehungskosten regenerativ erzeugten Stroms. Auch hierdurch würde jedoch nicht die Gesamtgruppe der Stromlieferanten in Deutschland in hervorgehobener Weise begünstigt – wie dies für eine Rechtfertigung der Sonderbelastung zu fordern ist –, sondern lediglich solche Stromhändler, die sich ganz überwiegend auf die Versorgung von Endverbrauchern mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern spezialisiert haben, mithin die sog. „Grünstromhändler“. Denkbar wäre schließlich, auch eine solche Begünstigung der Stromlieferanten als gleichheitsrechtliche Legitimation der Sonderlast zu berücksichtigen, die sich weder unmittelbar noch mittelbar aus der „Verwendung“ der zum Zwecke öffentlicher Aufgabenerfüllung gebundenen Finanzvolumina ergibt. Möglicherweise ließe sich die besondere Inanspruchnahme auch als Ausgleich einer besonderen hoheitlich vermittelten Begünstigung rechtfertigen, deren Gewährung der Einführung der SER zeitlich – größtenteils – vorausgelegen hat. Insoweit kommt in Betracht, die besonders günstige rechtliche und wirtschaftliche Rahmenordnung, in der die Unternehmen der Energiewirtschaft in Deutschland über mehrere Jahrzehnte hinweg tätig sein konnten, als ausgleichsfähigen Sondervorteil anzusehen.

1105 Ähnliche Erwägungen werden in der Literatur angestellt, soweit Autoren die Anforderung einer gruppennützigen Verwendung des Abgabenaufkommens aus der Sonderabgabenjudikatur des BVerfG auf die SER übertragen; da der Zusammenhang zwischen Sonderbelastung und Sondervorteil, wie soeben geschildert, ein bloß zufälliger ist, lehnen diese Stimmen eine hierauf gestützte Gruppennützigkeit ab, vgl. M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung, 1996, S. 108 f.; S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung, 2000, S. 237; ebenso M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 165 ff., der jedoch eine Gruppennützigkeit der Finanztransfers aufgrund einer „finanziellen Zwangspatenschaft“ der belasteten EVU für die Förderung erneuerbarer Energien annimmt. 1106 Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 27.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

Diese Sonderstellung ergab sich insbesondere aus der kartellrechtlichen Abschirmung der Energiewirtschaft. Bereits der Gesetzgeber des EnWG 1935 fand für die deutsche Energieversorgung ein System von Gebietsmonopolen vor, welches die EVU durch vertragliche Absprachen unter Beteiligung der Kommunen errichtet hatten, und ließ dieses unangetastet. Bei der Schaffung eines deutschen Kartellrechts durch den Erlaß des GWB, das zum 1. Januar 1958 in Kraft trat, wurde die Energiewirtschaft von vornherein ausgeklammert, indem die für diesen Wirtschaftszweig typischen Demarkations- und Konzessionsverträge durch die Bereichsausnahme des § 103 GWB (a. F.) zulässig blieben. Trotz wiederholter Reformanstöße im Verlauf der siebziger und achtziger Jahre1107 blieb es dem Einfluß des europäischen Gemeinschaftsrechts überlassen, mit der Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 1108 durch die Energierechtsnovelle des Jahres 1998 die Aufhebung der Bereichsausnahmen der §§ 103 und 103a GWB (a. F.) herbeizuführen und den Strommarkt für den Wettbewerb zu öffnen.1109 Zwar standen der kartellrechtlichen Vorzugsstellung der EVU auch besondere Pflichten, etwa in Form der allgemeinen Anschluß- und Versorgungspflicht gem. § 6 EnWG 1935, der hiermit verbundenen Preisaufsicht sowie der Investitionsaufsicht gem. § 4 EnWG 1935, gegenüber; insgesamt dürfte aber kein Zweifel daran bestehen, daß es sich bei der Sonderstellung der Energiewirtschaft um eine ordnungspolitisch motivierte besondere Begünstigung handelte. Auch auf den Gebieten des Steuerrechts und des Haftungsrechts räumte – und räumt – der Gesetzgeber den EVU Privilegien ein. Steuerrechtliche Vorteile ergeben sich für die Betreiber von Kernkraftwerken daraus, daß die Rückstellungen, die diese Unternehmen für die Stillegung der Kraftwerke und die Entsorgung radioaktiver Stoffe und Anlagenteile bilden, nicht nur gem. § 249 Abs. 1 HGB in der Handelsbilanz, sondern aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, auch in der Steuerbilanz erscheinen. Die Rückstellungen werden gewinn- und ertragsteuermindernd berücksichtigt und stehen den Unternehmen weiterhin als Finanzierungsmittel zur Verfügung.1110 Da auch Unternehmen anderer Branchen von der Möglichkeit hoher Rückstellungen profi1107 Diese werden nachgezeichnet von C. Theobald, in: J.-P. Schneider/ders. (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 1 Rn. 58 ff., sowie U. Büdenbender, EnWG, Kommentar, 2003, Einleitung Rn. 16 ff. 1108 Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. 12. 1996 (ABl. EG L 27 vom 30. 1. 1997, S. 20); vgl. auch G. Britz, RdE 1997, S. 85 ff. 1109 Siehe oben § 2 A II; hierzu auch M. Cronenberg, RdE 1998, S. 85 ff.; G. Kühne/B. Scholtka, NJW 1998, S. 1902 ff.; H. H. Lindemann/K. Köster, DVBl. 1997, S. 527 ff. 1110 Eingehend zu den Rückstellungen der kernkraftnutzenden Energiewirtschaft V. Bürger, Energiewirtschaftliche Bewertung der Rückstellungen, 1998; zur Behandlung der Rückstellungen durch das EG-Beihilfenrecht G. Hermes, ZNER 1999, S. 156 ff.; J. Kühling, RdE 2001, S. 93 (99 ff.).

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tieren, unterscheidet sich diese Begünstigung der Energiewirtschaft zwar nicht dem Grunde, jedoch angesichts der enormen Summen, die für die Stillegung und Entsorgung von Kernkraftwerken und Anlagenteilen veranschlagt werden müssen, der Höhe nach von anderen Wirtschaftszweigen.1111 Schließlich war auch die Gefährdungshaftung nach dem Atomgesetz bis zum Jahr 2002 in einer für die Betreiber von Kernkraftwerken äußerst vorteilhaften Weise ausgestaltet.1112 Durch § 13 Abs. 3 AtG (a. F.) wurde der behördlich festzulegende Betrag der Deckungsvorsorge, welche die Anlagenbetreiber zu bilden haben, um im Falle eines Schadens ihren Ersatzverpflichtungen nachkommen zu können, auf 500 Mio. DM begrenzt. Selbst dieser Höchstbetrag war anerkanntermaßen zur Erfüllung der im Falle eines sog. Super-GAU zu erwartenden Verpflichtungen völlig unzureichend. Ergänzend sah § 34 AtG (a. F.) eine Freistellungsverpflichtung des Staates zugunsten der Anlagenbetreiber bis zu einer Höhe von 1 Mrd. DM vor. Erst im April 2002 hob der Gesetzgeber den Höchstbetrag der zu bildenden Deckungsvorsorge auf einen Betrag von 2,5 Mrd. Euro an und reduzierte hierdurch die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme der öffentlichen Hand.1113 Die besonderen Vorteile, die sich für die Elektrizitätswirtschaft vor allem in der Vergangenheit aus den aufgeführten und weiteren Privilegien ergeben haben, werden im rechtswissenschaftlichen Schrifttum bisweilen dahin zusammengefaßt, der Gesetzgeber habe den EVU im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen „ein Reservat von unvergleichlicher Schönheit“ eingerichtet.1114 Dieser besonderen Umhegung der Energiewirtschaft fehlt es auch nicht an einem Zusammenhang zum Förderzweck der SER, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung dadurch zu steigern, daß Anlagenbetreibern die Erzielung einer kostendeckenden Vergütung einschließlich einer Gewinnmarge ermöglicht wird. Die Notwendigkeit einer solchen gesetzgeberischen Intervention erklärt sich im wesentlichen aus den stark differierenden Kosten der Stromerzeugung aus fossilen Primärenergieträgern und Kernenergie auf der einen Seite und derjenigen aus regenerativen Energiequellen auf der anderen Seite. Die vergleichsweise geringen Kosten konventioneller Stromerzeugung in Deutschland wie1111 Auch der Gesetzgeber des EEG 2000 betrachtet die steuerfreien Rückstellungen der Kernenergiewirtschaft als besondere Begünstigung, vgl. die Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen, BT-Drs. 14/2776, S. 19 („. . . die Wettbewerbsvorteile, die die deutschen Stromkonzerne haben, indem sie die inzwischen bei über 70 Mrd. DM liegenden steuerfreien Rückstellungen für die atomare Entsorgung beliebig investiv verwenden . . .“). 1112 Hierzu J. Kühling, RdE 2001, S. 93 (95); N. Pelzer, DVBl. 2000, S. 13 ff. 1113 Vgl. Art. 1 Nr. 15 des Gesetzes zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität vom 22. 4. 2002 (BGBl. I S. 1351 (1355)). 1114 So im Zusammenhang mit der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung der Stromeinspeisungsregelung E. M. Hucko, RdE 1995, S. 141 (142).

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

derum verdanken sich maßgeblich den Möglichkeiten für die stromerzeugende Energiewirtschaft, über mehrere Jahrzehnte hinweg erhebliche Kapazitäten im Bereich der Kernenergie und der Nutzung fossiler Primärenergieträger aufzubauen.1115 Schon bei der bisherigen Untersuchung anderer möglicher Rechtfertigungsgründe ist dieser Zusammenhang stellenweise angeklungen. So spricht etwa der BGH davon, die EVU seien in besonderem Maße dafür verantwortlich, daß sich „die von ihnen monopolartig getragene und in der Struktur weitgehend geprägte Energiewirtschaft auch im Interesse des Gemeinwohls entwickelt“; sie hätten bei der Ausgestaltung der Energieversorgung „auch den öffentlichen Interessen an ihrer langfristigen Sicherheit, an der Schonung der endlichen Primärenergien und am Klima- und Umweltschutz“ Rechnung zu tragen;1116 schließlich treffe sie „aufgrund ihrer spezifischen Tätigkeit auch nach Beseitigung ihrer monopolartigen Stellung weiterhin eine besondere Verantwortung für eine ressourcenschonende und umweltgerechte Stromerzeugung.“1117 Daß diese umfassende Verantwortlichkeit der EVU sich nicht allein aus einem umweltindifferenten Wettbewerbsverhalten als Netzbetreiber herleiten läßt, wurde bereits festgestellt. Um so näher liegt es, in solchen Verantwortlichkeitsargumentationen – das Schrifttum zum StrEG enthielt sie in großer Zahl1118 – auch eine Wertung mitklingen zu hören, die stromerzeugenden Unternehmen der deutschen Energiewirtschaft hätten die für sie während eines beträchtlichen Zeitraumes äußerst günstigen energiepolitischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht in dem gebotenen Umfang zum Aufbau regenerativer Erzeugungskapazitäten sowie zur Entwicklung umweltschonender Zukunftstechnologien im Bereich der Stromerzeugung genutzt. Eine Finanzierungsverantwortlichkeit der Stromlieferanten aus dem Gesichtspunkt der Abschöpfung einer besonderen Begünstigung vermag der geschilderte Zusammenhang jedoch nicht zu begründen. So wäre zunächst nicht zu rechtfertigen, weshalb gerade die Gruppe der letztversorgenden EVU zur Finanzierung der Mehrkosten des EEG in Anspruch genommen wird, während sich andere Gruppen innerhalb der Energiewirtschaft, die in gleichem Maße von den förderlichen Rahmenbedingungen der zurückliegenden Jahrzehnte profitieren konnten, keiner finanziellen Sonderbelastung zu Gemeinwohlzwecken ausgesetzt sehen. Darüber hinaus gerät eine Rechtfertigung der SER, die sich auf einen derart vagen und globalen Begünstigungszusammenhang stützt, zwangsläufig in Ge1115 Hierzu die Begründung des Gesetzentwurfs der Regierungsfraktionen zum EEG 2000, BT-Drs. 14/2776, S. 19 („. . . die in den Zeiten der Gebietsmonopole risikolos entstandenen und größtenteils abgeschriebenen Kapazitäten, die im Übermaß vorhanden sind . . .“). 1116 BGHZ 134, 1 (22) – Stromeinspeisung II. 1117 BGHZ 155, 141 (150) – Stromeinspeisung III. 1118 Statt vieler S. Studenroth, DVBl. 1995, S. 1216 (1222); H. Kremser, AöR 121 (1996), S. 406 (418); E. M. Hucko, RdE 1995, S. 141 (142).

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fahr, die besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gerade vertikal integrierter EVU zum Belastungsgrund einer Sonderlast zu machen. Für nichtsteuerliche Abgaben ebenso wie für sonstige finanzielle Sonderlasten gilt, daß in dem Maße, in dem die Konkretisierung eines staatlich vermittelten Sondervorteils und seine Zurechnung zu einem bestimmten Begünstigten Schwierigkeiten bereitet, auch die materielle Distanz zur Steuer, die Sonderlasten in der Wahl ihres Belastungsgrundes zu wahren haben, unterschritten zu werden droht. Bei einer Rechtfertigung der Sonderbelastung der letztversorgenden EVU gem. § 14 Abs. 3 EEG als Abschöpfung der in der Vergangenheit empfangenen kartellrechtlichen, steuerrechtlichen und anderweitigen Vorteile wäre weder die Zurechnung zu einer bestimmten Personengruppe innerhalb der Energiewirtschaft noch die Definition des auszugleichenden Vorteils nachvollziehbar. Zudem hätte sich die Wahl des Belastungsgrundes in der Bemessung der Sonderlast widerzuspiegeln, die SER müßte die letztversorgenden EVU also nach Maßgabe der zuvor empfangenen Vorteile belasten; tatsächlich ergibt sich die Höhe der Mehrkostenlast – bezogen auf alle Stromlieferanten – aus dem Gesamtvolumen eingespeisten EEG-Stroms und den gesetzlich festgelegten Mindestvergütungen, die sich wiederum an den quantitativen Förderzielen des Gesetzes orientieren.1119 Auf der Grundlage einer Rechtfertigung als Abschöpfung eines in der Vergangenheit zugewandten Sondervorteils wäre das Gebot der materiellen Steuerdistanz von Sonderlasten durch die SER daher offensichtlich verletzt. Schließlich käme einer Rechtfertigung der SER aus dem Abschöpfungsgedanken nur dann ein gewisses Maß an Plausibilität zu, wenn die Gewährung besonderer Vorteile für die Unternehmen der Energiewirtschaft vom Gesetzgeber in ihren wirtschaftlichen Folgen nicht beabsichtigt war oder den Zweck, zu dessen Erreichung die Energiewirtschaft gegenüber anderen Wirtschaftszweigen privilegiert wurde, verfehlt hat. Während ersteres ausgeschlossen werden kann, ist hinsichtlich des Zwecks der kartellrechtlichen Umhegung wie auch der sonstigen Förderung der Energieversorgung daran zu erinnern, daß die erheblichen Erzeugungskapazitäten auf dem Gebiet endlicher Primärenergieträger gerade in Wahrnehmung öffentlicher Anliegen aufgebaut wurden. Die Präambel des EnWG in der bis 1998 geltenden Fassung verpflichtete die Energieversorgung in Deutschland ausschließlich auf die Grundziele der Versorgungssicherheit und der Preisgünstigkeit. Dem Ziel der Versorgungssicherheit entsprach die Entstehung großer und investitionsstarker Verbundunternehmen ebenso wie die vorrangige Verwendung der beständig, wenn auch begrenzt verfügbaren fossilen Primärenergieträger. Dem Belang der Preisgünstigkeit war zumindest kurz- und mittelfristig damit gedient, wenn nur in geringem Umfang in die Entwicklung von Technologien zur Elektrizitätsgewinnung aus erneuerbaren Energieträgern investiert, vornehmlich aber die Kosteneffizienz im Bereich kon1119

Siehe oben § 2 B II 2.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

ventioneller Erzeugung gesteigert wurde. In besonderem Maße war die kartellrechtliche Sonderstellung der Energiewirtschaft durch Erwägungen der Versorgungssicherheit und der Preisgünstigkeit bedingt. Von der Entstehung brancheninterner Konkurrenz erwartete der Gesetzgeber zum einen wettbewerbsbedingte Einschränkungen der Investitionstätigkeit, durch welche die sichere und ununterbrochene Versorgung der Allgemeinheit gefährdet werden könne; zum anderen befürchtete er, das Ausbrechen eines Preiskampfes um Großkunden werde sich in Gestalt von Preiserhöhungen auf die Versorgung der gewöhnlichen Abnehmer auswirken.1120 Aus diesen Erwägungen erklärt sich die Einführung der kartellrechtlichen Bereichsausnahme des § 103 GWB (a. F.) im Jahr 1958; noch anläßlich der 4. GWB-Novelle 1980 wurde die Auflösung geschlossener Versorgungsgebiete mit ähnlichen Überlegungen abgelehnt.1121 Sowohl die kartellrechtliche Abschirmung der Energieversorgung als auch der geringe Einsatz erneuerbarer Energieträger entsprachen vollkommen der energiepolitischen Programmatik des Gesetzgebers. Erst gegen Ende der siebziger Jahre konnte sich die Auffassung durchsetzen, der Umweltverträglichkeit der Energieversorgung komme ein Gewicht zu, das es rechtfertige, diesen Belang als drittes gleichwertiges Grundziel im Sinne der Präambel des EnWG anzusehen.1122 Auch in der Folgezeit genoß das Ziel der Umweltverträglichkeit jedoch nur eine gleichberechtigte Stellung neben den überkommenen Zwecksetzungen der Versorgungssicherheit und der Preisgünstigkeit, keinen Vorrang. Wenn die Unternehmen der Energiewirtschaft aufgrund dieser Rechtslage die Auswahl der eingesetzten Primärenergieträger und ihr Investitionsverhalten an den beiden erstgenannten Zielen ausrichteten, so handelten sie dabei in Übereinstimmung mit den damaligen ordnungspolitischen Vorgaben. Über mehr als ein halbes Jahrhundert basierten daher die Wettbewerbsnachteile regenerativer Stromerzeugung neben physikalischen Bedingungen maßgeblich auf einem gesetzgeberisch vorgegebenen, von Seiten der stromerzeugenden Energiewirtschaft freilich bereitwillig aufgenommenen Vorrang konventioneller Energien. Vor diesem Hintergrund wäre es befremdlich, aus einem Zusammenhang zwischen der „monopolartigen Stellung“ der EVU – verstanden im Sinne einer weitreichenden ordnungspolitischen Begünstigung – und dem geringen Anteil regenerativer Energieträger eine besondere Finanzierungsverantwortung der letztversorgenden EVU unter dem Aspekt der Vorteilsabschöpfung

1120 U. Büdenbender, EnWG, Kommentar, 2003, Einleitung Rn. 15; zur Auffassung von einem „volkswirtschaftlich schädlichen“ Wettbewerb, auf deren Boden das EnWG 1935 stand, vgl. auch C. Theobald, in: J.-P. Schneider/ders. (Hrsg.), HdbEnWiR, 2003, § 1 Rn. 50, 56. 1121 Dazu J. F. Baur/R. Lukes, Geschlossene Versorgungsgebiete, 1979, S. 18 ff.; B. Börner, RdE 1979, S. 50 ff.; weitere Nachweise bei U. Büdenbender, EnWG, Kommentar, 2003, Einleitung Rn. 16. 1122 U. Büdenbender, EnWG, Kommentar, 2003, § 1 Rn. 4 m.w. N.

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herzuleiten. Da dieser Befund zu den bereits ausgeführten Bedenken hinzutritt, scheidet eine Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung, die sich auf den Belastungsgrund des Vorteilsausgleichs stützt, aus. c) Ergebnis zur gleichheitsrechtlichen Legitimation der Stromeinspeisungsregelung Für den Fördermechanismus der SER in der Fassung der §§ 4 ff., 14 EEG 2004 steht somit fest, daß die finanzielle Sonderbelastung der Gruppe der letztversorgenden EVU vor dem Grundsatz der Belastungsgleichheit keinen Bestand hat. Zunächst wurde gesehen, daß reine Zweckmäßigkeitserwägungen die Zuweisung einer besonderen Finanzierungspflicht nicht rechtfertigen können. Für die SER hat namentlich der BGH Zweckmäßigkeitsargumente angeführt, indem er zunächst auf die Vermeidung hoheitlichen Verwaltungsaufwands als Vorzug der „quersubventionierenden“ Regelungstechnik hingewiesen,1123 später auch darauf abgestellt hat, den letztversorgenden EVU sei es „am einfachsten möglich“, die EEG-Mehrkostenlast an die Endverbraucher von Strom weiterzugeben. Im übrigen lassen sich die in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur für die Zulässigkeit der SER angeführten Rechtfertigungserwägungen ausnahmslos den beiden legitimen Belastungsgründen der Aufwandsveranlassung, im Kern also der Verursachung, und der Vorteilsabschöpfung zuordnen. Der Gesetzgeber des EEG erkennt die Legitimation der finanziellen Sonderbelastung in der besonderen Verantwortlichkeit der letztversorgenden EVU als Verursachern einer klimaschädlichen und ressourcenverbrauchenden konventionellen Stromerzeugung. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber sich der mangelnden Personenidentität der Gruppe der Stromerzeuger auf der einen sowie der Stromhändler auf der anderen Seite bewußt ist; andernfalls schiede eine Rechtfertigung der SER bereits wegen einer sachwidrigen Abgrenzung der sonderbelasteten Gruppe aus. Eine besondere Finanzierungsverantwortung der Stromlieferanten ergibt sich nicht aus deren Nachfrage nach Elektrizität aus konventioneller Erzeugung. Gilt es, eine mittelbare Verursacherverantwortlichkeit für die externen Kosten konventioneller Stromerzeugung zuzuordnen, so kann diese unter den heutigen Gegebenheiten des Strommarktes, die eine bewußte Entscheidung der Verbraucher nicht nur hinsichtlich des Umfangs, sondern auch der Art der Stromnachfrage ermöglichen, nur bei der Allgemeinheit der Stromverbraucher liegen. Auf diese Erkenntnis hat der Gesetzgeber nicht nur die Rechtfertigung der Stromsteuer und der Belastungen aus dem Gesetz zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung, sondern auch einzelner Regelungen 1123

BGHZ 134, 1 (19).

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des EEG gestützt. Die gesetzgeberische Belastungskonzeption der SER schlägt somit fehl. Da ein Ergänzen weiterer, möglicherweise tragfähiger Belastungserwägungen durch den Gesetzgeber in einem solchen Fall nicht den Anforderungen der Belastungsgleichheit an die Rechtfertigung einer Sonderlast genügt – wie auch das BVerfG für abgabenrechtliche Sonderlasten herausgestellt hat –, steht die Gleichheitswidrigkeit der SER damit fest, ohne daß es der Betrachtung weiterer Belastungsgründe bedürfte. Zum Zwecke einer umfassenden Auseinandersetzung mit der Möglichkeit einer gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung der SER wurden auch Legitimationsansätze der Rechtsprechung und des Schrifttums betrachtet. Dabei zeigte sich, daß der Befund einer „monopolartigen Stellung“ der EVU, den der BGH für die Rechtfertigung nicht nur des StrEG, sondern auch des EEG für maßgeblich erachtet, die Letztbelastung der Stromlieferanten nicht zuläßt. Unter den Bedingungen eines nach den Wertschöpfungsebenen der Erzeugung, der Übertragung und Verteilung sowie des Handels entflochtenen Strommarktes ließe sich allenfalls eine Sonderbelastung der Netzbetreiber aus dem Gedanken der weiterhin marktbeherrschenden Stellung rechtfertigen, nicht jedoch eine solche der Stromhändler. Bei Zugrundelegung dieses Legitimationsgedankens wäre die tatbestandliche Anknüpfung des § 14 Abs. 3 EEG an die Unternehmenstätigkeit der Versorgung von Endverbrauchern falsch gewählt, Differenzierungskriterium und Rechtfertigungsgrund ständen in Diskrepanz. Wenngleich sich also eine besondere Verantwortlichkeit der Netzbetreiber aufgrund benachteiligenden Wettbewerbsverhaltens gegenüber den Einspeisern von EEG-Strom möglicherweise noch dem Belastungsgrund der Verursachung in einen weiteren Sinne zuordnen ließe, scheidet sie als Rechtfertigung der Sonderbelastung letztversorgender EVU aus. Eine Legitimation der SER gestützt auf den Belastungsgrund der Vorteilsabschöpfung wurde in zweierlei Hinsicht untersucht. Zum einen ergeben sich aus der „Verwendung“ der transferierten Finanzvolumina durch den Gesetzgeber keine besonderen Vorteile der Stromlieferanten, da diese weder überwiegend zu den Empfängern der erhöhten Einspeisevergütungen gehören noch in hervorgehobener Weise von einer fortschreitenden Innovation bei der Elektrizitätsgewinnung aus erneuerbaren Energien profitieren. Zum anderen läßt sich eine Sonderbelastung der letztversorgenden EVU nicht als Ausgleich der Vorteile rechtfertigen, die der Elektrizitätswirtschaft insgesamt über mehrere Jahrzehnte in Form von kartellrechtlichen, steuerrechtlichen, haftungsrechtlichen und sonstigen Sonderbedingungen gewährt worden sind. Zwar steht die Vorteilhaftigkeit dieses – allmählich umgebauten – ordnungspolitischen Rahmens außer Zweifel. Doch ist es neben der Frage, weshalb hieraus eine Sonderfinanzierungsverantwortung gerade der Gruppe der Stromhändler abzuleiten sein sollte, und der bedenklichen Nähe einer solchen Rechtfertigung zur Teilhabe des Staates am Erfolg privaten Wirtschaftens vornehmlich die gesetzgeberische Intentionalität dieser früheren

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Begünstigung, die Zweifel an einer legitimen Abschöpfung weckt. Der vorrangige Einsatz der Kernenergie und fossiler Primärenergieträger sowie die damit verbundenen Wettbewerbsnachteile erneuerbarer Energien entsprachen bis in die jüngste Vergangenheit vollkommen der energiepolitischen Programmatik des Gesetzgebers, so daß die ordnungspolitischen Vorteile nicht nur durch den Gesetzgeber zielgerichtet gewährt, sondern auch von Seiten der Energiewirtschaft in zweckentsprechender Weise genutzt wurden. Somit schlagen im Ergebnis alle Ansätze zur Rechtfertigung der SER vor dem Prinzip der Lastengleichheit, die sich auf die legitimen Belastungsgründe der Kausalverantwortlichkeit und des Vorteilsausgleichs stützen, fehl. Die besondere Inanspruchnahme der Gruppe letztversorgender EVU zur Tragung der förderbedingten Mehrkosten des EEG ist vor dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht gerechtfertigt. 3. Herstellerabschlag auf Arzneimittelpreise, § 130a SGB V a) Kausalverantwortlichkeit Auch zur Rechtfertigung des Preisabschlags auf Arzneimittel zu Lasten der Hersteller gem. § 130a Abs. 1 SGB V stützt sich der Gesetzgeber auf eine hervorgehobene Kausalverantwortlichkeit, welche die Arzneimittelhersteller für die wachsenden Kosten der GKV-Arzneimittelversorgung treffe. Die Gesetzesbegründung zum BSSichG 2003, durch das die Abschlagsregelung eingeführt wurde, spricht von „erheblichen Kostensteigerungen“1124 und „überproportionalen Ausgabenzuwächsen“, denen „hohe Umsätze der pharmazeutischen Unternehmen im GKV-Bereich“ gegenüberständen.1125 Auch die Gesetzesbegründung zum GKV-Modernisierungsgesetz 2004, durch das der Herstellerabschlag entgegen seiner ursprünglichen Funktion beibehalten wurde, hebt hervor, die Ausgaben der GKV für die Versorgung mit Arzneimitteln seien in den fünf vorangegangenen Jahren „überproportional angestiegen, ohne daß dies allein medizinisch zu begründen wäre.“1126 Dort wird auch herausgestellt, der Herstellerabschlag diene der Verminderung der Kostenbelastung, die sich für die GKV aus einem „eingeschränkten Preiswettbewerb“ bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ergebe.1127 Aus Sicht des Gesetzgebers stellt sich die Lage folglich so 1124 Begründung des Entwurfs der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BT-Drs. 15/ 28, S. 11; zur Rechtfertigung des Herstellerabschlags in den Gesetzesmaterialien auch U. Becker, NZS 2003, S. 561 (562); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (412). 1125 Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BT-Drs. 15/28, S. 12. 1126 Begründung des Fraktionsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 75. 1127 BT-Drs. 15/1525, S. 123.

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dar, daß die Arzneimittelhersteller infolge eines defizitären Preiswettbewerbs auf dem GKV-Arzneimittelmarkt dazu in der Lage sind, „überhöhte“1128 Herstellerabgabepreise festzulegen. Diese – aus Sicht des Gesetzgebers – überhöhten Herstellerabgabepreise wiederum kommen auf der einen Seite in einer beachtlichen Umsatzentwicklung der pharmazeutischen Industrie auf dem Markt der GKV zum Ausdruck, schlagen sich auf der anderen Seite nach Auffassung des Gesetzgebers aber auch in überproportionalen, anders nicht zu erklärenden Ausgabenzuwächsen der GKV nieder. Durch diese Argumentation stellt der Gesetzgeber einen Kausalzusammenhang zwischen dem unternehmerischen Handeln der Arzneimittelhersteller und den gestiegenen Arzneimittelkosten her; er stützt die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Hersteller also auf deren hervorgehobenen Verursachungsbeitrag. Eine nähere Auseinandersetzung mit der Rechtfertigung des Herstellerabschlages durch Verantwortlichkeitsgesichtspunkte aus der Sphäre der Arzneimittelhersteller kann den zum 1. April 2006 eingeführten ergänzenden Abschlag auf Generika und ihre Referenzarzneimittel gem. § 130a Abs. 3b SGB V außer acht lassen. Denn diesen hat der Gesetzgeber eingeführt, ohne die dadurch ausgeweitete Inanspruchnahme der Pharmaunternehmen durch Gründe aus deren Verantwortlichkeitssphäre zu rechtfertigen. Der Gesetzgeber stützt den ergänzenden Abschlag nicht auf Verantwortlichkeits-, sondern auf reine Zumutbarkeitserwägungen: Er erklärt, die Regelung des § 130a Abs. 3b SGB V erschließe lediglich die „Rationalisierungsreserven“ auf Seiten der Arzneimittelhersteller, die durch das – ebenfalls mit dem AVWG verhängte – Verbot von Naturalrabatten an die Apotheken frei würden, zugunsten der Krankenkassen.1129 Der Generika-Abschlag bilde eine bloße „Folgeregelung“ des Rabattverbots, durch die das bisherige Volumen der Naturalrabatte für patentfreie Arzneimittel im generikafähigen Markt an die Krankenkassen weitergegeben wird;1130 eine zusätzliche, rechtfertigungsbedürftige Sonderbelastung der Hersteller erkennt der Gesetzgeber hierin nicht. Da der Gesetzgeber zur Rechtfertigung der Mehrbelastung durch § 130a Abs. 3b SGB V nicht auf eine gestiegene Finanzierungsverantwortlichkeit der Hersteller verweist, kann eine Auseinandersetzung mit der gesetzgeberischen Belastungskonzeption des GenerikaAbschlages nichts zu der Untersuchung beitragen, welche gemeinsamen Merkmale einer Gruppe, die der Gesetzgeber in der Rechts- und Sozialordnung vorfindet, als Grundlage einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit dienen können. 1128 So die Formulierung des Gesetzgebers anläßlich der Einführung der Festbetragsregelung, Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum Gesundheits-Reformgesetz 1989, BT-Drs. 11/2237, S. 147. 1129 Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum AVWG, BT-Drs. 16/194, S. 6. 1130 BT-Drs. 16/194, S. 10.

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Wenn im folgenden der Gedanke einer besonderen Kausalverantwortlichkeit als gesetzgeberische Rechtfertigung des Herstellerabschlages betrachtet wird, so hat diese Untersuchung daher allein die Abschlagsregelung des § 130a Abs. 1 SGB V zum Gegenstand. Der Ausgleich einer besonderen Begünstigung als weiterer legitimer Belastungsgrund ist in Rechtsprechung und Literatur bereits für verschiedene Formen von Arzneimittelabschlägen, bislang jedoch kaum als Legitimation von § 130a Abs. 1 SGB V diskutiert worden; die Frage der Übertragbarkeit dieses Rechtfertigungsgedankens auf Herstellerabschläge stellt sich grundsätzlich sowohl für den allgemeinen Abschlag gem. § 130a Abs. 1 SGB V als auch für den Generika-Abschlag gem. § 130a Abs. 3b SGB V. aa) Vielzahl zweckidentischer Sonderlasten im Recht der GKV Wie bereits betont, ist der Gesetzgeber befugt, den Verursachergedanken als Belastungsgrund nicht-abgabenrechtlicher Sonderlasten zu konkretisieren und näher auszugestalten. Der Tatbestand der Verursachung als solcher ist zu weit und unbestimmt, als daß er allein die sachgerechte Auswahl einer bestimmten Gruppe von Pflichtigen zuließe.1131 Stets ist der Gesetzgeber dabei aber an die Vorgabe des Grundsatzes der Lastengleichheit gebunden, wonach der Verantwortlichkeitsanteil derjenigen Gruppe, welcher der Gesetzgeber in Konkretisierung des Verursachergedankens eine Finanzierungslast zuweist, die Verantwortlichkeit anderer Gruppen und der Allgemeinheit deutlich überwiegen muß. Schon bei Untersuchung der Frage, ob die Sonderbelastung der Stromhändler durch §§ 4 ff., 14 Abs. 3 EEG aus dem Verursachergedanken zu rechtfertigen ist, wurde erkannt, daß bei der Rechtfertigung einer abgabenäquivalenten Preisintervention mehrere gesellschaftliche Gruppen als überwiegend verantwortliche Verursacher in Betracht kommen können. Ist der gesteigerte Bedarf nach Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe auf eine Vielzahl von Ursachen zurückzuführen, die wiederum von verschiedenen beteiligten Gruppen gesetzt werden, so ist besonders darauf zu achten, daß nur diejenige Gruppe finanziell sonderbelastet wird, deren Kausalbeitrag deutlich überwiegt. Auch zu den steigenden Ausgaben der GKV für die Arzneimittelversorgung tragen in unterschiedlicher Weise sämtliche beteiligten Gruppen bei. Eine zunehmende Zahl älterer Menschen unter den Versicherten sowie ein wachsender Kreis komplexer Krankheitsbilder stellen gesteigerte Anforderungen an die Arzneimittelversorgung.1132 Die Gestaltung der medikamentösen Therapie und damit die Auswahl des eingesetzten Arzneimittels obliegt dem behandelnden Arzt, dessen Entscheidung durch das Arzneimittelangebot, aber auch durch das Mar1131

Siehe oben § 16 D V 4. Hierzu F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (354); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (419). 1132

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ketingverhalten der pharmazeutischen Industrie beeinflußt ist.1133 Der Apothekenabgabepreis eines Arzneimittels, das zu Lasten der GKV abgegeben wird, setzt sich aus dem Herstellerabgabepreis sowie den Handelsspannen des Großhandels und der Apotheke zusammen, so daß auch im Zuge der Wertschöpfungskette bei Arzneimitteln drei Gruppen zu Kostensteigerungen beitragen. Die Mehrzahl gesellschaftlicher Gruppen, die als Verursacher des besonderen hoheitlichen Handlungsbedarfs nach Erfüllung einer Gemeinwohlaufgabe in Betracht kommen, ist der SER und dem Herstellerrabatt also gemeinsam. Im Gegensatz hierzu zeigt sich auf der Seite der Sonderbelastung ein wesentlicher Unterschied zwischen § 130a SGB V und den beiden anderen Referenzregelungen. Sieht man von den Mehrkostenlasten der Stromsteuer und der Förderung von Kraft-Wärme-Kopplung ab, die nach der Intention des Gesetzgebers die Gesamtheit der Stromverbraucher und nicht eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe treffen sollen, so wird im Bereich der Energiewirtschaft lediglich die Gruppe der Stromhändler für die Zwecke des Klima- und des Umweltschutzes finanziell sonderbelastet.1134 Der Gesetzgeber hat innerhalb eines größeren Wirtschaftsbereiches gezielt eine einzelne Gruppe als Adressaten und Lastenträger einer Zwangsvergütung ausgewählt. Ähnlich wird durch die Zuschußpflicht zum Mutterschaftsgeld allein die Gruppe der Arbeitgeber zur Förderung des Kindeswohls gesondert finanziell in Anspruch genommen. Ein anderes Bild bietet sich hingegen im System der GKV. Die Belastung einer Gruppe von Leistungserbringern durch Kostendämpfungsmaßnahmen hat in diesem Bereich keinen Ausnahmecharakter, sondern bildet spätestens seit den ausgehenden achtziger Jahren die Regel. So folgt die Vergütung der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte nicht dem Umfang der tatsächlich erbrachten Leistungen, sondern ist als sog. Gesamtvergütung wesentlich von dem Inhalt der Vereinbarungen zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen, den Verbänden der Ersatzkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen gem. §§ 82, 83 SGB V, den sog. Gesamtverträgen, abhängig. Das höchstzulässige Ausgabevolumen für ärztlich verordnete Arznei-, Verband- und Heilmittel wird durch sog. Budgetierungsvereinbarungen auf Grundlage des § 84 SGB V beschränkt. Die Preisfreiheit der Erbringer von Sachleistungen, die in das System der GKV erst durch die ärztliche Verordnung einbezogen werden, ist für weite Leistungsbereiche durch die Festsetzung von Festbeträgen faktisch stark eingeschränkt. Der Gesetzgeber ermächtigt in §§ 35, 36 SGB V zur Bildung von 1133 Zur Beeinflussung des Verordnungsverhaltens der Ärzte durch Marketing der Pharmaunternehmen auch die Entwurfsbegründung zum AVWG, BT-Drs. 16/194, S. 9. 1134 Außer Betracht bleiben hierbei solche Pflichten aus dem EEG, die primär sachlich-handlungsbezogen wirken und sich erst sekundär als Vermögensbelastungen darstellen, wie etwa die Pflichten zur Abnahme von EEG-Strom, zum Anschluß einer Erzeugungsanlage an das Netz sowie zum Ausbau eines bestehenden Netzes, vgl. § 4 EEG.

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Festbetragsgruppen und zur Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel, Verbandmittel und Hilfsmittel. Durch §§ 130, 130a SGB V werden sowohl den Apotheken als auch den Herstellern von Arzneimitteln Preisabschläge in gesetzlich festgesetzter Höhe auferlegt. Im Jahr 2003 wurden auch die Unternehmen des pharmazeutischen Großhandels mit einer Preisabschlagsregelung belastet.1135 Wenngleich der Gesetzgeber in neuerer Zeit zunehmend Einsparpotentiale durch die Förderung brancheninternen Wettbewerbs realisieren will,1136 so kann dennoch der GKV-Markt für Gesundheitsleistungen nur als ein nach Leistungsangebot und Preisgestaltung umfassend regulierter Markt beschrieben werden. Da gegenüber den meisten Berufsgruppen keine abgaben- und subventionsähnlichen Geldleistungspflichten zur Anwendung gelangen, bildet der Einsatz solcher Vergütungsregelungen wie des Abschlags gem. § 130a SGB V auch im Recht der GKV nach wie vor die Ausnahme. Doch läßt sich angesichts der Ausschöpfung nahezu jeder Ersparnisquelle innerhalb des Systems der GKV kaum noch davon sprechen, die Pharmaunternehmen würden durch § 130a SGB V „sonder“belastet. Die finanzielle Sonderbelastung – im Unterschied zur Gemeinlast der Steuer – durch Kostensenkungsmaßnahmen bildet inzwischen im öffentlichen Gesundheitswesen die nahezu durchgängige Regel. Diese Entwicklung ist bedingt durch zwei Besonderheiten des öffentlichen Gesundheitswesens, in denen sich dieses auch von den beiden weiteren Referenzgebieten unterscheidet. Zum einen liegt in der finanziellen Belastung der Leistungserbringer zu Einsparungszwecken schon die Erfüllung der finanzierungsbedürftigen Aufgabe. Anders als bei der Verfolgung von Umweltschutzzielen in der Elektrizitätswirtschaft oder der Förderung des Kindeswohls mit dem Mitteln des Individualarbeitsrechts läßt sich bei Kostendämpfungsmaßnahmen in der GKV nicht zwischen der finanziellen Inanspruchnahme der sonderbelasteten Gruppen und einer mit Hilfe der aufgebrachten Finanzvolumina wahrgenommenen Sachaufgabe unterscheiden. Denn die öffentliche Aufgabe, auf deren Erfüllung sich der Gesetzeszweck von Kostendämpfungsmaßnahmen in der GKV richtet, ist keine Sach-, sondern eine reine Finanzierungsaufgabe. Das EEG bezweckt, mit den förderungsbedingt erhöhten Anteilen der Einspeisevergütung Investitionen in fortschrittlichere Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu ermöglichen. Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld soll der Mutter erlauben, während der Schutzfrist ihre Gesundheit und damit die des Kindes tatsächlich zu schonen, anstatt sie durch die Fortsetzung oder verfrühte Wiederaufnahme ihrer Erwerbstätigkeit zu gefährden. Im 1135 Hierzu die Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BTDrs. 15/28, S. 12, 20 (zu Art. 11 BSSichG). 1136 Gerade für die Arzneimittelversorgung erblickt der Gesetzgeber in einem defizitären Wettbewerb die Hauptursache einer unwirtschaftlichen Versorgung, vgl. die Begründung des Fraktionsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 75, 123.

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Gegensatz hierzu beschränkt sich der Gesetzeszweck von Einsparungsmaßnahmen wie den Arzneimittelrabatten darauf, die Ausgaben der GKV in einem bestimmten Bereich zu senken, geht also auch mittelbar nicht über einen reinen Finanzierungszweck hinaus. Da die Gemeinwohlaufgabe in Einsparungen besteht, bildet die finanzielle Sonderbelastung der Leistungserbringer nicht allein eine notwendige Voraussetzung, sondern gleichsam die „Kehrseite“ der Aufgabenerfüllung. Die Sonderbelastung durch Leistungs- und Preisregulierungen fällt mit der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe, die Finanzlage der GKV zu stabilisieren, wesensnotwendig zusammen; auch ihr Umfang ist zwangsläufig identisch. Hieraus folgt die zweite Besonderheit dieses Referenzgebiets: Durch das Einsparungs- bzw. Finanzierungsziel wird zugleich die Auswahl der sonderbelasteten Gruppe vorgegeben. Kostendämpfungsmaßnahmen in der GKV, die nicht beim Versicherten oder bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen ansetzen, müssen sich an die Leistungserbringer richten, da Einsparungen nur durch eine Einschränkung der nachgefragten Leistungen und ihrer Vergütung zu erreichen sind. Sollen die Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu Investitionen befähigt oder erwerbstätige Mütter zur Schonung ihrer Gesundheit zum Wohle ihres Kindes in die Lage versetzt werden, so ist es für die Erfüllung dieser Sachaufgaben ohne Bedeutung, auf welche Weise die erforderlichen Finanzmittel aufgebracht werden. Entschließt sich der Gesetzgeber jedoch, die Finanzlage der GKV nicht durch eine Verbreiterung der Einnahmengrundlage, sondern durch die Begrenzung und Rückführung der Ausgaben zu stabilisieren,1137 so bedingt dieses Finanzierungsziel notwendig die Sonderbelastung der Leistungserbringer.1138 Um das gesamte im System GKV enthaltene Einsparpotential zu realisieren, werden sämtliche beteiligten Gruppen dem Zwang zur Kostenbegrenzung unterworfen, die Sonderbelastung wird innerhalb eines bestimmten Bereichs hoheitlicher Intervention zur Regel. Diese besonderen Umstände der GKV und der aus ihnen resultierende umfassende Einsatz von Regulierungsmaßnahmen ändern jedoch nichts daran, daß es

1137 Nach dem in § 71 Abs. 1 S. 1 SGB V niedergelegten Grundsatz der Beitragssatzstabilität sind die Vergütungen der Krankenkassen an die Leistungserbringer so zu gestalten, daß Beitragssatzerhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhöhungen nicht zu gewährleisten. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität bildet allerdings lediglich eine politische Zielvorgabe des Gesetzgebers, die Aufnahme in das einfache Recht gefunden hat; sie entbindet den Gesetzgeber nicht davon, finanzielle Sonderbelastungen einer Gruppe Privater zu Gemeinwohlzwecken vor dem in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Prinzip der Lastengleichheit zu rechtfertigen; dazu sogleich im Text. 1138 Ihren Ausgang nimmt diese Besonderheit des Rechts der GKV letztlich in der Entscheidung des Gesetzgebers für das Sachleistungsprinzip gem. § 2 Abs. 2 S. 1 SGB V.

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sich bei der Geldleistungspflicht der pharmazeutischen Unternehmen zugunsten der Krankenversicherungsträger verfassungsrechtlich um eine Sonderlast handelt, die nicht nur als Beeinträchtigung der Berufsfreiheit, sondern auch als Abweichung vom Prinzip gleicher Tragung öffentlicher Lasten der Rechtfertigung bedarf.1139 Die Inanspruchnahme praktisch sämtlicher Gruppen von Leistungserbringern nimmt der Kostensenkungsmaßnahme nicht den Charakter einer Sonderlast, aus der ihre besondere Rechtfertigungsbedürftigkeit vor dem Prinzip der Lastengleichheit erwächst. Deshalb dürfen Bekräftigungen des Gesetzgebers, es gehe bei der finanziellen Konsolidierung der GKV um die Herstellung von „Belastungsgerechtigkeit durch Einbeziehung aller Beteiligter“, es müßten „für eine gerechte und ausgewogene Lastenverteilung [. . .] alle Beteiligten, von den Versicherten und Patienten über die Krankenkassen bis hin zu den Leistungserbringern, ihren Beitrag leisten“,1140 nicht verdecken, daß die Berufsgruppen und Wirtschaftszweige der Leistungserbringer hierdurch zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe sonderbelastet werden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß sich das System der GKV von den anderen Referenzgebieten dieser Untersuchung darin unterscheidet, daß der Gesetzgeber zum Zwecke der finanziellen Konsolidierung der GKV eine Vielzahl sonderbelastender Regelungen einsetzt, indem er praktisch sämtliche beteiligten Berufsgruppen zur Kosteneinsparung in Anspruch nimmt. Auch ist der Gesetzeszweck solcher Regelungen im Unterschied zur SER und dem Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld nicht einmal mittelbar auf die Wahrnehmung einer Sach-, sondern einer reinen Finanzierungsaufgabe gerichtet. Hiervon bleibt jedoch unberührt, daß der Arzneimittelabschlag gem. § 130a Abs. 1, 3b SGB V die Hersteller mit einer Sonderlast zur Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe belegt und deshalb der besonderen Legitimation vor dem Grundsatz gleicher Tragung öffentlicher Lasten bedarf. Ob eine solche Rechtfertigung des § 130a SGB V sich auf einen legitimen Belastungsgrund stützen kann, wird im folgenden untersucht.

1139 Nicht überzeugend ist es dagegen, wenn BVerfG und Lit. die Anwendbarkeit der Sonderabgabenjudikatur auf Arzneimittelrabatte ablehnen und hieraus zugleich folgern, Preisabschläge bedürften keiner besonderen Rechtfertigung vor dem Gebot der Lastengleichheit, vgl. BVerfG, NVwZ 2006, 191 (199) – Beitragssatzsicherungsgesetz; U. Becker, NZS 2003, S. 561 (562) (Auch „Überlegungen zur Rechtfertigung der Abschläge nach Grund und Höhe“ stellten sich „unter dem Aspekt der Finanzierungsverantwortlichkeit nicht als weiterführend dar.“). 1140 Begründung des Fraktionsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 71.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

bb) Kausalverantwortlichkeit der Hersteller wegen Ausnutzung defizitärer Wettbewerbsverhältnisse auf dem GKV-Arzneimittelmarkt Die Grundstrukturen der Preisbildung bei Arzneimitteln lassen die Auffassung des Gesetzgebers, den Arzneimittelherstellern komme eine hervorgehobene Verantwortlichkeit für die Vermeidung überhöhter Preisniveaus zu, naheliegend erscheinen. Innerhalb des Preisbildungsmechanismus der §§ 2, 3 Arzneimittelpreisverordnung bildet der Herstellerabgabepreis die einzige frei zu wählende Voraussetzung, durch die letztlich auch die Höhe des Apothekenabgabepreises eines Arzneimittels vorbestimmt wird.1141 Der Hersteller eines verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittels ist in seiner Entscheidung, den Preis des Produkts in einer bestimmten Höhe festzusetzen, frei. Dem Herstellerabgabepreis werden auf Ebene des Großhandels ein Höchstzuschlag gem. § 2 AMPreisV sowie ein Festzuschlag der Apotheken gem. § 3 AMPreisV hinzugefügt. Hierdurch ergibt sich der – in allen Apotheken gleiche – Apothekenabgabepreis des Präparats. Da die Differenz zwischen Apothekenabgabepreis und Herstellerabgabepreis durch die Arzneimittelpreisverordnung verbindlich festgelegt wird, bleibt insbesondere die Höhe des Großhandelszuschlages für die Höhe des Apothekenabgabepreises ohne Bedeutung; diese ergibt sich zwingend aus der Höhe des Herstellerabgabepreises. Wie bereits ausgeführt,1142 stellt der Gesetzgeber für die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Hersteller, aus der sich die Rechtfertigung des Herstellerabschlags ergebe, jedoch weniger auf deren arzneimittelrechtlich unbeschränkte Preisbildungsfreiheit als vielmehr auf den defizitären Preiswettbewerb auf dem Arzneimittelmarkt der GKV ab, den die pharmazeutische Industrie durch Festlegung „überhöhter“1143 Herstellerabgabepreise für sich zu nutzen wisse. Sein Ziel, das Wettbewerbsdefizit auf dem Arzneimittelmarkt der GKV zu beseitigen oder jedenfalls in seinen Auswirkungen auf die Arzneimittelausgaben zu neutralisieren, verfolgt der Gesetzgeber bereits seit dem GesundheitsReformgesetz 1989 vorrangig durch die Festsetzung von Arzneimittelfestbeträgen. Auch die Gesetzesbegründungen zum BSSichG und zum GMG belegen einen engen funktionellen Zusammenhang zwischen der Festbetragsregelung von Arzneimitteln und dem Herstellerrabatt gem. § 130a Abs. 1 SGB V. Schon die Gesetzesbegründung des BSSichG rechtfertigt die Abschlagshöhe von sechs Prozent damit, sie sei im Vergleich zu den Belastungswirkungen der Festbetrags- und der aut-idem-Regelung1144 angemessen, und stellt den Herstellerab1141

Siehe zur Preisbildung nach der AMPreisV oben § 3 B. Siehe oben § 16 D VII 3 a). 1143 So die Formulierung des Gesetzgebers anläßlich der Einführung der Festbetragsregelung, vgl. die Begründung des Fraktionsentwurfs zum Gesundheits-Reformgesetz 1989, BT-Drs. 11/2237, S. 147. 1144 Zur aut-idem-Regelung gem. § 129 Abs. 1 SGB V siehe oben § 3 B. 1142

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schlag damit in eine funktionelle Beziehung zur Festbetragsregelung.1145 Der erhöhte Abschlagssatz von 16 Prozent, der im Jahr 2004 galt, sollte die Einsparpotentiale verwirklichen, die wegen der Umstellung der Festbetragsregelung durch das GMG in diesem Jahr durch Festbeträge nicht realisiert werden konnten;1146 dem Herstellerrabatt kam insofern neben der Festbetragsregelung eine Ergänzungs- und Übergangsfunktion zu. Vor allem jedoch zeigt sich der Charakter des Herstellerabschlags gem. § 130a Abs. 1 SGB V als Ergänzungsinstrument zur Festbetragsregelung im Anwendungsbereich des Abschlags, von dem gem. § 130a Abs. 3 SGB V alle Arzneimittel ausgenommen sind, für die ein Festbetrag festgesetzt ist.1147 Aufgrund des – hier vorerst nur angedeuteten – Zusammenhangs zwischen dem Ziel der Wettbewerbsförderung, den Arzneimittelfestbeträgen und der Regelung des § 130a Abs. 1 SGB V sollen zunächst die Hintergründe des geringen Preiswettbewerbs auf dem GKV-Arzneimittelmarkt beleuchtet werden. Vor diesem Hintergrund werden sodann Funktion und Wirkungsweise von Festbeträgen näher beschrieben. Dadurch wird es möglich, die funktionelle Ausrichtung von Festbeträgen auf die Wettbewerbsförderung in einen Kontrast zur gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung des Herstellerabschlags aus dem Befund defizitären Wettbewerbs und überhöhter Herstellerabgabepreise zu setzen. Auf dieser Grundlage wird sich beantworten lassen, ob die finanzielle Sonderbelastung der Arzneimittelhersteller aus dem Gedanken der Verursachung überproportionaler Ausgabenzuwächse der GKV durch eine überhöhte Preisgestaltung zu rechtfertigen ist. (1) Arzneimittelfestbeträge als zentrales Instrument zur Beseitigung von Wettbewerbsdefiziten auf dem GKV-Arzneimittelmarkt Der Arzneimittelmarkt der GKV weist gegenüber anderen Verbrauchsgütermärkten zwei wesentliche Besonderheiten auf. Erstens ist das System der GKV nach seiner Interessen- und Lastenverteilung prinzipiell nicht dazu geeignet, bei den Versicherten sowie den Arzneimittel verordnenden Ärzten Ausgabenbewußtsein zu wecken. Diese Besonderheit ergibt sich aus dem Auseinanderfallen von Nachfrageentscheidung, die durch den behandelnden Arzt mit dem Patienten getroffen wird,1148 und Kostentragung durch die Krankenkasse. Arzt und Patient können grundsätzlich allein nach der therapeutischen Notwendigkeit ei1145 Begründung des Entwurfs der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BT-Drs. 15/ 28, S. 16. 1146 Begründung des Fraktionsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 75, 123. 1147 Ein solches Exklusivitätsverhältnis besteht zwischen dem Anwendungsbereich der Festbetragsregelung und demjenigen des Preisabschlages gem. § 130a Abs. 3b SGB V nicht, vgl. auch die Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum AVWG, BT-Drs. 16/194, S. 10 f.

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nes Arzneimittels entscheiden und werden von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, da sich für sie hieran kaum wirtschaftliche Konsequenzen knüpfen. Die Krankenkasse als Vertreterin der wirtschaftlichen Interessen ist an der Nachfrageentscheidung grundsätzlich nicht beteiligt. Zweitens ist – als Folge des gerade beschriebenen Zusammenhangs – die Nachfrage nach einem Arzneimittel kaum von dessen Erschwinglichkeit für den Verbraucher, also den Patienten, abhängig.1149 Sofern das Präparat erstattungsfähig ist und der behandelnde Arzt sich zu dessen Verordnung entscheidet, werden die Kosten grundsätzlich durch die Krankenkasse getragen. Da die Versichertengemeinschaft – unter Hinzunahme staatlicher Zuschüsse – für die Kosten der Arzneimittelversorgung aufkommt, ergibt sich für die pharmazeutische Industrie nicht die Notwendigkeit, auf Nachfrageschwankungen, wie auf anderen Märkten üblich, durch eine flexible Preisgestaltung zu reagieren. Da ein unter ökonomischen Gesichtspunkten intakter Nachfragemechanismus auf dem GKVArzneimittelmarkt nicht existiert, können Strukturen unzureichenden Wettbewerbs sich auf diesem Markt halten. Von vornherein waren die Anstrengungen des Reformgesetzgebers im Bereich der Arzneimittelversorgung daher darauf gerichtet, dem Interesse an einer wirtschaftlichen Versorgung bei der Nachfrageentscheidung von Patient und verordnendem Arzt Gehör zu verschaffen und auf diese Weise auch der pharmazeutischen Industrie Wettbewerbsanreize zu vermitteln. Bei der Schaffung von Preisbewußtsein auf Seiten der Versicherten kommt unter der derzeitigen Gesetzeslage der prozentualen Zuzahlungspflicht gem. § 61 S. 1 SGB V besondere Bedeutung zu. Auch der behandelnde Arzt wird zur Sicherung einer wirtschaftlichen Arzneimittelversorgung vermehrt zum Adressaten gesetzlicher Verhaltenspflichten. Er hat sich beispielsweise gem. § 84 Abs. 6 S. 3 SGB V bei der Verordnung von Arznei- und Verbandmitteln von den zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den Verbänden der Krankenkassen vereinbarten Richtgrößen leiten zu lassen, wobei eine Überschreitung des Richtgrößenvolumens eine Wirtschaftlichkeitsprüfung gem. § 106 Abs. 5a SGB V auslöst. Will der behandelnde Arzt eine getroffene Arzneimittelwahl gegen eine aut-idem-Substitution des Apothekers nach § 129 Abs. 1 SGB V – auch diese Ermächtigung des Gesetzgebers an den Apotheker ist Ausdruck einer Beschränkung der Therapiefreiheit des Arztes zum Zwecke größerer Wirtschaftlichkeit – absichern, so muß er diese auf dem Rezeptblatt ausschließen. Das zentrale Instrument des Gesetzgebers zur Förderung von Preiswettbewerb auf dem GKV-Arzneimittelmarkt bildet jedoch seit seiner Einführung durch das 1148 Zu dieser „Fremdbestimmtheit“ der Nachfrage H. Adam/K.-D. Henke, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 4 Rn. 7. 1149 Zur geringen Nachfragereagibilität auf dem Arzneimittelmarkt der GKV auch G. Glaeske u. a., Stärkung des Wettbewerbs in der Arzneimittelversorgung, 2003, S. 67.

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Gesundheits-Reformgesetz 1989 die Festsetzung von Arzneimittelfestbeträgen. Entsprechend den beiden beschriebenen Besonderheiten des GKV-Arzneimittelmarktes verfolgt die Festsetzung von Festbeträgen eine doppelte Zielsetzung. Sie soll zum einen die Aufmerksamkeit sowohl des behandelnden Arztes als auch des Patienten auf Einsparpotentiale lenken, die in Form von Preisunterschieden zwischen verschiedenen Präparaten mit demselben Wirkstoff, mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen oder mit therapeutisch vergleichbarer Wirkung bestehen, vgl. § 35 Abs. 1 S. 2 SGB V. Auf diese Weise bezweckt die Regelung, auf Seiten des Patienten und des verordnenden Arztes Ausgabenbewußtsein zu schaffen.1150 Zum anderen sind Festbeträge darauf gerichtet, einen wirksamen Preiswettbewerb unter den Arzneimittelherstellern zu entfachen.1151 Zum Verständnis dieser Zielsetzung ist die Funktionsweise von Festbeträgen nochmals1152 zu vergegenwärtigen. Durch § 35 Abs. 1 SGB V wird der Gemeinsame Bundesausschuß dazu ermächtigt, Gruppen von Arzneimitteln zu bilden, die denselben Wirkstoff oder pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe enthalten oder eine therapeutisch vergleichbare Wirkung aufweisen. Ist eine solche Gruppe gebildet worden, so setzen die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich den jeweiligen Festbetrag für diese Gruppe fest, § 35 Abs. 3 S. 1 SGB V. Dieser Festbetrag ist keine hoheitliche Preisfestsetzung, sondern bedeutet, daß die Krankenkasse die Kosten des Arzneimittels nur bis zur Höhe dieses Betrages trägt, § 31 Abs. 2 SGB V;1153 wünscht der Patient, ein Arzneimittel zu erhalten, dessen Preis den Festbetrag überschreitet, so muß er die Differenz hinzuzahlen. Die Spitzenverbände der Krankenkassen sind durch § 35 Abs. 5 S. 2 SGB V gehalten, die Höhe eines Festbetrages so zu wählen, daß dieser – neben anderen Zielen – Wirtschaftlichkeitsreserven ausschöpft und vor allem einen wirksamen Preiswettbewerb unter den Präparaten der Gruppe auslöst.1154 Bei der Festlegung der Höhe haben sich die Spitzenverbände daher an möglichst günstigen Versorgungsmöglichkeiten, die in der Gruppe vertreten sind, auszurichten. Bei allen drei Typen von Festbetragsgruppen geht die Intention des Gesetzgebers dahin, daß sich als Folge der Festbetragsregelung die Preise der teu1150 Vgl. die Begründung des Fraktionsentwurfs zum Gesundheits-Reformgesetz 1989, BT-Drs. 11/2237, S. 148 (Bezweckt sei die Schaffung einer „preisorientierten Nachfrage“.); ähnlich der Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Fraktionsentwurf des GRG, BT-Drs. 11/3480, S. 25. 1151 Zu diesem Normzweck der Festbetragsregelung R. Hess, in: Kasseler Kommentar, § 35 SGB V Rn. 2; E. Hauck, in: HdbKV, Teil II, SGB V, § 35 Rn. 26. 1152 Siehe oben § 3 B. 1153 Vgl. auch § 12 Abs. 2 SGB V: Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag. – Zur Systemkonzeption der Festbetragsregelung E. Hauck, in: HdbKV, Teil II, SGB V, § 35 Rn. 27. 1154 Eingehend zu den Kriterien der Festbetragsfestsetzung R. Hess, in: Kasseler Kommentar, § 35 SGB V Rn. 13.

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reren Präparate auf das Preisniveau der Präparate im unteren und mittleren Bereich der Gruppe absenken. Besonders deutlich wird dies in der Anordnung gem. § 35 Abs. 5 S. 4 SGB V, wonach der Festbetrag für die Arzneimittel in einer bestimmten Festbetragsgruppe „den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten Preis und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen“ soll.1155 Ob der Herstellerabgabepreis eines Arzneimittels abgesenkt wird, bleibt der Entscheidung des Herstellers vorbehalten. Dieser wird sich aber in der Regel dazu gezwungen sehen, den Herstellerabgabepreis soweit zu senken, daß der Apothekenabgabepreis auf dem Niveau des Festbetrages oder darunter liegt. Der Preissenkungsdruck, den der Gesetzgeber durch Festbeträge auf die pharmazeutische Industrie ausübt, resultiert aus der mangelnden Zuzahlungsbereitschaft der Versicherten. Wie die Erfahrungen mit der Festbetragsregelung zeigen, sind diese nur in seltenen Fällen bereit, eine Differenz zwischen dem nach § 31 Abs. 2 SGB V erstattungsfähigen Festbetrag und einem höheren Apothekenabgabepreis eines Arzneimittels zu tragen. Damit diese Präferenz des Patienten sich bereits auf die Wahl des verordneten Arzneimittels durch den behandelnden Arzt auswirken kann, ist der Kassenarzt gem. § 73 Abs. 5 S. 3 SGB V verpflichtet, den Versicherten auf die Mehrkostentragungspflicht hinzuweisen, die sich für diesen aus der Verordnung eines preislich über dem Festbetrag positionierten Arzneimittels ergibt. Die geschilderte Interessenlage führt dazu, daß in der Regel nur solche festbetragsgeregelten Arzneimittel auf dem GKV-Arzneimittelmarkt nachgefragt werden, die nicht über dem Niveau des Festbetrages liegen. Will ein Hersteller es nicht riskieren, mit einem bestimmten Präparat aus dem Markt gedrängt zu werden, so wird er trotz der wirtschaftlichen Nachteile einer – mitunter erheblichen – Preissenkung dafür sorgen, daß der Apothekenabgabepreis seines Präparates den Festbetrag nicht übersteigt. Üblicherweise vollziehen sich die Anpassungsreaktionen der Hersteller binnen kurzem, oftmals innerhalb weniger Tage nach Festsetzung bzw. Anpassung eines Festbetrages. Nach Ende dieser Reaktionszeit wirkt der Festbetrag als faktische „Obergrenze für den Kaufpreises.“1156 Die Festsetzung von Festbeträgen wird als systemkonformes Instrument zur Kostensenkung in der GKV angesehen.1157 Der Hersteller wird nicht durch Rechtsbefehl dazu gezwungen, den Herstellerabgabepreis in einer bestimmten Höhe festzulegen oder ihn in einem bestimmten Umfang zu 1155 Dies gilt ab 1. 4. 2006 nicht nur für Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe gem. § 35 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB V, sondern auch für solche nach den Nummern 2 und 3, vgl. Art. 1 Nr. 2 lit. d des Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung vom 26. 4. 2006 (BGBl. I S. 984 (985)). 1156 Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Das Gesundheitswesen im vereinten Deutschland, Jahresgutachten 1991, Nr. 136. 1157 Vgl. G. Glaeske u. a., Stärkung des Wettbewerbs in der Arzneimittelversorgung, 2003, S. 59; H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V, 2003, S. 16.

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senken. Seine rechtliche Preisbildungsfreiheit bleibt gewahrt. Es werden lediglich die ökonomischen Steuerungsdefizite, die sich aus der Trennung von Nachfrageentscheidung und Kostenübernahme ergeben und die für den GKV-Arzneimittelmarkt kennzeichnend sind, korrigiert. Allerdings ist auch der beschriebene Preissenkungsdruck auf die Arzneimittelhersteller nicht Ausdruck eines „echten“ Wettbewerbs, wie er sich als Ergebnis ungehinderter Entfaltung funktionierender Marktmechanismen einstellen könnte. Auch die Festsetzung von Festbeträgen bildet letztlich eine Regulierungsmaßnahme und wird deshalb nur als Instrument zur Förderung einer „marktanalogen“ Preisentwicklung bezeichnet.1158 Bemerkenswert – und für die gleichheitsrechtliche Beurteilung des Herstellerabschlags von Bedeutung – ist es, daß es dem Gesetzgeber gelungen ist, in den gesetzlichen Vorgaben für die Festsetzung eines Festbetrages in einer bestimmten Höhe Maßstäbe dafür zu entwickeln, wann der Preis eines Arzneimittels aus seiner Sicht „überhöht“ ist und sich nur infolge defizitärer Wettbewerbsverhältnisse zu halten vermag. Die Grundlage für die Festsetzung eines Festbetrages bildet ein Vergleich der Preise aller Arzneimittel innerhalb der Gruppe.1159 Zwar stellt der Gesetzgeber nicht in Abrede, daß die Preisunterschiede innerhalb der Gruppe auch auf Qualitätsunterschiede zurückgehen können und insofern ihre Berechtigung haben. Dies wird darin deutlich, daß der Gesetzgeber die Spitzenverbände der Krankenkassen in § 35 Abs. 5 S. 1 SGB V dazu verpflichtet, Festbeträge so festzusetzen, daß sie „im allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten.“ Grundsätzlich jedoch enthalten erhebliche Preisunterschiede zwischen Arzneimitteln derselben Gruppe für den Gesetzgeber die Vermutung, die Preise der teureren und teuersten Präparate einer Gruppe seien überhöht und die Hersteller dieser Arzneimittel vertrauten auf den unzureichenden Wettbewerb des GKV-Arzneimittelmarktes. Erst durch einen Preisvergleich innerhalb einer Gruppe von Arzneimitteln desselben Wirkstoffes, pharmakologisch-therapeutisch vergleichbarer Wirkstoffe oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung kann die Annahme des Gesetzgebers, der Preis eines bestimmten Arzneimittels sei ungerechtfertigt hoch und belaste das Arzneimittelbudget der GKV daher unnötig, erhärtet werden. Auch kommt zur Bestätigung der Annahme überhöhter Herstellerabgabepreise kaum eine andere Vorgehensweise als der gruppenbezogene Preisvergleich in Betracht. Zwar ließe sich daran denken, aus den Kosten eines Unternehmens für die Forschung und Entwicklung sowie für die Herstellung eines Präparates die auf dieses Präparat entfallende Gewinnspanne des Herstellers zu 1158 G. Glaeske u. a., Stärkung des Wettbewerbs in der Arzneimittelversorgung, 2003, S. 15. 1159 Zu einer Mehrzahl konkurrierender Angebote als Grundvoraussetzung der Festsetzung von Festbeträgen auch B. Schulin, Patentschutz und Festbeträge für Arzneimittel, 1993, S. 17.

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bestimmen. Diese Gewinnspanne wiederum könnte als Maßstab dienen, um zu beurteilen, ob das jeweilige Arzneimittel in einem ungerechtfertigten Ausmaß zu den Arzneimittelausgaben der GKV beiträgt. Doch spricht neben den erheblichen Grundrechtseingriffen, die sich für die betroffenen Unternehmen aus den notwendigerweise weitreichenden Offenlegungspflichten ergäben, insbesondere der immense Verwaltungsaufwand gegen ein solches Vorgehen. Es böte zudem gegenüber einem Preisvergleich keine Vorzüge. Auf diese Weise wird verständlich, daß nahezu alle EU-Mitgliedstaaten, die ein Referenzpreissystem wie die Festbetragsregelung nach § 35 SGB V eingeführt haben, zur Festsetzung der Referenzpreise entweder das Verfahren eines gruppeninternen Preisvergleichs – wie soeben beschrieben – oder einen Vergleich mit dem Markteinführungspreis des jeweiligen Arzneimittels in bestimmten EU-Mitgliedstaaten einsetzen.1160 (2) Fehlender Nachweis überhöhter Herstellerabgabepreise im Geltungsbereich des Herstellerabschlags gem. § 130a Abs. 1 SGB V Die Festsetzung von Festbeträgen gem. § 35 SGB V sowie die Regelung des Herstellerabschlags auf Arzneimittel gem. § 130a Abs. 1 SGB V verfolgen dasselbe Ziel. Beide Instrumente dienen dazu, die Arzneimittelausgaben der GKV zu senken, indem die finanziellen Belastungen der Krankenkassen aus der Erstattung von Arzneimitteln, deren Preise aus Sicht des Gesetzgebers infolge eines defizitären Wettbewerbs überhöht sind, gemindert werden. Während Festbeträge bei den Wettbewerbsdefiziten selbst ansetzen, indem sie eine „marktanaloge“ Nachfrage der Krankenkassen herstellen, verringert der Herstellerabschlag lediglich die Auswirkungen unzureichenden Preiswettbewerbs auf die Haushalte der Krankenkassen, indem er – bei wirtschaftlicher Betrachtung – den Herstellerabgabepreis des Arzneimittels herabsetzt. Der unterschiedlichen Wirkungsweise entsprechen getrennte Geltungsbereiche beider Regelungen. Gemäß § 130a Abs. 3 SGB V findet der Herstellerabschlag keine Anwendung auf Arzneimittel, für die ein Festbetrag festgesetzt ist. Die Funktion des Herstellerabschlags geht somit dahin, die Ausgaben der GKV gerade bei solchen Arzneimitteln zu senken, für welche die Festsetzung eines Festbetrages nicht in Betracht kommt. Der Abschlag hat die Funktion, die Festbetragsregelung in Bereichen, in denen diese bislang nicht zur Anwendung gekommen ist oder dauerhaft nicht zum Einsatz gelangen kann, zu ergänzen. Auch seine Entstehung verdankt der Herstellerabschlag der Festbetragsregelung. Betrachtet man die Entwicklung der Festbetragsregelung einerseits sowie 1160 G. Glaeske u. a., Stärkung des Wettbewerbs in der Arzneimittelversorgung, 2003, S. 67, 72 f.; vgl. zudem Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen (Hrsg.), Arzneimittelausgaben: Strategien zur Kostendämpfung in der Europäischen Union, 2001, S. 389 ff.

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des Herstellerabschlags andererseits, so zeigt sich, daß erst die zurückgehenden Einsparungserfolge der Arzneimittelfestbeträge während der Jahre seit 1996 gleichsam den Boden für die Einführung der Rabattregelung des § 130a SGB V zum 1. Januar 2003 bereitet haben. Bemerkenswert ist bereits die späte Einführung eines Preisabschlags zu Lasten der Hersteller. Da eine gesetzliche Abschlagspflicht auf Arzneimittelpreise zur Senkung der GKV-Arzneimittelausgaben grundsätzlich die naheliegendste, wenngleich ordnungspolitisch fragwürdige Lösung darstellt, kann es erstaunen, daß erst zum 1. Januar 2003 ein Preisabschlag angeordnet wurde, der ohne Befristung galt.1161 Zwar sah sich die pharmazeutische Industrie schon seit den achtziger Jahren wiederholt Forderungen nach Leistung sog. „Solidarbeiträge“ in Form von einmaligen Zahlungen hoher Beträge zugunsten der gesetzlichen Krankenversicherungsträger gegenüber.1162 Preisabschlägen wurde sie jedoch nur vereinzelt – unter den Anlässen befanden sich zudem besondere Ereignisse wie die deutsche Wiedervereinigung – und stets zeitlich eng begrenzt unterworfen.1163 Diese besondere Zurückhaltung des Gesetzgebers bei dem Einsatz von Preisabschlägen zu Lasten der Hersteller dürfte neben den ordnungspolitischen Nachteilen direkter staatlicher Preisintervention maßgeblich darauf zurückzuführen sein, daß bereits durch das Gesundheits-Reformgesetz 1989 mit der Festbetragsregelung und der ähnlich wirkenden, praktisch etwas weniger bedeutsamen aut-idem-Regelung zwei Kostendämpfungsmaßnahmen zu Lasten der Hersteller eingeführt worden waren, von denen sich gerade die erstere in den Anfangsjahren ihrer Anwendung als außerordentlich erfolgreich1164 erwies. Eine Möglichkeit für die pharmazeutischen Unternehmen, dem Preissenkungsdruck der Festbetragsregelung zu entgehen, bestand darin, in den Markt für patentgeschützte Arzneimittel auszuweichen, soweit dieser nicht oder nur unter erhöhten Voraussetzungen der Festsetzung von Festbeträgen zugänglich

1161 Lediglich das Preismoratorium, welches ebenfalls durch das BSSichG in § 130a Abs. 2 SGB V eingeführt wurde, war auf zwei Jahre begrenzt, vgl. Art. 1 BSSichG vom 21. 12. 2002 (BGBl. I S. 4637). 1162 Bereits im Vorfeld der Gesundheitsreform 1989 war eine solche Forderung erhoben, angesichts der Einführung der Festbetragsregelung dann jedoch fallen gelassen worden, vgl. den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Fraktionsentwurf des Gesundheits-Reformgesetzes, BT-Drs. 11/3480, S. 25. – Zur Abwendung eines auf zwei Jahre befristeten Herstellerabschlags erklärten sich die forschenden Arzneimittelhersteller im Winter 2001/2002 zu einer Einmalzahlung von 400 Mio. DM bereit, dazu Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Fraktionsentwurf des AABG, BT-Drs. 14/7827, S. 2, 9. 1163 Siehe hierzu bereits oben § 3 C. 1164 Die Leistungsfähigkeit der Festbetragsregelung zeigte sich bald darin, daß innerhalb von zwei Jahren nach ihrem Inkrafttreten die Preise sämtlicher nach § 35 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB V festbetragsfähiger Arzneimittel unter den Festbetrag gesenkt wurden, hierzu M. Litsch/H. Reichelt/G. W. Selke, Auswirkungen der ArzneimittelFestbeträge, 1990, S. 11.

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war. Die Ursprungsfassung des § 35 Abs. 1 S. 3 SGB V stellte Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise neuartig war und die eine therapeutische Verbesserung bedeuteten, generell von der Festbetragsregelung frei.1165 Entsprechend konnte in den ersten Jahren nach Einführung der Festbeträge eine verstärkte Aktivität der Arzneimittelhersteller im Bereich dieser sog. innovativen patentgeschützten Arzneimittel beobachtet werden.1166 Durch die 7. SGB V-Novelle 1996 nahm der Gesetzgeber sodann sämtliche patentgeschützten Arzneimittel, die nach dem 31. Dezember 1995 zugelassen wurden, von der Festbetragsregelung aus,1167 um auf diese Weise Deutschland als Forschungsstandort der Pharmaindustrie zu stärken.1168 Als Folge stand den Arzneimittelherstellern künftig der gesamte Markt neu zugelassener patentgeschützter Arzneimittel zur Verfügung, um den Belastungen der Festbetragsregelung zu entgehen. Die Kehrseite dieser Entwicklung bildete eine erhebliche Schwächung der Festbetragsregelung als dem grundsätzlich leistungsfähigsten Kostenbegrenzungsinstrument im Bereich der Arzneimittelversorgung. Vor diesem Hintergrund wurden Maßnahmen, die den Steuerungsverlust im Bereich der Festbetragsregelung ausgleichen konnten, für den Gesetzgeber in der GKV zum beherrschenden Thema. Zu diesen Maßnahmen zählt insbesondere der zum 1. Januar 2003 eingeführte Herstellerabschlag gem. 130a SGB V. Die Gesetzesbegründung des BSSichG gibt deutlich zu erkennen, daß der Herstellerabschlag als Übergangsinstrument konzipiert war, mit dem die Arzneimittelausgaben der GKV solange begrenzt werden konnten, bis die im Bereich der Festbetragsregelung verlorenen Einsparpotentiale dort wiedergewonnen sein würden.1169 So gibt die Begründung als Zweck des BSSichG die Schaffung von finanziellem Spielraum für notwendige strukturelle Reformmaßnahmen an und zählt unter diesen an erster Stelle die Liberalisierung des Arzneimittelmarktes auf.1170 Damit bezieht sich der Gesetzgeber auf die Installation „marktnaher“ 1165 Vgl. Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20. 12. 1988 (BGBl. I S. 2477 (2491)). 1166 Dazu Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. (Hrsg.), Pharma-Daten 1991, S. 48 (Die Schätzung der Forschungskosten für das Jahr 1991 zeige, daß die Mehrheit der forschenden Arzneimittelhersteller dem Druck auf die Arzneimittelpreise durch die Festbetragsregelung eine Intensivierung der Forschungsaktivitäten entgegengesetzt hätten, da Gewinne über den Arzneimittelpreis in Zukunft nur noch außerhalb des Festbetragsmarktes möglich sein würden.). 1167 Vgl. Art. 1 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom 28. 10. 1996 (BGBl. I S. 1558); kritisch zu dieser Maßnahme R. Hess, in: Kasseler Kommentar, § 35 SGB V Rn. 12. 1168 Vgl. Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, BT-Drs. 13/3217, S. 3; hierzu auch Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und F.D.P., BT-Drs. 13/4407, S. 4 f. 1169 Zum Charakter des Herstellerabschlags als Übergangsinstrument auch U. Becker, NZS 2003, S. 561 (567); H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V, 2003, S. 9 f., 25 ff.

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Preisbildungsmechanismen durch eine Wiederbelebung der Festbetragsregelung, die ihm schon bei Erlaß des BSSichG als umfassendere Reformmaßnahme des darauffolgenden Jahres vor Augen schwebte.1171 Durch das GKV-Modernisierungsgesetz 2004 machte der Gesetzgeber schließlich auch patentgeschützte Arzneimittel wieder der Festbetragsregelung zugänglich, sofern es sich bei ihnen nicht um pharmakologisch-therapeutische Innovationen handelt, vgl. § 35 Abs. 1 S. 3 und 4, Abs. 1a SGB V.1172 Damit verwirklichte der Gesetzgeber seine Absicht, die Ausweichbewegung der pharmazeutischen Industrie in den Markt patentgeschützter Arzneimittel zu beenden und die seit 1996 verlorenen Einsparpotentiale wieder zu erschließen. An sich war durch die Revitalisierung der Festbetragsregelung die Funktion des Herstellerabschlags als Übergangsinstrument entfallen. Der Gesetzgeber behielt das Kostendämpfungswerkzeug gleichwohl bei, ohne sich zu einer veränderten Funktion der Regelung zu äußern. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich immerhin, daß er § 130a Abs. 1 SGB V nach wie vor eine Ergänzungsfunktion zur Festbetragsregelung zumißt, den Herstellerabschlag also gleichsam als Hilfsinstrument betrachtet. Deutlich wird dies etwa darin, daß der Abschlagssatz des Herstellerrabatts für das Jahr 2004 auf 16 Prozent erhöht und damit in den Dienst der erweiterten Festbetragsregelung gestellt wurde. Die Gesetzesbegründung erklärt hierzu, der Herstellerabschlag erfasse auf diese Weise das zusätzliche Einsparungsvolumen, das infolge der Umstellung der Festbetragsregelung und der hierzu benötigten Umsetzungszeit im Jahr 2004 nicht durch Festbeträge realisiert werden könne.1173 Wiederum wird § 130a SGB V somit als flankierendes und subsidiäres Instrument zu § 35 SGB V eingesetzt. Aus der Ergänzungsfunktion des Herstellerabschlags gegenüber der Festbetragsregelung folgt jedoch ein wesentlicher Unterschied beider Instrumente, der daran zweifeln läßt, ob der Preisabschlag aus dem Gedanken der Verursachung überproportionaler Ausgabenzuwächse für die GKV vor dem Prinzip der Lastengleichheit gerechtfertigt werden kann. Wie gesehen werden konnte, greifen Festbeträge unmittelbar an Strukturen eingeschränkten Preiswettbewerbs in bestimmten Arzneimittelgruppen an und bewirken, daß sich erhebliche Preisunterschiede unter wirkstoffidentischen oder funktionsäquivalenten Arzneimitteln nicht zu Lasten der GKV auswirken. In der Beobachtung solcher Preisunterschiede, die gem. § 35 Abs. 5 SGB V die Grundlage für die Festsetzung eines 1170

Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BT-Drs. 15/28,

S. 11. 1171 Erkennbar wird dies in Sachverständigengutachten, die dem BMGS in der Zeit des Inkrafttretens des BSSichG vorgelegt wurden, insbesondere durch G. Glaeske u. a., Stärkung des Wettbewerbs in der Arzneimittelversorgung, 2003. 1172 Eingehend zur Wiederausweitung des Geltungsbereichs der Festbetragsregelung die Begründung des Fraktionsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 87. 1173 Begründung des Fraktionsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 75, 123.

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Festbetrages bildet, erhärtet sich die Annahme des Gesetzgebers, für viele zu Lasten der GKV abgegebene Arzneimittel seien überhöhte Herstellerabgabepreise festgesetzt. Eine solche Grundlage in den tatsächlichen Marktverhältnissen findet die Annahme überhöhter Preise für das Instrument des Herstellerabschlags gem. § 130a Abs. 1 SGB V, dem der Gesetzgeber dieselbe Einschätzung als gleichheitsrechtliche Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung zugrunde gelegt hat, nicht. Im Gegensatz zur Festbetragsregelung entbehrt die Rechtfertigung des Herstellerabschlags jeder Anbindung an einen Preisvergleich und damit an die tatsächlichen Marktverhältnisse im Bereich der Arzneimittel, die durch die Regelung belastet werden. Möglicherweise geht der Gesetzgeber davon aus, überhöhte Preisstrukturen seien für den Geltungsbereich der Abschlagsregelung schon deshalb belegt, weil im Rahmen der Anwendung der Festbetragsregelung vielfach der Nachweis überhöhter Preise und defizitären Wettbewerbs gelinge. In diese Richtung weist die Erklärung des Gesetzgebers in der Entwurfsbegründung des BSSichG, die Höhe des Abschlags von sechs Prozent sei im Vergleich zu den Auswirkungen der Festbetrags- und der aut-idem-Regelung angemessen, da diese in den von ihnen erfaßten Marktsegmenten erfahrungsgemäß zu vergleichbaren Einsparungen für die GKV führten.1174 Doch spricht nichts für die Annahme, eine überhöhte Preisgestaltung sei in allen Bereichen des Arzneimittelmarktes mit gleicher Wahrscheinlichkeit und gleicher Intensität anzutreffen. Entschließt sich der Gesetzgeber dazu, auch in den Bereichen des Arzneimittelmarktes, in denen die Festbetragsregelung mit ihrem objektiv-preisvergleichenden Ansatz nicht zur Anwendung kommen kann, die Gefahr überproportionaler Ausgabenzuwächse einzudämmen, so obliegt es ihm, die Vermutung überhöhter Arzneimittelpreise auch in diesen Bereichen auf Tatsachen zu gründen. Gelingt ihm dies nicht, so scheitert auch die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung der Arzneimittelhersteller aus dem Gedanken der Verursachung überbordender Ausgabenzuwächse. Aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses, in dem die Finanzierung von Gemeinwohlaufgaben durch die Allgemeinheit – im Wege gleichmäßiger Besteuerung – zur finanziellen Sonderbelastung einzelner Gruppen steht,1175 trägt der Gesetzgeber die Last der Rechtfertigung der besonderen finanziellen Inanspruchnahme vor dem Prinzip der Belastungsgleichheit.1176 Kann der Gesetzgeber nicht legitime Belastungsgründe anführen, die im Falle der sonderbelasteten Gruppe erfüllt sind, ist die Sonderlast gleichheitswidrig. Dieser Rechtfertigungslast entspricht notwendig auch eine Darle1174 Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BT-Drs. 15/28, S. 16; zur Deutung dieser Passage der Gesetzesbegründung auch H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V, 2003, S. 14. 1175 Siehe hierzu eingehend oben § 16 B II. 1176 Hierzu J. Isensee, Nichtsteuerliche Abgaben, in: K.-H. Hansmeyer (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, 1983, S. 435 (442 f.).

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gungslast des Gesetzgebers, die ihn dazu verpflichtet, die Einschlägigkeit des gewählten Belastungsgrundes durch Tatsachen zu erhärten. Bleibt der Gesetzgeber den Nachweis dafür schuldig, daß auch die Preise derjenigen Arzneimittel, die durch den Herstellerabschlag gem. § 130a Abs. 1 SGB V erfaßt werden, infolge unzureichenden Wettbewerbs ungerechtfertigt hoch festgesetzt worden sind, so kann dieser Annahme mangels Fundierung kein legitimierender Gehalt vor Art. 3 Abs. 1 GG zugemessen werden. Seiner Pflicht, die Annahme überhöhter Preisstrukturen als Ursache überproportionaler Ausgabenzuwächse in der GKV auf Tatsachen zu gründen, ist der Gesetzgeber für die Arzneimittel, die durch den Herstellerabschlag erfaßt werden, nicht nachgekommen. Anders als im Anwendungsbereich der Festbetragsregelung ist im Geltungsbereich des Herstellerabschlags gem. § 130a Abs. 1 SGB V der Befund überhöhter Herstellerabgabepreise nicht über das Maß einer bloßen gesetzgeberischen Hypothese hinaus fundiert. Wie bereits ausgeführt, ist es dem Gesetzgeber gelungen, in den gesetzlichen Vorgaben für die Festsetzung eines Festbetrages in einer bestimmten Höhe, § 35 Abs. 5 S. 4 SGB V, Maßstäbe dafür zu formulieren, wann Arzneimittelpreise aus seiner Sicht eine Höhe erreichen, in der sie nicht zu Lasten der GKV-Arzneimittelbudgets wirken dürfen. Voraussetzung eines solchen Preisvergleichs ist stets, daß sich überhaupt mehrere wirkstoffidentische oder funktionsäquivalente Arzneimittel auf dem Markt befinden. Deutlich wird dies auch in der Regelung des § 35 Abs. 1a SGB V, in der der Gesetzgeber durch das GMG 2004 die Grundlage dafür geschaffen hat, daß auch für solche patentgeschützten Arzneimittel, die zwar „neuartig“ im Sinne des § 35 Abs. 1 S. 4 SGB V sind, jedoch keine therapeutische Verbesserung bedeuten, Festbeträge festgesetzt werden können.1177 Hiernach setzt die Bildung einer Festbetragsgruppe neuartiger patentgeschützter Arzneimittel voraus, daß mindestens drei Arzneimittel zu dieser zusammengefaßt werden können. Auch der Gesetzgeber geht also davon aus, daß sich bei weniger als drei funktionsäquivalenten Arzneimitteln auf dem Markt keine Aussagen darüber treffen lassen, ob die Preisbildung in diesem Bereich angemessen oder überhöht ist; unterhalb dieser Zahl ließe sich von einer Preisstruktur gar nicht sprechen. Im Gegensatz zu der marktanalysierenden Vorgehensweise der Festbetragsregelung steht der Herstellerabschlag gem. § 130a Abs. 1 SGB V, durch den alle verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel, für die ein Festbetrag nicht festgesetzt worden ist, pauschal mit einer sechsprozentigen Abschlagspflicht belegt werden. Im Vergleich mit der Festbetragsregelung ließe sich für den Herstellerabschlag von einer „heckenschnittartigen Vorgehensweise“1178 sprechen. Zwar verweist der Gesetzgeber auch für die gleichheitsrechtliche Legitimation des 1177 Zu Normzweck und Voraussetzungen dieser Regelung eingehend R. Hess, in: Kasseler Kommentar, § 35 SGB V Rn. 12.

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Herstellerabschlags – wie schon für die Festbetragsregelung – auf überhöhte Preisstrukturen in den erfaßten Marktsegmenten. Doch läßt gerade der Herstellerabschlag die tatsächlichen Marktverhältnisse in den Bereichen, auf die er Anwendung findet, gänzlich außer Betracht. Weder in der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung des Abschlags dem Grunde nach noch in der Bemessung des Abschlagssatzes geht der Gesetzgeber auf die Preisstrukturen ein, die in den erfaßten Marktbereichen anzutreffen sind – obwohl gerade in den überhöhten Preisen vieler Arzneimittel nach seiner Auffassung die Rechtfertigung für eine weitere Belastung der pharmazeutischen Industrie liegt. Der Herstellerabschlag wird als Kostendämpfungsinstrument zwar mit dem defizitären Preiswettbewerb und der daraus erwachsenden Gefahr überhöhter Arzneimittelpreise gerechtfertigt; er ist für eben diese Preisstrukturen jedoch „blind“. Da der Gesetzgeber anscheinend über das Preisniveau in den Marktsegmenten, die dem Herstellerabschlag unterfallen, keine Aussagen treffen kann, läßt sich auch die konkrete Bemessung des Abschlagssatzes in Höhe von sechs Prozent nicht aus dem Einsparpotential der erfaßten Marktsegmente herleiten. Dadurch ist der Gesetzgeber gezwungen, die Höhe des Abschlagssatzes gleichsam „aus dem Windschatten“ der Festbetragsregelung heraus zu rechtfertigen und erklärt dementsprechend, sie sei im Vergleich zu den Auswirkungen der Festbetrags- und der autidem-Regelung angemessen, da diese Instrumente in den von ihnen erfaßten Marktbereichen erfahrungsgemäß zu vergleichbaren Einsparungen für die GKV führten.1179 Die gleichheitsrechtliche Legitimation des Herstellerabschlags aus dem Verursachergedanken und die Ausgestaltung der Regelung, insbesondere der Zuschnitt des Geltungsbereichs sowie die Bemessung des Abschlagssatzes, stehen unverbunden nebeneinander. Aufgrund dieser Tatsache ist anzunehmen, daß die Rechtfertigung des Kostendämpfungsinstruments vor dem Grundsatz der Lastengleichheit bei dem Entwurf der Regelung nicht im Vordergrund gestanden hat. Dieser Schluß liegt um so näher, wenn man sich vergegenwärtigt, daß § 130a Abs. 1 SGB V bei seiner Einführung zum 1. Januar 2003 zwar nicht explizit befristet war, nach der Absicht des Gesetzgebers jedoch nur vorübergehend dazu dienen sollte, das im Bereich der patentgeschützten Arzneimittel durch die Festbetragsregelung verlorene Einsparpotential in Teilen auszugleichen und hierdurch den finanziellen Spielraum zur Vorbereitung einer neuen, erweiterten Festbetragsregelung zu gewinnen.

1178 So schon – allerdings zu einem unsachgemäßen Vollzug der Festbetragsregelung – A. Jensen/W. Schmeinck, BKK 1989, S. 104 (110); zur pauschalen Wirkungsweise des Herstellerabschlags im Vergleich zur Festbetragsregelung auch H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V, 2003, S. 18. 1179 Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BT-Drs. 15/28, S. 16.

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Die geschilderten Schwierigkeiten, überhöhte Preisstrukturen als Grundlage einer Verursacherverantwortlichkeit in den Marktverhältnissen des GKV-Arzneimittelmarktes nachzuweisen, lassen es zweifelhaft erscheinen, ob Kostensenkungsmaßnahmen, die neben der Festbetragsregelung zum Einsatz kommen, überhaupt aus diesem Gedanken gerechtfertigt werden können. Jedenfalls für „flächendeckend“ eingesetzte Instrumente wie den Herstellerabschlag gem. § 130a Abs. 1 SGB V, die nicht an einem konkreten Befund überhöhter Preisbildung im Falle eines bestimmten Arzneimittels oder einer Arzneimittelgruppe anknüpfen, läßt sich die Annahme überhöhter Preisstrukturen kaum auf eine Tatsachengrundlage stützen. Damit wird nicht bestritten, daß auch im Geltungsbereich des Herstellerabschlages möglicherweise Arzneimittel auf dem Markt angeboten werden, bei denen die gesetzgeberische Annahme überhöhter Herstellerabgabepreise zutrifft. Doch sind der Bildung von Arzneimittelgruppen und der Festsetzung entsprechender Festbeträge durch die tatsächlichen Marktverhältnisse Grenzen gesetzt. Dementsprechend zählen zu den Arzneimitteln, die durch den Herstellerabschlag erfaßt werden, auch Präparate, für welche die Festsetzung eines Festbetrages dauerhaft nicht in Betracht kommt. Für solche Arzneimittel bestehen die oben genannten Schwierigkeiten, die Annahme überhöhter Preisstrukturen als Voraussetzung der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung durch Tatsachen zu erhärten. Insbesondere in zwei Fällen scheidet die Bildung einer Festbetragsgruppe dauerhaft aus. Zum einen läßt § 35 Abs. 1 S. 3 2. Hs. SGB V die Festbetragsregelung sog. neuartiger patentgeschützter Arzneimittel grundsätzlich nicht zu. Darin kommt die gesetzgeberische Entscheidung zum Ausdruck, ein Unternehmen, dem durch erhebliche Forschungsanstrengungen die Entwicklung eines pharmakologisch-therapeutisch innovativen Wirkstoffes gelungen ist, bei der wirtschaftlichen Verwertung des Patents nicht durch Kostendämpfungsmaßnahmen zu beeinträchtigen. Der Gesetzgeber enthält sich in diesem Fall grundsätzlich einer Bewertung der Angemessenheit des Arzneimittelpreises. Folgerichtigerweise wäre dieser Gedanke auch bei der Anwendung des Herstellerabschlags zu beachten, so daß neuartige patentgeschützte Arzneimittel auch von dieser Regelung freigestellt sein müßten.1180 Die Erstreckung des Anwendungsbereichs des Herstellerabschlags gem. § 130a Abs. 1 SGB V auch auf diese Präparate ist plausibel nur damit zu erklären, daß in Deutschland im Gegensatz zu einer Vielzahl anderer europäischer Staaten keine Verhandlungen zwischen Vertretern des öffentlichen Gesundheitswesens und der pharmazeutischen Industrie über die Preise solcher innovativer patentgeschützter Arzneimittel stattfinden;1181 möglicherweise erblickt der Gesetzgeber in der Belastung auch solcher Präparate durch den Herstellerabschlag einen Ausgleich für den Verzicht auf 1180 Da nur patentfreie Arzneimittel der Abschlagsregelung gem. § 130a Abs. 3b SGB V unterfallen, werden insbesondere innovative patentgeschützte Präparate von diesem Preisabschlag – im Gegensatz zu § 130a Abs. 1 SGB V – nicht erfaßt.

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Preisverhandlungen. Den zweiten Fall, in dem die Bildung einer Festbetragsgruppe ausscheidet, bestimmt § 35 Abs. 1a SGB V: Zwar können unter erhöhten Voraussetzungen auch neuartige patentgeschützte Arzneimittel festbetragsgeregelt werden, doch muß es sich nicht nur bei sämtlichen gruppenfähigen Präparaten um patentgeschützte Arzneimittel handeln, die keine therapeutische Verbesserung bedeuten, sondern es müssen auch mindestens drei vergleichbare Arzneimittel auf dem Markt angeboten werden. Dies wiederum bestätigt das Ergebnis, daß ohne eine Betrachtung einer hinreichenden Anzahl vergleichbarer Angebote auch die Annahme eines defizitären Preiswettbewerbs nicht erhärtet werden kann. Es zeigt sich somit, daß gerade in den Bereichen des GKV-Arzneimittelmarktes, für die aufgrund der Marktverhältnisse und der Ausgestaltung der Festbetragsregelung die Festsetzung von Festbeträgen dauerhaft nicht in Betracht kommt, die also den Kernanwendungsbereich des Herstellerabschlags ausmachen, die Annahme defizitären Preiswettbewerbs und daraus resultierender überhöhter Preisstrukturen leerläuft. cc) Ergebnis: Keine besondere Kausalverantwortlichkeit der Arzneimittelhersteller Ein gesteigerter Kausalzusammenhang zwischen dem Preisbildungsverhalten der pharmazeutischen Unternehmen und den Ausgabenzuwächsen der GKV bei der Arzneimittelversorgung scheidet als Rechtfertigung des Herstellerabschlags vor dem Grundsatz der Lastengleichheit aus. Wie nachgewiesen werden konnte, ist für diejenigen Segmente des GKV-Arzneimittelmarktes, die durch den Abschlag gem. § 130a Abs. 1 SGB V erfaßt werden, die gesetzgeberische Annahme eines unzureichenden Preiswettbewerbs und – hierdurch begünstigt – überhöhter Arzneimittelpreise nicht belegt. Obwohl der Herstellerabschlag auf diese Rechtfertigung gestützt wird, ist er in seiner Funktionsweise für die tatsächlichen Marktverhältnisse gleichsam „blind“. Sowohl der Zuschnitt des Anwendungsbereichs der Abschlagsregelung als auch die Bemessung des Abschlagssatzes stehen in keiner Beziehung zu dem rechtfertigenden Gedanken des Ausgleichs unzureichender Wettbewerbsstrukturen. Die finanzielle Sonderbelastung der Arzneimittelhersteller ist daher vor dem Prinzip der Lastengleichheit nicht durch den Gedanken der Herbeiführung überproportionaler Ausgabenzuwächse für die GKV gerechtfertigt.

1181 Zu nationalen Preisverhandlungen auch für innovative patentgeschützte Arzneimittel G. Glaeske u. a., Stärkung des Wettbewerbs in der Arzneimittelversorgung, 2003, S. 67; ferner Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen (Hrsg.), Arzneimittelausgaben: Strategien zur Kostendämpfung in der Europäischen Union, 2001, S. 389 ff.

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Wie bereits zur Stromeinspeisungsregelung dargelegt, gilt auch für den Herstellerabschlag, daß der Gesetzgeber, dessen ursprüngliche Konzeption zur Rechtfertigung einer finanziellen Sonderlast fehlschlägt, der Regelung nicht nachträglich andere Legitimationserwägungen zugrunde legen kann, die bei deren Ausgestaltung nicht maßgebend gewesen sind. Trägt die gesetzgeberische Rechtfertigung, auf der die Inanspruchnahme aufbaut, nicht, so ist diese gleichheitswidrig. Zum Zwecke einer umfassenden Untersuchung der Legitimationsfähigkeit des Herstellerabschlags werden im folgenden weitere Rechtfertigungsansätze, auf die Rechtsprechung und Literatur abstellen, betrachtet. b) Ausgleich einer besonderen Begünstigung der Arzneimittelhersteller Verbreitet sind in der Diskussion um die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung von Arzneimittelrabatten auch Ansätze, die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der in Anspruch genommenen Gruppe aus dem Belastungsgrund des Ausgleichs einer besonderen Begünstigung herzuleiten. So hat das BVerfG sowohl für den Herstellerabschlag nach Art. 30 Abs. 1 Gesundheitsstrukturgesetz, durch den die Preise verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel während der Jahre 1993 und 1994 auf das am 1. Mai 1992 herrschende Preisniveau gesenkt wurden,1182 als auch für den Apothekenrabatt gem. § 130 SGB V eine besondere Rechtfertigung in dem Nutzen gesehen, der den Mitgliedern der sonderbelasteten Gruppen daraus erwachse, daß sie „in das System der gesetzlichen Krankenversicherung eingebunden“ seien.1183 Lediglich in der erstgenannten Entscheidung hat das Gericht näher zu erkennen gegeben, worin es den ausgleichsfähigen Sondervorteil erkennt, indem es ausgeführt hat, die Hersteller verordnungsfähiger Arzneimittel seien „auch zu ihrem Nutzen in das System der gesetzlichen Krankenversicherung eingebunden [. . .], das die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung finanzieren und in dem ein freier und transparenter Wettbewerb nur als eingeschränkt vorhanden gilt“.1184 Der Hinweis des BVerfG auf die Defizite des Preiswettbewerbs auf dem Arzneimittelmarkt der GKV zeigt jedoch, daß es sich bei dem Gesichtspunkt, den das Gericht als Ausdruck einer besonderen Begünstigung der Arzneimittelher1182 Vgl. Art. 30 Abs. 1 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. 12. 1992 (BGBl. I S. 2266). 1183 So für den Herstellerabschlag des Gesundheitsstrukturgesetzes BVerfG (Kammerentscheidung), NJW 2000, 1781 (1782); unter Bezugnahme auf diese Entscheidung, allerdings für den Apothekenrabatt gem. § 130 SGB V, BVerfG, NVwZ 2006, 191 (198) – Beitragssatzsicherungsgesetz. 1184 So BVerfG (Kammerentscheidung), NJW 2000, 1781 (1782) unter Verweis auf BVerfG, DtZ 1991, 91 = DVBl. 1991, 205 (206) (Auch der letzteren Entscheidung ist zur besonderen Begünstigung der Hersteller nicht mehr zu entnehmen, als daß diese auf der „Einbindung in ein Leistungssystem, das von anderen, nämlich den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung, finanziert wird“, beruhe.).

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steller anführt, um eben denselben Belastungsgedanken handelt, der soeben als Verursacherverantwortlichkeit der pharmazeutischen Unternehmen untersucht worden ist. Entscheidend ist aus beiderlei Perspektive, daß aufgrund des Auseinanderfallens von Nachfrageentscheidung – durch Patient und verordnenden Arzt – und Kostentragung – durch die Krankenkasse – der Arzneimittelmarkt der GKV eine geringe Nachfragereagibilität aufweist und sich infolgedessen ein wirksamer Preiswettbewerb unter den Arzneimittelherstellern nicht einzustellen vermag. Auf diese Weise wird es pharmazeutischen Unternehmen möglich, Herstellerabgabepreise für Arzneimittel festzusetzen, die unter den Bedingungen eines funktionierenden Preiswettbewerbs die Konkurrenzfähigkeit dieser Produkte erheblich beeinträchtigen würden. Aus Sicht des Gesetzgebers stellen sich diese Preisstrukturen als „überhöht“1185 dar. Es wurde gesehen, daß dieser Zusammenhang – eine mögliche Kausalverantwortlichkeit der Hersteller für überproportionale Ausgabenzuwächse der GKV durch Ausnutzen des defizitären Wettbewerbs bei der Preisbildung – nicht geeignet ist, das Instrument des Herstellerabschlags gem. § 130a Abs. 1 SGB V vor dem Grundsatz der Lastengleichheit zu rechtfertigen. Dann aber kann es für die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung des Herstellerabschlages keinen Unterschied machen, ob der Zusammenhang zwischen defizitärem Preiswettbewerb auf dem GKV-Arzneimittelmarkt und der Höhe vieler Arzneimittelpreise als Verursacherverantwortlichkeit oder als Ausgleich eines Sondervorteils formuliert wird – ein rechtfertigender Gehalt für die finanzielle Sonderbelastung der pharmazeutischen Unternehmen durch § 130a Abs. 1 SGB V kommt ihm nicht zu. Eine weitere, ebenfalls zur Rechtfertigung sowohl des Apothekenrabatts gem. § 130 SGB V als auch des Herstellerabschlags gem. § 130a Abs. 1 SGB V angeführte Ausprägung des Begünstigungsgedankens bildet das Argument, die gesetzlichen Krankenkassen seien für die belasteten Gruppen des pharmazeutischen Wirtschaftszweiges Großabnehmer, folglich hätten diese ihnen einen „Großkundenrabatt“ zu gewähren. Während das „Großkunden“-Argument zur Rechtfertigung des Apothekenrabatts bereits seit den späten sechziger Jahren vorgebracht wird,1186 ist es erst in jüngster Zeit auf die gleichheitsrechtliche Legitimation des Herstellerabschlags übertragen worden.1187 Gemeinsam ist der Argumentation zu beiden Regelungen, daß sich die Autoren, die sich des Argu1185 Formulierung des Gesetzgebers anläßlich der Einführung der Festbetragsregelung, vgl. die Begründung des Fraktionsentwurfs zum Gesundheits-Reformgesetz 1989, BT-Drs. 11/2237, S. 147. 1186 Vgl. W. Hamel, NJW 1967, S. 1496 (1498) m.w. N.; G. Küchenhoff, SGb. 1968, S. 181 (185); a. A. W. Haug, NJW 1966, S. 379 (381). 1187 So nun auch die Entwurfsbegründung der Regierungsfraktionen zum BSSichG, BT-Drs. 15/28, S. 16 (zu § 130a); ferner H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V, 2003, S. 29, der das Argument jedoch ablehnt; allgemein zur Eigenschaft der GKV als „Großabnehmer“ aus neuerer Zeit G. Glaeske u. a., Stärkung des Wettbewerbs in der Arzneimittelversorgung, 2003, S. 55.

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ments bedienen, nicht näher dazu äußern, worin der besondere, ausgleichsfähige Vorteil der pharmazeutischen Industrie liege. Geht man vom Wortsinn des „Großkundenrabatts“ aus, so ergibt sich die Begünstigung daraus, daß ein Warenlieferant bei der Lieferung großer Stückzahlen an denselben Abnehmer die Möglichkeit gewinnt, Vertrieb und Transport so zu rationalisieren, daß die in diesen Geschäftsbereichen anfallenden Minderkosten seinen Gewinn steigen lassen. Bei diesem Verständnis erscheint bereits zweifelhaft, ob das Argument den Apothekenrabatt des § 130 SGB V zu rechtfertigen vermag. Denn von der Warenbestellung über die Lagerung bis zur Beratung des Patienten und die Aushändigung des Arzneimittels ist der Arzneimittelvertrieb durch den Apotheker in seinem Aufwand unabhängig von der Kassenmitgliedschaft des Patienten. Auch die Abrechnung der Arzneimittelabgabe zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen ist für den Apotheker im Vergleich zu sonstiger Arzneimittelabgabe nicht mit einem Minder-, sondern mit einem Mehraufwand verbunden. Praktisch alle öffentlichen Apotheken in Deutschland nehmen zur Bewältigung dieses Aufwandes die Dienste privater Abrechnungsstellen in Anspruch und haben die hieraus entstehenden Kosten zu tragen. Rationalisierungseffekte auf Seiten der Apotheken stellen sich durch den hohen Anteil gesetzlich Krankenversicherter, mithin durch die „Großabnehmerschaft“, also nicht ein. Unter diesem Gesichtspunkt wird das Argument im rechtswissenschaftlichen Schrifttum denn auch kritisiert.1188 Auf die Situation der Hersteller von Arzneimitteln trifft das Argument indessen noch weniger zu. Für den Vertrieb eines bestimmten Fertigarzneimittels durch den Hersteller ist es ohne Bedeutung und im vorhinein auch gar nicht abzusehen, ob dieses Produkt schließlich durch den Apotheker zu Lasten einer gesetzlichen Krankenkasse abgegeben wird oder nicht. Der Weg des Arzneimittels vom Hersteller über den pharmazeutischen Großhändler in die Apotheke bleibt vom Versichertenstatus des Verbrauchers völlig unberührt, so daß sich aus diesem auch keine Rationalisierungseffekte zugunsten des Herstellers ergeben können. Dies wäre anders, wenn gesetzliche Krankenkassen in Deutschland sog. Einkaufsmodelle anwenden würden, wenn also insbesondere große Krankenkassen solche Arzneimittel, nach denen ihre Versicherten typischerweise einen erhöhten Bedarf aufweisen, in großen Mengen direkt vom Hersteller beziehen würden. Bislang kommen solche Modelle in Deutschland jedoch nicht zum Einsatz. Folglich trifft das Argument, die pharmazeutischen Unternehmen hätten den gesetzlichen Krankenkassen in Gestalt des Herstellerabschlags gem. § 130a Abs. 1 SGB V1189 einen „Großkundenrabatt“ zu gewähren, nicht zu.

1188

Vgl. W. Haug, NJW 1966, S. 379 (381). Zur Rechtfertigung des Generika-Abschlages gem. § 130a Abs. 3b SGB V wird das Argument bislang nicht angeführt; aus den oben genannten Gründen träfe es auch auf diese Abschlagsregelung nicht zu. 1189

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Schließlich kommt es in Betracht, noch einen weiteren Begünstigungsaspekt, den der BGH zur Rechtfertigung des Apothekenrabatts angeführt hat, auf den Herstellerabschlag gem. § 130a Abs. 1 SGB V zu übertragen. Der BGH hat die finanzielle Sonderbelastung der Apotheken durch den Umstand legitimiert gesehen, die Krankenkassen böten „durch ihre gesetzlich begründete und gesicherte Leistungsfähigkeit“ den Apotheken eine besondere Sicherheit, wegen ihrer Forderungen aus der Abgabe von Arzneimitteln befriedigt zu werden; die Apotheken gingen daher „mit der Lieferung auf Kosten der Krankenkassen keinerlei finanzielles Risiko ein.“1190 Indem das Gericht auf die „gesetzlich begründete und gesicherte Leistungsfähigkeit“ der Krankenkassen abstellt, erkennt es die besondere Begünstigung der Apotheken im fehlenden Insolvenzrisiko auf Seiten des Kaufpreisschuldners. Bei Abgabe eines Arzneimittels zu Lasten einer gesetzlichen Krankenkasse entsteht ein Kaufpreisanspruch des Apothekers gegen die Krankenkasse des Versicherten. Hierdurch erhält der Apotheker einen Schuldner, in dessen Person – jedenfalls nach Auffassung des BGH – keine Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit besteht. An dieser Vorstellung ist richtig, daß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gesetzlicher Krankenkassen durch die Rechtsordnung in mehrfacher Weise gesichert wird. Einer insbesondere vom Bundessozialgericht1191 vertretenen und auch in der Literatur1192 verbreiteten Ansicht zufolge trifft den Bund eine Garantiehaftung zugunsten der Sozialversicherungsträger,1193 die jedenfalls so weit reicht, daß der Bund einer in existentielle wirtschaftliche Notlage geratenen Krankenkasse finanziell beizustehen und ihre weitere Funktionsfähigkeit zu gewährleisten hat. Diese Verpflichtung wird aus der Lastentragungsregel des Art. 120 Abs. 1 S. 4 GG abgeleitet, derzufolge der Bund die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung trägt;1194 bisweilen wird ergänzend das Sozialstaatsprinzip herangezogen.1195 Über seine verfassungsrechtliche Garantiehaf1190 So BGHZ 54, 115 (120) – Apothekenrabatt; die Entscheidung erging zu § 376 Abs. 1 RVO, der Vorgängerregelung des § 130 SGB V. 1191 Zunächst in BSGE 34, 177 (179); zurückhaltender sodann BSGE 47, 148 (153 ff.). – Die Rspr. des BVerfG ist nicht eindeutig; während das Gericht Art. 120 Abs. 1 S. 4 GG zunächst dahin auslegte, die Vorschrift regele lediglich die Finanzierungsverantwortung im Verhältnis von Bund und Ländern (BVerfGE 14, 221 (235)), deutete es später eine Einstehenspflicht des Bundes für die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kassen zumindest an (E 76, 256 (302, 306 f.)). 1192 F. Kirchhof, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 93 Rn. 41; ders., in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 53 ff.; H. Reiter, Soziallast als Steuerlast, in: FS f. Franz Klein, 1994, S. 1101 (1106 f.); hiergegen insbesondere S. Muckel, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 120 Rn. 39 ff. 1193 Der Finanzierung von Sozialversicherungsträgern, die nicht länderübergreifend i. S. v. Art. 87 Abs. 2 GG tätig sind, durch Zuschüsse und Garantien des Bundes steht an sich das Konnexitätsprinzip aus Art. 104a Abs. 1 GG entgegen; Art. 120 Abs. 1 S. 4 GG sieht hiervon eine Ausnahme vor, F. Kirchhof, SDSRV 1988, S. 59 (73). 1194 So F. Kirchhof, in: B. Schulin (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 53.

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tung im Falle einer extremen wirtschaftlichen Notlage hinaus ist der Bund zur Leistung von Zuschüssen an die Träger der GKV berechtigt, bei Fehlen einer einfachgesetzlichen Regelung jedoch nicht verpflichtet.1196 Daneben bietet das SGB V Möglichkeiten,1197 eine Krankenkasse, deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht mehr dauerhaft gesichert erscheint, auf Antrag der Kasse oder des übergeordneten Verbandes mit einer anderen Kasse derselben Art zu vereinigen. Auch hierdurch wird die Entstehung finanziell handlungsunfähiger Krankenkassen verhindert. Ähnlich wie im Falle des „Großkundenrabatts“ stellt sich jedoch auch für das Argument der gesicherten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Frage nach seiner Übertragbarkeit auf das Verhältnis von Krankenkassen und Arzneimittelherstellern. Dabei wirkt es sich wiederum entscheidend aus, daß die Arzneimittelhersteller im Rahmen der Distributionskette für Fertigarzneimittel in keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen zu Krankenkassen eintreten. Folglich fiele das Risiko der Insolvenz einer Krankenkasse – bestände ein solches – den abgebenden Apotheken zur Last. Sollten sich hieraus mittelbare wirtschaftliche Auswirkungen entlang der Distributionskette fortsetzen, so wäre allenfalls der pharmazeutische Großhandel betroffen. Unter allen Gruppen, die an der Arzneimittelversorgung der gesetzlich Krankenversicherten beteiligt sind, ständen die Arzneimittelhersteller dem Insolvenzrisiko eines „Großabnehmers“ am fernsten. Ein besonderer Vorteil der pharmazeutischen Industrie läßt sich bereits aus diesem Grund nicht feststellen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß die auf dem Arzneimittelmarkt der GKV auftretenden Arzneimittelhersteller, die durch § 130a Abs. 1 SGB V1198 betroffen werden, im Unterschied zu den pharmazeutischen Großhändlern und den Apotheken ganz überwiegend international tätig sind, so daß sie unter allen an der GKV-Arzneimittelversorgung beteiligten Gruppen am ehesten in der Lage wären, Stockungen der Zahlungsfähigkeit gesetzlicher Krankenkassen in Deutschland mit Hilfe von Umsätzen auf ausländischen Märkten „abzufedern.“ Von einer ganz überwiegenden Begünstigung der pharmazeutischen Industrie durch die gesetzlich gesicherte Zahlungsfähigkeit der Krankenkassen kann vor diesem Hintergrund um so weniger ausgegangen werden. Im Ergebnis hält somit keiner der Ansätze, den Herstellerabschlag gem. § 130a Abs. 1 SGB V vor dem Prinzip der Lastengleichheit aus dem Belastungsgedanken einer besonderen Begünstigung der pharmazeutischen Unter1195

So etwa BSGE 47, 148 (153 ff.). S. Muckel, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, Art. 120 Rn. 37; BVerfGE 14, 221 (235). 1197 Vgl. §§ 145 f., 160, 168a SGB V. 1198 Aus den oben angeführten Gründen scheidet das Argument auch als Legitimation des Preisabschlags gem. § 130a Abs. 3b SGB V, zu dessen Rechtfertigung es bislang nicht vorgebracht wird, aus. 1196

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nehmen durch Einbindung in den Arzneimittelmarkt der gesetzlichen Krankenversicherung zu rechtfertigen, einer Überprüfung stand. Dieselben Einwände griffen auch gegenüber einer Legitimation des Generika-Abschlages gem. § 130a Abs. 3b SGB V aus dem Gedanken des Vorteilsausgleichs durch. Die Abschlagsregelung zu Lasten der Hersteller ist folglich auch durch den Belastungsgrund der Abschöpfung eines besonderen hoheitlich vermittelten Vorteils nicht vor Art. 3 Abs. 1 GG legitimiert.

c) Ergebnis zur Rechtfertigung des Herstellerabschlags Auch für den Arzneimittelabschlag zu Lasten der Hersteller gem. § 130a Abs. 1 SGB V zeigt sich, daß sämtliche Belastungserwägungen, die vom Gesetzgeber, der Rechtsprechung und der Literatur für die Legitimation der Abschlagsregelung angeführt werden, den Belastungsgründen der Aufwandsveranlassung und des Vorteilsausgleichs zuzuordnen sind. Der Gesetzgeber erkennt eine besondere Kausalverantwortlichkeit der Arzneimittelhersteller darin, daß diese den defizitären Preiswettbewerb auf dem GKV-Arzneimittelmarkt durch die Festsetzung von Herstellerabgabepreisen ausnutzten, die unter Bedingungen eines funktionierenden Wettbewerbs nicht zu erzielen wären. Bei näherer Betrachtung vermag dieser Belastungsgedanke die Regelung des § 130a Abs. 1 SGB V jedoch nicht zu rechtfertigen. Während der Gesetzgeber in Gestalt der Festbetragsregelung Maßstäbe dafür entwickelt hat, wann der Herstellerabgabepreis eines Arzneimittels als „überhöht“ anzusehen ist und sich infolgedessen nicht ungemindert in Arzneimittelausgaben der GKV niederschlagen darf, enthält die Regelung des Herstellerabschlags solche Maßstäbe nicht. § 130a Abs. 1 SGB V belastet Arzneimittel unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Herstellerabgabepreis des jeweiligen Präparates über dem Preisniveau wirkstoffgleicher oder funktionsäquivalenter Produkte liegt. Eine Einordnung des Arzneimittels in das jeweilige Preisspektrum, wie sie durch die Festbetragsregelung geschieht, nimmt § 130a Abs. 1 SGB V gerade nicht vor. Die Abschlagsregelung läßt daher die tatsächlichen Preisstrukturen innerhalb ihres Anwendungsbereiches, aus denen sich ihre Legitimation vor dem Prinzip der Lastengleichheit ergeben soll, gänzlich außer Betracht. Die rechtfertigende Annahme des Gesetzgebers, in den von § 130a Abs. 1 SGB V erfaßten Marktsegmenten würden überhöhte, also nur infolge des unzureichenden Preiswettbewerbs auf dem GKV-Markt erzielbare Herstellerabgabepreise festgelegt, bleibt daher eine bloße Hypothese. Folglich ist § 130a Abs. 1 SGB V weder nach seinem Anwendungsbereich noch hinsichtlich der Bemessung der Finanzierungspflicht sachgerecht auf den Legitimationsgedanken, den der Gesetzgeber der Regelung zugrunde gelegt hat, abgestimmt. Die gesetzgeberische Rechtfertigungskonzeption trägt die finanzielle Sonderbelastung der pharmazeutischen Unternehmen daher nicht.

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In Rechtsprechung und Literatur werden zur Rechtfertigung von Arzneimittelabschlägen auch Erwägungen angeführt, die sich dem Belastungsgrund des Ausgleichs einer besonderen Begünstigung zuordnen lassen. Hierzu zählt zum einen die Überlegung, die Krankenkassen ständen den Unternehmen des pharmazeutischen Wirtschaftszweiges als „Großkunden“ gegenüber und seien daher zur Inanspruchnahme eines „Großkundenrabatts“ berechtigt. Jedenfalls für die Gruppe der Arzneimittelhersteller trifft dieser Gedanke nicht zu, da sich aus der Abgabe eines Arzneimittels zu Lasten einer Krankenkasse keinerlei Rationalisierungseffekte zugunsten der Hersteller erzielen lassen. Ebenfalls als Ausdruck einer besonderen Begünstigung der Hersteller durch das System der GKV läßt sich das Argument einordnen, in den Krankenkassen fänden die Unternehmen des pharmazeutischen Wirtschaftszweiges Kaufpreisschuldner, in deren Person praktisch kein Insolvenzrisiko besteht. Wenngleich diese Überlegung grundsätzlich zutrifft, so ergibt sich aus ihr doch keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Arzneimittelhersteller, da diese schon aufgrund ihrer Stellung innerhalb der Wertschöpfungskette nicht mit dem Insolvenzrisiko von Endabnehmern belastet, durch das Fehlen eines solchen Risikos also auch nicht in hervorgehobener Weise begünstigt werden. Sämtliche Erwägungen, mit denen versucht wird, die Abschlagsregelung gem. § 130a Abs. 1 SGB V – gestützt auf die legitimen Belastungsgründe der Aufwandsveranlassung und des Vorteilsausgleichs – zu rechtfertigen, erweisen sich somit als nicht tragfähig. Die Abschlagsregelung ist daher vor dem Prinzip der Belastungsgleichheit nicht zu rechtfertigen, sie ist gleichheitswidrig.1199 4. Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld, § 14 Abs. 1 MuSchG a) Fehlen einer Rechtfertigungskonzeption des Gesetzgebers Der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld unterscheidet sich von den beiden zuvor betrachteten Referenzregelungen darin, daß der Gesetzgeber selbst nicht dazu Stellung nimmt, durch welchen Zurechnungsgrund er die finanzielle Sonderbelastung der Arbeitgeber gerechtfertigt sieht. Da eine Beteiligung der Arbeitgeber an den finanziellen Lasten des Entgeltschutzes der ursprünglichen Regelungskonzeption des Gesetzgebers widersprach und erst auf Anregung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages – aus rein haushaltspolitischen Erwägungen – in die MuSchG-Novelle 1968 Eingang fand,1200 ist den Gesetzesmaterialien zur Legitimation der Sonderbelastung nichts zu entnehmen. 1199 Zu diesem Ergebnis gelangt ganz überwiegend auch die Lit., vgl. H. Posser/ R.-G. Müller, NZS 2004, S. 178 (181); F. E. Schnapp, VSSR 2003, S. 343 (357); S. A. Wagner, PharmaRecht 2003, S. 409 (418); H. A. Wolff, Anhebung des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V, 2003, S. 29; a. A. U. Becker, NZS 2003, S. 561 (564). 1200 Siehe hierzu eingehend oben § 4 C I und § 10 C II 3 d).

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Da Lohnfortzahlungspflichten im Arbeitsrecht sich nach überkommener Auffassung auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers stützen können, ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber auch die Zuschußpflicht gem. § 14 Abs. 1 MuSchG durch diesen Belastungsgrund gerechtfertigt sieht. b) Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers als Belastungsgrund Bereits im Rahmen der Betrachtung der drei Referenzgebiete dieser Untersuchung daraufhin, ob sich in diesen Rechtsgebieten bereichsspezifische Anforderungen des Grundsatzes der Lastengleichheit herausgebildet haben, ist man der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers als Rechtfertigungsgrund finanzieller Sonderbelastungen begegnet.1201 Dabei wurde gesehen, daß Lohnfortzahlungspflichten des Arbeitgebers, durch die das Synallagma von Arbeitsleistung und Vergütung durchbrochen wird, vielfach durch den Gedanken der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht gerechtfertigt werden. Begreift man Lohnfortzahlungspflichten des Arbeitgebers, die es dem Arbeitnehmer ermöglichen, während der Zeit seiner Freistellung von der Arbeitspflicht einer Tätigkeit im öffentlichen Interesse nachzugehen, als finanzielle Sonderbelastungen des Arbeitgebers zu Gemeinwohlzwecken, so bildet die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers einen möglichen Rechtfertigungsgrund dieser Sonderbelastung vor dem Gebot der Lastengleichheit. Auch die in Rechtsprechung und Literatur geführte Debatte um die Vereinbarkeit des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG mit dem Prinzip der Lastengleichheit konzentriert sich bei der Betrachtung möglicher Rechtfertigungsgründe ausschließlich auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.1202 Im folgenden wird daher insbesondere zu untersuchen sein, ob dieser Verantwortlichkeitstatbestand geeignet ist, die finanzielle Sonderbelastung der Arbeitgeber durch die ihnen auferlegte Zuschußpflicht nach § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG gleichheitsrechtlich zu legitimieren. Wird die arbeitgeberische Fürsorgepflicht als bereichsspezifisch anerkannter Belastungsgrund des Lastengleichheitsgebots im Individualarbeitsrecht aufgefaßt, so fragt sich zudem, in welchem Verhältnis sie zu dem Erfordernis einer unterscheidungskräftigen Distanz zwischen Steuer und Sonderlasten auf der Ebene des materiellen Belastungsgrundes steht. Für das Recht der nichtsteuerlichen Abgaben, also der abgabenrechtlichen Sonderlasten, wurden als Belastungsgründe, 1201

Siehe oben § 16 D IV 3. Vgl. nur BVerfGE 109, 64 (88) – Arbeitgeberzuschuß III; BAGE 81, 222 (229); E. Winkler, Die Risiko- und Lastenverteilung im Mutterschutzrecht, 2002, S. 134; C.W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, 1997, S. 107; E. Kreßel, Anmerkung zu BAG, AP Nr. 13 zu § 14 MuSchG 1968; H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 (1123); vgl. auch W. Zöllner, Gerechtigkeit im Arbeitsverhältnis, in: FS f. Alfred Söllner, 2000, S. 1297 (1302 f.). 1202

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die dieses Distanzgebot wahren, die Tatbestände der zurechenbaren Verursachung eines besonderen hoheitlichen Handlungsbedarfs nach Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe sowie der Ausgleich einer besonderen hoheitlich vermittelten Begünstigung nachgewiesen. Wenn die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers einen von diesen beiden Verantwortlichkeitstatbeständen unterschiedenen, bereichsspezifischen Belastungsgrund des Arbeitsrechts darstellt, so bedarf der Untersuchung, ob und weshalb dieser Belastungsgrund das Gebot materieller Steuerdistanz von Sonderlasten beachtet. Zunächst jedoch ist die arbeitgeberische Fürsorgepflicht als Belastungsgrund insbesondere für Lohnfortzahlungspflichten des Arbeitgebers näher zu charakterisieren. c) Grundlagen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers Die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterscheidet sich als Dauerschuldverhältnis mit personalem Charakter wesentlich von anderen vertraglichen Austauschverhältnissen. Zwar wohnt jedem privatrechtlichen Vertragsverhältnis notwendigerweise ein Element des Vertrauens zwischen den Vertragspartnern inne, aus dem sich in gewissem Umfang Treuebindungen, insbesondere Schutz-, Informations- und Sorgfaltspflichten ergeben. Besonders deutlich wird dies im Begriff der „Leistungstreuepflicht“, aber auch die Anordnung des § 242 BGB, wonach der Schuldner die Leistung so zu bewirken hat, wie „Treu und Glauben“ mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, hat ihren Ursprung in diesem Element des Vertrauens zwischen den Vertragspartnern.1203 Aufgrund der längeren Dauer sowie angesichts der persönlichen Begegnung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Zuge der Arbeitsleistung, also des „personenrechtlichen Einschlags“ des Arbeitsverhältnisses, bestehen in diesem Verhältnis typischerweise umfangreichere und intensivere Treuebindungen als in anderen vertraglichen Schuldverhältnissen. Aus diesen Treuebindungen ergeben sich für beide Parteien arbeitsvertragliche Nebenpflichten, die auf Seiten des Arbeitnehmers unter dem Oberbegriff der Treuepflicht, auf Seiten des Arbeitgebers unter demjenigen der Fürsorgepflicht zusammengefaßt werden.1204 Für den Inhalt der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht ist die Interessen- und Rollenverteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestimmend. Im Vollzeit-Arbeitsverhältnis widmet der Arbeitnehmer seine gesamte Arbeitskraft den Belangen des Arbeitgebers und begibt sich hierdurch der Möglichkeit, auf anderem Wege für die Zeit seines Alters, den 1203 Hierzu W. Zöllner/K.-G. Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., 1998, S. 178; W. Blomeyer, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, § 94 Rn. 1 ff. 1204 U. Koch, in: G. Schaub/ders./R. Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., 2005, § 108 Rn. 1; H. A. Ryssel, Die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, 1970, S. 112 ff.

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Fall einer Krankheit, eines Unfalls oder anderer Notlagen vorzusorgen. Er bezieht aus der Arbeitstätigkeit seine Lebensgrundlage, auf deren Erhalt er auch im Falle der Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Verhinderung angewiesen ist.1205 Der Arbeitgeber hingegen kommt in den Genuß der Arbeitskraft des Arbeitnehmers und vermag diese nach seiner Entscheidung im Sinne der Unternehmensinteressen einzusetzen. Ist der Arbeitnehmer, wie typischerweise der Fall, in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert, so begibt er sich hierdurch in einen Lebensbereich, dessen Gefahren und Einwirkungsmöglichkeiten er nur in geringem Maße, der Arbeitgeber jedoch kraft seines Leitungs- und Direktionsrechts zu beeinflussen vermag.1206 In Anbetracht dieser verschiedenen Aspekte der Beziehung von Arbeitgeber zu Arbeitnehmer hat die arbeitsrechtliche Dogmatik aus dem Fürsorgegedanken eine Vielzahl von Pflichten des Arbeitgebers abgeleitet. Unter diesen Fürsorgepflichten sind solche, die der Gesetzgeber inzwischen in besonderen gesetzlichen Regelungen näher ausgeformt hat, von solchen zu unterscheiden, die als „ungeschriebene“ Arbeitgeberpflichten weiterhin unmittelbar aus dem allgemeinen Fürsorgegedanken abgeleitet werden. Zu den Fürsorgepflichten, die inzwischen spezialgesetzliche Regelung gefunden haben, zählt eine Reihe von Lohnfortzahlungspflichten des Arbeitgebers wie etwa diejenige im Falle der persönlichen Verhinderung des Arbeitnehmers gem. § 616 BGB und die Lohnfortzahlung bei Erkrankung des Arbeitnehmers nach den Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Neben diesen spezialgesetzlichen Ausprägungen des Fürsorgegedankens bleibt die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers von Bedeutung, die sich insbesondere in Schutz-, Sorgfalts- und Auskunftspflichten gegenüber dem Arbeitnehmer aktualisieren kann.1207 Die Verpflichtung der Arbeitgeber aus § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG, einen Zuschuß zum Mutterschaftsgeld zu leisten, weist in mehrerlei Hinsicht Gemeinsamkeiten mit anderen Lohnfortzahlungspflichten auf, die für die gleichheitsrechtliche Legitimation des Arbeitgeberzuschusses von Bedeutung sind. Zunächst ist allen Lohnfortzahlungspflichten gemein, daß sie das synallagmatische Austauschverhältnis zwischen dem Anspruch des Arbeitgebers auf den Erhalt der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und dessen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung durchbrechen. Grundsätzlich wird der Arbeitnehmer, dem es bei1205 Grundlegend zum Einsatz der gesamten Person und zur Angewiesenheit des Arbeitnehmers auf das Arbeitsverhältnis A. Hueck, Der Treuegedanke im modernen Privatrecht, 1947, S. 13; W. Zöllner/K.-G. Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., 1998, S. 202 f. 1206 Zum Rollenverhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Grundlage des Fürsorgegedankens auch R. Richardi, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 1999, § 611 BGB Rn. 811; W. Zöllner/K.-G. Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., 1998, S. 202 f., 209; U. Koch, in: G. Schaub/ders./R. Linck, ArbeitsrechtsHandbuch, 11. Aufl., 2005, § 108 Rn. 1. 1207 U. Koch, in: G. Schaub/ders./R. Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., 2005, § 108 Rn. 9, 36.

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spielsweise wegen Krankheit subjektiv unmöglich oder wegen einer drohenden Verschlechterung seines Gesundheitszustands nicht zuzumuten ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, nach § 275 Abs. 1 bzw. Abs. 3 BGB von seiner Leistungspflicht frei. Ist der Arbeitgeber für die dem zugrundeliegenden Umstände nicht allein oder weit überwiegend verantwortlich, so verliert der Arbeitnehmer nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB allerdings auch den Anspruch auf die Arbeitsvergütung. Diese Grundregel, wonach „ohne Arbeit kein Lohn“1208 zu zahlen ist, wird durch gesetzliche Lohnfortzahlungspflichten des Arbeitgebers wie derjenigen im Falle der persönlichen Verhinderung des Arbeitgebers gem. § 616 BGB, der Entgeltzahlung an Feiertagen gem. § 2 EFZG, der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 EFZG oder auch der Zuschußpflicht des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG durchbrochen. Lediglich konstruktiv, nicht aber in der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragestellung unterscheidet sich von diesen Beispielen der Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub gem. § 1 BUrlG, der nach neuerer Dogmatik als fortbestehender Vergütungsanspruch trotz Beseitigung der Leistungspflicht des Arbeitnehmers gedacht wird.1209 In allen diesen Fällen greift der Gesetzgeber durch die Sicherung des Entgelt- oder Entgeltersatzanspruchs in das privatautonom vereinbarte Äquivalenzverhältnis von Arbeitsleistung und Vergütung ein. Der Arbeitgeber wird durch gesetzliche Anordnung verpflichtet, die Vergütung auch für einen Zeitraum zu zahlen, in dem der Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung nicht erbracht hat. Wie für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld bereits festgestellt,1210 liegt in dieser gesetzgeberisch veranlaßten Inäquivalenz von Leistung und Gegenleistung der „fördernde“ Charakter von Lohnfortzahlungspflichten zugunsten der Arbeitnehmer und zugleich die finanzielle Sonderbelastung der Arbeitgeber, die der besonderen Rechtfertigung vor dem Prinzip der Lastengleichheit bedarf. Eine weitere Gemeinsamkeit der angeführten Lohnfortzahlungspflichten besteht darin, daß zur Rechtfertigung der gesetzgeberischen Intervention in das privatrechtliche Vertragsverhältnis, also für die gleichheitsrechtliche Legitimation der Sonderbelastung, auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hingewiesen wird. Nicht nur zur Rechtfertigung des Arbeitgeberzuschusses, sondern auch für die Entgeltzahlung bei persönlicher Verhinderung des Arbeitnehmers, § 616 BGB,1211 die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, § 3 EFZG,1212 die Gewäh-

1208

Hierzu A. Söllner, AcP 1967, S. 132 ff. BAG, Urteil vom 13. 5. 1982, AP Nr. 4 zu § 7 BUrlG; BAG, Urteil vom 9. 6. 1998, AP Nr. 23 zu § 7 BUrlG; st. Rspr. – Aus dem Schrifttum W. Leinemann, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, § 89 Rn. 6 m.w. N.; H.-J. Dörner, in: T. Dieterich/P. Hanau/G. Schaub (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., 2001, § 1 BUrlG Rn. 13; a. A. W. Zöllner/ K.-G. Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., 1998, S. 210 f. 1210 Siehe oben § 4 F. 1209

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rung bezahlten Erholungsurlaubs, § 1 BUrlG,1213 und weitere Lohnfortzahlungspflichten wird die Legitimation der Sonderlast im Gedanken der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht gesucht. Ob dieser Verantwortlichkeitstatbestand jedoch alle finanziellen Sonderbelastungen der Arbeitgeber, zu deren Rechtfertigung er angeführt wird, auch tatsächlich zu tragen vermag, bleibt zu untersuchen. Schließlich stimmen die verschiedenen Lohnfortzahlungspflichten auch in ihrer Funktion überein. Zwar unterscheiden sich die genannten Regelungen nach ihrer jeweiligen Zwecksetzung, dem Arbeitnehmer die Regelung einer besonderen persönlichen Angelegenheit zu ermöglichen, seine Genesung von Krankheit zu befördern, ihm durch Erholung die Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit zu gestatten, oder der Arbeitnehmerin Gelegenheit zur Schonung ihrer Gesundheit und derjenigen des werdenden Kindes zu geben. Ihnen allen ist jedoch wiederum gemeinsam, daß der Zweck der Freistellung von der Arbeitspflicht vereitelt würde, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer nicht zugleich für die Dauer der Freistellung finanziell abgesichert wird. Erst durch die Weiterzahlung des Entgelts oder eines Entgeltersatzes wird es dem Arbeitnehmer möglich, die Freistellung von der Arbeitspflicht ohne Gefährdung seiner Lebensgrundlage auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. In allen Fällen erfüllt die Lohnfortzahlung also eine die Freistellung gleichsam flankierende Funktion, indem sie den Arbeitnehmer materiell absichert. Im Gegensatz zur Freistellung von der Arbeitspflicht, die nur durch den Arbeitgeber erklärt werden kann, ist es für die wirtschaftliche Absicherung des Arbeitnehmers ohne Bedeutung, ob die hierzu erforderlichen Mittel durch den Arbeitgeber oder von Dritten, etwa der öffentlichen Hand, aufgebracht werden. In diesem Sinne differenziert Claus-Wilhelm Canaris zwischen sachlich-handlungsbezogenen Belastungen des Arbeitgebers, die aus der „Natur der Sache“ gerechtfertigt werden könnten, und der Zuweisung von finanziellen Lasten, für die sich eine Rechtfertigung aus der Natur der Sache nicht ergebe und die einer besonderen Legitimation nach Kriterien der Belastungsgerechtigkeit bedürfe.1214 1211 Hierzu BGHZ 21, 112 (114 f.); H. Oetker, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2002, § 616 BGB Rn. 9; U. Koch, in: G. Schaub/ders./ R. Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., 2005, § 108 Rn. 7. 1212 Zu dieser U. Koch, in: G. Schaub/ders./R. Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., 2005, § 108 Rn. 7; W. Zöllner/K.-G. Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., 1998, S. 203, 209; E. Kreßel, Lastenverteilung im Arbeitsrecht, in: FS f. Wolfgang Gitter, 1995, S. 491 (500 f.). 1213 Hierzu R. Linck, in: G. Schaub/U. Koch/ders., Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., 2005, § 102 Rn. 2; H.-J. Dörner, in: T. Dieterich/P. Hanau/G. Schaub (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., § 1 BUrlG Rn. 8; W. Leinemann, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, § 88 Rn. 2 m.w. N. 1214 Zum folgenden C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 88 ff. – Ähnlich unterscheidet eine Reihe von Autoren, vgl. nur H. Kube, JZ 2004, S. 358 (360); E. Eichenhofer, BB 2004, S. 383.

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Bei Maßnahmen, welche die rechtliche Stellung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis betreffen, sei eine Inpflichtnahme des Arbeitgebers als Vertragspartner unvermeidlich. So sei aufgrund der privatrechtlichen Verfaßtheit der Wirtschafts- und Arbeitsordnung die Regelung von Freistellungspflichten und Kündigungsverboten gar nicht anders möglich als im Wege einer Belastung des Arbeitgebers. Ein Beispiel aus dem Mutterschutzrecht bilde der besondere Kündigungsschutz gem. § 9 MuSchG, der schlechterdings nur dem Arbeitgeber auferlegt werden könne und daher aus der Natur der Sache gerechtfertigt sei. Gänzlich anders stelle sich jedoch die Rechtfertigungssituation bei der Auferlegung reiner Finanzlasten dar. Aufgrund der Fungibilität von Geld sei es für die Gewährung von Entgeltschutz ohne Bedeutung, ob die resultierenden Lasten durch den Arbeitgeber, die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung oder den Staat getragen würden. Da die Auswahl des Lastenträgers in diesem Zusammenhang nicht durch Erwägungen der Natur der Sache vorgezeichnet seien, bedürfe die finanzielle Inanspruchnahme des Arbeitgebers einer besonderen Legitimation aus dessen spezifischer Finanzierungsverantwortlichkeit. Die Kernfrage der gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung von Lohnfortzahlungspflichten lautet daher, in welchen Fällen über die sachlich-handlungsbezogene Belastung mit der Freistellungspflicht hinaus auch die finanzielle Sonderbelastung des Arbeitgebers durch die Lohnfortzahlung aus dem Gedanken der Fürsorgepflicht gerechtfertigt wird. Die Verteilung der Lasten einer finanziellen Absicherung durch Lohnfortzahlungspflichten zwischen der Gruppe der Arbeitgeber, den Lastengemeinschaften des Sozialversicherungsrechts und dem Staat bildet ebenso wie die Belastung durch „subventionierende“ Preisregelungen bei Vorgängen des Warenaustauschs eine Frage der Belastungsgerechtigkeit. Lohnfortzahlungspflichten sind daher vor dem Prinzip der Belastungsgleichheit nur dann gerechtfertigt, wenn aus der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht mit Blick auf die konkrete Regelung gerade eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit des Arbeitgebers erwächst. d) Die Reichweite der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers Entscheidend dafür, ob die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers eine Grundlage für eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit bildet, ist somit die Reichweite der Fürsorgepflicht in bezug zur finanzierungsbedürftigen Aufgabe, dem Zweck der Lohnfortzahlungspflicht. Unterstellt man beispielsweise die Rechtfertigung der Lohnfortzahlungspflicht im Krankheitsfall des Arbeitnehmers gem. § 3 EFZG unter dem Gesichtspunkt der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht, so folgt hieraus noch nicht, daß durch denselben Rechtfertigungsgedanken auch die finanzielle Sonderbelastung des Arbeitgebers für die Zwecke des ehrenamtlichen Engagements seiner Beschäftigten legitimiert werden kann.1215 Maßge-

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bend ist stets, ob sich der Zweck, zu dessen Verwirklichung der Gesetzgeber die Pflichten zu Freistellung und Lohnfortzahlung anordnet, noch dem einzelnen Arbeitsverhältnis zuordnen läßt, aus dem die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers erwächst und auf das sie sich ausschließlich bezieht. Läßt sich der Kostenaufwand der Lohnfortzahlungspflicht nicht mehr dem einzelnen Arbeitsverhältnis zuordnen, so ist die Reichweite der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht überschritten und der Arbeitgeber wird im Wege der Lohnfortzahlung zur Finanzierung von Gemeinwohlaufgaben in Anspruch genommen.1216 Er trägt dann Finanzierungslasten, die nach dem Prinzip der Lastengleichheit von der Allgemeinheit getragen werden müßten; der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt. Damit ist die Frage aufgeworfen, welche Maßstäbe für die Reichweite der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht bezüglich einer bestimmten Lohnfortzahlungsregelung gelten, nach welchen Kriterien also der Finanzierungsaufwand einer Lohnfortzahlungspflicht dem einzelnen Arbeitsverhältnis zuzurechnen ist. In Rechtsprechung und Literatur finden sich zu dieser Frage verschiedene Ansätze. aa) Kausalität als Zurechnungsgrund Das BVerfG hat mit Beschluß vom 18. November 2003 über die Vereinbarkeit des Arbeitgeberzuschusses mit dem Grundsatz der Lastengleichheit entschieden. Es hat dabei eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit des Arbeitgebers aus dessen Fürsorgepflicht zugunsten der Arbeitnehmerin hergeleitet und erklärt, die vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten des Entgeltschutzes ließen sich dem einzelnen Arbeitsverhältnis zuordnen.1217 Als Kriterium der Zurechnung des Lohnfortzahlungsaufwandes zum konkreten Arbeitsverhältnis zieht das BVerfG Kausalitätserwägungen heran: Nach Auffassung des Gerichts „resultieren“ die Gesundheitsgefahren, vor denen die erwerbstätige Mutter und ihr Kind geschützt werden sollen, „unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis.“1218 Durch die Belastung des Arbeitgebers mit der Zuschußpflicht würden die Kosten des Mutterschutzes zum Teil demjenigen auferlegt, „der für die gesetzlich vermutete Gefährdung verantwortlich“ ist.1219 Das Gericht betrachtet die Gefahren des Arbeitsplatzes als Ursache für die besondere Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmerin, im Arbeitgeber als Beherr1215

Das Beispiel im letzteren Fall folgt BVerfGE 85, 226 – Bezahlter Sonderurlaub. Hierzu – am Beispiel des Arbeitgeberzuschusses – W. Zöllner, Gerechtigkeit im Arbeitsverhältnis, in: FS f. Alfred Söllner, 2000, S. 1297 (1302); ähnlich E. Kreßel, Lastenverteilung im Arbeitsrecht, in: FS f. Wolfgang Gitter, 1995, S. 491 (495). 1217 BVerfGE 109, 64 (88 f.) – Arbeitgeberzuschuß III – unter Hinweis auf BVerfGE 77, 308 (337) – Bezahlter Bildungsurlaub. 1218 BVerfGE 109, 64 (88). 1219 BVerfG, ebd. 1216

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scher des Gefahrenherdes erkennt es den potentiellen Veranlasser der Gesundheitsgefahren. Zunächst ist festzuhalten, daß der Kausalzusammenhang, den das BVerfG zwischen den Gefahren des Arbeitsplatzes und den Zwecken des Entgeltschutzes herstellt, ein hypothetischer ist. Den Grundgedanken der verfassungsgerichtlichen Argumentation bildet die Erwägung, daß, würde der Arbeitgeber die schwangere Arbeitnehmerin nicht unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeitspflicht freistellen, diese weiterhin den Gefahren ihres Arbeitsumfeldes ausgesetzt wäre. Hierin unterscheidet sich die Kausalität, die das Gericht als Kriterium der Zurechnung des Lohnfortzahlungsaufwandes zum einzelnen Arbeitsverhältnis heranzieht, von den positiven Ursache-Folge-Zusammenhängen, die als Rechtfertigung der Sonderbelastung durch die Stromeinspeisungsregelung und den Herstellerabschlag auf Arzneimittel betrachtet wurden. Dort wurde zur Legitimation der Sonderlast angeführt, daß die Stromerzeuger, die letztversorgenden EVU oder die Stromverbraucher durch ihr jeweiliges Verhalten den CO2-Ausstoß und den Verbrauch endlicher Ressourcen empirisch nachweisbar befördern, die Arzneimittelhersteller durch ihre Preisbildungsentscheidungen tatsächlich zu Ausgabensteigerungen der GKV beitragen. Auf diesen Unterschied von positiver und hypothetischer Kausalität wird im folgenden zurückzukommen sein. Bei einer genaueren Betrachtung der Argumentation fällt auf, daß das BVerfG an dieser Stelle nicht zwischen der Rechtfertigung der sachlich-handlungsbezogenen und derjenigen der finanziellen Sonderbelastung trennt. Ist aus Sicht des Gerichts entscheidend, daß die Gesundheitsgefahren für Mutter und Kind von der Beschäftigung am Arbeitsplatz ausgehen, aus dieser „resultieren“, so wäre einer hieraus erwachsenden besonderen Verantwortung des Arbeitgebers bereits dadurch genügt, daß dieser seiner Freistellungspflicht aus §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG nachkommt. Denn eine Gefährdung durch die Tätigkeit am Arbeitsplatz und durch dessen Umfeld kann nur solange bestehen, wie die Arbeitnehmerin ihre Tätigkeit fortsetzt, weil sie nicht von ihren Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis freigestellt ist. Der hypothetische Kausalzusammenhang zwischen den tatsächlichen Gegebenheiten des Arbeitsplatzes und einer Gefährdung der Gesundheit von Mutter und Kind wird daher bereits durch die arbeitgeberische Freistellungspflicht unterbrochen. Der Zweck des Mutterschaftsgeldes sowie des Arbeitgeberzuschusses hierzu geht jedoch über eine Abschirmung der Mutter von den Gefahren ihrer Arbeitsstätte hinaus. Er ist darauf gerichtet, die Mutter für die Dauer der Schutzfristen finanziell abzusichern, damit diese sich ungehindert der Schonung und Pflege ihrer Gesundheit und derjenigen des Kindes widmen kann.1220 Für dieses Element des Mutterschutzes, den Entgeltschutz, ist es jedoch ohne Bedeutung, ob 1220 BAGE 52, 177 (179); 81, 222 (226); vgl. auch P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 24.

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und in welchem Umfang der Lebensunterhalt der Arbeitnehmerin durch Leistungen des Arbeitgebers, der Gemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten oder des Staates gesichert wird. Ein Bezug zu den konkreten Gefahren des Arbeitsplatzes, vor denen die Erwerbstätige nicht ohne entsprechende gesetzliche Verpflichtungen des Arbeitgebers geschützt werden kann, besteht insofern nicht mehr. Aufgrund der hypothetischen Kausalität läßt sich zwar die Freistellungspflicht, nicht aber der Kostenaufwand der Lohnfortzahlung dem einzelnen Arbeitsverhältnis zurechnen. Folglich ist auch die besondere Verantwortlichkeit des Arbeitgebers aus der Beherrschung der Gefahrenquelle keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit. Vergleichen läßt sich die Situation wiederum mit der Unterscheidung von Primär- und Sekundärebene im Recht der Gefahrenabwehr. Dort ist es für die Inanspruchnahme eines Privaten zur Gefahrenbeseitigung auf der Primärebene von Bedeutung, wenn diese Person die einzige ist, welche die Gefahr unter den konkreten Umständen abzuwenden vermag. Unabhängig davon, ob die betreffende Person verhaltens- oder zustandspflichtig ist oder lediglich im Wege des polizeilichen Notstands verpflichtet werden kann, ist ihre Inanspruchnahme auf der Primärebene in jedem Fall durch ihre „Schlüsselstellung“, also durch ihre exklusive Fähigkeit zur Gefahrenbeseitigung, gerechtfertigt. Über die Zulässigkeit einer finanziellen Sonderbelastung auf der Sekundärebene ist damit noch nicht entschieden. Für diese ist vielmehr von Bedeutung, ob die Person etwa als Zustandspflichtiger für den Zustand der gefahrbegründenden Sache verantwortlich war und infolgedessen ihre Inanspruchnahme zur Kostentragung durch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums gem. Art. 14 Abs. 2 GG, der verfassungsrechtlichen Grundlage der Zustandspflicht, legitimiert wäre. Überträgt man diese Überlegung auf das Mutterschutzrecht, so befindet sich der Arbeitgeber zweifellos in einer „Schlüsselstellung“, da die Pflichten der Arbeitnehmerin aus dem Arbeitsverhältnis ihm gegenüber bestehen und nur er seine Vertragspartnerin von diesen freistellen kann. Durch die Freistellung wird der Gefahrenzusammenhang zwischen den Umständen des Arbeitsplatzes und der Gesundheit von Mutter und Kind unterbrochen. Unabhängig hiervon ist nun im arbeitsrechtlichen wie auch im polizeirechtlichen Zusammenhang die Frage der Kostentragung zu beantworten.1221 Beiden Konstellationen ist gemeinsam, daß die bloße Gefahren- oder Sachnähe einer Person – ihre „Schlüsselstellung“ – zwar die sachlich-handlungsbezogene Inanspruchnahme, die zur Bewältigung der Sachaufgabe unerläßlich ist, nicht aber eine darüber hinausgehende finanzielle Son1221 Ein Unterschied zwischen den beiden Situationen besteht darin, daß sich die Kostenfrage im Polizeirecht auf die Kosten der primären Gefahrenbeseitigung beschränkt, während im Mutterschutzrecht die Lasten des Beschäftigungsverbots – insbesondere die Notwendigkeit der Anstellung einer Ersatzkraft – unstreitig den Arbeitgeber treffen und sich darüber hinaus die weitere Frage stellt, ob und inwieweit dieser mit den Kosten des Entgeltschutzes belastet werden kann.

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derbelastung zu rechtfertigen vermag. Eben diesen Zusammenhang beschreibt Canaris durch seine Unterscheidung zwischen unvermeidlichen Belastungen des Arbeitgebers, die ihre Rechtfertigung in der „Natur der Sache“ fänden, und der Zuweisung von finanziellen Lasten, die nur durch eine besondere Finanzierungsverantwortung des Arbeitgebers legitimiert werden könne.1222 Auf eine hypothetische Kausalität läßt sich diese besondere Finanzierungsverantwortlichkeit folglich nicht stützen. Im Gegensatz zu der hypothetischen Kausalitätsbetrachtung des BVerfG kann jedoch das Kriterium einer positiven Kausalität des Arbeitgeberhandelns für die Zwecke der Lohnfortzahlung Aufschluß darüber geben, ob sich die Lasten der Lohnfortzahlung dem jeweiligen Arbeitsverhältnis zurechnen lassen. Dann muß die Frage jedoch – nicht im Sinne einer hypothetischen, sondern einer empirischen Kausalität – lauten, ob der Arbeitgeber tatsächlich die wesentliche Ursache dafür gesetzt hat, daß die Arbeitnehmerin für die Dauer der Schutzfrist, während der sie ihre Arbeitsleistung nicht erbringen darf, finanziell abgesichert werden muß. Im Rahmen der Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers stellt das Zurechnungskriterium der positiven Kausalität denselben Belastungsgedanken heraus, der schon allgemein für das Recht der Sonderlasten im Belastungsgrund der zurechenbaren Verursachung oder „Veranlassung“ eines besonderen hoheitlichen Handlungsbedarfs nachgewiesen werden konnte. Auch soweit die Literatur sich im Zusammenhang mit der Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses um eine Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, also um die Entwicklung von Kriterien zur Zurechnung des Lohnfortzahlungsaufwandes zum einzelnen Arbeitsverhältnis bemüht, fragt sie dabei mehrheitlich nach der (positiven) Kausalität des Arbeitgeberhandelns. Aus der Fürsorgepflicht folge eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit des Arbeitgebers dann, wenn dieser zum Risiko des Arbeitsausfalls und damit der Entstehung des Lohnfortzahlungsaufwandes „Veranlassung gegeben“,1223 zu ihr „beigetragen“,1224 sie „letztlich im Rahmen des Arbeitsverhältnisses verursacht“1225 habe. Nur durch eine Konkretisierung der Fürsorgepflicht anhand spezifischer Zurechnungskriterien könne bestimmt werden, ob der Arbeitgeber aufgrund seiner Verpflichtung zu Fürsorge dem Kostenaufwand der Entgeltfortzahlung näherstehe als die Allgemeinheit der Steuerzahler oder die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung. Andernfalls drohe eine Belastung des Arbeitgebers „nach dem Zufallsprinzip“.1226 1222 C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, 1997, S. 88 ff. 1223 W. Zöllner, Gerechtigkeit im Arbeitsverhältnis, in: FS f. Alfred Söllner, 2000, S. 1297 (1302); C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 116. 1224 C.-W. Canaris, a. a. O., S. 107. 1225 E. Kreßel, Lastenverteilung im Arbeitsrecht, in: FS f. Wolfgang Gitter, 1995, S. 491 (494); ders., Anmerkung zu BAG, AP Nr. 13 zu § 14 MuSchG 1968, Bl. 1448.

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Zu Kausalitätserwägungen als Kriterien der Zurechnung des Kostenaufwandes der Entgeltfortzahlung zum einzelnen Arbeitsverhältnis läßt sich somit festhalten, daß das BVerfG in seinem Beschluß vom 18. November 2003 nicht zwischen der Rechtfertigung einer sachlich-handlungsbezogenen und derjenigen einer finanziellen Sonderbelastung trennt. Die hypothetische Kausalität, auf die das Gericht als Zurechnungsgesichtspunkt abstellt, vermag eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit des Arbeitgebers für die Zwecke des Entgeltschutzes jedoch nicht zu begründen. In Betracht kommt, zu Zurechnungszwekken mit der Mehrheit in der Literatur danach zu fragen, ob die wesentliche Ursache für die finanzielle Absicherungsbedürftigkeit der Arbeitnehmerin aus der Sphäre des Arbeitgebers stammt. bb) Die Begünstigung des Arbeitgebers als Zurechnungsgrund Der Beschluß des BVerfG vom 18. November 2003 zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses knüpft in der Frage der Vereinbarkeit der finanziellen Sonderbelastung der Arbeitgeber mit dem Grundsatz der Lastengleichheit an zwei frühere Entscheidungen des Gerichts an, in denen dieses sich ebenfalls mit der Rechtfertigung von Lohnfortzahlungspflichten vor dem Gebot der Lastengleichheit auseinandergesetzt hatte. Es handelt sich um die bereits erwähnten Beschlüsse zur Verfassungsmäßigkeit der Bildungsurlaubsgesetze mehrerer Länder1227 sowie des Hessischen Gesetzes über Sonderurlaub für Mitarbeiter in der Jugendarbeit.1228 Für die gleichheitsrechtliche Legitimation des Arbeitgeberzuschusses sind diese Entscheidungen deshalb von besonderer Bedeutung, weil das BVerfG sich in beiden Beschlüssen mit der Zurechenbarkeit des Lohnfortzahlungsaufwandes zum einzelnen Arbeitsverhältnis, mithin der Reichweite der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, auseinandersetzt. Dabei zieht das Gericht andere Zurechnungsgesichtspunkte als die Kausalität des Arbeitgeberhandelns für die Schutz- und Absicherungsbedürftigkeit des Arbeitnehmers heran. In dem Beschluß zur Verfassungsmäßigkeit der landesrechtlichen Regelungen über bezahlten Bildungsurlaub sieht das Gericht die Pflicht der Arbeitgeber zur bezahlten Freistellung ihrer Beschäftigten für Veranstaltungen der beruflichen und politischen Weiterbildung als gleichheitsrechtlich gerechtfertigt an.1229 Als Belastungsgrund dient dabei die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.1230 Die Zure1226 C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 94. – Andere Autoren als die genannten arbeiten keine Kriterien für die Zurechnung des Lohnfortzahlungsaufwandes zum einzelnen Arbeitsverhältnis heraus, vgl. etwa E. Winkler, Die Risiko- und Lastenverteilung im Mutterschutzrecht, 2002, S. 134, 148; N. Heenen, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 2, 2. Aufl., 2000, § 226 Rn. 68; G. Knorr/O. Krasney, Mutterschaftsgeld, § 14 MuSchG Rn. 3. 1227 BVerfGE 77, 308 – Bezahlter Bildungsurlaub. 1228 BVerfGE 85, 226 – Bezahlter Sonderurlaub.

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chenbarkeit des Lohnfortzahlungsaufwandes zum einzelnen Arbeitsverhältnis erkennt das Gericht in dem besonderen Nutzen, der sich für den Arbeitgeber aus der Teilnahme seiner Beschäftigten an Veranstaltungen der beruflichen und politischen Weiterbildung ergibt. Es hebt hervor, die Weiterbildung der Arbeitnehmer „als Bestandteil der Persönlichkeitsentfaltung“ komme „nicht nur diesen, sondern ebenso der Innovationsfähigkeit der Wirtschaft“ zugute.1231 Dieser besondere Nutzen fehle allerdings bei der Sonderbelastung der Arbeitgeber mit der Pflicht zur bezahlten Freistellung pädagogisch befähigter Mitarbeiter, die nicht zur eigenen Weiterbildung, sondern als ergänzendes Lehrpersonal an den Veranstaltungen teilnehmen. Die dadurch zusätzlich anfallenden Kosten der Entgeltfortzahlung seien „Teil des Gesamtaufwandes, der sich nicht einzelnen Arbeitsverhältnissen zuordnen läßt.“1232 Insoweit sieht das BVerfG die Reichweite der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers überschritten. Wenn das Gericht sodann anfügt, es sei verfassungsrechtlich geboten, eine finanzielle Ausgleichsmöglichkeit für die Belastung der Arbeitgeber aus der Entgeltfortzahlung zu schaffen, so zeigt dies, daß das Gericht in diesem Beschluß – anders als zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitgeberzuschusses – zutreffend zwischen der Inanspruchnahme einer besonderen Handlungs- und derjenigen einer besonderen Finanzierungsverantwortung differenziert. Der Beschluß zum Hessischen Sonderurlaubsgesetz folgt im wesentlichen den Grundsätzen dieser Entscheidung, akzentuiert jedoch entscheidende Stellen noch stärker. Noch deutlicher als im vorgenannten Beschluß unterscheidet das BVerfG zwischen der Rechtfertigung der sachlich-handlungsbezogenen Sonderbelastung mit der Freistellungspflicht und der finanziellen Sonderbelastung durch die Entgeltfortzahlung.1233 Darüber hinaus arbeitet das Gericht den besonderen Nutzen für den Arbeitgeber als Kriterium der Zurechnung des Lohnfortzahlungsaufwandes zum konkreten Arbeitsverhältnis heraus, wenn es im Zusammenhang mit der Reichweite der Fürsorgepflicht betont, die ehrenamtliche Mitwirkung in der Jugendarbeit entwickele und fördere Fähigkeiten des Arbeitnehmers, die „dem Arbeitgeber zugute kommen“ und sich „bei der Tätigkeit im Betrieb positiv auswirken.“1234 Ausdrücklich stellt das Gericht darauf ab, ob die „Vorteile“ der Jugendarbeit für den Arbeitgeber ausreichend „greifbar“ seien, um dessen Belastung mit der vollen Entgeltfortzahlung zu rechtfertigen.1235 1229 Das BVerfG prüfte die Maßnahmen am Maßstab der Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, fragte jedoch nach einer „besonderen Verantwortungsbeziehung“ der Arbeitgeber für die Zwecke der bezahlten Freistellung und gab damit zu erkennen, daß es die gleichheitsrechtliche Problematik der finanziellen Sonderbelastung berücksichtigte, vgl. BVerfGE 77, 308 (337). 1230 BVerfG, a. a. O., S. 334 f. 1231 BVerfG, ebd. 1232 BVerfG, a. a. O., S. 337. 1233 BVerfGE 85, 226 (235). 1234 BVerfG, a. a. O., S. 236.

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Beide Entscheidungen zeigen eindrücklich, daß im Rahmen der Bestimmung der Reichweite der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht darüber zu entscheiden ist, für welche Zwecke einer bezahlten Freistellung der Arbeitgeber eine besondere Finanzierungsverantwortung trägt und welche Aufgaben nur zu Lasten der Allgemeinheit finanziert werden können. Würde auf eine solche Unterscheidung verzichtet, so könnten durch einen pauschalen Verweis auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers die Lasten einer Vielzahl von Gemeinwohlaufgaben der Gruppe der Arbeitgeber auferlegt werden. Im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch entscheidend, daß das BVerfG als Kriterium für die Zurechnung des Lohnfortzahlungsaufwandes zum individuellen Arbeitsverhältnis danach fragt, ob der Arbeitgeber aus der Aufgabe, deren Wahrnehmung er durch die bezahlte Freistellung ermöglicht, selbst wiederum einen besonderen Nutzen empfängt. Damit führt das Gericht die besondere Begünstigung des Arbeitgebers durch die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe als Maßstab für die Reichweite der Fürsorgepflicht ein. Aber nicht nur das BVerfG, auch die Rechtsprechung des BAG und das rechtswissenschaftliche Schrifttum setzen den Maßstab der besonderen Begünstigung zur Konkretisierung der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht ein. Das BAG leitet die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit des Arbeitgebers für die Bezuschussung des Mutterschaftsgeldes daraus ab, daß dieser „zur Erreichung des Unternehmenszwecks der Mitwirkung seiner Arbeitnehmerinnen bedarf und diese andererseits zur Existenzsicherung ihre Arbeitskraft einsetzen müssen und ohne Entgeltfortzahlung die Gesundheit von Mutter und Kind gefährdet sein könnte.“1236 Mit dieser Aussage umschreibt das BAG in der Sache den Grundgedanken der Fürsorgepflicht. Das Kriterium der Zurechnung des Kostenaufwandes zum einzelnen Arbeitsverhältnis benennt das Gericht, wenn es sodann hinzufügt, es sei zu berücksichtigen, daß die Gesundheit der Mütter, soweit sei Arbeitnehmerinnen seien, den Arbeitgebern zugute komme.1237 Ob die Gesundheit der Arbeitnehmerin als Vorteil für den Arbeitgeber dessen Finanzierungsverantwortung aus dem Fürsorgegedanken zu begründen vermag, wird noch zu sehen sein; fest steht in jedem Fall, daß auch das BAG die Reichweite der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht nach dem Kriterium der besonderen Begünstigung bestimmt. Schließlich wird auch in der Literatur die Vermittlung besonderer Vorteile für den Arbeitgeber als zweites Zurechnungskriterium neben der „Veranlassung“, also der (positiven) Kausalität des Arbeitgeberhandelns für die Schutz- und Absicherungsbedürftigkeit der Arbeitnehmerin, vorgeschlagen. Habe der Arbeitgeber für das Entstehen des Lohnfortzahlungsaufwandes keine Veranlassung gege1235 1236 1237

BVerfG, a. a. O., S. 237. BAGE 81, 222 (229). BAG, ebd.

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ben, so könne der Kostenaufwand gleichwohl dem einzelnen Arbeitsverhältnis zugerechnet werden, wenn aus den Zwecken der Lohnfortzahlung auch für den Arbeitgeber Vorteile erwachsen, wenn sich die bezahlte Freistellung der Arbeitnehmerin also auch im Interesse des Arbeitgebers auswirkt und für diesen von greifbarem Nutzen ist.1238 Andere Zurechnungskriterien als die Veranlassung der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber und dessen besondere Begünstigung durch die bezahlte Freistellung werden in der Literatur nicht vorgeschlagen. cc) Zwischenergebnis Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung bestimmt die Reichweite der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers danach, ob der Kostenaufwand der Lohnfortzahlung dem individuellen Arbeitsverhältnis zugerechnet werden kann. Als Zurechnungskriterium verwendet das BVerfG neben Kausalitätserwägungen die Begünstigung des Arbeitgebers durch die im Wege der Lohnfortzahlung finanzierte Tätigkeit des Arbeitnehmers. Dieses Vorteilskriterium findet auch in der Rechtsprechung des BAG Einsatz. Soweit das rechtswissenschaftliche Schrifttum spezifische Kriterien zur Bestimmung des Umfangs der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht herausarbeitet, schlägt es die Merkmale der „Veranlassung“, also der positiven Kausalität des Arbeitgeberhandelns für die finanzielle Absicherungsbedürftigkeit des Arbeitnehmers, und der besonderen Begünstigung des Arbeitgebers durch die Lohnfortzahlung vor. e) Die Rechtfertigung des Arbeitgeberzuschusses aus der Fürsorgepflicht Die finanzielle Sonderbelastung der Arbeitgeber wäre vor dem Prinzip der Lastengleichheit aus der Fürsorgepflicht des einzelnen Arbeitgebers für die Gesundheit und das Wohl seiner Arbeitnehmerin gerechtfertigt, wenn die Zwecke des Entgeltschutzes zugunsten der erwerbstätigen Mutter die Grenzen der Fürsorgepflicht nicht überschreiten. Die Reichweite der Fürsorgepflicht wird in der Rechtsprechung des BVerfG und des BAG sowie in der Literatur nach den Maßstäben der kausalen Verantwortlichkeit und der besonderen Begünstigung des Arbeitgebers bestimmt. Allein für den Ansatz des BVerfG, die Kosten einer bezahlten Freistellung unter dem Aspekt der hypothetischen Kausalität dem individuellen Arbeitsverhältnis zuzurechnen, wurde festgehalten, daß sich eine besondere Finanzierungsverantwortung des Arbeitgebers auf diesem Wege nicht 1238 E. Kreßel, Lastenverteilung im Arbeitsrecht, in: FS f. Wolfgang Gitter, 1995, S. 491 (494, 497); ders., Anmerkung zu BAG, AP Nr. 13 zu § 14 MuSchG 1968, Bl. 1448, C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 94, 107, 116; vgl. auch W. Zöllner, Gerechtigkeit im Arbeitsverhältnis, in: FS f. Alfred Söllner, 2000, S. 1297 (1310).

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begründen läßt. Es ist daher anhand der Kriterien der Veranlassung – der positiven, empirischen Kausalität – und der besonderen Begünstigung zu untersuchen, ob sich aufgrund der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit des Arbeitgebers für die Zwecke des Entgeltschutzes feststellen läßt. So ließe sich die Kostenlast der Entgeltfortzahlung an die schwangere Arbeitnehmerin und sodann junge Mutter dem individuellen Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin zuordnen, wenn die wesentliche Ursache für die finanzielle Absicherungsbedürftigkeit der Erwerbstätigen aus der Sphäre des Arbeitgebers stammte. Fraglos der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen sind die Gesundheitsgefahren, die Mutter und Kind im Falle einer Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerin an ihrem Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers drohen. Der Kausalzusammenhang zwischen dem gefahrvollen Arbeitsumfeld und der Gesundheit von Mutter und Kind ist jedoch, wie festgestellt, ein hypothetischer, der bereits durch das Weiterbeschäftigungsverbot gem. §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG unterbrochen wird. Die unmittelbare Ursache sowohl der Freistellungspflicht als auch der finanziellen Absicherungsbedürftigkeit der Arbeitnehmerin liegt in deren Schwangerschaft. Diese Schwangerschaft ist jedoch in keiner Weise positiv kausal mit dem Arbeitsverhältnis verbunden; es handelt sich um einen Umstand aus der Sphäre der Arbeitnehmerin, der gänzlich außerhalb des Arbeitsverhältnisses und damit – jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Veranlassung – auch außerhalb der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers liegt.1239 Dies bedeutet freilich nicht, daß auch die Sicherung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage der Arbeitnehmerin deren Verantwortlichkeitssphäre überlassen bleiben muß. Die Gesundheit und das Wohlergehen von Mutter und Kind sind als Gemeinwohlbelange anerkannt.1240 Läßt sich jedoch eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe wie derjenigen der Arbeitgeber nicht begründen, so obliegt die Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe, wie es die Regel ist, der Allgemeinheit der Steuerzahler. Ob dies auch für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld zu gelten hat oder ob diese Sonderbelastung der Arbeitgeber aus anderen Gesichtspunkten gerechtfertigt ist, bleibt zu sehen. Zunächst aber ist festzuhalten: Wird als Kriterium der Zurechnung des Lohnfortzahlungsaufwandes zum einzelnen Arbeitsverhältnis nicht eine hypothetische, sondern eine positive Kausalität herangezogen, wie dies auch die Literatur überwiegend befürwortet, so lassen sich die Lasten des Entgeltschutzes nicht dem Arbeitsverhältnis zuordnen. Der wesentliche Grund für die besondere Schutzbe1239 Zu diesem Ergebnis gelangen auch W. Zöllner, Gerechtigkeit im Arbeitsverhältnis, in: FS f. Alfred Söllner, 2000, S. 1297 (1302); C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 79, 94. 1240 Siehe oben § 14 D III 3 a).

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dürftigkeit der erwerbstätigen Mutter, ihre Schwangerschaft, findet seine Ursache nicht im Arbeitsverhältnis. Die Reichweite der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht erweist sich bei dieser Betrachtung als überschritten. Möglicherweise ließe sich der Kostenaufwand der Entgeltfortzahlung gem. § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG aber deshalb dem Arbeitsverhältnis zurechnen, weil aus der bezahlten Freistellung der schwangeren Arbeitnehmerin auch besondere Vorteile für den Arbeitgeber erwachsen. In diese Richtung weist die Argumentation des BAG, die Gesundheit der Mütter komme, soweit diese Arbeitnehmerinnen seien, auch den Arbeitgebern zugute.1241 Richtig ist, daß es ein wesentliches Ziel sowohl des Beschäftigungsverbotes als auch des Entgeltschutzes bildet, der Arbeitnehmerin in den Wochen bis zur Entbindung die Schonung, in den daran anschließenden Wochen die Wiederherstellung ihrer Gesundheit und ihrer körperlichen Kräfte zu ermöglichen. Diese soll sich weder durch eine arbeitsvertragliche Pflicht zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung noch durch materielle Zwänge zur Aufnahme einer sonstigen Erwerbstätigkeit veranlaßt sehen.1242 Allerdings entspricht es nicht der Zwecksetzung des gesetzlichen Mutterschutzes, die Gesundheit der erwerbstätigen Mutter im Interesse des Arbeitgebers zu schützen. Letztes Ziel der mutterschutzrechtlichen Regelungen ist es vielmehr, die Gesundheit und das Wohl des Kindes gegenüber allen Gefährdungen abzuschirmen, die sich für dieses aus der Erwerbstätigkeit der Mutter ergeben können. Freilich schützt das Mutterschutzrecht die Gesundheit der Arbeitnehmerin nicht nur um derjenigen des Kindes, sondern auch um ihrer selbst willen. Die Interessen Dritter, etwa des Arbeitgebers, nimmt das Mutterschutzrecht jedoch nicht in den Blick; es ist daher nicht darauf ausgerichtet, diesen in besonderer Weise zu begünstigen. Wenngleich es nicht der Zielsetzung der mutterschutzrechtlichen Bestimmungen entspricht, dem Arbeitgeber besondere Vorteile zu vermitteln, so ist dadurch nicht ausgeschlossen, daß sich die bezahlte Freistellung der Arbeitnehmerin für eine Dauer von 14 Wochen tatsächlich zu dessen Gunsten auswirkt. Hierbei ist zwischen den Wochen vor und nach der Entbindung zu unterscheiden. Während der ersten sechs Wochen stehen der Arbeitnehmerin die Gefahren und Anstrengungen der Geburt noch bevor, ihre Aufmerksamkeit wird darauf gerichtet sein, sich zu schonen und die Gesundheit des Kindes keinerlei Gefährdungen auszusetzen. In den Wochen nach der Entbindung steht zwar das Wohl des Kindes insoweit noch im Mittelpunkt, als das Neugeborene in besonderem Maße der physischen und emotionalen Zuwendung seiner Mutter bedarf. Daneben jedoch tritt auch für die Mutter in den Vordergrund, sich von den Belastungen der Geburt zu erholen, ihre Gesundheit und ihre körperlichen Kräfte wie1241

BAGE 81, 222 (229). BAGE 52, 177 (179); 81, 222 (226); ähnlich P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 24. 1242

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derherzustellen. In dieser Hinsicht ist die tatsächliche Entwicklung ab der Geburt also den Interessen des Arbeitgebers gleichgerichtet. Dieser hegt ein gesteigertes Interesse daran, daß die Arbeitnehmerin, die nach Ablauf der Mutterschutzfrist ihre Erwerbstätigkeit wieder aufzunehmen gedenkt, ihre körperliche Leistungsfähigkeit rechtzeitig wiederherstellt. Für die Verwirklichung dieses Zwecks schafft die bezahlte Freistellung der Mutter für weitere acht Wochen nach der Geburt die geeigneten Rahmenbedingungen. Dies wirkt sich auch im Interesse des Arbeitgebers aus. Eine begünstigende Wirkung auch für den Arbeitgeber kann dem Entgeltschutz nach dem MuSchG daher durchaus zuerkannt werden. Die Vorteilswirkung dürfte sich allerdings auf die Wochen nach der Geburt des Kindes beschränken und auch in dieser Zeit mit der Inanspruchnahme der mütterlichen Aufmerksamkeit durch die Bedürfnisse des Kindes konkurrieren. Zudem handelt es sich nicht um die gesetzgeberisch intendierte, sondern um eine faktische Wirkung des Mutterschutzrechts. Um die Bedeutung zu ermessen, die dieser auch für den Arbeitgeber günstigen Wirkung des Entgeltschutzes für die gleichheitsrechtliche Legitimation des Arbeitgeberzuschusses zukommt, müssen die Vorteile in ein Verhältnis zu dem Ausmaß der finanziellen Sonderbelastungen der Arbeitgeber gesetzt werden. Dabei ist nochmals darauf hinzuweisen, daß der Anteil des Arbeitgeberzuschusses an den Gesamtlasten des Entgeltschutzes die Anteile des Staates und der Sozialversicherungsträger spätestens seit Beginn der neunziger Jahre übertrifft;1243 seit dieser Zeit tragen die Arbeitgeber in Form des „Zuschusses“ tatsächlich die Hauptlast der mutterschutzrechtlichen Entgeltfortzahlung. Um eine finanzielle Sonderbelastung dieser Intensität aus dem Gedanken der besonderen Begünstigung zu rechtfertigen, wäre zu fordern, daß die Vorteile des Entgeltschutzes für die Arbeitgeber die begünstigenden Wirkungen für andere Gruppen und die Allgemeinheit bei weitem übertreffen. Soeben wurde gesehen, daß sich für den Arbeitgeber tatsächlich gewisse Vorteile aus der finanziellen Absicherung der Mutter ergeben. Sie resultieren daraus, daß das jedenfalls ab der Geburt einsetzende Interesse der Mutter, ihre eigene körperliche Leistungsfähigkeit wiederherzustellen, auch das Interesse des Arbeitgebers widerspiegelt. Allerdings wird nur ein Teil der vierzehnwöchigen Mutterschutzfrist durch diese Entwicklung geprägt und auch während dieser Zeit steht die Vorteilswirkung zugunsten des Arbeitgebers neben den Bedürfnissen des Kindes und dem Eigeninteresse der Arbeitnehmerin eher am Rande. Hieraus sind zwei Folgerungen zu ziehen: Erkennt man zum einen in der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, konkretisiert durch das Kriterium der besonderen Begünstigung, einen sachlichen Rechtfertigungsgrund für die finanzielle Sonderbelastung mit dem Arbeitgeberzuschuß, so steht angesichts des beschriebenen Mißverhältnisses von Begünstigungswirkung und Belastungsintensität 1243

Siehe hierzu bereits oben § 4 C II.

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weniger die Rechtfertigung dieser Sonderlast dem Grunde nach als vielmehr die Angemessenheit ihres Ausmaßes in Frage. Allerdings hat vor dem Prinzip der Lastengleichheit nur eine solche Sonderbelastung zu Gemeinwohlzwecken Bestand, die auch in ihrer Belastungsintensität durch den zugrundeliegenden Tatbestand der Sonderverantwortlichkeit gedeckt ist, bei der also der Umfang der Inanspruchnahme mit der Reichweite der besonderen Verantwortung „korreliert“.1244 Für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld folgt aus dem erheblichen Mißverhältnis zwischen dem Ausmaß, in dem die Entgeltfortzahlung sich für die Arbeitgeber begünstigend auswirkt, und der Intensität der Sonderbelastung dieser Gruppe, daß die Zuschußpflicht in ihrer gegenwärtigen Belastungsintensität nicht vor dem Prinzip der Lastengleichheit gerechtfertigt, also gleichheitswidrig ist.1245 Da das Korrelationsgebot die Verbindung zwischen dem Prinzip der Lastengleichheit und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – im engeren Sinne – herstellt,1246 ist das Ausmaß der Belastung der Arbeitgeber, dem keine entsprechende Finanzierungsverantwortlichkeit gegenübersteht, auch unangemessen. Als Ergebnis der Untersuchung, ob der Eingriff in die Berufsfreiheit der Arbeitgeber durch die Zuschußpflicht gem. § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügt, war festgehalten worden, daß der Arbeitgeberzuschuß unter der Voraussetzung, daß die Gruppe der Arbeitgeber eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Zwecke des Entgeltschutzes aufweist, verhältnismäßig ist;1247 denn bei einer alleinigen Betrachtung der Zweck-Mittel-Relation war nicht festzustellen, daß das Ausmaß der Inanspruchnahme der Arbeitgeber zu dem Gewicht und der Dringlichkeit des Mutterschutzes außer Verhältnis steht. Wie sich nun zeigt, fehlt die Voraussetzung einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit und damit auch die Grundlage einer verhältnismäßigen Sonderbelastung der Arbeitgeber. Setzt man die Reichweite der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht in ein Verhältnis zu dem gegenwärtigen Ausmaß der Sonderbelastung, so erweist sich, daß die Arbeitgeber aufgrund der Verpflichtung aus § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG in erheblichem Umfang eine Gemeinwohlaufgabe finanzieren, für die nicht sie, sondern die Allgemeinheit der Steuerzahler, möglicherweise auch die Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten finanzierungsverantwortlich ist. Auch die Literatur gelangt überwiegend zu dem Ergebnis, daß die Arbeitgeber mit dem Hauptanteil 1244

Siehe oben § 16 B III und § 16 D VI. Die Erstreckung des Umlageverfahrens „U 2“ auf nahezu alle Arbeitgeber durch das Gesetz über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen vom 22. 12. 2005 (BGBl. I S. 3686 (3690)) bleibt insoweit ohne Auswirkung, da sie weder die Belastung der Arbeitgeber als Gesamtgruppe noch die durchschnittliche Belastung des einzelnen Arbeitgebers verändert, siehe hierzu bereits § 4 E. 1246 Siehe oben § 16 D VI. 1247 Siehe oben § 14 D V. 1245

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

an den Kosten des Entgeltschutzes nach dem MuSchG eine Gemeinlast tragen und ihre Inanspruchnahme daher vor dem Gebot der Lastengleichheit keinen Bestand haben kann.1248 Noch eine zweite Folgerung ist aus dem Mißverhältnis zwischen dem Umfang der Sonderverantwortung der Arbeitgeber und der Intensität ihrer Belastung zu ziehen. Da die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers als Rechtfertigung des Arbeitgeberzuschusses nicht von vornherein ausscheidet, vielmehr eine gewisse Begünstigungswirkung tatsächlich eintritt, könnte der Gesetzgeber durch eine Verringerung der Kostenlast für die Arbeitgeber eine gleichheitsrechtlich gerechtfertigte und am Maßstab der Berufsfreiheit zumutbare Finanzierungspflicht der Arbeitgeber herstellen. Hierzu bedürfte es einer Korrektur der gegenwärtigen Lastenverteilung. Auf welche Weise der Gesetzgeber die Sonderbelastung der Arbeitgeber auf ein gerechtfertigtes Ausmaß zurückführt, unterliegt dabei weitgehend seiner Gestaltungsbefugnis. Neben einer Kostenübernahme durch den Staat kommt auch in Betracht, die Lasten des Entgeltschutzes in vollem Umfang der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuweisen.1249 Bei dieser Lösung wären die Arbeitgeber weiterhin hälftig an der Finanzierung des Entgeltschutzes beteiligt, wobei fraglich ist, ob auch diese Belastung nicht den Umfang ihrer Finanzierungsverantwortung für die finanzielle Absicherung der Arbeitnehmerin während der Mutterschutzfristen übersteigt. Allerdings wäre diese Lösung vor dem Hintergrund zu sehen, daß schon seit dem Jahr 2004 die Aufwendungen der Krankenkassen für den Mutterschutz teilweise durch den Bund aus Steuermitteln erstattet werden, da der Gesetzgeber das Mutterschaftsgeld inzwischen als versicherungsfremde Leistung ansieht.1250 1248 W. Zöllner, Gerechtigkeit im Arbeitsverhältnis, in: FS f. Alfred Söllner, 2000, S. 1297 (1306); ders./K.-G. Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., 1998, S. 234; E. Kreßel, Anmerkung zu BAG, AP Nr. 13 zu § 14 MuSchG 1968, Bl. 1448, 1449; C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 94, 102, 104; P. Meisel/H.-H. Sowka, Mutterschutz, Kommentar, 5. Aufl., 1999, Einleitung Rn. 29; H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 (1123); E. Eichenhofer, BB 2004, S. 383; H. Kube, JZ 2004, S. 358 (360); W. Leisner, DB 2004, S. 598 (602); vgl. auch das Parteivorbringen der Beklagten in BAGE 81, 222 (223 f.) (Vorinstanz zu BVerfGE 109, 64 – Arbeitgeberzuschuß III). 1249 Eine detaillierte Auseinandersetzung mit alternativen Möglichkeiten der Lastenverteilung findet sich bei H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 (1127 ff.). – Das Gesetz über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen führt zu keiner dauerhaften finanziellen Belastung der Krankenkassen, da die Erstattungsleistungen im Wege des Umlageverfahrens gem. § 7 AAG durch die beteiligten Arbeitgeber finanziert werden. 1250 Durch Art. 1 Nr. 141 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. 11. 2003 (BGBl. I S. 2190 (2229)) wurde § 221 SGB V dahingehend geändert, daß der Bund den Krankenkassen zur pauschalen Abgeltung von Aufwendungen für versicherungsfremde Leistungen Finanzmittel zuwendet, die von 2004 bis 2006 auf einen Betrag von 4,2 Mrd. Euro jährlich ansteigen und ab dann in dieser Höhe gewährt werden. Zu versicherungsfremden Leistungen in diesem Sinne, die „keinen Bezug zu Krankheit haben und gesamtgesellschaftliche Aufgaben darstellen“, zählt die Gesetzesbegründung auch das Mutterschaftsgeld (vgl. die Begründung

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Würde diese Erstattung beibehalten, so sänke die finanzielle Belastung der Arbeitgeber durch deren Anteile an den Krankenversicherungsbeiträgen ihrer Arbeitnehmer auf weniger als die Hälfte der Gesamtkosten des Entgeltschutzes nach §§ 13, 14 MuSchG und entspräche dann – unter Beachtung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes – möglicherweise deren Finanzierungsverantwortung. De lege lata entbehrt der Arbeitgeberzuschuß jedoch einer hinreichenden Rechtfertigung vor dem Prinzip der Lastengleichheit und erweist sich darin als Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG. f) Gegenprobe – Rechtfertigung anderer Lohnfortzahlungspflichten aus dem Fürsorgegedanken Ein Vergleich mit anderen Lohnfortzahlungsregelungen, die ebenfalls aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gerechtfertigt werden, kann die Gleichheitswidrigkeit des Arbeitgeberzuschusses verdeutlichen. Als Beispiele können hier der Anspruch des Arbeitnehmers auf Gewährung bezahlten Erholungsurlaubs gem. § 1 BUrlG sowie die Entgeltfortzahlung bei Erkrankung des Arbeitnehmers gem. § 3 EFZG dienen. Die Rechtfertigung des bezahlten Erholungsurlaubs gem. § 1 BUrlG aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist unumstritten. Bereits vor Inkrafttreten des Bundesurlaubsgesetzes zum 1. Januar 1963 wurden die Ansprüche der Arbeitnehmer auf Gewährung bezahlten Erholungsurlaubs, die sich bis dahin aus landesrechtlichen Regelungen ergaben, auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für das Wohl des Arbeitnehmers gestützt.1251 Zwar konstruiert die neuere arbeitsrechtliche Dogmatik den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub als Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers, der auch dann weiterbesteht, wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung, den Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit zu Erholungszwecken von dessen Pflicht zur Arbeitsleistung freizustellen, nachgekommen ist.1252 Diese dogmatische Konstruktion stellt jedoch die Legitimationsgrundlage des Erholungsurlaubs in der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht nicht in Frage, da die Nebenpflicht des Arbeitgebers, die Verpflichtung des Ar-

des Regierungsentwurfs zum GMG, BT-Drs. 15/1170, S. 59, sowie H. Buchner, NZA 2004, S. 1121 (1129)). 1251 W. Leinemann, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, § 88 Rn. 2; H.-J. Dörner, in: T. Dieterich/P. Hanau/G. Schaub (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., 2001, § 1 BUrlG Rn. 1. 1252 Vgl. BAG, Urteil vom 13. 5. 1982, AP Nr. 4 zu § 7 BUrlG; BAG, Urteil vom 9. 6. 1998, AP Nr. 23 zu § 7 BUrlG; st. Rspr. – Aus dem Schrifttum W. Leinemann, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, § 89 Rn. 6 m.w. N.; H.-J. Dörner, in: T. Dieterich/P. Hanau/G. Schaub (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., 2001, § 1 BUrlG Rn. 13; a. A. W. Zöllner/ K.-G. Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., 1998, S. 210 f.

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beitnehmers zur Erfüllung seiner Arbeitspflichten für die Dauer des Urlaubs zu beseitigen, aus dessen Fürsorgepflicht erwächst. Der Zusammenhang zwischen Fürsorge und bezahltem Erholungsurlaub tritt klar zutage. Da der Arbeitnehmer seine Zeit und seine Arbeitskraft in die Tätigkeit für den Arbeitgeber investiert, um hieraus seine Lebensgrundlage zu empfangen, ist er daran gehindert, auf andere Weise die finanziellen Voraussetzungen für eine Urlaubszeit zu Erholungszwecken zu schaffen. Gleichzeitig bedarf der Arbeitnehmer gerade infolge seiner Arbeitstätigkeit zeitweise der Erholung. Mit größerer Eindeutigkeit als beim Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld gelingt für den Anspruch auf Erholungsurlaub die Zurechnung des Lohnfortzahlungsaufwandes zum einzelnen Arbeitsverhältnis. Zum einen liegt die wesentliche Ursache für die Erholungsbedürftigkeit des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis begründet. Der Gesetzgeber geht davon aus, daß das Bedürfnis des Arbeitnehmers nach Erholung und Wiederherstellung seiner Kräfte aus dem Einsatz seiner Arbeitskraft für den Arbeitgeber resultiert. Dieser Kausalzusammenhang bildet zwar keine Tatbestandsvoraussetzung des Anspruchs aus § 1 BUrlG, wie daran zu erkennen ist, daß das Gesetz nicht verlangt, daß der Arbeitnehmer vor Antritt seines Urlaubs tatsächlich seiner Arbeitspflicht nachgekommen ist.1253 Der Zusammenhang von Arbeitstätigkeit und Erholungsbedarf liegt dem Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub jedoch als gesetzgeberische Vermutung zugrunde.1254 Zum anderen deckt sich das Ziel des bezahlten Erholungsurlaubs während der gesamten Dauer der Freistellung mit den Interessen des Arbeitgebers. Der Zweck der Urlaubsgewährung liegt darin, dem Arbeitnehmer Raum zur Erholung durch eine selbstbestimmte Gestaltung seiner Freizeit zu geben und ihm hierdurch die Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit zu ermöglichen.1255 Die Gesetzesbegründung zum Bundesurlaubsgesetz formuliert den Zweck des Erholungsurlaubs prägnant als „Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft“.1256 Diese Zwecksetzung ist auch aus § 8 BUrlG ablesbar, wonach es dem Arbeitnehmer untersagt ist, während des Urlaubs einer dem Urlaubszweck widersprechenden Erwerbstätigkeit nachzugehen. In diesem Verbot an den Arbeitnehmer kommt die Intention des Gesetzgebers zum Ausdruck, zugunsten 1253 H.-J. Dörner, in: T. Dieterich/P. Hanau/G. Schaub (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., 2001, § 1 BUrlG Rn. 10 f. m.w. N. 1254 W. Leinemann, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, § 89 Rn. 11. 1255 W. Zöllner/K.-G. Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., 1998, S. 212; W. Leinemann, in: R. Richardi/O. Wlotzke (Hrsg.), Münchener HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, § 89 Rn. 10 ff.; F. Schütz, in: W. Leinemann (Hrsg.), Kasseler HdbArbR, Bd. 1, 2. Aufl., 2000, Abschn. 2.4 Rn. 40. 1256 Begründung zum Entwurf der Fraktion der CDU/CSU, BT-Drs. IV/207, S. 3; ebenso der Bericht des Ausschusses für Arbeit, BT-Drs. IV/785, S. 1.

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des Arbeitgebers sicherzustellen, daß die Freistellung, die diesen belastet, die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers auch tatsächlich wiederherstellt, anstatt diese weiter zu beeinträchtigen; der Arbeitnehmer soll davon abgehalten werden, seine Arbeitskraft anderweitig gegen Entgelt einzusetzen, anstatt sie zu regenerieren.1257 Zweck der Gewährung bezahlten Erholungsurlaubs ist es somit, die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers wiederherzustellen. Die Verwirklichung dieses Zwecks dient jedoch nicht allein dem Wohl und Eigeninteresse des Arbeitnehmers, sondern liegt auch im besonderen Interesse des Arbeitgebers. Vor allem aber bildet die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit den zentralen Zweck des Urlaubsanspruchs aus § 1 BUrlG und nicht, wie dies für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld festgestellt worden ist, lediglich eine tatsächliche Auswirkung der bezahlten Freistellung, die zudem auf einen Teil der Schutzfrist beschränkt ist. In dieser eindeutigen Zurechenbarkeit des Lohnfortzahlungsaufwandes zum individuellen Arbeitsverhältnis unterscheidet sich die Gewährung bezahlten Erholungsurlaubs daher von der Zuschußpflicht des Arbeitgebers gem. § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG. Ähnliches gilt für die Zurechnung des Kostenaufwandes aus der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall des Arbeitnehmers gem. § 3 EFZG zum einzelnen Arbeitsverhältnis. Zwar wird für die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht vermutet, sie habe ihre Ursache in der Arbeitstätigkeit und damit in der Sphäre des Arbeitgebers.1258 Ist dies jedoch der Fall, so sind jedenfalls die Voraussetzungen des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung erfüllt, da ein Verschulden des Arbeitnehmers, welches den Anspruch gem. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG ausschließen könnte, vor diesem Hintergrund ausscheidet. Der wesentliche Zweck des § 3 EFZG geht nun dahin, dem Arbeitnehmer eine Zeit einzuräumen, in der dieser, frei von Sorgen um die Erhaltung und Sicherung seiner Lebensgrundlage, von seiner Krankheit genesen kann. Gleichgerichtet mit dem Interesse des Arbeitnehmers an der Besserung seiner Gesundheit ist wiederum das Interesse des Arbeitgebers an einer baldigen und nachhaltigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit seines Beschäftigten. Der Zweck der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entspricht daher, wie auch für § 1 BUrlG beobachtet wurde, während der gesamten Dauer der bezahlten Freistellung dem zentralen Anliegen des Arbeitgebers. Insoweit unterscheidet sich auch die Regelung des § 3 EFZG in der Zurechenbarkeit des Kostenaufwandes zum individuellen Arbeitsverhältnis von der Situation des Arbeitgeberzuschusses.

1257 H.-J. Dörner, in: T. Dieterich/P. Hanau/G. Schaub (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., 2001, § 8 BUrlG Rn. 1; R. Linck, in: G. Schaub/U. Koch/ ders., Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., 2005, § 102 Rn. 50. 1258 Diese Möglichkeit wird jedoch hervorgehoben von C.-W. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva, 1997, S. 115 f.; ähnlich R. Wank, Arbeiter und Angestellte, 1992, S. 157.

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Freilich dienen beide Beispielsregelungen, der Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub wie auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, nicht allein den Interessen des Arbeitgebers, sondern in hohem Maße auch den eigenen Anliegen des Arbeitnehmers und dessen Familie. Wenn gleichwohl die Zurechenbarkeit des jeweiligen Kostenaufwandes zum einzelnen Arbeitsverhältnis und damit die Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastungen des Arbeitgebers aus dem Fürsorgegedanken für beide Regelungen nahezu unbestritten ist,1259 so liegt dies auch darin begründet, daß der Gesetzgeber für beide Lohnfortzahlungspflichten Vorkehrungen getroffen hat, welche die Belastung des Arbeitgebers in ihrer Intensität begrenzen und auf das Maß seiner finanziellen Sonderverantwortung beschränken. Zunächst sind beide Lohnfortzahlungspflichten in ihrer Dauer auf das aus Sicht des Gesetzgebers notwendige Ausmaß beschränkt.1260 § 3 Abs. 1 BUrlG begrenzt den Zeitraum, in dem bezahlter Erholungsurlaub zu gewähren ist, auf eine Mindestanzahl von 24 Tagen. In ähnlicher Weise sieht § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG die Entgeltfortzahlung an den erkrankten Arbeitnehmer nur bis zu einer Krankheitsdauer von sechs Wochen vor. Die Belastung des Arbeitgebers mit der Verpflichtung, bezahlten Erholungsurlaub zu gewähren, wird weiter dadurch abgemildert, daß der Arbeitgeber nach § 7 Abs. 1 BUrlG nicht zwingend an die Wünsche des Arbeitnehmers zur zeitlichen Festlegung des Urlaubszeitpunktes und der Urlaubsdauer gebunden ist. Stehen insbesondere dringende betriebliche Belange den Wünschen des Arbeitnehmers entgegen, so sind auch die Interessen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Hierdurch wird zwar nicht die finanzielle Gesamtbelastung des Arbeitgebers gemindert, doch steigt zu dessen Gunsten die Voraussehbarkeit der Belastung, so daß dieser jedenfalls für die betriebsinternen Auswirkungen der Freistellung entsprechende Maßnahmen ergreifen kann. Noch greifbarer wird die Sonderbelastung des Arbeitgebers mit der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch das anspruchsaus-

1259 Erhebliche Zweifel an der Rechtfertigung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 EFZG vor dem Prinzip der Lastengleichheit äußert Rolf Wank (Arbeiter und Angestellte, 1992, S. 155 ff.). Er sieht in allen Fällen, in denen die Krankheit des Arbeitnehmers nicht unter Kausalitätsgesichtspunkten der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen ist, die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers überschritten. Da die Lohnfortzahlungspflicht zudem bei materieller Betrachtung wie eine Sonderabgabe zu Lasten des Arbeitgebers wirke, eine besondere Finanzierungsverantwortung in dessen Person jedoch in der Regel nicht bestehe, sei § 3 EFZG auch unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Sonderabgabe verfassungswidrig (a. a. O., S. 157). Darüber hinaus fehle es der Sonderbelastung als Beeinträchtigung der Berufsfreiheit der Arbeitgeber an der Erforderlichkeit, da eine Übernahme der Kosten durch die gesetzliche Krankenversicherung ein milderes Mittel darstelle (a. a. O., S. 154 f.). 1260 Zur Bedeutung der zeitlichen Begrenzungen von Lohnfortzahlungspflichten für die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung der Sonderbelastung des Arbeitgebers auch W. Zöllner, Gerechtigkeit im Arbeitsverhältnis, in: FS f. Alfred Söllner, 2000, S. 1297 (1303).

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schließende Merkmal des Arbeitnehmerverschuldens, § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG, abgemildert. Durch diese Vorkehrung des Gesetzgebers wird der Arbeitgeber vor finanziellen Sonderbelastungen geschützt, deren Ursache unter Wertungsgesichtspunkten der Verantwortlichkeitssphäre des Arbeitnehmers zuzuordnen ist.1261 Hat der Arbeitgeber die Ursache der Krankheit im Sinne eines „Verschuldens gegen sich selbst“ durch vorsätzliches oder besonders leichtfertiges Verhalten herbeigeführt, so unterbricht dies den Zurechnungszusammenhang zwischen Krankheit und Arbeitsverhältnis, der Kostenaufwand der Entgeltfortzahlung wird aus dem Umfang der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht ausgeschlossen. Sieht man von der zeitlichen Begrenzung der Mutterschutzfrist auf 14 Wochen gem. §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG ab, so bestehen Vorkehrungen, die den gerade betrachteten vergleichbar wären, für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld nicht. Freilich ist dies weitgehend auf die abweichenden Erfordernisse des Mutterschutzes zurückzuführen, wie sie sich insbesondere daraus ergeben, daß eine Schwangerschaft unter den Gesichtspunkten der Planbarkeit und Voraussehbarkeit nicht mit einem Erholungsurlaub zu vergleichen ist und zudem keine Frage eines „Verschuldens“ darstellt. Auch die Dauer der Mutterschutzfrist, welche die Höchstgrenzen der § 3 Abs. 1 BUrlG, § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG bei weitem übertrifft, ist in hohem Maße durch die medizinischen Notwendigkeiten des Gesundheitsschutzes der werdenden und jungen Mutter vorgegeben. Dennoch zeigt der Vergleich der Lohnfortzahlungspflichten, daß die Zurechnung des Kostenaufwandes für Erholungsurlaub und Arbeitnehmererkrankung zum einzelnen Arbeitsverhältnis wesentlich eindeutiger gelingt als im Falle des Arbeitgeberzuschusses, während Regelungen zur Begrenzung der finanziellen Gesamtbelastung des Arbeitgebers im Mutterschutzrecht erheblich schwächer ausgeprägt sind als in den beiden Vergleichsregelungen. Einer weniger weitreichenden Fürsorgepflicht des Arbeitgebers steht somit eine intensivere finanzielle Sonderbelastung gegenüber. Wenngleich ähnliche Kostenbegrenzungsregelungen wie in den beiden Vergleichsfällen für den Mutterschutz aus Sachgründen, die dem Einfluß des Gesetzgebers entzogen sind, nicht in Betracht kommen, ist es dem Gesetzgeber ohne weiteres möglich, die finanziellen Lasten des Entgeltschutzes nach dem MuSchG zu veränderten Anteilen zwischen der Gruppe der Arbeitgeber, der Gemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten und dem Staat zu verteilen. Der Vergleich mit den Lohnfortzahlungspflichten nach § 1 BUrlG und § 3 EFZG verdeutlicht somit das bereits formulierte Ergebnis, daß eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Arbeitgeber 1261 Zur verschuldeten Krankheit des Arbeitnehmers als Grenze der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers E. Kreßel, Lastenverteilung im Arbeitsrecht, in: FS f. Wolfgang Gitter, 1995, S. 491 (505).

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aus dem Fürsorgegedanken die Sonderbelastung durch den Arbeitgeberzuschuß in ihrem gegenwärtigen Ausmaß nicht zu rechtfertigen vermag. g) Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und das Gebot materieller Steuerdistanz von Sonderlasten Für die Zurechnung des aus § 14 Abs. 1 S. 1 MuSchG resultierenden Kostenaufwandes zum individuellen Arbeitsverhältnis wurde festgestellt, daß sich aus den tatsächlichen Wirkungen des Entgeltschutzes zugunsten der jungen Mutter gewisse Vorteile für den Arbeitgeber, der an einer raschen und nachhaltigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Arbeitnehmerin interessiert ist, ergeben. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist daher grundsätzlich imstande, den Arbeitgeberzuschuß vor dem Gebot der Lastengleichheit zu rechtfertigen, auch wenn eine Rechtfertigung der finanziellen Sonderbelastung aufgrund ihres Ausmaßes gegenwärtig ausscheidet. Sind die Voraussetzungen des Belastungsgrundes der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht jedoch im Falle des Arbeitgeberzuschusses grundsätzlich erfüllt, so bedarf der Klärung, ob die Rechtfertigung dieser Sonderlast aus dem Fürsorgegedanken auch in Einklang mit dem Distanzgebot zwischen Steuer und Sonderlasten auf Ebene des materiellen Belastungsgrundes steht. Als legitime Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts wurden zum einen die zurechenbare Verursachung eines besonderen hoheitlichen Handlungsbedarfs nach Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe, zum anderen der Ausgleich einer besonderen, hoheitlich vermittelten Begünstigung nachgewiesen.1262 Anläßlich der Untersuchung der Stromeinspeisungsregelung gem. §§ 4 ff., 14 EEG und des Herstellerabschlags auf Arzneimittel gem. § 130a Abs. 1 SGB V auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Lastengleichheit konnte beobachtet werden, daß sich sämtliche Erwägungen, die von Seiten des Gesetzgebers, der Rechtsprechung und der Literatur für die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung dieser Sonderlasten vorgetragen werden, diesen beiden Belastungsgründen zuordnen lassen. Bereits zuvor war jedoch festgestellt worden, daß der Gedanke der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers im Individualarbeitsrecht die Funktion eines bereichsspezifisch anerkannten Belastungsgrundes im Sinne der Lastengleichheit angenommen hat, sich in diesem Gedanken also ein bereichsspezifischer Gleichheitsmaßstab an Sonderlasten herausgebildet hat.1263 Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob die Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten aus dem Fürsorgegedanken – als weiterem Belastungsgrund neben den Tatbeständen der Veranlassung und der Vorteilsabschöpfung – die Gefahr

1262 1263

Siehe oben § 16 D V 2 h) aa). Siehe oben § 16 D IV 3.

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birgt, daß die Distanz von Steuer und Sonderlasten auf der Ebene des materiellen Belastungsgrundes unterschritten, die materielle Unterscheidbarkeit beider Formen von Geldleistungspflichten verwischt wird. Auch mit Hilfe arbeitsrechtlicher Lohnfortzahlungsregelungen darf es dem Gesetzgeber nicht möglich sein, unter finanzieller Sonderbelastung einzelner Gruppen Gemeinwohlaufgaben zu finanzieren, deren Finanzierung im Wege nichtsteuerlicher Abgabenerhebung an der mangelnden Einschlägigkeit der dort anerkannten Belastungsgründe scheitern würde. Der Gesetzgeber umginge hierdurch die Grundsätze der Belastungsgerechtigkeit, die im Recht der nichtsteuerlichen Abgaben besondere Ausprägung gefunden haben. Mehrere Umstände sprechen jedoch dafür, daß eine Rechtfertigung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld aus dem Gesichtspunkt der arbeitgeberischen Fürsorge das Gebot materieller Distanz zwischen Steuer und Sonderlasten unangetastet läßt. Soweit die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers als Belastungsgrund zur Rechtfertigung von Lohnfortzahlungspflichten herangezogen wird, ist die Gefahr, hierdurch könnte der Verlagerung von Gemeinlasten auf die Gruppe der Arbeitgeber Vorschub geleistet werden, bereits durch die beschränkten Einsatzmöglichkeiten von Lohnfortzahlungsregelungen begrenzt. Zur Verlagerung von Gemeinlasten eignen sich Lohnfortzahlungspflichten nur soweit, wie die Gemeinwohlaufgabe, deren Finanzierung der Gesetzgeber sicherstellen will, durch Arbeitnehmer im Rahmen einer bezahlten Freistellung wahrgenommen werden kann. Zwar halten die Entscheidungen des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Bildungsurlaubsgesetze Hessens und Nordrhein-Westfalens sowie des Hessischen Sonderurlaubsgesetzes Beispiele für ein solches Vorgehen des Gesetzgebers bereit. Insgesamt erscheint der Kreis von Gemeinwohlaufgaben, deren Wahrnehmung auf freigestellte Arbeitnehmer übertragen und deren Finanzierung hierdurch – unter Umständen gleichheitswidrig – den Arbeitgebern überbürdet werden kann, jedoch durch die Sachgesetzlichkeiten des Wirtschaftslebens begrenzt. Darüber hinaus hat der Gedanke der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers auch im Recht der nichtsteuerlichen Abgaben eine gewisse Anerkennung als sachlicher Grund zur Rechtfertigung abgabenrechtlicher Sonderlasten gefunden. Für die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen wurde festgestellt, daß neben dem Versicherungsprinzip auch das Prinzip des sozialen Ausgleichs – bisweilen als Fürsorgeprinzip bezeichnet1264 – die Zuweisung besonderer Finanzierungspflichten zu rechtfertigen vermag.1265 In verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung werden die Beiträge der Versicherten durch eine anteilige Belastung der Arbeitgeber erhoben; diese Sonderbelastung der Arbeitgeber mit einer 1264 Zur Verwendung und Abgrenzung der Begriffe Solidarausgleich und Fürsorge J. Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, 1973, S. 16 f. 1265 Siehe oben § 16 D V 2 f).

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nichtsteuerlichen Abgabe wird aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gerechtfertigt.1266 Der hierdurch legitimierte Arbeitgeberanteil wird zu den Grundstrukturen der Sozialversicherung gezählt, die der Verfassunggeber vorgefunden und in Art. 74 Abs. 1 Nr. 12, 87 Abs. 2 GG rezipiert hat.1267 Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist daher in einem Teilbereich des Rechts der nichtsteuerlichen Abgaben, dem Recht der Sozialversicherungsbeiträge, als legitimer Belastungsgrund für Sonderlasten, der das Gebot materieller Distanz zur Steuer wahrt, anerkannt. Schließlich ist es gerade für die Wahrung der materiellen Distanz von Steuer und Sonderlasten von Bedeutung, daß die legitimen Belastungsgründe für Sonderlasten begrifflich so präzise konkretisiert sind, daß sie Unterscheidungskraft entfalten können. Für den Belastungsgrund der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht wurde festgestellt, daß dieser der Konkretisierung dadurch bedarf, daß die rechtfertigungsbedürftige Kostenlast dem einzelnen Arbeitsverhältnis zugerechnet wird. Als Kriterien dieser Zurechnung, die von BVerfG, BAG und Schrifttum herangezogen werden, ist man wiederum den Belastungsgedanken der Veranlassung und des Vorteilsausgleichs begegnet, eben jenen Tatbeständen, die im Recht der nichtsteuerlichen Abgaben als eigenständige, „steuer-distante“ Belastungsgründe nachgewiesen worden waren. Die Verwendung dieser Zurechnungskriterien bietet eine hohe Sicherheit dagegen, daß der begrifflich weite und unbestimmte Belastungsgrund der Fürsorgepflicht dazu instrumentalisiert wird, Gemeinlasten auf die Gruppe der Arbeitgeber zu verlagern. Eignen sich diese Kriterien in ihrer Eigenschaft als eigenständige Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts dazu, eine Unterschreitung der materiellen Distanz von Steuer und Sonderlasten zu verhindern und hierdurch eine gegenüber der Steuer unterscheidungskräftige Legitimation von Sonderlasten zu gewährleisten, so vermögen sie diese Funktion auch in der Anwendung als Zurechnungskriterien bei der Bestimmung der Reichweite der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht zu erfüllen. Werden diese Kriterien sachgemäß zur Konkretisierung des Fürsorgegedankens eingesetzt, so besteht nur eine äußerst geringe Gefahr, daß finanzielle Sonderlasten in Gestalt von Entgeltfortzahlungspflichten gleichsam „unter dem Mantel“ der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht gerechtfertigt, tatsächlich aber am Maßstab der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der sonderbelasteten Gruppe, den Arbeitgebern, zugewiesen werden. Angesichts dessen ist es mit dem Gebot materieller Distanz von Steuern und Sonderlasten vereinbar, 1266 Hierzu BVerfGE 11, 105 (113, 116); 75, 108 (159); 81, 156 (185 f.); F. Kirchhof, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 93 Rn. 17; P. Kirchhof, in: J. Isensee/ders. (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 88 Rn. 273. 1267 BVerfGE 11, 105 (112); 75, 108 (146); aus dem Schrifttum B. Schulin, in: ders. (Hrsg.), HdbSozVersR, Bd. 1, § 53 Rn. 45; F. Kirchhof, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 93 Rn. 22; ders., Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2. Aufl., 2001, Rn. 254.

§ 16 Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz

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wenn Lohnfortzahlungspflichten wie der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld auf den Belastungsgrund der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht gestützt und hierdurch vor dem Prinzip der Lastengleichheit gerechtfertigt werden. h) Ergebnis zur Rechtfertigung des Arbeitgeberzuschusses Der Gesetzgeber des Mutterschutzgesetzes nimmt keine Stellung dazu, aus welchem Belastungsgrund er den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG vor dem Prinzip der Lastengleichheit gerechtfertigt sieht. Es ist davon auszugehen, daß er die Legitimation im Gedanken der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers erkennt, auf den sich finanzielle Sonderbelastungen des Arbeitgebers durch Lohnfortzahlungspflichten nach überkommener Auffassung stützen lassen. Lohnfortzahlungspflichten sind vor dem Gebot der Lastengleichheit nur dann aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gerechtfertigt, wenn sich der Kostenaufwand für den Arbeitgeber dem einzelnen Arbeitsverhältnis zurechnen läßt; unter dieser Voraussetzung wird der Arbeitgeber nicht zur Finanzierung einer Gemeinlast herangezogen. Das BVerfG, das BAG und die Literatur konkretisieren den Belastungsgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers durch die Kriterien der Veranlassung des Lohnfortzahlungsaufwandes sowie der besonderen Begünstigung des Arbeitgebers durch die Zwecke der Lohnfortzahlung. Es werden damit eben jene Belastungskriterien zur Präzisierung des Fürsorgegedankens verwendet, die sowohl im Recht der nichtsteuerlichen Abgaben als auch bei den übrigen Referenzregelungen dieser Untersuchung als eigenständige, „steuer-distante“ Belastungsgründe nachgewiesen wurden. Lediglich im Falle des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld hat das BVerfG die Reichweite der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht durch Erwägungen einer hypothetischen Kausalität konkretisiert und die Zuschußpflicht dadurch gerechtfertigt gesehen, daß die Gesundheitsgefahren, vor denen Mutter und Kind zu schützen seien, „unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis“ resultierten.1268 Dabei verkennt das Gericht, daß der Zurechnungszusammenhang zwischen den Gefahren des Arbeitsumfeldes und der Gesundheit der Arbeitnehmerin bereits dadurch unterbrochen wird, daß der Arbeitgeber seiner Freistellungspflicht nachkommt. Es führt damit Überlegungen zur effektiven Wahrnehmung einer Sachaufgabe als Legitimation einer finanziellen Sonderbelastung an. Wird die Zuschußpflicht gem. § 14 Abs. 1 MuSchG nach Maßgabe der Kriterien der Veranlassung – einer positiven, empirischen Kausalität – und der besonderen Begünstigung darauf untersucht, ob sich die Kosten des Zuschusses dem einzelnen Arbeitsverhältnis zurechnen lassen, so ergibt sich folgendes: Da 1268

BVerfGE 109, 64 (88) – Arbeitgeberzuschuß III.

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5. Teil: Vereinbarkeit mit den Grundrechten

die Schwangerschaft der Arbeitnehmerin als Ursache für deren finanzielle Absicherungsbedürftigkeit nicht der Verantwortlichkeitssphäre des Arbeitgebers entstammt, kann sie dem Arbeitsverhältnis unter dem Aspekt der Veranlassung nicht zugerechnet werden. Eine besondere Begünstigung des Arbeitgebers durch die finanzielle Absicherung der Arbeitnehmerin ergibt sich insofern, als sich die Mutter in den Wochen nach der Entbindung auch der Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit zuzuwenden vermag. Allerdings erreicht diese Vorteilswirkung zugunsten des Arbeitgebers nicht das Maß, bei dem sie als Legitimation der gegenwärtig den Arbeitgebern auferlegten Finanzlasten anzuerkennen wäre. Aufgrund des erheblichen Mißverhältnisses zwischen dem Umfang, in dem die Arbeitgeber durch die Wirkungen des § 14 Abs. 1 MuSchG begünstigt werden, und der Intensität ihrer finanziellen Sonderbelastung gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen genügt der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld nicht der Anforderung, wonach das Ausmaß einer besonderen Finanzierungspflicht mit deren Legitimationsgrund zu korrelieren hat. Aufgrund dessen erweist sich die Sonderbelastung sowohl als gleichheitswidrig wie auch als unangemessen im Sinne der Verhältnismäßigkeit. Dieser Befund wird durch einen Vergleich der Zuschußpflicht mit anderen Lohnfortzahlungspflichten, die aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gerechtfertigt werden, bestätigt.

Sechster Teil

Ergebnis – Die Anforderungen des Grundgesetzes an abgabenähnliche Vergütungsregelungen § 17 Die Verfassungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen – Zusammenfassung A. Tatbestand und Charakteristika abgabenähnlicher Vergütungsregelungen Die Untersuchung geht von einem Tatbestand der „abgabenähnlichen“ Vergütungsregelung aus, der durch drei Merkmale konstituiert wird. Kennzeichnend für diese Gesetzgebungsart ist zunächst die hoheitliche Belastung privaten Vermögens. Setzt der Gesetzgeber zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe eine fördernde Vergütungsregelung – den Regelfall des erzwungenen Finanztransfers zwischen Privaten – ein, so verändert er das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung innerhalb einer privatrechtlichen Vertragsbeziehung, die auf den Austausch von Waren und Dienstleistungen gerichtet ist, und belastet hierdurch eine Vertragspartei in ihrem Vermögen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung teilt sich die Leistung des benachteiligten Vertragspartners in einen Anteil, der dem Wert der Gegenleistung entspricht und folglich auch ohne gesetzgeberische Intervention hätte vereinbart werden können oder sogar vereinbart worden ist, sowie in einen Anteil, der den Wert der Gegenleistung übersteigt, den die Vertragspartei allein aufgrund gesetzlichen Zwangs erbringt und der ihr insofern hoheitlich auferlegt wird. In Höhe dieses Anteils nimmt der Gesetzgeber den belasteten Vertragsteil bei wirtschaftlicher Betrachtung zu einer Geldleistung zugunsten seines Vertragspartners in Anspruch, die ihre Grundlage nicht in der privatautonomen Vereinbarung der Parteien, sondern allein in gesetzlicher Anordnung findet und darin dem Staat zurechenbar ist. Mit dieser Geldleistung wird die begünstigte Vertragspartei finanziell zur Aufnahme oder Fortsetzung eines gemeinwohldienlichen Verhaltens befähigt und motiviert, zu der sie aufgrund ihrer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht in der Lage wäre; gleichzeitig stellt der Gesetzgeber die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe ohne Belastung der öffentlichen Haushalte sicher. Die Vermögensbelastung einer Gruppe von Freiheitsberechtigten zur unmittelbaren finanziellen Förderung einer anderen, in der Regel ebenfalls privaten Perso-

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6. Teil: Anforderungen des Grundgesetzes an Vergütungsregelungen

nengruppe und die hierdurch sichergestellte Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe kennzeichnen die abgabenähnliche Vergütungsregelung, die bisweilen auch „Quersubvention“ genannt wird.1 Bedient sich der Gesetzgeber zur Veranlassung fördernder Finanztransfers zwischen Privaten einer Vergütungsregelung, so ist der endgültige Träger der Mehrkostenlast nicht immer mit der Vertragspartei identisch, die durch die Preisregulierung benachteiligt wird. Bei neueren Erscheinungsformen abgabenund subventionsähnlicher Preisregelungen weist der Gesetzgeber die dauerhafte finanzielle Last bisweilen durch Erstattungs- oder Weiterwälzungsmechanismen einer Personengruppe zu, die an dem gesetzlich überformten Austauschverhältnis nicht selbst beteiligt ist, und fokussiert hierdurch die Förderwirkung der Regelung oder sorgt für eine gleichmäßige Lastenverteilung innerhalb des betroffenen Wirtschaftszweiges. Da sich das Erkenntnisinteresse der Untersuchung insbesondere darauf richtete, zu klären, ob die Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben auch auf abgabenähnliche Preisinterventionen Anwendung zu finden haben, wurde der Untersuchungsgegenstand auf solche Preis- und Lohnregelungen eingegrenzt, die eine nach bestimmten gemeinsamen Merkmalen von der Allgemeinheit abgrenzbare Personengruppe begünstigen, so daß eine sonderabgabenäquivalente Förderwirkung grundsätzlich denkbar erscheint. Vergütungsregelungen, deren Finanzierungswirkung der Allgemeinheit zugute kommt, wurden hierdurch von der Untersuchung ausgenommen. Aus der Funktion, die Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe durch Private sicherzustellen und dabei eine Belastung der öffentlichen Haushalte zu vermeiden, ergeben sich über die konstitutiven Tatbestandsmerkmale hinaus weitere gemeinsame Charakteristika von Zwangsvergütungen. Der Gesetzgeber reagiert mit diesem Instrument auf eine Entwicklung, bei der er bestimmte Anliegen des gemeinen Wohls durch die Ausübung grundrechtlicher Freiheiten, insbesondere durch Berufs- und Unternehmenstätigkeit, nicht mehr in dem von ihm für geboten erachteten Ausmaß verwirklicht sieht, und entscheidet sich für den lenkenden Eingriff in Wirtschaftsfreiheiten. Häufig begreift der Gesetzgeber seine Intervention als Antwort auf ein „Marktversagen“, wenn gerade die marktwirtschaftlichen Steuerungsmechanismen sich zur Gemeinwohlrealisierung als unzureichend erweisen. Bei dem Einsatz abgabenähnlicher Preisregelungen ist sich der Gesetzgeber bewußt, von der unbeeinflußten Entfaltung der Vertrags-, insbesondere der Preisvereinbarungsfreiheit, als Grundprinzip einer marktwirtschaftlichen Ordnung abzuweichen. Regelmäßig gibt er dies dadurch zu erkennen, daß er bei Erlaß der Regelung deren Ausnahmecharakter betont, ihre Anwendung befristet 1

Siehe oben § 1 D II.

§ 17 Die Verfassungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen

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oder der Exekutive den gesetzlichen Auftrag erteilt, den Fördermechanismus periodisch zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Dennoch weisen „Quersubventionen“ die Tendenz auf, sich über den ursprünglich intendierten Umfang ihres Einsatzes hinaus zu „verselbständigen“. Die Neigung des Gesetzgebers, eine als Übergangslösung oder als bloße Ergänzung öffentlicher Leistungen konzipierte Inanspruchnahme Privater beizubehalten und sie im Laufe der Zeit zu intensivieren, wird insbesondere durch die Referenzregelungen des Herstellerabschlags gem. § 130a Abs. 1 SGB V und des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG veranschaulicht. Aus der Funktion, die haushaltsneutrale Verwirklichung einer Gemeinwohlaufgabe zu gewährleisten, erklären sich auch die instrumentellen Alternativen, denen man bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung fördernder Vergütungspflichten wiederholt begegnet ist. Für solche Preisbestimmungen ist es charakteristisch, daß die Lösung von Interessenkonflikten um die Vergütungshöhe zunächst in Vereinbarungen zwischen Verbänden der beteiligten Parteien oder in Selbstverpflichtungserklärungen der Verbände gegenüber der Regierung gesucht wird. Typischerweise bleiben die Möglichkeiten zu konsensualer Regelung jedoch hinter den Finanzierungsanliegen des Gesetzgebers zurück, so daß schließlich doch eine gesetzliche Regelung an die Stelle informeller Handlungsformen tritt. Ebenso ist es für Zwangsvergütungen kennzeichnend, daß sie in einem Alternativitätsverhältnis zu einer abgabengestützten Finanzierung der betreffenden Gemeinwohlaufgabe stehen. Grundsätzlich kommt in Konstellationen, die den Einsatz einer fördernden Vergütungsregelung zulassen, auch in Betracht, den Kostenaufwand der Aufgabenwahrnehmung aus dem Aufkommen einer von der verantwortlichen Personengruppe erhobenen Sonderabgabe zu decken oder ihn aus Haushaltsmitteln und damit zu Lasten der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen zu finanzieren.

B. Zulässigkeitsanforderungen des Grundgesetzes an abgabenähnliche Vergütungsregelungen Die Verfassungsmaßstäbe an abgabenäquivalente Preisinterventionen lassen sich formulieren, ohne daß hierzu eine bestimmte formelle Qualifikation dieser Regelungen, welche die Anwendbarkeit handlungsformspezifischer Zulässigkeitsanforderungen eröffnet, oder gar die Übertragung eines Gesamttatbestandes formenfremder Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen vonnöten wäre. Sämtliche Verfassungsanforderungen an „Quersubventionen“ leiten sich aus allgemeinen Gewährleistungen der grundgesetzlichen Kompetenzordnung und der Grundrechte ab.

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6. Teil: Anforderungen des Grundgesetzes an Vergütungsregelungen

I. Handlungsformspezifische Verfassungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen Die Untersuchung hat sich zunächst der Frage zugewandt, ob sich aus einer Qualifikation abgabenähnlicher Vergütungspflichten als „Preisregelungen“ oder als „Indienstnahmen Privater für öffentliche Aufgaben“ die Anwendbarkeit nicht-abgabenrechtlicher, gleichwohl aber handlungsformspezifischer Verfassungsmaßstäbe ergibt. Zwar lassen sich fördernde Vergütungsregelungen schon bei formeller Betrachtung als Preisregelungen sowie als Indienstnahmen Privater qualifizieren. Doch knüpft sich an diese Zuordnung nicht die Anwendbarkeit bestimmter handlungsformspezifischer Zulässigkeitsanforderungen. Sowohl für den Begriff der Preisregelung als auch für den der Indienstnahme Privater hat sich gezeigt, daß diese Instrumente lediglich den Anforderungen der Kompetenzordnung, der Staatsstrukturbestimmungen und der Grundrechte unterliegen, es sich folglich gerade nicht um formenspezifische Verfassungsmaßstäbe handelt, deren Anwendbarkeit eine bestimmte Qualifikation der belastenden Maßnahme voraussetzt. Für Preisregelungen konnte insbesondere die Annahme widerlegt werden, aus der „Wirtschaftsverfassung“ des Grundgesetzes könnten sich spezifische, über die Anforderungen der einzelnen Grundrechte hinausreichende Vorgaben für Maßnahmen der Wirtschaftslenkung ergeben. Daß die formelle Qualifikation als „Preisregelung“ für die Wahl der Verfassungsmaßstäbe unerheblich bleibt, deutet zudem darauf hin, daß die für abgabenähnliche Vergütungspflichten geltenden Rechtmäßigkeitsanforderungen auch auf solche Formen hoheitlich auferlegter Finanzierungspflichten zwischen Privaten anwendbar sind, die sich nicht aus einer gesetzlichen Preisintervention, sondern aus anderen Regelungsformen ergeben.

II. Möglichkeit und Notwendigkeit einer Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben Für die Formulierung der verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstäbe an fördernde Vergütungsregelungen durch Rechtsprechung und Literatur ist es charakteristisch, daß die Anwendung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben auf Zwangsvergütungen diskutiert wird. Das Schrifttum schlägt überwiegend eine materielle Betrachtung von Preisregelungen vor, bei der nicht der Verlauf des Finanzflusses und damit die Gläubigereigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern die Funktion und Wirkungsweise dieses Instruments dafür entscheidend sind, ob die Zulässigkeitsmaßstäbe für Sonderabgaben Anwendung finden. Für die materielle Betrachtung ist maßgeblich, ob von Preisinterventionen sonderabgabenäquivalente Wirkungen auf Schutzgüter und Prinzipien der Finanzverfassung sowie auf Grundrechte ausgehen. Dabei wird regelmäßig die äquivalente Belastungswirkung für den Geldleistungspflich-

§ 17 Die Verfassungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen

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tigen in den Vordergrund gestellt. Zwangsvergütungen werden von den Befürwortern einer materiellen Betrachtung als Sonderabgaben auf gleichsam „abgekürztem Zahlungswege“2 aufgefaßt, bei denen im Zuge des Finanztransfers zwischen Privaten lediglich die Schritte der hoheitlichen Vereinnahmung, Verwaltung und Verwendung ausgelassen werden. Da die formelle Konstruktion des Finanztransfers weitgehend der Gestaltungsmacht des Gesetzgebers unterworfen ist, kann sie nach diesen Autoren nicht dafür entscheidend sein, welche Zulässigkeitsmaßstäbe an Vergütungsregelungen anzulegen sind. In der Rechtsprechung erzielt die Forderung einer materiellen Betrachtung bislang kaum Resonanz. Nicht nachzuvollziehen ist in diesem Zusammenhang, wie das BVerfG die materielle Wirkungsäquivalenz von „Quersubventionen“ und Sonderabgaben mit der Begründung ablehnen kann, Vergütungspflichten seien formal nicht als Sonderabgaben zu qualifizieren; eine materielle Betrachtung liegt dieser Argumentation gerade nicht zugrunde. Der apodiktische Hinweis, im Einsatz von Preisbestimmungen liege kein „Formenmißbrauch“ des Gesetzgebers, weist zwar in die Richtung einer materiellen Betrachtung, bleibt in der Rechtsprechung aber durchweg ohne Begründung. Die materielle Betrachtung hat den Vorzug, daß nur sie eine schutzgutbezogene Untersuchung des Rechtfertigungsbedarfs von Preisinterventionen ermöglicht, die durchaus auch zu dem Ergebnis der Verfassungsmäßigkeit einer abgabenähnlichen Vergütungsregelung gelangen kann, während eine formelle Anschauung ein solches Vorgehen von vornherein ausschließt. Allerdings weist der in der Literatur vorherrschende Ansatz, durch die Wahl einer materiellen Betrachtung die Anwendbarkeit sonderabgabenrechtlicher Maßstäbe auf Entgeltregelungen zu begründen, diese Übertragung jedoch gleichzeitig von einem einzelnen Kriterium abhängig zu machen, durch das finanzverfassungsrechtlich rechtfertigungsbedürftige von insoweit unbedenklichen Geldleistungspflichten zwischen Privaten abgegrenzt werden, methodische Defizite auf. Er wird auf eine „Wirkungsäquivalenz“ von Vergütungspflichten und Sonderabgaben gestützt, doch wird regelmäßig nur die äquivalente Belastungswirkung für den Pflichtigen betrachtet, während Schutzgüter der Finanzverfassung wie die Kompetenzordnung für Steuern kaum Berücksichtigung finden. Da die Wirkungsäquivalenz zweier Handlungsformen immer nur mit Blick auf ein bestimmtes Schutzgut festgestellt werden kann, die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben jedoch eine Vielzahl finanzverfassungsrechtlicher und grundrechtlicher Schutzgüter sichern, läßt sich die Übertragung der Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben auf Zwangsvergütungen nur durch eine umfassende Wirkungsäquivalenz beider Instrumente hinsichtlich aller betroffenen Verfassungsrechtsgüter und -prinzipien rechtfertigen. Die Wahl eines einzelnen Eingrenzungskriteriums als präzisierendem Korrektiv der materiellen Betrachtung 2

Formulierung durch H. Kube/U. Palm/C. Seiler, NJW 2003, S. 927 (929).

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6. Teil: Anforderungen des Grundgesetzes an Vergütungsregelungen

führt zwangsläufig dazu, daß auf der einen Seite finanzverfassungsrechtlich rechtfertigungsbedürftige Finanzierungspflichten zwischen Privaten einer Überprüfung anhand sonderabgabenrechtlicher Maßstäbe entgehen, auf der anderen Seite unbedenkliche Zahlungspflichten diesen Anforderungen unterworfen werden und ihnen unter Umständen nicht genügen. Der verfassungsrechtliche Rechtfertigungsbedarf fördernder Vergütungsregelungen wird also nicht sachgerecht dadurch erfaßt, daß die Wirkungsäquivalenz von „Quersubventionen“ und Sonderabgaben nur hinsichtlich einzelner, nicht aller betroffenen Verfassungsrechtsgüter festgestellt wird und sodann, nach weiterer Eingrenzung des Anwendungsbereichs, zur Grundlage einer Übertragung der Zulässigkeitsmaßstäbe für Sonderabgaben gemacht wird. Die Analyse der Schutz- und Begrenzungsfunktionen der einzelnen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben hat ergeben, daß zu einer solchen Übertragung – sieht man von ihren methodischen Unzulänglichkeiten ab – auch keine Notwendigkeit besteht. Sämtliche Zulässigkeitsanforderungen für Sonderabgaben leiten sich aus allgemeinen Prinzipien der Finanzverfassung und der Grundrechte ab, aus denen sich unmittelbar auch Anforderungen an die Zulässigkeit hoheitlich auferlegter Vergütungspflichten ergeben. Das Erfordernis eines Gestaltungszwecks hindert den Sonderabgabengesetzgeber, Abgabenpflichten mit reiner Finanzierungsfunktion aufzuerlegen und beschränkt hierdurch die mögliche Übergriffsintensität von Sachregelungen in Steuergesetzgebungs- und Steuerertragskompetenzen. Die Voraussetzungen der Gruppenhomogenität, der besonderen Gruppenverantwortung und der gruppennützigen Verwendung bilden im Zusammenwirken miteinander den Rechtfertigungsgrund der Ungleichbehandlung gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen. Die Überprüfungs-, Anpassungs- und Dokumentationspflichten des Gesetzgebers übernehmen hilfsweise Funktionen, die bei der grundgesetzlich vorgesehenen Finanzierung öffentlicher Aufgaben aus dem allgemeinen Staatshaushalt durch die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers erfüllt werden; sie begrenzen hierdurch die Intensität des Kompetenzübergriffs zwischen Sachgesetzgebungs- und Ausgabenbewilligungskompetenz. Da die Kompetenzordnung für Steuern, die Funktionen des Budgetbewilligungsrechts und das Prinzip der Lastengleichheit durch den Sachgesetzgeber bei der Auferlegung von Zwangsvergütungen ebenso zu beachten sind wie bei der Erhebung von Sonderabgaben, erwachsen aus sämtlichen Verfassungsrechtsgütern und -prinzipien, deren Schutz die Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben dienen, auch unmittelbare Anforderungen an Preisdiktate. Einer Übertragung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben bedarf es nicht, so daß die hiermit verbundenen methodischen Schwierigkeiten bei der Ausbildung verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe an fördernde Vergütungsregelungen vermieden werden können. Richtigerweise ist für „quersubventionierende“ Finanzierungspflichten daher nicht zu fragen, ob sich die Verfassungsanforderungen an Sonderabgaben auf

§ 17 Die Verfassungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen

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sie übertragen lassen, sondern, welche Anforderungen sich aus den Verfassungsrechtsgütern und -prinzipien, die durch die Sonderabgabenjudikatur geschützt und durch Zwangsvergütungen ebenso wie durch Sonderabgaben gefährdet werden, an die Zulässigkeit von Preisbestimmungen ergeben. Durch die Entwicklung „eigener“ Zulässigkeitsmaßstäbe für Entgeltregelungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben wird insbesondere die – mit jeder Übertragung formenspezifischer Rechtmäßigkeitsanforderungen verbundene – Gefahr vermieden, daß rein handlungsformbezogene Elemente des Zulässigkeitsmaßstabes unbemerkt und unsachgemäß auf ein anderes Instrument angewandt werden. Die Formulierung preisregelungsspezifischer Maßstäbe geht auch nicht das Risiko ein, die Kriterien der Sonderabgabenjudikatur zu übernehmen, obwohl diese möglicherweise noch nicht zu einem Maßstab ausgebildet sind, durch den der Rechtfertigungsbedarf finanzieller Sonderlasten vollständig erfaßt und hinreichend berücksichtigt wird; wie die Fortentwicklung der Sonderabgabenmaßstäbe auch in der jüngsten Rechtsprechung zeigt, besteht noch immer ein Bedarf und auch die Möglichkeit, die Schutz- und Begrenzungswirkung dieser Kriterien zu verbessern. III. Die Vereinbarkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen mit der Finanzverfassung des Grundgesetzes 1. Rechtfertigungsanforderungen aus dem Prinzip des Steuerstaates Aus der Grundentscheidung der Verfassung für die Steuerfinanzierung des Staates, wie sie insbesondere in der eingehenden Regelung der steuerlichen Kompetenzordnung durch Art. 105 ff. GG zutage tritt, ergeben sich keine eigenständigen Zulässigkeitsanforderungen an Preisinterventionen. Es konnte nachgewiesen werden, daß das Institut der Steuer auf diejenigen Verfassungsrechtsgüter und -prinzipien, die durch die hoheitliche Auferlegung von Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben berührt werden, in besonderer Weise abgestimmt ist und daß es diese Gewährleistungen optimal zur Geltung kommen läßt. Zu diesen Prinzipien zählt zuvorderst das Gebot der Belastungsgleichheit, dem die Gemeinlast der Steuer in besonderer Weise entspricht. Auch der rechtsstaatlich-demokratische Vorbehalt des Gesetzes gilt im Steuerrecht in besonders strenger Ausprägung und sichert dadurch die Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit des hoheitlichen Vermögenszugriffs für den Pflichtigen. Das Steuerstaatsprinzip ist somit selbst Ausdruck der besonders weitgehenden Verwirklichung grundrechtlicher, insbesondere gleichheitsrechtlicher, zudem rechts- und bundesstaatlicher Schutzzwecke durch das Instrument der Steuer. Aus dem Prinzip des Steuerstaates leiten sich jedoch keine zusätzlichen Rechtfertigungsanforderungen an finanzielle Sonderlasten ab, die über die Vorgaben

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6. Teil: Anforderungen des Grundgesetzes an Vergütungsregelungen

der steuerlichen Kompetenzordnung, des Rechtsstaatsprinzips, der Lastengleichheit und der Freiheitsrechte hinausgehen. Die Steuerstaatlichkeit bringt die optimale Verwirklichung dieser Rechtsgüter und -prinzipien durch die Steuer in zusammenfassender Weise zum Ausdruck, läßt zu den Maßstäben dieser Verfassungsgewährleistungen an finanzielle Sonderlasten jedoch keine zusätzlichen Anforderungen hinzutreten. Das Steuerstaatsprinzip wirkt als handlungsanleitendes Prinzip für den Gesetzgeber, hingegen nicht als eigenständiger Rechtfertigungsmaßstab an finanzielle Sonderlasten. Es ordnet den vorrangigen Einsatz der steuerlichen Handlungsform an, welche die Vielzahl einzelner Schutzgüter, die durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben typischerweise betroffen sind, in besonderem Maße wahrt, verweist für die Legitimation der Abweichung von der Regel der Steuerfinanzierung aber auf die Anforderungen der einzelnen Schutzgüter. Auch quantitative Grenzen für die Zuweisung finanzieller Sonderlasten zieht das Prinzip des Steuerstaates nicht. Werden die qualitativen Rechtfertigungserfordernisse der einzelnen Verfassungsgewährleistungen gegenüber finanziellen Sonderlasten in der gebotenen Weise zur Geltung gebracht, ist nicht vorstellbar, daß darüber hinaus Bedarf nach der Festsetzung einer quantitativen Obergrenze für den Einsatz nichtsteuerlicher Abgaben und anderer Sonderlasten besteht. 2. Die grundgesetzliche Dogmatik des Kompetenzübergriffs Die Vereinbarkeit abgabenähnlicher Vergütungsregelungen mit der Kompetenzordnung für Steuern und der Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers wurde auf der Grundlage der allgemeinen Dogmatik des Kompetenzübergriffs untersucht. Wenngleich die Kompetenzordnung des Grundgesetzes auf eindeutige und exklusive Kompetenzzuweisung angelegt ist, so ist sie doch nicht frei von Überschneidungen und Übergriffen ausgestaltet. Als Kompetenzübergriff wird dabei ein Akt der Kompetenzausübung verstanden, bei dem das handelnde Staatsorgan sich im Randbereich der ausgeübten Kompetenz bewegt und der zugleich mittelbare Auswirkungen im Kernbereich einer anderen Kompetenz entfaltet. Ob sich eine Maßnahme im Randbereich der ausgeübten Kompetenz bewegt und durch ihre Wirkungen den Kernbereich einer anderen Kompetenz tangiert, ermittelt sich insbesondere danach, inwieweit die Zielrichtung der Maßnahme sich von der Hauptfunktion ihrer Kompetenzgrundlage entfernt und dabei die Kernfunktion der beeinflußten Kompetenz übernimmt. Kompetenzübergriffe treten auf dem Gebiet finanzstaatlichen Handelns vermehrt auf, da das Grundgesetz die staatliche Finanzgewalt in die Teilgewalten der Einnahmen-, der Aufgaben- und der Ausgabengewalt gliedert und für das Handeln jeder dieser Teilgewalten jeweils eigene Kompetenzgrundlagen vorsieht, die sich jedoch vielfach berühren und in ihrer Ausübung wechselseitig beeinflussen. Grundlage des Kompetenzübergriffs ist stets ein „mittelbares

§ 17 Die Verfassungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen

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Wirksamwerden“3 einer Kompetenzausübung im Bereich einer anderen Kompetenz. Da jeder Kompetenz neben ihrem ermächtigenden Gehalt auch eine übergriffsabwehrende Dimension eignet, sind kompetenzübergreifende Hoheitsakte nur in begrenztem Umfang zulässig. Nach dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung stehen die durch das Grundgesetz angeordneten Kompetenzen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern sind im Hinblick auf ihre Stellung und Funktion innerhalb der Gesamtkompetenzordnung sowie unter Berücksichtigung der von ihrer Ausübung ausgehenden Wirkungen auf andere Kompetenzen auszulegen und anzuwenden. Grenzen der Zulässigkeit übergreifender Kompetenzausübung ergeben sich durch systematische und teleologische Auslegung einer Kompetenz in ihrem Verhältnis zu anderen, möglicherweise mittelbar beeinträchtigten Kompetenzen, die insofern als „Ausübungsschranken“ fungieren. Ziel dieser Auslegung der Kompetenznormen ist es, eine funktionsgerechte, die Prinzipien der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verwirklichende Kompetenzausübung zu gewährleisten. Sind Übergriffe zulässig, soweit sie nicht die Funktion einer anderen Kompetenz stören oder diese Funktion in einer verfassungsrechtlich nicht vorgesehenen Weise usurpieren, so bestimmt sich die Verfassungsmäßigkeit kompetenzübergreifender Rechtsakte nach der Intensität der Übergriffswirkung. Kriterien der Übergriffsintensität lassen sich dabei nicht abstrakt, sondern nur aus dem Verhältnis der jeweils beteiligten Kompetenzen, insbesondere aus ihren Grundfunktionen und den aus diesen resultierenden Rechtmäßigkeitsanforderungen entwickeln. 3. Kompetenzübergriff des Sachgesetzgebers in Steuergesetzgebungskompetenzen Durch den Einsatz abgabenähnlicher Vergütungsregelungen greift der Sachgesetzgeber in Kompetenzen des Steuergesetzgebers über. Die Grundlage dieser Übergriffswirkung bildet die „Einnahmenwirksamkeit“ fördernder Preisinterventionen. Indem der Gesetzgeber dem Freiheitsberechtigten eine Geldleistungspflicht zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe auferlegt, bewegt er sich im Randbereich der ausgeübten Sachgesetzgebungskompetenz. Obwohl die Transfervolumina solcher Vergütungsregelungen keine Einnahmen im formellen Sinne des Haushaltsverfassungsrechts darstellen, wirken sie sich im Kernbereich der Steuergesetzgebungskompetenzen aus, da ihre Funktion sich der Grundfunktion der Steuer, allgemeine Staatsaufgaben zu finanzieren, annähert. Allgemein ist bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung von Kompetenzübergriffen nicht eine formelle, sondern eine wirkungsbezogene Betrachtung geboten, da sich die Schranken an Akte übergreifender Kompetenzausübung nie aus der 3

H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 524 ff.

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6. Teil: Anforderungen des Grundgesetzes an Vergütungsregelungen

ausgeübten Kompetenz, sondern aus den durch sie tangierten Befugnisnormen herleiten. Für fördernde Vergütungsregelungen läßt sich eine Belastungs- und eine Aufkommenswirkung feststellen. Sie belasten privates Vermögen in einer gesetzgeberisch intendierten und daher dem Staat zurechenbaren Weise. Ihre Aufkommenswirkung entfalten sie darin, daß die zielgerichtete Förderung einer Personengruppe zu öffentlichen Zwecken dem Staat als Mehrung seines eigenen finanzwirtschaftlichen Handlungspotentials zugerechnet werden muß. Belastungs- und Aufkommenswirkung ergänzen sich zur Einnahmenwirksamkeit von „Quersubventionen“, die deren Übergriffswirkung in Steuergesetzgebungskompetenzen zugrunde liegt. Ihre materielle Aufkommenswirkung zeigt Zwangsvergütungen auch deshalb in besonderer funktioneller Konkurrenz zur Steuer, weil sie – ähnlich wie Sonderabgaben – „voraussetzungslos“ auferlegt werden und hierdurch dem Gesetzgeber die Möglichkeit verleihen, durch eine weite Definition des Finanzierungszwecks tendenziell allgemeine Staatsaufgaben zu finanzieren. Die Übergriffswirkung einnahmenwirksamer Sachregelungen ist auch dann nicht kompetenzrechtlich unbedenklich, wenn dem handelnden Hoheitsträger neben der Sach- auch die Steuergesetzgebungskompetenz zugewiesen ist, da es sich bei dem Erlaß von Sachregelungen und von Steuerregelungen funktionell um die Tätigkeit verschiedener Gewalten handelt, für deren Kompetenzausübung unterschiedliche Rechtmäßigkeitsanforderungen gelten. Übergriffe in Steuergesetzgebungskompetenzen durch Entgeltregulierung sind daher nur zulässig, soweit ihnen nicht die beeinträchtigten Kompetenzen als Ausübungsschranken entgegenstehen. Aus dem Verhältnis der beteiligten Kompetenzen lassen sich vier zentrale Kriterien zur Bestimmung der Übergriffsintensität herleiten: Da die Intensität eines Kompetenzübergriffs in dem Maße zunimmt, in dem sich die Ausübung einer Kompetenz von deren grundgesetzlich vorgesehener Funktion entfernt und zugleich die Grundfunktion der beeinträchtigten Kompetenz übernimmt, bestimmt sich die Zulässigkeit des Übergriffs von Preisregelungen in Steuergesetzgebungskompetenzen zunächst nach dem Verhältnis, in dem die Sachgestaltungs- und die Finanzierungsfunktion der Regelung zueinander stehen. Ein unzulässiges Maß an Übergriffswirkung ist indiziert, wenn der Finanzierungszweck den Sachzweck deutlich überwiegt, insbesondere dann, wenn der Gestaltungszweck bei Betrachtung des Regelungszusammenhangs als bloße „Beigabe“ des Finanzierungszwecks erscheint oder zu diesem in einer Art dienender Funktion steht, weil er sich darin erschöpft, die Verwirklichung des Finanzierungszwecks abzusichern. So konnte für die Stromeinspeisungsregelung gezeigt werden, daß diese nicht zur Beseitigung von Marktzugangshindernissen für Einspeiser von Strom aus erneuerbaren Energien – und damit zu Gestaltungszwecken –, sondern allein zur Gewährung höherer Einspeisungsvergütungen durch Gesetz, mithin zu Finanzierungszwecken, eingeführt wurde.

§ 17 Die Verfassungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen

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Als weiteres Kriterium der Übergriffsintensität dient die Frage, wie weit der Gesetzgeber die durch Preisregulierung zu finanzierende öffentliche Aufgabe gefaßt hat. Es weist in die Richtung einer unzulässig intensiven Übergriffswirkung, wenn der Gesetzgeber den Umfang der Finanzierungsaufgabe nicht auf den Grund und die Grenzen der privaten Finanzierungsverantwortlichkeit abgestimmt, sondern allein an dem von ihm ermittelten Finanzbedarf zur Erfüllung der betreffenden Gemeinwohlaufgabe ausgerichtet hat. Insbesondere der Herstellerabschlag für Arzneimittel gem. § 130a SGB V vermittelt aufgrund der häufigen Änderungen des Abschlagssatzes den Eindruck, der Gesetzgeber lege den Umfang der Finanzierungsaufgabe allein nach aktuellen wirtschaftlichen Bedürfnissen, nicht nach dem Ausmaß der realisierten Finanzierungsverantwortlichkeit fest. Weiter ist im Wege einer historischen Auslegung der ausgeübten Sachgesetzgebungskompetenz zu fragen, ob der Einsatz einer einnahmenwirksamen Sachregelung zur Finanzierung von Gemeinwohlaufgaben durch den Verfassunggeber vorgefunden und als zulässig vorausgesetzt worden ist. Die Übergriffsintensität des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG wird entscheidend dadurch gemindert, daß Lohnfortzahlungsregelungen historisch überkommen sind, ihre Übergriffswirkung also dem Verfassunggeber bei der systematischen Trennung von Sach- und Einnahmengesetzgebungskompetenzen bewußt gewesen sein wird. Schließlich kann die Übergriffsintensität danach bestimmt werden, ob der Sachgesetzgeber mit einer Maßnahme bestrebt gewesen ist, planmäßig Einfluß auf die Einnahmenwirtschaft des Verbandes zu nehmen. Hierfür spricht es neben der Höhe einer vergütungsgesteuerten Förderwirkung, wenn der Sachgesetzgeber gezielt die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer funktionsnäheren Handlungsform vermieden hat oder wenn nachweislich Anliegen des Haushaltsausgleichs den Ausschlag für die Wahl einer einnahmenwirksamen Sachregelung gegeben haben. Letzteres läßt sich insbesondere für den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld zeigen. Die Einnahme einer materiellen Betrachtung setzt sich nicht über die formelle Zuordnung von Preisbestimmungen zur Aufgabengewalt hinweg und legt keine unangemessenen kompetenzrechtlichen Anforderungen an Sachregelungen, da allein aus dem Befund der Einnahmenwirksamkeit noch kein Urteil über die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen abgeleitet wird. Die materielle Betrachtung eröffnet lediglich die Überprüfung einnahmenwirksamer Sachregelungen an einer Reihe von Kriterien, durch deren Zusammenschau sich die Intensität des Übergriffs in Steuergesetzgebungskompetenzen bestimmt, eine Überprüfung, die auch zu dem Ergebnis der Verfassungsmäßigkeit der Regelung gelangen kann.

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6. Teil: Anforderungen des Grundgesetzes an Vergütungsregelungen

Nach Maßgabe dieser Kriterien weisen die Stromeinspeisungsregelung gem. §§ 4 ff., 14 EEG und der Herstellerabschlag auf Arzneimittel gem. § 130a SGB V ein unzulässig hohes Maß an Übergriffswirkung auf, während der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld als Lohnfortzahlungsregelung, deren Übergriffscharakter der Verfassunggeber als prinzipiell zulässig vorausgesetzt haben wird, nicht zu dieser Beurteilung zwingt. 4. Übergriff in Steuerertragskompetenzen und Störungen des Bund-Länder-Finanzausgleichs Da der Steuer die Funktion zukommt, das Budget eines öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens zu mehren, zu dessen Gunsten also eine Ertragswirkung zu entfalten, bildet der Befund der Einnahmenwirksamkeit auch die Grundlage der Übergriffswirkung fördernder Vergütungsregelungen in Steuerertragskompetenzen. In die Steuerertragskompetenz einer Gebietskörperschaft wird allerdings nur dann übergegriffen, wenn die mittelbaren Auswirkungen von einem Akt der Kompetenzausübung einer anderen Gebietskörperschaft ausgehen. Anders als für Übergriffe in Steuergesetzgebungskompetenzen ist es daher für die Bestimmung der Übergriffswirkung von Zwangsvergütungen in Steuerertragskompetenzen unerläßlich, die konkrete Kompetenz zu bestimmen, die durch eine Vergütungspflicht gestört wird. Zu Belastungs- und Aufkommenswirkung tritt als weiteres Übergriffsmerkmal hinzu, daß sich die mittelbaren Auswirkungen der Sachregelung gerade im Bereich der Steuerertragskompetenz einer anderen Gebietskörperschaft einstellen müssen. Sowohl die Feststellung, ob eine Preisintervention eine bestimmte, einer anderen Gebietskörperschaft zugewiesene Steuerertragskompetenz beeinträchtigt, als auch die Bestimmung der Übergriffsintensität sind im Wege eines „wertenden Gesamtvergleichs“4 der Strukturmerkmale des Preisregelungs- und des Steuertatbestandes zu treffen. Die Ermittlung der strukturellen Ähnlichkeit ähnelt der Gleichartigkeitsbetrachtung, mit der das BVerfG den Umfang der Sperrwirkung einer konkreten Steuergesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 105 Abs. 2 GG bestimmt. Ein Typenvergleich der Referenzregelungen mit Steuern, deren Ertrag nicht ausschließlich dem Bund zugewiesen ist, ergibt, daß die Stromeinspeisungsregelung gem. §§ 4 ff., 14 EEG und der Herstellerabschlag auf Arzneimittel gem. § 130a SGB V zwar strukturelle Gemeinsamkeiten mit der Umsatzsteuer aufweisen, aufgrund derer sich eine gewisse Übergriffswirkung einstellt. Die Strukturähnlichkeit erreicht in beiden Fällen jedoch kein bedenkliches Ausmaß. Die Referenzregelungen greifen daher nicht mit unzulässiger Intensität in Steuerertragskompetenzen einer anderen Gebietskörperschaft über. 4

K. Vogel/H. Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 98.

§ 17 Die Verfassungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen

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Greift eine „Quersubvention“ nicht mit verfassungswidriger Intensität in eine bestimmte Steuerertragskompetenz über, so ist dadurch nicht ausgeschlossen, daß abgabenähnliche Vergütungsregelungen das Verteilungsergebnis des Finanzausgleichs als Gesamtmechanismus beeinträchtigen. Durch die Festlegung quantitativer Höchstgrenzen für den Einsatz finanzieller Sonderlasten kann dieser Gefahr nicht in sachgerechter Weise begegnet werden. Entwickeln sich die Verhältnisse zwischen Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder auseinander, so ist die grundgesetzlich vorgesehene Reaktion hierauf die Anpassung der Finanzflüsse im Wege der Umsatzsteuerrevision gem. Art. 106 Abs. 4 S. 1 1. Hs. GG. Bei materieller Betrachtung lassen sich auch hoheitlich auferlegte Vergütungspflichten als „laufende Einnahmen“ im Sinne von Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 GG begreifen und sind in dieser Eigenschaft bei der Dekkungsquotenberechnung zu berücksichtigen. Um die Konsequenz zu vermeiden, daß sämtliche Formen einnahmenwirksamer Sachregelungen in die Deckungsquotenberechnung Eingang zu finden haben, ist einschränkend zu fordern, daß eine Preisintervention nachweislich zu Steuerertragsminderungen einer anderen Gebietskörperschaft führt. Werden Zwangsvergütungen unter diesen Voraussetzungen für die Verteilung der Umsatzsteuer relevant, so können Störungen des ausgleichsrechtlichen Verteilungsergebnisses vermieden werden, ohne daß es der Festlegung quantitativer Höchstgrenzen bedarf. Unter den Referenzregelungen erreichen jedenfalls die Finanztransfers der Stromeinspeisungsregelung und des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld ein Volumen, das für die Verteilung der Umsatzsteuer erheblich ist.

5. Übergriff in die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers Gleichsam spiegelbildlich zu ihrer Einnahmenwirksamkeit sind abgabenähnliche Vergütungsregelungen auch „ausgabenwirksam“ und greifen aufgrund dessen in die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers über. Der Belastungs- und Aufkommenswirkung des Finanztransfers entspricht eine Förderwirkung für die begünstigte Personengruppe sowie eine „negative Aufkommenswirkung“. Indem der Sachgesetzgeber der zu fördernden Personengruppe Finanzmittel zuführt, gibt er das im Wege der Vermögensbelastung hinzugewonnene finanzwirtschaftliche Handlungspotential des Staates wieder auf. Hierdurch stellt der Sachgesetzgeber finanzielle Mittel zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe bereit – zeigt sich als handlungsmächtiger Finanzstaat –, ohne dabei der Ausgabenbewilligung des Haushaltsgesetzgebers unterworfen zu sein. Aufgrund dessen wirkt sich seine Kompetenzausübung im Kernbereich des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts aus. Zwar geht in diesem Fall auch die Letztentscheidung über die Verwendung der Finanzmittel auf den Sachgesetzgeber über; der Übergriff in den Kernbereich der Ausgabenbewilligungs-

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6. Teil: Anforderungen des Grundgesetzes an Vergütungsregelungen

kompetenz liegt jedoch in der Bereitstellung der Mittel zur Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe ohne Zustimmungsvorbehalt zugunsten des Haushaltsgesetzgebers. Wie der Befund der Einnahmenwirksamkeit folgt auch derjenige der Ausgabenwirksamkeit aus einer materiellen Betrachtung, welche die Überprüfung ausgabenwirksamer Sachregelungen an Kriterien der Übergriffsintensität eröffnet. Die Kriterien, nach denen sich die Intensität der Übergriffswirkung in das Budgetbewilligungsrecht bemißt, ergeben sich aus einer systematischen Auslegung der Sachgesetzgebungskompetenz in ihrem Verhältnis zur Ausgabenbewilligungskompetenz, die dabei als Ausübungsschranke wirkt. Die Intensität des Kompetenzübergriffs nimmt in dem Maße zu, in dem Verfassungsrechtsgüter, die der Verfassunggeber durch die konkrete Ausgestaltung der parlamentarischen Bewilligungsentscheidung gewährleistet wissen will, durch Zwangsvergütungen beeinträchtigt und hierdurch Schutzzwecke der – funktionell ersetzten – Haushaltsbewilligungskompetenz entwertet werden. Als Intensitätskriterien dienen daher die einzelnen verfassungsrechtlichen Haushaltsgrundsätze, die eine funktionsgerechte Entscheidungsfindung des Haushaltsgesetzgebers gewährleisten. Dabei handelt es sich um die Prinzipien der Vollständigkeit, der Periodizität und der Öffentlichkeit des Budgets. Da abgabenäquivalente Finanztransfers weder Einnahmen noch Ausgaben im formellen Sinne des Haushaltsverfassungsrechts begründen, werden die Haushaltsgrundsätze nicht als unmittelbar geltende Verfassungsmaßstäbe, sondern als Ausdrücke bestimmter Schutzfunktionen der Haushaltsbewilligungskompetenz an fördernde Vergütungspflichten angelegt, um den durch dieses Finanzierungsinstrument insgesamt eintretenden Funktionsverlust des Budgetbewilligungsrechts zu ermessen. Zwangsvergütungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben werden nicht in den Haushaltsplan eingestellt und verfehlen deshalb die Vergegenwärtigungsund Mäßigungsfunktion des Budgetbewilligungsrechts. Weder die finanzielle Mehrbelastung des Bürgers und der hiermit verbundene Zugewinn finanzwirtschaftlichen Handlungsvermögens noch der darauf folgende – „subventionierende“ – Gebrauch finanzstaatlicher Handlungsmacht gelangen zur Kenntnis des Haushaltsgesetzgebers. Die hieraus resultierende Übergriffswirkung könnte dadurch gemindert werden, daß abgabenäquivalente Preisregelungen in einer Anlage zum Haushaltsplan dokumentiert werden, wie dies Zulässigkeitsvoraussetzung für Sonderabgaben ist; die Referenzregelungen werden bislang nicht in dieser Weise dokumentiert. Da horizontale Finanzierungspflichten im Haushaltsplan nicht in Erscheinung treten, wird der Gesetzgeber nicht zu einer periodisch wiederkehrenden Beschäftigung mit der ausgabenwirtschaftlichen Rechtfertigung dieser hoheitlich zurechenbaren Finanztransfers veranlaßt. Lediglich für die Stromeinspeisungsregelung ordnet § 20 Abs. 1 EEG periodische Überprüfungs- und Anpassungspflichten des Sachgesetzgebers an, die insoweit die Schutzfunktionen des Periodizitätsprinzips hilfsweise übernehmen. Als haus-

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haltsflüchtige Transfervolumina nehmen „Quersubventionen“ auch an der Öffentlichkeit des Budgets nicht teil, wodurch die demokratische Informationsund Legitimationsfunktion der Ausgabenbewilligung für diese Form finanzstaatlichen Handelns verfehlt wird. Auch diese Funktionseinbuße des Haushaltsbewilligungsrechts könnte durch eine Dokumentation des Einsatzes und der Entwicklung hoheitlich auferlegter Vergütungspflichten als Anlage zum Haushaltsplan gemindert werden. Bei einer Gesamtwürdigung der mit ihnen verbundenen Funktionsverluste für die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers erweisen sich die Stromeinspeisungsregelung gem. §§ 4 ff., 14 EEG und der Herstellerabschlag gem. § 130a SGB V als Kompetenzübergriffe von unzulässiger Intensität. Aufgrund der kompetenzrechtlichen Kontinuität, in der Lohnfortzahlungsregelungen stehen, erreicht die Übergriffswirkung des Arbeitgeberzuschusses kein unzulässig hohes Ausmaß. Für alle Erscheinungsformen abgabenäquivalenter Entgeltregulierung ist der Gesetzgeber dazu aufgerufen, diese haushaltsflüchtigen Finanztransfers in einer Anlage zum Haushaltsplan zu dokumentieren und ihre kompetenzübergreifende Wirkung hierdurch zu begrenzen. IV. Vereinbarkeit abgabenähnlicher Preisinterventionen mit den Grundrechten 1. Rechtfertigung des Eingriffs in die Unternehmerfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG Fördernde Vergütungsregelungen treffen den Freiheitsberechtigten in seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Unternehmerfreiheit. Angesichts ihres Charakters als hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten sind sie jedenfalls als mittelbare Beeinträchtigungen der Unternehmerfreiheit zu qualifizieren. Die zentrale Anforderung an die Rechtfertigung von Zwangsvergütungen vor Art. 12 Abs. 1 GG stellt das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Am Maßstab der Zweck-Mittel-Relation erweisen sich die Referenzregelungen als verhältnismäßig. Sie dienen allesamt Gemeinschaftsgütern von überragendem Gewicht, zu deren Verwirklichung sie geeignet und erforderlich sind. Da der Gesetzgeber die finanzielle Belastung in allen Fällen eng am Förderzweck der Regelung ausgerichtet hat und die betroffenen Unternehmen nicht in existenzgefährdendem Ausmaß in Anspruch genommen werden, wahren die Referenzregelungen auch das Übermaßverbot. Für die Stromeinspeisungsregelung bringt der Umstand, daß der Gesetzgeber diejenigen Stromlieferanten, die zugleich auf dem Markt der Stromerzeugung aktiv sind, zu einer direkten finanziellen Förderung ihrer Konkurrenten zwingt, zwar eine besondere Eingriffsqualität des Finanzierungsmechanismus zum Ausdruck, stellt die Angemessenheit der Belastung jedoch letztlich nicht in Frage. Auf die Gesamtabwägung der Angemessenheitskontrolle ist es von Ein-

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6. Teil: Anforderungen des Grundgesetzes an Vergütungsregelungen

fluß, daß hoheitlich auferlegte Vergütungspflichten den Freiheitsberechtigten an der abwehrschwächsten Stelle im Schutzgehalt der Unternehmerfreiheit treffen: Die Qualifikation als mittelbar ausübungsregelnde Geldleistungspflicht, die nicht den „personalen Kern“ der Unternehmerfreiheit, sondern vorwiegend die Tätigkeit größerer Unternehmen berührt, bedingt es, daß der Beeinträchtigung angesichts ihrer Form ein eher geringes Gewicht in der Abwägung zuzumessen ist. Als eigentliche Kernfrage der Vereinbarkeit abgabenähnlicher Preisregelungen mit der Gewährleistung des Art. 12 Abs. 1 GG betrachten Rechtsprechung und Literatur nicht die Verhältnismäßigkeit der Belastungsintensität, sondern die Frage, weshalb der Gesetzgeber überhaupt eine bestimmte Gruppe von Freiheitsberechtigten zur Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe in Anspruch nehmen kann, mithin die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Gruppe. Eine Vielzahl verschiedener Ansätze bemüht sich darum, das gleichheitsrechtiche Erfordernis einer besonderen Finanzierungsverantwortung als Aspekt der Erforderlichkeit, häufiger aber der Angemessenheit in die Verhältnismäßigkeitskontrolle einer Vergütungsregelung zu integrieren. Allerdings kann weder eine Berücksichtigung der Finanzierungsverantwortung als Element der Erforderlichkeits- noch eine solche im Rahmen der Angemessenheitskontrolle den Rechtfertigungsbedarf, den Zwangsvergütungen vor dem Prinzip der Lastengleichheit wecken, befriedigen. Es konnte nachgewiesen werden, daß die Struktur der Erforderlichkeitsbetrachtung keinen Maßstab dafür enthält, wie die finanziellen Lasten einer öffentlichen Aufgabe zwischen einzelnen Freiheitsberechtigten und der Allgemeinheit zu verteilen sind. Wie auch in der Literatur anerkannt ist, übersteigt diese Rechtsfrage die instrumentelle Leistungsfähigkeit der Erforderlichkeitsbetrachtung; einen Maßstab der gerechten Lastenverteilung bietet insofern nur das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Prinzip der Lastengleichheit. Unzutreffend ist es daher, wenn neuere Entscheidungen des BVerfG und des BGH die Erforderlichkeit abgabenähnlicher Preisinterventionen auf das Argument stützen, eine Belastung der Allgemeinheit bilde gegenüber solchen Vergütungsregelungen kein milderes Mittel. Aus dem Erforderlichkeitsprinzip lassen sich Aussagen dieser Art nicht ableiten. Wird die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Sonderlastenträger zwar als Anforderung der Lastengleichheit erkannt, gleichwohl aber ausschließlich im Rahmen der Angemessenheitskontrolle von Preisbestimmungen am Maßstab von Art. 12 Abs. 1 GG untersucht, so birgt dieses Vorgehen die Gefahr einer verkürzenden und unpräzisen Überprüfung, die gegenüber einer eigenständigen Gleichheitsprüfung nach den zu Art. 3 Abs. 1 GG entwickelten Grundsätzen keine Vorzüge bietet. Beispiele aus der neueren verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung belegen dies. Insgesamt führt die Untersuchung der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit als Frage der Vereinbarkeit fördernder Vergütungspflichten mit Art. 12

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Abs. 1 GG in ein methodisches Dilemma. Einerseits läßt sich nicht beantworten, ob das Ausmaß der Belastung die Grenzen der Angemessenheit wahrt, ohne den logisch vorgeordneten Aspekt zu klären, ob eine Belastung des Freiheitsberechtigten unter Verantwortlichkeitsgesichtspunkten überhaupt in Betracht kommt. Wird die Verhältnismäßigkeit einer „quersubventionierenden“ Finanzierungspflicht festgestellt, bevor die Finanzierungsverantwortlichkeit des Pflichtigen nachgewiesen ist, so wird diese Verantwortlichkeit letztlich unterstellt. Andererseits bietet die Verhältnismäßigkeitsbetrachtung in ihrer historisch überkommenen Struktur nicht den Rahmen, innerhalb dessen sich die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit des Sonderlastenträgers in problemgerechter Weise untersuchen ließe. Die Gleichheitskontrolle von finanziellen Sonderlasten wie Zwangsvergütungen ist daher der Überprüfung ihrer freiheitsrechtlichen Rechtfertigung logisch vorgeordnet, sie bildet eine unerläßlich klärungsbedürftige Vorfrage. 2. Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie gem. Art. 14 Abs. 1 GG gegenüber abgabenäquivalenten Vergütungsregelungen Unabhängig davon, ob fördernde Vergütungspflichten bei formeller Anschauung als Preisregelungen, als Eingriffe in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder bei materieller Betrachtung als hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten begriffen werden, sind sie an der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes zu messen. Dabei wird zugrunde gelegt, daß Art. 14 Abs. 1 GG nicht allein einzelne vermögenswerte Rechtspositionen, sondern auch das Vermögen „als Ganzes“, die Zusammenfassung dieser rechtlich konkretisierten Vermögensgegenstände in ihrem Bestand und in ihrem Tauschwert, schützt. Auf dieser Grundlage wird der Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie durch abgabenähnliche Vergütungsregelungen in dreierlei Weise beeinträchtigt: Zunächst beeinflussen diese Regelungen das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung innerhalb einer privatrechtlichen Vertragsbeziehung entsprechend der Förderintention des Gesetzgebers und mindern hierdurch den Tauschwert des – von Art. 14 Abs. 1 GG umfaßten – Anspruches, der dem benachteiligten Kontrahenten aus Vertrag zusteht. Des weiteren verringern sie durch die mit ihnen einhergehenden Umsatz- und Gewinneinbußen die Rentabilität des Gewerbebetriebes und betreffen auf diese Weise Art. 14 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Begreift man abgabenäquivalente Preisregelungen schließlich bei wirtschaftlicher Betrachtung als hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten, so berühren sie auch unter diesem Gesichtspunkt die Garantie der Eigentumsfreiheit. Einer Kontrolle von Zwangsvergütungen an Art. 14 Abs. 1 GG steht es nicht entgegen, daß diese Finanzierungsinstrumente auch die Unternehmerfreiheit des

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betroffenen Grundrechtsträgers beeinträchtigen, da zwischen Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG kein Verhältnis strikter Exklusivität besteht, sondern sich beide Gewährleistungen in bestimmten Bereichen überschneiden. Allerdings lassen sich aus Art. 14 Abs. 1 GG keine strengeren Maßstäbe an die Rechtfertigung von Zwangsvergütungen ableiten als aus der Unternehmerfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG, vielmehr stellen beide Freiheitsrechte kongruente Anforderungen an die zulässige Intensität der finanziellen Belastung durch „Quersubventionen“. Abgabenähnliche Vergütungspflichten konkretisieren die gesteigerte Sozialbindung des Eigentumsgebrauchs gem. Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG; aus dieser Bestimmung ergibt sich als zulässige Obergrenze der Belastung ein Maß, bei welchem dem Pflichtigen ein Kernbestand des Erfolges eigener Betätigung im wirtschaftlichen Bereich als Ausdruck der grundsätzlichen Privatnützigkeit des Eigentums erhalten wird. Diese Schwelle überschreiten die Referenzregelungen dieser Untersuchung ebensowenig, wie sie das aus Art. 12 Abs. 1 GG herzuleitende Gebot verletzen, wonach Berufsausübungsregelungen übermäßig sind, wenn die Intensität der finanziellen Belastung auf Dauer die Existenzfähigkeit des Unternehmens gefährdet. Fördernde Vergütungsregelungen sind daher – die Finanzierungsverantwortung der sonderbelasteten Gruppe Privater vorausgesetzt – in der Regel auch mit der Eigentumsgarantie vereinbar. 3. Vereinbarkeit abgabenähnlicher Vergütungspflichten mit dem Prinzip der Lastengleichheit gem. Art. 3 Abs. 1 GG Der Charakter von Zwangsvergütungen als finanzielle Sonderbelastungen Privater zur Finanzierung von Gemeinwohlaufgaben wird durch eine Verhältnismäßigkeitskontrolle des Eingriffs in Freiheitsrechte nicht hinreichend erfaßt; er erfordert eine Überprüfung der Inanspruchnahme am Maßstab der Belastungsgleichheit. a) Das Prinzip der Lastengleichheit Im Prinzip der gleichen Tragung öffentlicher Lasten findet der allgemeine Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG eine besondere Ausprägung, die als Vergleichsgegenstand die Inanspruchnahme Freiheitsberechtigter zur Wahrnehmung und Finanzierung öffentlicher Aufgaben wählt. Die Vergleichsgruppe bei der Feststellung der Ungleichbehandlung bildet aufgrund dessen stets die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen, soweit diesen die betreffende Sonderlast nicht auferlegt wird. An das Gebot der Belastungsgleichheit ist der Gesetzgeber bei der Zuweisung sachlich-handlungsbezogener Sonderlasten ebenso gebunden wie bei der Auferlegung rein finanzieller Sonderlasten. Zwar haben Rechtsprechung und Literatur die Anforderungen des Prinzips der Lastengleichheit an die Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten am Gegen-

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stand der Sonderabgabe entwickelt und erstmals für diese formuliert, doch sind diese Grundsätze in ihrem Geltungsanspruch nicht auf abgabenrechtliche Sonderlasten beschränkt und erfassen daher auch hoheitlich auferlegte Vergütungspflichten. Aus dem Gebot der Belastungsgleichheit leiten sich drei zentrale Voraussetzungen für die Rechtfertigung finanzieller Sonderlasten ab. Der Gesetzgeber darf eine Gruppe Privater nur dann zur Finanzierung einer Gemeinwohlaufgabe besonders belasten, wenn die Finanzierungsverantwortlichkeit der Gruppenmitglieder diejenige der Allgemeinheit und anderer Gruppen deutlich überwiegt, wenn diese Mitglieder sich von der Allgemeinheit durch bestimmte gemeinsame Merkmale, aus denen ihre besondere Finanzierungsverantwortung erwächst, abgrenzen lassen und wenn diese verantwortlichkeitsbegründenden Merkmale durch den Gesetzgeber vorgefunden, insbesondere nicht eigens zum Zwecke finanzieller Sonderbelastung geschaffen worden sind. Das BVerfG hat diese Erfordernisse als gleichheitsschützende Vorgaben in den Tatbestand der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben aufgenommen, doch bedeutet dies nicht, daß es sich bei ihnen lediglich um formenspezifische Anforderungen an Sonderabgaben handelt. In den Kategorien der allgemeinen Gleichheitsdogmatik stellen Zwangsvergütungen Ungleichbehandlungen von Freiheitsberechtigten, denen besondere Zahlungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben auferlegt werden, gegenüber der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen, die keiner zusätzlichen Belastung ausgesetzt wird, dar. Der Zweck abgabenäquivalenter Preisregelungen liegt in der Finanzierung einer bestimmten Gemeinwohlaufgabe; das Ziel der Differenzierung zwischen den Sonderlastenträgern und der nicht sonderbelasteten Allgemeinheit bildet die verantwortlichkeitsgerechte Verteilung finanzieller öffentlicher Lasten. Da „Quersubventionen“ in erster Linie als Finanzierungs-, nicht als Lenkungs- oder Ausgleichsinstrumente dienen, verfolgen sie regelmäßig – so auch in den Fällen der Referenzregelungen – keine anderen Differenzierungsziele als dasjenige einer verantwortungsgerechten Lastenzuweisung. b) Verfassungsanforderungen an den Rechtfertigungsgrund – Die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit Die drei grundlegenden Legitimationsanforderungen an finanzielle Sonderlasten, welche die Literatur am Beispiel der Sonderabgabe entwickelt hat, sind in der allgemeinen Dogmatik des Gleichheitssatzes zum sachlichen Rechtfertigungsgrund einer Ungleichbehandlung angelegt. Das Gebot homogener Gruppenbildung anhand gemeinsamer, verantwortlichkeitsbegründender Merkmale betrifft nicht die Bestimmung eines hinreichenden Rechtfertigungsgrundes, sondern leitet den Gesetzgeber bei der Abgrenzung der in Anspruch genommenen Gruppe von der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen durch die Auswahl eines bestimmten Differenzierungskriteriums an. Es steht mit der Rechtfertigung der

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Ungleichbehandlung dadurch in Zusammenhang, daß nur durch einen sachgerechten „Zuschnitt“ der sonderbelasteten Gruppe zu gewährleisten ist, daß die große Mehrheit der Gruppenmitglieder die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit in ihrer eigenen Person aufweist, wie dies für die Legitimation einer gruppenbezogenen Sonderbelastung Voraussetzung ist. Die Anforderung der Lastengleichheit, der Gesetzgeber müsse die verantwortlichkeitsbegründenden Umstände in den Gegebenheiten der Rechts- und Sozialordnung vorfinden, präzisiert das allgemeine gleichheitsrechtliche Gebot der Sachgerechtigkeit des Differenzierungsgrundes für den Bereich der Belastungsgleichheit. Als Mindestanforderung an den rechtfertigenden Grund einer Ungleichbehandlung gilt, daß nur solche Erwägungen, die sich mit Blick auf das Ziel der Differenzierung als „sachlich“ darstellen, legitimierende Wirkung entfalten. Durch das Gebot der Sachgerechtigkeit gewinnt der Gleichheitssatz konkretisierende Vorgaben aus der Eigenart und den Gesetzlichkeiten des Rechtsund Sachbereichs, in dem die Ungleichbehandlung eintritt. Hieraus erklärt sich, daß zahlreiche Gebiete staatlichen Handelns bereichsspezifische Ausprägungen des Gleichheitssatzes hervorgebracht haben. Auch für die Referenzregelungen ist angesichts dessen untersucht worden, ob sich in den Rechts- und Sachbereichen, in denen sie zum Einsatz kommen, bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe herausgebildet haben, die bei der Beurteilung möglicher Rechtfertigungsgründe zu berücksichtigen sind. Anders als die Bezugnahme auf die vorgefundenen Gegebenheiten des Rechts- und Sachgebiets liefert das Erfordernis der deutlich überwiegenden Finanzierungsverantwortlichkeit keine materiellen Vorgaben für die Auswahl eines zulässigen Rechtfertigungsgrundes. Es beschreibt vielmehr die Strenge der an finanzielle Sonderlasten zu stellenden Rechtfertigungsanforderungen und damit zugleich die gebotene Intensität einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle. Durch das Gebot, die Finanzierungsverantwortlichkeit der Sonderlastenträger müsse diejenige der Allgemeinheit sowie anderer Gruppen deutlich überwiegen, wird der Spielraum des Gesetzgebers bei der Zuweisung besonderer Finanzierungspflichten erheblich eingeschränkt. Auch dieses Erfordernis der Lastengleichheit deckt sich daher mit den Grundsätzen der allgemeinen Gleichheitsdogmatik zu Art. 3 Abs. 1 GG: Diese bestimmt die Strenge der an eine Ungleichbehandlung anzulegenden Rechtfertigungsmaßstäbe in erster Linie nach dem verfassungsrechtlichen Kontext der Differenzierung, insbesondere nach der Beeinträchtigung von Freiheitsrechten. Für die Beurteilung abgabenähnlicher Preisregelungen ist dabei zum einen relevant, daß diese in die Unternehmer- sowie in die Eigentumsfreiheit der Pflichtigen eingreifen. Zum anderen weist es ebenfalls in Richtung einer strengen gleichheitsrechtlichen Kontrolle fördernder Vergütungspflichten, daß diese Finanzierungsinstrumente nach Personengruppen differenzieren, dabei zwar an verhaltensbezogene Merkmale anknüpfen, diese Differenzierung jedoch einer solchen nach personenbezogenen Merkmalen gleichzustel-

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len ist, da die Betroffenen praktisch keine Möglichkeit haben, die Erfüllung der pflichtenbegründenden Merkmale zu vermeiden. Der verfassungsrechtliche Kontext der Belastung mit einer Zwangsvergütung veranlaßt daher eine hohe Intensität der Gleichheitskontrolle. c) Der Umfang der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers Auch über die maßstabsbildende Bedeutung der Beeinträchtigung von Freiheitsrechten hinaus ist bei der Gleichheitsprüfung fördernder Vergütungsregelungen eine hohe Kontrolldichte angezeigt, da der Gesetzgeber bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten nicht über den weiten Gestaltungsspielraum verfügt, der ihm bei der Verwirklichung des Gleichheitsgebots im allgemeinen zugestanden wird. Zwar erkennen BVerfG, BGH und BAG dem Gesetzgeber eine weitreichende Gestaltungsbefugnis in der Entscheidung zu, die finanziellen Lasten öffentlicher Aufgaben aus dem Staatshaushalt zu bestreiten oder einer einzelnen Gruppe von Freiheitsberechtigten aufzuerlegen. Eine nähere Betrachtung der rechtfertigenden Grundlagen der gesetzgeberischen Einschätzungs- und Gestaltungsbefugnis zeigt jedoch, daß diese Auffassung der Rechtsprechung nicht zutrifft. Die umfangreiche Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung wirtschaftslenkender Gesetze gründet im wesentlichen in der funktionell-rechtlichen Überlegung, wonach das BVerfG zur Abschätzung ungewisser zukünftiger Entwicklungen in komplexen technischen und wirtschaftlichen Sachmaterien nicht in höherem Maße befähigt ist als der Gesetzgeber. Dieser Gedanke verfängt jedoch für „Quersubventionen“ nicht. Zwar lassen sich diese Regelungen als Maßnahmen der Wirtschaftslenkung begreifen, doch zwingt die Entscheidung, ob die finanziellen Lasten einer Gemeinwohlaufgabe einer Gruppe Privater auferlegt werden können, nicht zu einer Abschätzung ungewisser und komplexer künftiger Entwicklungen, weist also kein Element der Prognose auf. Der Gesetzgeber, der die besondere Finanzierungsverantwortung in den Gegebenheiten der Rechts- und Sozialordnung „vor“finden muß, entscheidet vielmehr über die Verantwortlichkeitslage, die auf gegenwärtigen Faktoren und vergangenen Entwicklungen beruht. Zur Beurteilung dieser Verantwortlichkeitslage ist der Gesetzgeber nicht in höherem Maße befähigt als das BVerfG. Eine besondere Entscheidungssituation, deretwegen dem Gesetzgeber unter funktionell-rechtlichen Aspekten eine gesteigerte Gestaltungsbefugnis für Maßnahmen „im Bereich der Wirtschaftslenkung“ zuerkannt werden müßte, besteht bei der Zuweisung finanzieller öffentlicher Lasten daher – entgegen der Rechtsprechung – nicht. Auch die weite Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber üblicherweise bei der Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebots gem. Art. 3 Abs. 1 GG genießt, ist ihm bei Entscheidungen über die Verteilung finanzieller öffentlicher Lasten nicht eingeräumt. Der Gesetzgeber handelt hier vor dem Hintergrund eines Re-

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gel-Ausnahme-Verhältnisses, da öffentliche Lasten in der Regel von der Allgemeinheit, nur im Falle einer deutlich überwiegenden Sonderverantwortung von einer einzelnen Gruppe Privater zu tragen sind. Mit diesem Regel-AusnahmeVerhältnis der Finanzierung öffentlicher Aufgaben verträgt sich die Annahme eines weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes bei der Inanspruchnahme besonderer Finanzierungsverantwortlichkeiten nicht. d) Unterschiedliche Rechtmäßigkeitsanforderungen an die Inanspruchnahme einer besonderen Sach- gegenüber einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit Als Vorfrage dazu, ob die Referenzgebiete der Untersuchung bereichsspezifische Maßstäbe des Gleichheitssatzes herausgebildet haben, wurde die Zugriffsform abgabenähnlicher Vergütungsregelungen näher spezifiziert. Dabei zeigte sich, daß für die Rechtfertigung öffentlicher Sonderlasten zwischen der Inanspruchnahme einer besonderen Sach- oder auch Handlungsverantwortung und derjenigen einer besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit zu unterscheiden ist. Sowohl die Verfassungsmaßstäbe an Sonderabgaben als auch die neuere verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu Indienstnahmen legen diese Differenzierung zugrunde. Besonders deutlich wird sie in der polizeirechtlichen Unterscheidung zwischen Polizeimaßnahmen auf der Primär- und solchen auf der Sekundärebene ausgeführt, insbesondere in der dogmatischen Behandlung der Figur des Anscheinsstörers und bei der Auswahl zwischen mehreren Störern. Es konnte nachgewiesen werden, daß die Unterscheidung von besonderer Sachund besonderer Finanzierungsverantwortlichkeit, an die sich unterschiedliche Rechtfertigungsanforderungen knüpfen, aus der Struktur der Gleichheits- und der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung folgt, in deren Rahmen sich die voneinander abweichenden Zielsetzungen staatlichen Handelns bei der Auferlegung besonderer Sach- und Handlungspflichten auf der einen, besonderer Finanzierungspflichten auf der anderen Seite auswirken. Für die Rechtfertigung hoheitlich auferlegter Vergütungspflichten ergibt sich daraus, daß Erwägungen der Effektivität und Zweckmäßigkeit der sachlichen Aufgabenwahrnehmung zwar die Zuweisung von Sach- und Handlungspflichten, nicht aber die Auferlegung rein finanzieller Sonderlasten legitimieren können; dennoch wird dieser Versuch beispielsweise für die Stromeinspeisungsregelung unternommen. e) Die legitimen Belastungsgründe des nichtsteuerlichen Abgabenrechts – Steuerdistanz und Umgehungsverbot Bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe für finanzielle Sonderlasten haben sich in den Referenzgebieten, in denen Zwangsvergütungen vermehrt zum Einsatz kommen, bislang nur vereinzelt herausgebildet. Allerdings lassen sich Vor-

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gaben für legitime Belastungsgründe finanzieller Sonderlasten aus der grundlegenden Unterscheidung zwischen einer Finanzierung öffentlicher Aufgaben durch die Allgemeinheit – im Wege der Gemeinlast, der Steuer – und einer Inanspruchnahme einzelner gesellschaftlicher Gruppen – durch nichtsteuerliche Abgaben und andere Sonderlasten – gewinnen. Es konnte nachgewiesen werden, daß die Gedanken der Aufwandsveranlassung und des Vorteilsausgleichs als allgemeine Belastungsprinzipien, als Leitgesichtspunkte materieller Belastungsgerechtigkeit, nahezu das gesamte Recht der nichtsteuerlichen Abgaben durchziehen. Abgesehen von dem – historisch bedingten – Sonderfall des Sozialversicherungsbeitrags ist die Verwirklichung von Zwecken der Verhaltenssteuerung und des sozialen Ausgleichs bei sämtlichen Arten nichtsteuerlicher Abgaben lediglich als ergänzende Bemessungskriterien, nicht jedoch als eigenständige Belastungsgründe im Sinne der Lastengleichheit zulässig. Eigenständige Belastungsgründe liegen ausschließlich in den Topoi der Aufwandsveranlassung und des Vorteilsausgleichs, die freilich durch den Gesetzgeber je nach Abgabenart auf verschiedene Weise zu gleichheitsgerechten Tatbeständen einer besonderen Finanzierungspflicht ausgeformt werden können und müssen. Die Belastungsprinzipien des Aufwandsausgleichs und der Vorteilsabschöpfung strukturieren deshalb nahezu das gesamte Recht der nichtsteuerlichen Abgaben – der abgabenrechtlichen Sonderlasten –, weil nur sie eine hohe Unterscheidungskraft zum Belastungsgrund der Steuer – der Teilhabe des Staates am Erfolg individuellen freiheitlichen Erwerbs – aufweisen. Die Beachtung dieser beiden Belastungskriterien hält die Auferlegung finanzieller Sonderlasten, die nicht nur auf der kompetenzrechtlichen, sondern auch auf der gleichheitsrechtlichen Ebene der besonderen Rechtfertigung gegenüber der Gemeinlast der Steuer bedürfen, in einer unterscheidungskräftigen Distanz zur Besteuerung. Da sich finanzielle Sonderlasten außerhalb des Abgabenrechts in ihrer zur Steuerpflicht hinzutretenden Belastungswirkung nicht von nichtsteuerlichen Abgaben unterscheiden, haben fördernde Vergütungsregelungen das Gebot der „Steuerdistanz“ auf Ebene der materiellen Belastungsgründe ebenso zu wahren wie nichtsteuerliche Abgaben. Dem Gebot materieller Steuerdistanz entspricht zugleich ein Verbot an den Gesetzgeber, bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten außerhalb des Abgabenrechts die legitimen Belastungsgründe für nichtsteuerliche Abgaben zu umgehen. Eine abgabenähnliche Vergütungspflicht hat demnach vor dem Prinzip der Lastengleichheit keinen Bestand, wenn sie den Pflichtigen nach dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit in Anspruch nimmt und dabei den Belastungsgrund der Steuer zugrunde legt. Einige Passagen in der Gesetzesbegründung zu § 130a Abs. 1 SGB V weisen in diese Richtung. Umgekehrt ist eine Preisintervention vor dem Gebot der Belastungsgleichheit gerechtfertigt, wenn ihr Pflichtentatbestand einen für Sonderlasten legitimen Belastungsgrund – Aufwandsveranlassung oder Vorteilsausgleich – ausgestaltet und die Voraussetzungen dieses

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Verantwortlichkeitstatbestandes in den Personen der Sonderlastenträger vorliegen. f) Die Bemessung abgabenäquivalenter Finanzierungspflichten – Korrelation von Legitimationsgrund und Belastungsintensität Die Intensitätsgrenzen einer zulässigen Sonderbelastung durch Zwangsvergütungen ergeben sich aus dem Zusammenwirken von Gleichheitssatz und Verhältnismäßigkeitsprinzip. Vor dem Prinzip der Lastengleichheit bedarf eine finanzielle Sonderlast der besonderen Legitimation nicht nur dem Grunde, sondern auch der Intensität nach; Rechtfertigungsgrund und Pflichtenumfang müssen miteinander korrelieren. Diese Belastungsgrenze aus dem Tatbestand der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit – das Korrelationsgebot – bestimmt als Element der Angemessenheitsprüfung auch die Verhältnismäßigkeitskontrolle finanzieller Sonderlasten. Stützt der Gesetzgeber die Sonderbelastung auf den Gedanken der Aufwandsveranlassung, so hat sich der Umfang der Finanzierungspflicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem verursachten Sonderaufwand zu halten. Liegt der Inanspruchnahme die Belastungsidee des Vorteilsausgleichs zugrunde, darf deren Ausmaß nicht außer Verhältnis zum Wert der empfangenen Begünstigung stehen. Beachtet der Gesetzgeber diese Vorgaben, so legitimiert die besondere Finanzierungsverantwortlichkeit der Pflichtigen deren Sonderbelastung vor dem Prinzip der Lastengleichheit nicht nur dem Grund, sondern auch dem Umfang nach. Zugleich ist sichergestellt, daß das Ausmaß der Inanspruchnahme die Grenzen der Verhältnismäßigkeit wahrt. Diese Anforderungen an die zulässige Belastungsintensität aus dem Tatbestand der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit werden regelmäßig über das Erfordernis, der Vermögenszugriff habe sich in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung und Dringlichkeit der Finanzierungsaufgabe zu halten, hinausgehen. g) Gleichheitsrechtliche Legitimation der Referenzregelungen Tatsächlich hat sich gezeigt, daß alle Rechtfertigungsgründe, die vom Gesetzgeber, in der Rechtsprechung und im Schrifttum für die Legitimation der Referenzregelungen vor Art. 3 Abs. 1 GG angeführt werden, sich den Belastungsgedanken der Aufwandsveranlassung oder des Vorteilsausgleichs zuordnen lassen. Im Falle des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG wird zwar die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers als Grundlage der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit benannt, die Reichweite dieser Fürsorgepflicht im Sinne der Zurechnung des Lohnfortzahlungsaufwandes zum einzelnen Arbeitsverhältnis wird jedoch wiederum durch die konkretisierenden Merkmale der Aufwandsveranlassung und der Vorteilsabschöpfung bestimmt.

§ 17 Die Verfassungsmaßstäbe an Zwangsvergütungen

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Für alle Referenzregelungen erweist sich, daß die Voraussetzungen dieser Belastungsgründe durch keine der angeführten Legitimationserwägungen erfüllt werden. Insbesondere scheitern die Rechtfertigungskonzeptionen, die der Gesetzgeber der jeweiligen Sonderlast zugrunde gelegt hat, für sämtliche Referenzregelungen. Die Sonderbelastung der Energieversorgungsunternehmen, die Strom an Letztverbraucher liefern, sieht der Gesetzgeber durch eine hervorgehobene Steuerungsverantwortlichkeit der Stromlieferanten gerechtfertigt, die angesichts ihrer Präferenz für Strombezug aus konventioneller Erzeugung die mittelbaren, aber maßgeblichen „Verursacher einer klima- und umweltgefährdenden Energieerzeugung“5 seien. Tatsächlich jedoch liegt diese Steuerungsmacht auf einem liberalisierten Elektrizitätsmarkt mittlerweile im Nachfrageverhalten der Letztverbraucher, nicht der Stromhändler, so daß diese keine deutlich überwiegende Finanzierungsverantwortung für die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung trifft. Den Herstellerabschlag für Arzneimittel gem. § 130a Abs. 1 SGB V stützt der Gesetzgeber auf eine gesteigerte Kausalverantwortlichkeit der Arzneimittelhersteller für das Volumen der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung, die sich daraus ergeben soll, daß die Pharmaunternehmen die Herstellerabgabepreise der Arzneimittel in einer Höhe festlegen, in der diese sich nur unter den defizitären Wettbewerbsbedingungen des Arzneimittelmarktes der GKV erzielen lassen. Die Abschlagsregelung des § 130a Abs. 1 SGB V ist jedoch weder nach ihrem Anwendungsbereich noch nach der Höhe des Abschlagssatzes darauf ausgerichtet, ob und in welchem Umfang in den betroffenen Marktsegmenten überhöhte Herstellerabgabepreise festgelegt sind. Wenngleich sich der Gesetzgeber nicht dazu äußert, in welchem Verantwortlichkeitstatbestand er die Legitimation des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Abs. 1 MuSchG erkennt, kann davon ausgegangen werden, daß ihr, wie für Lohnfortzahlungsregelungen typisch, die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zugrunde gelegt wird. Der Lohnfortzahlungsaufwand zu Mutterschutzzwecken läßt sich dem einzelnen Arbeitsverhältnis jedoch weder nach dem Kriterium der Aufwandsveranlassung noch nach dem der besonderen Begünstigung des Arbeitgebers zurechnen. Zwar ist eine gewisse Begünstigungswirkung für den Arbeitgeber anzuerkennen, doch erreicht diese nicht den Umfang, bei dem sie imstande wäre, die finanzielle Sonderbelastung der Arbeitgeber in ihrer gegenwärtigen Intensität zu legitimieren. Das Prinzip der Korrelation von Grund und Grenzen einer finanziellen Sonderlast ist daher nicht gewahrt.

5 So die Begründung der Gesetzentwürfe zum EEG 2004, BT-Drs. 15/2864, S. 48 (zu § 14 Abs. 3 EEG).

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6. Teil: Anforderungen des Grundgesetzes an Vergütungsregelungen

Erweist sich die Rechtfertigungskonzeption des Gesetzgebers für eine abgabenähnliche Vergütungspflicht als nicht tragfähig, so kann dieses Rechtfertigungsdefizit nicht durch ein „Nachreichen“ weiterer Legitimationserwägungen behoben werden, wenn diese zwar möglicherweise zutreffen, die Regelung in ihrer gewählten Ausgestaltung jedoch nicht auf diesen Verantwortlichkeitstatbestand abgestimmt worden ist. Auf die Beurteilung der Referenzregelungen wirkt sich dieser Zusammenhang nicht aus, da auch die Rechtfertigungsansätze, die nicht vom Gesetzgeber, sondern in Rechtsprechung und Literatur vertreten werden, vor dem Prinzip der Lastengleichheit keinen Bestand haben. Für sämtliche Referenzregelungen muß daher die Unvereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsgleichheit festgestellt werden.

C. Perspektiven von Zwangsvergütungen vor dem Hintergrund ihrer besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsbedürftigkeit – Abschließende Würdigung Ihren Ursprung nimmt eine jede fördernde Vergütungsregelung in einer Zwangslage des Gesetzgebers, der die fachkundige und sachgerechte Erfüllung einer Gemeinwohlaufgabe sicherstellen, gleichzeitig aber nicht die erforderlichen Mittel aufwenden will, um die Sachaufgabe eigenhändig durch Staatsorgane oder aufgrund unmittelbarer staatlicher Finanzierung durch Private wahrnehmen zu lassen. Hoheitlich zugewiesenen Vergütungspflichten haftet daher der Charakter einer „Notlösung“ an. Diese Zwangslage des Gesetzgebers setzt sich darin fort, daß abgabenähnliche Entgeltregelungen sowohl bei formeller Betrachtung – als Eingriffe in die Preis- und Dispositionsfreiheit des Unternehmers – als auch bei materieller Anschauung – als hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben – besonderer Rechtfertigung bedürfen und zugleich die seltene Ausnahme zu bleiben haben. Der Gesetzgeber trägt diesem Rechtfertigungsbedarf und Ausnahmecharakter „quersubventionierender“ Vergütungsregelungen insbesondere dadurch Rechnung, daß er diese befristet oder zumindest in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck bringt, daß er sie als bloße Übergangslösung betrachtet. Als finanzielle Sonderlasten einer einzelnen Gruppe für Aufgaben des gemeinen Wohls sind diese Vergütungspflichten jedoch oftmals in der Lage, ihren Provisoriumscharakter abzulegen und sich über die ursprünglich anvisierte Dauer und Intensität ihres Einsatzes hinaus zu „verselbständigen“. Gerichtsentscheidungen, die Zwangsvergütungen typischerweise auf Grundlage formell bestimmter und darin vergleichsweise niedriger Rechtfertigungsanforderungen für zulässig erachten, tragen sodann zu einer allmählichen Anerkennung der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen bei. Ein „Gewöhnungseffekt“ auf Seiten der Sonderlastenträger wie auch auf Seiten der – finanziell verschonten – Allgemeinheit der Steuerpflichtigen arbeitet in diesem Fall für den Gesetzgeber; die Rechtsgutsbeein-

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trächtigungen, aus denen der besondere Rechtfertigungsbedarf abgabenäquivalenter Finanzierungspflichten erwächst, perpetuieren sich. Fördernde Vergütungsregelungen stehen im Schnittpunkt von Wirtschaftslenkung und abgabenäquivalenter Finanzierung öffentlicher Aufgaben. Aus diesem Spannungsverhältnis zwischen formeller Qualifikation einerseits und abgabenähnlicher Funktion und Wirkungsweise andererseits erklärt sich die Kontroverse um die an Zwangsvergütungen anzulegenden Verfassungsmaßstäbe, insbesondere um die Übertragbarkeit der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben. Die besondere Attraktivität der Entgeltregulierung für den Gesetzgeber liegt darin begründet, daß der Einsatz dieser Handlungsform dem Gesetzgeber Möglichkeiten der sonderbelastenden Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu eröffnen scheint, über die er bei der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben nicht verfügt. Eine nähere Betrachtung der an abgabenähnliche Preisregelungen anzulegenden Maßstäbe hat gezeigt, daß die Annahme solcher besonderer „Freiheitsgrade“ des Gesetzgebers bei der Auferlegung nicht-abgabenrechtlicher Sonderlasten wesentlich auf der Unsicherheit beruht, die in Rechtsprechung und Literatur bislang über die für „Quersubventionen“ geltenden Verfassungsanforderungen herrscht; aus dem Grundgesetz ergeben sich solche Freiheitsgrade nicht. Der Gesetzgeber kann sich von den materiellen Anforderungen der Kompetenzordnung und der Grundrechte nicht durch die Wahl einer bestimmten – unter gezielter Vermeidung einer anderen – Handlungsform freizeichnen. Zu den unzutreffenden Annahmen über die vergleichsweise niedrigen Rechtfertigungsanforderungen des Grundgesetzes an Zwangsvergütungen zählen die Vorstellung, der Gesetzgeber verfüge bei der Zuweisung finanzieller Sonderlasten über eine besonders weite Gestaltungsbefugnis, ebenso wie diejenige, finanzielle Sonderlasten ließen sich durch Erwägungen der Zweckmäßigkeit und der effektiven Wahrnehmung der Sachaufgabe legitimieren. Zweifellos würden abgabenähnliche Vergütungsregelungen an Einsatzfeldern sowie an Attraktivität für den Gesetzgeber einbüßen, wenn dieser dazu überginge, dieses Instrument ausschließlich im Einklang mit den dafür geltenden Verfassungsanforderungen einzusetzen. In allen Fällen, in denen eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit, die den Erfordernissen des Prinzips der Lastengleichheit genügt, nicht festzustellen ist, wäre der Staat auf die Steuerfinanzierung der betreffenden Gemeinwohlaufgabe verwiesen. Scheidet eine besondere Inanspruchnahme nicht von vornherein aus, so ist der Gesetzgeber an die Anforderungen der Lastengleichheit an finanzielle Sonderlasten gebunden; er hat bei der Wahl des Belastungsgrundes die materielle Distanz zur Steuer zu wahren und den gewählten legitimen Belastungsgrund auch in der „Bemessung“ der Finanzierungspflicht zu verwirklichen. Die unterscheidungskräftige Distanz zur Steuer hat er nicht allein auf gleichheitsrechtlicher, sondern auch auf kom-

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6. Teil: Anforderungen des Grundgesetzes an Vergütungsregelungen

petenzrechtlicher Ebene einzuhalten. Er ist verpflichtet, die besondere Finanzierungspflicht, die er auf Sachgesetzgebungskompetenzen stützt, so auszugestalten, daß die Intensität ihrer Übergriffswirkung in Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen für Steuern sich im Rahmen des Zulässigen hält. Einer Verfehlung der zentralen Schutzzwecke der Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers hat er insbesondere dadurch vorzubeugen, daß er eine hinreichende haushaltsrechtliche Dokumentation und eine periodische Überprüfung des Einsatzes fördernder Vergütungspflichten gewährleistet. Ihren Hauptgrund findet die Rechtfertigungsbedürftigkeit von „Quersubventionen“ gegenüber sämtlichen der von ihnen berührten Verfassungsrechtsgüter und -prinzipien in der Belastung privaten Vermögens zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben. Im Schutz des Individuums vor einer ungerechtfertigten, weil kompetenzrechtlich unkoordinierten, aufgabenpolitisch nicht mehr angezeigten oder schlicht übermäßigen Vermögensbelastung zu Gemeinwohlzwecken liegt die gemeinsame Funktion der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen für Steuern, des parlamentarischen Budgetbewilligungsrechts und der Freiheitsrechte. Das Gebot der Lastengleichheit als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes fragt demgegenüber nach der Verantwortlichkeitsdifferenz, die hinsichtlich einer finanzierungsbedürftigen öffentlichen Aufgabe zwischen der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen und einer bestimmten Gruppe von Freiheitsberechtigten besteht. Hierin verwirklicht das Prinzip der Belastungsgleichheit mehr als alle anderen Verfassungsmaßstäbe die lastenzuteilende Gerechtigkeit, die iustitia distributiva. Auch ist es die Frage der gerechten, weil gleichmäßigen Zuteilung öffentlicher Lasten, in der die Verfassungswidrigkeit vieler Zwangsvergütungen, darunter auch der Referenzregelungen, am deutlichsten zutage tritt. Das Erfordernis der besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit bildet gleichsam den Kern der Rechtfertigungsbedürftigkeit hoheitlich auferlegter Vergütungspflichten vor dem Grundgesetz. Daß die Handlungsform der abgabenäquivalenten Preisintervention dem Gesetzgeber, der die genannten verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtet, weitergehende Möglichkeiten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben im Wege der Sonderbelastung Privater bietet als die anerkannten Kategorien nichtsteuerlicher Abgaben, erscheint nach dem Ergebnis der Untersuchung ausgeschlossen. Aufgrund ihrer besonderen Rechtfertigungsbedürftigkeit vor der grundgesetzlichen Kompetenzordnung und den Grundrechten ist dem Einsatz fördernder Vergütungsregelungen auch für die Zukunft ein enger verfassungsrechtlicher Rahmen gesetzt.

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Sachwortverzeichnis Abgabe – Begriff 47, 58, 230 ff. – Steuer als Regelform 234 ff. – Zuflußprinzip 47 f., 232 Abgabe, nichtsteuerliche (s. auch Geldleistungspflichten, nichtsteuerliche) – Belastungsgründe 673 ff., 835 f. (s. auch Sonderlasten, finanzielle) – funktionelle Annäherung an die Steuer 34, 667 ff. – tatbestandliche Verknüpfung 62 ff. – traditionelles Spektrum 34 Abgabe, sonstige – Begriff 704 – Belastungsgründe 705 f., 708 f. Abgabenähnlichkeit von Vergütungsregelungen – Begriff 6 f. – Verfassungsanforderungen (s. Vergütungsregelungen, abgabenähnliche) Abgabenäquivalenz (s. Abgabenähnlichkeit von Vergütungsregelungen) Absprachen, normersetzende (s. Selbstverpflichtungserklärungen) Abwälzung einer Mehrkostenlast – Herstellerabschlag auf Arzneimittel 110 f. – Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz 733 – Stromeinspeisungsregelung nach dem EEG 85 ff., 297, 366, 459, 477 f., 594, 725 f., 735 ff. – Stromsteuer 732 – Umsatzsteuer 366, 369 Äquivalenz – als Bemessungsprinzip für Geldleistungspflichten (s. Wertäquivalenz, Prinzip der)

– der Leistungen in privatvertraglichen Austauschverhältnissen 31 f., 38 ff., 46 f., 89, 112 ff., 133 f., 261 f., 813 Angemessenheit – allgemeine Anforderungen 470 ff., 499 f., 509 f. – und Gleichheitsgesichtspunkte 482 ff., 505 f., 513 ff., 525 f., 535 ff., 539 ff., 828 f., 836 – kein Maßstab der Lastengleichheit 535 ff., 576, 828 f. Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld 44, 115 ff. – abgabenähnliche Vergütungsregelung 132 ff. – Beeinträchtigung der Unternehmerfreiheit 441, 449 ff., 509 f. – Direktsubventionierung als Alternative 508 – dominante Finanzierungsfunktion 320 ff. – Entwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung 125 ff., 449 f., 456, 513 ff., 520 – existenzgefährdende Belastung der Unternehmen 511 f. – finanzausgleichsrechtliche Relevanz 377 f. – Finanzierungsverantwortlichkeit der Arbeitgeber 784, 801 – aus Fürsorgepflicht 597, 797 ff., 811, 836 f. – gesetzgeberische Rechtfertigung 783 f., 811, 837 – hypothetische Kausalität 791 ff., 797 f., 811 – Kausalverantwortlichkeit 516, 526, 790 ff., 793 f., 797, 798 f., 811 f., 837

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Sachwortverzeichnis

– und Natur der Sache 788 f., 793 – Vorteilsausgleich 794 ff., 797, 799 ff., 808, 837 Förderzweck 321 funktionelle Äquivalenz zu direkter Subventionierung 325 funktionelle Annäherung an die Steuer 325 funktionelles Zusammenspiel von Freistellungspflicht und Entgeltfortzahlung 321, 507, 788, 791 f. geringe Rechtfertigungsanforderungen der Berufsfreiheit 509 f., 828 „Gesamtbetrachtung“ des BVerfG 520 ff., 525, 542, 576 Haushaltsausgleich als Motivation 121 f., 326 f., 823 Hintergrund der Einführung 783 f. historische Entwicklung der Regelung 119 ff., 325 f., 783 Intensität der Mehrkostenbelastung 124, 520 f., 800 Kompetenzübergriff in die Ausgabenbewilligungskompetenz 404 ff., 423 ff., 827 Kompetenzübergriff in Steuerertragskompetenzen 370 f., 824 Kompetenzübergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen 320 ff., 332 f., 824 Schutzauftrag gem. Art. 6 Abs. 4 GG (s. Mutterschutz) Sonderabgabenerhebung als Alternative 509 Umfang der Finanzierungswirkung 328 umlagefinanzierter Lastenausgleich 122, 130 ff., 508 f., 512, 801, 802 Ungleichbehandlung i. S. d. Gleichheitssatzes 597 f. Vereinbarkeit mit der Berufsfreiheit 426 ff., 441, 449 ff., 506 ff. Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie 545 ff., 573 Verfehlung des Förderzwecks 511

– Verhältnismäßigkeit – Eignung 507 – Erforderlichkeit 507 ff. – Angemessenheit 509 ff., 526 f. – Zwecksetzung 44, 114 f., 320, 506 f., 524 , 791 f., 799 Arzneimittelabschläge – Abgrenzung von Abgaben 46 f., 58, 494 – Arten 94 – Ausnahmecharakter 317, 759 – historische Entwicklung 97 ff. Arzneimittelabschlag auf Generika gem. § 130a Abs. 3b SGB V – keine Abstimmung auf Finanzierungsverantwortlichkeit 314 f. – Einführung 109 – Folgeregelung zu Rabattverbot 756 – gesetzgeberische Rechtfertigung 109, 756 f. – Rechtfertigung aus Vorteilsausgleich 782 Arzneimittelabschlag zu Lasten der Apotheker gem. § 376 RVO – Ursprung und Entwicklung 97 f., 316 – Verfassungsmäßigkeit 98, 316, 319, 664 Arzneimittelabschlag zu Lasten der Apotheker gem. § 130 SGB V 43 f., 92 – abgabenähnliche Vergütungsregelung 316 – Finanzierungsverantwortlichkeit der Apotheker – Einbindung in die GKV 777 f. – Rationalisierungseffekte 778 f. – Ursprung und Entwicklung 97 f. – Verfassungsmäßigkeit 664 Arzneimittelabschlag zu Lasten der Hersteller gem. § 130a SGB V – abgabenähnliche Vergütungsregelung 112 ff. – Änderungen des Abschlagssatzes 313 f., 331, 823

Sachwortverzeichnis – Ausgestaltung der Abschlagsregelung 500 ff. – Beeinträchtigung der Unternehmerfreiheit 438 ff., 446 ff., 499 f. – Dauer der Belastung 503 ff. – Direktsubventionierung als Alternative 495 ff. – dominante Finanzierungsfunktion 312 – Einführung durch das BSSichG 100 ff. – Erstattungsmodell 500 ff. – existenzgefährdende Belastung der Unternehmen 502 f. – finanzausgleichsrechtliche Relevanz 377 f., 825 – Finanzierungsverantwortlichkeit der Hersteller 755 ff., 782 – Ausnutzung von Wettbewerbsdefiziten 315, 368, 485, 755 ff., 762 f., 771 ff., 776, 782, 837 – Einbindung in die GKV 777 f. – gesetzgeberische Rechtfertigung 102, 755 f., 772, 776, 782, 837 – Kausalverantwortlichkeit 311, 727, 755 ff., 762 f., 771 ff., 776, 782, 837 – Rationalisierungseffekte 778 f., 783 – Solvenz des Schuldners 780 ff., 783 – Tatsachengrundlage 772 ff., 776, 782 – Vorteilsausgleich 777 ff., 783 – wirtschaftliche Leistungsfähigkeit 726 f. – überhöhte Herstellerabgabepreise 315, 368, 755 ff., 762 f., 771 ff., 776, 782, 837 – Förderzweck 311 – funktionelle Äquivalenz zu direkter Subventionierung 317 ff. – funktionelle Annäherung an die Steuer 317 – funktionelles Zusammenspiel mit der Festbetragsregelung 107, 313, 763, 768 f., 770 ff., 782 – Funktionsweise 100 f.

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– Hintergrund der Einführung 768 f. – Intensität der Mehrkostenbelastung 110 – Kompetenzübergriff in die Ausgabenbewilligungskompetenz 404 ff., 423 ff., 827 – Kompetenzübergriff in Steuerertragskompetenzen 367 ff., 370 f., 824 – Kompetenzübergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen 310 ff., 331 f., 824 – Rabattverträge als Alternative 491 f. – geringe Rechtfertigungsanforderungen der Berufsfreiheit 499 f., 828 – besonderer Rechtfertigungsbedarf 761 – Selbstverpflichtungserklärungen als Alternative 492 f., 815 – keine Sonderabgabe 47, 58, 494 – Sonderabgabenerhebung als Alternative 493 ff. – Strukturähnlichkeit mit der Umsatzsteuer 367 ff., 824 – Übergangsregelung 106, 317, 755, 763, 770 f., 815 – Überprüfungspflicht 415 f., 425, 504 – Umfang der Finanzierungswirkung 319 – Umsatzsteuerermäßigung als Alternative 497 f. – Ungleichbehandlung i. S. d. Gleichheitssatzes 595 f., 598 – Vereinbarkeit mit der Berufsfreiheit 426 ff., 438 ff., 446 ff., 484 ff. – Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie 545 ff., 573 – Verfehlung des Förderzwecks 501 – Verhältnismäßigkeit 484 ff. – Eignung 489 f. – Erforderlichkeit 490 ff., 498 – Angemessenheit 499 ff., 505 – Zwecksetzung 101 f., 104, 312 f. Arzneimittelpreise – Herstellerabgabepreis 93, 101, 111, 310, 368, 488, 596

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Sachwortverzeichnis

– Preisbildungsmechanismus 92 f., 758, 762 – Preiselastizität in der GKV 764 – Preismoratorien 94, 99 ff., 106, 108 ff., 148, 310, 490, 501, 769 – freiwillige Rabattvereinbarungen 107 f., 491 f. – Wettbewerbsdefizit in der GKV 763 ff. Aufgabengewalt 246, 266, 387, 391 Aufwandsveranlassung 270, 301, 304, 706 f., 808, 835 f. (s. auch Verursachung) – Beitrag 683 f., 707 – Gebühr 675 ff., 707 – Sonderabgabe 688 ff., 691 ff. – sonstige Abgaben 705 f., 708 f. – Steuer 713 ff. – Verbandslast 697 ff., 708 Aufwandszurechnung (s. Aufwandsveranlassung) Ausgabe – Definition des Haushaltsverfassungsrechts 387, 390, 406, 410 – notwendige 341, 343, 377 Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers 668 (s. auch Kompetenzübergriff in die ~) – allgemeine Bedeutung 392 f. – Funktionen 159, 203 ff. – Ermächtigungsfunktion 392 f., 396 f., 405, 417 f. – Funktionsgerechtigkeit 423 – Grundfunktion 212, 388 f., 390, 404, 826 – Kontrollfunktion 205, 208 f., 392 f., 405, 417 f., 422 – Mäßigungsfunktion 158, 205, 207 f., 393, 406, 826 – Vergegenwärtigungsfunktion 159, 205, 405, 407 f., 412, 414, 424, 826 – Kernbereich 388 f., 390, 404 – Periodizität 206, 405, 413 ff., 417

– Bedeutung für Haushaltsfunktionen 401 f., 405 – Kriterium der Übergriffsintensität 413 ff., 423 ff., 826 – Verhältnis zum Spezialitätsgrundsatz 401 f. – Rechtswirkungen 393 f. – staatliche Verpflichtungen im Außenverhältnis 389, 395 Ausgabengesetzgebungskompetenz 387 Ausgabengewalt 246 f., 387, 391, 397, 425 (s. auch Finanzgewalt, Untergliederung in Teilgewalten) Ausgabenkompetenz 247 Ausgabenplanung 392, 399 f., 414 Ausgabenwirksamkeit 420 – Entäußerung finanzwirtschaftlicher Handlungsmacht 390, 825 – Förderwirkung 389 f., 825 – Gegenstück zur Einnahmenwirksamkeit 390, 825 – „negative“ Aufkommenswirkung 389 f., 825 – Zurechenbarkeit zum Gesetzgeber 390 Ausschließlichkeitsprinzip 74, 81, 477 aut-idem-Regelung für Arzneimittel 94 ff., 106 f., 314, 764, 769 Begünstigung, besondere (s. Vorteilsausgleich) Beitrag – Begriff 682 f. – Belastungsgrund 682 ff., 707 Beitragssatzstabilität, Prinzip der 91, 103 ff., 109, 313 ff., 489, 760 Belastbarkeit des Geldleistungspflichtigen – Bedeutung für Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen 281 ff. – Bedeutung für Ordnung der Steuerertragskompetenzen 356 ff. – Grenzen 281 ff. Belastungsgrund (s. auch Sonderlasten, finanzielle)

Sachwortverzeichnis – – – –

Aufwandsveranlassung 675 ff., 707 f. Beitrag 682 ff., 707 Gebühr 34, 675 ff., 707 Konnex zum Verwendungszweck 266, 274 – nichtsteuerliche Abgaben 673 ff. – Sonderabgabe 168, 218, 685 ff., 707 f. – sonstige Abgaben 705 f., 708 f. – Sozialversicherungsbeitrag 700 ff., 708 – Unterscheidungskraft 669 f., 739, 810, 835 – Verbandslast 695 ff., 708 – Vorteilsausgleich 675 ff., 707 f. Berufsausübungsregelung 427 ff., 451 f., 453 Berufsfreiheit – Beeinträchtigung durch Geldleistungspflichten 281 f., 428, 442 ff., 450 f., 473, 499 f., 510 – Beeinträchtigungsformen 451 f. – berufsregelnde Tendenz 442 ff., 448, 450 – Gewerbefreiheit 430 – Grundrechtsberechtigung – gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen 433 f. – juristischer Personen des Privatrechts 430 ff. – mittelbare Beeinträchtigung 442 ff., 446 f., 474, 499 f., 509 f., 827 – und Persönlichkeitsentfaltung 429 f., 431 f., 473, 499, 510, 828 – Rechtfertigung der Beeinträchtigung – Regelungsvorbehalt 452 f., – Stufenlehre 453 f., 474, 500, 507, 724 – Verhältnis von Stufenlehre und Verhältnismäßigkeit 454 f., 456 – Schutzbereich 427 ff. – Begriff des Berufs 428 – weiter Umfang 428, 442 – Schutzzweck 429, 473

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– Unternehmerfreiheit 430 ff. – Begriff 434 – Dispositionsfreiheit 436 f., 439, 441, 447 – Preisfreiheit 437 f., 439, 441, 814 – Umfang der Gewährleistung 434 f. – Vertragsfreiheit 437, 439, 814 – Wettbewerbsfreiheit 438 ff., 480 f. – Unterscheidung von Berufswahl und Berufsausübung 427 ff., 451 f., 453 Bestimmtheitsgebot – für Sachregelungen 272 f. – für Steuerrechtsnormen 238, 247 f., 272, 819 Betriebsteuern 373 Budgetbewilligungsrecht, parlamentarisches (s. Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers) Bundesbetriebe 409, 412 Deckungsquoten von Bund und Ländern – Berechnung 340, 377, 825 – Entwicklung 293, 340, 376 f., 380 Demarkationsvertrag 305, 741, 748 Demokratieprinzip 210, 225, 238, 412, 416 ff., 599, 605 Distanzgebot (s. Sonderlasten, finanzielle) Doppelzuständigkeit 248 Eigentumsgarantie – abstrakte Wertsummenschuld 568 – Anforderungen an abgabenähnliche Vergütungsregelungen 547, 550 ff., 569 f., 829 f. – Anforderungen an Sonderabgaben 173, 222 f. – Belastungshöchstgrenzen 572 f., 830 – und Besteuerung 559 ff. – Enteignung 572, 583, 658 – Gewährleistungsgehalt – allgemeine Grundsätze 550 – Altrechte 552 – Erwerbsaussichten 552, 567

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Sachwortverzeichnis

– Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb 547, 553 ff., 569 f., 829 – Sacheigentum 546, 550, 563 – Schutz des Vermögens als solchem 553, 558 ff., 829 – Tauschwert von Rechtspositionen 552 f., 566 f., 569, 829 – vertragliche Rechtspositionen 547, 550 ff. – Inhalts- und Schrankenbestimmungen 223, 549, 552, 567 – ausgleichspflichtige 571, 658 – Institutsgarantie 552 – Konkurrenzverhältnis zur Berufsfreiheit 547 ff. – Abgrenzung der Gewährleistungen 547 ff., 555 f., 570 f. – Idealkonkurrenz 548 f., 571 – Konkurrenz im Vermögensschutz 570 f. – parallele Anwendung 548 f., 570 f., 830 – Vergleich der Rechtfertigungsmaßstäbe 549, 571 ff., 830 – Konsequenzen des Vermögensschutzes 568 f. – Privatnützigkeit 555, 562, 563 f., 572 – Rechtfertigungsanforderungen an Beschränkungen 571 ff., 830 – Rentabilitätsminderungen des Betriebes 555 f., 569 f., 829 – Schutzbereich (s. Gewährleistungsgehalt) – Schutz gegen hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten 172, 222 f., 281 f., 547, 557 ff., 829 – Sozialbindung 224, 239 f., 564, 571 f., 583, 830 – und Verhältnismäßigkeit 546 Einheit der Rechtsordnung 253, 270, 285, 354 f., 821 Einnahme – allgemeiner Grundtatbestand 259 f.

– Definition des Haushaltsverfassungsrechts 257 f., 387, 406, 821 – Steuer als Regelform 234 ff. Einnahmen, laufende 340, 343, 377, 379 ff., 825 – Erfordernis der Erfolgswirksamkeit 381 ff. – Fungibilität 382 f. – wirtschaftliche Betrachtungsweise 381 Einnahmengewalt 246, 266 f., 387 (s. auch Finanzgewalt, Untergliederung in Teilgewalten) Einnahmenwirksamkeit 279, 334 f., (s. auch Kompetenzübergriff in Steuerertragskompetenzen sowie Kompetenzübergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen) – abgabenähnlicher Vergütungsregelungen 256 ff., 269, 285, 288, 330, 334 ff., 379, 821 f. – Aufkommenswirkung 260 ff., 334 f., 345, 378, 389, 822, 824 – Belastungswirkung 260 ff., 334 f., 345, 359, 379, 389, 822, 824 – Mehrung finanzwirtschaftlicher Handlungsmacht 260 ff., 334, 346, 822 – Zurechenbarkeit zum Gesetzgeber 262 ff., 334, 822 Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers (s. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers) Energieversorgung (s. auch Energiewirtschaft) – Grundziele – Preisgünstigkeit 751 – Umweltverträglichkeit 752 – Versorgungssicherheit 751 – ordnungspolitischer Rahmen 748 ff. Energieversorgungsunternehmen (s. auch Energiewirtschaft) – letztversorgende (s. Stromhändler) – monopolartige Stellung 741 ff., 750, 752 – Unternehmensstruktur 510, 729

Sachwortverzeichnis Energiewirtschaft – atomrechtliche Deckungsvorsorge 749 – bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe 661 f. – Entflechtung 73, 75, 79, 728, 743 – Entwicklungsverantwortung 750 – geschlossene Versorgungsgebiete 65, 75, 730, 741 f., 745, 748, 752 – kartellrechtliche Abschirmung 748, 751 f. – Nachfrageentscheidung der Endverbraucher 731 – Netzzugang, diskriminierungsfreier 730, 743 – Ordnung 305 – Selbstverpflichtungserklärungen 462 ff. – Stromhändler 84 ff., 298, 303, 440, 594 f., 727 ff. – Verbundunternehmen 729 – Wertschöpfungsstufen 73, 79, 480 f., 729 f., 754 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall 805 f., 806 f. Erforderlichkeit – und Gleichheitsgesichtspunkte 469, 482, 528 ff., 535, 828 f. – Grenzen der Betrachtung 528 ff. – historische Entwicklung des Prinzips 528 – Kreis relevanter Adressaten 529 f., 533 f. – Kreis relevanter Alternativmaßnahmen 529 f. – und „Argument der Lastenverlagerung“ 467 ff., 495 ff., 508 f., 523, 532 ff., 577, 828 f. – kein Maßstab der Lastengleichheit 530 f., 576, 828 f. – von Preisregelungen 531 f., 534 f. – Struktur der Betrachtung 528 ff. – Subventionen als Alternative 532 ff. Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer 348 ff., 361

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Erholungsurlaub, bezahlter 803 ff., 806 erneuerbare Energien – Förderung durch den Bund 61 – Stromerzeugung aus 61 Ersatzgeld 690, 694 Ertragskompetenz (s. auch Steuerertragskompetenz) – nichtsteuerlicher Abgaben 335, 339 – Schutzzweck 335, 340 ff. erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates 33, 236, 247, 564, 673 Erziehungsgeld 523 ff. Festbetragsregelung für Arzneimittel 488, 596, 663 f. – Funktionsweise 95, 664, 765 ff., 768 – im Gefüge der Kostendämpfungsmaßnahmen 766 f. – Grenzen der Festsetzung 767, 770 f., 775 f. – Grundrechtseingriff 448 – Patentschutz 769 ff., 773, 775 f. – und Wettbewerbsdefizite 765 ff. – Wirkungen 95, 766 f., 769 – Zielsetzung 765, 768 Finanzausgleich im Bundesstaat 337 ff. – Begriff 337 – Ergänzungsanteile 340, 342, 375 f. – Ergänzungszuweisungen 341, 342, 375 f. – Gefahr einer Systemverschiebung 374 – Konkretisierungsbedürftigkeit des Rechts 342 f., 380 – Störungen durch abgabenähnliche Vergütungsregelungen 346, 371 ff., 384 f., 825 – Begriff der „Störung“ 371 – Fehlen einer quantitativen „Störungs“grenze 372 ff., 825 – systemimmanente Korrekturmechanismen 374 ff., 825 – Stufenfolge 338 ff. – Ziel einer aufgabengerechten Finanzausstattung 335, 337 ff., 344, 371, 380

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Sachwortverzeichnis

Finanzgewalt – Kompetenzgrundlagen 246 f., 820 – Untergliederung in Teilgewalten 246 f., 820 Finanzierungspflichten, privatrechtliche 38 ff. (s. auch Sonderlasten, finanzielle) Finanzierungsverantwortlichkeit (s. auch Sonderlasten, öffentliche) – der Allgemeinheit 216 – besondere Finanzierungsverantwortlichkeit Privater 265, 539 ff., 573, 576 f., 585 ff., 627, 630 f., 634 ff., 667 ff. – und Staatsaufgabenlehre 142 ff. Finanzverfassung – Schutzgüter 158 f., 228, 242 – Vorgaben für die Ausübung von Finanzgewalt (s. Finanzgewalt) Formenmißbrauch des Gesetzgebers 45, 71, 191 ff., 308, 817 Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (s. auch Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld) – und Gebot der Steuerdistanz 784 f., 808 ff. – Grundgedanke 597, 785 – Konkretisierung 789 ff., 797, 810, 811, 836 – Reichweite 789 ff., 797, 836 – Zurechnung von Finanzierungsverantwortlichkeit 784 ff., 797, 803 ff. Funktionenordnung, horizontale 271 ff., 294 Gebühr – Belastungsgrund 34, 675 ff., 707 – Bemessung 34, 677 f. – Benutzungsgebühr 675 f. – verfassungsrechtlicher Begriff 678 ff. – Verleihungsgebühr 34 – Verwaltungsgebühr 675 f. Geldleistungspflichten, nichtsteuerliche

– Anforderungen des Steuerstaatsprinzips 240 ff. – Begrenzung durch den Finanzierungszweck 273 f., 288 ff., 547 – Belastungsgründe (s. Sonderlasten, finanzielle) – Bemessungsprinzipien (s. Kostendekkung, Prinzip der sowie Wertäquivalenz, Prinzip der) – Gesetzgebungskompetenz 268 f. – kumulative Wirkung 281 ff., 356, 384 – kumulatives Zusammentreffen mit Steuern 281 ff., 356, 366 Gemeinlastprinzip 215, 237, 418, 579, 584, 586, 628 Gemeinschaftsteuern 339 f., 344, 372 Gemeinwohlaufgabe (s. öffentliche Aufgabe) gemischt-wirtschaftliche Unternehmen 429 – Begriff 433 – Grundrechtsberechtigung 433 f. Gerechtigkeit – als Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes 604 – Austauschgerechtigkeit 29 ff. – lastenausteilende 669 – zuteilende 29 ff., 840 Gesamtdeckung, Prinzip der 406, 534 – Funktion 403, 419 f. – als Kriterium der Übergriffsintensität 419 ff. – Verfassungsrang 404, 421 gesetzliche Krankenversicherung – Arten von Kostendämpfungsmaßnahmen 94 f., 486 ff., 663 f., 758 ff. – Arzneimittelausgaben 102, 104, 757 – bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe 663 ff. – Budgetierungsvereinbarungen 758 – und demographische Entwicklung 489 – finanzielle Konsolidierung 43, 90 f., 484 ff., 491, 757 ff. – Gesamtverträge 663, 758

Sachwortverzeichnis – Haftungsgarantie des Bundes 780 f. – Lastentragung bei Zuschüssen 496 f., 780 f. – Leistungserbringer 89 ff., 486 ff., 596 – Sachleistungsprinzip 760 – Sonderbelastung als Regel 760 – Ursachen des Ausgabenanstieges 89 ff., 489, 757 f., 763 f. – Verhältnis zwischen Einsparmaßnahmen 487, 495, 758 ff. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (s. auch Kontrolldichte gesetzgeberischer Entscheidungen) – bei abgabenähnlichen Vergütungsregelungen 626 ff., 629 f., 634 – Angemessenheit einer finanziellen Sonderlast 721 f., 802 – Arbeitspolitik 544, 623, 724 – bei Berufsausübungsregelungen 619 f. – Entscheidungen mit Prognosecharakter 544, 833 – funktionell-rechtliche Erwägungen 625 f., 634, 833 – Gebührenerhebung 629, 677, 680 f. – gewährende Staatstätigkeit 622 f. – Sozialpolitik 544, 623, 724 – strenge Bindung an Lastengleichheit 628 f., 634, 833 f. – Verhältnis zur verfassungsgerichtlichen Kontrolldichte 621 – Verwirklichung des Gleichheitssatzes 609 f., 619 ff., 628, 833 f. – wirtschaftslenkende Gesetze 623 ff., 627, 833 – Entwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung 624 – Verankerung im Prognosecharakter 624 f., 627, 833 – Wirtschaftspolitik 544, 623, 724 – Zuweisung finanzieller Sonderlasten 531, 543 f., 619 f., 626 ff., 632, 634, 832 ff. Gewaltenteilung, vertikale 278 ff., 294 Gewerbesteuer 373

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Gleichartigkeit von Geldleistungspflichten – als Grundprinzip der Kompetenzabgrenzung 354 f. – Rechtsprechung des BVerfG zur Gleichartigkeit von Steuern 351 ff., 361 – Typenvergleich von Geldleistungspflichten 344, 353, 358, 361, 824 – als Übergriff in die Ertragskompetenz 354 ff., 358 ff., 824 – Vergleichsmerkmale 350, 352 ff. Gleichheitssatz, allgemeiner 531, 534, 538 f., 542, 545, 561, 591 ff. (s. auch Lastengleichheit, Prinzip der) – Anforderungen an abgabenähnliche Vergütungsregelungen 603 ff., 659 f. – bereichsspezifische Ausprägung 277, 600 f., 615, 617 ff., 631 f., 660 ff., 678, 706 f., 832 – Bindung des Gesetzgebers 604 – Differenzierungsgebot 602, 604 – Differenzierungsverbot 602, 604, 609, 616 – Folgerichtigkeit 618 – Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung – Auswirkung auf Freiheitsrechte 616 f. – Kriterien der Maßstabswahl 608 ff., 615 ff. – Maßstäbe 603 ff. – sog. neue Formel 605 ff., 609, 720, – sachlicher Grund 579 f., 606, 617 ff., 832 – Verfassungsmäßigkeit des Differenzierungskriteriums 601 ff. – Verfassungsmäßigkeit des Differenzierungsziels 598 ff. – Verhältnis der Rechtfertigungsmaßstäbe zueinander 610 ff., 615 – Verhältnismäßigkeitsbetrachtung 607, 610 ff., 615 – Willkürverbot 603 ff., 606 ff., 614

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Sachwortverzeichnis

– Sachgerechtigkeit 605, 606, 608, 614, 617 ff., 631, 832 – Systemgerechtigkeit 618 – Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers 217, 501, 587 – verfassungsgerichtliche Kontrolldichte (s. Kontrolldichte gesetzgeberischer Entscheidungen) Grunderwerbsteuer 373 Grundrechtseingriff – klassischer Begriff 442 f. – mittelbarer 443 Grundsteuer 373 Handlungsform – und Kompetenzgrundlage 271 ff. – und Rechtmäßigkeitsanforderungen 272 ff., 822, 839 Haushaltsgesetz 393 Haushaltsgrundsätze 405 f., 407 – Bruttoveranschlagung 398 f., 405, 408 – Einheit 208, 397, 405, 412 – Öffentlichkeit (s. Öffentlichkeit des Haushaltsplans) – Vollständigkeit (s. Vollständigkeit des Haushaltsplans) Haushaltskreislauf 393 f. Haushaltsplan – keine Außenwirkung 394 f. – Feststellung durch Gesetz 393 f. – Funktionen 207, 399 f., 406, 413, 420 horizontale Funktionenordnung 348 Indienstnahme Privater 157, 536 – Begriff 48, 151, 816 – Erscheinungsformen 152 – und Prinzip der Lastengleichheit 582 f. – im Polizeirecht 583, 639 – Rechtsprechung des BVerfG 154 ff. – Unterscheidung von Sach- und Finanzierungsverantwortung 635 ff., 834 – Verfassungsmaßstäbe 154 ff., 659, 816

Individualarbeitsrecht 412 – bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe 665 f., 784, 808 – Entgeltfortzahlung (s. Lohnfortzahlungspflichten) iustitia commutativa (s. Gerechtigkeit, Austauschgerechtigkeit) iustitia distributiva (s. Gerechtigkeit, zuteilende) Klimaschutz 61 f., 76 f., 458, 471 f. Kohlepfennig 305, 307, 687 Kompetenz – Ermächtigungsfunktion 252, 821 – systematische Interpretation 252, 270, 821 – übergriffsabwehrender Gehalt 252, 821 Kompetenzausübungsschranken 251, 254, 270 f., 285, 288, 329, 821 Kompetenzordnung – Ausschließlichkeit und Alternativität 248, 820 – sog. Grundrechts-Kompetenz-Zusammenhang 226, 282 – und Individualschutz 226, 281 ff. – für Steuern 247, 581, 668 f. Kompetenzübergriff – Begriff 248 ff., 820 – Gebotenheit einer materiellen Betrachtung 227 f., 821, 823 – grundgesetzliche Dogmatik 245 ff., 820 f. – als mittelbares Wirksamwerden einer Kompetenzausübung 251, 269, 820 f. – Übergriffsintensität als Zulässigkeitsgrenze 252 ff., 270, 821 Kompetenzübergriff in die Ausgabenbewilligungskompetenz des Haushaltsgesetzgebers – durch abgabenähnliche Vergütungsregelungen 387 ff. – Ausgabenwirksamkeit 389 ff., 825 (s. auch Ausgabenwirksamkeit)

Sachwortverzeichnis – Grundlage der Übergriffswirkung 387 ff., 390, 825 – und Funktionen der Ausgabenbewilligungskompetenz 404 ff., 423 ff., 826 – Kontrollierbarkeit 407, 424 – Kriterien der Übergriffsintensität 404 ff., 423 ff., 826 – durch Sonderabgaben 212 – Vermeidbarkeit 407, 424 Kompetenzübergriff in Sachgesetzgebungskompetenzen – durch Ausübung von Sachgesetzgebungskompetenzen 283 – Bestimmung der betroffenen Kompetenz 294 – durch Lenkungsteuern 251, 283 Kompetenzübergriff in Steuerertragskompetenzen 295 – durch abgabenähnliche Vergütungsregelungen 824 f. – Einnahmenwirksamkeit 334 ff., 379, 824 (s. auch Einnahmenwirksamkeit) – Grundlage der Übergriffswirkung 334 ff., 356 ff., 361, 370 f., 824 – Begriff der „Störung“ einer Steuer 346, 357 – Befund der Gleichartigkeit (s. Gleichartigkeit von Geldleistungspflichten) – Bestimmung der betroffenen Kompetenz 336 f., 345 ff., 358 ff., 361, 370 f., 824 – Bestimmung der Übergriffsintensität 337, 350, 358 ff., 361, 370 f., 824 – durch Sonderabgaben 203, 345 ff. Kompetenzübergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen 256 ff., 270 – durch abgabenähnliche Vergütungsregelungen 285 ff., 328 ff., 821 ff. – Einnahmenwirksamkeit 256 ff., 260 ff., 821 f. (s. auch Einnahmenwirksamkeit) – Grundlage der Übergriffswirkung 256 ff., 260 ff., 821 f.

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– Bestimmung der betroffenen Kompetenz 294 – doppelte Kompetenzgrundlage 251, 254, 269, 822 – Kriterien der Übergriffsintensität 285 ff., 328 ff. – Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die Einnahmenwirtschaft 291 ff., 307 ff., 318 ff., 326 ff., 823 – historische Auslegung der Sachgesetzgebungskompetenz 290 f., 304 ff., 316 ff., 324 ff., 823 – Verhältnis von Sachgestaltungs- und Finanzierungsfunktion 285 ff., 296 ff., 310 ff., 320 ff., 822 – Weite der zugewiesenen Finanzierungsaufgabe 288 ff., 303 f., 312 ff., 322 ff., 823 – Kontrollierbarkeit 296 – durch Sonderabgaben 200 f. – systematische Auslegung von Sachund Steuergesetzgebungskompetenzen 285, 329, 822 – Vermeidbarkeit 296 – und Verschiedenheit der Rechtmäßigkeitsanforderungen 272 f., 822 – zwischen Gebietskörperschaften 278 ff. Kompetenzübergriff in Steuerverwaltungskompetenzen 385 f. – durch abgabenähnliche Vergütungsregelungen 385 f. – Schutzzwecke steuerverwaltungsrechtlichen Gesetzesvollzugs 386 – durch Sonderabgaben 202 Kompetenzüberschneidung 249, 251, 820 Konnexitätsprinzip 318, 335, 338, 387, 496 Kontrolldichte gesetzgeberischer Entscheidungen (s. auch Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sowie Prognosecharakter gesetzgeberischer Entscheidungen)

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Sachwortverzeichnis

– bei abgabenähnlichen Vergütungsregelungen 626 ff., 629 f., 632 f., 634, 832 ff. – Evidenzmaßstab 459 f. – funktionell-rechtliche Erwägungen 625 f., 634, 833 – institutionelle Gesichtspunkte 625 f., 833 – Kostendämpfungsmaßnahmen in der GKV 486 ff., 495 – strenge Bindung an Lastengleichheit 628 f., 634, 832 f. – Verteilung mutterschutzrechtlicher Kostenlasten 520 – Vertretbarkeitskontrolle 459 f. – Verwirklichung des Gleichheitssatzes 619 ff., 832 f. – Art des Differenzierungskriteriums 621 f., 632 f., 832 f. – Auswirkung auf Freiheitsrechte 616 f., 623, 632, 832 – Identität von Handlungs- und Kontrollmaßstab 621 – bei Zuweisung finanzieller Sonderlasten 531, 543 f., 619 f., 626 ff., 632, 634, 832 ff. Konzessionsvertrag 305, 741, 748 Korrelationsgebot 718 ff., 722, 800 ff., 812, 836 Kostendeckung, Prinzip der 241, 248, 643, 716 – Ableitung aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip 718 f. – Beitrag 684 – Gebühr 677 f., 679 ff. – Verbandslast 698 ff. Kraft-Wärme-Kopplung 305 – finanzielle Förderung nach dem KWKG 43, 61, 662, 733 – Finanzierungsverantwortlichkeit der Endverbraucher 733 – Träger der dauerhaften Belastung 733 – Weitergabe der Mehrkosten an den Endverbraucher 733

Krankenkasse, gesetzliche – Verhältnis zu privaten Krankenversicherungen 369 – wirtschaftliche Notlage 318 Kreditaufnahme des Staates 33, 236, 247, 414 Lastengleichheit, Prinzip der 300, 515 f. 518, 578 – Anforderungen an abgabenähnliche Vergütungsregelungen 584 ff., 593, 630 f., 659 f., 667 ff., 670, 716 ff., 789 – Anforderungen an finanzielle Sonderlasten 580, 582 f., 584 ff., 589, 630 f., 667 ff. – Anforderungen an handlungsbezogene Sonderlasten 580 – Anforderungen an die Indienstnahme Privater 582 f. – Anforderungen an Lohnfortzahlungspflichten 789 – Anforderungen an Sonderabgaben 213 ff., 421, 574 f., 581 f., 685 ff., 707 f., 818 – Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes 228, 288, 577 f., 591 f., 598, 631, 830 – Belastungsgründe (s. Sonderlasten, finanzielle) – und Belastungsintensität von Sonderlasten 577, 590 f., 655, 836 – bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe 600 f., 613 f., 615, 617 ff., 631 f., 660 ff., 678, 706 f., 832 – Finanzierungsverantwortlichkeit Privater (s. Finanzierungsverantwortlichkeit, besondere Finanzierungsverantwortlichkeit Privater) – Enteignung 583 – Erfordernis der Doppellegitimation von Freiheitseingriffen 483, 536, 539 – Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben 581 f., 673 ff. – Geltungsbereich 578 ff.

Sachwortverzeichnis – Homogenität der sonderbelasteten Gruppe 587 ff., 593, 595, 596, 597 f., 630 f., 736, 831 f. – Kernaussage 584 f., 589 – Korrelation von Belastungsgrund und Belastungsintensität 718 ff., 722, 800 ff., 812, 836 – Maßstab der „besonderen Verantwortungsbeziehung“ 525 f., 538, 540 ff., 795 – als Regel-Ausnahme-Verhältnis 579, 586, 628, 772, 833 f. – systematische Einordnung 578 ff. – Unterscheidung von Sach- und Finanzierungsverantwortung 652 ff., 659 f., 788 f., 791 ff., 795, 811, 834 – verfassungsgerichtliche Kontrolldichte (s. Kontrolldichte gesetzgeberischer Entscheidungen) – Verhältnis zum Prinzip der Steuergleichheit 215, 578 f., 592 – Verhältnis zum Prinzip der Verhältnismäßigkeit 482 ff., 505 f., 513 ff., 525 f., 535 ff. 539 ff., 590 f. (s. auch Angemessenheit, Erforderlichkeit, sowie Verhältnismäßigkeit) – „Vorfinden“ der Finanzierungsverantwortlichkeit 589, 628, 630 f., 832 Lastenverlagerung, Argument der 467 ff., 495 ff., 508 f., 523, 532 ff., 577, 828 f. Lebensgrundlagen, natürliche – Schutz als Staatsziel 458, 472 – und Stromerzeugung 457 f., 472 Leistungsfähigkeitsprinzip – Abweichung durch Lenkungsteuern 251 – bereichsspezifischer Gleichheitsmaßstab 247, 276, 410, 578, 674 – und Gebot der Steuerdistanz finanzieller Sonderlasten 671 – handlungsformspezifischer Maßstab 632 – historisch überkommener Maßstab 674

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– und Vergleichsgegenstand der Gleichheitsbetrachtung 618 Lenkungsteuer 713 – als Einflußnahme des Steuergesetzgebers auf Sachbereiche 291 f., 294 – funktionelle Annäherung an die Sachregelung 250 – Grenzen der Zulässigkeit 233 – und historische Auslegung von Sachgesetzgebungskompetenzen 290 Lohnfortzahlungspflichten 44, 576, 636 – Anerkennung durch den Verfassunggeber 324 f., 333, 425, 823 – Erscheinungsformen 665, 787 f. – als historisch überkommenes Handlungsmittel 324 f., 665 f., 823 – Lohnfortzahlungsaufwand – Formen der Begrenzung 806 ff. – Zurechnung zum Arbeitsverhältnis 789 ff., 793 ff., 797, 804, 805 f., 807, 811 – als Modifikation der Leistungsäquivalenz 44, 133, 665, 784, 786 – Rechtfertigung aus Fürsorgepflicht des Arbeitgebers 665 f., 784, 787 f., 789 ff., 803 ff., 811 Monopol, natürliches 75, 742 f. Mutterschaftsgeld – Lastentragung durch den Bund 123 f., 327, 802 – und Lohnentwicklung 126, 131, 323 f., 520 f., 800 Mutterschutz – Beschäftigungsverbote 44, 115, 507, 597, 798 – Entgeltschutz 114, 507 f., 523, 597, 788, 791 f., 800 (s. auch Mutterschaftsgeld) – Gefahrenschutz 115, 798 – Kündigungsschutz 115, 789 – Schutzauftrag gem. Art. 6 Abs. 4 GG 116 ff., 507, 524

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Sachwortverzeichnis

– Auslegung durch das BVerfG 116 ff., 513 ff. – Entstehungsgeschichte 516 ff. – Normfunktion 514 ff., 519 – und Verteilung finanzieller Lasten 514 ff. – verfassungsrechtlicher Hintergrund 116 ff. – Zweck 45, 798 f. Naturalleistungspflichten (s. Sonderlasten, handlungsbezogene) Nebenhaushalte 410, 412 Non-Affektation, Prinzip der (s. Prinzip der Gesamtdeckung) öffentliche Aufgabe (s. auch Staatsaufgabe) – Abgrenzung von öffentlichem und privatem Interesse 585 ff. – Aufgabenträgerschaft 33 – Begriff 136, 585 – Effektivität der Erfüllung 584 – Erfüllung durch Private 32, 409, 583 – Finanzierung durch Private 32, 288, 409, 574 ff., 584, 586, 814 – Umfang der Aufgabenzuweisung an Private 288 ff., 303 f., 312 ff., 322 ff. – Vermutung öffentlicher Finanzierungsverantwortung 586 Öffentlichkeit des Haushaltsplans 209 f., 406, 417 f. – Funktionen des Prinzips 402 – als Kriterium der Übergriffsintensität 417 ff., 423 ff., 826 – Verankerung im Demokratieprinzip 403 – Verfassungsrang 419 Polizei- und Ordnungsrecht – Anscheinsgefahr 645 – Anscheinsstörer 834 – Gefahrbeseitigungspflicht 645 ff. – Kostentragungspflicht 646 ff.

– Aufopferung 647 – Prinzip effektiver Gefahrenabwehr 638 ff., 646 ff., 653 – Entschädigungsansprüche 583, 644, 647 f., 657 – Erwägungen gerechter Lastenverteilung 638 ff., 646 ff., 653 – Gefahrenbegriff 642 – Handlungsverantwortlichkeit 642, 644, 646, 650, 655 – Prinzip der Kostendeckung (s. Kostendeckung, Prinzip der) – Kostenerstattungsansprüche 583, 643 f. – materielle Polizeipflicht 644 – polizeilicher Notstand 644, 654, 656 – polizeirechtliches Konnexitätsprinzip 643 ff., 655 – Primärebene 583 – Sekundärebene 583 – Situation der Gefahrenabwehr 639 f. – Störerauswahl 834 – auf Primärebene 648 ff. – auf Sekundärebene 650 ff. – zivilrechtliche Ausgleichsansprüche 651 – Unterscheidung von Primär- und Sekundärebene 640 ff., 792 f., 834 – Unterscheidung von Sach- und Finanzierungsverantwortung 638 ff., 834 – Zustandsverantwortlichkeit 642, 644, 650, 655 – Haftungsbegrenzung des Zustandsverantwortlichen 654 – in Opferposition 654 Preisintervention, abgabenähnliche (s. Vergütungsregelungen, abgabenähnliche) Preisregelungen 157 – Begriff 146, 816 – Erscheinungsformen 146 ff., 438 – Unterscheidung von allgemeinem und besonderem Preisrecht 146 f.

Sachwortverzeichnis – Verfassungsmaßstäbe 148 ff., 488, 816 Privatisierung – Aufgabenprivatisierung 36 – Begriff 36 – funktionale Privatisierung 36 – Motive 37 f. – Organisationsprivatisierung 36 Prognosecharakter gesetzgeberischer Entscheidungen (s. auch Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sowie Kontrolldichte gesetzgeberischer Entscheidungen) – Bedeutung für die Eignungskontrolle 458 f. – Bedeutung für die Erforderlichkeitskontrolle 460 Quersubvention 814 (s. auch Vergütungsregelungen, abgabenähnliche) – betriebswirtschaftliche Terminologie 50 – horizontaler Finanzfluß 40 – Problematik des Begriffs 48 ff. – Verhältnis zum Subventionsbegriff 48 f. Realakte, hoheitliche 443 Rechtsfolgeanordnungen, widersprüchliche 295 Rechtsstaatsprinzip 30, 138 – Verbot widersprüchlicher Rechtsfolgeanordnungen 295, 734 – Gesetzesvollzug durch spezialisierte Verwaltungszweige 385 f. – Konkretisierung des Gleichheitssatzes 599, 605 Referenzregelungen der Untersuchung 61 ff. Regelungszweck – Ermittlung 286, 310 – Finanzierung 286 f. – Sachgestaltung 286 f. Regulierungsverwaltungsrecht 661

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Sachgesetzgebungskompetenz 248, 249, 268 f., 278 (s. auch Kompetenzübergriff in die ~ sowie Kompetenzübergriff in die Steuergesetzgebungskompetenz) – Einflußnahme des Sachgesetzgebers auf die Einnahmenwirtschaft 291 ff., 307 ff., 318 ff., 326 ff. – funktionelle Annäherung an die Ausgabenbewilligungskompetenz 388 ff., 391, 404, 415, 422 – Grundfunktion 254, 256, 271, 286, 388 – historische Auslegung 290 f. Sachregelung – einnahmenwirksame – Anlegung unangemessen strenger Maßstäbe 379, 406 – Ausmaß der Finanzierungswirkung 293 f., 309 f. – als gezielte Formenumgehung 292 – Vergleich der Zugriffsform mit der Steuer 337 – einnahmenwirtschaftliche Relevanz 293 f. – funktionelle Annäherung an die Steuer 271, 277 Sachverantwortung (s. Sonderlasten, öffentliche) Selbstverpflichtungserklärungen – der Energiewirtschaft 462 ff., 815 – der Pharmaindustrie 99, 492 f., 815 – Rechtmäßigkeitsanforderungen 463 – Rechtsnatur 463 Solidarprinzip 701 ff., 708, 809 Sonderabgabe – Abgrenzung zur Steuer 162 f., 200 – Begriff 158 – Belastungsgrund 168, 218, 685 ff., 707 f. – besonderer Rechtfertigungsbedarf 158, 587, 688 – Entgeltcharakter 687 f. – Erscheinungsformen 287, 297

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– –

– – – – – –

Sachwortverzeichnis

– Ausgleichsabgabe 175, 690, 691 f., 694 – Förderabgabe 176 – Lenkungsabgabe 175, 692 f., 710 fremdnützige 219 funktionelle Annäherung an die Steuer 35, 198 f., 231 f., 269, 346, 587 Haushaltsflüchtigkeit 159, 204 f. als Selbsthilfe der Wirtschaft 686 f. als Sonderbelastung 160, 685 ff. als Surrogat einer Handlungspflicht 690 f., 708 im Umweltrecht 691 ff. Zulässigkeitsvoraussetzungen 159 ff. – Ausprägungen des Prinzips der Lastengleichheit 213 ff., 536 f., 541, 574 f., 581 f., 587, 685, 818, 831 – besondere Gruppenverantwortung 166 ff., 213 ff., 586, 629, 637, 685, 818 – gezielte Umgehung durch den Gesetzgeber 292, 308 – Gruppenhomogenität 165, 216 ff., 588 f., 818 – gruppennützige Verwendung 171 f., 204 f., 228 f., 421 f., 685, 818 – haushaltsrechtliche Dokumentation 174, 208 ff., 411 f., 418, 818 – periodische Legitimation 174, 206 f., 414 f., 417, 818 – Sachnähe 166 ff., 637 – Schutzfunktion für die Ausgabenbewilligungskompetenz 204 ff., 818 – Schutzfunktion für Steuerertragskompetenzen 347 f. – Schutzfunktion für Steuergesetzgebungskompetenzen 198 ff., 818 – Übertragung auf abgabenähnliche Vergütungsregelungen 177 ff., 227 ff., 527, 536 f., 668, 816 ff. – Unterscheidung von Sach- und Finanzierungsverantwortung 637 f., 834 – Unzulänglichkeiten 229, 819

– Wahrnehmung einer Sachaufgabe 164 f., 198 ff., 287, 347 f., 669, 818 – Zweckbindung des Abgabenaufkommens 205 Sonderlasten, finanzielle 246, 281 (s. auch Sonderlasten, öffentliche) – Abgrenzung zu handlungsbezogenen Sonderlasten 634 ff., 659 f., 788 f. – Anknüpfung an privatvertragliche Austauschverhältnisse 38 ff., 46 f., 261 f. – Belastungsgrund 667 ff., 716 ff., 835 f. (s. auch Aufwandsveranlassung sowie Vorteilsausgleich) – Gebot der Steuerdistanz 667 ff., 711 f., 716 ff., 722, 727, 738, 751, 784 f., 808 ff., 835 f., 839 – erkennbare Entscheidung des Gesetzgebers 739 f. – Nachreichen von Rechtfertigungserwägungen 738 ff., 754, 777, 838 – sozialer Ausgleich 673, 681 f., 684 f., 699, 708, 709 ff., 835 – Umgehungsverbot 670 ff., 722, 727, 809, 835 – Umverteilung (s. sozialer Ausgleich) – Unterscheidungskraft 669 f., 739, 810, 835 – Verhaltenssteuerung 673, 681 f., 684, 692 f., 709 ff., 712, 835 – wirtschaftliche Leistungsfähigkeit 669 ff., 699, 701, 711 f., 726 f., 751, 810, 835 (s. auch Leistungsfähigkeitsprinzip) – Zweckmäßigkeitserwägungen 671, 723 ff., 811, 834 – und Effektivität der Aufgabenwahrnehmung 654 – keine Entschädigungsmöglichkeit 657 f. – funktionelle Annäherung an die Steuer 34 f., 289 – Gleichheitsgesichtspunkte in der Verhältnismäßigkeitsprüfung 527 ff.

Sachwortverzeichnis – Korrelation von Belastungsgrund und Belastungsintensität 577, 590 f., 655, 718 ff., 722, 800, 812, 836 – und Prinzip der Lastengleichheit 584 ff., 830 ff. – Unterscheidbarkeit von der Steuer 34, 667 ff., 835 Sonderlasten, handlungsbezogene (s. auch Sonderlasten, öffentliche) – Abgrenzung zu finanziellen Sonderlasten 634 ff., 657 – Entschädigung 657 ff. – und Prinzip der Lastengleichheit 583 f., 656 ff., 830 Sonderlasten, öffentliche – gleichheitsrechtliche Rechtfertigung (s. Lastengleichheit, Prinzip der) – Unterscheidung von Sach- und Finanzierungsverantwortung 634 ff., 659 f., 788 f., 791 ff., 795, 811, 834 – Ableitung aus dem allgemeinen Gleichheitssatz 652 ff., 834 – Ableitung aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip 652 ff., 834 – Indienstnahmen Privater 635 ff., 834 – Unterscheidungen im Polizeirecht 638 ff., 834 – Unterscheidungen in der Rechtsordnung 635 ff. – Zulässigkeitsvoraussetzungen für Sonderabgaben 637 f., 834 Sondervermögen des Bundes 409, 412 Sozialstaatsprinzip 561, 599, 605, 780 Sozialversicherungsbeitrag 217 – Anerkennung durch den Verfassunggeber 703 f., 708, 810 – Arbeitgeberanteil 702 – Belastungsgrund 700 ff. – Fremdlasten 702 – Gruppenhomogenität 588, 702 – Solidarprinzip 701 ff., 708, 809 – Versicherungsprinzip 700 f., 703, 708, 809

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Staatsaufgabe (s. auch öffentliche Aufgabe) – allgemeine – Begriff 33, 140 f. – Finanzierungsverantwortung 33, 265, 270 – Allzuständigkeit des Staates 143 – Begriff 136 f. – besondere 140 f. – normative Staatsaufgabenlehre 143 – notwendige 341, 380 – staatliche Vorbehaltsaufgaben 143 – und Steuerfinanzierung 33, 234 ff. – Verhältnis zum Begriff der öffentlichen Aufgabe 137 – Zunahme der Staatsaufgaben 33 Staatsfunktionen 246 Stabilisierungspolitik 400 Steuer – Begriff des Grundgesetzes 230 f. – Bemessung 671, 673 f. (s. auch Leistungsfähigkeitsprinzip) – besondere Abstimmung auf Verfassungsrechtsgüter 237 ff., 819 f. – und Gleichheitssatz, allgemeiner 237, 819 – Grundfunktion der Einnahmenerzielung 233, 250, 257 f., 271, 334, 821 – als grundrechtsschonendes Finanzierungsinstrument 239, 819 – sog. ökologische Steuerreform 713 ff., 732 – Öko-Steuern 713 ff. – Rechtfertigung 235, 276, 671, 673 f., 712, 713 ff. – als Regelinstrument der Staatsfinanzierung 33, 234 ff. Steuerdistanz, materielle (s. Sonderlasten, finanzielle) Steuerertragskompetenz 247 (s. auch Kompetenzübergriff in die ~) – als Ausübungsschranke einer Steuergesetzgebungskompetenz 350 f., 354 ff.

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Sachwortverzeichnis

– Bedeutung für die Bestimmung von Übergriffen in Steuergesetzgebungskompetenzen 294 – Ordnung der Steuerertragskompetenzen 336, 357, 375 – Schutzfunktionen 335, 340, 344, 346, 357 f. – Trennung von der Steuergesetzgebungskompetenz 342, 343 f. Steuerertragsverteilung 231, 337 ff., 375, 380 – Funktionsgedanken 339 – Kombination von Trenn- und Verbundsystem 339 – Schutzfunktionen 335, 340, 344, 346, 357 f. Steuergesetzgebungskompetenz 247 (s. auch Kompetenzübergriff in die ~) – des Bundes 271, 278 – Grundfunktion 286 – Ordnung der Steuergesetzgebungskompetenzen 266 ff. – Rechtmäßigkeitsanforderungen an die Ausübung 271 ff. – Schutzzwecke der Verteilung 266 ff. – Trennung von der Sachgesetzgebungskompetenz 266 f., 278, 823 – Trennung von der Steuerertragskompetenz 342, 343 f. Steuergleichheit 214, 237, 276 (s. auch Lastengleichheit, Prinzip der) Steuerstaat, Prinzip des 230 ff., 245, 563, 579 – Anforderungen an nichtsteuerliche Geldleistungspflichten 240 ff., 579, 819 f. – und Demokratieprinzip 238 – funktionelle Interdependenz von Steuerfinanzierung und Privateigentum 235 f., 564 – als handlungsanleitendes Prinzip des Gesetzgebers 244, 820 – Herleitung 234 f., 819 – normativer Gehalt 234 f., 579, 668 f.

– qualitatives Verständnis 243 f., 293, 820 Steuerverwaltungskompetenz 247 (s. auch Kompetenzübergriff in die ~) – Rechtmäßigkeitsanforderungen an die Ausübung 273, 385 f. – Schutzzwecke 273, 385 f. Strom – grüne Tarife 731 – Ökostrom 731 Stromeinspeisungsregelung – Entwicklung der Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien 62 ff. – kartellrechtliche Rechtsprechung des BGH 65 f. Stromeinspeisungsregelung nach dem EEG 42, 73 ff. – abgabenähnliche Vergütungsregelung 88 – atypische Gemeinlast 736 f. – Ausgestaltung der Vergütungsregelung 475 ff. – ausschließliche Förderung erneuerbarer Energien 74, 81, 477 – Beeinträchtigung der Unternehmerfreiheit 438 ff., 446 ff., 473 f. – befristete Förderung 477 – Berichts- und Überprüfungspflicht 415 ff., 424, 826 – bundesweiter Belastungsausgleich gem. § 14 EEG 82 f., 447, 479, 594, 661, 725 f., 735 ff. – Direktsubventionierung als Alternative 466 ff. – Entwicklung der Regelung 73 ff. – existenzgefährdende Belastung der EVU 478 f. – finanzausgleichsrechtliche Relevanz 377 f., 825 – Finanzierungsverantwortlichkeit der Endverbraucher 731 f., 733 f., 735 ff., 753 – Finanzierungsverantwortlichkeit der Stromhändler 727 ff., 753 ff.

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– aufgrund benachteiligenden Wettbewerbsverhaltens 741 ff., 754 – begünstigende Energiepolitik 747 ff., 754 – gesetzgeberische Rechtfertigung 727 f., 732 ff., 737 f., 837 – Kausalverantwortlichkeit 727 ff., 753, 837 – Steuerungsmacht über Stromnachfrage 729 ff., 753, 837 – Verantwortlichkeit aus Stromerzeugung 729 f. – Verursacherprinzip 74, 297, 300 f., 365, 459, 727 ff., 753, 837 – Vorteilsausgleich 746 ff., 753 – Zweckmäßigkeitserwägungen 723 ff., 745, 753 Förderzweck 298 f. funktionelle Äquivalenz zu direkter Subventionierung 69, 306, 308, 466 ff. Intensität der Mehrkostenbelastung 84 Kompetenzübergriff in die Ausgabenbewilligungskompetenz 404 ff., 423 ff., 827 Kompetenzübergriff in Steuerertragskompetenzen 362 ff., 370 f., 824 Kompetenzübergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen 296 ff., 330 f., 824 Investitionszuschüsse als Alternative 464 f. Kontrahierungszwang 80, 551 geringe Rechtfertigungsanforderungen der Berufsfreiheit 474, 828 Rechtsnatur der Abnahmepflicht 80, 551 rechtspolitischer Hintergrund der Einführung 301 f., 822 Sachpflichten 79 f. Selbstverpflichtungserklärungen als Alternative 462 ff., 815 Sonderabgabenerhebung als Alternative 465 f.

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– Strukturähnlichkeit mit der Umsatzsteuer 362 ff., 824 – Träger der dauerhaften Belastung 85 ff., 459, 594, 735 ff., 743 – Überkompensation 475 ff. – Ungleichbehandlung i. S. d. Gleichheitssatzes 594 f., 598 – Verbändevereinbarung als Alternative 461 f., 815 – Vereinbarkeit mit der Berufsfreiheit 426 ff., 438 ff., 446 ff., 457 ff. – Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie 545 ff., 573 – Vergütungsniveau 476 – Vergütungspflicht 81 – Vergütungssätze 82, 476 – Verhältnismäßigkeit 457 ff. – Eignung 458 ff. – Erforderlichkeit 460 ff., 470 – Angemessenheit 470 ff., 479 ff. – und Verhaltenssteuerung 297 f. – Vermeidung einer Überförderung 475 f. – Wandel der Belastungskonzeption 743 f. – Weitergabe der Mehrkosten an den Endverbraucher 85 ff., 297, 366, 459, 477 f., 594, 725 f., 735 ff. – Zwang zur Konkurrentenförderung 480 f., 827 – Zwecksetzung 67 f., 457 f., 472 Stromeinspeisungsregelung nach dem StrEG 67 ff. – Abnahme- und Vergütungspflicht 67 – Direktsubventionierung als Alternative 69 – Motive der Einführung 68 – Verbändevereinbarung als Alternative 64 – Vergütungsprinzip der vermiedenen Kosten 65 – Zwecksetzung 61 Stromhändler 84 ff., 298, 303, 440, 594 f., 727 ff.

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Sachwortverzeichnis

Stromsteuer – als Lenkungsteuer 731 f. – Strukturähnlichkeit mit der Stromeinspeisungsregelung nach dem EEG 362 – Weitergabe der Mehrkosten an den Endverbraucher 732 Subvention 408 – Begriff 49 – funktionelle Äquivalenz abgabenähnlicher Vergütungsregelungen 391, 466 ff. – und Grundrechtsausübung Freiheitsberechtigter 391 – Steuersubventionen (s. Verschonungssubventionen, abgabenrechtliche, Steuersubventionen) – Subventionsbericht der Bundesregierung 413 – und Verwaltungsaufwand 45, 723 ff. – und Wettbewerbsfreiheit 438 ff. Transferleistungen zugunsten Privater 44, 813 f. Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers – Gestaltung gesellschaftsrechtlicher Organisationsformen 436 – Verwirklichung des Gleichheitssatzes 217, 501, 587 Übermaßverbot (s. Verhältnismäßigkeit) Umgehungsverbot (s. Sonderlasten, finanzielle) Umsatzsteuer – Revision der Verteilung 293, 340, 342, 374, 375 ff., 380 – Strukturähnlichkeit des Herstellerabschlags gem. § 130a SGB V 367 ff. – Strukturähnlichkeit der Stromeinspeisungsregelung nach dem EEG 362 ff. – Verteilung 339, 342 – Weitergabe der Mehrkosten an den Endverbraucher 366, 369 UMTS–Lizenzen 374 Umweltabgaben 662, 691

Umweltrecht – bereichsspezifische Gleichheitsmaßstäbe 662 – Grundprinzipien 662 – Handlungsformen 662 – Prinzip der Verursachung (s. Verursacherprinzip) Unbundling (s. Energiewirtschaft, Entflechtung) Ungleichbehandlung – Begriff 591, 598 – Bildung der Vergleichsgruppen 215, 540 f., 592 f., 598, 631 – Differenzierungskriterium 588, 592, 594 ff., 598, 601 f. – personenbezogen 608 f., 616, 632 f., 832 f. – sachverhaltsbezogen 608 f. – verhaltensbezogen 608 f., 616, 632 f., 832 f. – Differenzierungsziel 598 ff. – externes 601, 613 ff. – internes 601, 613 ff., 633, 721 – Entsprechensprüfung 614 – gemeinsamer Oberbegriff 592 – Rechtfertigung der Ungleichbehandlung (s. Gleichheitssatz, allgemeiner) – rechtserheblicher Unterschied 592 – als Tatbestandsvoraussetzung des Gleichheitssatzes 215, 591 ff., 598 – Unterscheidung von Regelungszweck und Differenzierungsziel 592, 598 ff., 613 f., 635 – Vergleichsgegenstand 591 f., 598, 628 Verbändevereinbarung 63, 64, 461 f., 815 Verbandslast – Belastungsgrund 695 ff., 708 – Kammerbeitrag 695, 696 f., 708 – Lastenverband 695, 698, 700, 708 – Rechtfertigungsbedarf 695 f. Verfassungsauslegung, Methoden der 249 Vergütung – Festsetzung (s. Preisregelungen)

Sachwortverzeichnis – gesetzlich auferlegter Vergütungsanteil zu Förderzwecken 47, 479, 547, 557 f., 784, 787, 813 Vergütungsregelungen, abgabenähnliche – Abgrenzung zur Abgabe 47 – Abgrenzung zur allgemein-begünstigenden Vergütungsregelung 55 f., 814 – als Ausübung hoheitlicher Finanzgewalt 391, 408 – Belastungsgründe (s. Sonderlasten, finanzielle) – Berücksichtigungsfähigkeit als „laufende Einnahmen“ 377 ff., 825 – Einnahmenwirksamkeit (s. Einnahmenwirksamkeit sowie Kompetenzübergriff in die Steuerertragskompetenz sowie Kompetenzübergriff in die Steuergesetzgebungskompetenz) – Entwicklungsperspektiven 838 ff. – Förderzweck 298 ff. – formelle Betrachtung 178 f., 261, 817, 838 f. – „Formenmißbrauch“ des Gesetzgebers 45, 71, 191 ff., 308, 817 – funktionelle Äquivalenz zu direkter Subventionierung 306, 815 – funktionelle Äquivalenz zu Sonderabgaben 45, 52, 55, 179 f., 264 f., 815, 817 f. – funktionelle Annäherung an die Steuer 264 f., 269, 295, 305, 308, 822 – als funktioneller Ersatz ausgelaufener Steuersubventionen 308 f. – Haushaltsausgleich als Motivation 308, 783 f., 813, 823, 838 – haushaltsrechtliche Dokumentation 412 f., 417, 424, 826, 840 – Kombination von Natural- und Geldleistungspflicht 78, 115, 426, 440 – Kompetenzübergriff in die Ausgabenbewilligungskompetenz 387 ff. – Kompetenzübergriff in Steuerertragskompetenzen 334 ff. – Kompetenzübergriff in Steuergesetzgebungskompetenzen 285 ff., 328 ff.

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– Kompetenzübergriffe in Steuerverwaltungskompetenzen 385 ff. – Korrelation von Belastungsgrund und Belastungsintensität 718 ff., 722, 800 ff., 812, 836 – materielle Betrachtung als hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten 46, 54, 194 ff., 261, 813, 816 f., 823, 838 f. – periodische Legitimation 415 ff., 424, 840 – und Privatisierungsdogmatik 39 – Qualifikation als Indienstnahme Privater 48 – Regelungstechnik 46 – keine Staatsausgabe 246 – keine Staatseinnahme 246, 257 – Störungen des Bund-Länder-Finanzausgleichs 371 ff. – Tatbestandsmerkmale 46 f., 55 f., 813 – Übertragung der Verfassungsmaßstäbe für Sonderabgaben 45, 52, 157, 177 ff., 227 ff., 816 ff. – Kriterien der Übertragung 186 ff., 817 f. – Rechtfertigung der Übertragung 179 ff., 816 f. – Vernachlässigung formenspezifischer Besonderheiten 222, 229, 819 – Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz 574 ff. – Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Lastengleichheit 43, 273 f., 584 ff., 667 ff., 670, 716 ff., 830 ff. – Vereinbarkeit mit den Grundrechten 51, 426 ff., 827 ff. – Vereinbarkeit mit der Berufsfreiheit 426 ff., 827 ff. – Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie 545 ff. – Vereinbarkeit mit der Finanzverfassung 53 f., 230 ff. Verhaltenspflichten (s. Sonderlasten, handlungsbezogene)

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Verhältnismäßigkeit – und Anforderungen der Lastengleichheit 51 f., 482 ff., 505 f., 513 ff., 525 f., 527 ff., 535 ff., 576, 828 f. – von Berufsausübungsregelungen 454 f., 456 – von Eigentumsbeschränkungen 572 f. – im engeren Sinne (s. Angemessenheit) – Teilprinzip der Erforderlichkeit (s. Erforderlichkeit) – Gleichheitsgesichtspunkte in der Verhältnismäßigkeitsprüfung 482 ff., 505 f., 513 ff., 525 f., 527 ff., 535 ff., 576, 828 f. – Korrelation von Belastungsgrund und Belastungsintensität 718 ff., 722, 800 ff., 812, 836 – Kostendämpfungsmaßnahmen in der GKV 486 ff., 495 – und „personaler Kern“ der Berufsfreiheit 432, 828 – und private Finanzierungsverantwortlichkeit 51 f., 535 ff., 828 f. – von Steuerrechtsnormen 238, 273 – Struktur einer Zweck-Mittel-Relation 521 f., 538, 541 f., 575 ff., 591, 607, 611 ff., 633, 720 – und Stufenlehre zur Berufsfreiheit 454 f. – von Ungleichbehandlungen 610 ff., 615 – Unterscheidung von Sach- und Finanzierungsverantwortung 652 ff., 659 f., 788 f., 791 ff., 795, 811, 834 – Zweck i. S. d. Verhältnismäßigkeit 613 f., 720 f. Verschonungssubventionen, abgabenrechtliche 410 f. – Ausgabenwirksamkeit 411 – Steuersubventionen 308 f., 464, 497 f. – Vergleichbarkeit mit abgabenähnlichen Vergütungsregelungen 410 f. Verteilungsgerechtigkeit – als Funktion der Haushaltsgrundsätze 400 f.

– als Korrelat der Lastengerechtigkeit 400, 421, 580 Vertragsfreiheit 437, 439, 814 (s. auch Berufsfreiheit) Vertragsverhältnis, privatrechtliches – und Kontrahierungszwang 80, 551 – Überformung durch Vergütungsregelungen 31 f., 38 ff., 46 f., 89, 111 ff., 133 f., 261 f., 813 Verursacherabgabe 176, 692 ff., 705, 708 f., 714 Verursacherprinzip – abgabenrechtlicher Belastungsgrund (s. Verursacherabgabe) – als Rechtfertigung abgabenähnlicher Vergütungsregelungen 297, 300 f., 304, 727 ff., 755 ff., 790 ff. – und Sonderabgaben 689 ff. – im Umweltrecht 662, 694 – Auswahl von Ordnungspflichtigen 662, 692 – Zurechnung von Finanzierungsverantwortlichkeit 662, 689, 692 ff., 708, 710, 727 ff., 735 Verursachung – als Belastungsgrund (s. Verursacherprinzip) – als Element der Aufwandsveranlassung 676, 688 ff., 694 f., 706 f., 717 f. Verwaltungskompetenz, allgemeine 247, 272 f. Vollständigkeit des Haushaltsplans 208, 395 ff., 405, 412, 579 f. – als Absicherung der Ermächtigungsfunktion 396 f. – Erfassung der Abgabenlast 397 – Funktionen des Vollständigkeitsprinzips 395 ff. – Gegenstand der Vergegenwärtigungsfunktion 397 – Grundlage des Deckungsgebots 396 – Kriterium der Übergriffsintensität 407 ff., 423 ff., 826

Sachwortverzeichnis – und verselbständigte Aufgabenwahrnehmung 409 Vorbehalt des Gesetzes – demokratisch-rechtsstaatlicher 245, 273 ff., 394, 819 – im Steuerrecht 238, 247, 273 ff., 559, 819 (s. auch Bestimmtheitsgebot, für Steuerrechtsnormen) – Gewährung von Subventionen 391 Vorteilsabschöpfung (s. Vorteilsausgleich) Vorteilsabschöpfungsabgabe 705, 708 f. Vorteilsausgleich 219 f., 270, 706 f., 808, 835 f. – Beitrag 682 ff., 707 – Gebühr 675 ff., 707 – Sonderabgabe 685 ff., 694 – sonstige Abgaben 705 f., 708 f. – Sozialversicherungsbeitrag 700 ff. – Steuer 713 ff. – Verbandslast 696 ff., 708 Vorzugslast (s. Beitrag sowie Gebühr) Weimarer Reichsverfassung 316, 517, 604 Wertäquivalenz, Prinzip der 241, 248, 410, 716 – Ableitung aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip 718 f. – Beitrag 684 – Gebühr 677 f., 679 ff.

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– Sozialversicherungsbeitrag 701 – Verbandslast 698 ff. Wettbewerbsfreiheit 438 ff., 480 f. Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung 253, 283, 354 f., 734, 821 Willkürverbot 603 ff., 606 ff., 614 Wirtschaftslenkung – gesetzgeberische Gestaltungsbefugnis (s. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers) – Kriterium finanzverfassungsrechtlicher Rechtfertigungsbedürftigkeit 186 ff. wirtschaftspolitische Neutralität des Grundgesetzes 149 Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes 148 f., 430, 816 Zumutbarkeit – als selbständiges Verfassungsprinzip 338, 479, 502 f., 522 – als Teilprinzip der Verhältnismäßigkeit (s. Angemessenheit) Zustimmungsvorbehalt zugunsten des Bundesrates – bei Sachregelungen 247 f., 269, 272, 280 f. – bei Steuerrechtsnormen 247 f., 269, 272, 280 f. Zwangsvergütung (s. Vergütungsregelungen, abgabenähnliche)