Gesetz und Praxis der Gemeindewahlen, besonders in Berlin [Reprint 2018 ed.] 9783111535456, 9783111167374


164 111 9MB

German Pages 134 [136] Year 1869

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Einleitung.
Inhalt-Verzeichniß.
Erstes Kapitel. Das Bürgerrecht Und Seine Feststellung Durch Die Hausliste
Zweites Kapitel. Aufstellung Der Gemeindewählerliste Und Bildung Der Abtheilungen
Drittes Kapitel. Zahl Der Stadtverordneten
Viertes Kapitel. Die Wahlbezirks-Eintheilung
Fünftes Kapitel. Wahlturn
Sechstes Kapitel. Qualität Der Stadtverordnet
Siebentes Kapitel. Die Regelmäßigen Ergänzungswahlen
Achtes Kapitel. Bildung Des Wahlvorstandes
Neuntes Kapitel. Gang Der Wahlhandlug
Zehntes Kapitel. Nachwal
Elftes Kapitel. Statistik Des Bürgerrechts Und Der Abtheilungsbildung
Zwölftes Kapitel. Betheiligung Der Bürgerschaft An Den Stadtverordnetenwahlen
Dreizehntes Kapitel. Anderweitige Vorschläge Zur Organisation Des Wahlverfahrens
Recommend Papers

Gesetz und Praxis der Gemeindewahlen, besonders in Berlin [Reprint 2018 ed.]
 9783111535456, 9783111167374

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Gesetz und Praxis der

Gemernäewrrlrlen besonders

in Berlin.

Ernst Bruch, RegierungS » Referendar a. D., Beamter des städtischen statistischen BüreauS.

Berlin, 1869. Verlag von I. Guttentag.

Einleitung. „>)n das Dunkel der Berliner Gemeindewählerlisten ist bis jetzt noch Niemand hineingedrungen". Insofern sich dieser Ausspruch der „Deut­ schen Gemeindezeitung" in der Nr. 44 von 1868, pag 497 auf die einfache Hervorhebung der Thatsache beschränken will, daß es bisher an einer Darstellung des bei der Aufstellung der Gemeindewähler­ listen angewandten Verfahrens vollständig gefehlt hat, ist die Berech­ tigung desselben durchaus anzuerkennen.

Dem an dieser Stelle und

an andern Orten schon öfter hervorgetretenen Wunsche, dieses Dun­ kel auftuhellen, soll die folgende Darstellung entgegenkommen. Sie ist aber auch geeignet, betn mit dem Ausspruche des gedach­ ten Mangels regelmäßig verbundenen Hintergedanken, als ob das Ber­ liner Verfahren bei Organisation der Gemeindewahlen das Licht zu scheuen hätte, seine Bedeutung zu nehmen. Zn den letzten Zähren sind vielfache, zum größten Theil völlig unbegründete Vorwürfe diesem Gebiete der magistratualischen Verwaltung gemacht worden.

So hat

das gedachte, ausschließlich mit kommunalen Dingen beschäftigte Organ sich bis zu der Behauptung verstiegen, daß in einem Zahre die Ber­ liner Gemeindewahlen nach den für das politische Wahlrecht gültigen Kriterien durch ein schuldiges Versehen der Ortsobrigkeit vorgenommen seien.

Wenn die directe Widerlegung solcher Beschuldigungen aller­

dings auch unter der Würde der Behörde liegt, so mußte es derselben doch angemessen erscheinen, um die unnütze Wiederkehr ähnlicher un­ begründeter Behauptungen zu vermeiden und alle Zweifel über die fteilich sehr complicirte Behandlung dieses Geschäftszweigs auf die

IV

Dauer zu heben, daß eine authentische Schilderung des gesammten, bei Organisation der Stadtverordneten-Wahlen angewendeten Ver­ fahrens unternommen werde. So verdankt die folgende Darstellung einer amtlichen Anregung ihren Ursprung und ihre erste Veröffent­ lichung im amtlichen Organe der Berliner Kommunal-Verwaltung. Ihrem ersten Zwecke entsprechend hielt sie sich zunächst auf rein objectivem Boden. Erst später wurde auch dieffeits an das bestehende Verfahren ein kritischer Maßstab angelegt, wodurch die mehr gene­ tische Darstellungsweise in einzelnen Abschnitten entstanden ist. Die unbeschränkte Anwendung der Kritik, welche sowohl vom ge­ setzlichen, als Nützlichkeitsstandpunkte ausgeübt wurde, ließ betritt aller­ dings eine Reihe von Mängeln des Verfahrens erkennen, welche, wenn sie auch nicht die absprechenden Urtheile der Presse und des Publikums rechtfertigen, doch den Wunsch nach Reformen in verschie­ denen Beziehungen sehr lebhaft entstehen lassen müssen. Wenn für eine solche Reform innerhalb des gesetzlich bestehenden Dreiklaffen-Wahlsystems mannichfache Fingerzeige gegeben sein dürf­ ten, so ist die folgende Darstellung nicht minder geeignet, für die in dem jetzigen Augenblicke wieder auf die kommunale und politische Tagesordnung gesetzte Frage über die Aufhebung der Klassenwahlen überhaupt und deren Ersatz durch ein allgemeines gleiches Stimmrecht ein vielseitiges, durchaus auf offiziellen Quellen beruhendes Material zu liefern. Diesem Reformprojecte selbst steht die folgende Darstellung objectiv gegenüber, wenn wir auch unsere persönliche Ueberzeugung von der prinzipiellen Gerechtigkeit des gleichen Stimmrechts auf kom­ munalen Gebiete nicht zurückzuhalten brauchen. Wir sind indessen der Meinung, daß die Stunde der Aufhebung der Klassenwahlen überhaupt noch lange nicht gekommen ist. Die jüngsten, vom Regierungstisch im Abgeordnetenhaus gehörten Aeußerungen dürften diese Vermuthung leider sehr bestätigen. Wenn auch das neueste Städteordnungs-Project für Schleswig-Holstein die Klaffenwahlen nicht acceptirt hat, so ist doch daraus ein Grund zur Hoffnung auf Beseitigung der Klassenwahlen in den alten Provinzen noch keineswegs zu ent­ nehmen. Denn es ist ein großer Unterschied zwischen der Einführung dieses Wahlmodus in der jetzigen Zeit da, wo er bisher nicht bestan-

V den hat, und seiner Aufhebung in sämmtlichen altpreußischen Städten, in denen im Verlaufe von nun nahe an 20 Jahren — man kann nicht sagen schlechte Resultate damit erzielt sind. Das wird man sich überhaupt nicht verhehlen können und darin werden gerade die am lebhaftesten um Aufhebung der Klasienwahlen petitionirenden Stadtverordneten-Versammlungen auch am leichtesten übereinstimmen, daß bessere Vertretungen der Bürgerschaft, als sie selbst sind, aus den Wahlen mit gleichem Stimmrecht nicht hervorgehen werden. Wenn man sich daher die praktische Bedeutung einer Verände­ rung des Wahlmodus nicht allzu groß vorstellen kann und diese Ver­ änderung selbst im günstigsten Falle erst nach Jahren zu erwarten ist, muß man sich die Frage um so ernster vorlegen, wie die relativ gün­ stigsten Resultate mit den Klasienwahlen zu erreichen sind, d. h. wie die gerechteste Vertheilung des Wahlrechts der ganzen, wirklich gesetz­ lich wahlberechtigten Bürgerschaft bewirkt und ihre stärkste Theilnahme an den Wahlm innerhalb der gesetzlichen Bestimmungen hervorgerufen werden kann. Die Beantwortung dieser Frage ist zunächst nur für Berlin ver­ sucht worden, wo in mancher Beziehung abnorme und von anderen Städten abweichende Verhältnisie existiren. Die Art der Behandlung selbst gestattet aber die ausgedehnte Anwendung von Analogien, so daß die gefundenen Resultate trotz ihres lokalen Charakters auch in weiteren Kreisen verwerthbar erscheinen.

Denn einerseits sind die

Verhältnisie anderer Gesetzgebungen thunlichst berücksichtigt, andrer­ seits ist der gesetzliche Zustand des hiesigen Gebiets durch Voranstel­ lung der entsprechenden Bestimmungen (Paragraphen der Städteord­ nung) mit den darauf folgenden Ausführungen über deren praktische Gestaltung im Leben der Verwaltung, in unmittelbare Verbindung und Beziehung gebracht worden.

In dieser Hinsicht ist so ein aus­

führlicher Commentar sämmtlicher Bestimmungen der Städteordnung über Wahlrecht und Wahlverfahren gegeben. Außer dem praktischen Werthe, den die folgende Darstellung daher für die Berliner und überhaupt jede kommunale Verwaltung bean­ spruchen kann, ist ihr aber auch ein großes statistisch-wisienschaftliches Interesse nicht abzusprechen. Man muß sich nur vergegenwärtigen, mit

VI welchen enormen Schwierigkeiten die Herstellung korrecter Gemeinde­ wählerlisten in einer so großen und so fluctuirenden Stadt, wie Ber­ lin, verbunden ist. Es ist Nichts weniger, als eine alljährlich erneuerte, mit einem sehr großen Aufwands von Arbeit und Kosten in Bewegung gesetzte, auf einen numerisch und social außerordentlich bedeutsamen Theil der Bevölkerung ausgedehnte Volkszählung und Volksbe­ schreibung, mit Hauslisten, besoldeten Zählern und Selbsteintra­ gung, welche jetzt der Feststellung der Gemeindewählerliste, wie sie später öffentlich ausliegt, vorangehen muß. Wenn man nun ferner bedenkt, daß für die politischen Wahlen zum Landtag und Reichstag bei der immer rascher sich vollziehenden „Bewegung der Bevölkerung" im eigentlichsten Sinne häufig der ganze weitläufige Apparat von Neuem in Bewegung gesetzt werden muß, so daß in einem Zahre 2 derartige, ganz getrennte und von einander unabhängige Aufnahmen der Bevölkerung in der gedachten Weise nöthig werden, wird man die Sache selbst für wichtig genug halten, um vom statistischen Gesichtspunkte aus eine Vereinfachung und zweck­ mäßigere Gestaltung des ganzen Formular- und Tabellenwesens zu versuchen. Außer dieser Anwendung der statistischen Technik bei Orga­ nisation größerer Bevölkerungsaufnahmen können aber auch die that­ sächlichen Erscheinungen des gesammten Bürger- und Wahlwesens in den vorgeführten, zum größten Theile hier zum ersten Male veröffent­ lichten Zahlen ein ungewöhnliches Zntereffe in Anspruch nehmen. Der Kostenpunkt hat in den folgenden Erörterungen eine specielle Würdigung nicht erfahren, weil hier die politischen und Gemeinde­ wahlen in enger Beziehung zu einander stehen.

Wir müssen die

Betrachtung desselben daher verschieben, bis auch die politischen Wah­ len für sich vorher eine ähnlich eingehende Darstellung gefunden haben. Dieser Gegenstand soll den Inhalt einer weiteren Untersuchung bilden, nach deren Anstellung erst die gesammten öffentlichen Wahlen Berlins einheitlich übersehen werden können. Berlin, im Februar 1869.

Der Verfasser.

JnhM-Verzeichiliß. Seite Erstes Kapitel. Das Bürgerrecht und seine Feststellung durch die Hausliste........................................................................................ 1 Zweites Kapitel. Aufstellung der Gemeindewählerliste und Bildung der Abtheilungen..........................................................................38 Drittes Kapitel. Zahl der Stadtverordneten........................................ 50 Viertes Kapitel. Die Wahlbezirks-Eintheilung.................................. 51 Fünftes Kapitel. Wahlturnus.............................................................. 73 Sechstes Kapitel. Qualität der Stadtverordneten............................ 79 Siebentes Kapitel. Die regelmäßigen Ergänzungswahlen... 64 Achtes Kapitel. Bildung des Wahlvorstandes........................................ 89 Neuntes Kapitel. Gang der Wahlhandlung....................................... 90 Zehntes Kapitel. Nachwahl................................................................... 94 Elftes Kapitel. Statistik des Bürgerrechts und der Abtheilungsbildung 97 Zwölftes Kapitel. Betheiligung der Bürgerschaft an den Stadt­ verordnetenwahlen.......................................................................109 Dreizehntes Kapitel. Anderweitige Vorschläge zur Organisation des Wahlverfahrens..................................................................121

Erstes Kapitel.

Das Bürgerrecht und feine Feststellung durch die Hausliste. §• 5. Das Bürgerrecht besteht in dem Rechte zur Theilnahme an den Wahlen, sowie in der Befähigung zur Uebernahme unbesoldeter Aem­ ter in der Gemeindeverwaltung und zur Gemeindevertretung. Jeder selbstständige Preuße erwirbt dasselbe, wenn er seit einem Jahre 1) Einwohner des Stadtbezirks ist und zur Stadtgemeinde ge­ hört (§. 3.), 2) keine Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln empfangen, 3) die ihn betreffenden Gemeinde - Abgaben gezahlt hat und außerdem 4) entweder a) ein Wohnhaus im Stadtbezirk besitzt (§. 16.), oder b) ein stehendes Gewerbe selbstständig als Haupterwerbs­ quelle und in Städten von mehr als 10,000 Einwoh­ nern mit wenigstens zwei Gehülfen selbstständig betreibt, oder c) zur klassifizirten Einkommensteuer veranlagt ist, oder d) an Klassensteuer einen Jahres-Betrag von mindestens vier Thalern entrichtet. In den mahl- und schlachtsteuer­ pflichtigen Städten sind statt dessen die Einwohner von dem Magistrat nach den Grundsätzen der KlassensteuerVeranlagung einzuschätzen; es können jedoch auch die Stadtbehörden beschließen, an die Stelle des Klassen­ steuersatzes von mindestens vier Thalern ein jährliches Einkommen treten zu lassen, welches beträgt: in Städten von weniger als 10,000 Einwohnern 200 Thlr., in Städten von 10,100 bis 50,000 Einwohnern 250 Thlr, in Städten von mehr als 50,000 Einwohnern 300 Thlr. Steuerzahlungen, Einkommen, Haus- und Grundbesitz der Ehe­ frau werden dem Ehemann, Steuerzahlungen, Einkommen, Haus- und Grundbesitz der minderjährigen, beziehungsweise der in väterlicher Ge­ walt befindlichen Kinder, dem Vater angerechnet. In den Fällen, wo ein Haus durch Vererbung auf einen andern übergeht, kommt dem Erben bei Berechnung der Dauer des einjäh­ rigen Wohnsitzes die Besitzzeit des Erblassers zu Gute. 1

2 Als selbstständig wird nach vollendetem vierundzwanzigsten Lebens­ jahre ein Jeder betrachtet, der einen eigenen Hausstand hat, sofern ihm nicht das Verfügungsrecht über sein Vermögen oder dessen Verwaüung durch richterliches Erkenntniß entzogen ist. Inwiefern über die Erlangung des Bürgerrechts von den Ma­ gistrat eine Urkunde (Bürgerbrief) zu ertheilen ist, bleibt den fatutarischen Anordnungen vorbehalten. §.

6.

Verlegt ein Bürger seinen Wohnsitz nach einer andern Stadt, so kann ihm das Bürgerrecht in s'inem neuen Wohnort, wenn fettst die Erfordernisse zur Erlangung desselben vorhanden sind, von dem Ma­ gistrate im Einverständnisse mit der Stadtverordneten-Versammlung (§. 12.) schon vor Ablauf eines Jahres verliehen werden. Diese Bestimmungen finden auch auf den Fall Anwendung, wenn der Besitzer eines, (inen besonderen Gutsbezirk bildenden Gutes oder ein stimmberechtigter Einwohner einer Landgemeinde seinen Wohnsitz mach einer Stadt verlegt. Der Magistrat ist, im Eiuverständniß mit der StadtverordnetenVersammlung. befugt, Männern, welche sich um die Stadt verdient ge­ macht haben, ohne Rücksicht auf die oben gedachten besonderen Erfor­ dernisse, das Ehrenbürgerrecht zu ertheilen, wodurch keine städtischen Verpflichtungen entstehen. §. 7. Wer in Folge rechtskräftigen Erkenntnisses der bürgerlichen Ehre verlustig geworden (§. 12. des Strafgesetzbuches), verliert dadurch auch das Bürgerrecht und die Befähigung, dasselbe zu erwerben. Wem durch rechtskräftiges Erkenntniß die Ausübung der bürger­ lichen Ehrenrechte untersagt ist (§. 21. des Strafgesetzbuches), der ist während der dafür in dem Erkenntnisse festgesetzten Zeit von der Aus­ übung des Bürgerrechts ausgeschlossen. Ist gegen einen Bürger wegen eines Verbrechens die Versetzung in den Anklagestand, oder wegen eines Vergehens, welches die Unter­ sagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte nach sich ziehen muß oder kann, die Verweisung an daö Strafgericht ausgesprochen, oder ist derselbe zur gerichtlichen Hast gebracht, so ruht die Ausübung des ihm zustehenden Bürgerrechts so lange, bis die gerichtliche Untersuchung beendigt ist. Das Bürgerrecht geht verloren, sobald eines der zur Erlangung deffelben vorgeschriebenen Erfordernisse bei dem bis dahin dazu Be­ rechtigten nicht mehr zutrifft. Verfällt ein Bürger in Konkurs, so verliert er dadurch das Bür­ gerrecht; die Befähigung, dasselbe wieder zu erlangen, kann ihm, wenn er die Befriedigung seiner Gläubiger nachweist, von den Stadtbehör­ den verliehen werden. §•

8.

Wer in einer Stadt seit einem Jahre mehr als einer der drei höchstbesteuerten Einwohner sowohl an directen Staats- als an Ge­ meinde-Abgaben entrichtet, ist, auch ohne im Stadtbezirke zu wohnen oder sich daselbst aufzuhalteu, berechtigt, an den Wahlen Theil zu neh­ men, falls bei ihm die übrigen Erfordernisse dazu vorhanden sind. Dasselbe Recht haben juristische Personen, wenn sie in einem sol­ chen Maße in der Gemeinde besteuert sind. §. 19. Eine Liste der stimmfähigen Bürger, welche die erforderüchen Eigenschaften derselben nachweist, wird von dem Magistrat geführt und alljährlich im Juli berichtigt.

3 Die Liste wird nach den Wahlabtheilungen und im Falle des §. 14. nach den Wahlbezirken eingetheilt. Der §. 19. schreibt zwar nur eine alljährliche „Berichtigung" der einmal festgestellten Liste der stimmfähigen Bürger vor, es ist indessen schon seit langer Zeit das Bedürfniß anerkannt worden, statt dieser Berichtigung alljährlich eine vollständig neue Aufnahme der stimm­ fähigen Bürgerschaft durch ganz selbstständige Erhebungen vorzuneh­ men. Die beständige Zunahme der Bevölkerung und die immer größere Beweglichkeit derselben innerhalb der Weichbildsgrenzen, wie sie sich namentlich an den beiden hauptsächlichsten „Ziehtagen", dem 1. April und 1. Oktober geltend macht, bringt es mit sich, daß bei dem jetzt üblichen Verfahren, wie es im folgenden dargestellt werden soll, die Listen des Vorjahres fast gar nicht zu den neuen Aufstellungen benutzt werden können. Die Zeit der Inangriffnahme dieser sehr umfassenden Operation ist nun regelmäßig die Beendigung des Aprilumzugs. Hierdurch ist eine ausdrückliche Abweichung von dem Wortlaut der Städteordnung indicirt, welche den 1. Zuli als Beginn der Berichtigung festsetzt. Diese Abweichung ist mit Rücksicht auf die großstädtischen Verhältnisse, bei denen eine derartige Berichtigung in so kurzer Zeit nicht möglich ist, zufolge besonderer statutarischer Anordnung, gemäß §§. 11. u. 21. Iefctes Alinea der Städteordnung, getroffen worden. Die Bestätigung derselben erfolgte durch Rescript der Kgl. Regierung zu Potsdam vom 31. Dezember 1854. Der erste Schritt der Wahlarbeit ist die Constituirung des Wahlbüreaus durch die Berufung einer Anzahl von Hülfsarbeitern, welche theils von der Magistrats-Hauptkanzlei überwiesen, theils für diese speciellen Arbeiten von dem Kanzlei-Director besonders angenommen werden. Die unmittelbare Leitung der Geschäfte dieses Büreaus, sowie der ganzen Wahlarbeit wird dem Kanzleidirector übertragen, unter der Oberaufsicht des decretirenden Magistratsmitglieds, resp. des Magistrats. Die Wahlarbeiten haben nun entweder einen auf die communale active Wahlbefugniß durchaus beschränkten Charakter/ oder sie gehen darüber hinaus und werden von vornherein so organisirt und aus­ gedehnt, daß dadurch auch das nothwendige Material für die Fest­ stellung des politischen Wahlrechts für das Abgeordnetenhaus gewon­ nen werden kann. Zn beiden Fällen liegt auch die Absicht zu Grunde, aus den durch die Generalaufnahme ermittelten Daten die Geschwore­ nenliste festzustellen, wenn auch hierdurch auf die Gestaltung der Listen, Bekanntmachungen rc. kein erkennbarer Einfluß ausgeübt wird. Um so größer ist aber der Einfluß, wenn der Erhebungsact zugleich eine l*

4 kommunale und politische Bedeutung hat. Dies zeigt sich gleich in der ersten Bekanntmachung, deren Publication auf die durch den Ma­ gistrat auch in andern Fällen beobachtete Art und Weise veranlaßt wird. Diese sonst übliche Weise besteht darin, daß der Magistrat einigen der vielen in Berlin erscheinenden Zeitungen die Bekannt­ machung direct zugehen läßt, wobei es dann den übrigen Zeitungen freigestellt wird, das sie interessirende aus diesen Zeitungen zu ent­ nehmen. Nach einem Beschluß vom Zahre 1858 wurden in dieser Weise außer dem officiellen Organ der Communalverwaltung, dem Communalblatt, bevorzugt die Bossische und Spenersche Zeitung, deren Privilegien in dieser Beziehung schon aus dem vorigen Jahrhun­ dert datiren, sowie das früher bestandene officielle „Berordnungs- und Jntelligenzblatt". Nachdem dasselbe eingegangen ist, ist an dessen Stelle das v. Deckersche „Fremden- und Anzeigeblatt" getreten. Diesen Privilegien gegenüber steht die Verpflichtung der kostenfreien Aufnahme dieser Bekanntmachungen. Die übrigen Zeitungen werden durch ihr eigenes Interesse veranlaßt, das Wesentliche und allgemein Znteressirende aus denselben ihrem Leserkreise gleichfalls mitzutheilen. Aber auch schon durch die Mittheilung an die genannten Zeitungen ist für die Publicität, wie sie die Städteordnung vorschreibt, offenbar genügend gesorgt. Der Magistrat kann daher nicht, wie es verlangt worden, gezwungen werden, derartige Bekanntmachungen gegen Bezahlung der Znsertionskosten auch den übrigen Zeitungen zukommen zu taffen. Wir lassen nun den Wortlaut der Bekanntmachungen vom 7. April 1866 und 5. April 1868 folgen, von denen die erste die weitere, auch politische, die letztere ausschließlich eine communale Be­ deutung hat. Stadtbezirk Nr. ........................Straße Nr. Gasse Nr.

Bekanntmachung. Zur Aufstellung der gesetzlich vorgeschriebenen Gemeindewähler-Liste ist es erforderlich, gegenwärtig, wo der April-Umzug beendet ist, eine neue Aufnahme der Wähler zu bewirken. Um eine möglichst vollständige Liste anfertigen und Reclamationen gegen dieselbe vermeiden zu können, fordern wir die Hauseigenthümer, resp. deren Stellvertreter dringend auf, die ihnen zugehenden Formulare so genau wie möglich auszufüllen oder durch die betreffen­ den Miether ausfüllen zu lassen. Wir machen darauf aufmerksam, daß nur diejenigen Personen männlichen Geschlechts in die Wahlliste ausgenommen werden, welche bei zurückgelegtem 24. Lebensjahre selbstständig und 1) int Vollbesitz der bürgerlichen Rechte sich befindende Preußen sind,

5 2) seit mindestens 6 Monaten ihren Wohnsttz oder Aufent­ halt hier haben, 3) aus öffentlichen Mitteln keine Armen-Unterstützung er­ halten. Auch diejenigen Personen, welche keine directen Steuern zahlen, also die Chambres - garnies wohnenden oder sich in Schlafstelle be­ findenden Personen, sofern fie sich selbst ernähren, das 24. Lebensjahr zurückgelegt haben und een ad 1—3 erwähnten gesetzlichen Anforde­ rungen entsprechen, müssen in das Schema eingetragen werden. Die Ausfüllung sämmtlicher Kolonnen in dem Schema ist noth­ wendig, weil aus denselben seiner Zeit auch die neuen Wähler­ listen Behufs Ausführung der Neuwahlen zumHause der Abgeordneten zusammengestellt werden sollen. Von dem Gemeinsinn der.Eigenthümer resp. deren Stellvertreter erwarten wir, daß sie die Listen binnen 8 Tagen ausgefüllt an den Bezirks-Vorsteher ihres Be­ zirks zurücks end en. Aber auch die wahlberechtigten Einwohner machen wir darauf aufmerksam, daß ein ungenaues oder unrichtiges Ausfüllen der Ru­ briken zu unvollständigen Wahllisten führen würde, und daß es ^aher im Interesse eines jeden einzelnen Wahlberechtigten liegt, dafür Sorge zu tragen und sich zu überzeugen, daß die Eintragung erschöpfend und richtig erfolge. Berlin, den 7. April 1866. Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt. Stadtbezirk Nr. .......................Straße Nr. Gasse Nr. •

Bekanntmachung.

Zur Aufstellung der gesetzlich vorgeschriebenen Gemeindewäbler-Liste ist es erforderlich, gegenwärtig, wo der April-Umzug beendet ist, eine neue Aufnahme der Wähler zu bewirken. Um eine möglichst vollständige Liste anfertigen und Reclamationen gegen dieselbe vermeiden zu können, fordern wir die Hauseigen­ thümer, resp deren Stellvertreter dringend auf, die ihnen zugehenden Formulare so genau wie möglich auszufüllen oder durch die betreffen­ den Miether ausfüllen zu lassen. Nach §. 5. der Städte-Ordnung vom 30. Mai 1853 ist wahl­ berechtigt jeder selbstständige Preuße, wenn er seit einem Jahre 1) Einwohner des Stadtbezirks ist*) und zur Stadtge­ meinde gehört, 2) keine Armen-Unterstützung aus öffentlichen Mitteln em­ pfangen, 3) die ihn treffenden Gemeinde-Abgaben gezahlt hat, und außerdem 4) entweder a) ein Wohnhaus im Stadtbezirk besitzt, oder b) ein stehendes Gewerbe mit mindestens 2 Gehülfeu selbstständig betreibt, *) D. h. innerhalb des Weichbildes von Berlin wohnt.

6 c) zur ktassificirten Einkommensteuer veranlagt ist, oder d) an Klassensteuer einen Jahresbeitrag von minde­ stens 4 Thlrn. entrichtet oder in den mahl- und fchlachtsteuerpflichtigeu Städten nach den Grund­ sätzen der Klassensteuer-Veranlagung von dem Ma­ gistrat zu einem Jahresbeitrag von mindestens 4 Thlrn. eingeschätzt wird. Als selbstständig wird nach vollendetem 24. Lebensjahre ein Jeder betrachtet, der einen eigenen Hausstand*) hat, sofern ihm nicht das Verfügungsrecht über sein Vermögen oder dessen Verwaltung durch richterliches Erkenntniß entzogen ist. Es werden den Hauseigenthümern resp. deren Stellvertretern For­ mulare zur Ausfüllung zugestellt werden. Wir fordern die Hauseigenthümer resp. deren Stellvertreter auf, diese Formulare so genau wie möglich auszufüllen oder durch die betreffenden Miether aus­ füllen zu lassen. Die Ausfüllung sämmtlicher Kolonnen in dem Schema ist durchaus nothwendig. Aber auch die wahlberechtigten Einwohner machen wir daraus aufmerksam, daß ein ungenaues oder unrichtiges Ausfüllen der For­ mular-Rubriken zu unvollständigen Wahllisten führen würde, und daß eö daher im Interesse jedes einzelnen Wahlberechtigten liegt dafür Sorge zu tragen und sich zu überzeugen, daß die Eintragungen erschöpfend und richtig erfolgen. Berlin, den 5. April 1868. Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt. Bescheinigung des Eigenthümers oder dessen Stellvertreters. Ich bezeuge durch meine Unterschrift, daß diese Liste allen, nach obiger Bekanntmachung in diesem Hause wohnenden Wahlberechtigten, vorgelegen hat. Berlin, den ten 1869.

*) Einen eigenen Hausstand hat derjenige, der die freie und aus­ schließliche Verfügung über einen oder mehrer Wohnungsräume hat

Diese Bekanntmachung wird in der einen oder andern Form, dem eigentlichen Schema für die Liste vorgedruckt, in welche die Selbst­ eintragung seitens der Wahlberechtigten, wie später auseinandergesetzt werden soll, vorgenommen wird, und nimmt, da die Liste selbst aus einem einmal gefalteten Groß-Octav-Bogen besteht, dessen innere zwei Seiten und letzte Seite das Schema enthalten, die ganze erste Seite davon in Anspruch. Das Schema selbst ist durch den Zweck seiner Aufstellung nicht beeinflußt und ist ganz gleich, mag daraus die poli­ tische oder die kommunale Wahlberechtigung später ausgezogen und festgestellt werden. Wir lassen den Wortlaut dieses Schemas folgen.

7

Nnchweisung Straße Nr. Gasse Nr.

der in dem Hause wohnenden Wähler. 1.

2.

3.

4.

S.

6.

7.

8.

i-ö L o-o-.

S S ti 0Q JO rr

11.

. N

G vB nI

©

fs)

13.

Zahlt jährlich an

©

> Ö : ^ ss

3 G

9 £ cv.

®

Z g®

ä

>o .5

o

12.

>

wl CT^

JO

10.

;f© ' LtC

§

9.

© ©

W

Ö9

tlr sgr tlr fqr tlr fqr

tlr sgr

© Ht sgr.

Diese 13 (Solennen, die wir später im Einzelnen durchgehen wer­ den, waren früher, und noch im Jahre 1866, durch 2 weitere, und zwar Col. 8. Hat Hausstands- oder Bürgerrechtsgeld bezahlt? Col. 7. Ist im Besitz eines Bürgerbriefs? vermehrt, so daß damals 15 Solennen waren. Von diesen war die letztere eigentlich schon seit Emanation der Gemeindeordnung von 1850 überflüssig, die erstere ist es mit betn Anfang des Jahres 1867 geworden, wo die Hausstands- und Bür­ gerrechtsgelder aufgehoben worden sind. Es handelt sich also zunächst um die Art und Weise, wie die int Vorigen beschriebenen Listen, die sogenannten „Hauslisten" in die Hände der Wähler und wieder zurück in das Wahlbüreau gelangen. Zum Verständniß des jetzigen Verfahrens ist ein Rückblick auf die frühere Praxis erforderlich. Bis zum Jahre 1867 concentrirte sich die Vorarbeit, welche bei ihrer entscheidenden Bedeutung für die Zu­ verlässigkeit und Vollständigkeit der späteren eigentlichen Gemeinde­ wählerliste jedenfalls als die Hauptarbeit angesehen werden muß, in der Hand der Bezirksvorsteher. Diese erhielten die Hauslisten, von

8 denen jede für ein Haus bestimmt ist, in einer für den betreffenden Bezirk genügenden Anzahl zugeschickt. Sie waren vorher von dem Wahlbüreau durch Ausfüllung der betreffenden Straße und Haus­ nummer für ein bestimmtes Grundstück ausgefertigt. Außerdem war aber noch eine Anzahl nicht ausgefüllter beigefügt, welche der Bezirks­ vorsteher an die inzwischen neu entstandenen Häuser, deren Nummer er selbst hinzusetzte, zu versenden autorisirt war. Die Bezirksvorsteher brachten oder schickten diese Listen entweder selbst, oder durch ihre Stellvertreter, oder durch andere Personen, bei deren Auswahl ledig­ lich ihr Gutdünken entscheidend war, an die Hauseigenthümer oder deren Stellvertreter, denen es dann überlassen wurde, das Circuliren derselben bei sämmtlichen Miethern zu besorgen. Nach 8 Tagen schickte der Bezirksvorsteher die auf dieselbe Weise wieder von den Haus­ besitzern eingesammelten Listen an den Magistrat zurück. Die Mangelhaftigkeit dieses Verfahrens machte sich vor Allem in der zu großen Machtvollkommenheit geltend, welche den Bezirksvor­ stehern und Hausbesitzern hierbei eingeräumt war. Das geringe Interesse, welches von der letzten Kategorie der Einwohnerschaft den öffentlichen Angelegenheiten im Allgemeinen geschenkt wird, zeigte sich z. B. im Zahre 1866 darin, daß, nachdem die erste öffentliche Be­ kanntmachung, gleichzeitig mit dem Circularschreiben an die Bezirks­ vorsteher am 7. April erlassen war, noch am 6. Zuni bei dem Wahl­ büreau die Listen von ca. 300 Grundstücken nicht wieder eingegangen waren. Dies mußte durch eine weitere Bekanntmachung, worin die fehlenden Grundstücke namentlich bezeichnet waren, und durch ent­ sprechende Auszüge für die einzelnen Bezirksvorsteher zur öffentlichen Kenntniß mit dem Bemerken gebracht werden, daß wenn nicht spätestens bis zum 12. Zuli die Listen eingereicht sein würden, die Einwohner dieser Häuser ihres Wahlrechts verlustig gehen würden. Ein anderer Mangel dieses Verfahrens bestand darin, daß nicht von vornherein die Möglichkeit einer positiven oder negativen Einwir­ kung der leitenden Persönlichkeiten in politischer Beziehung ausgeschlos­ sen war. Wenn auch bestimmte einzelne Fälle einer derartigen Beein­ flussung der Wahlen durch Entziehung des Wahlrechts nicht direct nachgewiesen werden konnten, mußte doch der Schein einer solchen ver­ mieden werden. Zm Zahre 1867 wurde nun, nachdem die erste Bekanntmachung in der früheren Weise durch die oben genannten Organe publicirt war, der Versuch gemacht, zunächst die nicht zu umgehende Mitwir­ kung der Hausbesitzer dadurch mehr anzuspornen, daß sie auf der Bekanntmachung ausdrücklich zu bescheinigen hatten, daß die Liste allen nach derselben in dem betreffenden Hause wohnenden Wahlberechtigten

9 vorgelegen habe, wie dies auch aus den oben mitgetheilten Schematen hervorgeht. Die Mitwirkung der Bezirksvorsteher, die doch bei dem bisherigen Verfahren lediglich Botendienste zu versehen hatten, wurde aber gänz­ lich umgangen und dafür vorläufig versuchsweise die Stadtsergean­ ten (Boten der Armen-Commissionen) zum Austragen der Listen herangezogen. Zn der Instruction für dieselben vom 16. April 1867 wurde ihnen das Austragen der Hauslisten, welche sie vom Wahlbüreau in Empfang nehmen, an die Wirthe und Vicewirthe der ein­ zelnen Häuser binnen 3 Tagen und das Wiederabholen nach acht­ tägiger Frist wiederum in 3 Tagen, sowie die sofortige Ablieferung an das Wahlbüreau, aufgetragen. Zugleich wurden sie darauf aufmerksam gemacht, die Wirthe an das Unterschreiben der Bescheinigung über die richtige Eintragung zu erinnern. Die Zahl der von einem einzelnen Stadtsergeanten zu besorgen­ den Hauslisten variirte zwischen 154 und 661 und die dafür gewährte extraordinaire Remuneration zwischen 4 und 6 Thlr. Bei der Ab­ grenzung der Reviere waren hauptsächlich die betreffenden Armen­ commissionsbezirke maßgebend, für welche die Stadtsergeanten ange­ stellt waren und in denen sie daher eine eingehende Personenkenntniß besitzen müssen. Zm Ganzen wurden 42 Reviere gebildet. Die Resultate dieses neuen Verfahrens können im Allgemeinen als befriedigende hingestellt werden, wenn auch das Wiederabholen der Listen mit großen Schwierigkeiten verbunden war und nicht in der vorgeschriebenen Zeit bewirkt werden konnte. Nachdem die letzten Listen am 20. Mai zurückgeliefert worden waren, mußten noch 278 fehlende Listen durch besondere Boten abgeholt werden. Diese fehlen­ den Listen vertheilten sich auf alle Reviere, weshalb eine gleiche Aus­ dauer und Pünktlichkeit bei den Stadtsergeanten angenommen wer­ den kann. Indessen bestand ursprünglich nicht die Absicht, dieses Geschäft dauernd durch diese Beamten versehen zu lassen. Es war vielmehr für das Zahr 1868 eine Aenderung, gleichfalls vorläufig versuchs­ weise dahin in Aussicht genommen, daß an Stelle der Stadtsergean­ ten die Billetdiener (Unterbeamte der Servis-Deputation, welche mit dem Steuereinziehungsgeschäste betraut sind und daher eine noch aus­ gedehntere Bekanntschaft in ihrem Bezirke mit den Hauseigenthümern und deren Stellvertretern haben) treten sollten. Diese sollten das Ge­ schäft des Austragens der Listen mit dem vom 1. April ab beginnen­ den Abholen der Quartal-Umzugs-Tabellen zu verbinden und dem-



10



nächst das Wiederabholen der Hauslisten in der zweiten Hälfte des April zu bewirken haben. Nachdem die Servis-Deputation aber, welche sich anfänglich mit dieser Einrichtung einverstanden erklärt hatte, Bedenken gegen die Möglichkeit einer derartigen weiteren Heranziehung ihrer schon sehr beschäftigten Billetdiener erhoben und um anderweitige Organisation des Verfahrens gebeten hatte, wurde beschlossen, diese Arbeit vorläufig dauernd den Stadtsergeanten, welche sich schon bewährt hatten, zu belassen. Demnach sind auch im Zahre 1868 die Listen von dieser Beamtenkategorie ausgetragen und wieder eingeholt. Der von dem Vorsteher des Wahlbüreaus erstattete Bericht spricht sich int Allgemei­ nen günstig über die Fortdauer dieser Einrichtung aus. Da es nicht überall gelingen konnte, die vielfachen, durch das mangelnde Interesse der zunächst betheiligten Personen herbeigeführten Hindernisse zu über­ winden, mußten besondere Boten beauftragt werden, die Restlisten einzufordern. Wo auch dies in einzelnen Fällen absolut ohne Erfolg war, mußten die Boten die Aufnahme der Wahlberechtigten direct bewirken, so daß ein Fehlen der Hauslisten überhaupt nicht vorge­ kommen sein dürfte. Die Zahl der beauftragten Stadtsergeanten, der auf ein Revier derselben fallenden Hauslisten, sowie die Summe der gewährten Bonificationen ist sich gleich geblieben. Die fernere Benutzung dieser oder ähnlicher Beamten ist dem früheren Verfahren unbedingt vorzuziehen. Nachdem sämmtliche Hauslisten dem Wahlbüreau, welches inzwischen durch Annahme einer entsprechenden Anzahl von Hülfsarbeitern ver­ stärkt worden ist, fertig wieder eingereicht sind, beginnt die Aufstellung der Gemeinde-Wählerliste, d. h. einer namentlichen Liste der­ jenigen Personen, welchen das Bürger- und Wahlrecht zusteht. Zur Erklärung der anscheinend vorhandenen Differenz zwischen den Requisiten des Bürgerrechts oder activen Wahlrechts, wie sie in dem vorgedruckten §. 5. der Städteordnung enthalten sind, und den Angaben, welche z. B. die Hausliste von 1866 erfordert, ist schon darauf aufmerksam gemacht worden, daß die letztere eine über die Fest­ stellung des Gemeindewahlrechts hinausgehende Bedeutung hat. Es wurden nämlich daraus, abgesehen von den Geschworenenlisten, wenn die regelmäßigen Abgeordneten-Wahlen bevorstehen, die Listen der zu der Ausübung dieser politischen Rechte befugten Personen aufgestellt. Gewöhnlich, namentlich auch in der vorn abgedruckten Bekanntmachung vom Zahre 1866, wird diese weitere Bedeutung der Hauslisten aus­ drücklich hervorgehoben, und deshalb die Ausfüllung sämmtlicher Colonnen derselben zur Pflicht gemacht.

11 Die Nichtaufnahme dieser besondern, der Natur der Sache nach eigentlich unnöthigen Bemerkung im Jahre 1861 veranlaßte die deutsche Gemeindezeitung vom 27. Mai 1865 (!) zu dem wohl stärksten der unberechtigten, in den letzten Jahren gegen den Magistrat wegen der Organisation des Wahlgeschäfts erhobenen Vorwürfe, daß der Magi­ strat „unter gänzlicher Außerachtlassung der Bestimmungen der StädteOrdnung die Gemeindewahlen nach den Bestimmungen über die Land­ tagswahlen habe vornehmen lassen!" Natürlich entziehen sich der­ artige Angriffe von selbst der Nothwendigkeit einer sachgemäßen Widerlegung. Zum Verständniß der Hausliste und ihrer doppelten Bedeutung muß man sich den §. 8. der Verordnung für die Ausführung der Wahl zum Hause der Abgeordneten vom 30. Mai 1849 vergegen­ wärtigen. Derselbe lautet: „Jeder selbstständige Preuße, welcher das 24. Lebensjahr vollendet und nicht den Vollbesitz der bürgerlichen Rechte in Folge rechtskräftigen richterlichen Erkenntniffes verloren hat, ist in der Gemeinde, worin er seit 6 Monaten seinen Wohn­ sitz oder Aufenthalt hat, stimmberechtigter Urwähler, sofern er nicht aus öffentlichen Mitteln Armen-Unterstützung erhält." Hiernach sind von den beiderseitigen Kriterien für das politische und Gemeinde-Wahlrecht I. übereinstimmend a) Preußische Nationalität, b) Alter von 24 Jahren, c) „Selbstständigkeit". Dieses letztere in der Städteordmlng und in der Wahlverordnung gleichlautende Wort hat nach einer Interpretation, welche die letztere selbst giebt, zunächst das Erforderniß der „Ernährung aus eigenen Mitteln" oder der Bekleidung eines öffentlichen Amtes zu bedeuten. Nach dem Wort­ laut der Städte-Ordnung ist, wie später ausgeführt wird, ein „eigener Hausstand" erforderlich. Es fragt sich also, ob diese beiden Inter­ pretationen sich für das politische uud communale Wahlrecht gegen­ seitig ausschließen, oder ob nicht vielmehr die communale Bedeutung noch eine weitere Einschränkung der politischen anzeigt, so daß die erstere nothwendig immer das Vorhandensein der letztern voraussetzt. Die wichtige Consequenz von der Bejahung der letzteren Frage würde sein, daß alle sich nicht aus eigenen Mitteln ernährende Personen nicht gemeindewahlberechtigt sind, wenn sie keine (unbesoldete) Beamte sind. Wir glauben uns für die Nothwendigkeit des Vorhandenseins beider Momente aussprechen zu müssen und halten daher einen ledig­ lich von andern Personen unterhaltenen Einwohner, auch wenn er

12 einen „eigenen Hausstand" hat, für nicht wahlberechtigt. Hierdurch würden allerdings viele Chambregarnisten, die als solche, wie später näher dargelegt werden soll, einen „eigenen Hausstand" haben, das Wahlrecht verlieren, wenn sie nämlich ihre Subsistenzmittel vom Vater beziehen. Eine Analogie finden wir in den neuerdings den Schles­ wig -Holsteinschen Ständen vorgelegten Städteordnungs-Entwurf, welcher unter Festhaltung der übrigen Bürgerrechts-Kriterien doch die „im Hause und Brote Anderer" stehenden als nicht selbstständig ansieht. d) Wohnsitz am Wahlorte, e) Vollbesitz der bürgerlichen Rechte, f) Richtempfang von Armen-Unterstützung aus öffentlichen Mitteln. II. Die Erfordernisse für das Gemeinde-Wahlrecht sind enger, als diejenigen für das politische, darin, daß a) in Betreff der „Selbstständigkeit" nach dem vorletzten Alinea des §. 8, wie gesagt, ein „eigener Hausstand" verlangt wird. Dieser Begriff wird im Beschluß des Magistrats vom 24. März 1865, welcher auf den späteren Hauslisten, namentlich auch auf den vorne abgedruckten Listen von 1868 der Bekanntmachung als Anmerkung beigefügt wird, unseres Erachtens mit Recht dahin interpretirt, daß derjenige einen eigenen Hausstand besitzt, der die freie und ausschließliche Verfügung über einen oder mehrere Wohnungsräume hat. Daher ist z. 23. ein, eine Schlafstelle innerhalb einer Familienwohnung inne­ habender Einwohner aus diesem Grunde nicht wahlberech­ tigt. Wenn in der Bekanntmachung von 1866 deren Aufnahme trotzdem zur Pflicht gemacht worden ist, so hat das darin seinen Grund, daß dieselbe auch zur Auf­ stellung der politischen Wählerliste benutzt worden ist. Dagegen kann natürlich ein Chambre gamie innehabenEinwohner, wenn er die übrigen Bedingungen des Wahl­ rechts erfüllt, von seiner Ausübung nicht ausgeschlossen werden. Wenn auch die hauptsächlichsten in dieser Be­ ziehung früher bestandenen Zweifel durch die genannte Declaration des Begriffs „Selbstständigkeit" gehoben wor­ den sind, so bleiben doch noch Bedenken übrig, z. 23. in Betreff des so häufig vorkommenden Zusammenwohnens mehrerer Personen in einem Chambre gamie. Consequenter Weise müßte man z. 23. zwei ein Chambre garnie zusammen bewohnenden Brüdern oder Freunden das

13 Wahlrecht versagen, wozu ein innerer Grund nicht vor­ handen sein dürfte. b) Das politische Wahlrecht erfordert nur einen Wohnsitz von 6 Monaten (cfr. Bekanntmachung von 1866 sub 2) am Wahlorte, die Städte-Ordnung einen einjährigen Wohnsitz (cfr. Bekanntmachung von 1868 al. 3) und außerdem Gemeindeangehörigkeit, weshalb die servisberechtigten Militairpersonen des activen Dienst­ standes nach §. 3 der Städte-Ordnung vom GemeindeWahlrecht ausgeschloffen sind. c) Das Empfangen von Armen-Unterstützung aus öffentlichen Mitteln schließt das politische Wahlrecht aus, wenn es zur Wahlzeit, das Gemeindewahlrecht dagegen schon, wenn es seit einem Zahre einmal stattgefunden hat. d) Die Nichtbezahlung von Gemeindeabgaben, auch nur von Raten derselben, im Verlaufe des letzten Zahres schließt das Gemeindewahlrecht aus. Die Zahlung oder Nicht­ zahlung der Staatssteuern ist auf beide Befugniffe ohne Einfluß. e) Die wichtigste Einschränkung des Gemeindewahlrechts bil­ det der Census von mindestens 4 Thlr. jährlicher Klaffen­ steuer. Dieser Census wird (abgesehen von der Zahlung der Einkommensteuer, wo es sich von selbst versteht) ohne Weiteres ersetzt durch 1. den einjährigen Besitz eines Wohnhauses im Stadt­ bezirk, 2. den einjährigen selbstständigen Betrieb eines stehen­ den Gewerbes als Haupterwerbsquelle, mit wenig­ stens 2 Gehülfen (in Städten über 10,000 Ein­ wohner). In Macht- und mahlsteuerpflichtigen Ortschaften, wo keine Klaffensteuer entrichtet wird, steht den Stadtbehörden für die Fest­ stellung der Grenze des Census ein doppeltes Verfahren offen, und zwar 1. die Ermittelung des genannten Minimal-Klaffersteuersatzes durch Einschätzung nach den Grundsätzen der Klassensteuer-Veran­ lagung, 2. die directe Ermittelung eines dem gleichstehenden Einkom­ mens von mindestens 300 Thlr. (in Städten von mehr als 50,000 Einwohner). III. Da die Hauslisten, wie erwähnt, auch zur Aufstellung der alljährlichen Geschworenenlisten dienen, ist es nöthig, zum völligen Verständniß derselben auf die besonderen Ein-

14 schränkungen, welche diese erfordern, hinzuweisen. Von diesen stimmen nun (laut §. 62. und 63. der Verordnung vom 3. Zanuar 1849 über die Einführung des mündlichen und öffentlichen Verfahrens mit Geschworenen in Unter­ suchungssachen) überein a) die Preußische Nationalität, b) der Vollgenuß der bürgerlichen Rechte mit beiden Arten des Wahlrechts, c) ein einjähriger Wohnsitz und d) die Ausschließung der activen Militairpersonen mit dem Gemeinde«ahlrecht. Allgemeine von beiden Wahlrechten abweichende Requisite eines Geschworenen sind e) ein Alter von mindestens 30 und höchstens 70 Zähren, f) ein Census von wenigstens 18 Thlr. Kassensteuer, oder 20 Thlr. Grundsteuer, oder 24 Thlr. Gewerbesteuer, oder von einem gleichen Satze einer beim Nichtvorhanden­ sein einer dieser Summen nach denselben Grundsätzen zu machenden Abschätzung. Von diesem Census unabhängig sind jedoch wählbar: Rechtsanwälte, Notarien, Pro­ fessoren, Aerzte und entweder vom König unmittelbar ernannte oder solche Beamte, welche mindestens ein Ein­ kommen von jährlich 500 Thlr. beziehen. g) Außerdem sind noch überhaupt ausgeschlossen vom Ge­ schworenendienste 1. Minister und Unterstaatssecretaire; 2. richterliche Beamte, Staatsanwälte und deren Gehülfen; 3. Regierungs - Präsidenten, Provinzial - SteuerDirectoren, Landräthe, Polizei-Präsidenten, PolizeiDirectoren; 4. Religionsdiener aller Confessionen; 5. Elementarschullehrer; 6. Dienstboten. Eine Vergleichung der in den 13Colonnen der Hausliste enthaltenen Angaben mit den verschiedenen, nach der vorhergehenden Auseinander­ setzung das active politische, Gemeinde- und passive GeschworenenWahlrecht bedingenden Erfordernissen lehrt nun zunächst, daß einer­ seits nicht alle Fragen, welche zur Beurtheilung ihrer Befugniß an jede Person gestellt werden müssen, allein aus dem Material der Hausliste beantwortet werden können, andererseits auch andere Fragen gestellt werden, welche zu dieser Beurtheiluug auf den ersten Blick



15



nicht unbedingt erforderlich scheinen, aber doch aus andern Gründen sich als zweckmäßig ergeben. Zunächst muß aber darauf aufmerksam gemacht werden, daß, wenn das Material für die politische Wählerliste zugleich mit erhoben werden soll, laut der vorgedruckten Bekanntmachung von 1866 von der ganzen Liste ausgeschlossen sein sollen diejenigen Personen, welche 1. jünger als 24 Zahre, 2. unselbstständig, 3. nicht im Vollbesitz der bürgerlichen Rechte, 4. keine Preußen sind, 5. weniger als 6 Monate ihren Wohnsitz hier haben, 6. aus öffentlichen Mitteln Armen-Unterstützung erhalten. Dies ist eine Specification und Nummerirung der einzelnen Be­ dingungen des politischen Wahlrechts nach der vorne abgedruckten, daffelbe regelnden Verordnung. Da wir nun gesehen haben, daß das Gemeinde-Wahlrecht in jeder Beziehung engere Grenzen zieht, als das politische, so sind nothwendig die politisch nicht Wahlberech­ tigten auch nicht gemeindewahlberechtigt. Die Ausschließung dieser Personen kann also keine Bedenken haben. Wenn dieselbe überall und richtig erfolgt wäre, würde dem­ nach die Zahl der wirklich in die Listen aufgenommenen Personen die Zahl der politischen Wähler darstellen, aus denen dann durch fernere Einschränkung der Qualität die Stadtverordneten-Wähler sich ergeben müßten. Zm Jahre 1868, wo keine Abgeordneten-Wahlen stattfanden, sind nach der betreffenden Bekanntmachung, welche einen Auszug aus dem §. 5. der Städte-Ordnung enthält, die hiernach nicht wahl­ berechtigten gleichfalls ausgeschlossen. Das folgende Schema hat also zunächst nur den Zweck, für jeden factisch eingetragenen Wähler den Beweis seines Wahlrechts zu führen, sodann aber können auch, wenn die einzelnen Colonnen richtig ausgefüllt sind, hierdurch die trotz der allgemeinen Aus­ schließung irrthümlich eingetragenen Nichtwahlberechtigten wieder aus­ geschieden werden. Die Fassung der einzelnen Fragen des Schema's schließt sich nun nicht ganz genau an die in dem Gesetz specificirten Kriterien des Wahlrechts an, sondern geht in manchen Beziehungen darüber hinaus. So wird unter 3. nicht die für den nächsten Zweck jedenfalls ausreichende Frage: „Ist der Betreffende 24 Jahre alt?" und unter 5. (nach dem Schema von 1866) nicht: „Ist der Betreffende seit

16 einem Jahre in Berlin?" gestellt, sondern es wird in ersterer Be­ ziehung nach dem Geburtstag, und in letzterer nach der Dauer des Aufenthalts in Berlin überhaupt gefragt. Abgesehen davon, daß die Beantwortung der letzteren Fragen jedenfalls betn gemeinen Manne geläufiger fein dürste, als die der ersteren, kommt bei dem Alter noch der Geschworenendienst in Betracht, wo, wie wir von vorne sahen, ab­ weichende Bestimmungen enthalten sind und bei der Dauer des Aufent­ halts die nach politischem und Gemeinde-Wahlrecht verschiedene Normirung deffelben. Wenn auch in letzterer Beziehung in den Jahren, wo keine politischen Wahlen stattfinden, z. B. 1868, die oben angegebene Frage genügt, um eine zweckentsprechende Antwort zu erhalten, so ist doch auch der Conformität wegen für diese Jahre dieselbe Fassung gewählt. Wenn man nun von den Colonnen 1. und 2. „Vor- und Zu­ name" und „Stand" (welchem Worte zweckmäßigerweise noch die Bezeichnung „oder Gewerbe" hinzugefügt werden könnte) als aus all­ gemeinen Gründen nothwendig absehen kann, so giebt auch die Colonne 4: „Ist der eingetragene Einwohner Preuße?" zu weiteren Bemerkungen keinen, Anlaß. Die Colonnen 6. und 7. „Besitzt ein Wohnhaus im Stadtbezirk?" und „Treibt ein stehendes Gewerbe selbständig als Haupterwerbs­ quelle mit wenigstens 2 Gehülfen?" (denen durch Hinzufügung des Wortes: „Derselbe" hinter „Treibt" resp. „Besitzt" eine etwas präci­ sere Fassung gegeben werden könnte) sind nothwendig, da sie nach alter­ nativen Requisiten des Gemeindewahlrechts fragen. Ihre materielle Be­ deutung ist aber doch sehr geringfügig, da sie nur einem Hausbesitzer oder Gewerbetreibenden der bezeichneten Kategorie das Wahlrecht sichern sollen, wenn derselbe nicht zu 4 Thlr. jährlicher Klassensteuer veranlagt werden könnte, welche Fälle jedenfalls nur ganz ausnahms­ weise eintreten werden. Es wird auch durch eine Bejahung einer dieser Fragen nicht die bei dem Mangel einer Klassensteuer hier noth­ wendige Einschätzung erspart, da die Bildung der Abtheilungen, wo­ rüber später die Rede sein wird, dieselbe unbedingt erfordert. Was die in der Colonne 8. gestellte Frage: „Ist (derselbe) zur Einkommensteuer veranlagt?" angeht, so bezieht sich dieselbe, eben so wie die Colonnen 6. und 7., auf die unter Nr. 4. des §. 5. der Städt-Ordnung angegebenen alternativen Bedingungen des Wahl­ rechts. Hiernach soll (cfr. Nr. c. lor. eit.) ein zur Staats-Einkom­ mensteuer veranlagter Einwohner beim Vorhandensein der übrigen Bedingungen wahlberechtigt sein. Die Bejahung der obigen Frage stellt also zunächst ganz analog den Colonnen 6. und 7. das eventuelle Wahlrecht der Betreffenden fest, ohne daß hierzu die nach Nr. ine Liste dieser Personen einzusenden oder doch jeden einzelnen Fall dem Magistrat mitzutheilen. So weit wir haben ermitteln können, ist übrigens ein derartiger Fall überhaupt noch gar nicht vorgekommen, weshalb anzunehmen sein dürfte, daß es factisch nicht geschieht. Nachdem die allgeineinen Erfordernisse des Wahlrechts nach §. 5. der Städte-Ordnung nunmehr in dieser Beziehung gewürdigt wor­ den sind, gehen wir auf die einzelnen in den vorne abgedruckten §§. 6—9. loc. eit. specificirten Modalitäten des Wahlrechts über, um zu prüfen, ob dieselben bei dem jetzigen Verfahren genügend be­ rücksichtigt werden. Zn Beziehung auf den §. 6. ist zunächst die Berechtigung der Communal-Behörden zu erwähnen, einem Einwohner von Berlin, welcher in seinem früheren Wohnsitze das Bürgerrecht besessen hat, und bei dem die übrigen Bedingungen desselben auch hier vorhanden sind, dasselbe schon vor Ablauf eines Zahres zu verleihen. Nach der Fassung der Städte-Ordnung: „rc. kann verliehen werden" ist eine Exofficio-Verpflichtung des Magistrats, wie sie bei allen vorne be­ sprochenen Requisiten thatsächlich vorhanden ist, nicht zu statuiren. Es muß vielmehr in diesem Falle jedem Einzelnen überlassen werden, auf die Verleihung des Bürgerrechts anzutragen. Wenn das nicht geschehen ist, werden diese Personen mit Recht durch die entsprechende Ausfüllung der Colonnen der Hausliste: „Seit wann in Berlin" von dem Bürgerrechte ausgeschlossen. Was die im selben Paragraphen erwähnten „Ehrenbürger" angeht, ist dagegen unseres Erachtens der Magistrat ex officio ver­ pflichtet, dieselben in die Gemeindewählerliste aufzunehmen. Denn das Ehrenbürgerrecht besteht thatsächlich in dem Besitze der allgemeinen Bürgerrechte und zwar ganz unabhängig von sämmtlichen Erfor­ dernissen des §. 5. der Städte-Ordnung, jedoch ohne die Bürger­ pflichten. Wenn die Selbstangabe der Kriterien des Bürgerrechts zu den letzteren zu rechnen sein dürste, wird man bei den nur berechtig­ ten Ehrenbürgern, auch wenn sie keine Einwohner von Berlin find, einen Antrag auf Gewährung der Möglichkeit zur Ausübung dieser Rechte nicht verlangen können. Zeder Ehrenbürger wird daher ex officio in die Gemeindewählerliste aufgenommen werden müssen, und es ist ganz gleichgültig, ob derselbe beabsichtigt, sein Wahlrecht in An­ spruch zu nehmen. Für welchen Wahlbezirk und welche Abtheilung

27 die Eintragung erfolgen soll, wird dem Ermessen des Magistrats an­ heimstehen. Bisher ist unseres Wissens eine Berücksichtigung der­ jenigen 4 Ehrenbürger von Berlin, welche nicht der Gemeinde ange­ hören, nicht erfolgt. Was nun den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit oder auf immer in Folge rechtskräftigen Erkenntnisses angeht, (Alinea 1. und 2. des §. 7. der Städte-Ordnung), so wird in dieser Beziehung eine Liste in der Magistrats-Hauptkanzlei geführt, in welche die einzelnen vom König!. Stadtgericht mitgetheilten derartigen Er­ kenntnisse eventuell mit genauer Berechnung der Zeit, für welche die Ausübung ruht, namentlich eingetragen werden. Diese Liste wird alphabetisch geführt und hat folgende Form. Erkannte Strafe.

Wohnung. Z Zuname. ‘5" o

Die Strafe ist

Vorname. Stand. Straße. Nr.

•So

tr S

ange­ 's % £ treten. beendet. a N L cq &

5

1 1 S

Die darin enthaltenen Namen werden, wenn nicht bei Gefäng­ nißstrafe die Zeit, auf welche die Ausübung der bürgerlichen Ehren­ rechte ruht, abgelaufen ist, aus der Gemeindewählerliste gestrichen. Zn Beziehung auf die vorläufige Suspendirung dieser Ausübung bei schwebenden Untersuchungen, deren Aburtheilung den Verlust der bürgerlichen Rechte zur Folge haben kann oder muß, wie es im dritten Alinea des §. 7. näher bestimmt ist, wird alljährlich eine neue An­ frage an das Stadtgericht gerichtet, worauf ein alphabetisch geordnetes Verzeichniß dieser Personen eingesendet wird. Mit der Ausscheidung wird in gleicher Weise, wie oben, verfahren. Die Bestimmang im vierten Alinea, daß das Bürgerrecht ver­ loren gehe, wenn eins der Erfordernisse derselben (§. 5.) bei den bis­ her Berechtigten nicht mehr zutrifft, ist selbstverständlich. Wenn in der Hausliste alljährlich nach dem Vorhandensein dieser sämmtlichen Erfordernisse gefragt wird, muß natürlich bei dem Fehlen eines der­ selben, nachdem es in dem Vorjahre vorhanden gewesen war, die Streichung erfolgen. Es bleibt daher nur der Fall übrig, daß ein

28 Erforderniß zum Wahlrecht in der Zeit zwischen der Feststellung der Gemeindewählerliste und der wirklichen Wahlzeit verloren geht. Hier ist meistentheils eine officielle Correctur nicht möglich, man muß sich auf eine Anzeige von der etwa betheiligten Behörde verlassen, die aber überhaupt in diesen Fällen nicht gebräuchlich sind. Endlich ist noch der im letzten Alinea des §. 7. berührte Fall des Concurses mit einigen Worten zu erwähnen. Das in dieser Beziehung beobachtete Verfahren ist vollständig correct, indem eine namentliche alphabetische Liste in der MagistratsHauptkanzlei geführt wird, in welche nach den entsprechenden einzelnen Benachrichtigungen des Königl. Stadtgerichts die Namen der Cridarien eingetragen werden. Diese Namen werden alljährlich von Neuem aus der Gemeindewählerliste gestrichen, wenn nicht eine Rehabilitirung stattfindet. Diese soll nach dem Gesetz nur dann verliehen werden können, wenn der Betreffende „die Befriedigung seiner Gläubiger nachweist". Der Be­ treffende muß also die Beendigung seines Concurses durch die gericht­ liche Bestätigung eines Accords nachweisen. Gewöhnlich werden noch die betreffenden Concursacten von dem Königl. Stadtgericht eingefor­ dert und diese dann der Stadtverordneten-Versammlung zur Erklä­ rung vorgelegt, ob sie gegen die Rehabilitirung des Betreffenden Etwas einzuwenden habe. Wenn die Erklärung zustimmend erfolgt ist, wird ein entsprechender Vermerk in die Liste der Cridarien eingetragen und der Betreffende ist dann erst wieder wahlberechtigt. Derartige Rehabilitirungen sind nun außerordentlich selten, nach eingezogener Erkun­ digung sind in den letzten 5 Zähren 3 derartige Fälle vorgekommen. Jedenfalls werden aber viel mehr Concurse durch Accord beendigt, so daß man hieraus auf einen außerordentlich großen Mangel an öffent­ lichem Interesse bei diesen Personen schließen kann. Zm Allgemeinen muß noch bemerkt werden, daß nur der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und das Verfallen in Concurs auch das Ehrenbürgerrecht aufhebt, weshalb man unter Anerkennung der wirk­ lichen Berechtigungen der Ehrenbürger sich auch der Pflicht nicht ent­ ziehen kann, bei auswärtigen Ehrenbürgern das Nichteintreten dieser beiden Möglichkeiten festzustellen. Zum Schluffe der Darstellung der Kriterien des Bürgerrechts muß noch des §. 8. der Städte-Ordnung gedacht werden, welcher auch auswärtigen Personen, sowie juristischen Personen, die Theilnahme an den Wahlen sichert, wenn sie in Berlin an directen Staats- und Gemeindesteuern mehr als einer der drei Höchstbesteuer­ ten entrichten und die übrigen Erfordernisse des Wahlrechts besitzen. Unseres Wissens ist dieser Fall auffallender Weise bisher noch

29 gar nicht vorgekommen, obwohl ohne Zweifel sowohl physische als juristische Personen der bezeichneten Art genug vorhanden sind. Wir erinnern einerseits an große auswärtige Banquierhäuser, welche hier Grundbesitz haben und zu Staats- und Gemeindesteuern in der aus­ giebigsten Weise herangezogen werden, andererseits aber auch an große, hier Grund und Boden besitzende Gesellschaften, die also Corporationsrechte besitzen müssen und theils sogar ihren ordentlichen Wohnsitz und Gerichtsstand hier haben, was zur Ausübung des Wahlrechts nicht einmal nöthig ist. Es ist jedenfalls wahr­ scheinlich, daß Gesellschaften, wie die Englische Gas- und Wasser­ leitungs-Compagnie, die Privat-Eisenbahn-Gesellschaften, denen speciell noch die Eisenbahn-Abgabe als „Staats-Abgabe" zu Gute kommen würde, die Immobilien-Actien-Gesellschaft oder die Discontobank mehr als eine der drei höchstbesteuerten Personen an directen Staats­ und Gemeinde-Abgaben entrichten wird. Es ist nun allerdings fraglich, ob der Magistrat ex officio ver­ pflichtet ist, diese juristischen Personen ohne besonderen Antrag in die Gemeinde-Wählerliste aufzunehmen, oder wenigstens eine Anfrage an dieselben zu richten, ob sie ihr Wahlrecht eventuell auszuüben beab­ sichtigen. Wenn man den Grundsatz anerkennt, daß die Behörde (ob mittelbare oder unmittelbare Staats-Behörde) sich in amtlicher Cognition sämmtlicher öffentlicher Abgaben befinden muß, wird man sogar, genau genommen, die Ex-officio Verpflichtung der Be­ hörde nicht bestreiten können. Wie diese auswärtigen Personen und juristischen Personen ihr Wahlrecht wirklich ausüben wollen, ist für das Vorhandensein des­ selben an sich gleichgültig. Jedenfalls steht einer Vertretung der­ selben nach Specialvollmacht in der Städte-Ordnung Nichts im Wege. Wir wollen an dieser Stelle eines aus der Schlesischen Zeitung in die hiesige Deutsche Gemeinde-Zeitung vom 7. November 1868 übernommenen Falles erinnern, wonach in der im Laufe desselben Jahres zu einer Stadt erklärten Ortschaft Königshütte nach einer Entscheidung der betreffenden Königl. Regierung dem Fiscus als Be­ sitzer des gleichnamigen Eisenwerks, als welcher er bisher ohne gesetz­ gesetzliche Verpflichtung, resp. Controls für Gemeindezwecke Einiges gethan, z. B. Privatschulen für seine Arbeiter unterhalten, Wege ausgebessert hat rc., demnach als quasi Höchstbesteuertem das Recht verliehen ist, die erste Klasse bei den Stadtverordneten-Wahlen selbst­ ständig und zwar allein zu wählen. Nach der gleichen Quelle hat der Fiscus in diesem Falle sein Wahlrecht einem seiner Gruben-Beamten übertragen. Hieraus geht jedenfalls eine sehr ausgedehnte Analogie hervor.

30 da von einer wirklichen Besteuerung des Fiscus natürlich nicht die Rede sein kann, welche sonst für das Wahlrecht der Corporationen unumgänglich nothwendig ist. Uebrigens steht eine Ministerial-Entscheidung in der RecursJnstanz bevor, welche namentlich die Frage zu entscheiden haben wird, ob die genannten freiwilligen Leistungen des Fiscus als wirk­ liche ©teuern im Sinne der Städte-Ordnung aufgefaßt werden können. Wir glauben, daß diese Frage, abgesehen von dem recht­ lichen Standpunkt, auch aus der practischen Erwägung verneint werden wird, weil Fiscus sonst fast in allen Städten der Preußi­ schen Monarchie ähnliche Berechtigungen in Anspruch nehmen könnte. Was nun noch die im §. 1. der Städte-Ordnung vorgesehene, durch statutarische Anordnung festzusetzende Berücksichtigung der „ge­ werblichen Genossenschaften" bei Eintheilung der stimmfähigen Bürger und bei Bildung der Wahlversammlungen und der städtischen Vertretung angeht, so mag hier bemerkt sein, daß von einer solchen nach dem ausdrücklichen Beschluß des Magistrats vom 6. September 1853 Abstand genommen ist, „weil vorerst abgewartet werden sollte, in welcher Weise sich der Geist in den Innungen entwickeln werde." Nachdem die Kriterien des Bürgerrechts und die Art und Weise, wie sie sich in der Hausliste wiederfinden und durch sie festgestellt werden sollen, hinlänglich beleuchtet worden sind, müssen wir auch die subsidiäre Bedeutung der letzteren, nämlich das Material für die Abtheilungsbildung zu beschaffen, mit einigen Worten berühren. Es ist schon erwähnt worden, daß die durch die Scheu vor der Publicität der Einkommens-Ermittelungen hervorgerufene Un­ gleichmäßigkeit der Steuer-Angaben, je nachdem sie aus Selbst­ angaben, oder osficiellen Feststellungen hervorgehen, die Methode der Materialsgewinnung für die Abtheilungsbildung sehr unsicher macht. Bei Festhaltung des durch die Hausliste vertretenen Prin­ cips würde es angemessen sein, auch nach dem Betrage der Ein­ kommensteuer zu fragen. Correcter aber von einem allgemeinen Gesichtspunkte aus ist es jedenfalls, das speciell bei der Ein­ kommensteuer beobachtete Verfahren für die übrigen Steuern zu ver­ allgemeinern. Es ist zwar nicht zweifelhaft, daß hierdurch, so lange überhaupt noch der nach den Steuern festzusetzende Census und die nach den Steuern vorzunehmende Abtheilungsbildung be­ stehen bleibt, der Behörde eine Mehrarbeit erwachsen würde, welche sich aber unseres Erachtens durch die größere Zuverlässigkeit der Abtheilungsbildung lohnen würde. Da auch die Frage nach der Miethe, namentlich wenn man nach den obigen Erörterungen die vor einem Jahre gezahlte Miethe als Maßstab der Klassensteuer-

31 Einschätzung festhalten will, speciell von der städtischen Behörde selbst am zuverlässigsten wird beantwortet werden können, muß man sich principiell auch für den Fortfall dieser Colonne aussprechen, welche daher durch Einsicht der Miethssteuerkataster zu ersetzen wäre. Ob die zeitigen Einrichtungen des Wahlverfahrens überhaupt, namentlich auch die zur Disposition stehenden Kräfte diese Mehrarbeit zulassen, ist eine andere Frage, die man aber auch wohl bejahen muß. Man kann dieses Postulat auch auf die eigentlichen Kriterien des Wahlrechts selbst ausdehnen und die allgemeine Forderung stellen, daß die Behörden dasjenige, was sie in dieser Beziehung entweder selbst oder durch Communication untereinander wissen und erfahren können, nicht durch directe Anftagen an die gesammte Bevölkerung zu ermit­ teln brauchen. Es ist dabei auch zu bemerken, daß die Beantwortung derartiger Fragen durch Selbstangabe, namentlich wenn sie auf einer bei dem Hauseigenthümer und allen Hausgenossen öffentlich cursirenden Liste zu geschehen hat, in vieler Beziehung auch materiell bedenk­ lich ist, weil die mannigfaltigsten Motive bei den Einzelnen bestehen können, um ihre persönlichen Verhältnisse in einem anderen und zwar sowohl besseren, als schlechteren Lichte officiell erscheinen zu lassen, als sie wirklich sind. Wir können uns daher der Befürchtung nicht ver­ schließen, daß namentlich bei der in der Sache selbst beruhenden Man­ gelhaftigkeit der Controls oder deren gänzlichem Fehlen die Berliner Gemeindewählerlisten bisher an großer Unzuverläßigkeit gelitten haben. Die thatsächlich angewendete/ willkürliche Controls einzelner beliebiger, dem betreffenden Kanzlisten „nicht scheinender" Fälle kann diese Män­ gel nicht heben Hiermit steht der vorne bei Besprechung des that­ sächlichen Verfahrens und für den Fall der Beibehaltung desselben ausgesprochene Wunsch nach einer Colonne in der Hausliste für die Angabe des Einkommens nicht im Widerspruch. Obwohl über das specielle Verfahren bei Gemeindewahlen in an­ deren Städten wenig bekannt ist, glauben wir doch, daß in den mei­ sten größeren Städten nur officielles Material zur Berichtigung der Gemeindewählerliste benutzt wird, was allerdings durch die überall vorhandene Einkommensteuer leicht möglich ist. Für Berlin würde diese Ausnahme auch beim Fehlen einer allgemeinen Einkommensteuer nur dann gerechtfertigt werden können, wenn die Erfahrung die voll­ ständige Unmöglichkeit zur Durchführung dieses Verfahrens dargethan haben würde. Geht man nun die einzelnen Colonnen der Hausliste, welche diese Bür­ gerrechtskriterien enthalten, durch, so wird man erkennen, daß nicht eine einzige Angabe darin enthalten ist, welche nicht aus dem officiellen Materiale festgestellt werden könnte. Sind aber die Listen der Behör-

32 den, namentlich die polizeilichen Meldungen der Neuanziehenden unvoll­ ständig, was nur durch Verspätung oder Vernachläßigung der zunächst Betheiligten geschehen kann, so liegt in der daraus folgenden Nicht­ berücksichtigung bei den öffentlichen Wahlen eine Strafe, die sich zur Vermeidung solcher Unregelmäßigkeiten jedenfalls sehr heilsam erwei­ sen dürste. Für eine Menge anderer Specialitäten, namentlich solcher, durch deren Angabe der Einzelne ein directes offenes Geständniß gegen sein persönliches Zntereffe oder seine Ehre oder seine bürgerliche Stellung abzugeben gezwungen werden könnte, haben wir schon ge­ sehen, daß currente amtliche Listen geführt werden Man kann sich nun überhaupt für die Aufstellung der Gemeinde­ wählerliste zwei reine Methoden denken, welche sich in ähnlicher Weise wie die den älteren Znquisitions- und den modernen Civilprozeß be­ herrschenden beiden Grundsätze, die Official- und die Verhand­ lungsmaxime, gegenüberstehen. Zn das Gebiet der Officialmaxime fällt z. B. das Preußische Verfahren, wie auch das Französische und Belgische, dem das erstere nachgebildet ist, wonach es lediglich Pflicht der Behörde ist, eine voll­ ständige Liste der stimmfähigen Bürger zu führen. Hierdurch ist prin­ cipiell auch der Weg, zur Kenntniß der erforderlich.n Thatsachen zu gelangen, vorgeschrieben, nämlich der officielle, durch die Behörden fest­ zustellende. Daß dieser Weg in Berlin in den Hauptsachen wieder verlassen ist, um es dem Einzelnen durch Selbstangaben zu überlassen, wie er sein Wahlrecht sichern will, haben wir schon ausführlich gesehen. Man kann zweifelhaft sein, ob dieses nach den obigen Ausführungen praktisch bedenkliche Verfahren überhaupt gesetzlich zuläßig ist Nach dem unten folgenden Wortlaut der Loi communale. Titre premier. Chapitre second. Art 7—15 müßte man für Belgien jedenfalls die Ungesetzlichkeit eines derartigen Verfahrens anerkennen. Den geraden Gegensatz zum § 19 unserer Städteordnung: „Eine Liste der stimmfähigen Bürger, welche die erforderlichen Eigenschaften derselben nachweist, wird von dem Magistrat geführt rc." und dem Art. 11 des Belgischen Gemeindegesetzes: „La liste des dlecteurs communaux est permanente sauf les radiations et inscriptions qai peavent avoir lien lors de la revision annuelle, bildet das Englische Verfahren bei den politischen Wahlen, welches lediglich auf der Verhandlungsmaxime basirt. Die erste Voraussetzung des Wahlrechts ist hier nicht die Erfül­ lung seiner Erfordernisse, sondern das Eingetragensein in die Bezirks­ wählerliste. Die Behörde kümmert sich daher nicht ex suo officio um die Vollständigkeit der Liste, sondern überläßt es dem Einzelnen, das Vorhandensein des Rechts der Behörde zu beweisen.

33 Zn den Grafschaften*) fordern daher die Armenaufseher (vei-seers, in Schottland die Schulvorsteher) jedes Kirchspiels alle die Per­ sonen auf, welche innerhalb des Kirchspiels das Wahlrecht beanspruchen wollen, sich binnen einer bestimmten Frist zu melden. In den Burg­ flecken (und Städten) erfolgen die Meldungen in ähnlicher Weise bei den Stadtschreibern (town clerk). Die in Folge der Meldungen auf­ gestellten Listen werden veröffentlicht. Die mit der Revision beauf­ tragten Advocaten (revising barristers, in Schottland die Sheriffs) sollen alle Unrichtigkeiten in den Listen, welche als solche nachgewiesen werden, verbessern und die Namen der unberechtigten oder verstorbe­ nen Personen streichen. Zede Entscheidung der revidirenden Advo­ caten, soweit sie die Auslegung des Gesetzes betrifft, kann durch Appellation an den Gerichtshof der Common Pleas (in Schottland Circuit Courts of justiciary) angefochten werden. Die Frage über die Zweckmäßigkeit der einen oder andern Art und Weise der Feststellung einer Wählerliste kann natürlich hier nicht eingehend erörtert werden. Es wird im Allgemeinen aber keinenfalls geläugnet werden können, daß die Einfachheit des Englischen Verfah­ rens, welches sich auch ganz genau dem Jntereffe jedes Einzelnen an den betreffenden öffentlichen Angelegenheiten anschmiegt, außerordent­ lich viel Bestechendes für sich hat. Es steht freilich mit den Traditionen unserer öffentlichen Institutionen in einem großen Widerspruch, und scheint bei dein, wie später nachgewiesen werden soll, sehr geringen Interesse der Bevölkerung etwas bedenklich zu sein, wenn es auch geeignet ist, vorzugsweise belebend auf dieses Interesse einzuwirken. Wenn man daher von einer directen Empfehlung des Englischen Verfahrens vorläufig Abstand nehmen muß, fragt es sich, wie unter Festhaltung der gesetzlichen Vorschriften die Ausstellung der Gemeinde­ wählerliste am zweckmäßigsten gestaltet werden könnte. Von diesem Gesichtspunkte aus müssen wir uns principiell aus den angedeuteten practischen Gründen und gesetzlichen Bedenken für die stricte Festhal­ tung des gesetzlich angedeuteten officiellen Weges aussprechen, die ganze Hausliste verwerfen und es der mit der Aufstellung der Liste gesetzlich beauftragten Behörde lediglich überlassen, wie sie zu dem er­ forderlichen Material gelangen will. So lange eine allgemeine Klassen- und Einkommensteuer nicht besteht, bieten das beste Material die Miethssteuerkataster für die directen Miether und die polizeilichen Meldungen für die Chambregarnisten. Bei der Schwierigkeit der Be*) Cfr. Gneist: Das heutige Englische VerfassungS- und BerwaltungSrecht

II. 648. Cox.

Die Staatseinrichtungen Englands

34 Nutzung dieser letzteren Quelle, würde es unseres Erachtens mit dem Gesetze wohl zu vereinigen sein, daß man für diese speciell das Eng­ lische System adoptirte und dieselben aufforderte, ihr Wahlrecht inner­ halb einer bestimmten Frist geltend zu machen. Die jetzt schon ge­ führten Hülfslisten würden theils in der jetzt üblichen, theils in der von uns vorgeschlagenen Form zur Ergänzung und Berichtigung dienen. Das schwierigste, aber auch nicht unüberwindliche Geschäft würde die Zusammentragung der Steuern aus den verschiedenen Steuerrollen in diese erste Liste sein. Natürlich wird diese ganze um­ fassende Arbeit in ihrer vollen Ausdehnung nur einmal nothwendig sein, indem eine wirkliche Berichtigung, wie sie die Städte-Ordnung vorschreibt, nicht eine alljährliche Erneuerung, die ja nur bei einer sehr liberalen Interpretation des Gesetzes überhaupt zulässig ist, ein­ treten müßte. Es wird unschwer zu erreichen sein, daß die verschie­ denen Steuerbehörden die im Laufe eines Zahres eingetragenen Ver­ änderungen in einer so übersichtlichen Weise zusammenstellen, daß die Berichtigung in der vorgeschriebenen Art erfolgen kann. Gerade diese Form wird von ganz besonderem Nutzen für die immer größere Zuverlässigkeit der Wählerliste sein. Wir sind der Ueberzeugung, daß die jetzigen, nicht abzuleugnenden vielfachen Mängel derselben, abge­ sehen von der Unzuverlässigkeit derartiger Selbstangaben, ganz vor­ zugsweise aus dieser alljährlichen Erneuerung herrühren, welche jedes Jahr ab ovo anfängt und zu der gar kein schon geprüftes und ge­ sichtetes Material vorliegt. Die bedeutend hohen Kosten des ganzen Wahlgeschäfts würden sich hierbei unzweifelhaft sehr ermäßigen, denn wenn die Wohnungsveränderungen, über welche leider keine officiellen statistischen Daten mehr veröffentlicht werden (im Zahre 1867 sollen circa 80,000 Wohnungsveränderungen vorgekommen sein), auch sehr beträchtlich sind, wird deren successive Berücksichtigung doch ungleich weniger Zeit- und Kosten-Aufwand erfordern, als das Znbewegungsetzen des gewaltigen Apparats der Hauslisten mit allen weiteren sehr complicirten Phasen des Wahlgeschäfts, wie sie sich aus dem Folgen­ den ergeben werden. Natürlich muß dann das Material so durchsichtig und klar sein, daß es ebenso wie auch die Hausliste zu den verschiedenen Zwecken des activen politischen, communalen und passiven Geschworenen-Wahlrechts benutzt werden kann. Wir glauben, daß eine Art „Personal-Kataster" als Grundlage für diese und noch andere Zwecke, die damit gleich in Verbin­ dung zu setzen wären, die Aufgabe am Besten zu erfüllen im Stande ist. Derselbe würde vorläufig die gesammte großjährige männliche Bevölkerung Berlins zu umfassen haben und alle lÄgenschaften nach-

35 weisen, welche für irgend eine die Communalbehörden im Allgemeinen interessirende öffentliche Angelegenheit von Zntereffe sind. Natürlich ist damit nicht im Entferntesten die Idee eines sogenannten „schwarzen Buchs" für geheime Zwecke einer specifisch communalen Polizei ver­ bunden, wenn auch unter bestimmten Voraussetzungen die Benutzung dieses Personal-Katasters andern Behörden und Personen offen stehen könnte. Wir meinen auch nicht damit eine Wiederholung der Ver­ zeichnisse des „Einwohner-Meldeamts" in beschränkter Weise, obwohl dessen Zwecke, als eigentlich commMale, wohl damit in Verbindung gesetzt werden könnten Wir verfolgen vielmehr lediglich hierbei die schon angedeutete Absicht, ein unbedingt zuverlässiges permanentes, currentes Personen-Verzeichniß den Hauslisten zu substituiren. Die geeignetste Form dazu wäre unseres Erachtens eine selbst­ ständige Karte, welche für einen jeden in Betracht kommenden Ein­ wohner nach einem gleichen Formular auszufüllen wäre. Bestimmte, regelmäßig wiederkehrende Colonnen würden das Vorhandensein oder Fehlen der verschiedenen Qualificationen anzeigen, in welchem letzteren Falle eine Zurücklegung der Karte nach bestimmten Regeln, die dem Reproductionsverfahren in den Registraturen ähneln könnten, bis da­ hin zu erfolgen hätte, wo die aufhebenden Bedingungen nicht mehr dem betreffenden Rechte entgegenstehen. Die so häufigen Umzüge könnten ganz einfach durch eine Verlegung der betreffenden Karte in den andern Bezirk markirt werden. Die gewöhnliche Aufbewahrung würde nach Satdtbezirken erfolgen, was die Benutzung für den einen oder andern Zweck am Meisten erleichtern würde, da Reichstags-, Landtags- und Stadtverordneten-Wahlbezirke auf dieser Einheit basiren. Da die Berechtigung zu den ersteren am weitesten geht, so würde bei einer Landtagswahl zunächst eine Ausscheidung der dazu nicht be­ rechtigten Personen, resp. der entsprechenden Karten, und wenn eine Stadtverordnetenwahl herankäme, eine weitere Ausscheidung nach den oben charakterisirten Gesetzen vorgenommen werden müssen. Auch für die Abtheilungsbildung bei den Landtags- und Stadt­ verordneten-Wahlen könnten diese Karten direct benutzt werden, es wird dann erst gar nicht nöthig, das sehr umständliche Umschreiben auf die „losen Zettel", worüber im folgenden Abschnitt die Rede sein wird, vorzunehmen. Bei dem jetzigen Verfahren werden aus den Haus­ listen die Zettel, aus den Zetteln die Liste, und von der Liste wieder die Duplicate abgeschrieben. Es werden also immer Abschriften von Abschriften benutzt, welche durch im Allgemeinen weniger zuverlässige Kanzlisten angefertigt werden. Nach dem von uns vorgeschlagenen Verfahren werden alle Abschriften, die in viel geringerem Grade

36 nöthig sein werden, von dem Original genommen. Dieses selbst würde von angestellten Beamten current geführt werden, unter der Aufsicht und Controls wiffenschaftlich gebildeter Beamten, da eine solche Einrichtung, wenn überhaupt, bei dem städtischen statistischen Büreau bestehen und fortgeführt werden müßte. Das die Oberaufsicht führende Decernat eines Magistratsmitglieds kann natürlich ebenso fortbestehen bleiben. Wir müssen uns auf diese allgemeinen An­ deutungen beschränken und uns die Ausarbeitung eines Planes vor­ behalten, wenn diese Ideen Anklang finden sollten. Wie das ganze Wahlgeschäft außerordentlich erleichtert werden wird, sobald eine allgemeine Einkommensteuer in Berlin existirt, so wird aber dann erst recht eine Einrichtung, wie wir sie vorgeschlagen haben, von Nutzen und Bedeutung sein. Wollte man auch dann an dem jetzigen Verfahren vollständig festhalten, so wird durch das Be­ stehen der Einkommensteuer, wie wir schon angedeutet haben, lediglich das Einschätzungsgeschäst gespart. Zm Uebrigen müßte der ganze weitläufige Apparat bestehen bleiben, es würde sogar in einer Be­ ziehung eine Mehrarbeit eintreten, indem nun die ganze Klassen- und Einkommensteuerrolle, welche ja nach den adoptirten Grundsätzen un­ bedingt geheim gehalten werden soll, excerpirt werden müsste, was früher doch nur bei der viel kleineren Staats-Einkommensteuerrolle der Fall war. Das Belgische Verfahren deutet indessen im Art. 13. al. 2. des Gemeindesetzes, welcher lautet: „ Celte liste (des citoyens de la commune) est d’abord formee sur les roles du receveur des contributions payees dans la commune; eile indique la quotite du eens requis pour etre electeur“ einen anderen Weg an, welcher nach Ein­ führung einer Gemeinde-Einkommensteuer unbedingt auch bei uns einzuschlagen ist. Auf unseren Gemeinde-Einkommensteuerlisten würde nämlich zu­ nächst der Census schon durch die' Eintragung an sich festgestellt werden, da ja das Einkommen von weniger als 300 Thlrn. davon befielt bleiben soll. Die unmittelbare bequeme Gegenüberstellung des Einzelnen mit seinem Einkommen, zu dem er geschätzt wird, muß nun überhaupt von der ferneren Znnehaltung des Verfahrens, durch sämmtliche directe Steuern die Abtheilungsbildung vorzunehmen, Ab­ stand nehmen lassen und darauf führen, die gesetzlich im §. 13. al. 1. der Städte-Orduung vorbehaltene zweite Alternative der Abtheilungs­ bildung „nach Maßgabe des Einkommens" einzuschlagen, wo­ durch dann überhaupt die Angaben der Steuern durch Selbsteintragung oder officielle Feststellung überflüssig werden. Obgleich der jetzt übliche Modus der in der Städte-Ordnung principiell vorgeschriebene ist, und die zweite Alternative nur dem

37 eventuellen Beschlusse der Gemeinde-Behörden anheim gestellt ist, scheint uns doch gerade der letztere durch eine allgemeine Einkommen­ steuer ermöglichte auch richtiger zu sein, da, wenn man principiell an dem Dreiklaffen-Wahlsystem festhalten will, das Einkommen einen ge­ rechteren Abtheilungsbildungs-Maßstab unzweifelhaft abgiebt, als die davon großentheils unabhängigen Steuern. Wir wollen nur z. B. darauf hinweisen, daß durch den jetzigen Modus die Hauseigenthümer mit ihrer Gebäude- und Haussteuer ganz außerordentlich bevorzugt werden, da sie fast ausnahmslos in die höheren Abtheilungen kommen, obwohl ihre Einkommens - Verhältnisse und bürgerliche Stellung wenigstens unter den augenblicklichen Verhältnissen int Allgemeinen nicht dazu angethan sind. Von der Berechtigung eines anderen Standpunkts, den berührten offenbaren Mangel des DreiklaffenWahlsystems hier aus dem Grunde gut zu heißen, weil dem Grund­ besitze eine möglichst große Einwirkung auf die Wahlen gesichert werden müsse, soll hier nicht die Rede sein. Da auch die Frage nach der Miethe dann ganz unnöthig wird, wird man der nach Maß­ gabe der jetzigen Verhältnisse schon erörterten Frage unbedingt näher treten müssen, ob es sich überhaupt noch lohnt, die Hausliste mit den wenigen übrig bleibenden Fragen alljährlich in die Welt zu schicken. Wenn man zu dieser Ueberzeugung gelangen sollte, wird freilich ein einfaches Uebertragen der männlichen Steuerzahler, .worunter aller­ dings directe Miether und Chambregarnisten rc. inbegriffen sind, aus der Steuerrolle, wie es bei den viel einfacheren Belgischen Bestim­ mungen ausreicht, nicht genügen Zm Gegensatz zu den letzteren, welche laut Art. 7. des Gemeinde-Gesetzes vorbehaltlich der gewöhn­ lichen Ausnahmen der entehrenden Strafen, des Concurses und einiger schimpflicher Gewerbe folgende nur ganz allgemeine Kriterien aufstellen: „Pont etre electeur, il saut 1. Etre Beige par la naissance ou la natnralisation et etre majeur aux termes du code civil: 2. Avoir son domicil reel dans la commune, au moins depuis le premier janvier de l’annee, dans laquelle se fait ■ l’election; 3. Verser au tresor de l’Etat, en contributions directes, patentes comprises le eens electoral fixe d’apres les bases suivantes: dans les communes au-dessous de 2000 babitants 15 francs, de 2000 a 5000 20 de 5000 ä 10,000 30 de 10,000 a 15,000 40 -

38 brauchen wir nur einerseits auf die vorne im Einzelnen analysirten einigermaßen complicirteren Bedingungen unseres Bürgerrechts, anderer­ seits auch auf die Bestimmungen des Gemeinde-EinkommensteuerRegulativ-Entwurfs, welcher z. B. schon nach dreimonatlichem Auf­ enthalt die Besteuerung festsetzt, zu verweisen, um zu erkennen, daß noch eine Menge Ermittelungen angestellt werden müssen, ehe man hier aus einer Steuerrolle eine Gemeinde-Wählerliste erhält. Wir sind, wie wir schon hervorgehoben haben, der Meinung, daß alle diese Angaben auf amtlichem Wege zu erhalten sind. Da es sehr umständlich und schwierig sein dürste, von vorneherein die Steuer­ rolle nach dem Principe des Wahlrechts einer Revision zu unter­ werfen, kann man die früheren Hauslisten zu dieser ersten Feststellung mit heranziehen. Namentlich wird sich in den neu zu bildenden Ein­ schätzungs-Commissionen eine willkommene locale Organisation finden, die sich zunächst bei Gelegenheit der ersten Einschätzung sehr gut auch zu speciellen auf das Wahlrecht bezüglichen Ermittelungen verwerthen läßt. Zft aber einmal eine einigermaßen zuverlässige GemeindeWählerliste nach Art des von uns vorgeschlagenen Katasters vor­ handen, so werden beim Vorhandensein einer Einkommensteuer die Mittel und Wege noch leichter sein, um auf rein officiellem Wege durch organisirte Communication mit anderen Behörden, dieses Kataster immer durchaus zuverlässig und für alle vorkommenden Wahlen brauchbar zu erhalten. Für den Fall, daß eine Einkommensteuer noch nicht eingeführt werden und man auch von einer jährlichen Hausliste nicht abgehen zu können glauben sollte, sind bei den vorhergehenden Ausführungen die Punkte berührt, welche einer Aenderung zu bedürfen scheinen. Bei einem wirklichen Versuche, eine Gemeindewählerliste, ganz strict nach den gesetzlichen Bestimmungen aufzustellen, wird man bald er­ kennen, daß das kaum möglich ist, ohne eine feste Grundlage zu be­ sitzen, die, wie die Städte-Ordnung auch vorschreibt, nur „revidirt" zu werden braucht.

Zweites Kapitel.

Aufstellung der Gemeindewählerliste und Bildung der Abtheilungen. §. 13. Zum Zweck der Wahl der Stadtverordneten werden die stimm­ fähigen Bürger (§§ 5 bis 8) nach Maßgabe der von ihnen zu ent­ richtenden direkten Steuern (Gemeinde-, Kreis-, Bezirks-, Provinzialund Staats-Abgaben) in drei Abtheilungen getheilt. In den Städten,

39 wo die Mahl- und Schlachtsteuer besteht, werden diejenigen stimm­ fähigen Bürger, welche zur Staats-Einkommensteuer nicht heran­ gezogen werden, von dem Magistrat nach den Grundsätzen der Klassen­ steuer-Veranlagung eingeschätzt und der Betrag, welcher danach als Klassensteuer zu zahlen sein würde, bei den vorstehend gedachten Steuern mitberechnet. Doch können auch die Stadtbehörden in den gedachten Städten beschließen, die Bildung der Abtheilungen nach Maßgabe des Einkommens der stimmfähigen Bürger zu bewirken. Die erste Abtheilung besteht aus denjenigen, auf welche die höchsten Beträge bis zum Belaus eines Drittels des Gesammt-Be­ trages der Steuer aller stimmfähigen Bürger fallen, oder welche das höchste Einkommen bis zum Belauf eines Drittels bc3 GesammtEinkommens aller stimmsähigen Bürger besitzen. Die übrigen stimm­ fähigen Bürger bilden die zweite und dritte Abtheilung; die zweite reicht bis zum zweiten Drittel der Gesammtsteuer, beziehungsweise des Gesammt-Einkommens aller stimmsähigen Bürger. §. 20.

Vom 1. bis 15. Juli schreitet der Magistrat zur Berichtigung der Liste. Vom 15. bis 30 Juli wird die Liste in einem oder mehreren zur öffentlichen Kenntniß gebrachten Lokalen in der Stadtgemeinde offen gelegt. Während dieser Zeit kann jedes Mitglied der Stadtgemeinde gegen die Nichtigkeit der Liste bei dem Magistrat Einwendungen erheben. Die Stadtverordneten - Versammlung hat darüber bis zum 15. August zu beschließen; der Beschluß bedarf der Zustimmung des Magistrats; versagt dieser die Zustimmung, so ist nach Vorschrift des §. 36 zu verfahren. Ist in diesem Falle über die Einwendungen von der Regierung entschieden, so findet eine Berufung an letztere von Seiten desjenigen, welcher die Einwmdungen erhoben hat, nicht weiter statt; in allen andern Fällen steht demselben innerhalb zehn Tagen nach Mittheilung des Beschlusses der Stadtverordneten der Rekurs an die Regierung zu, welche binnen vier Wochen ohne Zulassung einer todteren Be­ rufung entscheidet. Soll der Name eines einmal in die Liste aufgenommen Ein­ wohners wieder ausgestrichen werden, so ist ihm dieses acht Tage vorher von dem Magistrate unter Angabe der Gründ? mitzutheilen. Wir haben die Sammlung des Materials zur Gemeindewähler­ liste einheitlich zur Anschauung gebracht, wenn auch zwischen dem Eingehen der Hauslisten und der übrigen 4 Listen bei dem Wahlbüreau factisch schon ein sehr erheblicher Theil der eigentlichen Vor­ arbeiten für die Aufstellung der Gemeindewählerliste beendigt wird. Es wird nämlich, sobald die Hauslisten dem Wahlbüreau vor­ liegen, gleich mit der Nutzbarmachung derselben begonnen, indem zu­ nächst für einen jeden Wähler ein Zettel ausgeschrieben wird, welcher außer der Nummer des Stadt- und Wahlbezirks, die Straße, Namen, Stand und Alter, sowie die Steuerzahlung jedes Wahlberechtigten enthält. Die hierzu noch im Zahre 1867 benutzten Formulare, von denen ein Exemplar hier folgt:

40 Zahlt jährlich an £ 1

£

3

Straße.

s

5 . S L E 3 -ES

Namen. Stand.

1

S

s 3

Ö £ 3 IS

1

tlr.

tlr. sgr tlr. sgr

E E

Z

3

G

G

s

s

Nr.

3

1

tlr. sgr tlr sgr.

243 20

24 i 27 Kronen 18

N. N.

Tapezier. 46

85

60

219 20 17

20 10 Ä- £

£ 3

xx . Abtheilung eine Quote von 707 Thlr., für die in der IV. Abtheilung eine solche von 12—13 Thlr berechnet, so ist damit doch keineswegs gesagt, daß den Personen, um welche faktisch die L, resp. !U. Abtheilung größer geworden ist, durchschnittlich eine solche Steuer bei der Abtheilungsbildung angerechnet worden ist. Vielmehr vollzieht sich unseres Erachtens die Vermehrung der Steuer­ summen und Personen gleicherweise zum allergrößten Theil an dem Schluß der letzten Abtheilung durch den Eintritt von Wohnungen in die unterste zum Wahlrecht befugende Miethswerthsklaffe in Folge der Steigerung derselben und durch den Zuzug, der überwiegend den genannten untersten Klaffen der Gesellschaft angehört. Ze mehr hier neu eintreten, desto höher rückt die Grenze der Abtheilungsbildung nach oben, desto geringer wird verhältnißmäßig die Zahl der Per­ sonen in den höheren Abtheilungen und ein desto höherer Durch­ schnittsbetrag muß sich daher für die absolute Vermehrung derselben ergeben. Auch in dieser Beziehung können wir unsere Ueberzeugung dahin aussprechen, daß eine andere Grundlage für die Beurtheilung des Wahlrechts, ganz andere, viel gleichmäßigere und dem Wesen des Dreiklassenwahlsystems mehr entsprechende Resultate zur Folge haben wird. Was die Wahlbezirke angeht, so haben wir schon die rechtliche Seite und die thatsächliche Gestaltung der Resultate bei der Dar­ stellung der Organisation des Verfahrens berühren müssen. Wenn man überhaupt eine Reform des jetzigen Systems will, muß sie hier beginnen. Wie wir sie uns innerhalb der gesetzlichen Bestimmungen ohne deren totale Umwälzung denken, werden wir in einem letzten Ab­ schnitte darlegen, nachdem wir vorher die Betheiligung an den Stadt­ verordnetenwahlen einer kurzen Betrachtung unterworfen haben.

109

Zwölftes Kapitel.

Betheiligung -er Bürgerschaft an den Stadtverord­ netenwahlen. „Interessant und erfreulich ist die Erfahrung, daß und wie die Theilnahme der Bürger an den Stadtverordnetenwahlen zugenom­ men hat." Mit diesen Worten begleitet der von den städtischen Behörden herausgegebene „Bericht über die Verwaltung der Stadt Berlin in den Zähren 1829 bis inet. 1840" die Thatsache, daß in den Zähren 1828/30 von 13,654 stimmberechtigtenBürgern 8,247 ober 60 pCt. 1839,41 - 18,714 12,953 - 70 an der Wahl wirklich Theil genommen haben. Der genannte Bericht schließt die Erörterung mit dem wohl berechtigten Ausspruche: „Man kann hieraus wohl mit Recht auf eine größere Theilnahme an den städtischen Angelegenheiten überhaupt schließen." Nach dem Verwaltungsberichte pro 1841 bis 1850 hat die Theil­ nahme der Bürgerschaft an den Stadtverordnetenwahlen, wenn auch in geringerem Maße, noch mehr zugenommen, wie die folgenden Zahlen beweisen: Stimmberech-Erschienene Procentsatz . . 45moDen tigte Bürger Wähler der Wähler 1841,43 1844,46 1848

20,359 22,827 26,884

14,498 15,903 19,122

71 69 72

Daß eine solcheBetheiligung, wie sie im Zahre 1848 bestanden hat, wo also nahezu % der wählenden Bürgerschaft ihr Wahlrecht ausgeübt haben, „bei der Auftegung" in jenem Zahre dem berichten­ den Magistrate noch auffällig genug erschien und von demselben da­ mit erklärt wurde, daß „damals viele Bürger die Bestimmungen der (alten) Städteordnung nicht zeitgemäß erachteten und deshalb nicht mitwählen zu können glaubten, andere auch wohl durch die Zeitverhältnisse sich veranlaßt fühlten, von der Theilnahme an öffentlicher Wirksamkeit sich zurück zu halten" - ist allerdings den heutigen bet politischen und Gemeindewahlen erprobten thatsächlichen Verhältnissen gegenüber für die damalige Zeit charakteristisch genug. Wie tief das Interesse der Bürgerschaft durch die Einführung der Gemeindeordnung trotz des durch sie in die Gemeindeverhältniffe zuerst eingeführten Dreiklassen-Wahlsystems aufgeregt wurde, geht daraus hervor, daß im Zahre 1850, wo die ganze wählende Bürger­ schaft zur Neubildung des Gemeinderaths berufen wurde, die Theil-

110 nähme an diesen Wahlen noch erheblich die Resultate des Jahres 1848 übertroffen hat. Nach dem Verwaltungsbericht des Magistrats pro 1851 bis incl. 1860 haben in jenem Jahre von den Bürgern der I. Abtheilung 1,609 5,476 IIT. 13,954

II.

gewählt

Pinten

1,067 4,121 10,863

66,31 75,25 77,83

Sa. 21,039 16,051 76,29 Diese Thatsache steht mit der gewöhnlich ausgesprochenen Be­ hauptung, daß die geringe Theilnahme an den Stadtverordnetenwahlen lediglich denr Dreiklaffenwahlsysteme zuzuschreiben sei, deffen ungleich­ mäßige und dem allgemeinen menschlichen Begriffe nach ungerechte Vertheilung der Wahlberechtigung die weniger Berechtigten von der Ausübung ihres Wahlrechts abhalte, weil dasselbe um so viel weniger werth sei, als das der höheren Abtheilungen, in einem bemerkens­ wertem Gegensatze. Bei dieser ersten Wahl, welche nach dem neuen Systeme erfolgte, ist sogar die geradezu umgekehrte Erscheinung evident, daß, je geringer das Wahlrecht selbst war, desto stärker seine Ausübung eingetreten ist. Es liegt uns natürlich fern, hierin ein Motiv zur Vertheidigung der Klaffenwahlen nach der damals ange­ wendeten Methode ihrer Anwendung zu finden. Nichtsdestoweniger glauben wir aber, daß, abgesehen von dem auf die neue Methode gerichteten allgemeinen Interesse, die damaligen Ausführungs-Grund­ sätze mit dieser außerordentlich regen Betheiligung in enger Beziehung gestanden haben. Es war zunächst die im vorigen Abschnitt näher erläuterte erhebliche Verringerung der Wählerzahl überhaupt, und zwar gerade um diejenige Klaffe der Bevölkerung, die erfahrungsmäßig das geringste Interesse für die städtischen Angelegenheiten erwiesen hat, nemlich die eigentliche Arbeiterbevölkerung mit einem Einkommen von 200 bis 300 Thlr. Daß das Einkommen damals strict dem Sinne der Gemeindeordnung und späteren Städteordnung gemäß ermittelt wurde, ist bereits hervorgehoben. Ob das Gefühl der völlig gleich­ mäßigen Vertheilung des Wahlrechts innerhalb einer Abtheilung unter den danach gebildeten Bezirken auf die starke Betheiligung mit ein­ gewirkt hat, können wir dahin gestellt sein lassen. Das Hauptgewicht glauben wir jedoch darauf legen zu müssen, daß im Jahre 1850 die ganze Bürgerschaft zur Wahl berufen gewesen ist und daß die will­ kürliche Herausnahme einzelner, zufällig durch das Loos bestimmter Wahlkörperschaften bei der ersten Wahl noch nicht stattzufinden brauchte. Die örtliche Berufung verschiedener über die ganze Stadt zerstreuter einzelner Wahlkörper, wie sie in allen folgenden Wahljahren eintreten

111 mußte, ist unseres Erachtens ganz vorzugsweise mit einem allgemeinen tiefer gehenden Interesse der Bürgerschaft an den Wahlen unvereinbar. Dies ist auch der Grund, weshalb unter Festhaltung der bei der Er­ mittelung des Einkommens gültigen Principien die Theilnahme im Zahre 1852 so bedeutend gesunken ist. Die betreffenden Angaben lauten: Bonden sämmtlichenBürgern der I. Abtheilung - II. *111.

-

1,526 5,255 14,124

waren durch den haben Turnus zur gewählt Wahl berufen 1271 648 3434 1456 4394 1590

in Procenten 50,98 42,39 36,18

9099 Sa. 20,905 3694 40,60 Zm Gegensatz zum Zahre 1850 ist nun auch die Theilnahme der Bürgerschaft in jeder höheren Abtheilung größer geworden. Diese Thatsache steht in auffallendem Zusammenhang mit der andern, daß in Folge der größeren Zusammensetzung der höheren Abtheilungs­ bezirke die höheren Abtheilungen in mehr Wahlbezirken ihr Wahlrecht auszuüben hatten, wenn auch in jeder Abtheilung überhaupt nur ein Drittel der Gesammtzahl der Stadtverordneten gewählt werden durfte. Die officielle Quelle ergibt, daß von den 9 Wahlbezirken der ersten Abtheilung, von denen im Allgemeinen 8 je 4 und 1 Bezirk 2 Stadt­ verordnete zu wählen hatten, bei der Ergänzungswahl im Zahre 1852 6 Bezirke oder \ sämmtlicher faktisch zur Wahl gekommen sind. Von den 17 Bezirken der U. Abtheilung, auf die je 2 Stadt­ verordnete kommen, wählten im Zahre 1852 9, oder wenig über die Hälfte sämmtlicher, während in der Ui. Abtheilung nur 11 Bezirke von zusammen 34, mit je eine n Stadtverordneten, oder ein Drittel durch den damaligen Turnus zur Wahl berufen wurden. Wie die Vertheilung der zu wählenden Stadtverordneten in den Be­ zirken der höheren Abtheilungen behufs Completttrung des ausschei­ denden Drittels bewirkt wurde, ist aus dem benutzten Materiale nicht genau zu verfolgen. Es kann aber natürlich nur dadurch geschehen sein, daß die in größerer Anzahl an der Ergänzungswahl betheiligten Bezirke höherer Abtheilung für sich weniger Stadtverordnete zu wählen hatten, als ihnen im Allgemeinen zugewiesen war. Zn Be­ ziehung auf die in den betteffenden Bezirken zur Wahl berufenen Wähler markiren sich die schon hervorgehobenen Unterschiede noch schärfer, denn in den \ Bezirk, der I. Abthl. wählten 83,3 pCt. der Wähler, oder über f ; * ll. s 65,3 -- beinahe | ; - 111. 31,1 --nochnicht;

112 Einen causalen Zusammenhang in diesem Verhältniß, wel­ ches zwischen der Betheiligung an den Wahlen überhaupt und in den Abtheilungen und zwischen der Anzahl der über­ haupt und in den Abtheilungen berufenen Wähler obwaltet, glau­ ben wir daher umsoweniger verkennen zu dürfen, als, sobald mit der Einführung der neuen Städteordnung, an sich ohne innere Ver­ anlassung, wie wir schon oben gezeigt haben, die Zersplitterung der zu einer Ergänzungswahl berufenen Wahlkörper auf das denkbar höchste Maß getrieben wurde, eine Gleichgültigkeit der Bevölkerung gegen die Stadtverordneten-Wahlen eintrat, welche bisher ganz ohne Beispiel war. Die Gründe, welche der Magistrat in dem citirten Verwaltungsbericht pro 1851 bis 1860 für die erwähnte damals noch beispiellose, jetzt aber im umgekehrten Sinne gleichfalls unerhörte Be­ theiligung der Bürgerschaft an den Wahlen von über 40 pCt. im Zahre 1852 dahin angab, daß erhebliche Bedenken an der Zweckmäßigkeit ein­ zelner Bestimmungen der Gemeindeordnung laut geworden seien, können wir daher in keiner Weise theilen. Denn trotzdem diese Be­ denken zum großen Theil durch die neue Städteordnung beseitigt wurden, hat die Zahl der seitdem am Wahltisch erschienenen Bürger bei weitem noch nie die damalige Zahl erreicht, deren Geringfügigkeit die Folge jener Bedenken gewesen sein sollte. Die neue Methode der festen Wahlbezirke mit je 3 Abtheilungen, von denen jede wiederum einen Stadtverordneten zu wählen hatte, ist in einem vorigen Abschnitte ausführlich dargelegt worden. Die damit erzielten Resultate finden sich in der nachfolgenden Tabelle von 1854—1868 zusammengestellt. Wahlberechtigte Wähler in der Jahre.

i- i ii.

i ui.

Abtheilung.

1854 1856 1858 1860 1862 1864 1866 1868

913 866 773 744 873 888 739 1155

1920 2319 2411 2008 2897 3387 3142 4182

6930 8519 8567 9912 13308 12863 18693 23648

Ge­ sammt­ heit.

9763 11704 11751 12664 17078 17138 22574 29285

Erschienene Wähler in der

i. 1

ii.

i in.

Abtheilung. 374 377 489 476 602 594 466 623

644 587 1002 1024 1342 1502 1179 1650

1350 1441 2202 2570 2907 2678 2430 3294

Ge­ sammt­ heit.

2368 2405 3693 4070 4851 4774 4075 5567

113 Procenlsatz der erschienenen, , zu den Jahre.

berechtigten Wählern in der I.

|

II.

|

III.

Abtheilung. 1854 1856

1858 1860 1862 1864

1866 1868

40,96 43,53 63,26 63,98 68,38 66,89 63,06 53,94

33,54 25,31 41,56 50,95 46,31 44,35 37,52 36,81

Gesammt­ heit.

19,48 16,91 25,70 25,92 21,84 20,82 13,00 13,93

24,25 20,53 31,43 32,14 28,40 27,85 18,05 19,01

Die geringere Theilnahme der Bürgerschaft hat sich daher in allen Abtheilungen sehr erheblich geltend gemacht, am Stärksten aber in der 111. Abtheilung. Diese Erscheinung glauben wir im Wesent­ lichen darauf zurückführen zu können, daß durch die Substituirung des noch heute gültigen Census von 4 Thlr. Methssteuer an Stelle eines Einkommens von 300 Thlrn. eine Bevölkerungsklasse in die Wahlbefugniß eingerückt ist, welche bisher noch gar nicht berechtigt gewesen war. Daß dies in 2 Zähren 10,000 Personen gewesen sind, haben wir schon gesehen. Es läßt sich ohne Weiteres annehmen, daß hier das geringste Interesse an den städtischen Angelegenheiten obge­ waltet hat, wodurch auch die niedrigste Theilnahme bei der lll Ab­ theilung entstanden ist. Wenn man die Resultate seit 1854 allein ansieht, liegt allerdings die Vermuthung nahe, daß, weil seitdem in jeder höheren Abtheilung mehr Wähler erschienen sind, als in jeder niedrigeren, die Neigung zu wählen mit betn Recht zu wählen im selben Maße steigt und fällt. Hiermit könnte auch die, namentlich in den letzten Jahren, nach der Regulirung der Grenzen der Wahlbezirke, welche, wie schon hervor­ gehoben, die Differenzen noch vergrößert hat, ganz bedeutend sinkende Betheiligung an den Gemeindewahlen in Verbindung gebracht werden. Thatsächlich ist dieses Motiv für die Aufhebung der Klaffenwahlen in den bisherigen Petitionen, welche von der Stadtverordneten-Versammlung ausgegangen sind, sehr in den Vordergrund getreten. Ob mit vollkommenem Recht, müssen wir aus den obigen Gründen be­ zweifeln. Auch die Kgl. Staatsregierung kann nach den Motiven zu dem in der Session von 1860/61 zunächst dem Herrenhause vorgelegten Gesetzentwürfe, wegen einiger Aenderungen der Städteordnung, diese Anschauung nicht theilen, indem sie die desfallsigen Behauptungen theils für nicht genügend erwiesen erachtet, theils auf andere Ursachen

114 zurückführen zu müssen glaubt. Wir können daher nur unsere Ueber­ einstimmung mit dem neuesten Antrage des Herrn Stadtverordneten Di. Neumann zu erkennen geben, welcher diese geringe Theilnahme an den Wahlen nicht mehr als Motiv zu ihrer gänzlichen Umgestal­ tung ansieht. Indem wir die Theilnahmlosigkeit auf andere Grund­ ursachen zurückführen zu müssen glauben, nemlich die nach den gesetz­ lichen Bestimmungen und aus materiellen Gründen in der letzten Abtheilung zu große Wählerzahl, die Zersplitterung der in einem Moment berufenen Bürger und die viel zu langen Wahlperioden für einen Wahlkörper, können wir es für höchst wahrscheinlich erachten, daß nach Hebung dieser Hauptübelstände das Interesse an den Wahlen, trotz ihrer Klassenformation, wieder zunimmt. Sehen wir uns nun die Zahlen etwas näher an, so haben wir schon hervorgehoben, auf welche äußere Veranlassung speciell das plötzliche Sinken der Theilnahme von 40,60 pCt. auf 24,25 pCt. in den Zähren 1852 bis 1854 zurückzuführen ist. Mit jeder an sich nicht motivirten Steigerung der Wählerzahl fällt die Betheiligung noch mehr. So sehen wir die durchschnittliche Betheiligung im Zahre 1856 sogar auf 20,55 pCt. sinken. Daß hierbei auch die in der Reactions­ periode ganz allgemein beobachtete Apathie gegen alle öffentlichen In­ teressen mitgewirkt hat, dürfte daraus hervorgehen, daß im Zahre 1858 unter der „neuen Aera" die Theilnahme auf 31,43 pCt. und im Zahre 1860 sogar auf 32,14 pCt. gestiegen ist. Die Conflictszeit brachte wieder eine Verminderung auf 28,40 und 27,85 pCt. in 1862 und 1864. In dieser ganzen Periode von 1854 an bis 1864 ist demnach ein ungewöhnlich starkes Steigen und Fallen nicht zu beobachten. Zm Zahre 1866 dagegen hat sich ein so außerordentliches Sinken der Theilnahme gezeigt, wie nie zuvor. Nur 13 pCt. der dritten Abthei­ lung und 18 pCt. im Ganzen hielten es für der Mühe werth, am Wahltisch zu erscheinen. Unzweifelhaft ist. dieser plötzliche Wechsel mit einer gewissen Erschlaffung in Beziehung zu bringen, welche eine na­ türliche Folge der ungeheuren Aufregung der Kriegszeit und wohl auch der sich stark zusammendrängenden Wahltermine für die verschie­ denen politischen gesetzgebenden Körper gewesen ist Ze zutteffender daher die Erklärungsgründe für diese beispiellose Theilnahmlosigkeit in jenem Zahre sind, um so auffallender muß die nur in ganz unbe­ deutender Weise eingetretene Besserung im Zähre 1868 erscheinen. Der Herr Stadtverordnete Dr. Neumann bemerkt sehr richtig, daß diese Theilnahmlosigkeit in einem „besondern Mißverhältnisse sich be­ findet zu der Wichtigkeit der Fragen, welche soeben die kommunale Tagesordnung gebildet haben oder noch aus derselben sich befinden."

115 Es ist übrigens eigenthümlich, daß die Differenzen zwischen den Be­ theiligungen der Abtheilungen sich im letzten Zahre insofern etwas ausgeglichen haben, als bei weitem die stärkste Verminderung der Theilnahme in der I. Abtheilung stattgefunden hat. Sie beträgt hier circa 10 pCt. weniger, bei der 11. Abtheilung ist sie nur unwesentlich geringer geworden, dagegen in der m. Abtheilung ist die seit langen Zähren nicht beobachtete Erscheinung eingetreten, daß die Theilnahme beinahe um 1 pCt. gestiegen ist. Dies hat auch auf die durchschnitt­ liche Theilnahme in der Weise eingewirkt, daß dieselbe um $ pCt. sich gemehrt hat. Dies sind aber jedenfalls im Ganzen so schlechte Resul­ tate, daß es sich der Mühe lohnt, die Art der Theilnahme im Einzel­ nen zu verfolgen. Zn der folgenden Tabelle haben wir die Pro­ zentsätze der Betheiligung in den einzelnen Abtheilungen sämmtlicher Wahlbezirke da, wo gerade regelmäßige Ergänzungs- oder unregelmäßige Ersatzwahlen stattgefunden haben, für sämmtliche Wahljahre von 1850 ab zusammengestellt. Des Wahlbezirks Nummer.

1

2

3

4

5

6

7

6

Ab­

1850 1852 1854 1856 1858 1860 1862 1864 1866 1868

thei­ tsatz 1)et er]schiene neu $öähler

lung.

I. II. III I. II. III. I. 11. III. I II. III 1 II. III. i. II. III. I. II III. I II. III.

74 78 72 74 75 80 57 72 81 61 77 §9 68 73 70 58 72 80 68 74 80 65 79 76

71 48 — 65 45 — 37 — 38 41 37 — 43 41 34 47 38 34 — 45 — — 42

— — 42 — 15 — — — — 26 — — — — — 21 — — — — 35 —

— 15 — 24 — — — — — — 14 — — — 34 — — — — — i— — 18

76 46 — — — — 82 39 25 63 — — 54 38 24 — — 24 68 44 28 — 45

— — 82 — 26 — — — — 62 — — — — — 50 — — — — 44 —

73 21 — — — — — 61 — 46 — 38 — 89 — - — 23 30 — 67 — 46 — 34 — 58 — — — 26 — 77 — . 61 — 24 — — 50 43 — 23 — 33 —

8*

— — 76 — 15 — — — — 43 — — — — — 33 — — • - ' — 68 —

18 — 28 — — — — — — 18 — — — 78 — — — — — — — 25

116 Des Wahl­ bezirks Nurnmer.

9 10

11 12 13 14

Ab­

1850 1852 1854 1856 1858 1860 1862 1864 1866 1868

thei­ lung.

ßtoceti tsatz t»er eij chieneinett 23öähler

I. II. III. I. II. III. I. II. III. I. II. III. I. II. III. L II. III.

77' 70 82



.—



35





36



24

15





34





51











36





50





73 82

41



34





49





24







21





25









41





71





66



78 76







40





41















28 63





16 52









75 81







40





60











25



22 39

— —



51









—.







16 36 38 14















20





24







74





64













65 82









24 14

16









11.

76 76







29











55

22



77 70

II. III. I.

21







39

20









19

46

28 59 35



18

36

22 26 16

—.

81 83

— —

33 21





45 24

74 39 33

















71









46 29



14 61

45 28







82 76









1.

17

43 71

— —

13 73



15

III. I. II III. I. II. III. I. II. III. I. II. III I. II III. I. II. III.

75

63

50 46 27 —









— —





38 21 59 —







59

23 14

— —





43





58













37





39





75



22





24





19





49









59





62









31





52





46



80

35































77

34





15 67 43 32 70

44 15 64









46

18 53 25 17 46





21 63 47 21 79









43





77

—,

14





16











67











37





41

76



-





22













12

10









34

117 Des Ab­ 1850 1852 1854 1856 1858 1860 1862 1864 1866 1868 Wahl­ thei­ bezirks Nummer. lung. ßrocetiltsatz 1)ct er]schiene neu Töähler 74 I. 68 11. — — 39 — — 57 — — 40 — III. 75 — — 18 — — 15 — — 7 I. — — —. 53 — — 70 — — 73 24 II. — — 29 — — 50 — — 29 — III. 76 — — 11 — — 35 — — 13 I. — -- — — 60 ■ - — 75 — — 25 II — — — 16 — — 42 — — 24 III. 74 — 20 — — 27 — — 12 — — — 51 — — 62 — — 56 — I 26 II. — — — 23 — — 63 — — 64 III. 74 35 25 — — 28 — — 14 — I. — — 42 — — 60 — — 54 — 27 II. — — — 24 — — 41 — — 40 III. 65 48 — — 25 — — 17 — — I. — — — 59 — — 54 — — 57 28 II. — — 43 — — 61 — — 52 — III. 76 ' — — — 23 — — 15 — — I. — — — 50 — — 85 — — 55 29 ,— — 39 — — 63 — —. 30 -— II III. 77 — 20 — — 25 — — 12 — — 50 61 — I. — 61 30 53 — — 33 — II 39 — - — 24 — — 21 — — 11 III. 78 — 57 — — 73 — — 81 31 I. — 5 II. — — 48 — — 53 — 35 50 III. 77 — — 22 — — 17 13 — 12 32 I. — — — 47 — — 77 — — 55 II. — — 34 — — 31 — — 28 — 7 III. 89 — — 13 — — 25 — — 33 I. — — 54 — — 76 — — 71 — II. — — 42 — — 63 — — 49 — 6 — III. 71 — 22 — — 23 — — 34 I. — — 79 — — 59 — — 72 — — — — 42 — — 55 — — 30 II III. 86 56 — — 32 — — 16 75 60 35 I. 43 61 II. 20 18 III. 67 84 36 I. 48 61 II 21 15 III. Zieht man die einzelnen Wahlbezirke nach den historischen Stadt­ theilen, die, wie wir schon gesehen haben, in sehr vielen Fällen mit 23

—>















































____

____



___









____





















____





118 einander übereinstimmen, zusammen und legt man in den Fällen, wo eine derartige Uebereinstimmung der Grenzen nicht stattfindet, den betreffenden Wahlbezirk immer zu dem Stadttheil, in den deffen grö­ ßere Hälfte fällt, so erhalten wir die für den Zweck einer Verglei­ chung der Stadttheile nach ihrem kommunalen Interesse nicht unwich­ tige folgende Tabelle:

Nr.

Stadttheile.

Wahl. Bezirke.

1. 2. 3. 4. 5. 6 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

Berlin............................ Coelln............................ Friedrichswerder . . Dorotheenstadt . . Friedrichsstadt. . . Friedrichs!. außerh. . Schöneberg u Tem­ pelhof .... Louisenstadt . . . Straluuer Viertel Königsstadt . . . Spandauer Nev. . . Spand. Rev außerh. Friedrich.Wilhelmst. . Moabit u Wedding

DurchschmtMiche prozentale Betheiligung an den Stadtver­ ordneten-Wahlen von 1852— 1868 in der i. | ii. | ui. Abtheilung.

1-4 5-6 7 8-9 10-13Ü 16-19 15

66 54 72 52 56 59

38 38 50 42 41 36

23 25 26 31 26 20

14 u. 35 20 — 23 31 — 33 29 u. 30 25 — 27 28 u. 34 24 36

52 67 66 64 65 63 65 76

39 41 43 43 39 47 36 55

19 18 16 19 23 28 16 18

Es muß hierbei bemerkt werden, daß das Zahr 1850 wegen seiner geradezu einzig dastehenden günstigen Wahlresultate bei dieser Ver­ gleichung außer Acht gelassen worden ist, daß aber wegen Hinzurech­ nung der immer noch sehr günstigen Ergebnisse von 1852 die Durch­ schnittsprocentsätze im Allgemeinen für die jetzigen Verhältnisse sehr hoch erscheinen müssen. Rangirl man die Stadtgegenden nach ihrer durchschnittlichen procentalen Betheiligung an den Stadtverordneten-Wahlen in den drei Abtheilungen, wie es in folgenden 3 Reihen geschehen ist, so wird man

119 Durchschnittliche procentale Betheiligung an den Stadtverordneten-Wahlen. II.

I. Abtheilung. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 33 14

Moabit und Wedding Friedrichswerder . . Louisenstadt . . . Stralauer Viertel . Berlin......................... Spandauer Revier . Friedrich - Wilhelmsst. Königsstadt.... Spandauer Außerh. Friedrichsst. Außer h Friedrichsstadt. . . Cölln......................... Dorotheenstadt . . Schöneb. u. Tempelh.

76 72 67 66 66 65 65 64 63 59 56 54 52 52

III.

Abtheilung.

Moabit und Wedding Friedrichswerder . . Spandauer Außerh. Stralauer Viertel Königsstadt . . . Dorotheenstadt . . Louisenstadt . . . Friedrichsstadt. . . Spandauer Revier . Schöneb. u. Tempelh. Cölln......................... Berlin......................... Friedrichsst. Außerh. Friedrich - Wilhelmsst.

55 50 47 43 43 42 41 41 39 39 38 38 36 36

Abtheilung.

Dorotheenstadt . . SpandauerAußerh. Friedrichsstadt . . Friedrichswerder. . Cölln........................ Spandauer Revier . Berlin......................... Friedrichsst. Außerh. Schöneb. u. Tempelh. Königsstadl . . . Moabit u. Wedding Louisenstadt . . . Stralauer Viertel . Friedrich-WilhelmSst.

31 28 26 26 25 23 23 20 19 19 18 18 16 16

allerdings erkennen, daß die mittleren, älteren und die äußern neueren Stadtgegenden nicht in einem überall gleichen erkennbaren Gegen­ satze zu einander stehen. Zur Illustration der von betn Herrn Stadtverordneten >>r. Neu­ mann ausgesprochenen Vermuthung, daß „für die wirkliche Aus­ übung des. Wahlrechts der diesem innewohnende Werth maßgebend zu sein scheine," haben wir in den nun folgenden 3 Reihen Durchschnittlicher Werth des Wahlrechts. Auf einen Stadtverordneten kommen in den Jahren 1854(68 durchschnittlich Wähler I. Abtheilung. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

n. Abtheilung

Moabit u. Wedding 20 Moabit u. Wedding 52 Königsstadt Stralauer Viertel 52 Dorotheenstadt Königsstadt 64 Berlin Cölln 69 Cölln Spandauer Revrer 70 Friedr.-Wilhelmsst. Spand.Rev. außerh 70 Stralauer Viertel Friedrichsst. außerh 73 Spandauer Revier Berlin 74 Friedrichsstadt Friedrichsstadt 79 Friedrichswerder Louisenstadt Friedr - Wilhelmsst. 80 Spand.Rev. außerh Friedrichswerder 97 Friedrichsst. außerh. 138 Louisenstadt Dorotheenstadt Schöneb. u. Tempel­ Schöneb u. Tempel­ hof 218 hof

UI. Abtheilung. 175 182 236 239 256 262 274 277 282 285 309 329 392

Dorotheenstadt Berlin Cölln Friedrichswerder Friedeichsstadt Moabit u. Wedding Spandauer Revier Königsstadt Schöneb. u. Tem­ pelhof Friedr.-Wilhelmsst. Friedrichsst. außerh. Stralauer Viertel LouisenstLdt 467 Spand-Rev.außerh.

544 629 766 802 822 887 1198 1210 1299 1318 1346 1623 2608 3104

die vorhergegangenen Erörterungen über den Werth des Wahlrechts, behufs dessen Vergleichung mit der Theilnahme, durch die Gegenüber-

120 stellung derselben, mit den Namen der betreffenden Stadttheile be­ legten Complexe von Wahlbezirken vervollständigt. In vielen, und zwar den prägnantesten Fällen trifft die oben ausgesprochene Ver­ muthung unzweifelhaft zu, namentlich bei Moabit und Wedding, deren einer Wahlbezirk in den 4 für die beiden ersten Abtheilungen gültigen Reihen in ganz gleicher Weise die erste Stelle einnimmt. Auch die Dorotheenstadt hat in der 111. Abtheilung die größte Theil­ nahme und das größte Wahlrecht. An der zweiten Stelle der Theil­ nahme steht dagegen das Spandauer Revier außerhalb, trotzdem es das bei weitem geringste Wahlrecht aufzuweisen hat. Da so Beweise pro et contra gegeben sind, glauben wir unsere Ueberzeugung dahin aussprechen zu können, daß das Bewußtsein von einem größeren oder geringeren Werthe des Wahlrechts in außer­ ordentlich seltenen Fällen auf die Betheiligung an den Wahlen hier stärker und dort schwächer einwirkt. Wir können das nur in den Fällen zugeben, wo der ganze Wahlkörper gewissermaßen nur ein Comitö weniger Personen dar­ stellt, wie namentlich die höheren Abtheilungen in Wedding und Moabit. Zm Uebrigen möchten wir eher annehmen, daß die Aufforderung zur Theilnahme an einer Wahl zunächst gleichmäßig auf die GesammtBevölkerung einwirkt und in einem einzelnen Theile derselben umso­ mehr Wahlberechtigte zur Theilnahme veranlaßt, als betritt im Ver­ hältniß zur Bevölkerung vorhanden sind. Abgesehen von diesen Mo­ tiven liegt aber offenbar im Allgemeinen das entscheidendste Moment in der sehr verschiedenen Pflege der communalen Interessen, wie sie durch die Bezirks- und andere Vereine mehr und weniger ausgeübt wird. Für die einzelnen Abtheilungen und deren verschiedene Stufen sind dann wieder die Wohlstands- und Beschäftigungs-Verhältnisse von nicht geringerer Bedeutung. Im Allgemeinen muß nun noch die Bemerkung gemacht werden, daß die Differenzen des Wahlrechts, welches ausgeübt werden kann, sehr viel bedeutender sind, als die Differenzen des wirklich bei einer Wahl ausgeübten. Denn je weniger Wähler jetzt in der niedrigsten Abtheilung wirklich erscheinen, um so größer wird.dort das Wahlrecht des Einzelnen und desto mehr nähert sich daffelbe dem der höheren Abtheilungen, wo die Betheiligung eine stärkere ist. Aus allen diesen Gründen können wir auch aus den Resultaten der Theilnahme einen principiellen Grund gegen die Klassenwahlen nicht entnehmen. Schließlich ist es nicht ohne Interesse, die Majoritäten und Mi-

121 noritäten, wie sie bei einer Wahl sich gezeigt haben, kennen zu ler­ nen. Für das Zahr 1868 geben wir die folgende Tabelle.

a vcr K 6 13 14 16 17 18 20 21 24 28 29 30 31 32

I. Abtheilung. £ CJ 03 Zah der 15" £ G § §- Jo £ E vD jE 0® -»»vEr o :o *43 i?« JQ ^ fj® 03 vO “5 03 so© w d