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German Pages 147 Year 2010
Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte Band 61 FRANK-LOTHAR KROLL
Geschichtswissenschaft in politischer Absicht Hans-Joachim Schoeps und Preußen
Duncker & Humblot · Berlin
FRANK-LOTHAR KROLL
Geschichtswissenschaft in politischer Absicht
Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte Band 61
Hans-Joachim Schoeps in den 1970er Jahren
Geschichtswissenschaft in politischer Absicht Hans-Joachim Schoeps und Preußen
Von
Frank-Lothar Kroll
Duncker & Humblot · Berlin
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5200 ISBN 978-3-428-13434-2 (Print) ISBN 978-3-428-53434-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-83434-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 * Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meiner lieben Freundin Andrea Kluxen in alter Erlanger Verbundenheit
Vorbemerkung Der Historiker und Religionswissenschaftler Hans-Joachim Schoeps zählt zu den profiliertesten Gelehrtenpersönlichkeiten der deutsch-jüdischen Wissenschaftsgeschichte im 20. Jahrhundert. Die Zentenarfeier seines Geburtstags am 31. Januar 2009 bot der von ihm 1958 begründeten Gesellschaft für Geistesgeschichte Anlaß und Gelegenheit genug, sein außerordentlich facettenreiches Lebenswerk unter den verschiedensten biographischen und thematischen Gesichtspunkten im Rahmen einer Tagung zu beleuchten, welche vom 30. Oktober bis zum 1. November 2008 im Potsdamer Alten Rathaus veranstaltet wurde. Die damals vom Verfasser zur Diskussion gestellten Tagungsthesen werden hier in erheblich erweiterter Form einer speziell an kultur-, ideen- und wissenschaftsgeschichtlichen Fragestellungen interessierten Leserschaft monographisch präsentiert. Dabei wurde der sehr umfängliche und reichhaltige Nachlaß von Hans-Joachim Schoeps, den die Handschriftenabteilung der Berliner Staatsbibliothek verwahrt, und den die historische Forschung bisher kaum genutzt hat, erstmals systematisch durchgesehen und mit Blick auf die vorgegebene Themenstellung ausgewertet. Ergänzende Materialien lieferten die Archive der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, der Stadt Erlangen sowie das Bundesarchiv Koblenz. Wichtige unveröffentlichte Quellendokumente sind dem Text als Anlagen beigegeben. Der Verfasser hat während seiner früheren Tätigkeit als Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Geschichte der Erlanger Universität ab 1989, nur wenige Jahre nach dem Tod von Hans-Joachim Schoeps, kaum noch etwas von dessen in-
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Vorbemerkung
tellektuellen Nachwirkungen „vor Ort“ zu verspüren vermocht. Schoeps war gegen Lebensende mit seiner Universität und den meisten seiner Kollegen nahezu vollständig zerfallen. Das Hauptthema seiner wissenschaftlichen Bemühungen – die Auseinandersetzung mit Preußen – galt als ebenso weitgehend obsolet wie die von ihm favorisierte ideengeschichtliche Methode. Mittlerweile ist dies in beiden Fällen anders geworden. Der Hohenzollernstaat ist seit Beginn der 1990er Jahre zum Gegenstand intensiver und teilweise sehr fruchtbarer wissenschaftlicher Debatten avanciert, und auch die Geistes- und Ideengeschichte hat – gerade in der durch Schoeps vertretenen Form einer auf kulturwissenschaftliche Synthese zielenden Zeitgeistforschung – merklich an Reputation zurückgewonnen. Beiden Aspekten, der „Preußen“-Thematik wie der ideengeschichtlichen Fragehaltung, weiß sich der Verfasser dieser Abhandlung seit langem durch eigene Forschungen in besonderem Maß verbunden. Insofern dient die nun vorgelegte Rekonstruktion des Lebensthemas von Hans-Joachim Schoeps nicht zuletzt der erneuten intellektuellen Selbstvergewisserung seines Biographen. Dank gebührt an dieser Stelle, einmal mehr, meinen Chemnitzer Mitarbeitern Julia Kasperczak und Martin Munke für die gewissenhafte Erfassung des Textes und für die sorgfältige Erarbeitung des Registers. Chemnitz, im Oktober 2010
Frank-Lothar Kroll
Inhalt I. Streitfall Preußen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Biographische Verortungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Preußentum und Judentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Preußentum, Jugendbewegung und „Konservative Revolution“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Wissenschaftliche Profilierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Preußisch-jüdische Symbiose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Das andere Preußen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Preußischer Sozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Publizistische Aktivitäten und politische Wirkungen . . . . . . .
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1. Zwischen Wissenschaft und Weltanschauung . . . . . . . . . . . . .
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2. Die Ehre Preußens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Dynastische Planspiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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V. Der preußische Traum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Preußen als Idee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
2. Kommt die Monarchie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Preußens Wiederkehr? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Personen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
I. Streitfall Preußen Wer sich in den 1950er und 1960er Jahren als Student an einer westdeutschen Universität intensiver auf die Geschichte Preußens einlassen wollte, dem boten sich nicht viele Möglichkeiten einer adäquaten Studienplatzwahl. Zwar wirkten in Berlin noch die alten Protagonisten der Preußenforschung aus der Schule von Otto Hintze (1861 – 1940) – allen voran Fritz Hartung (1883 – 1967) und Carl Hinrichs (1900 – 1962). Und in Freiburg verfocht Gerhard Ritter (1888 – 1967) seine borussisch-nationalprotestantischen Positionen aus den 1930er Jahren auch nach 1945 unverdrossen weiter. Doch andernorts widmete man sich dem Thema „Preußen“ damals nur vereinzelt, wofür wohl auch das abschreckend wirkende Verdikt des Alliierten Kontrollrats von 1947 mitverantwortlich gewesen sein dürfte. Dieses hatte den Hohenzollernstaat, unscharf verallgemeinernd, zu einer militaristisch-reaktionären Zwingburg degradiert1 – und ihn damit nicht nur als wohlfeiles Kompensationsobjekt zur Bemäntelung eigener, alliierter Schattenseiten, etwa der Vertreibungsverbrechen in den preußischen Ostprovinzen, instrumentalisiert.2 Nein: Das Verdikt der Alliier1 Vgl. Gilbert H. Gornig: Kontrollratsgesetz Nr. 46 betreffend die Auflösung Preußens vom 25. Februar 1947. In: Ostdeutsche Gedenktage 1997. Persönlichkeiten und historische Ereignisse. Bonn 1996, S. 323 – 331; umfassend ders.: Territoriale Entwicklung und Untergang Preußens. Eine historisch-völkerrechtliche Untersuchung. Köln 2000, bes. S. 141 – 261; für den Zusammenhang ferner die aufeinander bezogenen Detailstudien von Henning Köhler: Das Ende Preußens in französischer Sicht. Berlin / New York 1981, und Andreas Lawaty: Das Ende Preußens in polnischer Sicht. Zur Kontinuität negativer Wirkungen der preußischen Geschichte auf die deutsch-polnischen Beziehungen. Berlin / New York 1986. 2 Diesen Zusammenhang betont nachdrücklich Golo Mann: Das Ende Preußens (1968). Wiederabgedruckt in: Otto Büsch und Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): Moderne Preußische Geschichte 1648 – 1947. Eine Anthologie. Berlin / New York 1981, Bd. 1, S. 243 – 261, hier S. 260.
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I. Streitfall Preußen
ten reproduzierte darüber hinaus in gleichsam spiegelbildlicher Entsprechung auch die Preußen-Propaganda des soeben untergegangenen Dritten Reiches. Gerade das nationalsozialistische Preußenbild3 hatte ja, neben der angeblichen Identität von preußischem Stil und (national)sozialistischer Haltung, immer wieder die soldatisch-kriegerischen Traditionen herausgestellt, die in vermeintlich ungebrochener Kontinuitätslinie von Friedrich dem Großen über Bismarck zu Hitler reichten.4 All das wirkte zusammen und führte dazu, dem Thema 3 Dazu die Überblicksdarstellungen von Eberhard Kessel: Adolf Hitler und der Verrat am Preußentum. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 46 (1961), S. 649 – 661; Manfred Schlenke: Das „preußische Beispiel“ in Propaganda und Politik des Nationalsozialismus. In: Ebd., B 27 (1968), S. 15 – 23; ders.: Nationalsozialismus und Preußen / Preußentum. Bericht über ein Forschungsprojekt. In: Otto Büsch (Hrsg.): Das Preußenbild in der Geschichte. Protokoll eines Symposions. Berlin / New York 1981, S. 247 – 264; Wolfgang Michalka: Nationalsozialismus und Preußen. Ein Beitrag zur Frage nach Kontinuität und / oder Diskontinuität in der neueren deutschen Geschichte. In: Mitteilungen der Gesellschaft der Freunde der Universität Mannheim 26 / 2 (1977), S. 29 – 39; Wolfgang Wippermann: Nationalsozialismus und Preußentum. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 52 (1981), S. 13 – 22; ders.: Ordensstaat, Hohenzollernmonarchie und „Drittes Reich“. Zur Entwicklung und Kritik einer Ideologie des Preußentums. In: Manfred Schlenke (Hrsg.): Preußen. Beiträge zu einer politischen Kultur. Reinbek bei Hamburg 1981, S. 335 – 349, bes. S. 345 ff.; Hans Mommsen: Preußentum und Nationalsozialismus. In: Wolfgang Benz, Hans Buchheim und Hans Mommsen (Hrsg.): Der Nationalsozialismus. Studien zur Ideologie und Herrschaft. Frankfurt am Main 1993, S. 29 – 41. 4 Zur propagandistischen Verzerrung des Preußenbildes im Sinn dieser „Kontinuitätslinie“ vgl. von allierter Seite z. B. Ulrich Volkmann [d. i.: Martin Beheim-Schwarzbach]: Die preußische Revolution. Stockholm 1940, der nicht müde wird, die Parallelität zwischen Friedrich dem Großen und Hitler zu propagieren (z. B. S. 7, 43) und dabei den vermeintlich geistfeindlichen, gewaltbereiten und menschenverachtenden Hohenzollernstaat als „Rache an den humanen Tugenden des Abendlandes“ (S. 37) zu diffamieren; ähnlich Rohan Butler: The Roots of National Socialism. London 1940 („Kontinuität“ von Luther zu Hitler); Samuel Dickinson Stirk: The Prussian Spirit. A Survey of German Literature and Politics 1914 – 1940. London 1941, bes. S. 106 ff. (Nachwirkungen der Friedrich-Legende), 136 ff. (Hitler und Rosenberg über Preußen); Peter Viereck: Metapolitics from the Romantics to Hitler. New York 1941; William M. McGovern: From Luther to Hitler. The History of Fascist-Nazi
I. Streitfall Preußen
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„Preußen“ einen Platz in den hintersten Winkeln der wissenschaftlichen und publizistischen Diskurslandschaft der frühen Nachkriegszeit zuzuweisen.5 Vor allem jüngere Nachwuchshistoriker waren damals in der Regel anderen, karrieredienlicheren Arbeitsschwerpunkten verpflichtet.6 Indes: Es gab zwei bemerkenswerte Ausnahmen von dieser wissenschaftlich-universitären Preußen-Abstinenz in der frühen Bundesrepublik. Die erste Ausnahme war der bis 1956 in Göttingen, danach in Bonn lehrende Ostpreuße Walther Hubatsch (1915 – 1984).7 Als junger Gelehrter war er 1947 maßpolitical philosophy. Cambridge 1941; zur „parallelen“ nationalsozialistischen Sichtweise vgl. zusammenfassend Konrad Barthel: Friedrich der Große in Hitlers Geschichtsbild. Wiesbaden 1977; Frank-Lothar Kroll: Friedrich der Große. In: Etienne François und Hagen Schulze (Hrsg.): Deutsche Erinnerungsorte, Bd. III. München 2001, S. 620 – 635, bes. S. 631 f.; ders.: Friedrich der Große als Gestalt der europäischen Geschichtskultur. In: Brunhilde Wehinger (Hrsg.): Geist und Macht. Friedrich der Große im Kontext der europäischen Kulturgeschichte. Berlin 2005, S. 185 – 198, bes. S. 195 f. 5 Zum Ganzen Frank-Lothar Kroll: Sehnsüchte nach Preußen? Preußenbild und Preußendiskurs nach 1945 (2000). Wiederabgedruckt in: Ders.: Das geistige Preußen. Zur Ideengeschichte eines Staates. Paderborn / München / Wien / Zürich 2001, S. 241 – 251; ferner Jürgen Mirow: Das alte Preußen im deutschen Geschichtsbild seit der Reichsgründung. Berlin 1981, bes. S. 239 – 245; zuletzt als ausgezeichneter Forschungsüberblick Wolfgang Neugebauer: Preußen in der Historiographie. Epochen und Forschungsprobleme der Preußischen Geschichte. In: Ders. (Hrsg.): Handbuch der Preußischen Geschichte, Bd. I: Das 17. und 18. Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens. Berlin / New York 2009, S. 3 – 109, bes. S. 78 f. 6 Eine abweichende Argumentation vertrat bezeichnenderweise der zum Kreisauer Kreis zählende, später (ab 1953) als Professor für Politikwissenschaft an der FU Berlin tätige Otto Heinrich von der Gablentz: Die Tragik des Preußentums. München 1948, der schon damals den „Verurteilungen des Preußentums als eines Hauptschuldigen an der Nazischande“ (S. 7) ausdrücklich entgegentrat und dem Hohenzollernstaat gerade wegen der entsagungsvollen Arbeit fast aller seiner Könige eine unbestreitbare Teilhaberschaft „an der abendländischen Überlieferung der geistigen und politischen Freiheit“ (S. 9) zubilligte; vgl. für den Zusammenhang auch W. Wolfram von Wolmar: Ein Requiem für Preußen. Göttingen / Berlin / Frankfurt am Main (1957), 3., überarb. und erw. Aufl. 1964, bes. S. 34 f., 57, 64 f., 78, sowie die Kritik von Curt Hohoff: Das doppelte Gesicht Preußens. In: Merkur 13 (1959), S. 181 – 186.
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geblich an der Überführung der umfänglichen Bestände des Staatsarchivs Königsberg in das Staatliche Archivlager Göttingen beteiligt gewesen, hatte sich seit Beginn der 1950er Jahre der quellenbezogenen Erforschung und Darstellung zunächst der ostpreußischen Historie, später dann der brandenburgisch-preußischen Gesamtgeschichte mit einem Schwerpunkt auf dem Verwaltungshandeln des Hohenzollernstaates gewidmet und hier deutlich positive Akzentsetzungen der damit verbundenen Leistungen vorgenommen.8 Die von Hubatsch 1958 begründete Schriftenreihe Studien zur Geschichte Preußens bot (bis 1984) ein weitstrahlendes wissenschaftliches Präsentationsforum zur Diskussion der in seinem Bonner Arbeitsumfeld ermittelten Forschungsergebnisse. Die zweite Ausnahme war der 1946 aus schwedischem Exil nach Deutschland zurückgekehrte, seit 1947 in Erlangen wirkende jüdische Religionswissenschaftler und Ideenhistoriker Hans-Joachim Schoeps (1909 – 1980).9 Sein Verhältnis zu 7 Eine wissenschaftliche Monographie fehlt, ist jedoch vom Verfasser in Arbeit genommen worden. Zu Person und Werk vgl. Iselin Gundermann: Walther Hubatsch. In: Oswald Hauser (Hrsg.): Preußen, Europa und das Reich. Köln / Wien 1987, S. 385 – 394; Michael Salewski: Walther Hubatsch: Das Werk. In: In Memoriam Walther Hubatsch. Bonn 1986, S. 10 – 24; ferner: Dienst für die Geschichte. Gedenkschrift für Walther Hubatsch. Hrsg. von Michael Salewski und Josef Schröder. Göttingen / Zürich 1985; für den Zusammenhang Kai Arne Linnemann: Das Erbe der Ostforschung. Zur Rolle Göttingens in der Geschichtswissenschaft der Nachkriegszeit. Marburg 2002, bes. S. 130 ff. 8 Bibliographie der Veröffentlichungen bis 1975 in: Walther Hubatsch: Stein-Studien. Die preußischen Reformen des Reichsfreiherrn Karl vom Stein zwischen Revolution und Restauration. Köln / Berlin 1975, S. 213 – 258. 9 Eine wissenschaftliche Monographie fehlt. Als Vorstudien dienen Karlheinz Weißmann: Schoeps, Hans-Joachim. In: Caspar von SchrenckNotzing (Hrsg.): Lexikon des Konservatismus. Graz / Stuttgart 1996, S. 490 – 491; Frank-Lothar Kroll: Hans-Joachim Schoeps (1909 – 1980). In: Fränkische Lebensbilder 16 (1996), S. 287 – 306; ders.: Geistesgeschichte in interdisziplinärer Sicht. Der Historiker Hans-Joachim Schoeps (2000). Wiederabgedruckt in: Ders.: Das geistige Preußen (wie Anm. 5), S. 219 – 240; ders.: Schoeps, Hans-Joachim. In: Erlanger Stadtlexikon. Hrsg. von Christoph Friederich, Bertold Frhr. von Haller und Andreas Jakob. Nürn-
I. Streitfall Preußen
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Preußen bildet den Mittelpunkt dieser Abhandlung. Weitaus stärker als für die bereits genannten Forscherpersönlichkeiten ist für Schoeps Preußen nicht nur eines von mehreren wissenschaftlichen Arbeitsfeldern gewesen. Die Geschichte des Hohenzollernstaates, seiner Herrscherpersönlichkeiten, seiner politischen Repräsentanten und der sie tragenden Ideen, wurde ihm vielmehr zu einem Lebensproblem. Preußen war für ihn beinahe so etwas wie eine existenzielle Erfahrung – eine Schicksalsgröße, die ihn nicht wieder los ließ, und die daher den geeigneten inhaltlichen Rahmen zu bilden vermag, um den Weg eines in mehrfacher Hinsicht herausragenden Gelehrtenlebens im 20. Jahrhundert nachzuzeichnen und in seiner Bedeutung abzubilden. Angesichts der Intensität und Originalität dieses Gelehrtenlebens muß sich der Versuch, seine Konturen in Bezug auf die zentrale Leitgröße „Preußen“ zu rekonstruieren, um einen umfassend vermessenen Deutungshorizont bemühen. Dies soll hier in dreifach abgestufter Argumentationsführung erfolgen. Zunächst (Kapitel II) wird sich der Blick auf die biographischen Voraussetzungen und Bestimmungsfaktoren richten, die das Thema „Hans-Joachim Schoeps und Preußen“ lebensweltlich – und mithin vorwissenschaftlich – grundierten: Herkunft und Prägung, intellektuelle Sozialisation sowie die persönlichen und atmosphärischen Besonderheiten seines Preußenbezugs, deren Charakter und Qualität ihn von allen anderen Preußen-Historiographen seiner Zeit unterschieden. – Danach (Kapitel III) gilt das Augenmerk dem wissenschaftlichen Profil seiner Beschäftigung mit der preußischen Geschichte im engeren Sinn: dem historiographischen Erkenntberg 2002, S. 617 – 618; ders.: Schoeps, Hans-Joachim. In: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 433 – 435; ders.: Wider den Zeitgeist. Zum hundertsten Geburtstag des Historikers Hans-Joachim Schoeps. In: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte 16 (2009), S. 127 – 140; ders.: Hans-Joachim Schoeps und Preußen. In: Gideon Botsch, Joachim H. Knoll und Anna-Dorothea Ludewig (Hrsg.): Wider den Zeitgeist. Studien zum Leben und Werk von Hans-Joachim Schoeps (1909–1980). Hildesheim / Zürich / New York 2009, S. 105 – 137.
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I. Streitfall Preußen
nisinteresse und der inhaltlichen Schwerpunktsetzung seiner Forschungen sowie deren Einordnung in den akademisch-universitären Preußendiskurs der Bundesrepublik während der ersten dreißig Jahre ihrer Existenz. – Schließlich (Kapitel IV) sind die politischen Dimensionen und Folgewirkungen des Schoeps’schen Preußen-Engagements zu skizzieren. Dabei stehen jene vielfältigen Aktivitäten und weitstrahlenden Unternehmungen vor allem der frühen 1950er Jahre im Mittelpunkt, in denen man so etwas wie die „praktische“ Anwendung seiner wissenschaftlich gewonnenen Erkenntnisse über den Hohenzollernstaat erblicken mag.
II. Biographische Verortungen 1. Preußentum und Judentum Der am 30. Januar 1909 in Berlin geborene Hans-Joachim Schoeps hat in seinen zahlreichen autobiographischen Aufzeichnungen Preußentum und Judentum stets als die für seine gesamte Lebensgeschichte konstitutiven Bestimmungsfaktoren hervorgehoben.10 Als Sohn eines königlich-preußischen Oberstabsarztes zählte Schoeps herkunftsmäßig zu den alteingesessenen preußischen Judenfamilien, deren Angehörige stolz waren auf ihre – wie es damals schien – geglückte kulturelle Assimilation an die sie umgebende Lebenswirklichkeit, und die als Gemeindemitglieder ihr preußisches und deutsches Empfinden bewußt artikulierten und nachhaltig betonten. Der Vater, Sanitätsrat Dr. med. Hans-Julius Schoeps (1864 – 1942), der – ebenso wie die Mutter Kaete, geborene Frank (1886 – 1944), und fast alle weiteren Familienangehörigen – dem nationalsozialistischen Völkermord zum Opfer fallen sollte, wurde zu Lebzeiten nicht müde, sein „schwarz-weißes“ (also: preußisches) Empfinden, seine royalistische Gesinnung und seine staatsloyale Haltung hervorzukehren. Sie ließen es ihm undenkbar erscheinen, der „Obrigkeit“ anders als mit Respekt und Untertanentreue zu begegnen, weil auch nur die Möglichkeit angezweifelt wurde, daß diese Obrigkeit unrecht handeln oder gar verbrecherischer Aktivitäten für fähig gehalten werden könne.11 Den Typus des konservativen preußischen Juden 10 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Rückblicke. Die letzten dreißig Jahre (1925 – 1955) und danach. 2., erweiterte Aufl. Berlin 1963, z. B. S. 9. 11 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Liebe zu Preußen (1972). In: Ders.: Ja – Nein – Und Trotzdem. Erinnerungen – Begegnungen – Erfahrungen. Mainz 1974, S. 15 – 20, hier S. 18.
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II. Biographische Verortungen
hat Schoeps stets als eine „legitime historische Figur“12 empfunden, persönlich vorgelebt durch die Existenz seines Vaters und seines Großvaters, und daseinsweltlich erprobt im Lebensmilieu seiner häuslichen Umwelt und seiner verwandtschaftlichen Umgebung. „Für mich“ – so bekannte er noch 1971 – „bedeutete das Vorbild viel. Über Preußentum brauchte ich keine Abhandlungen zu lesen“13. Schoeps hat dann allerdings selbst zahlreiche Abhandlungen geschrieben, die der wissenschaftlichen Rekonstruktion dieses konservativen jüdisch-preußischen bzw. jüdisch-deutschen Typs gewidmet waren. Biographische und monographische Studien zu Friedrich Julius Stahl (1802 – 1855), Salomon Ludwig Steinheim (1789 – 1866) und Gabriel Riesser (1806 – 1863)14 galten ebenso dieser Thematik wie Untersuchungen zu den jüdischen Anhängern und Mitgliedern der Konservativen Partei Preußens.15 Das Ziel solcher Arbeiten bestand in dem Existenznachweis eines genuin konservativ gesinnten preußischen Judentums, das innerhalb des jüdischen politisch-weltanschaulichen Gesamtspektrums keineswegs ein bloßes SchatSchoeps: Rückblicke (wie Anm. 10), S. 63. Hans-Joachim Schoeps: Schlichte Erinnerungen aus frühen Tagen (1971). Wiederabgedruckt in: Ders.: Ja – Nein – Und Trotzdem (wie Anm. 11), S. 21 – 31, hier S. 24. 14 Vgl. zu Stahl zusammenfassend Hans-Joachim Schoeps: Deutsche Geistesgeschichte der Neuzeit. Bd. 4: Die Formung der politischen Ideen im 19. Jahrhundert. Mainz 1979, S. 133 – 146; zu Steinheim Hans-Joachim Schoeps: Salomon Ludwig Steinheim. Lebenslauf – Werk – Einordnung. In: Salomon Ludwig Steinheim zum Gedenken. Ein Sammelband. Hrsg. von Hans-Joachim Schoeps in Verbindung mit Heinz Mosche Graupe und Gerd-Hesse Goeman. Leiden 1966, S. 11 – 17 (Nachdruck: Hildesheim / Zürich / New York 1987); zu Riesser Hans-Joachim Schoeps: Gabriel Riesser und der Weg des deutschen Judentums. Hamburg 1963. Für den Zusammenhang instruktiv Julius H. Schoeps: Deutsch-jüdische Symbiose oder Die mißglückte Emanzipation. Berlin / Potsdam / Bodenheim 1996, S. 85 – 105 (Steinheim), 107 – 120 (Riesser). 15 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Jüdische Anhänger der Konservativen Partei Preußens (1972). Wiederabgedruckt in: Ders.: Ein weites Feld. Gesammelte Aufsätze. Berlin 1980, S. 163 – 173; für den Zusammenhang auch ders.: Der preußische Staat und die Juden. In: Zeitschrift für Religionsund Geistesgeschichte 24 (1972), S. 245 – 248. 12 13
1. Preußentum und Judentum
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tendasein fristete. Es stellte vielmehr ein bedeutendes, auch quantitativ ins Gewicht fallendes Segment des deutschen Judentums dar und ist durch zahlreiche intellektuelle Leistungen von Rang hervorgetreten. Indem Schoeps diese Leistungen in ihrer historischen Bedeutung würdigte, widersprach er explizit einer Sichtweise, die im Blick auf die Geschichte des deutschen Judentums ausschließlich dessen progressive, emanzipatorisch-liberale und linksintellektuelle Ausrichtung betonte, das Vorhandensein einer eigenständigen, politisch konservativen innerjüdischen Gegenwelt hierzu jedoch weitgehend marginalisierte.16 Schon längst haben wahlgeschichtliche Analysen auf dem Gebiet der Historischen Demographie die primär aus geistesgeschichtlichem Blickwinkel formulierten Vorgaben von Schoeps weitgehend bestätigt.17 Neben der familiären Prägung durch das jüdisch-preußische Elternhaus bezog Schoeps seine frühe, vorwissenschaftliche Preußen-Orientierung stark aus atmosphärischen Eindrücken. Preußen wurde zu einem „Fahrtenerlebnis“ und erschloß sich ihm als „geistige Gestalt [ . . . ] von der Landschaft her“18. Überhaupt maß er landschaftlichen Prägekräften bestimmende Be16 Vgl. etwa pauschale Wertungen wie die von Moshe Zimmermann: Die deutschen Juden 1914 – 1945. München 1997, S. 36: „Jüdische Künstler fühlten sich tendenziell der Linken und der Avantgarde zugehörig“; zuletzt – als grotesker Gipfelpunkt entsprechender Einschätzungen – Hans Erler: Judentum und Sozialdemokratie. Das antiautoritäre Fundament der SPD. Würzburg 2009, mit der (im übrigen antisemitischen) Unterstellung, programmierter „Ungehorsam“ und anarchisches Aufbegehren gegen „Herrschaft“ seien die eigentlichen, die „linken“ Konstanten und Koordinaten jüdischen Denkens; für den Zusammenhang Michael Brenner: Jüdische Kultur in der Weimarer Republik. München 2000, bes. S. 48 ff. 17 Vgl. z. B. Karl Loewenstein: Die innerjüdische Reaktion auf die Krise der deutschen Demokratie. In: Werner E. Mosse (Hrsg.): Entscheidungsjahr 1932. Zur Judenfrage in der Endphase der Weimarer Republik. Tübingen 1965, S. 349 – 403; Jacob Toury: Die politische Orientierung der Juden in Deutschland. Von Jena bis Weimar. Tübingen 1966, bes. S. 115; zuletzt in umfassender Perspektive Michael Wolffsohn und Thomas Brechenmacher: Deutschland, jüdisch Heimatland. Die Geschichte der deutschen Juden vom Kaiserreich bis heute. München 2008, bes. S. 169 ff. 18 Schoeps: Rückblicke (wie Anm. 10), S. 62.
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II. Biographische Verortungen
deutung bei der Herausbildung völkerspezifischer Mentalitäten zu. Die Grunderfahrung preußischer Landschaft – endlose Ebene, flacher Horizont und weiter Raum – empfand er geradezu als Antriebskraft für die brandenburgisch-preußische Regsamkeit, die – wie er schrieb – im Widerstand „gegen die auflösende Gewalt der Ebene“, im heroischen Trotz „gegen den Hang zur Selbstauflösung“19 ihre Form fand. Diese Haltung war für Schoeps nicht weit entfernt von der russischen Mentalität – nur, daß man dort, in Rußland, in genau entgegengesetzter Weise auf die Herausforderung durch die Landschaft reagierte: Im russischen Raum überantworteten sich die Menschen widerstandslos der Unendlichkeit der Landschaft, gleichsam vor ihr erschlaffend und ihr erliegend, während sie ihr in Preußen Widerstand leisteten und sie sich dadurch dienstbar machten.20 Und auch zwischen dem „preußischen“ und dem „jüdischen“ Menschentypus meinte Schoeps eine aus landschaftlichen Gegebenheiten hervorgehende mentalitätsmäßige Nähe konstatieren zu können: Die „preußische Urerfahrung“ sei jener des Juden nahe verwandt, „in dessen Seelenerbe die Wüste liegt, deren grenzenlose Weite [ . . . ] nur durch das Herrschaftswort eines schlechthin souveränen Herrn [ . . . ] überwunden werden kann“; auch das Judentum habe sich – so Schoeps weiter – „vor der rätselhaften Weite der Welt“ allein durch „Gehorsam gegenüber den Gesetzen“ behaupten können.21 In den Regionen des deutschen Ostens jedenfalls gebaren Landschaft und Lebenswelt den „preußischen Typ“, welcher wiederum die Voraussetzung für die Bildung eines chaEbd., S. 63. Vgl. ebd., S. 62 f. 21 Ebd., S. 64; vgl. dazu explizit den von Schoeps 1934 / 35 verfassten Beitrag Der Jude in Preußen, der „die besondere Verbundenheit der deutschen [= preußischen] Juden mit ihrer landschaftlichen Umwelt in ihren typischen Ausprägungen [ . . . ] bis in die Färbungen und Schattierungen des Lokalkolorits in Haltung, Gestus, Dialekt hinein“ darstellen sollte; Hans-Joachim Schoeps: Der Jude in Preußen, undatiert [1934 / 35]; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlaß [NL] 148 (Hans-Joachim Schoeps), Kasten 37; vgl. Anlage I. 19 20
2. Preußentum, Jugendbewegung und „Konservative Revolution“ 21
rakteristischen „preußischen Stils“ bot: „Form und Regel, militärisches Kommando und Disziplin, Herrschaftswille und Befehlsgewalt“22 als Manifestationen des Widerstandswillens gegenüber einer abweisenden und menschenfeindlichen Landschaft.23 Kargheit und Einfachheit der persönlichen Lebenshaltung, Strenge und Nüchternheit des politischen Gestaltungswillens, Verpflichtung auf Gemeinschaft und Führung – das waren für Schoeps die einer solchen Landschaft zugeordneten haltungsprägenden Koordinaten und Konstanten.
2. Preußentum, Jugendbewegung und „Konservative Revolution“ Solche zweifellos sehr persönlich empfundene und emotional grundierte Zuordnungen24 bewegten sich ebenso im Vorfeld Schoeps: Rückblicke (wie Anm. 10), S. 63. Deutungen dieser Art, die ein uns heute fremd erscheinendes Pathos umgibt, waren aus zeitgenössischer Perspektive keine Seltenheiten; vgl. z. B. die weitverbreitete und einflußreiche Interpretation von Reinhold Schneider: Die Hohenzollern. Tragik und Königtum. Leipzig 1933, z. B. S. 27: „Nur ein armer Boden gewährt [ . . . ] Bildung des Willens“; S. 30 f.: „[ . . . ] dieser Boden will erworben sein durch Wandlung und Hingabe“; S. 33: „[ . . . ] das entsagungsvolle Werk an der kargen nordischen Erde [ . . . ]“; ferner Jochen Klepper: Der Vater. Der Roman des Soldatenkönigs. Stuttgart / Berlin 1937, passim. Schneider (1903 – 1958) und Klepper (1903 – 1942) zählten zu den von Schoeps am meisten geschätzten Schriftstellern seiner eigenen Generation. 24 Zu diesen situativ bestimmten „preußischen“ Erlebnisgrößen gehörte für Schoeps auch die Erfahrung von „Preußisch-Berlin“, dessen er in geradezu liebevoller Zuneigung – speziell nach dem Bau der „Mauer“ 1961 – eindringlich gedacht hat: „Wenn ich von Reisen zurückkam“ – so erinnerte er sich in seinem Memoirenband –, „und der D-Zug auf der Heimfahrt bei Magdeburg über die Elbebrücke brauste, dann hatte ich das deutliche Gefühl, daß das eigentliche Preußen hier beginnt. Und wenn dann Brandenburg, Werder, Wildpark, Potsdam näher kamen, wurde beim Anblick der weitgedehnten märkischen Kiefernwälder das Gefühl ,Heimat‘ übermächtig. [ . . . ] Und dann kam Berlin immer näher und näher, die Helligkeit am Nachthimmel nahm zu, kühler Wind strich um die heiße Stirn, während der Zug durch den Grunewald raste und bei Wannsee auf Stadtbahn einbog. [ . . . ] Ein wildes Häusermeer, Asphaltstraßen, wohin man 22 23
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II. Biographische Verortungen
wissenschaftlicher Preußenanalyse wie ein weiterer biographisch maßgeblicher Bestimmungsfaktor, der für die spezifisch „preußische“ Orientierung von Hans-Joachim Schoeps einige Bedeutung gewann: die Zugehörigkeit zur Deutschen Jugendbewegung. Der Erfahrungsgehalt dieser „deutschen Hauptrichtung neukonservativer Reform“25 – gipfelnd im emotional bestimmten Gemeinschaftserlebnis von Fahrt und Lager in Gruppe und homoerotischem Männerbund – sollte ihn sein Leben lang in Bann halten.26 Wie die meisten seiner jugendbewegten Zeitgenossen war auch Schoeps zutiefst durchdrungen vom Ringen um ein neues Menschenbild, das leidenschaftlich nach Wahrhaftigkeit strebte und dabei den selbstverantworteten Einsatz der „ganzen“ Person in Wagnis und Tat einforderte. Dabei war es wohl kein Zufall, daß ihn hier dauerhaft vor allem die Bündische Jugend zu fesseln vermocht hat. Weitaus stärker als die mit ihr konkurrierenden Verbände der Freideutschen Jugend empfahlen sich die Bündischen in der Weimarer Republik durch straffe Organisation, durch Wertschätzung von Ordnung und Autorität und durch betonte Einbindung des Einzelnen in über-individuelle Gliederungen und Ganzheiten. „Bund“ wurde hier nicht in personengebundener Zuspitzung praktiziert, sondern „in den Kategorien von Herrschaft und Dienst gesehen und erlebt“27. Was sieht – und doch steigt eine heiße Glückswelle hoch und will fast den Brustkorb sprengen, daß man wieder in der Heimat, daß man zu Hause ist“; Schoeps: Rückblicke (wie Anm. 10), S. 65. 25 So durchaus treffend bereits Jakob Müller: Die Jugendbewegung als deutsche Hauptrichtung neukonservativer Reform. Zürich 1971, bes. S. 249 – 280 (Nähe zu konservativ-revolutionären Strömungen). 26 Vgl. dazu biographisch aufschlußreich Hans-Joachim Schoeps: Politische Streiflichter. In: Ders.: Ja – Nein – Und Trotzdem (wie Anm. 11), S. 125 – 134; ders.: Folgenreiche Begegnungen. In: Ebd., S. 135 – 153. 27 Schoeps: Rückblicke (wie Anm. 10), S. 51. – Dieser Haltung entsprechend hatte Schoeps im Frühjahr 1929 die im wesentlichen aus Studenten zusammengesetzte Freideutsche Kameradschaft mit regionalen Niederlassungen in verschiedenen deutschen Universitätsstädten gegründet und gab als deren „Bundesführer“ die in Form von Rundbriefen erscheinende Zeitschrift Die Freideutsche Position heraus. Kein Geringerer als Thomas Mann hat 1943 längere Passagen aus dem vierten dieser überwiegend von
2. Preußentum, Jugendbewegung und „Konservative Revolution“ 23
zählte, war die Dialektik von Führung und Gefolgschaft, von Gehorsam und Opferbereitschaft, von nationalem Gemeinschaftsinteresse und sozialer Verantwortung. Solche Wertsetzungen wiederum ließen sich bruchlos in jenes Bild einfügen, das in der zeitgenössischen Öffentlichkeit – also in der Weltanschauungsliteratur der 1930er Jahre – in der Regel von „Preußen“ und vom „Preußentum“ gezeichnet wurde.28 Auch die jugendbewegten Freunde des Kreises um Hans-Joachim Schoeps trugen dieses Bild in sich.29 Es bestätigte dessen Mitglieder in ihrem eigenen Lebensentwurf, und es bestärkte Schoeps in seinem vorbehaltlosen Bekenntnis zum Hohenzollernstaat. Schoeps selbst verfaßten Rundbriefe unverändert in das vierzehnte Kapitel seines Romans Doktor Faustus – es handelt sich um das vielerörterte „Studentengespräch“ – in Montagetechnik übernommen; vgl. Hans-Joachim Schoeps: Plagiiert durch Thomas Mann (1970). Wiederabgedruckt in: Ders.: Ja – Nein – Und Trotzdem (wie Anm. 11), S. 71 – 115. 28 Vgl. paradigmatisch – neben den in Anm. 23 genannten literarischen Preußen-Deutungen von Reinhold Schneider und Jochen Klepper – vor allem Oswald Spengler: Preußentum und Sozialismus. München 1919, bes. S. 22 ff.; Arthur Moeller van den Bruck: Der preußische Stil. Neue Fassung (2. Aufl.) München 1922, bes. S. 222 ff.; ders.: Preußentum und Sozialismus. In: Ders.: Sozialismus und Außenpolitik. Hrsg. von Hans Schwarz. Breslau 1933, S. 13 – 19; Hans Schwarz: Die preußische Frage. Berlin 1932; Wilhelm Stapel: Preußen muß sein. Eine Rede für Preußen. Hamburg o. J. [1932], bes. S. 23 ff.; Georg Sebastian Faber [Pseud. f. Alfred Schmid]: Der Erzkönig. Eine Kampfschrift. Berlin 1933; Rudolf Craemer: Der Kampf um die Volksordnung. Von der preußischen Sozialpolitik zum deutschen Sozialismus. Hamburg 1933, bes. S. 38 ff., 288 ff.; Friedrich Schinkel: Preußischer Sozialismus. Breslau 1934, bes. S. 230 ff.; Harald von Koenigswald: Schicksalswende. Preußens Weg von Kolin bis Leuthen. Breslau 1932; ders.: Preußisches Vermächtnis. Rede auf Friedrich den Großen. Oldenburg / Berlin 1940; Herbert Blank: Unter dem schwarzen Adler. Preußische Berichte und Anekdoten. Hamburg 1957. – Zum Ganzen überblickshaft Jürgen Elvert: „Konservative Revolution“ – Nationalsozialismus – Widerstand. Preußenbilder in dreifach gebrochener Perspektive. In: Gustavo Corni, Frank-Lothar Kroll und Christiane Liermann (Hrsg.): Italien und Preußen. Dialog der Historiographien. Tübingen 2005, S. 281 – 302. 29 Dazu speziell Ulrike Treziak: Deutsche Jugendbewegung am Ende der Weimarer Republik. Zum Verhältnis von Bündischer Jugend und Nationalsozialismus. Frankfurt am Main 1986, sowie Peter Schröder: Die Leitbegriffe der deutschen Jugendbewegung in der Weimarer Republik. Eine ideengeschichtliche Studie. Münster 1996.
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II. Biographische Verortungen
Parallel zu diesem Bekenntnis vollzog sich bei Schoeps die Formierung seines politischen Weltbildes, dessen Grundprinzipien seit Beginn der 1930er Jahre feststanden. Sie basierten auf der seinerzeit weit verbreiteten Überzeugung vom unmittelbar bevorstehenden Ende des bürgerlichen Zeitalters.30 Dessen repräsentative Artikulationsformen – Parlamentarismus, Liberalismus und Kapitalismus – steckten damals ganz offensichtlich in einer tiefen Krise. Die Überwindung dieser Krise schien vielen zeitgenössischen Beobachtern nur dann möglich, wenn es gelang, die bürgerlich-individualistische Doktrin durch ein Gesellschaftsmodell zu ersetzen, das die Einbindung des Einzelnen in eine als „Ganzheit“ zu erfahrende Gemeinschaft ermöglichte. „Politische Ordnung“ – so formulierte Schoeps in diesem Sinn 1931 – „bezieht sich auf den Staat als auf eine nicht von der Nützlichkeit her bestimmte Macht und Herrschaftsform, in der andere Qualitäten repräsentiert werden“ – wie beispielsweise die „typisch“ preußischen Tugenden der Dienst- und Opferbereitschaft, der Ehre, der Würde oder der Tradition.31 Gegen die auf „liberaler“ Gesinnung beruhende Degradierung des Staates zu einer Sicherheit und Ordnung garantierenden „Anstalt“ setzte Schoeps sein Modell eines „preußischen“ Staatsverständnisses, das sich an den Kategorien von Führung und Bindung, Disziplin und Gehorsam orientierte und in der Herausbildung „echter“ Autorität die einzige Möglichkeit zur Wahrung rechtsstaatlicher Kontinuität über das Ende der Weimarer 30 Zum geistesgeschichtlichen Hintergrund der Theorie vom „Ende“ des bürgerlichen Zeitalters vgl. Frank-Lothar Kroll: Utopie als Ideologie. Geschichtsdenken und politisches Handeln im Dritten Reich. 2., durchgesehene Aufl. Paderborn / München / Wien / Zürich 1999, S. 35 – 39; ferner Günter Meuter und Henrique Ricardo Otten (Hrsg.): Der Aufstand gegen den Bürger. Antibürgerliches Denken im 20. Jahrhundert. Würzburg 1999. 31 Dazu Frank-Lothar Kroll: Preußische Tugenden – Zwischen Staatsräson und Idealismus. In: Politische Studien 52, Nr. 377 (Mai / Juni 2001), S. 33 – 38; Gerd Heinrich: „Üb’ immer Treu und Redlichkeit“. Tugenden und Un-tugenden in Preußen. In: Jürgen Luh, Vinzenz Czech und Bert Becker (Hrsg.): Preußen, Deutschland und Europa 1701 – 2001. Groningen 2003, S. 15 – 35.
2. Preußentum, Jugendbewegung und „Konservative Revolution“ 25
Demokratie hinaus erblickte.32 Angesichts wachsender Bedrohung durch die links- und rechtstotalitäre Ideologie schien dieses Ende in absehbarer Zeit immer wahrscheinlicher. Solche Auffassungen stimmten mit zahlreichen Positionen der Weimarer Rechtsintelligenz überein, wie sie sich in der Sammlungsbewegung der Konservativen Revolution seit Beginn der 1920er Jahre bündelten. Schoeps kann – im Blick auf die Formierung seines preußenbezogenen Engagements während der Weimarer Zeit – mit einigem Recht dieser Strömung zugerechnet werden.33 Er stand mit vielen prominenten Repräsentanten dieser Ideenbewegung in persönlichem und brieflichem Kontakt, besonders mit Hans Blüher (1888 – 1955)34 und mit Ernst Niekisch (1889 – 1967).35 Darüber hin32 Dazu speziell Joachim H. Knoll: Der autoritäre Staat. Konservative Ideologie und Staatstheorie am Ende der Weimarer Republik. In: Hellmut Diwald (Hrsg.): Lebendiger Geist. Hans-Joachim Schoeps zum 50. Geburtstag von Schülern dargebracht. Köln / Leiden 1959, S. 200 – 224; zur geistig-politischen Verortung der von Schoeps damals verfochtenen, heute umstrittenen Positionen vgl. jetzt auch Julius H. Schoeps: „Hitler ist nicht Deutschland“. Der Nationalsozialismus, das Exil in Schweden und die Rückkehr von Hans-Joachim Schoeps in die einstige Heimat. In: Ders.: Über Juden und Deutsche. Historisch-politische Betrachtungen. 2., überarb. und erw. Neuaufl. Hildesheim / Zürich / New York 2010, S. 193 – 218. 33 Erstaunlicherweise erwähnt keines der großen repräsentativen Handbücher (z. B. Armin Mohler und Karlheinz Weißmann: Die Konservative Revolution in Deutschland 1918 – 1932. Ein Handbuch. 6., völlig überarbeitete und erweiterte Aufl. Graz 2005) und Überblickswerke zur Konservativen Revolution (z. B. Stefan Breuer: Anatomie der Konservativen Revolution. Darmstadt 1993) das rege publizistische Wirken von Schoeps in diesem Umfeld. 34 Vgl. unten, Anm. 42 und 43. 35 Für Niekisch engagierte sich Schoeps noch zu Beginn der 1960er Jahre bei dem ihm persönlich bekannten damaligen Bundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier (1906 – 1986), einem der wenigen Überlebenden des 20. Juli 1944. Als nationalbolschewistisch orientierter Hauptverfechter eines deutsch-sowjetischen Schulterschlusses während der Weimarer Republik und entschiedener Gegner Hitlers war Niekisch von 1937 bis 1945 von den Nationalsozialisten in Zuchthaushaft gehalten worden. Wegen seiner pro-östlichen Haltung war er jedoch in der Bundesrepublik nicht durch entsprechende Wiedergutmachungsleistungen entschädigt
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II. Biographische Verortungen
aus pflegte er rege Verbindungen zu den Mitgliedern des Jungconservativen Clubs bzw. des Herrenclubs. In beiden Vereinigungen trafen sich führende publizistische Köpfe der Rechtsintelligenz mit einflußreichen Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Diplomatie und Armee zwecks Formierung eines konservativ-revolutionären Netzwerkes. Der organisatorische Kopf dieses Netzwerkes, Heinrich von Gleichen (1882 – 1959), öffnete Schoeps die Spalten seiner seit Januar 1928 erscheinenden politischen Wochenschrift Der Ring.36 Dort verfocht man die Idee eines aristokratisch-autoritären „Neuen Staates“ auf korporativer Grundlage und näherte sich entsprechenden Vorstellungen des seit Juni 1932 amtierenden „Kabinetts der nationalen Konzentration“ unter Reichskanzler Franz von Papen (1879 – 1969). Parteipolitisch engagierte sich Hans-Joachim Schoeps damals in den Reihen der Volkskonservativen Vereinigung. Bei dieser Gruppierung handelte es sich um eine Splitterpartei von ehemals deutsch-national orientierten Politikern, die den radikal-nationalistischen Kurs des (seit 1928 amtierenden und seit 1929 mit Hitler sympathisierenden) Vorsitzenden der Deutschnationalen Volkspartei Alfred Hugenberg (1865 – 1951) ablehnten und statt dessen die (seit 1930 amtierende) Regierung des Zentrumspolitikers Heinrich Brüning (1885 – 1970) unterstützten. Allerdings brachten die Reichstagswahlen vom September 1930 der Volkskonservativen Vereinigung lediglich 314.000 worden, was Schoeps als einen Skandal empfand; Schoeps an Gerstenmaier, 30. November 1960; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Ordner Nr. 135; vgl. zum Ganzen sehr instruktiv Sylvia Taschka: Das Rußlandbild von Ernst Niekisch. Erlangen / Jena 1999, bes. S. 34 ff.; dies.: Unvereinbarkeit der Ideologien. Ernst Niekischs Kampf gegen Adolf Hitler. In: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Deutsche Autoren des Ostens als Gegner und Opfer des Nationalsozialismus. Beiträge zur Widerstandsproblematik. Berlin 2000, S. 501 – 518. Für den Zusammenhang neuerdings auch die vorzügliche Zusammenfassung von Stefan Breuer: Grundpositionen der deutschen Rechten 1871 – 1945. Tübingen 1999, bes. S. 103 – 155. 36 Vgl. Manfred Schoeps: Der Deutsche Herrenklub. Ein Beitrag zur Geschichte des Jungkonservativismus in der Weimarer Republik. Phil. Diss. Erlangen 1974.
2. Preußentum, Jugendbewegung und „Konservative Revolution“ 27
Stimmen und vier Abgeordnetenmandate. Politische Bedeutung im extrem polarisierten Parteienspektrum der Weimarer Spätzeit hat sie mit ihrer wertkonservativen Orientierung nicht mehr zu erlangen vermocht.37 Nach der im Frühjahr 1933 verfügten Zwangsauflösung der Bündischen Jugend durch die Nationalsozialisten sammelte Schoeps deren jüdische Mitglieder in einer eigenen Organisation, dem Deutschen Vortrupp. Gefolgschaft deutscher Juden. Gleichzeitig eröffnete er einen eigenen Verlag, der neben dem Bundesorgan Der Vortrupp. Blätter einer Gefolgschaft deutscher Juden Flugschriften, Broschüren und Bücher zur aktuellen Problematik des Judentums in Deutschland herausgab, darunter die Schriftenreihen Deutschjüdischer Weg und Jüdische Wirklichkeit heute. Sitz beider Gründungen war zunächst Frankfurt am Main, später Berlin. Die von Schoeps in diesem Rahmen entfalteten Unternehmungen38 zielten vorrangig darauf ab, die Zugehörigkeit der Juden zum Deutschtum bzw. zum Preußentum herauszustellen, und sie richteten sich vehement gegen alle Versuche, die deutsch-jüdische bzw. preußisch-jüdische Symbiose zu entflechten, d. h. beide „Völker“ zu „dissimilieren“.39 Diese Haltung verband sich im übrigen mit einer strikten Ablehnung des Zionismus. Er galt Schoeps – 37 Vgl. zum Ganzen Erasmus Jonas: Die Volkskonservativen 1928 – 1933. Entwicklung, Struktur, Standort und staatspolitische Zielsetzung. Düsseldorf 1965, bes. S. 146 ff. (Kritik am Weimarer „System“). 38 Dazu detailreich Carl J. Rheins: Deutscher Vortrupp. Gefolgschaft deutscher Juden 1933 – 1935. In: Yearbook of the Leo Baeck Institute 26 (1981), S. 207 – 229; ausführlich und kritisch John V. H. Dippel: Die große Illusion. Warum deutsche Juden ihre Heimat nicht verlassen wollten. Weinheim / Berlin 1997, S. 102 ff., 152 ff., 211 ff., 253 ff., 265 ff., 321 ff., 352 ff., 387 ff., 452 ff. 39 Noch 1970 hat Schoeps eine Sammlung seiner die entsprechenden Auffassungen der 1930er Jahre wiedergebenden Schriften zum Wiederabdruck gebracht; vgl. Hans-Joachim Schoeps: „Bereit für Deutschland!“. Der Patriotismus deutscher Juden und der Nationalsozialismus. Frühe Schriften 1930 bis 1939. Eine historische Dokumentation. Berlin 1970; dazu direkt Kurt Töpner: Tagebuchnotizen von Hans-Joachim Schoeps. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 32 (1980), S. 353 – 366.
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II. Biographische Verortungen
damals wie später – als monströse Irrlehre, weil er das erwählte israelitische „Gottesvolk“ dem Nationalitätenprinzip aller anderen Völker angleiche und auf diese Weise die messianische Verheißung der Juden definitiv zunichte mache.40
40 Eine repräsentative Gegenposition zu dieser – sehr eigenwilligen – Auffassung von Schoeps markiert aus der Fülle zeitgenössischer zionistischer Literatur beispielhaft Kurt Blumenfeld: Erlebte Judenfrage. Ein Vierteljahrhundert deutscher Zionismus. Stuttgart 1962. Blumenfeld (1884 – 1963) war von 1911 bis 1914 Generalsekretär des Zionistischen Weltverbandes und bis 1933 Präsident der Zionistischen Vereinigung für Deutschland.
III. Wissenschaftliche Profilierungen 1. Preußisch-jüdische Symbiose Alle diese Entwicklungen vollzogen sich zwischen 1926 und 1938 in Berlin. Sie waren begleitet und umfangen von einer immer zielstrebiger artikulierten publizistischen und wissenschaftlichen Regsamkeit des jungen, frühreifen Schoeps, die sich allerdings zunächst nicht auf Preußen, sondern auf Fragen und Probleme der jüdischen Theologie und Religionsphilosophie richtete. Schoeps, der seit 1928 die Fächer Religionswissenschaft, Geschichte, Germanistik und Philosophie in Heidelberg, Berlin, Marburg und Leipzig studiert hatte, war im Sommer 1932 unter dem Religionssoziologen Joachim Wach (1898 – 1955) mit einer religionswissenschaftlichen Arbeit promoviert worden, deren Buchfassung 1935 unter dem Titel Geschichte der jüdischen Religionsphilosophie in der Neuzeit erschien.41 Darin entwarf er – wie in mehreren anderen, nahezu zeitgleich erschienenen Publikationen42 – das Programm einer Annäherung zwischen Judentum und Christentum, ausgehend von einer Relativierung des Anspruches Israels, Gottes allein „auserwähltes Volk“ zu sein. Stattdessen propagierte er 41 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Geschichte der jüdischen Religionsphilosophie in der Neuzeit. Bd. 1 [mehr nicht erschienen]. Berlin 1935. 42 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Jüdischer Glaube in dieser Zeit. Prolegomena zur Grundlegung einer systematischen Theologie des Judentums. Berlin 1932; ders. und Hans Blüher: Streit um Israel. Ein jüdisch-christliches Gespräch. Hamburg 1933, S. 7 ff., 21 ff., 42 – 64, 101 – 120; ders.: Jüdisch-christliches Religionsgespräch in 19 Jahrhunderten. Geschichte einer theologischen Auseinandersetzung. Berlin 1937 (3., erweiterte Aufl. unter dem Titel Israel und Christenheit. Jüdisch-christliches Religionsgespräch in neunzehn Jahrhunderten. München / Frankfurt am Main 1961). Dieses mittlerweile als „Klassiker“ geltende Buch wurde 1984 (Königstein / Ts.) mit einem sehr instruktiven Nachwort von Edna Brocke (S. 200 ff.) erneut herausgegeben.
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III. Wissenschaftliche Profilierungen
eine Haltung, die auch außerhalb des jüdischen Heilsraumes gültige Bundesschlüsse Gottes mit der Menschheit für möglich hielt.43 Solche Deutungen hatten ihm seitens jüdischer Theologen schon früh den Vorwurf eingetragen, einer von „deutschen Präokkupationen“ beherrschten „protestantischen Terminologie“ zu huldigen,44 wozu wiederum seine vehement 43 Dazu speziell Gary Lease: Wer war hier Christ, wer Jude? Das Gespräch zwischen Hans-Joachim Schoeps und Hans Blüher. In: Heinz Kremers und Julius H. Schoeps (Hrsg.): Das jüdisch-christliche Religionsgespräch. Stuttgart / Bonn 1987, S. 114 – 130; vgl. ferner ders.: Gibt es Häretiker bzw. Ketzer im modernen Judentum? Der Fall H. J. Schoeps. In: Irene Diekmann und Elke-Vera Kotowski (Hrsg.): Geliebter Feind, gehasster Freund. Antisemitismus und Philosemitismus in Geschichte und Gegenwart. Berlin 2008, S. 233 – 244. 44 So der Kabbala-Forscher Gershom Gerhard Scholem (1897 – 1982) in einem Offenen Brief an Schoeps vom 15. August 1932; vgl. Hans-Joachim Schoeps: Bemühungen um Juden und Judentum. In: Ders.: Ja – Nein – Und Trotzdem (wie Anm. 11), S. 37 – 45. Scholem unterstellte Schoeps darüberhinaus, „viel zu sehr damit beschäftigt [zu sein], auf allen Wegen den Anschluß an den deutschen Faschismus zu gewinnen [ . . . , ] als daß er wohl in absehbarer Zeit zu einer anderen Beschäftigung Zeit finden könnte“; Scholem an Benjamin, 20. März 1933; Gershom Scholem (Hrsg.): Walter Benjamin – Gershom Scholem. Briefwechsel 1933 – 1940. Frankfurt am Main 1980, S. 46; in ähnlicher Zielrichtung („Abwege der nationalsozialistischen Rhetorik“, S. 164; „faschistische Fusion von Politik und Theologie“, S. 170) argumentiert Christoph Schmidt: Verwechslungen: Hans-Joachim Schoeps. Abwege und Abgründe einer jüdischen politischen Theologie zwischen Esoterik und Exoterik. In: Yotam Hotam und Joachim Jacob (Hrsg.): Populäre Konstruktionen von Erinnerung im deutschen Judentum und nach der Emigration. Göttingen 2004, S. 153 – 170; für den religionsgeschichtlichen Zusammenhang aufschlußreich Gary Lease: Der Briefwechsel zwischen Karl Barth und Hans-Joachim Schoeps (1929 – 1946). In: Menora. Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte 2 (1991), S. 105 – 137; Marc A. Krell: Schoeps versus Rosenzweig. Transcending Religious Borders. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 52 (2000), S. 25 – 37. – Vgl. auch Hans-Joachim Schoeps: Die Religion der Juden (1965). Wiederabgedruckt in: Ders.: Ein weites Feld (wie Anm. 15), S. 99 – 129: „[ . . . ] ich sehe nicht, was das Judentum abhalten könnte, die Möglichkeit besonderer Bundesschlüsse Gottes mit der Welt außerhalb Israels zuzugeben und somit das Christentum wie freilich auch den Islam als gottgewirkte Veranstaltungen anzuerkennen. [ . . . ] Was Kirche und Islam über die ihnen zuteil gewordene Wahrheit aussagen, kann auch von den Juden mit Ehrfurcht vor dem unerforschlichen Geheimnis der Wege Gottes angehört werden.“ (S. 126).
1. Preußisch-jüdische Symbiose
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betriebene Verteidigung der deutsch-jüdischen bzw. preußisch-jüdischen Symbiose auch und gerade nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ passen mochte.45 Anfang 1933 konnte Schoeps in den Fächern Deutsch, Geschichte und Religionskunde zwar noch das Staatsexamen ablegen; der Eintritt in den preußischen Referendardienst wurde ihm jedoch auf Grund der mittlerweile veränderten politischen Situation verwehrt. In Ermangelung besserer Alternativen war er daraufhin zeitweise in einem jüdischen Privatgymnasium in Berlin-Grunewald als Lehrer tätig. Gleichzeitig verfasste er (unter dem Pseudonym Hans-Joachim Schulz) auf Vermittlung des zum George-Kreis zählenden Schriftstellers Wolfgang Frommel (1902 – 1986) Beiträge für Radiosendungen des Südwestdeutschen Rundfunks Frankfurt und des Reichssenders Berlin.46 Nach der im Dezember 1935 offiziell verfügten Auflösung seines Vortrupps begann er eine rege Vortrags- und Reisetätigkeit zu entfalten. Sie führte ihn im Auftrag des Reichsbunds jüdischer Frontsoldaten und des Verbands nationaldeutscher Juden47 nahezu durch das gesamte Reichsgebiet und ließ ihn überall für den Verbleib seiner jüdischen Zuhörer in ihrer preußisch-deutschen Heimat und für ein Ausharren in ihren beruflichen Stellungen werben. Ein solches Engagement erscheint aus heutiger Sicht kaum nachvollziehbar, und auch Schoeps selbst ist ihm rückblickend mit 45 Dazu vor allem: Auf der Suche nach einer jüdischen Theologie. Der Briefwechsel zwischen Schalom Ben-Chorin und Hans-Joachim Schoeps. Hrsg. von Julius H. Schoeps. Frankfurt am Main 1989; ferner Schalom Ben-Chorin: Jugend an der Isar. München 1974, bes. S. 192; ders.: Ein Mann zwischen Don Quixotte und Hiob. Prof. Schoeps’ unbewältigte jüdische Vergangenheit. In: Jedioth Chadaschoth (deutschsprachige Zeitung) vom 8. Januar 1971. 46 Vgl. explizit Michael Philipp: „Vom Schicksal des deutschen Geistes“. Wolfgang Frommels Rundfunkarbeit an den Sendern Frankfurt und Berlin 1933 – 1935 und ihre oppositionelle Tendenz. Potsdam 1995, S. 195 – 197. 47 Dazu jetzt die erste umfassende Gesamtdarstellung von Matthias Hambrock: Die Etablierung der Außenseiter. Der Verband nationaldeutscher Juden 1921 – 1935. Köln / Weimar / Wien 2003, bes. S. 636 ff.
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III. Wissenschaftliche Profilierungen
„einigen Bedenken“48 begegnet. Gleichwohl stand es damals in weitgehender Übereinstimmung mit der auf Verhandlungsbereitschaft und Entgegenkommen gegenüber den neuen Machthabern ausgerichteten Politik des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens und dessen Nachfolgeorganisation, der Reichsvertretung der Juden in Deutschland unter ihrem Präsidenten Leo Baeck (1873 – 1956), dem Schoeps freundschaftlich verbunden war und blieb.49 Tatsächlich erwies sich der von Schoeps unternommene Versuch, zwischen dem nationalsozialistischen Regime und dem deutschbewußten bzw. preußisch gesinnten Judentum zu vermitteln, als vollkommen illusionär. Noch im Oktober 1933 hatte es Schoeps für möglich gehalten, daß seinen jüdischen Glaubensgenossen „durch Anschluß an das Geschehen in der deutschen Umwelt der Weg in eine deutsche Zukunft geöffnet werden“ könne. „Das Ziel“, so Schoeps damals weiter, „heißt die ständische Eingliederung einer haltungsmäßig gewandelten deutschen Judenschaft, die sich durch staatliche Haltung und nationale Leistung [ . . . ] auszuweisen vermag, in das deutsche Volk und den deutschen Staat“.50 Ende 1938 fanden die mit alledem verknüpften Spekulationen und Planspiele indes einen abrupten Abschluß. Nachdem ihm der Erhalt offizieller Vgl. Schoeps: Rückblicke (wie Anm. 10), S. 101. Vgl. für dessen damalige Position beispielhaft Leo Baeck: Wege im Judentum. Aufsätze und Reden. Berlin 1933. – Noch unmittelbar nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs hat Schoeps seine Kontakte zu Baeck, der 1943 ins Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt wurde und erst 1945 nach London emigrieren konnte, dazu genutzt, um den Widerstand ihm [Schoeps] „feindlich gesinnte[r] Personen“ zu brechen, die seinem publizistischen Wirken „als Deutscher und als Jude“ mit Skepsis begegneten: „Schwierigkeiten werden mir immer nur von Juden gemacht, die in amerikanischen Dienststellen sitzen“; Schoeps an Baeck, 28. November 1947; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Kasten 93. 50 Hans-Joachim Schoeps: Der Jude im neuen Deutschland (1933). Wiederabgedruckt in: Ders.: „Bereit für Deutschland!“ (wie Anm. 39), S. 103 – 116, hier S. 116; ähnlich ders.: Wir deutschen Juden. Berlin 1934, S. 51: „Auch wenn uns unser Vaterland verstößt, bleiben wir: Bereit für Deutschland“; siehe Anlage II. 48 49
1. Preußisch-jüdische Symbiose
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Auswanderungsdokumente mißglückt war, gelang, im buchstäblich letztmöglichen Moment, durch Vermittlung der Nahost-Abteilung des Auswärtigen Amtes Heiligabend 1938 unter geradezu abenteuerlichen Begleitumständen die Flucht in einem Flugzeug nach Schweden: Der kontrollierende GestapoBeamte am Flughafen Berlin-Tempelhof war, wie sich Schoeps 1976 in einem Brief an den damaligen bayerischen Kultusminister Hans Maier (* 1931) erinnerte, „schon zu sehr alkoholisiert [ . . . ], um noch einen falschen von einem richtigen Paß unterscheiden zu können“.51 Das im Zweiten Weltkrieg strikte Neutralität wahrende nordeuropäische Königreich bot Schoeps hinfort für die Dauer von fast acht Jahren, bis zur Rückkehr nach Deutschland im Herbst 1946, einen lebensrettenden Zufluchtsort.52 Erst dort, 51 Schoeps an Maier, 14. Oktober 1976; Universitätsarchiv ErlangenNürnberg, Personalakte Schoeps; für den Zusammenhang vgl. Friedrich Wilhelm Kantzenbach: Das wissenschaftliche Werden von Hans-Joachim Schoeps und seine Vertreibung aus Deutschland 1938. Eine Dokumentation aus den Briefen von Hans-Joachim Schoeps an Martin Rade im Nachlaß M. Rade, Marburg. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 32 (1980), S. 319 – 352; ferner Astrid Mehmel: „Ich richte nun an Sie die große Bitte, eine zweckdienliche Eingabe in dieser Sache zu machen . . .“. Zwei Briefe von 1942 an Sven Hedin von Hans-Joachim Schoeps. In: Ebd., 52 (2000), S. 38 – 46. – Die auf den 26. Juli 1940 datierte „Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit für Hans-Joachim Israel Schoeps“ nennt als „Gründe der Ausbürgerung“: „Schoeps hat im Auslande deutschfeindliche Hetzzeitschriften zur Verbreitung gebracht. Außerdem steht er auf Grund anderweitig beschlagnahmter Briefe im Verdacht[,] sich homosexuell betätigt zu haben. Er wird vom Generalstaatsanwalt bei dem Landgericht Berlin gesucht“; Anlage zum Schreiben des Reichsführers SS an das Auswärtige Amt, 20. August 1940; Politisches Archiv des Auswärtigen Amts, R 99896 (Liste 203), Inland II A, B, 83 – 76 (Ausbürgerungen). – Schoeps hat aus seiner homoerotischen Veranlagung seit den 1950er Jahren im übrigen kein Geheimnis gemacht. Seine aktiv praktizierte Homosexualität wies ihm im konservativ grundierten akademisch-gesellschaftlichen Milieu der frühen Bundesrepublik eine Außenseiterposition zu, zumal angesichts des bis 1994 in Geltung stehenden, 1969 und 1973 reformierten Paragraphen 175 des Strafgesetzbuches, der homosexuelle Handlungen unter Zuchthausstrafe stellte. 52 Vgl. eingehend Hellmut Müssener: Exil in Schweden. Politische und kulturelle Emigration nach 1933. München 1974; ferner die – leider allzu
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in der Abgeschiedenheit des Exils zunächst in Djursholm, einem Stockholmer Vorort, und später, ab 1941, in Uppsala, erst aus der abgeklärten Distanz des Nordens, hat der in relativer Isoliertheit lebende emigrierte Gelehrte damit begonnen, sich neben zahlreichen religionshistorischen Problemstellungen, die er auch in späteren Jahren weiterentwickelte, 53 der Geschichte Preußens wissenschaftlich anzunähern. Sein „lebenspraktisch“ gewonnenes Preußenbild stand zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits fest, und diese Reihenfolge ist nicht ohne Bedeutung gewesen. Sie verweist auf den Stellenwert, den für Schoeps vorwissenschaftliche Kriterien bei der wissenschaftlichen Erforschung des Hohenzollernstaates stets besessen haben – in weit stärkerem Ausmaß, als man dies wohl von seinen religionshistorischen Interessen behaupten kann. Auch dort leiteten ihn, etwa mit Blick auf seine Bemühungen um eine zeitgemäße Interpretation der jüdischen Theologie, die bereits geschilderten „Präokkupationen“. Aufs Ganze gesehen fanden sie jedoch nur sehr bedingt Einlaß in seine gelehrten Untersuchungen. Die Beschäftigung mit Preußen hingegen folgte von knappen – Bemerkungen bei Michael Brenner: Vergessene Historiker. Ein Kapitel deutsch-jüdischer Geschichtsschreibung der fünfziger und sechziger Jahre. In: Irmela von der Lühe, Axel Schildt und Stefanie SchülerSpringorum (Hrsg.): „Auch in Deutschland waren wir nicht wirklich zu Hause“. Jüdische Remigration nach 1945. Göttingen 2008, S. 207 – 223, bes. S. 212 ff. 53 Die wohl wichtigste Studie aus diesem Umfeld bildete das 1949 erschienene Werk Theologie und Geschichte des Judenchristentums, flankiert durch die ergänzenden Monographien Vom himmlischen Fleisch Christi. Eine dogmengeschichtliche Untersuchung (1951), Urgemeinde, Judenchristentum, Gnosis (1956), Paulus. Die Theologie des Apostels im Lichte der jüdischen Religionsgeschichte (1959), durch die Sammlung kleinerer Studien Aus frühchristlicher Zeit. Religionsgeschichtliche Untersuchungen (1950), durch die zusammenfassende Darstellung Das Judenchristentum. Untersuchungen über Parteirichtungen und Gruppenkämpfe in der alten Christenheit (1964), sowie durch seine das Jahrhundert zwischen Reformation und beginnendem Aufklärungszeitalter durchmessenden Bücher Philosemitismus im Barock. Religions- und geistesgeschichtliche Untersuchungen (1952) und Barocke Juden, Christen, Judenchristen (1965); vgl. zum Ganzen Hans-Joachim Schoeps: Selbstdarstellung meines wissenschaftlichen Opus mit einer Bibliographie. In: Ders.: Ja – Nein – Und Trotzdem (wie Anm. 11), S. 253 – 286.
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vorneherein – und eingestandenermaßen – einem subjektiven, stark biographisch bedingten Parteigesichtspunkt, der ihn sein bevorzugtes Forschungsfeld zu keinem Zeitpunkt sine ira et studio in den Blick nehmen ließ.
2. Das andere Preußen Im Mittelpunkt seiner zahlreichen Studien zur preußischen Geschichte stand bezeichnenderweise die Epoche Friedrich Wilhelms IV. (1795 – 1861). Dieser „Romantiker auf dem Hohenzollernthron“ hatte infolge seines vorgeblichen Mangels an politischem Weitblick und staatsmännischem Geschick schon früh die gesammelte Kritik der an Bismarcks kleindeutscher Nationalstaatsgründung von 1871 orientierten nationalliberalen Historikergeneration auf sich gezogen. Bei Heinrich von Treitschke (1834 – 1896) und Heinrich von Sybel (1817 – 1895) war diese Kritik ebenso lautstark vernehmlich gewesen54 wie in den Werken ihrer historiographischen Nachfolger Erich Marcks (1861 – 1938) oder Erich Brandenburg (1868 – 1946)55. Sie alle hatten dem „romantisch“ bewegten Hohenzollernkönig vorgeworfen, bewußt und mehr oder weniger fahrlässig auf die deutsche Nationaleinigung zugunsten Österreichs verzichtet und damit Preußens Anspruch auf Vorherr54 Vgl. Heinrich von Treitschke: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert, Bde. 1 – 5. Leipzig 1879 – 1894, bes. Bd. 3 (1885), S. 118 – 130, Bd. 5 (1894), S. 6 – 16; ders.: Die preußische Residenz während der Anfänge Friedrich Wilhelms IV. In: Ders.: Bilder aus der deutschen Geschichte. Bd. 2: Kulturhistorisch-literarische Bilder. 7. Aufl. Leipzig 1918, S. 195 – 216; Heinrich von Sybel: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I., Bde. 1 – 7. München / Leipzig 1889 – 1894, bes. Bd. 1 (1889), S. 97 – 125; ders.: Aus den Berliner Märztagen (1889). Wiederabgedruckt in: Ders.: Vorträge und Abhandlungen. München / Leipzig 1897, S. 236 – 261. 55 Vgl. Erich Marcks: Der Aufstieg des Reiches. Deutsche Geschichte von 1807 – 1871 / 78, Bd. 1: Die Vorstufen. Stuttgart / Berlin 1936, bes. S. 221 – 226; ders.: 1848 (1898). Wiederabgedruckt in: Ders.: Männer und Zeiten. Aufsätze und Reden zur neueren Geschichte, Bd. 1. 4. Aufl. Leipzig 1916, S. 205 – 251; Erich Brandenburg: Die Reichsgründung, Bd. 1. 2. Aufl. Leipzig 1922, S. 145 – 160.
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schaft in Deutschland preisgegeben zu haben. Die Regierungszeit des Königs – eine von der historischen Forschung mittlerweile eingehend rekonstruierte und in ihrer Bedeutung weithin anerkannte Epoche hoher und höchster künstlerisch-kultureller Leistungen56 – war für die meisten deutschen Historiker auch später, in den Jahren der Weimarer Republik, des Dritten Reiches und der frühen Bundesrepublik, lediglich als bloße „Vorbereitung“ für die dann glanzvoll nachfolgende 56 Vgl. Walter Bußmann: Zwischen Preußen und Deutschland. Friedrich Wilhelm IV. Eine Biographie. Berlin 1990; Dirk Blasius: Friedrich Wilhelm IV. 1795 – 1861. Psychopathologie und Geschichte. Göttingen 1992; ders.: Friedrich Wilhelm IV. Politik und Krankheit im Reaktionsjahrzehnt. In: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Neue Wege der Ideengeschichte. Festschrift für Kurt Kluxen zum 85. Geburtstag. Paderborn / München / Wien / Zürich 1996, S. 347 – 359; David E. Barclay: Anarchie und guter Wille. Friedrich Wilhelm IV. und die preußische Monarchie. Berlin 1995; Catharina Hasenclever: Gotisches Mittelalter und Gottesgnadentum in den Zeichnungen Friedrich Wilhelms IV. Herrschaftslegitimierung zwischen Revolution und Restauration. Berlin 2005; Rolf H. Johannsen: Friedrich Wilhelm IV. von Preußen. Von Borneo nach Rom. Sanssouci und die Residenzprojekte 1814 bis 1848. Kiel 2007; Jörg Meiner: Wohnen mit Geschichte. Die Appartements Friedrich Wilhelms IV. von Preußen in historischen Residenzen der Hohenzollern. Berlin / München 2009; Jan Werquet: Historismus und Repräsentation. Die Baupolitik Friedrich Wilhelms IV. in der preußischen Rheinprovinz. Berlin / München 2009; ferner den Katalog mit wissenschaftlichem Textteil: Friedrich Wilhelm IV. – Künstler und König. Zum 200. Geburtstag. Ausstellung vom 8. Juli bis 3. September 1995. Neue Orangerie im Park von Sanssouci. Frankfurt am Main 1995, die Quelleneditionen von Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Friedrich Wilhelm IV.: Die Königin von Borneo. Ein Roman. Berlin 1997, und Peter Betthausen (Hrsg.): Friedrich Wilhelm IV. von Preußen: Briefe aus Italien 1828. München / Berlin 2001, sowie die Sammelbände von Otto Büsch (Hrsg.): Friedrich Wilhelm IV. in seiner Zeit. Beiträge eines Colloquiums. Berlin 1987, sowie Peter Krüger, Julius H. Schoeps und Irene Diekmann (Hrsg.): Der verkannte Monarch. Friedrich Wilhelm IV. in seiner Zeit. Potsdam 1997; zuletzt die biographische Skizze von Winfried Baumgart: Friedrich Wilhelm IV. (1840 – 1861). In: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Preußens Herrscher. Von den ersten Hohenzollern bis Wilhelm II. 4. Aufl. München 2009, S. 219 – 241, mit aller maßgeblichen Literatur (S. 333 – 335); komprimierte Zusammenfassungen des neuesten Forschungsstandes bei Wolfgang Neugebauer: Die Hohenzollern. Bd. 2: Dynastie im säkularen Wandel. Von 1740 bis in das 20. Jahrhundert. Stuttgart 2003, S. 120 ff., 143 ff., und Frank-Lothar Kroll: Die Hohenzollern. München 2008, S. 83 – 96.
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Ära Bismarck’scher Machtpolitik von Interesse gewesen. Schoeps hingegen urteilte als einer der ersten aus einer gänzlich anderen Perspektive. Er empfand Bismarcks Lösung der Deutschen Frage von Anfang an nicht als segensreich, und er erblickte in der Entscheidung des Jahres 1866 – mit ihrer gewaltsam erfolgenden Verdrängung Österreichs aus Deutschland und der sich daran anschließenden Slavisierung und Magyarisierung großer Teile der Habsburgermonarchie – den eigentlichen Wendepunkt, von dem aus das Unheil der neueren deutschen (und preußischen) Geschichte seinen Ausgang genommen hatte.57 Einschätzungen und Wertungen dieser Art waren seitens der deutschen Geschichtswissenschaft bisher zumeist nur aus süddeutsch-katholischer Perspektive vorgetragen worden. Am vernehmlichsten zu Wort gemeldet hatte sich in diesem Sinn der zunächst in Karlsruhe, seit 1947 in München lehrende Franz Schnabel (1887 – 1966), dessen preußenkritische Haltung in der Formierungsphase der westdeutschen Geschichtswissenschaft nach 1945 nicht ohne Folgen bleiben sollte.58 Auch Schnabel – er amtierte überdies von 1951 bis 1959 als Präsident der einflußreichen Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften – hielt die sich in der kleindeutschen Reichsgründung Bahn brechende Entfaltung des nationalen Machtstaates für einen verhängnisvollen Irrweg.59 So hat es denn zu Beginn der 1950er Jahre gelegentlich publizistische bzw. organisatorische Kontakte zwischen Schoeps und Vertretern katholisch-konservativer Geschichtsinterpretation gegeben, wie sie von Schnabel und vor allem Vgl. Schoeps: Rückblicke (wie Anm. 10), S. 125 f. Dazu – leider mit beschränktem Untersuchungszeitraum – Thomas Hertfelder: Franz Schnabel und die deutsche Geschichtswissenschaft. Geschichtsschreibung zwischen Historismus und Kulturkritik (1910 – 1945). Göttingen 1998; für den Zusammenhang instruktiv Winfried Schulze: Deutsche Geschichtswissenschaft nach 1945. München 1989, bes. S. 266 – 280. 59 Vgl. explizit Franz Schnabel: Das Problem Bismarck. In: Hochland 42 (1949), S. 1 – 27. 57 58
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von der Zeitschrift Neues Abendland in jener Zeit artikuliert wurde. Schoeps war der einzige dezidiert preußenfreundliche Historiker, der in diesem seit 1946 (und bis 1958) erscheinenden, stark von anti-borussischen Affekten getragenen Blatt veröffentlichte.60 Und tatsächlich stimmte sein eigenes politisches Weltbild mit der konservativ-religiösen, liberalismuskritischen und materialismusfeindlichen „Abendland“-Ideologie, damals wie später, weithin überein.61 Schoeps korrespondierte seinerzeit mit nicht wenigen führenden Köpfen der „Abendländischen Bewegung“, etwa mit dem österreichischen Monarchisten Erik von Kuehnelt-Leddihn (1909 – 1999),62 oder mit dem österreichischen Thronprätendenten Otto von Habsburg (* 1912). Dieser gestand Schoeps gegenüber freimütig ein, „daß, ebenso wie das Verschwinden der Einheit des Donau60 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Das Reich und die Wiederkehr Preußens. In: Neues Abendland 11 (1956), S. 255 – 258; die preußenkritische Gegenposition formulierte der Schnabel-Adept Franz Herre: Preußens neue Ehre. In: Ebd. 7 (1952), S. 607 – 614. 61 Dazu grundlegend Axel Schildt: Zwischen Abendland und Amerika. Studien zur westdeutschen Ideenlandschaft der 50er Jahre. München 1999, bes. S. 22 ff., 68 ff.; ders.: Zur Hochkonjunktur des „christlichen Abendlandes“ in der westdeutschen Geschichtsschreibung. In: Ulrich Pfeil (Hrsg.): Die Rückkehr der deutschen Geschichtswissenschaft in die „Ökumene der Historiker“. Ein wissenschaftsgeschichtlicher Ansatz. München 2008, S. 49 – 70, bes. S. 66 f.; Jens Nordalm: Zur Abendland-Diskussion in der frühen Bundesrepublik. In: Andreas Michler und Waltraud Schreiber (Hrsg.): Blicke auf Europa. Kontinuität und Wandel. Neuwied 2003, S. 199 – 213; ferner speziell Frank-Lothar Kroll: Epochenbewußtsein, europäisches Einigungsdenken und transnationale Integrationspolitik bei Heinrich von Brentano. In: Klaus Hildebrand, Udo Wengst und Andreas Wirsching (Hrsg.): Geschichtswissenschaft und Zeiterkenntnis. Von der Aufklärung bis zur Gegenwart. Festschrift zum 65. Geburtstag von Horst Möller. München 2008, S. 409 – 423, bes. S. 413 f., mit weiterführender Literatur. 62 Vgl. Gordon an Schoeps, 6. Mai 1953; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Ordner Nr. 121: Betonung des habsburgischen „Führungsanspruchs“ in der Dynastiefrage durch Kuehnelt-Leddihn; zu Kuehnelt-Leddihn vgl. Christian Zeitz: Was ist links und wo ist rechts? Erik Ritter von Kuehnelt-Leddihn und die Krise der Moderne. In: Ulrich E. Zellenberg (Hrsg.): Konservative Profile. Ideen und Praxis in der Politik zwischen Feldmarschall Radetzky, Karl Kraus und Alois Mock. Graz / Stuttgart 2003, S. 423 – 436.
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raumes, auch die fremde Besetzung Preussens grundlegend das europäische Gleichgewicht“ störe, und daß „eine objektive und richtige Einschätzung der Leistungen“ des Hohenzollernstaates auch aus habsburgischer Sicht als Gebot der politischen Vernunft zu gelten habe.63 Anders freilich als seine am „großdeutschen“ Modell orientierten Kollegen und Korrespondenzpartner aus dem katholisch-„abendländischen“ Milieu bezog der Bekenntnispreuße Hans-Joachim Schoeps die Maßstäbe für seine Kritik an der Bismarck’schen Nationalstaatsgründung nicht aus deren Entgegensetzung zu einer „europäisch“ verklärten habsburgischen Reichsordnung, sondern aus einer intimen Kenntnis des Ideengehalts preußischer Politik während des vielgeschmähten „Reaktionsjahrzehnts“ nach 1850, wie sich diese Politik im Denken und Handeln der Brüder Leopold und Ernst Ludwig von Gerlach und ihres Kreises manifestierte. Ihnen vor allem galt sein wissenschaftliches Hauptinteresse, sie hat er in seinem zunächst 1952 erschienenen, dann mehrfach erweiterten und ergänzten Buch Das andere Preußen. Konservative Gestalten und Probleme im Zeitalter Friedrich Wilhelms IV.64 mit großer Sympathie erstmals umfassend gewürdigt, und er hat damit der Preußenforschung einen Impuls vermittelt, von dem sie bis heute zehrt.65 63 Otto von Habsburg an Schoeps, 24. Dezember 1952; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Ordner Nr. 121; für den Zusammenhang vgl. Stephan Baier und Eva Demmerle: Otto von Habsburg. Die Biografie. Mit einem Grußwort von Papst Benedikt XVI. 5., überarb. und erw. Aufl. Wien 2007, bes. S. 252 ff., 258 ff., 267 ff. 64 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Das andere Preußen. Konservative Gestalten und Probleme im Zeitalter Friedrich Wilhelms IV. (1952); hier zitiert nach der 4. Aufl. Berlin 1974; ein knappes biographisches Resümee bietet ders.: Ernst Ludwig von Gerlach. In: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 296 – 299; vgl. ferner ders.: Heinrich Leos Rückblicke. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 31 (1979), S. 321 – 337. 65 So besonders die jüngere Preußen-Historiographie, maßgeblich vertreten von Frank-Lothar Kroll: Friedrich Wilhelm IV. und das Staatsdenken der deutschen Romantik. Berlin 1990, und Hans-Christof Kraus: Ernst Ludwig von Gerlach. Politisches Denken und Handeln eines preu-
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Sieht man genauer hin, so handelt es sich bei dieser historiographischen Pionierleistung von 1952 um einen locker gefügten Kranz von insgesamt drei (später: fünf) Einzelstudien zum geistigen und politischen Weltbild der preußischen Hochkonservativen, allen voran Ernst Ludwig von Gerlachs (1795 – 1877), Leopold von Gerlachs (1790 – 1861), Friedrich Julius Stahls, Heinrich Leos (1799 – 1878) und Hermann Wageners (1815 – 1889). Der auf den ersten Blick eher ungewöhnlich klingende Titel des Buches folgte der programmatischen Überzeugung seines Verfassers, daß es, neben dem gleichsam offiziellen, vom (nationalen) Machtstaatsgedanken geprägten, bürokratisch-etatistisch orientierten und stark militärisch dominierten Preußen, ein davon sehr verschiedenes, eben – ein anderes Preußen, das andere Preußen gegeben habe. Dieses „andere“ Preußen wurzelte, Schoeps zufolge, im christlichuniversalistischen, überstaatlich-abendländischen Denken, seine Repräsentanten verfochten in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Positionen des Rechts oberhalb aller Machtstandpunkte, und sie räumten der politischen Moral – so wie sie diese verstanden – unbedingte Priorität gegenüber allen Erwägungen des Erfolges oder des staatlichen Nutzens ein. Damit verbanden sich, trotz pietistisch-orthodoxer Neigungen, eine starke ökumenisch-überkonfessionelle Gesinnung („Evangelische Katholizität“)66 und ein ebenso stark ausgeprägtes soziales Gewissen, das die Notwendigkeit sozialreformerischer Maßnahmen einforderte und eigenständige Vorschläge zur Lösung der Sozialen Frage präsentierte („Staatssozialismus“).67 Schoeps war fasziniert von der Kernidee, die dem Denken und Handeln der preußischen Hochkonservativen des Kreises um Friedrich Wilhelm IV. zugrunde lag. Als Hauptvertreter ßischen Altkonservativen. Göttingen 1994. – Vgl. auch die bisher letzte umfassende Auseinandersetzung mit den ideologischen Positionen der preußischen Altkonservativen bei Doron Avraham: In der Krise der Moderne. Der preußische Konservatismus im Zeitalter gesellschaftlicher Veränderungen 1848 – 1876. Göttingen 2008, bes. S. 14 – 23. 66 Vgl. Schoeps: Das andere Preußen (wie Anm. 64), S. 219 – 245. 67 Vgl. ebd., S. 246 – 274.
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dieses Kreises galt ihm Ernst Ludwig von Gerlach, der Gründer, langjährige Führer und theoretische Kopf der Konservativen Partei Preußens, der sich seit 1866 zu einem der profiliertesten Widersacher Otto von Bismarcks entwickelte und seine politische Karriere in entschiedener Gegnerschaft zum 1871 etablierten kleindeutschen Nationalstaat beendete. Die Konzeption des „politischen Theologen Gerlach“68 folgte der Überzeugung, daß sich gültige Antworten auf alle Grundsatzfragen binnen- wie auch zwischenstaatlichen Lebens unmittelbar aus der Bibel ableiten lassen sollten, daß es keinen prinzipiellen Unterschied zwischen privater und öffentlicher Moral gebe, daß staatliches Handeln überhaupt an den religiösen Normen des Evangeliums zu messen sei, und daß infolgedessen die konkreten politischen Verhältnisse in Preußen sich dem Leitbild eines „christlichen Staates“ zu beugen hätten.69 Nur ein derart konsequent den Geboten Gottes verpflichtetes Staatswesen, nur eine radikale, letztlich theokratisch verantwortete „Politik aus dem Glauben“, könne dauerhaft Gerechtigkeit und Freiheit auf Erden garantieren. Damit war, wie Schoeps nicht müde wurde zu betonen, die unbedingte Kontrastposition zu der von Bismarck betriebenen Politik der Verfechtung expansiver preußischer Großmachtansprüche formuliert. Die Schoeps’schen Sympathien lagen eindeutig auf Seiten der durch Gerlach repräsentierten Prinzipien- und Ideenpolitik, und sie begegneten der von Bismarck nach 1866 praktizierten Interessen- und Realpolitik mit äußerster Skepsis. Schoeps störte sich nicht daran, daß die Positionen Gerlachs „weder damals noch später verstanden wurde[n]“70, und daß sich für sie in der zweiten Jahrhunderthälfte, speziell nach der historischen Weichenstellung von 1866, keine politischen Realisierungschancen mehr boten. Wichtiger war ihm die Rolle Gerlachs als „das [personifizierte] Gegengewicht des lebendiSchoeps: Das andere Preußen (wie Anm. 64), S. 45. Vgl. ebd., S. 22, 24 ff.; ferner Hans-Joachim Schoeps: Der christliche Staat im Zeitalter der Restauration (1966). Wiederabgedruckt in: Ders.: Ein weites Feld (wie Anm. 15), S. 309 – 324. 70 Schoeps: Das andere Preußen (wie Anm. 64), S. 7. 68 69
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gen Gewissens zum Zeitgeschehen, das christliche Korrektiv der aktuellen Politik“71. Und lebhaft hat er immer wieder seinem Bedauern darüber Ausdruck verliehen, daß eben nicht Ernst Ludwig von Gerlachs Politik des ethisch begründeten Verzichts auf Preußens Machtstellung in Deutschland, sondern Otto von Bismarcks Politik des staatsegoistisch motivierten preußischen Machtinteresses die Zukunft für sich hatte. Eine solche Sichtweise sollte den hochkonservativen Historiker Hans-Joachim Schoeps dann während der 1960er Jahre in einen deutlich empfundenen Gegensatz zu vielen seiner nationalkonservativen Zunftkollegen geraten lassen, denn diese mochten die von Schoeps erwogene Option, „ob der christliche Prinzipienpolitiker Ludwig von Gerlach letzten Endes nicht doch weiter gesehen hat als der große Realist Otto von Bismarck“72, nicht ohne weiteres hinnehmen. Neben Gerhard Ritter in Freiburg erhob auch Walther Hubatsch in Bonn Einspruch. Das hinderte beide, Ritter wie Hubatsch gleichermaßen, allerdings nicht daran, ihrem Erlanger Kollegen zeitlebens Respekt73 und Sympathie74 zu bekunden. Besonders Walther Hubatsch, der – ähnlich wie Schoeps – in den 1930er Jahren stark unter dem Einfluß der Deutschen Jugendbewegung gestanden hatte, ermunterte Schoeps immer wieder dazu, „den [von ihm eingeschlagenen] Kurs durchzuhalten“75, und auch Schoeps hat Hubatsch gegenüber „tiefe 71 Ebd., S. 62; Gerlach und sein Kreis erschienen hier geradezu als „Frondeure gegen den Geist der Zeit“ (S. 8). 72 Schoeps: Rückblicke (wie Anm. 10), S. 126. 73 „Ich finde es sehr mutig, daß Sie es gewagt haben, sogar auf bayerischem Boden einen Gedenktag für das verstorbene Preußen abzuhalten, und die Art, wie Sie Preußen würdigen, hat mir sehr zugesagt“; Ritter an Schoeps, 2. Juli 1951; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Kasten 86. 74 „In diesen Zeiten der Austrocknung und Verarmung ist mir Ihre nimmermüde Tätigkeit Trost und Hoffnung, Bereicherung und Ansporn. Dabei bin ich sehr bedrückt und betrübt, daß ich von meiner Seite aus unseren Kontakt nicht so pflegen kann, wie ich es mir wünschte [ . . . ]“; Hubatsch an Schoeps, Juli 1975; ebd., Ordner Nr. 151. 75 Hubatsch an Schoeps, 21. Dezember 1973; Universitätsarchiv Bonn, NL Walther Hubatsch, Kasten 48; vgl. Anlage XII.
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Übereinstimmung [ . . . ] – vor allem in Borussiacis“76 geltend gemacht. „Ich glaube sogar“, schrieb er ihm noch sechzehn Monate vor seinem Tod, „daß wir beide unter allen Fachkollegen uns am nächsten stehen [ . . . ] So möge es bleiben!“77 Andere, dem Phänomen „Preußen“ mit größerer Distanz begegnende Gelehrte, wie etwa der in Köln lehrende Historiker Peter Rassow (1889 – 1961), dem Schoeps ein Exemplar seines Buches zugeschickt hatte, urteilten indes deutlich zurückhaltender. „Allerdings kann ich“ – so antwortete ihm Rassow 1952 – „den trockenen Ast am Baum der deutschpreußischen Geschichte, den für mich der Gerlach’sche Kreis darstellt, nicht als grünend und blühend ansehen, wie Sie es tun. Ich glaube nicht, der nationalliberalen Geschichtsauffassung verfallen zu sein, wenn ich die Rückzugskämpfe jener konservativ-christlichen Politiker aus dem Kreise Friedrich Wilhelms IV. geringer einschätze, als Sie es tun. Ganz besonders bin ich nicht geneigt, die historische Form des Christentums, die jene ehrenwerten Männer vertraten, für ,das Christentum‘ zu halten. Darüberhinaus frage ich mich bei der Lektüre Ihres Buches immer wieder, ob wir durch die bisher gedruckten Briefe und Tagebücher der Gerlachs nicht so vollständig über ihr Denken und Tun unterrichtet sind, daß neue Zeugnisse uns nichts Neues mehr bringen“78. Ein solches Urteil wog wissenschaftspolitisch um so schwerer, da Rassow damals (von 1949 bis 1961) als Leiter der Abteilung Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften amtierte,79 in deren Publikationsreihe Schoeps die Schoeps an Hubatsch, Februar 1974; ebd. Schoeps an Hubatsch, 20. Februar 1979; ebd., Kasten 87. 78 Rassow an Schoeps, 5. Juli 1952; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Ordner Nr. 120. 79 Vgl. Helmut Neuhaus: 150 Jahre Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Eine Chronik. München 2008, S. 94 f., 102, 104; Klaus Hildebrand: Editionen zum 19. und 20. Jahrhundert. Deutsche Geschichtsquellen – Akten der Reichskanzlei – Bayerische 76 77
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Briefe und Tagebücher Ernst Ludwig von Gerlachs zu veröffentlichen wünschte.80 Dies gelang erst 1970, lange nach Rassows Tod.81 Das von Schoeps entwickelte Interesse am Gedankengut der preußischen Hochkonservativen fand in der Folgezeit auch auf dem Feld editorischer und archivalischer Aktivitäten reichen Niederschlag. 1963, kurz bevor Das andere Preußen seine dritte, stark veränderte und erweiterte Auflage erlebte, hatte Schoeps in einem dickleibigen Band Aus den Jahren preußischer Not und Erneuerung die zwischen 1813 und 1820 entstandenen Tagebücher und Briefe der Brüder Gerlach und ihres Kreises herausgegeben82 und damit einen wichtigen Baustein zum Verständnis ihrer Jugendentwicklung und der religions-, sozial- und geistesgeschichtlichen Wurzeln ihres Denkens geliefert. Weitere Untersuchungen und Quelleneditionen folgten.83 Parallel dazu betrieb Schoeps an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, wo er seit 1947 (und bis zu seinem Tod 1980) ein Ordinariat für das Fach Religions- und Ministerratsprotokolle. In: Lothar Gall (Hrsg.): „. . . für deutsche Geschichts- und Quellenforschung“. 150 Jahre Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. München 2008, S. 199 – 227, bes. S. 209 ff. 80 Schoeps an Goetz, 23. Dezember 1949, 23. Januar 1950, 12. April 1950; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Ordner Nr. 113. 81 Vgl. Hellmut Diwald (Hrsg.): Von der Revolution zum Norddeutschen Bund. Politik und Ideengut der preußischen Hochkonservativen 1848 – 1866 aus dem Nachlaß von Ernst Ludwig von Gerlach. Teil 1: Tagebuch (1848 – 1866); Teil 2: Briefe, Denkschriften, Aufzeichnungen. Göttingen 1970; dazu direkt Hans-Joachim Schoeps: Von der Revolution zum Norddeutschen Bund (1971). Wiederabgedruckt in: Ders.: Ein weites Feld (wie Anm. 15), S. 325 – 332. 82 Aus den Jahren preußischer Not und Erneuerung. Tagebücher und Briefe der Gebrüder Gerlach und ihres Kreises 1805 – 1820. Hrsg. von Hans-Joachim Schoeps. Berlin 1963. 83 Gesammelt in: Hans-Joachim Schoeps: Neue Quellen zur Geschichte Preußens im 19. Jahrhundert. Berlin 1968; vgl. als Zusammenfassung entsprechender Forschungen ders.: Die preußischen Konservativen. In: Gerd-Klaus Kaltenbrunner (Hrsg.): Rekonstruktion des Konservatismus. Freiburg 1972, S. 181 – 188.
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Geistesgeschichte innehatte,84 den Aufbau eines Gerlach-Archivs. In ihm trug er systematisch Materialien und Dokumente der Brüder Gerlach und zahlreicher ihrer hochkonservativen Gesinnungsfreunde zusammen, unter anderem auch die kompletten Bestände des ihm 1955 übergebenen Gerlach’schen Familienarchivs. Damit schuf er in der mittelfränkischen Universitätsstadt einen Anziehungspunkt für Preußenforscher des In- und Auslands, denen an einer quellenbezogenen Rekonstruktion ideengeschichtlicher Zusammenhänge vor allem der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelegen war (und weiterhin gelegen ist).85 3. Preußischer Sozialismus Die Parteinahme für Gerlach und gegen Bismarck hinderte Schoeps indes keineswegs daran, sich intensiv auch mit der Gestalt des ersten deutschen Reichskanzlers zu beschäftigen. Als Frucht entsprechender Studien erschien 1972 eine vielbeachtete Monographie Bismarck über Zeitgenossen – Zeitgenossen über Bismarck86. In ihr präsentierte Schoeps das gesamte ideenpolitische Spektrum der behandelten Epoche im Spiegel ihrer Orientierung auf den Reichsgründer. Wie bereits in einem zuvor, 1970, publizierten Buch Der Weg ins Deutsche Kaiserreich, einer Geschichte der Reichsgründung vornehmlich aus der Perspektive der „Verlierer“ von 1866 – also der von Preußen annektierten Staaten, aber auch des preußischen Linksliberalismus und der preußischen Hochkonservativen – bot er damit in methodologischer Hinsicht ein Musterbeispiel für die von ihm programmatisch verfochtene „Zeitgeistfor84 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Geistesgeschichte als Lehrfach. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 8 (1956), S. 308 – 319. 85 Vgl. Stephan Nobbe: Das Gerlach-Archiv am Seminar für Religionsund Geistesgeschichte der Universität Erlangen-Nürnberg. In: Kurt Töpner (Hrsg.): Wider die Ächtung der Geschichte. Festschrift für Hans-Joachim Schoeps zum 60. Geburtstag. München 1969, S. 233 – 249. 86 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Bismarck über Zeitgenossen. Zeitgenossen über Bismarck. Berlin 1972.
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schung“87. Diese Methode der Geschichtsinterpretation zielte in ihrer von Schoeps vertretenen Variante darauf ab, „alle in einer historischen Situation eingenommenen Standpunkte und alle erdenklichen Lösungsversuche [also auch die folgenlos gebliebenen, weil in ihrer Zeit nicht zur Wirkung gekommenen] zu durchleuchten, um ihnen allen gerecht zu werden“. Damit verbanden sich bei Schoeps eine starke Skepsis gegenüber dem Glauben an die Struktureinheit einer Epoche sowie die hermeneutische Bereitschaft, „die zu erforschende Situation jeweils als eine Gegenwart zu sehen, die ihre eigene Zukunft noch nicht kennt“88. Das Scharnier, das – aus seiner Forscherperspektive – den weltanschaulich gebundenen Prinzipienpolitiker Ernst Ludwig von Gerlach und den nach machtstaatlichen Gesichtspunkten handelnden Realpolitiker Otto von Bismarck dann doch wieder miteinander verklammerte, war ihrer beider Verständnis der sozialen Zeitprobleme, und dieses Verständnis leitete sich für Schoeps aus ihrer gemeinsamen geistigen Herkunft her, ihrer Verwurzelung im Milieu pietistisch grundierter christlicher Frömmigkeit. Gerlachs wie Bismarcks gleichermaßen stark ausgeprägtes Gefühl dafür, „daß der Christ auch eine Verantwortung vor der sozialen Frage“ habe,89 ließ 87 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Was ist und was will die Geistesgeschichte? Über Theorie und Praxis der Zeitgeistforschung (1959). 2. Aufl. Göttingen / Zürich / Frankfurt am Main 1970, S. 14, 18, 30, 45, 51, 60, 98; ders.: Was ist und was will die Geistesgeschichte? (1973). Wiederabgedruckt in: Ders.: Ein weites Feld (wie Anm. 15), S. 227 – 249; ders.: Deutsche Geistesgeschichte der Neuzeit. Bd. 1: Das Zeitalter der Reformation. Mainz 1977, S. 7. – Zum Programmatischen Wolfgang R. Langenbucher: Der Roman als Quelle geistesgeschichtlicher Forschung. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 20 (1968), S. 259 – 272; Friedrich Kreppel: Das Problem Zeitgeist. In: Ebd., S. 98 – 112; ders.: Zehn Jahre Zeitgeistforschung. In: Kurt Töpner (Hrsg.): Wider die Ächtung der Geschichte (wie Anm. 85), S. 19 – 26; Frank-Lothar Kroll: Zeitgeistforschung als Methodenproblem der Literaturwissenschaft. In: Arcadia 25 (1990), S. 73 – 79; ausführlich ders.: Geistesgeschichte in interdisziplinärer Sicht (wie Anm. 9), bes. S. 231 – 234 (Theorie und Praxis der Zeitgeistforschung), mit weiterführender Literatur. 88 Hans-Joachim Schoeps: Der Weg ins deutsche Kaiserreich. Berlin 1970, S. 7.
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sie Schoeps als Repräsentanten eines „konservativen“, eines „preußischen“ Sozialismus erscheinen. Beide waren für ihn die geborenen Sachwalter einer Gesinnung, welche die Verpflichtung des Staates zum Schutz berechtigter Arbeitnehmerinteressen nicht nur als ein Gebot christlicher Nächstenliebe empfand; staatliche Initiativen zur Verbesserung der Lebensbedingungen des Vierten Standes galten ihnen beiden vielmehr auch als die einzig erfolgversprechenden Maßnahmen, um der Arbeiterschaft staatsbürgerliches Bewußtsein, gesellschaftliches Verantwortungsgefühl und Verständnis für die verfassungspolitischen Realitäten zu vermitteln und sie dadurch für die preußische Monarchie zu gewinnen. Während Schoeps bei Ernst Ludwig von Gerlach solche sozialreformerische Gesinnung nur erst ansatzweise wirksam sah – bei aller Anteilnahme an den sozialen Verwerfungen in seinem näheren und weiteren Lebensumfeld blieb Gerlach doch zeitlebens gebunden an naiv patriarchalische Vorbehalte, deren Kernidee, den Fabrikbesitzer zu einer Art Patronatsherrn zu machen und den Industriebetrieb wie einen Gutshof zu verwalten, den Zeiterfordernissen kaum gerecht werden konnte90 –, schilderte er sie bei Bismarck in voller Entfaltung. Hier konkretisierte sich konservatives soziales Empfinden in der Politik staatlicher Sozialversicherung und Sozialgesetzgebung der 1880er Jahre. Mit starker innerer Anteilnahme hat Schoeps in zahlreichen Studien das gesamte Panorama preußisch-konservativen Sozialdenkens historisch aufgefächert. Johann Karl Rodbertus (1805 – 1875) und Joseph Maria von Radowitz (1797 – 1853), die beide kurzzeitig als Minister unter Friedrich Wilhelm IV. amtierten91, fanden in diesem ZusamSchoeps: Das andere Preußen (wie Anm. 64), S. 17. Ebd., S. 54 – 62. 91 Rodbertus vom 25. Juni bis 8. Juli 1848 als Preußischer Minister für Geistliche, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten im Kabinett Hansemann; Radowitz vom 26. September bis 3. November 1850 als Preußischer Außenminister im Kabinett Brandenburg; vgl. Schoeps: Deutsche Geistesgeschichte der Neuzeit. Bd. 4 (wie Anm. 14), S. 379 – 411; über Radowitz zuletzt David E. Barclay: Ein deutscher „Tory democrat“? Joseph Maria von Radowitz (1797 – 1853). In: Hans-Christof Kraus 89 90
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menhang ebenso sein Interesse wie Hermann Wagener92, der Mentor und Berater Bismarcks in allen Fragen der Sozialpolitik. Weniger bekannte sozialkonservative Publizisten wie Victor Aimé Huber (1800 – 1869) oder Rudolf Meyer (1839 – 1899)93, aber auch prominente Fürsprecher staatlicher Sozialreform und Sozialpolitik wie Lorenz von Stein (1815 – 1890) und Friedrich Naumann (1860 – 1919), Verfechter einer strikt anti-kapitalistischen „Deutschen Gemeinwirtschaft“ wie Wichard von Moellendorff (1881 – 1937)94 und Eduard Heimann (1889 – 1967), oder Anhänger eines „deutschen“ bzw. „preußischen“ Sozialismus wie Werner Sombart (1863 – 1941) und Oswald Spengler (1880 – 1936)95 dienten Schoeps als Referenzfiguren für den Nachweis einer weithin ungebrochenen Traditionslinie konservativ-staatssozialistischer Positionen vom frühen 19. bis ins fortgeschrittene 20. Jahrhundert.96 Schoeps war aufs stärkste beeindruckt von diesen – wie er empfand – „Männern und Gruppen [ . . . ], die [ . . . ] rechts ge(Hrsg.): Konservative Politiker in Deutschland. Eine Auswahl biographischer Porträts aus zwei Jahrhunderten. Berlin 1995, S. 37 – 67. 92 Vgl. Schoeps: Das andere Preußen (wie Anm. 64), S. 246 – 274; ders.: Sozialpolitik im Kaiserreich. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 10 (1958), S. 252 – 255; zu Wagener neuerdings Klaus Hornung: Preußischer Konservatismus und Soziale Frage – Hermann Wagener (1815 – 1889). In: H.-Chr. Kraus (Hrsg.): Konservative Politiker in Deutschland (wie Anm. 91), S. 157 – 183, sowie zuletzt (sehr kritisch) Henning Albrecht: Antiliberalismus und Antisemitismus. Hermann Wagener und die preußischen Sozialkonservativen 1855 – 1873. Paderborn / München / Wien / Zürich 2009. 93 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Rudolf Meyer und der Ausgang der Sozialkonservativen. Ein Beitrag zur Ideengeschichte des Sozialismus (1963). Wiederabgedruckt in: Ders.: Studien zur unbekannten Religions- und Geistesgeschichte. Göttingen / Berlin / Frankfurt / Zürich 1963, S. 335 – 344. 94 Vgl. im vorliegenden Zusammenhang David E. Barclay: A Prussian Socialism? Wichard von Moellendorff and the Dilemmas of Economic Planning in Germany 1918 – 1919. In: Central European History 11 (1978), S. 50 – 82. 95 Vgl. oben, Anm. 28. 96 Vgl. bes. Hans-Joachim Schoeps: Konservativer Sozialismus. In: Ders.: Konservative Erneuerung. Ideen zur deutschen Politik (1958). 2. Aufl. Berlin 1963, S. 45 – 82.
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dacht und links gehandelt haben“97, und er hegte bleibende Sympathien für die sozial gesinnten preußischen Konservativen, die in ihrer Gesamtheit die nicht-marxistische Variante des Sozialismus in Deutschland repräsentierten.98 Oft und gerne zitierte er in diesem Zusammenhang ein Diktum seiner historische Lieblingsgestalt Ernst Ludwig von Gerlach, der im Revolutionsjahr 1848 seinen konservativen adligen Parteifreunden ins soziale Gewissen geredet hatte: „Nur in Verbindung mit den darauf haftenden Pflichten“, so meinte Gerlach damals, „ist das Eigentum heilig; als bloßes Mittel des Genusses ist es nicht heilig, sondern schmutzig. Gegen ein Eigentum ohne Pflichten hat der Kommunismus recht. [ . . . ] Heilig ist das Eigentum nur in den Händen derer, die nicht für sich besitzen, die also die an ihnen haftenden sozialen Pflichten voll anerkennen. [ . . . ] Bloß konservieren, die negative Haltung: die Front gegen den Mist, den Rücken gegen den Ansprüche machenden Staat – das ist eine Stellung, die allenfalls dem Bauern verziehen werden kann und jetzt auch ihm nicht mehr. Aufopfern, zu Felde ziehen, erobern, – den Rücken gegen den Mist, die Front gegen den Feind, das ist adlig. [ . . . ]“99. Gerlach verlieh mit solchen Worten dem sozialkonservativen Standpunkt Ausdruck, welcher der Überzeugung folgte, daß persönlicher Besitz keine beliebig zu veräußernde Manövriermasse individuellen Wirtschaftens darstelle, sondern als sozial gebundenes Sachgut firmiere, dessen Verwaltung die Verantwortlichkeit der Besitzenden gegenüber den Nichtbesitzenden selbstverständlich einschloß. Derartige Sichtweisen boten nach Auffassung von Schoeps praktikable und durchaus erfolgversprechende Ansatzpunkte zur Lösung der Sozialen Frage auf evolutionärem Weg. Für Ebd., S. 45. Zur geistesgeschichtlichen Tradition dieses Denkens vgl. jetzt umfassend Frank-Lothar Kroll: Konservatismus in Deutschland nach 1945 – Probleme und Perspektiven. In: Hans Zehetmair und Philipp W. Hildmann (Hrsg.): Zukunft braucht Konservative. Freiburg / Basel / Wien 2009, S. 12 – 38, bes. S. 33 ff. 99 Zitiert nach Schoeps: Das andere Preußen (wie Anm. 64), S. 94 f., 56. 97 98
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ihn war das sozialkonservative Modell die spezifisch „preußische“, zwischen Kapitalismus und Klassenkampf vermittelnde Möglichkeit, um die Arbeiterschaft ohne gewaltsamen Umsturz der bestehenden Gesellschaftsordnung und ohne revolutionären Bruch mit gewachsenen Traditionen in den monarchischen Staat zu integrieren. Seine besonderen Sympathien galten dabei dem von Radowitz entworfenen und von Wagener weiterentwickelten Projekt einer interventionistischen Wirtschaftsordnung100 mit progressiver Einkommenssteuer, Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer und Kapitalbildungsmaßnahmen zugunsten des Vierten Standes, mit garantierten Mindestlöhnen, anerkanntem Streikrecht und staatlicher Sozialversicherung – gipfelnd in der kühnen Konzeption eines Bündnisses zwischen Arbeiterschaft und Hohenzollernmonarchie, das in der Gestalt eines „Sozialen Königtums“ die notwendigen Reformmaßnahmen gegen die Herrschaftsansprüche und Klasseninteressen der wirtschaftsliberal gesinnten Bourgeoisie auf den Weg bringen sollte.101 Daß die Ungunst der Umstände diesem zukunftweisenden Projekt eines „konservativen Staatssozialismus“102 letztlich keine Chance zu einer erfolgreichen Realisierung eröffnete,103 daß der konservative, rechtsstaatlich orientierte „preußische“ Sozialismus vielmehr durch die politisch so verhängnisvolle, den Rechtsstaat zerstörende Ideologie des Marxismus marginalisiert, verdrängt und schließlich weitgehender Vergessenheit überant100 Zusammenfassend dazu Schoeps: Deutsche Geistesgeschichte der Neuzeit. Bd. 4 (wie Anm. 14), S. 379 – 411. 101 Vgl. Schoeps: Das andere Preußen (wie Anm. 64), S. 250, 257, 266; für den geistesgeschichtlichen Zusammenhang Dirk Blasius: Lorenz von Steins Lehre vom Königtum der sozialen Reform und ihre verfassungspolitischen Grundlagen. In: Der Staat 10 (1971), S. 33 – 51; ferner Christine Stangl: Sozialismus zwischen Partizipation und Führung. Herrschaftsverständnis und Herrscherbild der sozialistischen deutschen Arbeiterbewegung von den Anfängen bis 1875. Berlin 2002, S. 193 – 202, 323. 102 Schoeps: Das andere Preußen (wie Anm. 64), S. 258. 103 Vgl. noch Hans-Joachim Schoeps: Die sozialpolitischen Bestrebungen des Reichsfreiherrn Friedrich Carl von Fechenbach in Franken (1961). Wiederabgedruckt in: Ders.: Studien zur unbekannten Religions- und Geistesgeschichte (wie Anm. 93), S. 321 – 334.
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wortet werden sollte – dies hat Schoeps stets als eine der folgenschwersten Fehlentwicklungen des neueren deutschen Geschichtsverlaufs empfunden.104
104 Vgl. in diesem Zusammenhang die neueren ideengeschichtlichen Rekonstruktionsversuche von Christoph H. Werth: Sozialismus und Nation. Die deutsche Ideologiediskussion zwischen 1918 und 1945. Opladen 1996, bes. S. 250 ff., 259 ff.; Karlheinz Weißmann: Der Nationale Sozialismus. Ideologie und Bewegung 1890 bis 1933. München 1998, bes. S. 255 ff.; ferner die grundlegenden Untersuchungen von Stefan Breuer: Anatomie der Konservativen Revolution (wie Anm. 33), S. 78 ff., 145 ff.; ders.: Grundpositionen der deutschen Rechten (wie Anm. 35), S. 156 ff.; ders.: Ordnungen der Ungleichheit. Die deutsche Rechte im Widerstreit ihrer Ideen 1871 – 1945. Darmstadt 2001, bes. S. 38 ff.; ders.: Retter des Abendlandes. Spenglerkritik von rechts. In: Jahrbuch zur Kultur und Literatur der Weimarer Republik 9 (2004), S. 165 – 193; zuletzt – aus „sozialdemokratischer“ Perspektive – vorzüglich Stefan Vogt: Nationaler Sozialismus und soziale Demokratie. Die sozialdemokratische Junge Rechte 1918 – 1945. Bonn 2006, bes. S. 98 ff., 185 – 206.
IV. Publizistische Aktivitäten und politische Wirkungen 1. Zwischen Wissenschaft und Weltanschauung Der Blick auf das wissenschaftliche Œuvre des Preußenforschers Hans-Joachim Schoeps dürfte bisher zweierlei deutlich gemacht haben. Erstens wurde ersichtlich, in welch starkem Ausmaß seine Forschungsinteressen dem 19. Jahrhundert galten. Sie richteten sich nahezu ausschließlich auf die fünf Jahrzehnte zwischen 1820 und 1870, „in denen der preußische Staat seine Eigenart erst voll ausgeprägt hat“.105 Mit dieser Epoche war Schoeps – nicht zuletzt hinsichtlich seiner profunden Quellenkenntnis – so vertraut wie wohl kein zweiter Gelehrter seiner Generation. Die Interpretation jener Jahrzehnte bildete auch den Mittelpunkt seiner Gesamtdarstellung Preußen. Geschichte eines Staates (1966). Diese erfolgreichste Publikation aus seiner Feder erlebte in sechs Jahren (bis 1972) neun Auflagen und behauptet heute ihren Platz neben historiographischen Klassikern der Preußenforschung wie Otto Hintzes Die Hohenzollern und ihr Werk (1915), Carl Hinrichs’ Preußentum und Pietismus (1970)106 oder Reinhart Kosellecks (1923 – 2006) Preußen zwischen Reform und Revolution (1975). Schoeps erzählte in diesem Buch, das 1967 durch einen kommentierten Bildband ergänzt wurde,107 die „Vorge105 Hans-Joachim Schoeps: Preußen. Geschichte eines Staates. Berlin 1966, S. 9. 106 Dazu direkt Hans-Joachim Schoeps: Preußentum und Pietismus. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 24 (1972), S. 242 – 244; für den Zusammenhang wichtig Walther Hubatsch: Preußentum und Pietismus. Zu dem nachgelassenen Werk von Carl Hinrichs. In: Neue Zürcher Zeitung vom 12. Dezember 1971, S. 52.
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schichte“ Brandenburg-Preußens bis 1701 sowie die „Nachgeschichte“ Preußen-Deutschlands ab 1871 bewußt knapp und gedrängt, widmete sich jedoch – einmal mehr – der Epoche Friedrich Wilhelms IV. mit großer Ausführlichkeit. Von dieser Epoche her, weniger hingegen vom friderizianischen Preußen des 18. Jahrhunderts,108 bezog er seine Maßstäbe für die Beurteilung des historischen preußischen Staates in seiner Gesamtheit. Das andere Preußen Friedrich Wilhelms IV. und seines Kreises war für ihn das wahre Preußen. Mit alledem verband sich zweitens eine ausgeprägte Neigung zu sehr speziellen Akzentsetzungen, die nicht unumstritten waren und bis heute nicht unwidersprochen geblieben sind.109 Schon in den 1960er Jahren hatte sich an der PreußenInterpretation des Erlanger Historikers gelegentliche Kritik geregt, die ihre Wellen bis hinauf in die offiziellen Kreise des politischen Establishments der Bonner Republik schlagen sollte. Durch Vermittlung seines Kollegen Walther Hubatsch war Schoeps im Januar 1965 seitens der damaligen Spitze des Bundesverteidigungsministeriums damit beauftragt worden, im Rahmen der Schriftenreihe Innere Führung ein Manuskript 107 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Preußen. Bilder und Zeugnisse. Berlin 1967, bes. S. 5 – 53; vgl. Anlage X. 108 Dazu im vorliegenden Zusammenhang jetzt sehr instruktiv Peter Baumgart: Preußen unter dem Ancien Régime. Ausgewählte Abhandlungen. Hrsg. von Frank-Lothar Kroll. Berlin 2009. 109 Das bisher letzte Zeugnis solcher Kritik stammt aus der Feder von Richard Faber: Deutschbewusstes Judentum und jüdischbewusstes Deutschtum. Der Historische und Politische Theologe Hans-Joachim Schoeps. Würzburg 2008, bes. S. 57 ff., 69 ff. Faber verzichtet von vorneherein auf jede hermeneutische Analyse und historische Einordnung der Schoeps’schen Positionen. Statt dessen bietet er eine einfallsarme Zitaten-Collage aus den Schriften seines „Negativhelden“ – mit dem Ziel, ihn in der gönnerhaften Pose des entrüsteten Antifaschisten als „NS-affin“ wohlfeil zu „entlarven“. Fabers altlinke Darbietung traf erfreulicherweise auf überraschend einhellige Kritik der seriösen wissenschaftlichen Forschung; vgl. z. B. die Klarstellungen von Michael Böhm: Ein echter Preuße. In: Preußische Allgemeine Zeitung Nr. 45 vom 8. November 2008, S. 11, Hans-Christof Kraus, in: Das historisch-politische Buch 56 (2008), S. 438 f., und Erik Lehnert, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, N.F. 19 (2009), S. 145 – 147.
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zur Gesamtgeschichte Preußens zwecks „Unterrichtung des Offiziers“110 zu verfassen. Dabei hatte er von Anfang an keinen Zweifel an der Exponiertheit seines Vorhabens gelassen. „Ich setze“, schrieb er damals an Hubatsch, „mindestens für das 19. Jahrhundert die Akzente anders als alle meine Vorgänger, enthalte mich aber aller polemischen Begründungen. Entweder überzeugt meine Darstellung oder man muß ihr die Verfehltheit nachweisen“111. Das Manuskript war im Herbst 1965 abgeschlossen und stand bereits wenig später als 272-seitige Textvorlage druckfertig bereit. Dann jedoch verzögerte sich die Fertigstellung des Bandes. Es gab Bedenken, „daß die Bundeswehr zu stark mit einer gewissen Einseitigkeit des Autors identifiziert werden könnte“112, und schließlich entschied die politische Leitung des Hauses unter der Verantwortung des neuen, seit 1969 amtierenden Bundesverteidigungsministers Helmut Schmidt (* 1918) lapidar, „von einer Publikation des Werkes in dieser Reihe abzusehen“113. Das war ein enttäuschender und für sich gesehen durchaus deprimierender Bescheid. Doch ernsthaft überrascht dürfte Schoeps von ihm wohl kaum gewesen sein. Denn er selbst hat niemals einen Zweifel daran gelassen, daß er – gerade als akademischer Lehrer und Gelehrter – seinem Publikum keineswegs bloß sachlich-trockenes Tatsachenwissen vermitteln 110 Hubatsch an Schoeps, 31. Oktober 1964; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Kasten 93. 111 Schoeps an Hubatsch, 18. August 1965; Universitätsarchiv Bonn, NL Walther Hubatsch, Kasten 85. 112 Berkhan an Stahlberg, April 1970; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Kasten 93. 113 de Maizière an Schoeps, 16. Februar 1970; ebd., Kasten 93; für den realpolitischen Zusammenhang vgl. instruktiv Klaus Hammel: Konservative Ansätze in der geschichtlichen Entwicklung der Bundeswehr. In: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Die kupierte Alternative. Konservatismus in Deutschland nach 1945. Berlin 2005, S. 57 – 81, bes. S. 60 ff. – Das abgewiesene Manuskript wurde dann zur Grundlage des bereits erwähnten Preußen-Buches von 1966, vgl. oben, Anm. 105.
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wollte. Er strebte vielmehr nach einem „wirkliche[n] Einbezug von Vergangenem in die Gegenwart“114, und er hat sein in diesem Sinn betriebenes Engagement auch erkenntniskritisch zu rechtfertigen versucht. Zu diesem Zweck griff er auf das Methodenarsenal der von ihm sehr geschätzten und durch akademische Qualifikationsarbeiten in Erlangen geförderten115 geisteswissenschaftlichen Schule Wilhelm Diltheys (1833 – 1911) zurück. Diltheys Freund und Mentor Paul Yorck von Wartenburg (1835 – 1897) geriet ihm dabei zum geschätzten Kronzeugen eines Wissenschaftsverständnisses, das die Begegnung mit „geschehener Geschichte“ als einen Akt „virtueller Kräfteübertragung“116 empfand. Der Historiker habe durch seine Rekonstruktionsarbeit die für die eigene Gegenwart jeweils relevanten Erlebnisgrößen der Vergangenheit sichtbar zu machen, und er habe dafür zu sorgen, daß diese Erlebnisgrößen in einen möglichst nahen Kontakt zur Lebenswelt des späteren Rezipienten gelangten. Nur im Rahmen einer derart intensivierten Begegnung mit Geschichte – so war Schoeps mit seinem historiographischen Kronanwalt Yorck von Wartenburg überzeugt – konnte vergangenes Geschehen die Gegenwart als traditionsbildende Größe wirkungsvoll beeinflussen, „nur in der Aufnahme [von Vergangenem] in unsere persönliche Lebendigkeit bestimmt sich alles, was zum echten Lebensmotiv wird, immer neu“117. Eine solche, von lebens- und existenzphilosophischen Denkmotiven gespeiste Gesinnung mußte sich auf dem Feld der wissenschaftlichen Preußen-Historiographie als zutiefst inter114 Hans-Joachim Schoeps: Preußentum und Gegenwart. In: Ders.: Konservative Erneuerung (wie Anm. 96), S. 83 – 117, hier S. 104. 115 Vgl. die einzige bei Hans-Joachim Schoeps in Erlangen entstandene Habilitationsschrift (1958) von Hellmut Diwald: Wilhelm Dilthey. Erkenntnistheorie und Philosophie der Geschichte. Göttingen / Berlin / Frankfurt am Main 1963; ferner ders.: Das historische Erkennen. Untersuchungen zum Geschichtsrealismus des 19. Jahrhunderts. Leiden 1955 (phil. Diss. Erlangen 1952). 116 Schoeps: Preußentum und Gegenwart (wie Anm. 114), S. 103 f. 117 Hans-Joachim Schoeps: Preußen – gestern und morgen. Stuttgart 1963, S. 28.
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essegeleitet offenbaren. Tatsächlich projizierte Hans-Joachim Schoeps seine persönliche Hochschätzung Preußens auf seine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Hohenzollernstaat und mit dessen Repräsentanten. Und diese Hochschätzung, diese Zuneigung zumal für das „andere“ Preußen, wollte er an die Adressaten seiner zahlreichen wissenschaftlichen Unternehmungen, an die Leser seiner Bücher und die Zuhörer seiner Vorlesungen und Vorträge, ungetrübt weiterreichen.118 All das verweist bereits auf Eigenart und Charakter des von Hans-Joachim Schoeps zugunsten Preußens unternommenen publizistisch-politischen Engagements. Dieses Engagement gehörte untrennbar zu seiner Existenz als wissenschaftlicher Preußen-Historiograph, und man wird im Kreis der deutschen Historiker des 20. Jahrhunderts kaum einen Gelehrten finden, der die Identifikation mit seinem Forschungsgegenstand stärker betrieben hat, als Hans-Joachim Schoeps. Entstanden im schon beschriebenen ideenpolitischen Umfeld der Konservativen Revolution119, und weiterentwickelt in steter Auseinandersetzung mit den Versuchen des Nationalsozialismus zur Vereinnahmung preußischer Traditionen120, fand die von Schoeps nach 1945 vorgetragene Preußen-Deutung im Intellektuellendiskurs der frühen Bundesrepublik zeitweise einige Resonanz121 – bis hin zu den etwas kryptisch formulierten Be118 Die – wenn man so will – „apologetischen“ Preußen-Schriften sind gesammelt in Hans-Joachim Schoeps: Üb’ immer Treu und Redlichkeit. Preußen in Geschichte und Gegenwart. Düsseldorf 1978. Diese Sammlung diente bewußt dazu, „die Erinnerung an die preußische Staatsidee wach[zu]halten. Denn was vorgestern einmal gewesen ist, wird übermorgen eine Zukunft haben. [ . . . ] Als ideelle Position ist Preußen höchst lebendig“ (S. 7, 182); vgl. ferner Hans-Joachim Schoeps: Das war Preußen. Zeugnisse der Jahrhunderte. Eine Anthologie. 3., erw. Aufl. Berlin 1968. 119 Vgl. oben, Anm. 33. 120 Darüber zuletzt Frank-Lothar Kroll: Preußenbild und Preußenforschung im Dritten Reich. In: Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): Das Thema „Preußen“ in Wissenschaft und Wissenschaftspolitik des 19. und 20. Jahrhunderts. Berlin 2006, S. 305 – 327. 121 Für den Zusammenhang Frank-Lothar Kroll: Kultur, Bildung und Wissenschaft im 20. Jahrhundert. München 2003, S. 33 f., 93; ders.: Kultur,
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merkungen von Carl Schmitt (1888 – 1985), der 1951 Schoeps gegenüber im Blick auf Preußen bekannte: „Aber ein Staat stirbt nicht so schnell und in manchen Menschen lebt er weiter [ . . . ] und da die Leichen heute nicht mehr begraben werden, sondern die Asche in die Luft gestreut wird, so bleibt die Athmosphäre voll von seltsamen und unerwarteten Formen des Weiterlebens“122. Freilich wurde das von Schoeps zugunsten Preußens entfaltete Engagement, auch in seinen „besten“ Zeiten Anfang der 1950er Jahre, stets als Bekundung eines ausgesprochenen Außenseiters empfunden. Der seit 1947 in Speyer, später in Aachen lehrende konservative Soziologe und Philosoph Arnold Gehlen (1904 – 1976) sah die Bücher seines Erlanger Kollegen gar „wie die[jenigen] aller rechtsstehenden Autoren unter einem Embargo stehen“123. Mehrheitsfähig ist das von Schoeps propagierte Preußenbild jedenfalls zu keinem Zeitpunkt gewesen.124 Bildung und Wissenschaft im geteilten Deutschland 1949 – 1989. In: Archiv für Kulturgeschichte 85 (2003), S. 119 – 142, bes. S. 126 f. 122 Schmitt an Schoeps, 13. September 1951; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Kasten 86; für den Zusammenhang vgl. instruktiv Dirk van Laak: Gespräche in der Sicherheit des Schweigens. Carl Schmitt in der politischen Geistesgeschichte der frühen Bundesrepublik. Berlin 1993, bes. S. 31 ff., 222 – 227; zuletzt umfassend und erschöpfend Reinhard Mehring: Carl Schmitt. Aufstieg und Fall. München 2009, bes. S. 486 ff. – Schoeps stand mit Schmitt, dem wohl prominentesten Staatsrechtslehrer der Weimarer Republik und des Dritten Reiches, trotz dessen Engagement für den Nationalsozialismus, nach 1945 in kollegialem brieflichen Austausch; vgl. Anlage IV. 123 Gehlen an Schoeps, 4. Mai 1960; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Ordner Nr. 135. 124 Dazu das bezeichnende Urteil des emigrierten jüdischen Philologen und Pädagogen Walter Feilchenfeld (alias Walter Fales) (1896 – 1953), der mit Schoeps in den späten 1930er Jahren am Berliner Jüdischen Lehrerseminar zusammengetroffen war und sich nach 1945 vergeblich um eine Professur in den westlichen Besatzungszonen bzw. in der Bundesrepublik Deutschland bemühte: „Man kann die Zeiten nicht zurückdrehen. Sie werden entgegnen: Traditionslos – wurzellos. Ich gebe zu, dass ein König, der nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, weil er keine eigentliche Verantwortung trägt, als Garantie des politischen Anstandes in
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2. Die Ehre Preußens Die enge Verflechtung von wissenschaftlicher Erforschung und politischer Vergegenwärtigung Preußens war bei Schoeps von Anfang an sichtbar. Noch vor dem Erscheinen seiner Untersuchung Das andere Preußen hatte er in dieser Hinsicht von sich Reden gemacht. Am 18. Januar 1951, dem 250. Jahrestag der preußischen Königserhebung, hielt er im Auditorium Maximum der Erlanger Universität einen vielbeachteten Vortrag Die Wahrheit über Preußen, der wesentliche Ergebnisse von Das andere Preußen in vorwegnehmender Zusammenfassung präsentierte. Es war die einzige Memorialveranstaltung, die damals in der Bundesrepublik zum Gedenken an die preußische Staatsgründung stattfand. In der Rückschau mag dies einigermaßen überraschen, aus zeitgenössischer Sicht hingegen kaum. Denn der soeben etablierte westdeutsche Teilstaat gab sich unter seinem ersten Kanzler Konrad Adenauer (1876 – 1967) bewußt anti-preußisch und ließ einer unvoreingenommenen Diskussion der Preußen-Thematik nur geringen Raum. Der einzige profilierte „Preuße“ in den Kabinetten der Regierung Adenauer war der pommersche Monarchist HansJoachim von Merkatz (1905 – 1982), der zwischen 1955 und 1962 in wechselnder Besetzung als Bundesrats-, Bundesjustizund Bundesvertriebenenminister amtierte.125 Maßgeblichen Einfluß vermochten er und seine Gesinnungsfreunde indes nicht zu erlangen. Die junge Bonner Republik verstand sich weder territorial als Nachfolgerin des kurz zuvor aufgelösten Deutschland, ähnlich wie in England, eine wichtige Funktion haben kann und dass eine konstitutionelle Monarchie auf breitester demokratischer Grundlage (und ohne Ordensfimmel) vielleicht die dem deutschen Denken gemässeste Regierungsform ist. Ich habe sogar meinen Schülern gegenüber diesen Gedanken oft ausgeführt. Aber ich möchte bezweifeln, dass der Zeitpunkt für die Wiedereinsetzung der Hohenzollern gekommen ist“; Feilchenfeld an Schoeps, 27. Januar 1952; ebd., Ordner Nr. 119. 125 Vgl. Frank-Lothar Kroll: Hans-Joachim von Merkatz. In: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 142 f.; Heinz-Siegfried Strelow: Konservative Politik in der frühen Bundesrepublik – Hans-Joachim von Merkatz (1905 – 1982). In: H.-Chr. Kraus (Hrsg.): Konservative Politiker in Deutschland (wie Anm. 91), S. 315 – 334.
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Preußen, noch bezog sie ihre Staatsräson aus der Wertewelt des untergegangenen Hohenzollernreiches. Wie hätte sich auch die rheinisch-katholisch, süddeutsch-liberal oder hanseatisch-welfisch geprägte Politikerriege der frühen Bundesrepublik ehrlicherweise mit entsprechenden Traditionen identifizieren können, die der eigenen politischen Sozialisation augenscheinlich so strikt entgegenstanden? Umso aufsehenerregender war daher die Schoeps’sche Unternehmung, die im übrigen von ihrem Initiator publizistisch auf breiter Front vorbereitet worden war. Schon Mitte 1950 hatte Schoeps den vom amerikanischen Geheimdienst CIA mit immensen Finanzmitteln ausgestatteten und im Sinn der alliierten „Re-education“-Politik wirkenden Herausgeber des Zeitschriftenmagazins Der Monat und Chefideologen des Kalten Krieges, Melvin J. Lasky (1920 – 2004), mit Hinweis auf das bevorstehende „Jubiläumsdatum“ gebeten, den „Versuch zu einer historisch gerechten Würdigung des Preussentums aus meiner Feder“126 in seiner Zeitschrift aufzunehmen. Schoeps erhielt auf seinen Brief – bezeichnenderweise – nie eine Antwort, und so ließ er denn die Erlanger Rede unter dem Titel Die Ehre Preußens noch im gleichen Jahr 1951 separat im Druck erscheinen. Nach nur wenigen Wochen waren bereits 10.000 Exemplare davon verkauft. Hunderte von Zuschriften prominenter und unbekannter Leser dieser kleinen Broschüre, die 1969 immerhin noch in 8. Auflage erschien,127 bezeugten das außerordentlich vielstimmige Echo, das Schoeps hinsichtlich seiner versuchten „Ehrenrettung“ Preußens damals entgegenklang.128 126 Schoeps an Lasky, 15. Mai 1950; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Ordner Nr. 114; zur Rolle Laskys im politisch-kulturellen Klima der frühen Nachkriegszeit vgl. ausführlich Michael Hochgeschwender: Freiheit in der Offensive? Der Kongreß für kulturelle Freiheit und die Deutschen. München 1998. 127 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Die Ehre Preußens. Stuttgart 1951. 128 Dazu zählten auch mißvergnügte Kommentare aus dem Kreis der älteren, etablierten Preußenforschung; vgl. z. B. die Rezension von Fritz Hartung in: Historische Zeitschrift 174 (1952), S. 597 – 599.
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Zustimmung und Ermunterung kamen vor allem von borussophilen Veteranen der Konservativen Revolution – so beispielsweise von Seiten des Schriftstellers August Winnig (1878 – 1956), dem die Schoeps’schen Ausführungen „als mutige Tat“ galten, „die Ihnen von Preußen und Nichtpreußen gedankt werden wird“,129 oder aus der Feder des Publizisten Wilhelm Stapel (1882 – 1954), der, obgleich „geborener Monarchist“, eine Erneuerung des hohenzollernschen Königtums allerdings „für unmöglich“ hielt.130 Doch auch betont „gesamtdeutsch“ argumentierende Politiker wie etwa der von 1946 bis 1951 als Stellvertretender Oberbürgermeister GroßBerlins amtierende Ferdinand Friedensburg (1886 – 1972) wollten sich, angeregt durch die Schoeps’schen Einlassungen, nicht widerspruchslos „mit der durch Alliierten Befehl durchgeführten ,Abschaffung‘ Preussens abfinden“.131 Alte Freunde aus den Kreisen der Jugendbewegung – allen voran der Staatsrechtslehrer und Verfassungshistoriker Ernst Rudolf Huber (1903 – 1990) – lobten „den Mut, mit dem Du unpopuläre und die Noblesse, mit der Du heikle Fragen behandelt hast“.132 Und selbst prominente Repräsentanten der Emigration und 129 Winnig an Schoeps, 9. September 1951; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Kasten 86. 130 Stapel an Schoeps, 9. Mai 1953; ebd., Ordner Nr. 122; vgl. aber Wilhelm Stapel: Königstreue. In: Deutsches Volkstum 1928, S. 649 – 655. 131 Friedensburg an Schoeps, 22. Dezember 1953; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Ordner Nr. 204; später waren sich Schoeps und Friedensburg darin einig, „daß sich für das alte Herrscherhaus gegenwärtig so garnichts tun läßt“; Schoeps an Friedensburg, 26. Juli 1960; ebd., Ordner Nr. 135. – Friedensburg setzte sich zu Beginn der 1960er Jahre erfolgreich für die (1962 realisierte) Entsendung von Schoeps in den Beirat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ein und erwog mit ihm brieflich die (nicht realisierte) Möglichkeit einer Berufung an die Freie Universität Berlin; Friedensburg an Schoeps, 20. Juli und 4. November 1960; ebd.; für den Zusammenhang vgl. jetzt Gerhard Keiderling: Um Deutschlands Einheit. Ferdinand Friedensburg und der Kalte Krieg in Berlin 1945 – 1952. Köln 2009. 132 Huber an Schoeps, 1. Juli 1951; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Ordner Nr. 116.
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des Exils meldeten sich bei Schoeps aus der Ferne – hier besonders der NSDAP-Renegat und politische Publizist Hermann Rauschning (1887 – 1982)133 sowie der Kultursoziologe Eugen Rosenstock-Huessy (1888 – 1973), dem „der unerschütterliche Glaube der Juden in Deutschland, dass ,der Staat‘ nicht Unrecht tun könne – diese Einmauerung in ein Erdenreich der Gerechtigkeit“ – als „Aufruf zur Versenkung in des Menschen Tiefschründigkeit“ erschien.134 Gleichsam über Nacht hatte sich Schoeps in der westdeutschen Öffentlichkeit als Protagonist und Propagandist einer Erneuerung des Preußentums in unmittelbar politischer Absicht profiliert, welchem Ruf er in der Folgezeit durch zahlreiche weitstrahlende Aktivitäten gerecht geworden ist. Dazu zählten Hunderte von Reden und Ansprachen, mit denen er in ganz Deutschland für die Sache Preußens warb – so wie er diese Sache verstand. Geschichtsvereine und Berufsgenossenschaften gehörten ebenso zum bevorzugten Adressatenkreis seiner Vorträge wie Studentenverbindungen und Traditionsgemeinschaften, Bundeswehrorganisationen, politische Stiftungen und teilweise prominent positionierte Wirtschaftsverbände.135 Artikel in Tages- und Wochenzeitungen, Broschüren und Streitschriften aus seiner Feder flankierten dieses rednerische Engagement von publizistischer Seite. Doch auch institutionell versuchte Schoeps, die Erinnerung an Preußen in der frühen Bundesrepublik lebendig zu erhalten. Weniger galt dies mit Blick auf die von ihm 1958 ins 133 Rauschning an Schoeps, 28. August 1951; ebd., Ordner Nr. 117; vgl. Anlage V; zu Rauschnings Rolle im Widerstand vgl. in diesem Zusammenhang aufschlußreich Winfrid Halder: Irrtum und Umkehr eines Konservativen. Hermann Rauschning und das Regime Hitlers. In: F.-L. Kroll (Hrsg.): Deutsche Autoren des Ostens als Gegner und Opfer des Nationalsozialismus (wie Anm. 35), S. 477 – 500. 134 Rosenstock-Huessy an Schoeps, 11. Juli 1951; ebd., Kasten 86. 135 Etwa der Rhein-Ruhr-Klub, vor dem Schoeps am 31. Oktober 1951 in der Industrie- und Handelskammer Dortmund zum Thema Preußentum und Gegenwart sprach, was bereits im Vorfeld zu einigen Diskussionen führen sollte; vgl. Anlage VI.
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Leben gerufene Gesellschaft für Geistesgeschichte, in deren Tagungs- und Veröffentlichungsprogrammen „preußischen“ Themen zwar einiger Raum gewidmet wurde (und weiterhin gewidmet wird), deren Hauptinteresse indes anderen, methodologischen und ideenhistorischen Fragestellungen galt.136 Hingegen standen der 1969 auf Burg Hohenzollern begründete Zollernkreis sowie das aus diesem 1975 hervorgegangene Preußeninstitut – ihrer beider Etablierung geschah jeweils unter maßgeblicher Mitwirkung von Schoeps – eindeutig im Dienst der Reaktivierung „preußischer“ Gesinnung. Und während seine Teilnahme an den Aktivitäten der seit 1956 bestehenden Arbeitsgemeinschaft Tradition und Leben zur Förderung des monarchischen Gedankens noch eher dem Bereich vereinsinternen Engagements zuzurechnen war,137 betrafen seine Bemühungen, auf dem Weg einer Kandidatur des Chefs des Hauses Hohenzollern, Prinz Louis Ferdinand von Preußen (1907 – 1994)138, für das Amt des Bundespräsidenten 1953 eine Restauration der Hohenzollernmonarchie vorzubereiten, unmittelbar das Feld der „großen Politik“. 136 Vgl. Joachim H. Knoll: Jahresringe der Religions- und Geistesgeschichte. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 60 (2008), S. 1 – 19. 137 Vgl. eingehend, jedoch leider ohne Nutzung ungedruckter Quellenbestände Joachim Selzam: Monarchistische Strömungen in der Bundesrepublik Deutschland 1945 – 1989. Diss. rer. pol. Erlangen-Nürnberg 1994, S. 43 ff., 64 ff., 106 ff. 138 Eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Biographie dieser in mehrfacher Hinsicht – nicht zuletzt als Komponist und Klaviervirtuose von einigem Rang – bemerkenswerten Persönlichkeit fehlt. Wenig aussagekräftig: Louis Ferdinand Prinz von Preußen – Erbe und Auftrag. Festschrift zum 80. Geburtstag. Hrsg. vom Preußeninstitut e.V. / Zollernkreis. München / Berlin 1987; hagiographisch und deskriptiv Jutta Angelika Wonschik-Steege und Wolfgang Stribrny: Ein Vermächtnis. Prinz Louis Ferdinand von Preußen. Ein Leben in Licht und Schatten der Monarchie im 20. Jahrhundert. Remagen 2007, bes. S. 247 – 395. – Überrraschenderweise findet das mit alledem verbundene politisch-organisatorische Geschehen (vgl. dazu Anlage III), das hier erstmals zusammenhängend aus den Akten rekonstruiert wird, in den Memoiren des Prinzen keinerlei Erwähnung, auch Schoeps selbst bleibt ungenannt; vgl. Prinz Louis Ferdinand: Die Geschichte meines Lebens. Göttingen 1968.
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3. Dynastische Planspiele Der preußisch-deutsche Thronprätendent hatte Schoeps sogleich nach Bekanntwerden des Erlanger Preußen-Vortrags im Februar 1951 in sein Bremer Domizil eingeladen, wobei – wohl auf Initiative von Schoeps – das Gespräch rasch die Frage einer Wiederherstellung der monarchischen Staatsform in Deutschland berührte. Jedenfalls entwickelte Schoeps in der Folgezeit hier rege Aktivitäten. Zwei von ihm veranstaltete Arbeitstagungen in Marburg (5. / 6. Januar 1951) und Eltville (3. / 4. Januar 1952), an denen jeweils hochrangige Repräsentanten des öffentlichen Lebens der frühen Bundesrepublik teilnahmen,139 dienten ebenso der Auslotung entsprechender Möglichkeiten wie ein von Schoeps bei Ernst Rudolf Huber, dem Freund aus jugendbewegten Tagen, in Auftrag gegebenes „staatsrechtliches Exposé“140 über die verfassungspolitischen Probleme einer monarchischen Restauration. Huber, damals wegen seines starken Engagements für den Nationalsozialismus noch von jeder Lehrtätigkeit ausgeschlossen, lieferte das gewünschte Gutachten – mit dem Hinweis darauf, daß allein zum Zeitpunkt der deutschen Wiedervereinigung an eine Erneuerung der Monarchie gedacht werden könne, weil dann, und nur dann, laut Grundgesetz ein Wechsel der Staatsform möglich sei. Zugleich antwortete Huber seinem Freund Schoeps nicht ohne Skepsis: „Royalismus“, so meinte er, „scheint mir von folgender Einsicht bestimmt zu sein: In einer Welt, die daran krankt, daß sie der echten Legitimität und Autorität entbehrt, ist es notwendig, den politischen Zentral139 Die Protokolle und Teilnehmerlisten sind erhalten in: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Kasten 86; vgl. aber Anlage VIII. 140 Schoeps an Huber, 23. November 1951; ebd., Kasten 86; dazu direkt jetzt sehr aufschlußreich Hans-Christof Kraus: Eine Monarchie unter dem Grundgesetz? Hans-Joachim Schoeps, Ernst Rudolf Huber und die Frage einer monarchischen Restauration in der frühen Bundesrepublik. In: Ders. und Heinrich Amadeus Wolff (Hrsg.): Souveränitätsprobleme der Neuzeit. Freundesgabe für Helmut Quaritsch anlässlich seines 80. Geburtstages. Berlin 2010, S. 43 – 69.
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punkt wiederherzustellen, von dem eine neue Legitimität und Autorität ausstrahlen könnten. Das wird im Wege einer bloßen Restauration [jedoch] niemals möglich sein; die monarchische renovatio [ . . . ] könnte nur gelingen, wenn sie die staatsrechtliche Formgebung einer geistigen und sozialen Wandlung wäre, die sich im außer-staatsrechtlichen Raum zu vollziehen hätte“141. Huber benannte damit die eigentliche Hürde für eine wie immer geartete Rückkehr zur Königsherrschaft, zugleich das Problem jedes Restaurationsvorhabens in der Geschichte: daß es sich dabei nämlich nicht bloß um eine staatsrechtliche Frage handelt, sondern um eine mentalitätsmäßige Einstellung, daß einer Nation die Monarchie als fraglos akzeptierte Selbstverständlichkeit des öffentlichen Lebens gelten muß, und daß Restaurationsversuche, die nur von einem kleineren Teil der Bevölkerung gewollt und mitgetragen werden, von vorneherein zum Scheitern verurteilt sind.142 Solche Schwierigkeiten scheint Schoeps sich dann in wachsendem Ausmaß selbst eingestanden zu haben. Nachdem er im Dezember 1952 vom Prinzen Louis Ferdinand noch die Zusicherung erbeten und erhalten hatte: „Wenn durch Ihre Bestrebungen oder andere Umstände mir von der Mehrheit des deutschen Volkes ein Amt angetragen werden sollte, werde ich mich dem nicht entziehen“143, schrieb er dem Prin141 Huber an Schoeps, 2. Dezember 1951; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Kasten 86; vgl. Anlage VII; für den Zusammenhang eingehend Ralf Walkenhaus: Konservatives Staatsdenken. Eine wissenssoziologische Studie zu Ernst Rudolf Huber. Berlin 1997; Ewald Grothe: Zwischen Geschichte und Recht. Deutsche Verfassungsgeschichtsschreibung 1900 – 1970. München 2005, bes. S. 172 ff., 317 ff., 366 ff.; ders.: „Strengste Zurückhaltung und unbedingter Takt“. Der Verfassungshistoriker Ernst Rudolf Huber und die NS-Vergangenheit. In: Eva Schumann (Hrsg.): Kontinuitäten und Zäsuren. Rechtswissenschaft und Justiz im „Dritten Reich“ und in der Nachkriegszeit. Göttingen 2008, S. 327 – 348. 142 Zum Problem allgemein Robert A. Kann: Die Restauration als Phänomen in der Geschichte. Graz / Wien / Köln 1974, bes. S. 375 – 391. 143 Louis Ferdinand an Schoeps, 18. Dezember 1952; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Kasten 86.
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zen ein Jahr später, reichlich resigniert und nicht frei von mißvergnügten Untertönen: „Ich habe bisher etwa in 50 Veranstaltungen vor schätzungsweise 20.000 Hörern zusammengenommen die Monarchie als wünschbare Lösung propagiert. Aber nun muss ja wohl einmal etwas geschehen, oder ich lasse besser die Finger davon. [ . . . ] Ich bin ausserdem der Meinung, [ . . . ] dass der Prätendent selbst Kristallisationspunkt zu sein habe, wenn derartige Bestrebungen einen Sinn haben sollen. Derzeit sind Euere Kaiserliche Hoheit aber durch die Konzerte nur ein Kristallisationspunkt für künstlerisch interessierte Kreise. Das scheint mir aber in eine erheblich andere Richtung zu weisen als die, die jetzt für uns notwendig wäre“144. Schon zuvor waren ihm dem Hohenzollernprinzen gegenüber „Versuche, zu einer Aktion zu gelangen, die auf politische Tätigkeit in nächster Zeit hinziele“145, als ebenso notwendig wie aussichtslos erschienen. Und die zur gleichen Zeit, im November 1953 von Schoeps geplante Gründung eines Volkbundes für die Monarchie (Volksbund für Krone und Reich), die – als überparteiliche Massenbewegung „angesichts der grossartigen Stimmung der Berliner“146 – „einen erheblichen Druck auf die öffentliche Meinung und damit auch auf Bonn ausüben“ könnte,147 kam über erste vorbereitende Ansätze nicht hinaus.148 144 Schoeps an Louis Ferdinand, 8. Dezember 1953; ebd., Kasten 86; ähnlich ders. an dens., 7. März 1953, mit der Ermahnung, „dass für die gute [= monarchische] Sache im Moment niemand von uns etwas tun kann, sondern nur Eure Kaiserliche Hoheit selbst“; ebd., Ordner Nr. 121. 145 Ders. an dens., 10. Januar 1952; ebd. 146 Ders. an dens., 12. November 1953; ebd. 147 Schoeps an Reger, 21. November 1953; ebd., Ordner Nr. 204. 148 Für den zeitgeschichtlichen Zusammenhang vgl. (mit spezieller Bezugnahme auf die Aktivitäten von Schoeps) Hans-Helmuth Knütter: Ideologien des Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland. Eine Studie über die Nachwirkungen des Nationalsozialismus. Bonn 1961, S. 181; Helga Grebing: Konservative gegen die Demokratie. Konservative Kritik an der Demokratie in der Bundesrepublik nach 1945. Frankfurt am Main 1971, bes. S. 84 ff., 349 ff., 365 ff.; Martin Greiffenhagen: Das Dilemma
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Schoeps hat dann, nach dem offensichtlichen Scheitern seines Engagements zugunsten einer Wiedereinführung der Monarchie, für länger als ein Jahrzehnt seine „praktischen“ politischen Aktivitäten zugunsten Preußens auf – allerdings sehr zahlreiche – Vorträge über Themen zur Geschichte des Hohenzollernstaates und zu dessen Nachwirken reduziert. Erst gegen Ende der 1960er Jahre begab er sich erneut in die politische Arena. Schon zuvor hatte er gelegentlich in Zeitungsbeiträgen149 und in seiner separat erschienenen Buchveröffentlichung Konservative Erneuerung. Ideen zur deutschen Politik (1958) Alternativen zur nivellierten Mittelstandsgesellschaft sowie Korrektive zur antiautoritären „Vermassung“ und „Entpersönlichung“ des öffentlichen Lebens in Deutschland erwogen. Den Ausgangspunkt aller diesbezüglich vorgetragenen Überlegungen bildete seine programmatische Selbstverortung als Anhänger und Verfechter des politischen Konservativismus, den er als den säkularen Gegenentwurf zum individualistischen Welt- und Menschenbild „progressiver“ Provenienz empfand: „Der Liberale oder Progressive“, so Schoeps, „erlebt [ . . . ] die jeweilige Gegenwart als den Anfang der Zukunft und der Konservative erlebt die Gegenwart als die letzte Etappe der Vergangenheit. [ . . . ] Der progressiv Denkende sieht von der Norm her auf das Daseiende, das sich ihm in Möglichkeiten auflöst, die er auf die Norm hin zu entwickeln strebt. Dagegen will der Konservative das Daseiende in seiner historischen Bedingtheit erfassen und das Normative vom Sein aus zu verstehen suchen.“150 des Konservatismus in Deutschland. München 1971, S. 7 f., 167 f.; Armin Mohler: Von rechts gesehen. Stuttgart 1974, S. 50 f. 149 Vgl. bes. Hans-Joachim Schoeps: Gefahren für den demokratischen Rechtsstaat. Der Radikalisierung entgegentreten. In: Die Welt vom 29. Dezember 1967; ders.: Maßnahmen, eine Minute vor Zwölf. In: Ebd. vom 11. März 1972. 150 Hans-Joachim Schoeps: Politische Parteienschicksale in Deutschland. In: Ders.: Konservative Erneuerung (wie Anm. 96), S. 9 – 24, Zitate S. 20, 22; zum Thema jetzt sehr erhellend Hans-Christof Kraus: HansJoachim Schoeps als konservativer Denker. In: G. Botsch, J. H. Knoll und A.-D. Ludewig (Hrsg.): Wider den Zeitgeist (wie Anm. 9), S. 159 – 176.
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Dieser Einstellung entsprechend, griff Schoeps im Rahmen seiner publizistisch-politischen Einlassungen auf das von ihm wissenschaftlich erforschte Ideengut der preußischen Konservativen und auf die von ihm selbst einst vertretenen Denkfiguren der Konservativen Revolution zurück. Seine aktuellen Vorschläge zielten vorrangig auf die Etablierung einer neuen politisch-gesellschaftlichen Elite. Zu diesem Zweck propagierte er die Einführung eines Mehrstimmenwahlrechts, das jedem Staatsbürger gemäß seines Alters, seines Berufs und seines öffentlichen Engagements in qualitativer Abstufung zusätzliche Stimmen bei der Parlamentswahl verleihen sollte.151 Auch die Errichtung eines Zweikammersystems mit einem aus Spitzenrepräsentanten des öffentlichen Lebens zusammengesetzten und die Entscheidungen der Legislative kontrollierenden „Oberhaus“ auf berufsständischer Grundlage schien ihm im Interesse einer Reform des demokratischen Systems der Bundesrepublik wünschenswert.152 Schoeps ging es mit derartigen Anregungen in erster Linie darum, Gegengewichte zur wachsenden Monopolisierung des staatlichen Lebens durch Parteien und Parlamente zu schaffen. In den 1950er Jahren fanden solche Positionen noch starken Widerhall innerhalb des akademischen und des politisch-publizistischen Establishments.153 So teilten etwa zahlreiche Vertreter der zeitgenössischen westdeutschen Staatsrechtslehre – mit Schoeps – die Skepsis gegenüber den politischen Artikulationsweisen der modernen Massendemokratie, warnten vor 151 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Das Pluralwahlrecht. Eine historische Studie (1971). Wiederabgedruckt in: Ders.: Ein weites Feld (wie Anm. 15), S. 345 – 357. 152 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Probleme der Elitebildung in der nivellierten Mittelstandsgesellschaft. In: Ders.: Konservative Erneuerung (wie Anm. 96), S. 118 – 152, bes. S. 141 ff.; zur Verortung solcher Positionen im Elite-Diskurs der 1950er und frühen 1960er Jahre vgl. jetzt ausführlich Morten Reitmayer: Elite. Sozialgeschichte einer politisch-gesellschaftlichen Idee in der frühen Bundesrepublik. München 2009, bes. S. 319 ff., 428 – 423. 153 Zum ideengeschichtlichen Umfeld vorzüglich Axel Schildt: Moderne Zeiten. Freizeit, Massenmedien und „Zeitgeist“ in der Bundesrepublik der 50er Jahre. Hamburg 1995, S. 324 – 350.
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den Gefahren einer oligarchischen Parteien- und Verbändeherrschaft und wünschten eine stärkere Berücksichtigung von „Elemente[n] obrigkeitlicher Autorität und institutioneller Festigkeit“ in der Verfassungsordnung der Bundesrepublik.154 Im gesellschafts- und universitätspolitisch ohnehin stark aufgeladenen, überdies zunehmend „links“ dominierten Klima der späten 1960er Jahre hingegen mußten solche Gedanken wie eine Provokation wirken – zumal sie sich bei Schoeps weiterhin mit einem beharrlich vorgetragenen Plädoyer zugunsten der monarchischen Staatsform verbanden. Seit Anfang 1968 entluden sich denn auch latent vorhandene Spannungen zwischen Schoeps und Teilen der Erlanger Studentenschaft in tumultartigen Auftritten, versuchter physischer Gewaltanwendung, Vorlesungsboykotten und massiven Diffamierungskampagnen. Flugblätter des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes verleumdeten Schoeps als „erfahrenen Faschisten“, „Nazi-Juden“ und „jüdischen Obersturmbannführer“155. Eine von ihm daraufhin geforderte Solidaritätserklärung verweigerte die Philosophische Fakultät der Universität Erlangen nach einer dramatisch verlaufenden Sitzung im Januar 1968 nahezu geschlossen mit 33 gegen 5 Stimmen. Schoeps hat seitdem bis zu seinem Lebensende an keiner Fakultätssitzung mehr teilgenommen und mit den meisten seiner Kollegen nicht mehr gesprochen. Er nahm dabei auf ein Diktum Georg Christoph Lichtenbergs (1742 – 1799) Bezug: „Es gibt in Deutschland nur zwei käufliche Berufsstände. Der eine ist eine gewisse Sorte Mädchen, der andere – die Universitätsprofessoren“156. 154 Repräsentativ z. B. Werner Weber: Die Verfassung der Bundesrepublik in der Bewährung. Göttingen 1957, bes. S. 11 f., 30 f., Zitat S. 47; vgl. neuerdings Frieder Günther: Denken vom Staat her. Die bundesdeutsche Staatsrechtslehre zwischen Dezision und Integration 1949 – 1970. München 2004, bes. S. 138 ff. 155 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Antworten an Hetzer und Fälscher. In: Ders.: Ja – Nein – Und Trotzdem (wie Anm. 11), S. 203; ferner die umfängliche Zeitungsausschnitt- bzw. Flugblattsammlung im Stadtarchiv Erlangen: Bestand III. 162 Sch 1 (Materialien und Unterlagen zur Erlanger Lehrtätigkeit), welche die entsprechenden Vorgänge dokumentiert. 156 Zitiert nach Kurt Töpner: Hans-Joachim Schoeps zum Gedenken. In: Zum Gedenken Hans-Joachim Schoeps 1909 – 1980. Schwarzenbach
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Unter dem Eindruck solcher Anfeindungen seitens der Erlanger „Achtundsechziger“, für die das Dasein eines konservativen preußischen Juden ein Ärgernis bildete,157 unternahm Schoeps den Versuch einer eigenen Parteigründung. Am 18. / 19. Januar 1970 erschienen in den Zeitungen des SpringerKonzerns Welt am Sonntag, Die Welt und Bild ganzseitige Anzeigen, die zur Mitgliedschaft in einer Konservativen Sammlung aufriefen, was das Zeitschriftenmagazin Stern sogleich zu dem reißerischen Kommentar veranlaßte: „150 rechte Deutsche taten sich zusammen, um für die Tradition zu streiten“158. Angesichts des massiven publizistischen Gegenwindes und sofort aufkeimender interner Querelen und Richtungsstreitigkeiten, war es keine Überraschung, daß der Schoeps’sche Parteigründungsversuch rasch und vollständig scheiterte. Er selbst hat über das Schicksal seiner kurzlebigen Konservativen Sammlung ausführlich berichtet.159
1980, S. 7; die Geschehenszusammenhänge erhellt (aus freilich subjektiver Perspektive) Hans-Joachim Schoeps: Die Gleichschaltung oder der Zeitgeist übergibt sich. In: Ders.: Ja – Nein – Und Trotzdem (wie Anm. 11), bes. S. 238 – 251 („Die Gleichschaltung ab 1967“); ferner Julius H. Schoeps: „Nil inultum remanebit“. Die Erlanger Universität und ihr Umgang mit dem deutsch-jüdischen Remigranten Hans-Joachim Schoeps (1909 – 1980). In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 52 (2000), S. 266 – 278, bes. S. 277 f. 157 Schoeps wurde in der Folgezeit auch von überregionalen Presseorganen – beispielsweise von der Frankfurter Rundschau, der Zeit oder dem Tagesspiegel – wegen seiner pointiert deutsch-jüdischen Haltung nach 1933 mangelnder Distanz zum Nationalsozialismus verdächtigt. Er reagierte auf diese Anwürfe seinerseits mit teilweise sehr aggressiv formulierten Verteidigungsschriften; vgl. Hans-Joachim Schoeps: Rufmord 1970. Erlangen / Berlin 1970; ders.: Deutschland droht die Anarchie. Mainz 1972; ders.: Abschied von Deutschland. Mainz 1973. 158 Stern, Nr. 6 vom 2. Februar 1970. 159 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Der Versuch einer konservativen Sammlung oder die fehlende politische Chance. In: Ders.: Ja – Nein – Und Trotzdem (wie Anm. 11), S. 159 – 200.
V. Der preußische Traum Alle diese Unternehmungen kennzeichneten Schoeps als spätes Beispiel eines politischen Professors, wie ihn die deutsche Wissenschaftsgeschichte seit Anfang des 19. Jahrhunderts als ausgewiesenen akademischen Typus kannte, und wie er in seinem Erscheinungsbild seitens der historischen Forschung mittlerweile umfassend rekonstruiert worden ist.160 Die inhaltlichen Bezugspunkte des von Schoeps mit alledem verbundenen Engagements erhielten – wie könnte es anders sein! – ihre einende Mitte von Preußen her. Ja, man kann in diesem borussophilen Engagement des Erlanger Gelehrten geradezu die Quintessenz seiner biographischen und die praktische Anwendung seiner wissenschaftlichen Preußen-Erfahrung erblikken. Drei Zielvorgaben zeichnen sich dabei vorrangig ab. 1. Preußen als Idee Die erste dieser drei Zielvorgaben orientierte auf ein Bündel von Zuschreibungen, denen allesamt der Wille zur Erneuerung der preußischen Idee zugrunde lag.161 Schoeps war zutiefst davon überzeugt, daß sich eine solche Idee im Verlauf der geschichtlichen Entwicklung des Hohenzollernstaates ausgeformt habe, daß sie sich historisch rekonstruieren lasse, und daß sie eine unverzichtbare Ergänzung zu den seit 1945 in Westdeutschland zunehmend vorherrschenden Prinzipien der „westlich“ geprägten Massendemokratie darstelle. Manche 160 Dazu jetzt die vorzügliche Bilanz von Hans-Christof Kraus: Kultur, Wissenschaft und Bildung im 19. Jahrhundert. München 2006, S. 29 f., 84 f. 161 Vgl. bes. Schoeps: Preußentum und Gegenwart (wie Anm. 114), S. 84 ff.
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Bauelemente dieser spezifisch preußischen Idee waren mit den Modalitäten und Mechanismen der modernen Lebenswirklichkeit relativ reibungslos vereinbar: Rechtsstaatlichkeit162 und Toleranzgesinnung163 etwa, die auch ethnischen und religiösen Minderheiten Raum zu gewähren bereit waren, zählten ebenso zu diesen positiven Bauelementen wie die Existenz eines einsatzfreudigen und arbeitsfrohen, verantwortungsvollen und pflichtbewußten Beamtentums, das sich in gewissenhafter und unbestechlicher Arbeit bewährte. Auch das Vorhandensein einer leistungsstarken und sparsamen Verwaltung, der Wille zu einer sozial ausgewogenen Gesetzgebung sowie die Fähigkeit, Bildung und Wissenschaft als bevorzugte Felder kulturstaatlichen Engagements zu begreifen und dementsprechend zu fördern,164 verwiesen auf bewahrenswerte Aktivposten der Geschichte Preußens. Und nicht zuletzt galt dies für die landsmannschaftliche Zusammensetzung des Hohenzollernstaates, die allem nationalen oder gar völkisch-nationalistischen Denken strikt entgegenstand. Denn in Preußen hatte sich nicht, „wie überall sonst in der Welt“, eine Nation einen 162 Zum Ethos preußischer Rechtsstaatlichkeit vgl. zusammenfassend Schoeps: Preußen – gestern und morgen (wie Anm. 117), S. 10 ff.; die Forschungsresultate hierzu resümierte in bis heute gültiger Weise bereits Otto Hintze: Preußens Entwicklung zum Rechtsstaat (1920). Wiederabgedruckt in: Ders.: Regierung und Verwaltung. Gesammelte Abhandlungen zur Staats-, Rechts- und Sozialgeschichte Preußens. Hrsg. und eingeleitet von Gerhard Oestreich. 2. Aufl. Göttingen 1967, S. 97 – 163; ferner Otto Hintze: Der Beamtenstand (1911). Nachdruck Darmstadt 1963, bes. S. 42 ff. 163 Zur Vorreiterrolle Preußens auf dem Weg der Entfaltung neuzeitlicher Religionstoleranz und Gewissensfreiheit vgl. Hans-Joachim Schoeps: Die Toleranz in Europa (1957). Wiederabgedruckt in: Ders.: Studien zur unbekannten Religions- und Geistesgeschichte (wie Anm. 93), S. 199 – 205; die diesbezüglich aktuelle Forschungsposition markiert zuletzt Frank-Lothar Kroll: Das Problem der Toleranz bei Friedrich dem Großen. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, N. F. 11 (2001), S. 53 – 75; vgl. zum Problem ferner ders.: Preußische Facetten. Remscheid 2002, bes. S. 65 f. 164 Zur Problematik preußischer Kulturstaatlichkeit vgl. zuletzt, mit reichhaltiger Literatur Wolfgang Neugebauer: Preußen als Kulturstaat. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, N. F. 17 (2007), S. 161 – 179.
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V. Der preußische Traum
Staat geschaffen, „sondern umgekehrt sich [ . . . ] eine Idee im Staat verkörpert“.165 Das Ethos eines solchen Staates, der Ausländer leicht zu assimilieren vermochte, durch eine großzügige Asylpolitik europaweit von sich Reden machte und dabei verschiedensten Volksgruppen Schutz und Entfaltungsmöglichkeiten bot166, konnte für die frisch etablierte westdeutsche Nachkriegsdemokratie eine unbestreitbar vorbildhafte Bedeutung gewinnen. Andere Bestandteile der von Schoeps so eifrig bemühten „preußischen Idee“ besaßen hingegen eindeutig den Charakter einer Kontrastdiagnose zur politischen Kultur der Bundesrepublik. Der westdeutsche Teilstaat orientierte sich nachdrücklich am Leitgedanken individueller Freiheitsverwirklichung und am Kollektivziel materieller Wohlstandswahrung. Beides ließ sich nur schwer mit den Fundamenten preußischer Staatlichkeit koordinieren.167 Das elitebezogene Ordnungsmodell Preußens war dem Grundsatz der Autorität verpflichtet. Es richtete sich gegen pauschal erhobene Gleichheitsforderungen und betonte statt dessen die Notwendigkeit gesellschaftlicher Abstufungen und politischer Hierarchien. Es verstand „Liberalität“ nicht im westlich-individualistischen Sinn als Möglichkeit einer schrankenlosen Realisierung persönlichen Emanzipationsstrebens, sondern hielt „Freiheit“ nur in der auf Verantwortung basierenden Gebundenheit des Dienstes für möglich und erstrebenswert. Ein solches Politikmodell jedoch erschien in den Jahrzehnten nach 1945, im Einzugsfeld wach165 Schoeps: Preußentum und Gegenwart (wie Anm. 114), S. 84; vgl. auch ders.: Was war Preußen? In: Ders.: Üb’ immer Treu und Redlichkeit (wie Anm. 118), S. 12 ff. 166 Sehr erhellend dazu die Bemerkungen von Kurt Kluxen: Der Staat, der nur aus Minderheiten bestand. In: Die Welt vom 3. Dezember 1981; zum Problem insgesamt Frank-Lothar Kroll: Militär, Politik und Kultur. Das Janusgesicht Preußens. In: Bernd Heidenreich und Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Macht- oder Kulturstaat? Preußen ohne Legende. Berlin 2002, S. 9 – 18. 167 Vgl. Schoeps: Preußentum und Gegenwart (wie Anm. 114), S. 86; dazu aus neuerer Sicht perspektivenreich Karlheinz Weißmann: Die preußische Dimension. Ein Essay. München 2001, bes. S. 38 ff., 119 ff.
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sender „Westernisierung“ und „Amerikanisierung“ der Westdeutschen,168 als vollkommen unzeitgemäß. Wer mochte sich damals, angesichts des Erlebnishorizontes der jüngsten deutschen Vergangenheit, noch zu jener spezifisch preußisch-konservativen Auffassung bekennen, gemäß derer der Einzelne nur dann wirklich „frei“ war, wenn er sich in eine als notwendig und zugleich sinnvoll erkannte transpersonale Ordnung einfügte, wenn er sich einer Lebensform verschrieb, deren Bindungen er ohne Zwang zu akzeptieren vermochte, und innerhalb derer er sich seinen Fähigkeiten entsprechend entfalten konnte?169 2. Kommt die Monarchie? Die zweite „praktische“ Zielvorgabe, die Schoeps im Rahmen seiner wissenschaftlichen Beschäftigung mit Preußen aus historischer Perspektive in die politische Gegenwartsdiskus168 Vgl. für den Zusammenhang Axel Schildt: Ankunft im Westen. Ein Essay zur Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik. Frankfurt am Main 1999, bes. S. 149 – 180; Anselm Doering-Manteuffel: Wie westlich sind die Deutschen? Amerikanisierung und Westernisierung im 20. Jahrhundert. Göttingen 1999, bes. S. 34 ff., 58 ff.; spezieller Frank-Lothar Kroll: Die kupierte Alternative. Konservatismus in Deutschland nach 1945. In: Ders. (Hrsg.): Die kupierte Alternative (wie Anm. 113), S. 3 – 24. 169 Daß Schoeps bei alledem keineswegs blind war für manche Untugenden und Schattenseiten des Preußentums – Militarismus und Servilismus etwa, oder auch Staatshörigkeit und Kadavergehorsam – belegen seine kritischen Ausführungen zur Spätzeit des Hohenzollernreiches nach der Reichsgründung von 1871 und sein immer wieder lebhaft vorgetragenes Mißvergnügen an den „Entartungen“ des Wilhelminismus; vgl. z. B. Schoeps: Die Ehre Preußens (wie Anm. 127), S. 29 ff.; ders.: Preußentum und Gegenwart (wie Anm. 114), S. 92 f.; ferner zusammenfassend ders.: Das Wilhelminische Zeitalter in geistesgeschichtlicher Sicht. In: Ders. (Hrsg.): Zeitgeist im Wandel. Bd. 1: Das Wilhelminische Zeitalter. Stuttgart 1967, S. 11 – 39. Allerdings war nach Auffassung von Schoeps in jenen Jahren nicht etwa Deutschland dem vermeintlichen preußischen Unwesen zum Opfer gefallen; der Hohenzollernstaat sei vielmehr – umgekehrt – durch seine „Verausgabung“ an das Reich in seiner sittlichen Substanz verwässert, verdorben und schließlich zugrundegerichtet worden; vgl. Schoeps: Preußen. Bilder und Zeugnisse (wie Anm. 107), S. 35 ff.
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sion der frühen Bundesrepublik einbrachte, war sein unbeirrt vorgetragenes Plädoyer zugunsten der monarchischen Staatsform. Da ihm das Königtum stets als die substanzielle Größe des preußischen Staates gegolten hatte, dachte er, wie bereits skizziert, seit Anfang der 1950er Jahre intensiv über die Möglichkeiten seiner Erneuerung nach.170 Er verfocht – mit guten Gründen – die Idee der Krone als einer neutralen schiedsrichterlichen Instanz oberhalb aller politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Parteiungen, unabhängig von partikularen Machtinteressen und frei von sektoral gebundenen Gruppeneinflüssen. Dabei hatte er eine parlamentarische Monarchie im Blick, die nicht im Widerspruch zu den Prinzipien von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und sozialem Ausgleich stand, sondern diese Prinzipien überhaupt erst zur Entfaltung zu bringen und dauerhaft zu festigen vermochte. Zweifel an der prinzipiellen Vereinbarkeit von Monarchie und Demokratie waren ihm in Reaktion auf seine Schrift Kommt die Monarchie? (1953) mehrfach entgegengeklungen. So mahnte der ehemalige Wehrmachtsgeneral Wolf Graf von Baudissin (1907 – 1993), der im späteren Bundesverteidigungsministerium für die Ausarbeitung der Grundsätze zur Inneren Führung der Bundeswehr verantwortlich sein sollte, „[ . . . ] dass durch das Propagieren monarchistischer Gedanken unter keinen Umständen unsere schwache Demokratie untergraben werden darf. Jeder noch so berechtigt erscheinende Gedanke an eine Änderung unserer Grundordnung muss daher verheerend wirken. Er gerät in Bundesgenossenschaft mit den unerfreu170 Vgl. bes. Hans-Joachim Schoeps: Kommt die Monarchie? Wege zu neuer Ordnung im Massenzeitalter. Ulm 1953, bes. S. 46 – 69; ferner ders.: Rückblicke (wie Anm. 10), S. 168 – 174. – Schon 1934 hatte Schoeps im Umfeld seiner religionswissenschaftlichen Forschungen zum Judentum entsprechende Bekenntnisse abgelegt: „Das Zeugnis der Geschichte lehrt, daß ein Volk nur Volk wird durch seinen König und solange Volk bleibt, als königliche Gewalt vorhanden ist, welcher Satz auch für republikanische Geschichtszeiten Geltung hat, in denen die potestas regis nur eine andere Wirkgestalt annimmt. Erlischt die königliche Gewalt eines Volkes, so gerät es in Knechtschaft, geht es seines Bodens und seiner Lebenskraft verlustig, hört es auf, Volk zu sein.“; Schoeps: Wir deutschen Juden (wie Anm. 50), S. 16.
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lichsten Elementen“.171 Und Ernst-Wolfgang Böckenförde (* 1930), nachmals prominenter Verfassungsjurist und Richter am Bundesverfassungsgericht, sah angesichts der modernen Massengesellschaft, ähnlich wie vor ihm schon Ernst Rudolf Huber, kaum Voraussetzungen für die Wiedererrichtung der monarchischen Staatsform: „Es ist doch ein Unterschied, ob eine solche Institution vorhanden ist und es sie zu erhalten und zu verfestigen gilt – wie etwa in England und den Benelux-Ländern – oder ob man sie wieder neu errichten und den Boden dafür bereiten muß“.172 Diesen nicht unberechtigten Einwendungen zum Trotz hielt Schoeps die Implantierung der Monarchie ins politische System Deutschlands mittels einer Verfassungsrevision weiterhin für „die stärkste Stütze, die man dem demokratischen Staatsaufbau geben kann“173, weil die Krone als repräsentative Staatsspitze eine symbolische Qualität besitze, und weil sie moralische Autorität jenseits aller politischen Bindungen ausstrahle, „den Staat als Ganzes über den Teilinteressen in der Gestalt ihres Trägers“174 darstellend. „Mein Interesse“, so re171 Baudissin an Schoeps, 13. Januar 1955; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Ordner Nr. 203. 172 Böckenförde an Schoeps, 5. September 1954; ebd. – Aus einer vollkommen anderen Perspektive kritisierte der an der Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts im Januar 1919 maßgeblich beteiligte ehemalige Generalstabsoffizier Waldemar Pabst (1880 – 1970) die ihm von Schoeps unterbreiteten monarchistischen Restaurationsideen: „Ich persönlich halte nämlich die Frage ,Preussen‘ für dringender als die Frage ,Monarchie‘“; Pabst an Schoeps, 18. November 1958; ebd., Ordner Nr. 132; später freilich ließ sich Pabst, trotz Vorbehalten gegen die „deutsche Parlamentokratie“, von Schoeps davon überzeugen, „welch ungeheure Werte für eine Nation die über dem Parteigezänke stehende Krone hat“; ders. an dens., 18. November 1962; ebd., Ordner Nr. 140; für den Zusammenhang jetzt Klaus Gietinger: Der Konterrevolutionär. Waldemar Pabst. Eine deutsche Karriere. Hamburg 2009. 173 Schoeps: Rückblicke (wie Anm. 10), S. 169. 174 Ebd.; vgl. auch Schoeps: Die Ehre Preußens (wie Anm. 127), S. 36 ff.; ders.: Preußen – gestern und morgen (wie Anm. 117), S. 30 ff. „Der Monarch herrscht, aber er regiert nicht; er ist lediglich Repräsentant der Nation als Gesamtheit, während die Regierungen kommen und gehen. Deshalb
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sümierte Schoeps seine diesbezüglichen Intentionen 1954 gegenüber dem stellvertretenden Landesvorsitzenden des seinerzeit einflußreichen Bayerischen Heimat- und Königsbundes175 Erich Chrambach, „gilt vornehmlich der monarchischen Erneuerung einer deutschen Reichsspitze. Ich glaube, dass die mehr landschaftlich gebundenen Bemühungen der bayerischen Königstreuen und ähnlich die Hannoveraner wahrscheinlich nur dann Erfolg haben werden, wenn es gelingt, eine monarchische Bewegung auf Reichsebene wieder in Gang zu bringen. Das Kaiserreich von 1871 hatte 21 monarchische Teilstaaten und drei Republiken. Ich könnte mir vorstellen, dass ein neues deutsches Kaiserreich aus einer grossen Zahl Republiken und zwei oder drei monarchisch verfassten Landesteilen sich zusammensetzen könnte. Denn ausser in Bayern, Niedersachsen und Altpreussen dürfte es sonst für eine monarchische Restauration keine Aussichten geben“176. Solche Positionen, die in letzter Konsequenz auf eine Totalumwandlung der westdeutschen Verfassungsordnung hinausliefen, mußten zu ihrer Zeit weithin anachronistisch wirken, obwohl der monarchische Gedanke in Deutschland damals, in den 1950er Jahren, noch zahlreiche Anhänger hatte. Das galt nicht nur mit Blick auf manche prominenten Vertreter des geikann er auch nicht für etwaige Fehlgriffe einer Regierung verantwortlich gemacht werden“; Schoeps: Kommt die Monarchie (wie Anm. 169), S. 172. 175 Dazu grundlegend Dieter J. Weiß: „In Treue fest“. Die Geschichte des Bayerischen Heimat- und Königsbundes und des Bayernbundes 1921 bis 1996. In: Ders. und Adolf Dinglreiter (Hrsg.): Gott mit dir du Land der Bayern. Regensburg 1996, S. 9 – 54. 176 Schoeps an Chrambach, 12. Februar 1954; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Ordner Nr. 204; für den Zusammenhang instruktiv Konrad Maria Färber: Bayern wieder ein Königreich? Die monarchistische Bewegung nach dem Zweiten Weltkrieg. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Neuanfang in Bayern 1945 bis 1949. Politik und Gesellschaft in der Nachkriegszeit. München 1988, S. 163 – 182; Dieter J. Weiß: Kronprinz Rupprecht von Bayern (1869 – 1955). Eine politische Biografie. Regensburg 2007, S. 350 ff.; vgl. ferner Konstantin Prinz von Bayern: Ohne Macht und Herrlichkeit. Hohenzollern – Wittelsbach – Habsburg. München 1961, bes. S. 96 – 99.
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stig-politischen Lebens in Deutschland, etwa die Schriftsteller Reinhold Schneider und Wilhelm Hausenstein (1882 – 1957), die Politiker Hans-Joachim von Merkatz, Eugen Gerstenmaier, Hermann Ehlers (1904 – 1954), Friedrich Holzapfel (1900 – 1969) und Hans Schlange-Schöningen (1886 – 1960), oder den ersten Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Otto John (1909 – 1997).177 Auch eine Ende November 1951 vom Bielefelder Institut für Markt- und Meinungsforschung EMNID angestrengte repräsentative Erhebung ergab auf die an 2000 Bundesbürger gerichtete Frage: „Wie Sie wissen, wird jetzt häufiger [!] von einer Monarchie gesprochen – wären Sie für Wiedereinführung einer Monarchie in Deutschland oder dagegen“ immerhin eine 23-prozentige Zustimmung und „nur“ eine 43-prozentige Ablehnung, 34 Prozent der Befragten zeigten sich unentschlossen.178 Überdies stellte (und stellt weiterhin) ein Blick auf die Verfassungspraxis demokratischer Musterländer Europas – Englands zumal, aber auch der nordischen Staaten, der Benelux-Länder und (seit 1975) Spaniens – die Vereinbarkeit von Monarchie und Demokratie fraglos unter Beweis.179 177 Zu ähnlichen Überlegungen in der zeitgenössischen Staatsrechtslehre Karl Loewenstein: Die Monarchie im modernen Staat. Frankfurt am Main 1952, bes. S. 73 ff., 81 ff. 178 Wer wäre für Monarchie, EMNID-Erhebung Nr. 274 / 51, in: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Kasten 86. 179 Zur Rolle der Krone als ruhender Pol oberhalb aller anderen Staatsorgane und als gemeinsamer Bezugspunkt sämtlicher gesellschaftlicher Gruppen vgl. – ganz im Sinn der Schoeps’schen Argumentation – unlängst René Häusler: Rückkehr der Mitte? Königtum zwischen Mythos und Moderne. Ein Beitrag zur Theorie der Monarchie im Zeichen des wiedererstarkenden Royalismus in Ostmittel- und Südosteuropa. Frankfurt am Main 1997; ders.: Herrscher der Herzen? Vom Sinn des Königtums im 21. Jahrhundert. Die parlamentarische Monarchie als psychologische Staatsform. Frankfurt am Main 1998. – Zum „Modellfall“ Spanien vgl. sehr instruktiv Walther L. Bernecker: Monarchie und Demokratie. Zur politischen Rolle von König Juan Carlos. In: Ders. und Klaus Discherl (Hrsg.): Spanien heute. Politik, Wirtschaft, Kultur. Frankfurt am Main 1998, S. 161 – 189; ders.: Ein moderner Fürst. König Juan Carlos I. von Spanien. In: Wolfgang Weber (Hrsg.): Der Fürst. Ideen und Wirklichkei-
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3. Preußens Wiederkehr? Die dritte unmittelbar politische Zielvorgabe des preußenbezogenen Engagements von Hans-Joachim Schoeps galt – wen würde das überraschen? – der Frage nach einer möglichen Wiederkehr, einer konkreten Wiedererrichtung des Staates Preußen. Entsprechende Überlegungen sind erst unlängst von politischer Seite vorgetragen worden,180 sie bewegten sich im Rahmen der Diskussion über eine Neugliederung der Bundesländer und um eine Reform des Föderalismus, und auch Schoeps hatte sie seinerzeit in diesen Rahmen hineingestellt. Damals freilich bestand noch die deutsche Teilung, und deren Überwindung war für ihn stets die unabdingbare Voraussetzung für jedes Streben nach einer Erneuerung preußischer Staatlichkeit.181 Der Zeitpunkt der deutschen Wiedervereinigung hatte ihm als jener Moment gegolten, an dem der Hohenzollernstaat, an dem auch das hohenzollernsche Königtum als verbindende Klammer um die beiden getrennten Teile Deutschlands wiederherzustellen sei. Erst dann, so Schoeps, sei auch die Wiederkehr Preußens, die Errichtung eines „Kleinst“-Preußen geboten.182 Ausdrücklich berief er sich in diesem Zusammenhang auf das Schicksal Polens, das sich zwischen 1795 und 1918, während der zwölf Jahrzehnte seiner staatlichen Nichtexistenz, in einer ähnlichen Lage befunden ten in der europäischen Geschichte. Köln 1998, S. 209 – 245. – Neueste einschlägige Forschungsbilanzen bei Gisela Riescher und Alexander Thumfart (Hrsg.): Monarchien. Baden-Baden 2008 (aus politikwissenschaftlicher Perspektive), sowie bei Thomas Biskup und Martin Kohlrausch (Hrsg.): Das Erbe der Monarchie. Nachwirkungen einer deutschen Institution seit 1918. Frankfurt am Main / New York 2008; zum Ganzen jetzt auch die notwendigen Klarstellungen bei Patrick Bahners: Louis Ferdinand hielt sich in Reserve. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. Mai 2010. 180 Vgl. dazu speziell Christopher Clark: Preußen. Aufstieg und Niedergang. 1600 – 1947. München 2006, S. 12 f.; ferner Frank-Lothar Kroll: Zur Aktualität Preußens. Der Hohenzollernstaat in der neueren deutschen Geschichtsschreibung. In: G. Corni, F.-L. Kroll und Chr. Liermann (Hrsg.): Italien und Preußen (wie Anm. 28), S. 17 – 23. 181 Vgl. Schoeps: Preußentum und Gegenwart (wie Anm. 114), S. 109 ff. 182 Vgl. ebd., S. 112.
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habe wie Preußen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Auch dessen Territorium sei „viergeteilt“ – zwischen der Sowjetunion, Polen, der DDR und der Bundesrepublik. „Polen ist wiedererstanden, weil seine Staatsidee über ein Jahrhundert hin am Leben blieb. Es könnte sein, daß Europa an Preußen ähnliches erleben wird, da sich eine historische Wirklichkeit nicht vertreiben und auflösen läßt“.183 Der nach diesem „Interim“184 wiederhergestellte preußische Staat sollte den seit 1945 geschaffenen deutschen Ländergrenzen allerdings insofern Rechnung tragen, als er „auf der Basis von vor 1866“ zu errichten sei.185 Neben dem alten hohenzollernschen Stammland Brandenburg mit Berlin galten in diesem Sinn Rest-Pommern, Rest-Schlesien und Sachsen-Anhalt als mögliche Kernregionen eines neuen Preußen. Dessen territorialer Schwerpunkt lag mithin in Mitteldeutschland, und so formulierte Schoeps sein diesbezügliches Programm 1958 denn auch in eindeutig gesamtdeutscher Perspektive: „Die Wiederkehr Preußens und die Erneuerung Europas sind letzten Endes Synonyma, d. h. [ . . . ] Ausdrücke für die gleiche Sache: die Existenz Deutschlands“186. Zwei der in dieser Formulierung zitierten historischen Größen – die Existenz Deutschlands und die Erneuerung Europas – haben sich im Jahr des achtzigsten Geburtstags von Hans-Joachim Schoeps 1989 auf unvorhergesehene Weise realisiert. Zur Wiederkehr Preußens freilich ist es nicht gekommen, und die zugunsten einer solchen Wiederkehr sprechenden Indizien sind im Jahr seines hundertsten Geburtstags 2009 denkbar gering. Preußen wird wohl weiterhin – in den Worten von Schoeps aus dem Jahr 1966 – „eine anonyme Macht“ bleiben, „eine Geheimlosung der Wissenden“187. Und Ebd., S. 109. Ebd., S. 117. 185 Schoeps an Chrambach, 12. Februar 1954; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, NL 148 (H.-J. Schoeps), Ordner Nr. 204. 186 Schoeps: Preußentum und Gegenwart (wie Anm. 114), S. 114. 183 184
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in nicht allzu ferner Zeit – so könnte man diese Worte aus der Perspektive des Jahres 2010 ergänzen –, werden die Bauprinzipien und Strukturgesetze des preußischen Staates den Lebenden so fern gerückt sein wie vielleicht die Kulturleistungen der Herzöge von Burgund oder die Königsmythen des alten Mesopotamien. Umso wichtiger scheint es, an sie zu erinnern: an Preußen und an seinen Historiographen – an Hans-Joachim Schoeps.
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Schoeps: Preußen. Geschichte eines Staates (wie Anm. 105), S. 300.
Anlagen Anlage I Hans-Joachim Schoeps: Der Jude in Preußen. Aufzeichnung, verfaßt für die Zeitschrift Der Schild. Zeitschrift des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten, e.V., undatiert [1934 / 35]; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlaß 148 (Hans-Joachim Schoeps), Kasten 37 Preussen ist die einzige deutsche Landschaft, in der Menschenschlag und Landschaftsschlag zurücktreten hinter den Zwang des Schicksals. In Preussen zwingt die Geschichte. – Jede andere deutsche Landschaft und der in ihr lebende Volksstamm kann als Naturgestalt mit einem Wachstum in der Zeit gesehen und beschrieben werden; nur für Preussen gilt dies nicht. Preussen ist zuerst Kunstprodukt geschichtlicher Formung und dann erst Stammeslandschaft. Deshalb spricht man auch nicht so oft vom Territorium Preussen, als vielmehr vom preussischen Geist. Und darum braucht auch nicht jeder, der in Preussen lebt, Preusse zu sein, und mancher Bayer (z. B. Stahl!) oder Hesse (z. B. Freiherr vom Stein!) ist dafür, wie man weiss, zum Preussen geworden. [...] Vom preussischen Juden als einem Sonderwesen lässt sich nicht sprechen. Es gibt Juden wie Arier, die preussisch wurden, weil sie unter das preussische Lebensgesetz geraten sind, also muss von diesem hier gesprochen werden, wenn die Gestalt des Juden in Preussen deutlich werden soll. Auch Preussen hat landschaftliche Voraussetzungen. Aber im Falle Preussens begründen sie nicht, sondern tragen höchstens zur Erklärung bei, wie dieses Phänomen möglich werden konnte: Preussen liegt in der norddeutschen Tiefebene. Das will sagen: Preussen ist der zu starrer Form geronnene Widerstand gegen das erschlaffende Erliegen vor der Weite norddeutschen Flachlandes. Auf die bedrängende, Angst hervorrufende Übermacht der norddeutschen Tiefebene gibt es nur zwei mögliche Reaktionen: Die widerstandslose Hingabe an die Weite der Landschaft, die mystische Vermählung mit der Unendlichkeit, in die hinein die Ebene gegen
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den dunstigen Horizont verschwimmt. Das ist die artgemässe Reaktion des russischen Menschen, wie er repräsentativ war im Vorkriegsrussland, in der Dostojewski’schen Welt, in der unerhörte religiöse Einsichten und die Machtfülle der östlichen Kirche möglich waren. Es gibt aber noch eine zweite, andere Antwort, die des heroischen Trotzes, des Widerstandes gegen den Hang zur Selbstauflösung. Aus ihm entstand die preussische Kaserne, der rote Backsteinbau, in dessen vier Mauern die Steppe eingefangen und überwunden war, in der Sichtbarkeit der nüchtern-klotzigen Baugestalt. Aus dem Widerstand gegen die auflösende Gewalt der Ebene erwuchs geprägte Form und Regel, militärisches Kommando und Disziplin, Herrschaftswille und Befehlsgewalt: Der Staat Preussen. Seine Errichtung, ein Werk unerhörtester, geistiger Kraftanstrengung, hinter seiner Fassade alle Spannungen, die die Form immer wieder zu sprengen drohen, und der zurückgehaltene Wille zum Chaos. In Preussen können darum keine Kleinbürger leben, selbst sie werden im Miniaturformat gewaltsam heroisch gemacht. Preussen war ein Staat, der mit Blut und Rasse wenig zu tun hatte, in den jeder hineinwachsen konnte, der von der tragenden Gewalt dieser Landschaft ergriffen, jenen ursprünglichen Widerstandswillen in sich nachvollzog, der die Einsicht in das preussische Lebensgesetz erschliesst. Preussen, wie wir es kennen, wie die Welt es kennt, ist erst geschaffen worden durch Friedrich den Grossen. Er machte dieses Kolonialland östlich der Elbe, das die Deutschordensritter weiland erobert und das seit über 300 Jahren die Hohenzollern administriert und zu einem – wenngleich überaus unorganischen – Staatswesen gefügt hatten, zum „Niemandsland der Staatsraison“. Friedrich ist der erste reine Politiker, den die moderne Geschichte kennt, der nichts im Rücken hat, als den Staat selbst. Weder das Reich, noch die Nation, weder die Religion, noch die Kultur geben seiner Politik ihre Rechtfertigung. Allein der Staat selbst, auf den er alles zurückwerfen muss an Glanz und Wärme, was sonst durch ein zwingendes Drittes gespendet wird. Der auf seine Militärmacht gebaute Staat ist zum Inhalt der Religion – nein zur Religion selbst geworden. [...] Seit 1756 verkennt nun fortgesetzt die ganze Welt diese Staatsraison der Disziplin als nackte Raubgesinnung, weil sie verkennt, dass objektiv auch Preussen seinen Ursprung und sein Ziel in der seit 1517 aus dem Reich sich sammelnden deutschen Nation zueigen hat. Freilich Friedrichs Vater, dem Soldatenkönig, der ein strenger Lutheraner [richtig: Calvinist!] war, und der in seinen Kirchen noch allsonntäglich für den Kaiser beten liess, war das deutlicher gewesen. Und mit ihm hat 100 Jahre später der preussische Adel im Jahrzehnt der Romantik oder in der Jahrhundertmitte der
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konservative Staatstheoretiker Friedrich Julius Stahl oder gar der Praktiker Bismarck noch durchaus gewusst, dass Preussen sein Wesen dem Erbgut des römischen Kaiserreiches deutscher Nation verdanke, und dass der neuzeitliche Obrigkeitsstaat das verkleinerte Abbild des mittelalterlichen corpus christianum sein soll, wenn er sich in den Dienst religiöser Aufgaben und Ziele stellt und die Aufrechterhaltung der Gebote Gottes mit weltlichen Zwangsmitteln durchsetzt. Gewiss, bei Friedrich II. war das anders. „Nation und Reich waren beide Ausland für ihn“ (Eugen Rosenstock). Nur dieser jedes weltlichen und geistlichen Trostes bare Mensch, der furchtbar einsam gewesen ist, konnte die soldatische Disziplin zum obersten dogmatischen Satz der neuen Staatsreligion erheben. Daher durfte er auch von sich selber in hybrider Bescheidenheit sagen: „Ich bin der erste Diener meines Staates“. Aber man spürt auch sofort den anderen Hintergrund, den der Generationengegensatz zu erklären nicht ausreicht, wenn Friedrich Wilhelm I. seine Stellung ganz anders – den Blick ganz von der eigenen Person fortgerichtet auf Amt und Auftrag – definiert: „Ich bin der erste Diener des Königs von Preussen“. An der inneren Differenz dieser beiden Aussprüche kommt die geheime Spannung zum Ausdruck, die die ganze preussisch-deutsche Geschichte durchzieht: Legalität gegen Staatsraison, Amt und Auftrag gegen genialische Individualität, Königtum gegen Führertum. Weil er als einziger seines Geschlechtes es wagen durfte, königlicher Führer zu sein und nicht nur Träger des königlichen Amtes und Vollstrecker des in der Erbfolge gewordenen Auftrages, haben ihn die Zeitgenossen – das Wesen dieses Mannes erahnend – Friedrich den Einzigen genannt. Und weil in der Gestalt dieses Herrschers, der die religiöse Reichsfürstentradition abstreifte, um im Kriege gegen Maria Theresia die Haltung des herrischen Trotzes (Tapferkeit um der Tapferkeit willen) zum Inhalt des neuen preussischen Staatsethos’ zu erheben, eine im Preussentum angelegte Möglichkeit überzeugend wirksam geworden ist, schwebt seitdem der Schatten Friedrichs des Einzigen über Deutschlands Geschichte – als Versuchung und Aufgabe. Seitdem offenbart der Staat Preussen und somit die Geschichtsganzheit Deutschlands ein Doppelgesicht: Preussische Existenz kann obrigkeitlich ausgerichtet werden, an Amt und Auftrag gebunden sein; sie kann aber auch restlos diesseitig sein und in der Vergötzung der heroisch-disziplinären Tugenden ihr Genüge finden. Aber selbst preussische Verdiesseitigung ist noch immer eine grosse Sache, denn auch noch der in die Existenz des Spielers oder Abenteurers abgedrängte heldische Mensch kann die grandseigneurale Abkunft nicht verleugnen. Der echte Preusse wird kein Kleinbürger!
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Und gibt es nun den preussischen Juden? Es gibt ihn überall dort im preussischen oder auch ausserpreussischen Deutschland, wo einen Juden diese seltsame rauhe Luft anweht und der Aufruf zum ewigen Diensttun in ihm eine Saite zum Klingen bringt. In den altpreussischen Provinzen kann man zahlreiche Juden finden, die einfach nirgendwo anders hingehören als zwischen die roten Backsteinbauten und in die nüchterne Sachlichkeit dieser Beamtenstädte, mitten in dieser leicht dunstigen Landschaft, in der alles anscheinend nach einem Dienstreglement seine Arbeit tut. Schliesslich hat es ja nicht umsonst unter den Juden genügend preussische Beamte und Offiziere gegeben, die ihre Pflicht taten wie alle anderen auch, und deren Existenz keiner nachträglichen Begründung bedarf. Preussischer Geist ist eine mögliche Lebenshaltung. Wer einmal an den Ufern der Oder oder der Weichsel gelegen hat, wenn die Abendröte die Landschaft verzaubert, dass das Nahe weit und die Weite nahe wird und einen die Süsse dieser irgendwo tieftraurigen Landschaft überkommt, die zur Selbstauflösung führen will, dann versteht man erst, warum in Preussen Befehl sein muss und warum das Lebensgesetz des preussischen Bauern Gehorsam heisst, wenn ihm [auch] die Auflehnung im Blute brennt. Liegt hier nicht die Brücke zum Juden, in dessen Seelenerbe die Erfahrung der Wüste liegt, deren grenzenlose Weite auch nur durch das Befehlswort eines schlechthin souveränen Herren, dem man sich nicht zu entziehen vermag, überwunden werden kann? Auch hier musste das Wort zur Lebensordnung gerinnen, die in klarer Linienführung Ort und Aufgabe des einzelnen abgrenzt, damit er sich vor der rätselhaften Weite der Welt behaupten konnte. Dem Juden wie dem Preussen liegt das Gehorchen im Blut. Beide haben nur insofern eine Existenz, als sie Gesetzen untertan sein können. Darum ist der Jude in Preussen, der preussische Jude, eine überzeugende Figur. Seine Existenz ist glaubhaft, und im akuten Fall wird sie weithin sichtbar, wie das letzte Mal 1914, als der preussische Geist das ganze deutsche Volk erfasste, und ein jeder – Christ oder Jude – den feldgrauen Rock anzog, weil der König rief, und in den Krieg ging – vielleicht sehr wider die eigene Meinung –, weil er Dienst zu tun hatte und auf die Fahne seines Vaterlandes verpflichtet worden ist. Für altpreussisches Bewusstsein ist Deutschland immer dort, wo die Bataillone seiner wehrfähigen Männer marschieren, die der Fahne Treue geschworen haben. Die Tradition preussischer Juden im 19. Jahrhundert beginnt sehr früh. Sie beginnt 1813 mit dem Aufruf des Breslauer Studenten Karl Siegfried Günsburg an die „israelitischen Jünglinge deutscher Nation“ zum Treuschwur für die schwarz-weisse Fahne. Vier Jahre später liess ein heute längst vergessener und verschollener Mann namens Nauman Simonssohn
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ein Buch erscheinen: Juda oder über Religion und Bürgerglück, das in einem Bekenntnis ausklingt, welches seitdem repräsentativ steht für eine Eliteschicht preussischer Juden: „Ich schwöre Treue und Gehorsam dem König von Preussen, denn der König will nicht als König anerkannt werden, weil er Friedrich oder August heisst, sondern weil an ihm die Würde eines Königs von Preussen ist.“
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Anlage II Hans-Joachim Schoeps: Gesichtspunkte zur Neuordnung des deutschen Judenproblems, 26. September 1939; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlaß 148 (Hans-Joachim Schoeps), Kasten 93 Streng vertraulich! Eine der vordringlichen Fragen, die der nachhitlerischen Regierung in Deutschland gestellt sein werden, dürfte die Neuordnung des Judenproblems sein. Um dieses durch den NS. heillos verzerrte und komplizierte Problem angemessen zu beurteilen, bedarf es einiger grundsätzlicher Erwägungen. Die deutschen Juden sind in ihrer großen Mehrheit vor Hitler nationaldeutsch gewesen und wurden häufig nur durch die falsche Politik der Rechtsparteien ihnen gegenüber nach links abgedrängt. Jede künftige, auf dem Boden des Rechtsstaates stehende Regierung kann mit den Juden als einem staatstreuen, überwiegend konservativen Element der Bevölkerung rechnen. In dem Vernichtungskrieg, den Hitler seit 1933 gegen die Juden geführt hat, sind diese zu einem großen Teil aus Deutschland heraus- und in eine Ressentimentstellung hineingedrängt worden, in der sie dem Deutschtum verlorengehen. Ein Teil der in Deutschland verbliebenen Juden und ein Teil der zur Emigration gezwungenen, aber nach dem Umsturz rückkehrwilligen Juden, die zwischen Hitler und Deutschland einen Unterschied zu machen wissen, werden jedoch auch weiterhin in den deutschen Neuaufbau integrierbar sein. Diese Integration wird aber solange nicht Einschmelzung in den deutschen Volkskörper bedeuten können, als die Juden auf die Aufrechterhaltung ihrer an die jüdische Stammesgrundlage gebundenen Religion Wert legen. Wohl aber erfordert diese Integration eindeutige Bejahung der Zugehörigkeit zur deutschen Nation, die durch ein über das Religiöse hinausreichendes zionistisches Bekenntnis nicht gewährleistet erscheint. Die Stellung des neuen Deutschlands zum Judentum wird von mehreren Rücksichten bestimmt sein müssen. Einmal wird der deutsche Staat an der Mitarbeit der positiv zu ihm stehenden jüdischen Bürger ein natürliches Interesse haben. Zum anderen hat er ein fundamentales Unrecht, das die Usurpatoren des deutschen Namens gegen die Juden begangen haben, wieder gutzumachen. Zum dritten weiß er, daß seine moralische Weltgeltung zu einem Teil von der angemessenen Liquidierung gerade dieses Stücks der hitlerischen Erbschaft abhängig sein wird. Die Neuregelung des Rechtstandes der deutschen Juden wird daher ebenso in seinem eige-
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nen Interesse wie in dem der Juden erfolgen müssen. Vom legislatorischen Moment abgesehen wird diese Neuregelung wesentlich ein organisatorisches und pädagogisches Problem darstellen, das in die Hände eines dem künftigen Reichskabinett angehörigen Staatssekretärs gelegt werden sollte, der tunlichst den Reihen der deutschgesinnten Juden entstammt. Folgende Leitsätze sollten für die Neuordnung des Judenproblems maßgeblich sein: 1. Sämtliche Gesetze und Verordnungen, die seit dem 30. 1. 1933 betr. die Juden erlassen worden sind, werden aufgehoben. Die staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten der deutschen Juden werden denen aller übrigen Deutschen angeglichen. Die volle Freiheit ihres Religionsbekenntnisses (was auch Aufhebung des Schächtverbotes mit einschließt) wird vom Staat gewährleistet. Sollte das neue Deutschland eine ständische Ordnung haben, würde die Errichtung eines Reichsstandes „Deutsche Judenschaft“ zu erwägen sein. 2. Um eine reibungslosere Symbiose des deutschen Volkes und der jüdischen Bevölkerungsminderheit zu gewährleisten, die zum Antisemitismus führende Mißstände ausschließt, wie sie vor 1933 häufig waren, wird für den Anteil der Juden am beruflichen Leben der totale numerus clausus eingeführt, der vorsieht, daß Juden bis zur doppelten Höhe ihrer Prozentziffer an sämtlichen Berufszweigen teilhaben können. Näheres würden Ausführungsbestimmungen einer entsprechenden Verordnung zu regeln haben. 3. Die Rückwanderung von in Deutschland geborenen Juden, die nach 1933 zur Emigration gezwungen worden sind, wird nach einer jährlichen Quotenzahl festzusetzen sein. Den Vorzug erhalten neben Spezialisten aller Berufsgattungen diejenigen Elemente, die bereit und fähig sein, sich bäuerlichen und handwerklichen Betätigungen zuzuwenden. Auch wird die Rückwanderung von Juden in Landorte, Klein- und Mittelstädte gefördert werden können. Jeder Rückwanderungsantrag wird unter Ansehung der persönlichen Qualitäten des Antragstellers einer Prüfung unterzogen. Die Einwanderung von Juden nichtdeutscher Abstammung wird von der Bejahung der Frage abhängig zu machen sein, wie weit dieselbe im Staatsinteresse liegt. 4. Zur Wiedergutmachung erlittener Schäden wird der deutsche Staat die den Juden erpreßte Kontributionsmilliarde nach den buchmäßigen Unterlagen der Steuerämter zur Rückzahlung bringen. Die zerstörten jüdischen Gotteshäuser werden auf Staatskosten wiederaufgebaut und die geraubten Liegenschaften der Kultusgemeinden zurückerstattet werden. Über diese vier Hauptgesichtspunkte hinaus lassen sich im gegenwärtigen Moment noch keine Details angeben. Je nach den Umständen, die die
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nachhitlerische Regierung antreffen wird, werden Modifikationen vorzunehmen sein. Die „zweite Emanzipation der Juden“ wird nur dann von Wert und Dauer sein, wenn sie zu gleichen Teilen den wirklichen Interessen des deutschen Staates und des jüdischen Bevölkerungsteiles gerecht wird. Dr. Hans Joachim Schoeps (vordem Führer des Deutschen Vortrupp, Gefolgschaft Deutscher Juden).
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Anlage III Hans-Joachim Schoeps an Louis Ferdinand Prinz von Preußen, 14. August 1951; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlaß 148 (HansJoachim Schoeps), Kasten 86 Eure kaiserliche und königliche Hoheit! Darf ich mir erlauben, Ihnen mit folgendem ein vertrauliches Memorandum auf diesem Wege zu unterbreiten, da geldliche und zeitliche Gründe einer Reise nach Bremen in den nächsten Wochen entgegenzustehen scheinen. Ich habe die letzten Monate dazu benutzt, Beobachtungen zu machen, aufschlussreiche Gespräche zu führen und gedankliche Überlegungen anzustellen. Derzeit schält sich mir folgendes Bild der politischen Lage und der Chancen einer monarchischen Restauration heraus: In weiten Schichten nimmt die Einsicht zu, dass die Demokratie in Deutschland als stabilisierenden Faktors einer autoritären Spitze bedarf, die keine Wahlspitze sein kann, wenn sie geschichtliche Tradition und Kontinuität des Rechtes repräsentieren soll. Der Hingang SKH des Kronprinzen hat weite Volksschichten wieder daran erinnert, dass Deutschland ein Herrscherhaus besitzt, das vor 33 Jahren noch regiert hat. Einige Jahre werden diese Erinnerungen noch lebendig sein und eine potentielle Kraft darstellen. Es ist allein die Frage, wie diese bei Zeiten angesprochen resp. geweckt werden sollen. Mir war sehr aufschlussreich, dass ich auf meine kleine Schrift hin eine Fülle positiver Zuschriften erhalten habe, u. a. auch vom Bundestagspräsidenten Ehlers und einigen Abgeordneten; dazu kam, dass kluge Sozialdemokraten auch der jüngeren Generation weder affektiv noch doktrinär reagierten, wenn ich ihnen im Gespräch die restaurative Möglichkeit unter Hinweis auf die Erfahrungen anderer Länder (England, Skandinavien, Holland, Belgien usw.) nahebrachte. Neulich sprach ich auch vor einem aus jungen Gewerkschaftlern und aus Studenten gemischten Lehrgang einer hessischen Volkshochschule und erreichte eine mich selber erstaunende Übereinstimmung hinsichtlich der Wünschbarkeit dieser Lösung. Natürlich bin ich mit konkreten Angaben einstweilen noch sehr zurückhaltend. Ich habe lediglich einen mir befreundeten Bundestagsabgeordneten der SPD, Herrn Paul Bromme, Lübeck, gebeten, mit Dr. Schumacher ein vertrauliches Gespräch zu führen um seine grundsätzliche Haltung zu ergründen, die möglicherweise nicht negativ sein wird. Herr Bromme wird
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Sie wahrscheinlich einmal aufsuchen. Überhaupt habe ich den Eindruck gewonnen, dass die doktrinär-republikanische Einstellung der SPD eine überwundene Periode ist. „Unter Wilhelm hatten wir es besser“ kann man alte Arbeiter häufig sagen hören. Ich vermute viel grössere Schwierigkeiten von Seiten des politischen Katholizismus; Herr Adenauer dürfte einer Wiederkehr der protestantischen Hohenzollerndynastie gründlich abhold sein. Wahrscheinlich werden aber die Sackgassen, in die die Bonner Politiker allmählich hineinkommen, es Ihnen leicht machen, das Wort zur Stunde zu finden. – Die Kräfte der ostdeutschen Heimatvertriebenen sind im akuten Fall grossteils gewinnbar, leichter jedenfalls als die Reste des Linksliberalismus. Dies alles sage ich in Hinsicht auf die Möglichkeit Ihrer Kandidatur zur Bundespräsidentenneuwahl, die freilich von einem überparteilichen Wahlblock lanciert werden müsste. Wenn man für 1953 dieses Ziel ins Auge fasst, stellt sich die Frage, welche ersten vorbereitenden Schritte in den nächsten Monaten möglich und wünschbar wären. Ich darf das Ergebnis meiner Überlegungen kurz dahingehend skizzieren: Den Vorschlag Herrn Regers, dass Sie publizistisch hervortreten sollen, halte ich für ungeeignet. Nach Lage der Dinge würden Sie nur Allgemeines und Unverbindliches sagen können. Das macht aber keinen guten Effekt. Auch mein im letzten Gespräch geäusserter Vorschlag, eine Gallupbefragung zu veranstalten, ist deshalb nicht geeignet, weil er künstlich und zur Unzeit die Phantasie der Menschen auf eine Möglichkeit lenkt, die unvorbereitet, aber in einem günstigen Moment feierlich proklamiert viel stärker wirken würde. Ausserdem konnte ich auch ohne einen solchen Apparat auf eigene Faust bereits die Teste auf die psychologische Stimmungslage anstellen, die zur Urteilsbildung wünschbar waren. Wie gesagt sind sie recht positiv ausgefallen. Gleichwohl bleibt das von Herrn Reger gesehene Erfordernis, dass das Wissen um Sie – jetzt durch einige Illustrierte lanciert – noch stärker in das öffentliche Bewusstsein eingehen müsste. Vielleicht wäre es nicht unrichtig, wenn Sie den Vertreter einer angesehenen amerikanischen Nachrichtenagentur zu einem Interview empfingen, das Ihnen vor der Veröffentlichung natürlich vorgelegt werden müsste. In diesem könnte gesagt werden, dass Sie das Auftreten des Herrn Remer – wenn er mal wieder von sich reden macht – und alle „Führer-Allüren“ in rechtsradikalen Kreisen missbilligen unter Berufung auf die Ideen der Männer vom 20. Juli und Ihre eigenen Beziehungen zu den Kreisen des deutschen Widerstandes. Sie würden sofort die Sympathien aller anständig denkenden Menschen in Deutschland und der Welt für sich haben. Die Anhängerschaft Remers fällt Ihnen beim ersten Hervortreten sowieso zu.
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Im übrigen würde ich aber auch jetzt noch, da Sie Chef des Hauses Hohenzollern geworden sind, zur grösstmöglichen Zurückhaltung raten. Jeder falsche Zungenschlag könnte viele Möglichkeiten zerstören. Aber das schliesst nicht aus, dass Sie neben der inneren Zurüstung auf das hohe Amt, das eine vorbildliche Lebensführung fordert, auch äusserlich im vorbereitenden Sinne schon jetzt aktiver werden. Dazu gehörte m. E., dass Sie sich einen Kreis geeigneter Berater sammeln, die die Funktionen eines „Hauskabinetts“ zu erfüllen hätten. Spezialisten für jedes Ressort also, die als ein Führungsstab zu Ihrer Verfügung stehen. Wahrscheinlich sollten Sie jetzt allmählich mit der Sammlung der politischen Freunde des angestammten Herrscherhauses beginnen. Freilich wird es hier auf besonders sorgfältige Auswahl ankommen, denn neben den „Richtigen“ wird, wie Sie wissen, sehr bald auch ein Klüngel von Leuten auftauchen, die Morgenluft wittern und die im Grunde nur durch Sie etwas werden wollen. Auch vor dem Typ des Managers und politischen Geschäftemachers werden wir uns hüten müssen, obschon der Zeitpunkt kommen wird, da Sie die Kräfte tüchtiger Organisatoren brauchen können. Zunächst einmal gilt es aber, Männer Ihres Vertrauens zusammenzubringen, die ein unabhängiges Urteil, politische Verantwortung und selbstlosen Willen haben. Ihre Auswahl wird nicht leicht sein. Ich darf noch folgendes berichten: Für Mitte Oktober bin ich aufgefordert worden, einen Vortag „Das Vermächtnis Preussens“ vor dem RheinRuhr-Club zu halten, einer unabhängigen Vereinigung der Grossindustriellen, Regierungsbeamten und politisch interessierten Leute an Rhein und Ruhr. Es stellt sich die Frage, wie weit ich bei dieser vergleichsweise repräsentativen Gelegenheit in den Andeutungen gehen soll, dass eine Politik der monarchischen Restauration konkrete Chancen haben könnte. Es ist mir verständlicherweise wichtig, den Standpunkt EKH hierzu zu erfahren, da ich ohne direkte Ermächtigung vor diesem neutralen Forum nichts Derartiges sagen möchte. Dieses Schreiben möchte als Ersatz für ein Gespräch aufgefasst werden, zu Ihrer vorläufigen Unterrichtung dienen und steht natürlich auch Dr. John, den ich vorige Woche in Bonn leider nicht antraf, Freiherrn v. Massenbach und Menschen Ihres Vertrauens, denen Sie es zugänglich machen wollen, zur Verfügung. Ich werde mich für eine Antwort glücklich schätzen und bitte darum, auch Ihrer Kaiserlichen Hoheit meine besten Empfehlungen auszurichten. Ich verbleibe mit dem Ausdruck meiner tiefsten Hochachtung Eurer Kaiserlichen und Königlichen Hohheit stets ergebenster [Hans-Joachim Schoeps]
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Anlage IV Carl Schmitt an Hans-Joachim Schoeps, 19. August 1951; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlaß 148 (Hans-Joachim Schoeps), Ordner Nr. 117 Sehr geehrter Herr Professor, für die Zusendung Ihres Aufsatzes über Donoso Cortés und die andern „realistischen Geschichtsprophetien“ danke ich Ihnen bestens. Nicht nur für den überaus wichtigen und inhaltreichen Aufsatz selbst, sondern auch für die Form der Zusendung, die es mir erlaubt, Ihnen meinen Dank unmittelbar auszusprechen. Heute ist jede, auch die selbstverständlichste menschliche Regung in Gefahr, missdeutet zu werden, und auch die natürlichste Geste einfachster Höflichkeit wird einem verdacht und verdächtigt. Da ist es für mich ein Trost, danken zu können ohne missdeutet oder verdächtigt zu werden. Trost ist hier kein absurdes Wort. Heute ist infolgedessen auch jeder Versuch eines Gespräches ein gefährliches Unternehmen. In meinem Falle wäre er geradezu vermessen. Ich habe Ihre Veröffentlichungen, soweit sie mit zugänglich wurden, seit über 20 Jahren mit echter Anteilnahme gelesen. Aber das Meer der Problematik ist uferlos; die Situationen und Fragestellungen sind nicht in unserer Hand und die Stelle einer Begegnung ist ganz unberechenbar. Verzeihen Sie, dass ich mit der Unbefangenheit eines wissenden, alten Mannes davon spreche. Dem tiefen Schmerz, den ich dabei empfinde, wird bei Ihnen ein anderer, nicht weniger tiefer Schmerz entsprechen. Aber das Traurige ist, dass dieser Schmerz auf beiden Seiten meistens keine Brücke, sondern eher eine unüberwindliche Schranke bedeutet. Nur eine beiläufige Bemerkung darf ich trotzdem anbringen, die weder polemisch noch apologetisch gemeint ist. In der Anmerkung auf S. 6 ihres Aufsatzes sprechen Sie davon, dass ich die deutsche Demokratie der Weimarer Verfassung habe „torpedieren“ helfen. Mit dieser Wendung übernehmen Sie ein Stichwort, dass einige meiner früheren Kollegen erfunden haben, die an meiner Verfolgung interessiert sind. In Wirklichkeit hat die Weimarer Verfassung in allen ihren zuständigen und berufenen Hütern und Trägern Selbstmord begangen, einen offensichtlichen, feierlich deklarierten Selbstmord, wie kein anderes Regime der Verfassungsgeschichte. Alle meine Schriften bis zum sog. Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 enthalten Warnungen vor diesem Selbstmord. Sie brauchten z. B. nur einmal meine Abhandlung Legalität und Legitimität vom Sommer 1932 heute aufmerksam zu lesen und damit zu vergleichen, was die Demokra-
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ten von damals, z. B. Gerhard Anschütz oder die Vossische Zeitung, damals dazu gesagt haben oder ex post 1949 ins Bonner Grundgesetz hineinschrieben. Wenn Sie ihre Anmerkung über das „Torpedieren“ nicht unterdrücken können, so brauche ich vielleicht auch diese Bemerkung nicht zu unterdrücken, die, wie gesagt, weder polemisch noch apologetisch gemeint ist. Indem ich Sie bitte, sehr geehrter Herr Professor, in diesem meinem Schreiben den Ausdruck aufrichtigen Dankes zu sehen bin ich Ihr sehr ergebener Carl Schmitt
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Anlage V Hermann Rauschning an Hans-Joachim Schoeps, 28. August 1951; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlaß 148 (Hans-Joachim Schoeps), Ordner Nr. 117 Sehr verehrter, lieber Herr Professor, Sie haben mich wieder derartig reich beschenkt, dass ich mich etwas schäme, Ihnen, infolge der nicht abreissenden landwirtschaftlichen Arbeiten während des Sommers, erst heute zu danken. Sie haben mir insbesondere mit Die Ehre Preussens eine Freude bereitet, für die ich Ihnen garnicht genug danken kann. Mit Erschütterung und mit einer inneren Befreiung habe ich es wieder und wieder gelesen. Es ist wie ein Reinigungsbad, das einen von all dem durch Zeit, Umwelt und eigene Verbitterung angesetzten Unrat falscher Verallgemeinerungen und Vereinfachungen befreit, sodass man die wahren klaren Konturen der „Idee Preussen“ wieder sieht. Diese in ihrem Umfange so kleine und in ihrem Gehalt so weltweite reiche Schrift ist von einer solchen Dichtigkeit der Erkenntnis und Belehrung, dass ich Ihnen meine vollste Bewunderung aussprechen möchte. Mit welcher Gerechtigkeit und welchem Mass wissen Sie Licht- und Schattenseiten aufzuzeigen. In vielem zeigt es auch rein wissenschaftlich die Ergebnisse neuer Forschungen, klarerer Unterscheidung zwischen dem bedeutenden Bleibenden und dem ephemeren Unerfreulichen. Wie dankenswert die wiederholte Betonung, dass Hitler nicht in die Linie Friedrich der Grosse / Bismarck gehört, sondern ein Abfallprodukt der sich auflösenden österreichischen Monarchie ist. Diese Schrift ist wahrhaft eine Tat. Sie öffnet verschlossene Fenster und Türen und lässt in unsere politische Gedankenwelt Licht und Luft herein, die uns besseres Zutrauen zu uns wiedergeben, in dem Sinn: „Dies ist unser. So lasst uns sagen, so es behaupten“. Sie erwähnen an einer Stelle (p. 41) das preussische Ethos, den Code an Werten und Normen, der von Ordenspreussen bis an das sozialistische Arbeiterpreussen reichte. Der Rahmen Ihres Vortrages war begrenzt und in seiner Begrenzung ist er meisterhaft. Aber hier scheint mir der Punkt zu liegen, wo „Preussen als Idee“ notwendig auf die grosse mittelalterliche Schöpfung des Ordens zurückgeführt werden müsste. Das monarchische Preussen ist nur eine Verwirklichungsform. Jedem das Seine zu geben, eine Dienstgesellschaft unter der höchsten Instanz, dem Dienst an Gott, unter Gottes Gnade: dieses Bleibende der preussischen Idee stammt von dem
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Orden. Ich erwähne dies, weil mir von hier aus die Wiederauferstehung Preussens in neuer Form möglich zu sein scheint, die weder auf der Souveränität des Monarchen noch auf der Volkssouveränität der Demokratien begründet werden kann. Damit aber komme ich zu einem praktischen Vorhaben, das mich, ausser dem Dank an Sie, zu diesem Brief veranlasst. Sie hatten seiner Zeit einen Artikel von mir zur Geschichte des Konservativismus angekündigt. Ich habe Sie damit schmählich im Stich gelassen. Der Grund war nicht nur ein äusserer, sondern ein innerer. Ich fühlte mich nicht wissenschaftlich genug qualifiziert, um in einer wissenschaftlichen Zeitschrift eigene Forschungsergebnisse veröffentlichen zu können. Es war derselbe Grund, der mich veranlasste, Ihrer so freundlichen Anregung, an Ihrer Universität Vorträge zu halten, nicht Folge zu leisten. Ich habe inzwischen an meiner grösseren Arbeit „Der Konservative in dieser Zeit der Revolutionen“ weiter gearbeitet und möchte Ihnen einen etwas umredigierten Abschnitt „Zur politischen Philosophie des Konservativismus“ übersenden, wenn Sie ihn in Ihrer Vierteljahresschrift für eventuell in Frage kommend halten. (Annahme oder Ablehnung freilich erst nach Ihrer Lektüre erwartet). Dieser Abschnitt beschäftigt sich in der Hauptsache mit einem Vergleich des von Richard Hooker und seiner Ecclesiastical Polity beeinflussten englischen Konservativismus, dem auf John Locke und Bentham begründeten amerikanischen (wenn und sofern es einen solchen überhaupt gibt) mit dem preussischen Stahls und Gerlachs. Freilich, sehr verehrter Herr Professor, ist das alles sehr „second hand“. Ich habe keine eigenen wissenschaftlichen Forschungen getrieben. Das liegt jenseits meiner Kompetenz. Aber der kritische Vergleich ist meine eigene Bemühung. Sie dient dem praktischen Zweck: einer tieferen und klareren Erfassung dessen, was heute noch konservativ sein kann. Wollen Sie den Ausschnitt haben, so sende ich ihn Ihnen zu. Ich würde mir nur vorbehalten, den Inhalt in etwas geänderter Form etwa in einem späteren Buch – wenn es noch erscheinen kann – zu verwenden. Sie sehen, verehrter Herr Professor, wie sehr Ihre ungewöhnlich reiche und bedeutende Schrift auf mich gewirkt und mir Mut gemacht hat. Mit Spannung sehe ich der Lektüre Ihres Buches Das andere Preussen entgegen, das ich mir bestellt habe und für die besinnlichen Wintermonate vorbehalte. Mit verbindlichen Empfehlungen und allerwärmstem Dank Ihr sehr ergebener Hermann Rauschning
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Anlage VI Ernst Theodor Loeb-Caldenhof an Hans-Joachim Schoeps, 14. Oktober 1951; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlaß 148 (HansJoachim Schoeps), Ordner Nr. 117 Sehr geehrter Herr Prof. Schoeps! [...] Wie Sie sehen, haben wir die gewünschte Bezeichnung Ihres Themas [Preußentum und Gegenwart] akzeptiert und die biographischen Notizen nur ganz wenig gekürzt. Die Hörerwerbung ist im Gange und wir hoffen, dass die Besucherzahl oberhalb von 150 liegen wird (ebenso gut können es auch 200 bis 300 sein). Jetzt noch einige Bemerkungen zu dem Verlauf des Abends, dem ich nicht ganz ohne Sorge entgegen sehe. Diese Sorge bezieht sich hauptsächlich auf das Echo, das unsere Veranstaltung in der Presse finden wird. Diese wird voraussichtlich wieder sehr zahlreich vertreten sein; einmal der Anerkennung wegen, welche der Reuter- und der Schäffervortrag gefunden haben, andererseits wegen des aufsehenerregenden Themas an sich. Wie Sie wissen, zeigte sich sowohl nach dem Ableben des Kronprinzen, wie nach der Prinzenhochzeit in Hannover eine ungeahnt starke Anteilnahme der Bevölkerung an dem Geschick der Fürstenhäuser und eine deutliche Hinneigung zum monarchischen Gedanken. Die Reaktion darauf trat kürzlich im Bundestage hervor, als das Bekenntnis von einem oder zwei Abgeordneten zur Monarchie einen Sturm der Entrüstung auf der linken Seite des Hauses hervorrief. Auch der Bundesregierung war nach der Erklärung des Innenministers nicht wohl zumute. Inzwischen ist durch die immer näher rückende Entscheidung über Wehrbeitrag, Verträge mit den Westalliierten und Gespräche mit den Russen die Atmosphäre noch stärker geladen. Auf diesem Hintergrund wird unsere Veranstaltung am 31. [Oktober] sich abspielen. Soweit das möglich ist, werden alle Beteiligten Sorge zu tragen haben, dass für Niemanden ein Schaden entsteht. Der Freimut, mit welchem unsere Studiengesellschaft die Probleme von allen Seiten beleuchtet, hat uns ohnehin schon mehrmals das Stirnrunzeln oder wenigstens die Aufmerksamkeit der Bundesregierung oder einer der Besatzungsmächte zugezogen. Das müssen wir in Kauf nehmen und tun es gerne. Wir wollen aber der Presse möglichst keinen Vorwand liefern, uns
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am nächsten Tage als „Erzreaktionäre“ oder „Monarchisten“ hinzustellen und uns damit vor einem grossen Teile der Öffentlichkeit und auch unserer eigenen Mitglieder zu diskreditieren. Auch diejenigen von uns, die in ihrem Herzen stets Monarchisten geblieben sind, halten wohl durchweg die Zeit für noch nicht gekommen, wo man diese Frage einer Lösung entgegenführen könnte. Also auch von diesem Standpunkt aus scheint mir ein zu grosses Aufsehen der Veranstaltung am 31. [Oktober] unerwünscht zu sein. (Hinzu kommt die deutliche Ablehnung des Hauses Hohenzollern durch die Bayern.) Dies alles soll nun nicht heissen, dass Sie, verehrter Herr Dr. Schoeps, in Ihrer Redefreiheit eingeengt werden sollen. Das würde ja auch durchaus den Grundsätzen unserer Gesellschaft widersprechen. Wohl aber werden Sie sicherlich in Ihren Formulierungen einige Vorsicht walten lassen, damit nicht eine böswillige Presse das Ganze als eine „Monarchistische Propagandaveranstaltung“ abtun kann. Ferner werden Sie mit uns der Ansicht sein, dass eine Diskussion Ihrer Leitsätze wegen der Unkontrollierbarkeit der Diskussionsredner und Ihres Vorbringens untunlich ist. Man wird sich daher mit der Beantwortung formulierter Fragen durch Sie zu begnügen haben [ . . . ]. Die von Ihnen gewünschte Einladung für S. K. H. den Prinzen Louis Ferdinand von Preußen geht Ihnen vom Sekretariat zu. Wir halten es für höflicher, wenn Sie ihm die Einladung in unserem Namen mit einigen Begleitzeilen überreichen. S. K. H. wird sicherlich Verständnis dafür haben, wenn wir ihn bitten, als einfacher Besucher in der ersten Reihe des Saales Platz zu nehmen, ohne dass eine offizielle Begrüssung erfolgt. Selbstverständlich darf ich wohl persönlich um Vorstellung bitten und meinerseits die anwesenden Vorstandsmitglieder ihm vorstellen? Man könnte daran denken, auch noch eine kleine Zahl anderer Mitglieder früher regierender Häuser einzuladen, welche an diesem Vortrage besonders interessiert ist, ebenso einige frühere hohe preussische Regierungsbeamte usw. In dieser Beziehung darf ich evtl. noch Ihre Vorschläge erwarten [ . . . ]. Bestens grüssend für heute Ihr sehr ergebener Loeb [...]
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Anlage VII Ernst Rudolf Huber an Hans-Joachim Schoeps, 2. Dezember 1951; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlaß 148 (Hans-Joachim Schoeps), Kasten 86 Lieber Jochen Schoeps, ich habe Dir sehr für das Vertrauen zu danken, das Dein Brief vom 23. November mir entgegenbringt. Wir sind uns wohl einig darüber, daß die Zeiten abgelaufen sind, in denen es uns gestattet war, romantischen Utopien anzuhängen; auch für bloße historische Apotheosen oder für eine Metaphysik der Staatsformen ist die Frage, die in Deinem Brief angeschnitten ist, zu ernst. Ich nehme an, daß Du in dieser Sache jede Aktivität ablehnen würdest, wenn Du nicht die Gewißheit hättest, daß sie mit einem äußersten Maß von politischem Realismus betrachtet und behandelt würde. Royalismus, der keine Flucht in Romantik, Utopie, Historismus oder Metaphysik ist, scheint mir von folgender Einsicht bestimmt zu sein: In einer Welt, dir daran krankt, daß sie der echten Legitimität und Autorität entbehrt, ist es notwendig, den politischen Zentralpunkt wiederherzustellen, von dem eine neue Legitimität und Autorität ausstrahlen könnten. Das wird im Wege einer bloßen Restauration niemals möglich sein; die monarchische renovatio setzt mehr als eine faktische Machtergreifung oder eine legale Überleitung voraus. Sie könnte nur gelingen, wenn sie die staatsrechtliche Formgebung einer geistigen und sozialen Wandlung wäre, die sich im außer-staatsrechtlichen Raum zu vollziehen hätte. Die spezifisch staatsrechtlichen Probleme sind daher von sekundärem Rang. Wenn ich mich auf Deine Frage hin ihnen doch zuwende, so wäre in aller Kürze Folgendes zu sagen: 1. Art. 79 des Grundgesetzes schließt jede Verfassungsänderung schlechthin aus, durch die die „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ angetastet wird. Es wird nicht wenige geben, die in dieser Unantastbarkeits-Klausel eine absolute Garantie des republikanischen Prinzips sehen. Ich halte diese Ansicht zwar für nicht begründet, meine vielmehr, daß eine parlamentarische Monarchie nach englischem Modell, ja daß sogar eine konstitutionelle Monarchie im Sinn der deutschen Tradition staatsrechtlich legal auf dem Wege der Verfassungsänderung würde eingeführt werden können. Immerhin liegt hier eine erste Schwierigkeit. (Zur Entscheidung wäre das Bundesverfassungsgericht zuständig.)
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2. Einen Volksentscheid, wie ihn die WeimRVerf. kannte, hat das Grundgesetz bewusst ausgeschlossen; insbesondere kann die Verfassung nicht im Wege der Volksabstimmung geändert werden. Eine staatsrechtlich anerkannte Volksbefragung über „Monarchie oder Demokratie“ kann daher nicht durchgeführt werden. Der Versuch, eine extra-konstitutionelle (sozusagen „private“) Volksbefragung durchzuführen, würde wahrscheinlich als „verfassungsfeindlich“ unterdrückt werden. 3. Es gibt daher auch keine Möglichkeit, das Grundgesetz auf dem Weg der Volksabstimmung dahin zu ändern, daß die plebiszitäre Präsidentschaft wiedereingeführt wird. 4. Verfassungsänderungen können auf keinem anderen Weg als durch Beschluß des Bundestags (2 / 3 der gesetzlichen Mitgliederzahl) unter Zustimmung des Bundesrats (ebenfalls 2 / 3 der Stimmen) durchgeführt werden. Es erscheint rebus sic stantibus ziemlich ausgeschlossen, die qualifizierte Mehrheit in Bundestag und Bundesrat auch nur für eine plebiszitäre Präsidentschaft zu gewinnen. Parteien und Länder sind in gleichem Maße daran interessiert, daß der Präsident ohne unmittelbare plebiszitäre Legitimität, ohne ursprüngliche Autorität und ohne eigene Macht ist. 5. Diese Erwägungen stehen auch im Schatten des fortdauernden Anspruchs der Alliierten Mächte auf Verfassungskontrolle und Verfassungsintervention gegenüber allen Vorgängen in Deutschland, die sie als eine Störung der freiheitlich-demokratischen Ordnung (wie sie sie verstehen) ansehen könnten. 6. Es gibt, wenn ich es recht sehe, nur einen einzigen legalen Weg zu dem Ziel, das Du verfolgst, das ist der Weg über die Wiedervereinigung Deutschlands. Mit ihr wird das Grundgesetz, wie es selbst bestimmt, obsolet. Es wäre m. E. aus vielen Gründen angezeigt, in einer gesamtdeutschen Verfassung die plebiszitäre Wahl des Reichspräsidenten und das in der WeimRVerf. vorgezeichnete Minimum präsidialer Kompetenzen wiederherzustellen, darunter vor allem militäOberbefehl [sic!], auswärtige Gewalt, Recht zur Ernennung und Entlassung des Kanzlers und der Minister, Recht zur Ernennung der Beamten und Richter, Verfügung über den Ausnahmezustand und über die Bundesexekution. Der Weimarer Reichspräsident war (wie ursprünglich auch der amerikanische und der französische Präsident) ein Ersatz-Monarch. Es wäre logisch und realistisch, diesen Weg über eine präsidiale Platzhalterschaft (oder Verweserschaft) zurückzugehen. 7. Mir scheint, daß auch aus anderen Gründen der Weg zur Monarchie nur über das Plebiszit gehen kann (also weder über die parteienstaatliche Parlaments-Oligarchie noch über den von anderen oligarchischen Gruppen getragenen Staatsstreich). Der Weg müßte über eine legitimierende
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und autoritätsbegründende historische Leistung führen. Dafür gibt es nur einen entscheidenden Ansatzpunkt: Wiederherstellung der Einheit und Freiheit. 8. Auch die massen-plebiszitäre Legitimation hat ihre spezifische Problematik. Überhaupt gibt es Bedenken gegen die royalistische Restauration, die aus Royalismus kommen . . . Insbesondere ist das Bedürfnis, das Amt des Staatsoberhaupts zu neutralisieren und dem Pluralismus der Massenkräfte ein von der Masseneinheit konstituiertes Symbol des Ganzen überzuordnen, eine bloß technisch-rationale Motivation. Wenn diese nicht von irrationalen Energien durchdrungen und verwandelt wird, wäre das Ergebnis im Grunde kein Königtum, sondern eine Art Erb- oder WahlPräsidentschaft. Allerdings haben die Erfahrungen gelehrt, daß einem technisch-rational begründeten Herrschaftssystem leicht mehr an echter Legitimität und Autorität zuwachsen kann als einer pseudo-charismatischen Diktatur. Ich überlasse es Deiner Entscheidung, ob Du Dir nach diesen Andeutungen von meiner Teilnahme etwas versprichst. Für eine Unterhaltung im vertrauten Kreise stehe ich immer zur Verfügung. Die Namensliste, die Du angekündigt hast, lag Deinem Brief nicht bei. Meine Teilnahme würde in gewissem Umfang auch von der Zusammensetzung des Marburger Kreises abhängig sein. Herzliche Grüße Dein Ernst Rudolf Huber
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Anlage VIII Heinrich Brüning an Hans-Joachim Schoeps, 20. Dezember 1952; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlaß 148 (Hans-Joachim Schoeps), Kasten 86 Sehr verehrter Herr Dr. Schoeps! Verbindlichen Dank für Ihren Brief vom 15. Dezember und die freundliche Einladung zur Teilnahme an der Besprechung in Eltville. Leider ist es mir unmöglich, an der Tagung teilzunehmen. Wenn Sie mir ein offenes Wort gestatten wollen, so halte ich eine solche Tagung im Augenblick für den monarchischen Gedanken nicht für günstig. Es wäre ein Unglück für die Monarchie, wenn sie die Verantwortung übernehmen müßte für das, was unserem Vaterlande wahrscheinlich in den nächsten Jahren bevorsteht. Ich bin gerne bereit, dies S.K.H., dem Prinzen Louis Ferdinand, persönlich auseinanderzusetzen. Eine Monarchie wieder aufzurichten und ihr Dauer zu geben, wäre bei uns nur möglich unter ganz aussergewöhnlichen Bedingungen – nämlich, wenn das Volk einsähe, dass sie der einzige noch bleibende Ausweg aus einer schweren [und] langen politischen Krise sein würde. Es gab vor 20 Jahren eine solche Möglichkeit; sie wurde vernichtet durch übereifrige Anhänger des monarchischen Gedankens. Daraus sollte man lernen. Ich bitte, diesen Brief streng vertraulich zu behandeln. Ich habe ihn selbst geschrieben und nicht diktiert. Daher bitte ich, die Schreibfehler zu entschuldigen. Mit verbindlichen Empfehlungen Ihr sehr ergebener H. Brüning
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Anlage IX Hans-Joachim Schoeps: Monarchie – verstaubte Romantik oder mögliche Staatsform?, undatierte Aufzeichnung [1953 / 54]; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlaß 148 (Hans-Joachim Schoeps), Kasten 37 Meine kleine Schrift Kommt die Monarchie?, die kürzlich ausgeliefert wurde (Deutsch-Europäische Verlagsanstalt Ulm), hat den Untertitel „Wege zu neuer Ordnung im Massenzeitalter“. Damit ist bereits gesagt, daß ich nicht an Restauration überlebter Gesellschaftsformen interessiert bin. Ich bin unter Verarbeitung der Erfahrungen der letzten 35 Jahre dazu gekommen, die Frage nach der Monarchie als möglicher Staatsform für uns des näheren zu prüfen, weil ich glaube, daß in unserem heutigen Gesellschaftsaufbau bestimmte Störungen auftreten, die das Gedeihen und Funktionieren der Demokratie erschweren, ja verhindern. Ich möchte diese kennzeichnen, indem ich eine Reihe von Thesen aufstelle: 1. Es fehlt uns heute ein fester Stabilisierungsfaktor, ein ruhender Pol in der Erscheinungen Flucht, der ein Schutzdamm für die Legislative ist gegen zu häufigen Wechsel, gegen „dynamische“ Politik und plötzliche Exzesse. Ich glaube daher, daß eine neutrale und moderierende Gewalt an der Spitze des Staatsaufbaus dem Funktionieren der Parteiendemokratie ungemein zuträglich wäre, weil so im ewigen Hin und Her der öffentlichen Meinung, im Widerstreit der politischen Kräfte eine Macht der Beständigkeit da ist. Das kann ein Präsident, der alle vier Jahre wechselt, nach Lage der Dinge niemals sein, der auch seine Abkunft von den Parteien, die ihn gewählt oder sich auf ihn geeinigt haben, niemals verleugnen kann. Noch bedenklicher ist eine andere Machtverteilung, die man als Kanzlerdemokratie bezeichnet, weil die reale Macht beim Kanzler liegt, da der Glücksfall Adenauer nicht immer gegeben sein wird. 2. In einem kaiser- und königlosen Zustand bleiben die gerade im deutschen Volke stark ausgeprägten devotionalen Gefühle und Bedürfnisse unbefriedigt, daß man zu einer durch ihr Amt ausgezeichneten Person aufsehen und sie verehren will. Damit ist bereits gesagt, daß ich das Tragen der Krone als ein Amt und einen Auftrag zur Stiftung von Ordnung ansehe. Ich sehe in dem Monarchen innerhalb einer parlamentarischen Demokratie den Repräsentanten und Garanten des rechtsstaatlichen Prinzips, dies im Gegensatz zum Führer, Diktator oder unbeschränkten Herrscher, der sich nicht durch das Parlament beschränken lässt und somit die Demokratie außer Kraft setzt. Denn offenbar hat nur der im Erbgang gekrönte König jene Unabhängigkeit und Unbefangenheit, bloß den Staat zu versorgen
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und niemandem zu Willen sein zu müssen, so daß er wirklich dem Ganzen dienen kann, wie das in Deutschland durch Jahrhunderte hindurch die Könige von Preußen aus dem Hause Hohenzollern bewiesen haben. Gerade seine Stellung außerhalb und oberhalb aller politischen Parteien und wirtschaftlichen Interessengruppen lässt die Durchführung und Sicherung der sozialen Gerechtigkeit heutzutage zur höchsten Aufgabe seines Schiedsrichteramtes werden. Dazu kommt, daß der traditionelle Glanz, den eine Krone zu entfalten vermag, die Herzen der Menschen erwärmt und ihnen das Gefühl der Teilhaftigkeit gibt. Der Monarch vereinigt nämlich die natürlichen Gefühle der Treue und des Patriotismus eines Volkes auf seine eigene Person, was abstrakte Vorstellungen wie Staat, Gesellschaft, Verfassung so schwer zuwege bringen. Ich würde daher glauben, daß es keine wirksamere Sicherung und Abstützung der Demokratie vor faschistischen und totalitären Gefahren gibt als eben die monarchische Institution, die als pouvoir neutre die neutrale Instanz über allen Parteien ist und das Schiedsrichteramt innehat. Der Entartung der Demokratie zur Massenherrschaft und schließlich zum Führerstaat – ob dieser nun rot, braun oder grün gefärbt ist – kann nur die Monarchie begegnen, weil sie gerade nicht von Volkes Gnaden ist, sondern nach ihrer abendländischen Tradition von einem Ordnungsauftrag her lebt, der von oben kommt. 3. Sprechen die in unserer Generation gemachten Erfahrungen dafür, daß die Demokratie in den europäischen Staaten am reibungslosesten funktioniert, die noch Monarchien sind: England, die nordischen Länder und Holland. Sie klappt nicht oder schlecht in Frankreich und Italien. Und sie wird, wie mir scheint, in Westdeutschland kein Herzensanliegen. Die USA sind hier nicht anzuführen, denn der Präsident der USA hat eine größere Macht als irgend ein europäischer Monarch und als irgend eine europäische Volksvertretung bereit wäre, ihm jemals einzuräumen. Wo heute noch Könige regieren, glauben die Völker zweierlei zu sehen, daß die Monarchie gefestigt ist, wenn der König sich königlich benimmt, und daß königliches Benehmen mit demokratischem Lebensgefühl vereinbar ist, auch wenn die Vergangenheit manch abschreckendes Beispiel dagegen liefern mag. Der Blick auf England und seine Staatsgesinnung lässt erkennen, daß in der britischen Monarchie offenbar mehr Demokratie enthalten ist als in der Republik Frankreich. Das ermutigt alle, die die Demokratie nicht in der Staatsform dokumentiert sehen, die monarchische Staatsform also nicht als eine Schwierigkeit für die Demokratie beurteilen. Wir müssen uns daran gewöhnen, daß Demokratie und Republik keine identische Gleichung ist, sondern dass die Demokratie auch gut mit der monarchischen Staatsform zusammengeht. 4. Würde die Neueinführung der monarchischen Institution ein kardinales Problem unserer heutigen Gesellschaft ein Stück vorwärtsbringen,
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das ganz im Argen liegt: Das Problem der Elitebildung als Auslese der Besten. Heute wird diese Auslese von den Parteien und Interessenverbänden vorgenommen, wobei dem Wesen der Sache nach meistens nur Funktionäre, Berufsbürokraten und Manager nach oben kommen, als die in der Tat legitimen Repräsentanten der Massengesellschaft. Von unter her kann sich m. E. Elite nicht bilden, sondern man braucht dazu eine Amtsautorität, durch die echte Auslese garantiert wird. Daher fiele der Krone, die in der parlamentarischen Monarchie – siehe England – ohnehin keine großen Machtbefugnisse hat, die Aufgabe zu, das durch die Interessengruppen bedrohte Verantwortungsgefühl für die salus publica durch eine geeignete Auslese der staatlich Denkenden zu institutionalisieren. Wie der Nobilitierungsvorgang heute vor sich gehen kann, darüber gibt es verschiedene Vorstellungen und auch unterschiedliche Modelle. Ausgehend von dem mit einer parlamentarischen Monarchie gegebenen System einer balance and checks of power empfiehlt sich wohl am meisten ein Zweikammersystem, daß neben die politische Repräsentation des Volkes (das von den Parteien im freien, gleichen und geheimen Wahlgang gebildete Parlament) eine zweite Kammer eigener Prägung tritt, an deren Zustandekommen die Krone einen von der Verfassung festgelegten Anteil haben muß. Eine moderne Form der Nobilitierung würde also darin bestehen, daß der Monarch außer seinen Repräsentationspflichten und der Wahrung des Kronzeremonials hier seine gesellschaftliche Restrukturierungsfunktion erhielte und die Elitebildung fördern würde. Es ließe sich konkret vorstellen, daß die Krone ein Drittel dieser Kammermitglieder auf Lebenszeit ernennt, während das zweite Drittel von den Parteien des Parlaments und das dritte Drittel von den Berufsständen sowie den wirtschaftlichen, kulturellen und gemeindlichen Körperschaften in regelmäßigem Turnus delegiert werden. Bei der Bildung dieser zweiten Kammer würden alle an ihrem Zustandekommen Beteiligten zur Auslese der Besten gezwungen sein. Dadurch würden dann Persönlichkeiten mit besonderer Sachkenntnis und Lebenserfahrung zu Worte kommen und ein gewisses Gegengewicht zu dem rein politisch und nach arithmetischen Prinzipien aufgebauten Parlament bilden. Auch würde dadurch eine Sicherung gegen zu einseitiges parteipolitisches Denken und eine Korrektur von übereilten oder zufälligen Parlamentsbeschlüssen möglich werden. Ich habe nun einige Thesen aufgestellt, die für die Wünschbarkeit der Monarchie sprechen. Kontinuität, personenhafte Bindung als Befriedigung emotionaler Bedürfnisse, Sicherung der Demokratie und Ermöglichung staatspolitischer Auslese. Ich glaube, daß sie sich zumindest diskutieren lassen. Was nun die Frage des Prätendentenhauses angeht, dem die Krone zusteht, so ist das für den geschichtlich Denkenden kein Gegenstand der
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Diskussion. Es gibt nur ein deutsches Herrscherhaus, die Dynastie der Hohenzollern, das einmal als Symbol der Reichseinheit alle Deutschen umfasst und repräsentiert hat, ob sie nun Schlesier oder Rheinländer, Ostpreußen oder Bayern waren. Der letzte Kaiser hat 1918 nur für sich selber und für seinen Sohn auf den Thron verzichtet, aber niemals den Ansprüchen seines Hauses auf die preußische Königs- und die deutsche Kaiserkrone entsagt. Nur das Haus Brandenburg-Preußen vermag daher einen gesamtdeutschen Anspruch zu stellen, der auch Ostdeutschland einbezieht, während die Ansprüche der Welfen, Wittelsbacher usw. immer nur teildeutschen Charakter haben würden, und ein habsburgischer Gesamtanspruch nur romantisch begründet werden könnte durch Rückgang vor das Jahr 1806 oder genauer noch bis 1740. Aber auch die Hohenzollern würden einen neuen Anfang setzen müssen, was umso leichter möglich wäre, als eine Generation ihrer Dynastie geschichtlich ausgefallen ist. In jedem Fall positiv würde die Verwurzelung ihres Königtums im preußischen Staate zählen, dessen historische Landschaften bei einer Wiedervereinigung ins Reich zurückkehren würden. Dann würden auch heute noch geknebelte und unterjochte Traditionen des alten Staatsvolkes wieder frei, die wir als die preußischen Tugenden des Dienstes und der Pflichterfüllung, der unbestechlichen Sachlichkeit und der allem Pomp abgeneigten Schlichtheit anzusehen gewohnt wurden. Wenn einst auch dem Volk von Preußen, dessen Staat verboten und zerschlagen wurde, sein Selbstbestimmungsrecht zurückgegeben wird, werden auch zusammen mit dem Glockenspiel von Potsdam die klassischen preußischen Tugenden wieder auferstehen. Nach den historischen Erfahrungen würde ein Deutsches Reich nur auf dieser Basis Dauer haben. Daß ein neues Deutsches Reich freilich bereit sein müsste, eigene Hoheitsrechte aufzugeben zugunsten einer noch größeren Einheit, wenn sie als europäischer Staatenbund zustandekommt, gehört zu den politischen und wirtschaftlichen Erfordernissen einer zukunftsgerichteten Politik. Aber erst muss die eigene Souveränität wieder hergestellt sein, ehe man in Freiheit von ihr opfern kann. Verkörpert sich diese durch die Krone in weithin sichtbarer Gestalt, wird das für Europa notwendige Opfer vielleicht gar nicht mehr als solches empfunden werden. Für die politische Stabilisierung Deutschlands und Europas wäre die Erneuerung der Monarchie ein großer Segen. Zu dieser Erkenntnis haben sich sogar die Sieger der beiden Weltkriege bereits durchgerungen, daß es ein schwerer Fehler der westlichen Demokratien gewesen ist, auf die Abschaffung der Monarchie bei den Mittelmächten gedrungen zu haben. Winston Churchill hat in seinen Memoiren – leider erst nachträglich – festgestellt: „Eine weise Politik hätte die Weimarer Republik gekrönt und gefestigt, indem ein konstitutioneller Fürst in der Person eines min-
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derjährigen Enkels unter einem Regentschaftsrat eingesetzt worden wäre.“ Und als die verhängnisvollste Folge des Zweiten Weltkrieges erkennt heute Churchill und mit ihm zahlreiche andere Staatsmänner, daß mit der Zerschlagung Preußens und der Verdrängung dieses Staates aus seinen östlichen Grenzpositionen ein Platz auf der Landkarte leer geworden ist. Der frühere amerikanische Botschafter in Moskau, George F. Kennan, ein guter Kenner mittel- und osteuropäischer Verhältnisse, der selber der Demokratischen Partei Roosevelts und Trumans angehört, wird zum Repräsentanten einer großen Bewußtseinswandlung, wenn er in seiner Darstellung der amerikanischen Außenpolitik durch 50 Jahre zu dem Ergebnis kommt: „Wir haben zwei Kriege geführt, um die Deutschen zu verändern und zu erziehen. Gäbe es heute eine Chance, das Deutschland von 1913 wieder herzustellen – ein von konservativen, aber gemäßigten Leuten geführtes Deutschland, nicht nazistisch und nicht kommunistisch, ein kräftiges Deutschland, geeint und nicht okkupiert, das die russische Macht aus Europa herausbalancieren könnte, so würde eine solche Lösung zwar nicht jedermann zufriedenstellen; es würde aber keine so schlechte Lösung sein.“ Wenn eine solche Lösung heute bereits von erklärten Republikanern als wünschbar diskutiert wird, scheint unsere Frage Kommt die Monarchie? zumindest keine ganz phantastische Zukunftserwartung zu sein. Wenn es auch seit 1914 als deutsches Geschichtsgesetz zu gelten hat, daß von allen in einer Situation möglichen Entwicklungen ausgerechnet immer die ungünstigste eintrifft, so ist gleichwohl nicht daraus zu folgern, daß das immer weiter so gehen muss. Das deutsche Volk könnte ja auch einmal vom Glück begünstigt werden. Nur darf man das nicht kleinbürgerlich verstehen! Auch in dem Glücksfall, daß die Neueinführung der Monarchie gelingt, würde weder die Butter wieder 70 Pfennige das Pfund kosten, noch würde irgendeine der großen unserer Zeit gestellten Aufgaben wie etwa die Herstellung einer sozial gerechten Wirtschaftsordnung wirklich gelöst sein. Aber diese Fragen werden dann – hineingestellt in ein ganz anderes staatspolitisches Klima – vielleicht der Lösung näherkommen. Für das Gelingen ausschlaggebend wird freilich die Wahl des rechten Augenblicks, daß die Erneuerung dieser Institution nicht mit unpopulären Maßnahmen verquickt wird. Den Massen muss auch das Verständnis dafür dämmern, daß die Monarchie nicht im Gegensatz zu ihnen ins Leben tritt, sondern daß Notleidende und Unterdrückte, Ausgebeutete und Entrechtete als letzte Instanz an die Krone appellieren können, die nach Amt und Auftrag der Fürsprecher aller berechtigten Anliegen sein will. Schon Friedrich der Große hat sich gelegentlich als „Advokat des armen Man-
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nes“ bezeichnet. Heutzutage sind überhaupt nur noch sozial orientierte und sozial geprägte Monarchen vorzustellen, die als solche erst die Demokratie stützen und sichern können gegen absolutistische und totalitäre Entwicklungen, in denen schließlich der Wille eines Führers oberstes Gesetz wird. Deutschland ist gegen die Gefahren eines neuen Führertums so lange nicht immunisiert, als es nicht gelingt, eine legitime oberste Staatsspitze sicherzustellen, dem heutigen gesellschaftlichen Zustand angepasst. Die alte Naumannsche Konzeption des sozialen und parlamentarischen Königtums in der Demokratie, daß der Kaiser ein „Kaiser im Volksstaat“ sein soll, ist in Deutschland immer nur eine Zukunftshoffnung geblieben. Freilich wird vieles von der Person des künftigen Monarchen selbst abhängen, daß er das rechte Wort zur rechten Stunde findet. Aber der jetzige Chef des Hauses Hohenzollern, Seine Kaiserliche Hoheit Prinz Louis Ferdinand von Preußen, ist – auch nach seinen Lebenserinnerungen zu schließen – ein moderner Mensch, der aus gegenwärtigem Wirklichkeitsbewußtsein heraus lebt und der zum Arbeiter sprechen kann, weil er selber hinter der Drehbank gestanden hat, so daß er, getragen von einem hohen Verantwortungsgefühl, lebensmäßig alle Voraussetzungen dazu mitbringt, ein sozial gewissenhafter und der demokratischen Verfassung verantwortlicher Regent zu werden. Vor der Wiederkehr überlebter dynastischer Vorstellungen und eines verstaubten Hofschranzentums würde man gerade bei ihm sicher sein. Nach geschichtlichem Bewußtsein setzt sich in einer Entwicklung immer das durch, was zukunftsträchtig ist, und es kommt, wenn es seine Stunde hat. Der monarchische Gedanke wird noch einmal seine Stunde bekommen, wenn er von den Deutschen als ihre größte und ihre vielleicht letzte Chance gesehen wird. Gemäß ewigem Entwicklungsgesetz, daß auch die Ideen wandern, könnte es dann sogar geschehen, daß nach der Selbstzersetzung der republikanischen Staatsform die durch Gesetze beschränkte Monarchie als eine „fortschrittliche Maßnahme“ gerade von links her gefordert wird: um der Demokratie willen. Die Sozialisten Englands und der skandinavischen Länder wissen, warum sie königstreu gesinnt sind. Und selbst ein so repräsentativer deutscher Sozialdemokrat wie August Bebel hat schon 1904 auf dem Kongress der Arbeiterinternationale in Amsterdam einer Rede des französischen Genossen Jean Jaurès entgegengehalten: „So schlecht, wie Ihr die Monarchie macht, ist sie nicht. Und so gut, wie Ihr die Republik darstellt, ist sie auch nicht.“ Noch am Vortage der Revolution von 1918 hat die Reichstagsfraktion der Mehrheitssozialisten einstimmig die Beibehaltung der monarchischen Staatsform bei Einrichtung einer Regentschaft beschlossen. Das alles sind Dinge, an die man heute wieder erinnern soll. Die Frage Kommt die Monarchie? hängt ganz von der rechten Lagebeurteilung und dem Zukunftswillen der dem Wohl des Ganzen verant-
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wortlichen Männer ab, daß sie die Sackgasse der Restauration vermeiden und von den Ursprüngen her die echte Renovatio wollen, was schon Friedrich August Ludwig von der Marwitz als notwendig sah, als er sich 1811 „Von den Ursachen des Verfalls des Preußischen Staates“ Rechenschaft ablegte: „Wie es denn überhaupt in der Natur der Dinge liegt, daß das einmal Erstorbene nicht wieder kann erweckt werden, sondern daß durch die Zerstörung hindurch sich etwas Neues gestalten muss, an dessen Art und Wesen dann leichthin erkannt werden kann, ob die Zeitgenossen etwas wert waren oder nicht.“
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Anlage X Wolf Jobst Siedler an Hans-Joachim Schoeps, 20. Februar 1967; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlaß 148 (Hans-Joachim Schoeps), Kasten 37 Lieber Herr Schoeps, eben habe ich, mit großer Neigung, mit viel Zustimmung und mit melancholischer Freude, die sich auf das Abschlußzitat Ihrer Arbeit bezieht, das Einleitungsmanuskript zu Ihrem Bildbande gelesen. Ich glaube, dies ist genau der Aufbau, der sich für einen Essay dieser Art und dieses Zweckes empfiehlt, und ich denke, daß er den historisch angelegten ersten Band ergänzt. Wie Sie sehen, habe ich nur wenige stilistische Korrekturen vorgeschlagen und hier und da Bedenken angemeldet, die sich einerseits auf zu saloppe Formulierungen beziehen, andererseits aber polemisch-apologetischen Tendenzen gelten, die sich in einen Essay gemengt haben, der sonst auf das glücklichste Ruhe und Schlichtheit wahrt. Beim Durcharbeiten würde ich, lieber Herr Schoeps, alles Auftrumpfen und Vorweisen ausmerzen und das Manuskript auch vom Sprachlichen her ganz aufs Gelassene und Selbstverständliche hin abstellen. Wenn ich recht sehe, bedürfen die beiden letzten Kapitel, also „Preußische Geistigkeit“ und „Lehren aus der preußischen Geschichte“, der Durchsicht, Überarbeitung, Ergänzung und Weiterführung am allermeisten. Vor allem in dem Kapitel über preußische Wissenschaft und preußische Literatur, preußische Kulturpolitik und preußische Architektur tritt mir die Analyse vor dem Rühmen zu sehr zurück. Andeutungsweise wenigstens sollte doch untersucht werden, wodurch sich im Konkreten preußische Kulturpolitik von sächsischer, bayerischer, österreichischer oder württembergischer unterschied, und wie die Schul- und Universitätsverfassung Preußens der des übrigen Deutschlands ebenso vorauseilt wie einst das Landrecht den Codices anderer deutscher Staaten. Ihre Bemerkungen zur preußischen Baukunst, ohnehin vielleicht allzu knapp gehalten, sind mir zu sehr auf Schinkel abgestellt, wenn man im Auge hat, daß das gebaute Preußen mit Schlüter, Knobelsdorff und all den anderen Architekten bis hin zu Eosander von Göthe ja ein barockes Preußen war, das allmählich ins Rokokohafte überging; Schinkel, den ich sehr liebe, ist ja doch schon tiefes neunzehntes Jahrhundert, und da neben ihm gleichwertig und gleichgearbeitet Münchens Leo von Klenze steht, bitte
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ich um Zurückhaltung – trotz Moeller van den Bruck –, an ihm das Wesen preußischen Bauens zu exemplifizieren. Vielleicht können Sie auch doch noch ein paar Wochenenden an die Frage wenden, worin das Wesen preußischer Literatur besteht. Ich schicke voraus, daß ich hier keinen Katalog von Antworten, sondern nur einen solchen von Fragen zu geben wüßte und daß ich der Rücksprache mit Ihren Kollegen von der Germanistik bedürftig wäre. Aber von Kleist und Arnim bis zu Fontane läßt sich doch eine ganze Reihe von Momenten finden, die unverkennbar norddeutsch-protestantisch sind, auch wenn sie hier ins Märkische, dort ins Brandenburgische spielen, hier typisch berlinisch sind, dort unverkennbar preußisch. Da Ihr ganzer Essay auf die Geistigkeit des Preußischen hinausläuft, scheint mir jenes Kapitel vom Inhaltlichen wie vom Literarisch-Formalen her auch der Höhenpunkt Ihres Buches werden zu müssen, und im Augenblick ist dieses Kapitel in seiner andeutend-behauptenden Form, die der Konstatierung, Beschreibung und Untersuchung zu sehr entbehrt, noch nicht konkret genug. Dies sage ich Ihnen, lieber Herr Schoeps, mit der zwischen uns vereinbarten Offenheit. Sie kennen die Genugtuung, mit der ich auch diesen neuen Band aus Ihrer Feder der Öffentlichkeit präsentieren werde. Mit den besten Grüßen wie immer Ihr Wolf Jobst Siedler
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Anlage XI Hans-Joachim Schoeps: Aus einem nicht gehaltenen Vortrag in eigener Sache, Februar 1968; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlaß 148 (Hans-Joachim Schoeps), Kasten 83 Aus den gegen mich gerichteten Anwürfen habe ich den Eindruck gewonnen, dass viele Leute gar nicht wissen, mit wem sie es zu tun haben. Auf die Gefahr hin, dass sie bald merken, ich bin gar nicht der gewünschte Gesprächspartner, sondern ein Sonderfall, der in keine der Ihnen geläufigen Kategorien hineinpasst, erkläre ich folgendes: 1. Ich bin Jude, 2. Ich bin Preuße, 3. Ich bin konservativ. Dies alles bin ich nicht seit gestern, sondern solange ich denken kann. Ich muss jetzt sagen, was das an Weltanschauung beinhaltet. Und ich muss das in einer bekenntnishaften und ganz persönlichen Form tun, etwas was ich in meinen Vorlesungen und Übungen immer bewusst vermieden habe. 1. Ich bin Jude. Das heisst, ich bin in meinen letzten weltanschaulichen Überzeugungen genauso gebunden, wie ein gläubiger Lutheraner oder ein praktizierender Katholik gebunden ist. Bestimmte Weltanschauungspositionen scheiden deshalb für mich schon von ihrem Ansatz her aus. Ein wirklicher Jude kann niemals eine irdische Größe verabsolutieren oder vergötzen wollen. Er kann daher nicht Nationalist und er kann ebensowenig Kapitalist mit mammonistischer Gesinnung oder wirklicher Marxist sein. Als Leo Trotzki sich als Bolschewist bekannte, soll seine Heimatgemeinde – so wurde mir berichtet – sofort den großen Synagogenbann über ihn verhängt haben. Darum hat es seine Gründe, wenn das gläubige Judentum im bolschewistischen Russland unterdrückt wird und zeitweise immer wieder Verfolgungen unterliegt. Für einen gläubigen Juden ist der Staat, obwohl auch er unter dem Gesetz der Sünde steht, dazu da, noch größerer Sünde und damit dem Chaos zu steuern. Dina d’malchuta dina (Staatsgesetz ist Gottesgesetz). Solange es ein Königtum von Gottes Gnaden gab, beugte jeder Jude vor dem gesalbten Haupt das Knie und im Synagogengottesdienst wurden Segensgebete für ihn [den König] gesprochen. Als das in Preußen und in Deutschland nach 1918 nicht mehr möglich war, beschloss eine allgemeine deutsche Rabbinerkonferenz, dass dieser Satz auch auf den neuen demokratischen Rechts- und Verfassungsstaat anzuwenden sei. Deshalb kann ich schon aus Glaubensgründen gar nicht anders, als auf dem Boden des Grundgesetzes unserer Bundesrepublik zu stehen.
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2. Ich bin Preusse. Das bin ich meiner Herkunft nach. In meiner Familie ist immer eine Tradition bestimmend gewesen, die früher weit verbreitet war, heute aber unbekannt geworden ist. Preußen war uns immer wichtiger als das Deutsche Reich, dem viele Juden aus den sechs altpreußischen Provinzen immer nur mit Bedenken gegenüberstanden. Das Deutsche Reich von 1871 war von seinem Ursprung her ein Nationalstaat, in dem auch sehr bald nationalistische Tendenzen erkennbar wurden. Preußen aber war ein übernationaler Rechtsstaat, in dem Deutsche, Polen, Litauer, Kaschuben gleichberechtigt mit- und nebeneinander leben konnten. Das war nur möglich auf dem Boden der Toleranz, der geistigen Freiheit und einer großen menschlichen Achtung vor einander. [ . . . ] 3. Ich bin ein Konservativer. Das ist etwas anderes als Radikalismus, auch noch etwas anderes als – wie Hermann Wagener einmal sagte – der kleinmütige Wunsch, das, was man hat, möglichst langsam zu verlieren. Konservativ ist auch etwas anderes als reaktionär; es ist vielmehr die Gegenposition zur Revolution. Ich bin daher alles andere als ein Rechtsaußen. Die Schlagworte rechts und links stimmen an keiner Stelle mehr. Ein großer konservativer Staatsmann des 19. Jahrhunderts war Fürst Clemens August Metternich. Was Metternich dargestellt und gewollt hat, ist jedem klar, der die große Monographie Heinrich von Srbiks gelesen hat. Als der radikale Flügel der Burschenschaft des Wartburgfestes 1819 den Meuchelmord in die politische Debatte einführte, indem der Staatsrat Kotzebue seiner konservativen Weltanschauung wegen von dem Studenten Sand ermordet wurde, hat Metternich auf einer Konferenz in Karlsbad – übrigens gegen den scharfen Protest des preußischen Außenministers Bernstorff – ein Verbot der gesamten Burschenschaft durchgesetzt, das Schuldige und Unschuldige gleichermaßen traf, und er hat die Universitäten unter Kontrolle gestellt – durch Entsendung von Staatskommissaren seitens der Mitgliedstaaten des Deutschen Bundes. Ich habe in meinem Artikel in der Welt diese Maßnahmen für bedenklich und letztlich für falsch erklärt, weil Metternich damit die revolutionäre Bewegung provozierte, aber nicht verhindert hat. [ . . . ] Mein Ruf nach einem „Mehr an Autorität“ knüpft hier an, er ist auch nicht der Ruf nach der Polizei mit dem Gummiknüppel, sondern der Wunsch, vorhandene Ordnungen zu stützen und so stark zu machen, daß sie ein hohes Maß an Freiheit sicherstellen können. Das ist aber nur möglich, wenn die Ordnungen Schutzbarrieren gegen das Chaos sind. Dann müssen sie aber auch Würde und Ansehen haben. Ansehen ist die deutsche Übersetzung des Wortes Autorität, wie der preußische Heeresreformer Scharnhorst einmal erklärt hat. Um Autorität, das heißt um die Würde
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und das Ansehen unserer gesellschaftlichen Institutionen, Familie und Staat, Kirche und Justiz, Schule und Universität, bin ich besorgt. Ihren Zerfall heutzutage kann man nur mit Besorgnis diagnostizieren. Aber über Autorität kann man im Grunde nicht diskutieren. Man hat sie oder man hat sie nicht, weil sie ausstrahlt, weil sie ein Charisma ist. Jacob Burckhardt hat einmal in den siebziger Jahren gesagt: „Wie Autorität entsteht, ist dunkel, wie sie aber verplempert wird, das kann man täglich mit Händen greifen.“ Das Maß an Freiheit, die gewährt werden kann, hängt davon ab, wie stabilisiert die Autorität ist. Selber habe ich niemals die Freiheit der Studenten unterdrückt, aber meine Autorität, die ja auf der Hochschule immer nur eine des überlegenen Sachwissens sein kann, ist auch noch nie angezweifelt worden. Wir haben in der Bundesrepublik im Vergleich mit großen Teilen der übrigen Welt ein sehr hohes Maß an Freiheit, um das wir oft sogar beneidet werden. Wir sollten unser Grundgesetz und damit die bestehenden Autoritäten vor Unterwühlungen jeder Art zu schützen suchen. Der Ruf nach einem „Mehr an Freiheit“ stößt ins Leere und wird vom Gros der Bevölkerung auch überhaupt nicht verstanden. Deshalb mußte ich reagieren und werde ich weiter reagieren, wenn der Sozialistische Deutsche Studentenbund in seinen Flugblättern zum Umsturz der bestehenden Gesellschaftsordnung auffordert. [...]
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Anlage XII Walther Hubatsch an Hans-Joachim Schoeps, 22. Januar 1979; Archiv der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Nachlaß Walther Hubatsch, Kasten 87 Lieber und sehr verehrter Herr Kollege Schoeps! Am heutigen Abend Ihres 70. Geburtstages schreibe ich Ihnen, um Ihnen zu den Glückwünschen den Dank hinzuzufügen für das, was Sie in einem erfüllten Gelehrtenleben der Wissenschaft an neuen Impulsen und Methoden, dem Fachgebiet Geschichte mit besonderem Akzent an Sicherung und Festigung der Substanz und nicht zuletzt mir in wiederholter Zustimmung, Bestätigung und vor allem durch Ihr Beispiel gegeben haben. Wenn ich auf unsere nun ein Vierteljahrhundert hindurch ungetrübten Beziehungen blicke, die von Ihnen signalisiert wurden mit der Ehre Preußens, dem Anderen Preußen und der Konservativen Erneuerung, so sind es besonders drei Episoden, die mir vor dem Hintergrund Ihrer mir stets große Achtung erzeugenden folgerichtigen und unbeirrbaren Haltung auftauchen, wenn ich an Sie denke (und das geschieht öfters als Sie vermuten mögen): Da ist ein von uns gemeinsam gestalteter Tagungs-Vormittag mit zahlreicher Hörerschaft; Sie hatten vorgetragen, und ich kam als zweiter Referent mit Ausführungen, die sich weder auf die Ihrigen bezogen noch auch in der folgenden Diskussion näher auf Ihre Darlegungen eingehen wollten (oder konnten); die herannahende Mittagspause schnitt dann das nach zähen Anfängen, ungeschickten Eingangsfragen und der üblichen unverbindlichen Distanz des Publikums endlich langsam in Gang kommende Gespräch ziemlich unvermittelt ab. Ich stand noch etwas unbefriedigt von diesem „Ergebnis“ am Katheder, ordnete meine Papiere und die eben gemachten Notizen, unschlüssig, ob und wo ich später einen Faden wieder aufnehmen könnte; da standen Sie plötzlich neben mir und sagten in der Ihnen eigenen schlichten Wärme: „Wir gehören doch zusammen“. Mich hat das damals stark berührt. Ich bin dann zu Ihren Herbsttagungen gekommen, unterließ es dann wieder, vor allem aus Zeitmangel, der dahingehend verstanden werden muß, daß Ihre anspruchsvollen Seminare in einem Maße Vorbereitung und Mitträgerschaft erfordert haben würden, die mir bei meiner vielseitigen Beanspruchung (und ich gebe gern zu, daß ich mich von zahlreichen Interessen einfangen lasse, an neuen Aufgaben begeistert bin, bevor noch ältere Ansätze ausreifen konnten) auf längere Sicht eine aktive Mitarbeit
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als unerreichbar erscheinen ließ. Das betrifft auch heute noch, ja zunehmend, Rezensionen und Korrespondenzen, weil ich davor eine steigende Furcht habe, sie könnten in Abhandlungen ausufern und mich von meinen eigenen (in reichlichem Maße) selbstgestellten Forschungen abziehen. Nur einmal ergab sich ein ungewöhnlich glückliches Zusammentreffen von „Anruf“ und „Antwort“, als ich Ihr umfangreiches Werk Aus den Jahren preußischer Not und Erneuerung zur Besprechung für die Historische Zeitschrift erhielt. Der stark beengte Platz weckte meinen Ehrgeiz, auf zwei Schreibmaschinenseiten eine größtmögliche Fülle noch eben lesbarer Gedanken zu dem Buch, den darin behandelten Personen und der zu erwartenden Wirkung auf unsere Zeit anzubringen. Ich habe noch jetzt das lebhafte Gefühl hoher geistiger Befriedigung bei der lang ausgedehnten Lektüre, die mir ein bleibender Gewinn war. Es erschien wie eine Erlösung, in dem „hohen Stil“ wahrhaft gebildeter Menschen die lebensnotwendige Ergänzung zu den literarischen Massenproduktionen unserer Zeit gefunden zu haben. Insoweit war ich auf das höchste belohnt. Dann aber kam Ihre spontane Erwiderung in so herzlicher Weise, daß ich wieder an die erwähnte Begegnung am Katheder erinnert wurde. Ich habe Ihre Schriften (sorgfältig in meiner Separata-Sammlung aufbewahrt und von hilfreicher Hand verzeichnet) stets mit Interesse gelesen, die Themen Ihrer Seminare und Tagungen mit Anteilnahme verfolgt, Ihre Ehrungen mit Freude begrüßt, so die verdiente Preisverleihung in der Redoute und Ihre Festansprache vor der Evangelischen Kirche der Union. Dann trafen wir uns bei dem mehr als verzweifelten Bemühen, eine gesamtpreußische historische Kommission ins Leben zu rufen, in den ehrwürdigen und traditionsreichen Sitzungsräumen des Geheimen Staatsarchivs in Dahlem. Die rationes pro et contra dienten dem Hinauszögern einer Tat. Da haben Sie eine Philippica gehalten: mannhaft, aufrichtig die Dinge beim Namen genannt; die Unabhängigkeit der Forschung von Institutionen nachgewiesen an Hand Ihrer überreichen Quellenbestände aus dem Gerlach-Nachlaß. Und dann kam für mich wieder die Überraschung: Sie wiesen als Beispiel für aktengesättigte, dennoch monographisch gestaltete, aus eigener Forscherinitiative, kommissionsunabhängige wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema „Preußen“ auf mein Buch Friedrich der Große und die preußische Verwaltung hin, das Sie ausführlich aus dem Stegreif vorstellten, in seiner Zielsetzung würdigten und den Gang der Ereignisse „aufregend“ nannten, geschildert „wie ein Roman“ – nur daß dies alles Wirklichkeitswert besäße. Ich habe nie eine Rezension dieses Buches gelesen, die treffender die Absicht und die Bemühung des Autors in ihrem wesentlichen Kern erfaßt und formuliert hat. Drei Episoden im Fluß der gemeinsamen Richtung unserer Tätigkeit. Ich danke Ihnen für diese und andere Begegnungen im Zeichen einer (neu-
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zeitlich-technisch ausgedrückt) „gleichen Wellenlänge“, oder humanistisch gesprochen im Ursprungs-Wortsinn: der Symphatie. Möchte Ihr reiches Werk noch um viele Gedanken vermehrt werden – Ihnen zur Ehre und uns zum Nutzen! Es grüßt Sie herzlich Ihr Walther Hubatsch
Quellen und Literatur 1. Archivalien Archiv der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Nachlaß Walther Hubatsch Politisches Archiv des Auswärtigen Amts Berlin – R 99896 (Liste 203), Inland II A, B, 83 – 76 (Ausbürgerungen) Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung – Nachlaß 148 (Hans-Joachim Schoeps) Kasten 37, 83, 86, 93. Ordner Nr. 113, 114, 116, 117, 119, 120, 121, 122, 132, 135, 140, 151, 203, 204. Stadtarchiv Erlangen – Bestand III. 162 Sch 1. Universitätsarchiv Erlangen-Nürnberg – Personalakte Schoeps
2. Gedruckte Quellen Baeck, Leo: Wege im Judentum. Aufsätze und Reden. Berlin 1933. Ben-Chorin, Schalom: Jugend an der Isar. München 1974. Ben-Chorin, Schalom: Ein Mann zwischen Don Quixotte und Hiob. Prof. Schoeps’ unbewältigte jüdische Vergangenheit. In: Jedioth Chadaschoth (deutschsprachige Zeitung) vom 8. Januar 1971. Blank, Herbert: Unter dem schwarzen Adler. Preußische Berichte und Anekdoten. Hamburg 1957. Blumenfeld, Kurt: Erlebte Judenfrage. Ein Vierteljahrhundert deutscher Zionismus. Stuttgart 1962. Brandenburg, Erich: Die Reichsgründung, Bd. 1. 2. Aufl. Leipzig 1922.
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Quellen und Literatur
Butler, Rohan: The Roots of National Socialism. London 1940. Craemer, Rudolf: Der Kampf um die Volksordnung. Von der preußischen Sozialpolitik zum deutschen Sozialismus. Hamburg 1933. Faber, Georg Sebastian [Pseud. f. Alfred Schmid]: Der Erzkönig. Eine Kampfschrift. Berlin 1933. Friedrich Wilhelm IV.: Die Königin von Borneo. Ein Roman. Hrsg. von Frank-Lothar Kroll. Berlin 1997. Friedrich Wilhelm IV.: Briefe aus Italien 1828. Hrsg. von Peter Betthausen. München / Berlin 2001. Gablentz, Otto Heinrich von der: Die Tragik des Preußentums. München 1948. [Gerlach, Ernst Ludwig von]: Von der Revolution zum Norddeutschen Bund. Politik und Ideengut der preußischen Hochkonservativen 1848 – 1866 aus dem Nachlaß von Ernst Ludwig von Gerlach. Teil 1: Tagebuch (1848 – 1866); Teil 2: Briefe, Denkschriften, Aufzeichnungen. Hrsg. von Hellmut Diwald. Göttingen 1970. Herre, Franz: Preußens neue Ehre. In: Neues Abendland 7 (1952), S. 607 – 614. Klepper, Jochen: Der Vater. Der Roman des Soldatenkönigs. Stuttgart / Berlin 1937. Koenigswald, Harald von: Preußisches Vermächtnis. Rede auf Friedrich den Großen. Oldenburg / Berlin 1940. Koenigswald, Harald von: Schicksalswende. Preußens Weg von Kolin bis Leuthen. Breslau 1932. Konstantin, Prinz von Bayern: Ohne Macht und Herrlichkeit. Hohenzollern – Wittelsbach – Habsburg. München 1961. Louis Ferdinand, Prinz von Preußen: Die Geschichte meines Lebens. Göttingen 1968. Marcks, Erich: 1848 (1898). Wiederabgedruckt in: Ders.: Männer und Zeiten. Aufsätze und Reden zur neueren Geschichte, Bd. 1. 4. Aufl. Leipzig 1916, S. 205 – 251. Marcks, Erich: Der Aufstieg des Reiches. Deutsche Geschichte von 1807 – 1871 / 78, Bd. 1: Die Vorstufen. Stuttgart / Berlin 1936. McGovern, William M.: From Luther to Hitler. The History of Fascist – Nazi political philosophy. Cambridge 1941.
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Kroll, Frank-Lothar: Kultur, Bildung und Wissenschaft im 20. Jahrhundert. München 2003. Kroll, Frank-Lothar: Kultur, Bildung und Wissenschaft im geteilten Deutschland 1949 – 1989. In: Archiv für Kulturgeschichte 85 (2003), S. 119 – 142. Kroll, Frank-Lothar: Friedrich der Große als Gestalt der europäischen Geschichtskultur. In: Brunhilde Wehinger (Hrsg.): Geist und Macht. Friedrich der Große im Kontext der europäischen Kulturgeschichte. Berlin 2005, S. 185 – 198. Kroll, Frank-Lothar: Zur Aktualität Preußens. Der Hohenzollernstaat in der neueren deutschen Geschichtsschreibung. In: Ders., Gustavo Corni und Christiane Liermann (Hrsg.): Italien und Preußen. Dialog der Historiographien. Tübingen 2005, S. 17 – 23. Kroll, Frank-Lothar: Die kupierte Alternative. Konservatismus in Deutschland nach 1945. In: Ders. (Hrsg.): Die kupierte Alternative. Konservatismus in Deutschland nach 1945. Berlin 2005, S. 3 – 24. Kroll, Frank-Lothar: Preußenbild und Preußenforschung im Dritten Reich. In: Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): Das Thema „Preußen“ in Wissenschaft und Wissenschaftspolitik des 19. und 20. Jahrhunderts. Berlin 2006, S. 305 – 327. Kroll, Frank-Lothar: Schoeps, Hans-Joachim. In: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 433 – 435. Kroll, Frank-Lothar: Die Hohenzollern. München 2008. Kroll, Frank-Lothar: Epochenbewußtsein, europäisches Einigungsdenken und transnationale Integrationspolitik bei Heinrich von Brentano. In: Klaus Hildebrand, Udo Wengst und Andreas Wirsching (Hrsg.): Geschichtswissenschaft und Zeiterkenntnis. Von der Aufklärung bis zur Gegenwart. Festschrift zum 65. Geburtstag von Horst Möller. München 2008, S. 409 – 423. Kroll, Frank-Lothar: Hans-Joachim Schoeps und Preußen. In: Gideon Botsch, Joachim H. Knoll und Anna-Dorothea Ludewig (Hrsg.): Wider den Zeitgeist. Studien zum Leben und Werk von Hans-Joachim Schoeps (1909–1980). Hildesheim / Zürich / New York 2009, S. 105 – 137. Kroll, Frank-Lothar: Wider den Zeitgeist. Zum hundertsten Geburtstag des Historikers Hans-Joachim Schoeps. In: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte 16 (2009), S. 127 – 140.
132
Quellen und Literatur
Kroll, Frank-Lothar: Konservatismus in Deutschland nach 1945 – Probleme und Perspektiven. In: Hans Zehetmair und Philipp W. Hildmann (Hrsg.): Zukunft braucht Konservative. Freiburg / Basel / Wien 2009, S. 12 – 38. Krüger, Peter / Schoeps, Julius / Diekmann, Irene (Hrsg.): Der verkannte Monarch. Friedrich Wilhelm IV. in seiner Zeit. Potsdam 1997. Laak, Dirk van: Gespräche in der Sicherheit des Schweigens. Carl Schmitt in der politischen Geistesgeschichte der frühen Bundesrepublik. Berlin 1993. Langenbucher, Wolfgang R.: Der Roman als Quelle geistesgeschichtlicher Forschung. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 20 (1968), S. 259 – 272. Lawaty, Andreas: Das Ende Preußens in polnischer Sicht. Zur Kontinuität negativer Wirkungen der preußischen Geschichte auf die deutsch-polnischen Beziehungen. Berlin / New York 1986. Lease, Gary: Wer war hier Christ, wer Jude? Das Gespräch zwischen Hans-Joachim Schoeps und Hans Blüher. In: Heinz Kremers und Julius H. Schoeps (Hrsg.): Das jüdisch-christliche Religionsgespräch. Stuttgart / Bonn 1987, S. 114 – 130. Lease, Gary: Der Briefwechsel zwischen Karl Barth und Hans-Joachim Schoeps (1929 – 1946). In: Menora. Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte 2 (1991), S. 105 – 137. Lease, Gary: Gibt es Häretiker bzw. Ketzer im modernen Judentum? Der Fall H. J. Schoeps. In: Irene Diekmann und Elke-Vera Kotowski (Hrsg.): Geliebter Feind, gehasster Freund. Antisemitismus und Philosemitismus in Geschichte und Gegenwart. Berlin 2008, S. 233 – 244. Linnemann, Kai Arne: Das Erbe der Ostforschung. Zur Rolle Göttingens in der Geschichtswissenschaft der Nachkriegszeit. Marburg 2002. Loewenstein, Karl: Die Monarchie im modernen Staat. Frankfurt am Main 1952. Loewenstein, Karl: Die innerjüdische Reaktion auf die Krise der deutschen Demokratie. In: Werner E. Mosse (Hrsg.): Entscheidungsjahr 1932. Zur Judenfrage in der Endphase der Weimarer Republik. Tübingen 1965, S. 349 – 403. [Louis Ferdinand von Preußen]: Louis Ferdinand Prinz von Preußen – Erbe und Auftrag. Festschrift zum 80. Geburtstag. Hrsg. vom Preußeninstitut e.V. / Zollernkreis. München / Berlin 1987. Mann, Golo: Das Ende Preußens (1968). Wiederabgedruckt in: Otto Büsch und Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): Moderne Preußische Geschichte 1648 – 1947. Eine Anthologie. Berlin / New York 1981, Bd. 1, S. 243 – 261.
3. Darstellungen
133
Mehmel, Astrid: „Ich richte nun an Sie die große Bitte, eine zweckdienliche Eingabe in dieser Sache zu machen . . .“. Zwei Briefe von 1942 an Sven Hedin von Hans-Joachim Schoeps. In: Zeitschrift für Religionsund Geistesgeschichte 52 (2000), S. 38 – 46. Mehring, Reinhard: Carl Schmitt. Aufstieg und Fall. München 2009. Meiner, Jörg: Wohnen mit Geschichte. Die Appartements Friedrich Wilhelms IV. von Preußen in historischen Residenzen der Hohenzollern. Berlin / München 2009. Meuter, Günter / Otten, Henrique Ricardo (Hrsg.): Der Aufstand gegen den Bürger. Antibürgerliches Denken im 20. Jahrhundert. Würzburg 1999. Michalka, Wolfgang: Nationalsozialismus und Preußen. Ein Beitrag zur Frage nach Kontinuität und / oder Diskontinuität in der neueren deutschen Geschichte. In: Mitteilungen der Gesellschaft der Freunde der Universität Mannheim 26 / 2 (1977), S. 29 – 39. Mirow, Jürgen: Das alte Preußen im deutschen Geschichtsbild seit der Reichsgründung. Berlin 1981. Mohler, Armin / Weißmann, Karlheinz: Die Konservative Revolution in Deutschland 1918 – 1932. Ein Handbuch. 6., völlig überarbeitete und erweiterte Aufl. Graz 2005. Mommsen, Hans: Preußentum und Nationalsozialismus. In: Ders., Wolfgang Benz und Hans Buchheim (Hrsg.): Der Nationalsozialismus. Studien zur Ideologie und Herrschaft. Frankfurt am Main 1993, S. 29 – 41. Müller, Jakob: Die Jugendbewegung als deutsche Hauptrichtung neukonservativer Reform. Zürich 1971. Müssener, Hellmut: Exil in Schweden. Politische und kulturelle Emigration nach 1933. München 1974. Neugebauer, Wolfgang: Die Hohenzollern. Bd. 1: Anfänge, Landesstaat und monarchische Autokratie bis 1740. Stuttgart / Berlin / Köln 1996. Neugebauer, Wolfgang: Die Hohenzollern. Bd. 2: Dynastie im säkularen Wandel. Von 1740 bis in das 20. Jahrhundert. Stuttgart 2003. Neugebauer, Wolfgang: Geschichte Preußens. Hildesheim 2004. Neugebauer, Wolfgang: Preußen als Kulturstaat. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, N.F. 17 (2007), S. 161 – 179. Neugebauer, Wolfgang: Preußen in der Historiographie. Epochen und Forschungsprobleme der Preußischen Geschichte. In: Ders. (Hrsg.): Handbuch der Preußischen Geschichte, Bd. I: Das 17. und 18. Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens. Berlin / New York 2009, S. 3 – 109.
134
Quellen und Literatur
Neuhaus, Helmut: 150 Jahre Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Eine Chronik. München 2008. Nobbe, Stephan: Das Gerlach-Archiv am Seminar für Religions- und Geistesgeschichte der Universität Erlangen-Nürnberg. In: Kurt Toepner (Hrsg.): Wider die Ächtung der Geschichte. Festschrift für Hans-Joachim Schoeps zum 60. Geburtstag. München 1969, S. 233 – 249. Nordalm, Jens: Zur Abendland-Diskussion in der frühen Bundesrepublik. In: Andreas Michler und Waltraud Schreiber (Hrsg.): Blicke auf Europa. Kontinuität und Wandel. Neuwied 2003, S. 199 – 213. Philipp, Michael: „Vom Schicksal des deutschen Geistes“. Wolfgang Frommels Rundfunkarbeit an den Sendern Frankfurt und Berlin 1933 – 1935 und ihre oppositionelle Tendenz. Potsdam 1995. Reitmayer, Morten: Elite. Sozialgeschichte einer politisch-gesellschaftlichen Idee in der frühen Bundesrepublik. München 2009. Rheins, Carl J.: Deutscher Vortrupp. Gefolgschaft deutscher Juden 1933 – 1935. In: Yearbook of the Leo Baeck Institute 26 (1981), S. 207 – 229. Riescher, Gisela / Thumfart, Alexander (Hrsg.): Monarchien. Baden-Baden 2008. Salewski, Michael: Walther Hubatsch: Das Werk. In: In Memoriam Walther Hubatsch. Bonn 1986, S. 10 – 24. Salewski, Michael / Schröder, Josef (Hrsg.): Dienst für die Geschichte. Gedenkschrift für Walther Hubatsch. Göttingen / Zürich 1985. Schildt, Axel: Moderne Zeiten. Freizeit, Massenmedien und „Zeitgeist“ in der Bundesrepublik der 50er Jahre. Hamburg 1995. Schildt, Axel: Ankunft im Westen. Ein Essay zur Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik. Frankfurt am Main 1999. Schildt, Axel: Zwischen Abendland und Amerika. Studien zur westdeutschen Ideenlandschaft der 50er Jahre. München 1999. Schildt, Axel: Zur Hochkonjunktur des „christlichen Abendlandes“ in der westdeutschen Geschichtsschreibung. In: Ulrich Pfeil (Hrsg.): Die Rückkehr der deutschen Geschichtswissenschaft in die „Ökumene der Historiker“. Ein wissenschaftsgeschichtlicher Ansatz. München 2008, S. 49 – 70. Schlenke, Manfred: Das „preußische Beispiel“ in Propaganda und Politik des Nationalsozialismus. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 27 (1968), S. 15 – 23.
3. Darstellungen
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Schlenke, Manfred: Nationalsozialismus und Preußen / Preußentum. Bericht über ein Forschungsprojekt. In: Otto Büsch (Hrsg.): Das Preußenbild in der Geschichte. Protokoll eines Symposions. Berlin / New York 1981, S. 247 – 264. Schmidt, Christoph: Verwechslungen: Hans-Joachim Schoeps. Abwege und Abgründe einer jüdischen politischen Theologie zwischen Esoterik und Exoterik. In: Yotam Hotam und Joachim Jacob (Hrsg.): Populäre Konstruktionen von Erinnerung im deutschen Judentum und nach der Emigration. Göttingen 2004, S. 153 – 170. Schoeps, Julius H.: Deutsch-jüdische Symbiose oder Die mißglückte Emanzipation. Berlin / Potsdam / Bodenheim 1996. Schoeps, Julius H.: „Nil inultum remanebit“. Die Erlanger Universität und ihr Umgang mit dem deutsch-jüdischen Remigranten Hans-Joachim Schoeps (1909 – 1980). In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 52 (2000), S. 266 – 278. Schoeps, Julius H.: „Hitler ist nicht Deutschland“. Der Nationalsozialismus, das Exil in Schweden und die Rückkehr von Hans-Joachim Schoeps in die einstige Heimat. In: Ders.: Über Juden und Deutsche. Historisch-politische Betrachtungen. 2., überarb. und erweiterte Neuaufl. Hildesheim / Zürich / New York 2010, S. 193 – 218. Schoeps, Manfred: Der Deutsche Herrenklub. Ein Beitrag zur Geschichte des Jungkonservativismus in der Weimarer Republik. Phil. Diss. Erlangen 1974. Schröder, Peter: Die Leitbegriffe der deutschen Jugendbewegung in der Weimarer Republik. Eine ideengeschichtliche Studie. Münster 1996. Schulze, Winfried: Deutsche Geschichtswissenschaft nach 1945. München 1989. Selzam, Joachim: Monarchistische Strömungen in der Bundesrepublik Deutschland 1945 – 1989. Diss. rer. pol. Erlangen-Nürnberg 1994. Stangl, Christine: Sozialismus zwischen Partizipation und Führung. Herrschaftsverständnis und Herrscherbild der sozialistischen deutschen Arbeiterbewegung von den Anfängen bis 1875. Berlin 2002. Strelow, Heinz-Siegfried: Konservative Politik in der frühen Bundesrepublik – Hans-Joachim von Merkatz (1905 – 1982). In: Hans-Christof Kraus (Hrsg.): Konservative Politiker in Deutschland. Eine Auswahl biographischer Porträts aus zwei Jahrhunderten. Berlin 1995, S. 315 – 334.
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Quellen und Literatur
Taschka, Sylvia: Das Rußlandbild von Ernst Niekisch. Erlangen / Jena 1999. Taschka, Sylvia: Unvereinbarkeit der Ideologien. Ernst Niekischs Kampf gegen Adolf Hitler. In: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Deutsche Autoren des Ostens als Gegner und Opfer des Nationalsozialismus. Beiträge zur Widerstandsproblematik. Berlin 2000, S. 501 – 518. Töpner, Kurt: Hans-Joachim Schoeps zum Gedenken. In: Zum Gedenken Hans-Joachim Schoeps 1909 – 1980. Schwarzenbach 1980, S. 5 – 9. Töpner, Kurt: Tagebuchnotizen von Hans-Joachim Schoeps. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 32 (1980), S. 353 – 366. Toury, Jacob: Die politischen Orientierungen der Juden in Deutschland. Von Jena bis Weimar. Tübingen 1966. Treziak, Ulrike: Deutsche Jugendbewegung am Ende der Weimarer Republik. Zum Verhältnis von Bündischer Jugend und Nationalsozialismus. Frankfurt am Main 1986. Vogt, Stefan: Nationaler Sozialismus und soziale Demokratie. Die sozialdemokratische Junge Rechte 1918 – 1945. Bonn 2006. Walkenhaus, Ralf: Konservatives Staatsdenken. Eine wissenssoziologische Studie zu Ernst Rudolf Huber. Berlin 1997. Weiß, Dieter J.: „In Treue fest“. Die Geschichte des Bayerischen Heimatund Königsbundes und des Bayernbundes 1921 bis 1996. In: Ders. und Adolf Dinglreiter (Hrsg.): Gott mit dir du Land der Bayern. Regensburg 1996, S. 9 – 54. Weiß, Dieter J.: Kronprinz Rupprecht von Bayern (1869 – 1955). Eine politische Biografie. Regensburg 2007. Weißmann, Karlheinz: Schoeps, Hans-Joachim. In: Caspar von SchrenckNotzing (Hrsg.): Lexikon des Konservatismus. Graz / Stuttgart 1996, S. 490 – 491. Weißmann, Karlheinz: Der Nationale Sozialismus. Ideologie und Bewegung 1890 bis 1933. München 1998. Weißmann, Karlheinz: Die preußische Dimension. Ein Essay. München 2001. Werquet, Jan: Historismus und Repräsentation. Die Baupolitik Friedrich Wilhelms IV. in der preußischen Rheinprovinz. Berlin / München 2009. Werth, Christoph H.: Sozialismus und Nation. Die deutsche Ideologiediskussion zwischen 1918 und 1945. Opladen 1996.
3. Darstellungen
137
Wippermann, Wolfgang: Nationalsozialismus und Preußentum. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 52 (1981), S. 13 – 22. Wippermann, Wolfgang: Ordensstaat, Hohenzollernmonarchie und „Drittes Reich“. Zur Entwicklung und Kritik einer Ideologie des Preußentums. In: Manfred Schlenke (Hrsg.): Preußen. Beiträge zu einer politischen Kultur. Reinbek bei Hamburg 1981, S. 335 – 349. Wolffsohn, Michael / Brechenmacher, Thomas: Deutschland, jüdisch Heimatland. Die Geschichte der deutschen Juden vom Kaiserreich bis heute. München 2008. Wonschik-Steege, Jutta Angelika / Stribrny, Wolfgang: Ein Vermächtnis. Prinz Louis Ferdinand von Preußen. Ein Leben in Licht und Schatten der Monarchie im 20. Jahrhundert. Remagen 2007. Zeitz, Christian: Was ist links und wo ist rechts? Erik Ritter von Kuehnelt-Leddihn und die Krise der Moderne. In: Ulrich E. Zellenberg (Hrsg.): Konservative Profile. Ideen und Praxis in der Politik zwischen Feldmarschall Radetzky, Karl Kraus und Alois Mock. Graz / Stuttgart 2003, S. 423 – 436. Zimmermann, Moshe: Die deutschen Juden 1914 – 1945. München 1997.
Personen- und Sachregister 1. Personen Die kursiv gesetzten Namen verweisen auf Autoren von Sekundärliteratur. Adenauer, Konrad 58, 90, 102 Albrecht, Henning 48 Anschütz, Gerhard 93 Arnim, Achim von 110 Avraham, Doron 40 Baeck, Leo 32 Bahners, Patrick 78 Baier, Stephan 39 Barclay, David E. 36, 47 f. Barthel, Konrad 13 Baudissin, Wolf Graf von 74 Baumgart, Peter 53 Baumgart, Winfried 36 Bebel, August 107 Ben-Chorin, Schalom 31 Benjamin, Walter 30 Bentham, Jeremy 95 Bernecker, Walther L. 77 Bernstorff, Albrecht von 112 Biskup, Thomas 78 Bismarck, Otto von 12, 35, 37, 39, 41 f., 45 ff., 48, 83, 94 Blank, Herbert 23 Blasius, Dirk 36, 50 Blumenfeld, Kurt 28 Blüher, Hans 25, 29 Böckenförde, Ernst-Wolfgang 75 Böhm, Michael 53 Brandenburg, Erich 35
Brandenburg, Friedrich Wilhelm Graf von 47 Brechenmacher, Thomas 19 Brenner, Michael 19, 34 Breuer, Stefan 25 f., 51 Bromme, Paul 89 Brüning, Heinrich 26, 101 Burckhardt, Jacob 113 Bußmann, Walter 36 Butler, Rohan 12 Chrambach, Erich 76, 79 Churchill, Winston 105 f. Clark, Christopher 78 Cortés, Donoso 92 Craemer, Rudolf 23 Demmerle, Eva 39 Dilthey, Wilhelm 55 Dippel, John V. H. 27 Diwald, Hellmut 55 Doering-Manteuffel, Anselm 73 Dostojewski, Fjodor Michailowitsch 82 Ehlers, Hermann 77, 89 Elvert, Jürgen 23 Erler, Hans 19 Faber, Georg Sebastian [Pseud. f. Alfred Schmid] 23
1. Personen Faber, Richard 53 Färber, Konrad Maria 76 Feilchenfeld, Walter 57 Fontane, Theodor 110 Friedensburg, Ferdinand 60 Friedrich der Große 12, 82 f., 94, 106, 115 Friedrich Wilhelm I. 82 f. Friedrich Wilhelm IV. 35 f., 39 f., 43, 47, 53 Frommel, Wolfgang 31 Gablentz, Otto Heinrich von der 13 Gehlen, Arnold 57 Gerlach, Ernst Ludwig von 39 – 47, 49, 95, 115 Gerlach, Leopold von 39 f., 43 ff., 95, 115 Gerstenmaier, Eugen 25 f., 77 Gietinger, Klaus 75 Gleichen, Heinrich von 26 Göthe, Eosander von 109 Gornig, Gilbert H. 11 Grebing, Helga 65 Greiffenhagen, Martin 64 Grothe, Ewald 64 Günsburg, Karl Siegfried 84 Günther, Frieder 68 Gundermann, Iselin 14 Habsburg, Otto von 38 f. Häusler, René 77 Halder, Winfrid 61 Hambrock, Matthias 31 Hammel, Klaus 54 Hansemann, David 47 Hartung, Fritz 11, 59 Hasenclever, Catharina 36 Hausenstein, Wilhelm 77 Heimann, Eduard 48 Heinrich, Gerd 24 Herre, Franz 38
139
Hertfelder, Thomas 37 Hildebrand, Klaus 43 Hinrichs, Carl 11, 52 Hintze, Otto 11, 52, 71 Hitler, Adolf 12, 26, 86 Hochgeschwender, Michael 59 Hohoff, Curt 13 Holzapfel, Friedrich 77 Hooker, Richard 95 Hornung, Klaus 48 Hubatsch, Walther 13 f., 42 f., 52 ff., 114 Huber, Ernst Rudolf 60, 63 f., 75, 98 ff. Huber, Victor Aimé 48 Hugenberg, Alfred 26 Jaurès, Jean 107 Johannsen, Rolf H. 36 John, Otto 77, 91 Jonas, Erasmus 27 Kann, Robert A. 64 Kantzenbach, Friedrich Wilhelm 33 Keiderling, Gerhard 60 Kennan, George F. 106 Kessel, Eberhard 12 Kleist, Heinrich von 110 Klenze, Leo von 109 Klepper, Jochen 21 f. Kluxen, Kurt 72 Knobelsdorff, Georg Wenzeslaus von 109 Knoll, Joachim H. 25, 62 Knütter, Hans-Helmuth 65 Koenigswald, Harald von 23 Köhler, Henning 11 Kohlrausch, Martin 78 Konstantin Prinz von Bayern 76 Koselleck, Reinhart 52 Kotzebue, August von 112 Kraus, Hans-Christof 39, 53, 63, 66, 70
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Personen- und Sachregister
Krell, Marc A. 30 Kreppel, Friedrich 46 Kroll, Frank-Lothar 13 ff., 24, 36, 38 f., 46, 49, 56 ff., 71 ff., 78 Kuehnelt-Leddihn, Erik von 38 Laak, Dirk van 57 Langenbucher, Wolfgang R. 46 Lasky, Melvin J. 59 Lawaty, Andreas 11 Lease, Gary 30 Lehnert, Erik 53 Leo, Heinrich 40 Lichtenberg, Georg Christoph 68 Liebknecht, Karl 75 Linnemann, Kai Arne 14 Locke, John 95 Loeb-Caldenhof, Ernst Theodor 96 f. Loewenstein, Karl 19, 77 Louis Ferdinand Prinz von Preußen 62, 64 f., 89 ff., 97, 101, 107 Luxemburg, Rosa 75 Maier, Hans 33 Mann, Golo 11 Mann, Thomas 22 Marcks, Erich 35 Maria Theresia 83 Marwitz, Friedrich August Ludwig von der 108 Massenbach, Heinrich von 91 McGovern, William M. 12 Mehmel, Astrid 33 Mehring, Reinhard 57 Meiner, Jörg 36 Merkatz, Hans-Joachim von 58, 77 Metternich, Klemens Wenzel Lothar von 112 Meyer, Rudolf 48 Michalka, Wolfgang 12 Mirow, Jürgen 13 Moellendorff, Wichard von 48
Moeller van den Bruck, Arthur 23, 110 Mohler, Armin 25, 66 Mommsen, Hans 12 Müller, Jakob 22 Müssener, Hellmut 33 Naumann, Friedrich 48, 107 Neugebauer, Wolfgang 13, 36, 71 Neuhaus, Helmut 43 Niekisch, Ernst 25 Nobbe, Stephan 45 Nordalm, Jens 38 Pabst, Waldemar 75 Papen, Franz von 26 Philipp, Michael 31 Radowitz, Joseph Maria von 47, 50 Rassow, Peter, 43 f. Rauschning, Hermann 61, 94 f. Reger, Erik [eigentl. Hermann Dannenberger] 90 Reitmayer, Morten 67 Remer, Otto Ernst 90 Reuter, Ernst 96 Rheins, Carl J. 27 Riescher, Gisela 78 Riesser, Gabriel 18 Ritter, Gerhard 11, 42 Rodbertus, Johann Karl 47 Roosevelt, Franklin D. 106 Rosenberg, Alfred 12 Rosenstock-Huessy, Eugen 61, 83 Salewski, Michael 14 Sand, Karl Ludwig 112 Schäffer, Fritz 96 Scharnhorst, Gerhard Johann David von 113 Schildt, Axel 38, 67, 73 Schinkel, Friedrich 23 Schinkel, Karl Friedrich 109
1. Personen Schlange-Schöningen, Hans 77 Schlenke, Manfred 12 Schlüter, Andreas 109 Schmidt, Christoph 30 Schmidt, Helmut 54 Schmitt, Carl 57, 92 f. Schnabel, Franz 37 Schneider, Reinhold 21 f., 77 Schoeps, Hans-Julius 17 f. Schoeps, Julius H. 17 ff., 25, 69 Schoeps, Manfred 26 Schoeps, Kaete, geb. Frank 17 Scholem, Gershom Gerhard 30 Schröder, Peter 23 Schulze, Winfried 37 Schumacher, Kurt 89 Schwarz, Hans 23 Selzam, Joachim 62 Siedler, Wolf Jobst 109 Simonssohn, Nauman 85 Sombart, Werner 48 Spengler, Oswald 23, 48 Srbik, Heinrich von 112 Stahl, Friedrich Julius 18, 40, 81, 83, 95 Stangl, Christine 50 Stapel, Wilhelm 23, 60 Stein, Heinrich Friedrich Karl vom und zum 81 Stein, Lorenz von 48 Steinheim, Salomon Ludwig 18 Stirk, Samuel Dickinson 12 Strelow, Heinz-Siegfried 58 Stribrny, Wolfgang 62 Sybel, Heinrich von 35
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Taschka, Sylvia 26 Thumfart, Alexander 78 Töpner, Kurt 27, 68 Toury, Jacob 19 Treitschke, Heinrich von 35 Treziak, Ulrike 23 Trotzki, Leo 111 Truman, Harry S. 106 Viereck, Peter 12 Vogt, Stefan 51 Volkmann, Ulrich [d.i.: Martin Beheim-Schwarzbach] 12 Wach, Joachim 29 Wagener, Hermann 40, 48, 112 Walkenhaus, Ralf 64 Weber, Werner 68 Weiß, Dieter J. 76 Weißmann, Karlheinz 14, 25, 51, 72 Werquet, Jan 36 Werth, Christoph H. 51 Wilhelm II. 105 Wilhelm (Kronprinz) 89, 96, 105 Winnig, August 60 Wippermann, Wolfgang 12 Wolffsohn, Michael 19 Wolmar, W. Wolfgang von 13 Wonschik-Steege, Jutta Angelika 62 Yorck von Wartenburg, Paul 55 Zeitz, Christian 38 Zimmermann, Moshe 19
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Personen- und Sachregister
2. Wörter und Sachen Die kursiv gesetzten Worte bezeichnen Buch- und Zeitschriftentitel sowie Namen von Organisationen und Institutionen. Durchgehend im Text verwendete Begriffe (Geschichtswissenschaft, Preußen u. a.) erscheinen hier nicht. „Abendland“-Ideologie 38 f. Allgemeines Landrecht 109 Alliierter Kontrollrat 11 Amerika, „Amerikanisierung“ 73, 106 Aus den Jahren preußischer Not und Erneuerung (1963) 44 f., 115 Aus frühchristlicher Zeit. Religionsgeschichtliche Untersuchungen (1950) 34 Barocke Juden, Christen, Judenchristen (1965) 34 Bayern 76, 81, 97, 105 Bayerischer Heimat- und Königsbund 76 Berlin 11, 13, 21 f., 27, 29, 31, 33, 57, 60, 65, 79, 115 Bild (Tageszeitung) 69 Bismarck über Zeitgenossen – Zeitgenossen über Bismarck (1972) 45 Bonn 13 f., 42 Bremen 89 Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens 32 Christentum – und Sozialismus 46 f. – „Christlicher Staat“ 40 f., 43 – „Evangelische Katholizität“ 40 – politischer Katholizismus 90 Das andere Preußen. Konservative Gestalten und Probleme im Zeitalter Friedrich Wilhelms IV. (1952) 39, 44, 58, 95, 114
Das Judenchristentum. Untersuchungen über Parteirichtungen und Gruppenkämpfe in der alten Christenheit (1964) 34 Der Monat (Zeitschrift) 59 Der Ring (Zeitschrift) 26 Der Tagesspiegel (Tageszeitung) 69 Der Weg ins Deutsche Kaiserreich (1970) 45 Deutscher Orden 82, 94 f. Deutscher Vortrupp, Gefolgschaft deutscher Juden 27, 31, 88 Deutschnationale Volkspartei (DNVP) 26 Die Ehre Preußens (1951) 59, 94, 114 Die Hohenzollern und ihr Werk (1915) 52 Die Welt (Tageszeitung) 69, 112 Die Zeit (Wochenzeitung) 69 Doktor Faustus (1947) 23 Elite, Elitebildung 67, 72, 104 Eltville 63, 101 England 75, 77, 89, 103 f., 107 Erlangen 7 f., 14, 42, 44, 58, 63, 68 Evangelische Kirche der Union 115 Frankfurt am Main 27 Frankfurter Rundschau 69 Freiburg 11, 42 Freiheit, Freiheitsprinzip 72, 113 Friedrich der Große und die preußische Verwaltung (1973) 115
2. Wörter und Sachen Geistesgeschichte, Geisteswissenschaft 7 f., 44 f., 55 Gemeinschaft, Gemeinschaftserlebnis 22 ff. George-Kreis 31 Gerlach-Archiv 45 Geschichte der jüdischen Religionsphilosophie in der Neuzeit (1935) 29 Gesellschaft für Geistesgeschichte 7, 62 Göttingen 13 f. Grundgesetz 93, 98 f., 111, 113 Habsburg 38 f., 105 Hohenzollern 105, 107 Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 37, 43 Historische Zeitschrift 115 Homosexualität, Männerbund 22, 33 „Innere Führung“ 53 f., 74 Israel und Christenheit. Jüdischchristliches Religionsgespräch in neunzehn Jahrhunderten (1961) 29 Judentum – und Christentum 30 ff. – und Preußentum 17 ff., 27 f., 31 f., 81, 84 – 88, 111 – und Landschaft 20 Jugendbewegung 22 f., 27, 42, 60
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– und Judentum 17 ff. – und Soziale Frage 40, 46 – 51 Konservative Erneuerung. Ideen zur deutschen Politik (1958) 66, 114 „Konservative Revolution“ 25 f., 56, 60, 67 Korporatismus, korporative Staatsordnung 26, 67, 87, 104 Kreisauer Kreis 13 Kulturstaatlichkeit 71, 109 Legalität und Legitimität (1932) 92 Liberalismus, Liberalismuskritik 24, 38, 66, 90 Machtpolitik, Machtstaatsgedanke 37, 40 ff., 46 Marburg 63, 100 Militarismus 11 f., 73 Monarchie, Monarchismus 58, 60, 63 ff., 68, 73 – 77, 98, 101 – 108 – als neutrale Instanz 75, 100, 103 – und Demokratie 74 f., 89, 99, 102 ff., 107 – Restauration 63 ff., 73 – 77, 89 ff., 96 – 108 – „Soziales Königtum“ 50, 106 f. Nationalstaat, Nationalstaatsgründung 35, 37, 39, 41, 73, 112 Neues Abendland (Zeitschrift) 38 Niedersachsen 76 Österreich 35, 37 ff.
Karlsbader Konferenz (1819) 112 Kommt die Monarchie? Wege zu neuer Ordnung im Massenzeitalter (1953) 74, 102, 106 f. Königsberg 14 Konservativismus 66 f., 69, 95, 112 f. – preußischer 18 f., 40 – 45, 67
Parteien, Parteienkritik 67 f., 104 Paulus. Die Theologie des Apostels im Lichte der jüdischen Religionsgeschichte (1959) 34 Philosemitismus im Barock. Religions- und geistesgeschichtliche Untersuchungen (1952) 34
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Personen- und Sachregister
Pluralwahlrecht 67 Polen 78 f., 112 Potsdam 105 Preußen. Geschichte eines Staates (1966) 52, 54 Preußen zwischen Reform und Revolution (1975) 52 Preußeninstitut 62 Preußentum – und Landschaft 19 ff., 81 f. – und Nationalsozialismus 12 f., 56 – „Preußische Idee“ 70 – 73, 75 Preußentum und Pietismus (1970) 52 Prinzipienpolitik 41 f., 46 Realpolitik 41 f., 46 Reich, Reichsidee 39, 82 f. Reichsbund jüdischer Frontsoldaten 31, 81 Reichssender Berlin 31 Reichsvertretung der Juden in Deutschland 32 Religionswissenschaft 29, 34, 44 f. Rhein-Ruhr-Klub 61, 91 Romantik 82 Rußland 20, 79, 82, 111 Schweden 33 f. Sozialistischer Deutscher Studentenbund (SDS) 68, 113 Sozialpolitik 47 f., 50 Spanien 77 Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 89 f., 107 Staatsraison 82 f. Staatsrechtslehre 67 f. Stern (Wochenzeitschrift) 69
Stiftung Preußischer Kulturbesitz 60 Studien zur Geschichte Preußens (1958 – 1984) 14 Südwestdeutscher Rundfunk Frankfurt 31 Theologie und Geschichte des Judenchristentums (1949) 34 Toleranz, Toleranzpolitik 71 f., 112 Tradition und Leben 62 Uppsala 34 Urgemeinde, Judenchristentum, Gnosis (1956) 34 Verband nationaldeutscher Juden 31 Volksbund für die Monarchie (Volksbund für Krone und Reich) 65 Volkskonservative Vereinigung 26 f. Vom himmlischen Fleisch Christi. Eine dogmengeschichtliche Untersuchung (1951) 34 Vossische Zeitung 93 Wartburgfest (1817) 112 Weimarer Verfassung 92, 99 Welt am Sonntag (Wochenzeitung) 69 „Westlichkeit“, „Westernisierung“ 70, 72 f. Wiedervereinigung 63, 78 f., 99, 105 „Zeitgeistforschung“ 8, 45 f. Zionismus 27 f., 86 Zollernkreis 62 Zweikammersystem 67, 104