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German Pages [669] Year 2021
Max Küchler
Geschichte der jüdischen Numismatik Band 1: 2.–16. Jh. Historisches Vergessen – Jüdische Bewahrung – Europäische Entdeckung
Ioudaioi Schriften des Institutum Judaicum Delitzschianum Herausgegeben von Lutz Doering Advisory Board Martina Böhm, Bernadette J. Brooten, Matthias Henze, William Horbury, Sarah J. K. Pearce, Ishay Rosen-Zvi, Adiel Schremer, Daniel Stökl Ben Ezra, Jan Willem van Henten, Gregory E. Sterling Band 13
Max Küchler
Geschichte der jüdischen Numismatik Band 1: 2.–16. Jh. Historisches Vergessen – Jüdische Bewahrung – Europäische Entdeckung
Vandenhoeck & Ruprecht
Dieses Buch ist mit der Unterstützung des Hochschulrats und des Museums Bibel und Orient der Universität Freiburg/Schweiz veröffentlicht worden.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2022 Vandenhoeck & Ruprecht, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com 978-3-666-55846-7
Unseren Großkindern
Aaro Lurín (2017) Jovín Max (2017) Lias Joan (2019) Miko Joan (2019)
Vorwort
Dass die Juden in der Antike eigene Münzen geprägt haben, ist eine numismatische Evidenz, die heute sehr gut dokumentiert ist. Seit wann wissen wir aber, dass es einmal eine solche antike jüdische Münzprägung gab? Was wussten die Juden der Zeit nach den beiden jüdischen Kriegen gegen Rom (66–70/74 n. und 132–135/136 n.) darüber, als die Staatlichkeit des Volkes Israel zerstört war und die jüdischen Münzen bei den Römern als staatsgefährdendes Revolutionsgeld galten? Wie hat das Wissen um diese Münzen die langen Jahrhunderte der Zerstreuung der Juden in alle Weltteile überleben können? Wann haben die christlichen Gelehrten im westlichen Europa die einstmalige Existenz jüdischer Münzen zur Kenntnis genommen? Ein Weiteres: Seit wann besaßen sowohl Juden wie Christen in der nachtalmudischen Zeit echte jüdische Münzen? Welches waren die Nöte und Interessen, die sowohl hinter der Verbergung der antiken jüdischen Münzen wie auch hinter deren Bewahrung im Wissen standen? Seit wann fand und sammelte man jüdische Münzen und dokumentierte diese in numismatischen Publikationen, sodass sich eine jüdische Sparte innerhalb des weiten Feldes der antiken Numismatik bilden konnte? Und schließlich: Wie wurden die jüdischen Münzen für die Bibelwissenschaft, die Philologie und die Geschichte der Antike und besonders des antiken Judentums wissenschaftlich ausgewertet? Diese Fragen stellten sich mir immer wieder während des langjährigen Aufbaus der Sammlung von antiken jüdischen Münzen am Bibel+Orient-Museum der Universität Freiburg/Schweiz. Seit meiner Emeritierung im Jahr 2012 habe ich mich dann diesem Problembereich widmen können, der mich in Gefilde geführt hat, deren Existenz und Weite ich zu Beginn nicht einmal erahnen konnte: Die mehr als 1800 Jahre, die zwischen den letzten Prägungen des antiken Israel und den ersten Prägungen des heutigen Staates Israel liegen, erwiesen sich als eine komplexe Geschichte des Verlustes, des historischen Vergessens und Verdrängens, aber auch der jüdischen Bewahrung in den traditionellen Schriften und der europäischen Entdeckung der antiken jüdischen Münzen durch Juden und Christen. Die vorliegende Forschungsgeschichte geht nun erstmals dem rezeptiven Geschick der antiken jüdischen Münzen nach. Die zeitliche Beschränkung bis zum Ende des 16. Jh. ist einerseits durch die Fülle des Stoffes bedingt, hat aber andererseits auch einen sachlichen Grund: Bis zum Ende des 16. Jh. wurden die Grundlagen für das Wissen und für den Besitz sowohl der echten jüdischen Münzen wie auch deren Nebenformen (Schekel-Imitate, Schekel-Medaillen, Phantasie-Münzen) erarbeitet. Was nachher folgte, war weitgehend eine Entfaltung dieser Anfänge: Im 17. und 18. Jh. werden jüdische und christliche Gelehrte eine immer größer werdende Menge echter jüdischer Prägungen entdecken und erste Gesamtdarstellungen schreiben; zudem entstand eine schwierig zu übersehende Vielfalt von nachgeahmten oder nachgefühlten Nebenformen und Fälschungen, sodass die
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Vorwort
Numismatiker gezwungen waren, Kriterien für oder gegen die Echtheit jüdischer Münzen auzufstellen. Diese Entfaltung in gebührender Genauigkeit zu beschreiben, ist eine zukünftige Aufgabe. Band II, der in Arbeit ist, wird sich dem 17. Jh. widmen. Dankbar habe ich während der Erarbeitung dieses Bandes die Pionierarbeiten jener Gelehrten benutzt, welche seit der Mitte des vorletzten Jahrhunderts die heutige Evidenz der jüdischen Münzen erarbeitet haben: Félicien de Saulcy, Moritz Abraham Levy, Frederic William Madden, Théodore Reinach, Samuel Raffaëli, George Francis Hill, Mordechai Narkiss, Adolf Reifenberg, Leo Kadman, Arie Kindler, Stella Ben-Dor, Leo Mildenberg, Yaʿakov Meshorer, David Hendin, Robert Deutsch, Jean-Philippe Fontanille, Haim Gitler, Donald Tsvi Ariel und einige weitere, deren numismatische Arbeiten zu den jüdischen Münzen mir allzeit vor Augen sind. Viele befreundete und mir zum Teil vorher unbekannte Menschen, die dieses Thema ebenfalls faszinierend fanden, sind mir mit Rat und Tat beigestanden und haben mir das Stand- und Durchhalten zum fast täglichen Lusterlebnis gemacht. Ich nenne vor allem: Haim Gitler, Donald Tsvi Ariel, Yaniv Schauer vom Coin Department der Israel Antiquities Authority, vom Israel Museum und der Israel Numismatic Society, Ronny Reich, Hillel Geva und James Paris von der Israel Exploration Society, Jean-Baptiste Humbert und Jean-Michel de Tarragon von der École Biblique et Archéologique Française de Jérusalem, Christian E. Dekesel und Yvette M. M. Dekesel-De Ruyck, Günter Stemberger, Ira Rezak, John Cunnally, Werner Eck, Stefan Schreiber, Bernard Zolty, Gérard Nahon (gest. 2018), Matthias Morgenstern, Volker Heenes, Lars-Gunther Schier, Gunter Quarg, Paul-Francis Jacquier, Jean-Pierre Righetti, Stefan Blarer, Mariano Delgado, das Institut Dominique Barthélemy mit Adrian Schenker und Joḥanan Patrik Goldman, die Helfer an der Freiburger Kantons- und Universitäts-Bibliothek, besonders Donat Düsterhaus, und Markus Lau, Thomas Schumacher und Leonardo Pajarola am Departement für Biblische Studien der Theologischen Fakultät und am Bibel+Orient-Museum der Universität Freiburg/ Schweiz. Markus Lau hat das besondere Verdienst, den soweit fertigen Text mit seinem kritischen Auge gelesen und mir bis zum Abschluss mit Rat und Tat beigestanden zu haben. Dass das Resultat trotz der aufgewendeten Mühe ein Stückwerk bleibt, ist mir sehr bewusst. Einige numismatische Arbeiten, besonders die nicht in Monographien vorliegenden Studien, sind meiner Aufmerksamkeit sicher entgangen und viele jüdische und hebräisch geschriebene Texte mit numismatischer Relevanz waren mir nur beschränkt oder überhaupt nicht zugänglich. Was hier aber an Information geboten wird, ist zuverlässig recherchiert und dokumentiert, wie aus den umfassenden und präzisen Beschreibungen der relevanten numismatischen Gegebenheiten und in den nachprüfbar gestalteten bibliographischen Angaben zu ersehen ist. Wo meine Suche jeweils an eine Grenze gelangte – und dies war oft der Fall –, haben mir Fachleute des betreffenden Gebietes mit ihrem Wissen dankenswerterweise weitergeholfen. Vorhandene Fehler gehen aber allein auf mein Konto. Mein besonderer Dank geht an Lutz Doering und die Peer Reviewer, die als Direktor und kritische Beobachter meine Arbeit in die Reihe »Ioudaioi. Studien des Institutum Iudaicum Delitzschianum« aufnahmen. Dankbar verbunden bin ich zudem den Leuten vom Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, besonders Izaak J. de Hulster, Renate Rehkopf und Miriam Espenhain und den technischen Realisatoren dieses sicher nicht einfachen Buches. Ich habe versucht, unsere Kinder Katharina, Micha, Benjamin und Samuel weder durch einen sehr beschäftigten Ruhestand noch durch einen pensionsbedingten Stillstand zur
Vorwort
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Last zu fallen. Mit ihnen werden sich die vier Großkinder, von denen zwei während der Abfassung dieses Buches noch unterwegs in unsere Welt waren, einst staunend fragen, welchen Sinn denn der uralte Großvater in der Beschäftigung mit solch seltsame Fragen sah. Auf dass sie sich diese Frage stellen und nach dem Sinn ihres eigenen Lebens suchen, sei Ihnen dieses Buch gewidmet. Meine liebe Frau Bernadette Schwarzen Küchler hat ihr Erstaunen über meine Faszination an der jüdischen Numismatik kurz vor Weihnachten 2019 in jene pax aeterna mitgenommen, die ich ihr von Herzen gönne und hoffentlich mit ihr einst teilen werde. Im Frühling 2021
Max Küchler
Ausführliches Inhaltsverzeichnis (Ein kurzes Inhaltsverzeichnis befindet sich am Ende des Buches.)
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Ausführliches Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Zum Gebrauch des Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Teil A Das Geschick der jüdischen Münzen –
Eine forschungsgeschichtliche Aufgabe und deren Vorgaben . . . . . . . 33
§ I Die forschungsgeschichtliche Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Die Frage nach dem Geschick der antiken jüdischen Münzen als wissenschaftliches Desiderat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2. Die Gründe für das Fehlen einer Geschichte der jüdischen Numismatik – Die heutige teilweise Überwindung der Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.1 Ungenügende bibliographische Grundlagen – Ch. E. Dekesels monumentale numismatische Bibliographie . . . . . . . . . . 37 2.2 Der schwierige Zugang zu den numismatischen Originaltexten des 16. Jh. – Die digitalen Suchmaschinen (s. § XV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2.3 Die hohen Anforderungen altsprachlicher Kompetenzen – Ungenügende digitale Übersetzungshilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 § II Numismatische und literarische Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1. Die numismatische Vorgabe: Die antiken jüdischen Münzen . . . . . . . . . . . . . . . 43 2. Die literarische Vorgabe: Die Geldtexte in der Bibel und in den antiken jüdischen und christlichen Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2.1 Geldtexte in der hebräischen Bibel und deren griechischen und aramäischen Übersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2.1.1 Die wichtigsten Geldtexte der hebräischen Bibel . . . . . . . . . . . . . . . 50 a. Pentateuch (»Fünf-Buch« des Mose) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 b. Historische Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 c. Prophetische und weisheitliche Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2.1.2 Synopse der Bezeichnungen für Münzen und Gewicht . . . . . . . . . 53 2.1.3 Einige numismatische Beobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2.2 Geldtexte im griechischen und lateinischen Neuen Testament . . . . . . . . . 56 2.2.1 Die wichtigsten Geldtexte des Neuen Testaments . . . . . . . . . . . . . . 57 a. Markus-Evangelium (*, Eigengut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b. Matthäus-Evangelium (MtQ par LkQ; Eigengut) . . . . . . . . . . . . . . . . 57
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c. Lukas-Evangelium (Eigengut) (LkQ s. bei MtQ) . . . . . . . . . . . . . . . . 58 d. Johannes-Evangelium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 e. Apostelgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 f. Offenbarung des Johannes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2.2.2 Synopse der Bezeichnungen für griechische und römische Münzen 58 2.2.3 Einige numismatische Beobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2.3 Geldtexte in der außerbiblischen Literatur des Frühjudentums . . . . . . . . . 60 2.3.1 Geldtexte in den jüdischen Schriften der hellenistisch römischen Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 2.3.2 Geldtexte aus dem Gebiet um das Tote Meer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 a. Geldangaben in Textfunden der Höhlen im Umfeld von Qumran 62 b. Geldangaben in Textfunden außerhalb der Höhlen von Qumran 63 2.3.3 Geldtexte in den Geschichtswerken des Flavius Josephus . . . . . . . 64 2.4 Geldtexte in der Mischna, der Tosefta und den beiden Talmuden . . . . . . 65 2.4.1 Die Scheqalim-Traktate in der Mischna, der Tosefta und dem Jerusalemer Talmud . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2.4.2 Die tyrische Silber-Tetradrachme als Standard des (Heiligtums-) Schekels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2.4.3 Die epochal verschiedenen paganen Äquivalenzen zur Schekelsteuer 68 2.4.4 Korrelationen zwischen jüdischen und römischen Währungen . . 69 a. Zu Beginn des 2. Jh. n.: 1 römisches As = 6 Perut.ot . . . . . . . . . . . . . 69 b. Im frühen 3. Jh. n.: 1 römisches As = 8 Perut.ot /1 Dinar = ¼ Selaʿ . 69 Exkurs I Ein feuriger Halbschekel unter dem Thron der Herrlichkeit des Gottes Israels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2.5 Äquivalenzangaben in administrativen Dokumenten des 1. und 2. Jh. n. 72 2.5.1 Jüdische Verträge aus der Briefhöhle des Nachal Chever . . . . . . . . 72 2.5.2 Die »jüdische Taxe« auf römischen Steuerlisten aus Ägypten . . . . 73
Teil B Echte und legendäre jüdische Münzen in der literarischen
§ III
Rezeption des antiken Judentums und nach Münzfunden . . . . . . . . . . 75
Die Münzen jüdischer Prägeherren in der frühjüdischen und rabbinischen Rezeption und nach Münzfunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
1. Eine Prägeerlaubnis des Seleukiden Antiochos VII. Sidetes für den Hasmonäer Schimeʿon/Simon (143/142–135/134 v.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 1.1 1 Makk 15,6 als Erlaubnis einer eigenen Prägung für Schimeʿon/Simon 77 1.2 Schimeʿon bar Kosiba als einziger Prägeherr der Schimeʿon-Münzen . . . 78 1.2.1 Nicolas Henrions numismatische Beobachtung zugunsten von Schimeʿon bar Kosiba im 2. Jh. n. (1713) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1.2.2 Michel Pinarts Argumente zugunsten des Hasmonäers Schimeʿon/ Simon (1713) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 1.2.3 Bedeutet das Fehlen von Münzen des Hasmonäers Schimeʿon/ Simon deren Nichtexistenz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
Ausführliches Inhaltsverzeichnis
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1.2.4 Die definitive Datierung der Schimeʿon-Münzen in den 2. jüdischen Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Exkurs II Die moderne Kontroverse um den ersten jüdischen Prägeherrn 83 2. Die Erinnerung an Münzen des 1. und 2. jüdischen Krieges in der rabbinischen Literatur (Tosefta, Talmude) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 2.1 Die »Jerusalem-Münzen« des 1. und 2. jüdischen Krieges (Texte 1. 3. 4–6) 86 2.1.1 Gangbare »jerusalemische selaʿim« (2. Hälfte 3. Jh. n.) (Text 3) . . . 87 2.1.2 Nicht mehr gangbare »jerusalemische Münzen« (4. Jh. n.) (Texte 1. 4) 88 2.1.3 Versteckte »abgeschliffene hadrianische trajanische Denare« mit einem »Gepräge Jerusalems« (Texte 5. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2.2 Die Münzen von Schimeʿon bar Kosiba (2. jüdischer Krieg) . . . . . . . . . . . 90 2.2.1 Die »lügnerischen Münzen« (meʿot kozebiot) und die »Münze des Sohnes der Lüge« (mat.beʿa bar kozebaʿ) (Texte 1, 2. 4) . . . . . . 90 2.2.2 Die »Münze des Widerspenstigen« (mat.beʿa merod) und die »Münze, die widerspenstig ist/war« (mat.beʿa sche-marad) (Texte 1. 2) 92 2.3 Die »Münzen der Gefahr« (meʿot schel sakanah) (Text 2) . . . . . . . . . . . . . 92 2.4 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 3. Funde von Münzen aus dem 2. jüdischen Krieg in der Nachkriegszeit . . . . . . . 94 3.1 Perforierte Münzen aus dem 2. jüdischen Krieg als Amulette oder Schmuckstücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 3.2 Eine Münze aus dem 2. jüdischen Krieg als Almosen . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3.3 Fundmünzen des 2. jüdischen Krieges in Judäa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3.3.1 Versteckte Münzen des 2. jüdischen Krieges – Nur Hoffnungszeichen 97 3.3.2 Verstreute Münzen des 2. jüdischen Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 a. Vier Streufunde im Stadtbereich von Jerusalem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b. Ein Fund in Hebron und Streufunde in der Umgebung . . . . . . . . . . . . 99 3.4 Funde von jüdischen Münzen in den nördlichen Provinzen des römischen Reiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .100 3.5 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Exkurs III Funde von jüdischen Münzen in Syrien, Zypern, Spanien und Libyen (1. Jh. n.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a. Dura-Europos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b. Zypern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 c. Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 d. Kyrene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 4. Zur jüdischen Kritik und Ablehnung paganer Bildmotive auf Münzen . . . . . . 107 4.1 Die propagandistische Absicht der numismatischen Bildmotive . . . . . . . . 107 4.2 Gelehrte Distinktionen gegenüber paganen Bildmotiven . . . . . . . . . . . . . . 108 4.3 Radikale Ablehnung paganer Bildmotive auf Münzen und anderen Bildträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 4.3.1 Rabbi Nachum bar Simai (um 260 n.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
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4.3.2 Die Essener (nach Hippolyt von Rom; gest. 235 n.) . . . . . . . . . . . . 111 Exkurs IV Die Abschaffung des Römergeldes in den »späten Tagen« . . . . . . 112 § IV Die Konstruktion einer legendären israelitischen Münzprägung in haggadischen Texten des antiken Judentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 1. Abraham – Erster Prägeherr mit den Bildmotiven eines alten und eines wunderbar verjüngten Paares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2. Jakob – Einrichtung einer Geldprägestätte in Sichem und Einführung der Geldwirtschaft in Kanaan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 3. Josua – Kämpferischer Prägeherr mit den Bildmotiven Stier und Wildstier . . 119 4. Saul – Eine für David gefährliche Konkurrenz-Prägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .120 5. David – Königlicher Prägeherr bescheidenen Ursprungs mit den Bildmotiven Stab, Hirtentasche und Turm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 6. Salomo – Ein jüdischer Jerusalem-Schekel und eine legendäre salomonische Münzstätte in Jerusalem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 7. Mordechai – Gefährdeter Prägeherr mit den Bildmotiven Sack, Asche und Krone oder dem Porträt von Mordechai und Ester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 8. Fazit: Israel als Ursprung der Münzprägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 § V
Numismatisch-metrologische Texte der Juden im Rahmen der paganen und christlichen Metrologien der Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
1. Antike metrologische Texte der Juden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2. Griechisch-römische und christliche Metrologien der Antike . . . . . . . . . . . . . . 129 2.1 Antike griechisch-römische metrologische Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 2.2 Epiphanius von Salamis (392 n.) – Die erste biblisch-christliche Metrologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2.2.1 Leben und Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2.2.2 Die theologische Metrologie (Kap. 44–57) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
Teil C Jüdischer Besitz von Schekeln im 10.–14. Jh. –
Christliches Unwissen um jüdische Münzen im 14. und 15. Jh. . . . . . 135
§ VI Kenntnis und Besitz von jüdischen Schekeln bei jüdischen Autoren des 10.–14. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 1. Jefet ben Ali (ca. 920–991) in Jerusalem – Diskussion zum »Schekel des Heiligtums« und zum Schekel zu 20 Gera »nach dem Stein des Königs« (vor 962) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Haʾi Gaʾon (939–1038) in Pumpedita – Erstmals »Schekel Israels« in Raʿas. als philologisches Argument (1020) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 3. Mosche ben Maimon/Maimonides (1138–1204) – »Schekel des Heiligtums« mit Aufschriften in althebräischer Schrift (ketavʿivri) (1168, 1180, um 1204) . 143 3.1 Die Scheqalim-Traktate in Sefer ha-Maʾor (1168) und Mischneh Torah (1180) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
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3.2 Teschuvot ha-Rambam, Responsum 7 (um 1204) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 4. Mosche ben Nachman/Nachmanides (1194–1270) – Bildmotive, Aufschriften und Gewicht von Schekeln nach rabbinischer und samaritanischer Deutung (vor 1270) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .146 4.1 Der Text aus der »angefügten Notiz« des Perusch ha-Torah . . . . . . . . . . . . 146 4.2 Die althebräischen Aufschriften nach den Samaritanern . . . . . . . . . . . . . . 147 4.3 Die doppelte Deutung der Bildmotive bei Mosche ben Nachman oder den Samaritanern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 4.3.1 Der Granatapfelzweig als Stecken des Mandelbaumes oder als Zweig des Aaron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 4.3.2 Der Kelch als selochit oder als sinsenet ha-man . . . . . . . . . . . . . . . . 148 ˙ ˙ ˙ 4.3.3 Die Unterschiede zwischen Mosche ben Nachman und den Samaritanern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 4.4 Das halachisch bedeutsame Gewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .150 5. Estori ben Mosche ha-Farchi (um 1282–1357) – Glückhafter Besitzer eines Heiligtumsschekels mit dem Bildmotiv einer machtah (1322) . . . . . . . . . 151 5.1 Der Text Kaftor wa-ferach, Kap. 16 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 5.2 Die Deutung der Bildmotive: Der Kelch als Kohlenpfanne und der Granatapfelzweig als Mandelbaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 5.3 Das ungefähre Schekel-Gewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .155 6. Zusammenfassende Darstellung (zu § VI): Die jüdischen Autoren vom 10. bis 14. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6.1 Tabellarischer Überblick I (zu § VI): Jüdische Autoren des 10.–14. Jh. (zu echten jüdischen Münzen) (s. auch TabÜ IV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6.2 Auswertung des Tabellarischen Überblicks I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6.2.1 Vorkommen, Stückzahl, Gebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6.2.2 Besitzen, Sehen, Lesen, Wägen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6.2.3 Die Bildmotive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 6.2.4 Die Aufschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 6.2.5 Datierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 6.2.6 Herkunfts- und Tätigkeitsorte der fünf Besitzer . . . . . . . . . . . . . . . 161 § VII Das Unwissen um jüdische Münzen in der aufkommenden europäischen Numismatik des 14. und 15. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Sammeln von Münzen in Antike und Mittelalter als profane und geistlichreligiöse Liebhaberei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Der Beginn der wissenschaftlichen Numismatik in Italien im 14. Jh.: Giovanni de Matociis (gest. 1337) und Francesco Petrarca (1304–1374) . . 165 3. Das Fehlen jüdischer Münzen in den Preziosen- und Kuriositätenkabinetten von geistlichen und weltlichen Herren Europas im 15. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
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Teil D Insiderwissen, Wissenserwerb und Besitz von jüdischen Münzen
bei Juden und Christen des 16. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
§ VIII Insiderwissen und Besitz von antiken jüdischen Münzen bei den Juden des 16. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Obadja de Bertinoro (ca. 1455–1510) – »Münzen aus Silber« als Träger der althebräischen Schrift aus der israelitischen Königszeit (vor 1510) . . . . . . . 173 2. Abraham de Balmes ben Meir (ca. 1460–1523) – Die assyrische Quadratschrift als Norm (1523) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 3. Mosche Basola (1480–1560) – Münzen der Kutäer als Vorlage für das althebräische Alphabet (nach 1523) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 4. Jechiel Nissim da Pisa (ca. 1493–1574) – Ein »Schekel der Tora« aus Jerusalem in Florenz (1527) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 5. Mosche ben Jischaq al-Aschqar (1466–1542) – Schekel, Bronzen und ˙ goldene Dinarin mit althebräischen Aufschriften (um 1530) . . . . . . . . . . . . . . . 180 5.1 Das Responsum 74 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 5.2 Die numismatisch relevanten Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 5.2.1 Schekel, Halbschekel und kleine Bronzemünzen (Perutot) . . . . . . 181 ˙ 5.2.2 Die Bildmotive und deren Deutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 5.2.3 Die Aufschriften und deren Lesungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 5.2.4 Metalle und Münzsorten und deren Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . 185 5.2.5 Datierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 6. ʿAsarja ben Mosche min ha-ʾAdummim/Bonajuto de Rossi (1511?–1577) – Ein Augenzeugenbericht über einen Schekel einer Witwe in Ferrara (1571–1573) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 6.1 Meʾor ʾEnajim, Kapitel 56 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 6.1.1 Ein althebräisches Alphabet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 6.1.2 Der Schekel einer Witwe aus dem 4. Jahr des 1. jüdischen Krieges 188 6.2 Die numismatisch relevanten Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 6.2.1 Die Bildmotive, fast ohne Deutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 6.2.2 Die Aufschriften und die Datierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 6.2.3 Vielfacher Rekurs auf die jüdische Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 7. Zusammenfassende Darstellung (zu § VIII): Die jüdischen Autoren des 16. Jh. 191 7.1 Tabellarischer Überblick II (zu § VIII): Jüdische Autoren des 16. Jh. (zu echten jüdischen Münzen) (s. auch TabÜ IV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 7.2 Auswertung des Tabellarischen Überblicks II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 7.2.1 Vorkommen, Stückzahl, Abbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 7.2.2 Die Besitzer und/oder Augenzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 7.2.3 Die Bildmotive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 7.2.4 Die Aufschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 7.2.5 Datierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 7.2.6 Metalle und Münzarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
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7.2.7 Interessen und Einbezug der jüdischen Traditionen . . . . . . . . . . . . 197 § IX Das Erwachen des Interesses an der biblisch-jüdischen Geldwelt im Rahmen der numismatischen Metrologie und Ikonographie im Europa des 16. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 1. Jüdische Münzen und Münzensammler in Berichten von reisenden Kunstagenten des 16. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 1.1 Jacopo Strada (ca. 1515–1588) – Weitgereister Vermittler, Beobachter und Besitzer von jüdischen Münzen und einer Phantasie-Münze . . . . . . 202 1.2 Hubert Goltz (1526–1583) – Weitgereister Kenner der europäischen Sammler, erstmals auch jüdischer Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. Guillaume Budé (1467–1540) und der narrativ-metrologische Auftakt zur europäischen Numismatik (1514) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 2.1 Das Hauptwerk: De Asse et Partibus eius Libri Quinque (1514) . . . . . . . . . 206 2.2 Kurzfassungen von de Asse mit multiplikatorischem Effekt . . . . . . . . . . . . 208 2.2.1 Summaire et Epitome du livre de Asse (1522) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 2.2.2 Breviarium de Asse et Partibus ejus (ab 1523) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 2.2.3 Drei posthume Kurzfassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 2.3 Der Beitrag von G. Budé zur jüdischen Numismatik . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 3. Andrea Fulvio (ca. 1470–1527) und der ikonographische Auftakt zur europäischen Numismatik (1517) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 4. Die Weiterführung des narrativ-metrologischen Ansatzes von G. Budé durch jüdische und christliche Traktate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 4.1 Obadja ben Jakob Sforno (1475–ca. 1550) – Talmudische Münzen in italienischer Währung (vor 1550) . . . . . . . . . . . . 214 4.2 Gedalja ibn Jachja (1526–1587) – Jüdische Maße, Gewichte und Münzen in italienischen Umrechnungen (1587 >) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 4.3 Philipp Melanchthon (1497–1560) – Ein numismatisches Vokabularium mit biblischen Erinnerungen (1529) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 4.4 Johann Winter von Andernach (= Guinterius Andernacus) (1505–1574) – Eine antike Liste von Maßen und Gewichten zu medizinischen Zwecken (1532) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 4.5 Georg Bawer (= Agricola) (1494–1555) – Europäische Metrologie und Metallkunde in Sankt Joachimsthal (1533 und 1556) . . . . . . . . . . . . . 216 4.6 Georg van Cadsant (= Cassander) (1518–1556) – Ein metrologischer Beitrag eines flandrischen Humanisten (1537) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 4.7 Joachim Kammermeister (= Camerarius) der Ältere (1500–1574) – Eine »kleine Geschichte« des antiken Münzwesens (1539) . . . . . . . . . . . . 217 4.8 Paul Eber (1511–1569)/Caspar Peucer (1525–1602) – Ein metrologisches Sammelwerk zu antiken Hohlmaßen (1544) . . . . . . . 218 4.9 Diego de Covarruvias y Leyva (1512–1577) – Ein »Sammelwerk von alten Münzen« (1562) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
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4.10 Diego (= Didacus) Ximenes Arias (1490–1578?) – Lexikalische Einträge zur biblischen Metrologie (1566) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 4.11 Stanislaw Grzepski (= Grsepsius) (1526–1570) – Erste christliche Zweier- bis Dreier/Vierer-Systematik von Talent und Schekel (1568) . . . 219 4.12 Matthäus Host (1509–1587) – Geschichten der jüdischen Münzkunde in Kurz- und Langformen (1570/1574/1580) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 4.12.1 Historiae de Re Nummaria Veteri Epitome (1570) . . . . . . . . . . . . . . 221 4.12.2 Nummorum Veterum Enumeratio (1574) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 4.12.3 Historiae de Re Nummaria Veteris libri quinque (1580) . . . . . . . . . 223 4.12.4 Quaedam Opuscula variae raraeque eruditionis plena (posthum) . . 224 4.13 Heinrich Bünting (1545–1606) – Eine biblische Metrologie vom Schreibtisch aus (1582) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 4.14 Juan de Mariana (1536–1624) – Eine biblisch-toledanische Metrologie (1599) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 4.15 Pontus de Huyter (= Heuterus) (1535–1602) – Eine tabellarische Metrologie der Hebräer (1600) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .226 5. Die Ausgestaltung des ikonographischen Ansatzes von A. Fulvio in den Bildnisviten und in der Emblem-Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 5.1 Die Bildnisvitenbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 5.1.1 Enea Vico (1523–1567) – Der erste Macher eines Bildnisviten buches anhand römischer Münzen (1548/1555) . . . . . . . . . . . . . . . 227 5.1.2 Guillaume Rouillé (1518–1589) – Ein »Bilderspeicher« mit imaginierten Porträts von biblischen Personen (1553) . . . . . . . . . . 229 5.1.3 Ludwig Hillesheim (1514/16–1575) – Alttestamentliche Gestalten in elegischen Distichen besungen (1577) . . . . . . . . . . . . 230 5.2 Die Emblem-Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 5.2.1 Giovanni Andrea Alciato (1492–1550) – Pater et Princeps der Emblematik (1531) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 5.2.2 Gabriello Simeoni (1509–1575) – Emblematik (noch) ohne biblischen Bezug (1559 und 1560) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 5.2.3 Janos Szamboky (= Sambucus) (1531–1584) – Ein »Schmerzens mann« im Emblem der vier Jahreszeiten (1564) . . . . . . . . . . . . . . . 233 6. Zusammenfassender Überblick zu § IX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh. . . . . . . . . . . . . 237 1. Guillaume Postel (1510–1581) – Ein Samaritaner-Forscher bringt die erste Zeichnung eines jüdischen Schekels (1538) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 1.1 Linguarum Duodecim Characteribus Differentium Alphabetum (1538) – Eine erste Schekel-Nachbildung mit philologischer Genauigkeit und ikonographischer Unschärfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 1.1.1 Der Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 1.1.2 Die Abbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
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1.1.3 Die Aufschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 1.1.4 Die Bildmotive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 1.1.5 Zur Datierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 1.2 De Foenicum literis … commentatiuncula (1552) – Silberne, goldene, bronzene und »gewöhnliche« Münzen aus und für Jerusalem . . . . . . . . . . 243 1.2.1 Der Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 1.2.2 Zu den Aufschriften und zur Deutung der Bildmotive . . . . . . . . . . 244 1.2.3 Zu den Metallen und zur Datierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 1.3 Vergleich der Informationen zu den Münzen in den beiden Texten . . . . . 245 2. Teseo Ambrogio degli Albonesi (= Albonesius) (1469–1540) – Bronzemünzen mit »samaritanischen Konsonanten« in römischen Sammlungen (1539) 246 3. Ambros Blarer (1492–1564) – Echte jüdische Schekel als Vorlage eines Gold-Imitats (1541) und als Geschenk (vor 1564) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3.1 Ein jüdischer Schekel als Vorlage für das Geschenk eines goldenen Schekel-Imitats an Heinrich Bullinger (1541) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 3.2 Ein jüdischer Schekel als Geschenk an Théodore de Bèze (vor 1564; abgebildet 1582) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 3.2.1 Der Text und die Abbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 3.2.2 Die Aufschriften und die Bildmotive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 4. Philipp Melanchthon (1497–1560) – Ein Reformator besitzt, schenkt und besingt echte jüdische Schekel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 4.1 Ein »Schekel des jüdischen Volkes« als Besitz von Philipp Melanchthon und Geschenk an Martin Luther im Jahr 1541 (11. Mai 1552; Brief g) . . . 254 4.2 Echte Silberschekel in Ph. Melanchthons Briefwechsel des Jahres 1552 . . 255 4.2.1 Brief a: Ein Epigramm De Siclo (13./14. März 1552) . . . . . . . . . . . . 255 4.2.2 Brief b: »Eine alte jüdischen Münze« mit deutscher Version des Epigramms (14. März 1552) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 4.2.3 Brief c: Ein Silberschekel mit dem Epigramm De Veteri Nomismate Gentis Iudaicae (21. März 1552) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 4.2.4 In Brief g: »Unversehrte Tetradrachmen« ungenannter Herkunft bei Ph. Melanchthon (11. Mai 1552) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Exkurs V Rabbi Aqiba als »Müntzer« des Bar-Kokhba nach Martin Luther (1543) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 5. Jacopo Strada (ca. 1515–1588) – Sechs jüdische Silber- und Bronzemünzen aus den beiden jüdischen Kriegen (beschrieben zwischen 1555 und 1565) . . . 264 5.1 Der Text (in der Bayrischen Staatsbibliothek) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 5.1.1 Transkription (Nr. 1, 3, 4, 11, 12 und 14) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 5.1.2 Deutsche Übersetzung (Nr. 1, 3, 4, 11, 12 und 14) . . . . . . . . . . . . . . 266 5.2 Die Bildmotive und ihre Kombinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 5.2.1 Eine Weintraube und eine Kasten-Leier (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . 267 5.2.2 Eine Amphore und ein Myrten(?)-Kranz (Nr. 3) . . . . . . . . . . . . . . . 268 5.2.3 Ein Rebblatt und ein Palmbaum (Nr. 4 und 14) . . . . . . . . . . . . . . . . 269
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5.2.4 Ein Zeremonialkelch und ein als Zimtkassie beschriebener Granatapfelzweig (Nr. 11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 5.2.5 Ein Zeremonialkelch und ein als »Zepter Aarons« beschriebener Granatapfelzweig (Nr. 12) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 5.2.6 Zusammenschau der Bildmotive (mit Datierung) . . . . . . . . . . . . . . 271 5.3 Die althebräischen Aufschriften (a – o) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 5.4 Besitzverhältnisse und Orte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 6. Guillaume Du Choul (= Caulius) (1496–ca. 1560) – Eine erste numismatische Religionsgeschichte der Römer (1556) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 7. Andrea Loredan (geb. um 1455) – Eine private Sammlung mit einer kleinen Bronze von Agrippa I., einem Silberschekel aus dem 1. jüdischen Krieg und zwei Bronzen aus dem 2. jüdischen Krieg (gezeichnet um 1560) . . . . . . . . . . . . 275 8. Benito Arias Montano (1527–1598) – Der »göttliche Gnadenerweis« eines echten Silberschekels während des Konzils von Trient (1572) . . . . . . . . . . . . . . 281 8.1 Der Traktat Ephron, sive De siclo (1572) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 8.2 Der »göttliche Gnadenerweis« (1562–1563): Ein Schekel . . . . . . . . . . . . . . 283 8.3 Die Vera Sicli Figura (1572) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 9. André Maes (= Masius) (1514–1573) – Ein vetustissimus siclus aus der Sammlung von Daniel Bomberg (1574, posthum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 10. Antoine Le Pois (1525–1578) – Ein Silberschekel in der Hand des ersten numismatischen Bibliographen (1579, posthum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 11. Antonio Agustín (1517–1586) – Ein Silberschekel und eine Achtel-Bronze aus dem 1. jüdischen Krieg im erzbischöflichen Palast von Tarragona (1587, posthum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 11.1 Ein Silberschekel in drei Varianten aus dem 2. Jahr des 1. jüdischen Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 11.2 Eine Achtel-Bronze aus dem 4. Jahr des 1. jüdischen Krieges . . . . . . . . . . 295 12. Adam Berg (= Montanus) (1540–1610) – Die Kopie des Schekels von B. Arias Montano in einer imaginierten biblischen Geldgeschichte (1596/1597) . . . . . . 296 13. Marquard Freher (1565–1614) – Die Kopie des Schekels von A. Agustín als »theologistorisches« Argument (1598) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 14. Zusammenfassende Darstellung (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh. . . . . 301 14.1 Tabellarischer Überblick III (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh. (zu echten jüdischen Münzen), mit statistischer Auswertung . . . . . . . . . . 301 14.2 Kommentar zu den sechs Sachgruppen (TabÜ III, Sp. 1–6) . . . . . . . . . . . . 311 14.2.1 Zu den Besitzern und/oder Augenzeugen (TabÜ III, Sp. 1) . . . . . . 311 14.2.2 Zu den Metallen, Stückelungen und Stückzahlen (TabÜ III, Sp. 2) 313 14.2.3 Zu den Datierungen (TabÜ III, Sp. 3, kursiv) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 14.2.4 Zu den Bildmotiven (TabÜ III, Sp. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 14.2.5 Zu den Aufschriften (TabÜ III, Sp. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 14.2.6 Zu den Interessen (TabÜ III, Sp. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
Ausführliches Inhaltsverzeichnis
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§ XI Die Geschichte der echten jüdischen Münzen anhand aller jüdischen und christlichen Autoren des 4.–16. Jh. – Ein zusammenfassender Blick über die §§ V–X . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 1. Tabellarischer Überblick IV (zu den §§ V–X): Alle Autoren (zu echten jüdischen Münzen), 4.–16. Jh., mit statistischer Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 2. Lebensumstände und Werke aller Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 2.1 Zeitliche und religiöse Einordnung der Autoren (TabÜ IV, Sp. 1 und 2) . . 343 2.1.1 21 jüdische Gelehrte vom 10.–16. Jh. und deren Interessen . . . . . . 343 2.1.2 32 christliche Gelehrte vom 10.–16. Jh. und deren Interessen . . . . 344 2.2 Die Lebenswelt der Autoren (TabÜ IV, Sp. 4–5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 2.3 Die benutzten literarischen Gattungen (TabÜ IV, Sp. 6) . . . . . . . . . . . . . . . 346 3. Besitzen, Sehen und Abbilden von jüdischen Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 3.1 Besitzen und/oder Sehen von jüdischen Münzen (TabÜ IV, in Sp. 7) . . . . 347 3.1.1 Die bei jüdischen Autoren erwähnten 13 Personen oder Gruppen 347 3.1.2 Die bei christlichen Autoren erwähnten 20 Personen oder Gruppen348 3.1.3 Auswertung (Besitz, Sehen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 3.2 Abbilden von jüdischen Münzen (TabÜ IV, in Sp. 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 3.2.1 Die 15 Abbildungen von jüdischen Münzen bei neun Autoren . . .352 3.2.2 Auswertung (Abbilden) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 4. Die Bildmotive und deren Deutungen (TabÜ IV, in Sp. 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 4.1 »Ihr hʿrm˝sch/s´« (?) (hasm.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 4.2 Schirm/Baldachin/Ähren (herod.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 4.3 Kelch (1K) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 4.4 Stecken oder Zweig mit drei Früchten oder Blüten (1K) . . . . . . . . . . . . . . . 357 4.5 Lulav und Etrog(im) (1K und 2K) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 4.6 Amphore/Myrten(?)-Kranz (2K) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 4.7 Rebblatt mit Ranke/Dattelpalme (2K) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 4.8 Weintraube/Kasten-Leier (Cythara, kinnor) (2K) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 4.9 Auswertung (Bildmotive, Deutungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 5. Die Aufschriften und deren Lesungen oder Deutungen (TabÜ IV, in Sp. 7) . . . 360 5.1 Kenntnis und Qualifizierung der althebräischen Schriftzeichen . . . . . . . . 360 5.2 Inhalte der Aufschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 5.3 Auswertung der Aufschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 5.3.1 Angaben zur Stückelung, zu den Slogans, zur heutigen Datierung und zu den antiken Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .364 a. Korrekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .364 b. Unkorrekt oder unauffindbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 5.3.2 Angaben zu den Kriegs- oder Regierungsjahren . . . . . . . . . . . . . . . 365 a. Korrekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .365 b. Unkorrekt oder unauffindbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 6. Datierungen, Metalle und Stückelungen (TabÜ IV, in Sp. 7 u. 8) . . . . . . . . . . . . 365
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6.1 Epochen und Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 6.1.1 Die Zeitannahmen der Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .365 6.1.2 Die Datierungen nach dem heutigen Wissensstand . . . . . . . . . . . . 366 6.2 Metalle und Stückelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367
Teil E Schekel-Imitate und Schekel-Medaillen als nahe Nebenformen von
antiken jüdischen Schekeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369
§ XII Die Schekel-Imitate – Getreue Nachahmungen der jüdischen Schekel zur christlichen Erbauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 1. Ambros Blarer (1492–1564) – Ein imitativus-Schekel in Gold und eine Kopie der althebräischen Aufschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 1.1 Briefwechsel zwischen Ambros Blarer und Heinrich Bullinger (1541) . . . 371 1.1.1 Brief von H. Bullinger, 13. März 1541, aus Zürich (Inv.-Nr. 1477) 372 1.1.2 Brief von A. Blarer, 8. April 1541, aus Konstanz (Inv.-Nr. 1492) . . 373 1.2 H. Bullinger, Matthäus-Kommentar zu Mt 17,24–27 (1542) . . . . . . . . . . . 375 1.3 Chronologische Rekonstruktion des numismatischen Geschehens um A. Blarer (1541/1542) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 2. Philipp Melanchthon (1497–1560) – Viele silberne Schekel-Imitate aus Nürnberg und Sankt Joachimsthal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 2.1 Ph. Melanchthons Briefwechsel von 1552 und 1553 (Briefe d–n) . . . . . . . 379 2.1.1 Brief d: Zwei Schekel-Imitate aus Sankt Joachimsthal mit »Geduld erheischenden« Buchstaben (1. Mai 1552) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 2.1.2 Brief e: Schekel-Imitate aus Nürnberg mit »feiner gebildeten« Buchstaben (3./4. Mai 1552) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .379 2.1.3 Brief f: G. Postels Zeichnung als Vorlage für silberne Schekel Imitate in Nürnberg (7. Mai 1552) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 2.1.4 Brief g: Similes von echten Schekeln aus Nürnberg und deren »plumpe imitati« aus Sankt Joachimsthal (11. Mai 1552) . . . . . . . . 381 2.1.5 Brief h: Forderung von Imitaten mit »fein ausgeprägten hebräischen Buchstaben« aus Sankt Joachimsthal (18. Mai 1552) 382 2.1.6 Brief i: Endlich ein »gefälliges« Schekel-Imitat aus Sankt Joachimsthal (4. Juli 1552) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 2.1.7 Briefe k–n: Bestellungen von verbesserten Schekel-Imitaten aus Sankt Joachimsthal (Oktober 1552 – Mai 1553) . . . . . . . . . . . . . . . 383 2.2 Chronologische und historische Auswertung aller Briefe (a–n) zu den echten Schekeln und den Schekel-Imitaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 2.2.1 Chronologische Auswertung (1541 und 1552–1553) . . . . . . . . . . . 385 2.2.2 In den Briefen von und an Ph. Melanchthon gespiegelte numismatische Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 2.2.3 Die Schekel-Imitate: Verloren, aber wichtig . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 3. Zusammenfassender Überblick (§ XII): Schekel-Imitate im 16. Jh. . . . . . . . . . . 389
Ausführliches Inhaltsverzeichnis
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3.1 Tabellarischer Überblick V (zu § XII): Schekel-Imitate im 16. Jh. . . . . . . . . 389 3.2 Auswertung: Vorkommen und Stückzahl von Schekel-Imitaten im 16. Jh. 392 § XIII Die Schekel-Medaillen – Religiös motivierte Umgestaltungen der jüdischen Schekel für den christlichen und jüdischen Gebrauch . . . . . . . 393 1. Die Forschungsgeschichte der Schekel-Medaillen (und der Phantasie-Münzen) seit 1900 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 1.1 George Francis Hill (1867–1948) – Die erste Forschungsgeschichte zur Schekel-Medaille (1902; 1920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 1.1.1 Die »Weihrauchfass-Stücke« (censer pieces) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 1.1.2 Die erste Geschichte der Erforschung der censer pieces von 1920 bis 1465 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 a. 20.–18. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 b. 17. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 c. 16. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 d. 15. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 1.1.3 Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 1.2 Mordechai Narkiss (1898–1957) – Eine erste Bestandsaufnahme von Schekel-Medaillen und Phantasie-Münzen (1928; 1936) . . . . . . . . . . . . . . 401 1.2.1 Mat.beʿot ʿivriot dimjoniot (1928) – 26 »imaginierte hebräische Münzen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 a. Der Katalog: 5 Schekel-Medaillen und 21 Phantasie-Münzen . . . . 401 b. Die Bildmotive der Schekel-Medaillen und der Phantasie Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .404 c. Die Aufschriften in hebräischer Quadratschrift . . . . . . . . . . . . . . . . 405 d. Metalle, Gewichte, Größen, Bibelzitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 1.2.2 Mat.beʿot ha-Jehudim, Bd. I (1936) – Sechs imaginierte »Münzen der Juden« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 1.2.3 Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 1.3 Bruno Kisch (1890–1966) – Das erste systematische Korpus der SchekelMedaillen (1941) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 1.3.1 Christen oder/und Juden als Hersteller der Schekel-Medaillen? . . 410 1.3.2 Früheste Spuren von Schekel-Medaillen: A. Blarer, Ph. Melanch thon, J. Mathesius, Nordischer Meister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 1.3.3 Der Meysel-Schekel (1584) als Ur-Exemplar und ʿAsarja de Rossi (1575) als dessen Vorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 1.3.4 Beobachtungen zur weiteren Forschungsgeschichte ab dem 17. Jh. 413 1.3.5 Prägeorte der Schekel-Medaillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 a. Sankt Joachimsthal – Der »Meysel-Schekel« (S. 86–88) . . . . . . . . . 414 b. Görlitz und Georg Emerich (S. 88–90) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 c. Hamburg und Hermann Tapken (S. 90–91) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 d. Holstein, Prag, Huntingdon, New York/Amerika (S. 91–93) . . . . .415
24
Ausführliches Inhaltsverzeichnis
1.4
1.5
1.6
1.7 1.8
1.3.6 Katalog der Schekel-Medaillen nach acht Typen (A–H) . . . . . . . . . 415 1.3.7 Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 Exkurs VI Frank Lapa und seine verdächtigen Jewish Shekel Tokens (1972)419 Marvin Tameanko (1934–2016) – Die »falschen Schekel« und die Geschichte des modernen Judentums (2000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .421 1.4.1 Unerfülltes Desiderat: Die Erforschung aller »schekel-ähnlichen Zeichen« in jüdischem Gebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 1.4.2 Die historische Relevanz der »censer pieces« . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 a. Entstehung und historischer Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 b. Ein kruder Prototyp aus Görlitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 c. Die (vermeintlich) erste Abbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .423 d. Der erste physikalische Beweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 e. Pilgermedaillen, Badges, Anhänger und Anschauungsmaterial . . . 423 1.4.3 Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 Ira Rezak – »Pseudo-Coins« in genuin jüdischem Gebrauch als kulturgeschichtliche Zeugnisse (2006) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 1.5.1 Terminologischer Klärungsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 1.5.2 Einige Beobachtungen zu den Schekel-Medaillen . . . . . . . . . . . . . . 426 a. Zum Vorkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 b. Zur Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 c. Zum Aussehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 1.5.3 Der jüdische Gebrauch der Schekel-Medaillen und der Phantasie Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .427 1.5.4 Schekel-Medaillen und Phantasie-Münzen als »authentische Nachahmungen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 a. Sechs Schekel-Medaillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 b. Zwölf Phantasie-Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 c. Charakteristiken der sechs Schekel-Medaillen . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 d. Charakteristiken der zwölf Phantasie-Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . 434 1.5.5 Die Kriterien für einen jüdischen Gebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 1.5.6 Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Haim Gitler – Die rhodischen Silbermünzen, die Schekel-Medaillen und die tyrischen Silberschekel als Judaslohn (2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 1.6.1 Die rhodischen Silbermünzen als älteste Reliquien des Judaslohns 436 1.6.2 Die Schekel-Medaillen als Silberlinge des Judas . . . . . . . . . . . . . . . . 436 1.6.3 Die tyrischen Silberschekel als die historisch plausiblen Silberlinge des Judas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 1.6.4 Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 Lars-Gunter Schier – Der neueste Stand der Forschung zur SchekelMedaille und zum Görlitzer Schekel (2015) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 Ergebnisse aus der Forschungsgeschichte und Desiderata für die weitere Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442
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2. Schekel-Medaillen bei Autoren des 16. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 2.1 Johann Forster (1495–1556) – Eine Schekel-Medaille (?) mit »Altar und Zweig« als Symbole für die geistliche und weltliche Macht (1557) . . . 445 2.2 Die Prägung von Schekel-Imitaten, Schekel-Medaillen und biblischen Medaillen bei den Silberminen von Sankt Joachimsthal . . . . . . . . . . . . . . . 447 2.3 Nickel Milicz (floruit um 1550) – Das erste Abbild eines Rauchkelchs auf drei Kaisermedaillen des 16. Jh. (ab 1560) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 2.3.1 Drei »Gedenkmünzen« der Kaiser Ferdinand I. und Maximilian II. (ab 1560) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 2.3.2 Rezeptionen der kaiserlichen »Gedenkmünzen« im 17. und 18. Jh. 451 a. Jean-Jacques Luck (1574–1653): Die Feier der päpstlichen Erlaubnis des Laienkelchs im Jahr 1564 (1620) . . . . . . . . . . . . . . . . 451 b. Bernhard Raupach (1682–1745): Das Rauchfass der Hohepriester des Alten Testaments als reines Symbol für das Gebet ([1736]/1741) 452 c. Johann David Köhler (1684–1755): Der Laienkelch, aber ohne das dampfende Blut Christi (1736) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 d. Marquart Herrgott (1694–1762) und Rusten Heer (1715–1769): Ein »alter Schekel der Hebräer« als potissimum argumentum für die Deutung auf das Gebet (1753) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 e. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 2.4 Johannes Mathesius (1504–1565) – Schekel-Medaillen in der ersten imaginierten Geldgeschichte der Bibel (1562/1563) (s. auch § XIV,3.4) . . . 457 2.4.1 »Die vierzehende Predig« an die Bergleute – »Alte Abdrücke, neue Abgüsse, guter Leute Schriften« (1562) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 2.4.2 »Die zehende Hochzeyt Predigt« – »Alte jüdische Schekel«, in Sankt Joachimsthal verfertigt (1563) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 2.5 Modestin Fachs (gest. 1575) – Eine sekundäre Beschreibung von SchekelMedaillen im »Probier Büchlein« des Münzmeisters zu Leipzig (1567/1595) (s. auch § XIV,3.5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 2.6 Sidsel Bryske (ca. 1510–1573) – Eine testamentarisch vermachte Kopie des »Geldes, für welches unser Herr verkauft wurde« (1571) . . . . . . . . . . . 461 2.7 Hermann Tapken (floruit 2. Hälfte 16. Jh.) – Lukrative Prägung von »alten jüdischen Münzen, Sickel genannt«, in Hamburg (1574) . . . . . . . . . . . . . 462 2.8 Matthäus Host (1509–1587) – Eine nur zitierte Schekel-Medaille (1580) (s. auch § XIV,3.6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 2.9 Der »Meysel-Schekel« (1584) – Eine datierte Schekel-Medaille, einst als verschollene »Urform« der Kisch-Familie, jetzt im Besitz von Ira Rezak . 465 2.10 Hans Oldelant (um 1580) – Eine Schekel-Medaille an der Königskette der Möllner Schützengilde (1586) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .467 2.11 Georg I. zu Hessen-Darmstadt (reg. 1567–1596) – Eine hebräische Schekel-Medaille als Schmuckstück (1589) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468
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2.12 Tileman Friese (floruit 1567–1592/1602?)/Cyriacus Spangenberg (1528–1604) – Heiligtums-Schekel sogar mit einem »Lemblein mit einer fliegenden Fahnen« (1592) (s. auch § XIV,3.7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 2.13 Adam Berg (1540–1610) – Öfters abgegossene Schekel »zur Gedächtnuß« (1596) (s. auch § X,11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 2.14 Anonymer »nordischer Meister« (um 1600) – Der »Schmerzensmann« mit 30 Schekel-Medaillen als Judaslohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .473 2.14.1 Schekel-Medaillen als Judaslohn – Die vollzogene Ablösung von den rhodischen Tetradrachmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 2.14.2 Der »Nordische Meister«, Albrecht Dürer und Lucas Hugensz van Leyden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 2.15 Görlitz als Hauptstätte der Produktion und Verteilung christlicher SchekelMedaillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 2.15.1 Die Passionslandschaft in Görlitz und der so genannte Görlitzer Schekel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 2.15.2 Die Geschichte der Görlitzer Medaillen-Prägung . . . . . . . . . . . . . . 480 3. Zusammenfassender Überblick (zu § XIII,2): Schekel-Medaillen im 16. Jh. . . . 483 3.1 Tabellarischer Überblick VI (zu § XIII,2): Schekel-Medaillen im 16. Jh. . . . 483 3.2 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 3.2.1 Vorkommen der Schekel-Medaillen und deren Abbildungen . . . 488 3.2.2 Die literarischen und ikonographischen Bezeugungen . . . . . . . . . . 488 3.2.3 Ursprung, Produktionsstätten und Verbreitung der Schekel Medaillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 3.2.4 Juden und/oder Christen als Prägeherren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 3.2.5 Deutungen der Bildmotive und der Aufschriften . . . . . . . . . . . . . . 490
Teil F Die biblisch-jüdischen Phantasie-Münzen als ferne Nebenform von
antiken jüdischen Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493
§ XIV Die Phantasie-Münzen – Biblisch-jüdische Motive als Bestandteile einer imaginierten biblischen Geldgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 1. Münzfunde und legendäre Orte des 16. Jh. als Anstiftung zu PhantasieMünzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 1.1 Münzfunde in Jerusalem, Lyon und Paris: Guillaume Postel und Gabriello Simeoni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 1.2 Eine legendäre Münzstätte Salomos in Jerusalem: Mosche Basola und Uri ben Schimeʿon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 1.3 Vermeintliche Gold- und Silbermünzen aus israelitischer Zeit . . . . . . . . .496 2. Ikonographische Werke des 16. Jh. als Anstiftung zu Phantasie-Münzen . . . . . 497 2.1 Bilder des 16. Jh. von biblischen Berühmtheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 2.2 Christliche Medaillen mit biblisch-jüdischen Bildmotiven . . . . . . . . . . . . 499 2.2.1 Medaillen mit alttestamentlichen Bildmotiven . . . . . . . . . . . . . . . . 499
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2.2.2 Jeschuaʿ- und Jeschu-Medaillen mit Aufschriften in hebräischer Quadratschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 2.3 Israelitische und jüdische Siegelbilder – Eine kaum verwandte jüdische Bilderwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .501 3. Reale und/oder imaginierte Phantasie-Münzen bei Autoren des 16. Jh. . . . . . . 503 3.1 Hieronymus Magdeburger (gest. 1540) – Moses cornutus mit hebräischer Aufschrift auf drei erzgebirgischen Prägestempeln (vor 1540) . . . . 504 3.2 Jacopo Strada (1505/1515?–1588) – Erstmalige Beschreibung einer silbernen Salomo-Phantasie-Münze in Frankfurt (1555–1565) . . . . . . . . . 507 3.3 Gabriello Simeoni (1509–1575) – Zwei »illustres observations antiques« an einer Salomo- und einer Davidmünze (1558) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 3.3.1 Eine silberne Salomo-Phantasie-Münze aus der Saône von Lyon . 509 3.3.2 Eine goldene David-Phantasie-Münze im Pariser Münzkabinett von François 1er . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 3.4 Johannes Mathesius (1504–1565) – »Landmüntzen« von Noach, Abraham/Sara, Jakob/Esau/Ijob und David/Salomo und ein »Schekel« des Simon Makkabäus im Rahmen einer imaginierten Geldgeschichte der Bibel (1562) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 3.4.1 Eine römische Janus-Münze mit Schiffbug als Noach-Münze mit der Arche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 3.4.2 Eine bildlose Abraham/Sara-Phantasie-Münze aus Silber im Besitz der Herren von Hassenstein, dann des J. Mathesius . . . . . . . . . . . . 513 3.4.3 Eine achämenidische Bogen-Münze als Qes’ it.ah des Jakob, Esau oder Ijob . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 3.4.4 Eine David/Salomo/Jerusalem-Phantasie-Münze mit einem Dreitürmetor im Besitz der Herren von Hassenstein . . . . . . . . . . . 515 3.4.5 Eine hasmonäische Jehuda-Bronze als »Schekel« des Judas Makkabäus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516 3.4.6 Die Herkunft der Bildmotive des J. Mathesius . . . . . . . . . . . . . . . . . 516 3.5 Modestin Fachs (gest. 1575) – Ein wenig »gründlicher Bericht« über Phantasie-Münzen als Kopie des J. Mathesius (1567/1595) . . . . . . . . . . . . 517 3.6 Matthäus Host (1509–1587) – Der übliche imaginierte Anfang der Phantasie-Münzen (1580) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 3.7 Tileman Friese (floruit 1567–1592/1602?)/Cyriacus Spangenberg (1528–1604) – Der gespiegelte Mainstream am Ende des 16. Jh. (1592) . . 520 3.8 Ein Ausblick: Wilhelm Schickard (1592–1635) – De Nummis Hebraeorum als erste Summa der Phantasie-Münzen (1622) . . . . . . . . . . . 522 3.8.1 Die Abbildungen, Aufschriften und vermeintlichen Prägeherren . 523 3.8.2 Die Bildmotive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 a. Die Noach-Münze (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526 b. Die Münzen von Abraham/Sara (Nr. 2), Josue (Nr. 5), David (Nr. 6) und Mordechai (Nr. 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526
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c. Die Münze des Isaak (Nr. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 d. Die Jakob-Münze (Nr. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 e. Die Salomo-Münze (Nr. 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 3.8.3 Die Herkunftsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 3.8.4 Die Herstellung der Bildmotive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 3.8.5 Ein erstes Inventar der Phantasie-Münzen zu Beginn des 17. Jh. . . 529 4. Zusammenfassender Überblick (zu § XIV): Phantasie-Münzen im 16. Jh. . . . .531 4.1 Tabellarischer Überblick VII (zu § XIV): Phantasie-Münzen im 16. Jh. . . . 531 4.2 Auswertung (ohne W. Schickard) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 4.2.1 Vorkommen und Stückzahl der Phantasie-Münzen und deren Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 4.2.2 Besitzer von Phantasie-Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 4.2.3 Erwerb und/oder Herkunft der Phantasie-Münzen . . . . . . . . . . . . 537 4.2.4 Bildmotive und Aufschriften der Phantasie-Münzen . . . . . . . . . . . 537 4.2.5 Die imaginierten Prägeherren der Phantasie-Münzen . . . . . . . . . . 538 5. Die drei Nebenformen im 16. Jh. – Ein Überblick über die §§ XII–XIV . . . . . 539 5.1 Schekel-Imitate, Schekel-Medaillen und Phantasie-Münzen: Vorkommen und Stückzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 5.2 Abbildungen: Vorkommen und Stückzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 5.3 Fazit zu den Nebenformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 Exkurs VII Fälschungen von jüdischen Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541
Teil G Die Geschichte der echten jüdischen Münzen und ihrer drei
Nebenformen bis 1600 – Eine Zusammenschau und chronologische Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545
1. Die Geschichte der echten jüdischen Münzen bis 1600 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 1.1 Die drei Phasen des rezeptiven Geschicks der echten jüdischen Münzen 545 1.2 Anzahl der echten jüdischen Münzen und deren Abbildungen (s. TabÜ IV)547 1.3 Historische Einordnung der echten jüdischen Münzen . . . . . . . . . . . . . . . 547 1.4 Erstmalige Erwähnung von Sachverhalten zu den echten jüdischen Münzen 548 2. Die Geschichte der Schekel-Imitate, Schekel-Medaillen und PhantasieMünzen bis 1600 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 2.1 Das unterschiedliche Geschick der drei Nebenformen . . . . . . . . . . . . . . . . 550 2.2 Anzahl der Nebenformen und deren Abbildungen (s. TabÜ V–VII) . . . . 551 2.3 Erstmalige Erwähnungen von Sachverhalten zu den drei Nebenformen . 552 3. Das 16. Jh. als Zeit der Grundlegung aller Sparten der jüdischen Numismatik 553 § XV Chronologische Bibliographie der für die jüdische Numismatik bedeutsamen Autoren (4.–16./17. Jh.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 4. und 7. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .555 10.–11. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 556 12.–13. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557
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14. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 15. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 16. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 Ausblick ins 17. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 § XVI Verzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 1. Alphabetisches Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 2. Verzeichnis der Herkunft der Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644 3. Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646 § XVII Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 1. Autorenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 1.1 Jüdische Autoren, Besitzer und Sammler der Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 1.2 Rabbis der Antike in numismatischen Kontexten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650 1.3 Christliche Autoren, Besitzer und Sammler der Antike . . . . . . . . . . . . . . . 650 1.4 Numismatische Autoren der Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654 2. Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656 2.1 Numismatische Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656 2.2 Bildmotive auf Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657 2.2.1 Bildmotive auf echten jüdischen Münzen und Imitaten . . . . . . . . . 657 2.2.2 Bildmotive auf Schekel-Medaillen und Phantasie-Münzen . . . . . .658 2.2.3 Bildmotive auf anderen Münzen/Bildträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 658 2.3 Biblisch-jüdische Geld-/Gewichtsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 659 2.3.1 Hebräisch, Aramäisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 659 2.3.2 Griechisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 659 2.3.3 Lateinisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660 2.4 Orte/Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660 2.5 Biblische Figuren/Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662 2.6 Historische jüdische Personen/Gruppen der Antike (chronol.) . . . . . . . . . 662 2.7 Historische pagane/christliche Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 3. Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664 3.1 Altes Testament (auch aramäische Targume, LXX, Vulgata) . . . . . . . . . . . 664 3.2 Neues Testament (auch Vulgata) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665 3.3 Jüdische Texte der hellenistisch- römischen Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665 3.4 Rabbinische Texte der Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665 3.4.1 Mischna (m), Tosefta (t) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665 3.4.2 Talmude: Babylonischer (b), Jerusalemer (j) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 666 3.4.3 Midraschim und Ähnliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 666 Kurzes Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667
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Vorwort
Tabellarische Überblicke (TabÜ) Tabellarischer Überblick I (zu § VI): Jüdische Autoren des 10.–14. Jh. (zu echten jüdischen Münzen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Tabellarischer Überblick II (zu § VIII): Jüdische Autoren des 16. Jh. (zu echten jüdischen Münzen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Tabellarischer Überblick III (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh. (zu echten jüdischen Münzen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Tabellarischer Überblick IV (zu den §§ V–X): Alle Autoren des 4.–16. Jh. (zu echten jüdischen Münzen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 Tabellarischer Überblick V (zu § XII): Schekel-Imitate im 16. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . 390 Tabellarischer Überblick VI (zu § XIII): Schekel-Medaillen im 16. Jh. . . . . . . . . . . . 484 Tabellarischer Überblick VII (zu § XIV): Phantasie-Münzen im 16. Jh. . . . . . . . . . 532
Exkurse Exkurs I
Ein feuriger Halbschekel unter dem Thron der Herrlichkeit des Gottes Israels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .70
Exkurs II Die moderne Kontroverse um den ersten jüdischen Prägeherrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Exkurs III
Funde von jüdischen Münzen in Syrien, Zypern, Spanien und Libyen (1. Jh. n.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
Exkurs IV Die Abschaffung des Römergeldes in den »späten Tagen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Exkurs V Rabbi Aqiba als »Müntzer« des Bar-Kokhba nach Martin Luther (1543) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Exkurs VI Frank Lapa und seine verdächtigen Jewish Shekel Tokens (1972) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 Exkurs VII
Fälschungen von jüdischen Münzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541
Zum Gebrauch des Buches
Hebräische und griechische Alphabete mit Transkriptionen und Zahlenwerten Hebräisch
Transkr.
Zahl
Griechisch
Transkr.
Zahl
ʾalef
ʾ
1
Α. α
bet
b, v
2
Β. β
Alpha
a
1
Beta
b
2
ג
gimel
g
3
ד
dalet
d
4
Γ, γ
Gamma
g
3
Δ. δ
Delta
d
4
h
ה
he
h
w
ו
waw
w/u/o
5
Ε. ε
Epsilon
e
5
6
Ϛϛ
Stigma
z
ז
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x
ח
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7
Ζ. ζ
Zeta
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7
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8
Η. η
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8
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י
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9
Θ. θ
Theta
th
9
jod
j
10
Ι. ι
Jota
i/j
k
10
l
כ
kaf
k, kh
20
Κ. κ
Kappa
k
20
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l
30
Λ. λ
Lamda
l
30
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m
40
Μ. μ
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m
40
n
נ
nun
n
50
Ν. ν
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n
50
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ס
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s
60
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Xi
x
60
[
ע
ʿajin
ʿ
70
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Omikron o
70
p
פ
pe
p, f
80
Π. π
Pi
80
c
צ
ṣade
ṣ
90
Ϟϟ
Koppa
q
ק
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q
100
Ρ. ρ
Rho
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100
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ר
resch
r
200
Σ. σ/ς
Sigma
s
200
v
ש
sin
ś
300
Τ. τ
Tau
t
300
schin
sch
300
t
ת
taw
t
400
Υ. υ
Ypsilon
y/u
400
Φ. φ
Phi
ph
500
Χ. χ
Chi
ch
600
Ψ. ψ
Psi
ps
700
Ωω
Omega
ō
800
ϡϠ
Sampi
alt a
neu א
b
ב
g d
6
p
90
900
32
Zum Gebrauch des Buches
Das hier gebotene althebräische Alphabet zeigt die Buchstaben nach © Kris J. Udd, 2010, die oft nicht den auf den Münzen vorhandenen Buchstabenformen entsprechen. Genaue Nachzeichnungen s. Meshorer, Ancient Jewish Coins (1982), I, 91 (hasm.); II, 125 (1. jüd. Krieg), 162–163 (2. jüd. Krieg); Meshorer, Treasury (2001), 132 (1. jüd. Krieg), 163 (2. jüd. Krieg); vgl. Renz/Röllig, Handbuch der althebräischen Epigraphik II/1 (2016), 103–208; III (2016), Paläographische Tafeln 1–37. Der Kringel ° bezeichnet mir nicht zugängliche Publikationen. Wer immer mir zu deren Einsicht verhelfen kann, möge sich bitte mit mir in Verbindung setzen (deutsch, français, english): Max Küchler, Route des Bonnesfontaines 55, CH-1700 Fribourg-Freiburg/Schweiz; iPhone: 0041 79 563 44 60; eMail: max.kuechler@ unifr.ch. Übersetzungen und Zeichnungen: Wo nicht U. Z. (Ulrike Zurkinden) vermerkt ist, ist stets Max Küchler (M. K.) der Übersetzer oder Zeichner. Zur Schreibung von hebräischen Zahlen: Um eine Zahl darzustellen, werden die hebräischen Buchstaben in absteigendem Zahlenwert nebeneinander gestellt: z. B. תשלד = 400+300+30+4 = 734 Zur Vermeidung einer Ähnlichkeit mit dem Gottesnamen יהוה anstelle von 15 = 10+5 = יחstets 15 = 9+6 = טו anstelle von 16 = 10+6 = יוstets 16 = 9+7 = טז Jüdische Angaben von Jahreszahlen sind wie folgt zu verstehen: z. B. תשלד = 400+300+30+4 = 734 + 5000 = 5734 nach der Schöpfung christliche Zählung: + 1240 = 1974 nach Christi Geburt
Teil A Das Geschick der jüdischen Münzen – Eine forschungsgeschichtliche Aufgabe und deren Vorgaben
Die Anfänge der Numismatik als eigene wissenschaftliche Sparte der europäischen Altertumswissenschaften liegen im 15. und 16. Jh., als die griechischen, römischen und zögerlich auch die orientalischen Münzen nicht nur in ihrem ästhetischen Wert wahrgenommen, sondern auch in ihrer historischen Bedeutsamkeit erkannt und zur Beschreibung der antiken Welt beigezogen wurden. In dieser Zeit könnte man erwarten, dass auch die antiken jüdischen Münzen ihren Platz in der Wissenschaft der Antike bekommen hätten, doch sucht man vergeblich nach entsprechenden Abhandlungen. Der Grund dafür ist, dass es seit dem 2. jüdischen Krieg (132–135/136) keine jüdische Münzprägung mehr gab, sodass sie in den folgenden Jahrhunderten aus dem Wissen der nichtjüdischen Menschheit verschwand, welche die Hinweise auf eine einstmalige jüdische Münzprägung in der Literatur des antiken Judentums nicht kannte. Erst in der zweiten Hälfte des 16. Jh. begannen die christlichen Gelehrten des Westens die kulturgeschichtliche Bedeutung der jüdischen Münzen zur Kenntnis zu nehmen und in deren Verlust eine »klaffende Wunde« in der Geschichtsschreibung des jüdischen Volkes zu sehen, dessen »Kultur so stark auf der Vergangenheit beruht«1. Und erst ab dem 17. Jh. gab es Publikationen, die mit numismatischem Interesse die antiken jüdischen Prägungen, soweit man sie kannte, darstellten. Das Geschick der jahrhundertelangen Verborgenheit und der Wiederentdeckung der jüdischen Münzen aufzuarbeiten, ist eine noch ausstehende forschungsgeschichtliche Aufgabe. Die vorliegende »Geschichte der jüdischen Numismatik«2 ist der erstmalige Versuch, sich dieser Herausforderung zu stellen und ein Stück weit (bis 1600) das Überleben und die Wiederentdeckung der antiken jüdischen Münzprägung zu beschreiben.
Ogilvie, Collection, conviction, and contemplation (2003), 2: »In a culture based so intensely on the past … the past is ever present. But it is a present absence, characterized by a loss and longing that can be quietly elegiac or excruciatingly painful, a gaping wound in consciousness.« 2 »Numismatik« wird dabei im heutigen Sinn als Resultat einer alle Aspekte des Münzwesens umfassenden Wissensbemühung verstanden, die auch die Geschichte dieser Wissensbemühung einschließt.
1
§ I Die forschungsgeschichtliche Aufgabe
1. Die Frage nach dem Geschick der antiken jüdischen Münzen als wissenschaftliches Desiderat
Es gibt nur einen einzigen modernen Versuch, die gesamte Geschichte der jüdischen Numismatik darzustellen, doch ist dies leider ein wenig fundierter, sehr kurzer Beitrag ohne eigene Recherche und voller gravierender Ungenauigkeiten.3 Einige Forscher des 18. und 19. Jh. haben zwar Überblicke über Teilbereiche der jüdischen Numismatik verfasst4 oder sind bei speziellen Fragen zu jüdischen Münzen in die Publikationen der vorausgehenden Zeit hinabgestiegen,5 doch waren dies nur sporadische und unvollständige Versuche.6
3 Meyshan, History of Jewish Numismatics (1968), 13–26; vgl. Sht.al, ʾEnṣiqlopedijah le-matbeʿot ʾEreṣ-Jiśraʾel ba-tequfah ha-aṭiqah (2000). 4 Für seine Zeit recht vollständig ist Hauber, Nachricht (1767 = 1778), mit einem Register der angeführten Schriftsteller und 32 Abb.; ebenfalls Zuckermann, Über talmudische Gewichte und Münzen (1862), bes. 34–38; Herzfeld, Metrologische Voruntersuchungen, Heft 1 (1863), 5–8. 5 Zum Beispiel Levy, Geschichte der jüdischen Münzen (1862), 1–5: von Haʾi Gaʾon bis ʿAsarja de Rossi, 111–147: von F. Pérez Bayer bis in seine Zeit. – Zuckermann, Über talmudische Gewichte und Münzen (1862), 34–38: Mosche ben Nachman, G. Postel, Al-Aschqar (erster, der eine samaritanische Münze außerhalb der Schekel verzeichnet), ʿAsarja de Rossi, J. B. Villapando, A. Kircher (erster, der Schimeon auf einer Münze liest), J. H. Hottinger (zwei Schimeʿon-Münzen), N. Henrion (erster nummus incusus), M. Pinart, E. Frölich, O. G. Tychsen, J.-J. Barthélemy, F. Pérez Bayer, F. de Saulcy. – Kadman, The Coins of the Jewish War of 66–73 C.E (1960), 43–49: Haʾi Gaʾon, Mosche ben Nachman, Estori ha-Farchi, Al-Aschqar, G. Postel, B. Arias Montano, ʿAsarja de Rossi, O. G. Tychsen, F. Pérez Bayer und dann etwa 50 Autoren mit ihren Stellungnahmen zur Einordnung der Schekel in die Zeit der Hasmonäer oder der beiden jüdischen Kriege gegen Rom. – Ben-David, Ha-numismaṭim ha-riʾschonim bejn chokmej Jiśraʾel (1973), 42–47: Rabbinische Traditionen, bes. Rabbi Schelomo ben Jiṣchaq (Raschi) und Rabbi Mosche ben Nachman (Ramban); Barag, New Evidence (1986), 217–222; Pl. 2: J. B. Villalpando, A. Kircher, Cl. Bouterouë, J. H. Hottinger, E. Frölich, F. Pérez Bayer, C. G. Woide, J. H. Eckhel, Th. E. Mionnet und D. C. Cavedoni. – Ogilvie, Collection, conviction, and contemplation (2003): A. Agustín, G. du Choul, S. Erizzo, A. Schott, G. Budé, E. Spanheim. – Deutsch, Jewish Coinage (2017), 13–15: Haʾi Gaʾon, Mosche ben Maimon, Mosche ben Nachman, Estori ha-Farchi, Al-Aschqar, G. Postel, ʿAsarja de Rossi; für weitere 19 Publikationen aus dem 17. Jh. und 49 aus dem 18. Jh. sei auf L. Kadman (s. o.) verwiesen. 6 Besser steht es um die Geschichte der modernen israelischen Numismatik seit 1948, welche die Mitglieder der Israel Numismatic Society in mehreren Jubiläumsbeiträgen aufgearbeitet haben: Kadman, Thirteen Years of the Israel Numismatic Society (1959); Meyshan, Twenty Years of the Israel Numismatic Society (1968), 159–165 (hebr. 1966). Am fundiertesten: Kindler, The History of the Israel Numismatic Society (2007), 5–15; fig. 1–7. Die Zeit vor 1948 wird dabei natürlich nicht berücksichtigt.
36
A § I Die forschungsgeschichtliche Aufgabe
Zwar hat sich die Erforschung der antiken Welt manchmal auch mit der biblischen oder jüdischen Geldwelt befasst, doch waren die Interessen der jüdischen und christlichen Gelehrten ausschließlich auf die Texte gerichtet, die von Geldangelegenheiten handelten. Die in der jüdischen und christlichen Bibel genannten Maße, Gewichte und Geldstücke (§ II,2.1 und 2.2) wurden von den Auslegern der Schrift seit der Antike (s. Epiphanius von Salamis im 4. Jh.; § V,2.2) immer wieder beachtet, ohne dass sie reale jüdische Münzen zur Verfügung gehabt hätten. Auch die wenigen jüdischen Gelehrten vor dem 16. Jh., bei denen man den Besitz von echten antiken jüdischen Münzen mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen kann (s. § VI), schöpften ihre Kenntnisse von jüdischen Münzprägungen ausschließlich aus ihren biblischen und antik-jüdischen Texten. Deshalb war die Beschäftigung mit dem Geld der biblischen und altjüdischen Zeiten für die christlichen und jüdischen Gelehrten eine exegetische Angelegenheit. Dass dabei die in der Exegese bis ins 20. Jh. verbreitete, unkritische Interpretation biblischer Texte eine imaginierte Münzgeschichte der Bibel hervorbrachte, die von den monetären Realitäten der Antike nicht gedeckt wurde, ist aus heutiger Sicht verständlich. Bei den jüdischen Interpreten sind die in der jüdischen Traditionsliteratur, das heißt der Mischna, der Tosefta, den Midraschim und den Talmuden (§ II,2.4) vorkommenden Geldangaben oder zeitgenössischen Geldfragen öfters erörtert worden. Besonders die jüdische Metrologie, die in einigen kleinen Werken vorliegt und in der Responsenliteratur halachisch ausgewertet wird (s. § V,1), hat sich damit befasst. Die Autoren dieser Texte beschäftigten sich jedoch stets mit Fragen der religionsgesetzlichen Verbindlichkeit in Geldsachen, da sie biblische Geldangaben in zeitgenössische Währungen umrechneten, um ihren Zeitgenossen die Erfüllung der Abgabe- oder Zahlungsforderungen der Tora zu ermöglichen. Selbst jene wenigen jüdischen Gelehrten des 10.–14. Jh., die das seltene Glück hatten, echte jüdische Schekel zu sehen oder gar zu besitzen, wurden dadurch nicht zu Numismatikern. Sie blieben Halachisten, hatten aber die Eigenart, ihre Argumente realiengeschichtlich anhand von vorhandenen Münzen darzulegen. Alle diese jüdischen und christlichen Autoren hatten demnach kein spezifisch numismatisches Interesse und konnten deshalb numismatische Fragen im heutigen Sinn gar nicht stellen. Sie waren ausschließlich an der exegetischen oder halachischen Relevanz und den theologischen Deutemöglichkeiten der Geldangaben interessiert. Eine numismatisch ausgerichtete, umfassende und historisch-kritische Nachfrage ist deshalb bis heute ein wissenschaftliches Desiderat geblieben. 2. Die Gründe für das Fehlen einer Geschichte der jüdischen Numismatik – Die heutige teilweise Überwindung der Hindernisse
Dass eine Geschichte der jüdischen Numismatik bis jetzt noch nie geschrieben wurde, hatte als Gründe vor allem das Fehlen von wirklich guten Bibliographien (Kap. 2.1), den schwierigen Zugang zu den originalen Texten des 16. Jh. (Kap. 2.2) und die ungenügende Beherrschung der alten Sprachen (Kap. 2.3). Mindestens die ersten beiden Erschwerungen können jedoch mit den heute zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Mitteln und digitalen Hilfen überwunden werden.
Die Gründe für das Fehlen einer Geschichte der jüdischen Numismatik
37
2.1 Ungenügende bibliographische Grundlagen – Ch. E. Dekesels monumentale numismatische Bibliographie
Bis anhin lagen nur ungenügend erarbeitete Bibliographien für die numismatischen Publikationen seit dem 16. Jahrhundert vor:7 Die klassischen Bibliographien zur gesamten Numismatik aus dem 17.–19. Jh. von Ph. Labbé (1675), B. G. Struve (1693), A. M. Banduri (1718), F. E. Brückmann (1729), J. C. Hirsch (1760), C. B. Lengnich (1776) und J. G. Lipsius (1801) enthalten zwar viele Angaben auch zur jüdische Numismatik, sind aber unter sich vielfach verhängt und wegen unkontrollierten Übernahmen von Titeln oft in gemeinsame Fehler verstrickt, da sie – außer vielleicht F. E. Brückmann – kaum je auf eigener Einsicht in die Werke beruhen. Zudem sind sie keineswegs vollständig und weisen zahlreiche falsche Einträge auf. Die großen Bibliographien zu jüdischen Publikationen von J. Buxtorf dem Älteren (1613), G. Bartolocci/C. G. Imbonato (1675–1693), M. Steinschneider/J. Benzian (1858– 1882), M. Schwab/Z. Szajkowski (1914–1923) und Sh. Shunami (1965–1975) führen innerhalb der ausufernden jüdischen Literatur nur sehr wenige numismatische Werke an. Von den spezialisierten Bibliographien zur jüdischen Numismatik sind die hebräisch verfassten Werke von B. I. Kirschner (1947–1948) und A. Kindler (1966–1967) sehr partiell konzipiert und auch nur entsprechend brauchbar. Die Werke von L. A. Meʾir/Mayer (1946; 1966 englisch erweitert von M. Avi-Yonah und Y. Meshorer) und B. Kanael (1967; deutsch) sind zwar umfassend angelegt, aber doch schon über ein halbes Jahrhundert alt und haben den schweren Nachteil, dass sie die Werke des 16.–18. Jh. nur spärlich erfasst und zudem die bibliographischen Angaben aus älteren Werken meist ungeprüft und ohne erneute Autopsie übernommen haben. Mit Christian E. Dekesels monumentaler Bibliotheca Nummaria [I]–III hat sich die bibliographische Situation für das 16.–18. Jh. jedoch grundsätzlich zum Guten verändert.8 Die aus der Autopsie stammende Beschreibung aller numismatischen Monographien macht dieses Werk zur Basis jeglicher numismatischen Recherche in diesen drei Jahrhunderten. Ch. E. Dekesel folgt dabei seinem Axiom of Informational Relevances (Bd. I, Abschnitt A), welches besagt, dass jegliche Publikation zu einem bestimmten Objekt, wie alt sie auch sei, in welcher Sprache und an welchem Ort sie auch geschrieben sei, relevant sein kann für heutige Fragestellungen und deshalb von einer wissenschaftlich zu nen Die ausführlichen bibliographischen Angaben zu den Werken der folgenden Autoren finden sich im alphabetischen Literaturverzeichnis (§ XVI,1). 8 Bis Herbst 2020 sind 9 Bände der Bibliotheca Nummaria [I]–III erschienen: Für das 16. Jh. (1 Band), das 17. Jh. (3 Bände) und das 18. Jh. (5 Bände). Ohne die ungeheure bibliographische Leistung zu schmälern, sei angemerkt, dass die Transkription der antiken Sprachen verbesserungsfähig ist: Hebräische Aufschriften werden manchmal nicht zur Kenntnis genommen: vgl. I, 96: B(erg) 34; die griechischen Titelteile und Denksprüche sind oft bis zur Unlesbarkeit falsch transkribiert: vgl. I, 172. 176–177. 180. 185–186: B(udé) 123. 129–130. 133. 142–143; I, 490: H(ost) 20; I, 671: N(eander) 1, und die griechischen Akzente und Spiritus sind offensichtlich Glückssache oder computerbedingt nur in Auswahl zur Verfügung: vgl. I, 557: L(iechtenaw) 21. Im Lateinischen wird manchmal das s mit f verwechselt, was sinnentstellend ist: vgl. I, 489: H(ostus) 19 (conseruntur anstelle von conferuntur). Zudem hat Ch. E. Dekesel (begreiflicherweise) die jüdische oder die biblischexegetische Literatur nur sehr auswahlweise einbezogen, sodass manche für unsere Fragestellung wichtigen Beiträge fehlen (s. § XV). 7
38
A § I Die forschungsgeschichtliche Aufgabe
nenden Arbeit zur Kenntnis genommen werden muss. Da er nur numismatische Werke aufnimmt, die er selbst in einer oder mehreren Bibliotheken oder Sammlungen Europas und der USA vorfand, in den Händen hielt und buchtechnisch untersuchte, kann er die vor ihm geleistete bibliographische Arbeit einer begründeten kritischen Betrachtung unterwerfen. Sein Urteil ist ziemlich vernichtend: Mindestens 30 % der bibliographischen Angaben seien in diesen Werken unkontrolliert übernommen worden und so stark mit schwerwiegenden Fehlern belastet, dass sie für die moderne bibliographische Forschung »mehr oder weniger wertlos« seien.9 Wir haben deshalb nur jene monographischen Werke zur jüdischen Numismatik berücksichtigt, die durch das Fegefeuer der bibliographischen Säuberung von Ch. E. Dekesel gegangen sind.10 Im Folgenden ist eine chronologische Liste aller bibliographischen Werke seit dem 16. Jh. angefügt, in welche für die vorliegende Arbeit kritische Einsicht genommen wurde. Bibliographische Werke zur Numismatik11 1579
Le Pois, Discours sur les medalles.
1587
Agustín, Dialogos de Medallas.
1613/1648
Buxtorf der Ältere [/Buxtorf der Jüngere], Bibliotheca Rabbinica.
1664
Labbé, Bibliotheca Bibliothecarum.
1675
Labbé [/Selden], Bibliotheca Nummaria.
1675–1693
Bartolocci/Imbonato, Bibliotheca Magna Rabbinica.
1693
Struve, Bibliotheca Numismatum Antiquorum.
1694
Imbonato, Magen we-charav/Bibliotheca LatinoHebraica.
1713
Fabricius, Bibliographia Antiquaria.
1715
Wolf, Bibliotheca Hebraea.
9 Dekesel, Bibliotheca Nummaria [I] (1997), VII. Letzteres mag der folgende bibliographische Sachverhalt illustrieren: Die hebräische numismatische Bibliographie von Meʾir, Reschimat mechqarim (1946), umfasst 424 Einträge. In deren engl. Neuauflage durch Avi-Yonah [/Meshorer], A Bibliography of Jewish Numismatics (1966), mit 844 Einträgen, erklärt M. Avi-Yonah im Vorwort (S. 5–6), er habe die Einträge von L. A. Meʾir in den Bibliotheken in Jerusalem (bes. der Hebrew University und der National Library), in London (British Museum Library, The Library of the Royal Numismatic Society, Warburg Institute) und in der Vatican Library geprüft und so weit als möglich übernommen. Er bedauert jedoch, dass in diesen von ihm besuchten Bibliotheken leider »ein Großteil des aufgelisteten Materials« nicht vorhanden war, »vor allem was die französischen und deutschen Publikationen des 16. bis 18. Jahrhunderts betrifft«. Ingesamt konnte er 126 Titel, die (meist) mit einem Kringel (°) markiert sind, also ziemlich genau ein Drittel (= 29,72 %) aller Publikationen der ersten Ausgabe von 1946 nicht einsehen. 10 Da jedoch die nicht-monographischen Beiträge, die anonymen Werke, die Auktionskataloge und die Zeitschriftenartikel der drei Jahrhunderte erst für zukünftige Bände versprochen sind, mussten für diese Bereiche die üblichen Wege der bibliographischen Suche beschritten werden. – Die beiden verdienstvollen Zusätze von Schrock, Numismatische Bücher des 16. Jahrhunderts (2006 und 2008), sind für die jüdischen Münzen ohne Relevanz. 11 Die ausführlichen bibliographischen Angaben dazu finden sich im alphabetischen Literaturverzeichnis (§ XVI,1).
Die Gründe für das Fehlen einer Geschichte der jüdischen Numismatik
1718
Banduri, Bibliotheca Nummaria.
1729
Brückmann, Bibliotheca Numismatica.
1730
Klemm, De Nummis Hebraeorum Libellus.
39
1760
Hirsch, Bibliotheca Numismatica (1600–1760).
1765
Ugolino, Thesaurus Antiquitatum Sacrarum, vol. 28: Numismatica.
1767
Hauber, Nachricht von den jüdischen insgemein genannten samaritanischen Münzen.
1776
.
Mosche ben Nachman /Nachmanides (vor 1270)
147
(mi-jad), denn das war die althebräische Schrift, die den Kutäern geblieben war, wie im Traktat Sanhedrin [21a] des babylonischen Talmuds erwähnt wird. Und sie lasen auf der einen Seite scheqel ha-scheqalim und auf der anderen Seite Jeruschalajim ha-qedoschah. Zudem sagten sie, dass die Bilder den Stab/Zweig (maṭṭeh) des Aaron mit Mandeln und Blüten (darstellen) und das zweite Bild die ṣinṣenet des Manna (Ex 16,33). Wir wägten ihn (den Schekel) im Wechselgeschäft (schulchanut) und er wog 10 silberne/goldene33 ʾAśṭralinasch und das entspricht der halben Unze (ʾu[n]qejaʾ), die Rabbenu Schelomo selig (= Raschi) erwähnt. Ähnlich habe ich eine ganz gleiche Münze mit den gleichen Bildern und der gleichen Aufschrift, aber nur von halbem Gewicht gesehen; und dies ist der Halbschekel, der bei den Opfern (qorbanot) abgewogen wurde. So wurden die Worte von Rabbenu Schelomo durch einen starken Beweis bestätigt … (es folgen dann noch einige metrologische Umrechnungen).
Dieser Text ist in vielfacher Hinsicht von großer Bedeutung, da er die erste Begegnung eines westlichen jüdischen Gelehrten – jedoch in Palästina – mit echten antiken jüdischen Silberschekeln erzählt. Mosche ben Nachman sah in den Händen von »Alten [Gemeindemitgliedern?] des Landes« – er selbst war ja noch nicht lange im Land – zwei Silbermünzen, einen Schekel und einen Halbschekel (TabÜ I und IV, 4S und 1S½). Offenbar hatte er in Europa noch nie solche Schekel gesehen, denn als er seinen Kommentar zur Schekelsteuer in Ex 30,13 schrieb, konnte er noch nicht mit einem realen Schekel argumentieren. Dieser ihm erst spät geschenkte Anblick war ihm so wichtig, dass er einen Nachtrag zum gesamten Tora-Kommentar schrieb, in welchem er seine früheren Erörterungen auf eine reale numismatische Basis brachte. Dabei wurde die Ansicht von Raschi (s. o. nach Kap. 2) zu Ex 21,32 realienkundlich bestätigt, dass ein Schekel eine halbe Unze (= 14,625 Gramm) wäge. 4.2 Die althebräischen Aufschriften nach den Samaritanern
Erstmals werden die beiden althebräischen Aufschriften der Schekel zitiert und philologisch diskutiert. Die »Alten des Landes« erkannten sie zwar als althebräisch, doch konnten sie sie erstaunlicherweise nicht lesen. Auch Mosche ben Nachman war dessen offensichtlich unfähig, obwohl er aus den Diskussionen im babylonischen Talmud um diese »Laienschrift« wusste, wie seine Anspielung auf bSanhedrin 21a zeigt. Dieser Text lautet:34 Mar Zuṭra, nach anderen Mar ʿUqabaʾ, sagte: Zu Beginn wurde die Tora Israel in der [alt-]hebräischen Schrift (ketav ʿivri) und der heiligen Sprache gegeben, später, in den Tagen Esras, wurde sie in assyrischer Schrift (ketav ʾaschurit) und der aramäischen Sprache gegeben. (Schließlich) wählten sie für Israel die assyrische Schrift und die heilige Sprache und überließen den Laien (hedioṭot) die althebräische Schrift und die aramäische Sprache. Wer sind die hedioṭot? Rav Chisda sagte: die Kutiʾ. Welche Schrift ist die althebräische? Rav Chisda sagte: Die Libonnaʾah.
33 Das Ms aus Lissabon hat zahav, das Chavel in der Fußnote erwähnt und das Zunz, Münzkunde (1845), 556, bevorzugt und mit »goldene Esterlin« übersetzt. Da es um das Gewicht geht, spielt hier das Metall keine Rolle. 34 Goldschmidt, Babylonischer Talmud VII (1933), 81; der ältere Paralleltext jMegilla 71b–c ist oben bei Haʾi Gaʾon (Kap. 2) angeführt.
148
C § VI Kenntnis und Besitz von jüdischen Schekeln bei jüdischen Autoren des 10.–14. Jh.
Die Alten des Landes und Mosche ben Nachman brauchten die Hilfe der Kutäer, das heißt der Samaritaner, welche die »ganz klar geschriebenen« Aufschriften »aus dem Handgelenk« (mi-jad) – wenn auch nicht ganz korrekt! – lasen, da diese Aufschriften in ihren althebräischen Schriftzeichen geprägt waren. Sie lasen die Aufschrift der zweiten Seite richtig Jeruschalajim ha-qedoschah, wie es auf allen Schekeln ab dem zweiten Jahr des 1. jüdischen Krieges heisst. Auf der ersten Seite, deren Aufschrift stets scheqel Jiṣraʾel lautet, lasen sie jedoch ha-scheqalim anstelle von Jiṣraʾel. Dieser Fehler, den spätere Autoren durchaus bemängeln werden,35 lässt sich nach Yosef Ofer aus der arabischen Umgangssprache der Samaritaner und als Verwechslung von Buchstaben, die in beiden Schriften ähnlich sind, erklären: Das hebräische Jod ähnelt dem samaritanischen Alef, das im Arabischen jedoch als Anfangs-Alef verschwindet, Schin und Sin haben das gleiche Schriftbild und das hebräische Resch gleicht dem samaritanischen Qof. So ergibt sich (ʾ)schqʾl.36 4.3 Die doppelte Deutung der Bildmotive bei Mosche ben Nachman oder den Samaritanern
Auch die Bildmotive werden hier ein erstes Mal erwähnt und gedeutet. Es ist dabei sehr schön zu ersehen, wie sich die Deutungen der Juden und der Samaritaner voneinander unterschieden. 4.3.1 Der Granatapfelzweig als Stecken des Mandelbaumes oder als Zweig des Aaron
Im Granatapfelzweig, den die originalen Schekel zeigen, sah Mosche ben Nachman etwas »wie einen Stab/Stecken des Mandelbaums (maqqel schaqed)«. Einen solchen maqqel schaqed sah Jeremia in der Vision von Jer 1,11, in welcher sich der Gott Israels als ein über sein Wort »Wachender (schoqed)« Gott darstellt.37 – Die Samaritaner hingegen deuteten den Granatapfelzweig als »Stab/Zweig (maṭṭeh) des Aaron mit Mandeln (scheqedim) und Blüten (perachim)«. Sie verbanden also das Bildmotiv auf den Schekeln mit der Szene von Num 17,21–24, in welcher der Stab/Zweig Aarons über Nacht »ausgeschlagen hat; er hat Sprossen hervorgebracht, Blüten getrieben und Mandeln (scheqedim) ausgereift«, wodurch der geistliche Vorrang Aarons vor allen anderen Stammesfürsten göttlich bestätigt war. 4.3.2 Der Kelch als selochit oder als sinsenet ha-man ˙ ˙ ˙
Der Kelch, der die Schekel des 1. jüdischen Krieges ziert, ist für Mosche ben Nachman etwas »wie eine ṣelochit«. ṣelochit wird in der hebräischen Bibel ein einziges Mal in Siehe z. B. bei ʿAsarja de Rossi (1575), Sefer Meʾor ʿEnayim, Kap. 56 (§ VIII,6); Levy, Ge schichte der jüdischen Münzen (1862), 3 und Anm. 4; Macdowell, Early printed images of ancient shekels (2010), 1–2. 36 Ofer, Why did Nahmanides Misread (2012), 261–264; 1 Ill. (hebr.); VII (engl. summary). 37 Das Wortspiel läuft über die hebräische Wurzel schqd, die als Verb schaqad »wachen« ergibt und als Substantiv schaqed den »Mandelbaum« bezeichnet, der »im Frühling als Erster blüht« und deshalb als »Wachender« bezeichnet wird; vgl. Fischer, Jeremia 1–25 (2005), 138 (u. v. a.). 35
Mosche ben Nachman /Nachmanides (vor 1270)
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2 Kön 2,20 gebraucht, wo Elischa nach einer neuen ṣelochit mit Salz verlangt, mit welchem er das schlechte Wasser von Jericho genießbar macht. Dies deutet auf die Form einer kleinen Schale hin. In der jüdischen Traditionsliteratur hingegen »ist die ṣelochit ein goldener kleiner Krug, den man am Hüttenfest aus der Siloaquelle füllte und deren Inhalt man am Altar spendete« (mSukka 4,9; vgl. 3,17). Auch die drei Gefässe werden ṣelochit genannt, »in denen das Manna, das Reinigungswasser und das Salböl der alten guten Zeit verwahrt wurde, welche einst Elia wieder zum Vorschein bringen wird, nachdem Josia sie verborgen hatte«.38 Da Mosche ben Nachman die jüdischen Traditionen im Detail kannte, hat er den Kelch auf dem Schekel wohl mit diesen Texten in Verbindung gebracht und ihn als Krüglein verstanden. Verband er das Bild mit der goldenen ṣelochit des Laubhüttenfestes, bekam es eine sakrale Bedeutung; sah er aber eher einen Zusammenhang mit einer ṣelochit von jenen dreien, die bis zum Kommen des Elia als Messias verborgen sind, so wies das Bildmotiv eher eine eschatologische Dimension auf. Die wohl älteste traditionelle Darstellung dieses Gefäßes, die in einer katalanischen Bibel des 14. Jh. vorliegt, bestärkt die letztere Ansicht. Sie zeigt einen grazilen hohen Krug mit einem langen engen Hals und zwei doppelt geschwungenen Henkeln.39 Obwohl die Aufschrift ( צנצנת המןṣinṣenet haman) das Gefäß eindeutig bestimmt, gleicht es eher den zweihenkeligen Amphoren auf den Schekeln und Bronzen des 1. und 2. jüdischen Krieges. Es gibt jedoch weder im 1. noch im 2. jüdischen Krieg Schekel, die sowohl die beiden Aufschriften wie auch eine Amphore aufweisen.
Die Samaritaner deuteten den Kelch hingegen als »ṣinṣenet des Manna (ha-man)«. ṣinṣenet kommt ebenfalls nur einmal im Alten Testament, in Ex 16,33, vor. Es kann einen Korb (als Nebenform von ṣen, ṣinnim, »Korb, Körbe«), einen Behälter oder einen Krug bezeichnen, in dem ein voller ʿomer Manna Platz hat.40 Ein Omer ist ein Messgefäß, das nach Ex 16,36 einen Zehntel eines Epha, also 4,5 Liter, umfasst und dem nach Ex 16,16. 18. 22 die Menge an Manna entspricht, die pro Tag und Person eingesammelt werden durfte. Die Samaritaner verbanden den Kelch auf dem Schekel also mit Ex 16,33, wo Mose dem Aaron befiehlt: »Nimm ein ṣinṣenet, lege einen vollen Omer Manna (ha-man) hinein und stelle es vor JHWH zur Erinnerung für die künftigen Geschlechter!« Das Bildmotiv des recht großen Omerkelches hat also bei den Samaritanern Erinnerungsfunktion für alle weite38 Dalman, Arbeit und Sitte VII (1942/1964), 227, Abb. 115–118 (mit allen Verweisstellen aus der Mischna, Mechilta und Tosefta). Da die ṣelochit als zerbrechlich dargestellt ist, war sie normalerweise aus Ton. Nach Levy, Wörterbuch IV (1924), 191, bestand die ṣelochit aus einer zerschnittenen hohlen Glas- oder Tonkugel, wie die Wurzel ṣalach, »spalten«, verrate. 39 Frontcover von Cohn, The Memory of the Temple (2013): Katalanische Bibel, 14. Jh. (MS Harley 1528 fol. 8r, British Library) mit traditioneller Darstellung des Manna-Krugs links oben, beschriftet als ( צנצנת המןṣinṣenet ha-man). Diese Illustration hat mir Günter Stemberger dankenswerterweise signalisiert. 40 Baumgartner/Stamm, Lexikon zum Alten Testament III, 1983 (3. Aufl.), 973, s. v. ṣinṣenet; bei Dalman, Arbeit und Sitte VII (1942), 243: »ein kleiner Krug«. In der LXX: stamnos; wie in Hebr 9,4, wonach in der Bundeslade »ein goldenes Gefäß (stamnos) mit dem Manna und dem Stab Aarons, der Knospen getrieben hatte«, war. stamnos bedeutet grundsätzlich ein irdenes Gefäß, besonders einen Krug. Das syrische qesṭa kommt aus griech. xestês, ein Maß von ca. ½ Liter und bezeichnet auch ein Trinkgefäß ungefähr diesen Inhalts. Die Vulgata entscheidet sich mit vas für keine bestimmte Form. Die Targume vermeiden das Problem, indem sie ṣelochit und ṣinṣenet identifizieren.
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ren Generationen, die darin die Zusicherung erkennen können, dass Gott seinem Volk in jeglicher Not beistehen wird. Es ist zu bemerken, dass Mosche ben Nachman seine beiden Deutungen nicht einfach mit den biblischen Bildmotiven maqqel und ṣelochit gleichsetzt, sondern stets ein ke-ʿein, »wie ein Auge«, voranstellt, das eine Ähnlichkeit bezeichnet. Für die Samaritaner sind die beiden Bildmotive maṭṭeh und ṣinṣenet jedoch völlig eindeutig. Die hier sich erstmals zeigende Diskussion über die Bedeutung der Bildmotive hält bis heute an.41 4.3.3 Die Unterschiede zwischen Mosche ben Nachman und den Samaritanern
Das Bildmotiv und dessen unterschiedlichen Deutungen bei Mosche ben Nachman und den Samaritanern lässt sich in folgender Tabelle zusammenfassen: Bildmotiv
Mosche ben Nachman
Kutäer/Samaritaner
Granatapfelzweig
wie ein Stab/Stecken des Mandelbaums (maqqel schaqed)
Stab/Zweig (maṭṭeh) des Aaron mit Mandeln (scheqedim) und Blüten (perachim) Biblische Grundlage: Num 17,21–25 ṣinṣenet des Manna (ha-man) (nach Ex 16,33)
Kelch
Biblische Grundlage: Jer 1,11 wie eine ṣelochit (vgl. 2 Kön 2,20)
Bei den folgenden Autoren werden diese Unterschiede in der Deutung des Bildmotivs praktisch nie beachtet, sodass die zwei Deutungen auf eine meist undeutliche Art nur dem Mosche ben Nachman zugesprochen werden. 4.4 Das halachisch bedeutsame Gewicht
Das Wichtigste scheint bei Mosche ben Nachman jedoch nicht die Deutung des Bildmotivs zu sein. Viel bedeutsamer ist es für ihn, das Gewicht des Schekels genau zu bestimmen und so die alte halachische Diskussion mit einem realienkundlichen Argument bereichern zu können. Er geht dazu mit dem Schekel in ein Fachgeschäft für Geldwechsel (schulchanut) und es stellt sich heraus, dass der Schekel 10 silberne oder goldene ʾAsṭralinasch (›Sterlinge‹?) wog. Falls Mosche ben Nachman mit ʾAsṭralinasch den Sterling als mittelalterliches Gewichtsmaß in Westeuropa meint, sind 10 Sterlinge ca. 14,58 Gramm.42 Dies entspreche genau jener halben Unze »nach dem rechten Gewicht von Köln«, wie es Raschi in seinem Kommentar zu Ex 21,32 errechnet habe. Eine halbe Unze wog damals 14,625 Gramm (s. o. unter dem Jahr 1100±), was recht genau mit dem durchschnittlichen Gewicht eines Schekels des 1. jüdischen Krieges von ca. 14 Gramm übereinstimmt.43 Vgl. neben vielen anderen: Madden, Coins of the Jews (1881), 70–71; Romanoff, Jewish Symbols (1944), 3, Anm. 12; 21–25; Klimowsky, Symbols on Ancient Jewish Coins (1958), 87–88; Meshorer, A Treasury (2001), 117–118; Hendin, Biblical Coins (2010), 350–351. 42 Kahnt/Knorr, Alte Maße (1986), 178. 299. 43 Hendin, Biblical Coins (2010), 356. 41
Estori ben Mosche ha-Farchi (1322)
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Dieser Zusatz des Mosche ben Nachman zu seinem Tora-Kommentar hat eine sehr starke Rezeption erfahren und hat sowohl bei jüdischen wie bei christlichen Autoren der folgenden Jahrhunderte das Wissen um das Vorhandensein und um das Gewicht der antiken jüdischen Silberschekel verbreitet. So ist dieser Text des Mosche ben Nachman auf jüdischer Seite schon im 15. Jh. bei Rabbi Josef Albo (vor 1444; zwischen Kap. 5 und 6) und Jiṣchaq ben Jehuda Abrabanel (1437–1508)44 nachweisbar. B. Arias Montano (1572) und ʿAsarja de Rossi (1575) werden die Lesung der Aufschrift korrigieren (s. § X,7 und VIII,6) und viele weitere werden darauf Bezug nehmen, ohne dass die beiden verschiedenen Deutungen auseinander gehalten werden. Meist wird einfach dem Mosche ben Nachman ein Gemisch der beiden Deutungen zugeschrieben.
vor 1310: Schelomo ben Abraham Ibn Adret (um 1233–1310) Rabbi Schelomo ben Abraham, mit dem Akronym Raschba,45 war ein Schüler des Mosche ben Nachman und lebte während 40 Jahren als Rabbiner und Schriftgelehrter in Barcelona. Als eine der wichtigsten jüdischen Persönlichkeiten Spaniens entwickelte er eine außerordentlich umfangreiche Responsenliteratur, deren Anfragen und Antworten (Scheʾelot u-Teschuvot) vielfach auch metrologische Fragen betreffen.46 Ob er selbst alte jüdische Schekel gesehen oder besessen hat, entzieht sich meiner Kenntnis.
5. Estori ben Mosche ha-Farchi (um 1282–1357) – Glückhafter Besitzer eines Heiligtumsschekels mit dem Bildmotiv einer machtah (1322)
Estori ha-Farchi wurde um 1282 in einer Familie geboren, deren Ursprünge wohl im andalusischen Florença lagen.47 Er verließ Spanien, wurde »von Stadt zu Stadt« verjagt, weilte in Frankreich bis zur dortigen Judenvertreibung (1306) und kam schließlich über Kairo nach Palästina, wo er bis zu seinem Tod (um 1357) in Bet-Schean lebte.48 Von der Überzeugung getragen, dass alle Termine der Ankunft des Messias abgelaufen seien und dass nur noch die Nichtbefolgung der Tora im Lande Israel diese Ankunft verunmögliche, erforschte er während sieben Jahren das Land, dessen religionsgesetzlich wichtige
Zitiert bei Ofer/Jacobs, Naḥmanides’ Tora Commentary Addenda (2003), 22. Abrabanel hat nur einen ganz kurzen Verweis, dass Mosche ben Nachman einen scheqel qadosch gesehen und Raschis Berechnung bestätigt habe. 45 Zur Person und zum Werk: Fürst, Bibliotheca Judaica I (1849), 19–20; Perles, R. Salomon b. Abraham b. Adereth (1863), bes. 4–12 (zur Responsenliteratur); Wünsche/Winter, Die jüdische Litteratur II (1894), 429–435. 46 Ibn Adret, Scheʾelot u-Teschuvot (2000/2001) (über 1000 Rechtsgutachten); Roth, Dictionary (2007), 236–248 (Nr. 147), bes. 245, C.h (Responsen). 47 Zur Person und zum Werk: Zunz, Geographische Literatur (1875), 170–173; Pessen, Art.: Farchi, 2. Estori ha-F. (1927/1982), Sp. 589; Roth, Dictionary (2007), 204–205 (Nr. 115). – Der Beiname ha-Farchi wie auch ferach im Buchtitel verweisen auf den spanischen Herkunftsort Florença (nicht Florenz in Italien), worauf das hebräische Wort perach, »Blume«, lateinisch flos, anspielt. 48 Ich stütze mich mit bestem Dank für seine Hilfe vor allem auf Zolty, Estori ha-Parḥi (2003); seine Dissertation enthält franz. Übersetzungen von Kap. II (S. 96–99), VI (S. 100–167), VII (S. 168– 201, XI (S. 202–285), XIV (S. 286–313) der Ausgabe Chavaṣelet/Dubroviṣer, Sefer Kaftor wa- ferach (1997–1999); s. § XV, Chronologische Bibliographie, zum Jahr 1322. 44
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Grenzen und die innerhalb dieser Grenzen geltenden halachischen Vorschriften, jüdischen Siedlungen und sichtbaren Reste des antiken Judentums. 5.1 Der Text Kaftor wa-ferach, Kap. 16
Estori ha-Farchi verfasste dann ein Werk, das er Kaftor wa-ferach, »Knospe und Blüte« (vgl. Ex 25,33; 27,19) nannte, was nach Midrasch Bereschit Rabba 91,9 gleichbedeutend ist mit »wohlgeordnet«. Nach seinen eigenen Angaben war es im Jahr 1322 vollendet und umfasste »alle religiösen Gesetze, die das Heilige Land betreffen, die Topographie des ganzen Landes und seiner Unterteilungen, seine alten Gewichte, Maße und Münzen, einige Versuche zu seiner Geschichte und Archäologie, eine Beschreibung des zweiten Tempels usw.«49 Nach L. Zunz widmete Estori »der jüdischen Metrologie, vornehmlich den Münzen, … eine eigene Abhandlung, in welcher zur Bestimmung des Werthes und des Verhältnisses der alten Münzen die wichtigsten Meinungen aufgeführt, und danach verschiedene in Bibel und Talmud vorkommende Summen in arabischem, provenzalischen und französischem Gelde berechnet werden.«50 Der Titel des entsprechenden Kapitels 16 lautet jedoch umfassender: Erklärung einiger Gesetze zu den Opfergaben für die Priesterschaft, die Vorderpfote, die Kinnbacken und die Labmägen [Dtn 18,3]. Die erste Schur [Dtn 18,3]. Wiederholung der Gewichte (mischqalim), der Münzen (maṭbeʿot) und verschiedener Maße (middot). Erklärungen zum Zehnten auf die Tiere. Erklärung zu den Erstlingen.51
Aus diesem Einbezug der Gewichte, Münzen und Maße in halachisch-endzeitliche Überlegungen ist klar ersichtlich, dass es Estori ha-Farchi keineswegs um die Numismatik als solche ging, sondern um die richtige Berechnung halachisch geforderter Abgaben. Dazu musste man Kenntnis der biblischen Angaben und deren Äquivalenzen haben. Diese Kenntnis gehört deshalb zu dem, was man unbedingt wissen muss, um die Ankunft des Messias nicht durch falsche Abgaben zu verzögern!52 Seine Metrologie entspricht damit durchaus dem halachischen Anliegen, das die jüdischen Metrologien aller Jahrhunderte pflegten (§ V,1), hat aber eine besondere Intensität in der Absicht des frommen Autors, die Wartezeit auf den Messias abzukürzen und die Zeit der Zerstreuung der Juden endlich zu beenden. Im Zusammenhang mit der Bestimmung des Schekels zieht Estori einen silbernen »Schekel des Heiligtums« bei, den er selbst »in die Hand bekam«: Untertitel auf den vorderen/hinteren Titelseiten von: Luncz, Caftor va–pherah (1897/1899). Zunz, Münzkunde (1845), 536. 51 Zolty, Estori ha-Parḥi (2003), 89; in der Ausgabe von Luncz, Caftor va–pherah II (1899), 376/שעו, und der Internet-Version (2007), 201, sind noch mehr halachische Themen aufgezählt, wie das Lösegeld für den Erstgeborenen, »und dazu erwägt man in einer Erklärung die Gewichte (mischqalim) der Münzen«. 52 Renan, Histoire littéraire de la France XXXI (1893), 403–409, sieht deshalb im Kaftor wa-ferach mit Recht ein Buch »eines armen Exilierten«, der nur eine Idee hatte: »quels seraient les rites à pratiquer, si le peuple d’Israel était remis en possession de sa terre? Quelles sont les limites de cette terre?« (405). 49
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Es kam in meine Hand ein Dinar von einer Münze des Schekels des Heiligtums (dinar mimaṭbeʿa scheqel ha-qodesch) und er war reines Silber (kesef naqi). Er war rundum beschrieben in der Schrift der Kutäer (kutajim), die eine laienhafte Schrift (ketav hedioṭ) ist, wie wir im Kap. 5 erinnert haben. (Er hatte) auf der einen Seite ein Bild einer machtah und auf seiner zweiten Seite (das Bild) eines Mandelbaums (schaqed) mit drei Mandelblüten (perachej scheqedim). Ich habe ihn genau gewogen, und er (wog) 4½ Dirham und ein Kiraṭ. So entsprach er der Selaʿ der Tora mehr als dem kanaanäischen Dirham (min ha-dirham ha-kenaʿani), (der) 6 Dirham und 13,5 Kiraṭ (wog).53
Estori gibt nicht an, an welchem Ort er den Heiligtumsschekel (TabÜ I und IV, 5S) gefunden hat, doch war es sicher in Palästina. Der Ausdruck »in die Hand bekommen« weist auf einen eher zufälligen Fund hin, den Estori wohl auf seinen Reisen durch das Land gemacht hat. Problemlos kann er erkennen, dass es sich um die »Schrift der Kutäer« handelt, hat er doch diese ketav hedioṭ, wie sie bSanhedrin 21a und danach Mosche ben Nachman nannten (Kap. 4), schon im früheren Kap. 5 erläutert. Er gibt aber im Unterschied zu Mosche ben Nachman und den Samaritanern keine Angaben zum Inhalt der Aufschriften. Hatte er kein Interesse am Inhalt der Aufschriften oder hatte er sie, da er keine Samaritaner beiziehen konnte, inhaltlich einfach nicht verstanden? Die Bildmotive und das halachisch wichtige Gewicht haben ihn jedenfalls mehr beschäftigt. 5.2 Die Deutung der Bildmotive: Der Kelch als Kohlenpfanne und der Granatapfelzweig als Mandelbaum
Den Kelch auf der Vorderseite bestimmte er erstmals als machtah, worunter die biblischen und rabbinischen Wörterbücher ein kultisches Gerät sehen, das zur Aufbewahrung und zum Transport von Feuersglut oder als Kerzenteller benutzt wird. Gesenius/Buhl übersetzen mit »(metallene) Kohlenpfanne, Feuerbecken, Gerät zum Tragen offener Glut« oder »kleine Pfanne oder Schale als Zubehör des Leuchters in der Stiftshütte»;54 dies sind alles kultische Gegenstände aus Kupfer, Silber oder Gold. Gesenius/Buhl decken damit den biblischen Sachverhalt und die möglichen Bedeutungen der anderen hebräischen
53 Luncz, Caftor va–pherah II (1899), 405/ ;תהin Sefer Kaftor wa-ferach le-Rabenu Estori ha-Parchi, Bd. 2, Jerusalem 2007, S. 232/רלב, fehlt die nähere Bestimmung des Schekels »und er war aus reinem Silber«. – Levy, Geschichte der jüdischen Münze (1862), 3, Anm. 5: »Parchi erwähnt einen Schekel (von Simon dem Hasmonäer, nach der Beschreibung), der 4 ½ Dirhem und einen Kirat wog.« Die Zuschreibung an Simon entsprach der damaligen Datierung der Münzen des 1. jüdischen Krieges in die Zeit des Makkabäers Simon; vgl. ebd. 39–43, Abb. 2 u. 3. – Zunz, Zur Palästinischen Geographie (1876), 303, übersetzt offensichtlich aus einem leicht verschiedenen Manuskript: »Ich habe einen Denar aus feinem Silber bekommen mit Samaritanischer Schrift; auf der einen Seite war ein Kohlenbecken, auf der anderen ein Mandelbaum mit drei Blüthen. Sein genaues Gewicht beträgt 4 9/16 Dirhem; demnach ist der biblische Schekel 6 27/32 Dirhem an Werth«; vgl. Zunz, Zur Geschichte und Literatur (1845), 527. Bernard Zolty verdanke ich eine französische Übersetzung der zitierten Passage (eMail vom 1. April 2016); er liest jedoch ṣura machteh, und übersetzt mit »une forme éffacée«. 54 Gesenius/Buhl, Handwörterbuch III (1915/1962 u. ö.), 662, mit Verweis (für 1.) auf Ex 27,3; 38,3; Lev 10,1; 16,12; Num 4,14; 16,6. 17–18; 17,2–4. 11; 1 Kön 7,50 par 2 Chr 4,22; 2 Kön 25,15; Jer 52,19, vgl. Sir 50,9LXX [pyreion] und (für 2.) auf Ex 25,38; 37,23; Num 4,9.
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Wörterbücher ab. Im Folgenden werden stets die Übersetzungen »Kohlenpfanne« oder »Feuerbecken« gebraucht. Aus Lev 10,1 und Num 16,6 ist ersichtlich, dass diese Pfännchen, wenn sie mit Weihrauch gefüllt auf den Altar gestellt wurden, als Weihrauchgefäße dienen konnten.55 Estori sah also im Kelch weder die ṣelochit des Mosche ben Nachman, noch die ṣinṣenet ha-man der Samaritaner, beides Kultgefäße, die der Aufbewahrung von festen oder flüssigen Kultgaben dienten. Er nahm auf seinem Schekel offensichtlich etwas wahr, das ihn an eine Schale, in welcher Räucherwerk brannte, erinnerte. Wahrscheinlich hat er einen recht ausladenden Kelch mit einem oberen Perlenrand gesehen, wie er auf Silberschekeln des 1. jüdischen Krieges ab dem 2. Kriegsjahr abgebildet ist, wobei er die kleinen Perlen, welche entlang der Schalenlippe aufgereiht sind, als Glutstücke verstanden und vielleicht die althebräische Jahreszahl über dem Kelch als Rauch gedeutet hat. Räucheraltärchen mit einem kleinen Unterbau, Ständer mit einer kelchartigen Schale für Räuchermaterial oder Öllampen mit einem Standfuß sind im Alten Orient weit verbreitet.56 200 Jahre nach Estori wird die seltsame Nachzeichnung eines Räucheraltärchens von G. Postel (1538; § X,1; Abb. 5) und deren Deutung als Rauchfass bei Ph. Melanchthon (1552; § X,4) dieses Verständnis des Kelchs als Weihrauchgefäss aufnehmen und weiterführen.57 Es gibt deshalb keinen Grund zur Annahme, schon Estori ha-Farchi habe eine Schekel-Medaille mit dem typischen Rauchkelch beschrieben (vgl. § XIII,1.6). Schekel-Medaillen gab es erst ab der 2. Hälfte des 16. Jh., wo dann der Kelch fast immer mit Rauchschwaden versehen und unterschiedlichst gedeutet wurde (§ XIII,2.3 und folgende Kap.).
Den dreifachen Granatapfelzweig auf der Rückseite deutet er als Mandelbaum mit drei Mandelblüten. Er bleibt damit im Deutebereich des Mosche ben Nachman, nimmt den Zweig aber als pars pro toto für den ganzen Baum und engt das Bild nicht wie die Samaritaner auf die biblische Vorstellung eines »Stabs/Zweigs des Aaron« ein. Wie weit bei ihm der Text von Jer 1,11 vom Gott Israels als einem über sein Volk »Wachenden« (schoqed) im Hintergrund steht, läßt sich nicht ersehen.
55 Vgl. Naudé, Art.: machtah (1997), 924; Berliner, Geschichte der Juden in Rom (1893/1987), Bd. I, 109, erachtet entsprechend die beiden Kelche auf dem Schaubrottisch des Titusbogens in Rom als Räucherbecken; vgl. Reland, De spoliis templi Hierosolymitani in arcu Titiano conspicuis (1716), Abb. zu S. 2: Arcus Triumphalis Titi uti nunc Romae conspicitur; Kletter, Fire Pans in the Bible and Archaeology (2019), erwähnt Estori ha-Farchi nicht. Meist ist mit machtah eine langstielige Schaufel abgebildet, außer Fig. 6 (Thera/Akrotiri) und Fig. 14 (King’s Bible, Spain 1384). 56 Vgl. Reichert, Art.: Altar, in: Galling, Biblisches Reallexikon (1977), 8, Abb. 2,6–8; Voss, Die Menora (1993), 99–103, Abb. 4. 7. 10–18. 57 Klagsbald, Catalogue raisonné, 55–56; Nr. 59–61, sieht bei dieser Darstellung des Estori haFarchi die Vorlage für den Rauchkelch auf den Görlitzer Schekeln.
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5.3 Das ungefähre Schekel-Gewicht
Auch für Estori ist die »genaue« Bestimmung des Gewichtes wichtig. Er sucht jedoch nicht wie Mosche ben Nachman die realienkundliche Bestätigung der autoritativen Lehrmeinung von Raschi. Seine Vergleichsgrößen sind die »Selaʿ der Tora« und der »kanaanäische Dirham«, der 6 Dirham und 13,5 Kiraṭ wiege. Das Messergebnis ist für den Schekel »4½ Dirham und ein Kiraṭ«, was nach Estori zugunsten der Tora-Selaʿ ausschlage: 4½ Dirham und ein Kiraṭ ergeben bei einer Berechnung von 1 Dirham = 2,82 Gramm und 1 Kirat = 0,188 Gramm, insgesamt 12,69 + 0,188 Gramm = 12,878 Gramm; nimmt man aber die von der Scharia verlangte Berechnung 1 Dirham = 2,97 Gramm, so ergibt sich das Gewicht von 13,553 Gramm.58 Beide Summen entsprechen in etwa den 14 Gramm des Durchschnittsgewichts eines Schekels des 1. jüdischen Krieges. Der kanaanäische Dirham wiege hingegen 6 Dirham und 13,5 Kiraṭ, was nach der gleichen Berechnungsart das viel höhere Gewicht von ca. 19,5 Gramm ergibt. Der »Schekel des Heiligtums«, den Estori bekommen hat, steht somit gewichtsmäßig der Selaʿ der Tora näher als dem kanaanäischen Dirham.
um 1400: Isaak ben Salomon ben Zaddiq Alchadab (ca. 1350–1429) Alchadab oder Alchadib59 war ein Poet und Astronom und lebte nach 1391 in Palermo und Syrakus. Er übersetzte ein arabisches Traktat zur Arithmetik, verfasste Gedichte (schirim), einen Kommentar zur Pesach Haggada und eine Leschon ha-zahab, »Goldzunge«, genannte Abhandlung zu Gewichten und Maßen der goldenen Gefäße im Tempel.60
um 1400: Isaak ben Scheschet Perfet (1326–1409) Rabbi Isaak ben Scheschet Perfet,61 mit dem Akronym Ribasch (französisch: Rabbi Isaak Barchischat), kam in Barcelona zur Welt, wo er seine Ausbildung genoss, und leitete dann in Saragossa eine Talmudschule, konvertierte zum Christentum, floh dann aber vor den Verfolgungen 1391 nach Algier, wo er wieder zum Judentum zurückkehrte und bis zu seinem Tod als Talmudist und Dezisor eine weit herum berühmte Autorität war. Die 518 Responsen des R. Jiṣchaq ben Rabbi Scheschet »berühren hie und da« numismatische Sachverhalte, die »wertvolles Material für die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte der spanischen Juden« bieten.62
Nach Kahnt/Knorr, Alte Maße (2005), 68.142. Zur Person und zum Werk: Roth, Dictionary (2007), 124–125 (nicht: Al-Achdav, wie in einigen Katalogen); De-Rossi, Historisches Wörterbuch (1839) 35, s. v. Alchadeb (Isaak); Zunz, Münzkunde (1845), 536; Fürst, Bibliotheca Judaica I (1849), 33. 60 Der metaphorische Name der Abhandlung kommt von Jos 7,21, wo Achan aus der gebannten Beute von Jericho unter anderem eine »50 Schekel schwere Goldzunge (leschon ha-zahav)« hinterzieht (§ II,2.1.1). 61 Zur Person und zum Werk: Zunz, Münzkunde (1845), 536; Horodezky, Art.: Isaac ben Scheschet Perfet (1931), 551–556; 1 Abb. (Grabmal); Roth, Dictionary (2007), 434–435 (Nr. 257); zu seinem Grabmal in Algier s. Heimann, Wilhelm Gentz (2011), 223–225. 62 Zunz, Münzkunde (1845), 536; Horodezky, Art.: Isaac ben Scheschet Perfet (1931), 555. 58 59
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nach 1403: Schimeʿon ben Ṣemach Duran (ca. 1360/61–1444) Rabbi Schimeʿon ben Ṣemach Duran,63 mit dem Akronym Raschbaz, lebte zuerst in Mallorca, dann in Algerien, wo er der Nachfolger von Isaak ben Scheschet Perfet als Haupt des algerischen Rabbinats wurde. Er behandelt »hie und da« auch numismatische Sachverhalte, die in den gesammelten Responsen, 802 an der Zahl, unter dem Namen Ha-Taschbeṣ zerstreut vorhanden sind.
vor 1444: Josef Albo (gest. um 1444) Josef Albo, ein gelehrter Rabbi aus dem altkastilischen Soria,64 behandelt in seinem weit verbreiteten Werk Sefer ha-ʿIqarim, »Buch der Prinzipien« (vgl. Dan 4,12. 20: ʿiqar schoraschim), unter den Dingen, die einer Veränderung unterworfen sind, auch die Frage nach den beiden hebräischen Alphabeten, dem althebräischen (ʿivrit) und dem assyrischen (ʾaschurit), wobei er die Episode von Mosche ben Nachman in Akko (Kap. 4) zusammenfassend zitiert. Dies scheint mir die erste Referenz auf Mosche ben Nachmans Schekelfund zu sein; sie bezeugt, dass in der innerjüdischen Diskussion die Darstellung des Schekels durchaus bekannt war. Durch die lateinischen Übersetzungen seit dem 16. Jh. war der Text auch den christlichen Autoren zugänglich. Nach der Übersetzung von Schlessinger/Schlesinger (1844) lautet der Text von J. Albo: Auch Mosche ben Nachman bezeugt, als er nach dem gelobten Lande gekommen, er habe in Acco (St. Jean d’Acre) eine alte silberne Münze gefunden, auf der die Mannaflasche und der Stab Aaron’s geprägt waren, rund herum seyen Schriftzeichen gewesen, die er nicht habe lesen können, weil sie aus der alten, hebräischen Schrift waren, bis er sie den Cuthäern gezeigt, denen diese Schrift geblieben, und die ihm dann sagten, es stände scheqel ha-scheqalim darauf. Dieses sind seine eigenen Worte, die er am Schluss seines Commentars (zum Pentateuch), den er aus dem gelobten Lande gesandt, angemerkt, und es geht daraus hervor, dass unsere heutige Schrift nicht mehr die althebräische ist.65
63 Zur Person und zum Werk: Zunz, Münzkunde (1845), 536. 537; Fürst, Bibliotheca Rabbinica I (1849), 216–218; Wünsche/Winter, Die jüdische Litteratur II (1894), 441–442; Horodezky, Art.: Duran, Simeon ben Zemach (1930), 130–134; Roth, Dictionary (2007), 192–198 (Nr. 107), bes. 197,16; Jaules, Simeon ben Zemach Duran (1874), 241–259. 308–317. 355–366. 398–412. 447–463. 499–514; (1875), 160–178. 64 Zur Person und zum Werk: Wünsche/Winter, Die jüdische Litteratur II (1894), 787–790; Hirsch, Art.: Albo Joseph (1901), 324–327; De-Rossi, Wörterbuch (1802), 34–35; Bibliographie: Roth, Dictionary (2007), 114–116 (Nr. 36); Rauschenbach, Josef Albo (2002) (Rez.: Jewish Quarterly Review 95/4, 2005, 724–727; Georg Kohler). 65 Albo, Sefer ha-ʿIqqarim, »Buch der Prinzipien«, Dissertation III, Kap. 16, Warschau 1877, 235–236; hebr. zitiert bei: Ofer/Jacobs, Naḥmanides’ Tora Commentary (2013), 22; dt. Übers.: Schlessinger/Schlesinger, Sefer ʿIqarim (1844/1922), 288.
Zusammenfassende Darstellung (zu § VI): Die jüdischen Autoren vom 10. bis 14. Jh.
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6. Zusammenfassende Darstellung (zu § VI): Die jüdischen Autoren vom 10. bis 14. Jh. 6.1 Tabellarischer Überblick I (zu § VI): Jüdische Autoren des 10.–14. Jh. (zu echten jüdischen Münzen) (s. auch TabÜ IV) Der auf den Seiten 158–159 folgende Tabellarische Überblick I fasst die Informationen, die sich zur Geschichte der jüdischen Numismatik in den Texten der fünf jüdischen Autoren des 10.–14. Jh. finden ließen, zu fünf Sachgruppen zusammen. Der Befund von Spalte 2 ist in einem Kürzel zusammengefasst, der das Metall (Silber oder Bronze), die Stückelung und das Vorkommen angibt. Die voran- und hochgestellte Ziffer zählt dabei das Vorkommen in chronologischer Abfolge (gemäß dem generellen TabÜ IV). Abkürzungen: S = Silber/Schekel; plur = mehrere Exemplare (= mindestens 2); 1K = 1. jüdischer Krieg; 2K = 2. jüdischer Krieg;? = fraglich; unterstrichen = erstmaliges Vorkommen.
6.2 Auswertung des Tabellarischen Überblicks I 6.2.1 Vorkommen, Stückzahl, Gebrauch
Zählt man die Angaben in der Spalte Kürzel zusammen, wobei für »mehrere« (plur) mindestens 2 gezählt werden, so ergibt sich folgendes Bild: Vorkommen
Stückzahl
S
3
(1.4.5)
3 (1mal mit ?)
S
2
(2.3)
4 (mind.)
1
(1)
1
plur
S
½
Total
6
8 (mind.) (1mal mit ?)
Insgesamt gibt es also 6 Vorkommen von mindestens 8 jüdischen Münzen bei jüdischen Autoren des 10.–14. Jh., und zwar mindestens 7 Schekel und ein Halbschekel. Nur Jefet ben Ali hebt den Unterschied zwischen dem profanen Schekel und dem Schekel des Heiligtums hervor, wohl weil er ein starkes Bedürfnis hatte, den heiligen Bereich des Tempels schon in der Tora des Mose grundlegend vom Bereich der täglichen Geschäfte getrennt zu sehen. Nur Mosche ben Nachman erwähnt einen Halbschekel und verweist darauf, dass dieser das Silberstück für die biblischen »Opfer« (qorbanot) sei. 6.2.2 Besitzen, Sehen, Lesen, Wägen
Bei vier Autoren ist es klar, dass sie Schekel besaßen oder mindestens, wie Mosche ben Nachman, in der Hand hatten und besehen konnten, bei Jefet ben Ali ist dies sehr wahrscheinlich. Alle vier haben auch wahrgenommen, dass die Aufschriften samaritanisch waren und Mosche ben Nachman hat sie von den ansäßigen Samaritanern lesen lassen (s. u. Aufschriften). Die Bestimmung des Gewichts, die Jefet ben Ali, Mosche ben Nachman und Estori ha-Farchi vornahmen, spielte offensichtlich eine wichtige Rolle, da das
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C § VI Kenntnis und Besitz von jüdischen Schekeln bei jüdischen Autoren des 10.–14. Jh.
Tabellarischer Überblick I (zu § VI): Jüdische Autoren des 10.–14. Jh. (zu echten jüdischen Münzen) 1. Autoren mit Orten und Tätigkeiten Jefet ben Ali (962>) in Basra u. Jerusalem kannte (Besitz nur wahrscheinlich) diskutierte berechnete
2. Metalle, Münzarten, mit Datierungen (heutig) Scheqel ha-qodesch = »Schekel, des Heiligtums«. ≠ Schekel zu 20 Gera, der »nach dem Stein des Königs« ist = »israelitischer Dirham«. (1K/2K?)
Haʾi Gaʾon (1020) in Bumpedita/Falludscha besaß
Mehrere »Schekel Israels«. (1K/2K?)
Schelomo ben Jiṣṣchaq (um 1100)
––
Mosche ben Maimon (1168/1180 und um 1204) in Fustat/Altkairo besaß Mosche ben Nachman (vor 1270) in Akko sah bei den Alten des Landes, die besaßen, deutete
Kürzel
S
1 ?
S
2 plur
Mehrere »Schekel des Heiligtums«. (1K/2K?)
3 plur
S
Ein geprägter Silberschekel. (1K) Erstmals ein Halbschekel. (1K)
4
»Dinar von einer Münze des Schekels des Heiligtums«. (1K)
5
S ½S
1
wägte (berichtet:) Samaritaner (= Kutäer) deuteten
lasen sofort
Estori ha-Farchi (1322) in Palästina besaß und sah deutete
wägte
S
Zusammenfassende Darstellung (zu § VI): Die jüdischen Autoren vom 10. bis 14. Jh.
3. Bildmotive (beschrieben)
4. Aufschriften
––
––
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5. Interessen, Gewichte, Spezielles Metrologisches, halachisches Interesse (Tora-Kommentar). Scheqel ha-qodesch = 29 Danak; »israelitischer Dirham« = 5 zeitgenössische Dirham.
–– ––
––
Raʿaṣ auf Schekeln. ––
ivrit auf den »Überresten Israels«.
Metrologisches, halachisches Interesse (Mischna-Kommentar). ʾAschurit = Schrift der Tora. Normative Gewichtsbestimmung des Schekels: ½Unze »nach dem rechten Gewicht von Köln« (= 14,625 Gramm). Metrologisches, halachisches Interesse (Kommentare, Responsen). ʾAschurit für Tora des Mose.
Metrologisches, halachisches Interesse. Erstmals Wie ein Stecken Erstmals: (maqqel) eines Mandelbaums (schaqed)/wie ein ṣelochit-Gefäß.
Erstmals Stab/Zweig Erstmals: (maṭṭeh) des Aaron mit Mandeln (scheqedim) und Blüten (perachim)/ṣinṣenet ha-man, Manna-Gefäß.
Mandelbaum (schaqed) mit drei Mandelblüten/Erstmals Erstmals: Feuerbecken (machtah).
»klar geschriebene Aufschrift«, für ihn und die »Alten« in unlesbarer samaritanischer Schrift.
10 ʾAstralinasch (Sterlinge?) = eine halbe Unze (nach Raschi).
Scheqel ha-scheqalim (falsch)/Jeruschalajim ha-qedoschah. Metrologisches, halachisches Interesse, »rundherum« Schrift der messianisch gestimmt. Kutäer = »laienhafte« (hediot) Schrift.
Gewicht 4½ Dirham + ein Kiraṭ = ca. 1 Selaʿ der Tora.
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C § VI Kenntnis und Besitz von jüdischen Schekeln bei jüdischen Autoren des 10.–14. Jh.
Gewicht des Silberschekels seit je für die jüdische Halacha von Bedeutung war. Mosche ben Nachman fand die Gewichtsbestimmung von Raschi in seinem realen Schekel bestätigt. Die Interessen dieser Autoren lagen keineswegs auf dem numismatischen Aspekt, sondern fast ausschließlich auf der halachisch wichtigen Gewichtsbestimmung und der Benutzung des samaritanischen Alphabets nur auf unreinen Sachen. 6.2.3 Die Bildmotive
Nur Mosche ben Nachman und Estori ha-Farchi beachten die Bildmotive, kommen dabei aber zu zwei unterschiedlichen Deutungen und die beigezogenen Samaritaner fügen eine dritte Deutung hinzu. Alle drei sind beim Granatapfelzweig im Deutebereich des biblischen »Wachebaums« (Jer 1,11: schaqed), benennen jedoch die Teile des Bildmotivs etwas unterschiedlich: Mosche ben Nachman sieht einen »Stab/Stecken (maqqel) des Mandelbaums« und hatte wohl ein Schekelexemplar mit einem steckenartigem Bildmotiv vor sich (vgl. Abb. 5). Estori ha-Farchi spricht von einem »Mandelbaum mit drei Mandelblüten«, wobei die Dreizahl der Mandelblüten dem Zweig mit drei Granatäpfeln auf den Schekeln am nächsten kommt. Beide sehen dem prophetischen Text des Jeremia entsprechend im Granatapfelzweig ein Motiv, das zur Wachsamkeit und Toratreue aufruft. Die Samaritaner hingegen sehen einen Mandelblüten tragenden »Stab/Zweig« (maṭṭeh), den sie als den blühenden »Stab/Zweig Aarons« (nach Num 17,21–25) deuten, und demnach eine priesterlich orientierte Deutung des Bildmotivs haben. – Beim Bildmotiv des Kelches unterscheiden sich die drei noch stärker: Mosche ben Nachman und die Samaritaner sehen darin ein Gefäß, jedoch mit unterschiedlichem Namen und Funktionen: Ein ṣelochit-Gefäß für kultische Libationen (Mosche ben Nachman) oder ein ṣinṣenetGefäß zur Aufbewahrung des biblischen Manna (Samaritaner). Estori ha-Farchi hingegen sieht eine »Kohlenpfanne« oder ein »Feuerbecken« (machtah) und situiert sein Bildmotiv damit im Bereich des kultischen Rauchopfers. Während die beiden Juden den Kelch im Kult verankern (Libation oder Brandopfer), verstehen ihn die Samaritaner als Mannagefäß im Rahmen der Mose/Aaron-Geschichte, in welcher sie ja auch den Granatapfelzweig als Stab/Zweig des Aaron sehen. 6.2.4 Die Aufschriften
Die fünf Autoren waren völlig auf die Schriftzeichen konzentriert, die sie im fast dogmatischen Streit über die ursprüngliche Schrift der Tora als Argument einsetzen konnten. Die althebräisch beschrifteten Münzen waren für sie ein realer Beleg dafür, dass die Schrift Raʿaṣ oder ʿIvrit in allen profanen Bereichen (»alle Überreste Israels») gebraucht wurde, während die quadratische ʾAschurit-Schrift dem heiligen Bereich vorbehalten war und deshalb die ursprüngliche Schrift der Tora darstellte. Gegenüber der schönen und der Tora geziemenden ʾAschurit-Schrift konnte die zerbrochene »Laienschrift« der Samaritaner, wie sie auf den Schekeln zu finden war, nicht bestehen. – Nur Mosche ben Nachman fragt auch nach dem Inhalt der Aufschriften, wobei er jedoch die Hilfe der Samaritaner beiziehen musste. Deren erklärbarer Lesefehler (scheqalim anstelle von Jiṣraʾel) wird schon bald korrigiert werden, während die richtig gelesene Aufschrift Jeruschalajim
Zusammenfassende Darstellung (zu § VI): Die jüdischen Autoren vom 10. bis 14. Jh.
161
ha-qedoschah dem jüdischen Gelehrten zeigt, dass dies keine Münze der Samaritaner sein konnte, da für diese Jerusalem keineswegs der Ort des wahren Heiligtums, sondern die Stadt der politischen und religiösen Gegner war. 6.2.5 Datierungen
Alle Autoren rechnen wegen der althebräischen Schrift mit dem Beginn der Schekelprägungen in vorexilischer Zeit. Nur Mosche ben Maimon bestimmt das Ende der (jüdischen?) Schekel mit den Zerstörungen durch die jüdischen Kriege. Aus heutiger Sicht können die Schekel nur den jüdischen Kriegen zugeschrieben werden: Die Beschreibung der Bildmotive bei Mosche ben Nachman und Estori ha-Farchi (Kelch und Granatapfelzweig) passen nur auf Schekel des 1. jüdischen Krieges. Dies ist wohl auch bei Jefet ben Ali, Haʾi Gaʾon und Mosche ben Maimon anzunehmen, doch sind bei ihnen keine Motivbeschreibungen vorhanden (vgl. TabÜ I und IV: 1K/2K?). 6.2.6 Herkunfts- und Tätigkeitsorte der fünf Besitzer
Stellt man die Herkunfts- und Tätigkeitsorte der 5 jüdischen Autoren, die echte jüdische Münzen besaßen oder gesehen haben, in chronologischer Abfolge zusammen, ergibt sich folgendes Bild: Autoren
Herkunftsland und -ort(e)
Tätigkeitsort(e)
Zeit
Jefet ben Ali
Irak (heutig), Basra
Jerusalem
vor 962
Haʾi Gaʾon
Irak (heutig), Pumbedita
Pumbedita/Falludscha
1020
Mosche ben Maimon
Spanien, Cordoba
Fez, Akko und Fustat
1168/80; um 1204
Mosche ben Nachman
Spanien, Girona, Barcelona
Akko, Jerusalem
vor 1270
Estori ha-Farchi
Spanien, Florença
Europa, Palästina
nach 1322
Die Herkunftsländer sind Irak und Spanien, während die Orte der Tätigkeit, oder präziser gesagt, die Orte, wo die Autoren sich zu den jüdischen Münzen geäußert haben, stets im Vorderen Orient liegen. Die fünfmalige Begegnung mit realen antiken Schekeln fand ausschließlich im Orient statt, wo es offensichtlich noch Juden gab, die solche alte silberne Schekel oder Halbschekel besassen. Haʾi Gaʾon und Mosche ben Maimon sprechen im Plural von Schekeln des Heiligtums, wobei Mosche ben Maimon den Leser auffordert, den Sachverhalt an diesen selbst zu prüfen. Dies zeigt, dass sie mit dem Vorhandensein von solchen Schekeln bei den Juden ihres Tätigkeitsortes rechneten. Die zeitliche Verteilung ist jedoch sehr locker, da im Durchschnitt jeweils nur ein Autor pro Jahrhundert anzutreffen war. Leider werden nirgends explizit die Fundorte oder die Fundumstände angegeben. Anders sieht es bei jenen 8 Autoren aus, die sich mit jüdischen Münz- oder Gewichtswerten abgaben, um Äquivalenzen zu den bei ihnen geltenden Währungen herzustellen und so die biblischen Abgabegebote in ihren neuen Orten und Zeiten zu ermöglichen. Da diese offensichtlich nirgends mit
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C § VI Kenntnis und Besitz von jüdischen Schekeln bei jüdischen Autoren des 10.–14. Jh.
realen jüdischen Schekeln in Berührung gekommen sind und ihre numismatischen Erörterungen nur aus der Bibel oder der rabbinischen Traditionsliteratur entwickelt haben, sind sie eigentlich zu den Metrologen (§ V,1) zu zählen. Autoren
Herkunftsland
Herkunftsort(e) und/oder Tätigkeitsort(e)
Zeit
Ibn Janach
Spanien
Lucena, Cordoba, Saragossa
1040
Raschi
Frankreich
Troyes, Mainz, Worms
um 1100
Ibn Aknin
Spanien
Barcelona, Fez
um 1200
Ibn Adret
Spanien
Barcelona
vor 1310
Alchadab
Süditalien/Sizilien
Palermo, Syrakus
um 1400
Perfet
Spanien
Barcelona, Saragossa und Algier
um1400
Duran
Spanien
Mallorca, Algerien
nach 1403
Albo
Spanien
Soria
vor 1444
Sechs der acht Autoren stammen aus Spanien und lebten auch dort, außer Duran, der wegen der Verfolgungssituation nach Nordafrika (und zeitweise in die christliche Religion) auswich. Einer lebte in Süditalien/Sizilien, einer in Frankreich. Dass sie keine realen Schekel gekannt zu haben scheinen, entspricht wohl der Gesamtsituation: Der Westen ist, selbst unter den Juden, (noch) nicht der geographische Ort, wo echte jüdische Münzen vorhanden waren. Dies wird sich erst in den nächsten Jahrhunderten ändern.
§ VII Das Unwissen um jüdische Münzen in der aufkommenden europäischen Numismatik des 14. und 15. Jh.
1. Sammeln von Münzen in Antike und Mittelalter als profane und geistlich-religiöse Liebhaberei
Schon in der griechischen und römischen Antike wurden Gold- und Silbermünzen von Institutionen als Geldanlage gehortet, wie zum Beispiel im Tempel von Jerusalem, oder zum ästhetischen Vergnügen zusammen mit Gemmen und anderen Preziosen gesammelt, als Schmuckstücke verwendet und für politische Zwecke eingesetzt. Augustus hat zum Beispiel an den Saturnalien, an denen er als großzügiger Wohltäter auftrat, auch »Münzen aller Art, sogar alte königliche und ausländische« (nummos omnis notae, etiam veteres regios et peregrinos), verschenkt.1 Das bedeutet nicht, dass der Kaiser eine eigene Münzsammmlung hatte, sondern weist nur darauf hin, dass die kaiserlichen Münzämter einen ansehnlichen Vorrat an vielerlei Münzen hatten, die sie großzügig zur Propaganda ihres Herrn einsetzen konnten. Auch verlangte der bei den Römern übliche Brauch, Münzen als Geschenke zu verehren, dass Geldstücke zur Genüge vorhanden waren, und die so genannten Restitutionsmünzen setzen voraus, dass man ältere Münzen aufbewahrte, um Nachdrucke herstellen zu können. Aber »Münzsammlungen in unserem Sinne hat es nicht gegeben«,2 auch wenn Ernest Babelon in seinem hier intensiv ausgewerteten Standardwerk zu den griechischen und römischen Münzen »die ersten Anfänge der numismatischen Wissenschaft« schon in dieser Zeit ansetzte.3 Im Mittelalter bewahrte man antike Münzen auf und setzte sie für vielfache Zwecke ein. Die Breite ihres Einsatzes »liegt zwischen Edelmetall in Form von gemünztem Geld im Hort …, dekorativem Wertobjekt, Schatzfund, Gegenstand von Magie, Brauch und Aberglauben sowie Motivträger für Kunstwerke«.4 Als Quellen lassen sich zwei Herkunftsbereiche ersehen: Einerseits waren es Einzel- und Hortfunde, die stets zahlreicher vor allem in Italien und in Frankreich gemacht wurden, andererseits brachten die Reisenden dieser neuen Zeit unterschiedlichste Geldstücke und Medaillen als Reiseerinnerungen, Geschenke, kostbare (wenn auch imaginierte) Reliquien oder einfach als Beweis ihres Aufenthalts im Vorderen Orient, besonders in Jerusalem, nach Hause. Im religiösen Bereich wurden antike Münzen vor allem als Schmuck auf Reliquiaren, Heiligenschreinen und Vasen eingesetzt, da man in einigen Münzporträts die biblischen Patriarchen oder andere biblische Personen abgebildet sah. Ein Herrscher, der seine Feinde unter den Füssen seines Schlachtpferdes zermalmt, konnte für Salomo stehen, der die 3 4
1
2
Sueton, De Vita Caesarum, Augustus 75; dt. Übers.: Till, Sueton, Cäsarenleben (1936), 135. Münsterberg, Über die Anfänge der Numismatik (1914), 270. Babelon, Traité des Monnaies (1901), col. 5. Helmrath, Bildfunktionen der antiken Kaisermünze (2013), 388.
164 C § VII Das Unwissen um jüdische Münzen in der aufkommenden europäischen Numismatik
Krankheiten niederschlägt, und in den edel porträtierten römischen Kaiserinnen konnte man die Jungfrau und Mutter Maria sehen. Bei den Kreuzfahrern und Pilgern spielten Geldstücke oder Medaillen mit biblischen Motiven natürlich eine wichtige Rolle, wobei die 30 Goldstücke der heiligen drei Könige und die 30 Silberlinge des Judas, in denen man sehr einprägsame neutestamentliche Geschichten in Münzbilder umgesetzt fand, sich besonderer Beliebtheit erfreuten. Die 30 Goldstücke der heiligen drei Könige, zu denen das »Goldgeschenk« (Mt 2,11: dôron … chryson) der »Magier aus dem Osten« ausgemünzt wurde, konnte man in Milano bestaunen. Man glaubte zu wissen, dass diese von Terach, dem Vater Abrahams, geprägt und dann von dessen Urgroßkind, dem ägyptischen Josef, dem Schatzmeister des Königtums von Saba zur Bezahlung der Parfums für die Einbalsamierung Jakobs gegeben worden seien. Von dort seien sie durch die Königin von Saba bei ihrem Besuch von Salomo (vgl. 1 Kön 10,2. 10) wieder in israelitischen Besitz gelangt und im Tempel niedergelegt worden.5 Nach der Zerstörung des Tempels »gerieten sie dann in den Besitz des Königs Godolias/Gedalja, aus dessen Nachlass sie nach Nubien kamen. Von dort brachte sie König Melchior von Nubien zur Anbetung des Kindes nach Betlehem. Bei der Flucht nach Ägypten wurden die 30 Silberlinge von Maria in einem Garten vergraben, dann von einem Priester gefunden, der sie später in Gegenwart des predigenden Christus im Tempel darbrachte. Es folgt dann der Verrat des Judas. Dann endlich wurde die Summe geteilt; für 15 Silberlinge wurde der Acker des Judas gefkauft, mit den restlichen 15 Silberlingen wurden die Wächter am Grab Christi entlohnt«.6 Die 30 Silberlinge des Judas, die bei Mt 26,15; 27,3–10 als »Silber-Statere« erwähnt sind (§ II,2.2), erhielten eine noch stärkere Legendenbildung. M. de Mély hat in den Inventaren von mittelalterlichen Schätzen oder bei alten Autoren viele Erwähnungen von 15 Judas-Silberlingen ausfindig gemacht,7 und E. Babelon zählt zahlreiche Orte auf (bes. Malta, Paris, Oviedo, Vincennes und Héverlé), wo solche Silberlinge aufbewahrt wurden. Wie seine Abbildung zeigt, handelte es sich dabei meistens um rhodische Silberlinge mit der Legende Rhodion über der bekannten Rose und mit dem lockigen, nimbierten Helios auf der Rückseite (vgl. Abb. 13 und 20). Dass in der Legende R(h)odion eine verkürzte Anspielung auf [He]rodion gesehen wurde, kommt von daher, dass das Interesse der Besitzer wesentlich biblisch-religiös und in einer intensiven Legendenwelt beheimatet war.8 Erst den »numismatischen Kenntnissen der Humanisten ist zu verdanken, dass man zu dem Ergebnis kam, Migne, Dictionnaire des Apocryphes I/1 (1856), 1023–1025, note 2249; de Mély, Les Deniers de Judas (1899), 501 : »Nous ignorerons probablement toujours, … quels étaient les numismata rapportés … aussi cet argent des Mages conservé à Milan, qui se composait de pièces d’or apportées par les Mages à l’Enfant Jésus, frappées, nous apprennent les Evangiles apocryphes, par Tarah, le père d’Abraham, données par Joseph, fils de Jacob, au trésorier du royaume de Saba, quand il alla dans ce royaume acheter des parfums pour embaumer son père, et enfin apportés à Salomon par la reine de Saba«. 6 Berghaus, Zu den Görlitzer Schekeln (1959), 201–202, der Fabricius, Codex Pseudepigraphus Veteris Testamenti (1722; 2. Aufl), 41 [?], als Quelle angibt. 7 de Mély, Les Deniers de Judas (1899), 500–501; Hill, The thirty Pieces of Silver (1905), 235– 254; 7 Fig.; Nachdr. in: Hill, The Medallic Portraits of Christ (1920), 91–116; Fig. 63–68; vgl. Kretzenbacher, »Verkauft um dreissig Silberlinge« (1961), 1–17; Gitler, The Thirty Pieces of Silver (2009), bes. 63–66. 75–76. 8 Babelon, Traité des Monnaies I/1 (1901), col. 78–79; Fig. 1; siehe bei Rouillé, Promptuarii iconum pars secunda (1553), 10 (§ IX,5.1.2). Babelon verwirft jedoch »l’hypothèse ingénieuse«, dass Rhodion als Teil des Namens von Herodes verstanden worden sei, da dies eine Unterschätzung der numismatischen Kenntnisse der Alten sei. 5
Sammeln von Münzen in Antike und Mittelalter
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die etwa 200 Jahre vor Christus geprägten Münzen könnten schwerlich die in der Bibel genannten sein.«9 Dies brachte es mit sich, dass man in der 2. Hälfte des 16. Jh. begann, die aufkommenden Schekel-Medaillen für die Silberlinge des Judas zu halten (s. § XIII,2.14).
Im profanen Bereich gab es unzählige Möglichkeiten, antike Münzen zur Dekoration von Menschen und Objekten einzusetzen.10 Die Sammler schon des 14. Jh. haben sich offensichtlich keineswegs auf den religiösen Bereich beschränkt. Ihr Interesse war viel breiter und richtete sich besonders auf ästhetisch ansprechende und historisch interessante Silber- und Goldmünzen der römischen Kaiser. Die Sammlung von antiken Gemmen und Intaglios von Papst Bonifazius VIII. (reg. 1294–1303) zeigt, dass man zu Beginn des 14. Jh. in den begüterten Schichten der Gesellschaft Münzen und Medaillen nicht nur wegen ihres Wertes, sondern auch wegen ihrer Schönheit sammelte. In solchen Zusammenhängen ist das Auftauchen auch echter jüdischer Münzen (außerhalb des jüdischen Bereichs) zu erwarten. Dass vorerst dazu jedoch kein Interesse bestand, lag wohl daran, dass die christlichen Sammler völlig auf die römischen und griechischen Münzen und deren Lebenswelt fokussiert waren und dass ihnen das Wissen um echte jüdische Münzen, das in der jüdisch-hebräischen Traditionsliteratur vorhanden war (s. § VI), schlechthin noch fehlte. 2. Der Beginn der wissenschaftlichen Numismatik in Italien im 14. Jh.: Giovanni de Matociis (gest. 1337) und Francesco Petrarca (1304–1374)
Im 14. Jh. ist bei einigen für das Kulturleben wichtigen Personen, die auch Münzsammlungen anlegten, die wissenschaftliche Nutzung der Aufschriften und Bildmotive auf Münzen zu beobachten, wobei jedoch die Voraussetzungen fehlten, auch für die jüdische Welt die Frage nach historisch relevanten Münzen zu stellen.11 Die erste wissenschaftliche Verwendung von Münzen fand offenbar bei Giovanni de Matociis (meist Mansionario genannt) in Verona statt, der seine Historia Imperialis (vor 1320) am Rand mit römischen Münzen zur Präsentation der Kaiser ausstattete. Er konnte Maué, Antike und vermeintlich antike Quellen (2004), 346–347. Detaillierte Angaben bei Regling, Art.: Missbräuchliche Verwendung von Münzen (1930), 392–393: Als Schmuck für Menschen, auf Möbeln, Wänden (als Erkennungszeichen in Katakomben), Schalen, einer Spiegelkapsel, Talerbecher und -humpen des 16.–19. Jh., auch verarbeitet in Bilderrahmen, Brettsteinen, Taschen-Sonnenuhren, Schachteln; in neuerer Zeit als Abdrücke auf Glocken, zu Löffeln verarbeitet, Knöpfe an Bauernröcken, Bettelarmbänder, Uhranhänger. Viel Material auch in: Maué/Veit, Münzen in Brauch und Aberglauben (1982), 124–141: Münzen – verarbeitet von Kunsthandwerkern; 142–155: Münzbilder als Vorlagen für Dekore; 177–195: Münzen – Huldigungs-Goldgulden, Paten-Taler, Kerzen-Dreier, Rechen-Pfennig; 196–205: Die Münze als Objekt des Sammeleifers und der numismatischen Forschung. 11 Die Hauptquellen der folgenden Ausführungen zum 14. und. 15. Jh. sind Babelon, Traité des Monnaies I/1 (1901); Müntz, Les Précurseurs de la Renaissance (1882); Müntz, Les arts à la cour des papes II (1879), 160–180: Essai sur l’histoire des collections italiennes d’art et d’archéologie depuis les débuts de la Renaissance jusqu’à la mort de Paul II; Cunnally, The Role of Greek and Roman Coins (1984); Cunnally, Images of the Illustrious (1999); Helmrath, Bildfunktionen (2013), mit hochspezialisierten bibliographischen Angaben auch zum transalpinen Raum Europas. 9
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166 C § VII Das Unwissen um jüdische Münzen in der aufkommenden europäischen Numismatik
damit die Geschichte der Herrscher von Septimius Severus (reg. 193–211 n.) bis Ludwig dem Frommen (reg. 813–840) mit zeitgenössischen Porträts, 72 an der Zahl, illustrieren.12 Seine Details zu den römischen Herrschertiteln und Aufschriften und die hohe Qualität der bildlichen Darstellungen waren nur möglich, weil ihm »eine umfassenden Sammlung von römischen Münzen« zur Verfügung stand.13 Dass solche Sammlungen schon im 14. Jh. bestanden und wie sie zustande kamen, lässt sich in Italien beim Notar Oliviero Forzetta (um 1335) aufweisen. Dieser Antiquarius aus Vicenza erwähnt in seinem Notizbuch, dass er in Venedig neben anderen Antiquitäten auch Medaillen und Münzen zu kaufen beabsichtigte, und spricht von »50 mediajae, die ihm der Meister Simon versprochen habe».14 In Frankreich hat als erster Jean Duc de Berry (1340–1416), der Bruder des Königs Charles V Le Sage (reg. 1364–1380), in seinem Preziosen- und Kuriositätenkabinett auch antike Münzen aufbewahrt,15 womit das beginnende wissenschaftliche Interesse an Münzen des klassischen Altertums in den beiden wichtigsten Ländern dokumentiert ist. Doch der eigentliche Beginn der wissenschaftlichen Numismatik wird von den meisten Forschern bei Francesco Petrarca (1304–1374) angesetzt.16 Petrarca war fasziniert vom unmittelbaren Anblick der Porträts der römischen Kaiser und las voller Emotionen deren authentische Namen und Titulaturen auf den Münzen seiner eigenen großen Münzsammlung. Indem er die Münzbilder mit antiken Skulpturen und Texten verglich, Cunnally, The Role of Greek and Roman Coins (1984), 85–89. 345–430, inklusiv Pl. XXIX– XXXVI: »Mansionario’s Imperial Portraits«, und Pl. XXXVII–XLIII: Herrscherköpfe auf Münzen; vgl. Cunnally, Images of the Illustrious (1999), 45–46; Helmrath, Bildfunktionen (2013), 405– 406 (mit weiterer Literatur), 406–413: Hinweis auf Stephan Fridolin OFM und Conrad Peutinger als weniger bekannte Verfasser – jedoch des 15. Jh. – von bebilderten Kaiserbüchern. – Bodon, L’interesse numismatico ed antiquario (1993), 111–124; 3 Fig. 13 Richards, Making sense of the sequence (2012), 145: »Les détails sur les titres romains et les inscriptions mais aussi la sensibilité remarquable aux qualités artistiques de la source matérielle révèlent une compréhension hautement élaborée du contexte historique de ces dessins basés sur ce qui devait être une importante collection de pièces romaines.« Auch Helmrath, Bildfunktionen (2013), 405: »Man muss annehmen, dass Maticiis (sic!) eine entsprechende Münzsammlung vorlag.« 14 Nach Müntz, Précurseurs (1882), 38. 15 Guiffrey, Inventaires de Jean Duc de Berry (1894), 70–74, no. 197–204, unter denen jedoch mehrere Nachahmungen oder Fälschungen zu finden sind. Cooper, Collectors of Coins (1990), 5: »the first collection«. 16 Schon in der ältesten Skizze der Geschichte des Münzsammelns von Jobert, La Science des Médailles I (1739), III–XXXIV, beginnt nach der »Préface de l’éditeur«, d. h. von Baron Joseph de Bimard de la Bastie (nach einer Notiz auf der Titelseite), die Geschichte der Entstehung der europäischen Münzsammlungen bei Petrarca. Ebenso lässt Pinkerton, An Essay on Medals I (1808), 1–15, zu Beginn des 19. Jh. »Rise and Progress of the Study of Medals« bei Petrarca beginnen. Ebenso bei Münsterberg, Über die Anfänge der Numismatik (1914), 272. Auch Müntz, Précurseurs (1879), und Babelon, Traité des Monnaies I/1 (1901), setzen die wissenschaftliche Phase der Numismatik bei Petrarca an. Besonders wichtig sind die folgenden Arbeiten von Weiss, The Study of Ancient Numismatics (1968), 177–187; 2 Fig.; Weiss, Petrarque the Antiquarian (1964), 199–209, bes. 207–209; Weiss, The Renaissance Discovery (1969), bes. 167–179: »Numismatics«. Zu allem ausführlich Cunnally, The Role of Greek and Roman Coins (1984), 60–101, und kurz Haskell, History and Its Images (1992), 13–25: »The Early Numismatist«; Helmrath, Bildfunktionen (2013), 392–393; vgl. Roth, Welt der Renaissance (2020), 23–43. 12
Der Beginn der wissenschaftlichen Numismatik in Italien im 14. Jh.
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verband er erstmals – und über G. de Matociis hinaus – die Numismatik kritisch mit der Kunstgeschichte und Historiographie der Antike.17 Maßgebend wurde er auch in der paränetischen Auswertung der Herrscherporträts, wie sie in einem Brief an Lelli di Stephano vom 25. Febr. 1355 zum Ausdruck kommt, nach welchem Petrarca 1354 Kaiser Karl IV. ein kleines Set römischer Kaisermünzen aus seiner Sammlung schenkte und diese Geste mit dem Aufruf verband, über die contemplatio der Schönheit der Münzen hinaus zur imitatio der darauf geprägten Herrscher zu gelangen: Et ecce, inquam, Caesar, quibus successisti, ecce quos imitari studeas et mirari. … Tuum est non modo nosse sed sequi.18 Und sieh, sagte ich, Kaiser, welchen du nachgefolgt bist, siehe, diese nachzuahmen und zu bewundern bemühe dich. … An Dir liegt es, nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern nachzufolgen.
F. Petrarca war jedenfalls der wichtigste Auslöser des numismatisch-wissenschaftlichen Interesses der Gelehrten und Mächtigen Italiens. So legten seine Freunde und Bewunderer ihre eigenen Münzsammlungen an. Unter ihnen sind zu nennen Cola de Rienzo (1313– 1354), letzter Tribun in Rom (Rienzi genannt), Giovanni de Dondi (1318–1389), Arzt in Padua und Erfinder der ersten astronomischen Uhr, und der Verwalter seiner Hinterlassenschaft Lombardo della Seta (gest. 1390).19 Gleicherweise steht Petrarcas mit ethischen Forderungen begleitetes Münzgeschenk an Kaiser Karl IV. exemplarisch für die schöne, schon in der Antike geübte Gewohnheit, sich Münzen zu schenken oder unter sich auszutauschen, was in den kommenden Jahrzehnten zur Ausbreitung des numismatischen Interesses über die Grenzen Italiens hinaus führte.20 Durch einige solche Geldgeschenke werden uns – jedoch erst im 16. Jahrhundert – auch Informationen über das Vorhandensein und den Austausch jüdischer Schekel zukommen.21 Im 14. Jh. findet sich aber bei diesen Sammlern noch keine Spur eines Wissens 17 Cunnally, The Role of Greek and Roman Coins (1984), 89. Cunnally fügt jedoch sogleich an: »the systematic or intensive study of coins cannot be said to have begun before the middle of the sixteenth century, when the science of numismatics suddenly flourished in the works of Vico, Erizzo, Jacopo da Strada, and Guillaume Du Choul« (S. 90). 18 Epistulae Familiares XIX.3; in: Fracassetti, Francisci Petrarcae Epistolae de Rebus Familiaribus II (1862), 520; vielfach besprochen, z. B. in: Müntz, Les arts à la cour des Papes II (1879), 165, note 3; Helmrath, Bildfunktionen (2013), 392, Anm. 46. 19 Müntz, Précurseurs (1882), 36–40. 20 Münsterberg, Anfänge der Numismatik (1914), 272: »Unmittelbar nach ihm [scl. Petrarca] wird neben anderen der berühmte Altertumsforscher Kyriakus von Ankon (1391–1456) genannt. Auch Kyriakus pflegte seinen Geschenken eine lehrhafte Deutung zu geben, indem er einmal einem Geistlichen(?) eine Münze des Vespasian schenkte, weil dieser Kaiser für die Leiden Christi Rache genommen habe, ein anderes Mal dem König Sigismund ein Goldstück Trajans mit optimo principi (vgl. Abb. 2) um ihm diesen besten aller Fürsten zur Nachahmung zu empfehlen. König Alfons von Neapel (reg. 1442–1458) sagte oft, dass er durch das Beschauen der römischen Kaisermünzen, die für ihn in ganz Italien gesammelt wurden, sich zum Heldensinn und zur edlen Ruhmbegierde ermuntert fühle.« 21 Cunnally, Shekel Amity (1996), 13 S.; Cunnally, Ancient Coins as Gifts (1994), 136–137; Fig. 10–12 (Iudaea Capta-Münze).
168 C § VII Das Unwissen um jüdische Münzen in der aufkommenden europäischen Numismatik
um antike jüdische Münzprägungen. Die Konzentration auf die römischen Kaisermünzen in ihrer historischen und moralischen Bedeutung ließ noch kein Interesse dafür aufkommen. Auch wenn in der jüdischen Insidertradition hin und wieder von echten Schekeln die Rede war (§ VI), haben nicht einmal jene wenigen christlichen Gelehrten dieser frühen Zeit, die des Hebräischen mächtig waren, davon Kenntnis gehabt. 3. Das Fehlen jüdischer Münzen in den Preziosen- und Kuriositätenkabinetten von geistlichen und weltlichen Herren Europas im 15. Jh.
Im 15. Jh. verbreiteten sich in ganz Europa jene für uns seltsamen Kunstkammern, in denen sich neben botanischen, biologischen, petrographischen usw. Objekten auch Medaillen, was damals identisch mit Münzen war, zusammenfanden. In Frankreich hatte schon Jean Duc de Berry im vorigen Jahrhundert damit begonnen (Kap. 2). In Deutschland verbrachte Stephan von Neidenburg als alter Bischof von Kulm (reg. 1480–1495) viel Zeit in der Betrachtung seiner Münzsammlung, was ihm vom Chronisten als Zeichen von Altersschwäche ausgelegt wurde.22 In Flandern war die Sammlung des Jeroen van Busleyden (= Hieronymus Buslidius; 1470–1517) von Mechelen so bekannt, dass sie von Thomas Morus (1478–1535), einem weiteren Sammler in London, in einem elegischen Distichon gefeiert werden konnte.23 Damit ist an vier prominenten Persönlichkeiten die Existenz von Münzsammlungen in Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und England schon im 15. Jh. und dem Beginn des 16. Jh. bezeugt. Der eigentlich bedeutsame Schwerpunkt des Interesses an antiken Münzen lag jedoch in Italien, wo deren Besitz ein wichtiges Element humanistischer Lebensweise bildete und antike Münzen ebenso dem ästhetischen Genuss wie der Demonstration von Reichtum und Macht dienten, aber auch in den freien Künsten eingesetzt und zur Illustration und Dikussion historischer Texte benutzt wurden. Kardinal Pietro Barbo, der spätere Papst Paul II. (reg. 1464–1471), besass eine große Sammlung von römischen Silber- und Goldmünzen, jedoch nur 20 griechische. Aus dem Katalog, der 1457 von einem gewissen Giovanni Pierti erstellt wurde, ist zu entnehmen, dass keine einzige jüdische Münze in dieser Sammlung vorkam.24 Dies trifft auch auf die großen Sammlungen der reichen fürstlichen Mäzene wie Ercole d’Este (1431–1505) und Lorenzo de Medici (1449–1492) und auf die bescheideneren Sammlungen der Humanisten Perlbach, Simon Grunau’s Preussische Chronik I (1876), 301: »Dornach sas er auff seinem schlosse czur Lübe und besag den tag uber die frembde und selzcame muntze, die er hette, den man sagte von ym, das er sich vorhin beflissen hette, das er aller lande muntze hette. Dys that er mehr auss dytheyt den anders worumb, wen er war seer ein alter man.« Zitiert nach Peitler, 200 Jahre Münzkabinett am Universalmuseum Joanneum (2011), 1; s. Münsterberger, Über die Anfänge der Numismatik (1914), 272. 23 Nec iam pyramides procerum monumenta suorum | Tam sunt, quam pyxis Buslidiane tua. »Nicht einmal die Pyramiden sind solche Monumente der Vorfahren wie deine Schatulle, Busleyden«. In: Morus, The Complete Works, III/2 (1984), 262; vgl. Helmrath, Bildfunktionen (2013), 379–370, mit Anm. **. 24 Transkription der Liste bei Müntz, Les arts à la cour des Papes II (1879), 181–287; aufgelistet und diskutiert bei Cunnally, The Role of Greek and Roman Coins (1984), 102–212; bes. 124–144 (griech.), 144–177 (röm. Republik), 178–186 (röm. Kaiser). 22
Das Fehlen jüdischer Münzen in den Preziosen- und Kuriositätenkabinetten
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wie Gian Francesco Poggio Bracciolini (franz.: le Pogge) in Florenz (1380–1459), Ciriaco d’Ancona in Venedig (1391–1453/55), Flavio Biondo (1392–1463) und Angelo Poliziano (1454–1494) zu. Für diese Humanisten waren die Münzen vor allem für ihre historischen Publikationen wichtig, denn sie versahen die Ausgaben historischer Texte in den Randpartien oft und gern mit Münzen, wie dies Giovanni de Matociis (s. Kap. 2) initiiert hatte. Aber auch Maler, Bildhauer, Illustratoren und Medaillenpräger wie Donatello (um 1386–1466), Lorenzo Ghiberti (1378–1455), Domenico Ghirlandaio (1449–1494), Andrea Mantegna (1431–1506) und Jacopo Bellini (um 1400–1470/71) setzten antike Münzen bei der Gestaltung ihrer Werke ein. Eine Kenntnis und Übernahme jüdischer Münzbilder scheint – soweit ich sehe – bei all diesen Werken nicht auf. Es zeigt sich vielmehr eine geradezu umgekehrte Vorgehensweise: Wie John Cunnally und Johannes Helmrath an vielen Beispielen aufgezeigt haben, werden pagane Münzbilder zur Illustration biblischer Geschichten oder jüdisch-christlicher Sachverhalte eingesetzt: So reproduzierte Jacopo Bellini in seinem Skizzenbuch für den Tempel von Jerusalem und den Pilatuspalast eine Tetradrachme aus Myrina in Aeolis und Silbermünzen von Alexander dem Großen, Lysimachos und Demetrius Poliorcetes, und Francesco Granacci (1469/70–1543) illustrierte um 1500 drei Szenen aus der Jugend Johannes des Täufers mit sechs Münzbildern von römischen Kaisermünzen.25 Oder auf dem Titelbild der Bibel des ungarischen Königs Mathias Corvinus, gemalt in der 2. Hälfte des 15. Jh., wird der thronende König David und dessen siegreiche Schlacht gegen die Philister mit Rückseiten von Sesterzen des Antoninus Pius, der als Kaiser vor dem Tempel opfert, und des Hadrian, der eine Adlocutio hält, illustriert. Und als Lorenzo Ghiberti am Nordportal des Baptisteriums in Florenz Maria als mater dolorosa unter dem Kreuz in der typischen Haltung der trauernden Frau Iudaea darstellte, muss er die Iudaea CaptaSesterzen von Vespasian und Titus vor Augen gehabt haben.26 Ein abschließendes, besonders hübsches Beispiel für den Einsatz einer römischen Münze in einen christlichem Kontext ist ein Marmorrelief von Agostino di Duccio (1418–1481), auf welchem das Jesuskind, das von der majestätischen Königin-Mutter Maria mit den Armen umfasst wird, als Halsschmuck eine eingefasste Dekadrachme von Syrakus trägt.27
Cunnally, The Role of Greek and Roman Coins (1984), 118–119. 195, Anm. 71 (Bellini); 213– 268; Pl. I–XI (Granacci). 26 Helmrath, Bildfunktionen (2013), 416. 425; Abb. 6 (Corvinus); 384. 428; Abb. 9 (Ghiberti). 27 http://collections.vam.ac.uk/item/O70236/virgin-and-child-with-five-relief-agostino-di-duccio/. 25
Teil D Insiderwissen, Wissenserwerb und Besitz von jüdischen Münzen bei Juden und Christen des 16. Jh.
Das Wissen um antike jüdische Münzen und deren Besitz, die beide in der jüdischen Traditionsliteratur erwähnt sind (§ III–V), fanden bei einigen jüdischen Autoren des 10.–14. Jh. ihre Fortsetzung (§ VI). Ihre Texte kreisten dabei vor allem um zwei schon seit rabbinischer Zeit diskutierte Fragen, die für eine korrekte Kenntnis der Tora und für die Erfüllung der in der Tora verlangten Geldabgaben wichtig waren: Mit welchen Schriftzeichen war die ursprüngliche Tora des Mose geschrieben? Was waren Gewicht und Wert des antiken Schekels? Da diese Fragen nur innerhalb des Judentums von Bedeutung waren und in der außerjüdischen Welt keine große Rolle spielten, stellten sie recht eigentlich Insidertraditionen des Judentums dar. Die im 14. und 15. Jh. der christlichen Gelehrten noch unbekannten jüdischen Münzen (§ VII) wurden erst im 16. Jh. durch den gegenseitigen wissenschaftlichen und religiösen Kontakt von jüdischen und christlichen Gelehrten auch der christlichen Welt (in etwa) bekannt. Wenn jüdische Autoren dieser Zeit von ihrem Besitz und der religionsgesetzlichen Wichtigkeit von Schekeln sprachen (§ VIII), konnten einige europäische Numismatiker dies im Rahmen ihrer metrologischen und ikonographischen Untersuchungen auch zur Kenntnis bekommen (§ IX). Antike jüdische Münzen wurden in der Folge zu einem begehrten Besitz auch gelehrter Christen und über diese mehr und mehr zu einem integralen Bestandteil der europäischen Numismatik (§ X). Das 16. Jh. ist in diesem Sinn der Beginn einer wissenschaftlichen Numismatik, die auch die jüdische Geldwelt einbezog. Der zusammenfassende Blick auf alle jüdischen und christlichen Autoren des 4.–16. Jh. (§ XI; TabÜ IV) erlaubt dann, die Geschichte der echten jüdischen Münzen bis dahin darzustellen. Es sollte ersichtlich werden, wie die jüdische Numismatik ihrem Insiderdasein entkam, jüdische antike Münzen auch von den europäischen Numismatikern zur Kenntnis und in Besitz genommen wurden und zu einer neuen Quelle für die sprachliche und ikonographische Erforschung des klassischen Judentums und der Gemeinschaft der Samaritaner wurde.
§ VIII Insiderwissen und Besitz von antiken jüdischen Münzen bei den Juden des 16. Jh.
Es ist wohl kaum ein Zufall, dass nur Mosche ben Jiṣchaq al-Aschqar unter den sechs hier zu nennenden Autoren zur Welt des Vorderen Orients gehört (Kap. 5). Die anderen fünf sind italienische Juden, die zur Zeit der Renaissance von jüdischen Münzen berichten, auch wenn Obadja, ein Rabbi aus Bertinoro die letzten 32 Jahre seines Lebens ins Jerusalem verbrachte (Kap. 1) und Mosche ben Mordechai Basola auf seiner zweiten Pilgerreise im galiläischen Zefat starb (Kap. 3). Abraham de Balmes war Arzt und Grammatiker aus und in Padua (Kap. 2), Jechiel Nissim, ein Bankier und Talmudist aus Pisa (Kap. 4), und ʿAsarja de Rossi, ein Gelehrter und Kabbalist aus Ferrara (Kap. 6). Die relative Toleranz in Italien, deren Grund in gegenseitigen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Interessen zu sehen ist,1 begünstigte in dieser Zeit auch den gegenseitigen Kontakt von jüdischen und christlichen Gelehrten, besonders weil einige gelehrte Christen dieser Zeit die hebräische Sprache lernten und die hebräische Literatur zu verstehen begannen.2 Diesen beginnenden Austausch konnten letztlich auch die Talmudverbrennungen und Verfolgungen durch die Päpste Julius III. (1550–1555) und Pius IV. (1559–1565) nicht mehr zunichte machen. Die numismatischen Beiträge von jüdischen Autoren des 16. Jh. bestehen aus Erörterungen innerhalb anderer jüdischer Werke und befinden sich dadurch außerhalb der Sichtweite der numismatischen Bibliographen, auch der monumentalen numismatischen Aufarbeitung des 16. Jh. von Chr. E. Dekesel, Bibliotheca Nummaria [I] (1997). Die folgenden Kapitel betreten in diesem Sinn bibliographisches Neuland. In der Chronologischen Bibliographie von § XV sind diese jüdischen Autoren mit ihren Werken erschlossen.
1. Obadja de Bertinoro (ca. 1455–1510) – »Münzen aus Silber« als Träger der althebräischen Schrift aus der israelitischen Königszeit (vor 1510)
Obadja lebte zuerst in Italien als Rabbi in Bertinoro (Provinz Forlì-Cesena), begann seine Pilgerfahrt nach Jerusalem am 29. Okt. 1486 und erreichte Jerusalem am 25. März 1488. Aus seinen drei Briefen, zwei aus Jerusalem (1488 und 1489) und einem aus Hebron
Roth, The Jews in the Renaissance (1959), 21–23, führt zahlreiche »persönliche Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden« an. Diese Beziehungen »were more intimate in the Renaissance period than was ever again to be the case in any land in Europe until the nineteenth century« (21). 2 Zinberg, Italian Jewry in the Renaissance Era (2009), 173–188; Burnett, Jüdische Vermittler des Hebräischen (2009), 173–188.
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D § VIII Insiderwissen und Besitz von antiken jüdischen Münzen bei den Juden des 16. Jh.
(1490),3 ist zu ersehen, dass die jüdische Gemeinde Jerusalems damals sehr stark unter der Ausbeutung durch die mamlukische Regierung litt, sodass Obadja nur noch 70 jüdische Familien antraf. Bald wurde er der spirituelle Führer besonders der sefardischen Exilanten aus Spanien (1492), erreichte eine gerechtere steuerliche Behandlung und schuf mit Geld aus Ägypten, der Türkei und Italien ein neues jüdisches Leben in Jerusalem mit einer Jeschiwa und sozialen Hilfswerken. Er wohnte »im Haus des Nagid« bis im Dezember 1489, danach für einige Zeit in Hebron und starb 1510 in Jerusalem. Wenn Obadja in den Briefen mehrmals aschkenasische Juden und einmal einen deutschen Rabbi anführt, spiegelt dies die interne Vielfalt im damaligen dritten jüdischen Viertel in Jerusalem wieder. Zu dieser Zeit hatten in Jerusalem die aschkenasischen und sefardischen Gruppen ein gemeinsames Zentrum in der 1474 zerstörten und 1475 neu erbauten Nachman/Ramban-Synagoge. Erst durch die Schließung und Profanierung der Synagoge durch den judenfeindlichen Gouverneur von Jerusalem Abu Seifin im Jahre 1586 fand eine Aufsplitterung in sefardische und aschkenasische Gebetshäuser statt.4 Obadjas Hauptwerk war ein Mischna-Kommentar (vor 1510; erschien erst posthum 1548/49 in Venedig), der so maßgebend wurde, dass er neben dem Kommentar des Mosche ben Maimon sehr vielen Mischna-Ausgaben beigefügt ist. In seinem Kommentar zu mJadajim 4,5, wo es um die alte Frage nach den beiden hebräischen Alphabeten geht, die unterschiedlich rein oder unrein machen, argumentiert Obadja – im bezeichnenden Unterschied zum Kommentar des Mosche ben Maimon – mit althebräisch beschrifteten Münzen. Ich zitiere »aus dem Responsa-Projekt der Bar-Ilan-Universität, das auf Handschriften beruht und hier mit dem traditionellen Drucktext völlig übereinstimmt«:5 . וישראל היו משתמשין באותו כתב בדברי חול, והכותיים כותבים בו עד היום.– הכתב שבא מעבר הנהר כתב עברי . מפותחות באותו כתב, הנמצאים בידינו היום שהיו מזמן מלכי ישראל6ובמטבעות של כתב , ונקרא אשורי. והוא הכתב שהיה בלוחות, כתב אשורי הוא נקרא,אבל הכתב שאנו כותבים בו ספרים היום :)‘ לשון באשרי כי אשרוני בנות (בראשית ל,שהוא המאושר שבכתיבות Die althebräische Schrift (ketav ʿivri): Die Schrift, die von jenseits des Flusses (mi-ʿever hanahar)7 kommt. Die Kutäer schreiben damit bis heute. Israel aber bedient sich dieser Schrift (nur) in profanen Dingen (be-divrej chol).
Engl. Übers.: Adler, Jewish Travellers (1930) = Jewish Travellers in the Middle Ages (1987), 209–250, bes. 235 (Aschkenasen), 237 (deutscher Rabbi) und 247 (Wohnung im Haus des Nagid). Vgl. die Schilderung der Situation in Jerusalem: Zinberg, The Jewish Center of Culture (1974), 21–24. 178; Ginzberg, Art.: Bertinoro, Obadiah (Yareh) b. Abraham (1902), 108–109. 4 Küchler, Jerusalem (2007), 563. 593; Küchler, Jerusalem (2014), 391. 409. 5 Mitgeteilt von G. Stemberger per eMail vom 4. Oktober 2016, wofür ich ihm sehr danke. Die Gliederung in Sinneinheiten stammt von mir. 6 Lies kesef, »Silber«, anstelle des sinnlosen ketav, »Schrift«. Die Verwechslung der beiden Wörter könnte wegen der aschkenasischen Aussprache oder irrtümlich in den Text geraten sein, weil ketav im Kontext oft vorkommt (G. Stemberger). 7 Aus der Jerusalemer-Perspektive ist damit die Herkunft der Schrift aus der Welt östlich des Jordans gemeint, auch wenn der Ausdruck ʿever ha-nahar aus persischer Perspektive das heutige CisJordanien (die Westbank) bezeichnet. Die lateinische Wendung scriptura transitus fluvii, »Schrift des Übergangs des Flusses«, bei Abraham de Balmes (Kap. 2) ist entsprechend zu verstehen. 3
O badja de Bertinoro (vor 1510)
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Und auf Münzen aus Silber (anstelle von: der Schrift), die sich bis heute in unseren Händen befinden und die aus der Zeit der Könige Israels stammen, (ist) diese [althebräische] Schrift eingraviert. Doch die Schrift, in welcher wir heute die Bücher schreiben, wird die assyrische Schrift (ketav ʾaschuri) genannt, und dies ist die Schrift auf den (Gesetzes-)Tafeln. Genannt wird sie ʾaschuri, weil sie die Glückliche (ha-meʾuschar) in den Schriften ist. Heißt es doch: Zu meinem Glück (be-ʾoschri), denn glücklich preisen mich (ʾischruni) die Töchter (Gen 30,13).
Obadja besaß nach diesem Text also mehrere eigene »Silbermünzen« mit althebräischen Aufschriften, das heißt echte jüdische Schekel (TabÜ II und IV: 6Splur). Ob das in Italien oder erst in Palästina war, lässt sich wohl nie endgültig entscheiden. Er sah darin selbstverständlich Münzen »aus der Zeit der Könige Israels«, also der Könige der vorexilischen davidischen Dynastie. Dass er keine Angaben zum Inhalt der althebräischen Aufschriften macht, zeigt, dass es ihm nur um die althebräische Schrift geht. Seine eigenen Münzen bezeugen, dass die althebräische Schrift, welche die Samaritaner noch immer benutzen, in Israel nur auf profanen Gegenständen, wie die Münzen es eben sind, gebraucht wurde, während die Quadratschrift – mit einer seltsamen Exegese von Gen 30,13 – bei den Juden als die »glückliche« Schrift der Gesetzestafeln des Mose galt. Obadja führt damit in der Zeit der Renaissance die alte jüdische Diskussion um die beiden Alphabete weiter und braucht seine eigenen Silberschekel als Argument, wie dies im Jahr 1020 schon Haʾi Gaʾon in seinem Kommentar zur gleichen Mischna Jadajim 4,5 (§ VI,2) und Mosche ben Maimon vor 1204 anhand der »Schekel des Heiligtums« (§ VI,3) getan haben. Athanasius Kircher (1602–1680), der diesen Text 1653 kopierte und mit einer korrekten lateinischen Übersetzung versah, fand in seiner hebräischen Vorlage offensichtlich den Ausdruck maṭbeʿot schel kesef (nicht: ketav) vor, gab ihn aber im Singular wieder: Israel autem utebatur ista scriptura in rebus profanis, et moneta argentea (Singular), quae nunc hodie reperitur in manibus nostris, et percussa est tempore Regum Israel, et signata eadem scripturâ.8 Israel aber benutzte diese (althebräische) Schrift für profane Sachen, und die Silbermünze (Singular), die jetzt heute in unseren Händen gefunden wird, und die zur Zeit der Könige Israels geprägt wurde, ist mit der gleichen Schrift bezeichnet. Willem Surenhuys (1666–1729) veränderte hingegen in seiner Mischna-Ausgabe (1713) den Text gewaltsam, indem er die »Münzen« einfach tilgte: Scriptura hebraica, est scriptura quae usi sunt cis Iordanem, in qua etiamnun Cuthaei scribere solent, Israelitae vero hac scriptura usi sunt in rebus profanis. Caeterum haec scriptura quae hodie
8 Kircher, Oedipus Aegyptiacus, Tomus Secundus … Cap. II, Disquisitio II, § II: Decisio litis (1653), 85; er fügt seiner lateinischen Übersetzung eine Bemerkung zur Rezeption durch al-Aschqar an: Confirmat haec omnia alius quidam apud R. Mosen Alascar responsionum c. 2 (s. Kap. 5). Den Verweis auf »R. Iehuda Muscato Commentator libri Cozri apud Morinum«, konnte ich bei Moscato, Qol Jehuda (1594), dem ersten Kommentar zum Sefer ha-Kuzari des Jehuda ha-Levi, nicht auffinden.
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D § VIII Insiderwissen und Besitz von antiken jüdischen Münzen bei den Juden des 16. Jh.
versatur in manibus nostris, est ea quae a tempore regum exsculpta est; ista vero scriptura in qua nos hodie librum Legis exarare solemus.9 Die hebräische Schrift ist die Schrift, die man jenseits des Jordans benutzte, in welcher auch die Kutäer zu schreiben pflegen; die Israeliten jedoch benutzten diese Schrift in profanen Dingen. Im Übrigen ist diese Schrift, die sich heute in unseren Händen befindet, jene, die seit der Zeit der Könige geprägt wurde; dies ist wirklich die Schrift, in welcher wir heute das Buch des Gesetzes zu schreiben pflegen. Wie der Vergleich der fett gedruckten Textteile zeigt, hat W. Surenhuys im unmöglichen Ausdruck be-maṭbeʿot schel ketav, die Münzen einfach weggelassen, wodurch die Aussage entsteht, dass die assyrische Quadratschrift – und nicht die Silbermünze – sich im Besitz von Obadja befand und in der israelitischen Königszeit »geprägt« worden sei! Diese Auslassung der Münzen in der sehr verbreiteten Mischna-Ausgabe von W. Surenhuys ist wohl der Grund, weshalb Obadja von Bertinoro für die Geschichte der jüdischen Numismatik bis jetzt kaum ausgewertet wurde.
2. Abraham de Balmes ben Meir (ca. 1460–1523) – Die assyrische Quadratschrift als Norm (1523)
Auch Abraham de Balmes ben Meir,10 der in Padua als Universitätsprofessor lehrte und als Arzt praktizierte – er war der Leibarzt des gelehrten Kardinals Domenico Grimani (Rom und Venedig; 1461–1523) –, sei hier wegen seiner klaren philologischen Meinung angeführt, die den Mainstream der damaligen Zeit prägte. In seiner berühmten hebräischen und (vielleicht vom christlichen Verleger Daniel Bomberg) ins Lateinische übersetzten Grammatik der hebräischen Sprache Miqneh Abram. Peculium Abrae, die am 18. Nov. 1523 in Venedig erschien, beschreibt er im 2. Kapitel die Anzahl, die Namen und die Form (ipsarum forma) jedes einzelnen Buchstabens der assyrischen Quadratschrift und fügt dann die scriptura hispanorum, d. h. die Raschi-Buchstaben, und schließlich eine scriptura transitus fluvii, wörtlich »Schrift des Übergangs des Flusses«, jeweils mit Nachzeichnungen der Buchstaben an. Die letztere Schrift, die je nach Perspektive die Gegend westlich oder östlich des Euphrats oder des Jordans meinen kann, hat de Balmes »in einem sehr alten Buch« (in lib. vetustissimo) gefunden. Es ist jedoch nicht auszumachen, woher die recht verschnörkelten Zeichen kommen:11
9 Surenhuys, Mischna, sive totius Hebraeorum Juris, Rituum, Antiquitatum, ac Legum Oralium systema, Bd. 6 (1703), 490. 10 Zur Person und zum Werk: De-Rossi, Historisches Wörterbuch (1802), 51–52, s. v. Balmesi (Abraham de); Fürst, Bibliotheca Judaica I (1849), 83, s. v. Balmes; Wünsche/Winter, Die jüdische Litteratur II (1894), 787–790; Zinberg, History of Jewish Literature IV (1974), 42–43; Ohry, Abraham de Balmes ben Meir (http://aviohry.com/?p=198). 11 Nach Campanini, The Quest for the Holiest Alphabet (2014), 211–215. 242; Pl. 2. – Dieses Alphabet entspricht keinem der 27 Alphabete vom 12.–20. Jh. bei Crown, Samaritan Majuscule Palaeography (1978–1979), 15–41, auf den Tafeln zwischen 32 und 33.
Abraham de Balmes (1523) / Mosche Basola (nach 1523)
177
Trotz dieser Kenntnis einer uralten Schrift ist de Balmes der Überzeugung, dass die quadratische Aschurit-Schrift die ursprüngliche Schrift des Mose-Gesetzes und der Bibel sei. Diese Ansicht, die seit rabbinischer Zeit diskutiert wird (bSanhedrin 21a), teilte er mit Haʾi Gaʾon (§ VI,2), Mosche ben Maimon (§ VI,3) und seinem Zeitgenossen Obadja de Bertinoro (Kap. 1) und verschaffte ihr durch seine Grammatik weiteste Verbreitung und normative Geltung. Obwohl de Balmes selbst keine Münzen als Beleg beizog, wurde er bei vielen, besonders christlichen Numismatikern der Folgezeit, bei der Ansetzung der althebräisch beschrifteten Münzen in die israelitische Königszeit als jüdische Autorität zitiert – weshalb auch diesem Paduaner in der Geschichte der jüdischen Numismatik ein Platz gestattet sei. 3. Mosche Basola (1480–1560) – Münzen der Kutäer als Vorlage für das althebräische Alphabet (nach 1523)
Mosche ben Mordechai Basola12 wurde in Italien geboren und verbrachte seine Kindheit in Soncino (Provinz Cremona), wo sein Vater als Lektor in der berühmten jüdischen Soncino-Druckerei tätig war. Er reiste zweimal nach Israel, zuerst für einen langjährigen Besuch der heiligen Orte der Juden (1521–1523), dann am Ende seines Lebens, 1560, nach Zefat, wo er nach einem kurzem Aufenthalt starb. In seinem anonym überlieferten Reisebericht ʾElleh Maʿaśeh, »Dies (ist) die Reise«, gibt er eine ausführliche Beschreibung Jerusalems, in welcher er (wohl etwas übertreibend) von 300 jüdischen Familien, einer sefardischen und aschkenasischen Jeschiwa und der Gegenwart von Morisken und Magrebinern spricht. Er bestätigt so die interne Vielfalt der jüdischen Gruppen, die schon Obadja von Bertinoro in seinen Briefen von 1488/89 beschrieben hat (s. Kap. 1). Nach der Reisebeschreibung und einem Abschnitt mit halachischen Entscheidungen und lokalen Gewohnheiten Jerusalems folgt eine Zusammenstellung von »Nachforschungen zu den 10 Stämmen und dem Sambatyon-Fluss« (fol. 86v–87v), an welche direkt der lapidare Satz anschließt: ]אותיות הכותיים נמצאים על המטבעות והם שמרוני[ם
Die Schriftzeichen der Kutäer (ʾotiot ha-kutajim) finden sich auf den Münzen (al ha-maṭbeʿot), und dies (sind) die Samarier (schomroni[m]).
Darunter zeichnet Basola auf zwei Zeilen die samaritanischen Schriftzeichen (klein darü ber die Zeichen in Quadratschrift):
Zur Person und zum Werk: David/Ordan, In Zion and Jerusalem (1999); eine verkürzte Form der Einleitungskapitel: David, From Italy to Jerusalem (2008), 109–124. – Zu Basolas legendärer salomonischer Prägestätte in Jerusalem s. § XIV.1.2.
12
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D § VIII Insiderwissen und Besitz von antiken jüdischen Münzen bei den Juden des 16. Jh.
Basola macht selbstverständlich die klassische, seit Josephus übliche und auch bei Haʾi Gaʾon (§ VI,2) vorhandene Identifikation der Kutäer mit den Samaritanern. Mit den Münzen, auf denen Basola diese Zeichen fand, können grundsätzlich sowohl die kleinen Bronzemünzen der Hasmonäer wie auch die Bronze- oder Silberschekel der beiden jüdischen Kriege gegen Rom gemeint sein, die alle althebräische Aufschriften aufweisen. Wie sich aus den Äußerungen des Zeitgenossen Mosche al-Aschqar (Kap. 5) deutlich ergibt, sind zu dieser Zeit sowohl die hasmonäischen Bronzemünzen wie auch die Silberschekel oder Bronzen aus den beiden jüdischen Kriegen bekannt. Basola braucht jedenfalls die Mehrzahl (maṭbeʿot), spricht also nicht von einem glückhaften Einzelfund, sondern von mehreren, offensichtlich unter den Juden bekannten Geldstücken (7Splur; 1Bplur) mit althebräischen Aufschriften. Die genauere Analyse der Zeichen ergibt jedoch, dass Basola neben den Münzen noch andere literarische oder epigraphische Quellen beigezogen hat, um sein samaritanisches Alphabet vollständig zu bekommen. Auf den jüdischen Münzen sind die althebräischen Buchstaben wie folgt vorhanden:13 Ganzes Alphabet Hasm. Münzen Münzen 1K Münzen 2K
נ ס ע פ צ ק ר ש ת נ – – – – – ר ש ת נ – ע – צ ק ר ש ת נ – ע – – – ר ש ת
כ ל מ כ ל מ – ל מ כ ל מ
י י י י
ז ח ט – – ח – – ח – ז ח
ו ו ו ו
ג ד ה ג ד ה ג ד ה ג – ה
א ב א ב א ב א ב
Die fett gekennzeichneten Buchstaben ט, סund פkommen weder auf den Münzen der Hasmonäer noch der beiden jüdischen Kriege vor und die drei kursiv gekennzeichneten Buchstaben ו, זund צ entsprechen nicht den Zeichen auf den Münzen. Basola musste demnach (mindestens) diese sechs Zeichen von anderswo entlehnt haben. Dies entspricht durchaus der wissenschaftlichen Situation seiner Zeit, die mit der Entdeckung zahlreicher samaritanischer Texte den Beginn der Samaritanerstudien in Europa einläutet. Basolas christlicher Freund Guillaume Postel, der eigentliche Begründer der Samaritanerstudien (s. § X,1), wird fünfzehn Jahre später in seinem Werk Linguarum Duodecim Characteribus Differentium Alphabetum (1538) ein ähnliches samaritanisches Alphabet und darüber hinaus (erstmals) auch einen echten Schekel abbilden, auf dem auch nicht alle Zeichen seines samaritanischen Alphabets vorhanden sind.
Es wird nicht gesagt, dass Basola selbst im Besitz von althebräisch beschrifteten Münzen war. Da er aber auf seinen langjährigen Israelreisen stets mit palästinischen Juden in Kontakt stand, hat er wohl – wie einst Mosche ben Nachman in Akko (vor 1270) und schon bald G. Postel in Jerusalem (1536) – deren Schekel mindestens gesehen. Zur gleichen Zeit hatten jedenfalls seine Glaubensgenossen Obadja de Bertinoro (vor 1510) und al-Aschqar (um 1530) in Jerusalem solche Schekel »in den Händen«. Die Selbstverständlichkeit, mit der Basola seine Aussage von den mehrfachen »Münzen der Kutim« als Quelle für die Kenntnis des althebräischen, für ihn samaritanischen Alphabets macht, entspricht den Erfahrungen seiner Vorgänger und Zeitgenossen.14 13 Die genauesten Alphabete hat Meshorer, Ancient Jewish Coins (1982), I, 91 (hasm.); II, 125 (1. jüd. Krieg), 162–163 (2. jüd. Krieg); Meshorer, Treasury (2001), 132 (1. jüd. Krieg), 163 (2. jüd. Krieg), abgebildet. 14 Ein halbes Jahrhundert später wird Basola von ʿAsarja de Rossi, Meʾor ʿEnajim (1575), Kap. 56, ausführlich zitiert (Text s. Kap. 6.1.2).
Jechiel N issim da Pisa (1527)
179
Dass Basola auf seinem Jerusalembesuch eine Prägestätte Salomos vermerkt – ganz ähnlich wie im Jahr 1537 sein Zeitgenosse Uri ben Schimeʿon –, weist auf die damals gängige Vorstellung hin, dass es in Israel zur Zeit der Könige Israels, besonders unter den großen Königen David und Salomo, eine Münzprägung gegeben habe. Eine salomonische Prägestätte in Jerusalem gehört jedoch in den Bereich der imaginierten jüdischen Topographie der israelitischen Heiligen Stadt (§ IV,6) und der jüdischen Phantasie-Münzen (§ XIV,1.2). 4. Jechiel Nissim da Pisa (ca. 1493–1574) – Ein »Schekel der Tora« aus Jerusalem in Florenz (1527)
Jechiel Nissim, der auch Vitale de Pisa genannt wird, gehörte zur reichen jüdischen Oberschicht der Stadt Pisa, in der die Dynastie der da Pisa-Familie sowohl im wissenschaftlichen wie im geschäftlich-finanziellen Bereich eine eminente Rolle spielte.15 In beiden Bereichen war Jechiel Nissim so bewandert und gleichzeitig so stark in das jüdischchristliche Netzwerk des Wissens und Besitzens eingebunden, dass C. Roth in ihm das »Ideal eines italienischen Juden der Zeit der Renaissance« sah.16 Von ihm ist in einer unpublizierten Sammlung verschiedenster rabbinischer Gutachten, zusammengestellt von einem Rabbi Josué Fermi, eine Stellungnahme erhalten, in welcher er auch vom Besitz eines »Schekels der Tora« erzählt. Das entsprechende Gutachten hat in der Sammlung die Nummer 155 und wurde im Jahr 1556 abgefasst.17 Obwohl Jechiel Nissim drei Jahre vorher seine Talmudausgaben verbrennen musste, fällte er weiterhin halachische Entscheidungen, wobei er sich bemühte, wo immer es ging, eigene Argumente vorzubringen. So weist er im Zusammenhang mit der Bestimmung des Schekelgewichts zwar zuerst auf den Bericht des Mosche ben Nachman hin (§ VI,4), der in Akko einen Schekel und einen Halbschekel gesehen und gewogen habe und dadurch die Gewichtsbestimmung von Raschi (nach § VI,2) bestätigen konnte, fügt dann aber seine eigene Erfahrung hinzu: Und auch ich habe ihn (scl. den Schekel der Tora) gewogen in Florenz im Jahr [5]287 (= 1527), denn er wurde mir geschickt aus Jerusalem תותב‘‘א.18 Und ich habe ihn gewogen und ich habe (sein Gewicht) eine halbe Unze von fein geläutertem Silber (kesef ṣaruf u-mezuqaq) befunden …19 Es folgen dann metrologische Vergleiche, mit welchen aufgezeigt wird, dass die erhaltene Münze wirklich »ein Schekel der Tora« war.
Kaufmann, Ein Jahrhundert (1910), 257–276 (deutscher Urtext); franz. Version: La famille de Yehiel de Pise (1893), 83–110. 16 Roth, The Jews in the Renaissance (1959), 118: »Ideal of the Italian Jew of the Renaissance period«; s. auch 22. 29. 52. 118. 274. 328. 17 Montefiore, Un recueil de consultations rabbiniques (1910), 196, Nr. 155–158: »Des droits de la veuve. – I. Yehiel Nissim fils de Samuel de Pise, néoménie de tammouz 316 [= 1556]. – II.–III. Même auteur, néoménie de sivan 319 [= 1559]. – IV. Yehiel fils d’Azriel Trabot.« 18 Die Abkürzung תותב‘‘אlautet aufgelöst תיבנה ותכונן במהרה אמן: »Möge es schnell erbaut und fest errichtet werden. Amen!« (mit bestem Dank an G. Stemberger). 19 Kaufmann, Ein Jahrhundert (1910), 275, Anm. 1; Kaufmann, La famille de Yehiel (1893), 95, note 4. 15
180
D § VIII Insiderwissen und Besitz von antiken jüdischen Münzen bei den Juden des 16. Jh.
Der Text zeigt einmal mehr, dass ein echter Schekel beigezogen wurde, um den Wert oder das Gewicht des »Schekels der Tora« zu bestimmen und die Richtigkeit der seit Raschi geltenden Tradition aufzuweisen. Der Bericht von Jechiel Nissim ist darüber hinaus besonders interessant, weil er angibt, dass der Schekel ihm im Jahr 1527 von jemandem aus Jerusalem nach Florenz geschickt worden sei (8S). Dass es in Jerusalem viele Schekel und andere antike jüdische Münzen gab, bezeugen ungefähr gleichzeitig Mosche al-Aschqar (1530 ±; Kap. 5), der welche besass, und G. Postel (1538 und 1552), der welche sah, sich davon eine Kopie verschaffte und daraus eine Abbildung stechen ließ (§ X,1; Abb. 5). 5. Mosche ben Jischaq al-Aschqar (1466–1542) – Schekel, Bronzen und ˙ goldene Dinarin mit althebräischen Aufschriften (um 1530)
Der prominente Rabbi Mosche ben Jiṣchaq al-Aschqar (1466–1542) lebte zuerst in Ägypten, dann in Jerusalem,20 wo sich – wie bei Obadja de Bertinoro und Basola erwähnt (Kap. 1 und 3) – die sefardischen Juden nach ihrer Vertreibung aus Spanien (1492) niedergelassen hatten und die religiös unterschiedlichen Gruppen in Jerusalem miteinander zu leben versuchten. In der Zeit um 1530 bekam al-Aschqar vielfache Anfragen (scheʾelot) von Juden aus allen Weltgegenden und gab darauf seine sehr respektierten Antworten (teschuvot). Diese wurden posthum im Sefer Scheʾelot u-Teschuvot Moreinu ha-Rav Moshe al-Aschqar21 in Sabionetta 1553 gesammelt und veröffentlicht. 5.1 Das Responsum 74
In der halachischen Antwort 74 von al-Aschqar steht eine numismatisch sehr interessante Belehrung, die hier in der besser lesbaren Quadratschrift und inhaltlich strukturiert wiedergegeben ist:22 ואתה דע לך שבאו לידי מאותן המטבעו‘ מכמה מיני‘ משוני‘ שקל ומחצית השקל ויש מהן שכתו‘ בהן שנת כך וכך לנחמת ציון שנת כך וכך למלך פלו‘ וראיתי באח‘ מהן צור‘ לולב אגוד כעין שלנו ואתרוג בצדו סמוך לאגודתו ואמ‘ לי יהודי אשכנזי שהיה בקי באותו כת‘ של השקל שראה אח‘ שהיה כתוב מהצד האח‘ בכת‘ יונים .‘ ונר‘ שהיה זה בזמן שהיו משועבדי‘ ליוני.והארמ"ש שלהם חקוקי‘ בו ומן הצד האח‘ כתו‘ כת‘ עברי ואמרו לי יהודים בכאן שראו ביד הנגיד ז"ל ג‘ או ד‘ דינרין של זהב מזוקק על צורת השקל עצמו וכתובי‘ באותו כת‘ והיה משקלם ו‘ דוקטי ויש עוד היו‘ בידינו פרוטות של נחשת כתובים באותו כת‘ עצמו 20 Zur Person und zum Werk: de-Rossi, Historisches Wörterbuch (1839), 33, s. v. Alaskar (Mose), »ein Richter seiner Glaubensgenossen in Egypten, schrieb … Rechtgutachten (scheëlot), zu Constantinopel und Sabionetta gedruckt«; Fürst, Bibliotheca Judaica I (1849), 30, s. v. Mos. Alaschkâr (b. Is. RA in Aegypten); Milwitzky/Beer, Art.: Alashkar, Moses ben Isaac (1901), 317. Der Umzug nach Jerusalem lässt sich zeitlich nicht genau festmachen. 21 Abgekürzt: Sefer Schu"t Mahar"am al-Aschqar. 22 Zitiert nach dem Nachdruck 1959, 230, siman 74, linke Sp. (in der Raschi-Schrift). Den hebräischen Text und eine deutsche Übersetzung hat mir G. Stemberger zugeschickt (eMail vom 30. März 2014), wofür ich ihm sehr danke. Für den vorliegenden, etwas veränderten deutschen Text und für dessen Strukturierung in die Abschnitte A–E trage ausschließlich ich die Verantwortung.
Mosche ben Jischaq al-A schqar (um 1530) ˙
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‘ומה שהעולם אומרי‘ בכאן הוא כי התורה וספרי הקדש היו כותבים באשורי ודברי‘ של חול ושטרי הדיוטו והמטבעו‘ היו כותבין בכתב עברי A Und nun wisse, dass in meine Hände gekommen sind von diesen Münzen [scl. mit althebräischer Aufschrift] vielerlei verschiedene Arten, ein Schekel und ein Halbschekel. Es gibt von diesen, auf denen das Jahr soundso der Tröstung Zions geschrieben steht, und das Jahr soundso des Königs N. N. Und ich sah auf einem von diesen das Bild eines Lulav nach der Weise, wie wir ihn binden, und einen Etrog ihm zur Seite und nahe am Bund. B Es sagte mir ein aschkenasischer Jude, der in der Schrift des Schekels erfahren war, er habe einen (Schekel) gesehen, der auf der einen Seite mit der Schrift der Jonier beschrieben war und auf dem »ihr hʾrm"sch/ ś«23 eingraviert war, und der auf der anderen Seite mit althebräischer (ʿivri) Schrift beschrieben war. Und es scheint, dass das in der Zeit war, als sie [scl. die Juden] den Griechen verknechtet waren. C Und mir sagten Juden von hier, dass sie selbst in der Hand des Nagid seligen Andenkens drei oder vier Dinarin aus Feingold nach dem Gepräge/Bild (al ṣurat) des Schekels gesehen haben; und sie waren in derselben Schrift beschriftet und ihr Wert war sechs Dukaten. D Zudem gibt es in unseren Händen noch Peruṭṭot aus Bronze (nechoschet), die mit derselben [scl. althebräischen] Schrift beschriftet sind. E Und was man hier sagt ist, dass die Tora und die heiligen Schriften in assyrischer (ʾaschuri) Schrift geschrieben sind, profane Dinge, gewöhnliche Urkunden und die Münzen aber in althebräischer Schrift (ketav ʿivri) geschrieben sind.
Aus den inhaltlichen Angaben dieses Textes lassen sich recht viele Einzelinformationen entnehmen, die für die Geschichte der jüdischen Numismatik im 16. Jh. von hoher Relevanz sind. 5.2 Die numismatisch relevanten Inhalte 5.2.1 Schekel, Halbschekel und kleine Bronzemünzen (Perutot) ˙
Al-Aschqar nennt unter den »vielerlei Arten«, die er »in den Händen« hatte, Schekel und Halbschekel, wie solche schon bei Obadja de Bertinoro und Mosche ben Nachman vorkamen, und Peruṭot, also kleine Bronzemünzen, die hier erstmals erwähnt werden (TabÜ II und IV; 4Bkl.plur). Bei manchen von ihnen sah er Aufschriften unbekannter Art (s. Kap. 5.2.3), die nicht sicher zu datieren sind. Die kleinen Bronzemünzen können sowohl in die hasmonäische Zeit wie in die beiden jüdischen Kriege gehören. Von Münzen, die eine einzelne Person und eine Gruppe bei anderen gesehen haben, nennt al-Aschqar einen »Schekel«, den ein Aschkenase in die Zeit, als die Juden »den Griechen verknechtet waren«, datiert. Da es in jener makkabäisch/frühhasmonäischen Zeit jedoch keine jüdischen Schekel gab, hat sich der numismatisch unbedarfte Aschkenase wohl von der Größe der Münze zu deren Benennung als »Schekel« verführen lassen. Als zweites erwähnt al-Aschqar Dinarin aus Feingold mit einem schekelähnlichen Vgl. dazu Kap. 5.2.2.
23
182
D § VIII Insiderwissen und Besitz von antiken jüdischen Münzen bei den Juden des 16. Jh.
Bildmotiv und einer althebräischen Aufschrift, welche »Juden von hier«24 in der Hand des verstorbenen Nagid gesehen haben. Dies ergibt folgendes Bild: Münzsorten
Kenntnisnahme
TabÜ II und IV
Schekel
in den Händen von al-Aschqar
9 plur
Halbschekel
in den Händen von al-Aschqar
2
in den Händen von al-Aschqar
2
Bmi?; 3Bkl.plur?
Peruṭot (= kleine Bronzen)
in den Händen von al-Aschqar
4
Bkl.plur
»Schekel« (= eine große Bronze?)
gesehen von Aschkenase, der berichtet
5
Bgr?
Goldene »Dinare«
im Besitz des Nagid, gesehen von »Juden von hier«, die berichten
–
»von ihnen«
S
½Splur
Al-Aschqar unterscheidet die Münzen nach der Art und Weise, wie er von ihnen Kenntnis bekommen hat. Einerseits spricht er von Münzen, die er selbst »in den Händen« hatte (Abschnitte A und D), und andererseits von Münzen, die er nur aus Berichten von Leuten kannte, welche die Münzen wiederum bei anderen gesehen hatten (Abschnitte B und C). Dieser Unterschied ist zu beachten, wenn es um die Güte der Überlieferung geht, denn die näheren Angaben zu den Bildmotiven, Aufschriften, Metallen und Münzsorten (Kap. 5.2.2–4) sind ziemlich ungenau; dies kann aber auch an den nur rudimentären numismatischen Kenntnissen der Tradenten oder am Erhaltungszustand der antiken Münzen liegen. Es braucht jedenfalls, wie die folgenden Kapitel 5.2.2–5 zeigen, einiges an spekulativer Überlegung, um die Aussagen al-Aschqars in das einzupassen, was wir heute von den jüdischen Münzen wissen. Und dies gelingt nicht immer. 5.2.2 Die Bildmotive und deren Deutungen
Al-Aschqar sah auf einem seiner Schekel einen Feststrauß, der in der Weise, wie er gebunden ist, ein typisch jüdischer Lulav ist, und nahebei einen Etrog. Beide Bildmotive gehören grundsätzlich zur Symbolwelt des Laubhüttenfestes (Sukkot); einen Schekel, bei dem auf der gleichen Seite ein kunstvoll gebundener Lulav und links nahebei ein Etrog dargestellt sind, gab es jedoch nur im 2. jüdischen Krieg (s. Abb. 1.E), und zwar während aller Kriegsjahre (TabÜ II und IV; 9Splur).25 Al-Aqschar erwähnt somit erstmals Schekel des 2. jüdischen Krieges als seinen Besitz und gibt von ihnen eine Beschreibung.26 Graetz, Bedeutung der jüdischen Münzen (1887), 146, gibt Tunis als Aufenthaltsort von alAschqar an, begründet dies jedoch nicht. 25 Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1373. 1387–1388. 1411. 1413–1414. Auf den Münzen des 1. Krieges sind entweder zwei Lulavim mit einem Etrog dazwischen, zwei Lulavim auf der Vorderund ein Etrog auf der Rückseite oder ein Lulav mit zwei flankierenden Etrogim abgebildet (vgl. Nr. 1367–1369). 26 Halbschekel mit diesen Bildmotiven gibt es nicht. Diese erstmalige Erwähnung hat schon Meyshan, History of Jewish Numismatics (1968), 17, gesehen; Barag, New Evidence (1986), 217, 24
Mosche ben Jischaq al-A schqar (um 1530) ˙
183
Welches Bildmotiv mit dem Ausdruck »ihr hʾʾrm"sch/ś« gemeint ist, das der aschkenasische Jude auf der griechisch beschrifteten Seite der Münze »eingraviert« sah (5Bgr?), stellt ein kaum lösbares Rätsel dar. ʿAsarja, der erste jüdische Autor, der das Responsum 74 von al-Aschqar zitiert (1575; s. Kap. 6), gibt im Abschnitt 56 seines Meʾor ʿEnajim die entsprechende Passage mit »hʾrmh schel Jonim« (mit dem Abkürzungszeichen " über dem Resch) wieder. ʿAsarja ersetzt das ihm offenbar unbekannte Wort hʾrm“sch/ś durch ein anderes, ebenso rätselhaftes hʾrmh. Einige Autoren übersetzen dies ohne Kommentar mit »griechische Waffen«.27 A. Levy sieht darin jedoch die hebräische Umschreibung von »Hermes«.28 Es lassen sich jedoch weder griechische Waffen noch ein Hermes (als Figur oder Trennpfeiler) auf den vorhandenen hasmonäischen Münzen erkennen. Jehochanan/ Hyrkanos I. bildet auf einer Doppel-Peruṭa zwar einen griechischen Helm ab,29 doch ist ein Helm ein Schutz und keine Waffe. Und für »Hermes« könnte man höchstens auf die zweisprachigen Peruṭot aus Bronze hinweisen, deren Granatapfel zwischen den axialsymmetrischen Füllhörnern als Hermesstab (caduceus) missverstanden worden wäre.30 Da das Wort jedoch stets mit dem Abkürzungszeichen (") versehen ist, sollte es auch als Abkürzung verstanden werden. Eine solche kommt aber in keinem Wörterbuch zur hebräischen Traditionsliteratur vor und wird auch unter den griechischen und lateinischen Fremdwörtern im Talmud, Midrasch und Targum von S. Krauss nicht erwähnt. Interessant ist deshalb der Vorschlag, in hʾrm"sch die Abkürzung von ha-ʾar arbaʿ minim sch schel-sukkot, »die vier Arten des Sukkot-(Festes)« zu sehen.31 Problematisch bleibt jedoch das besitzanzeigende »ihr« bei hʾrm"sch, das auf die Jonier bezogen ist. Eine Deutung des Lulavs als griechischen Thyrsos, wie dies Plutarch (45–120 n.) im Rahmen seiner dionysischen Erklärung des Festzugs am Laubhüttenfest macht,32 dürfte dem aschkenasischen Juden doch wohl kaum zuzumuten sein. Der Ausdruck, die goldenen Dinarin des Nagid hätten »nach dem Gepräge/Bild (ʿal ṣurat) des Schekels« ausgesehen, lässt keine ikonographischen Folgerungen zu. spricht Athanasius Kircher die Ehre zu, als erster eine Tetradrachme von Bar Kokhba publiziert zu haben (s. Oedipi Aegyptiaci Tomus Secundus [1653], 93. 95. 100–101). 27 Gaster, Jewish Knowledge (1913), 12; = Gaster., Studies and Texts I (1925–1928), 12: »greek arms«. 28 Levy, Geschichte der jüdischen Münzen (1862), 3 und Anm. 6: »Ein deutscher Jude, welcher die Münzschrift zu lesen verstand, sagte mir, er habe eine Münze gesehen auf der sich auf der einen Seite eine griechische Inschrift ( שלהם הרמשHermes?) und auf der anderen eine althebräische ()עבר׳ fände«; ebenso G. Stemberger, eMail vom 30. März 2014. 29 Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1136 30 Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1188; vgl. 1171. – Einen echten caduceus hat erst Herodes der Große auf seinen Münzen geprägt, wobei er ihn so stark einem Granatapfel annäherte, dass er wohl nicht mehr als typisch griechisch-römisches Symbol angesehen wurde und deshalb bei den jüdischen Untertanen kaum Ärgernis erregen konnte. 31 Diesen Vorschlag hat mir Lutz Doering bei der Durchsicht des Manuskripts unterbreitet, wofür ich ihm sehr dankbar bin. 32 Plutarch, Quastiones conviviales IV,6.2, wo das Tragen von Zweigen (kradêphoria) der Juden als Tragen eines Thyrsusbüschels (thyrsophoria) verstanden wird; zit. nach Stern, Greek and Latin Authors I (1974), 553. 557 (in Nr. 258); vgl. Hengel, Judentum und Hellenismus (1973), 547–548; Keel, Die kultischen Massnahmen (2000), 114–116; Staubli, Zweige für Jahwe, Dionysos und Jesus (2019), bes. 165–166.
184
D § VIII Insiderwissen und Besitz von antiken jüdischen Münzen bei den Juden des 16. Jh.
5.2.3 Die Aufschriften und deren Lesungen
Al-Aschqar betont, dass die Aufschriften der Münzen, die als profane Objekte gelten,33 in althebräischen Schriftzeichen (ʿivrit) oder »in der Schrift der Jonier« geprägt seien. In der assyrischen Schrift (ʾaschuri) waren nur die Tora und die heiligen Schriften geschrieben. In Jerusalem war offenbar nur ein aschkenasischer Jude »in der [althebräischen] Schrift des Schekels erfahren«, sodass er die Aufschriften lesen konnte. Wie schon die Bildmotive, so geben auch die Aufschriften einige Rätsel auf, die auf undeutliche Aufschriften der Münzen oder auf nicht sehr weit reichende Sprachkenntnisse zurückgehen könnten. Nach al-Aschqar trugen unter den »vielerlei Arten« von jüdischen Münzen einige auf einer Seite Angaben zum »Jahr der Tröstung Zions«. Eine solche Aufschrift kommt jedoch auf keiner Münze der beiden jüdischen Kriege vor. Da zudem der Name Zion für Jerusalem im 2. jüdischen Krieg systematisch vermieden wird, kommen keine Münzen des 2. Krieges in Frage. Einzig die mittlere Bronzemünze aus dem 4. Jahr des 1. jüdischen Krieges hat die ähnliche Aufschrift »Erlösung (li-geʿullat) Zions« (2Bmi?),34 doch muss dann ( נחמתnechmat) als falsche Lesung von ( גאלתgeʿullat) erklärt werden, was bei den sehr verschiedenen althebräischen Buchtaben nur schwer möglich ist. Das Wortfeld »Tröstung, trösten« ist jedoch seit dem »Trostbuch Israels« (Jes 40–55) mit dem Volk Israel und mit Jerusalem, zweimal auch direkt mit Zion (Jes 51,3; Sach 1,17), stark verbunden. Auch wird in der jüdischen Tradition öfters vom Trost Jerusalems oder Zions gesprochen, wie die Lexiken verzeichnen, und wie jüdische Jerusalempilger – nach dem ältesten jüdischen Jerusalem-Führer (um 950 n.) – mit dem Wunsch belegen, dass Gott doch »den Zion schnell tröste«.35 Hat al-Aschqar in der damaligen für die Juden trostlosen Situation Jerusalems vielleicht einen solchen Wunsch in die Lesung der Schekelaufschrift eingetragen? Auch die Aufschrift der anderen Seite, die das »Jahr soundso des Königs N.N.« angebe, ist auf keiner jüdischen Münze zu finden, da nirgends das Regierungsjahr eines königlichen Prägeherrn samt dessen Namen aufgeprägt ist. Die Datumsangaben auf den Münzen des 1. jüdischen Krieges beziehen sich stets auf die Kriegsjahre und die Bezeichnungen von Eleʿazar und Schimeʿon auf den Münzen des 2. jüdischen Krieges lauten für den einen »Priester« (kohen) und für den anderen »Fürst« (naśiʾ), niemals aber »König«.36 Nur auf einer einzigen hasmonäischen Münze kann etwas Ähnliches gelesen werden: Die aramäisch-griechische Peruṭa des Jehonatan/Alexandros mit der aramäischen Aufschrift malkaʾ Aleksandros schenat Kaf-He (= 25) und der griechischen basileôs Alexandros L KE, »des Königs Alexander, Jahr 25«, das heißt 80/79 v.37 Es muss jedoch Vgl. den abschließenden Satz [E], wo al-Aschqar fast wörtlich die Stelle mJadajim 4,5 seines Zeitgenossen Obadja de Bertinora (s. Kap. 1) zitiert, ohne diesen zu nennen. Danach fügt er ein ähnliches Zitat aus Mosche ben Maimon (1204), Teschuwot, Nr. 7, an (§ VI,3). 34 Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1367. 35 Madrich Jeruschalajim 2, recto, Zeile 51; ed.: Braslavi, A Guide of Jerusalem (1964), 69–80 (hebr.), 168–169* (engl. Zusammenfassung), Pl. wt/15–16; franz. Übers.: Alobaidi/Goldman/ Küchler, Le plus ancien guide Juif de Jérusalem (1987), 50. 53. 73; Küchler, Ein jüdischer Jerusalem-Führer (1992), 14 (Station 22); Küchler, Jerusalem (2014), 737–735. 36 Hendin, Biblical Coins (2012), Nr. 1374: Eleʿazar; nr. 1376 und meistens Schimeʿon, oft mit naśiʾ Jiśraʾel, »Fürst Israels«. 37 Hendin, Biblical Coins (2012), Nr. 1152. 33
Mosche ben Jischaq al-A schqar (um 1530) ˙
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unsicher bleiben, ob hier tatsächlich – es wäre das zweite Mal – hasmonäische Bronzemünzen (peruṭot) erwähnt sind (3Bklein.plur?). 5.2.4 Metalle und Münzsorten und deren Probleme
Die Schekel und Halbschekel waren aus Silber, obwohl al-Aschqar dies nirgends explizit sagt. Den »Schekel« mit althebräisch-griechischen Aufschriften aus der »Zeit der Knechtschaft der Juden unter der Griechen«, den al-Aschqar anführt, gibt es allerdings nicht. Es kann sich dabei nur um eine Münze aus Bronze von einem der zwei hasmonäischen Könige Jehonatan/Alexandros oder Mattitja/Antigonus handeln, die zweisprachige Münzen (althebräisch/griechisch) geprägt haben.38 Vielleicht lässt sich die Auswahl auf eine große Bronze des Mattitja/Antigonos eingrenzen, da die Bezeichnung »Schekel« für eine hasmonäische Bronze ja nur Sinn macht, wenn diese ungefähr das Gewicht (14 Gramm) und einen Durchmesser (ungefähr 23 mm) eines echten Shekels hatte (5Bgr?).39 Die »Peruṭot aus Bronze« können kleine Bronzemünzen der Hasmonäer oder der beiden jüdischen Kriege meinen, die manchmal mindestens auf einer Seite mit althebräischen Buchstaben versehen sind. Die kleinen Bronzen der Herodianer und der Prokuratoren können nicht in Frage kommen, da sie stets nur griechische oder lateinische Aufschriften haben. Die Geldstücke des Nagid werden »Dinarin aus Feingold nach dem Gepräge des Shekels« bezeichnet. Da es nie jüdische Münzen aus Gold gegeben hat, muss der Nagid andere, den Schekeln ähnliche Münzen vorgezeigt haben. Dazu bieten sich am ehesten arabische Dinare an, welche die »Goldmünze(n) des mittelalterlichen arabischen Münzsystems« waren.40 Wie die Juden Jerusalems darin Münzen ʿal ṣurat ha-scheqel, »nach dem Gepräge/Bild des Schekels«, sehen konnten, bleibt erklärungsbedürftig. Die Aussage, dass einer Goldmünze »6 duqaṭim« entsprechen, korreliert die arabischen Golddinare mit dem Dukaten in einem Verhältnis von 1:6. Der Dukat wurde 1556 zur offiziellen Goldmünzeneinheit des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation erklärt und wog ca. 3,5 Gramm bei hoher Feinheit (0,986).41 Die Goldmünzen wogen demnach 6 × 3,5 Gramm = 21 Gramm, was jedoch weder dem Gewicht der Schekel noch dem der arabischen Dinare entspricht. Vielleicht sind andere Dukaten gemeint, da – wie Mosche Basola bezeugt – zu dieser Zeit Städte wie Venedig eigene gute Dukaten herausgaben. 5.2.5 Datierungen
Es gibt keine Hinweise, dass al-Aschqar mit der Datierung der Schekel und Halbschekel an die beiden jüdischen Kriege gedacht habe, und auch die kleinen Bronzemünzen datiert er nicht. Nur bei dem rätselhaften »Schekel« des Aschkenasen verweist er auf die Zeit, als die Griechen die Juden in Knechtschaft hielten, was nur die hellenistisch-hasmonäische Zeit meinen kann. 40 41 38 39
Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1148–1151 (Jehonatan), Nr. 1162. 1163. 1168 (Mattitja). Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1162 (ca. 14 Gramm; ø 23 mm). Kahnt/Knorr, Alte Maße (1986), 63 (Denarius), 66 (Dinar). Kahnt/Knorr, Alte Maße (1986), 77 (Dukat).
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Aus heutiger Perspektive kann aus den ungenauen Aussagen zu Material, Bildmotiven und Aufschriften numismatisch nur ersehen werden, dass es sich um Münzen sowohl der Zeit der Hasmonäer wie der beiden jüdischen Kriege handeln konnte. Die obige nähere Zuschreibung an einen der Hasmonäer oder an einen Prägeherrn aus den jüdischen Kriegen ist nur als Versuch zu verstehen. 6. ʿAsarja ben Mosche min ha-ʾʾAdummim/Bonajuto de Rossi (1511?–1577) – Ein Augenzeugenbericht über einen Schekel einer Witwe in Ferrara (1571–1573)
ʿAsarja min ha-ʾAdummim heißt in der wörtlichen italienischen Übersetzung Bonajuto de(i) Rossi, das man mit »Gotthelf von Roten« übersetzen könnte. Oft wird er mit dem hebräisch-italienischen Doppelnamen ʿAsarja de Rossi oder nur mit ʿAsarja zitiert.42 Er war das Kind einer der bedeutendsten jüdischen Familien der Renaissance in Mantua, wo er seine Ausbildung in hebräischer, griechischer und italienischer Literatur bekam, aber auch Medizin, Geschichte und Archäologie, besonders in jüdischer Hinsicht, studierte. Danach lebte er als Arzt in Ferrara, hielt sich vorübergehend auch in Ancona, Sabbioneta, Bologna auf und kehrte nach der Vertreibung der Juden durch Papst Pius V. im Jahr 1569 nach Ferarra zurück, wo er das gewaltige Erdbeben des Jahres 1570 erlebte. Er starb im Nov. (Kislew) 1577 in der Nähe von Mantua. 6.1 Meʾor ʾEnajim, Kapitel 56
ʿAsarja verfasste in den Jahren 1571–1573 sein Hauptwerk Meʾor ʿEnajim, »Licht der Augen«,43 das von seinen ausgedehnten, aber durchaus kritischen Kenntnissen nicht nur der jüdischen, sondern auch der italienischen, lateinischen und griechischen Literatur zeugt. Das Werk hat drei Teile sehr ungleichen Inhalts. Teil 1 heißt Qol ʾelohim, »Gottesstimme«, in welchem er das Erdbeben von Ferrara nicht als Naturphänomen, sondern als göttliche Heimsuchung darstellt. Teil 2 lautet Hadrat sekenim, »Ruhm der Alten«, und ist eine Übersetzung des Aristeasbriefes aus dem Lateinischen ins Hebräische. In den 60 Kapiteln des 3. Teiles mit dem Titel ʾImrej binah, »Worte der Einsicht«, behandelt ʿAsarja verschiedenste Themen zur Geschichte des antiken Judentums, zur jüdischen Literatur, besonders der Septuaginta, Philo und Josephus, zu Streitpunkten zwischen jüdischen Gelehrten, aber auch zwischen Juden und Christen, zu chronologischen Fragen bis hin zur Berechnung der Ankunft des Messias und – was unsere Fragestellung betrifft – zur biblischen Archäologie, Epigraphik und Numismatik. Dabei zieht er die profanen Kenntnisse seiner Zeit bei, um Probleme in den biblischen, frühjüdischen und rabbinischen Schriften zu beleuchten. Das Revolutionäre seiner Fragestellungen war, dass er sich stets auf ver42 Zur Person und zum Werk: Fürst, Bibliotheca Rabbinica II (1851), 171, Anm. 2 und 3; De-Rossi, Historisches Wörterbuch (1839), 280–282; Broydé, Art.: Rossi, Azariah ben Moses Dei (1905), 485–486; Roth, The Jews in the Renaissance (1959), 318–327. 362; Weinberg, The Beautiful Soul (2004), 109–126. 43 Erstausgabe: Mantua 1575 (s. § XV, Chronologische Bibliographie, zum Jahr 1575); engl. Übers.: Weinberg, Azarjah de’ Rossi. The Light of the Eyes (2001).
ʿA sarja ben Mosche min ha-ʾA dummim /Bonajuto de Rossi (1573)
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nünftige Argumentationen seiner Zeit und nicht einfach auf die alte Tradition gründete, was nicht nur die Aufmerksamkeit christlicher Gelehrter weckte, sondern ihm auch den jüdischen Vorwurf der Häresie einbrachte.44 6.1.1 Ein althebräisches Alphabet
In Kapitel 56 gilt ʿAsarjas Interesse der »Schrift von jenseits des Flusses und dem heiligen Schekel« (Titel).45 Er führt bei der Besprechung der althebräischen (ʿivrit) Schrift zuerst die traditionellen Äußerungen von Raschi zu Ex 21,32 und Mosche ben Maimon (§ VI,2–3) an und ergänzt diese durch seine eigene Einsicht in drei Dokumente: Ein Dokument, das »eine vertrauenswürdige Person aus dem wunderschönen Land« transkribiert und das er in Ferrara gesehen hat, ein »Autograph der Reise ins Heilige Land von Rabbi Basola« (s. Kap. 3 und § XIV,1.2), den ihm in Mantua Rabbi Samuel von Arles gezeigt hat, und »ein Text aus einem alten Buch«, das dem Rabbi Reuben von Perugia in Bologna von einem »christlichen Gelehrten« gegeben worden sei. Aus diesen Texten entnimmt ʿAsarja die althebräischen Buchstaben, wobei er Varianten aufzeichnet und die Buchstaben der Quadratschrift klein darüber abbildet:
ʿAsarja sah, dass diese »Schriftzeichen der Kutäer« denen entsprechen, »die auf den Münzen sind.« Er kannte offensichtlich mehrere solche Silber- oder Bronzemünzen. Danach zitiert er bekräftigend und ausführlich die 200 Jahre alte »angefügte Notiz« aus dem Perusch ha-Tora von Mosche ben Nachman (1270 >; § VI,4), wonach dieser in den Händen 44 Kaufmann, Contributions à l’histoire des luttes d’Azaria de Rossi (1896), 77–87; deutsch: Kaufmann, Zur Geschichte der Kämpfe Asarja deï Rossis (1915), 83–95. 45 Ed.: Mantua 1575, 171r–172v (Kap. 56), bes. 171r (samaritanisches Alphabet), 171v (Schekel); Weinberg, Azarjah de’ Rossi. The Light of the Eyes (2001), 666–671. – Auf diesen Text von ʿAsarja haben auch einige moderne Autoren, jedoch nicht immer mit der nötigen Genauigkeit, hingewiesen, z. B. Graetz, Bedeutung der jüdischen Münzen (1887), 146: »Auch den Juden in Italien war in demselben Jahrhundert das Vorhandensein solcher Münzen mit den sog. samaritanischen Alphabet- Zeichen nicht unbekannt«, mit Verweis auf ʿAsarja de Rossi; Gaster, Jewish Knowledge (1913), 609–612: ausführliches Zitat; Kisch, Sammeln jüdischer Münzen (1963), 1, verweist auf »die Abbildung eines Schekels wohl vom Jahr 4« bei »Azarian de Rosse« (sic); Meyshan, History (1968), 17, sagt, dass ʿAsarja »Peruṭot und Schekel gesehen habe« und dass er Schin Dalet mit »Schekel Davids« gedeutet habe; Macdowell, Early printed images (2010), 2–3, 2 Ill., bietet die alphabetische Tafel und die Nachzeichnung des Schekels.
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der Alten von Akko einen Schekel und einen Halbschekel gesehen hat, sich deren althebräische Umschriften von Samaritanern als »Schekel der Schekel« (falsch) und als »Jerusalem die Heilige« (richtig) übersetzen ließ und für die Bildmotive seine eigene Deutung und diejenige der Samaritaner anschloss. 6.1.2 Der Schekel einer Witwe aus dem 4. Jahr des 1. jüdischen Krieges
Typischerweise begnügte sich ʿAsarja aber nicht mit diesem Blick zurück in die wichtige Tradition des Mosche ben Nachman im 13. Jh., sondern fügte eine eigene Erfahrung mit einem echten Schekel (22S) an: Doch habe ich, der Schreiber – Gott sei Dank! – einen solchen Schekel gesehen, der im Besitz der Witwe des frommen Handelsmannes Isaak Haggio des Sefarden seligen Gedenkens, der in Ferrara lebte, war. Mit ‚der Krone eines guten Namens’ [mAbot 4,13] ging dieser nach Jerusalem, starb dort und wurde im Tal Jehoschafat begraben, etwa eine Meile außerhalb des Ziontors. Diese Frau, der die Sorge für die hinterbliebenen Kinder oblag, ließ sich bei ihrem ältesten Sohn Rabbi Jomtov seligen Gedenkens nieder, der das Gut seines Vaters hier in Ferrara verwaltete. Auf der Randzone der Münze sah ich, geschrieben mit den gleichen [althebräischen] Buchstaben, scheqel Jiśraʾel, und im Zentrum ein ṣinṣenet mit Schin Daled darüber, die meiner Meinung nach für scheqel David stehen. Und auf der anderen Seite (steht) Jeruschalajim ha-qedoschah oder Jeruschelajmah qedoschah, und im Zentrum ein Stab/Zweig mit drei Blüten (maṭṭeh baʿal scheloschim perachim), wie auf der (folgenden) Abbildung der beiden Seiten.
ʿAsarja weiß zwar um mehrere Silber- oder Bronzemünzen mit samaritanischen Aufschriften (25Splur; 15Bplur), beschreibt aber nur den Schekel (22S), den er im Nachlass des Mannes einer begüterten Witwe in Ferrara sah. Da dieser auf seiner Wallfahrt nach Jerusalem umgekommen ist, kann man annehmen, dass die Frau den Schekel als Andenken an ihren Mann (vielleicht aus Jerusalem) bekommen hat. ʿAsarja konnte diesen Schekel zwar nur betrachten, hat aber dessen Aufschriften – und diesen galt ja sein eigentliches Interesse – sehr genau angeschaut. Er benutzte ihn dann als außerbiblisches und außerrabbinisches Beweismittel, um die Fragen nach den Formen des althebräischen Alphabets auf einen sicheren argumentativen Boden zu stellen (s. Kap. 6.2.2). ʿAsarja hat zudem als erster jüdischer Autor eine Zeichnung der beiden Seiten dieses Schekels verfertigt (Abb. 3; 7A):
Abb. 3: ʿAsarja de Rossi (1575), Zeichnung des bei einer Witwe in Ferrara gesehenen Silberschekels, 1. jüdischer Krieg, 4. Jahr. Vorderseite: Strichzeichnung eines Kelches mit Schale, Stiel,
ʿA sarja ben Mosche min ha-ʾA dummim /Bonajuto de Rossi (1573)
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ohne Sockel, aber mit zwei übergroßen, auf den Münzrand aufstützenden Füßen, darüber althebräisch Schin Dalet, »J[ahr] 4« (gedeutet als »Schekel Davids«); Rückseite: Zweig mit drei Lilien oder Granatäpfeln (interpretiert als »Zweig mit drei Blüten«), kurzem Stängel und waagrechtem Abschluss. Althebräische Umschriften: scheqel Jiśraʾel und Jeruschalajim ha-qedoschah, »Jeruschalajim, die heilige« (beide 5 Uhr). [= TabÜ IV, 7A]
Dass er die althebräischen Buchstaben der Aufschrift außerhalb des Münzkreises in hebräischer Quadratschrift wiedergibt, zeigt wiederum, dass sein Hauptinteresse ein philologisches war. Die Bildmotive sind entsprechend rudimentär und wohl aus dem Gedächtnis – wie G. Postel dies 1538 auch tun musste (§ X,1) – nachgezeichnet (s. Kap. 6.2.1). Anschließend behandelt ʿAsarja die viel diskutierte Frage, ob die Tora in der althebräischen oder assyrischen Schrift gegeben worden sei, wobei er gegen die »völlig unbegründete« Ansicht von Rabbi Josef Albo (nach § VI,5) für die assyrische Schrift optiert und dies im Kapitel 58 noch weiter ausführt. Dazu bringt er ein ausführliches, zum Teil freies Zitat aus den Teschuvot des al-Aschqar (1530 ±), dessen originaler Text in Kap. 5 vorgestellt, übersetzt und kommentiert worden ist: 172r: In Bezug auf diese Frage kann ich nicht umhin, Dich über einen Kommentar zu informieren, den Rabbi Mosche al-Aschqar in seinen Teschuvot, Nr. 74, gemacht hat. Er schreibt folgendes: Wisse, dass von diesen Münzen vielerlei verschiedene Arten in meine Hände gekommen sind, [z. B.] ein Schekel und ein Halbschekel. Einige von ihnen trugen die Aufschrift Jahr so und so der Tröstung Zions, Jahr so und so des Königs so und so. Und ich sah auf einem von ihnen das Bild eines gebundenen Lulavs mit einem Etrog zur Seite. Ein gewisser Jude, der in dieser Schrift erfahren war, sagte mir, dass auf der einen Seite eine jonische Schrift mit hʾrmh [mit " über dem Resch] der Jonier eingeprägt war. Und es scheint, dass das in der Zeit war, als sie den Griechen verknechtet waren usw. Danach folgt noch eine Kritik am samaritanischen Alphabet in der Grammatik Miqneh Abram (1523) des Abraham ben Meir de Balmes, das dieser aus einem alten Buch abgezeichnet und als Schrift ʿever ha-nahar präsentiert habe (Kap. 2). Dies sei jedenfalls nicht die Schrift, die auf dem Schekel vorkomme, betont ʿAsarja mit Recht. Zum Schluss macht ʿAsarja noch metrologische Vergleiche zwischen den Bestimmungen zum Wert oder Gewicht des Schekels bei Raschi, Philo, den er Jedidjah nennt, und Josephus und verweist für alle solche Fragen auf das Kap. 15 im Kaftor wa-ferach von Estori ha-Farchi (1322; § VI,5).
6.2 Die numismatisch relevanten Inhalte
Aus den Angaben von ʿAsarja lassen sich wiederum einige Informationen entnehmen, welche unser Wissen um die jüdische Numismatik dieser Zeit bereichern. 6.2.1 Die Bildmotive, fast ohne Deutung
Die Bildmotive sind jeweils zentral im unteren Bereich des Geldstückes angebracht und recht ärmlich dargestellt. Der Kelch auf der Vorderseite ist zu einer Strichzeichnung eines Gefässes vereinfacht, das auf zwei hohen, nach unten gehenden Füßen direkt auf
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den Rand der Münze aufstützt und keinen Perlenrand als Schalenlippe aufweist, wie ein solcher auf allen Kelchen der Münzen des 4. Jahres des 1. jüdischen Krieges vorkommt. ʿAsarja nennt ihn wie die Samaritaner bei Mosche ben Nachman (§ VI,4) ein ṣinṣenetGefäss (aus Ex 16,33), wobei er im Unterschied zu den Samaritanern keine Anspielung auf das Manna macht. Das Bildmotiv des Granatapfelzweiges auf der Rückseite nennt er wie die Samaritaner bei Mosche ben Nachman einen »Stab/Zweig mit drei Blüten« (maṭṭeh baʿal scheloschim perachim), deutet diesen aber weder als Teil eines Mandelbaums (wie Mosche ben Nachman) noch als Stab Aarons (wie die Samaritaner), sondern lässt jede weitere Deutung weg und zeigt nur das, was er sah – ähnlich wie Estori ha-Farchi (§ VI,5) –, nämlich einen Zweig mit drei Blüten. Der blühende Zweig ist ihm dabei zu klein geraten und trägt eher drei Lilien als drei Granatäpfel. Zudem zeigt der kleine waagrechte Abschluss unten am Stängel, dass ʿAsarja darin wohl ein aufgestelltes [Kult?-]Objekt gesehen hat. ʿAsarja hat offensichtlich recht frei das nachgezeichnet, was er in den Händen der Witwe von Ferrara gesehen hat. Seine Zeichnung ist deshalb keine direkte Nachzeichnung des Schekels. Sie sollte eher als Skizze (wie schon bei G. Postel) bezeichnet werden, auf der viele Details fehlen oder unscharf dargestellt sind. Dass es sich trotzdem um einen echten Silberschekel handelt, ist deshalb aber nicht in Frage zu stellen. 6.2.2 Die Aufschriften und die Datierung
ʿAsarja liest richtig scheqel Jiśraʾel und die beiden Buchstaben Schin Dalet auf der Vorderseite und Jeruschalajim ha-qedoschah auf der Rückseite und gibt dazu noch eine alternative Lesart Jeruschelajmah qedoschah samt einer langen grammatikalischen Erörterung. Seinen Augen mehr trauend als der Tradition sieht er in der Lesung scheqel ha-scheqalim des Mosche ben Nachman eine Fehlleistung. Dass dies jedoch eine falsche Lektüre der von Mosche ben Nachman beigezogenen Samaritaner war, hat er nicht bemerkt und so dem berühmten Mosche ben Nachman einen Fehler untergeschoben. Die richtig gelesenen Buchstaben Schin Dalet über dem ṣinṣenet-Gefäss versteht ʿAsarja zudem nicht als Datumsangabe »J[ahr] 4«, die den Schekel in das vierte Jahr des 1. jüdischen Krieges datiert, sondern als Abkürzung von Scheqel David, womit er den Schekel in die Zeit Davids datiert. 6.2.3 Vielfacher Rekurs auf die jüdische Tradition
ʿAsarja bezieht sich sowohl bei der Frage nach dem samaritanischen Alphabet, nach der ursprünglichen Schrift der Tora und dem Aussehen des Schekels auf alle großen Gelehrten der jüdischen Welt, die dazu etwas gesagt haben: Raschi, Mosche ben Maimon, Mosche ben Nachman, Basola, al-Aschqar, de Balmes und (negativ) Albo. Zusätzlich aber berichtet er von seinen eigenen Begegnungen mit Rabbinern, Texten und Bildern, die er gleichwertig in seine Darlegungen einbaut. Dies ist ein sehr schönes Beispiel für den Respekt, den ʿAsarja der eigenen jüdischen Tradition gegenüber einnimmt, und zugleich für die kritische Distanz, die er durch den Einbezug anderer Informationsquellen zu den traditionellen Argumenten hat. Erstaunlich ist, dass die christlichen Gelehrten, die
Zusammenfassende Darstellung (zu § VIII): Die jüdischen Autoren des 16. Jh.
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unterdessen ihre eigenen wissenschaftlichen Beiträge geleistet haben (s. § X), bis auf den kleinen Verweis auf einen »christlichen Gelehrten« in Perugia völlig ausgeblendet sind. Erwähnt sei noch, dass der jüdische Numismatiker S. Raffaeli, Maṭbeʿot ha-Jehudim (1913), Abb. א, den Strichkelch und den dreifachen Lilienzweig ʿAsarjas nachzeichnen wird.
7. Zusammenfassende Darstellung (zu § VIII): Die jüdischen Autoren des 16. Jh. 7.1 Tabellarischer Überblick II (zu § VIII): Jüdische Autoren des 16. Jh. (zu echten jüdischen Münzen) (s. auch TabÜ IV)
Der folgende Tabellarische Überblick II fasst die Informationen zur Geschichte der jüdischen Numismatik, die sich in den Texten der sechs jüdischen Autoren des 16. Jh. finden ließen, zu sechs Sachgruppen zusammen, wobei der Befund von Spalte 2 und 3 in einem Kürzel zusammengefasst ist, der das Metall (Silber oder Bronze), die Stückelung und das Vorkommen angibt. Die voran- und hochgestellte Ziffer zählt dabei das Vorkommen in chronologischer Abfolge (gemäß dem TabÜ IV). Abkürzungen: S = Silbermünze/Schekel; B = Bronzemünze; plur = mehrere Exemplare; gr/mi/kl = groß/mittel/klein; A = Abbildung; hasm. = hasmonäisch; 1K = 1. jüdischer Krieg; 2K = 2. jüdischer Krieg; ? = fraglich; unterstrichen = erstmalige Erwähnung.
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Tabellarischer Überblick II (zu § VIII): Jüdische Autoren des 16. Jh. (zu echten jüdischen Münzen) 1. Autoren (Orte, Fundorte)
2. Metalle, Münzarten 3. Datierungen
Kürzel
Obadja de Bertinoro (1510 )
Gedalja ibn Jachja33 wurde in Imola geboren, studierte und war unter anderem in Ferrara, Bologna und Rovigo tätig, wurde dann aber wegen der Vertreibung der Juden unter Papst Pius V. zu einem unsteten Wanderer in Italien, bis er in Alexandria im Piemont einen Ort fand, wo er bis zu seinem Tod als Rabbi lehren konnte. Er war ein bekannter Talmudist und mit 26 Werken einer der fruchtbarsten jüdischen Autoren seiner Zeit. Er schrieb ein chronikartiges Werk mit dem Titel Schalschelet ha-Qabbalah, »Kette der Tra-
31 Zur Person und zum Werk: Berliner, Geschichte der Juden in Rom (1893), 84; Finkel, Obadja Sforno als Exeget (1896), 80–81. 128. 155 und bes. 328–329; Comparini, Un intelletuale hebreo (1996), 99–128. 32 Ein Auszug von Obadja ben Jakob Sforno aus Gedalja ibn Jachja ist bei Finkel, Obadja Sforno (1896), 8–9 und Anm. 6, zitiert. 33 Zur Person und zum Werk: David, Gedaliah Ibn Yahia (1994), 101–132; mit reicher Literatur; Voss, Umstrittene Erlöser (2011), 76–78; der »Exkurs in die Numismatik« auf den Seiten 198–209 betrifft nur die so genannte »Lemlein Medaille«, die »eine christliche Parodie auf die jüdische Messiashoffnung« (209) darstelle.
Die Weiterführung des narrativ-metrologischen Ansatzes von G. Budé
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dition«, das erst in seinem Todesjahr 1587 veröffentlicht wurde.34 Dieses Werk hat drei Teile: Eine Chronik von Adam bis ins 16. Jh., dann wissenschaftliche Texte zur Kosmologie, zur Genese des Menschen und zur Magie und schließlich eine Chronik über die Juden im Kontext der anderen Nationen, das heißt besonders deren Verfolgungen. Im mittleren Teil liegt eine Abhandlung »über jüdische Münzen und Maaße im Verhältnis zu den italienischen, besonders denen von Bologna« vor.35 C. Roth sieht darin »ein vollständiges Kleintraktat über die alten jüdischen Gewichte und Maße«,36 worin auch Auszüge aus den Berechnungen seines Lehrers Obadja ben Jakob Sforno (Kap. 4.1) erhalten sind. Beide jüdische Autoren haben offensichtlich ihre metrologischen Überlegungen angestellt, ohne reale Münzen zur Verfügung gehabt zu haben. * Die folgenden 13 Werke metrologischer Prägung stammen von christlichen Autoren. Diese beschäftigten sich nicht nur mit griechischen und lateinischen Maßen, Gewichten und Münzen, sondern erwähnten manchmal auch biblische Sachverhalte und begannen, auch jüdische Autoren einzubeziehen. Sie stehen aber unübersehbar in der Linie der metrologischen Untersuchung von G. Budé, für die es offensichtlich nicht notwendig war, die Aussagen an Münzen selbst zu verifizieren. Die christlichen Autoren, die für ihre philologischen, theologischen, religionsgeschichtlichen und selten auch numismatischen Interessen echte jüdische Münzen in ihren Händen hatten oder mindestens inspizieren konnten, werden im nächsten § X dargestellt. Die bibliographischen Angaben zu den Autoren und Werken der folgenden Kap. 4.3–15 werden in der Chronologischen Bibliographie von § XV unter dem Erscheinungsjahr des Werkes geboten.
4.3 Philipp Melanchthon (1497–1560) – Ein numismatisches Vokabularium mit biblischen Erinnerungen (1529)
Der gelehrte Philologe und Reformator Philipp Melanchthon, der als Besitzer von echten jüdischen Schekeln und Initiant der Prägung von Schekel-Imitaten unten in den §§ X,4 und XII,2 ausführlicher dargestellt wird, hat schon 1529 in Basel ein kleines komposites Werk von 16 Seiten mit dem Gesamttitel Vocabula mensurarum et rei nummariae verfasst. Das erste Kapitel trägt den Titel Nomina Mensurarum (S. 1–2) und behandelt Hohlmaße, wobei mehrmals auf die Wittenberger »Kannen« verwiesen wird und die 6 Hydria bei der 34 Nach Fürst, Bibliotheca Judaica II (1852), 3, s. v. Ged. Ibn Jachja, begann Jachja das Werk Schalschelet ha-Qabbalah 1549 in Ravenna, das aber erst in Venedig 1587 kurz vor seinem Tod veröffentlicht wurde: »Benutzt und teilweise übersetzt haben diese Chronik Joh. Hnr. Hottinger [1659], Joh. Chph. Wagenseil [1674], Bartolocci [1693], Eisenmenger [1700], Otho [1675] u. A., ohne dass Einer es ganz übersetzen wollte. Der Däne Ge. Waldeche [?] hat eine vollständige Übersetzung angefertigt.« Letztere ist jedoch nirgends aufzufinden. 35 de-Rossi, Historisches Wörterbuch (1839), 134–136, s. v. Jachia (Gedalja); zit. 135; vgl. den Hinweis bei Zunz, Münzkunde (1845), 146. 36 Roth, The Jews in the Renaissance (1959), 40.60.135. 311; zitiert 329: »an entire miniature treatise on the ancient jewish weights and measures«.
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D § IX Das Erwachen des Interesses an der biblisch-jüdischen Geldwelt
Hochzeit von Kana in Joh 2,6 auf 60 Kannen berechnet werden! Dann folgt ein Kapitel Vocabula Rei numariae (S. 2–6), wobei griechische, lateinische und (ganz selten) hebräische Münzwerte aufgezählt und manchmal mit anderen Geldern wie dem »Rheinischen Gulden« (aureus Renanus) verglichen werden. Die neutestamentliche Geldwelt wird nur ganz spärlich berücksichtigt. Bei der silbernen Didrachme wird auf die jüdische Tempelabgabe und Mt 17,24–27 Bezug genommen: Et tantum pendebant singuli Iudaei quotannis tributi nomine, authore Josepho. Itaque a Christo postulatur didrachmon, apud Matthaeum. Et Christus pro se et Petro reddi iubet Stateram. Is enim continebat duo didrachma. Iosephi locus facit, ut de argento intelligamus illam tributi solutionem. Und soviel [eine Didrachme] bezahlten nach dem Autor Josephus die einzelnen Juden jährlich als Tribut. Deshalb wird bei Matthäus von Christus eine Doppeldrachme verlangt. Und Christus befiehlt, für sich und Petrus einen Statêr abzugeben. Die Stelle bei Josephus macht, dass wir jene Bezahlung des Tributs als eine von Silbergeld verstehen.
Und zum Schluss wird nach Josephus (Ant. 3,195) der Schekel mit vier attischen Drachmen gleichgesetzt. Angeschlossen ist ein Traktätchen mit dem Widmungs-Titel: Studiosis bonarum literarum (8–12), das mit Ioachimus unterschrieben ist. Joachim Kammermeister (= Camerarius) der Ältere (1500– 1574) führt darin die Aufzählungen von Ph. Melanchthon weiter, wobei er auch Längenmaße beizieht. Einziger weiterer Bezug zum Neuen Testament ist bei ihm das Hohlmaß Choinix aus Offb 6,6, das eine Tagesration fasse. Zu seiner kleinen »Geschichte des antiken Münzwesens«, s. Kap. 4.7.
4.4 Johann Winter von Andernach (= Guinterius Andernacus) (1505–1574) – Eine antike Liste von Maßen und Gewichten zu medizinischen Zwecken (1532)
Der Arzt und Humanist Johann Winter von Andernach (Deutschland)37 bietet 1532 in De ponderibus et mensuris eine zweieinhalbseitige, zu medizinischen Zwecken zusammengestellte Liste von antiken Gewichten und Maßen, die er als Adnotatio seiner lateinischen Ausgabe des Opus de re medica des Griechen Paulus von Aegina (1. Häfte 7. Jh. n.) beifügt. Diese von J. Winter von Andernach selbst verfasste Liste berücksichtigt zwar keine biblischen Maße und Gewichte, wird aber als Aktualisierung eines antiken Werkes öfters in der numismatischen Literatur von damals zitiert. 4.5 Georg Bawer (= Agricola) (1494–1555) – Europäische Metrologie und Metallkunde in Sankt Joachimsthal (1533 und 1556)
Georg Bawer, »der sich entsprechend dem Gelehrtenbrauch seiner Zeit Georgius Agricola nannte … gilt als Begründer der eigentlichen Montanwissenschaften und der neu Zur Person und zum Werk: Turner, Jean Guinter, d’Andernach (1881), nr. 27, 425–434 (Name; Guinter!); Nr. 29, 441–448 (II: Daten); Nr. 32, 505–546 (III: Übersetzungen; ohne De ponderibus et mensuris); 857 (Inhaltsverzeichnis, unter: Gonthier d’Andernach); Schäfer, Johann Winter aus Andernach (1989).° 37
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zeitlichen Mineralogie«.38 Er hat 1533 in Chemnitz ein De mensuris & ponderibus in 5 Bänden geschrieben, worin er die griechische und römische Metrologie zu ordnen versuchte und wesentlich dazu beitrug, die Unmenge an unterschiedlichen Maßen, Münzen und Gewichten im zersplitterten Europa einigermaßen in den Griff zu bekommen. Wissenschaftsgeschichtlich bedeutender ist jedoch sein Hauptwerk De re metallica libri XIII (1556), das den Bergbau, das Hüttenwesen und vielfache geologisch-mineralogische Probleme behandelt. Als Stadtarzt und Apotheker in Sankt Joachimsthal (heute Jáchymov) im böhmischen Erzgebirge, das durch die Entdeckung reicher Silbervorkommen zu einem Zentrum des Bergbaus wurde, konnte er seine theoretischen, in Italien erworbenen Kenntnisse zur Metallkunde praktisch anwenden und sich mit Bergbau und Hüttenwesen, Mineralien und Gesteinen intensiv befassen. Ich habe zwar in seinem Werk keine Spur von Beschäftigung mit biblischen Texten oder mit jüdischen Münzen gefunden, doch beschreibt er ausführlich das Gebiet von Sankt Joachimsthal, das für verschiedene Bereiche der jüdischen Numismatik von Bedeutung wurde: In Sankt Joachimsthal wurden auf Antrag von Ph. Melanchthon (1552) Schekel-Imitate geprägt (§ XII,2), da wurden auch die ältesten Schekel-Medaillen hergestellt (§ XIII,2.2 und 2.4) und da entstanden die Bergmannspredigten seines Freundes Johann Mathesius (1562), in dessen imaginierten biblischen Geldgeschichte sich die jüdischen Phantasie-Münzen entwickeln konnten (§ XIV,3.4). 4.6 Georg van Cadsant (= Cassander) (1518–1556) – Ein metrologischer Beitrag eines flandrischen Humanisten (1537)
Der in der damaligen Zeit der konfessionellen Auseinandersetzungen vor allem im interreligiösen Gespräch engagierte Autor Georg van Cadsant aus Gent,39 der in Deutschland zwischen katholischen und reformatorischen Positionen zu vermitteln versuchte, hat 1537 auch das kleine metrologische Werk De Mensuris et Ponderibus geschrieben, das auch hebräische Maße und Gewichte berücksichtigt. Dieses ist Teil seiner numismatischen »Berechnung« (supputatio) römischer griechischer Münzen«, die er mit denjenigen in Frankreich und in seinem Flandern vergleicht. 4.7 Joachim Kammermeister (= Camerarius) der Ältere (1500–1574) – Eine »kleine Geschichte« des antiken Münzwesens (1539)
Von zwei weiteren Publikationen aus dem Freundeskreis von Ph. Melanchthon sei als erste die Historiola Rei Nummariae, sive de numismatis Graecorum & Latinorum genannt, die der humanistische Philologe Joachim Kammermeister40 mehrmals herausgegeben hat. Dies ist ein Sammelwerk, das neben verschiedenen Traktaten zu den res equestres auch ein Traktat zur griechischen und lateinischen Münzkunde enthält. Im Innern der Ausgabe 1539 heißt das Traktat: De numismatis seu moneta Graecorum ac Latinorum, und Zur Person und zum Werk: Bartels/Slotta, Der alteuropäische Bergbau (2012), 551–552. Zum Werk und zur Person: Bautz, Art.: Georg Cassander (1975), Sp. 949–950. 40 Zum Werk und zur Person: Stählin, Art.: Camerarius, Joachim (1957), 104–105. 38 39
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beginnt mit: »Historiolam rei numariae quandam collegimus …« (fol. 44a). Dieses Traktat bietet mehrere Listen von Münzwerten der Antike, verbunden mit historischen Reminiszenzen, macht aber keine expliziten Aussagen zu biblischen Sachverhalten, obwohl J. Kammermeister diese aus Ph. Melanchthons Vocabula (s. Kap. 4.3) kannte. 4.8 Paul Eber (1511–1569)/Caspar Peucer (1525–1602) – Ein metrologisches Sammelwerk zu antiken Hohlmaßen (1544)
In verwandtschaftlichen und/oder freundschaftlichen Verhältnissen zu Philipp Melanch thon standen auch der Theologe und Dichter Paul Eber und der weitgebildete Humanist und Reformator Kaspar Peucer, die 1544 ein Sammelwerk mit dem Titel Vocabula rei nummariae ponderum et mensurarum Graeca, Latina, & Ebraica herausgegeben haben, welches durch sehr zahlreiche Auflagen das weite Interesse der damaligen Zeit an den Numismatica bezeugt. Zum Breviarium de Asse von G. Budé (Kap. 2.2.1), den Vocabula von Ph. Melanchthon samt der Empfehlung an die Studiosis bonarum literarum von J. Kammermeister (Kap. 4.3) und einigen anonymen Umrechnungen (supputationes) in deutsche oder schweizerische Währungen ist als sechster Beitrag eine anonyme Abhandlung De Mensuris ebraicis beigefügt, welche in den Ausgaben von 1551 und 1556 durch Recentium Ebreorum Interpretatio und Mensurae liquidorum iuxta Ebreos erweitert wurde. Nur dieser sechste Beitrag samt dessen Erweiterungen in den nachfolgenden Ausgaben hat mit hebräischen Sachverhalten, jedoch ausschließlich mit Hohlmaßen, zu tun, wobei die Autoren einige biblische Stellen (Ex 16; 2 Kön = 4 Reg 6; Lk 16) und mehrmals Josephus beiziehen und manchmal mit deutschen Hohlmaßen vergleichen. Jüdische Münzen werden jedoch nie erörtert. 4.9 Diego de Covarruvias y Leyva (1512–1577) – Ein »Sammelwerk von alten Münzen« (1562)
Diego de Covarruvias y Leyva41 war ein berühmter spanischer Rechtsgelehrter der Schule von Salamanca, Bischof und Professor in mehreren spanischen Städten. Neben seinen nachhaltigen juristischen Schriften publizierte er 156242 ein numismatisches Sammelwerk mit dem Titel Veterum collatio numismatum, das weit verbreitet war und oft nachgedruckt wurde, aber keine neuen Einsichten bringt. Im Kap. I, das gemäß der Inhaltsangabe zu Beginn De argenteis Graecorum, Romanorum, & Hebraeorum handelt (p. [4]), im Innern des Traktates aber De veteribus argenteis numis (fol. 3a) heißt, werden auch die Münzen der Bibel unter Angabe einiger alt- und neutestamentlicher Stellen besprochen. Im Abschnitt 9 geht es um das Gewicht des Silber- und Goldschekels bei den Hebräern (fol. 7a–8b: Siclus argenteus apud Hebraeos, cuius ponderis fuerit: et item aureus), während
Zur Person und zum Werk: Seelmann, Art.: Covarrubias (1995), 142–143. Eine von Lipsius, Bibliotheca numaria (1801), und in Wikipedia genannte Ausgabe 1556 konnte Dekesel, Bibliotheca Nummaria [I] (1997), XVIII, nirgends lokalisieren. Er führt jedoch 14 andere Ausgaben von 1562–1599 an. Auch die Angabe bei Mayer/Avi-Jonah, Bibliography (1966), zu einer »2. ed. Salamanca 1572« ist nicht richtig.
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im Abschnitt 10 das Gewicht des »Schekels des Heiligtums« verteidigt wird, der 7 Drachmen, d. h. 20 Oboloi, also die 20 Gera von Lev 27,25 (fol. 8b–9a), umfasst. 4.10 Diego (= Didacus) Ximenes Arias (1490–1578?) – Lexikalische Einträge zur biblischen Metrologie (1566)
Diego Ximenes Arias war ein spanischer Dominikaner von Alcantara, der in seinem Jahrhunderte lang aufgelegten Lexicon Ecclesiasticum Latino-Hispanicum (Salamanca 1566) auch numismatische Einträge verfasste, bes. zu Mna, Siclus und Talentum. Es geht dabei jeweils um eine sehr kurze Darstellung der biblischen Gewichte und Münzen mit Verweisen auf biblische, griechische und römische Texte, jedoch ohne jegliche Illustration und ohne weiterführende Beiträge für die Geschichte der Numismatik. Wie es einem Lexikon entspricht, wird hier nichts Neues geboten; die weite und lange Verbreitung des Werkes prägte jedoch das damalige Wissen um biblische Gewichte und Münzen im spanischen Raum. 4.11 Stanislaw Grzepski (= Grsepsius) (1526–1570) – Erste christliche Zweierbis Dreier/Vierer-Systematik von Talent und Schekel (1568)
Mit der im Untertitel genannten Absicht, den Zeitgenossen »vieles bisher den Menschen unseres Jahrhunderts Unbekanntes« (multa hactenus nostri saeculi hominibus incognita) zu bieten, veröffentlichte der polnische Gelehrte Stanislaw Grzepski 1568 ein Werk mit dem Titel De multiplici Siclo et Talento Hebraico. Nach einer Epistola dedicatoria (S. 3–5) folgt eine Praefatio für den Leser (S. 6–16), in welcher der Autor erklärt, dass er die mangelhafte Behandlung der hebräischen Maße und Gewichte durch den sonst hoch gelobten G. Budé (1514) verbessern wolle. G. Budé habe die biblische Geldwelt nicht in ihrer eigenen Systematik betrachtet und besonders die Aussagen der Rabbinen nicht zur Kenntnis genommen, die von einer Doppelung von heiligen und profanen Gewichten und Werten sprechen. So stellte er zuerst (S. 17–55) eine Epitome voran, die »zum größten Teil Budés Büchern de Asse entnommen ist« (ex Libris Buddaei de Asse potissimum desumpta). Dann wandte er sich dem hebräischen Schekel und Talent zu (S. 55–102: De siclo et talento hebraico). Unter Berufung vor allem auf die LXX, Josephus, Epiphanius von Salamis und einige Kirchenväter und – über Nikolaus von Lyra (Lyranus; ca. 1270–1349) – auch auf »Rabbi Salomon« (= Raschi) entwickelte er eine Systematik von goldenen, silbernen, bronzenen und eisernen Talenten und/oder Schekeln, die ohne Verifizierung an tatsächlichen Münzen auskommt und deshalb einen rein theoretischen Entwurf von den doppelten bis vierfachen Gewichten und/oder Werten des Talents und des Schekels darstellt. Seine systematische Darstellung sieht wie folgt aus: S. 55–61: [De talento et siclo sanctuarii] (jedoch ohne Titel) als die eigentlichen hebräischen Maßeinheiten, wobei das Talent = 3000 Schekel ist. S. 61–63: De minori talento publico, das nur die Hälfte des talentum sanctuarii wiegt. S. 63–65: De talento numismatico, das einen Sechstel des talentum publicum wiegt. S. 65–66: De talento maiori publico, das sich aus den anderen Maßeinheiten ergibt, die stets einen größeren und einen kleineren Wert vorweisen.
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De talento regio, das Dreiviertel des talentum sanctuarii wiegt. De talento aegyptio (kurze Notiz). De divisione talenti in Zehntel, Hundertstel und Tausendstel (mit Schema). De Siclo et Talento Auri, die nur die Hälfte des silbernen Schekels und Talents wiegen. De siclo aeris et ferri, die beide gleichwertig und mindestens gleich wie der Silberschekel sind. Es folgen dann noch zwei weitere Traktate: S. 103–152: De mensuris hebraicis, eine ausführliche Darstellung der Hohlmaße für feste und flüssige Substanzen. S. 152–163: De Anno (als Zusatz), sowohl zum Sonnen- wie zum Mondjahr. S. 67–70: S. 70: S. 71–79: S. 79–97: S. 98–102:
Dies ist der erste systematische, aber rein theoretische Traktat biblischer Metrologie eines christlichen Autors des 16. Jh. Das etwas abseitige Werk des polnischen Autors blieb über 100 Jahre praktisch unbeachtet, doch hat seine imaginierte zwei- bis vierteilige Systematik Schule gemacht, wie schon kurz danach M. Host, Nummorum Veterum Enumeratio (1574), zeigt (§ X,4.12.2). T. Friese (1592) nennt ihn in seiner bibliographischen Zusammenstellung numismatisch relevanter Publikationen seiner Zeit mit Respekt an erster Stelle (§ XIII,2.12). Über 100 Jahre später erschien das Werk in Erfurt unter dem Namen des Heinrich Günther von Thülemayer und dem Titel De variis siclis et talentis Hebraeorum (1676). Erst E. D. Hauber hat im Jahr 1767 richtig gesehen, dass dies ein Plagiat der »schlecht 1568 zu Antwerpen gedruckte(n) Schrift … des poln. Jesuiten Stan. Grsepsii« ist.43 Seitdem B. Ugolino dieses Traktat 1765 in seinem Thesaurus Antiquitatum Sacrarum abgedruckt hat,44 ist es definitv wieder zu seinem ursprünglichen Autor Stanislaw Grzepski zurückgekehrt. Dass es sich bei H. G. von Thülemayer um ein Plagiat handelt, ist dabei sehr versteckt angemerkt: B. Ugolino fügt der Praefatio eine an den Leser gerichtete Notiz von Henricus Guntherus Thulemarius an, datiert mit 5. Non. Mart. anno 1676 (Col. DXCIV–DXCV), in welcher dieser den eigentlichen Autor, also St. Grzepski, einen »gewissen Mann, der in allen literarischen Dingen sehr bewandert war«, nennt. B. Ugolino präzisiert dann in der Anm. *: Haec praefatio editioni Germanicae praemissa est in 12. cujus editionis locum & annum addere nequeo, cum in lacerum codicem inciderim, cui prima pagina ademta. B. Ugolino hatte demnach von Thülemayers De variis siclis et talentibus Hebraeorum nur ein beschädigtes Exemplar ohne erkennbare Angaben zu Ort und Jahr des Erscheinens. B. Ugolino war sich auch der Einseitigkeit dieses Traktates bewusst und hat wohl deshalb zwei ergänzende Texte angefügt: Als erstes (Col. DCLXXXI–DCLXXXVI) bietet er einen Brief des Claudius Salmasius (1588–1653) mit Datum vom VIII. Id. Feb. 1635 an dessen ärztlichen Kollegen Johannes Walaeus, in dem Hohlmaße erörtert werden. Als zweites (Col. DCLXXXVI–DCXC) folgt ein wohl von B. Ugolino 1765 selbst verfasstes45 doppeltes Addidamentum, das zuerst die alt- und neutestamentlichen Hohlmaße (mensuras vasorum sacrorum) aufzählt, und dann pecuniam et pondera sacra quorum S. Scripturae meminit listenartig vorbringt. Unter den nummi et pondera des Alten Testaments listet B. Ugolino die gängigen Gewichte »Siclus, Gera, Agorah, Keschitah, Adarcon, Ciccar, Talentum sacrum« mit entsprechenden Bibelstellen (vgl. § II,2.1) auf, während er als nummi des Neuen Testaments folgende Geldstücke mit ihren lateinischen und griechischen Namen aufzählt: Nummulus/Lepton, Quadrans/Kodrantês, Assarius/Assarion, Drachma, Denarius, Didrachmum, Hauber, Nachricht (1767 = 1778), 31. Ugolino, Thesaurus Antiquitatum Sacrarum 28 (1765), Col. DLXXXV–DCXC. 45 Er verweist am Schluss für jene, die mehr wissen wollen, einzig auf Leusden, Philologus Hebraeo- Mixtus (s. § XV, Chronol. Bibliographie, zum Jahr 1663), der eine ausführlichere Darstellung bringe. 43 44
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Stater/satêr und Argenteus/Argyrion, wieder mit den entsprechenden Bibelstellen (vgl. § II,2.2). B. Ugolino vervollständigt mit dieser kleinen biblischen Metrologie des 18. Jh. die auf das Talent und den Schekel beschränkten Ausführungen von St. Grzepski.
4.12 Matthäus Host (1509–1587) – Geschichten der jüdischen Münzkunde in Kurz- und Langformen (1570/1574/1580)
M. Host, der ab 1535 bis zu seinem Tod Professor der griechischen Sprache in Frankfurt an der Oder war,46 hat neben anderen Publikationen eine sich steigernde numismatische Trilogie verfasst, in welcher er das numismatische Wissen seiner Zeit zum Nutzen der akademischen Allgemeinheit darlegte und dabei auch die biblischen Geldangaben verwertete. »Einem jeden seiner [9] Kinder hat er ein Buch dediciret und führet er dies Ursach an, weil er keine Schätze sammeln können, so wolle er dieses Mittel ergreiffen, wodurch sie bey der Nachwelt in beständigen Andenken bleiben würden«.47 Bücher und Kinder waren offenbar seine einzigen Schätze! Dass M. Host sein Wissen nicht von Geldstücken bezog, die in seinem eigenen Besitz waren, zeigt sich auch darin, dass sein Werk völlig aus literarischen Quellen gespiesen ist. Selbst wenn er den Schekel definiert, geschieht dies nicht aus eigener Anschauung eines echten Schekels, da er die Beschreibung aus J. Forster, Dictionarium Hebraicum Novum (1557), entnimmt, wo allerdings eine Schekel-Medaille beschrieben ist (s. § XIII,2.1). Die entsprechende Passage wird deshalb bei den Schekel-Medaillen besprochen (§ XIII,2.8). Die von M. Host benutzten literarischen Quellen sind vor allem die antiken Autoren Flavius Josephus (§ II,2.3.3), Eusebius von Caesarea, Epiphanius von Salamis (§ V,2.2), Hesychius von Alexandrien und Suidas, doch zieht er neben der hebräischen und griechischen Bibel auch die aramäischen Targume und die jüdischen Autoren David Qimchi (1160–1235) und Raschi (nach § VI,2) bei. Auch kennt er zahlreiche zeitgenössische numismatische Autoren wie J. Kammermeister (1539), St. Grzepski (1568) und B. Arias Montano (1572). 4.12.1 Historiae de Re Nummaria Veteri Epitome (1570)
M. Host veröffentlichte 1570 eine »Kurzfassung der Geschichte der alten Münzkunde«, in welcher auf nur 24 Blättern »die alten Münzen wenn auch kurz so doch aufmerksam aufgezählt und erklärt und mit dem französischen Coronatus und dem deutschen Vallensis Joachimicus48 verglichen werden«. In einem langen Grußwort an die Dozenten Zur Person und zum Werk: Schimmelpfennig, Art.: Hostus Matthäus (1881), 191. Küster/Seidel, Martin Friedrich Seidels Bilder-Sammlung (1751), 109. 48 In der Admonitio auf der Rückseite der Titelei – ebenso in Host, Enumeratio (1574), A1v und Historiae (1580), 7–9 – werden diese beiden Währungen erklärt: Ein Coronatus, aureus nummus Gallicus wurde von G. Budé auf 100 Asse, 40 Sesterzen, 10 röm. Denare oder attische Drachmen taxiert, »und unsere einheimischen Münzen (nostratis monetae) ergeben 30 »Meißner Groschen« (Grossi Misnici), (d. h.) 360 »Meißener Pfennige« (Nummuli Misnici). – Der Argenteus nummus un46 47
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seines Gymnasiums erklärt er, dass der wesentliche Grund für sein Unternehmen die allgemeine Unwissenheit in numismatischen Dingen sei, verweist auf ein zukünftiges umfassenderes Werk (s. Kap. 4.12.3) und bittet seine Kollegen um ihr wohlmeinendes Gehör (S. 7–12). Nach De Nummo quid sit und Erörterungen zu den verschiedenen Namen für Geld (S. 13–15) folgt in Kap. I und II die Behandlung der römischen, dann der griechischen und barbarischen Münzen (S. 15–31). Im Kap. III. De Nummis Iudaicis behandelt M. Host drei Schekelarten, den siclus sacer seu sanctuarii (= Tetradrachme), den siclus publicus seu profanus (= Didrachme) und den siclus regius (= Tridrachme) (Punkte 1–4), weist dabei auf den Judas-Lohn (Mt 27,3–10) hin und fügt Maneh/Mina/Pondo an. Das Talentum erfährt zuerst eine ausführliche, außerbiblische Darstellung und wird dann kurz als ebenfalls dreifacher, profaner, königlicher und heiliger Kikkar im biblischen Bereich besprochen (S. 31–39). M. Host folgt darin also der von Stanislaw Grzepski 1568 entwickelten Dreier/Vierer-Systematik von Schekel und Talent (Kap. 4.11). Die weiteren Seiten sind einem Vergleich der Gold- und Silbermünzen und im speziellen den Goldmünzen in der Antike gewidmet (S. 39–50).49 4.12.2 Nummorum Veterum Enumeratio (1574)
Dies ist eine noch kürzere, nur 16 Blätter umfassende »Aufzählung der alten Münzen«, die in einer nach Punkten geordneten Systematik behandelt und stets mit der »Meissener Münze« (Misnicus Nummus) verglichen werden. Als Veteres nummi behandelt M. Host hier jene Münzen, »welche bei den alten, heiligen wie profanen Autoren, die ungefähr vor MCCC [1300] Jahren gelebt haben, erwähnt werden« (A1v). Seine Informationsquellen, die entsprechend ungefähr aus dem 2. und 3. Jh. stammen sollen, werden dann im Hauptwerk von 1580 (s. Kap. 4.12.3) ausführlich zitiert. M. Host unterscheidet drei hauptsächliche Sprachen auf den Münzen: griechich, lateinisch und hebräisch (Kap. I.: De Nummi Definitione et Appellationibus, Punkt 2). Entsprechend den Lateinern und den Griechen gibt es auch bei den Hebräern Geld in drei Metallen: »Nachus aes, keseph argentum, auri plura sunt illis vocabula, eandem rem significantia: Kethem, Zahau, Dahau, Bezar, Segor, Paz, Charuz etc.« (Punkt 5). In den folgenden Kapiteln II–V werden römische, griechische und weitere, auch barbarische Münzen und das Silbertalent besprochen, wobei jeweils die Äquivalente in Meißener nummuli, nummi und grossi angegeben werden. Im Kap. VI: De Nummis Hebraicis behandelt M. Host wiederum den profanen, königlichen cialis, der Vallensis Ioachimicus kat’ exochên genannt wird, da er von Sankt Joachimsthal kommt (s. § XIII,2.2), werde nach der allgemeinen Einschätzung gegen 24 Meißner Groschen umgetauscht. Ein Meißner Groschen besteht aus 12 Nummuli, »Pfennige«, sodass ein totus argenteus uncialis 288 Nummuli ausmacht. – Der Ausdruck Misnicus hat nichts mit dem lateinischen Misnicus zu tun, das die Autoren des 16.–18. Jh. im Zusammenhang mit den Mischna-Traktaten brauchen, z. B. Tractatus misnicus. Host, Historiae (1580), 5, nennt unter den Autoren, welche die antiken Münzen mit ihrer eigenen Währung verglichen haben, Georg Bawer/Agricola (1533) als denjenigen, der es »mit den Meißenern« (cum Misnicis) getan habe, wie G. Budé es mit den französischen Coronati tat. 49 Diese Epitome ist nach Dekesel, Bibliotheca Nummaria [I] (1997), 489, in Europa nur in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel (Fg 319) vorhanden, von welcher mir dankenswerterweise ein Digitalisat zur Verfügung gestellt wurde. Die im Haupttext angegebenen Seitenzahlen entsprechen den zum Teil unbeschriebenen 54 Seiten dieses Digitalisats.
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und heiligen Schekel, welchen die Di-, Tri- und Tetradrachme entsprechen. Dann folgen Gerah, Agorah, Keseph, Argyrion. Bei den Silbermünzen (Keseph, argyrioi/a) werden die 30 Silberlinge erwähnt, für welche der Salvator verkauft wurde, was eine unbedeutend kleine Summe gewesen sei (Punkte 5–7). Es werden dann folgende Währungen aufgezählt, mit biblischen Stellen versehen und mit Meißener Geld verglichen: Gera, Agorah, Zuz, Mea, Kesitha, Darkemon, Silea (Punkte 8–14). – Ein eigenes Unterkapitel (mit 6 Punkten) lautet: Maneh est Mina, was bei den Hebräern sowohl eine Geldsumme wie ein Gewicht bedeute. M. Host unterscheidet dann sechs verschiedene Gebräuche von Maneh; der fünfte bedeute siclorum sacrorum 30, also die Summe, um welche der Erlöser verkauft worden sei. – Ein weiteres Unterkapitel lautet De Talento argenti Hebraico, quod vocatur Kickar. Der Kikkar, der dem Talent gleichgesetzt wird und die größte Geldsumme oder das größte Gewicht bezeichnet, sei dreifach wie beim Schekel (6 Punkte). Es folgen dann noch die metrologischen Aufzählungen zum Denarium Romanum Drachmae atticae parem esse (Kap. VII; 14 Punkte), zu den römischen Goldmünzen (Kap. VIII; 24 Punkte) und zum Sesterz (Kap. IX.; mit Unterkapiteln I–VII).
4.12.3 Historiae de Re Nummaria Veteris libri quinque (1580)
Dies ist das zweimal angekündigte Hauptwerk von M. Host, die »Fünf Bücher der alten Geschichte der Münzkunde« mit insgesamt über 900 Seiten, die mit einem sehr ausführlichen Register völlig erschlossen sind. Darin ist alles zusammengenommen und weiter ausgeführt, was in den vorher erschienenen beiden Kurzfassungen schon dargestellt wurde. Das I. Buch behandelt die Grundlagen der Numismatik: Auf definitorische Erörterungen (z. B. zum Coronatus Gallicus; Vallensis Joachimicus, Nummus Misnicus) und einem Überblick über die fünf Bücher (Kap. I) folgen einleitende Kapitel zu allgemeinen numismatischen Problemen: Das Alter und die ersten Prägeherren (Kap. II), die antiken Namen (Kap. III), die Definition der Münze und die Frage nach dem Grund der Erfindung von Münzen (Kap. V), der Umtausch (Kap. VI), die vielfachen Unterteilungen (Kap. VII), die volksspezifischen Eigenheiten (Kap. VIII), der Münzhandel (Kap. IX) und schließlich die Fälschungen (Kap. X). Für die jüdische Numismatik ist das Kap. II über das Alter des Geldes und die ersten Prägeherren von Bedeutung. Es besteht aus einer Münzgeschichte, die in ähnlicher Weise kurz vor ihm schon J. Mathesius und M. Fachs (§ XIV,3.4 und 3.5) imaginiert haben und deshalb bei den jüdischen Phantasie-Münzen im § XIV,4.6 behandelt werden. – Im Kap. III (Unterkapitel III: De Materia Nummorum apud Hebraeos triplici) werden die biblisch-hebräischen Bezeichnungen für aes = nachys, argentum = keseph und aurum = zahav oder dahav erläutert, dann werden noch Bezar, Segor, Kethem, Paz, Ophir, Charuz besprochen. Das II. und III. Buch sind den römischen und den griechischen, auswärtigen und barbarischen Münzen gewidmet. Das V. Buch widmet sich De Nummis aureis. Diese drei Bücher behandeln keine hier relevanten Sachverhalte.
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D § IX Das Erwachen des Interesses an der biblisch-jüdischen Geldwelt
Das IV. Buch trägt den Titel De nummis hebraicis und stellt eine ausgearbeitete biblische Metrologie dar: De Siclo (Kap. I); De Didrachmo (Kap. II); De voce Keseph, quae redditur argyrion, hoc est argenteus (Kap. III); De Siclo argenti sacro, et de Keseph narratio historica (Kap. IV); De XXX argenteis, quibus Iesus Christus venditus fuit (Kap. V); De aliis nummis Hebraicis (Kap. VI); De Maneh Hebraica (Kap. VII); De Talento Hebraico argenti, quod dicitur Kickar (Kap. VIII); De Talento Hebraico argenti narratio historica (Kap. IX). 4.12.4 Quaedam Opuscula variae raraeque eruditionis plena (posthum)
Adam von Rechenberg bringt in den Teilen 2 und 3 seiner Historiae rei numariae veteris scriptores aliquot insigniores ad lectionem sacrorum et profanorum scriptorum utiles, Leipzig 1692, welche die Opera omnia von M. Host (1586) nachgedruckt aufweisen, noch andere Werke von M. Host, die für die jüdische Numismatik jedoch unbedeutend sind: Teil 2 ist den alten Maßen, Gewichten und Distanzen der Römer, Griechen und Hebräer gewidmet und beschäftigt uns hier nicht weiter. In Teil 3 hat A. von Rechenberg »einige kleine Werke voller verschiedener und seltener Gelehrsamkeit« von M. Host versammelt, die nach den inneren Überschriften folgende Titel tragen: I. Inquisitio diligens. (S. 284–304) I. Voce Kyior, quae redditur labrum (Ex 38,8: kijor Becken). (S. 285–288) II. De Mare fusili [= gegossen] (3 Reg 7,10 = 1 Kön 7,23). (S. 288–297) III. De X Kyioroth (3 Reg 7,29 = 1 Kön 7,38). (S. 297–299) IV. De Pane seu Cibo Salomonis (3 Reg 4,22 = 1 Kön 5,2). (S. 299–304) II. Doctrina de definitione eiusque speciebus et de bonae definitionis conditionibus et legibus, ex Aristotele potiss. exstructa. Mathaeo Hosto autore, de definitionis appellationibus. (S. 309–334) III. De Hydriarum sex capacitate (Joh 2,6). (S. 338–345) IV. In fabricam Arcae Noah (Gen 6). (S. 348–376) V. De multiplici varioque Assis eiusque partium usu. Dissertatio Grammatica Pars prima: De Assis partibus. (S. 378–383) VI. Assis eiusque partium usu in declaranda usura: et quid usura uncia in L. Titium ff: et quid foenus [Zins] unciarum et semunciarium apud Livium et Corn. Tacitum, grammatica expositio. Mattheo Hosto autore, Pars II. De usurae appellationibus. (S. 385–406) VII. De Assis eiusque partium usu in haeredum institutione, et haereditatis divisione. Pars III. (S. 408–414) VIII. I. De Choenice Graeca (S. 417–425) II. De Romano Demenso. (S. 425–426) IX. De Numeratione logistica emendata. Veteribus Latinis et Graecis usitata. (S. 433–586) X. In historiam monomachiae Davidis et Goliathi inquisito (1 Reg 17 = 1 Sam 17). (S. 591–638) Biblisch-jüdische oder christliche Themen schlagen dabei die vier kleinen Beiträge der Inquisitio diligens (I,I–IV) an, die Abhandlung über das Fassungsvermögen der sechs Wasserkrüge der Hochzeit von Kana (III), über die Herstellung der Arche Noachs (IV)
Die Weiterführung des narrativ-metrologischen Ansatzes von G. Budé
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und den Zweikampf von David und Goliat (X). Diese Ausrechnungen sind hübsche kleine Beispiele für die narrativ-metrologische Art, sich mit biblischen Maßangaben auseinanderzusetzen oder zu unterhalten. 4.13 Heinrich Bünting (1545–1606) – Eine biblische Metrologie vom Schreibtisch aus (1582)
Heinrich Bünting war einerseits Prediger der Reformation und andererseits ein Geograph und Chronist, dessen Hauptwerk das oft herausgegebene Itinerarium Sacrae Scripturae (ab 1581) war.50 Diesem illustrierten Reisebuch zu den Stätten des Heiligen Landes, das er wohl nie besucht hat, ist ab 1582 ein Traktat De Monetis et Mensuris Sacrae Scripturae in deutscher Sprache angefügt. Diese biblische Münzkunde ist ein am Schreibtisch geschaffenes metrologisches Traktat aufgrund der Angaben des Alten und Neuen Testament (S. 5–20) und mit der seit St. Grzepski (Kap. 4.11) üblichen Systematisierung der Silber- und Goldmünzen in die drei Kategorien vulgaris, regius und Sanctuarii. Die Inhalte des Traktates lauten wie folgt: S. 1–2: Vom Gewicht der Hebräer: Zuz, Schekel, Maneh/Mina und Kikkar. S. 2–4: Liste der silbernen und goldenen Münzen der Hebräer. S. 5–20: Kommentierte Abfolge der Geldangaben im Alten Testament (S. 5–15) und im Neuen Testament (S. 16–20). S. 21–23: Umrechnungen der hebräischen, griechischen und lateinischen Währungen in zeitgenössische Währungen. S. 23bis: Vier Regeln zu den Sesterzen. S. 25–34: Alt- und neutestamentliche Maße (zusammengefasst in einer Tabula). S. 34–36: »Etliche Exempla Heidnischer Historien, das man also sehen möge, wie dis Büchlein auch zu vielen Griechischen und Römischen Historien nutz und dienlich sey.« Dieses kleine metrologische Traktat ist ein typisches Werk der damaligen Zeit, das ohne Anschauung eines realen Schekels auf rein literarischer Grundlage erarbeitet worden ist. Als benutzte Autoren gibt er zu Beginn neben einigen antiken Autoren und den beiden Reformatoren M. Luther und Ph. Melanchthon die Numismatiker C. Peucer, G. Budé, J. Kammermeister, J. Forster und P. Eber an. 4.14 Juan de Mariana (1536–1624) – Eine biblisch-toledanische Metrologie (1599)
Juan de Mariana war Mitglied des Jesuitenordens und lehrte Theologie in Rom, Sizilien und Paris, schuf seine Hauptwerke zur Geschichte Spaniens und zur königlichen Regierungsform jedoch in Toledo, wo er auch seine ökonomische Schrift De Ponderibus et Mensuris (1599; Mainz 1605) verfasste.51 Dies ist eine metrologische Abhandlung, welche die hebräischen, griechischen, römischen und stets auch die toledanischen Ge50 van der Heijden, Heinrich Büntings Itinerarium Sacrae Scripturae (2001), 13, listet 61 Ausgaben des Itinerariums auf. 51 Zum Werk: Sommervogel, Bibliothèque de la Compagnie de Jésus (1894), 547–567.
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D § IX Das Erwachen des Interesses an der biblisch-jüdischen Geldwelt
wichte, Festmaße, Flüssigmaße und Distanzen, jedoch nicht die Münzen, systematisch abhandelt. Die spezifisch biblisch-jüdischen Sachverhalte sind: De ponderibus Hebraicis. Cap. 6.: Talent, Mina, Siclus, Aurei Hebraici, Gera seu Obolus (S. 35–49); De mensuris Aridorum Hebraicis. Cap. 10 (S. 72–80); Hebraicae liquidorum mensurae. Cap. 14 (S. 89–95); Hebraicae intervallorum mensurae. Cap. 18. (S. 117–124). J. de Mariana zitiert bei den entsprechenden Maßen und Gewichten einige biblische Texte, wie z. B. die Qeśitah (mit dem Gepräge eines Lammes) bei Jakob und bei Ijob (S. 48), schildert die Reichtümer Davids und Salomos (S. 37) und vergisst auch das gewichtige Haupthaar Absaloms nicht (S. 41). Lokalkolorit bekommt das Werk dadurch, dass stets auch Kapitel mit den Maßen und Gewichten von Toledo geboten werden. 4.15 Pontus de Huyter (= Heuterus) (1535–1602) – Eine tabellarische Metrologie der Hebräer (1600)
Pontus de Huyter war ein niederländischer Historiker, der neben seinen zahlreichen Geschichtswerken über seine Heimat Belgien auch ein Declaratio Valoris »der bronzenen, silbernen und goldenen Münzen, die einst von den Hebräern, Griechen und Lateinern hauptsächlich gebraucht wurden«, verfasst hat. Es ist unter zwei verschiedenen Titeln in eines seiner größeren Geschichtswerke zu Belgien eingebaut und 1600 in Antwerpen veröffentlicht worden.52 Es stellt eine tabellarisch dargebotene Metrologie zu den Längenmaßen, Gewichten und Währungen der Antike dar. Die hebräischen Münzen werden in goldene Schekel (Kap. 11) und silberne Münzen (Kap. 12) unterteilt, wobei stets Umrechnungen in die niederländischen Penninge, die spanischen Marvedi und die italienischen Quattrino (2. Spalte) und in brabantische Währungen (3. Spalte) gemacht werden. Die hebräischen Silbermünzen umfassen einen doppelten Siclus, das heißt den Siclus Sanctuarii (mit Verweis auf den Statêr bei Mt 17,24–27) und den Siclus Profanus (= Didrachme), die Gera (= Obolus), die Mina/Mane/Libra, das hebräische Talentum, das er vom Kikkar unterscheidet, und den doppelten Cicar, der dem Siclus entspreche, nämlich den Cicar Sanctuarii und Congregationis. Abschließend gibt er G. Budé und G. Bawer/ Agricola (s. Kap. 2 und 4.5) als seine Hauptquellen an. * 52 Die bibliographische Verarbeitung dieses etwas versteckten Traktates ist ein Beispiel für die von Dekesel, Bibliotheca Nummaria [I] (1997), XVI–XXXVI, bemängelte Ungenauigkeit der gängigen Bibliographien, in welchen oft Titel ohne Kontrolle übernommen wurden. P. de Huyters Titel wurde schon von Hirsch, Bibliotheca Numismatica (1760), 61, ungenau übernommen und dann bei Meïr, Reschimat (1946), Nr. 272, als vierbändiges Werk des Philippus Pigafetta mit dem umschreibenden Titel versehen: Monetae veterum aereae, argenteae, aureae quae olim apud Hebraeos, Graecos et Latinos, praecipue in usu fuerunt cum nostri saeculi anni a Christo nato 1590 inter Europaeos Christianos maxime usitatis, analogica comparatio. Diese Zuschreibung an Ph. Pigafetta hat ihren Grund in einer irrtümlichen Übernahme aus Selden, Liber de Nummis (1675), 87, wo unmittelbar vor Heuterus Pontus das Werk des Ph. Pigafetta, Della grandezza di Roma (Roma 1600), steht, das auch eine kleine Abhandlung über die römischen Sesterzen enthält. Meïr hat offensichtlich das Werk des P. de Huyter versehentlich mit Ph. Pigafetta verbunden. Mayer/Avi-Yonah [/Meshorer], Bibliography (1966), haben in der Erweiterung der Reschimat den Eintrag tale quale unter der Nr. 538 übernommen, jedoch mit dem Beizeichen ° zu erkennen gegeben, dass dir das Werk weder gefunden noch eingesehen haben.
Die Ausgestaltung des ikonographischen Ansatzes von A. Fulvio
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Abschließend: Für das 16. Jh. sind hier 15 Autoren kurz beschrieben, die zeigen, wie der metrologische Ansatz von G. Budé auf mehr oder weniger narrative Weise im Zusammenhang mit biblisch-jüdischen Geldtexten weitergeführt wurde. Auf der Gesamtliste aller Autoren vom 10.–16. Jh. im Tabellarischen Überblick IV (§ XI,1) sind sie kurz charakterisiert und chronologisch unter die anderen Autoren eingeordnet. Die zwei jüdischen Autoren aus Italien und die 13 christlichen Autoren aus Deutschland, Spanien, Flandern und Belgien schrieben ohne Anschauung von realen jüdischen Münzen ihre Abhandlungen zu biblischen und jüdischen Maßen, Gewichten und Münzen. Stets werden die jüdischen Sachverhalte im Kontext der griechischen und römischen Metrologie erwähnt und meist werden Vergleiche mit den zeitgenössischen Währungen in den verschiedenen Ländern gemacht. Dadurch entstanden recht anschauliche biblisch-jüdische Maß-, Gewichts- und Münzwelten, die jedoch nicht mit der realen numismatischen Welt des antiken Judentums konfrontiert wurden, sondern rein literarische Produkte waren und deshalb imaginierte Geschichten der biblischen Gewichts- und Geldwelt entwarfen. Dabei wurden die Erfahrungsberichte von christlichen Gelehrten des 16. Jh., die jüdische Münzen beschrieben, sahen oder gar besaßen (§ X), nicht berücksichtigt. Doch wurden dadurch die Grundlagen für die ebenfalls im 16. Jahrhundert entstehenden imaginierten Phantasie-Münzen (§ XIV) gelegt. 5. Die Ausgestaltung des ikonographischen Ansatzes von A. Fulvio in den Bildnisviten und in der Emblem-Literatur
Andrea Fulvio gab 1517 mit seinen Illustrium Imagines den Auftakt zur ikonographischen Betrachtung der Münzen (Kap. 3), die rezeptionsgeschichtlich ein gewaltiges Echo hatte. Dazu war der Beitrag der Numismatiker des 16. Jh. von großer Bedeutung, da sie durch ihre stets systematischeren Präsentationen der (vor allem) römischen Münzen, und zwar sowohl der Vorderseiten mit ihren Herrscherporträts wie der Rückseiten mit Motiven aus der religiösen, militärischen und sozialen Umwelt, eine Basisdokumentation geliefert haben, die das Wissen um die Realien der Antike gewaltig erweitert hat. Diese numismatische Grundlagenarbeit befruchtete zwei literarisch-ikonographische Gattungen, die Bildnisvitenbücher (Kap. 5.1) und die Emblem-Literatur (Kap. 5.2), die beide für die ikonographische Numismatik wichtig wurden und auch die jüdische Numismatik in der Nebenform der Phantasie-Münzen beeinflusst haben. 5.1 Die Bildnisvitenbücher 5.1.1 Enea Vico (1523–1567) – Der erste Macher eines Bildnisvitenbuches anhand römischer Münzen (1548/1555)
Der italienische Kupferstecher Enea Vico ist der erste, der konsequent auf Münzen aufgebaute Bildnisvitenbücher hergestellt hat.53 Er stützte sich dabei auf Andrea Fulvio, der 53 Die beste Übersicht bietet: Rave, Paolo Giovio und die Bildnisvitenbücher des Humanismus (1959), 119–154; 27 Abb.; vgl. Cunnally, Images of the Illustrious (1999), 94–104; Fig. 49–50; Heenes, Antike in Bildern (2003), 19–23. 184–185; Helmrath, Bildfunktionen (2007), 380–384.
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D § IX Das Erwachen des Interesses an der biblisch-jüdischen Geldwelt
in den Imagines illustrium (1517; Kap. 3) die schon antike Tradition der literarischen Darstellung des Lebens von wichtigen Personen (Vitae), die seit P. Petrarcas De viris illustribus (1337 ) bei den Samaritanern üblich war (§ VI,4). Auf der anderen Seite sieht er einen Kelch voll Weihrauch, womit er Estori ha-Farchi, Kaftor wa-ferach (1322) folgt, der den Kelch als machtah, »Räucherpfanne, Feuerbecken«, beschrieben hat (§ VI,5).35 Auch G. Postels seltsame Abbildung eines Räucheraltärchens mit einer leicht abgehobenen, gezackten Schicht (Kap. 1.1; Abb. 5) legte Ph. Melanchthon eine solche Interpretation nahe. Er hat ja das Buch von G. Postel gekannt (s. Brief c). In beiden Versionen des Epigramms sieht Melanchthon in den Bildmotiven Mahnzeichen für die beiden Hauptaufgaben der Priester: Der Stab/Zweig Aarons ermahne die Priester, gute Wächter über die Lehre oder die Sitten zu sein (Distichon 2), während die Schale mit dem Weihrauch die priesterliche Aufgabe des Bittgebets vor Gott darstelle (Distichon 3). In den danach folgenden zwölf Distichen trägt er dann eine ausführliche christliche Allegorie vor, in welcher die priesterlichen Funktionen Aarons ein Vorbild dessen sind, was der ewige Hohepriester und vollendete Lehrer Jesus Christus seit je und für immer erfüllend bewirkt hat. Zu dieser Allegorese hat sicher die Beschreibung der Bundeslade in Hebr 9,4 beigetragen, in welcher neben den Bundestafeln »ein goldener Krug (hê stamnos chrysê) mit dem Manna und dem Stab Aarons, der gesprossen hatte (hê rhabdos Aarôn hê blastêsasa)«, aufbewahrt waren. Daraus wird ersichtlich, dass das eigentliche Interesse des Reformators an diesen Münzen darin lag, in ihnen eine in die Zeit Israels und Jesu zurückreichende Realie zu haben, deren Bilderwelt bestens der christlichen Allegorie dienen konnte. Ob mit dem Epigramm auch ein Schekelgeschenk verbunden war, wird nirgends erwähnt, doch liegt diese Annahme nahe, da ein Epigramm über die Bildmotive der Münze ohne die Anschauung der Münze wenig Sinn macht und die Versendung der lateinischen Epigramme an M. Frecht und Georg III. auch stets von einer Münzgabe begleitet war (Kap. 4.2.2–3). Dieser Schekel hat zudem den Leuten des J. Mathesius als Vorlage für die ersten Verfertigungen von Imitaten in Sankt Joachimsthal dienen können. Dass dies eher plumpe Nachahmungen waren, lässt sich aus den Briefen d und e vom 1.–4. Mai 1552 ersehen (§ XII,2.1.1–2). Erst nachdem Ph. Melanchthon gute Schekel-Imitate aus Nürnberg nach Sankt Joachimsthal geschickt hatte, stellten die dortigen »Freunde« zufriedenstellende Schekel-Imitate her (Brief g; § XII,2.1.4).
35 Waser, De Antiquis numis Hebraeorum (1605), 61a, der die zweite Version des Epigramms zitiert, wird betonen, dass Melanchthon im Kelch nicht »ein mit Manna gefülltes Gefäß (vasculum Mannae plenum), sondern jenes, in welchem Weihrauch duftreich verbrannt wird (illud, quo tus adolebatur)« gesehen habe. Als Trilinguer fügt er die drei Namen für das Weihrauchgefäß an: hebr. machtah; griech. thymiatêrion; lat. turibulum, suffitorium.
Philipp Melanchthon (1552)
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4.2.2 Brief b: »Eine alte jüdischen Münze« mit deutscher Version des Epigramms (14. März 1552)
Am gleichen Freitag, dem 14. März 1552, schickte Ph. Melanchthon aus Sankt Joachims thal an den Reformator Martin Frecht (um 1494–1556), der seit 1551 Professor und Rektor der Universität in Tübingen war, aber zu diesem Zeitpunkt wohl in Nürnberg wohnte, eine »alte jüdische Münze«. Der eventuelle Begleitbrief ist zwar abhanden gekommen, doch ist eine recht freie deutsche Übersetzung des De Siclo (s. Brief a) erhalten geblieben, die aber von einer anderen Hand stammt. Die ersten drei Distichen lauten wie folgt: Von einer alten jüdischen Münze. (1) Dise Münz, so siclus gnant und im jüdischen Land geng gewesen, zeigt an und gibt zu versteen, was den priestern billich gebür und zustee. (2) Namlich der staab Aharonis, das sie sollen die leer in hut und bevelch haben und ander leut in gotsfurcht laiten und füren. (3) Das reuchfass oder der reuchkelch bedeutt das Gebet; dann das Gebet ist Gott ein fürneme gab und opfer. Philippus Melanchthon hat dis Martino Frechtio mit der münz überschickt anno 1552 den 14. martii.
Ph. Melanchthon hat M. Frecht also Mitte März eine »alte jüdische Münze« geschickt, welche die beiden gleichen Bildmotive wie in Brief a aufwies, die mit »staab Aharonis« und »reuchfass oder reuchkelch« beschrieben sind. Dabei wird mit dem Stab (nicht Zweig!) die Leitungs- und Kontrollfunktion der Priester betont (2) und der Rauchkelch als das Gott angenehme Gebet gedeutet (3). Dass es sich bei der »alten jüdischen Münze« um einen echten jüdischen Schekel handeln muss, zeigt der Sachverhalt, dass Ph. Melanchthon noch gar keine Schekel- Imitate zur Verfügung hatte. Erst anderthalb Monate später, am 1. Mai 1552 spricht er von (schlechten) Imitaten aus Joachimsthal (Brief d) und erst an den folgenden zwei Tagen, dem 3./4. Mai 1552, erwähnt er die besseren Imitate, die »neulich« in Nürnberg besorgt worden waren (Briefe e und f). 4.2.3 Brief c: Ein Silberschekel mit dem Epigramm De Veteri Nomismate Gentis Iudaicae (21. März 1552)
Eine Woche später, am Freitag den 21. März 1552, schickte Ph. Melanchthon von Wittenberg aus einen Brief an seinen religiös sehr engagierten Freund Georg III., Fürst von Anhalt-Plötzkau (1473–1553), der 1534 in Anhalt-Dessau die Reformation eingeführt hatte und sich wahrscheinlich 1552 auf seinem Schloss im nahen Warmsdorf aufhielt (Regeste 6386.2 und 3). Der numismatisch äußerst interessante Auszug lautet: (2) Iam mitto Siclum argenteum vero pondere Sicli, videlicet τετραδραχμον cum inscriptione, sicut pingitur in libro Postelli. (3) Addidi et versiculos, qui interpretantur virgam Aharon et calicem thuris. (2) Auch schicke ich Dir einen Silberschekel mit dem wahren Gewicht des Schekels, nämlich eine Tetradrachme mit einer Inschrift, wie er im Buch des Postell gezeichnet ist. (3) Ich habe auch Verslein beigefügt, die den Stab/Zweig Aarons und den Weihrauchkelch deuten.
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D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
Ph. Melanchthon schickte also einen Silberschekel, dessen Gewicht einer griechischen Tetradrachme entsprach, der eine Inschrift (inscriptio) aufwies und der aussah, »wie er im Buch des Postel gezeichnet ist«. Es kann sich dabei nur um dessen Linguarum Duodecim Characteribus Differentium Alphabetum, Paris 1538, gehandelt haben, in dem erstmals ein echter jüdischer Schekel abgebildet ist (Kap. 1).36 Ph. Melanchthon besaß das Buch von G. Postel sicher nicht selbst, denn er hat es zweimal in Nürnberg nur gesehen. In seinem Brief vom 7. Mai des gleichen Jahres (Brief f) teilt er dem gelehrten Matthäus Collin in Prag mit, dass er das Buch in Nürnberg »nochmals« (rursus) habe anschauen können (§ XII,2.1.3). Das impliziert, dass er es schon vorher und wohl auch in Nürnberg gesehen hat. Vielleicht kann man den Aufenthalt von Ph. Melanchthon in Nürnberg, bei dem er Einsicht in G. Postels Buch nehmen konnte, noch anhand der Annales Vitae Melanchthonis37 näherhin datieren: Danach hielt sich Melanchthon vom Januar bis März 1552 in Nürnberg auf, wo er auf seinem Weg zur zweiten Session des Konzils von Trient wegen des ausbrechenden Fürsten-Krieges stecken blieb und auf einen Weitergang wartete. Er kam am 22. Jan 1552 zusammen mit Kaspar Peucer nach Nürnberg und hielt sich dort im Kloster St. Aegidius fast 50 Tage auf. In dieser Zeit las er in dessen Klosterschule öfters vor und hielt über 30 öffentliche Vorlesungen im Gymnasium Aegidianum. Er bekam am 19. Febr. vom Nürnberger Senat zwei Pferde geschenkt, die er unverrichteter Dinge für seine Heimreise am 9. oder 10. März in Dienst nahm. In dieser langen Zeit konnte Ph. Melanchthon offensichtlich akademisch tätig sein und – so nehme ich an – Postels Alphabetum mit der Abbildung eines echten Schekels »wiederum« zu Gesicht bekommen und, wie aus den Brief vom 7. Mai (Brief f) deutlich wird, Imitate von Schekeln nach der Abbildung von G. Postel bei einem Nürnberger Stempelschneider in Auftrag geben (vgl. auch Brief e). Hubert Goltz (1562) zählt auf seiner Liste von 981 Münzsammlern- und händlern (§ IX,1.2) immerhin acht Personen von Nürnberg auf, die er auf seiner Münzreise durch Europa besucht hat.38
Es scheint mir klar zu sein, dass Ph. Melanchthon seinem Fürsten einen echten jüdischen Silberschekel geschickt hat. Wie zu Brief b gesagt wurde, hatte er vor dem Mai des Jahres 1552 noch gar keine Schekel-Imitate zur Verfügung. Man sollte deshalb in Ph. Melanchthons Geschenk an den Fürsten kein Schekel-Imitat vermuten.39 Ph. Melanchthon legte dem Brief ein drittes Mal sein Epigramm in einer leicht veränderten lateinischen Gestalt und mit dem Titel De Veteri Nomismate Gentis Iudaicae bei 36 Das zweite Buch von G. Postel, De Phoenicum Literis … Commentatiuncula, kann nicht in Frage kommen, da es keine Zeichnung des Schekels aufweist und zudem erst im gleichen Jahr 1552 in Paris erschien. 37 Corpus Reformatorum VII (1840), S. XIV: Annales Vitae Mel., anno 1552; vgl. Kuropka, Melanchthon (2010), 128. 38 In Goltz, Illustrissimis … Patronis (1563), fol. aa4v, sind erwähnt: Der Patrizier Wilibald der Ältere Imhoff (1519–1580), der die Münzsammlung von Herzog Albrecht V. von Bayern katalogisierte, der Chronist Georg Chanler (um 1617) und die Erben des Bankiers und Kunstsammlers Georg Roemer (1549–1579), zudem Sebaldus Zilinger (theologus), Walbertus Pfrauner, Eustachius Molber, Fridelinus Bandel und Rutgerus Bremling, von denen nichts näher bekannt ist; vgl. Roth, Der Anfang der Museumslehre in Deutschland (2000), 202–203. 267. 311–312 (zu Nürnberg). 39 Vgl. Hill, False Shekels (1920), 86–87, der zuerst noch unentschieden ist, ob G. Postels Abbildung »a true shekel or a close imitation« zeige, einen echten Schekel dann aber für Melanchhton mit der sehr windungsreichen Argumentation ausschließt: »Melanchthon, admirable scholar as he was, lived before the days of scientific numismatics; and if he had one of the censer-pieces before
Philipp Melanchthon (1552)
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(synoptische Darstellung bei Brief a) bei, in welchem er die christlich-allegorische Sinngebung der Bildmotive auf dem Schekel propagierte. 4.2.4 In Brief g: »Unversehrte Tetradrachmen« ungenannter Herkunft bei Ph. Melanchthon (11. Mai 1552)
Im Brief g an Erhard Schnepf, in dem neben älteren und neueren Erinnerungen auch Dinge aus der Gegenwart erzählt werden (ganzer Text: § XII,2.1.4), steht unvermittelt folgende Angabe: Mei fuerunt integri tetradrachmoi. Mein wurden unversehrte Tetradrachmen.
Da mit den tetradrachmoi echte Schekel bezeichnet sind (vgl. Brief c; Kap. 4.2.3), hat Ph. Melanchthon offensichtlich – und wiederum von ungenannten Personen – Nachschub an echten Schekeln erhalten. Da dieser Nachschub vor dem 11. Mai 1552, dem Datum des Briefes, stattgefunden hat, konnte Ph. Melanchthon genügend echte und gute Schekel zur Verfügung haben, um sie seinen reformatorischen Freunden zuzuschicken (Briefe a–c). Es kann auch gefragt werden, ob mit der Betonung der Unversehrtheit seiner Tetradrachmen vielleicht auf andere vorhandene Schekel angespielt wird, die in schlechtem Zustand waren. Fragt man nach der Herkunft dieser echten Schekel, so bekommt man von Ph. Melanchthon nur ausweichende Antworten. Wie schon beim Schekel in Regensburg die Nennung des Gebers durch den Gebrauch des Passivs donabatur mihi vermieden wurde (Kap. 4.1), so wird auch hier die seltsam umschreibende Formulierung mei fuerunt gebraucht. Dies bringt den Verdacht auf, dass Ph. Melanchthon die Herkunft nicht angeben will. Wir wissen aus den Listen von H. Goltz, dass in Nürnberg sowohl Patrizier wie nicht näher bekannte Personen Münzen besaßen (§ IX,1.2) und dass der umtriebige J. Strada zu dieser Zeit mit dem Ankauf und Verkauf von Münzen in Deutschland und nachweislich auch in Nürnberg beschäftigt war (§ IX,1.1). Da es also durchaus unverdächtige Erwerbsmöglichkeiten von Münzen im Nürnberg der damaligen Zeit gab, sind ausweichende Herkunftsangaben seltsam. Es besteht deshalb der Verdacht, dass Ph. Melanchthon nicht angeben wollte, dass seine Schekel aus einem Besitz stammten, den man lieber nicht erwähnte. Wenn dies der Fall ist, denkt man unwillkürlich an jüdische Besitztümer. Ph. Melanchthon hatte ja eine sehr antijüdische Einstellung, wie sie in der Billigung von M. Luthers Pamphlet »Von den Juden und ihren Lügen« (1543) zum Ausdruck kam (s. Exkurs V). Im dortigen angehängten judenfeindlichen Maßnahmenkatalog steht immerhin als sechster Rat, »dass man … ihnen alle Barschaft und Kleinodien an Silber und Gold wegnehme und es beiseite lege, um es zu verwahren. … Denn solch ein böse gewonnenes Gut ist verflucht, wenn man es nicht mit Gottes Segen zu einem guten nötigen Gebrauch wendet.«40 Die Vermutung ist, dass Ph. Melanchthon diese Wende zu einem him, we shall not be unjust in supposing that he would identify it with the shekel as represented by Postel. Otherwise it ist difficult to understand how he could imagine that a censer was represented. Melanchthon’s letter is thus evidence that the censer-shekel existed as early as 1552.« 40 Morgenstern, Von den Juden und ihren Lügen (2016), 199.
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»guten nötigen Gebrauch« betrieb, indem er das »böse gewonnene Gut« zu einem Gegenstand christlicher Betrachtung machte und als solchen seinen Freunden schenken konnte. Exkurs V Rabbi Aqiba als »Müntzer« des Bar-Kokhba nach Martin Luther (1543) Martin Luther hat in seinem antijüdischen Traktat »Von den Juden und ihren Lügen« (Wittenberg 1543) einen recht langen Passus über die falschen Messiasse und den wahren Messias verfasst, in welchem er ausführlich auf den Krieg des Schimeʿon bar Kosiba gegen die Römer zu sprechen kommt.41 Dabei betont er, dass Schimeʿon bar Kosiba nach dem verlorenen 2. jüdischen Krieg auch den Juden als falscher Messias gegolten habe: Nach dieser Schlappe, die sehr gut gewesen ist, nannten sie selbst Kokhab, ihren verlorenen Messias, Kozab, das reimt sich und klingt sehr ähnlich. Denn so schreiben ihre Talmudisten: ‚Du sollst nicht Kokhab, sondern Kozab lesen!’42 Daher heißt es nun in allen Geschichtsbüchern Kozban [sic!], Kozab heißt falsch, denn es war ihm misslungen, und er war ein falscher, nicht ein echter Messias. M. Luther benutzt Schimeʿon bar Kosiba als gescheiterte messianische Gestalt, um die völlige Verstockung der Juden aufzuweisen. Den Anfang und Grund dieser Verstockung sah er in dem »über alle Rabbinen sehr hoch gelehrten und teuer gehaltenen Rabbi oder Talmudisten mit Namen Akiba«, der aufgrund seiner Deutung von Haggai 2,6–9; Daniel 9,24–27; Gen 49,10 und vor allem Num 24,17–19 in Schimeʿon bar Kosiba den für seine Gegenwart vorhergesagten »Stern« (kokhav) sah, der »aus Jakob daherzieht« und als Zepter aus Israel alle umliegenden Mächte »zerschmettern und zerstören« wird. Dann bestimmt Luther das Verhältnis zwischen Akiba und Schimeʿon ben Kosiba: Und damit es ja gewiss wäre und nicht fehlen konnte, machte der hohe, teure Rabbi Akiba (der alte Narr und Gauch) sich selbst zum Trabanten oder Spießbuben des Kokhab. Armigerum nennen ihn die Historien. Habe ich es nicht recht übersetzt, so mache es ein anderer besser. Das soll ja derjenige sein, der dem König oder Fürsten im Feld oder Streit als Nächster bei der Abwehr an der Seite ist, er sei zu Ross oder zu Fuß, [im Original] wie wol hie etwas mehr ist, weil er [scl. Aqiba] auch ein Prophet und (wie bey uns geschehen) Müntzer ist. Nach M. Luther ist Aqiba also ein Waffenträger, wie ihn schon Mosche ben Maimon nannte,43 und darüber hinaus ein Prophet und Müntzer. M. Morgenstern kommentiert zur Bezeichnung »Müntzer«: »Mit diesem Ausdruck spielt Luther offenbar darauf an, dass die aufständischen Juden Münzen geschlagen hatten. Zugleich fällt der Name Thomas Müntzers (1489–1525), des Reformators 41 Die folgenden Textausschnitte zum Bar Kokhba-Krieg sind der deutschen Übersetzung von Morgenstern, Von den Juden und ihren Lügen (2016), bes. 139–145 entnommen; vgl. Dr. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe, 53. Band, Weimar 1920, 417–552, bes. 495,18–497,16. – Zum historischen Patronym Bar Kosiba, »Sohn des Kosiba«, dessen messianischer Deutung als Bar Kokhba, »Sohne des Sterns«, und rabbinischer Verunglimpfung zu Bar Koziba, »Sohn der Lüge«, s. § III,2.2. 42 Dies ist eine stets zu befolgende rabbinische Leseanweisung, die sich im Midrasch Klagelieder Rabba 2,4 findet. Dass M. Luther nur ganz allgemein auf die »Talmudisten« verweist, zeigt, dass er sekundär zitiert. 43 Wünsche/Winter, Die jüdische Litteratur II (1894), 404.
Exkurs V: R. Aqiba als »Müntzer« nach M. Luther
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und Revolutionärs zur Zeit des Bauernkrieges, der von Luther heftig bekämpft wurde«.44 Danach sind in dem einen Ausdruck »Müntzer« gleichzeitig zwei Sachverhalte angesprochen: Erstens habe M. Luther einen Vergleich mit seinem Zeitgenossen Thomas Müntzer gemacht, der im Bauernkrieg politisch revolutionär wurde und 1525 unter der Folter starb, was Luther als Gottesgericht verstand. Diese Anspielung auf einen historischen Sachverhalt ist durch den Vermerk »wie bey uns geschehen« zweifellos vorhanden.45 Zweitens habe Luther aber auch eine Anspielung auf die Münzprägungen »der aufständischen Juden« gemacht und deshalb Aqiba als einen »Müntzer« im Sinne eines Prägeherrn bezeichnet. Was hat dies auf sich? Das Verständnis Aqibas als Prägeherr lag und liegt offenbar nahe.46 Schon Luthers Freund Justus Jonas (1493–1555) hat jedoch in seiner lateinischen Übersetzung De Iudaeis et eorum Mendaciis, die nur ein Jahr nach dem deutschen Original erschien, versucht, ein solches Verständnis zu verunmöglichen:47 Quanquam hic plusculum fit quam armiger, cum Akiba etiam sit Propheta, sicut Anno Domini millesimo quingentesimo vigesimo quinto, in Germania fuit seditiosissimus ille Muntzerus. Obwohl dieser etwas mehr als ein Waffenträger ist, da Aqiba auch ein Prophet sei, wie im Jahre des Herrn 1525 in Deutschland jener äußerst aufständische Müntzer (es) war. Aqiba sei also nicht nur ein Waffenträger des Lügenmessias Schimeʿon bar Kosiba gewesen, sondern etwas mehr, nämlich ein Prophet wie »jener äußerst aufständische Müntzer« es war. J. Jonas formulierte den deutschen Text von M. Luther so um, dass »Müntzer« nur noch die historische Person Thomas Müntzer des Jahres 1525 bedeuten konnte. Hat J. Jonas damit die Aussage Luthers richtig verdeutlicht? Wenn ja, liegt in Luthers Text keine Anspielung auf die Münzen der aufständischen Juden vor. Wenn nicht, stellt sich die Frage: Woher konnte M. Luther wissen, dass die aufständischen Juden zur Zeit Bar Kokhbas, also während des zweiten jüdischen Krieges (130–134 n.),48 Münzen geprägt haben? Es sind dazu drei Möglichkeiten zu bedenken: • Eine erste Möglichkeit bieten die Erwähnungen der »lügnerischen Münzen« (meʿot kozebiot) in der Tosefta und den beiden Talmuden.49 M. Luther bringt zwar oft Aussagen, die in den beiden Talmuden vorkommen, doch zitiert er nicht wörtlich, benutzt also nicht die originalen Schriften. Es »besteht in der Lutherforschung Einigkeit darüber, dass der Reformator seine Morgenstern, Von den Juden und ihren Lügen (2016), 141, Anm. 578. Die italienische Übersetzung von Malena/Propersi, Degli ebrei e delle loro menzogne (2000), 141 und Anm. 342, setzt Akiba mit dem historischen Thomas Müntzer geradezu gleich: »in questo caso ci fosse qualcosa di piu, perché egli era un profeta, e un »Müntzer« (come diremo noi oggi)«. 46 Vgl. schon Host, Epitome (1570), 16, der das Wort »Müntz« von Moneta ableitet und entsprechend formuliert: »Item Monetarius, qui monetam cudit, der Müntzer« (§ IX,4.12.a). Honigmann, Des Juifs et de leurs mensonges (2015), 135, übersetzt »Müntzer« direkt mit »monnayeur«: »un prophète et (comme cela s’est produit chez nous) un monnayeur«, und sieht darin eine »allusion possible au fait que les révoltés aient battu monnaie« (Anm. 270). 47 Jonas, De Iudaeis et eorum Mendaciis (1544), fol. Hijr. 48 M. Luther verstand unter dem Bar Kokhba-Krieg allerdings eine »Unlust«, die 30 Jahre nach der Zerstörung Jerusalems (im Jahre 70 n.) unter dem Kaiser Trajan (98–117 n.) angefangen hat, wobei Aqiba der eigentliche Kriegstreiber (»Prophet und Geist Kokhabs«) war, etwa 30 Jahre gedauert habe und schließlich von Kaiser Hadrian (117–138 n.) siegreich beendet worden sei, wobei Schimeʿon bar Kosiba und Aqiba, der »Herr und der Trabant«, zu Tode kamen. Trotz allen historischen Verwechslungen bleibt klar, dass jedenfalls nicht Münzen des ersten jüdischen Krieges (66–70 n.) gemeint sein konnten. 49 Tosefta: Maʿasser scheni 1,5–6; Jerusalemer Talmud: Maʿasser scheni 1,2, 52d, Zeilen 8–9; Babylonischer Talmud: Baba Qamma 97b (alle zitiert in § III,2.2). 44 45
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Informationen über das nachbiblische Judentum und über rabbinische Texte und Traditionen nicht aus den Originalquellen schöpfte, sondern der lateinisch-sprachigen Sekundärliteratur entnahm.«50 Es ist deshalb sehr unwahrscheinlich, dass Luther die Passagen zu den »kozebischen Münzen« je gelesen hat, da er die entsprechenden Traktate nie zitiert. • Eine zweite Möglichkeit können numismatische Publikationen bieten, die bis zu M. Luthers Zeiten von der Kenntnis der Münzen des 2. jüdischen Krieges zeugten: Während alle bis zu Luthers Zeit erwähnten Schekel und der einzige abgezeichnete Schekel von G. Postel (Kap. 1) Prägungen des ersten jüdischen Krieges sind, liegt erstmals um 1530 in den Scheʾelot u-Teschuvot des Rabbi al-Aschqar (§ VIII,4), Luthers jüdischem Zeitgenossen, ein Hinweis auf eine Münze des zweiten jüdischen Krieges vor. Seine Beschreibung des Bildmotivs »ein Lulav nach der Weise, wie wir ihn binden, und nahe am Bund ein Etrog« passt ja nur auf Münzen des 2. jüdischen Krieges. Al-Aschqar, der in Ägypten und Jerusalem seine Gutachten (teschuvot) verfasste, ist jedoch kaum in Wittenberg gehört und sicher nicht gelesen worden, da die Scheʾelot u-Teschuvot erst 1553 in Sabionetta veröffentlicht wurden (s. § XV: Chronologische Bibliographie, unter 1530 ±). – Man könnte auch auf die private Sammlung des venezianischen Patriziers Andrea Loredan (1560 ±) hinweisen, in welcher sich zwei Bronzen aus dem 2. jüdischen Krieg befanden, deren Abbildungen im Jahr 1561 für kurze Zeit in der Hand von Jacopo Strada in Deutschland waren (Kap. 6). Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass M. Luther Einsicht in diese Sammlung hatte. Ob in anderen der zahlreichen Sammlungen privater nicht-jüdischer Sammler des 16. Jh. auch Bar Kokhba-Münzen vorhanden waren, müsste zuerst noch an weiteren zeitgenössischen Katalogen aufgewiesen werden. Die erstmalige öffentliche Publikation einer Bar Kokhba-Münze liegt erst 100 Jahre später in Athanasius Kirchers gelehrtem und seltsamem Werk Oedipus Aegyptiacus (1653) vor.51 • Als dritte Möglichkeit sind lateinische Werke über das Judentum zu berücksichtigen, die M. Luther offensichtlich oder implizit benutzt hat. M. Luther zitiert selbst drei Autoren mit Werken, die sich polemisch mit dem Judentum auseinandersetzen. Es sind dies:52 – Der französische Franziskaner Nikolaus von Lyra (1270/75–1349), der zwischen 1322 und 1330 einen fortlaufenden Kommentar zur Bibel, die Postillae Perpetuae (Rom 1471), geschrieben und dabei mehrmals auf Raschi (1040/1–1105) zurückgegriffen hat. Luther scheint Raschi nur durch diesen Nikolaus von Lyra gekannt zu haben. – Der jüdische Konvertit und Bischof Paulus von Burgos/de Sancta Maria (ca. 1352–1435) kommentierte die Postillen des Nikolaus von Lyra und schrieb danach einen Dialogus qui vocatur Scrutinium Scripturarum (Mantua 1475), in welchem er Saulus und Paulus, also seine eigenen beiden religiösen Seiten, öfters den Talmud und mehrere spätere jüdische Autoritäten (besonders Mosche ben Nachman) argumentieren lässt. – Der Inquisitor, Hebraist und Dominikaner Raymundus Martinus (1220–1285), dessen Pugio fidei (1278; erstmals hg. von Jean de Voisin, Paris 1651) in der christlichen Welt zum »Leitfaden für den Kampf gegen das Judentum wurde«.53 Wie gleich gezeigt wird, bilden seine Ausführungen zum Bar Kokhba-Krieg (Pars II, Cap. IV, Abschnitte XVII–XXIII) wohl den Hintergrund für Luthers Ausführungen zum Thema.
Morgenstern, Von den Juden und ihren Lügen (2016), XV; s. 327–328 (Stellen aus dem babylonischen Talmud). 51 Bemerkt von Barag, New Evidence (1986), 217. 52 Morgenstern, Von den Juden und ihren Lügen (2016), 4, Anm. 8 u. 9; 59, Anm. 226; 80, Anm. 320; 140, Anm. 569; 141, Anm. 578; 282. 289. 297 (zu Nikolaus, Paulus und Raymundus); 155, Anm. 635; 297 (zu Raschi). 53 Willi-Plein, Der »Pugio Fidei« des Raymund Martini (1980), 23. 50
Exkurs V: R. Aqiba als »Müntzer« nach M. Luther
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• M. Morgenstern hat aus M. Luthers Schrift noch folgende vier Autoren erhoben, die eindeutig ins Lager der antijüdischen Schriftsteller gehören: – Der jüdische Konvertit Antonius Margaritha (ca. 1492–1542), Der gantz Jüdisch glaub (Augsburg 1531), vor allem bei den Stellen, an denen Luther die Gebete der Juden be- oder misshandelt.54 – Der Kartäusermönch Salvagus Porchetus aus Genua (gest. um 1315), Victoria Porcheti adversus impios Hebraeos (Paris 1520), dessen lateinische Paraphrase des aramäischen Targums M. Luther zur philologischen Argumentation diente.55 – Der jüdische Konvertit Petrus Alfonsi, Dialogi contra Iudaeos (um 1110; editio princeps Köln 1536), der in vier so genannten tituli jüdische Positionen widerlegt und in sieben tituli anhand des Glaubensbekenntnisses die christliche Lehre als einziges vernunftgemäßes Glaubensgesetz darstellt.56 – Der als »Fälscher« bekannte Dominikaner Annius da Viterbo (1432–1502), dessen pseudophilonisches Breviarium de temporibus (Rom 1498) M. Luther zu den grausamen Morden des Herodes benutzt hat.57 Soweit ich sehe, kann nur die Lektüre des Pugio fidei des R. Martinus (1278) als Quelle für das Wissen Luthers über den Bar Kokhba-Krieg angenommen werden.58 M. Luther hat von R. Martinus offensichtlich die unklare Chronologie übernommen, welche die Aufstände in den Provinzen unter Domitian (um 115 n.) und den 2. jüdischen Krieg (unter Hadrian) nicht richtig auseinander hält. Ein präziser Hinweis auf den Pugio fidei als Quelle von M. Luther kann darin gesehen werden, dass beide für Aqiba die Bezeichnung armiger, »Waffenträger«, des Schimeʿon ben Kosibah benutzen. An keiner Stelle, an welcher R. Martinus von Bar/Ben Cozba oder Aqiba spricht,59 wird jedoch eine Münzprägung erwähnt. Daran ändert auch nichts, dass M. Luther den Petrus Galatinus (1460–1540), De Arcanis Catholicae Veritatis, in welchem weitgehend der Pugio des R. Martinus übernommen wurde, benutzt habe, wie der Herausgeber J. B. Carpzov in seiner Introductio (90) aufweist, denn auch P. Galatinus erwähnt in seinen Passagen zu Bar Kokhba nirgends eine Münzprägung.60 M. Luther konnte also auch von diesen ihm bekannten Texten nicht angeleitet worden sein, Aqiba einen »Müntzer« im Sinn eines Prägeherrn zu verstehen. Schlußfolgerung: M. Luthers Beschreibung des Aqiba als eines »Waffenträgers« (armiger) Bar Kokhbas ist in dem Sinne historisch richtig, dass Aqiba den Waffengang Bar Kokhbas unterstützt hat. Aqiba ist aber nach M. Luther »hie etwas mehr …, weil er auch ein Prophet und (wie bei uns geschehen) Müntzer ist«. Es sind also die beiden Qualitäten des Propheten und des Müntzers, die seinen »Mehr«-wert ausmachen. Die heftige prophetische Dimension Aqibas hat M. Luther dabei schon vorher betont: »Rabbi Aqiba war der Prophet und Geist Kokhabs. Er blies, trieb und hetzte ihn heftig, bezog alle die Sprüche von der Schrift vom Messias vor allem auf seine Person und
Morgenstern, Von den Juden und ihren Lügen (2016), 8. 20. 189. 290. Morgenstern, Von den Juden und ihren Lügen (2016), 63. 176. 294. 56 Morgenstern, Von den Juden und ihren Lügen (2016), 20. 59. 61. 75. 133. 57 Morgenstern, Von den Juden und ihren Lügen (2016), 136. 58 Ich zitiere Raymundi Martini Ordinis Praedicatorum Pugio Fidei (1687), wo am Rand die Folia der Pariser Erstausgabe von 1651 angegeben sind. Die Observationes des Joseph de Voisin sind jeweils an die entsprechenden Passagen des Pugio Fidei angefügt, während die Introductio des J. B. Carpzov auf 126 eigenpaginierten Seiten vorangestellt ist. 59 Zu Bar Kosiba (wobei die viel späteren Observationes des Joseph de Voisin meist mitgezählt sind): Pugio Fidei (1687), 265–266 (fol. 212), 320–329 (fol. 256–264), 872–873 (fol. 679), 907–908 (fol. 705–706). – Zu Aqiba: Pugio Fidei (1687), 320–329 (fol. 256–264), 338 (fol. 271), 873 (fol. 679). 60 Galatinus, Opus Totius Christianae Reipublicae (1518), fol. 139b–142b. 54 55
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sprach: Du bist der Messias.«61 Mit dem »Müntzer«, den M. Luther mit dem leicht missverständlichen Vergleich »wie bei uns geschehen« versieht, kann er nur den revolutionären Zeitgenossen Thomas Müntzer gemeint haben, da kein einziger Text auffindbar ist, aus dem ersichtlich wird, dass M. Luther Kenntnis von einer Münzprägung des Bar Kokhba hatte. Bevor neue Quellen erschlossen sind,62 ist deshalb vorzuziehen, dass M. Luther den Rabbi Aqiba nicht als Prägeherrn dargestellt hat.
5. Jacopo Strada (ca. 1515–1588) – Sechs jüdische Silber- und Bronzemünzen aus den beiden jüdischen Kriegen (beschrieben zwischen 1555 und 1565)
J. Strada hat neben seinen anderen numismatischen Werken (s. § IX,1.1) in den Jahren 1555 bis 1565 auch ein nur handschriftlich vorhandenes, undatiertes Werk mit dem Titel A. A. A. Numismatôn Antiquorum Diaskeuê verfasst. Im ersten Band dieser »Aufbereitung« (Diaskeuê) liegt eine beschreibende Liste von nichtrömischen Münzen vor, die J. Strada auf seinen Reisen gesehen und von denen er einige erworben hat, wobei er stets die Herkunft oder den Aufenthaltsort der Münzen angibt. Im Kapitel Chaldaeorum Cycli, Aenei, Argenteique et alia externa Nummismata sind auch sechs echte jüdische Münzen mit althebräischen Aufschriften (Nr. 1, 3, 4, 11, 12 und 14) und zudem eine PhantasieMünze mit hebräischer Quadratschrift (Nr. 13; s. § XIV,3.2) beschrieben.63 Kap. 5.1 bietet die Transkription und eine deutsche Übersetzung, wobei die oft fast unlesbaren althebräischen Aufschriften mit den Buchstaben a – o in eckigen Klammern angezeigt sind. Kap. 5.2 beschreibt und identifiziert die Bildmotive der sechs echten jüdischen Münzen in ihren Motivkombinationen der Vorder- und Rückseiten. Im Kap. 5.3 sind die althebräischen Aufschriften wiedergegeben, so gut wie möglich identifiziert und übersetzt.
Morgenstern, Von den Juden und ihren Lügen (2016), 140. In einer persönlichen eMail (vom 8. Jan. 2017) verweist M. Morgenstern auf »ein Forschungsprojekt zum lateinischen Talmud im Mittelalter (mit Görge Hasselhoff, Alexander Fidora und anderen), die den entsprechenden Manuskripten auf der Spur sind; es ist hier längst noch nicht alles erforscht, und es erscheint mir möglich, dass im 16. Jahrhundert mehr Kenntnisse und andere Quellen vorlagen als wir heute wissen«. 63 J. Cunnally hat mich auf das elfbändige Manuskript in der Wiener Universitätsbibliothek aufmerksam gemacht (eMail vom 9. April 2020), von dem auch eine vollständige Kopie in der Czech National Library vorhanden sei (s. Heenes, Stradas Coin Drawings [online], 3). Von der Kopie der Bände I bis IV aus dem Jahr 1567 in der Bayrischen Staatsbibliothek (Sigel: III 160.898/[1]) hat mir V. Heenes per Web-Transfer den Band I samt einer Transkription zugänglich gemacht (eMail vom 14. April 2020). Beiden sei hier sehr herzlich gedankt. Die Transkription der Nr. 1, 3, 4, 11, 12 und 14 (jüdische Münzen) und Nr. 13 (Salomo-Phantasie-Münze) auf den Seiten 125–126 und 128–129 des Kap. Chaldaeorum Cycli, Aenei, Argenteique et alia externa Nummismata (S. 125–131) habe ich mit einigen Korrekturen übernommen (Kap. 5.1.1); für die deutsche Übersetzung (Kap. 5.1.2) bin ich selbst verantwortlich. 61 62
Jacopo Strada (zw. 1555 u. 1565)
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5.1 Der Text (in der Bayrischen Staatsbibliothek) 5.1.1 Transkription (Nr. 1, 3, 4, 11, 12 und 14)64 1r In una parte. Botrus uvae inversus. circum quem literae sunt peregrinae. [… a …] 1v In altera. Cythara collocata est, literis circundata. [… b …] Nummus hic aeneus mediocris mihi visus est apud Illustrem Principem Florentinum D. Franciscum Medicem. 3r In una parte. Amphotis, sive urceus ansatus imprimitur, cum peregrinis literis. [… c …] 3 v In altera. Ramus quidam herbae odoriferae habetur, cum literis incognitis. * [… d …] Sychum (lies: nummum) hunc aeneum exiguum domi meae custodio. 4 r 1. In altera [lies: una] parte. *Herba folijs spinosis, acuminatisque, Cardo similis, est impressa, cum inscriptione peregrina. [… e …] 4 v In altera. Arbor palma insita, frugifera: cum similibus literis. [… f …] Nummum eum aeneum vidi apud Abbatem D. Irenaei Lugduni. 11r 11v 12r 12v
In una parte. Calix sacer affabrefactus adparet, capaci ore, ac pede amplo. Supra eum huiusmodi sunt characteres. [… g …] Circum. [… h …] In altera. Cassia herba laudatissima est impressa: cuius energiam, uires, ac pretium ab illis requîre, qui de simplicium naturis pertractant. Circumscriptio. [… i …] Ciclum hunc argenteum uidi Romae apud D. Achillem Maphaeum. In una parte. Calix sanctus, alia paulo, quam superior forma. in pedem desinens quadrangulum. Hinc inde. o–o. Supra. [… k …] Circum. [… l …] In altera. Sceptrum Aron delineatum est: cum huiusmodi commendationis titulo. [… m …] Eum ciclum argenteum Romae sum conspicatus apud D. Achillem Maphaeum.
64 Der Asterisk (*) bei 3v, 4r und 14r weist wohl auf die gleiche Inschrift (d wie a) oder das gleiche Bildmotiv (4r und 14r) hin. Abschreibefehler liegen wohl in 3v (sychum anstelle von nummum) und 4r (altera anstelle von una) vor. Zur Fehlerhaftigkeit und zu der zum Teil fremden Herkunft der Beschreibungen s. Heenes, Strada’s Numismatic Research (online), 7–13. – Die Bildmotive sind von mir fett gedruckt. Die Zeichensetzung in der deutschen Übersetzung ist deutscher Schreibweise angepasst.
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14 r In una parte. *Planta eadem, quam alias depinximus, uerum amplior paulo, quinis folijs. Supra sunt huiusmodi literae. [… n …] 14 v In altera. Palma, cum subscriptis talibus literis. [… o …] Nummi eius aerei copiam mihi fecit Petrus Ramos Hispanus Venetijs.
5.1.2 Deutsche Übersetzung (Nr. 1, 3, 4, 11, 12 und 14) 1r Auf der einen Seite. Eine umgekehrte Traube eines Weinstocks, um die herum fremdartige Buchstaben stehen. [… a …] 1v Auf der anderen. Eine Cythara ist aufgestellt. Mit Buchstaben umgeben. [… b …]. Diese mittelmäßige bronzene Münze wurde mir beim berühmten florentinischen Herrn Fürst Francesco de Medici gezeigt. 3r Auf der einen Seite. Eine Amphotis oder ein Krug mit Henkeln ist eingeprägt, mit fremdartigen Buchstaben. [… c …]. Auf der anderen. 3v Ein gewisser Zweig eines (wohl)duftenden Krautes ist vorhanden, mit unbekannten Buchstaben. * [… d …]. Diese kleine bronzene ‚Münze’ (anstelle von: sychus) bewahre ich in meinem Haus auf. 4 r 1. Auf der einen (anstelle von: altera) Seite. *Ein Kraut mit dornigen und spitzen Blättern, Cardo-ähnlich, ist eingeprägt, mit einer fremdartigen Aufschrift. [… e …] 4 v Auf der anderen. Ein aufgepfropfter Palmbaum, fruchttragend: mit ähnlichen Buchstaben. [… f …]. Eine solche bronzene Münze habe ich beim Herrn Abt des Irenäus in Lyon gesehen. 11r Auf der einen Seite. Ein kunstvoll gemachter heiliger Kelch zeigt sich, mit geräumiger Öffnung und weitem Fuß. Oberhalb von ihm sind solche Zeichen [… g …]. Rundherum [… h …]. 11v Auf der anderen. Ein hochgelobtes Cassia-Kraut ist eingeprägt, dessen Energie, Kräfte und Wert von jenen zu ermitteln sind, die über die Eigenschaften der einfachen Dinge (?) abhandeln. Umschrift [… i …]. Diesen silbernen Schekel habe ich in Rom bei Herrn Achilles Maffai gesehen. 12r Auf der einen Seite Ein heiliger Kelch, mit leicht anderer Form als der vorausgehende, zum Fuß hin viereckig auslaufend. Von beiden Seiten. o–o. Darüber [… k …]. Rundherum [… l …]. 12v Auf der anderen Das Zepter des Aaron ist gezeichnet; mit einer dieser Auszeichnung entsprechenden Überschrift. [… m …]. Diesen silbernen Schekel habe ich in Rom bei Herrn Achilles Maffai erblickt.
Jacopo Strada (zw. 1555 u. 1565)
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14 r Auf der einen Seite *Die gleiche Pflanze, die wir anderswo [4r?] beschrieben haben, doch ein bisschen größer, mit fünf Blättern. Darüber sind solche Buchstaben [… n …]. 14 v Auf der anderen. Eine Palme, mit solchen darunter geschriebenen Buchstaben [… o …]. Eine Kopie dieser bronzenen Münze hat mir der Spanier Petrus Ramos in Venedig gemacht.
5.2 Die Bildmotive und ihre Kombinationen
J. Strada nennt die Bildmotive der Vorder- und Rückseiten (hier fett ausgezeichnet) und versieht diese oft mit näheren Beschreibungen, doch sind keine Abbildungen vorhanden. Da er die Münzen meist nur anschauen konnte und zudem über kein normiertes Vokabular verfügte, können seine Beschreibungen der Bildmotive oft erst in Kombinationen mit dem Bildmotiv der anderen Seite oder anhand der Aufschriften und mit Hilfe der heute vorhandenen Korpora eindeutig bestimmt werden. In den folgenden Kap. 5.2.1–6 werden die Angaben von J. Strada analysiert und die Bildmotive identifiziert und datiert. Dazu werden manchmal auch die althebräischen Aufschriften (s. Kap. 5.3) und die heutigen Korpora von Y. Meshorer und D. Hendin beigezogen.65 5.2.1 Eine Weintraube und eine Kasten-Leier (Nr. 1)
Eine Weintraube ist ausschließlich auf kleinen Silber- oder Bronzemünzen des 2. jüdischen Krieges während aller Kriegsjahre abgebildet. Sie ist als Dreierbüschel gestaltet, das nach oben gerichtet ist, wenn man die Ausrichtung der Vorderseite als Norm nimmt. Diese numismatisch richtige Darstellung einer natürlich nach unten hängenden Weintraube ist wohl mit der Bezeichnung inversus angesprochen.66 Auch das Musikinstrument auf der Rückseite datiert die Münze grundsätzlich in den 2. jüdischen Krieg, weil es nur auf den Münzen des 2. jüdischen Krieges Musikinstrumente gibt. Zudem verlangt die beigefügte Aufschrift b (Kap. 5.3) eine solche Datierung, da cherut erst ab dem 2. Jahr des 2. jüdischen Krieges gebraucht wird. J. Strada nennt das Instrument Cythara, was zu seiner Zeit ein Saiteninstrument mit einem länglichen Resonanzkasten bezeichnete.67 Dieser Vorstellung entspricht am besten die Kasten-Leier (kinnor), wie sie auf drei kleinen Silbermünzen und einer mittleren Bronze des 2. jüdischen Krieges (alle undatiert; 3. Jahr) abgebildet ist.68 Die Schalen-Leier (nevel), deren Meshorer, Treasury (2001), und Hendin, Biblical Coins (2010). Die dort als hybrid angegebenen Münzen, welche die Aufschriften des 1. und des 2. Jahres aufweisen, können nicht vor dem 2. Jahr geprägt worden sein und werden hier deshalb ab dem 2. Jahr gezählt. Für die undatierten Münzen wird stets das 3. Kriegsjahr angenommen. 66 Meshorer bildet in seinen Korpora die Weintraube numismatisch korrekt stets nach oben gerichtet (also inversus) ab, während Hendin sie botanisch korrekt stets nach unten hängen lässt. 67 Siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Cythara. 68 Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1424. 1429. 1435 (Silber, klein, undatiert, 3. Jahr) und 1436 (Bronze, mittelgroß, undatiert, 3. Jahr). 65
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D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
Resonanzkörper aus einem umgekehrten Schildkrötenpanzer besteht und ein sichel- oder schlauchartiges Gebilde darstellt, kommt weniger in Frage. Es gibt sie im 2. jüdischen Krieg zweimal auf kleinen Silbermünzen69 und dreimal auf mittelgroßen Bronzen (alle 2. Jahr).70 Da J. Strada von einer Bronzemünze (nummus aeneus) spricht, kämen eigentlich nur Bronzemünzen in Frage. Bronzemünzen mit einer Kasten- oder Schalen-Leier gibt es im 2. jüdischen Krieg zwar durchaus,71 doch kommen sie nicht in Frage, weil keine von ihnen eine Weintraube auf der Vorderseite hat. Eine Weintraube in Kombination mit einer Leier kommt nur auf Silbermünzen des 2. jüdischen Krieges vor, sowohl mit einer Kasten-Leier auf der kleinen undatierten Silbermünze (Nr. 1435; 3. Jahr), wie mit einer Schalen-Leier auf der kleinen hybriden Silbermünze (Nr. 1383; 2. Jahr). Da eher die Motivkombination als die Metallbezeichnung stimmt, hat sich J. Strada wohl getäuscht, als er die von ihm nur gesehene und dazu noch »mittelmäßig« erhaltene Münze als Bronzemünze bezeichnete. Resultat: Die Münze Nr. 1 mit der Motivkombination einer Weintraube und einer Cythara ist am ehesten eine kleine Silbermünze des 2. jüdischen Krieges mit einer Kasten- Leier (Nr. 1435; undatiert, 3. Jahr). Eine kleine hybride Silbermünze mit der Schalen-Leier (Nr. 1383; 2. Jahr) kommt weniger in Frage. Diese Bildmotivkombination wird hier zum ersten Mal erwähnt. 5.2.2 Eine Amphore und ein Myrten(?)-Kranz (Nr. 3)
Das Gefäß mit dem griechischen Namen Amphotis, hier lateinisch mit urceus ansatus, »gehenkelter Krug«, umschrieben, ist ein zweihenkeliges, meist kanelliertes und manchmal bedecktes Gefäss für die Aufbewahrung von Wein und Öl oder für Libationen. Es kommt auf kleinen Bronzen des 1. und 2. Jahres des 1. jüdischen Krieges72 und auf großen Bronzen des 1. und 2. Jahres des 2. jüdischen Krieges vor.73 Der »Zweig eines (wohl)duftenden Krautes« auf der Rückseite ist rätselhaft. Die kleinen Bronzen aus dem 1. jüdischen Krieg mit einer Amphore auf der Vorderseite zeigen ein Rebblatt mit Ranke auf der Rückseite (s. Kap. 5.2.3) und kommen nicht in Frage. Die großen Bronzen aus dem 2. jüdischen Krieg mit einer Amphore auf der Vorderseite zeigen hingegen auch Kränze mit duftenden Zweigen wie die zwei- und dreiblätterigen Myrtenzweige (Nr. 1375) oder die zweiblätterigen Olivenzweige samt Oliven (Nr. 1404. 69 Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1383 (Silber, klein, hybrid, 2. Jahr) und Nr. 1389 (Silber, klein, 2. Jahr). 70 Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1377 (Bronze, mittelgroß, 1. Jahr) und 1406. 1407 (Bronzen, mittelgroß, 2. Jahr). 71 Siehe die mittlere Bronze des 1. Jahres (Nr. 1377) oder des 3. Jahres (Nr. 1436; undatiert) mit einer Kasten-Leier und die mittleren Bronzen aus dem 3. Jahr (Nr. 1406 oder 1407; undatiert, 3. Jahr) mit einer Schalen-Leier. 72 Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1357 (Bronze, klein, 1. Jahr), 1360 (Bronze, klein, 2. Jahr) und 1363 (Bronze, klein, 3. Jahr). 73 Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1375. 1376 (Bronzen, groß, 1. Jahr) und 1404. 1405 (Bronzen, groß, 2. Jahr). – Ein Zusammenhang mit der kleinen Bronzemünze des Prokurators Valerius Gratus, die auch eine Amphore und ein Weinblatt an einer Ranke zeigt (Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1337), ist unwahrscheinlich.
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1405). Myrtenzweige entsprechen dabei dem »wohlduftenden Kraut« am besten, da ihre Blüten einen bedeutend stärkeren Duft als Oliven und ihre Zweige haben.74 Resultat: Die Münze Nr. 3 ist am ehesten eine große Bronze aus einem der ersten beiden Jahre des 2. jüdischen Krieges mit der Motivkombination einer Amphore und eines Myrtenkranzes. Auch diese Bildmotivkombination wird hier zum ersten Mal erwähnt. 5.2.3 Ein Rebblatt und ein Palmbaum (Nr. 4 und 14)
Das »Kraut mit dornigen und spitzen Blättern« (Nr. 4r) und die »gleiche Pflanze«, die aber ein wenig umfassender (amplior paulo) und fünfblättrig (quinis folijs) sei (Nr. 14r), kann nur ein Rebblatt sein, wie es auf mittelgroßen Bronzemünzen des 2. jüdischen Krieges abgebildet ist.75 Nur auf diesen Bronzemünzen kommt nämlich die Motivkombination eines Rebblatts mit einer Palme vor. Die Datierung in den 2. jüdischen Krieg wird durch die Nennung von Schimeʿon in den Aufschriften f und o bestätigt, die durch einen Strich sogar eine Zweiteilung des Namens durch den Stamm der Palme anzeigen. Das Dornige und Spitzige dieses »Krautes« wird durch den Vergleich mit der CardoPflanze betont, die eine distelartige Kulturpflanze wie z. B. die Artischocke ist.76 Zudem sah J. Strada offensichtlich auch ein Kraut mit drei Blättern abgebildet, wenn er bei der »gleichen Pflanze« (Nr. 14) betont, dass sie nicht nur etwas größer, sondern auch fünfblättrig sei. Unter den vorhandenen mittleren Bronzemünzen, die alle mehr oder weniger spitze Blättern aufweisen, gibt es bei denen des 1. und 2. Jahres nämlich nur solche mit drei Teilblättern,77 nur bei der undatierten Münze (3. Jahr) können fünf Teilblätter unterschieden werden. Es scheint, dass J. Strada von beiden Sorten je eine beschreibt. Der Palmbaum wird auf 4v als »aufgepfropft« (insita) und fruchttragend beschrieben, was für die »Palme« auf 14v wohl auch gilt. Während bei keinem Palmbaum auf den vorhandenen Münzen eine Pfropfung zu sehen ist, sind alle fruchttragend und weisen zwei Dattelnbüschel auf. Resultat: Die Münzen Nr. 4 und 14 sind mittelgroße Bronzen aus dem 2. jüdischen Krieg mit der Motivkombination eines Rebblatts und eines Palmbaumes, wobei Nr. 4r (1. und 2. Jahr) wohl nur ein dreilappiges Rebblatt und Nr. 14 r (undatiert, 3. Jahr) sicher ein fünflappiges Rebblatt zeigen. Auch diese Bildmotivkombination wird hier zum ersten Mal erwähnt.
Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Myrte Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1378 und 1379 (Bronze, mittelgroß, 1. Jahr [bei 1379 fehlen die Dattelbüschel; vgl. Pl. 36, 1379]), 1408 (Bronze, mittelgroß, 2. Jahr), 1437 (Bronze, mittelgroß, 3. Jahr [undatiert]). Die kleinen Bronzen des 1. jüdischen Krieges mit einem Rebblatt kommen nicht in Frage, weil sie auf der Vorderseite keine Palme, sondern eine Amphore aufweisen; Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1357 (1. Jahr), 1360 (2. Jahr) und 1363 (3. Jahr). 76 Cardo (oder heute Cardy, Kardone u. Ähnl.), von lateinisch carduus, »Distel«; siehe https:// de.wikipedia.org/wiki/Cardy. 77 In der Sammlung von A. Loredan (s. Kap. 6; Abb. 9) ist eine ähnliche mittlere Bronze mit einem dreilappigen Rebblatt gezeichnet. 74 75
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D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
5.2.4 Ein Zeremonialkelch und ein als Zimtkassie beschriebener Granatapfelzweig (Nr. 11)
Zweimal wird ein kunstvoll gestalteter heiliger Kelch (11r und 12r) beschrieben, die sich nur um ein Weniges (paulo) in der Größe und der Gestaltung eines weiten oder viereckigen Fußes (s. Kap. 5.2.5) unterscheiden. Mit der Bezeichnung sacer (11r) oder sanctus (12r) ist angegeben, dass es sich nicht um ein profanes Trinkgefäss, sondern um einen Zeremonialkelch handelt. Das Bildmotiv des Kelches gibt es nur im 1. jüdischen Krieg, dessen Jahr jeweils über dem Kelch in althebräischen Buchstaben angegeben ist (s. Abb. 1,D). Dieses ist bei Nr. 11r durch die Aufschrift g mit Schin Bet als »J(ahr) 2« des 1. jüdischen Krieges angegeben. Bei Nr. 11r fehlt allerdings die für Münzen des 2.–5. Jahres des 1. jüdischen Krieges typische Schalenlippe mit Perlenkranz. Ein Rätsel gibt die »hochgelobte Cassia« auf, deren Energie, Kräfte und Wert nur von Leuten ermittelt werden können, die sich auf dem Gebiet der »einfachen Dinge«(?) auskennen. Cassia ist die lateinische Form des griechischen Wortes kasia, das eine Zimtart bezeichnet. Die Zimtkassie ist ein immergrüner, mittelgroßer Baum, dessen kleine Blüten bei der obersten Verzweigung einen dreifachenen Blütenstand bilden.78 Diese drei Blüten an einem kurzen Stiel sind wohl der Grund, dass J. Strada das Bildmotiv auf der Rückseite der Schekel des 1. jüdischen Krieges, das stets ein Zweig mit einer Verzweigung zu drei Granatäpfeln mit je drei Blütenblättern ist, als Zimtkassie gedeutet hat. Dass deren Zweige und Blätter sehr stark duften, die Rinde als Droge verarbeitet und die Blüten seit dem Mittelalter als Gewürz gebraucht werden können, kann verstehbar machen, weshalb J. Strada die energia, vires ac pretium dieses »hochgelobten Krautes« rühmt. Heilende Kräfte werden seit dem Altertum und weltweit jedoch auch dem Granatapfel zugesprochen.79 Resultat: Die Münze Nr. 11 ist ein Silberschekel (unbestimmter Stückelung) mit der Motivkombination eines Zeremonialkelches und eines Granatapfelzweiges (der jedoch als Zimtkassie gedeutet wird) aus dem 2. Jahr des 1. jüdischen Krieges. Auch diese Bildmotivkombination kommt hier zum ersten Mal vor. 5.2.5 Ein Zeremonialkelch und ein als »Zepter Aarons« beschriebener Granatapfelzweig (Nr. 12)
Der calix sanctus mit seinem viereckigen Fuß wurde schon in Kap. 5.2.4 als Zeremonialkelch bestimmt, der aber jetzt anhand der Jahreszahl alef, »(Jahr) 1«, über dem Kelch (Aufschrift k) dem 1. Jahr des 1. jüdischen Krieges zuzuweisen ist. Dazu passt gut, dass mit der graphischen Angabe o––o (12r) die beiden flankierenden Perlen auf Münzen aus dem 1. Jahr des 1. jüdischen Krieges gemeint sein können. Das Zepter des Aaron, das auf der Rückseite zu sehen sei, kann ebenfalls nur ein Zweig mit drei Granatäpfeln meinen, wie er auf den Rückseiten aller Silberschekel des 1. jüdischen Krieges abgebildet ist. Seit den Samaritanern, die von Mosche ben Nachman (1270 >) zitiert werden, wird der Granatapfelzweig als »Stab/Zweig (maṭṭeh) Aarons« gedeutet (§ VI,4) und entsprechend in Ph. Melanchthons Epigrammen und Briefen als virga Aaronis verstanden (Kap. 4.2.1 und 3). Die Deutung des Granatapfelzweiges als »Zepter« Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Zimtkassie, mit Abbildungen. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Granatapfel.
78 79
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verstärkt die Deutung als »Stab«, wie sie in der deutschen Version des Epigrammes von Melanchthon vorkommt (Kap. 4.2.2) und betont die Führungsfunktion der priesterlichen Dienstinhaber. Resultat: Die Münze Nr. 12 ist ein Silberschekel (unbestimmter Stückelung) mit der Motivkombination eines Zeremonialkelches und eines Granatapfelzweiges (der jedoch als Zepter Aarons gedeutet wird) aus dem 1. Jahr des 1. jüdischen Krieges. 5.2.6 Zusammenschau der Bildmotive (mit Datierung)
Nimmt man die Angaben zu den Bildmotiven und den Metallen zusammen, die im jeweiligen Resultat formuliert sind, so ergibt sich folgendes Bild: Nr. Bildmotivkombination/Deutung
Metall
Datierung
1
Weintraube und Kasten-Leier/Cythara
S (nicht B)
2K, undat. (3. Jahr)
3
Amphore und Myrten(?)-Kranz/Zweig eines (wohl)duftendes Krautes
Bgr
2K, 1. und 2. Jahr
4
Rebblatt und Palmbaum/Kraut mit dornigen und spitzen Blättern (cardo)
Bmi
2K, 1. und 2. Jahr
14
Gleiche Pflanze, jedoch fünfblätterig
Bmi
2K, undat. (3. Jahr)
11
Zeremonialkelch und Granatapfelzweig/ Zimtkassie (cassia)
S
1K, 2. Jahr
12
Zeremonialkelch und Granatapfelzweig/ Zepter Aarons
S
1K, 1. Jahr
J. Strada beschreibt also vier Bildmotivkombinationen, deren originale Bildmotive aber zum Teil mit Deutungen versehen sind, welche einiges an Interpretationsarbeit verlangten. Die dominante Gruppe der Bildmotive sind fünf Pflanzen (Weintraube, Myrtenkranz, Rebblatt, Palmbaum mit Dattelbüscheln und Granatapfelzweig), während die zweite Gruppe aus drei Objekten (Kasten-Leier, Amphore und Zeremonialkelch) besteht. Die Bildmotivkombinationen der Münzen 1, 3, 4, 11 und 14 werden dabei erstmals in der Geschichte der jüdischen Numismatik erwähnt. Der erste jüdische Krieg (1K) ist zweimal mit einem Silberschekel (S) aus dem 1. und dem 2. Kriegsjahr vertreten (Nr. 11 und 12). Der 2. jüdische Krieg (2K) kann bei den restlichen vier Münzen aus allen Kriegsjahren ausgemacht werden, wovon drei Bronzen sind (zweimal Bmi und einmal Bgr) und eine aus Silber (S) sein muss, obwohl J. Strada diese als Bronze bezeichnet. 5.3 Die althebräischen Aufschriften (a – o)
Die althebräischen Aufschriften sind meist mit kaum erkenntlichen Buchstaben wiedergegeben. Dies zeigt mit Evidenz, dass J. Strada die althebräische Schrift nicht kannte und er einfach gezeichnet hat, was er wahrnehmen konnte, sodass zum Teil nicht identifizier-
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bare Krümel-Buchstaben entstanden sind. Die folgende Auflistung schlägt aufgrund von screenshots dort, wo es möglich ist, eine Lesung der Aufschriften vor, was nicht ohne die Berücksichtigung der Bildmotive (s. Kap. 5.2) und der heutigen Korpora geht. Die Texte müssen bald von links nach rechts (l → r), bald von rechts nach links (l ← r) gelesen werden, je nachdem wie J. Strada sie wahrgenommen hat. Zudem hat er mit der Abzeichnung der Buchstaben offensichtlich an verschiedenen Stellen auf den Münzen begonnen, sodass sich ungewöhnliche Abfolgen von Wörtern oder Wortteilen ergeben (z. B. bei b oder i). Nr.
Lesung
Lese rich tung
Datierung
1.a.
Schimeʿon(?) (vgl. f und o)
(l → r)
2K, ab 2. Jahr
b.
[Jeruschalem?] cherut
(l → r)
3.c.
.m..
––
4.e.
[Jeruscha]lem l . t
(l ← r)
f.
Schim – eʿon (= o; vgl. a)
(l ← r)
2K
g.
sch(enat) 2
(l ← r)
1K, 2. Jahr
11.h.
scheqel Jiśraʾel (vgl. l)
(l → r)
i.
-im | ha-qedoschah Jeruschalaj-
(l → r)
12.k
Alef = 1
l.
scheqel Jiśraʾel (vgl. h)
(l → r)
m.
Jeruschalem qedoschah
(l → r)
14.n.
[Jeruschale]m l.t...lt
(l ← r)
Schim – eʿon (= f; vgl. a)
(l ← r)
d.
Aufschrift
––
*.....
o *
1K, 1. Jahr
2K
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Jacopo Strada (zw. 1555 u. 1565)
Die Datierungen, die sich jeweils aus den Bildmotiven und den Aufschriften ergeben, passen recht gut zusammen: Nr.
Datierung anhand der Bildmotive
Datierung anhand der Aufschriften
1
2K, undat. (3. Jahr)
2K, ab 2. Jahr
3
2K, 1. und 2. Jahr
––
4
2K, 1. und 2. Jahr
2K
11
1K
1K, 2. Jahr
12
1K, 1. Jahr
1K, 1. Jahr
14
2K, undat. (3. Jahr)
2K
5.4 Besitzverhältnisse und Orte
Jacopo Strada ist selbst im Besitz der großen Bronze Nr. 3 und einer Kopie der mittelgroßen Bronze Nr. 14, die ihm der Spanier Petrus Ramos in Venedig hergestellt hat. Die anderen beschriebenen Münzen hat J. Strada auf seinen Reisen nur gesehen und aufgezeichnet. In Italien sah er eine kleine Silbermünze (Nr. 1) bei Francesco de Medici, der 1574–1587 als Großherzog über die Toskana herrschte.80 In Rom sah er die beiden Silberschekel aus dem 1. jüdischen Krieg (Nr. 11 und 12) beim Antiquar und Sammler Achilles Maffai, dem Janos Szamboky ein Emblem mit einem Einhorn bei einer geöffneten Münzschatulle gewidmet hat (§ IX,5.2.3).81 Der Spanier Petros Ramos in Venedig und der Abt des Kloster St. Irenäus von Lyon mit je einer mittelgroßen Bronzemünze (Nr. 4 und 14) sind mir unbekannt geblieben. Besitzer
Ort
Strada:
Jacopo Strada (Nr. 3; Kopie von Nr. 14)
Sein Haus (in Deutschland?)
besass
Francesco de Medici (Nr. 1)
Florenz
sah
Achilles Maffai (Nr. 11 und 12)
Rom
sah
Petrus Ramos (Nr. 14)
Venedig
sah; bekam Kopie
Abt des Klosters Irenäus von Lyon (Nr. 4)
Lyon
sah
J. Stradas Beschreibungen von jüdischen Münzen aus dem 1. und 2. Krieg gegen die Römer stellen ein denkwürdiges Zeugnis dar, das viermal Bildmotive erstmals in der Geschichte der jüdischen Numismatik erwähnt und dabei Orte und Besitzer in Deutschland, Italien und Frankreich nennt. Er interpretiert einige Bildmotive zwar aus seiner eigenen Anschauung von Musikinstrumenten (1v) oder Pflanzen (3v, 4r, 11v), da er noch kein normiertes Vokabular für die Motive kennt, doch lassen sich dahinter stets die uns bekannten 80 Über seine Frau Johanna von Österreich, einer Tochter des Kaisers Ferdinand I., bestand eine Verbindung zum österreichischen Hof, dessen offizieller Antiquar J. Strada war (s. § IX,1.1); https:// de.wikipedia.org/wiki/Francesco_I._de’_Medici. 81 Szamboky, Emblemata cum aliquot Nummis [1564], 144; bei Henkel/Schöne, Emblemata (2013), Kol. 420.
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Bildmotive oder Datierungen erkennen. Seine Transkriptionen der Aufschriften zeigen, dass das althebräische Alphabet damals erst den Spezialisten (wie G. Postel und T. A. degli Albonesi) bekannt war und dessen Buchstaben deshalb selbst von sonst hochgebildeten Leuten wie J. Strada nur sehr mangelhaft wiedergegeben werden konnten. Dass J. Strada diese jüdischen Münzen im Kapitel der chaldäischen Münzen bietet und zusammen mit anderen orientalischen Münzen bespricht, zeigt, dass er sich nicht bewusst war, dass hier typisch jüdische Münzen vorlagen. Deshalb sind die Bildmotive nicht jüdisch gedeutet, wie der Kelch und der Granatapfelzweig oder der Lulav und die Etrogim dies doch nahelegten. Da kein Kommentar zu den Aufschriften vorhanden ist, können wir auch nicht wissen, wie J. Strada die Angabe der Kriegsjahre (ʿAlef und Schin Bet) über dem Kelch oder die Erwähnung von Schimeʿon verstanden hat. 6. Guillaume Du Choul (= Caulius) (1496–ca. 1560) – Eine erste numismatische Religionsgeschichte der Römer (1556)
Der adelige Guillaume Du Choul gehörte zu den besten Kreisen der Humanisten von Lyon, war ein bekannter Sammler von Antiquitäten, besonders von griechischen und römischen Inschriften, Kleinkunst und Münzen, die er erstmals – und dies ist seine eigentliche Pionierleistung – für eine Religionsgeschichte der Römer auswertete. In seinem Discours de la religion des anciens Romains, Lyon 1556, stellte er die Götterwelt der Römer, die großen Taten der Kaiser, die ethischen Werte (anhand der Personifikationen der römischen Tugenden) und die wichtigsten Rituale (besonders der kaiserlichen Welt und des Priestertums) zusammen, wobei er viele Nachzeichnungen von Skulpturen, »retirées des marbres antiques, qui se treuvent à Rome, et par nostre Gaule«, und von echten (und einigen falschen) Münzen einfügte.82 Wie er mehrfach vermerkt (z. B. S. 20 und 40), war J. Strada (vgl. Kap. 5; § IX,1.1), dieser »diligent perscrutateur de l’antiquité«, der Vermittler mehrerer seiner antiken Besitztümer. G. Rouillé (§ IX,5.1.2) als Herausgeber machte ihn zudem zu einem der meist publizierten Autoren des 16. Jh., da er fast gleichzeitig in mehreren europäischen Sprachen erschien (s. § XV: Chronologische Bibliographie, zum Jahr 1556).83 G. Du Choul hatte großes Interesse am jüdischen Tempel, obwohl er offensichtlich keine jüdischen Münzen in seinem Werk verzeichnete. Er gibt aber eine ausführliche Beschreibung der »grandeur & magnificence du sainct temple de Hierusalem, qui a passé & surmonté d’opulence & de richesse tous ceux, desquels nous ayons eu la congnoissance iusques à ce iour« (S. 8). Er rühmt die mit Goldfolie belegte Bundeslade, welche die Gebote Gottes enthielt, den goldenen Tisch und »eine unendliche Anzahl« von goldenen 82 G. Du Choul verwertet in seinem Discours ein früheres, unveröffentlichtes Manuskript mit Münzzeichnungen aus den Jahren 1536/38, das heute in Turin sei; vgl. Cooper, Collectors of Coins (1990), 15–18; Lemburg-Ruppelt, Der systematische Ausbau der Numismatik (1995), 50, wertet dieses Manuskript als den »Beginn der Numismatik in Frankreich«. 83 Dekesel, The ‚Boom’ of Numismatic Publications Between 1550 and 1559 (1995), 220, betont »the fact that Guillaume Rouille himself only directly produced 3 books, but also acted as publisher for 6 titles by Guillaume du Choul. This makes him responsible for nearly 10 % of the 1550s production …«; Heenes, Numismatik und Archäologie im 16. Jahrhundert (2003), 192, betont, dass G. Du Choul erstmals die archäologische Methode in die Numismatik einbezogen hat.
Guillaume Du Choul (1556) / Andrea Loredan (um 1560)
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und silbernen heiligen Gefäßen, Kelchen, Phiolen und anderen Gegenständen, welche für die Opferriten gebraucht wurden. Als bestes Stück nennt er die Menora des Tempels, die mit ihren Seitenarmen die sieben Planeten und mit dem zentralen Arm die Sonne symbolisiere. Dafür bringt er zwei Zeugnisse: Einmal zeichnet er die »Figure retirée de l’Arc triomphal de Tite Vespasian, qui se voit tout entier à Rome« nach, auf welchem die Menora, die Trompeten und der Schaubrottisch (jedoch ohne Kelch) zu sehen sind. Als zweites zeichnet er zwei silberne und vier bronzene Iudaea Capta-Münzen des Vespasian und Titus nach,84 welche das Thema der Niederlage in sechs Varianten beschreiben. Er fügt dann einen antiken Amethysten ohne Aufschrift an, der eine trauernde Frau (nach links) rechts unter einem Tropaion zeigt (S. 10–11), »qui est entre les mains de l’Auteur«. Dieses Motiv kommt wohl auf den Iudaea Capta-Münzen vor (vgl. Abb. 11), ist aber den Siegesmünzen über Armenien oder über die Alemannen nachgestaltet, die beide eine recht große trauernde Frau (nach links) mit einem Tropaion (einmal links, einmal rechts) darstellen.85 Das völlig auf die römische Religion zentrierte Interesse von G. Du Choul brachte es mit sich, dass die jüdischen Prägungen selbst nicht in sein Blickfeld kamen. Der Untergang Jerusalems und der Juden wird zwar als wichtiges Ereignis in der Religionsgeschichte der Römer rezipiert, ist aber ein durchaus positiv gewertetes Ereignis unter den »bons Princes Vespasian le pere & le fils« (S. 10). Obwohl er die Geschichte völlig aus dieser prorömischen Sicht sah, war das Judentum für ihn ein großer Moment der Geschichte, das jedoch im Titusbogen und den Iudaea Capta-Münzen seinen Untergang gefeiert bekam. 7. Andrea Loredan (geb. um 1455) – Eine private Sammlung mit einer kleinen Bronze von Agrippa I., einem Silberschekel aus dem 1. jüdischen Krieg und zwei Bronzen aus dem 2. jüdischen Krieg (gezeichnet um 1560)
Es ist das Verdienst von John Cunnally, ein Manuskript von 171 handpaginierten Blättern mit 1220 Tuschezeichnungen von antiken Münzen bekannt gemacht zu haben, das in der Houghton Library in Harvard aufbewahrt ist (Houghton Ms. Typ. 411).86 Nach der auf der inneren Titelseite handgeschriebenen Notiz: »Drawn by Jacob Strada for the Fugger Family 1550« sollen diese Münzabbildungen von Jacopo Strada (§ IX,1.1) verfertigt worden sein. Dies ist sicher nicht richtig, da »Strada in fast allen seinen Münzwerken jede einzelne Münze im Folio-Format abgebildet hat. Die Abbildungen der Sammlung von A. Loredan orientieren sich eher an den Abbildungen bei Enea Vico und Hubert Goltz,
Zu identifizieren mit Brin, Catalog (1986), Nr. 8. 22 (?). 42: Vespasian; Nr. 85.98.107. 112. 118: Titus. 85 Sear, Roman Coins and Their Values I (2000), 47 (Armenia), 48 (Alemannia). 86 Cunnally, Irritamenta I (2016), 3–46 (Part One), behandelt das MS als »Object of Art and Historical Document« und liefert alle Angaben, die im Folgenden ausgewertet werden; sehr positive Rezension: de Callataÿ (2017), 474–476. Hinweise schon in: Cunnally, Shekel Amity (1996), 5–6; Cunnally, Il manoscritto numismatico cinquecentesco (2006), 427–443; Cunnally, The Mystery of the Missing Cabinet (2013), 142–148; 15 Fig. 84
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die wesentlich kleiner sind.«87 Der Name des sehr begabten Zeichners konnte bis jetzt nicht ausfindig gemacht werden. J. Cunnally hat anhand der Wasserzeichen und der rötlichen marokkanischen Umschlaggestaltung die Entstehung im 16. Jh. und eine italienische Herkunft sicher, eine venezianische sehr wahrscheinlich machen können, wobei der »venezianische Fuggermeister« oder – vielleicht identisch mit ihm – der Hausbinder des Jakob Fugger, Anton Ludwig aus Flamen, als Buchbinder in Frage kommen. Aus der Konvergenz aller Angaben kann als plausibelstes Datum der Entstehung des Manuskripts die Zeit um 1560 angenommen werden.88 Die Münzen gehörten dem reichen venezianischen Patrizier Andrea Loredan, der ein privates Museum besaß, das zugänglich war und zahlreiche Numismatiker anzog. Enea Vico beschreibt in seinen Discorsi (1555) den Venezianer, den er 1545 besuchte, als eine Persönlichkeit, die alle politischen Ehren verschmähte und sich einzig seinen »alten und seltenen Sachen« in seinem Haus widmete, und beschreibt eine schöne Anzahl von dessen Münzen (§ IX,5.1.1). H. Goltz hat ihn in den Monaten Mai bis Juli des Jahres 1559 in Venedig besucht und auf seiner Liste (1563) als Andreas Lauredanus Patricius Venetus festgehalten (§ IX,1.2). Antonin Agustín berichtet in einem Brief des Jahres 1561 an Fulvio Orsini voll Bewunderung über seine Besichtigung von A. Loredans griechischen und römischen Münzen (§ X,11) und Aldus Manutius der Jüngere (1547–1597) benutzte 62 Münzen aus Loredans Sammlung für seine korrigierte Rechtschreibung der antiken Personennamen in seinem Werk Orthographiae Ratio (1561). Die Münzsammlung selbst ist leider unrettbar zerstreut oder gar vernichtet worden. Umso kostbarer ist das Manuskript mit den 1220 Tuschezeichnungen. Zudem ist es das einzige Album mit den Abbildungen einer ganzen privaten Sammlung des 16. Jh. und kann deshalb als Beispiel für ähnliche Sammlungen dieser Zeit gelten, die jedoch nur noch (wenn überhaupt) in schriftlichen Inventarlisten beschrieben sind, welche niemals die Exaktheit von guten Zeichnungen erreichen können.89 Die Beziehungen zwischen A. Loredan und J. Strada waren nicht unbelastet. J. Strada hat offensichtlich verschiedene seiner Sammlungen zu erwerben versucht, wurde in diesem Zusammenhang von A. Loredan mehrmals des Betrugs und Diebstahls bezichtigt, hatte aber schließlich (gegen entsprechende Bezahlung) Erfolg, sodass die Sammlung samt dem Manuskript 1567 in den Besitz von Johann Fugger kam. Dort wurde das Manuskript in venezianischer Art gebunden und ein späterer Bibliophiler hat die englische (Falsch-)Bemerkung auf die innere vordere Deckelseite geschrieben, dass J. Strada die Zeichnungen selbst gemacht habe.90 Das Manuskript enthält die 1220 sorgfältig abgezeichneten Münzbilder ohne jeglichen Kommentar. Erstmals ist von John Cunnally (2016) ein beschreibender Katalog
Briefliche Mitteilung von Volker Heenes (Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt) vom 7. Jan. 2017. – Zu J. Strada s. §§ IX,1.1; X,5; vgl. Cunnally, Irritamenta I (2016), 3, Anm. 3. 88 Cunnally, Irritamenta I (2016), 20–23 (technische Merkmale). 89 Cunnally, Irritamenta I (2016), 6–7. 31–34 (Hubert Goltz), 23–25 (Enea Vico; mit Identifizierungen von Münzen des Ms Houghton), 30 (Antonin Agustín, Aldus Manutius jun.), 35–46 (Schicksal der Sammlung). 90 Cunnally, Irritamenta I (2016), 14–16; vgl. Favaretto, Arte Antica e cultura (2002), 82–83: La vendita delle collezioni Loredan e Zeno. 87
Andrea Loredan (um 1560)
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von allen Münzen erstellt worden.91 Das Manuskript umfasst auf den ersten 51 Blättern vor allem griechische Münzen und auf den Blättern 53–171 vor allem römische Münzen. Dazwischen ist das Blatt 52 mit (recto) sechs arabischen Münzen aus dem 12. Jh. und (verso) einem Silberschekel aus dem 1. jüdischen Krieg und einer großen Bronze aus dem 2. jüdischen Krieg abgebildet. Unter den griechischen Münzen findet sich neben einer phönizischen Bronze aus dem spanischen Gades (Nr. 454) auch eine mittlere Bronze aus dem 2. jüdischen Krieg (Nr. 453). Eine Herodes Agrippa-Münze befindet sich richtig in der griechischen Sektion (Nr. 371) und ein Iudaea-Capta-Sesterz ist in die römische Abteilung eingeordnet (Nr. 819). In chronologischer Reihenfolge sind folgende jüdische Prägungen vorhanden: Herodes Agrippa I. (37–44 n.): Eine kleine Bronze des Herodesenkels mit den Bildmotiven Schirm oder Baldachin, drei Ähren und einer griechischen Aufschrift. Das Datum kann mit Sicherheit ergänzt werden (Abb. 7).92
Abb. 7: Andrea Loredan (um 1560), kleine Bronze des Herodes Agrippa I. (37–44 n.). Vorderseite: Schirm oder Baldachin (hier um 90 Grad gedreht) und griechische Umschrift Basileôs Agripa, »des Königs Agrippa« (1 Uhr): Rückseite: Drei Kornähren mit drei und einmal vier Grannen, aus geschwungenem Blütenstand mit Stiel; waagrechte, sicher zu ergänzende Datumsangabe L | [6] (= 41/42 n.). L ist Signalzeichen für eine folgende Jahreszahl; Punktekreise. [= TabÜ IV, 2A]
Cunnally, Irritamenta I (2016), 49–348 (Part Two), mit Registern erschlossen. Fol. 40r (untere Reihen, rechts): Cunnally, Irritamenta I (2016), 149, Nr. 371; II: Pl. 73; = Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1244. 91 92
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1. jüdischer Krieg, 2. Jahr (67–68 n.): Ein Silberschekel mit den üblichen Bildmotiven Zeremonialkelch und Granatapfelzweig, die beide sehr exakt abgezeichnet sind. Die althebräischen Aufschriften sind vollständig und gut leserlich (Abb. 8).93
Abb. 8: Andrea Loredan (um 1560), Silberschekel, 1. jüdischer Krieg, 2. Jahr. Vorderseite: Zeremonialkelch mit Perlenkranz (mit 12 Perlen) als Schalenlippe, senkrechter, dünner Schaft, mit rundem Knauf, glockenartiger Sockel und eine mit zwei Knöpfen versehene Fußplatte, darüber althebräisch Schin Bet »J[ahr] 2«; Rückseite: Zweig mit drei Granatäpfeln mit Knöpfen an den äußeren Blütenblättern und am Stängelende. Althebräische Umschriften scheqel Jiśraʾel (4 Uhr) und Jeruschalajim ha-qedoschah (5 Uhr); Punktekreise. [= TabÜ IV, 3A]
2. jüdischer Krieg, 2. Jahr (ab 133/134 n.): Eine mittlere Bronze mit den Bildmotiven Rebblatt mit drei Lappen und Ranke (nach oben gerichtet) und Dattelpalme. Dreht man das Weinblatt um 90 Grad, sodass es nach unten hängt (wie auf Abb. 9), beginnt die schwer lesbare Aufschrift bei 11 Uhr und lautet: Sche[nat Bet le-]cher(ut) śiraʾe[l], »J[ahr 2 für die] Frei(heit) Sirae[l]s (sic!); unter der Dattelpalme: Schim | eʿo | n.94 – Der Gebrauch von cherut, »Freiheit«, erlaubt es, die Bronze ab dem 2. Jahr des 2. Krieges zu datieren, da im 1. Jahr stets geʿullah, »Erlösung«, gebraucht wird (Abb. 9).
93 Fol. 52v (obere Reihen, links): Cunnally, Irritamenta I (2016), 182, Nr. 483; II: Pl. 98; = Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1358. Die althebräischen Buchstaben sind J. Cunnally offensichtlich nicht geläufig, sodass sich einige Ungereimtheiten ergeben (s. folgende Fußnoten). Dass zudem in Irritamenta die hebräischen Wörter von links nach rechts und ohne Leerschläge geschrieben sind, macht die Aufschriften schwer lesbar. 94 Fol. 49 v (untere Reihen, Mitte): Cunnally, Irritamenta I (2016), 173–174, Nr. 453; II: Pl. 92; = Mildenberg, Coinage of the Bar Kokhba War (1984), 316–318, Nr. 83–93 (Gruppe 2). Die Verkehrung der Buchstaben im Wort Jiśraʾe(l) zu śiraʾe(l) ist signalisiert bei Meshorer, Ancient Jewish Coinage II (1982), 270, Nr. 42; vgl. Hendin, Guide (2010), 1408avar. – Cunnally hat offensichtlich die Aufschrift von außen gelesen und sieht deshalb bei 5 Uhr ein griechisches/lateinisches M anstelle eines althebräischen Schin, »J[ahr]«, und bei 11 Uhr die drei griechischen/lateinischen Buchstaben BAM anstelle der althebräischen Buchstaben chr śi von cher[ut] śiraʾe(l), »Freih(eit) Sirae[l]s«.
Andrea Loredan (um 1560)
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Abb. 9: Andrea Loredan (um 1560), mittelgroße Bronze, 2. jüdischer Krieg, 2. Jahr. Vorderseite: Palme mit sieben Zweigen und zwei Dattelbüscheln; unter den Palmzweigen waagrechte althebräische Aufschrift: Schim | eʿo | n; Rückseite (hier um 90 Grad gedreht): Zackiges Rebblatt mit drei Lappen an Ranke, fragmentarische althebräische Umschrift Sche[nat Bet le-]cher(ut) śiraʾe[l] (sic!), »J[ahr 2 für die] Frei(heit) Sirae[ls] (sic!) (11 Uhr); Punktekreise. [= TabÜ, 4A]
2. jüdischer Krieg, 2. Jahr (133/134 n.): Eine große Bronze mit den Bildmotiven einer kannelierten zweihenkeligen Amphore und einem Lorbeer-Kranz mit ovalem Medaillon.95 Die Umschrift ist fast vollständig lesbar: Schin Bet le-cher(ut) Ji[śra]ʾel, »J(ahr) 2, für die Frei(heit) I[sra]els« (5 Uhr); von der waagrechten Aufschrift Schim | [eʿon] der Rückseite ist nur die erste Hälfte erhalten (Abb. 10).
Abb. 10: Andrea Loredan (um 1560), große Bronze, 2. jüdischer Krieg, 2. Jahr. Vorderseite: Lorbeer- Kranz aus je zwei gegenständigen Blättern und Beeren, mit Kordel (unten) und ovalem Perlenmedaillon (oben); waagrechte Inschrift Schim | [eʿon]; Rückseite: Zweihenkelige kannelierte Amphore, althebräische Umschrift Schin Bet le-cher(ut) Ji[śra]ʾel, »J(ahr) 2, für die Frei(heit) I[sra]els« (5 Uhr); Punktekreise. [= TabÜ IV, 5A]
95 Fol. 52v (obere Reihen, Mitte): Cunnally, Irritamenta I (2016), 182–183, Nr. 484; Pl. 98; = Mildenberg, Coinage of the Bar Kokhba War (1984), 300, Nr. 19 (Gruppe 2b); vgl. Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1405. – Cunnally verwechselt diese Münze mit der kleinen Bronze bei Mildenberg, Ebd. 330; die doch recht gut lesbaren althebräischen Um- und Aufschriften nennt er eine »incomplete or broken legend«.
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Als weiteres Stück aus der unmittelbaren Umgebung des Judentums sei ein Iudaea Capta-Sesterz des Kaisers Titus (80–81 n.) angefügt (Abb. 11):96
Abb. 11: Andrea Loredan (um 1560), Iudaea Capta-Sesterz des Titus. Vorderseite: Porträt des bulligen Titus, mit Diademkranz, nach links, lateinische Umschrift: IMP(perator) T(itus) CAES(ar) VESP(asianus) AUG(gustus) P(ontifex) M(aximus) TR(ibunicia) P(otestas) P(ater) P(atriae) CO(n) S(ul) VIII, »Befehlshaber Titus Cäsar Vespasian Augustus, höchster Pontifex, mit tribunizischer Gewalt, Vater des Vaterlandes, Konsul zum 8. Mal (= 80–81 n.); Rückseite: Dattelpalme mit 6–7 Zweigen und zwei Dattelbüscheln, links darunter sitzt eine trauernde Frau mit entblößter Brust (nach links) und rechts darunter steht ein halbnackter gefesselter Mann; am Boden liegen (von rechts nach links) ein Schild, ein Helm und weitere Waffenteile; lateinische Aufschriften (waagrecht) IUD(aea) | CAP(ta), »Jud(äa) | (ist) gefan(gen)«, und S(enatus) C(onsulto), »durch Beschluss des Senats« (vgl. Abb. 4); Punktekreise.
In der Sammlung von Andrea Loredan waren demnach unter den griechischen und römischen Münzen auch vier jüdische Münzen vorhanden, wovon die drei Münzen aus den jüdischen Kriegen althebräische Aufschriften aufwiesen. Erstmals wird eine große Bronze mit zweihenkeliger Amphore und Lorbeerkranz mit Medaillon aus dem 2. Jahr des 2. jüdischen Krieges vorgestellt. Da diese Sammlung zeigt, wie damals Münzsammlungen ausgesehen haben, können wir annehmen, dass die zahlreichen anderen Sammlungen des 16. und 17. Jh., um deren Existenz wir zwar wissen,97 deren Bestückung wir aber nicht kennen, unter den griechischen, römischen oder orientalischen Münzen ebenfalls jüdische Münzen aufwiesen, ohne dass davon spezielles Aufsehen gemacht wurde. Die Beschreibungen von J. Strada erwähnen unter den chaldäischen Exemplaren sechs solche Münzen aus verschiedenen Sammlungen (§ X,5). Eine vollständige Durchforstung aller bekannten Kataloge nach jüdischen Münzen könnte sicher noch zu einer umfassenderen Kenntnis der Geschichte der jüdischen Numismatik dieser Zeit führen.
96 Fol. 92r (untere Reihen, Mitte): Cunnally, Irritamenta I (2016), 254, Nr. 819; Pl. 173; = Brin, Catalog (1986) 39, Nr. 108; Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1591. 97 In großer Ausführlichkeit besprochen bei Babelon, Traité I/1 (1901), Col. 89–135: »Histoire de la numismatique au XVI siècle et jusqu’au milieu du XVIIe«; s. Bodenstein, Ernest Babelon (2010), 33–38.
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Das Gleiche kann für das 17. Jh. gelten, für das hier – vorausgreifend – nur ein Beispiel kurz angeführt werden soll: Nicolas-Claude Fabri de Peiresc (1580–1637) besaß eine weit herum bekannte numismatischen Sammlung, in der sich nach seinem eigenen Zeugnis über 30 jüdische Silber- und Bronzemünzen befanden.98 Diese doch recht große Anzahl jüdischer Münzen in einer Privatsammlung kann ein Indiz dafür sein, dass jüdische Münzen in den Jahrzehnten um 1600 in größerer Menge entdeckt wurden und entsprechend in den Sammlungen auftauchen. Bei N.-C. Fabri de Peiresc spielt zudem wohl auch seine Verbundenheit mit jüdischen Kreisen eine Rolle, wie dies mehrfach aufgezeigt werden kann. Sein gelehrter jüdischer Freund Rabbi Schelomo ben Jehuda Azubi (1575/80–1647) zum Beispiel hat ihm als Dank für seine mehrtägige Gastfreundschaft in seinem Haus in Südfrankreich eine Arbeit »sur les monnaies dont les Juifs se servaient autrefois« geschickt (§ XV, Chronologische Bibliographie, zum Jahr 1647 >). Und in einem undatierten Manuskript De nummis Graecorum, Romanorum et Judaeorum, in welchem N.-C. Fabri de Peiresc – ähnlich wie vor ihm J. Strada und H. Goltz – auf 720 Seiten die Schätze verzeichnet hat, die er bei befreundeten Antiquaren und Numismatikern in Frankreich, Belgien, Holland und Italien angetroffen hat, befindet sich auch ein fein nachgezeichneter Schekel aus dem 4. Jahr des 1. jüdischen Krieges, wobei die althebräische Aufschrift exakt übernommen ist.99 N.-C. Fabri de Peiresc kannte offensichtlich – im Unterschied zu J. Strada – das althebräische Alphabet.
Bei den folgenden Autoren der zweiten Hälfte des 16. Jh. ist zu beobachten, auf welch unterschiedliche Weise in Spanien (Kap. 8 und 11), in Italien (Kap. 9) und in Frankreich (Kap. 10) jüdische Silber- oder Bronzemünzen in die Hände christlicher Gelehrter gelangt sind. 8. Benito Arias Montano (1527–1598) – Der »göttliche Gnadenerweis« eines echten Silberschekels während des Konzils von Trient (1572)
Benito Arias Montano war ein gelehrter Orientalist und nahm als Experte 1562–1563 am Konzil von Trient teil. Unter dem Einfluss seines Lehrers G. Postel (§ X,1) suchte er eine auf die Bibel gegründete, einfache Lebensweise nach den Idealen der flämischen Familia Caritatis und zog sich 1564 in die Einsamkeit seiner spanischen Gebirgsheimat nach Aracena in eine Einsiedelei zurück.100 1566 wurde er jedoch Kaplan am königlichen Hof von Madrid und bekam von Philipp II. den Auftrag, eine Biblia Políglota herauszugeben, die wegen des hohen Auftraggebers auch Biblia Regia genannt wird. Mit einer hochgelehrten Gruppe, unter anderen G. Postel, der mit andern das syrische Neue Testament verantwortete, und A. Maes (§ X,9), der den Targum Jonatan zu den historischen und prophetischen Büchern in Rom (wieder-)entdeckt hatte, gab B. Arias Montano innerhalb der vier Jahre 1568–1572 bei Christoph Plantin in Antwerpen diese Polyglotte in acht Bänden heraus. Dieses erstaunliche Werk, das auch »Antwerpener Polyglotte« genannt wird, enthält in 5 Bänden die Biblia Sacra, Hebraice, Chaldaice, Græce, et Latine … ad Sacrosanctæ Ecclesiæ Usum und gibt den Bibeltext in parallelen Spalten in den fünf Sprachen Lateinisch (Vulgata von Trient; 1546), Griechisch, Hebräisch, Altsyrisch und Brief von N.-C. Fabri de Peiresc an Jean Morin, in: Morin, Antiquitates Ecclesiae Orientalis (1682), 198–190: Epistula XXXVI (datiert 1631). 99 Fabri de Peiresc, De nummis Graecorum, Romanorum et Judaeorum (o. D.), 85. 100 Wilkinson, The Kabbalistic Scholars (2007), 24–31. 98
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Aramäisch wieder. Angefügt sind die 1572 erschienenen Bände 7 und 8, die den so genannten Apparatus Sacer darstellen und mehrere philologische und lexikalische Traktate und eine kleine biblische Enzyklopädie bieten.101 Diese enthält auch einen Traktat zu den biblischen Maßen, Gewichten und Münzen, womit B. Arias Montano – trotz mehrfacher Intervention der Inquisition – die Numismatik zu einem festen Teil des biblischen Umweltwissens gemacht hat.102 8.1 Der Traktat Ephron, sive De siclo (1572)
Der numismatische Traktat von 24 Seiten trägt den malerischen Titel Ephron, sive, De siclo und ist der dritte Teil des Werkes Thubal-Cain, sive, De Mensuris Sacris Liber.103 Er ist auch in die neun Bücher Antiquitates Iudaicae (1593) von B. Arias Montano aufgenommen worden, in dem »die wichtigsten heiligen und profanen Riten« (Untertitel) sowie Jerusalem und sein Tempel beschrieben werden.104 De Siclo ist eine komprimierte metrologische Abhandlung zu allen sakralen und profanen Münzwerten der Bibel und deren Umwelt, vom Scheqel als Geld (in vier Stückelungen) und als Gewicht, über Gerah, Selaʿ, Maʿah, Qeśiṭah, Zuzah und Minah, zu den auswärtigen Silberwährungen des Dinar/Denarius, des Drakmon/Darkmon/Dirhem, des Issar/Assarion/Assis, des Adarkon, dann zu den Goldstücken und schließlich zu einigen »weniger berühmten«, die von anderen Völkern kommen, aber im täglichen Gebrauch üblich waren (Antiquitates Iudaicae 137). Ein abschließendes Kapitel behandelt nur den Kikkar als das größte und älteste Gewicht. B. Arias Montano verweist dabei nicht nur auf die üblichen alt- und neutestamentlichen Texte (vgl. § II,2.1 und 2.2), sondern oft auch auf die rabbinische Literatur. Da sein Leserkreis diese offenbar nicht gut kennt, bringt B. Arias Montano zu Beginn eine Gebrauchsanweisung für den Leser (Auctor Lectori), in welcher er 27 benutzte Mischna-/Talmudtraktate mit kurzen Inhaltsangaben vorstellt und außerdem »andere Bücher«, in denen »auch viele Argumente aller Arten enthalten sind«. Darunter zählt er die fünf Midrasch-Werke zur Tora, den Midrasch Rabbah als Homeliarium magnum und eine Sammlung von Entscheidungen in der Gemara der Talmude, die er Gamra. Liber Resolutionum nennt (Antiquitates Iudaicae 108). Aus dem Inhalt ist auch zu entnehmen, dass er zudem mindestens Mosche ben Nachman (§ VI,4) gelesen hatte. Vgl. Schenker, The Polyglott Bibles (2008), 774–784, bes. 775–779: The Antwerp Polyglott Bible 1568–1572. 102 In der älteren polyglotten Bibel von Alcalá (= Polyglotta Complutensis; 1514–1517) und in der späteren Polyglotte von Paris (1628–1645) fehlt ein solcher Traktat. Erst 100 Jahre später, in der Londoner Polyglotte von Walton, Biblia Sacra Polyglotta I/Apparatus (1657), wird in der Praefatio wieder eine biblische Münzkunde geboten, wobei einfach das Traktat von Brerewood/Brerewood, De Nummis Judaeorum (1614), 1–18, übernommen wurde. 103 Die malerischen Titel verweisen auf biblische Personen, die traditionell mit Metall oder Geld verbunden sind: Tubal-Kain, der »Stammvater aller Erz- und Eisenschmiede« (Gen 4,22), wird in einigen Texten als Erfinder der Maße und Gewichte dargestellt und Efron ist der Hetiter, der von Abraham 400 Schekel Silber für die Grabeshöhle von Machpela annahm (Gen 23,16; s. § II,1). 104 Ich zitiere im Folgenden aus Arias Montano, Antiquitatum Iudaicarum libri IX, Bd. IX (1593), 125–140: Volumen tertium. Ephron, sive, De siclo. 101
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8.2 Der »göttliche Gnadenerweis« (1562–1563): Ein Schekel
Zu Beginn des De Siclo erzählt B. Arias Montano recht ausführlich, wie er während seines Aufenthaltes am Konzil von Trient (1562–1563) in den Besitz eines echten Schekels gekommen ist:105 Nacti sumus ipsum verum et certum Israelitarum Siclum, non casu, sed divino beneficio & consilio, ut credimus. Wir sind in den Besitz eines wahren und sicheren Schekels der Israeliten gekommen, nicht durch Zufall, sondern durch einen göttlichen Gunsterweis und Ratschluss, wie wir glauben.
Dass dies ein »göttlicher Gnadenerweis« gewesen sei, zeige sich in der glücklichen Koinzidenz zweier Erlebnisse: Als erstes habe er – nach der Lektüre der damaligen Literatur zum Schekel – ein sehr gelehrtes Buch gelesen, das von Mosche ben Nachman geschrieben worden sei:106 Mosem Nehemani filium Hebraeum Gerundensem, qui ante annos quadringentos (nisi me supputatio fallit) in Catalonia floruit. Mose, der Sohn des Neheman, eines Hebräers aus Girona, der vor vierzig Jahren (wenn mich die Ausrechnung nicht irreführt) in Katalonien seine Blütezeit hatte.
Darin erzähle Mosche ben Nachman in einem Nachtrag (s. § VI,4), dass ihm in Akko von den Einwohnern eine sehr alte Silbermünze (nummus argenteus antiquissimus) mit den Bildmotiven das Manna-Gefäßes und des Aaronstabes gezeigt worden sei.107 Die Aufschrift habe Sekel Israel und Jerusalaim Kedossah gelautet. Sie war in samaritanischen Buchstaben geschrieben, die in der israelitischen Literatur allgemein verbreitet (communes) waren, bevor die 12 Stämme sich in ein Nord- und ein Südreich aufgespaltet hatten und Jerusalem noch für alle Israeliten eine heilige Stadt war. Auch seien Mosche ben Nachman halbe Schekel mit der Aufschrift Hhaszi sekel gezeigt worden. Dabei habe sich die halachische Bestimmung von »Rabbi Jarhhaeus« (= Jarchi = Raschi) aufs beste als richtig erwiesen, dass »der Schekel eine halbe Silberunze sei« (siclum esse dimidiam argenti unciam).108 Das zweite Erlebnis machte B. Arias Montano in dieser gleichen Nacht: Gerade nach dem Abschluss seiner Lektüre von Mosche ben Nachman bekam er einen echten jüdischen Silberschekel geschenkt: Eadem vero nocte, qua ipse illius auctoris commentariis perlectis, ad illam postremam, de Siclo in peregrinatione reperto & agnito narationem perveniebam, tredecim aurea antiqua Imperatorum numismata, ad amicum quendam doctissimum, ab Archiepiscopo Lestrigoniae missa, ut interpre Arias Montano, Antiquitatum Iudaicarum libri IX, Bd. IX (1593), 125–127. Nach Hauber, Nachricht (1767), 19, war B. Arias Montano der »allererste« Christ, der Mosche ben Nachman gelesen habe. 107 B. Arias Montano bemerkt nicht, dass die Samaritaner, die von Mosche ben Nachman zur Lesung der althebräischen, d. h. samaritanischen Schriftzeichen beigezogen wurden (und nicht Mosche ben Nachman) die Bildmotive als Manna-Gefäß und Aaronstab gedeutet haben (§ VI,4). 108 Siehe den Kommentar zu Schemot/Ex 21,31 von Rabbi Schelomo ben Jiṣchaq/Raschi (nach § IV,2, zum Jahr 1100 ±). 105 106
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tater, accepi, quod eiusmodi antiquitatum studiosus aliquando fuisse dicerer, ea liberali conditione proposita, ut si quae ex illis optarem, apud me retinerem lubenti animo donata. Praeter illa autem tredecim aurea, unum etiam erat duplo quam singula ex aureis crassius, maioris etiam formae, purissimo argento constans; iis denique omnino figuris et characteribus cusum, quae a Mose illo Gerundensi descripta, superius breviter a nobis sunt indicta. Quod ubi vidimus, divinum beneficium manifestissimum interpretavi, unum tantum, nobis retinuimus, caeteris omnibus domino suo, una cum explicatione redditis, cui oblati beneficij gratias egimus … In eben derselben Nacht, in welcher ich die Kommentare dieses Autors (scl. des Mosche ben Nachman) zu Ende gelesen hatte und zu jener letzten Erzählung vom Schekel gelangt war, den dieser auf der Pilgerfahrt ausfindig gemacht und erkannt hatte, sind mir als einem gelehrten Freund vom Erzbischof von Lestrigonia dreizehn antike goldene Kaisermünzen überbracht worden, damit ich sie interpretiere. Ich habe angenommen, nicht nur weil ich auf diese Weise als einstiger Studiosus der Antike angesprochen wurde, sondern auch weil damit die freizügige Bedingung vorgeschlagen war, dass ich, falls ich daraus welche wünschte, diese bei mir als mit Vergnügen gemachte Geschenke zurückbehalte. Außer jenen dreizehn Goldmünzen, war auch ein Exemplar, das doppelt so dick als jede einzelne der Goldmünzen war, auch eine größere Form hatte und aus reinstem Silber bestand. Und schließlich war es ganz genau mit jenen Bildern und Schriftzeichen geprägt, die von jenem Gerundeser Moses [= Mosche ben Nachman] beschrieben und weiter oben von uns kurz angezeigt waren. Da ich – wie wir gesehen haben – dies als äußerst klaren göttlichen Gnadenerweis verstanden habe, haben wir nur ein (Exemplar) zurückbehalten, alle anderen haben wir ihrem Herrn mit einer Erklärung und mit Dank für den erwiesenen Gunsterweis zurückgegeben.
Arias Montano war sehr glücklich über den Besitz dieses Siclus Israel, den ihm der nicht mit Namen genannte Erzbischof von Lestrigonia109 als Lohn für seine Expertenarbeit geschenkt hat. Dieser Schekel war »aus reinstem Silber« und trug die Bildmotive des MannaGefäßes und des Aaronstabes, die er eben bei Mosche ben Nachman beschrieben gefunden hatte. Deshalb war ihm dieser Silberschekel lieber als alle anderen kaiserlichen Goldmünzen. Er sah darin einen authentischen biblischen Siclus sanctus, vel Sanctuarij Siclus. 8.3 Die Vera Sicli Figura (1572)
B. Arias Montano fügt seinem Traktat eine ovale Kartusche an, in welcher die Vorder- und Rückseite der Vera Figura dieses Schekels eingezeichnet sind (Abb. 12).110 Die Vorderseite (Prior facies) zeigt einen Kelch mit einem flachem Fuß, einem kurzen Schaft mit Knauf und einer ausladenden Schale ohne Perlenkranz an der leicht geschwungenen, etwas schrägen Ist mir nur aus Homer, Odyssee 10,80–134, als Gebiet der menschenfressenden Laistrygonen bekannt, das irgendwo entlang der Westküste von Italien vorgestellt ist. 110 Arias Montano, Thubal-Cain (1572), 24 = Antiquitatum Iudaicarum libri IX, IX (1593), 126; Berg wird schon 1596 diese Abbildung kopieren (§ X,12). Nach Schickard, De Nummis Hebraeorum (1622), 6, habe B. Arias Montano seinen geschenkten Schekel »so wichtig gemacht (quem tanti fecit), dass er seine ganze Schrift de ponderibus sacris darauf gebaut habe (superstruxerit) (§ XIV,3.8); Macdowell, Early Printed Images of Ancient Shekels (2010), 7, bringt ebenfalls eine Vergrößerung der ganzen Kartusche. 109
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Schalenlippe und mit zwei kleinen runden Henkeln. Dieses Bildmotiv und das darüber stehende althebräischen ʾAlef (= 1) charakterisiert den Schekel klar als einen Schekel des 1. Jahres des 1. jüdischen Krieges.111 B. Arias Montano hat darin ein doppelhenkeliges Gefäß gesehen, da er die beiden Knöpfe, die auf den Originalen beidseitig unverbunden unter der Schalenlippe angebracht sind, als zwei kleine runde Henkel verstanden hat und zeichnen ließ. Die Umschrift ist in althebräischen Buchstaben geschrieben: Scheqel Jiśraʾel.
Abb. 12: Benito Arias Montano, Schekel, 1. jüdischer Krieg, 1. Jahr; Bildmotive, Vorderseite: Ausladender Kelch mit ausgeprägter perlenloser Schalenlippe und zwei Henkeln (nicht Perlen oder Knöpfe), Schaft mit rundem Knauf, konischer Sockel mit massiver runder Fußplatte, über dem Kelch althebräisch Alef, »1«; Rückseite: Zweig mit drei Granatäpfeln (oder Lilien?) mit knopfartigen eingerollten Blütenblättern; althebräische Umschriften scheqel Jiśraʾel und Jeruschalem qedoschah (beide 5 Uhr); Punktekreise (Vorbild für A. Berg, Abb. 19). [= TabÜ IV, 6A; vgl. 14A]
Die Rückseite (Posterior facies) zeigt einen Zweig mit drei lilienartigen Blüten, deren Blütenblätter stark eingerollt sind. Die Umschrift lautet Jeruschalem qedoschah wie sie nur für das erste Jahr vorkommt (jedoch mit ungewöhnlichem Mem und Dalet; ohne Waw). Unter den beiden Ansichten ist die crassitudo, »Dicke«, des Schekels angegeben, nochmals darunter die Transkription der althebräischen Aufschriften, dann die Umschrift in hebräischer Quadratschrift und schließlich eine lateinische Übersetzung: Siclus Israel/Jerusalem sancta. Die Zeichnung von B. Arias Montano ist kein »wissenschaftlich genaues Bildnis eines Schekels vom Jahre 1 der Freiheit Israels«, da er dem Kelch kleine Henkel und einen standfesten Fuß ohne Knöpfe oder Haken verpasst und die Granatäpfel sehr lilienartig dargestellt hat. Auch ist er selbst nicht der »erste Sammler (nach Ramban)«,112 da J. Strada und A. Loredan sich schon vor ihm und intensiver um jüdische Münzen bemüht haben (Kap. 5 und 6). B. Arias Montano hat uns jedoch eine Abbildung eines Silberschekels geschenkt, deren Güte nie zuvor erreicht wurde, und sich als einer jener christlichen Gelehrten gezeigt, die hebräisch geschriebene Werke lasen und jüdisches Wissen begierig aufnahmen. Deshalb konnte er im Zusammentreffen des jüdischen Schekels und der Beschreibung des Mosche ben Nachman eine gottgewollte Fügung sehen. Dass bei B. Arias Montano dies im Rahmen des Konzils von Trient stattfand, liegt wie ein kleines numismatisch-judaistisches Glanzlicht auf diesem so auf den Katholizismus zentrierten kirchlichen Großereignis. Vgl. Meshorer, Treasury (2001), 240–241; Pl. 61, Nr. 184–191, am ehesten Nr. 187, Vorderseite; weniger deutlich bei Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1354. 112 Beide Zitate bei Kisch, Sammeln jüdischer Münzen (1963), 1; vgl. Kisch, Shekel Medals and False Shekels (1941), Pl. IV: »First exact Shekel picture«. 111
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D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
9. André Maes (= Masius) (1514–1573) – Ein vetustissimus siclus aus der Sammlung von Daniel Bomberg (1574, posthum)
André Maes gehörte – wie schon mehrfach angedeutet – zum gleichen Gelehrtenkreis wie G. Postel und B. Arias Montano (§ X,1 und 8), die sich einerseits theologisch zu frommen und oft apokalyptisch-kabbalistisch ausgerichteten Gruppen formierten, andererseits die orientalischen Sprachen lernten, sich gegenseitig unterrichteten und zum hochgelehrten Zirkel um den christlichen Verleger Daniel Bomberg (1470/80–1549) und zur Herausgebergruppe der Antwerpener Polyglotte gehörten.113 Er war einer der wenigen mehrsprachigen Gelehrten seiner Zeit, korrespondierte sogar auf Hebräisch und Syrisch und leistete seinen Beitrag an der Polyglotte vor allem im Bereich der aramäischen Targume und des Syrischen. Neben seinen philologischen Werken und der Herausgabe von syrischen Texten hat A. Maes eine hebräisch-griechische Ausgabe des Buches Josua verfertigt, lateinisch übersetzt und mit einem reichen Kommentar versehen, der jedoch erst 1574, ein Jahr nach seinem Tode und mit einem Brief seines Freundes Heinrich von Weze erscheinen konnte und wegen »freier Äußerungen über biblische Inspiration einerseits und andererseits über Fehler der Vulgata … sogar auf den Index der verbotenen oder zu reinigenden Bücher gesetzt wurde«.114 In dieser »Geschichte des Befehlshabers Josua«115 kommentiert er die Stelle aus dem Josua-Buch, wo Achan der gottgeweihten Beute von Jericho nach dem hebräischen Text »200 scheqel kesef und eine Zunge aus Gold (leschon ha-zahav) 50 Schekel schwer«, nach der LXX »200 Didrachmen aus Silber und eine goldene Zunge (glôssa) von 50 Didrachmen« für sich abzweigt (Jos 7,20–21; § II,2.1.1). Nach der Erörterung der Angaben der Bibel, dass ein Scheqel 20 Gera betrage (Ex 30,13 u. ö.), des Josephus, der den Siclus mit vier attischen Drachmen gleichsetzt (Ant. 3,195), und des Symmachus und des Aquila, die beide die Scheqel satêras nennen, bringt A. Maes eine persönliche Erfahrung ein: Et hoc verum Sicli argentei pondus esse, ostendunt vetustissimi Sicli, iustissima trutina appensi: quorum unum mihi amicitiae gratia olim dono dedit vir, ob Hebraicani typographiam, & eius linguae non solum studium, sed egregiam scientiam, atque in primis, ob singularem animi probitatem et candorem, aeterna memoria dignissimus Daniel Bombergus. Eorum lemmata utrimque literis priscis Hebraicis, sive, ut Talmudici appellant, Libanicis, vel, ut alij, Samaritanis scriptum, in ea facie, quae virgam Aharonis ostendit, tale est: Jeruschalajim ha-qedoschah, hoc est, Jerusalem sancta. In altera vero facie, qua vasculum illud, quo manna servabatur in arca, spectatur, tale, Scheqel Jisraʾel. Id est Siclus Israel. Supra autem illum mannae calicem duae visuntur literae, , שSchin, &, מ, Mem. quarum ego enodationem esse reor schlomo melech, Solomon Rex. Und dass dies das wahre Gewicht des silbernen Schekels ist, zeigen uralte Schekel, die auf einer äußerst genauen Waage gewogen wurden, von denen mir als Freundschaftserweis ein Mann einst einen als Geschenk gegeben hat. Dies war der wegen der Typographie des Hebräischen und nicht nur wegen des Studiums jener Sprache, sondern wegen des auserlesenen Wissens 113 Perles, Beiträge zur Geschichte (1884), 229; Wilkinson, Orientalism, Aramaic, and Kabbala (2007), 63–94: The Scholars of the editio princeps: Moses and Masius; vgl. auch Ders., The Kabbalistic Scholars (2007), 39–49: The Northern Scholars: Masius; Dunkelgrün, The Hebrew Library of a Renaissance Humanist (2010/11), 197–252. 114 Lossen, Masius, Andreas (1884), 559–562 115 Maes, Josuae Imperatoris Historia (1574), 135.
André Maes (= Masius) (1574)
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und inbesonders wegen einer einzigartigen Rechtschaffenheit und Lauterkeit des Geistes eines ewigen Gedächtnisses äußerst würdige Daniel Bomberg. Ihre [scl. der Schekel] Aufschriften auf beiden Seiten sind in althebräischen, oder, wie die Talmudisten sagen, in libanischen, oder, nach anderen, samaritanischen Buchstaben geschrieben. Auf der Seite, die den Stab/Zweig Aarons zeigt, lautet sie Jeruschalajim ha-qedoschah, das ist: Jerusalem sancta. Auf der anderen Seite aber, die jenes Gefäß zeigt, in welchem das Manna in der Bundeslade aufbewahrt wurde, lautet sie scheqel Jiśraʾel, das ist: Siclus Israel. Oberhalb des Mannakelchs sind aber zwei Buchstaben sichtbar, ש, Schin, und מ, Mem, deren Auflösung mir König Salomo zu sein scheint. Es folgen dann metrologische Vergleiche mit anderen biblischen Angaben und mit den Umrechnungen von Guillaume Budé (§ IX,2) und Joachim Kammermeister dem Älteren (§ IX,4.7), anschließend wird das Rätsel der »Goldzunge« unter Beizug von Rabbi Qimchi und Verwerfung der Talmudica fabula besprochen und als sprachlich »nicht sicher« (non certum) bestimmbar belassen (S. 135–136).
Auch dieser Text weist neben den metrologischen Allgemeinheiten einige Informationen auf, die für die Geschichte der jüdischen Numismatik Relevanz haben: Ȥ Zwei christliche Besitzer: Der Christ und berühmte Herausgeber hebräischer Texte Daniel Bomberg (1483–1549) besaß offensichtlich mehrere vetustissimi sicli. Durch sein Geschenk wurde André Maes zu einem weiteren christlichen Besitzer eines echten jüdischen Silberschekels. Ȥ Mehrere Silberschekel: Im Kreis der jüdischen und christlichen Gelehrten, in dem Daniel Bomberg eine wichtige Rolle spielte, hat es offensichtlich mehrere jüdische Silberschekel gegeben, welchen ein sehr hohes Alter (vetustissimus) zugeschrieben wurde. Dies bekräftigt die schon mehrmals gemachte Vermutung, dass in den damaligen Sammlungen bedeutend mehr Schekel vorhanden waren, als dies in den Texten aufscheint. Dass D. Bomberg von seinem Besitz einen Schekel verschenkt, entspricht der schon bei A. Blarer, Ph. Melanchthon und anderen beobachteten Praxis, die bis in die Antike zurück geht und einen wesentlichen Faktor für die weite Verbreitung der jüdischen Schekel darstellte. Nirgends ist ein Hinweis zur Herkunft der Schekel zu finden, man wird aber nicht fehl gehen, die mit D. Bomberg so stark verbundenen Juden als Geber und Jerusalem (?) als Herkunftsort zu vermuten. Ȥ Die Bildmotive: A. Maes folgt der seit Mosche ben Nachman (§ VI,4) bekannten Interpretation des Kelchs als Mannagefäß, das er vasculum oder calix nennt, und des Granatapfelzweigs als Stab/Zweig Aarons, wie die Samaritaner diese Bildmotive zu Mosche ben Nachmans Zeiten deuteten. Ȥ Die Aufschriften: A. Maes kennt offensichtlich die verschiedenen Bezeichnungen (Libanici, Samaritani) für die althebräischen Buchstaben, die im Umlauf waren, und liest die Aufschriften recht korrekt. Dass er Jeruschalajim ajim vorfindet, zeigt, dass er einen Schekel des 1. jüdischen Krieges ab dem 2. Jahr vor sich hatte (im 1. Jahr heißt es ja stets Jeruschalem). Die Jahresangabe Schin Mem über dem Kelch gibt es allerdings nicht, da Mem das unmögliche Jahr 40 des 1. jüdischen Krieges bezeichnen würde. A. Maes muss sich verlesen haben. Seine Deutung der beiden Buchstaben als Abkürzung von SCH[elomo] M[elekh], »S[alomo] K[önig]«, ist objektiv zwar falsch, zeigt aber, wie A. Maes den Schekel verstand. Ȥ Die Datierung: A. Maes war offensichtlich der Ansicht, dass der Schekel aus der Zeit Salomos, jedenfalls der israelitischen Zeit stamme. Wahrscheinlich hatte er jedoch
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einen Schekel mit Schin Bet, »Jahr 2« oder weniger wahrscheinlich weil seltener einen Schekel aus dem 4. Jahr (Schin Dalet) des 1. jüdischen Krieges bekommen, da die althebräischen Buchstaben für Gimel und He für die Jahre 3 und 5 weniger gut mit einem Mem verwechselt werden können. Ȥ Das Gewicht: Offenbar ist der eigentliche Zweck des Besitzes der Nachweis des »wahren Gewichts« des Silberschekels. Eine »äußerst genaue Waage« (iustissima trutina) hat dieses an den »uralten Schekeln« nachgewiesen. Das Gewicht selbst wird zwar nicht genannt, wahrscheinlich geht es wie in anderen Texte um das Gewicht des Schekels von einer »halben Unze«, wie es Raschi definiert hat (nach § VI,2). 10. Antoine Le Pois (1525–1578) – Ein Silberschekel in der Hand des ersten numismatischen Bibliographen (1579, posthum)
Antoine Le Pois, geboren in Nancy, studierte Medizin in Paris und war nachher bis zu seinem Lebensende Arzt von Charles III, Herzog der Lorraine, und seiner Frau, was ihm Muße zum Sammeln und Studieren alter Münzen und Gemmen ließ. Sein einziges Buch Discours sur les medalles et graveurs antiques, principalement Romaines wurde erst ein Jahr nach seinem Tod durch seinen Bruder Nicolas mit einem Begleitwort versehen, ergänzt und herausgegeben.116 Es besteht aus 18 Kapiteln über verschiedenste Themen zu Münzen und Gemmen und einem ausführlich kommentierten Bildteil mit vor allem römischen Münzen aus seiner eigenen Sammlung. Im Folgenden seien die für die jüdische Numismatik relevanten Ausführungen und Bilder angeführt. Das Kap. I ist erwähnenswert, weil es bei dem Randtitel Ceux qui ont escrit des medalles (fol. 2r–3v) für die Zeit von 1517 bis 1566 insgesamt 13 numismatische Autoren aufzählt und recht kritisch bespricht. Es enthält somit »die älteste numismatische Bibliographie«, die in chronologischer Reihenfolge folgende Autoren umfasst:117 Fulvio, Imagines illustrium, Rom 1517. (§ IX,3) Huttich, Imperatorum Romanorum Libellus, Straßburg 1525. (in § IX,5) Vico, Le imagini con tutti i Riversi, Venedig 1548. (§ IX,5.1.1) Strada, Epitome du Thresor des antiquitez (franz. Version), Lyon 1553. (§ IX,1.1 und X,5) Du Choul, Discours de la religions des anciens Romains, Lyon 1556. (§ X,6) Erizzo, Discorso sopra le medaglie antiche, Venedig 1559. (in § IX,5.1.1) Simeoni, Les illustres observations antiques, Lyon 1558 und (§ IX,5.2.2 und Description de la Limagne d’Auvergne, Lyon 1561. XIV,3.3) Laz, Commentaria Rerum Graecarum libri II, Vienna 1558. (in § IX,5, anfangs) Landi, In Veterum Nomismatum Romanorum Miscellanea Explicationes, Lyon 1560. (in § X,11, anfangs) Szamboky, Emblemata cum aliquot nummis antiqui operis, Antwerpen 1564. (§ IX,5.2.3) Goltz, Fastos magistratuum et triumphorum Romanorum, Bruges 1566, C. Julius Caesar, Bruges 1563. (§ IX,1.2) Le Pois, Discours sur les medalles et graveurs antiques (1579), bes. fol. a.ii–a.iij: Begleitwort von Nicolas Le Pois. 117 Cunnally, Images of the Illustrious (1999), 88: »The Earliest Numismatic Bibliography«; die vollen bibliographischen Angaben finden sich in § XV, Chronologische Bibliographie, zu den angegebenen Jahren. 116
Antoine Le Pois (1579)
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Als »la plus part feints, faux, et controuvez« bezeichnet A. Le Pois (fol. 3v) die paganen und biblischen Porträts von Rouillé, Promptuaire, Lyon 1553. de Tournes II, Jean, Insignium aliquot virorum icones, Lyon 1553.
(§ IX,5.1.2) (online)
In Kap. IIII geht es um den Zweck der Münzprägungen, wobei A. Le Pois der Ansicht des Enea Vico (1548) beipflichtet, dass die Römer Geld erstlich für den realen Geldverkehr, dann aber auch zum Ruhm des Prägeherrn hergestellt haben. Als Beweis gegen die Position von S. Erizzo, der die Prägungen als kunstvolle Geschenke verstand und deren Behandlung als Kunstobjekte verlangte (in § IX,5.1.1), führt er die bekannte Szene Mk 12,13–17 (par Mt 22,15–22 und Lk 20,20–26) an, wo Jesus sich einen Denar als verpflichtende Steuermünze (nomisma tou kênsou) vorzeigen lässt, die dem Kaiser geschuldet wird (fol. 14v). Im metrologischen Kap. VIII (De l’argent monnoyé) stellt er die römischen Silbermünzen, den Denar und einige kleinere Stückelungen vor. Dabei kommt er auf die famosen »30 Silberlinge« des Judas zu sprechen, »für welche Jesus Christus verkauft wurde«, und gibt einen Überblick über die gelehrten Wertberechnungen von G. Budé (1514), dessen concinnator H. Uranius (1540),118 J. Kammermeister dem Älteren (1539) und St. Grzepski (1568). Die Verratsmünzen, »welche man an einigen Orten als Denare (so spricht der Vulgäre) zeigt«, sind Rhodos-Silberlinge und stellen nach A. Le Pois den Koloss des Apollo von Rhodos dar (fol. 27v–29r). Dazu steuert er Abbildungen von zwei eigenen, sicher antiken Silbermünzen von Rhodos bei:
Abb. 13: Antoine Le Pois (1579), Rhodos-Silbermünze, die für einen Silberling des Verratsgeldes des Judas gehalten wurde (vgl. Abb. 20). Vorderseite: Helios mit wallendem Haar (ohne Strahlen); Rückseite: Rosenblüte mit massivem rechtwinkligem Stängel, an den zwei grobe florale Motive angeschlossen sind; fragmentarische griechische Überschrift ]ΙΣΛ[ (?) im Punktekreis.
Anschließend fügt A. Le Pois eine Erörterung zum hebräischen Silberschekel an (Fol. 29v– 30r), den er in zwei »Sorten« unterteilt, in den »Heiligtumsschekel«, der vier attische Drachmen wert war (vgl. Josephus, Ant. 3,195), und in den »gewöhnlichen Schekel«, der nur die Hälfte des ersteren ausmacht, wobei A. Le Pois sich – auch für die Umrechnung in die zeitgenössischen Währungen – auf »Rabbi Solomon« (= Raschi) und »alle Rabbinen« stützt. 118 Uranius nennt sein Werk De Re Numaria (1569) selbst eine Epitome von G. Budé (De Asse, 1514), wobei unter anderen auch die Werke von A. Alciato (1531; § IX,5.2.1) und G. Bawer/ Agricola (1533; § IX,4.5) eingearbeitet sind.
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Fol. 29 v: Or pource que nous avons parlé du Sicle du Sanctuaire [s. fol. 28b], et qu’il en est tombé un d’argent entre mes mains, i’en ay bien voulu mettre le portrait cy dessous, et en dire briefument quelque chose, encore que ce ne soit monnoye Romaine, mais Hebraïque, et peculiere aux Juifs de toute antiquité … Fol. 30r: Les lettres Samaritaines qui sont à l’entour se lisent ainsi de l’un des endroits, Schekel Israel, id est Pondus Israelis, c’est à dire, Le poids d’Israël; ou mieux, Siclus Israelis, Le sicle d’Israël. Et de l’autre costé: Hierusalaim keducha, id est Hierusalem sancta, Hierusalem la saincte. Schekel ou Ssechel, est nommé des Grecs Siclos, des Latins Siclus. Ce vase est estimé estre celuy où estoit gardee la manne; et la fleur, estre la verge d’Aaron, qui fleurit. Fol. 29v: Doch für das, was wir zum Heiligtumsschekel gesagt haben, und weil einer aus Silber davon in meine Hände gefallen ist, wollte ich davon unten gerne ein Abbild geben und kurz einiges dazu sagen, auch wenn dies keine römische Münze ist, sondern eine hebräische und den Juden des ganzen Altertums eigene … Fol. 30r: Die samaritanischen Buchstaben der Umschrift lesen sich an einem Ort Schekel Israel, das ist Pondus Israelis, das heißt, das Gewicht Israels; oder besser Siclus Israelis, Der Schekel Israels. Und auf der anderen Seite Hierusalaim keducha, das ist Hierusalem sancta, Hierusalem die Heilige. Schekel oder Ssechel wird von den Griechen Siclos, von den Lateinern Siclus genannt. Dieses Gefäß wird für dasjenige gehalten, wo das Manna aufbewahrt wurde; und die Blume für den Stab/Zweig Aarons, der blühte.
Auch hier fügt er eine Abbildung ein, auf welcher er den »Sicle du Sanctuaire, que i’ay« darstellt:
Abb. 14: Antoine Le Pois (1597), Silberschekel, 1. jüdischer Krieg, 1. Jahr (vgl. Abb. 6). Vorderseite: Kelch mit tiefer Schale mit rundum laufender perlenloser Schalenlippe, darunter zwei flankierende Knöpfe, dünner Schaft mit zwei Knäufen und konkaver Sockel mit einer Fußplatte, darüber althebräisch Alef, »1«; Rückseite: Abgeschnittener Zweig mit drei Lilien. Althebräische Umschriften scheqel Jiśraʾel und Jeruschalem qedoschah (beide 5 Uhr); Punktekreise. [= TabÜ IV, 8A]
Folgende numismatisch interessante Informationen lassen sich diesem Text und Bild entnehmen: Ȥ Der Besitzer: A. Le Pois bezeichnet sich als Besitzer, dem ein Silberschekel »in die Hände gefallen ist«. Im Unterschied zu seinem Zeitgenossen B. Arias Montano (1572), der das Antreffen eines echten Silberschekels als göttlichen Gnadenerweis interpretierte, macht A. Le Pois daraus keine besondere Sache, sondern bezeichnet es als etwas, das einem Sammler immer wieder geschieht. So wie er zu einer Bacchius Judaeus-Münze kam, »von welcher ich nichts geschrieben finde (duquel ie ne trouve rien par escrit)« (fol. 131r–v; Pl. M,6), so ist ihm auch während seiner Sammeltätigkeit
Antoine Le Pois (1579) / Antonio Agustín (1587)
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ein jüdischer Schekel zugekommen. Dass A. Le Pois nicht angibt, woher dieser Schekel stammt, ist bezeichnend für die nüchterne Art, wie er die ihm zufallenden Stücke in seine Sammlung und Beschreibung aufnahm. Darin spiegelt sich wiederum der Sachverhalt, dass es auf dem damaligen Markt der Münzen offensichtlich auch solche jüdische Silberschekel gab und dass man darüber kein spezielles Aufheben machen musste, wie dies z. B. Ph. Melanchthon machte (§ X,4). Die Sammlung von Andrea Loredan (1560 ±) mit ihrem Silberschekel aus dem 1. jüdischen Krieg und den Bronzen aus dem 2. jüdischen Krieg, die Sammlung von A. Bomberg, die auch jüdische Silberschekel aufwies (nach Maes; 1574), und der kleine Schatz des Erzbischofs von Lestrigonia, der neben Sesterzen auch einen Silberschekel enthielt (nach B. Arias Montano; 1572), können dies zusätzlich illustrieren. Ȥ Die Bildmotive: Die Zeichnung gibt einen Schekel des 1. Jahres des 1. jüdischen Krieges wieder. Der Kelch auf der Vorderseite ist mit einer tiefen Schale mit einem rundum sichtbaren Rand und zwei flankierenden Perlen dargestellt.119 Der Fuß ist jedoch zu einem konkaven Rundsockel ausgestaltet, wohl um das kostbare Gefäß, das als Verwahrungsort des Mannas in der Bundeslade in Ehren gehalten wurde (estimé), standfester zu machen. Der Granatapfelzweig ist ebenso nach dem damaligen Verständnis als blühender Stab/Zweig Aarons in der Form eines dreifachen Lilienzweigs dargestellt. Ȥ Die Aufschriften: Die von A. Le Pois als samaritanisch erkannten Aufschriften sind korrekt abgebildet, ohne dass jedoch das ʾAlef (= 1) über dem Kelch beachtet wird, das den Schekel in das 1. Jahr des 1. jüdischen Krieges datiert. Erstaunlich ist, dass er die Aufschrift zwar richtig mit dem für das 1. Jahr typischen Jeruschalem qedoschah abzeichnet, jedoch mit »Hierosalaim hakeducha« umschreibt, wie wenn er Jeruschalajim ha-qedoschah gelesen hätte, das ja erst ab dem 2. Kriegsjahr gebraucht wird. A. Le Pois hat wohl die übliche Schreibweise für Jerusalem (mit -ajim) gebraucht und qedoschah spontan mit dem Artikel ha- versehen. In der Deutung von Scheqel Jiśra’el lässt er die beiden Möglichkeiten, Gewicht oder Geldstück, offen, tendiert aber zu letzterem. 11. Antonio Agustín (1517–1586) – Ein Silberschekel und eine Achtel-Bronze aus dem 1. jüdischen Krieg im erzbischöflichen Palast von Tarragona (1587, posthum)
Antonio Agustín y Albanell, Erzbischof von Tarragona (ab 1576), Schüler des Emblematikers Andrea Alciato (§ IX,5.2.1), war vor allem als Jurist berühmt und gilt als der Begründer der Rechtsgeschichte, gehörte aber zu jenen Gelehrten seiner Zeit, die sich auch in den anderen Bereichen der humanistischen Bildung auskannten. Dazu gehörten bei A. Agustín auch die Heraldik, die Epigraphik und die Numismatik. Als Numismatiker verwarf er die Position seiner Zeitgenossen S. Erizzo (Discorso I, 1559), W. Laz (1558) und C. Landi (1560), für welche die schön gestalteten Medaillen nicht für die Hände des vulgus bestimmt waren. Mit stupender Erudition verteidigte er die Wichtigkeit der Münzen zum Verständnis historischer Sachverhalte und verhalf dadurch – zusammen mit den Korpus-Projekten dieser Zeit – der modernen Numismatik zum Durchbruch. Einer der größten numismatischen Experten am Ende des 18. Jh., Joseph Hilarius Eckhel, sah deshalb in ihm einen der wenigen Autoren, die es sich zu seiner Zeit noch zu lesen lohne! Vgl. Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1353.
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Das bekannteste Werk von A. Agustín waren die Dialogos de Medallas, Inscriciones y otras Antiguedades (Tarragona 1587), die »aus elf gelehrten Gesprächen zwischen einem erfahrenen Antiquar und zwei Anfängern, die begierig sind, etwas über Münzen, Inschriften und andere Antiquitäten zu lernen«, bestehen.120 A. Agustín beginnt mit der Behandlung der Metalle und deren Nützlichkeit für die Gelehrten, beschreibt dann die Bildmotive der Rückseiten (Gottheiten, Personifikationen, Architektur und Tiere) und widmet sich den Münzen der Provinzen des römischen Reiches, besonders seines Heimatlandes Spanien und seiner Residenzstadt Tarragona. A. Agustín übertrifft dabei seine Vorgänger an Wissen bei weitem, denn er kennt nicht nur die Münzen der römischen Republik und aller Perioden des Römischen Reiches und von Byzanz, sondern auch die griechischen und hellenistischen Herrschermünzen.121 An den jüdischen Münzen hat er von seiner christlich-theologischen Ausbildung her offensichtlich ein besonderes Interesse. 11.1 Ein Silberschekel in drei Varianten aus dem 2. Jahr des 1. jüdischen Krieges
Im 2. Dialog, den er mit einem gewissen Bantes (abgekürzt: B) führt, wird zuerst der Frage nachgegangen, wie es sein könne, dass in Rom einer der dreißig Denare vorhanden sei, für die Christus von Judas verkauft worden sei. A. Agustín (abgekürzt: A) antwortet, dass der Denar zusammen mit einer Kreuzesreliquie nach Rom gekommen sei. Der Denar sei aber nicht in Jerusalem, sondern auf Rhodos geprägt worden, was er mit einer RhodosMünze belegt (Tafel D, obere Reihen, links). Dann fragt Bantes nach dem Schekel als dem hauptsächlichsten jüdischen Geldstück. A. Agustín gibt die seit Mosche ben Nachman bekannte Beschreibung der Bildmotive auf den beiden Seiten des Schekels und verweist auf die samaritanischen Schriftzeichen: Ein Gefäß wie ein Kelch (caliz) auf der einen Seite und ein Zweig (ramo) mit drei Blumen oder Mandeln, und mit alten Buchstaben, die nach dem Bericht von zuständigen Leuten von den Samaritanern geschrieben werden.
Für die Deutung der Bildmotive verweist er auf »un Rabi natural de Girona«, d. h. Mosche ben Nachman, nach dem – eigentlich sind es die befragten Samaritaner – diese Motive den blühenden Stab/Zweig Aarons (la verga floredida de Aaron) und das Mannagefäß (el gomor de manna) darstellen, die beide mit den Gesetzestafeln in der Bundeslade aufbewahrt worden seien. Auf die Frage, ob er einen dieser Schekel (alguno destos siclos) besitze, antwortet A. Agustín: Dieses vielgelesene Buch wurde im Jahr 1592 gleichzeitig von zwei Italienern veröffentlicht und 1617 zudem ins Lateinische übersetzt (s. § XV, Chronologische Bibliographie, zu 1587). Wegen des vorzeitigen Todes von A. Agustín bekamen nur die ersten beiden Dialoge von diesem selbst ihre Abbildungen; vgl. den Beitrag von Batet, The Power of Images (2011), 209–228; Pl. 27–42 (ohne Einbezug der jüdischen Schekel). – Der elfte Dialog behandelt die Falschmünzen und -buchstaben und gibt einen kritischen Überblick über die frühere Literatur zur Numismatik und Epigraphik. 121 Stenhouse, Agustín and the Numismatists (200), 48–65; 4 Fig.; vgl. Cunnally, Images of the Illustrious (1999), 137–141. 187. 120
Antonio Agustín (1587)
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Si tengo, y es de plata de peso de quatro drachmas, com tambien lo dize san Hieronymo sobre Ezechiel (am Rand: Cap. 4). Ja, ich besitze (einen), er ist aus Silber mit einem Gewicht von vier Drachmen, wie der heilige Hieronymus so gut [in seinem Kommentar] zu Ezechiel sagt.122
In den verschiedenen Ausgaben der Dialogos wird dieser Silberschekel jedoch auf drei unterschiedliche Weisen abgebildet. In der spanischen Originalausgabe 1587 hat A. Agustín im Tafelteil wohl diesen seinen Silberschekel aus dem 2. Jahr des 1. jüdischen Krieges (Abb. 15) abbilden lassen.123
Abb. 15: Antonio Agustín (span. Originalausgabe; 1587), Silberschekel, 1. jüdischer Krieg, 2. Jahr. Vorderseite: (Zeremonial-)Kelch mit sechs schwarzen Punkten unterhalb der ausgeprägten Schalenlippe, kurzer dünner Schaft mit rundem Knauf, massiver glockenförmiger Sockel mit zwei nach unten abgebogenen, rechteckigen Füßen, darüber althebräisch Schin Bet, »J[ahr] 2«; Rückseite: Zweig mit drei Lilien, langer Stängel aus kleinem Rundkörper. Althebräische Umschriften scheqel Jiśraʾel (5 Uhr) und Jeruschalajim ha-qedoschah (6 Uhr); Punktekreise. [= TabÜ IV, 10A]
Die auffällig stark gezeichneten althebräischen Aufschriften sind zwar etwas ungeschlacht, aber weitgehend korrekt. Auf der Vorderseite steht Scheqel Jiśraʾel, »Schekel Israels«, und Schin Bet = Sch(enat) Bet, »J(ahr) 2«, und auf der Rückseite Jeruschalajim ha-qedoschah, »Jeruschalajim die Heilige« (5h), wobei das finale Mem von Jeruschalajim missraten ist. Der Zweig, dessen Stiel einer kleinen runden Büchse (anstelle eines Knopfes) entspringt, ist stark auf eine Lilie hin stilisiert. Der Kelch ist etwas zu hoch angesetzt, sodass die Jahresangabe Schin Bet kaum Platz hat. Der Fuß weist die zwei typischen nach unten gebogenen Enden auf. Der untere Teil des Schafts ist als konischer Sockel gestaltet, sodass der obere Teil des Schafts fast nur aus dem ovalen Knauf besteht, der ganz nahe an die Schale gerückt ist. Die Schale selbst ist recht offen und mit einer Lippe versehen, von welcher einige kleine schwarze Punkte nach unten weggehen. Diese sind wohl die Reste einer mit Perlen gestaltete Schalenlippe eines Zeremonialkelches, wie die beiden anderen Abbildungen (16 und 17) sie aufweisen.
Agustín, Dialogos de Medallas 1587, 28–29; s. Hieronymus, In Hiezechielem Prophetam I (1964), 49; die Quelle ist Josephus, Ant. 3,195. 123 Agustín, Dialogos de Medallas (1587), Tav. D, Nr. II; vgl. Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1358. 122
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Für die italienische Übersetzung von 1592 durch Enrico Cajetano (1550–1599)124 ist die Zeichnung des Schekels offensichtlich neu hergestellt worden:
Abb. 16: Antonio Agustín (ital. Ausgabe; 1592), Silberschekel, 1. jüdischer Krieg, 2. Jahr (Vorlage für M. Freher, Abb. 21). Vorderseite: Zeremonialkelch mit fast geradem Perlenkranz (mit 7 Perlen) als Schalenlippe, Schaft aus zwei Knäufen, konkaver Sockel mit zwei Blättchen und nach unten und einwärts gebogenen spitzen Füßen, darüber althebräisch Schin Bet, »J[ahr] 2«; Rückseite: Zweig mit drei Granatäpfeln mit Knöpfen an den Spitzen der äußeren Blütenblätter und am Stängelende. Althebräische Umschriften scheqel Jiśraʾel und Jeruschalajim ha-qedoschah (beide ca. 5 Uhr); Punktekreise. [=TabÜ IV, 11A; vgl. 15A]
Die Aufschriften sind besser gezeichnet, wie das nun richtige Mem von Jeruschalajim zeigt. Der Granatapfelzweig ist mit den Knöpfen an den Spitzen der äußeren Blütenblätter recht korrekt gezeichnet. Der Kelch hat jedoch eine tiefere Schale mit einer klaren Perlenlippe aus sieben Perlen und einen wohl gestalteten Schaft bekommen. Er ist besser positioniert und lässt der Jahreszahl Schin Bet genügend Platz. Der Zeichner der italienischen Ausgabe hat offensichtlich nicht einfach die Zeichnungen der spanischen Ausgabe übernommen. In der lateinischen Ausgabe von 1617 von A. Schott125 hat der Zeichner Jacques de Bie (1581–ca.1650) offensichtlich die Zeichnungen aus der italienischen Übersetzung zu übernehmen versucht. Die Umschriften und die Bildmotive sind fast identisch, doch ist der Kelch in den Details geglättet (siehe den Fuß) und füllt den Raum innerhalb der Umschrift weniger gut aus.
Cajetano, Discorsi del S. Don Antonio Agostini (1592), Tav. D/8; Nr. II. Schott, Antiquitatum Romanarum … Dialogi XI (1617), Pl. 63; 3. Reihe von oben, linkes Paar.
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Antonio Agustín (1587)
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Abb. 17: Antonio Agustín (lat. Ausgabe; 1617), Silberschekel, 1. jüdischer Krieg, 2. Jahr. Vorderseite: Zeremonialkelch mit Perlenkranz (mit 7 Perlen) als Schalenlippe, Schaft aus zwei Knäufen, konkaver Sockel mit leicht nach unten gebogenen Füßen, darüber althebräisch Schin Bet, »J[ahr] 2«; Rückseite: Zweig mit drei Granatäpfeln oder Lilien (?), mit zwei Knöpfen am Stängel. Althebräische Umschriften scheqel Jiśraʾel und Jeruschalajim ha-qedoschah (beide 5 Uhr); Punktekreise. [= TabÜ IV, 12A; vgl. 11A]
11.2 Eine Achtel-Bronze aus dem 4. Jahr des 1. jüdischen Krieges
Die Achtel-Bronze ist im Tafelteil der spanischen Ausgabe 1587 abgebildet, deren Legendenfeld leer belassen wurde (Abb. 18).126
Abb. 18: Antonio Agustín (span. Ausgabe; 1587 [= ital. Ausgabe; 1592]), ⅛-Bronze, 1. jüdischer Krieg, 4. Jahr. Vorderseite: Zeremonialkelch mit ausladender Schale, dichtem, leicht geschwungenem Perlenkranz (mit 13–14 Perlen) als Schalenlippe, kurzer Schaft mit rundem und rechteckigem Knauf, glockenförmiger Sockel mit nach oben gebogenen rechteckigen Füßen; Rückseite: Doppelt gebundenes Büschel aus Zweigen mit Beeren (lulav), zwei flankierende Trauben oder Zitronatsfrüchte (etrogim). Althebräische Umschriften mit meist verunstalteten Buchstaben: li-geʾullat Ṣjwn, »zur Erlösung Zions« (5 Uhr), und schenat ʾarbʿa, »Jahr 4« (4 Uhr) (vgl. Hendin, Biblical Coins, Nr. 1369); Punktekreise. [= TabÜ IV, 13A]
Ȥ Die Bildmotive: Die ausladende Schale des Kelches ist gut von einem Original übernommen,127 aber mit einem Perlenkranz aus 13–14 leicht ovalen Perlen als Schalenlippe versehen worden. Fuß und Schaft sind zu einem währschaften Sockel mit aufwärts gerichteten Enden umgestaltet, während der obere Teil des Schafts nur aus einem flachen und einem runden Knauf besteht. Der prächtige Lulav der Rückseite ist als doppelt gebundener Strauss von Zweigen mit Beeren abgebildet, während die beiden flankierenden höckrigen Etrogim mit Stiel nach oben dargestellt und wohl als zwei nach unten hängende kleine Trauben verstanden sind. Dies ist die erste Abbildung eines Lulav mit den beiden Etrogim aus dem 1. jüdischen Krieg, denn der Lulav »nach der Weise, wie Agustín, Dialogos de Medallas (1587), Tav. 53, Nr. II. Die italienische Übersetzung (1592) benutzte den gleichen Stempel und hat somit eine identische Abbildung, während die lateinische Ausgabe 1617 diese Münze nicht aufweist. 127 Das Original: Hendin, Biblical Coins (2010), Nr. 1369. 126
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D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
wir ihn binden, und der »Etrog nahe am Bund«, den al-Aschqar um 1530 beschrieben hat (§ VII,4), gehört in den 2. jüdischen Krieg. Da seltsamerweise das Legendenfeld, das bei den anderen Münzen stets eine Identifikation der Münze enthält, leer ist und zudem im Haupttext des Bandes diese Münze nicht besprochen wird, muss unklar bleiben, wie A. Agustín das Bildmotiv des Lulav und der Etrogim gedeutet hat. Er scheint die jüdische Bedeutung der beiden Symbole des Laubhüttenfestes nicht gekannt zu haben.128 Ȥ Die Aufschriften: Mit den Aufschriften steht der Zeichner eher auf Kriegsfuß oder hatte ein schlecht erhaltenenes Exemplar als Vorlage. Auf der Seite des Kelches ist li-geʾullat, »zur Erlösung« erkennbar, darauf folgen vier undeutliche Zeichen, die ṣj (von ṣjwn) darstellen sollten, und, wieder erkennbar, die beiden letzten Buchstaben wn von ṣjwn, »Zion«. Auf der Seite des Lulav ist schenat gut erkennbar, während das ʾarbʿa, »vier«, verunstaltet ist. 12. Adam Berg (= Montanus) (1540–1610) – Die Kopie des Schekels von B. Arias Montano in einer imaginierten biblischen Geldgeschichte (1596/1597)
Adam Berg war ab 1564 der Hofbuchdrucker von Herzog Albrecht V. und dessen Sohn Wilhelm V. in München und wurde »der bedeutendste Drucker der Gegenreformation Süddeutschlands«. Unter den über 300 Drucken, die er herstellte, waren auch »einige Münz- und Wappenbücher«.129 Als kleines Werk von nur 12 unpaginierten Blättern veröffentlichte er 1596 »Ein kurtzer Extract der Müntzsorten deren im Alten und Newen Testament gedacht wirdt von Silber und Golt«. Diese kleine biblische Metrologie ist kein original erarbeitetes Werk, sondern besteht vor allem aus Auszügen aus »Josephus, Guilhelmus Budaeus, Mattheus Hostus, und anderen vilen Scribenten« (a ijr). Er hat es tale quale im folgenden Jahr 1597 auch in sein »New MüntzBuech« übernommen, wobei er den Titel inhaltlich falsch auf Münzen des Alten Testaments beschränkte: »ein sonderbarer Tract …, darinnen die jenigen Müntzen, so im Alten Testament gang und gäb gewest, welche so ordentlich berechnet und beschrieben worden. Darausz zu sehen, wie man zur selben Zeit mit Müntz und Gewicht gehandelt hat«. Auf beiden Titelseiten ist Adam Berg jedoch nur als Buchdrucker angegeben, was zu bibliographischen Verwirrungen geführt hat.130 Im Vorwort zum New MüntzBuech unterzeichnet A. Berg jedoch als »Unterthänigster Unterthäniger/Gehorsamster Gehorsamer getrewer Diener Adam Berg/ Buchdrucker und Mitburger von München« und in der »Protestation: An den günstigen Leser« entschuldigt er alle Fehler des Buches mit dem betrüblichen Sachverhalt, dass er »allain in das tieffe Meer hinein waten unnd schwimmen« musste. Es ist deshalb wohlbegründet, in ihm nicht nur den Drucker, sondern auch den Autor dieser beiden Werke zu sehen. Überdies befindet sich eine Iudaea Capta-Münze Vespasians auf Tav. 57, Nr. XIV. In der lateinischen Version von 1617 sind auf Tav. 25 und 29 insgesamt 5 Iudaea Capta/Devicta-Münzen abgebildet. 129 Benzing, Art.: Berg Adam (1955), 72–73. 130 Vgl. Hirsch, Bibliotheca Numismatica (1760), 12 (unter dem Autorennamen Bergs). 38 (unter Extract); Meʾir, Reschimat mechqarim (1946), Nr. 7 (unter dem Autorennamen Anonymous; mit unverständlich verkürztem Titel). 40 (unter Berg); als unkontrolliert übernommen bezeichnet bei Mayer/Avi-Jonah [/Meshorer], Bibliography (1966), 72, Nr. 22 mit °. 128
Adam Berg (1596/1597)
297
Diese kleine Abhandlung ist weitgehend eine der vielen narrativ gehaltenen Metrologien, wie sie in § IX,4 vorgestellt sind. Im Kapitel 1 »Vom Gewicht der Hebreer« bringt A. Berg zuerst »eine kurz Erklärung der Gewichte«, da die Hebräer ihr Geld nach dem Gewicht bestimmt haben. Dabei unterscheidet er wie seine Vorbilder seit St. Grzepsky (1568) drei Gewichte, das gemeine, das königliche und das des Heiligtums, und dies vom Siclus, von der Mina und vom Talent. Diese These wird jedoch nie an realen Münzen kontrolliert. – Kapitel 2 handelt »von der Silbernen Müntz der Hebreer« (a ijv), welche es als Zuza, dreifachen Siclus, dreifache Mina und zweifaches Talent (nur königlich und heilig) gegeben habe. Überall wo nur Schekel steht, sei der gemeine (vulgaris) gemeint; die anderen seien entsprechend bezeichnet. – Kapitel 3 bespricht die »Goltmüntz der Hebräer« (a ijv–iijr), die aus dem berühmten »Gold von Ofir« (aurum ophirizium; vgl. 1 Kön 9,28; 10,11 u. ö.) bestände und »viel köstlicher, … ja das aller leuterste unnd beste Golt« gewesen sei. Auch hier systematisiert er den numismatischen Sachverhalt zu vier Nominalen (von der Zuza bis zum Talent), die es nie gab. – Kapitel 4 lautet: »Uber das wird auch in hailiger Schrifft nachfolgender Müntz gedacht« (a iijr–v). Es werden hier jene Münzsorten aufgezählt, zu welchen im Alten und im Neuen Testament Angaben vorhanden sind. Diese sind mit den Bibelstellen versehen und mit deutschem oder ungarischem Geld verglichen. Zum Stater bemerkt A. Berg, dass man etliche solche Goldstücke gefunden habe, dass solche aber »im Jüdischen Land nit gemüntzt« wurden und deshalb die Namen der persischen oder griechischen Herrscher trügen. Die Kapitel 5 und 6 bieten eine »Rechnung der Müntz in H. Schrifft« (a iijv–b iiijv), das heißt, sie erzählen einigermaßen ausführlich alle Geschichten aus den alttestamentlichen Büchern und dem Neuen Testament, in denen Geldangelegenheiten erwähnt werden131 (vgl. § II,2.1 und 2.2). A. Berg bringt auf der Titelseite seines »kurzen Extrakts« zwei Abbildungen von echten Silbermünzen. Die erste Abbildung zeigt unter der Überschrift »siculus vulgaris, der gemeine Seckel/hat gewogen ein halb Loth Silbers« einen Silberschekel aus dem 1. Jahr des 1. jüdischen Krieges:
Abb. 19: Adam Berg (1596), Silberschekel, 1. jüdischer Krieg, 1. Jahr (Anlehnung an B. Arias Montano, Abb. 12). Vorderseite: Ausladender Kelch mit perlenloser Schalenlippe und zwei Henkeln oder Perlen oder Knöpfen (?), Schaft mit rundem Knauf und einem Sockel als runder
AT: Gen 20. 23. 24. 37; Ex 21. 30. 37. 38; Lev 27; Num 3. 7; Dtn 25; Jos 7; Richt 8. 16. 17; 1 Sam 1. 9. 17; 2 Sam 12. 18. 25; 1 Kön 6. 10; 2 Kön 5. 6. 15; 1 Paral 23. 30; Esra 2. 7. 8; Neh 7; Est 3; Ez 45; Tobit 1; 1 Makk 10. 13. 14. 15; 2 Makk 3. 4. 5. 8. 12. – NT: Mt 5. 15. 17. 18. 20. 22. 25. 26; Mk 12. 14; Lk 12. 15. 19; Joh 6. 12. 19; Apg. 19. 131
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D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
Fußplatte, darüber althebräisch Alef, »1«; Rückseite: Zweig mit drei Granatäpfeln oder Lilien (?). Althebräische Umschriften scheqel Jiśraʾel und Jeruschalem qedoschah (beide 5 Uhr); Punktekreise. [= TabÜ IV, 14A; vgl. 6A]
Diese Abbildung ist derjenigen nachgestaltet, die B. Arias Montano in der Antwerpener Polyglotte (1572) abgebildet hat (§ X,7; Abb. 12). Besonders auffällig sind auf der Vorderseite die leicht geneigte Kelchschale ohne Perlkranz und auf der Rückseite die lilienähnlichen Blüten mit gerollten Blütenblättern. Die beiden Henkel des B. Arias Montano sind jedoch als eng anliegende Perlen oder Knöpfe wiedergegeben. Die zum Teil eigenartigen althebräischen Schriftzeichen von Scheqel Jiśraʾel und Jeruschalem qedoschah (ohne Waw) sind exakt übernommen. Seltsam ist, dass diese Abbildung nicht dem entspricht, was A. Berg im Innern der Abhandung zum Schekel schreibt, wo er sich sowohl bei der Beschreibung der Bildmotive wie auch der Interpretation der Aufschriften nach dem richtet, was zu seiner Zeit für die Schekel-Medaillen gilt (s. § XIII,2.13). Daraus ergibt sich mit Sicherheit, dass A. Berg die Abbildung des Schekels auf der Titelseite von B. Arias Montano übernommen hat, ohne sie mit seinem Beschreibungstext abzustimmen. Die zweite Abbildung auf dem Titelblatt sei der »Siculus Templi, sive Sanctuarii, der Seckel des Hailigthumbs/hat gewogen ein Loth. Ein Silberling darumb Christus der Herr verrathen worden«:
Abb. 20: Adam Berg (1596), Rhodische Silbermünze, hier siclus Templi, sive Sanctuarii genannt, weil sie für einen Silberling des Judas gehalten wurde. Vorderseite: Helios mit Strahlenkranz; Rückseite: Rosenblüte mit Stängel, dem zwei florale Motive entwachsen (vgl. Abb. 13); griechische Aufschrift rodis, wohl als lateinisch [He]rodis, »des Herodes«, gelesen.
Dies ist die bekannte Rhodos-Münze mit dem nimbierten Sonnengott Helios und der für Rhodos typischen Rose, worüber griechisch rodis steht, das wohl lateinisch als [He]rodis, »des Herodes«, gelesen wurde. A. Berg hält diese rhodische Münze für einen jener Silberlinge, für welche Jesus von Judas verraten wurde, was eine damals übliche, wenn auch verfehlte Meinung war. Dass er darin sogar die beste Form des Schekels, nämlich den Schekel des Heiligtums, sieht, hängt wohl mit dem Gewicht zusammen, das doppelt so groß wie der abgebildete Schekel sei. A. Le Pois (1579) hat sie nicht lange vorher als Rhodos-Münze bestimmt, hat aber den abgebildeten Sonnengott mit dem »Koloss von Rhodos« identifiziert (Kap. 10). A. Berg berichtet in einer Einsprengung in Kap. 3 auch von »Silbernen Schekeln, die hin und wieder abgegossen werden«, also von einer Tätigkeit des Nachgießens von Silberschekeln mit hebräischen Aufschriften. Dieser Text wird deshalb in § XIII,2.13 behandelt, wo es um die seit der zweiten Hälfte des 16. Jh. verfertigten gegossenen Schekel-Medaillen mit Aufschriften in hebräischer Quadratschrift geht.
Adam Berg (1596/1597) / Marquard Freher (1598)
299
13. Marquard Freher (1565–1614) – Die Kopie des Schekels von A. Agustín als »theologistorisches« Argument (1598)
M. Freher war Jurist, zeitweilig Professor in Heidelberg, meist aber im diplomatischen Dienst von Kurfürst Friedrich IV. (reg. 1583–1610), der ihn 1605 mit Oberlustadt bei Germersheim belehnte. Er entwickelte sich im weiteren zu einem wichtigen Historiker, Philologen und Germanisten, der »entscheidend zur Erschließung der deutschen Literatur des Mittelalters beigetragen« hat. »Als Sammler, dilettierender Künstler und Poet einer der Hauptvertreter des als großer Verwandten- und Freundeskreis organisierten Heidelberger Späthumanismus ist er gleichzeitig einer der wichtigsten Verbindungsleute hinüber ins Zeitalter der Polyhistorie.«132 Seine Studie De Verbis Domini, Date Caesari, quae Caesaris, et quae Dei, Deo (1598), bietet eine ausführliche Exegese der Szene von der »Steuermünze« (numisma census) in Mk 12,13– 17 par Mt/Lk und »enthält eine theologistorische Erklärung« (theologistoricam explicationem continens). M. Freher schildert anhand antiker Texte die historische Situation des Steuereinzugs unter den Kaisern und besonders unter Herodes dem Großen. Die Partei der »Herodianer« wird dabei als jene politische Gruppe gesehen, welche die Steuern eintrieb (p. 7), wobei die Pharisäer diese Abgabe widerwillig zuließen. Die pointierte Antwort Jesu »Gebt dem Caesar, was des Caesars, und was Gottes, Gott« fasst M. Freher treffend zusammen: Ita uno responso Dominus pupigit utramque partem. So stach der Herr mit einer Antwort die beiden Parteien aus. (p. 36)
Nach der kleinen Abhandlung über das Eintreiben von Steuern durch die Mächtigen als einem rechtmäßigen Mittel der Finanzierung (bis S. 13) wird nach dem Geldstück gefragt, das mit dem numisma census angesprochen ist. M. Freher bezweifelt, dass damit der in Ex 30,12–14 geforderte Halbschekel des einmaligen Loskaufs jedes mannbaren Israeliten gemeint sei. »Wer weiss, ob es sich um jene Abgabe handelt, den mein Vater [scl. Gott] durch sein Gesetz in seinem Tempel jedes Jahr abgegeben haben wollte …?« Er lehnt dies im weiteren Verlauf seines Artikels mit Recht ab, da es hier um die Steuer geht, welche von den Römern eingezogen wurde. Als Illustration bringt er dann eine Abbildung eines jüdischen Schekels, der aus dem 2. Jahr des 1. Krieges stammt und – wie wir heute wissen – zur Zeit Jesu sicher noch nicht vorhanden war (S. 13):
Abb. 21: Marquard Freher (1598), Silberschekel, 1. jüdischer Krieg, 2. Jahr (Übernahme von A. Agustín, Abb. 16). Vorderseite: Zeremonialkelch mit leicht konkavem Perlenkranz (mit 8 Perlen) Fuchs, Art.: Freher Marquard (1961), 392–393; Berghaus, Marquard Freher (1990), 326–330.
132
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D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
als Schalenlippe, schmaler Schaft mit (nur) einem Knauf, konkaver Sockel mit zwei Blättchen und nach unten und einwärts gebogenen spitzen Füßen, darüber althebräisch Schin Bet, »J[ahr] 2; Rückseite: Zweig mit drei Granatäpfeln mit Knöpfen an den äußeren Blütenspitzen (mit kleiner Blüte) und am Stängelende. Althebräische, leicht verschnörkelte Umschriften scheqel Jiśraʾel (5 Uhr) und Jeruschalajim ha-qedoschah (6 Uhr); Perlenkreise. [= TabÜ IV, 15A; vgl. 11A]
Dazu fügt er den folgenden Kommentar an: Sicli autam [sic!] imago et inscriptio nota: una parte virga Aharonis perpetuo virens, cum hoc lemmate: Jeruschalaim kodschah, sancta Jerusalem: altera, urna illa sacra recondendae mannae, cum litteris SCHEKEL IISRAEL, siclus Israeliticus. Quales sicli hodieque etiam archetypi exstant, et figuratum docti viri exhibent.* *[Randnotiz]: Bezas 17. Mat./Anton. Augustin, Dialogo 2. del medagl. num 2. Bild und Aufschrift des Schekels sind aber bekannt: Auf der einen Seite der immer blühende Stab/Zweig Aarons, mit diesem Lemma: Jeruschalaim kodschah, heiliges Jerusalem; auf der anderen (Seite) jene heilige Urne zur Aufbewahrung des Mannas, mit den Buchstaben Schekel Iisrael, isralitischer Schekel. Von solchen Schekeln bestehen auch heute noch Archetypen, und gelehrte Männer stellen ihn abgebildet dar.
M. Freher weiß, dass von »solchen Schekeln« auch zu seiner Zeit noch Originale (archetypi) bestehen, und verweist in der Randnotiz * auf zwei »gelehrte Männer«, die einen Schekel abgebildet (figuratum) haben: Théodore de Bèze in seinem Kommentar zum MatthäusEvangelium (Abb. 6) und A. Agustín im 2. Dialog seiner Dialogos de Medallas (Abb. 16). Der Vergleich seiner Abbildung mit den Abbildungen der beiden zitierten Gelehrten macht deutlich, dass M. Freher seine Abbildung nicht aus dem Mattäusevangelium des Théodore de Bèze übernommen hat, weil dort ein Schekel aus dem 1. Jahr des 1. Krieges abgebildet ist (Abb. 6). Große Ähnlichkeit besteht jedoch mit der Abbildung des Schekels des 2. Jahres des 1. Krieges in den Dialogos des A. Agustín, jedoch nur der italienischen Ausgabe des Jahres 1592 (Abb. 16). Die althebräischen Schriftzeichen und deren Anordnung sind genau übernommen. Der Granatapfelzweig hat zwar etwas getrenntere Stiele, aber die Blütenblätter haben den gleichen auffälligen Knopf auf den Außenblättern. Beim Zeremonialkelch sind gleichfalls die beiden auffälligen Hakenfüße vorhanden, doch ist die mit sieben Perlen geschmückte Schalenlippe etwas geschwungener geraten, sodass man den Rückrand als fehlend empfindet. Das Vorbild für den Stempel von M. Freher ist eindeutig bei A. Agustín zu suchen. In verschiedenen anderen Kontexten bietet M. Freher noch folgende Abbildungen mit einer Nähe zum Judentum: Eine Rhodos-Münze, die als einer der 30 Silberlinge des Judas »in Rom heute noch im Gebäude des hl. Kreuzes von Jerusalem (scl. Santa Croce in Gerusalemme) gezeigt wird« (Romae adhuc in aede S. Crucis in Hierusalem ostentatur; S. 17); eine Bacchius Judaeus-Münze als Beispiel für die Unterwerfung (S. 19), eine Iudaea Capta-Münze des Vespasian (S. 31) und eine Münze des Nerva mit der Aufschrift Fisci Iudaici Calumnia Sublata (S. 32). M. Freher hat 1599 eine erweiterte Version dieses Beitrages mit dem Titel De numismate Census, A Pharisaeis in Quastionem vocato. Dissertatio Theologistorica. Editio auctior, verfasst. Die Erweiterungen bestehen aus einem Appendix De Tributo Soli et Capitatione Iudaica sub Augusto (p. 45–49) und einem Zusatz De Hadriani Imp. Victoria Iudaica, et Aelia Capitolina (p. 49–50; mit einer Abbildung des Adventus Hadriani).
Zusammenfassende Darstellung (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh.
301
14. Zusammenfassende Darstellung (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh.
Die Informationen zur Geschichte der jüdischen Numismatik, die in den vorausgehenden Kapiteln bei 13 christlichen Autoren des 16. Jh. aufgewiesen wurden, sind im Tabella rischen Überblick III listenartig zusammengestellt, formelhaft zusammengefasst und etwas ausgewertet (Kap. 14.1). Anschließend werden die Informationen inhaltlich in sechs Sachgruppen kurz erläutert (Kap. 14.2), sodass eine Gesamtschau über die Aussagen der christlichen Autoren zu jüdischen Münzen im 16. Jh. möglich ist. 14.1 Tabellarischer Überblick III (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh. (zu echten jüdischen Münzen), mit statistischer Auswertung
Der folgende Tabellarische Überblick III fasst die Informationen zur Geschichte der jüdischen Numismatik,133 die sich in den Texten der 13 christlichen Autoren des 16. Jh. finden ließen, zu sechs Sachgruppen zusammen, wobei der Befund von Spalte 2 und 4 zum Metall (Silber oder Bronze), zu Stückelung, Anzahl und Vorkommen und zu den Abbildungen in einem Kürzel zusammengefasst ist. Die voran- und hochgestellte Ziffer zählt dabei das Vorkommen in chronologischer Abfolge, wobei die nicht kontinuierliche Zählung dem Tabellarischen Überblick IV (in § XI,1) entspricht, der jüdische und christliche Autoren in chronologischer Abfolge umfasst und deshalb erst die vollständige und kontinuierliche Zählung aller jüdischen Münzen bis 1600 aufweist. Abkürzungen: S = Silbermünze/Schekel; B = Bronzemünze; plur = mehrere Exemplare; gr/mi/kl = groß/ mittel/klein; A = Abbildung – hasm. = hasmonäisch; 1K = 1. jüdischer Krieg; 2K = 2. jüdischer Krieg.
Die Rhodos-Silberlinge als Verratsgeld des Judas (Le Pois; Berg) und die mehrfach vorkommenden Iudaea Capta-Münzen bleiben hier als griechische oder römische Geldstücke unberücksichtigt. – Zu den jüdischen Autoren s. die TabÜ I und II (§ VI,6 u. VIII,8) und in der Gesamttabelle TabÜ IV (§ XI).
133
302
D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
Tabellarischer Überblick III (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh. (zu echten jüdischen Münzen) 1. Besitzer/Augenzeugen (Orte und Fundorte) Postel G. 1538: s ah in Palästina/Jerusalem, bei den Juden besorgte Abbildung.
2. Stückzahlen, Stückelungen, Metalle 3. Datierungen
Kürzel
Mehrere Silbermünzen. (1K, 2. Jahr)
10 plur 1
S A
Fundort: Schutthaufen Jerusalems.
1552: sah in Jerusalem. Fundort: Gemäuer und Schutthaufen Jerusalems. degli Albonesi T. A. (1539) sah in Italien/Rom. Fundort: Römische Sammlungen. Blarer A. 1541: besaß (sehr wahrscheinlich) 1564 >: schenkte an de Bèze. Herkunft: vielleicht »aus Italien« (gemäß Widmanstetter). Melanchthon Ph. 1541: verschaffte sich schenkt an Luther 1552: besaß und beschrieb (2 Epigramme) schenkte davon an Mathesius (?), Frecht, Georg III. sah Abbildung bei → Postel (1538) in Nürnberg [1A]. Herkunft: unbekannt (Juden als Herkunftsangabe vermieden?). Bomberg D. (1549 >) besaß schenkte davon an Maes (→ 1574)
Mehrere Gold-(!), Silber-, Bronze- und »unzählige gewöhnliche« Münzen. (1K/2K?)
14 plur
Mehrere Bronzemünzen. (hasm., 1K/2K?)
6
Ein Silberschekel (1K) (= Vorlage für das goldene Imitat; s. § XII,1.1–3). Ein Silberschekel (1K, 1. Jahr) [22S], den → de Bèze 1582 abbilden wird [9A].
11 (?)
Ein »Schekel des jüdischen Volkes«. (1K)
12
Mehrere Silberschekel (= Tetradrachmen). (1K)
(Splur) (davon:)
7
S Bplur
Bplur
S
S
15–17
3 Schekel, »mit dem wahren Gewicht«. (1K)
Mehrere vetustissimi sicli (wohl 1K). Ein Schekel [23S]. (1K, ab 2. Jahr)
S
S
13 plur
Zusammenfassende Darstellung (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh.
4. Bildmotive (abgebildet und/oder beschrieben)
Älteste Abbildung: Räucheraltärchen mit Glutschicht und massivem Sockel/ abgeschnittener Stecken mit drei blüten tragenden Zweigen (Abb. 5).
Manna-Gefäß, Stab/Zweig des Aaron
Deutung (bei de Bèze, 1582): Urne des Manna/blühender Stab/Zweig Aarons (Abb. 6; von de Bèze).
Stets: Kelch voll Weihrauch/blühender Stab/ Zweig Aarons (mit christlicher Allegorie für Priestertum und Gebet).
303
5. Aufschriften
6. Interessen
Samaritanische Schriftzeichen. scheqel Jiśraʾel/Jeruschalajim ha-qedoschah, über dem Kelch: Schin Bet.
Philologisch: Samaritanische Texte und deren Schriftzeichen, zur Herstellung von Fonts. Interesse am Judentum und den Samaritanern als Religion und Kultur.
Alle »enthalten Lob Jerusalems«.
Samaritanische Schrift zeichen.
Philologisch: Samaritanische Schrift.
Sekel oder Siclus Israel.
Freundschaftsbezeugung. Exegese des Neuen Testaments.
Realie aus der Zeit Jesu; dienlich zur Allegorese für »die rechten Aufgaben der Priester«: Lehre und Gebet.
»wie bei Postel« (→ 1538). (davon: Imitate; s. § XII,2)
Der jüdischen Kultur und Literatur zugetane Tätigkeit.
304
D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
1. Besitzer/Augenzeugen (Orte und Fundorte)
2. Stückzahlen, Stückelungen, Metalle 3. Datierungen
Kürzel
Eine große Bronze. (2K, undat., 3. Jahr) (und eine Kopie von 11B)
8
oder sah bei Achilles Maffai
Zwei Silberschekel. (1K, 1. und 2. Jahr)
18–19
bei Francesco de Medici
Eine Bronze (?)/Silber (!). (2K, 2. Jahr)
9
beim Abt des Klosters St. Irenäus
Eine mittlere Bronze. (2K, 1. und 2. Jahr)
10
Eine mittlere Bronze. (2K, undat., 3. Jahr)
11 mi
Eine kleine Bronze. (Agrippa I.)
12
Ein Silberschekel. (1K, 2. Jahr)
20
Eine mittlere Bronze. (2K, 2. Jahr)
13 mi 4
Eine große Bronze. (2K, 2. Jahr)
14
Strada J. (zw. 1555 u.1565) beschreibt, was er besaß
bei Petrus Ramos Orte: Sammlungen in Rom, Florenz, Lyon und Venedig.
Bgr
S
B(?) Bmi
B
du Choul G. (1556) Loredan A. (1560 ±) besaß ließ zeichnen
Herkunft: aus Handel oder Tausch.
Bkl.2A
S. 3A
B .A Bgr.5A
Zusammenfassende Darstellung (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh.
305
4. Bildmotive (abgebildet und/oder beschrieben)
5. Aufschriften
6. Interessen
Zweihenkelige Amphore/»Zweig eines duftenden Krautes« (= Myrten[?]Zweig).
Einige lesbare, meist jedoch unleserliche althebräische Aufschriften. Lesbar sind:
Numismatisches Interesse, das auch orientalische (= chaldäische) Münzen umfasste.
Heiliger Kelch/Cassia-Kraut und »Zepter Aarons« (= Granatapfelzweig). Daten: Alef/Schin Bet Währung: scheqel Jiśraʾel Weintraube und Cythara (= KastenSlogan: Jeruschalem/-ajim Leier) (ha-) qedoschah und cherut Cardo-Kraut, dreiblätterig (= Rebblatt)/ Prägeherr: Schim|eʿon. Palmbaum Cardo-Kraut, fünfblätterig (= Rebblatt)/ Palmbaum
Römische Religions geschichte. 4 Abbildungen Schirm-Baldachin (verkehrt)/3 Ähren aus einem geschwungenen Blütenstand (Abb. 7). Zeremonialkelch mit Perlenkranz als Schalenlippe und einem mit zwei Rundobjekten versehenen Fuß/Zweig mit drei Granatäpfeln mit Knöpfen an den äußeren Blütenblättern und am Stengel (Abb. 8). Rebblatt/-ranke (verkehrt) mit drei Lappen/Dattelpalme (Abb. 9). Kannelierte, zweihenkelige Amphore/ Lorbeer-Kranz mit ovalem Medaillon (Abb. 10).
Basileôs Agripa und Datum: L | [6] = 41/42 n. Jeruschalajim ha-qedoschah/ scheqel Jiśraʾel/über dem Kelch: Schin Bet.
Sche[nat Bet le-]cher(ut) śiraʾe[l] (sic!) Schim|eʿo|n. Schin Bet le-cher(ut) Ji[śra] ʾel/Schim|[eʿon].
Numismatisch.
306
D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
1. Besitzer/Augenzeugen (Orte und Fundorte)
2. Stückzahlen, Stückelungen, Metalle 3. Datierungen
Kürzel
Arias Montano B. 1562/63: bekam geschenkt von Erzbischof v. Lestrigonia besaß
Ein Schekel aus reinstem Silber. (1K, 1. Jahr)
21
S
6
A
1572: liess zeichnen
Herkunft: Erzbischof von Lestrigonia, in Trient. de Bèze Th. 1564 >: bekam geschenkt von A. Blarer besaß las
Silberschekel (1K, 1. Jahr), den er für eine Didrachme/einen Halbschekel hält.
1582: besorgte Abbildung
Maes A. (1574) bekam geschenkt von D. Bomberg (1549 >) besaß las
Le Pois A. (1579) besaß las bildete ab
Herkunft: »kam in meine Hände«.
22
S
A
9
Ein Silberschekel. (1K, ab 2. Jahr)
23
S
Silberschekel (= »Heiligtumsschekel«). (1K, 1. Jahr)
26
S
8
A
Zusammenfassende Darstellung (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh.
4. Bildmotive (abgebildet und/oder beschrieben) Bildmotive wie »von jenem Gerundeser Mose beschrieben« (= Mosche ben Nachman; § VI,4). Abbildung: Ausladender Kelch mit ausgeprägter, perlenloser Schalenlippe und darunter zwei Henkel (nicht Perlen)/ Zweig mit drei Lilien oder Granatäpfeln (Abb. 12).
Abbildung (»wahres Druckbild«): Tiefer Kelch mit rundem Fuß, rundum laufender, perlenloser Schalenlippe und zwei flankierenden Perlen/Zweig mit drei Lilien. (→ Blarer, 1541: Abb. 6).
5. Aufschriften
6. Interessen
Religiös und numismatisch.
Althebräisch: Jeruschalem qedoschah/scheqel Jiśraʾel; über dem Kelch: ʾAlef.
Jeruschalem ha-qedoschah, Jeruschalaim (sic!) kodscha Jerusalem sancta/scheqel leJiśraʾel, Schekel Iisrael, siclus Israel. über dem Kelch: ʾAlef = siclus simplex (= ½ eines Heiligtumsschekels = Halbschekel).
Gefäß, in welchem das Manna in der Althebräisch = libanisch = saBundeslade aufbewahrt wird, Stab/Zweig maritanisch Aarons. Jeruschalajim ha-qedoschah/ scheqel Jiśraʾel. Über dem Kelch: Schin Mem = Sch(elomo) M(elek) = lat. Salomo Rex.
Abbildung: Tiefer Kelch mit rundum laufender, perlenloser Schalenlippe und zwei flankierenden Perlen und konkavem Rundsockel/Zweig mit drei Lilien (Abb. 14).
307
Jeruschalem qedoschah = Hierusalaim hakeducha (sic!)/scheqel Jiśraʾel = pondus oder siclus Israel. Über dem Kelch: ʾAlef.
Exegese des Neuen Testaments.
Exegetisch-historisch.
Numismatisch.
308
D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
1. Besitzer/Augenzeugen (Orte und Fundorte)
2. Stückzahlen, Stückelungen, Metalle 3. Datierungen
Kürzel
Agustín A. (1587) besaß bildete ab
Ein Silberschekel in drei Varianten. (1K, 2. Jahr)
27
Eine Achtel-Bronze. (1K, 4. Jahr)
16
S
10–12
A
B⅛ A
13
Ort der Sammlung: Bischöfliches Palais in Tarragona. Berg A. (1596/97) sah Abbildung bei Arias Montano bildete ab
Ein siclus vulgaris = Silberschekel [21S]. (1K, 1. Jahr)
A (> 6A)
14
Ein Siclus Templi oder Sanctuarii. Freher M. (1598) sah Abbildung bei Agustín bildete ab wusste um
Silberschekel [27S]. (1K, 2. Jahr)
A (> 11A)
15
»Archetypen von solchen Schekeln« bei de Bèze und Agustín [19.27S].
Zusammenfassende Darstellung (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh.
4. Bildmotive (abgebildet und/oder beschrieben)
3 Abbildungen: (Zeremonial-)Kelch mit schwarzen Punkten unterhalb der Schalenlippe und nach unten gebogenen Füßen/Zweig mit drei Lilien, aus kleinem Rundkörper (Abb. 15). Zeremonialkelch mit fast geradem Perlenkranz als Schalenlippe und nach unten und einwärts gebogenen Füßen/ Zweig mit drei Granatäpfeln mit einigen Knöpfen an den äußeren Blütenspitzen und am Stängelende (Abb. 16). Zeremonialkelch mit Perlenlippe und nach unten gebogenen Füßen/Zweig mit drei Granatäpfeln oder Lilien (?), mit Knopf am Stängelende (Abb. 17). 1 Abbildung: Zeremonialkelch mit ausladender Schale, leicht geschwungener Perlenlippe und nach oben gebogenen Füßen/doppelt gebundener Büschel aus Zweigen mit Beeren (Lulav) und zwei flankierenden Etrogim (Abb. 18).
Abbildung (übernommen von Arias Montano) (Abb. 19; > Abb. 12); jedoch als Schekel-Medaille beschrieben: → § XIII,2.13.
5. Aufschriften
Jeruschalajim ha-qedoschah/ scheqel Jiśraʾel Über dem Kelch: Schin Bet.
309
6. Interessen
Numismatisch, theologisch. 4 Drachmen Gewicht.
li-geʾullat Ṣjon, »zur Erlösung Zions«/schenat ʾarbʿa, »Jahr vier« (schwer lesbar).
Wie bei Arias Montano.
Biblische Geldgeschichte.
Ein rhodischer Silberling (Abb. 20).
Abbildung (übernommen von Agustín) (Abb. 21; > Abb. 16).
Wie bei Agustín, jedoch: Jeruschalaim kodschah/Schekel Iisrael, siclus Israeliticus.
Exegetisch-historisch.
310
D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
Statistische Auswertung (TabÜ III, Sp. 2 u. 4) Vorkommen, Stückzahlen und Abbildungen von jüdischen Münzen bei den 14 Christen des 16. Jh., die jüdische Münzen besessen, gesehen oder abgebildet haben, sind hier zuerst in der chronologischen Abfolge der Autoren aufgelistet, wobei bei den Stückzahlen für »mehrere« (plur) mindestens zwei gezählt werden:134 Autor
Silber
Bronze
Postel 1538 1552
plur plur
plur
degli Albonesi
Abb. 1
plur
Blarer
1 (als Vorlage)
Melanchthon
4 (sicher von plur)
Bomberg
plur
Strada
2
4 (+ 1 Kopie)
Loredan
1
3 (kl/mi/gr)
Arias Montano
1
Maes
1
Le Pois
1
de Bèze
1
Agustín
1
Berg
(nur Abb. gesehen)
Freher
(nur Abb. gesehen)
Total Vorkommen Total Stückzahl
16 (13 + 3 plur) 19 (mind.)
4 1 1 1
1 (⅛)
4 1 (Kopie) 1 (Kopie)
10 (8 + 2 plur) 12 (mind.)
14 14
Zum Zweiten sind Vorkommen und Stückzahlen von jüdischen Münzen nach den beiden Metallen Silber (S) und Bronze (B) getrennt dargestellt, wobei wiederum bei den Stückzahlen für »mehrere« (plur) mindestens zwei gezählt werden:
Da es keine antiken jüdischen Goldmünzen gab, muss G. Postel 1552 entweder jüdische Phantasie-Münzen, wie eine bei J. Strada bezeugt ist (§ XIV,3.2), oder andere nichtjüdische Münzen mit orientalischen Aufschriften gesehen haben. Sie sind deshalb ebenso wenig wie seine »unzähligen gewöhnlichen (communia)« Münzen, die nicht sicher als jüdische Münzen zu bestimmen sind, aufgeführt. Auch die zwei von A. Berg und M. Freher bei B. Arias Montano und A. Agustín nur gesehenen Abbildungen von Silbermünzen (Abb. 12 und 16) sind natürlich nicht als selbständige Münzen aufgeführt, während deren beide Kopien (Abb. 19 und 21) als neue, leicht variierende Abbildungen mitgezählt werden. 134
Zusammenfassende Darstellung (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh.
Vorkommen
Stückzahl
Silber S
13
13
S
3
6 (mind.)
plur
16
Total
311
19 (mind.)
Bronze B gr/mi/kl/⅛
8
8
Bplur
2
4 (mind.)
Total
10
12 (mind.)
Gesamttotal
26
31 (mind.)
Insgesamt werden demnach in den Texten von christlichen Autoren des 16. Jh. bei 26 Vorkommen mindestens 31 echte jüdische Silber- und Bronzemünzen erwähnt. Es lassen sich dabei 14 Abbildungen von jüdischen Münzen finden, wovon drei Abbildungen bei A. Agustín die gleiche Silbermünze betreffen und die zwei Abbildungen von A. Berg und M. Freher nur ungefähre Kopien sind. 14.2 Kommentar zu den sechs Sachgruppen (TabÜ III, Sp. 1–6) 14.2.1 Zu den Besitzern und/oder Augenzeugen (TabÜ III, Sp. 1)
Ȥ Aus den Texten sind folgende 26 Personen oder Gruppen zu ermitteln, die auf die eine oder andere Weise echte jüdische Münzen besassen, sahen, schenkten und abbildeten. Person(en)/Gruppen
Besitzen
1. Postel
Schenken
sah
2. Juden Palästinas
besaßen
3. Ausgräber in Jerusalem
besaßen
4. degli Albonesi 5. Blarer
Sehen
Abbilden bildete ab (1)
sah besaß
6. Widmanstetter
schenkte sah
7. Melanchthon
besaß
sah Abb.
8. Luther
besaß
bekam geschenkt
9. Mathesius (?)
besaß
bekam geschenkt
10. Frecht
besaß
bekam geschenkt
11. Georg III.
besaß
bekam geschenkt
12. Bomberg
besaß
schenkte
13. Strada
besaß
sah
schenkte
bekam Kopie
machte Imitat
312
D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
Person(en)/Gruppen
Besitzen
14. Achilles Maffai
besaß
15. Francesco de Medici
besaß
Sehen
Schenken
Abbilden
16. Abt des Klosters St. Irenäus besaß 17. Petrus Ramos
besaß
machte Kopie
18. Loredan
besaß
19. Arias Montano
besaß
bekam geschenkt
20. (Erzbischof v. Lestrigonia)
besaß
schenkte
21. Maes
besaß
bekam geschenkt
22. Le Pois
besaß
23. de Bèze
besaß
24. Agustín
besaß
bildete ab (4) bildete ab (1)
bildete ab (1) bekam geschenkt
bildete ab (1) bildete ab (4)
25. Berg
sah Abb.
bildete ab (1)
26. Freher
sah Abb. wusste um
bildete ab (1)
Ȥ Nationalitäten der Personen oder Gruppen:135 10 sind Deutsche, von denen fünf als Autoren bekannt sind (Blarer, Melanchthon, Strada1, Berg und Freher) und fünf in deren Texten erwähnt werden (Widmanstetter, Luther, Mathesius [?], Frecht und Georg III.). – 7 sind Italiener, von denen vier als Autoren bekannt sind (degli Albonesi, Bomberg1, Strada2 und Loredan) und drei in deren Texten erwähnt werden (Maffai, Francesco de Medici und der Erzbischof von Lestrigonia). – 4 sind Franzosen (Postel, Le Pois, de Bèze und [bei Strada erwähnt:] Abt des Klosters St. Irenäus). – 3 Spanier (Arias Montano, Agustín und [bei Strada erwähnt:] Petrus Ramos). – 2 sind Belgier (Maes und Bomberg2). – 2 Gruppen sind in Palästina/Israel (Juden, Ausgräber). Das Schwergewicht hat sich im Vergleich mit den jüdischen Autoren des 16. Jh. (§ VIII; TabÜ II) offensichtlich nach Norden verschoben, da von den 26 Personen nur noch sieben in Italien und drei in Spanien lebten. Ȥ Als wirkliche Besitzer können nur 21 Personen gelten, da dreien nur der Anblick vergönnt war (Postel, degli Albonesi; Widmanstetter) und zwei nur die Abbildungen von Besitzern kannten und übernahmen (Berg, Freher). Das Verschenken von echten Schekeln war dabei eine schöne Geste (Blarer an de Bèze; Melanchthon an Luther, Mathesius [?], Frecht und Georg III.; Bomberg an Maes). Dass im Rahmen des blühenden Münzhandels unter den griechischen, römischen und orientalischen auch jüdische Münzen mitliefen, lässt sich gut bei J. Strada erkennen. T. A. degli Albonesi, A. Loredan und D. Bomberg einerseits und Le Pois andererseits zeigen, dass jüdische Münzen in Sammlungen von Italien und Frankreich vorhanden waren, aber bis heute nicht systematisch erforscht sind. J. Strada und D. Bomberg sind unter zwei Nationalitäten aufgezählt (durch hochgestellte 1 und 2 gekennzeichnet), wodurch ein Total von 28 (10+7+4+3+2+2) erreicht wird. J. Strada war ein gebürtiger Italiener, hatte aber auch das Bürgerrecht von Nürnberg und D. Bomberg, war Flame, verbrachte aber seine produktive Zeit als Drucker jüdischer Werke in Italien. 135
Zusammenfassende Darstellung (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh.
313
Ȥ Die beruflichen Tätigkeiten dieser Personen sind sehr verschieden: Viele waren freischaffende Gelehrte oder Professoren an europäischen Universitäten, einige waren Kleriker, einige gehörten zu christlichen Randgruppen und wechselten wegen religiösen Verfolgungen mehrfach ihre Tätigkeitsorte. Auffallend ist, dass sieben Personen aktiv in der deutschen und französischen Reformation tätig waren, vier in führender Position (Luther, Melanchthon, Blarer, de Bèze) und drei mit ihnen verbunden (Mathesius, Frecht, Georg III.). Die reformatorische Abneigung gegen Bildwerke kam hier offensichtlich nicht zum Zug, da die jüdischen Münzen nicht einem Heilserwerb, sondern der christlichen Allegorese dienten. Ȥ Die Tätigkeit der Autoren steht oft in einem konkreten Bezug zum Ort, von dem sie die Münzen bezogen oder wo sie solche gesehen haben: G. Postel sah sie auf seinen Reisen in Palästina und Jerusalem und nennt die Trümmer dieser Stadt als Ort, wo »Ausgräber … fleissig« nach Münzen buddeln und tagtäglich (crebro) solche fanden. T. A. degli Albonesi sah Bronzemünzen in nicht näher bezeichneten römischen Sammlungen. A. Loredan und D. Bomberg hatten in ihren eigenen Sammlungen auch jüdische Münzen, die sie verkauften (Loredan an Strada) oder verschenkten (Bomberg an Maes). Einige geben nicht an, woher sie ihre jüdischen Münzen haben. Ph. Melanchthon hat vielleicht über (unnennbare) Juden seine Exemplare bezogen. M. Berg und M. Freher machen keine Angaben, doch ist die Herkunft ihrer Abbildungen als Kopien der Abbildungen von B. Arias Montano und A. Agustín leicht zu ersehen. A. Agustín »hat« einfach einen Silberschekel in seiner erzbischöflichen Sammlung und macht ebenfalls keine Herkunftsangabe. A. Le Pois sind eher zufällig jüdische Münzen »in die Hand gekommen«, während B. Arias Montano im Geschenk eines echten Silberschekels dank seiner Expertise von goldenen Kaisermünzen einen »göttlichen Gnadenerweis« sah. Die jüdischen Münzen sind demnach auf sehr verschiedenen, nicht immer erkennbaren Wegen vor die Augen oder in die Hände dieser christlichen Personen gekommen. 14.2.2 Zu den Metallen, Stückelungen und Stückzahlen (TabÜ III, Sp. 2)
Ȥ Es werden alle drei Metalle Gold, Silber und Bronze erwähnt, wobei Goldmünzen keine originalen jüdischen Geldstücke sein können, weil es im antiken Judentum keine solchen gab. Die schon erwähnten, metrologisch ausgerichteten Autoren von St. Grzepsky (1568) bis P. de Huyter (1600) haben zwar Goldmünzen der Hebräer dank ihrer Systematik aus den Texten entwickelt, haben aber keine solchen besessen. G. Postel (1552) behauptet hingegen, Goldmünzen mit samaritanischen Inschriften in Jerusalem gesehen zu haben. Er muss sich dabei getäuscht haben. Die goldene DavidPhantasie-Münze, die G. Simeoni (1559/60) im Flusssand von Lyon gefunden habe, kann bezweifelt werden, ist aber jedenfalls keine echte jüdische Münze. Ȥ Silbermünzen, meist Schekel, werden von zwölf Autoren erwähnt, wobei sie drei Mal im Plural genannt sind (Postel, Melanchthon, Bomberg). J. Strada hält eine silberne Salomo/Tempel-Münze für echt, während Th. de Bèze in seinem von A. Blarer geschenkten Schekel einen silbernen Halbschekel sieht. Ȥ Bronzemünzen werden von vier Autoren erwähnt: Während G. Postel und T. A. degli Albonesi eine unbestimmte Anzahl angeben, beschreibt J. Strada die Vorder- und Rückseiten von vier Bronzen und bildet A. Loredan eine kleine, eine mittelgroße und
314
D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
eine große Bronze ab. Was G. Postel (1552) hingegen mit den »unzähligen gewöhnlichen (communia)« Münzen meint, die nach ihm auch ein Lob auf Jerusalem enthielten, ist unbestimmbar. Sie werden hier als nichtjüdisches Kleingeld erachtet, wie dieses in Israel/Palästina in der damaligen Zeit wegen des intensiven Abgabebetriebes und besonders in Jerusalem wegen des regen Geldwechsels im Bereich des Tempels (vgl. Mk 11,15 parr; § II,2.2.1) massenhaft vorhanden war. 14.2.3 Zu den Datierungen (TabÜ III, Sp. 3, kursiv)
Bei den Datierungen sind die Annahmen der christlichen Autoren des 16. Jh. von denen zu unterscheiden, die sich nach heutigen Erkenntnissen ergeben. Ȥ Alle christlichen Autoren datierten die Schekel in die Zeit Davids und Salomos, auch wenn auf der Liste von J. Strada Datierungen fehlen. Von den Münzprägungen der beiden jüdischen Kriege wussten offensichtlich selbst jene Autoren nichts, die wie G. Postel Kenntnis der jüdischen Insidertraditionen von Aufstands-, Gefahren- oder kozebischen Münzen (§ III,2) gehabt haben könnten. G. Postel folgte den Vorstellungen »der Juden« Palästinas, welche ihre Schekel als unverkäuflich teuer erachteten, weil sie aus der Zeit Salomos kämen. Er selbst nahm dies aus dem sachlichen Grund an, dem die meisten Zeitgenossen folgten, dass der Lobpreis auf Jerusalem verbunden mit der althebräischen Schrift nur in der Zeit vor der Reichsteilung, also zur Zeit Davids und Salomos, möglich war. Dass sie auch zur Zeit Jesu im Umlauf gewesen seien, nahmen H. Bullinger und seine gelehrten Freunde in Zürich explizit an (auch wenn ihre geschenkte Münze nur ein Gold-Imitat eines echten Schekels war), aber auch Th. de Bèze, Ph. Melanchthon, A. Berg und M. Freher ließen sie für die Zeit Jesu gelten, wenn sie sie für ihre neutestamentliche Exegese oder christliche Allegorese benutzten. Die vorhandenen althebräischen Zahlen über dem Kelch werden nie als Jahresangaben verstanden und deshalb auch nie zur Datierung beigezogen (s. Kap. 14.2.5). Ȥ Die Datierung nach dem heutigen Wissensstand ergibt sich aus den Beschreibungen, Bildmotiven oder Abbildungen (TabÜ III, Sp. 2, 4 und 5) und ist in abgekürzter Weise jeweils kursiv und in Klammern eingefügt. Für die hasmonäische Zeit (abgekürzt: hasm.) können nur einige der nicht näher bestimmten Bronzen bei T. A. degli Albonesi angenommen werden. Für die herodische Zeit (abgekürzt: herod.) zeugt eine kleine Bronze von Herodes Agrippa I. bei A. Loredan, doch wären viele weitere herodische Münzen in den damaligen Sammlungen unter den griechischen und römischen Münzen auszumachen. Der 1. jüdische Krieg (abgekürzt: 1K) ist am stärksten vertreten, wobei verschiedene Kriegsjahre zu erkennen sind: Münzen mit ungenauen oder ohne nähere Jahresbestimmungen durch Text oder Abbildung sind acht- bis neunmal gegeben: Blarers Vorlage für Bullinger, Melanchthon, Luther, Melanchthons Freunde (3mal), Bomberg (?) und Achilles Maffai. Fünfmal ist das erste Kriegsjahr (1K, 1. Jahr) vertreten: Blarer/de Bèze, Strada, Arias Montano, Le Pois, Berg, und neunmal kommt das zweite Kriegsjahr (1K, 2. Jahr) vor: Postel, Bomberg, Strada, Loredan (3mal), Maes, Agustín, Freher. Das vierte Kriegsjahr (1K, 4. Jahr) ist nur einmal auf der Achtelbronze von A. Agustín vorhanden. Bei A. Maes kann die Zeit ab dem 2. Jahr aufgrund des Jod in Jeruschalajim angenommen werden.
Zusammenfassende Darstellung (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh.
315
Der 2. jüdische Krieg (abgekürzt: 2K) ist insgsamt sechmal für alle Kriegsjahre belegt. Bei J. Strada werden vier Bronzen beschrieben, wobei diejenige, die nur in Silber belegt ist, in das 2. Jahr gehört (2K, 2. Jahr) und die drei undatierten am ehesten in das 3. Kriegsjahr gesetzt werden (2K, undat. [3. Jahr]). Bei A. Loredan gehören eine mittlere und eine große Bronze sicher in das 2. Kriegsjahr (2K, 2. Jahr). Beide jüdische Kriege (abgekürzt: 1K/2K?) kommen dreimal in Frage: Postel (1552) (Silber- und Bronzmünzen), degli Albonesi (Bronzmünzen) und Bomberg (Schekel). Sie erhöhen im Prinzip das Vorkommen von Münzen des 1. oder 2. Krieges, doch lässt sich die exakte Summe nicht ermitteln. 14.2.4 Zu den Bildmotiven (TabÜ III, Sp. 4)
Aus den 14 Abbildungen jüdischer Münzen (TabÜ III: 1–6.8–15A) und den Beschreibungen von deren Vorder- und/oder Rückseiten werden folgende 12 Bildmotive mit zum Teil unterschiedlichen Deutungen ersichtlich: Ȥ Ein Schirm/Baldachin auf der Bronzemünze von Agrippa I. (Loredan). Ȥ Drei Ähren auf der Bronzemünze von Agrippa I. (Loredan). Ȥ Ein Kelch auf den Schekeln des 1. jüdischen Krieges in folgenden Varianten:
• Ein Räucheraltärchen mit Glutschicht und massivem Sockel (Postel, 1538). • Ein Kelch mit tiefer oder ausladender Schale, rundum laufender Schalenlippe und zwei flankierenden Perlen/Knöpfen (de Bèze) oder zwei Henkeln (Arias Montano, Berg) und rundem Fuß oder konkavem Rundsockel (Le Pois). • Ein Zeremonialkelch mit Perlenkranz als Schalenlippe und mit nach oben, unten oder einwärts gestalteten Füßen (Strada: »heiliger Kelch«, Loredan, Agustín, Freher). • Ein (Zeremonial?-)Kelch mit schwarzen Punkten unterhalb der Schalenlippe und nach unten gebogenen Füßen (Agustín).
Die deutenden Abbildungen oder die Beschreibungen stellen meist ein Manna-Gefäß oder – »wie bei Postel« und Melanchthon – einen Kelch voll brennendem Weihrauch vor. Es sind somit die beiden Deutevarianten des Kelchs als Räucheraltärchen/-schale oder als Manna-Gefäß vorhanden, hinter denen die jüdischen Interpretationen des Estori haFarchi (machtah als Kohlenpfanne oder Feuerbecken) oder des Mosche ben Nachman, bzw. der von ihm konsultierten Samaritaner (Manna-Gefäß) stehen. Ȥ Ein Zweig mit drei Granatäpfeln auf den Schekeln des 1. jüdischen Krieges. Er wurde nur bei Loredan getreu nachgezeichnet (Abb. 8), bei Postel (1538) ist es eher ein abgeschnittener Ast mit drei blütentragenden Zweigen (Abb. 5). Bei den anderen Abbildungen ist meist schwierig zu entscheiden, ob drei Granatäpfel oder drei Lilien abgebildet sind. Die deutenden Beschreibungen sprechen fast immer von einem Stab/Zweig des Aaron, doch nennt J. Strada den Granatapfelzweig das »Zepter Aarons« (Kap. 5.2.5), was die Deutung als »Stab« in der deutschen Übersetzung des Epigramms von Ph. Melamchthon (s. Kap. 4.2.2) verstärkend aufnimmt. In Kap. 5.2.4 versteht J. Strada den Zweig aber botanisch als Zimtkassie (cassia). – Sowohl der Kelch wie der Granatapfelzweig eignen sich bei den Reformatoren zudem gut zur christlichen Allegorisierung auf das Priestertum und das Gebet. Ȥ Ein Lulav als doppelt gebundener Strauss von Zweigen mit Beeren (Agustín). Ȥ Zwei Etrogim, die den Lulav flankieren, aber eher kleinen hängenden Trauben gleichen (Agustín).
316
D § X Antike jüdische Münzen bei christlichen Gelehrten des 16. Jh.
Beide Bildmotive stammen aus dem Umfeld des jüdischen Laubhüttenfestes, werden aber von Agustín wohl nicht in ihrem jüdischen Symbolgehalt erkannt. Aus der Zeit des 2. jüdischen Krieges gibt es die Beschreibungen ohne Abbildungen von J. Strada und die Abbildungen ohne Beschreibungen von A. Loredan: Ȥ Ein Rebblatt aus drei oder fünf Lappen mit Ranke, bei J. Strada als dornige Pflanze gesehen und als Distel (cardo) verstanden, bei Loredan gegen oben gerichtet. Ȥ Eine Weintraube (verkehrt) (nur Strada). Ȥ Eine Schalen-Leier (Cythara; kinnor) (nur Strada). Ȥ Ein Palmbaum oder eine Dattelpalme. Ȥ Eine Amphore mit zwei Henkeln. Ȥ Ein Myrten(?)-Kranz mit ovalem Medaillon (nur Strada). 14.2.5 Zu den Aufschriften (TabÜ III, Sp. 5)
Alle Aufschriften der hasmonäischen Münzen und der Münzen aus den beiden jüdischen Kriegen sind mit althebräischen Buchstaben versehen, bestimmt mit der Absicht, mit diesen nicht mehr gebräuchlichen Schriftzeichen die Kontinuität der davidischen Dynastie bis in die Gegenwart zu markieren. Der herodische Prägeherr Agrippa I. hat allerdings keine solchen Ambitionen, da er mit einer griechischen Aufschrift die völlig Integration der Herodier in die griechisch-römische Kultur bezeugt. Das althebräische Alphabet stellt insofern ein Problem dar als die meisten Autoren – außer die Samaritanologen wie G. Postel und T. A. degli Albonesi – oder Zeichner diese »samaritanischen« Schriftzeichen gar nicht oder nicht recht lesen konnten. Die Umzeichnungen sind deshalb meist nur approximativ richtig und die nachgezeichneten Buchstaben weisen oft allerlei seltsame Formen auf, hinter denen jedoch meist – und mit Hilfe der Bildmotive der Vorder- und Rückseiten – die ursprünglichen Buchstaben erkannt werden können. Bei J. Strada ist wohl der Höhepunkt der unverstandenen Nachzeichnung der Aufschriften erreicht, wie seine oft nicht mehr lesbaren Aufschriften zeigen (s. Kap. 5.3). Die Aufschriften erwähnen die Prägeherrn (Agrippa I., Schimeʿon) und eine Jahreszählung an (Regierungs- oder Kriegsjahr). Auf den Münzen des 1. Krieges wird zudem »Jerusalem« in seiner Heiligkeit oder »Zion« in seiner Erlösungsbedürftigkeit, auf den Münzen des 2. Krieges jedoch Israel nur in seiner Freiheit angeführt. In chronologischer Abfolge lassen sich die Aufschriften wie folgt zusammenstellen:136 Ȥ Herodes Agrippa I.: Aufschrift Basileôs Agripa, »des Königs Agrippa«, und Datumsangabe: L | [6] = 41/42 n. (Loredan). Ȥ 1. jüdischer Krieg: Je nach Interesse ist die Aufmerksamkeit stärker auf den Gebrauch der althebräischen Schriftzeichen oder auf die Inhalte der Aufschriften gerichtet. An den althebräischen Schriftzeichen sind vor allem G. Postel und T. A. degli Albonesi interessiert, da sie beide die Buchstaben auf den Münzen als Modelle für ihre samaritanischen Fonts beiziehen wollten. A. Blarer und der gelehrte Kreis um H. Bullinger Die bei T. A. degli Albonesi erwähnten Peruṭot werden nicht als hasmonäische Bronzen angeführt und mitgezählt, da diese historische Zuteilung nur eine schwache Vermutung ist (s. Kap. 2).
136
Zusammenfassende Darstellung (zu § X): Christliche Autoren des 16. Jh.
317
erfreuten sich jedoch an den althebräischen Buchstaben, weil sie darin die Sprache Jesu sahen. Dominant sind die Aussagen zur Heiligkeit Jerusalems, wobei die beiden Varianten Jeruschalem qedoschah (1. Jahr) und Jeruschalajim ha-qedoschah (ab 2. Jahr) angeführt und leicht unterschiedlich ins Lateinische oder in die jeweilige Muttersprache übersetzt sind. Häufig ist auch die Wert- oder Gewichtsangabe Scheqel (le-) Jiśraʾel, das mit Pondus/Siclus Israel oder Siclus Israeliticus (Freher) übersetzt wird. Die abgekürzten Jahreszahlen über dem Kelch (1. und 2. Jahr) werden nicht als solche verstanden und deshalb entweder nicht beachtet (Postel, Strada, Arias Montano und Le Pois) oder anders gedeutet. So deutet Th. de Bèze das Alef auf seinem Schekel als simplex und folgert daraus, dass es sich um einen einfachen Schekel mit dem halben Wert eines Heiligtumsschekels, also um einen Halbschekel, handelt. A. Maes liest Schin Mem und deutet es als Sch(elomo) M(elek), Salomo Rex. Da es das Jahr 40 (Mem) in keinem der beiden jüdischen Kriege gab, hatte dabei wohl ein schlecht lesbares Exemplar (am ehesten) aus dem Jahr 2 (Schin Bet) vor sich, da sich die althebräischen Buchstaben Bet und Mem am ähnlichsten sind. Das 4. Kriegsjahr ist einmal mit der voll ausgeschriebenen Angabe Schenat ʾarbʿa und dem Aufruf zur Erlösung Zions (li-geʾullat Ṣjon) auf der Achtelbronze von A. Agustín vorhanden. J. Strada gab keine Übersetzungen seiner althebräischen Buchstabenkrümel auf den Silberschekeln des 1. Jahres, weil er offensichtlich einfach festhielt, was er sah. Ȥ 2. jüdischer Krieg: Vier Bronzemünzen aus dem 2. oder 3. Jahr des 2. jüdischen Krieges lassen sich bei J. Strada anhand der Buchstabenreste und der Bildmotive identifizieren. Zweimal gibt A. Loredan die genauen, aber schwer lesbaren Aufschriften wieder, die das zweite Jahr der Freiheit Israels und den Prägeherrn angeben: Schin Bet | le | cherut Jiśraʾel und Schim | eʿo | n, einmal unter der Dattelpalme und einmal im Innern des Lorbeerkranzes. Bei beiden Autoren sind jedoch keine Übersetzungen und Deutungen vorhanden. 14.2.6 Zu den Interessen (TabÜ III, Sp. 6)
Die Interessengebiete sind recht unterschiedlich: Ein philologisches Interesse liegt bei G. Postel und T. A. degli Albonesi vor, die auf der Suche nach dem richtigen samaritanischen Alphabet waren. H. Bullinger und sein Gelehrtenkreis wähnten sich glücklich, da sie ein Dokument in der Sprache Jesu zu besitzen glaubten. Ein religiöses Interesse bewegte auch diejenigen, welche die Münzen für die neutestamentliche Exegese (Bullinger, de Bèze, Maes, Freher) einsetzten, als allegorische Symbole verstanden (Melanchthon und seine Freunde) oder in eine imaginierte biblisch-jüdische Geldgeschichte einbauten (Berg). Im Unterschied zu allen jüdischen Autoren haben einige christliche Autoren jedoch auch ausgesprochen numismatische Interessen (Strada, Loredan, Arias Montano, Le Pois, Agustín). Bei B. Arias Montano und A. Agustín ist auch eine didaktische Motivation festzustellen, da sie die Numismatik als Teil einer guten theologischen Ausbildung verstanden und empfahlen.
§ XI Die Geschichte der echten jüdischen Münzen anhand aller jüdischen und christlichen Autoren des 4.–16. Jh. – Ein zusammenfassender Blick über die §§ V–X
In Kap. 1 des Tabellarischen Überblicks IV werden alle Beiträge von jüdischen und christlichen Autoren, Besitzern und Beobachtern, die für die Geschichte der jüdischen Numismatik bis 1600 relevant sind, in chronologischer Abfolge zusammengestellt. In Kap. 2 werden die Lebensumstände, Interessen und Werke derjenigen Autoren aufgewiesen, die von realen oder nur literarisch bezeugten jüdischen Geldstücken sprechen oder im weiteren Sinn für die Geschichte der jüdischen Numismatik von Bedeutung sind. Die Kap. 3–6 behandeln nurmehr jene Autoren, bei denen es um reale jüdische Silber- und/oder Bronzemünzen geht. Dabei werden die Formen der Aneignung durch Besitzen, Sehen und Abbilden (Kap. 3), die Bildmotive und deren Deutungen (Kap. 4), die Aufschriften und deren Lesungen (Kap. 5) und die Datierungen, die Metalle und die Stückelungen (Kap. 6) besprochen. 1. Tabellarischer Überblick IV (zu den §§ V–X): Alle Autoren (zu echten jüdischen Münzen), 4.–16. Jh., mit statistischer Auswertung Spalte Inhalt 1. Jahr Erscheinungsjahr(e) der numismatischen Arbeit. 2. Autor Name(n) des Autors; fett = wichtige Personen. 3. § §, in dem der Autor in diesem Buch behandelt wird. 4. Tätigkeit Beruf(e) oder hautpsächliche Tätigkeiten des Autors. 5. Ort Herkunfts- und/oder Aufenthaltsort(e) des Autors. 6. Lit. Gattung Literarische Gefäße mit Aussagen zur jüdischen Numismatik. 7. Beitrag zur Geschichte der jüdischen Numismatik: Nennt den numismatischen Beitrag des Autors, bes. zum Besitzen, Sehen und Abbilden und zu den Bildmotiven und Aufschriften von jüdischen Münzen. Abkürzungen: hasm. = hasmonäisch; herod. = herodisch; 1K = 1. jüdischer Krieg; 2K = 2. jüdischer Krieg; unterstrichen = erstmaliger Sachverhalt. 8. Kürzel Formelhafte Zusammenfassung von Informationen aus Spalte 7. Die voranund hochgestellten Ziffern zählen das Vorkommen der Silberschekel (1–27S), der Halbschekel (1–2½S), der Bronzemünzen (1–16B) und der Abbildungen (1–15A) in chronologischer Abfolge. Abkürzungen: S = Silbermünze/Schekel; B = Bronzemünze, groß (gr), mittel (mi), klein (kl/⅛); A = Abbildung; plur = mehrere (= mindestens zwei); ? = fraglich; unterstrichen = erstmaliges Vorkommen eines Sachverhaltes.
320
D § XI Die Geschichte der echten jüdischen Münzen
Tabellarischer Überblick IV (zu den §§ V–X): Alle Autoren (zu echten jüdischen Münzen) des 4.–16. Jh.
4.–12. Jahrhundert 1. Jahr
2. Autor
3. §
4. Tätigkeit
5. Ort
392
Epiphanius v. Salamis
§ V,2
Bischof, Gelehrter
Eleutheropolis, Zypern
650 ±
Schirakuni, Anania
nach § V,2.2
Mathematiker
Armenien
962 >
Jefet ben Ali
§ VI,1
Karäer, Schriftgelehrter
Basra (Irak), Jerusalem
1020
Haʾʾi Gaʾʾon
§ VI,2
Rabbanit, Gaon
Pumpedita/ Falludscha
1040
Ibn Janach, Jonah
nach § VI,2
Grammatiker
Spanien
1100 ±
Schelomo ben Jiṣṣchaq/ Raschi
nach § VI,2
Kommentator, autoritativer Interpret
Frankreich
§ VI,3
Arzt, Kommentator, Spanien, Fez, Fustat Religionsphilosoph
1168/1180 Mosche ben Maimon/ Maimonides, Rambam
13. Jahrhundert 1. Jahr
2. Autor
3. §
4. Tätigkeit
5. Ort
1200 ±
Ibn Aknin, Josef
nach § VI,3
Poet, Halachist
Spanien
1204 ±
Mosche ben Maimon
§ VI,3
→ 1168/1180
Alle Autoren (zu echten jüdischen Münzen), 4.–16. Jh., mit statistischer Auswertung
6. Literarische Gattung
7. Beitrag zur Geschichte der jüdischen Numismatik
Traktat
Urform eines Bibellexikons mit biblischer Münzkunde und in christologischer Perspektive.
Traktat
Maße und Gewichte der Bibel, der armenischen Silberund Goldmünzen und der spätrömisch-byzantinischen und persischen Gewichte (Imitator von Epiphanius → 392).
Tora-Kommentar
Scheqel ha-qodesch = 29 Danak. ≠ Schekel zu 20 Gera, der »nach dem Stein des Königs« ist = »israelitischer Silber-Dirham = 5 aktuelle Dirham (1K/2K?). Besitz ist nur wahrscheinlich
Mischna-Kommentar
Besitzt erstmals mehrere Schekel Israels mit Aufschriften in Raʿaṣ = Schrift der Kutäer. (1K/2K?)
Grammatik
Einbezug der Realie Geld in sein Wörterbuch und seine grammatikalischen Schriften.
Tora-Kommentar
Definition des Schekels als ½ Unze »nach dem rechten Gewicht von Köln« (= 14,625 Gramm). Keine Anzeichen von Besitz.
Tora-/Mischna-Kommentare
Geschichte des Schekels; Gewicht wie Selaʿ nach mittelgroßen Gerstenkörnern.
6. Literarische Gattung
7. Beitrag zur Geschichte der jüdischen Numismatik
Metrologie
Metrologisch-halachischer »Traktat zu den Maßen und Gewichten«.
Halacha/Responsum 7
Tora des Mose in ʾaschurit; alle »Überreste Israels«, auch der Scheqel ha-qodesch, in ʿivrit. Besitzt nachprüfbar mehrere Schekel des Heiligtums. (1K/2K?)
321
8. Kürzel
S
1 ?
S
2 plu
8. Kürzel
S
3 plur
322 1270 >
D § XI Die Geschichte der echten jüdischen Münzen
Mosche ben Nachman/ Nachmanides, Ramban
§ VI,4
Religionsgelehrter, Kommentator
zitiert Samaritaner
Spanien, Jerusalem, Akko
Akko
14. Jahrhundert 1. Jahr
2. Autor
3. §
4. Tätigkeit
5. Ort
1310 >
Ibn Adret, Schelomo
nach § VI,4
Halachist
Spanien,
1320 >
de Matociis, Giovanni
§ VII,2
Historiker
Verina (I)
1322
Estori ha-Farchi, ben Mosche
§ VI,5
Topograph, Palästinapilger
Frankreich, Spanien, Palästina
1354/55
Petrarca, Francesco
§ VII,2
Humanist, Dichter
Florenz, Frankreich
15. Jahrhundert 1. Jahr
2. Autor
3. §
4. Tätigkeit
5. Ort
1400 ±
Alchadab, Isaak
nach § VI,5
Poet, Astronom
Sizilien
1400 ±
Perfet, Isaak
nach § VI,5
Halachist
Spanien, Algerien
1403
Albo, Josef
nach § VI,5
Religionsphilosoph
Spanien
Alle Autoren (zu echten jüdischen Münzen), 4.–16. Jh., mit statistischer Auswertung
323
Tora-Kommentar
Sieht bei den »Alten« in Akko einen Silberschekel (1K) und erstmals einen Halbschekel (1K), aus »der Zeit Salomos«. Bildmotive erstmals gedeutet als »wie ein Stab/Stecken des Mandelbaums (maqqel schaqed)« und »wie ein ṣelochit«-Gefäß. Gewicht/Wert: 10 ʾAsṭralinasch (‚Sterlinge’?) = ½ Unze der regulären Kölner Mark des Raschi (→ 1100 ±). Samaritaner deuten erstmals als Stab/Zweig (maṭṭeh) des Aaron mit Mandeln und Blüten und ṣinṣenet-Gefäß. Lesen die Aufschriften: Scheqel ha-scheqalim (korrigiert bei Arias Montano → 1562/63, und ʿAsarja → 1575) und Jeruschalajim ha-qedoschah.
4
6. Literarische Gattung
7. Beitrag zur Geschichte der jüdischen Numismatik
8. Kürzel
Responsa
Metrologisch-halachische Texte.
Geschichtswerk
Beginn der historischen Auswertung der Münzen; illus triert die römischen Kaiser mit 72 Münzporträts
Metrologie, Realienkunde
Besitzt einen »Dinar von einer Münze des Schekels des Heiligtums« (dinar mi-maṭbeʿa scheqel ha-qodesch) (1K) in »laienhafter« Schrift der Kutäer (= Samaritaner). Bildmotive gedeutet als Mandelbaum (schaqed) mit 3 Mandelblüten/erstmals erstmals als eine machtah, »Feuer becken«. Gewicht: 4½ Dirham + ein Kiraṭ = ca. 1 Selaʿ der Tora.
Brief
Beginn der kritisch-historischen Numismatik; belebt den Imitatio-Gedanken; Münzgeschenk an Kaiser Karl IV.
6. Literarische Gattung
7. Beitrag zur Geschichte der jüdischen Numismatik
Metrologie
Metrologisch-realienkundlicher Text.
Responsa
Metrologisch-halachische Texte.
Responsa
Metrologisch-halachische Texte.
Traktat
Die unterschiedlichen Alphabete entsprechen den Veränderungen der Schriften; zitiert Mosche ben Nachman (→ 1270 >).
S ½S
5
S
8. Kürzel
324
D § XI Die Geschichte der echten jüdischen Münzen
16. Jahrhundert Erstes und Zweites Jahrzehnt 1. Jahr
2. Autor
3. §
4. Tätigkeit
5. Ort
1510 >
Obadja de Bertinoro
§ VIII,1
Rabbi, Pilger
Italien, Jerusalem, Hebron
1514
Budé, Guillaume De Asse et partibus eius [Kurzformen
§ IX,2.a
Königlicher Sekretär
Paris
1517
Fulvio, Andrea Illustrium Imagines
§ IX,3
Antiquarius, Poet, Lehrer
Rom
1517
Hugensz van Leyden, Lucas
in § XIII,2.14
Kupferstecher
s. § IX,2.b–e]
Drittes Jahrzehnt 1. Jahr
2. Autor
3. §
4. Tätigkeit
5. Ort
1522
Budé, G., Summaire
§ IX,2.b
→ 1514
Paris
1523
de Balmes ben Meir, Abraham
§ VIII,2
Arzt, Professor, Grammatiker
Italien, Padua
1523
) ist dann immer wieder von Silberschekeln und zweimal von Halbschekeln die Rede, ohne dass die zahlreichen und evidenten Zeugnisse hier wiederholt werden müssten. Um eine Silbermünze handelt es sich wohl auch bei Estori ha-Farchi (1322), wenn er von einem »Dinar von einer Münze des Schekels des Heiligtums« (dinar mi-maṭbeʿa scheqel ha-qodesch) spricht. Wenn Obadja de Bertinoro (1510 >) Silbermünzen »aus der Zeit der Könige« und mit der althebräischen Aufschrift (ketav ʿivri) der Kutäer (= Samaritaner) erwähnt, kann es sich eigentlich auch nur um Silberschekel handeln. Al-Aschqar (1530 ±) besaß eine Menge silberner Schekel und Halbschekel und G. Postel (1538; 1552) sah mehrere »silberne Münzen« bei den Juden Palästinas. Die Unterscheidung von drei Schekelarten, dem gewöhnlichen, dem königlichen und dem heiligen Schekel, wird bei einigen Autoren zwar behauptet, ist in der monetären Realität jedoch nicht anzutreffen. Ȥ Bronze: Insgesamt sind mindestens 22 Bronzemünzen belegt, wenn mit »mehreren« (plur) wiederum mindestens 2 gezählt werden (s. Kap. 1, Auswertung). Al-Aschqar (1530 ±) erwähnt in seinem Besitz »Peruṭot aus Bronze«, kurz darauf sah T. A. degli Albonesi (1538) in Rom Bronzemünzen mit althebräischen Aufschriften, wobei stets unklar ist, ob hasmonäische Bronzen oder solche aus den beiden jüdischen Kriegen gemeint sind. G. Postel (1552) sah in Jerusalem »bronzene und viele gewöhnliche Münzen«, wobei die Abgrenzung zu nicht-jüdischen Münzen unscharf bleiben muss. Bei J. Strada (1555 ) und des Kelches als Rauchgefäß (seit Estori ha-Farchi, 1322), die das Interesse von Ph. Melanchthon an den echten Schekeln weckte, war natürlich die gleiche bei den Schekel-Imitaten, da diese ja getreue Abbilder der echten Schekel waren. AaronStab/Zweig und Rauchgefäß deuteten zuerst einmal auf »die rechten Aufgaben der Priester« und »die Gebete« hin, sind aber allegorisch auf den ewigen und alles überbietenden Hohepriester Jesus Christus hin angelegt, wie die von Ph. Melanchthon gedichteten und öfters beigelegten Epigramme De Siclo und De Veteri Nomismate Gentis Iudaicae (und deren deutsche Übersetzung) bezeugen (§ X,4.2). Ȥ Die althebräischen Aufschriften: Die Verweise auf den echten Schekel von Regensburg (Brief a) und auf die Zeichnung (pictura) des echten Silberschekels mit samaritanischen Buchstaben bei G. Postel (Abb. 5) machen die Annahme unausweichlich, dass auch die Schekel-Imitate althebräische Aufschriften trugen. Ph. Melanchthon bestand Das goldene Imitat (1IGold im TabÜ V) kommt nur im Briefwechsel von A. Blarer und H. Bullinger und in dessen Matthäus-Kommentar vor und wurde in Kap. 1.1–2 behandelt und in Kap. 1.3 historisch ausgewertet.
23
388
E § XII Die Schekel-Imitate
mehrfach auf der exakten, wenn auch schwierigen Nachbildung der althebräischen Buchstaben, wobei ihn die Inhalte der Aufschriften nicht interessierten. Ȥ Besitzer von Schekel-Imitaten waren neben Ph. Melanchthon und Johannes Mathesius auch Erhard Schnepf in Jena und Johannes Goldschmied in Rostock. Es ist anzunehmen, dass die Personen, die zu ihrem gelehrten Umfeld gehörten, davon auch Kenntnis hatten. Ȥ Absicht: Ph. Melanchthons Schekel-Imitate waren keinesfalls als Fälschungen intendiert. Auch wenn er durchaus Wert auf eine originalgetreue Abbildung legte und manchmal einfach von nomismata oder sicli sprach, war er sich bewusst, dass es similes oder imitati waren. Dies teilte er auch denen klar mit, die mit Schekel-Imitaten beschenkt wurden. Es ging Ph. Melanchthon stets darum, seinen reformatorischen Freunden die spirituelle Botschaft der Bildmotive auf den alten jüdischen Schekeln aus der Zeit Jesu, wie er annahm, nahezubringen. Das konnte er in den Schekel-Imitaten materialisieren und mit den Epigrammen ausführlich erklären. Eine lukrative Absicht war grundsätzlich nicht vorhanden. 2.2.3 Die Schekel-Imitate: Verloren, aber wichtig
Kein einziges Schekel-Imitat ist erhalten. Dass wir uns mit den literarischen Bezeugungen zufrieden geben müssen, kann aber keineswegs bedeuten, dass es keine Schekel-Imitate gegeben hat. Sowohl bei A. Blarer wie bei Ph. Melanchthon liegen eindeutige Zeugnisse dafür vor. Es ist das Verdienst von H. Maué, diese »ersten Schekel-Nachprägungen« als eine für die jüdische Numismatik interessante Nebenform aus den Texten eruiert und damit auf einen bis jetzt nicht erforschten Aspekt der Geschichte der jüdischen Numismatik hingewiesen zu haben. Als Imitate sind diese Münzen jedoch kaum von den echten Schekeln zu unterscheiden, da sie deren mehr oder weniger gelungene Ebenbilder sind. Es gibt zudem »keine direkte Verbindung zu den seit dem ausgehenden 16. Jh. massenhaft hergestellten Schekel- Medaillen, die auch als Wallfahrtsmedaillen anzusprechen sind, eine Verwendung, die den Intentionen der reformatorischen Initiatoren diametral entgegen laufen musste.«24
Maué, Antike Themen auf erzgebirgischen Medaillen (2000), 1419.
24
Zusammenfassender Überblick (§ XII): Schekel-Imitate im 16. Jh.
389
3. Zusammenfassender Überblick (§ XII): Schekel-Imitate im 16. Jh. 3.1 Tabellarischer Überblick V (zu § XII): Schekel-Imitate im 16. Jh.
Der TabÜ V stellt die wesentlichen Informationen zu den beiden im § XII erwähnten Autoren A. Blarer und Ph. Melanchthon in sieben Sachgruppen (Spalten 1–7) dar und fasst sie in einem Kürzel (Spalte 8) zusammen. Spalte Inhalt 1. Jahr Zeitpunkt des Erscheinens der numismatischen Arbeit. 2. Autor Namen des Autors/der Autoren. 3. § §, in dem in diesem Buch der Autor behandelt wird. 4. Tätigkeit Beruf oder die hauptsächlichen Tätigkeiten des Autors. 5. Ort Herkunfts- und/oder Aufenthaltsort(e) des Autors. 6. Lit. Gattung Literarische Gattung der Aussagen zur jüdischen Numismatik. 7. Beitrag zur Geschichte der jüdischen Numismatik 8. Kürzel Eine formelhafte Zusammenfassung der Informationen von Spalte 7 zu den Schekel-Imitaten, deren Material und Vorkommen. Abkürzungen: I = Schekel-Imitat; plur = mehrere (= mindestens 2). Voran- und hochgestellte Ziffern bezeichnen das Vorkommen der Schekel- Imitate in chronologischer Abfolge; unterstrichen = erstmaliges Vorkommen eines Sachverhaltes.
390
E § XII Die Schekel-Imitate
Tabellarischer Überblick V (zu § XII): Schekel-Imitate im 16. Jh. 1. Jahr
2. Autor
1541 1542
Blarer Ambros § XII,1 Bullinger Heinrich Bibliander Theodor
1552/53 Melanchthon Philipp
(Eber P.) Schnepf E. Goldschmied J.
3. §
§ XII,2
4. Tätigkeit
5. Ort
Reformatoren, Humanisten
Süddeutschland, Zürich
Reformator, Humanist
Deutschland
(Wittenberg) Jena Rostock
391
Zusammenfassender Überblick (§ XII): Schekel-Imitate im 16. Jh.
6. Literarische Gattung
7. Beitrag zur Geschichte der jüdischen Numismatik
8. Kürzel
Briefe Kommentar Matthäus-Ev.
Lässt von einem (eigenen?) Silberschekel erstmals ein goldenes Schekel-Imitat herstellen, das H. Bullinger für einen echten Schekel »aus Italien« hält. Bildmotive: Stab/Zweig Aarons und Manna-Urne. Aufschriften: Jerusalem Sancta/Sekel sive Siclus Israel. Gewicht: 1 Unze = 8 Berner Ursi; 20 Zürcher Solidi.
Briefe (d–n)
Initiator der Herstellung von Schekel-Imitaten: Erstmals gute 2 plur silberne Exemplare aus Nürnberg, dann zwei plumpe Probe I 3–4 stücke aus Sankt Joachimsthal. I Bietet davon eines (erfolglos) Paul Eber an, schenkt dieses dann Erhard Schnepf (3I) und das andere Johannes Aurifaber. (4I) Bestellt, bekommt und bezahlt 13 zufriedenstellende Exemplare 5–17 aus Sankt Joachimsthal. I Bildmotive: Stab/Zweig Aarons und Manna-Urne. Deutung auf die Pflichten der Priester und die Gebete und als Allegorie auf den Hohepriester Christus.
I
1 Gold
392
E § XII Die Schekel-Imitate
3.2 Auswertung: Vorkommen und Stückzahl von Schekel-Imitaten im 16. Jh.
Aus dem TabÜ V zu den Schekel-Imitaten ergeben sich folgende Vorkommen und Stückzahlen: Imitate
Vorkommen
Stückzahl
I (1-mal in Gold)
16 (1.3–17)
16
Iplur
1 (2)
2 (mind.)
Total
17
18 (mind.)
Das einzige Schekel-Imitat aus Gold (1IGold) ist im Briefwechsel zwischen A. Blarer und H. Bullinger bezeugt. Unter dem Einfluss von Ph. Melanchthon wurde in Nürnberg eine unbestimmbare Anzahl von guten Schekel-Imitaten hergestellt (2Iplur), was mit mindestens 2 Exemplaren verrechnet wird (aber sicher zu wenig ist). Aus Sankt Joachimsthal sind zuerst zwei von minderer Qualität (3–4I), dann 13 von zufriedenstellender Qualität (5–17I) bezeugt. Kein einziges Exemplar und keine Abbildungen sind bis heute nachweisbar vorhanden oder erkennbar. Der Befund ruht ausschließlich auf literarischen Bezeugungen.
§ XIII Die Schekel-Medaillen – Religiös motivierte Umgestaltungen der jüdischen Schekel für den christlichen und jüdischen Gebrauch
Als zweite Nebenform werden hier die Schekel-Medaillen besprochen, welche Umgestaltungen des althebräischen Alphabets und der Bildmotive der echten jüdischen Schekel darstellen und sich dadurch klar von den christlichen Schekel-Imitaten unterscheiden (§ XII). Gar nicht verwandt sind sie mit den biblisch-jüdischen Phantasie-Münzen, deren Bildmotive und Aufschriften ganz anders sind (s. § XIV). Da jedoch Schekel-Medaillen und Phantasie-Münzen – vor allem in der älteren Literatur – oft nicht unterschieden werden, können Doppelungen nur mit einer beiden gemeinsamen Forschungsgeschichte (Kap. 1) vermieden werden. 1. Die Forschungsgeschichte der Schekel-Medaillen (und der Phantasie-Münzen) seit 1900 Werkchronologische Liste der Autoren * bezeichnet Autoren, die in der folgenden Forschungsgeschichte in einem eigenen Kapitel behandelt werden.
1754
Joachim, Unterricht von dem Müntzwesen, 21–31: Zweites Hauptstück. Von den jüdischen Müntzen.
1859
Queipo, Essai sur les systèmes métriques et monétaire, 104–105 (§ 56) (Sicles apocryphes).
1862
Levy, Geschichte der jüdischen Münzen, 159–163: Anhang II. Unächte jüdische Münzen.
1868
Anonymus, englisch, Fictitious Hebrew Coins and Medals, 41–43.
1870/1973
Jennings, One of the Thirty.°
1875
F[owler]/Phillimore/W. H., Coin Impressions in Bells, (102). 473.
1879
Dannenberg, Ein altes Münzcabinet [Miscelle], 139–141.
1881
Ellacombe, The Church Bells of Gloucestershire, 62.
1884
Walter, Jewish Coins and Medals, 83–84. Walter, Medals of the Modern Israelites, 43–44.
1888
Butler, Judas and his Shekels, 364–365.
1890
R. S., Early Medals of the Saviour, 44.
1891
Dannenberg, Grundzüge der Münzkunde.
394
E § XIII Die Schekel-Medaillen
1892
Conder, A Curious Coin, 168–169; 1 Fig. Schwab, Médailles et amulettes à légendes hébraïques, 241–258; 3 Fig. (37 Exem plare).
1897
Anonymus English, Counterfeit »Shekels«, 53–54.
1899
Wolf, Fragekasten, 2. Jüdische Medaillen, 147–148.
1901
Feis, Le monete del prezzo di Giuda.
1902
*Hill, Fake Shekels, 233–242 (zit. nach dem Nachdruck 1920).
1903
Messerschmidt, Fälschung?, Sp. 238–241, Abb. auf Sp. 239–240. Dannenberg, Die jüdischen Münzen [Bericht], 201–202.
1904
Wolf, Die Hamburger auf oder von Juden geprägten Medaillen, 51–62.; 11 Pl.
1905 *
Hill, The Thirty Pieces of Silver, 235–254; 7 Fig. (zit. nach dem Nachdruck 1920).
1909
Pilcher, An Ancient Counterfeit Coin, 154–155.
1910
von Bahrfeldt, Falsche jüdische Schekel, Sp. 4528–4529.
1911
Anonymus deutsch, Erdichteter jüdischer Schekel, Sp. 4711; 1 Abb. Ebner, Jüdische Schekel, Sp. 4660–4661. Regling, Katalog der Sammlung des Freiherrn Albert von Lanna, 55, Nr. 678, Taf. 36. Walters, The Gloucestershire Bell-Foundries, 119.
1913
Raffaeli, Maṭbeʿot ha-Jehudim, Waf–Chet; Taf. ʾAlef–Bet, Abb. ʾAlef –Dalet (hebr.).
1919
Allote de la Fuÿe, L’iconographie de Moïse, 169–186; 1 Pl.
1920
Buchenau, Grundriss der Münzkunde II, 15–16, Abb. 3: Judäa; 115: Fälschungen.
1920 *
Hill, The Medallic Portraits of Christ. The False Shekels. The Thirty Pieces of Silver (überarbeitete Version von 1902 und Nachdruck von 1905).
1923
Striebe, Der jüdische Schekel.
1928
Katz, Art.: Šekel, 169–171; 2 Abb.
1928 *
Narkiss, Maṭbeʿot ʿivriot dimjoniot, 103–115; inkl. 1 Pl. (hebr.).
1931
Katz, Die erzgebirgische Prägemedaille des XVI. Jahrhunderts.
1936 *
Narkiss, Maṭbeʿot Ereṣ Jisraʾel I, 86–89 (Beschreibung). 148–149 (Katalog); Pl. 10, 1–6 (Maṭbeʿot dimjoniot).
1937
Stern, Aus dem Berliner Jüdischen Museum, 6–10.
1941 *
Kisch, Shekel Medals and False Shekels.
1942
Kisch, The Engraver of the First Shekel Medals, 71–73.
1945
Kisch, Judaica in Nummis, 135–158; 5 Taf. Stack, A History of Counterfeiting, Part IV, 26. Stein, An Unpublished Imitation, 14–16; Pl. III.
1947
Doblinger, Zur Pflege der Numismatik in Oberösterreich, 257–288.
1952
Grierson, The Thirty Pieces of Silver, 422.
1959
Berghaus, Zu den Görlitzer Schekeln, 199–203; Pl. 8–10; Ill.
1961
Yeoman, Moneys of the Bible, 25–26.
Die Forschungsgeschichte der Schekel-Medaillen seit 1900
395
1963
Feuchtwanger, Jewish Medals, 2–7; 1 Ill; Pl. I, 1–7; Pl. II, 1–9.
1968
Reiner, Thirty Pieces of Silver, 186–190. Rosen, Münzen aus biblischer Zeit.
1972 *
Lapa, Jewish Shekel Tokens [Exkurs VI].
1976
Zakrzewska-Kleczkowska, Brakteaty z napisami hebrajskimi.
1977
Wacks, Bibliophile Corner: Shekel Medals and False Shekel.
1978
Kisch, Purpose and Use of the Shekel Medals, 57b–58 (= Auszug aus 1941, 80–84).
1979
Feuchtwanger, Jewish Medals, 23–30; 2 Pl. Wacks, Mark Pennies of Free Masonry, 97–98a; 2 Ill.
1981
Klagsbald, Catalogue raisonné, 54–57, Nr. 59–63: Médailles.
1996
Meshorer, Jerusalem in Coins and Medallions, 53–56; 14 fig.
1997
Maué, Antike Themen auf erzgebirgischen Medaillen (Entdeckung der SchekelImitate).
1999
Cunnally, Images of the Illustrious, 44–46, Fig 17; 113–114, Fig. 55; 140, Fig 68.
2000 *
Tameanko, False Shekels, 3–10; 7 Ill.
2004
Cunnally, Blunders, Hoaxes and Lost Masterpieces, 225–259; 27 Fig. Maué, Antike und vermeintlich antike Quellen, 345–348; Abb. 1–2.
2005
Hendin, Not Kosher, 56–57: »False Shekels«, F1,1–6; 58–64: Imaginary Fantasies, F2–F15.
2006
Meshorer, The Third Side of the Coin, 190 S.; Ill.
2006 *
Rezak, Genuine Imitations, 152–169; fig. A–F, fig. 1–18.
2009 *
Gitler, The Thirty Pieces of Silver, 63–78; 13 fig. Pusso Peus Nachf., Auktion 399, 135, Nr. 1083–1085.
2012
Bartels/Slotta, Der alteuropäische Bergbau. Rezak, A Jewish Pseudo-Coin of Yehoshua Bin Nun, Ephrati, 181–190; fig. 1–5.
2013
Chiai, Die Münzporträts in der antiquarischen Forschung, 5–39; 24 Abb. Chiai, Imagines verae?, 219–236; 22 Abb. Peter, Testimonianza Vera, 159–177; 27 Abb. Rezak, The Matter of Faith, 51–58; 15 fig.
2015 *
Schier, Yerushalayim ha-Kedoschah, 205–224; 21 Abb.; 2 Taf.
2019
Rezak, Engaging Mystery, 191–202; 10 Fig. Sferrazza Agostino, Les deniers de Judas.
Nicht aufgenommen sind die beiden sehr problematischen Münzen der jüdischen Kolonie der Zamariden in Bathyra (Ostjordanland)1 und die von jüdischen Prägemeistern in Polen produzierten hebräischen Brakteaten,2 sowie das Sondergeld isolierter jüdischer Gruppen. Viele weitere Beiträge, die für ein breiteres Publikum gedacht, zum Teil sehr entlegen publiziert und für die Forschung wenig relevant sind, finden sich im Internet unter Jewish Coins and Medals. de Saulcy, Monnaies des Zamarides (1871), 157–161; Ill. Boné, Hebrew Inscriptions (1962), 88–97; Pl. II,1–43; vgl. schon Dannenberg, Grundzüge der jüdischen Münzkunde (1891 [= 1899 = 2012]), 187; Taf. VII, Abb. 81a (s. § XIV,2.3).
1
2
396
E § XIII Die Schekel-Medaillen
Die vollständigen bibliografischen Angaben befinden sich in § XVI,1 (alphabetisches Literaturverzeichnis).
Die folgende Forschungsgeschichte (Kap. 1.1–7) ist nach den in dieser werkchronologischen Liste mit * bezeichneten Autoren der letzten 100 Jahre von G. F. Hill (1902) bis zu L.-G. Schier (2015) gestaltet, welche die wissenschaftliche Erforschung der SchekelMedaillen und Phantasie-Münzen wesentlich geprägt haben. Dabei werden die Ansichten dieser Autoren, wie es sich für eine Forschungsgeschichte gehört, tale quale dargestellt. Sie sind jedoch jeweils mit einer »kritischen Würdigung« versehen, welche die wesentlichen Punkte erwähnt, in denen die eigene Arbeit an den Originaltexten oder -objekten (s. Kap. 2) von den Meinungen dieser Autoren abweicht. 1.1 George Francis Hill (1867–1948) – Die erste Forschungsgeschichte zur Schekel-Medaille (1902; 1920)
Grundlegend zu den Schekel-Medaillen ist die Abhandlung von G. F. Hill, dem ehemaligen Kurator der Münzabteilung, Direktor und Oberbibliothekar des Britischen Museums, zu den Fake Shekels (Oxford 1902), wovon er 1920 eine überarbeitete Version unter dem gleichbedeutenden Titel False Shekels vorgelegt hat.3 Mit ihm beginnt die wissenschaftlich zu nennende Auseinandersetzung mit den Schekel-Medaillen und Phantasie-Münzen, auch wenn dazu in den beiden voran gehenden Jahrhunderten schon einige Einzelbeiträge erschienen sind. 1.1.1 Die »Weihrauchfass-Stücke« (censer pieces)
Anschließend an die Beschreibung der echten Schekel mit den Bildmotiven des Kelches und des Granatapfelzweiges, die für G. F. Hill wegen der Funde von Josef Germer-Durand bei den Ausgrabungen der Kirche St. Peter (beim Hahnenschrei) am Ostabhang des Sionsberges4 definitiv und richtig in die Zeit des 1. jüdischen Krieges gehören, und nach der verurteilenden Erwähnung der Fälschungen (forgeries), wie sie der Hofrat Carl Wilhelm Becker von Offenbach (1771–1830) zur Täuschung der Sammler und Käufer hergestellt hat (s. Exkurs VII), beschreibt G. F. Hill die Schekel-Medaillen (vgl. Abb. 22) wie folgt: Stücke, allgemein grob gegossen in mehr oder weniger ärmlichem Silber … Die Aufschriften sind die gleichen wie diejenigen, die wir auf den echten Münzen finden, außer dass sie in modern hebräischer Quadratschrift sind und dass kein Datum gegeben ist. Die Bildmotive (types) sind annähernd wie auf den echten Münzen; aber anstelle einer Lilie mit drei Blüten haben wir einen Ast mit vielen Blättern; und der Kelch ist durch einen Gegenstand ersetzt, der nach dem Rauch, der von ihm aufsteigt, offensichtlich als ein Gefäß voller Weihrauch verstanden wird (S. 82).
Hill, The False Shekels (1920), 77–90; Fig. 54–62 (in Kap. 1.1 verweisen Seitenzahlen stets auf diese Publikation). 4 Germer-Durand, La maison de Caïphe (1914), 234, Fig. 14; vgl. Küchler, Jerusalem (2007), 652–655; Küchler, Jerusalem (2014), 449–450. 3
Die Forschungsgeschichte der Schekel-Medaillen seit 1900 / G. F. Hill (1902; 1920)
397
Wegen des Aussehens des Kelches wie »ein Gefäss voller Weihrauch«, gibt er den SchekelMedaillen den seither weit verbreiteten Namen »Weihrauchfass-Stücke« (censer pieces), bemerkt jedoch sofort, dass nach seinem Wissen in jener Zeit weder in einem jüdischen noch in einem christlichen Ritual ein ähnliches, kelchförmiges Gefäß ohne Deckel und ohne Ketten als Weihrauchgefäß im Gebrauch war. Tatsächlich sind archäologisch keine solchen antiken Weihrauchgefäße gefunden worden. Dies könnte mit ein Grund sein, warum schon G. Postel (1538) den Kelch als kleinen Räucheraltar verstanden hat (§ X,1; Abb. 5), wie man ihn seit je aus der Antike kannte.
Abb. 22: George Francis Hill (1920), Schekel-Medaille (»censer piece«) aus dem Britischen Museum. Vorderseite: Kelch mit Rauchgewusel aus rundum sichtbarer Schalenöffnung, runder Knauf und massiver glockenartiger Sockel mit rundem Fuß; Rückseite: Belaubter Zweig als blühender Stab/Zweig Aarons mit dem typischen Einzelblatt links unten am Hauptzweig (= Kisch, Typ B). Umschriften in hebräischer Quadratschrift scheqel Jiśraʾel (5 Uhr) und Jeruschalajim ha-qedoschah (11 Uhr; typisch für die Schekel-Medaillen). [= Abb. 23,1; vgl. Abb. 39]
1.1.2 Die erste Geschichte der Erforschung der censer pieces von 1920 bis 1465
G. F. Hill gibt keinen systematischen Katalog der ihm zur Verfügung stehenden Medaillen. Sein Beitrag besteht vielmehr darin, erstmals die Geschichte der Erforschung der censer pieces von seiner Gegenwart in London (1920) zeitlich absteigend bis zum (vermeintlichen) Anfang bei Georg Emerich in Görlitz (1465) darzustellen (S. 82–87).5
5 Die vollen bibliographischen Angaben finden sich im alphabetischen Literaturverzeichnis von § XVI,1. Bei Autoren des 15. und 16. Jh. wird hier stets und bei einigen Autoren des 17. Jh. auf die §§ dieses Buches verwiesen.
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E § XIII Die Schekel-Medaillen
a. 20.–18. Jahrhundert 1920/ 1902
Hill George Francis sah ein »schrecklich schlecht gegossenes Faksimile«, das bis in seine Zeit in London unter dem Titel Cast-Iron Model of Jewish Shekel verkauft und als »Faksimile eines genuinen Schekels, … geprägt von Simon Makkabäus, der 172– 142 v. König der Juden war«, angepriesen wurde. Als Prägejahr wird 170 v. angegeben. Die Aufschriften werden mit »Schekel Israels« und »Befreier (liberator) Jerusalems« wiedergegeben, die Bildmotive als Manna-Gefäß und blühender Stab/Zweig Aarons beschrieben. Ein Hinweis suggeriert, das Judas für 30 Silberlinge dieser Art Jesus verraten habe. False Shekels (1920), 82–83.
1873
Jennings Hargrave habe in seinem »absurden Buch One of the Thirty«° einen Schekel aus dem 1. Jahr des 1. jüdischen Krieges wahrscheinlich von B. Arias Montano (§ X,7) übernommen und als Vorbild für seine plumpe Wiedergabe sowohl der Aufschrift wie des Bildmotivs gebraucht.
1862
Levy Moritz Abraham beklagt die Beckersche Fälschung eines Schekels aus dem 2. Jahr, bespricht einige Phantasie-Münzen und sieht in den Schekel-Medaillen die häufigste Fälschung. Geschichte der jüdischen Münzen (1862), 160–163.
1859
Evans John warnt vor falschen jüdischen Schekeln in London, die als Judaslohn angepriesen würden. Rez.: de Saulcy, Recherches (1859), 8–9, n. 2.
1810
Lyon Solomon fand in Ruinen in der Nähe von Huntingdon eine Schekel-Medaille, die den Rauchkelch und einen beblätterten Baum und zahlreiche andere Bild motive aufweist (und seitdem »Lyons-Schekel« genannt wird).6 G. F. Hill gibt davon eine Abbildung aus der Bibliothèque de France, wo sich zwei solche Stücke befinden (S. 88–90; Fig. 62). Explanation of and Observations (1810), 23 S.; 1 Pl. [Frontispiez]).
1754
Frölich Erasmus warnt vor vielfachen »modernen Hebräischen Münzen«, die er für Fälschungen hält. Annales Compendiarii Regum (1744), 92 (Prolegomena); Pl. XIX, no. V.
b. 17. Jahrhundert 1671
Berliner Nikolai-Kirche: Depot einer Schekel-Medaille im »abgenommenen Turmknopf« der Nicolai-Kirche. Dannenberg, Ein altes Münzcabinet (1879), 139–141.
1663
Leusden Johan illustriert einen Schekel mit einer Schekel-Medaille (1), einer »jüdisch-christlichen« Jeschu-Phantasie-Münze (2) und einer David/Salomo- Phantasie-Münze mit dem Turm von Jerusalem (3). (Hill zitiert jedoch die 4. Aufl. 1739, 207.) (§ XV, Ausblick)
Erstmals erwähnt bei Hottinger, Cippi Hebraici (1662; 2. Ausg.), 122; Tab. VI, Nr. 1 (§ XV, Chronol. Bibliographie, zum Jahr 1659); siehe auch: Levy, Jüdische Münzen (1862), 163 (nur Text); Narkiss, Maṭbeʿot ʿivriot dimjoniot (1928), 109, Nr. 16; Kisch, Shekel Medals (1941), 92–93: »Lyon’s Fanciful Shekel«, mit Pl. XI; Rezak, Genuine Imitations (2006), 168, Nr. 18. 6
Die Forschungsgeschichte der Schekel-Medaillen seit 1900 / G. F. Hill (1902; 1920)
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1655
Walton Brian übernimmt die Silber- und Bronze-Schekel-Medaille von J. Morin (→ 1631). (§ XV, Ausblick)
1650
Schekel-Medaillen mit den Porträts der Kaiser Ferdinand I. (reg. 1558–1564) und Maximilian II. (reg. 1564–1576): Auf zwei Kaisermedaillen der beiden Kaiser ist auf der Vorderseite je ein Brustbild mit der Umschrift nach Mk 12,17: Date Caesari quae sunt Caesaris Fer., »Gebt dem Kaiser (die Dinge), die des Kaisers Ferdinand sind!«, bzw. »die des Kaisers Maximilian sind«. Auf beiden Rückseiten lautet der Text Date Deo quae sunt Dei, »Gebt Gott (die Dinge), die Gottes sind!« mit dem Bildmotiv eines Kelches, aus dem drei Rauchsäulen emporsteigen. Das flankierende Wort Ora | tio, »Gebet«, gibt die damalige Deutung der Rauchsäulen als das Aufsteigen der Gebete an. (§ XIII,2.3)
1552
Melanchthon Philipp, Brief an Fürst Georg III. Da nach G. F. Hill Ph. Melanchthon im Kelch nicht wie üblich ein Manna-Gefäß, sondern ein Weihrauch-Gefäß gesehen habe, müsse er ein censer piece vor Augen gehabt haben. Obwohl Ph. Melanchthon auf G. Postels Exemplar mit althebräischen Buchstaben hinweist, bezeuge sein Brief, dass ein censer shekel schon im Jahr 1552 existiert habe. (§ X,4.2 und XII,2)
1533 ) weisen drei gekringelte Rauchsäulen (Abb. 32) auf und der Grabschmuck von Georg I. (1589) hat vier geschlängelte Rauchsäulen (Abb. 41). Wenn man die Rauchsäulen als Vergleichspunkt nimmt, so entspricht die fast zeitgleiche Schekel-Medaille an der Möllner Königskette von H. Oldelant (1586) mit einem ähnlichen Rauchgewusel (Abb. 40) am besten dem Meysel-Schekel.
Gute Abbildung bei Peus, Schlesische Wallfahrtsmedaillen (1977), Nr. 23; Tameanko, False Shekels (2000), 2 (mit Abb.), liest das gleiche Datum, jedoch »in pseudo-Hebrew numbers«, wohl weil die ersten beiden Ziffern 1 und 5 etwas verdreht aussehen. 105 Berg, Ein kurtzer Extract der Müntzsorten (1596), 3–4. 106 Kisch, Shekel Medals (1941), 86–88. 96 (Typ A). 107 Villalpando, Apparatus Urbis III, 21. Kap., 4. Disputation (1604), 380, untere Abb. (s. § XV, Chronologische Bibliographie, Ausblick, zum Jahr 1604). 108 Nach Schier, Yerushalayim ha-Kedoshah (2015), 211, liegt der Ursprung des Meysel-Schekels bei Zacharias Kempf (gest. nach 1606), der dazu zwei Miniaturmedaillen seines Schwiegervaters Nickel Milicz als Vorlagen genommen habe; vgl. Katz, Die erzgebirgische Prägemedaille (1931), Nr. 335 und 338. 104
Schekel-Medaillen bei Autoren des 16. Jh. / H. O ldelant (1586)
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2.10 Hans Oldelant (um 1580) – Eine Schekel-Medaille an der Königskette der Möllner Schützengilde (1586)
Bruno Dorfmann hat ein bis dahin versteckt vorhandenes Exemplar einer Schekel-Medaille bekannt gemacht, das mit 26 Münzen, 3 Schaumünzen und 14 weiteren Medaillen an einer 1880 Gramm schweren Kette angelötet war.109 Von 1575 bis 1687 haben die jeweiligen Schützenkönige der Schützengilde der Stadt Mölln (Kreis Herzogtum Lauenburg im Südosten von Schleswig-Holstein) ein Silberstück an der so genannten »Königskette« befestigt, die sie bei sich behalten konnten, solange sie nicht als Schützenkönig entthront wurden. Für das Jahr 1586 ist nun eine Schekel-Medaille belegt, die von Hans Oldelant, einem lübischen Vogt aus der nordwestlich benachbarten Gemeinde Ritzerau (im Amt Sandesneben-Nusse) gestiftet wurde (Abb. 40). Das Silberstück war gegossen, wog 14,3 Gramm und hatte einen Durchmesser von 37 mm. Die Vorderseite entspricht dem Kisch Typ B mit einer Schale, aus deren klar ersichtlichen Öffnung ein Gewusel von Rauchschwaden entsteigt, einem hoch angesetzten Knauf und einem konischen Sockel. Auf der Rückseite ist ein recht wuchtiger Zweig mit sechs beblätterten Nebenzweigen abgebildet, der sonst noch nirgends genau gleich nachgewiesen ist. Die in recht groben hebräischen Lettern gehaltenen Aufschriften sind wie üblich: scheqel Jiśraʾel (4 Uhr) und Jeruschalajim ha-qedoschah (11 Uhr). Auf dem abgeplatteten, breiten Rand der Vorderseite ist schwer lesbar (ab 7 Uhr) nachträglich eingeprägt: O+L+D+E+L+A+N+T+ [Lötstelle] +TT +A+N. Zwischen zwei abgrenzenden Zeichen steht unten das Datum: 1586.
Abb. 40: Hans Oldelant (1586), Schekel-Medaille an der Königskette der Möllner Schützengilde. Vorderseite: Kelch mit Rauchgewusel aus rundum sichtbarer Schalenöffnung, runder Knauf und massiver trapezoidaler Sockel mit Fußplatte; Rückseite: Belaubter Zweig als blühender Stab/ Zweig Aarons mit dem typischen einzelnen Blatt links unten am Hauptzweig (Kisch, Typ B); Umschriften in hebräischer Quadratschrift: scheqel Jiśraʾel (4 Uhr) und Jeruschalajim ha-qedoschah (11 Uhr); schwer lesbare Umschrift im abgeplatteten Rand der Vorderseite: O+L+D+E+L+A+N+T + | + TT+A+N (7 Uhr); unten, zwischen Trennzeichen: 1586.
B. Dorfmann ist überzeugt, damit ein Exemplar jener »alten jüdischen Münz, Sickel genannt« vor sich zu haben, die H. Tapken in Hamburg prägen ließ und mit einem Begleitheft für teures Geld verkauft hat, wie der Generalwardein G. Stumpfeldt 1574 berichtet hat (s. Kap. 2.7). Die Nähe zum westlich von Mölln oder südöstlich von Ritzerau, dem Herkunftsort von H. Oldelant, liegenden Hamburg könnte als Hinweis darauf angesehen Dorfmann, Die Königskette (1956), 61–79, Taf. III; bes. 66. 72–76; Taf. 4,III.1 (Abbildung).
109
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E § XIII Die Schekel-Medaillen
werden. Nach dem Bericht von G. Stumpfeldt waren die Exemplare von H. Tapken jedoch geprägt, dieses hier ist »nach dem äußeren Eindruck gegossen«, sodass »bis zur Prüfung weiterer Stücke« Zweifel angebracht werden müssen (S. 74, Anm. 15.b). Ob zudem die beiden von G. Galster im benachbarten Dänemark als »falsche Schekel« signalisierten »Geldstücke« (penge) des Judaslohnes von Sidsel Bryske (s. Kap. 2.6) auch einen Bezug zu dieser Schekel-Medaille oder gar zur Hamburger Prägestätte von Andreas Metzner und zum täuschenden Geschäft von H. Tapken haben, ist unbelegbar. 2.11 Georg I. zu Hessen-Darmstadt (reg. 1567–1596) – Eine hebräische Schekel-Medaille als Schmuckstück (1589)
Der hessische Landgraf Georg I. ließ sich 1589 vom belgischen Bildhauer Pieter van Oost (1545–1600) ein Standbild erstellen, auf dem er sehr realitätsgetreu und detailgenau dargestellt ist. Er trägt die für Gottesdienste übliche Hoftracht aus schwarzer Seide mit einem eng anliegenden gesteiften Wams mit goldbestickter Knopfleiste und hat um den Hals eine vierfach Kette gewickelt, an der eine Schekel-Medaille mit einer hebräischer Umschrift und dem Bildmotiv eines kostbaren Rauchkelches befestigt ist (Abb. 41, links).110
Abb. 41: Landgraf Georg I., Schekel-Medaille als Halschmuck an seiner Statue in Darmstadt (1589). Vorderseite: Trichterartiger Kelch mit vier Rauchschwaden aus rundum sichtbarer Schalenöffnung, perlenbesetzter Knauf und konkaver kanellierter Sockel mit Perlen. Umschrift in hebräischer Quadratschrift: sche[qe]l Jiśra[ʿel] (4–5 Uhr). Rechts: Älteste Abbildung (von Hefner-Alteneck, 1888) mit willkürlich veränderter Darstellung des Rauchkelchs.
Lars-Gunter Schier hat 2015 diesen Schekel-Anhänger, der bis anhin nur in schwer zugänglichen Lokalpublikationen aufzufinden war, in die Geschichte der jüdischen Numismatik eingebracht.111 Die Medaille zeigt einen Kelch mit einer becherartigen tie Die Statue steht in der evangelischen Stadtkirche zu Darmstadt, in der Georg I. für sich und seine verstorbene erste Frau Magdalena geborene Gräfin zur Lippe ein alabasternes Denkmal errichten ließ (Abbildung: https://de.wikipedia.org/wiki/Stadtkirche_Darmstadt). – Haim Gitler hat mir zwei weitere Darstellungen von Georg I. signalisiert, auf denen er zwar eine Halskette mit einem Medaillon trägt, doch ist darauf kein Rauchkelch zu erkennen (eMail vom 22. und 25. Nov. 2018). 111 Schier, Yerushalayim ha-Kedoshah (2015), 211, mit Abb. 7 [mit einer Vergrößerung der Medaille; s. Abb. 41]. Er hat mir die folgenden Publikationen zugänglich gemacht: Berghaus, Zu den Görlitzer Schekeln (1959), 199–203; Pl. 8–10; Ill.; Niederquell, Landgraf Georg der Fromme 110
Schekel-Medaillen bei Autoren des 16. Jh. / Georg I. (1589)
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fen Schale, aus deren gut sichtbaren Öffnung vier geschlängelte Rauchsäulen steigen, einem großen verzierten Knauf und einem dreifach kanellierten konischen Sockel mit drei Perlen. Die in einer schönen hebräischen Quadratschrift gehaltene Aufschrift ist recht gut lesbar: sche[qe]l Jiśra[ʿel]. Unter allen bis jetzt (bei M. Narkiss, B. Kisch und I. Rezak) abgebildeten Schekel-Medaillen ist ein genau solcher Kelch jedoch nicht verzeichnet. Die älteste Abbildung dieses Schekels von J. H. von Hefner-Alteneck (1888; Abb. 41, rechts) zeigt allerdings einen Kelch mit einer trichterähnlichen Schale, einem durch das Kettenglied gestörten Rauchgewusel, einem schmalen Knauf und einem konischen Sockel mit einer runden Fußplatte.112 Sie kann deshalb nicht als getreue Darstellung des Halsschmucks gelten. Die Frage, warum Georg I. sich mit einer Schekel-Medaille mit dem Rauchkelch und einer hebräischen Umschrift darstellen ließ, wurde verschieden beantwortet. Sicher spiegeln sich darin die hohen, auch religiösen Ansprüche des Landgrafen, der in seinem Hoheitsgebiet die Reformation eifrig vorantrieb. Sein Gebrauch des Rauchkelches könnte deshalb mit der Deutung seines reformatorischen Zeitgenossen Ph. Melanchthon zusammenhängen, der im Rauch, der aus dem Kelch aufsteigt, eine israelitisch-jüdische, heilsgeschichtlich prophetische Darstellung der wichtigen Aufgabe der christlichen Priester sah, Bittgebete vor Gott zu bringen (§ X,4; XII,2). Eine Motivation des Landgrafen zum Gebrauch des Rauchkelches kann man auch in dessen Interesse an den biblischen Gestalten, besonders des Alten Testaments, sehen. Wie die Statuen von David als siegreichem Herrscher und Salomos als Friedensfürst im oberen Teil des Epitaphs zeigen, verstand sich der Landgraf durchaus in der imitatio dieser großen Herrschergestalten des Alten Testaments. Da er in der Schekel-Medaille eine Münze sah, die nach den damaligen Gelehrten aus der israelitischen Königszeit stammte, gab er mit seinem Schmuckstück zu verstehen, in David und Salomo Vorbilder für seine Herrschaft zu sehen.113 Die moderne numismatische Unterscheidung zwischen einer Schekel-Medaille, die einen Rauchkelch aufweist, und einem echten antiken Silberschekel mit einem Zeremonialkelch war Georg I. jedenfalls sicher fremd. Das Schmuckstück einer Schekel-Medaille von Georg I. könnte man auch mit den theologischen Büchern seiner Bibliothek in Verbindung bringen, in welcher sich eine Ausgabe der Antwerpener Polyglotte von B. Arias Montano befand, die auf der letzten, sonst unbeschriebenen Seite die Kartusche mit dem in Trient von B. Arias Montano erhaltenen echten Schekel abgebildet hatte (§ X,8; Abb. 12). Vielleicht hat »der Anblick dieser Darstellung in Landgraf Georg den Wunsch geweckt, ein Exemplar des für die (1963–1965), 99–107; 5 Abb.; Peus, Schlesische Wallfahrtsmedaillen (1977), 182–189 (Görlitz). Zudem vermittelte er mir auch den Kontakt zu Gunter Quarg, Der Görlitzer Schekel Georgs I. (2019), 179–181; 5 + 1 Abb., der mir dankenswerterweise viele Dokumente zum Thema zukommen ließ. Die ältere Publikationen von H. Wagner, Das Denkmal des Landgrafen (1888), und der gleichnamige, leicht veränderte Nachdruck durch G. Nick, (1896), waren mir leider nicht zugänglich (s. § XVI,1). 112 von Hefner-Alteneck, Trachten, Kunsthandwerk und Gerätschaften (1888), 21; Taf. 629 °; Ausschnitt bei Quarg, Der Görlitzer Schekel Georgs I. (2019), 181, Abb. 5. Die folgenden Gedanken sind dessen Brief vom 20. Aug. 2020 nachformuliert. 113 Unwahrscheinlich ist, dass das Stadtrelief des antiken Jerusalem, das in phantasievoller Form im zentralen Relief hinter der Kreuzigung Jesu dargestellt ist, Züge der Renaissancebauten von Darmstadt trage, da die Vorstadt nirgends zu sehen ist und die dortige Bautätigkeit sowieso erst 1590 begann, als die Statue Georgs I. schon hergestellt war.
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E § XIII Die Schekel-Medaillen
christliche Heilsgeschichte so sprechenden ›Silberlings‹ zu besitzen«,114 der gerade in dieser Zeit in Görlitz zum Inbegriff des Judasgeldes wurde. Dem reformiert gesinnten Landgrafen ist allerdings kaum zuzumuten, dass er den Gang an diese sehr katholische Wallfahrtsstätte gemacht hätte. Dass sein Schmuckstück eine hebräische Aufschrift aufweist, ist besonders im Vergleich mit den Medaillen der beiden Kaiser Ferdinand I. und Maximilian II. (ab 1560) auffällig, die um den Rauchkelch die lateinische Umschrift Date Deo quae sunt Dei, »Gebt Gott (die Dinge), die Gottes sind!« aufweisen und das Gemeinte mit dem waagrecht den Rauchkelch flankierenden Ausdruck Ora | tio, »Geb | et« verdeutlichen, während die Vorderseiten eine klare Aufforderung zur Zahlung von Steuern enthalten. Der doch klare jüdische Bezug, den die hebräische Umschrift bezeugt, läßt sich nicht leicht mit einer gerne genannten Judenfeindlichkeit des Herrschers vereinbaren. Zeigt es möglicherweise doch, dass »nicht religiöse Unduldsamkeit«, sondern »das Gebaren der Juden im Handelsverkehr mit den Christen« sein Beweggrund zur Vertreibung der Juden aus seinem Hoheitsgebiet gewesen war?115 2.12 Tileman Friese (floruit 1567–1592/1602?)/Cyriacus Spangenberg (1528–1604) – HeiligtumsSchekel sogar mit einem »Lemblein mit einer fliegenden Fahnen« (1592) (s. auch § XIV,3.7)
T. Friese aus Nordheim am Main war seit 1560 Bürger von Göttingen, bekleidete dort lange Jahre das Amt eines Ratsherrn und war von 1582–1592 Bürgermeister von Göttingen. Als Numismatiker ist er recht unbekannt geblieben. Als Münzensammler wurde er vom Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel beauftragt, ein Lehrbuch zur Münzkunde zu verfassen, das 1592 in vier Büchern unter dem Titel Müntz-Spiegel in Frankfurt am Main veröffentlicht wurde.116 Er verfasste damit »als erster ein allgemeines Handbuch für Numismatiker«,117 in welchem sich das damalige Wissen und die damaligen Spekulationen widerspiegeln. Der Schekel muss nach T. Friese als die älteste Münze der Antike angenommen werden, denn es gibt »kein Elterer Pfenning als der Sekel, dessen allenthalben in der Biblia gedacht wird.« Die hebräische Wurzel sakal zeigt, dass der »Pfennig sein gewisse masse an der Wichte gehabt, darnach man ander Wahre auch tarirt«. Deshalb gibt es zweierlei Schekel, einen nach dem Wert, den Siculus numerarius, und einen »nach der Wichte und Schlage«, der also als Gewicht gebraucht wird. Zudem gab es den goldenen Schekel. Der Schekel war so verbreitet, dass er auch in Ägypten und Persien gebraucht wurde. Der hebräische Schekel ist jedoch dreifach: Einmal der Siclus Sanctuarii für alle Belange des Tempels. Dieser wird von den Griechen Tetradrachmus genannt, wie er in Tyrus geschlagen wurde und »die größte Handthierung in Galilea und dess Orts ist gewesen«. »Der ander Quarg, Der Görlitzer Schekel Georgs I. (2019), 180; vgl. auch Niederquell, Landgraf Georg der Fromme (1964) 106. 115 Walther, Art.: Georg I. (1878), 673–674. 116 Friese, Müntz-Spiegel (1592). 117 Luschin von Ebengreuth, Allgemeine Münzkunde (1904), 7; vgl. Berghaus, Antike und völkerwanderungszeitliche Münzen (1991), 35: »die früheste wissenschaftliche Darstellung der Numismatik in deutscher Sprache«; Schröder, Der »Münzspiegel« (1909), 1–10. 114
Schekel-Medaillen bei Autoren des 16. Jh. / T. Friese (1592)
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Sekel ist der Gemeine oder Weltlicher Sekel, welcher ist von den Griechen Didrachmus genannt«. Die dritte Art von Schekel ist der Regius Siclus, der von den Königen Judas geschlagen wurde, dessen Gewicht zwischen den beiden anderen lag. Dieser Schekel ist »so gemeine nicht«, wie aus 2 Sam 14,26 hervorgeht, wo das Haar Absaloms »200 Schekel nach dem Steingewicht des Königs« gewogen habe! T. Friese kann dabei seine Aussagen zum dreifachen Schekel nicht mit biblischen Texten begründen; er folgt vielmehr der überzogenen Dreier-Systematik, wie sie von S. Grzepski (1568) und M. Host (1570, 1574 und 1580) schon vor ihm entwickelt worden war (§ IX,4.10 und 11). Die Beschreibung der Bildmotive und der Aufschriften lautet bei ihm: Das Geprege oder gestalt des Sekels des Heiligthumbs ist auff einer Seiten ein grünendes Beumlein in gestalt der Virgae Aaronis der Ruhten Aaron, mit der Umbschrifft Hekadesch Ierusalaim, Latinè: Sancta Ierusalem, das Heylige Jerusalem. Auff der andern Seit ein rauchende Jüdisch Weiherauch Faß, Oder auff etlichen ein Lemblein mit einer fliegenden Fahnen, auff einem Altar ligende, mit der Umbschrifft Sekel Bisrael, Sekel in Israel (49).
Eine besonders deutliche Nähe zwischen ihm und M. Host (§ XIII,2.8), wenn nicht eine direkte Abhängigkeit von M. Host, ist in der verkehrten Wortfolge von Hekadesch Ierusalaim und in Sekel Bisrael, »Schekel in Israel«, ersichtlich. Auch haben die beiden die Vorstellung eines Altars gemeinsam. Wie nahe beisammen hier jüdische Bildmotive und christliche, allegorisierbare Imagination lagen, zeigt sich am Bildmotiv des Lämmleins auf einem Altar mit einer fliegenden Fahne. Dass dieses Motiv auf einem »Schekel in Israel« vorkomme, ist reine Imagination und hängt wohl mit den etwas älteren, imaginierten Münzgeschichten von J. Mathesius (1562) und dessen Nachahmer M. Fachs (1567/1595) zusammen, für welche das Qeśiṭah, »Lamm«, genannte Geldstück (Gen 33,19; Ijob 42,11) auf das »ware lambs Gottes, welches für der welt sünde solte geschlachtet werden« (vgl. Joh 1,29), hinweise (§ XIV,3.4.3 und 3.5). Eine Kenntnis echter Schekel ist bei T. Friese nicht anzunehmen. Von Cyriacus Spangenberg ist ein »nützlicher Tractat vom rechten Brauch und Mißbrauch der Müntze« angefügt, der die gleiche christliche Grundhaltung und Unkenntnis der echten jüdischen Schekel zeigt. Dieser Autor gehört in die Gruppe der aktiven und recht kämpferischen Reformatoren um Martin Luther. Er wurde wegen seiner extremen Abendmahls-, Erbsünden- und Teufelslehre zur verfolgten Randfigur und verbrachte als exul Christi sein letztes Lebensjahrzehnt in Straßburg mit der Abfassung von Chroniken adeliger Familien.118 Sein numismatisches Traktat ist von geringer Bedeutung, da es – pastoraltheologisch ausgerichtet – inhaltlich schon bekannte Positionen als Mahnrede gestaltet: »Denn es kompt das Wort Müntz vom Lateinischen Moneta her, und zeigen beyde Wörter an, dass das Geld soll eine ermahnung und erinnerung seyn« (S. 209). Auf dem jüdischen Schekel sei »ein Reuchfaß oder ein Altar mit Reuchwerck« darauf, auf der anderen Seite die »blühende Rute Aaronis«, was den Gott angenehmen Kult, die rechte göttliche Lehre und das rechte Priestertum in Erinnerung rufe (S. 213), wobei Ph. Melanchthons Epigramme (§ X,4.2) klar Pate gestanden haben. In der Abbildung eines Schafs sieht C. Spangenberg ebenfalls eine Anspielung auf das »Schlachtlemlin Jesum Christum« (S. 216).
Zu Person und Werk: Leuckfeld, Historia Spangenbergensis (1712), bes. 81–87: Scripta theologica und historica, wo jedoch das Münztraktat fehlt.
118
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E § XIII Die Schekel-Medaillen
2.13 Adam Berg (1540–1610) – Öfters abgegossene Schekel »zur Gedächtnuß« (1596) (s. auch § X,11)
Im gleichen Jahrzehnt berichtete der berühmte Buchdrucker Adam Berg in seinem »kurtzer Extract der Müntzsorten« des Alten und Neuen Testaments (1596), das er in sein »New MüntzBuech« (1597) aufnahm, im Rahmen einer konventionellen biblischen Metrologie mit großer Selbstverständlichkeit, dass auch zu seiner Zeit silberne Schekel hergestellt würden. Der betreffende Abschnitt ist offensichtlich nachträglich verfasst worden, da er unpassend in das Kapitel zur »Goldmüntz der Hebräer« (Kap. 3) eingesprengt ist:119 Weiter, so vil die Gestallt der Müntz belanget find man noch zur Gedächtnuß etliche Silberne Schekel, die hin und wieder abgegoßen werden, die haben auff einer seiten die Ruthen Aaronis, die da grunete und Mandlen trug, unnd stehen hebreische Buchstaben darumbher, die bedeuten so vil als Müntze der Statt Jerusalem; und auff der andern seiten steht ein Kelch oder Faß mit Weyrauch und dabey die Wort: Seckel Jsrael.
A. Berg weiß, wie die Präsensform verrät, dass zu seiner Zeit hin und wieder Abgüsse von Silberschekeln gemacht werden, was auf jene Praxis hinweist, die sich in den angeführten Zeugnissen aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. spiegelt. Dass diese Abgüße »zum Gedächtnuß« gemacht werden, entspricht recht genau der theologischen Absicht, welche in den Briefen von A. Blarer und Ph. Melanchthon ausgedrückt ist (§ X,3 und 4) und die nicht zulässt, hier von Falschmünzen zu sprechen. Da es sich aber um Abgüsse handelt, können damit jedoch nicht die geprägten Imitate der beiden Reformatoren gemeint sein (§ XII,1 und 2). A. Berg hat zwar auf der Titelseite die Abbildung eines echten Schekels (§ X,12; Abb. 19), die er aus der Antwerpener Polyglotte des B. Arias Montano (1572; Abb. 12) entnommen hat, doch beschreibt er im Innern seiner Abhandlung eine Schekel-Medaille, deren Aufschriften in »hebreischen Buchstaben« geschrieben seien. Offensichtlich bemerkte A. Berg den Unterschied zu den althebräische Buchstaben nicht, die er auf dem echten Schekel der Titelseite nachzeichnen ließ. Entsprechend seiner Unkenntnis des Hebräischen gibt er die Aufschrift Jeruschalem ha-qedoschah nur in der inhaltlichen Umschreibung »Statt Jerusalem« wieder, wobei das im Text eigentlich unübersehbare qedoschah, »heilig«, ausgelassen ist. Auch lässt er die Jahreszahl Alef (= 1. [Kriegsjahr]) über dem Kelch weg, da ein Buchstabe mit der Interpretation des Kelches als »Faß mit Weyrauch« nicht in Übereinstimmung zu bringen war. Auch mit den »Ruthen Aaronis, die da grunete und Mandlen trug« auf der Rückseite übernimmt er die traditionelle Deutung als virga Aharonis. Beide Male hat er eine jener Schekel-Medaillen beschrieben, die zu seiner Zeit für religiöse Gedächtnisfeiern »hin und wieder abgegossen« wurden, selbst wenn er an den echten Schekel der Titelseite gedacht hätte. Es wird dabei jedenfalls deutlich, dass man in dieser Zeit echte Schekel und Schekel-Medaillen kaum voneinander unterschied.
119
Berg, Ein kurtzer Extract der Müntzsorten (1596), 3–4.
Schekel-Medaillen bei Autoren des 16. Jh. / A. Berg (1596) / »Nordischer Meister« (um 1600) 473
2.14 Anonymer »nordischer Meister« (um 1600) – Der »Schmerzensmann« mit 30 Schekel-Medaillen als Judaslohn
In den Uffizien von Florenz ist ein Ölgemälde mit dem Titel »Cristo coronato di spine con i simboli della Passione« ausgestellt. Es stellt den gefesselten, dornen- und mit drei Fleur-de-lys gekrönten und mit den Wundmalen versehenen Christus als Schmerzensmann dar, der auf dem Rand eines sargähnlichen Steintroges sitzt und den Betrachter erbarmungswürdig anschaut (s. Abb. 44, links). Im Hintergrund sieht man die so genannten arma Christi, das Kreuz und die Marterwerkzeuge: Ein Nagel, an dem die Geißel hängt, steckt im linke Kreuzesbalken, an den ein Stecken mit einem Schwamm anlehnt. Die Geißelungssäule mit einem korithischen Kapitell ist links zur Hälfte abgebildet, während auf der rechten Seite des Kreuzes eine massive Leiter steht, an der die Lanze lehnt und eine Zange angehängt ist. Eine Laterne mit vier Scheiben hängt in der oberen rechten Ecke. Vorne links sind die Werkzeuge des Verrats dargestellt: Der im Dunkel fast unsichtbare Hahn, der den Verrat des Petrus signalisiert, drei Würfel auf der quer über dem Trog liegenden Steinplatte, mit denen die Soldaten um den Rock Jesu gewürfelt haben, und genau abgezählte 30 Geldstücke, die eindeutig die 30 Silberlinge angeben, für welche Judas den Verrat an Jesus beging. 2.14.1 Schekel-Medaillen als Judaslohn – Die vollzogene Ablösung von den rhodischen Tetradrachmen
Julius Cahn hat diesen »Christus als Schmerzensmann« in die Numismatikgeschichte eingebracht, indem er G. F. Hill auf die Abbildung des Judaslohnes in Form von Schekel-Medaillen hingewiesen hat.120 Die folgenden Vergrößerungen der Geldstücke bei H. Gitler (Abb. 42) und I. Rezak (Abb. 43) machen dies unzweifelhaft.121 Abb. 42: Nordischer Meister (um 1600), Ausschnitt aus dem Gemälde des »Schmerzensmannes« in den Uffizien von Florenz (s. Abb. 44): 30 Schekel-Medaillen als Judaslohn (Vergrößerungen s. Abb. 43).
Hill, False Shekels: A Postscript (1904), 134–135; 1 Abb.; vgl. Hill, The False Shekels (1920), 87, Anm. 1. 121 Gitler, The Thirty Pieces of Silver (2009), 69–70; Fig. 8 (Gesamtbild), 9 (Detail der Geldstücke). Übernommen und nochmals vergrößert bei Rezak, The Matter of Faith (2013), 52, Fig. 3. 120
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E § XIII Die Schekel-Medaillen
Abb. 43: Nordischer Meister (um 1600), Vergrößerte Ausschnitte von zwei Schekel-Medaillen (vgl. Abb. 42) auf dem Gemälde des »Schmerzensmannes« in den Uffizien von Florenz (s. Abb. 44). Vorderseite, links: Kelch mit tiefer Schale, runder Knauf und glockenartiger Sockel mit runder Fußplatte; rechts: Rauchkelch mit trapezoidaler Schale, runder Knauf und trapezoidaler Sockel. Die Umschriften zeigen hebräische Quadratschrift, sind aber nur schwer lesbar.
Die 30 Silberlinge des Judaslohnes sind zu zwei ungleich hohen Stößen zu 12 Stücken aufgeschichtet, einer ist im Zwischenraum hinter den beiden Stößen ersichtlich, einer ist an den rechten Stoß angelehnt und vier liegen flach und sich teilweise verdeckend auf der Steinplatte. Auf vier Vorderseiten ist der Rauchkelch zu sehen und auf zwei Rückseiten lässt sich zweimal der baumartig gestaltete Stab/Zweig Aarons erkennen. Diese Bildmotive entsprechen den Typen B1.4.5.7.32 des Katalogs von B. Kisch,122 mit besonderer Ähnlichkeit zu Typ B4, jedoch nicht dem Typ A, dem so genannten Meysel-Schekel (Kap. 2.9; Abb. 39). Auch Teile der hebräischen Quadratschrift sind sichtbar: Auf dem zweitobersten der flach liegenden Schekel ist links neben dem Weihrauchgefäß Jiśraʾ[el] zu erkennen, auf dem zweituntersten steht Scheq[el] rechts des Weihrauchgefäßes. Bei den anderen Aufschriften hat der Künstler die ihm vorliegenden Schekel-Medaillen offensichtlich nicht genau abgezeichnet: Die oberste Schekel-Medaille auf dem linken Stoß hat eine längere, unlesbare Aufschrift, die schon unter dem Fuß des Weihrauchgefäßes beginnt (Abb. 43, links). Ein solcher Typ ist nicht belegt. Auf den beiden sichtbaren Rückseiten sind längere unlesbare Aufschriften angedeutet, die Jeruschalajim entsprechen sollten. Dieses Gemälde stellt unzweifelhaft Schekel-Medaillen als die Verrats-Silberlinge des Judas dar. Es illustriert deshalb die Ablösung der rhodischen Tetradrachme durch die Schekel-Medaille als Verratsgeld, die sich schon vorher literarisch nahegelegt hat. 2.14.2 Der »Nordische Meister«, Albrecht Dürer und Lucas Hugensz van Leyden
Die Frage nach dem Künstler und dem entsprechenden Datum des Gemäldes, die für die Geschichte der Schekel-Medaillen von Bedeutung ist, hat verschiedene Antworten erfahren: In den Uffizien von Florenz wird der Künstler, der sich durch kein Monogramm oder Datum zu erkennen gibt, einfach als »nordischer Meister« ohne Datierung vorgestellt, was einen anonymen Maler nördlich der Alpen meint. Praktisch alle moderneren Autoren, die sich mit diesem Bild beschäftigt haben, sehen den anonymen Maler kunstgeschichtlich in der rezeptiven Nachahmung von Albrecht Dürer (1471–1528), der zu Beginn des 16. Jh. – vorausgehende Traditionen vom Schmerzensmann und vom »Christus im Elend« verbindend – mehrere Darstellungen des Schmerzensmanns geschaffen hat.123 Eine Ver Kisch, Shekel Medals (1941), Pl. 2; vgl. Gitler, The Thirty Pieces of Silver (2009), 71; Fig. 10. Anzelewsky, Albrecht Dürer. Das malerische Werk (1991), Bd. I, 54. 70–71. 122–123. 241–244. Für einzelne Motive sind auch die Darstellungen des Christus mit der Dornenkrone (S. 70. 122. 262) oder der Ecce Homo-Szene (S. 49. 71. 234–235. 270. 292) beizuziehen. Vgl. auch Strauss, The Complete Engravings (1973), Nr. 28. 52. 57. 62. 81. 122 123
Schekel-Medaillen bei Autoren des 16. Jh. / »N ordischer Meister« (um 1600)
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wandtschaft zwischen dem Gemälde in den Uffizien und den Darstellungen von A. Dürer ist tatsächlich unübersehbar. Neben der ähnlichen Gestaltung der gebundenen und mit den Wundmalen versehenen Hände oder der Gewandfalten hat H. Gitler vor allem auf Dürers Holzschnitt mit der Messe des Hl. Gregor (1511)124 hingewiesen, auf dem Christus mit gebeugten Knien, aber mit die Wundmale zeigenden erhobenen Händen in einem ähnlichen Sarkophag steht, neben dem die Geißelungssäule mit dem Strick steht und hinter dem sich das Kreuz erhebt, an das die Leiter mit den Passionswerkzeugen (Geißel, Rute, Nagel, Hammer, Zange, Stecken mit Schwamm, Lanze) anlehnt und auf dem ein Hahn auf den Verrat des Petrus hinweist.125 Auch die drei Würfel sind eingebracht, doch schweben sie über der Dornenkrone. Besonders bezeichnend für die Verwandtschaft ist die dreifache fleur-de-lys, welche die Dornenkrone des Schmerzensmannes der Uffizien ziert und die sich sonst nur bei A. Dürer (und dessen Kopisten) findet.126 Auf keiner dieser echten Dürer-Darstellungen kommt jedoch das Verratsgeld der 30 Silberlinge vor.
Abb. 44: Nordischer Meister (um 1600), Gemälde des »Schmerzensmannes« mit den 30 Schekel- Medaillen auf der Grabplatte (vgl. Abb. 42) und (rechts) Lucas Hugensz van Leyden (vor 1533), Stich des »Schmerzensmannes« mit den gekritzelten Judas-Silberlingen in der rechten oberen Ecke (Vergrößerung: Abb. 45). http://images.zeno.org/Kunstwerke/I/big/HL10682a.jpg. Gitler, The Thirty Pieces of Silver (2009), 68. 126 Anzelewsky, Albrecht Dürer. Das malerische Werk (1991), Bd. I, 240, Abb. 118–124; Bd. II, Taf. 31, Abb. 37 und Taf. 137, Abb. 152; Anzelewsky, Dürer. Werk und Wirkung (1980), 13, Abb. 5. 124 125
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Sucht man nun nach möglichen Autoren, die in der Nachfolge von A. Dürer stehen oder mit ihm bekannt waren, so bietet sich vor allem der niederländische Maler und Kupferstecher Lucas Hugensz van Leyden (1494–1533) an, der Albrecht Dürer 1521 in Amsterdam traf und 1522 in dessen Malergilde eingeschrieben wurde. Sein Kupferstich eines Schmerzensmannes in der graphischen Sammlung Albertina (Abb. 44, rechts), der bis jetzt noch nie in die Diskussion um den Autor einbezogen wurde,127 ist auf einer Banderole auf das Jahr 1517 datiert und mit dem Autorensignet L für den damals 24-jährigen Lucas versehen. Der Vergleich der beiden Darstellungen des Schmerzensmannes (Abb. 44) macht die Verwandschaft evident. Der Schmerzensmann von Lucas Hugensz van Leyden (rechts) ist in der genau gleichen, auf dem Sarkophag sitzenden Haltung wie auf dem Gemälde des »nordischen Meisters« dargestellt, hat jedoch ein Reisigbüschel im rechten Ellbogen und eine Geißel in der rechten der gefesselten und durchbohrten Hände. Die Fesselschnur ist auf die genau gleiche Weise wie auf dem Uffizien-Bild gebunden. Im Hintergrund sind ebenfalls die Marterwerkzeuge (arma) Christi zu sehen: Ein Teil des Kreuzes, in dessen linken Querbalken ein Nagel steckt und an den ein Rohrstecken mit dem Essigschwamm angelehnt ist. Auf der rechten Seite befindet sich ebenfalls die lange Lanze, sie steht aber frei, da die Leiter fehlt, an welche sie beim Schmerzensmann der Uffizien angelehnt ist. Auch die Laterne ist zum Teil am rechten Rand zu sehen. Die Zange, die auf dem Uffizienbild rechts unten an der Leiter hängt, ist hier rechts oben angebracht und mit einem gebogenem Ende versehen, an dem das Signetschild des Lucas hängt. Auf der linken Seite ist ebenfalls eine Geißelungssäule vorhanden, die im oberen Teil auf die gleiche Weise mit einem überkreuzten Strick umfangen ist, jedoch mit einem eher dorischen Kapitell mit einer viereckigen Platte abgeschlossen wird, worauf die Füße des Hahns noch zu sehen sind, während das Uffizienbild ein eher korinthisches Kapitell aufweist und der Hahn im dunklen Feld unterhalb des rechten Ellbogens Christi zu erkennen ist. Die Steinplatte liegt in der genau gleichen Weise quer über dem Sarkophag. Darauf sind die drei Würfel in der gleichen Art, aber mit verschiedenen sichtbaren Zahlenpunkten angeordnet. Der Schmerzensmann des L. Hugensz van Leyden ist ohne Zweifel demjenigen des nordischen Meisters von Florenz verwandt, doch fällt auf, dass bei L. Hugensz van Leyden zwar alle Leidenswerkzeuge Christi des Schmerzensmanns des nordischen Meisters vorhanden sind, dessen 30 Schekel-Medaillen des Judasgeldes mit ihren klar erkennbaren Bildmotiven jedoch fehlen.128 Das Verratsgeld kann jedoch rechts oben hinter der Lanzenspitze entdeckt werden, wo 16 schraffierte Münzen in zwei Reihen zu acht Münzen angeordnet sind, wobei die letzte jeweils vom rechten Rand angeschnitten ist und dadurch auf weitere Münzen hinweist, die nicht mehr Platz hatten. Auf den 16 sichtbaren Münzen lassen sich jedoch nur Kritzeleien erkennen (Abb. 45).129 http://images.zeno.org/Kunstwerke/I/big/305042b.jpg. Das Verratsgeld des Judas ist übrigens auf dem Kupferstich der so genannten »Runden Passion« (datiert auf 1509; Monogramm L) des Lucas Hugensz van Leyden zu finden: Auf der Geißelung Jesu sind auf der rechten Seite hinter dem Hohepriester zwei gut gekleidete Männer zu sehen, die sich verschämt einem Häufchen von Geldstücken zuwenden, deren größerer Teil unter einem Kleidungsstück versteckt ist. Darauf ist jedoch kein Bildmotiv zu erkennen (online). 129 Auf der ersten linken Münze der unteren Reihe könnte in der verkleinerten Reproduktion ein Kelch vermutet werden. In der Vergrößerung bestätigt sich dies nicht. 127
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Schekel-Medaillen bei Autoren des 16. Jh. / »N ordischer Meister« (um 1600)
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Abb. 45: Lucas Hugensz van Leyden (vor 1533), Vergrößerter Ausschnitt aus dem Stich des »Schmerzensmannes«: Das gekritzelte Verratsgeld des Judas (s. Abb. 44).
Diese nicht identifizierbar bekritzelten Münzen sind eine konventionelle Darstellungsweise der dreißig Silberlinge des Verratsgeldes, wie sie auf den Abbildungen der Leidenswerkzeuge (arma) Christi vom 14. Jh. bis in den Beginn des 17. Jh. zu erkennen sind. Der folgende kurze Abschnitt zeigt, wie damals das Judas-Geld unter den arma Christi dargestellt wurde. Stets sind es Scheibchen, die blank oder schwarz oder mit Kreuzchen oder mit konventionellen zeitgenössischen Motiven versehen sind.130
Das Judas-Geld als Teil der Leidenswerkzeuge (arma) Christi Rudolf Berliner hat in einer magistralen Studie der Kunstwerke, auf denen die Leidenswerkzeuge Jesu dargestellt sind, aufgewiesen. dass die Silberlinge des Judas auf vielen Darstellungen der so genannten arma Christi abgebildet sind.131 Als ältestes Beispiel führt er eine Handschrift aus der Zisterzienserabtei Villers (Brabant) vom Jahr 1320 an, die in vier Reihen 30 Münzen zeigt, die alle mit einem Kreuzchen versehen sind (49, Abb. 4). Auf vielen Andachtsbildern, Gemälden, Kreuzen, Altarflügeln usw. des 14. und 15. Jahrhunderts, welche die arma Christi darstellen, sieht man die Münzen in einem Geldbeutel oder fein säuberlich aufgereiht oder wie sie von einer Hand in eine andere gleiten. Beispiele: Ein Andachtsbild aus einer englischen Handschrift des Britischen Museums zeigt einen Sack mit bekreuzten Münzen (50, Abb. 5) und ein Täfelchen aus einem englischen Andachtsbüchlein aus der 1. Hälfte des 14. Jh. weist 30 aufgereihte Münzen auf, die bloße Rundobjekte sind (51, Abb. 7). Auf einem Gemälde von Roberto Oderisi (2. Hälfte 14. Jh.) lässt eine Hand voller Geldstücke schräg von oben solche Geldstücke in eine waagrechte Hand gleiten, in der schon 6 Geldstücke liegen. Sie sind als kleine runde schwarze Objekte gezeichnet (57, Abb. 11). Aus der gleichen Zeit schüttet eine Hand auf einem Wappen Christi, das aus Frankreich oder dem Rheinland stammt, ungefähr 30 kleine runde Geldstücke aus (62, Abb. 15). Und eine Indulgenztafel aus Mittelitalien aus dem 3. Viertel des 15. Jh. zeigt rechts des Schmerzensmannes eine Hand, die dunkle Münzen in eine auffangende Hand schüttet (83, Abb. 25). Kurt Löcher132 verweist zusätzlich auf ein Gemälde aus der Werkstatt des Fra Angelico, auf welchem dem abtrünnigen Jünger Jesu die Münzen Stück für Stück auf die Hand gezählt werden (um 1455/60; Florenz), und auf eine Szene bei Rembrandt, auf welcher der reuige Judas und die am Boden verstreuten blanken Münzen abgebildet sind (1629). Die arma Christi sind zudem not Sie müssen deshalb zu den Phantasie-Münzen von § XIV gezählt werden, wo sie stellvertretend für alle anderen Abbildungen auf den arma Christi stehen (s. TabÜ VII: 1517; 1A). 131 Berliner, Arma Christi (1955), 35–152; 42 Abb. 132 Löcher, Münzen auf Bildern (1982), 156–158, mit Abb. 44. 130
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E § XIII Die Schekel-Medaillen
wendiger Bestandteil der »Messe des hl. Gregor« in der Form, die ihr die nordeuropäischen und zumal die deutschen Meister gaben: Christus erscheint dem die Messe zelebrierenden Papst Gregor als Schmerzensmann, umgeben von den Leidenswerkzeugen. Ein Gehilfe des Nürnberger Meisters Rueland Frueauf erfindet auf dem Epitaph des Heinrich Wolff von Wolffthal (gest. 1504) »Münzen, die auf der Vorderseite bärtige Männerköpfe, auf der Rückseite die Doppellilie zeigen«.133 Auch Kreuze mit den arma Christi, die an Heiligtümern oder Wegkreuzungen aufgestellt sind, haben manchmal neben den drei Würfeln auch eine Abbildung der 30 Silberlinge. So weist in der Kathedrale Ste-Eulalie et Ste-Julie im südfranzösischen Elne (11. Jh. errichtet, 13.–15. Jh. erweitert) das Kreuz einen Krug unterhalb der aufstützenden Leiter und zwei Speeren auf, der in drei Reihen bildlose Silberlinge ausschüttet.
Es ist erstaunlich, dass H. Gitler (Kap. 1.6) Lucas Hugensz van Leyden nicht einmal erwähnt, sondern zwei Maler vorzieht, die als Dürer-Schüler gelten und von denen Kopien eines verschollenen Dürer-Originals mit Christus als Dornengekröntem oder als Schmerzensmann vorhanden sind.134 Der eine ist Georg Gärtner der Jüngere (1575/80– 1654), der zu den bekanntesten Nürnberger Dürer-Kopisten zählt, und der andere ist der so genannte Anonymus von Pommersfelden der gleichen Zeit, von dem sich ein Schmerzensmann in der Gemäldegalerie des barocken Schlosses Weissenstein der Familie von Schönborn in Pommersfelden/Deutschland befindet.135 Bei keinem dieser beiden ist jedoch das Besondere der Darstellung des Schmerzensmannes zu finden, das bei A. Dürrers »Messe des Hl. Gregor«, bei Lucas Hugensz und beim nordischen Meister vorhanden ist, nämlich die Verbindung des leidenden und am Kreuz gestorbenen Jesus (arma Christi und Todeswunden) mit dem auf seinem Sarkophag sitzenden auferstandenen Christus. Beide kommen deshalb meines Erachtens nicht als Vorbilder oder gar Autoren des Schmerzensmannes in den Uffizien von Florenz in Frage. Dass sowohl bei A. Dürer, G. Gärtner und dem Anonymus von Pommersfelden die Geldstücke ganz fehlen und bei Lucas Hugensz (wie bei den übrigen arma Christi- Darstellungen) nur als unidentifizierbare Geldstücke abgebildet sind, weist die Schekel-Medaillen auf dem Uffizien-Bild als etwas ganz Originelles aus. Warum hat dieser Künstler, der sich nirgends zu erkennen gibt, die Silberlinge des Judas, die ja bis weit ins 16. Jh. in den rhodischen Silberlingen gesehen wurden, mit Schekel-Medaillen illustriert? Die einfachste Antwort ist: Weil zu seiner Zeit, und erst zu dieser Zeit solche SchekelMedaillen existierten. Der »nordische Meister« war ein Künstler der zwar in der großen Tradition von A. Dürer und Lucas Hugensz van Leyden stand, der aber auf seinem Ölgemälde die bekannten Motive des Verrats, des Leidens, des Todes und der Auferstehung Jesu Christi um das Detail der 30 Silberlinge des Judas in der Form der Schekel-Medaillen bereicherte, wie sie ihm von Autoren aus der 2. Hälfte des 16. Jh. vorgegeben waren (s. Kap. 2.4–13). Eine zeitliche Ansetzung des Ölgemädes um 1600 ist deshalb eine vorsichtige obere Zeitgrenze.
Detailaufnahme bei Löcher, Münzen auf Bildern (1982), 156, Abb. 44; vgl. Stange, Deutsche Malerei der Gotik (1958), 72, Abb. 146. 134 Gitler, The Thirty Pieces of Silver (2009), 70–71. 135 Anzelewsky, Albrecht Dürer. Das malerische Werk (1971), Bd. I, 242–243, Abb. 119 und 120 (G. Gärtner); 270–273, Abb. 145 (Anonymus von Pommersfelden). 133
Schekel-Medaillen bei Autoren des 16. Jh. / Judasgeld / Görlitz
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2.15 Görlitz als Hauptstätte der Produktion und Verteilung christlicher Schekel-Medaillen
Die Geschichte der Schekel-Medaillen ist so eng mit der Replik des Heiligen Grabes von Jerusalem in Görlitz verbunden, dass viele der in Europa verbreiteten Schekel-Medaillen »Görlitzer Schekel« genannt werden. Diese verallgemeinernde Bezeichnung, die oft in Verkaufskatalogen und auch in vielen wissenschaftlichen Publikationen gebraucht wird, ist irreführend, weil sie suggeriert, dass alle Schekel-Medaillen in Görlitz entstanden oder über Görlitz verbreitet worden seien (s. § XIII,1.3.5.b). Um möglichst große Klarheit zu schaffen, seien hier die wichtigsten Sachverhalte zum »Görlitzer Grab« und zu den in Görlitz gemachten, aufbewahrten und verkauften oder verschenkten Schekel-Medaillen zusammengestellt. 2.15.1 Die Passionslandschaft in Görlitz und der so genannte Görlitzer Schekel
Die Kreisstadt Görlitz gehört zum Bundesland Sachsen und liegt als östlichste Stadt Deutschlands direkt an der polnischen Grenze. Da es im 2. Welkrieg unzerstört blieb, ist seine alte Sakrallandschaft noch vollständig erhalten. Dazu gehört das so genannte »Görlitzer Grab«, das die Stationen des Leidens Jesu von Getsemani bis zur Grablegung umfasst und auf einer Anhöhe die Kreuz-Kapelle, die Salbung Christi und die HeiliggrabKapelle aufweist. Diese Passionslandschaft wurde als Bauensemble durch Georg Emerich (1422–1507) in den Jahren seines fünfmaligen Amtes als Bürgermeister (1481–1504) auf Kosten der Stadt Görlitz errichtet.136 Die Heiliggrab-Kapelle, mit welcher der Görlitzer Schekel besonders verbunden wird, ist eine recht getreue Replik der Grabesädikula in der kreuzfahrerzeitlichen Grabeskirche von Jerusalem, also vor deren Neugestaltung im Jahr 1555 durch die Franziskaner.137 Diese Kapelle wurde nachweislich seit dem Ende des 15. Jh von all jenen Christen besucht, die sich vor der kostspieligen und gefährlichen Reise nach Jerusalem, die mehrere Monate dauern konnte, scheuten oder sich ein solches Unternehmen nicht leisten konnten. L.-G. Schier beschreibt die religiöse Praxis und die damit verbundene Verbreitung des JudasGeldes an diesem Ort wie folgt:138 Die Gläubigen erlebten hier zwischen Peterskirche und Grabanlage den Kreuzweg und die Leiden Jesu Christi. Auf dem Berg Golgotha angekommen, konnten verschiedene Devotionalien erworben werden, auch Nachbildungen der 30 Silberlinge. Selbst die Reformation veränderte daran nichts, obwohl andernorts solche Rituale obsolet geworden waren. … In der protestantisch gewordenen Stadt Görlitz blieb so die rein katholische Ausdrucksform zur Vergegenwärtigung des Passionsgeschehens erhalten, wovon zahlreiche Schriften und Abbildungen aus allen Jahrhunderten zeugen. Görlitz war im 16. Jahrhundert zur meistbesuchten Heiliggrabwallfahrt Deutschlands geworden und bis zum Ende des 19. Jahrhunderts galt das Grab als die bedeutendste Sehenswürdigkeit der Stadt. … So verwundert es nicht, dass der Blutzoll des Judas von Görlitz aus massenhaft verbreitet und die Stadt zum Synonym dieser ›Münzart‹ wurde. Zur Geschichte des Heiligtums: Dalman, Das Heilige Grab in Görlitz (1915), 198–244; Taf. I–IX (mit einer Bibliographie von R. Jecht); besonders Meinert, Das Heilige Grab in Görlitz (2005), 9–21. 137 Küchler, Jerusalem (2007), 450–456; Küchler, Jerusalem (2014), 311–312. 138 Schier, Yerushalayim ha-Kedoschah (2015), 216–217. 136
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E § XIII Die Schekel-Medaillen
Der so genannte »Görlitzer Schekel« kann jedoch nicht als spezieller Typ der SchekelMedaillen definiert werden, da in den Dokumenten und unter den im Görlitzer Museum ehemals aufbewahrten 36 Schekel-Medaillen mindestens die vier Kisch Typen B–E vorkommen (Kap. 1.3.5.b). Wenn M. Tameanko eine besonders primitiv wirkende, silberne Schekel-Medaille, die im Museum von Görlitz vorliege, zum »Prototypen« aller Schekel- Medaillen deklariert (Kap. 1.4.2.b; Abb. 26), ist dies eine nur gefühlte Qualifizierung. Eine primitive Machart bedeutet ja keineswegs ein frühes Datum, sondern ist nur das Zeichen für fehlende Kunstfertigkeit. Die gleiche Schekel-Medaille ist ja auch bei Kisch als »presumly american« Typ B35 verzeichnet. Als sehr schöne Exemplare von solchen »Görlitzer Schekeln« mit Aufschriften in hebräischer Quadratschrift seien hier zwei Beispiele abgebildet (Abb. 46), die L.-G. Schier entnommen sind:139
Abb. 46: Zwei sehr schöne »Görlitzer Schekel« (Schier, 2015). Vorderseiten: Kelche mit ausgeglichener oder trapezoidaler Schale, vier Rauchschwaden, runder Knauf und glockenartiger oder konkaver Sockel mit rundem Fuß; Rückseiten: Belaubter Zweig als blühender Stab/Zweig Aarons mit dem typischem Einzelblatt links unten am Hauptzweig (Kisch, Typ B). Umschriften in hebräischer Quadratschrift: scheqel Jiśraʾel (4 Uhr) und Jeruschalajim ha-qedoschah (11 Uhr).
2.15.2 Die Geschichte der Görlitzer Medaillen-Prägung
Die Frage, die für die Geschichte der jüdischen Numismatik im 16. Jh. vorrangig ist, betrifft vor allem den Beginn der Görlitzer Medaillen-Prägung. Wie meistens, wenn es um den Anfang geschichtlicher Sachverhalte geht, ist dieser Beginn kaum mehr mit Sicherheit festzumachen. Ich stelle deshalb im Folgenden tabellenartig die Sachverhalte in chronologischer Reihenfolge dar, die G. Dalman, G. F. Hill, B. Kisch und neulich L.-G. Schier recherchiert haben:140
Schier, Yerushalayim ha-Kedoschah (2015), 205, Abb. 1 (Silber, Guss, 34 mm); 208, Abb. 4 (Silber, Guss, 35 mm); s. auch https://de.wikipedia.org/wiki/Görlitzer_Schekel. 140 Schier, Yerushalayim ha-Kedoschah (2015), 217–221; Abb. 12–21; Kisch, Shekel Medals (1941), 88–90. – Alle Autoren sind in Kap. 1 besprochen. 139
Schekel-Medaillen bei Autoren des 16. Jh. / Görlitz
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(1465 ), entspricht nicht den belegbaren Sachverhalten. Dass vor den Schekel-Medaillen die rhodischen Silberlinge die Funktion des Verratsgeldes innehatten, ist weit herum belegt (vgl. Kap. 1.6.1). Zwischen beiden so unterschiedlichen Prägungen kann sicher keine kontinuierliche Entwicklung gesehen werden. Es war die einsetzende und bald sehr mächtig werdende Produktion von Schekel-Medaillen, welche die Silberlinge aus Rhodos als Judasgeld verdrängte. Die ältesten literarischen und ikonographischen Belege, die seit den 60er Jahren des 16. Jh. vorhanden sind (Kap 3.2.2), lassen es nicht zu, eine eindeutige Ursprungssituation zu konstruieren. Während im Atelier von N. Milicz ab 1560 Kaisermedaillen mit dem Rauchkelch geprägt wurden (Kap. 2.3.1), um imperiale Ansprüche anzumelden (Abb. 32–38), standen die »alten Abdrücke«, »neuen Abgüsse« und selbstverfertigten »alten jüdischen Schekel« des J. Mathesius um 1562 (Kap. 2.4) und die »hin und wieder zum Gedächtnis abgegossenen Schekel« des A. Berg (1596; Kap. 2.13) im Dienst reformatorischer Frömmigkeit und entsprechender biblischer Realienkunde. Da es dabei stets um religiöse Belange christlicher Prägung ging, kann in der christlichen Frömmigkeit einer der Herkunftsbereiche der Schekel-Medaillen gesehen werden. Ob der Meysel-Schekel (1584) ein frühes Zeugnis jüdischer Herkunft ist, kann trotz der spekulativen Rückführung auf die jüdische Gemeinde in Prag durch die Kisch-Familie nicht überzeugend begründet werden (Kap. 2.9).
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E § XIII Die Schekel-Medaillen
Als Produktionsorte sind die europäischen Orte Sankt Joachimsthal, Görlitz, Nürnberg, Straßburg, Hamburg, Holstein und Prag durch schriftliche Zeugnisse oder Aufschriften belegt, ohne dass sie einander zeitlich zugeordnet werden könnten. Görlitz war offensichtlich der Ort in Deutschland, wo Schekel-Medaillen ab dem 3. Viertel des 16. Jh. kontinuierlich hergestellt oder verkauft und verbreitet wurden. Die Schekel-Medaillen im anglo-amerikanischen Raum und bei den Freimaurern, die nach M. Tameanko (§ XIII,1.4) bis jetzt noch in keinen Katalog aufgenommen sind, sind Phänomene des 18. und 19. Jh. und können deshalb nicht Gegenstand der vorliegenden, auf den Ursprung der SchekelMedaillen im 16. Jh. gerichteten Arbeit sein. 3.2.4 Juden und/oder Christen als Prägeherren?
Die meisten frühen Schekel-Medaillen waren offensichtlich christliche Produkte, die im Zusammenhang mit Wallfahrten »zum Gedächtnis« an den Verrat durch Judas und an den Leidensweg Jesu dienten. Die Schekel-Imitate der Reformatoren (§ XII), die ausschließlich die christliche Allegorisierung der Bildmotive verbreiteten, waren vielleicht der Ausgangspunkt für die Seltsamkeit, dass echte jüdische Schekel in der christlichen Frömmigkeit durch die Schekel-Medaillen eine große theologische Wichtigkeit bekommen konnten. In der katholischen Praxis führte dies – wie bei anderen katholische Pilgerorten üblich – zu hundertfachen Reproduktionen von Schekel-Medaillen als Devotionalien. Mit diesen Schekel-Medaillen und ihren neu gestalteten und gedeuteten Bildmotiven bewegen wir uns deshalb grundsätzlich im christlichen Bereich. Sie gehören nur noch im Sinn der geistesgeschichtlichen Verbundenheit zur jüdischen Numismatik. Wie weit jüdische Prägetätigkeit oder Beeinflussung festzustellen ist, bleibt recht unsicher. I. Rezak erklärtes Ziel, auch einen jüdischen Einfluss im Bereich dieser Medaillen plausibel zu machen, ist ein erster Versuch, Kriterien für eine Produktion, einen Gebrauch oder mindestens einen Einfluss von jüdischer Seite zu entwickeln. Er kann dies an 18 Medaillen unterschiedlichster Art mit mehr oder weniger Erfolg darlegen. Seine vorsichtige Sprache, die auch H. Gitler in dieser Beziehung teilt, soll hier als Indiz gewertet sein, dass dieser Bereich der Erforschung erst in seinen Anfängen steckt. 3.2.5 Deutungen der Bildmotive und der Aufschriften
Die Bildmotive des Rauchkelchs und des Aaronstabes werden im christlichen Bereich allegorisch auf den Kult und den Hohepriester Christus oder auf die rechte göttliche Lehre und das Gebet als wesentliche Aufgaben der Priester bezogen. Eine ganz typisch katholische Zuspitzung der Interpretation stellen alle Deutungen des Kelches als Altar, als Gefäß für das Blut Christi und der Rauchschwaden als Flammen oder als Blutdampf dar. Dass damit auf den zeitweise in Österreich erlaubten Laienkelch angesprochen sei, muss als nachträgliche, kontroverse Position gesehen werden. Andererseits zeigt sich bei J. Forster (Kap. 2.1) eine politische Deutung der Bildmotive: Rauchkelch und Stab stehen für »Priestertum und Regierung«. Er stützt sich dabei auf einige Gelehrte, die der gleichen Ansicht gewesen seien. Eine politische Ausmünzung des Rauchkelchs liegt klar auch bei den Kaisermedaillen des N. Milicz (Kap. 2.3.1) und wohl auch beim Halsschmuck des
Zusammenfassender Überblick (zu § XIII,2): Schekel-Medaillen im 16. Jh.
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Grafen Georg I. des Frommen vor (Kap. 2.11). Dass schon J. Strada im Granatapfelzweig auf seinem echten Schekel ein Zepter sah (§ X,5.2.5), zeigt, dass eine solche Deutung des Granatapfelzweigs in der Luft lag. Die in der Quadratschrift gehaltenen hebräischen Aufschriften weisen jene typischen Fehler auf, welche Prägeherren oder Stempelschneider machen, die des Hebräischen nicht oder nur schlecht kundig waren und bei der Übernahme die Aufschrift noch verschlechterten. Trotzdem sind sie stets Varianten von »Schekel Israels« und »Jerusalem die heilige« und behalten in etwa ihre jüdische Bedeutung. Nur bei J. Mathesius ist eine antijüdische Auslegung des Beiwortes qedoschah als kotze, »Hure, vulva« zu finden, was Jerusalem als ehebrecherische Stadt bezeichne. Wenn A. Berg das qedoschah ganz weglässt, muss das keine willentliche Korrektur bedeuten, sondern kann auch einfach eine Auslassung sein.
Teil F Die biblisch-jüdischen Phantasie-Münzen als ferne Nebenform von antiken jüdischen Münzen
Mit Phantasie-Münzen werden hier nach der zu Beginn des Teils E gebotenen Sprachregelung alle jene biblisch-jüdischen Münzen bezeichnet, die nicht den klassischen jüdischen Schekel als Vorbild haben wie die Schekel-Imitate (§ XII) und die Schekel-Medaillen (§ XIII), aber auch nicht die Täuschung der Käufer oder Betrachter beabsichtigen wie die Fälschungen (Exkurs VII), sondern von Juden und Christen in religiöser Absicht zur geistlichen Erbauung oder für religiöse Anlässe hergestellt wurden. Mit der Bezeichnung »biblisch-jüdisch« sind hier näherhin jene Münzen oder Medaillen gemeint, deren Bildmotive biblische Themen jüdischer Prägung aufweisen, doch werden die ebenfalls imaginierten Münzen der großen Gestalten Israels von Abraham bis Mordechai, wie die Midraschim des ersten Jahrtausends sie auf exegetische Weise konstruierten (§ IV), nicht wieder beigezogen. Nur ausnahmsweise kommen auch neutestamentliche Themen und Bildmotive in Betracht. In § XIV werden zuerst die archäologischen und legendären Faktoren (Kap. 1) und die Werke ikonographischer Art (Kap. 2) aufgezeigt, die im 16. Jh. eine anstiftende Funktion zur Herstellung von Phantasie-Münzen ausgeübt haben konnten. Dann werden die Autoren des 16. Jh., bei denen reale oder imaginierte Phantasie-Münzen vorkommen, in chronologischer Abfolge vorgestellt, wobei auch die Abhandlung De Nummis Hebraeorum von W. Schickard (1622), die einen Einschnitt in der Geschichte der Phantasie-Münzen darstellt, einbezogen wird (Kap. 3), obwohl damit der zeitliche Rahmen des 16. Jh. etwas überschritten wird. Die gewonnenen Erkenntnisse zu den Phantasie-Münzen werden dann im Tabellarischen Überblick VII zusammengefasst und ausgewertet (Kap. 4). Da damit die Darstellung der drei Nebenformen im 16. Jh. (§§ XII–XIV) abgeschlossen ist, fasst Kap. 5 deren Vorkommen, Stückzahlen und Abbildungen tabellarisch zusammen. Im Exkurs VII wird dann noch die für diese Zeit unbedeutende Gegenform der Fälschung kurz erörtert.
§ XIV Die Phantasie-Münzen – Biblisch-jüdische Motive als Bestandteile einer imaginierten biblischen Geldgeschichte
Die Entstehung der imaginierten Bildmotive auf den Phantasie-Münzen ist ein Prozess, der durch verschiedene Faktoren begünstigt wurde. Als fördernde Faktoren im 16. Jh. können archäologische und legendäre Sachverhalte (Kap. 1) und Werke ikonographischer Art (Kap. 2) geltend gemacht werden. Ein direkter Einfluss dieser Faktoren auf die Entstehung der Phantasie-Münzen ist zwar kaum auszumachen; sie stellen eher den Hintergrund dar, vor welchem das Aufkommen der Phantasie-Münzen plausibel erscheint. 1. Münzfunde und legendäre Orte des 16. Jh. als Anstiftung zu Phantasie-Münzen 1.1 Münzfunde in Jerusalem, Lyon und Paris: Guillaume Postel und Gabriello Simeoni
Dreimal werden im 16. Jh. Funde von Phantasie-Münzen vermeldet: Zum Ersten wurden nach G. Postel (1552) in den Schutthaufen der Ruinen von Jerusalem »goldene Münzen« mit samaritanischen Aufschriften gefunden, die nach der Ansicht der Besitzer aus der Zeit Salomos stammten (§ X,1).1 Zum Zweiten habe G. Simeoni (1558) im Sand der Saône in Lyon eine silberne David/Salomo/Jerusalem-Phantasie-Münze gefunden (Kap. 3.3.1; Abb. 49) und zum Dritten hat der gleiche G. Simeoni im königlichen Münzkabinett in Paris eine goldene David-Phantasie-Münze entdeckt (Kap. 3.3.2). Was immer diese Nachrichten an tatsächlichen Sachverhalten bergen, sie zeigen jedenfalls, dass archäologische Funde und biblische Phantasie in dieser Zeit einen fruchtbaren Boden für das Entstehen imaginierter antiker Münzen abgaben. 1.2 Eine legendäre Münzstätte Salomos in Jerusalem: Mosche Basola und Uri ben Schimeʿon
Es gab offensichtlich jüdische Insidertraditionen (vgl. § IV,6), die Salomo neben allerhand großen Bauwerken2 auch eine Prägestätte für Münzen in Jerusalem zugeschrieben haben. Zwei jüdische Pilger des 16. Jh. bezeugen jedenfalls eine solche topographische Fixierung: Mosche Basola sagt in seinem Reisebericht, dass er um 1523 in Jerusalem »ein 1 Postel, Linguarum Duodecim … Alphabetum (1538), 24, mit 2 Abb.; vgl. Postel, De Foenicum Literis … Commentatiuncula (1552), Bj–Bij. 2 Der älteste jüdische Jerusalem-Führer, Madrich Jeruschalajim (vor 950 n.), oder die jüdischen Reiseberichte der Kreuzfahrerzeit kennen Mauern, Becken, unterirdische Höhlen, Grabmäler, Heiligtümer, ja sogar ›Kirchen‹ Salomos; vgl. Küchler, Jerusalem (2007), 1145–1146 (Madrich Jeruschalajim) und 1155–1156 (Benjamin von Tudela); Küchler, Jerusalem (2014), 737–739 und 748–749.
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F § XIV Die Phantasie-Münzen
einst hübsches Gebäude mit einer Kuppel gesehen hat, von dem man sagt, dass dort die Münzprägestätte (ʿośeh ha-maṭbeʿa) des Königs Salomo war.«3 Und Uri ben Schimeʿon von Biala/Polen trifft 1537 im Kedrontal in der Nähe der Schiloach-Quelle auf ein »Steingebäude, von dem man sagt, dass man dort die Münze (ha-maṭbeʿa) des Königs Salomo gemacht habe«.4 Beide Autoren treffen demnach innerhalb von 15 Jahren in der Nähe des Schiloach-Teiches ein Gebäude an, das mit der Legende einer Prägestätte Salomos behaftet war. In keinem anderen Bericht oder in keiner der zahlreichen Beschreibungen Jerusalems jener Zeit ist sonst eine Spur einer solchen Prägestätte zu finden. Zur Zeit der beiden europäischen Pilger war aber für jüdische Besucher offensichtlich eine Prägestätte des überreichen Salomo in Jerusalem eine an einer Ruine festgemachte Evidenz. Dass den jüdischen Pilgern eine Tradition von salomonischen Münzprägungen in Jerusalem bekannt war oder vorgetragen wurde, hat sicherlich die Schaffung von Salomo- Phantasie-Münzen begünstigt. 1.3 Vermeintliche Gold- und Silbermünzen aus israelitischer Zeit
Ein weiterer Faktor, der die Herstellung von Phantasie-Münzen gefördert hat, sind die vielfachen Aussagen der Bibel über Gold- und Silberbeträge in israelitischer Zeit (§ II,2.1.1), die nicht als Gewichtsangaben, sondern als geprägte Geldstücke verstanden wurden. Für die jüdische Traditionsliteratur (§ III,2.1) und die nachfolgenden Zeiten sind Gold- und Silbermünzen aus der Zeit der Patriarchen und der davidischen Dynastie eine narrative Selbstverständlichkeit. Deshalb konnten im 16. Jh. die abgekürzten Jahresangaben auf den echten Schekeln des 1. jüdischen Krieges als abgekürzte Namen der israelitischen Prägeherren verstanden werden: ʿAsarja de Rossi sah vor 1573 auf dem Schekel der Witwe von Ferrara ein ש ד, »Jahr 4«, das er als Abkürzung von Scheqel David deutete (§ VIII,6.2.2), und ungefähr gleichzeitig las André Maës auf seinem vetustissimus siclus die (unmögliche) Jahresangabe ש מüber dem Kelch als Abkürzung von Schelomoh Melekh, »König Salomo« (§ X,9). Solche geprägte goldene Münzen gab es im antiken Judentum nie. Deshalb können auch die bei al-Aschqar erwähnten (§ VIII,5) »Juden von hier« keine echten jüdischen Münzen bewundert haben, wenn sie »Denare aus Feingold in der Form des Schekels« in der Hand des Nagid von Jerusalem bewunderten. Wie mehrere Autoren von J. Mathesius (1562) bis T. Friese (1592) in ihren imaginierten Münzgeschichten der Bibel erzählen (Kap. 3.4–7), waren goldene Münzen aus israelitischer Zeit eine nicht hinterfragte Gegebenheit. S. Grzepski (1568) postulierte sogar nie gesehene goldene Talente (§ IX,4.11) und A. Berg (1596/97) sah in der »Goldmüntz der Hebräer« das lauterste »Gold von Ophir« (1 Kön 9,28; 10,11 u. ö.), das in den vier Denominationen zuza, siclus, mina und Talent verwendet worden sei (§ X,12). Das zeigt auch die Freude der gelehrten Herren in Zürich um H. Bullinger, die den von A. Blarer hergestellten goldenen Imitativus für einen echten israelitisch-jüdischen Schekel hielten 3 Basola, ʾElleh Maʿaśeh (nach 1523), fol. 74r; Ed. und engl. Übers.: David/Ordan, In Zion and Jerusalem (1999), 72 (englisch); Jod-Chet (hebräisch). 4 Uri ben Schimeʿon, Jichus ha-ʾabot (1537/1659); hebr. Text und lat. Übers.: Hottinger, Cippi Hebraici (1659), 26–88: Genealogia Patriarcharum, bes. 48 (lat.). 49 (hebr.); franz. Übers.: C armoly, Jichus ha-Abot (1847), 424. 473, Anm. 77.
Münzfunde, legendäre Orte, ikonographische Werke des 16. Jh. als Anstiftung
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(§ XII,1.1). Offensichtlich wurden goldene Münzen dann auch hergestellt, wie die Münzfunde in Jerusalem, Lyon und Paris (Kap. 1.2) bezeugen. 2. Ikonographische Werke des 16. Jh. als Anstiftung zu Phantasie-Münzen
Ein weiterer Faktor, der die Entstehung von Phantasie-Münzen begünstigt hat, sind christliche und jüdische Bildwerke im Kleinformat. Dazu werden hier die sehr verbreiteten Illustrium Imagines (Kap. 2.1), die christlichen Medaillen biblischen Inhalts (Kap. 2.2) und die israelitischen und jüdischen Siegelbilder (Kap. 2.3) gerechnet. 2.1 Bilder des 16. Jh. von biblischen Berühmtheiten
Wie im Kapitel zum Erwachen des numismatischen Interesses und der Herausbildung einer metrologisch und ikonographisch dimensionierten Wissenschaft der Münzen und deren Geschichte in Europa aufgewiesen wurde (§ IX), haben sich in der Parade der Illustrium Imagines, die A. Fulvio 1517 eröffnete, seit dem Promptuarium von G. Rouillé (1553) auch die Bilder von Berühmtheiten der Bibel eingefunden, von denen keine Porträts auf irgendwelchen antiken Bildträgern zu finden waren. Sie sind aus der Phantasie entstanden und nach den kulturellen Eigenarten (Kleidung, Haartracht, Kopfbedeckung, Hoheitssymbole) der jeweiligen Zeit gestaltet. G. Rouillé ist sich dessen sehr bewusst, verweist aber zuerst auf die Künstler der Antike, die aufgrund von Mythen ihre Götter- und Herrschergestalten dargestellt hätten. Als zweite Rechtfertigung nennt er die »Wahrheit der Geschichte und die richtige Vernunft« und den Rat und die Hilfe seiner gelehrtesten Freunde als seine Hilfsmittel und Ressourcen (§ IX,5.1.2). Als Beispiele seien aus G. Rouillés Promptuarium die Porträtbilder und Personenbeschreibungen der biblischen und frühjüdischen Berühmtheiten (illustres) aufgezählt: Aus der Urgeschichte Adam und Eva/Noach und Sem/Cham und Japhet/Arphaxad Fil. Sem und Sala Fil. Ar[phaxad]/ Heber Fil. Sal. und Phaleg Fil. Ieber/Saturnus Babylon (= Nemrod) und Belus Iuppiter (Sohn des Nemrod)/Reg. Fil. Pel. und Sarug Fil. Reg./Nachor Fil. Sar. und Thare Fil. Nac. Aus der Patriarchen- und Exodusgeschichte Abraham und Sara/Agar und Ismael/Isaak und Rebekka/Jakob mit Rachel und Lea/Josef und Asenet/Mose und Aaron. Aus der Richterzeit Eleasar und Josua/De(l)bora prohetissa und Barach/Gedeon und Abimelech/Iephte und sein Nachfolger Abesan/Ibzan/Samson und Dalida. Aus der Königszeit Samuel und Saul Rex Israel/David Rex Iud et Isr und Salomon Rex Israel/Roboam R. Iuda und Sesach R. Ae[gyptorum]/Ahia Silon. Proph. und Hieroboam R. Israel (Propheta)/Abias R Iud. und Asa Rex Iud./Nadab R. Isra. und Baasa R. Israel/Ela R. Israel und Amri R. Israel/Achab R. Israel
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F § XIV Die Phantasie-Münzen
und Iezabel Regin./Elias Thes. P[ropheta] und Eliseus Prop./Iosaphat Rex Iud. und Ioram Rex Iud./ Ochozia R. Israel und Ioram R. Israel/Ochosias R. Iu. und Athalia Iud. Regina/Iehu R. Israel und Ioiada Su[mmus] Sac[erdos] (mit hebräischen Buchstaben auf der Kopfbinde)/Ioas R. Iud. und Amasias R. Iud./Iehoiachas R. Israel und Ioas R. Israel/Hieroboam II. R. Israel und Zacharia R. Israel/Azarias Rex Iud. und Ioatham R. I./Manahen R. Israel und Phasea F.R R. Israel/Phasea R. Israel und Hosea R. Israel/Achas Rex Iud und Esechias Rex Iud./Manases Rex Iud. und Isaias Proph./ Ammon Rex Iuda und Iosias R. Iuda/Hieremias Proph. und Baruch Proh./Jehoakim R. Iud. und Jehoacin R. Iud./Nabuchodonosor magnus und Zedechias R. Iuda/Daniel Proph und Esechiel Proph. Aus der nachexilischen Zeit Zorobabel D[ux] Iud./Arthaxerces und Esdras Propheta. Aus der hasmonäischen Zeit Ptolemeus und Eleazarus (Hohepriester)/Matathias Sac[erdos] und Iudas Machabeus/Ionathas 2. D[ux] Iud. und Symon 3. D[ux] Iud./Hircanus 4. D[ux] Iud. und Aristobolus 5. D[ux] Iud./ Ianneus 6. D[ux] Iud. und Alexandra 7. D[ux] Iudeor./II. Hircanus 8. D[ux] Iud. und II. Aristobolus 9. D[ux] Iudeor. Aus der herodischen Zeit (I) Herodes Ascalon. und Marianes Reg. Band II beginnt bezeichnenderweise mit den alt- und neutestamentlichen Prophetien zu Jesus Christus und einer Weihnachtsdarstellung in einem Medaillon. Das hebräisch beschriftete Jeschuaʿ- Porträt geht wahrscheinlich auf eine christliche Medaille zurück (s. Kap. 2.2.2). Es folgen dann Porträts von folgenden Gestalten aus dem Neuen Testament und dessen jüdischer und römischer Umwelt: Aus der herodischen Zeit (II) Archelaos als R[ex] Jud[aeorum] und seine zweite Frau Glaphyre/der Hohepriester Cayaphas Josephus und Pilatus als P[rocurator] IV/Herodes Antipas und seine Frau Herodias/eine Jeschuaʿ-Münze mit der lateinischen Umschrift Christus Rex Venit in Pace Deus Homo Factus Est/ Iudas Scarioth, daneben die rhodische Münze mit Rose und Helios als Beispiel für die 30 Silberlinge des Verratsgeldes/Herodes Agrip[pa] und Agrippa Iun./die beiden Apostel Petrus und Paulus. Zwei jüdische Schriftsteller Philo Iudaeus Phil[osophus] Nat[us in] Alex[andria] und Josephus Iud[aeus] PHS Hierosol[yma].
In diesen Phantasieporträts ist keinerlei Einfluss von jenen Porträts festzustellen, die auf den Münzen der ptolmäischen Herrscher oder der Herodier Philippus und der beiden Agrippas tatsächlich vorhanden waren. Die Numismatik war für G. Rouillé erstaunlicherweise keine Inspirationsquelle für die Gestaltung seiner Porträts. Auch die legendarischen Traditionen der jüdischen Haggada (§ IV) werden unberücksichtigt gelassen. Die anfängliche Vermutung, dass sich zwischen G. Rouillé und diesen beiden Herkunftsfeldern eine Verbindung finden lasse, hat sich nicht bestätigt. Die Autoren, die den ikonographischen Ansatz von A. Fulvio in die biblische Welt weitergezogen haben (vgl. § IX,3 und 5), können deshalb nur als Signal für das Aufkommen des Wunsches, die großen Ahnen auch bildlich vor sich zu haben, gewertet werden. Eine direkte Verbindung zwischen den Illustrium Imagines und den biblisch-jüdischen Prägungen von Illustrium Nummi gibt es jedoch nicht.
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2.2 Christliche Medaillen mit biblisch-jüdischen Bildmotiven
Als weiteres anstiftendes Umfeld kann die christliche Medaillenproduktion gesehen werden, die im 16. Jh. eine Blütezeit erlebte. Aus dem Silber der neu eröffneten Minen im nördlichen Europa (vgl. § XIII,2.2) wurden zahlreiche Bildträger in Medaillenform hergestellt, die in der christlichen Praxis zu vielfachen Gelegenheiten gebraucht wurden. Diese Medaillen liefen in dieser Zeit den oft nur schwierig zugänglichen Graphiken der Bibelillustrationen, den Holzschnitten und den Kupferstichen, den Rang ab und wurden sehr populär. 2.2.1 Medaillen mit alttestamentlichen Bildmotiven
Nach dem Katalog von Medaillen, die nach V. Katz im 16. Jh. im Erzgebirge geprägt wurden, sind zahlreiche Motive aus dem Alten und dem Neuen Testament auf den christlichen Medaillen dargestellt. Ich verzeichne im Folgenden in alphabetischer Anordnung nur die Bildmotive, die einen alttestamentlichen Hintergrund haben:5 Abel Abraham mit Melchisedek, Sara, Hagar und Isaak Absalom und Tamar Adam und Eva Bileam und die Eselin Daniel in der Löwengrube David mit Batseba Elija Goliat Ijob Jael Jakob und Rachel Jeremias Jesaja
Joab Jonas und der Walfisch Jonatan und Samuel Josua Kain Lot und seine Töchter Mose, bes. Moses cornutus die Froschplage der Mannaregen die eherne Schlange Noach Salomo Samson Susanna.
Als einzige Parallele zwischen diesen Medaillen und den Phantasie-Münzen ließ sich der Moses cornutus finden, den es aber seit den griechischen und lateinischen Übersetzungen der hebräischen Bibel literarisch gibt und der in zahlreichen Abbildungen seit dem Mittelalter dargestellt (Kap. 3.1) und von H. Magdeburger dann auch auf Phantasie-Münzen geprägt wurde (Abb. 48).6 Eine generelle Beeinflussung der Phantasie-Münzen durch diese imaginative christliche Kleinkunst lässt sich also nicht aufzeigen.
5 6
Vgl. das Register bei Katz, Die erzgebirgische Prägemedaille (1931), 265–267. Katz, Die erzgebirgische Prägemedaille (1931), 90, Nr. 145–146; Taf. XVIII,3–4.
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2.2.2 Jeschuaʿ- und Jeschu-Medaillen mit Aufschriften in hebräischer Quadratschrift
Bei G. F. Hill (1920) findet sich unter den metallenen Porträts Christi eine spezielle »hebräische Gruppe« in welcher er sechs Medaillen aus dem Britischen Museum oder anderen eingesehenen Kollektionen mit einem Christusporträt und mit Aufschriften in hebräischer Quadratschrift bespricht, abbildet und kritisch situiert.7 M. Narkiss führt 1928 unter seinen imaginierten Münzen mit Aufschriften in hebräischer Quadratschrift auch vier Jeschu-Münzen an.8 Beide Autoren lassen jedoch die Datierung dieser Medaillen offen, sodass man über deren Zusammenhang mit den jüdischen Phantasie-Münzen des 16. Jh. nichts Sicheres sagen kann. Die Aufschriften beinhalten stets christliche Bekenntnisformeln, welche die Menschwerdung Gottes oder die Auferstehung Christi beinhalten. Es scheint mir nicht zielführend, anhand dieser Medaillen eine jüdische Trägerschaft zu postulieren, die zum Übertritt zum Christentum gezwungen worden sei und mit diesen Jeschuaʿ-Medaillen einen Garantiejeton gegen weitere christliche inquisitorische Untersuchungen besessen habe. Es gab unter den Christen dieser Zeit ja einige Gelehrte wie G. Postel und T. A. degli Albonesi, die genügend Hebräisch konnten, um Vorlagen für diese hebräisch beschrifteten Medaillen zu schaffen. Sie sind deshalb als durchaus christlich zu betrachten, die aber von Leuten gestaltet wurden, welche die jüdische Zugehörigkeit Jesu betonten. T. A. degli Albonesi (1469–1540) erzählt in seiner Introductio in Chaldaicam Linguam (1539), dass er im Jahr 1538 in Ferrara bei einer sehr angesehenen christlichen Dame ein bronzenes Medaillon mit dem Bild des Erlösers und samaritanischen Buchstaben gesehen habe, von dem er jedoch keine Abbildung bietet (§ X,2, Zusatz). Da keine der bekannten Christus-Medaillen, wozu es eine abundante Literatur gibt, althebräische Buchstaben aufweist, bleibt seine Beobachtung vereinzelt und rätselhaft. G. F. Hill findet zwar, dass die »very roughly cast medal« eines Dr. Thomas Henderson (Fig. 25) der Christus-Medaille von T. A. degli Albonesi am nächsten käme, übersieht dabei aber, dass die Aufschriften seiner Medaille in hebräischer Quadratschrift und diejenige von degli Albonesi in »samaritanischer«, also althebräischer Schrift geprägt waren.
Ein Kuriosum: Ein spanisches Medaillon mit einer paulinisch tönenden Liebeserklärung (1519) In der Korrespondenz von Antonio de Guevara (1481–1545), dem Bischof von Mondoñedo und Berater Karls V., ist ein seltsamer Brief vorhanden, der auf eine für damalige Sitten unerhörte Weise die Bibel numismatisch einsetzt.9 Der Bischof hat von seiner »Frau Schwester« Dona Fran7 Hill, The Medallic Portraits of Christ (1920), 47–55; Fig. 26–28. Vor ihm war schon der leicht pseudologe Beitrag von Ferarès, Les Médailles du Christ à légendes (1917), 269–279; 1 Pl. (mit 7 Exemplaren), erschienen; vgl. die Rezension von Schwab Moïse, in: L’Univers israélite 73/5, Paris 1917, 135–136. Zu den beiden Schreibweisen Jeschu und Jeschuaʿ und zu deren jüdischem und christlichem Gebrauch s. Shuali, Yešu or Yešuaʿ (2020), der jedoch die Phantasie-Münzen, die beide Namen aufweisen, nicht berücksichtigt. 8 Narkiss, Maṭbeʿot ʿivriot dimjoniot (1928), 111. 115 (vgl. § XIII,1.2.1). 9 de Guevara, Epistolas familiares (1599–1600), 554–558 (Letra 21): Letra para Dona Francisca de Guevara … (1519), Zitat: 554. Dekesel, Bibliotheca Nummaria II/3 (2003), 3164, verzeichnet diesen Brief im Subject Index unter »biblical coins«.
Ikonographische Werke des 16. Jh. als Anstiftung zu Phantasie-Münzen
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cisca de Guevara eine Anfrage zu einer silbernen Medaille bekommen, die ihr von einem »Diener und Freund« zugeschickt worden sei und eine ihr unverständliche Aufschrift aufweise. In seinem Antwortbrief vom 3. Jan. 1519 aus Burgos referiert er die Aufschrift: Vivo yo, mas ya no yo, vive en mí, la que qiero más que a mí. Ich lebe, aber nicht ich lebe, es lebt in mir jene, die ich mehr liebe als mich. Der christliche Gelehrte erkennt hinter dieser Liebeserklärung natürlich den Paulustext Gal 2,20: Ich lebe, aber nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Er ist über die erotische Verwendung der Sagrada Escriptura entsetzt, verwünscht den Autor dieser Verunstaltung und empfiehlt seiner »Frau Schwester«, dem Galan diese Medaille zurückzuschicken! Diese kleine Episode hat nur indirekte Relevanz für die Geschichte der jüdischen Numismatik, weil es ja um ein Zitat aus der christlichen Bibel des Neuen Testaments geht. Das selbst fabrizierte Medaillon zeigt aber auf originelle Art die Verwendung der Bibel zur Gestaltung einer Medaille. Dass diese hier als Träger einer Liebesbotschaft eingesetzt wird, weist zudem darauf hin, dass Medaillen zu ganz unterschiedlichen Zwecken gebraucht werden konnten. Die im 16. Jh. zunehmende Produktion von Gedenkmedaillen mit biblischen Motiven und Texten steht in einer Verlängerung zu diesem amüsanten spanischen Beginn.
2.3 Israelitische und jüdische Siegelbilder – Eine kaum verwandte jüdische Bilderwelt
Ein weiteres paralleles Feld zu den Phantasie-Münzen sind die Siegel, mit denen in israe litischer Zeit10 und während der frühjüdischen Epoche11 anhand von Aufschriften und vielfachen Bildmotiven eine Besitzanzeige, eine Gebrauchsbestimmung, eine Beglaubigung oder ein Recht usw. auf formbarem Material eingeprägt wurden. Je nach den Gezeiten des jüdischen Ikonoklasmus gab es Phasen oder geographische Bereiche, die strikter oder freizügiger in der Benutzung von Bildmotiven waren. In talmudischer Zeit sind Bildmotive wie Fisch, Palmzweig, Schiff, menschlicher Kopf und Menora auf jüdischen Bildträgern belegt, wobei der Talmud deren Gebrauch zu regeln versucht und öfters auf deren Ambivalenz hinweist, weil sie jenen Kreisen des Judentums immer wieder Probleme schufen, die Bilder radikal ablehnten (vgl. § III,4.2).12 Die mittelalterliche Welt der jüdischen Siegel in Europa ist umfassend im Werk von Daniel M. Friedenberg dargestellt worden,13 das die Bildmotive von 177 Siegeln des 12.– Siehe Renz/Röllig, Handbuch der althebräischen Epigraphik II/2 (2016), 79–439; monumental: Keel, Corpus der Stempelsiegel-Amulette, 5 Bd. (1995–2017). Geographisch weiter ausgreifend ist die Aufsatzsammlung von Regulski/Duistermaat/Verkinderen, Seals and Sealing Practices (2012), bes. 175–187: Fernàndez Medina Ester, The Seal of Salomon: From Magic to Messianic Device. 11 Reifenberg, Some Ancient Hebrew Seals (1938), 113–116; Pl. VI; Reifenberg, Ancient Jewish Stamps and Seals I–IV (1939–1954); auch: Reifenberg, Ancient Hebrew Seals (1950); schöne Darbietung bei Overbeck [/Meshorer], Das Heilige Land (1993), 117–144. 12 Wolf, Art.: Seal (1905), 136a. 13 Friedenberg, Medieval Jewish Seals (1987), bes. 24–31: Jewish Symbols and Legends on Medieval Seals; vgl. Friedenberg, Jewish Minters and Medalists (1976), umfasst die ganze Zeit von Bar Kokhba bis zum modernen Staat Israel; S. 6–22 stellt die jüdischen Stempelschneider West- und 10
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F § XIV Die Phantasie-Münzen
16. Jh. zeigt und in das Leben der Juden Europas einordnet. Seit dem 13. Jh. sind jüdische Siegel von Gemeinden in Europa bekannt, die mit den Bildsignalen eines Adlers und Judenhuts (Augsburg, Metz), eines Ochsen (Ulm), eines Dreitürmetors (Hamburg) oder einer Mondsichel mit Stern (Regensburg u. a.) ihre Identität ausdrückten. Unter den christlichen Herrschern der iberischen Halbinsel haben auch jüdische Würdenträger und Amtspersonen ihre Entscheidungen und Dokumente mit gültigen Siegeln versehen. Große europäische Familien hatten ihre »sprechenden Siegel«, die im Bild den Namen der Familien oder Dynastien darstellten, wie z. B. der Rosenbusch für die Roselins und der Dornenzweig für die Spinozas. Auf den individuellen Siegeln wurden vor allem die Bilder benutzt, die für die Stämme Israels in Gen 49 und Dtn 33 emblematisch stehen: Löwe/Löwin, Esel, Schlange, Hirsch, Wolf, Bulle/Ochse, Weinrebe und Zelt; aber auch die in nachbiblischer Zeit stark aufkommenden Bildmotive Bär, Adler, Fisch und Stern wurden beigezogen. Die Motive des Löwen, Bullen und Adlers teilten sich Juden und Christen, während der Judenhut ausschließlich und nicht stets pejorativ von Juden gebraucht wurde oder werden musste. Während die Menora, alle Kultsymbole, Bäume, landwirtschaftliche Produkte und exotische Figuren und Grotesken völlig fehlen, wird auch das menschliche Antlitz, von vorn oder von der Seite, jedoch ohne Körper, abgebildet. Zu den beliebtesten Bildmotiven zählen die Tierkreiszeichen und der sechszackige Stern als magén David. Das auffälligste und typische Merkmal für die jüdischen Stempel ist jedoch der Gebrauch der hebräischen Sprache, die Angabe der Verwandtschaftsverhältnisse und das Vorkommen der typisch jüdischen Abkürzungen. Jüdische Siegel aus sassanidischer Zeit (3.–7. Jh.) hat der gleiche Daniel M. Friedenberg in einem Katalog publiziert, der 57 jüdische oder sich auf jüdische Belange beziehende Siegel umfasst.14 Die meisten stellen biblische Szenen dar, wie die Bindung Isaaks (Nr. 12– 26. 49–51) oder Daniel in der Löwengrube (Nr. 52–57), drei zeigen menschliche Gestalten (Nr. 27–29), oft sind Tiere wie Löwen, Steinböcke oder wilde Schafe, ein Vogel, Bär, Hahn und Fasan abgebildet (Nr. 30–41) und zwei weisen Familienembleme auf (Nr. 42–43). Auch wenn vielfach sassanidischer Einfluss festzustellen ist (S. 61–62), zeigen die Bildmotive, kombiniert mit der hebräischen Schrift, dass die meisten jüdischer Herkunft sind. Ausschließlich jüdisch ist das Doppelmotiv von Lulav und Etrog, das auf Siegeln von hohen Geistlichen oder von religiösen Institutionen vorkommt (Nr. 1–11) und wohl als »ein konservatives Festhalten an alten Symbolen« verstanden werden kann, »die in der frühen babylonischen Diaspora nie von der Menora überformt wurden«.15
Osteuropas und einige ihrer Erzeugnisse vor. Als Vergleichsmaterial boten sich D. M. Friedenberg nur die polnischen Brakteaten des 12. und 13. Jh. an (S. 20–22). Die 43 nachgezeichneten Exemplare, wovon fünf als Photographien geboten werden, weisen hebräische Aufschriften (Namen oder Segenswunsch) und zahlreiche Bildmotive (Porträts, mythische Figuren, Pflanzen, Tiere, Gebäude) auf, die jedoch keinen Bezug zu den Schekel-Medaillen oder Phantasie-Münzen zulassen; s. Boné, Hebrew Inscriptions (1962), 88–97; Pl. II, 1–43; Dannenberg, Grundzüge der jüdischen Münzkunde (1891 [= 1899 = 2012]), 187; Taf. VII, Abb. 81a. 14 Friedenberg, Sasanian Jewry and Its Culture (2009); vgl. Shaked, Jewish Sasanian Sigillography (1995), 239–256; Ill. 15 Friedenberg, Sasanian Jewry and Its Culture (2009), 65, note 3; nach Kindler, Lulav and Ethrog (2003), 239–246; vgl. Kindler, Lulab and Ethrog (1962), 42–43.
Israelitische u. jüdische Siegelbilder / Phantasie-Münzen bei Autoren des 16. Jh.
503
Es ist offensichtlich kein direkter Einfluss von diesen israelitischen und europäisch- oder persisch-jüdischen Siegeln auf die Bildmotive der Phantasie-Münzen festzustellen. Parallelen sind gewiss vorhanden, doch sind die figürlichen Darstellungen von Menschen, Gebäuden oder Sternen auf den biblisch-jüdischen Phantasie-Münzen anders gestaltet. Am nächsten verwandt ist das Dreitürmetor, das sowohl auf Salomo-Phantasie-Münzen (Kap. 3.4.4), wie auch auf Siegeln von Sevilla, dem privaten Siegel von Todros Halevi und auf dem Wappen der Stadt Hamburg vorkommt,16 sowie der sechszackige Stern (magén David), der aber nicht nur auf Phantasie-Münzen (s. § XIII,1.5.4; Nr. 12 und 13), sondern in der ganzen Kulturgeschichte des Judentums vorkommt. Der Ochse, der für die Stadt Ulm steht, gleicht ebenfalls nur entfernt dem Stier auf der imaginierten Josua-Münze, die W. Schickard 1622 zeichnen wird (Kap. 3.8.2.b; Abb. 50, Bild 5, links). 3. Reale und/oder imaginierte Phantasie-Münzen bei Autoren des 16. Jh.
Im Folgenden werden jene Autoren des 16. Jh. in werkchronologischer Abfolge vorgestellt, bei denen jüdische Phantasie-Münzen als real existierende oder innerhalb einer imaginierten Münzgeschichte der Bibel erwähnte literarische Exemplare vorkommen. Bei Fulvio Orsini (1529–1600) hat J. B. Villalpando (1604) nach dessen Beschreibung eine SalomoTempel-Phantasie-Münze vorgefunden und W. Schickard (1622) hörte von F. Orsinis Besitz einer Salomo-Münze (dicitur habuisse), die »das Angesicht des Königs [Salomo] auf der einen, den Tempel auf der anderen Seite und auf beiden Seiten gewöhnliche Buchstaben (litterae vulgares; d. h. hebräische Quadratschrift) aufgewiesen hat«.17 Die Durchsicht der beiden numismatischen Hauptwerke von F. Orsini, die Imagines et Elogia Virorum Illustrium (1570) und Familiae Romanae (1577) konnte diese Aussagen nicht bestätigen (§ XV, Chronologische Bibliographie, zu den Jahren 1570, 1604 und 1622). Die beiden Autoren mussten diese Münze unter den nicht publizierten Sammlungsstücken von F. Orsini gesehen haben. Dass silberne Exemplare von solchen Münzen in der Mitte des 16. Jh. vorhanden waren, zeigen die Beschreibungen von J. Strada und G. Simeoni (Kap. 3.2 und 3.3.1; Abb. 49). Die bekritzelten Geldstücke des Judaslohns auf dem Bild vom Schmerzensmann bei Lucas Hugensz van Leyden (1517; Abb. 45) und die apokryphe Salomo-Prägestätte der beiden jüdischen JerusalemPilger Mosche Basola (1523 ); Estori ha-Farchi (1322); Jechiel Nissim (1527); al-Aschqar (1530 ±).
1. Jahr
Blarer/de Bèze (1582); Strada (1555
Jefet ben Ali ben Hassan el-Lewi ha-Bazri (um 920–991)
1020
Haʾi Gaʾon ben Scherira (939–1038) (§ VI,2)
(§ VI,1)
Kommentar zu Levitikus, zu Lev 27,25. Manuskript: St. Petersburg, Ms Firkowitsch 565 (Krim-Sammlung), fol. 32r (judeo-arabisch). Microfiche: Yaf 36 des Institut Dominique Barthélemy (Freiburg, Schweiz). Deutsche Übers.: Adrian Schenker (Freiburg, Schweiz). Auszug: Neubauer, Aus der Petersburger Bibliothek (1866), 40–47: Samuel hakadosch, Sohn des David (Petersburg 749); 119: Note XXIV. Digitale Ausgabe: http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10993208_ 00001.html
Perusch ha-Geʾonim, Sefer Seder ṭoharot, zu Mischna Jadajim 4,5. Ausgabe: Rosenberger, Perusch rabbenu Rav Hai Gaʾon al-seder toharot (1856), bes. S. 41 (zu mJadajim 4,5).
4.–13. Jahrhundert
557
Dazu: Epstein, Der Gaonäische Kommentar zur Mischnaordnung Teharoth, Heft 2 (1924), 135 (zu mJadajim 4,5); Epstein, Der Gaonäische Kommentar zur Ordnung Tohoroth (1915).
1040
Ibn Janach Jonah (um 990–1050) [Abu-l-Walid Marwan ibn Jannah; Marinus] (nach § VI.2)
Kitav al-uṣul/Sefer ha-schoraschim (»Buch der Wurzeln«). Ausgabe: Neubauer (Hg.), Ibn Janach, Kitav al-uṣul (1875). Hebr. Übers.: Ibn Tibbon Jehuda, Ibn Janach, Sefer ha-schoraschim (1897). Bibliographie: Saenz-Badillos/Targarona Borras, Grammaticos Hebreos (1988), 109–147, bes. 147; Roth, Dictionary (2007), 347–350, bes. 348, Nr. 186,2.
1100 ± Schelomo ben Jiṣṣchaq (1040–1105) [Raschi]
(nach § VI.2)
Kommentar zum Pentateuch, zu Schemot/Ex 21,32. Hebr. Text und deutsche Übers.: Dessauer, Thora. Die fünf Bücher Mosche, Bd. II, (1865/1962), 200 (zu Ex 21,32). Deutsche Übers.: Bamberger, Raschis Pentateuchkommentar (1922), 212.
12.–13. Jahrhundert
1168
Mosche ben Maimon/Maimonides (1138–1204) [Rambam]
(§ VI,3.1)
1180
Mosche ben Maimon (s. beim Jahr 1168)
(§ VI,3.1)
Mischnah Scheqalim. In: Sefer ha-Maʾor/Perusch ha-Mischnah Nach Stemberger, Einleitung (2011), 163–164. Bibliographie: Roth, Dictionary (2007), 552–567 (Mischna-Kommentare).
Traktat Scheqalim, in: Mischneh Torah. Ausgabe: Mischneh Torah, Bd. I, Sefer Zemanim (Israel; ohne Ort und Jahr [Reprint]), 295–304. Engl. Übers.: Gandz/Klein, The Code of Maimonides. Book Three (1961), 409–425: Treatise VII. Laws concerning Shekel Dues. Digitale Ausgabe (mit lat. Übers.): http://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=ucm.5320306783;view=1up; seq=7 Bibliographie: Roth, Dictionary (2007), 570–583.
1200 ± Ibn ʾAknin Josef ben Jehuda (um 1150–1226)
(nach § VI,3.2)
Maʾamar al middot we-ha-mischqelot (»Beitrag zu den Maßen und Gewichten«). Ausgabe: Kobak, Sefer Ginse nistarot III (1872), 185–200. Digitale Ausgabe: https://books.google.ch/books?id=pSg2AQAAMAAJ&pg=PA185&hl=de&source= gbs_toc_r&cad=3#v=onepage&q&f=false Bibliographie: Roth, Dictionary (2007), 248–251, bes. 250, Nr. 148,4; Saenz-Badillos/Targarona Borras, Diccionario de Autores Judios (1988), 182.
1204 ± Mosche ben Maimon (s. beim Jahr 1168)
(§ VI,3.2)
Teschuvot ha-Rambam, Responsum 7. Ausgabe: Lichtenberg, Kobez teschuvot ha-Rambam ve-iggerotav (1859), I, 2–3: Responsum 7. Bibliographie: Roth, Dictionary (2007), 596–607: Responsa and Letters.
558 G § XV Chronologische Bibliographie der für die jüdische Numismatik bedeutsamen Autoren
1270 > Mosche ben Nachman/Nachmanides (1194–1270) [Ramban]
(§ VI,4)
Perusch ha-Torah, Ha-ʿareh nosefet (»Angefügte Notiz«). Alte Ausgaben: Rom (?), ca. 1469–1472 (Nachdr. Jerusalem 1962 und 1969); Lissabon 1489 (Nachdruck Lissabon 1989); Neapel 1490; Venedig 1548 usw. Ausgabe: Chavel, Perusche ha-Torah le Rabbenu Moscheh ben Nachman, Bd. II (1960), תקז–תקח: Ha-ʿareh nosefet. Dazu: Ofer/Jacobs, Naḥmanides’ Tora Commentary Addenda (2013), 338,1–339,21 (mit Photographie eines Schekels aus dem 3. Jahr des 1. jüd. Krieges). Engl. Übers.: Chavel, Commentary on the Torah of Mosche ben Nachman, Bd. II (1973), 627–628: »Additional Note by Ramban«. Bibliographie: Roth, Dictionary (2007), 630–631, mit Angabe der alten Ausgaben.
14. Jahrhundert
1310 > Ibn Adret Schelomo ben Abraham (um 1233–1310)
(nach § VI,4)
1320 > de Matociis (Mansionario) Giovanni (gest. 1337)
(in § VII,2)
Scheʾelot u-Teschuvot [abgekürzt: Schu«t] (»Fragen und Antworten«). Ausgabe: Jerusalem 2000/2001 (10 Bd. in 5 Bd., über 1000 Rechtsgutachten). Bibliographie: Roth, Dictionary (2007), 236–248 (Nr. 147), bes. 244–245.
Historia Imperialis. Angaben: Cunnally, The Role of Greek and Roman Coins (1984), 85–89. 345–430, inklusiv Pl. XXIX– XXXVI: »Mansionario’s Imperial Portraits«, und Pl. XXXVII–XLIII: Herrscherköpfe auf Münzen.
1322
Estori ben Mosche ha-Farchi (um 1282–1357)
(§ VI,5)
Kaftor wa-ferach (»Knospe und Blüte«), § 16 (enthaltend: mischqelot, maṭbeʿot, middot, »Gewichte, Münzen, Maß«). Erstausgabe: Venedig 1549, 123 S. Ausgabe: Luncz, Caftor va-pherah, par Estori ha-Parchi, Bd. II (1899), 377–896; zwischen 404 und 405: Temunot matbeʿot ʾachadot mi-mej ha-bet ha-scheni (Neudruck Jerusalem 1959). Digitale Ausgabe: http://www.hebrewbooks.org/47649 (Sefer Kaftor wa-ferach le-Rabbenu Estori ha-Parchi, Bd. II, Peraqim 11–20, Jerusalem 2007, Zitat: S. 232/)רלב. Franz. Übers. (auszugsweise): Zolty, Estori ha-Parḥi, Caftor wa-feraḥ (2003), 96–99 (Kap. II), 100– 167 (Kap. VI), 168–201 (Kap. VII), 202–285 (Kap. XI), 286–313 (Kap. XIV).
1354/55 Petrarca Francesco (1304–1374)
(in § VII,2)
Epistulae Familiares XIX.3. Ausgabe: Fracassetti, Francisci Petrarcae Epistolae de Rebus Familiaribus, Bd. II (1923), 520.
559
14.–16. Jahrhundert
15. Jahrhundert
1400 ± Alchadab Isaak ben Salomon ben Zaddik (floruit ca. 1350–1430) (nach § VI,5)
Leschon ha-zahab (»Goldzunge«). Angaben: Buxtorf, Bibliotheca Rabbinica (1648), 106: »Leschon ha-zahab LESCHON HASSAHAF, Lingua, vel lingua aurea [Ios VII,21]. Venetiis in quarto. (Est tractatus de nominibus mensurarum, quae in Sacra Scriptura exstant, R. Isaac Alchadefi, id est Gibbosi. MS)». Bibliographie: Roth, Dictionary (2007), 124–125.
1400 ± Perfet Isaak ben Scheschet (1326–1409)
(nach § VI,5)
1403 < Duran Schimeʿon ben Ṣemach (ca. 1360/61–1444)
(nach § VI,5)
Scheʿelot u-Teschuvot [abgekürzt: Schu«t] (»Fragen und Antworten«) Ältere Ausgaben: Konstantinopel 1546–1547; Vilnius 1878 (Nachdr. New York 1954 und 1976; Jerusalem 1967). Ausgabe: Epstein, The Responsa of Rabbi Simon b. Ẓemaḥ Duran (1930), Nachdruck 1968. Digitale Ausgaben, siehe: http://www.abebooks.com/book-search/title/responsa-rabbi-solomonben-adreth-barcelona/ Span. Übers. (teilweise): Barcelona 2004. Bibliographie: Roth, Dictionary (2007), 434–435 (Nr. 257), bes. 435,1.
Ha-Taschbeṣ (»Die Ausschmückung« oder »Stickerei«). Ausgaben: Amsterdam 1738–1739 und 1741; Lemberg 1891; Jerusalem 1974 und 1998. Angaben: Zunz, Münzkunde (1845), 536. Bibliographie: Roth, Dictionary (2007), 192–198 (Nr. 107), bes. 197,16.
1444 > Albo Joseph (gest. um 1444) (nach § VI,5)
Sefer ha-ʿIqqarim, »Buch der Prinzipien« III,16. Erstausgabe: Soncino 1485. Ausgabe: Warschau 1877, 235–236; hebr. zitiert bei Ofer/Jacobs, Naḥmanides’ Tora Commentary Addenda (2013), 22. Deutsche Übers.: Schlessinger/Schlesinger, Sefer ʿIqarim (1844). Bibliographie: Roth, Dictionary (2007), 114–116.
16. Jahrhundert Abkürzungen (ab hier gebraucht) Dekesel, 16th = Dekesel, Bibliotheca Nummaria [I] (1997). Dekesel, 17th, I–III = Dekesel, Bibliotheca Nummaria II,1–3 (2003). Dekesel, 18th, I–V = Dekesel, Bibliotheca Nummaria III,1–5 (2009–2015). (Die Bibliographien von Herrn und Frau Dekesel ermöglichten es, ab 1600 genaue bibliographische Angaben auch bei Werken zu geben, deren Ausgaben nicht eingesehen werden konnten.)
560 G § XV Chronologische Bibliographie der für die jüdische Numismatik bedeutsamen Autoren
1510 > Obadja de Bertinoro (ca. 1455–1510) (§ VIII,1)
Mischna-Kommentar, zu mJadajim 4,5. Ausgabe: Venedig 1548/49. Hebr. Text und lat. Übers.: Kircher, Oedipi Aegyptiaci tomus secundus (1653), 85. Lat. Übers.: Surenhuys, Mischna, Bd. VI (1703), 490. Briefe: Neubauer, Selection from Two Letters Written by Obadia da Bertinoro (1872), 113–150. – Adler, Jewish Travellers in the Middle Ages (1987), 209–250.
1514
Budé/Budaeus Guillaume (1467–1540) (§ IX,2.1)
De Asse et Partibus eius, Libri Quinque. Erstausgabe: Paris 1514, (14 S.) + CLXXII fol. + (2 S.) Weitere Ausgaben: Paris 1516, (16 S.) + CXCIII fol. + (2 S.); Venedig 1522, (24) + 262 + (4) S.; erweiterte Ausgabe: Köln 1528 (mit angefügtem Breviarium; 1523 ), 72.; zitiert nach Finkel, Obadja Sforno als Exeget (1896), 8–9. Digitale Ausgabe: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/6522688
1550 < Strada Jacopo (1505/1515?–1588)
(in § IX,1.1)
Magnum ac Novum Opus [= MaNO] continens Descriptionem vitae, imaginum, numismatum omnium tam Orientalium quam Occidentalium Imperatorum ac Tyrannorum, cum collegis ac coniugibus liberisque suis, usque ad Carolum V. Imperatorem, Bd. 1–14 Infos: Die Bände werden durch das Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt erschlossen und ab Herbst 2020 in die Datenbank des Census of Antique Works of Art and Architecture Known in the Renaissance aufgenommen (V. Heenes, eMail vom 3. April 2020). https://www.jpc.de/jpcng/books/detail/-/art/volker-heenes-jacopo-strada-s-magnum-ac-no�� vum-opus/hnum/9891844
1552
Postel Guillaume (1510–1581)
1552
Melanchthon Philipp (1497–1560)
(§ X,1.2)
De Foenicum Literis, seu de Prisco Latine et Grece Lingue Charactere, eiusq; Antiquissima Origine & Usu, … Commentatiuncula, Guillielmo Postello Barentonio authore. Erstausgabe: Paris 1552 (nach dem Vorwort abgeschlossen 1551), 99 unpag. (71) S. (= Bünde A–D). Digitale Ausgabe: http://books.google.ch/books?id=ly5UAAAAcAAJ&printsec=frontcover&dq= Postel+Guillaume+De+Foenicum+literis&hl=de&sa=X&ei=VJAnUuuUFPON0wW8_YDQDg& ved=0CDIQ6AEwAA#v=onepage&q=Postel %20Guillaume %20De %20Foenicum %20literis&f=false
(§ X,4.2.1–3)
• Epigramm: De Siclo, an Johannes Mathesius (13./14. März 1552). Deutsche Version an Martin Frecht (14. März 1552) Ausgabe: Corpus Reformatorum X: Philippi Melanthonis Epigrammatum liber primus, Halle 1842, Sp. 607–608, Nr. 253. [s. 1552/53: Brief a] Digitale Ausgabe: http://www.mlat.uzh.ch/MLS/xfromcc.php?tabelle=Melanchthon_Philippus_ cps9&rumpfid=Melanchthon_Philippus_cps9,%20Epigrammatum%20libri%20sex,%20%20 %201,%20%2035&id=Melanchthon_Philippus_cps9,%20Epigrammatum%20libri%20sex,%20 %20%201,%20%2035&level=&corpus=9¤t_title=PHILIPPI%20MELANTHONIS%20 EPIGRAMMATUM%20LIBER%20PRIMUS Deutsche Version: Ernst, Melanchthoniana (1898), 130–131. [s. 1552/53: Brief b] • Epigramm: De Veteri Nomismate Gentis Iudaicae, an Georg III. (21. März 1552). Ausgabe: Corpus Reformatorum VII, Halle 1840, Sp. 964–965; Nr. 5075. [s. 1552/53: Regeste 6386.3]
16. Jahrhundert
569
Digitale Ausgabe: https://books.google.de/books?id=NBERAAAAIAAJ&printsec=frontcover&hl= de#v=onepage&q&f=false
1552/53 Melanchthon Philipp (1497–1560)
(§ X,4.2; XII,2)
Briefwechsel (Briefe a–n) mit Johannes Mathesius, Martin Frecht, Fürst Georg III. von Anhalt, Paul Eber, Matthäus Collin, Erhard Schnepf. Texte: Bretschneider, Corpus Reformatorum. In: Philippi Melanthonis Opera Quae Supersunt Omnia, Bd. VII (1840), VIII (1841), X (1842). (Die neue kritische Ausgabe der Briefe von 1552 und 1553 ist noch nicht erschienen.) Digitale Ausgabe: https://www.muenster.de/~angergun/corpusreformatorum.html Regesten: Scheible/Thüringer, Melanchthons Briefwechsel. Band 6: Regesten 5708–6690 (1988), Nr. 6381, 6382, 6386, 6431, 6436, 6438, 6444, 6450, 6485, 6600, 6687. – Band 7: Regesten 6691– 8071 (1993), Nr. 6804, 6892. Digitale Ausgabe: https://www.haw.uni-heidelberg.de/forschung/forschungsstellen/melanchthon/ baende-erschienen.de.html Texte und Regesten der Briefe a–n a. 13./14. März 1552: Melanchthon an Mathesius, beide in Joachimsthal. Text: Corpus Reformatorum X (1842), Sp. 607–608, Nr. 253. [Epigramm De Siclo] = Regest 6381 b. 14. März 1552: Melanchthon in Joachimsthal an Frecht, wohl in Nürnberg. Text: Ernst, Melanchthoniana (1898), 130–131. [deutsche Version des Epigramms De Siclo] = Regest 6382 [Nachgedruckt in: Maué, Antike Themen auf erzgebirgischen Medaillen (2000), 1420.] c. 21. März 1552: Melanchthon in Wittenberg an Georg III. in Warmsdorf. Text: Corpus Reformatorum VII (1840), Sp. 964–965, Nr. 5075. [Epigramm De Veteri Nomismate Gentis Iudaicae] = Regest 6386.2 und 3 d. 1. Mai 1552: Mathesius in Joachimsthal an Melanchthon in Wittenberg. Text: Corpus Reformatorum VII (1840), Sp. 990–991, Nr. 5107. = Regest 6431.3 e. 3./4. Mai 1552: Melanchthon in Wittenberg an Eber in Wittenberg. Text: Corpus Reformatorum VII (1840), Sp. 992, Nr. 5109. = Regeste 6436 f. 7. Mai 1552: Melanchthon in Wittenberg an Collin in Prag. Text: Corpus Reformatorum VII (1840), Sp. 998–999, Nr. 5114. = Regest 6438.1 g. 11. Mai 1552: Melanchthon in Wittenberg an Schnepf in Jena. Text: Corpus Reformatorum VII (1840), Sp. 1004, Nr. 5120 (Zeile 7: imitati). = Regest 6444.1 h. 18. Mai 1552: Melanchthon in Wittenberg an Mathesius in Joachimsthal. Text: Corpus Reformatorum VII (1840), Sp. 1006–1007, Nr. 5124. = Regest 6450.3 i. 4. Juli 1552: Melanchthon in Wittenberg an Mathesius in Joachimsthal. Text: Corpus Reformatorum VII (1840), Sp. 1020–1021, Nr. 5144. = Regest 6485.2 k. 11. Okt. 1552: Melanchthon in Torgau an Mathesius in St. Joachimsthal. Text: Corpus Reformatorum VII (1840), Sp. 1103–1004, Nr. 5231. = Regest 6600.3 l. 27. Dez. 1552: Melanchthon in Wittenberg an Mathesius in Joachimsthal. Text: Corpus Reformatorum VII (1840), Sp. 1161–1162, Nr. 5291. = Regest 6687.5 m. [23.] April 1553: Melanchthon in Wittenberg an Mathesius in Joachimsthal. Text: Corpus Reformatorum VIII (1841), Sp. 74–75, Nr. 5375. = Regest 6804.1 n. 11. Mai 1553: Melanchthon in Wittenberg an Mathesius in Joachimsthal. Text: Corpus Reformatorum VIII (1841), 90–91, Nr. 5390. = Regest 6829.2
570 G § XV Chronologische Bibliographie der für die jüdische Numismatik bedeutsamen Autoren
1553
Rouillé/Rovilius Guillaume (1518–1589)
(§ IX,5.1.2)
Prima Pars Promptuarii Iconum Insigniorum à Seculo Hominum, Subiectis eorum vitis, per compendium ex probatissimis autoribus desumptis. und Promptuarii iconum pars secunda incipit a Cristo nato, perpetuam ducens feriem ad usque Christianissimum Francorum Regem Henricum hoc nomine Secundum, hodie feliciter Regnantem. Erstausgabe: Lyon 1553, I: (8) + 172 + (4, Index) S.; II: 247 + (9; Index) S.; 950 Holzschnitte. Digitale Ausgabe: http://books.google.ch/books/about/Prima_pars_Promptuarii_iconum_insig��nioru.html?id=f5FDAAAAcAAJ&redir_esc=y Weitere Ausgaben: Lyon 1578, 1581. Übersetzungen (stets Lyon): Ital. 1553, 1577, 1581; franz.: 1553, 1576, 1577, 1581; span.: 1561. Bibliographie: Dekesel 16th, 787–798 (R 63–73; Cat. 5).
1554 < Budé/Budaeus Guillaume (1467–1540)
(§ IX,2.2.3)
1555
(§ IX,5.1.1)
Les Antiques Merveilles, autrement les fleurs du Livre de Assé: qui est un petit recueil & brief sommaire de plusieures belles antiquitez: contenant une partie de l’excellence & mangificence des richesses, triumphes & largesses des ancien, & principalement des Rommains. Erstausgabe: Fontaine, Les Nouvelles et antiques merveilles (1554), 23 unpaginierte Blätter. Weitere Ausgabe: Lyon 1559, 11 Bl. Bibliographie: Dekesel, 16th, 193.198 (B 152. 157; Cat. 1).
Vico Enea (1523–1567)
Discorsi … sopra le medaglie de gli antichi divisi in due libri, ove si dimonstrano Notabili Errori di Scrittori Antichi, e moderni, intorno alle historie Romane. Erstausgabe: Venedig 1555 (= 1558), 112 + (16) S. Digitale Ausgabe: https://books.google.ch/books?id=GdVVAAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl= de#v=onepage&q&f=false Bibliographie: Dekesel, 16th, 976.979 (V 20.23; Cat. 1).
1555 < Strada Jacopo (1505/1515?–1588)
(X,5; XIV,3.2; vgl. § IX,1.1)
A[ureorum]. A[rgenteorum]. A[ereorum] Numismatôn Antiquorum Diaskeuê. Hoc est, Chaldaeorum, Arabum, Libycorum, Graecorum, Hetruscorum, ac Macedoniae, Asiae, Syriae, Aegypti, Syculorum, Latinorum, seu Romanorum Regum, a promordio Urbis, Deorum, Consules tempore Reipublicae & crescente adhuc, tam sub Caesaribus Latinis, in occidente, quam Graecis Imperatoribus, in oriente, declinante Imperio Populi Romani denique Hexarchorum, Barbarorum Principium, Ducumue’: Metallicarum Eiconum explicatio. Ex musaeo Iacobi Stradae Mantuani Antiquarij, Civis Romani, Bd. 1, 125–131: Chaldaeorum Cycli, Aenei, Argenteique et alia externa Nummismata, Nr. 1, 3, 4, 11, 12, 14 (jüdische Münzen), 13 (Salomo-Phantasie-Münze). Original-Ms der Jahre 1555 Blarer Ambros
(§ X,3.2)
Geschenk eines Silberschekels an Th. de Bèze, der davon in seinem Iesu Christi D.N. Novum Testamentum berichtet; → 1582.
1564
Szamboky/Sambucus Janos/Johannes (1531–1584)
(§ IX,5.2.3)
1566
Ximenes Arias Diego/Didacus (1490–1578)
(§ IX,4.10)
1567
Fachs/Fachsen Modestin (gest. 1575)
Emblemata, cum aliquot Nummis Antiqui Operis. Erstausgabe: Antwerpen 1564, 240 S.; 166 Embleme, 46 Münzabb. Facsimile: Budapest 1982. Digitale Ausgabe: https://bildsuche.digitale-sammlungen.de/index.html?c=viewer&bandnummer= bsb00035710&pimage=00464&lv=1&v=100&1=en Weitere Ausgaben: Antwerpen 1566/1567, 144 Bl. (falsch paginiert), mit 56 neuen Emblemen; 90 Münzabb. (davon 197 Embleme in: Henkel/Schöne, Emblemata, vgl. LII: Liste; Facsimile: Hildesheim 2002), 1569, 1576, 1584; Leiden 1599. Übersetzungen: Niederländisch: Gillis van Diest, De Emblemata van Joannes Sambucus (1566). Franz.: Grévin, Les emblemes du signeur Iehan Sambucus (1567). Bibliographie: Dekesel, 16th, 835–837. 839–841 (S 29–31. 33–35; Cat. 1); Berghaus; Archäologe (1983), 153 (Porträt). Art.: Mna, Siclus, Talentum. Erstveröffentlichung: Lexicon Ecclesiasticum Latino-Hispanicum, es Sacris Biblijs, Concilijs, Ponitficium ac Theologorum Decretis …, Salmanca 1566, sub vocibus. Weitere Ausgaben: Madrid 1728, 265 (Mna), 354 (Siclus sacer et profanus); Barcinone 1763, 438 S. + 24 S.; Adiciones; bes. 286 (Mna), 382 (Siclus sacer et profanus), 400–401 (Talentum) (danach zitiert). Digitale Ausgaben: 1728: http://books.google.ch/books?id=mtJc49Ihk8MC&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false 1763: http://books.google.ch/books?id=qap1gPI6EKYC&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false
(§ XIII,2.5; XIV,3.5)
Probier Büchlein/Darinne Gründlicher bericht vormeldet/wie man alle Metall/und derselben zugehörenden Metallischen Ertzen und getöchten ein jedes auff seine eigenschafft und Metall recht Probieren sol. Deßgleichen lehr unnd unterricht/der rechten Probier Oefen/Gewichten/ Capelle und Flüßen. Zusampt angehengtem bericht/aus der heiligen Schrifft | und erfahrung durch die Probe, was vorzeiten die alten Patriarchen/Römer und Jüden zu Babylon/Jerusalem/
16. Jahrhundert
575
und an den Grentzen derselben Länder/für und nach der Geburt Christi/bis zu dem 1569. Jahre/ für Gewichte/Schrot/Korn und Gepräge zu den alten Münzen gebraucht und genommen haben. Allen Münzmeistern/Wardienen/Probierern/Goldschmieden unnd andern/so mit Silber oder getürnt handeln/sehr nützlich und dienstlich/und jetzo zum ersten Mal in Druck verfertiget Durch weylandt H. Modestin Fachsen/Fürstlichen Anhaldischen gewesenen Müntzmeister und Wardien zu Leipzig [Part I]; 195–221: Bericht/aus der Schrift und Erfahrung/durch die Probe/was vor zeiten der alten Patriarchen/Römer und Jüden/zu Babylon/Jerusalem/und an den grenzen derselben Länder/für und nach der Geburt Christi/bis zu dem 1569. Jahr für Gewichte/Schrot/Korn/und geprege/zu den alten münzen gebraucht haben. S. 195–221: (Anhang:) Bericht/aus der Schrift und Erfahrung/durch die Probe/was vor zeiten der alten Patriarchen/Römer und Jüden/zu Babylon/Jerusalem/und an den grenzen derselben Länder/für und nach der Geburt Christi/bis zu dem 1569. Jahr für Gewichte/Schrot/Korn/und geprege/zu den alten münzen gebraucht haben. Erstausgabe: Leipzig, im Vorwort 1567, im Kolophon 1595 (posthum), (24) + 236 + (12) S.; 1 (technische) Falttafel. Digitale Ausgabe: http://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ179879703 Weitere Auflagen: Leipzig 1622 [hier auch benutzt], bes. 193–219; 1669; 1671 [hier auch benutzt], (24) + 181 + (9) S.; 1 Falttafel; bes. 152–165 (= Bericht aus der Schrift); 1678; 1689. 1695 (9. Aufl.; hier auch benutzt). – Die Ausgaben tragen oft leicht unterschiedliche Titel. Bibliographie: Dekesel, 16th, 363 (F 1; Cat. 4); vgl. S. XVIII; 17th, I, 934–939 (F 14–18; Cat. 4).
1568
Grzepski/Grsepsius Stanislaw (1526–1570; Ungarn) (§ IX,4.11)
De multiplici Siclo et Talento Hebraico. Item, de mensuris hebraicis, tam aridorum quam liquidorum: His praemissa est epitome de ponderibus & mensuris, que apud profanos leguntur auctores, ex Budeo potissimum desumpta. Invenies hic multa hactenus nostri saeculi hominibus incognita. (Plagiat davon: Thülemeyer, De variis siclis et talentibus Hebraeorum, → 1676). Erstausgabe: Antwerpen 1568, 163 + (5) S. Digitale Ausgabe: http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10187669_00001. html Nachdruck in: Crenius [/Crusius], Fasciculus Secundus Opusculorum (1693), 349–395: Stanisl. Grespsius de Siclo et Talento Hebr. Digitale Ausgabe: https://books.google.ch/books?id=q-QMwjkg6_UC&printsec=frontcover&hl= de#v=onepage&q&f=false In: Ugolino, Thesaurus Antiquitatum Sacrarum 28 (1765), DLXXXV–DCXC: Stanislai Grsepsii De multiplici Siclo et Talento Hebraico. Item, de Mensuris Hebraicis, Tam aridorum quam liquidorum; umfasst: Epitome ex Libris Buddaei de Asse (DXCVI–DCXVI); De Siclo et Talento Hebraico (DCXVII–DCXLIV); De Mensuris Hebraicis (DCXLV–DCLXXXI).
Ugolino fügt drei neue Inhalte hinzu: 1. Eine zusätzliche zweite Praefatio (Col. DXCIVsq) des Plagiators Henricus Guntherus Thulemarius, datiert 5. Non. Mart. anno 1676; Thülemeyer, De variis siclis et talentibus Hebraeorum (1676), fol. A4. 2. Einen Brief des Claude de Saumaise/Salmasius (1588–1653) mit Datum vom VIII. Id. Feb. 1635, an Johannes Walaeus (Col. DCLXXXI–DCLXXXVI). 3. Ein eigenes Addidamentum geminum quorum prius continet mensuras vasorum sacrorum, et posterius pecuniam et pondera sacra quorum S. Scripturae meminit (Col. DCLXXXVI–DCXC).
Bibliographie: Dekesel, 16th, 459 (G 91; Cat. 1); 17th, II, 1243 (G 167; Cat. 1).
576 G § XV Chronologische Bibliographie der für die jüdische Numismatik bedeutsamen Autoren
1570
Host Matthäus (1509–1587)
1570
Orsini Fulvio (1529–1600)
1571
Bryske Sidsel (ca. 1510–1573)
1572
Arias Montano Benito (1527–1598) (→ 1562/1563)
1573
Ortels/Ortelius Abraham (1527–1598)
(§ IX,4.12.1)
Historiae de Re Nummaria Veteri Epitome: In qua Veteres Nummi etsi breviter, diligenter enumerantur ac explicantur, & cum Coronato Gallico, et Joachimico Vallensi Germanico exactè conferuntur. Erstausgabe: Frankfurt an der Oder 1570, (48) Seiten (unpaginiert). Persönliches Digitalisat: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek (Fg. 319). Bibliographie: Dekesel, 16th, 489 (H 19; Cat. 1).
(XIV,3, anfangs)
Imagines et Elogia Virorum Illustrium et Eruditor ex Antiquis Lapidibus et Numismatib(us) expressa cum annotationib(us) ex Bibliotheca Fulvi Ursini. Ausgabe: Rom/Venedig 1570, 111 + (1) S. Digitale Ausgabe: https://archive.org/details/imaginesetelogia00orsi Bibliographie: Dekesel, 16th, 674 (O 3; Cat. 5); 675 (O 4; Cat.1); Berghaus; Archäologe (1983), 152 (Porträt). Weiteres Werk: Familiae Romanae quae reperiuntur in Antiquis numismatibus ab Urbe Condita ad Tempora Divi Augusti, Rom 1577, (8) + 403 + (18) S. Digitale Ausgabe (1663): http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb11200 423_00006.html
(§ XIII,2.6)
Testament vom 15. Dez. 1571 (dänisch). Umschrieben in: Galster Georg, To falske shekler [Zwei falsche Schekel]: Nordisk Numismatisk Unions Medlemsblad 5, Copenhagen 1955, 89–91; 3 Ill.; bes. 89–90; 1. und 2. Fig.
(§ X,8; Abb. 12)
Thubal-Cain, sive, De Mensuris Sacris Liber. Tribus voluminis distinctus. De Cubito. De Sato. De Siclo Ephron, sive, De siclo. Erstausgabe: Arias Montano, Biblia Sacra, Bd. 7 oder 8 (1572), 24 S.: Ephron, sive, De siclo; bes. 24: Vera Sicli Figura (Abschluss-Unterschrift: »Antwerpiae 4. Cal. Augusti 1571«). Weitere Ausgabe: Arias Montano, Antiquitatum Iudaicarum libri IX (1593), 125–140: Volumen tertium. Ephron, sive, De siclo; bes. 126: Vera Sicli Figura. Digitale Ausgaben (1593): http://books.google.ch/books?id=nJSMajqk3GAC&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false https://books.google.ch/books/about/Antiquitatum_Judaicarum_Libri_IX.html?id=W9JaAAAAcAAJ&redir_esc=y Nur Abb.: http://books.google.ch/books?id=nJSMajqk3GAC&hl=de&hl=de&pg=PA126&img=1&zoom =3&sig=ACfU3U2FwjzgDrimtZ6Vl7Jkqf2FMe4RaA&ci=513%2C62%2C423%2C549&edge=0
Deorum Dearumque Capita ex Vetustis Numismatibus in gratiam Antiquitatis studiosorum effigiata et edita. Ex Museo Abrahami Ortelii [mit Angabe der Münzvorlagen]. Erstausgabe: Antwerpen 1573, (8) + 54 + (4) S. Weitere Ausgabe: Antwerpen 1582 (Nova editio, aliquot iconibus aucta).
577
16. Jahrhundert
Digitale Ausgabe: https://books.google.ch/books?id=HJNXAAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl= de#v=onepage&q&f=false Bibliographie: Dekesel, 16th, 677–678 (O 5–6; Cat.1).
1574
Maes/Masius André (1514–1573)
(§ X,9)
1574
Host Matthäus (1509–1587)
(§ IX,4.12.2)
1574
Tapken Hermann (floruit 2. Hälfte 16. Jh.)
1575
ʿAsarja ben Mosche min ha-ʾAdummim/Bonajuto de Rossi (1511?–1577?)
1577
Hillesheim Ludwig (1514/16–1575)
1579
Le Pois Antoine (1525–1578)
Josuae Imperatoris Historia illustrata atque explicata. Erstausgabe (posthum): Antwerpen 1574 [+ Henricus a Weze, Epistola de Morte Andreae Masii; + Indices quinque]. Digitale Ausgabe: http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10142672_00294. html?zoom=0.7000000000000002
Nummorum Veterum Enumeratio, et cum Misnico Nummo [= Meißener Münze] Collatio. Erstausgabe: Frankfurt an der Oder 1574, 16 unpaginierte Bl. Digitale Ausgabe: http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht/?PPN=PPN805381740&LOGID=LOG_0006 Bibliographie: Dekesel, 16th, 490 (H 20; Cat. 1).
(§ XIII,2.7; in Exkurs VII)
Prägung der »Hamburger Schekel«(-Medaillen). Literatur: von Bahrfeldt, Falsche jüdische Schekel (1910), zit. Sp. 4229.
Sefer Meʾor ʿEnajim [»Buch Licht der Augen«], Kap. 56. (§ VIII,6; Abb. 3) Erstausgabe: Mantua 1575, 171r–172v (Kap. 56), bes. 171r (samaritanisches Alphabet), 171v (Schekel). Weitere Ausgaben: Berlin 1794; Vienna 1829; Vilna 1863–1866. Engl. Übers.: Weinberg, Azarjah de’ Rossi. The Light of the Eyes (2001), 666–671: »Ch. 56: Concerning the Characters oft the ever ha-nahar script and the holy Sheqel«.
(§ IX,5.1.3)
Sacrarum Antiquitatum Monumenta; Patriarcharum, Regum, Prophetarum, & virorum vere illustrium veteris Testamenti, Imaginibus & Elogiis apparata et inscripta: Auctore Ludovico Hillesemio Adernaco. Erstausgabe: Antwerpen 1577, (16) + 95 + (1) S., bes. 1–84. Digitale Ausgabe: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b84524028/f49.planchecontact Bibliographie: Dekesel, 16th, 485 (H 15; Cat. 5).
(§ X,10; Abb. 13–14)
Discours sur les medalles et graveures antiques, principalement Romaines. Plus, une Exposition particulière de quelques planches ou tables estans sur la fin de ce livre, esquelles sont monstrees diverses Medalles et graveures antiques, rares et exquises. (Discours: fol. 1a–68b; Exposition particulière: fol. 69r–147r; Pl. *. A–N. a–f). Erstausgabe: Paris 1579, (16 S.) + 147 Bl. + (6 S.) + 20 Pl. (posthum redigiert von seinem Bruder Nicolas Le Pois); Holzschnitte von Pierre Woeiriot. Digitale Ausgabe: https://books.google.ch/books/about/Discours_sur_les_medailles_et_graveures. html?id=ew9cAAAAcAAJ&redir_esc=y
578 G § XV Chronologische Bibliographie der für die jüdische Numismatik bedeutsamen Autoren Bibliographie: Dekesel, 16th, 552–553 (L 17; Cat. 1). Bio-Bibliographische Notiz: Cunnally, Images (1999), 201–202.
1579
Occo III. Adolph (1524–1606)
1580
Host Matthäus (1509–1587)
1582
de Bèze Théodore (1519–1605) (§ X,3.2; Abb. 6)
1582
Bünting Heinrich (1545–1606)
(in § IX,5, anfangs)
Impp. Romanorum Numismata a Pompeio Magno ad Heraclium. Quibus insuper additae sunt Inscriptiones quaedam veteres, arcus triumphales, et alia ad hanc rem necessaria. Ausgabe: Antwerpen 1579, (16) + 398 + (10) S. (ohne Abbildungen). Weitere Ausgabe: Augsburg 1601 (multis nummorum millibus aucta). Digitale Ausgabe: https://books.google.ch/books?id=PRnVnY2UMcMC&printsec=frontcover&hl= de#v=onepage&q&f=false Bibliographie: Dekesel, 16th, 672 (O 1; Cat. 1); Berghaus; Archäologe (1983), 151 (Porträt).
(§ IX, 4.12,3)
Historiae de Re Nummaria Veteris Libri Quinque, quae continet exquisitam nummorum veterum Romanorum, Graecorum, Hebraicorum et externorum inter se, et cum praecipuis nummis Germanicis collationem, cum indice copiosiore. Liber IIII, qui est de nummis Hebraicis. Ausgabe: Frankfurt an der Oder 1580, (96) + 811 + (5) S., bes. 614–686; Liber IIII). Digitale Ausgabe: http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10187656_00005. html Bibliographie: Dekesel, 16th, 492. 494–495 (H 22. 24–25; Cat. 1 und 3); 17th, II, 1433–1443 (H 138– 140; Cat. 1).
Iesu Christi D.N. Novum Testamentum, sive Novum foedus. Cuius Graeco contextui respondent interpretationes duae: una, vetus: altera, nova, Theodori Bezae, diligenter ab eo recognita. Eiusdem Th. Bezae Annotationes, quas itidem hac tertia editione recognovit, et acceßione non parva locupletavit. Responsio eiusdem ad Seb. Castellionem, in qua multi N. Testamenti et harum in ipsum annotationum loci accuratissime excutiuntur, seorsum excusa prostat. Erstausgabe: Genf/Genève 1582, 80–81, nota zu διδραχμα, mit 1 Ill. (verweist auf Geschenk von A. Blarer; → 1564 >). Digitale Ausgabe: http://www.e-rara.ch/gep_g/ch/content/titleinfo/1752205?lang=en
(§ IX,4.13)
• De Monetis et Mensuris Sacrae Scripturae. Das ist/Ein eigentliche Ausrechnung unnd Beschreibung aller Müntz und Masse in heiliger Schrift. Darin alle Silbern und Goldmüntz/auch alle Korn und Weinmasse der Hebreer/Griechen und Lateiner/soviel deren im Alten und Newen Testament gedacht/nach notturfft erkleret/und mit unser Müntz und Mass Proportioniert und verglichen werden/ausgerechnet und aus vielen bewerten Büchern zusamen gezogen/Durch M. Hinricum Bünting Pfarherrn der Kirchen zu Grunow im Lande Braunschweig. Erstausgabe: Helmstedt 1582, (6) + 36 + (2) S. Digitale Ausgabe: https://books.google.ch/books/about/De_Monetis_Et_Mensuris_Sacrae_Scrip�� turae.html?id=NIm5THf2qYwC&redir_esc=y • Itinerarium Sacrae Scripturae. Das ist: Ein Reisebuch, Uber die gantze heilige Schrifft in zwey Bücher getheilet. Der Erste Theil Begreifft alle Reisen der lieben Patriarchen, Richter, Könige, Propheten, Fürsten etc. … Das Ander gehet auff das Newe Testament und zeiget an wie die
579
16. Jahrhundert
Jungfrau Maria, Josef, die Weisen aus Morgenland, der Herr Jesus Christus und die lieben Apostel gereiset haben … Auffs new mit fleiss ubersehen Und gemehret mit einem Buechlin De Monetis et Mensuris, Darin alle Silbern- und Goldmüntz, auch Korn- und Weinmaß, deren in heiliger Schrift gedacht, nach notturft erkleret werden. Ausgabe: Helmstadt 1582, (20) + 36 + (5) S. Digitale Ausgabe: http://diglib.hab.de/wdb.php?distype=img&dir=drucke%2F266-6-theol-2f Weitere Ausgaben (mit vielfach variierten Titeln): 16. Jh.: Magdeburg 1583, 1585; Leipzig 1585; Wittenberg, Braunschweig, Magdeburg 1587: + »Und nunmehr seiner Würden halber uber ein und dreissig mahl gedrucket«; Magdeburg 1589, 1591, 1594, 1595; Czeském 1592; Utrecht 1596 (holländisch.) 17. Jh.: 28 Ausgaben auf deutsch, niederländisch und englisch (s. Dekesel, 17th, I). 18. Jh.: Magdeburg 1718 (von Johann Georg Leuckfeld); Erfurt 1752, 1754, Frontispiez: Jüdische Münzen (von Rudolph August Benedict Thauer). Bibliographie: Dekesel, 16th, 205–208. 210–212. 214–225 (B 163–166. 168–170. 172–180; Cat. 1); 17th, I, 383–395. 398–409 (B 267–275. 277–285; Cat.1); 18th, I, 1006–1009 (B 617–619; Cat. 1).
1583
Scaliger Joseph Justus (1540–1609)
(in § X,1)
1584
Meysel-Schekel, Prag (datiert 1584)
(§ XIII,2.9; Abb. 39)
1586
Oldelant Hans
Opus Novum de Emendatione Temporum in octo Libros tributum. Erstausgabe: Paris 1583, (7) Bl. + 432 S. + 6 Bl. Index. Digitale Ausgabe: http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10141638_00011. html Bio-Bibliographie: Berghaus; Archäologe (1983), 154–155 (Porträt).
In: Sammlung von Alexander Kisch, danach von Guido Kisch. Genannt nach Mordecai Meysel (1528–1601), Leiter der jüdischen Gemeinde von Prag. Abbildung: Kisch, Shekel Medals and False Shekels (1941), Pl. I, Abb. 1 (Typ A).
(§ XIII,2.10; Abb. 40)
Königskette der Möllner Schützengilde. Bericht und Abbildung: Dorfmann, Königskette der Möllner Schützengilde (1956), 73–74; Taf. 4, III.1.
1587 > Gedalja ibn Jachja (ca. 1526–ca. 1585)
(§ IX,4.2)
Schalschelet ha-Qabbalah oder Sefer ben Jachjaʾ, 2. Teil: Deruschim (»Abhandlungen«), Abh. g: Derusch al ha-Maṭbeʿot u-Middot. Erstausgabe: Venedig 1587, 122 Bl. Weitere Ausgaben: Krakau 1596 (2. Ausg.); Amsterdam 1697 (3. Ausg.; nach de Rossi: »sehr uncorrect«).
1587 > Host Matthäus (1509–1587)
(IX,4.12.4)
Quaedam Opuscula variae raraeque eruditionis plena et ideo lectu dignissima, quorum catalogus mox subiungitur, Anno MDXCVIII (= 1598; posthume Ausgabe). Ausgabe in: von Rechenberg, Historiae Rei Nummariae Veteris Scriptores aliquot Insigniores, Bd. I (1692), 275–637.
580 G § XV Chronologische Bibliographie der für die jüdische Numismatik bedeutsamen Autoren
1587
Agustín Antonio (1517–1586)
1589
Georg I. zu Hessen-Darmstadt (reg. 1567–1596) (§ XIII,2.11; Abb. 41)
1592
Friese Tileman(n) (floruit 1567–1592)
1595
Fachs Modestin, Probier Büchlein; posthume Datierung im Kolophon, → 1567.
(§ X,11; Abb. 15–18)
Dialogos de Medallas, Inscriciones y otras Antiguedades. Ex Bibliotheca Anton. Augustini Archiepiscopi Tarraconensis. Erstausgabe: Tarragona 1587, 244 Bl. + 71 Pl. + Porträt (Lipsius nennt eine erste Ausgabe 1575, die nach Dekesel [s. u.] unauffindbar ist.) Digitale Ausgabe: https://bildsuche.digitale-sammlungen.de/index.html?c=viewer&l=en&bandnummer=bsb00055878&pimage=7&v=2p&nav= Weitere Ausgabe: Madrid 1744, 241 Bl. Übersetzungen: Ital.: Roma 1592 (zwei verschiedene), 178 Bl. oder 166 Bl.; 1600, 166 Bl.; 1625, 176 Bl.; 1648 und 1650, 188 Bl.; Venedig 1600, 163 Bl.; Roma 1736, 188 Bl. Lat. (v. Andreas Schott): Antwerpen 1617 (mit einem 12. Dialog über griechische und römische Götter). Digitale Ausgaben: 1592 (ital., Kard. Caetano): http://www.e-rara.ch/doi/10.3931/e-rara-25710 1617 (lat.): https://books.google.ch/books?id=n4bLHowMuNEC&printsec=frontcover&hl=de#v =onepage&q&f=false Bibliographie: Dekesel, 16th, 2–3. 25–26 (A 24.26.27; Cat. 1; Ausgabe 1587 gibt es mit sechs verschiedenen Titelseiten); 17th, II, 9–13 (A 8–12; Cat. 1). Bio-Bibliographische Notiz: Cunnally, Images (1999), 186–187; vgl auch 136–141; Fig 67: Titelseite; Fig. 68: Plate D, mit Schekel aus dem 2. Jahr des 1. Krieges; Berghaus; Archäologe (1983), 143 (Porträt). Halskette mit Schekel-Medaille am Grabdenkmal des Grafen. Bericht und Abbildung: Schier, Yerushalayim ha-Kedoshah (2015), 211, Abb. 7.
(§ XIII,2.12)
/Spangenberg Cyriacus (1528–1604) Müntz-Spiegel/Das ist: Ein New u. wol-ausgeführter Bericht von der Müntz/deren Anfang/Materie, Form, Korn/Schrot/Wehrt/mannigerley art/Sorten und namen bey den Hebreern/Griechen/Römern/Teutschen und etlichen andern Nationen, auch von Pfunden/lötigen Marcken und anderen alten Rechnungen. In vier Bücher zusammen gefasset/durch M. Tilemannum Friesen, zu Göttingen Bürgerm: Sampt einem nützlichen Tractat M. Cyriaci Spangenberg vom rechten Brauch und Mißbrauch der Müntze. Erstausgabe: Frankfurt am Main 1592, (16) + 265 + (3) S. Digitale Ausgaben: http://reader.digitale-sammlungen.de/resolve/display/bsb10187680.html http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10187680_00005.html Bibliographie: Dekesel, 16th, 377, F 14 (Cat. 1).
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16. Jahrhundert
1596/97 Berg/Montanus Adam (1540–1610) (§ X,12; XIII,2.13; Abb. 19–20)
Ein kurtzer Extract der Müntzsorten Deren im Alten und Newen Testament gedacht wirdt, von Silber und Golt, darauß sonderlich zu sehen, Was etliche König, Fürsten und Stände für ein gross mächtige Summa Golts und Silber zur erbawung desz Tempels zu Jerusalem, und unterhaltung deß Gottesdienstes daselbst angewendet haben. Erstausgabe: München 1596, 12 Bl.; Ill. Digitale Ausgabe: https://books.google.ch/books?id=ZOVVAAAAcAAJ&pg=PT21&lpg=PT21&dq=Berg,+Ein+ kurtzer+Extract+der+Müntzsorten&source=bl&ots=eTymAc083Z&sig=fswk2lIwHAOzKUfT4i2FlxSprQg&hl=de&sa=X&ei=sncMVa7wMc3sO5v4gaAB&ved=0CCgQ6AEwAg#v=onepage&q=Berg%2C%20Ein%20kurtzer%20Extract%20der%20Müntzsorten&f=false Übernommen in: New MüntzBuech. Darinnen allerley gross unnd kleine Silberne und Guldene Sorten umb wichtiger Ursach willen also fürgestellt werden: Und erstlich, der Römischen Kayserlichen und Königklichen Mayestat … Dann auch der Chur: und Fürsten … Daneben auch Bäpstlicher Heiligkeit, und der Könige in Hispanien, Portugal … Auch der löblichen Eydgenossen in Schweitz, Dann auch der italianischen Fürsten … Und dann wird auch ein Dialogus oder Gespräch, zwischem dem Geld und der Armut angehängt, sehr kurtzweilig zu lesen. Es wird auch neben disem allen ein sonderbarer Tract mit einbracht, darinnen die jenigen Müntzen, so im Alten Testament gang und gäb gewest, welche so ordentlich berechnet und beschrieben worden. Darausz zu sehen, wie man zur selben Zeit mit Müntz und Gewicht gehandelt hat. Ausgabe: München 1597 (1604, Nachdruck). Digitale Ausgaben: 1597: https://bildsuche.digitale-sammlungen.de/index.html?c=viewer&l=de&bandnum� mer=bsb00091608&pimage=00208&v=100&nav= 1604: http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10869994_00002.html Bibliographie: Dekesel 16th, 96–97 (B 34–35; Cat. 4); 17th, I, 184–185 (B 89; Cat. 4).
1597
Hulst Liévin/Hulsius Levinus (gest. 1606)
1598
Host Matthäus, Quaedam Opuscula variae raraeque eruditionis (posthume Ausgabe) → 1587 Azubi Salomo ben Jehuda (1575/80–1647 . Alchadab Isaak ben Salomon ben Zaddik, Leschon ha-zahab. → § XV. Chronol. Bibliogr., zum Jahr 1400 ±. Alciato Giovanni Andrea, Emblematum liber. → § XV. Chronol. Bibliogr., zum Jahr 1531. –– Emblemata D. A. Alciati, denuo ab Ipso Autore Recognita, ac, quae desiderabantur Imaginibus Locupletata, Lyon 1550. –– And. Alciati Libellus, De Ponderibus et Mensuris. → § XV. Chronol. Bibliogr., zum Jahr 1530. Alkier Stefan, »Geld« im Neuen Testament. Der Beitrag der Numismatik zu einer Enzyklopädie des Frühen Christentums. In: Alkier Stefan/Zangenberg Jürgen (Hg.), Zeichen aus Text und
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§ XVI Verzeichnisse
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