Geldwäsche-Compliance: Praxisbuch für Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter [2. Aufl.] 9783658175610, 9783658175627

Dieses Buch bietet Güterhändlern, Kunstvermittlern und Kunstlagerhaltern einen schnellen und verständlichen Einstieg in

195 6 4MB

German Pages XIX, 309 [321] Year 2020

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Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XIX
Historischer Abriss (Olaf Bausch, Thomas Voller)....Pages 1-3
Gesetzgebung (Olaf Bausch, Thomas Voller)....Pages 5-15
Grundlagen und Begriffe (Olaf Bausch)....Pages 17-70
Risiken für Güterhändler (Olaf Bausch)....Pages 71-115
Die Risikoanalyse (Olaf Bausch)....Pages 117-180
Sorgfaltspflichten (Olaf Bausch, Thomas Voller)....Pages 181-263
Organisationspflichten (Olaf Bausch)....Pages 265-291
Verdachtsmeldung (Olaf Bausch)....Pages 293-301
Back Matter ....Pages 303-309
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Geldwäsche-Compliance: Praxisbuch für Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter [2. Aufl.]
 9783658175610, 9783658175627

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Olaf Bausch · Thomas Voller

GeldwäscheCompliance Praxisbuch für Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter 2. Auflage

Geldwäsche-Compliance

Olaf Bausch · Thomas Voller

Geldwäsche-Compliance Praxisbuch für Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter 2. Auflage

Olaf Bausch BB Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Müllrose, Deutschland

Thomas Voller Voller Rechtsanwälte Frankfurt am Main, Deutschland

ISBN 978-3-658-17561-0 ISBN 978-3-658-17562-7  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-17562-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2014, 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Anna Pietras Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort

Dieses Buch richtet sich an Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter und soll diesen ein Leitfaden für die praktische Umsetzung und Anwendung der Regeln zur Verhinderung der Geldwäsche sein. Selbst wenn es dem einzelnen Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter bisher nicht bewusst war, dann ist er dennoch von Geldwäsche betroffen und muss sich schon allein zur Vermeidung von Strafen mit dem Thema befassen. Mit Geldwäsche assoziiert man gemeinhin exotische Inselstaaten, undurchschaubare Bankengeflechte, alpenländische Treuhänder und Vermögensverwalter sowie Spielbanken. Um diesem Treiben zu begegnen, gibt es seit 1993 gesetzliche Regeln zur Verhinderung von Geldwäsche. Diese Regeln gelten nicht nur für Banken. Tatsächlich gehören zu den Verpflichteten des Geldwäschegesetzes fast alle Gewerbetreibenden. Darunter fallen nicht nur Finanzunternehmen, Versicherungsvermittler, Treuhänder, Immobilienmakler oder Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen im Internet sondern insbesondere auch die Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter. Verpflichteter im Sinne des Geldwäschegesetzes ist jeder kleine, mittelständische oder große Betrieb, der Güter produziert, diese ankauft, verkauft oder entsprechende Geschäfte vermittelt, genauso wie börsenorientierte Kapitalgesellschaften, die vielleicht schon seit geraumer Zeit besondere Geldwäschebeauftragte eingesetzt haben. Betroffen ist der Betreiber des Lebensmittelladens an der Ecke ebenso wie der Autohändler, die alle Barzahlungen für die verkauften Güter oder das gebrauchte Kfz entgegennehmen. Betroffen sind die Hersteller von Fenstern und Türen, Möbeln oder Medizingeräten ebenso wie die Juweliere oder Bootsbauer. Ebenso erfasst sind Galerien und Auktionshäuser. Sie alle handeln möglicherweise ordnungswidrig, wenn sie nicht nachweisen können, wer derjenige ist, der die Güter bezahlt hat oder wer wirtschaftlich hinter der jeweiligen Transaktion steht. Ordnungswidrig handelt, wer sich in seinem Gewerbebetrieb mit dem Thema „Geldwäsche“ nicht in angemessener Weise auseinandersetzt. Angemessen bedeutet, dass die zu treffenden Maßnahmen dem jeweiligen Gewerbebetrieb und dessen speziellen Risiken zur Geldwäsche von Kunden missbraucht zu werden, anzupassen sind. Es gibt zwar feste Rahmenbedingungen, aber keine detaillierten Richtlinien. Vielmehr bleibt es V

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Vorwort

dem Verpflichteten im Wesentlichen überlassen, diese Richtlinien selbst risikogerecht auszuarbeiten. Jeder Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter ist rechenschaftspflichtig und hat gegenüber den zuständigen Aufsichtsbehörden auf Anforderung hin Auskunft über seine internen Sicherungsmaßnahmen zur Erfüllung des Geldwäschegesetzes zu geben. Die Geschäftspartner und Kunden der verpflichteten Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter müssen dabei den Gesetzen entsprechend kooperieren, sonst darf das Geschäft nicht stattfinden. Die sehr umfangreiche Gesetzgebung zum Thema „Geldwäsche“, mit der sich jeder Unternehmer und jeder Manager auseinandersetzen muss, steht international auf breitem Boden. Ausgehend von einem Gipfeltreffen der Staatschefs der G7-Staaten und des Präsidenten der Europäischen Kommission im Juni 1998 in Paris wurde als Expertengruppe die Financial Action Task Force on Money Laundering gegründet, eine weltweit tätige Organisation, die international gültige Regeln festlegt. Primäres Ziel war die Verbrechensbekämpfung, insbesondere im Waffen- und Drogenhandel. Durch den Anschlag auf das World Trade Center vom 11. September 2001 wurde als weiteres Ziel die Terrorismusbekämpfung aufgenommen. Die Europäische Union hat inzwischen fünf Geldwäscherichtlinien erlassen und eine erste europaweit anwendbare Verordnung ist in Arbeit. Die Geldwäscherichtlinie ist von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in nationales Recht umgesetzt worden. Obwohl die internationalen Vorgaben bereits im Jahr 1993 mit der Schaffung des Geldwäschegesetzes in Deutschland umgesetzt wurden, erfolgte die Einhaltung dieser Regeln nur im Bankenbereich. Die ebenfalls seit diesem Zeitpunkt verpflichteten Gewerbetreibenden wurden fast zwei Jahrzehnte nicht beaufsichtigt. Der Wendepunkt wurde mit der Prüfung Deutschlands durch die Financial Action Task Force eingeleitet. Die Veröffentlichung des Prüfberichts der FATF erfolgte am 19. Februar 2011 und offenbarte deutliche Mängel bei der Durchsetzung und Beaufsichtigung des Geldwäschegesetzes. In der Tat begann erst danach der systematische Aufbau von Aufsichtsbehörden. Seit etwa Mitte 2012 haben die Länder ihrerseits Aufsichtsbehörden bestimmt und aufgebaut, um die ihnen zugeordneten Gruppen von Verpflichteten zu beaufsichtigen und diesen die Regeln des Geldwäschegesetzes näher zu bringen. Dies gilt unter anderem auch für den Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter. Vereinzelt gab und gibt es Schulungen bei den Industrie- und Handelskammern. Die nunmehr über Deutschland verteilten Aufsichtsbehörden führen systematische Kontrolle der Einhaltung des Geldwäschegesetzes bei den Verpflichteten durch. Die Wahrscheinlichkeit einer Prüfung steigt demnach ebenso wie der Handlungsbedarf. Mit dem aufsichtsrechtlichen Handeln geht einher, dass bei Verstößen gegen das Geldwäschegesetz Bußgelder oder sonstige Maßnahmen, bis hin zur Abberufung von Geschäftsführern erlassen werden. Nimmt man allerdings kleine und mittelständische Unternehmen, die unabhängig von einer Wertgröße der Güter, mit denen sie handeln, dem Geldwäschegesetz unterworfen sind, so ist das Problembewusstsein noch nicht sehr ausgebildet. Es lässt sich feststellen, dass sich ein Wandel vollzieht, der vor Jahren bei den Banken und Finanzdienstleistern

Vorwort

VII

begann und der sich über große Unternehmen mit öffentlich wirksam dargestellten Compliance-Problemen weiter entwickelte und sich nunmehr stetig auf die kleinen und mittelständischen Unternehmen erstreckt. Selbst wenn die Risiken der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung für den einzelnen Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter gering sein mögen, dann ist dennoch jeder Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter verpflichtet bestimmte organisatorische Pflichten des Geldwäschegesetzes zu erfüllen. Es ist in der Verantwortung der Geschäftsführung dafür Sorge zu tragen, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Die Geschäftsführung hat es in der Hand, einen Schaden vom Unternehmen in Form von Bußgeldern abzuwenden und die Verhängung einer Freiheitsstrafe für die handelnden Personen zu verhindern. Dieses Buch soll jedem Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter einen Einstieg in die Materie ermöglichen und dabei helfen, die komplexen Anforderungen des Geldwäschegesetzes zu verstehen. Zusätzlich soll das Buch eine Hilfestellung bei der Umsetzung der Anforderungen sein. Wenngleich betont werden muss, dass damit eine individuelle Beratung von versierten externen Personen nicht ersetzt werden kann. Als übergeordnetes Ziel soll verhindert werden, dass der Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter einerseits zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung durch Dritte missbraucht wird und andererseits wohlmöglich für die nicht befolgten gesetzlichen Regelungen bestraft wird. Adressaten dieses Buches sind also die „Personen, die gewerblich mit Gütern handeln“. Frankfurt am Main Januar 2020

Olaf Bausch Dr. Thomas Voller

Inhaltsverzeichnis

1 Historischer Abriss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Begriff der Geldwäsche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Wirtschaftlicher Umfang und Kriminalstatistik in Deutschland. . . . . . . . 3 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2 Gesetzgebung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.1 Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF). . . . . . . . . . . 5 2.2 Die Richtlinien der Europäischen Union. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.1 Erste Geldwäscherichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.2 Zweite Geldwäscherichtlinie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.3 Dritte Geldwäscherichtlinie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.2.4 Vierte Geldwäscherichtlinie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.2.5 Fünfte Geldwäscherichtlinie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.2.6 Erste Strafrechtrichtlinie zur Geldwäscheabwehr. . . . . . . . . . . . 11 2.3 Das Deutsche Geldwäschegesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.3.1 Abschnitt. 1 – Begriffsbestimmungen und Verpflichtete. . . . . . . 12 2.3.2 Abschnitt. 2 – Risikomanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.3.3 Abschnitt. 3 – Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden . . . . . . . 13 2.3.4 Abschnitt. 4 – Transparenzregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.3.5 Abschnitt. 5 – Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.3.6 Abschnitt. 6 – Pflichten im Zusammenhang mit Meldungen von Sachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.3.7 Abschnitt. 7 – Aufsicht, Zusammenarbeit, Bußgeldvorschriften, Datenschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3 Grundlagen und Begriffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.1 Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.2 Terrorismusfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.3 Verpflichtete. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.4 Güterhändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 IX

X

Inhaltsverzeichnis

3.4.1 Kunstvermittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3.4.2 Kunstlagerhalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3.5 Identifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3.6 Geschäftsbeziehung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 3.7 Transaktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3.8 Bargeld und E-Geld. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3.9 Vertragspartner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3.10 Auftretende Person. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.11 Wirtschaftlich Berechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3.11.1 Wirtschaftlich Berechtigter hinter einer natürlichen Person. . . . 52 3.11.2 (Fiktiver) Wirtschaftlich Berechtigter und juristische Person oder Personengesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3.11.3 Wirtschaftlich Berechtigter bei rechtsfähigen Stiftungen und Rechtsgestaltungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 3.11.4 Handeln auf Veranlassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 3.12 Politisch exponierte Person. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 3.13 Drittstaaten mit hohem Risiko. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3.14 Hochwertige Güter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4 Risiken für Güterhändler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 4.1 Rechtliche Risiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4.1.1 Risiken aus dem Geldwäschegesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4.1.2 Risiken aus dem Strafgesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 4.1.3 Risiken aus der Gewerbeordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 4.2 Finanzielle Risiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 4.3 Operationelle Risiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 4.4 Reputationsrisiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5 Die Risikoanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 5.1 Struktureller Aufbau der Risikoanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 5.2 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 5.2.1 Anlass der Erstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 5.2.2 Allgemeiner Rahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 5.2.3 Methodisches Vorgehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 5.3 Bestandsaufnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 5.3.1 Gesellschaftsrechtlicher Rahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 5.3.2 Produktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 5.3.3 Kundenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 5.3.4 Geographische und länderbezogene Risiken. . . . . . . . . . . . . . . . 144 5.3.5 Vertriebsbezogene Risiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 5.3.6 Transaktionsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

Inhaltsverzeichnis

XI

5.4

Erfassung und Identifizierung der Risiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5.4.1 Unternehmensbezogene Risiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 5.4.2 Produktbezogene Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 5.4.3 Kundenbezogene Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 5.4.4 Geographische und länderbezogene Risiken. . . . . . . . . . . . . . . . 160 5.4.5 Vertriebsbezogene Risiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 5.4.6 Transaktionsbezogene Risiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 5.5 Risikoklassifizierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 5.6 Maßnahmen zur Risikobegrenzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 5.6.1 Information und Aktualisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 5.6.2 Bestellung eines Geldwäschebeauftragter. . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 5.6.3 Organisationsanweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 5.6.4 Mitarbeiterinformation und -schulung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 5.6.5 Kontrollen und Monitoring. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 5.6.6 Verdachtsmeldungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 6 Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 6.1 Allgemeine Sorgfaltspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 6.1.1 Voraussetzungen für die Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 6.1.2 Weitere Regelungen für die Anwendung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 6.1.3 Identifizierung im Allgemeinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 6.1.4 Identifizierung von natürlichen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 6.1.5 Identifizierung von juristischen Personen oder Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 6.2 Vereinfachte Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 6.3 Verstärkte Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 6.3.1 Transaktionen mit politisch exponierte Personen . . . . . . . . . . . . 243 6.3.2 Transaktionen unter Beteiligung von Drittstaaten mit hohem Risiko. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 6.3.3 Transaktionen mit Auffälligkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 6.3.4 Tatsachen oder Bewertungen nationaler oder internationaler Stellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 6.4 Ausführung durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 6.4.1 Kraft Gesetz zuverlässige Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 6.4.2 Kraft Vertrag geeignete Dritte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 6.4.3 Anforderungen an den Identifizierungsdatensatz . . . . . . . . . . . . 260 7 Organisationspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 7.1 Grundsätze, Verfahren und Kontrollen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 7.2 Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 7.3 Geldwäschebeauftragter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 7.3.1 Anforderungen und Kompetenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279

XII

Inhaltsverzeichnis

7.3.2 Aufgaben des Geldwäschebeauftragten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 7.4 Gruppenweite Pflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 7.5 Zuverlässigkeit der Mitarbeiter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 7.6 Mitarbeiterschulung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 7.7 Unabhängige Überprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 8 Verdachtsmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 8.1 Voraussetzungen für die Meldepflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 8.2 Anforderungen, Erstellung und Empfänger der Verdachtsmeldung . . . . . 296 8.3 Folgen einer Verdachtsmeldung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 8.4 Organisatorische Voraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

Abkürzungsverzeichnis

a. F. alte Fassung (Abschn. 3.4) ABl Amtblatt (Abschn. 2.2.1) Abs. Absatz (Abschn. 2.2.2) AEAO Anwendungserlass zu Abgabenordnung (AEAO) in der Neubekanntmachtung durch das Bundesministerium der Finanzen vom 31. Januar 2014 (Abschn. 6.1.5.1) AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung des am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrages von Lissabon (ABl. EG Nr. C 115 vom 9. Mai 2008, S. 47) (Abschn. 3.8) AG Aktiengesellschaft (Abschn. 3.4) AML Anti-Money Laundering (Abschn. 2.1) AO Abgabenordnung (AO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I 2002, S. 3866); zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2875) (Abschn. 3.10) AufenthG Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) in der Neufassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I 2008, S. 162); zuletzt geändert durch Artikel 49 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I 2019, S. 1626) (Abschn. 6.1.4.2) AufenthV Aufenthaltsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. November 2004 (BGBl. I 2004, S. 2945); zuletzt geändert durch XIII

XIV

Abkürzungsverzeichnis

Artikel 1 der Verordnung vom 13. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2585) (Abschn. 6.1.4.2) AsylG Asylgesetz (AsylG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I 2008, S. 1798); zuletzt geändert durch Artikel 48 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I 2019, S. 1626) (Abschn. 6.1.4.2) BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Kap. 4) BAnz Bundesanzeiger (Abschn. 6.1.4.2) BBankG Gesetz über die Deutsche Bundesbank in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 1992 (BGBl. I 1992, S. 1782); zuletzt geändert durch Artikel 23 des Gesetzes vom 4. Juli 2013 (BGBl. I 2013, S. 1981) (Abschn. 3.8) BGB Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I 2002, S. 42, 2909; 2003 I S. 738); zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 31. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2911) (Abschn. 3.4) BGBl. Bundesgesetzblatt (Abschn. 1.1) BT-Drucks. Deutscher Bundestag Drucksache (Abschn. 3.1) BR-Drucks. Bundesrat Drucksache (Abschn. 3.4) BZRG Gesetz über das Zentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz – BZRG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I 1984, S. 1229); zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2510) (Abschn. 7.5) bzw. beziehungsweise (Abschn. 2.2.4) CFT Combating the Financing of Terrorism (Abschn. 2.1) COD Ordinary legislative procedure (Abschn. 2.2.4) COM Commission (Abschn. 2.2.4) CRM Customer Relationship Management (Abschn. 6.1) CZK Tschechische Kronen (Abschn. 5.6.5) Delegierte Verordnung Delegierte Verordnung (EU) 2016/1675 der Kommission vom 14. Juli 2016 zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen

Abkürzungsverzeichnis

XV

Parlaments und des Rates durch Ermittlung von Drittländern mit hohem Risiko, die strategische Mängel aufweisen, Abl. L 254 vom 20. September 2016, S. 1–4. (Abschn. 3.13) DIHK Deutscher Industrie- und Handelskammertag (Abschn. 3.4) Dritte Geldwäscherichtlinie Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005, zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl. L 309 vom 25. November 2005, S. 15–36. (Abschn. 2.2.3) Erste Geldwäscherichtlinie Richtlinie des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (91/308/EWG), ABl. L. 166 vom 28. Juni 1991, S. 77–82. (Abschn. 2.2.1) Erste Strafrechtsrichtlinie zur Geldwäscheabwehr Richtlinie (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche, ABl. L 284 vom 23. Oktober 2018, S. 22–30 (Abschn. 2.2.6) eG eingetragene Genossenschaft (Abschn. 3.4) EG Europäische Gemeinschaft (Abschn. 2.2.2) EStG Einkommenssteuergesetz (EStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 (BGBl. I 2009, S. 3366, 3862); zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2886) (Abschn. 3.4) EU Europäische Union (Abschn. 2.2.4) EUR Euro (Abschn. 1.2) EWG Europäischer Wirtschaftsgemeinschaft (Abschn. 2.2.1) f. folgende Abschn. 3.4 FATF Financial Action Task Force on Money Laundering (Abschn. 2.1) ff. fortfolgende (Abschn. 3.1) FIU Financial Intelligence Unit (Abschn. 1.2) FreizügG/EU Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgen (Freizügigkeitsgesetz/EU

XVI

Abkürzungsverzeichnis

– FreizügG/EU) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Juli 2004 (BGBl. I 2004, S. 1950); zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I 2017, S. 2780) (Abschn. 6.1.4.2) FSI Financial Secrecy Index (Abschn. 4.3) Fünfte Geldwäscherichtlinie Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/ EU, ABl. L 156 vom 19. Juni 2018, S. 43–74 (Abschn. 2.2.5) GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Abschn. 3.11.2) Geldwäschebekämpfungsergänzungs­gesetz Gesetz zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz – GwBekErgG), BGBl. I 2008, S. 1690 (Abschn. 2.2.3) Geldwäscheergänzungsgesetz Gesetz zur Ergänzung des Geldwäschegesetzes (GwGErgG), BGBl. I 2013, S. 268 (Kap. 4) Geldwäscheoptimierungsgesetz Gesetz zur Optimierung der Geldwäscheprävention (Geldwäscheoptimierungsgesetz – GwOptG) (BGBl. I 2011, S. 2959) (Abschn. 3.11.4) GewO Gewerbeordnung (GewO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I 1999, S. 202); zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 22. November 2019 (BGBl. I 2019, S. 1746) (Abschn. 3.4) GG Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Mai 1949 (BGBl. I 1949, S. 1); zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. November 2019 (BGBl. I 2019, S. 1546) (Abschn. 4.1.2.2) GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Abschn. 3.4)

Abkürzungsverzeichnis

XVII

GVOBl. Gesetz- und Verordnungsblatt (Abschn. 4.3) GwG Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juni 2017 (BGBl. I 2017 S.1822); zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I 2019 S. 2602) (Abschn. 1.1) HGB Handelsgesetzbuch (HGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Mai 1897 (RGBl. 1897, S. 219); zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2637) (Abschn. 3.4.2) KWG Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I 1998, S. 2776); zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2637) (Abschn. 3.8) m. w. N. mit weiteren Nachweisen (Abschn. 4.1.2.1) Mio. Million (Abschn. 1.1) MünzG Münzgesetz (MünzG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1999 (BGBl. I 1999, S. 2402); zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I 2011, S. 2959) (Abschn. 3.8) Nr. Nummer (Abschn. 2.1) OECD Organisation for Economic ­Co-operation and Development (Abschn. 2.1) OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I 1987, S. 602); zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 9. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2146) (Abschn. 4.1.1) PartGG Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz – PartGG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juli 1994 (BGBl. I 1994, S. 1744); zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (BGBl. I 2015, S. 2565) (Abschn. 3.4)

XVIII

Abkürzungsverzeichnis

PassG Passgesetz (PassG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1986 (BGBl. I 1986, S. 537); zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I 2019, S. 846) (Abschn. 6.1.4.2) PAuswG Gesetz über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis (Personalausweisgesetz – PAuswG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Juni 2009 (BGBl. I 2009, S. 1346); zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I 2019, S. 846) (Abschn. 5.4.5) PEP politisch exponierte Person (Abschn. 3.12) Prüfungsbericht der FATF FATF, MutualEvaluation Report – Anti-Money Laundering and Combating the Financing of Terrorism – Germany vom 19. Februar 2010 (Kap. 4) RBA Risk-based approach (risikobasierter Ansatz) (Abschn. 5.3.2) RDG Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz – RDG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I 2007, S. 2840); zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I 2019, S. 1724) (Abschn. 3.3) Rn. Randnummer (Abschn. 3.1) S. Seite (Abschn. 2.1) StGB Strafgesetzbuch (StGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I 1998 S. 3322); zuletzt geändert durch Artikel 62 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I 2019 S. 1626) (Abschn. 1.1) TJN Tax Justice Network (Abschn. 4.3) Tz. Textziffer (Abschn. 3.12) UN United Nations (Abschn. 2.1) UNO United Nations Organisation (Abschn. 3.12) Unionszollkodex Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Feststellung des Zollkodex der Union, Abl. L 269 vom 10. Oktober 2013, S. 1–101 (Abschn. 3.4.2)

Abkürzungsverzeichnis

XIX

UStG Umsatzsteuergesetz (UStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I 2005, S. 386); zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2886) (Abschn. 3.4.1) usw. und so weiter (Abschn. 3.5) Vgl. Vergleiche (Abschn. 3.1) Vierte Geldwäscherichtlinie Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission, ABl. L 171 vom 5. Juni 2015, S. 73–117. (Abschn. 2.2.4) WpHG Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz – WpHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl I 1998, S. 2708); zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2637) (Abschn. 3.11) ZAG Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom17. Juli 2017 (BGBl. I 2017, S. 2446); zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2602) (Abschn. 3.8) Zweite Geldwäscherichtlinie Richtlinie 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, ABl. L 344 vom 28. Dezember 2001, S. 76–81. (Abschn. 2.2.2)

1

Historischer Abriss

1.1 Begriff der Geldwäsche Der Begriff der Geldwäsche ist tatsächlich wörtlich zu nehmen: der Gangster Al Capone aus Chicago hatte ein gewaltiges Vermögen aus Glücksspiel, Prostitution und illegalem Alkoholhandel während der Prohibition erwirtschaftet. Er investierte dieses Geld in Waschsalons, die „Laundromats“ [1]. Damit war der Begriff des Money Launderings geboren und auch die Funktionsweise bildhaft dargestellt: Schwarzgeld aus kriminellen Handlungen wird gewaschen und soll damit zu „weißem“, frei verwendbarem Geld werden. Ein anderer Gesichtspunkt ist die Tatsache, dass Waschmaschinen in entsprechenden Salons mit Münzen bedient werden. Es ist also praktisch nicht zu kontrollieren, ob die Maschine nun einmal, zehnmal oder hundertmal am Tag gelaufen ist. Es lässt sich auch nicht nachvollziehen, ob sie einmal gelaufen ist, aber hundertmal mit Münzen gefüllt wurde. Neunundneunzigmal mögen die Münzen „schwarz“ gewesen sein, im Ergebnis werden sie aber alle versteuert und sind dann „weiß“. Das illegal erzielte Geld kann also einfach als scheinbar legale Einnahme des Waschsalons verbucht werden. Aus diesem Vorgehen ergibt sich der Boom der Casinos (One Arm Bandits) nach den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts und auch heute noch findet man in den Steuerparadiesen eine blühende Casino-Kultur. Zuvor gab es die Geldwäsche auch schon und sie dürfte so alt sein wie Münzen in dieser Welt im Umlauf sind. Das einfachste Mittel der Geldwäsche ist die Lüge über die Herkunft des Geldes. Fortschrittlicher ist das Investieren der unredlich erworbenen Geldmengen in legale Unternehmen, die dann selbst Gewinne und Wertzuwächse erwirtschaften. Eine weitere Stufe ist die Erfindung einer vollständig neuen internationalen Kunstwährung, wie beispielsweise die Digitalwährung Liberty Reserve (vergleiche statt aller [2]). Die Staatsanwaltschaft New York erhob den Vorwurf gegen die Verantwortlichen von Liberty Reserve, © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 O. Bausch und T. Voller, Geldwäsche-Compliance, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17562-7_1

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2

1  Historischer Abriss

Geldwäsche im Umfang von etwa 6 Mrd. US$ ermöglicht zu haben. Die Plattform mit der Kunstwährung hatte mehr als 1 Mio. Nutzer, die sich dort mit Fantasieadressen, die nicht überprüft wurden, angemeldet haben1. Eingezahlt wurden echte Währungen, die in „LR“ gewechselt wurden. Die Auszahlung erfolgte dann wieder in echten Währungen. Man muss kein Schelm sein, um in diesem Zusammenhang nicht an „Bitcoins“ erinnert zu werden, ebenfalls eine digitale Währung2. Bitcoins sowie alle übrigen Arten von virtuellen Währungen werden gesetzlich als Kryptowerte bezeichnet. Der gewerbliche Handel und die Verwahrung von Kryptowerten unterliegt seit 2020 ebenfalls der geldwäscherechtlichen Regulierung und Aufsicht. Weitere anschauliche Beispiel für aufgedeckte Wege der Geldwäsche können zum Beispiel dem Organized Crime and Corruption Project oder aus den täglichen Pressemeldungen entnommen werden. Nach Al Capone wurde etwa 60 Jahre später in den USA die Geldwäsche erstmalig als Straftat definiert, um internationale Drogenringe durch die Beschlagnahme ihres Vermögens zu schwächen. Die Folge war 1988 die Verabschiedung der Wiener Drogenkonvention durch die United Nations mit der Verpflichtung aller Mitgliedsstaaten, die Geldwäsche als Straftat in die nationalen Rechtsordnungen aufzunehmen.3 Für Europa folgte 1991 die Erste Geldwäscherichtlinie auf die sogleich (Abschn. 2.2.1) zurückzukommen sein wird. Inzwischen war in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Richtlinie zur Änderung der Vierten Geldwäscherichtlinie ins nationale Recht umzusetzen. Auf Initiative von sechs Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, unter anderem Deutschland, ist die Europäische Kommission mit dem Entwurf einer Europäischen Verordnung zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung beauftragt. Ziel ist es, die Schlagkraft gegen diese illegalen Praktiken durch eine weitere europäische Vereinheitlichung der gesetzlichen Maßnahmen zu erhöhen. In Deutschland haben sich aus den internationalen Regelungen hauptsächlich folgende nationale Normen entwickelt: • Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) was diesem Buch in der Fassung vom 12. Dezember 2019 zugrunde lag und damit die seit dem 1. Januar 2020 anwendbaren gesetzlichen Regelungen widerspiegelt. • § 261 des Strafgesetzbuches (StGB) mit der Überschrift „Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte“ in der hier angewendeten Fassung vom 20. November 2019. Die Norm soll zum 3. Dezember 2020 grundlegend neugefasst und erweitert werden. 1Ein

Konto wurde eingerichtet unter dem Namen „Joe Schwindler“ mit dem Verwendungszweck „Für Kokain“. Registriert wurde auch der Nutzer „Russland-Hacker“, wohnhaft „123 Fake Main Street“ in „Completely Made Up City“. 2Siehe Bitcoins – The movie (howbitcoin.de works) www.YouTube.com/watch?v=ebOx HN1Dq7M. 3BGBl. II 1993, S. 1136.

3

Literatur

1.2 Wirtschaftlicher Umfang und Kriminalstatistik in Deutschland Der wirtschaftliche Umfang der Geldwäsche ist natürlich sehr schwer abzuschätzen. Die Deutsche Bundesbank geht davon aus, dass das Ausmaß der Schattenwirtschaft in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen 2,4 % bis zu 16,6 % ausmacht, oder in Zahlen zwischen EUR 80 Mrd. bis zu EUR 550 Mrd.4 Nach der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS, Schlüssel 633000) ist die Zahl der Straftaten nach § 261 StGB (Geldwäsche) seit 1994 kontinuierlich gestiegen. Gab es 1994 noch 198 erfasste Fälle, so stieg diese Zahl im Jahr 2018 auf 25.114 Fälle. Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen – Financial Intelligence Unit – (FIU) in Deutschland, berichtet, wie alle anderen FIUs international, jährlich über den Stand des Kampfes gegen die Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Aus diesem Jahresbericht ergibt sich unter anderem ein Anzeigeverhalten der nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten. Der Schaden, der durch Geldwäsche entsteht, ist zum einen die Erschütterung des Vertrauens der Öffentlichkeit in bestimmte Berufsgruppen und Wirtschaftszweige. Zum anderen kommt es zu einer Verzerrung des Wettbewerbs, weil die legal operierenden Unternehmen in höherem Maße den zunehmenden Kosten der Regulierung zur Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ausgesetzt sind.

Literatur 1. Zeit Online. 2004. Al Capone und der Waschsalon. 18. November. 2. Süddeutsche Zeitung. 2013. Wechselstube für die Unterwelt. 29. Mai. http://www. sueddeutsche.de/digital/geldwaesche-bei-digitalwaehrung-liberty-reserve-wechselstube-fuerdie-unterwelt-1.1683776. Zugegriffen: 6. Januar 2020.

4Deutsche

Bundesbank, Monatsbericht März 2019, S. 47.

2

Gesetzgebung

2.1 Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) Ausgangspunkt der Gesetzgebung gegen die Geldwäsche ist das Wiener Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und Psychotropen vom 20. Dezember 1988.1 Die Konferenz ging auf die Aufforderung der UNGeneralversammlung durch die Resolution 39/141 vom 14. Dezember 1984 zurück, die ein Übereinkommen gegen den illegalen Handel mit Betäubungsmitteln forderte. Das Abkommen lag bis zum 1. November 1990 zur Unterzeichnung vor und wurde von 87 Staaten unterschrieben, um dann in Kraft zu treten. Ziel der Bestimmungen war die Bestrafung der Geldwäscherei von Erlösen aus Betäubungsmitteln. Letztlich war dies aber nur ein Nebenprodukt dieser UN-Konvention, auch wenn Organisationen der UN sich weiterhin nachdrücklich mit der Gesetzgebung gegen die Geldwäsche beschäftigten.2 Der eigentliche Ursprung der Gesetzgebung gegen die Geldwäsche direkt liegt in der Gründung der Financial Action Task Force on Money Laundering – FATF, also des „Arbeitskreises Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung“. Die FATF hat ihren Sitz bei der OECD in Paris und wurde im Juni 1989 eingesetzt. Sie sollte die Methoden der Geldwäsche analysieren und deren Aufdeckung ermöglichen. Das Mandat galt befristet bis 2004 und wurde bis Ende 2012 erstmalig verlängert, die nächste Verlängerung erfolgte bis 2020. Bereits am 12. April 2019 wurde die FATF mit einem neuen Mandat ausgestattet, diesmal für unbestimmte Zeit.3

1BGBl.

II 1993, S. 1136. auf www.unodc.org, United Nation Office on Drug and Crime; dazu gehört „IMoLIN – International Money-Laundering Information Network“ mit einer Reihe von Untergruppen. 3Siehe https://www.fatf-gafi.org/media/fatf/content/images/FATF-Ministerial-Declaration-Mandate.pdf. 2Näheres

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 O. Bausch und T. Voller, Geldwäsche-Compliance, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17562-7_2

5

6

2 Gesetzgebung

Aus dem Jahr 2012 stammen auch „The FATF Recommendations“, die das Ergebnis der Arbeit der letzten Jahre zusammenfassen und seit dem kontinuierlich überprüft, und im Lichte aktueller Entwicklungen und Erkenntnisse angepasst und sowie erweitert werden.4 Das Dokument baut auf den wesentlich kürzeren Leitfaden von 2004 auf und entwickelt diesen weiter. Mit der aktuellen Fassung werden die vorausgegangenen vierzig Empfehlungen zur Abwehr von Geldwäsche mit den nach dem 11. September 2001 getroffenen neun weiteren Empfehlungen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung kombiniert. In den Empfehlungen sind wesentliche Grundlagen gelegt, die in der Gesetzgebung der einzelnen Nationalstaaten ihren Niederschlag gefunden haben: Dazu gehört die Analyse nach spezifischen Risiken (gering/mittel/hoch), es gehört dazu der Begriff des „Wirtschaftlich Berechtigten“, der „Politisch exponierten Personen“ und das „Know your costumer“ Prinzip. Der FATF gehören gegenwärtig neununddreißig Mitglieder an. Dabei handelt es sich um siebenundreißig Staaten sowie zwei internationale Organisationen, die Europäische Kommission sowie der Kooperationsrat der arabischen Staaten am Golf. Die Präsidentschaft der FATF beginnt jeweils am 1. Juli eines Jahres und endet am 30. Juni des folgenden Jahres. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Buches wird die Präsidentschaft durch einen Vertreter aus China gestellt und die Vize-Präsidentschaft durch einen Vertreter aus Deutschland. Die Regeln der FATF sind keine gesetzlichen, sie werden aber erachtet als „Global Anti Money Laundering (AML) and Combating the Financing Terrorism (CFT) Standards“. Die Gesetzgebung arbeitet die entsprechenden Empfehlungen ein, sei es in die nationale Gesetzgebung oder direkt über die Europäische Union und die entsprechenden europäischen Richtlinien. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat in seiner Resolution Nr. 2462 vom 28. März 2019 festgehalten: Underscoring the central role of the United Nations, in particular its Security Council, in the fight against terrorism and stressing the essential role of the Financial Action Task Force (FATF) in setting global standards for preventing and combatting money laundering, terrorist financing and proliferation financing and its Global Network of FATF-style regional bodies (FSRBs) and taking note with appreciation of the „FATF Consolidated Strategy on Combating Terrorist Financing“ and its operational plan, Encouraging Member States to actively cooperate with FATF, including by contributing to its monitoring of terrorist financing risks,…

Damit wird die besondere Rolle der FATF bestätigt und unterstrichen.

4Siehe https://www.fatf-gafi.org/publications/fatfrecommendations/documents/fatf-recommendations.html.

2.2  Die Richtlinien der Europäischen Union

7

2.2 Die Richtlinien der Europäischen Union 2.2.1 Erste Geldwäscherichtlinie Die Richtlinie 91/308/EWG vom 10. Juni 1991 (Erste Geldwäscherichtlinie) behandelt die Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche.5 Sie bezieht sich auf die Kredit- und Finanzinstitute und das Ansehen des Finanzsystems. Später wird die Zielgruppe erheblich erweitert werden. In dem Zweck der Richtlinie wird ausdrücklich das Wiener Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 19. Dezember 1988 aufgenommen, das in erster Linie die Betäubungsmittel und Psychotropenstoffe betraf.6 In der Richtlinie heißt es unter anderem: Der Schutz des Finanzsystems gegen die Geldwäsche ist eine Aufgabe, welche die für die Bekämpfung der Geldwäsche zuständigen Behörden nicht ohne die Mithilfe der Kreditund Finanzinstitute und der Aufsichtsorgane meistern können. Das Bankgeheimnis muss in diesen Fällen aufgehoben werden.

Es werden Meldepflichten für die Kredit- und Finanzinstitute festgeschrieben, Aufsichtspflichten und die Verpflichtung zu internen Kontrollmaßnahmen und Fortbildungsprogrammen wurde eingeführt. Die Richtlinie wurde von vornherein geöffnet auch für Berufe und Unternehmen…, deren Tätigkeiten besonders geeignet sind, für Zwecke der Geldwäsche genutzt zu werden.

2.2.2 Zweite Geldwäscherichtlinie Am 4. Dezember 2001 wurde die Erste Geldwäscherichtlinie im Lichte der Terroranschläge des 11. September 2001 geändert und erweitert (Zweite Geldwäscherichtlinie7). Der Zweck war die Aktualisierung auf Internationale „Best Practice“. Verpflichtet wurden die Finanzdienstleister, wobei diese Gruppe um „Wechselstuben“ erweitert wurde. Es wurde ein Katalog von Vortaten zur Geldwäsche zusammengestellt, die letztlich die Strafbarkeit begründen. Die Zielgruppe wurde erweitert um die Notare und selbständigen Angehörigen von Rechtsberufen sowie der Steuerberatung. In Artikel 3 Abs. 2 wurde die Verpflichtung aufgenommen, die Identität aller Kunden festzustellen, bei

5Richtlinie

des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (91/308/EWG), ABl. L. 166 vom 28. Juni 1991, S. 77–82. 6BGBl. II 1993, S. 1136. 7Richtlinie 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, ABl. L 344 vom 28. Dezember 2001, S. 76–81.

8

2 Gesetzgebung

denen eine Barzahlung von EUR 15.000 oder mehr auftritt. Unter anderem wurden nun die Versicherungsunternehmen einbezogen und mit Artikel 2a Satz 1 Nr. 6 folgende hier interessierende Gruppe: Personen, die mit hochwertigen Gütern wie Edelsteinen und Edelmetallen oder mit Kunstwerken handeln, und Versteigerern, wenn eine Zahlung in bar erfolgt und sich der Betrag auf mindestens 15.000 EUR beläuft.

Damit ist erstmalig der Güterhändler in einer Geldwäscherichtlinie erfasst. Der Gehalt dieser Richtlinie wurde bei der Konferenz der Parlamente der Europäischen Union über die Bekämpfung der Geldwäsche am 7. und 8. Februar 2002 noch einmal ausdrücklich unterstrichen.8

2.2.3 Dritte Geldwäscherichtlinie Bereits am 26. Oktober 2005 folgte die nächste Geldwäscherichtlinie (Dritte Geldwäscherichtlinie9). Die Dritten Geldwäscherichtlinie stellt eine vollständige Überarbeitung und Neufassung dar. Ein wesentlicher Punkt ist, dass in dieser Richtlinie die Sorgfaltspflichten erstmals gestaffelt werden in allgemeine Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden, vereinfachte und verstärkte Sorgfaltspflichten. Damit wird der Grundstein für den „risk based approach“ gelegt, in Deutschland besser bekannt unter der Bezeichnung „risikobasierter Ansatz“. Verankert wird erstmalig auch die Ausführung der Sorgfaltspflichten durch Außenstehende; neu ist das Verbot der Informationsweitergabe, nachdem der Verpflichtete seine Meldepflicht gegenüber der Staatsanwaltschaft erfüllt hat. Ferner wird im Erwägungsgrund 18 begründet, dass künftig alle Güterhändler die Barzahlungen über EUR 15.000 annehmen auch die Sorgfaltspflichten erfüllen müssen: Es hat sich wiederholt gezeigt, dass bei Barzahlung hoher Beträge ein sehr großes -Risiko der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung besteht. Daher sollten in denjenigen Mitgliedsstaaten, die Barzahlungen über den festgesetzten Schwellenbeträgen zulassen, alle natürlichen oder juristischen Personen, die geschäftsmäßig mit Gütern handeln, bei der Annahme solcher Barzahlungen dieser Richtlinie unterliegen.

Die Umsetzung der Dritten Geldwäscherichtlinie in das deutsche Recht trat mit dem Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz am 21. August 2008 in Kraft. Insgesamt hat die dritte Geldwäscherichtlinie nun schon achtzehn eng bedruckte Seiten im Gesetzesund Verordnungsblatt der Europäischen Union, sie wird aber noch einmal deutlich erweitert werden. 8www.assemblee-nationale.fr/Evenements/Blanchiment-de.ASP 9Richtlinie

2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005, zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl. L 309 vom 25. November 2005, S. 15–36.

2.2  Die Richtlinien der Europäischen Union

9

2.2.4 Vierte Geldwäscherichtlinie Die Europäische Kommission legte am 5. Februar 2013 den Vorschlag für eine weitere Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung vor.10 Der Gesetzgebungsprozess zog sich über zwei Jahre hin. Die Dritte Geldwäscherichtlinie wurde am 20. Mai 2015 abgelöst durch die nächste Fassung einer Richtlinie zur Mindestharmonisierung der präventiven Regelungen innerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (Vierte Geldwäscherichtlinie11). Als wesentliche Änderungen sind sind unter anderem anzuführen: • Die Schwelle für Barzahlungen an bzw. für Güterhändler wird von EUR 15.000 abgesenkt auf EUR 10.000. Kommt es häufiger zu solchen Transaktionen, gelten darüber hinaus besondere Sorgfaltspflichten. • Erfasst werden nunmehr erstmalig die Anbieter von Glücksspieldiensten. • Der risikobasierte Ansatz wird weiter gestärkt. Grundsätzlich müssen alle Verpflichteten über ein angemessenes Risikomanagement verfügen. • Zur Förderung der Transparenz müssen Unternehmen Daten über ihre wirtschaftlich Berechtigten in einem zentralen Register – dem Transparenzregister – erfassen und nationalen Behörden, Verpflichteten sowie anderen Mitgliedern der Öffentlichkeit zum Abruf zur Verfügung stellen. • Erstmalig eingeführt werden europaweit harmonisierte und verschärfte Vorgaben für verwaltungsrechtliche Sanktionen bei Verstößen gegen die Geldwäscheregelung. Die Verwaltungsstrafen betragen bis zum zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen Gewinns oder bis zu 1 Mio. EUR. Bei ausgewählten Verpflichteten des Finanzsektors sind Geldbußen bis 5 Mio. EUR oder bis zu 10 % des jährlichen Gesamtumsatzes des vorausgegangenen Geschäftsjahres möglich. Bei bestimmten Verpflichteten, die natürliche Personen sind, können Verwaltungsstrafen bis zu 5 Mio. EUR verhängt werden. • Hinzu kommt die Pflicht zur Veröffentlichung des Verstoßes sowie der aufsichtsrechtlich getroffenen Maßnahme in einem öffentlich zugänglichen Register.

10Vorschlag für eine Richtlinie der Europäischen Kommission und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung vom 5. Februar 2013, COM(2013) 45 final, 2013/0025 (COD). 11Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission, ABl. L 171 vom 5. Juni 2015, S. 73–117.

10

2 Gesetzgebung

Die nationale Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie sollte von allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bis zum 26. Juni 2017 erfolgen. In Deutschland erfolgte eine vollständige Novellierung des Geldwäschegesetzes durch Veröffentlichung der neuen Gesetzesfassung am Samstag, den 24. Juni 2017 im Bundesgesetzblatt. Dadurch wurde zumindest eine fristgerechte Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie erreicht. Beachtlich ist, dass gegen alle 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union jeweils ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der nicht rechtzeitigen oder nicht vollständigen nationalen Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie eingeleitet wurde.

2.2.5 Fünfte Geldwäscherichtlinie Die Europäische Kommission legte bereits am 5. Juli 2016 den Entwurf zur Änderung der Vierten Geldwäscherichtlinie vor12. Mit dem Vorschlag reagierte die Europäische Kommission auf die veränderte Sicherheitslage in Europa. Zentraler Kern ist eine Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielen, die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung zu verbessern und die Transparenz von finanziellen Transaktionen und Unternehmen zu stärken. Im Rahmen des Vorschlags wurde die Absicht geäußert, die europaweite Umsetzungsfrist der Vierten Geldwäscherichtlinie vom 26. Juni 2017 auf den 1. Januar 2017 vorzuziehen. Der Vorschlag der Fünften Geldwäscherichtlinie hätte demnach binnen sechs Monaten beschlossen und als Richtlinie veröffentlicht werden müssen. Außerdem hätten die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bis zum 31. Dezember 2016 die Vorschriften in das jeweilige nationale Recht überführen sollen. Ein Ansatz, der nicht nur auf erhebliche Kritik der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gestoßen war, sondern in der Praxis auch nicht umsetzbar war. Nach umfangreichen Verhandlungen wurde am 30. Mai 2018 die Änderungsrichtlinie zur Vierten Geldwäscherichtlinie verabschiedet, deren nationale Umsetzung zum 10. Januar 2020 erforderlich ist (Fünfte Geldwäscherichtlinie13). Die Fünfte Geldwäscherichtlinie wird auch als „Änderungsrichtlinie zur Vierten Geldwäscherichtlinie“ bezeichnet, weil insofern keine Neufassung der Geldwäscherichtlinie erfolgt ist, sondern einzelne bestehende Vorschriften angepasst wurden oder auch einzelne neue Vorschriften eingeführt wurden. Da bereits die Zweite Geldwäscherichtlinie eine solche Änderungsrichtlinie war, wird

12Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinie 2009/110/EG vom 5. Juli 2016, COM(2016) 450 final, 2016/0208 (COD). 13Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABl. L 156 vom 19. Juni 2018, S. 43–74.

2.3  Das Deutsche Geldwäschegesetz

11

für Zwecke des vorliegenden Buches an der fortlaufenden Zählung festgehalten und die Bezeichnung Fünfte Geldwäscherichtlinie verwendet.

2.2.6 Erste Strafrechtrichtlinie zur Geldwäscheabwehr Zur Ergänzung und Stärkung der Maßnahmen der Vierten und Fünften Geldwäscherichtlinie haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union, nach Vorschlag durch die Europäische Kommission die Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche (Erste Strafrechtrichtlinie zur Geldwäscheabwehr14) erlassen. Diese soll über alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hinweg eine Mindestharmonisierung für die Definition von Straftaten und Sanktionen im Bereich der Geldwäsche erreichen. Jeder Mitgliedsstaat der Europäischen Union muss die betreffenden Regelungen bis zum 3. Dezember 2020 in das nationale Recht überführen. Dabei darf das in der Ersten Strafrechtrichtlinie zur Geldwäscheabwehr normierte Mindestmaß auf Ebene der nationalen Umsetzung nicht unterschritten werden. Unabhängig davon steht es aber jedem Mitgliedsstaat der Europäischen Union frei, strengere strafrechtliche Bestimmungen zu erlassen oder bereits bestehende strengere Regelungen beizubehalten. Das damit verbundene sogenannte „Gold Plating“ führt weiterhin zu einem auseinanderfallen von strafrechtlichen Regelungen verschiedener Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die den Geldwäschern im grenzüberschreitenden Kontext weiterhin Raum für Arbitrage eröffnen. Dabei sollte gerade durch die Harmonisierung sichergestellt werden, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden effizienter und zügiger vorangeht.

2.3 Das Deutsche Geldwäschegesetz Das deutsche Geldwäschegesetz wurde im Rahmen der Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie vollständig neu gefasst. Aus zuvor 22 Paragraphen wurden im Rahmen der Novellierung 59 Paragraphen und zwei Anlagen zum Geldwäschegesetz. Der Gesetzestext wurde am Samstag, den 24. Juni 2017 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist am Montag, den 26. Juni 2017 in Kraft getreten. Diese Daten sind Ausdruck des eilig betriebenen Gesetzgebungsverfahrens, das seinen Anfang in der Veröffentlichung des Referentenentwurfs des Bundesministeriums der Finanzen am 15. Dezember 2016 hatte und nach diversen Anpassungen als Gesetzentwurf der Bundesregierung am 22. Februar 2017 beschlossen wurde. Der Gesetzgebungsprozess war geprägt durch

14Richtlinie

(EU) 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche, ABl. L 284 vom 23. Oktober 2018, S. 22–30.

12

2 Gesetzgebung

einen engen Zeitplan, der vor allem die fristgerechte nationale Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie zum Gegenstand hatte. Im Sinne der Rechtssicherheit, sollte die Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie, nicht zuletzt aufgrund der damit für die Verpflichteten verbundenen operativen Anpassungen, rechtzeitig angegangen werden und den Verpflichteten mindestens ein halbes Jahr Vorlauf zwischen Veröffentlichung der künftigen gesetzlichen Regelungen und ihrem Wirksamwerden eingeräumt werden. Allerdings wurde der Gesetzgebungsprozess erneut in aller Eile durchgeführt, was man einigen Regelungen auch anmerkt. Die Veröffentlichung der neuen und geänderten Regeln des Geldwäschegesetzes erfolgte am 19. Dezember 2019 im Bundesgesetzblatt.15 Die neuen Regeln im Geldwäschegesetz sind ohne gesetzliche Übergangsfrist seit dem 1. Januar 2020 anwendbar. Inhaltlich gliedert sich das Geldwäschegesetz in sieben Abschnitte, die an dieser Stelle in ihrer grundlegenden Struktur beschrieben werden, während die detaillierten Regelungen für die Praxis, Gegenstand der folgenden Kapitel sind.

2.3.1 Abschnitt 1 – Begriffsbestimmungen und Verpflichtete Der erste Abschnitt enthält 3 Paragraphen, in denen die im Geldwäschegesetz verwendeten Begriffe definiert werden und der Anwendungsbereich festgelegt wird. Erstmalig definiert das Geldwäschegesetz den Begriff der „Geldwäsche“. Daneben werden Begriffe wie „Identifizierung“, „Terrorismusfinanzierung“, „Geschäftsbeziehungen“, „Transaktionen“ und „politisch exponierte Person“ legal festlegt. Seit dem 26. Juni 2017 ist auch eine Definition des „Güterhändlers“ gesetzlich verankert. Abzugrenzen sind die Güterhändler seit 2020 von den verpflichteten „Kunstvermittlern“ und den „Kunstlagerhaltern“. Weiterhin ohne legale Definition werden die Begriffe des „Vertragspartners“ und der „auftretenden Person“ im Geldwäschegesetz verwendet, obwohl zentrale Sorgfaltspflichten mit diesen Personen verbunden sind. § 2 GwG legt fest, welche Personen als Verpflichtete des Geldwäschegesetzes gelten, sofern sie im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit agieren. Im Umkehrschluss unterliegen die gleichen Personen nicht dem Geldwäschegesetz, wenn sie nicht im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeiten handeln, die zur Einstufung in einer der Gruppen von Verpflichteten geführt haben. Dem Begriff des „wirtschaftlich Berechtigten“ widmet das Geldwäschegesetz einen eigenen Paragraphen, der im Ergebnis weiterhin Spielraum zur Interpretation offen lässt.

15BGBl.

I 2019, S. 2602.

2.3  Das Deutsche Geldwäschegesetz

13

2.3.2 Abschnitt 2 – Risikomanagement Dieser Abschnitt regelt die von den Verpflichteten zu treffenden internen organisatorischen Maßnahmen. Allen voran besteht das Erfordernis zur Erstellung und Aktualisierung einer Risikoanalyse. Sie ist die zentrale Grundlage für jeden Verpflichteten und dient einerseits der Bestimmung des Risikos, dass der Verpflichtete und seine Waren oder Dienstleistungen zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht werden könnten, und andererseits zur Ableitung von geeigneten und angemessenen internen Sicherungsmaßnahmen, um diesem Risiko zu begegnen und einen tatsächlichen Missbrauch zu verhindern oder abzuwehren. Die Funktion des Geldwäschebeauftragen hat mit der Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie und der damit verbundenen Einführung eines Kündigungsschutzes eine weitere Aufwertung zur Festigung seiner Position beim Verpflichteten erfahren. Die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten enthalten unter anderem eine gesetzliche Klarstellung zur Anfertigung von Ausweiskopien. Damit wird ein jahrelanger Streitpunkt im Verhältnis zum Bundesdatenschutzgesetz ausgeräumt. Außerdem werden gruppenweite Pflichten für alle Verpflichteten des Geldwäschegesetzes festgelegt. Bis Juni 2017 mussten nur die Verpflichteten aus dem Finanzsektor entsprechende Pflichten erfüllen.

2.3.3 Abschnitt 3 – Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden Die Erfüllung der Sorgfaltspflichten ist ein elementarer Bestandteil zur Abwehr von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung. Der risikobasierte Umfang sowie die Art und Weise der Identifizierung von Vertragspartnern für diese auftretenden Personen und wirtschaftlich Berechtigten werden hier geregelt. Dieser Abschnitt ist von zentraler Bedeutung für alle Verpflichteten des Geldwäschegesetzes. Mit der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie wird der risikobasierte Ansatz weiter hervorgehoben und insbesondere der Anwendungsbereich der verstärkten Sorgfaltspflichten wird weiter ausgebaut.

2.3.4 Abschnitt 4 – Transparenzregister Das neu geschaffene Transparenzregister wurde hinsichtlich der Ausgestaltung kontrovers diskutiert. Nicht nur der Inhalt war Gegenstand, sondern insbesondere auch, welche Personen unter Berücksichtigung des Datenschutzes überhaupt Einsicht nehmen dürfen oder gar müssen. Deutschland hat sich dazu entschlossen das Transparenzregister nicht als Vollregister anzulegen, sondern lediglich als ein ergänzendes Register. Das heißt, ergeben sich Angaben zu einem wirtschaftlich Berechtigten bereits aus einem anderen amtlichen Register, wie zum Beispiel über die beim Handelsregister einzureichende

14

2 Gesetzgebung

Gesellschafterliste, dann werden im Transparenzregister keine Daten zu einem wirtschaftlich Berechtigten geführt. Die Verpflichteten müssen ihnen bekannte Abweichungen zwischen den Daten eines von ihnen ermittelten wirtschaftlich Berechtigten und den Daten im Transparenzregister gegenüber dem Transparenzregister melden. Der Abschnitt enthält aber nicht nur für Verpflichtete im Sinne des Geldwäschegesetzes gesetzliche Anforderungen bereit. Jede juristische Person des Privatrechts sowie jede eingetragene Personengesellschaft muss unabhängig von der ausgeübten Geschäftstätigkeit, die Mitteilungspflichten zum wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister erfüllen. Diese Verpflichtung gilt qua gesetzlicher Fiktion als erfüllt, wenn die Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten bereits aufgrund der bei einem amtlichen Register in Deutschland elektronisch abrufbar hinterlegt sind.

2.3.5 Abschnitt 5 – Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen Die Novellierung des Geldwäschegesetzes wurde zum Anlass genommen, um die bisherigen Zuständigkeiten in Sachen Verdachtsmeldungen neu zu strukturieren. Zu diesem Zweck wurde im Jahr 2017 die bisher beim Bundeskriminalamt verortete „Zentralstelle für Verdachtsmeldungen“ aufgelöst und mit der „Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen“ eine neue Financial Intelligence Unit (FIU) bei der Generalzolldirektion als eigenständige Einheit aufgebaut. In diesem Kontext wurden ferner die bisherigen Kompetenzen der FIU deutlich erweitert und behördenübergreifende sowie grenzüberschreitende Auskunftsrechte und -pflichten geregelt. Die FIU ist der amtlichen Bezeichnung – Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen – folgend als echte Zentralstelle aufgesetzt und nunmehr die einzige Stelle, die direkter Empfänger der Verdachtsmeldungen der Verpflichten des Geldwäschegesetzes ist. Im Kontext dieser Änderungen müssen Verpflichtete ihre Verdachtsmeldungen grundsätzlich über das elektronische Meldesystem „goAML“ melden, dass auch in anderen Ländern zum Einsatz kommt. Die FIU analysiert die eingehenden Verdachtsmeldungen und entscheidet im Rahmen ihres administrativen Mandats über die Weiterleitung der jeweiligen Verdachtsmeldung an die Strafverfolgungsbehörden, die Abgabe an eine ausländische FIU oder über die Aufnahme des Sachverhalts in das Monitoring für einen etwaigen späteren Erkenntnisgewinn.

2.3.6 Abschnitt 6 – Pflichten im Zusammenhang mit Meldungen von Sachverhalten In diesem Abschnitt des Geldwäschegesetzes befinden sich die Anforderungen an die Abgabe von Verdachtsmeldungen. Ferner werden die weiteren Rechtsfolgen definiert, die von Verpflichteten beachtet werden müssen. Besteht etwa ein Verdacht auf Geldwäsche,

2.3  Das Deutsche Geldwäschegesetz

15

darf die betreffende Transaktion dem Grundsatz nach bis zum Ablauf von drei Werktagen (Samstag zählt nicht als solcher) nicht ausgeführt werden. Eine Ausführung innerhalb der Frist, setzt eine entsprechende Weisung der FIU oder der zuständigen Staatsanwaltschaft voraus. Ebenfalls hier verortet ist seit 2020 die grundsätzliche Gleichstellung der Verdachtsmeldung mit einer auf Geldwäsche bezogenen Strafanzeige im Sinne des Strafgesetzbuches.

2.3.7 Abschnitt 7 – Aufsicht, Zusammenarbeit, Bußgeldvorschriften, Datenschutz Je nach Gruppen des Verpflichteten, ist eine andere Aufsichtsbehörde für die Aufsicht der Einhaltung der im Geldwäschegesetz geregelten Pflichten zuständig. Während insbesondere die Unternehmen aus dem Finanzsektor eine Aufsichtsbehörde haben, die deutschlandweit zuständig für die Aufsicht ist, sind im Bereich des Nichtfinanzsektors zahlreiche unterschiedliche Aufsichtsbehörden zuständig. Ein weiterer zentraler Punkt dieses Abschnittes sind die europaweit harmonisierten Sanktionen im Falle eines Verstoßes gegen die gesetzlichen Pflichten. Jeder Verpflichtete sollte einen Blick in die Bußgeldvorschriften werfen, um die finanziellen Auswirkungen einer solchen Maßnahme beurteilen zu können. Die potentiellen Bußgelder wurden im Verhältnis zum früheren Bußgeldkatalog deutlich erhöht. Darüber hinaus müssen grundsätzlich alle von einer zuständigen Aufsichtsbehörde verhängten Bußgelder und Sanktionsmaßnahmen in einem öffentlichen Register aufgeführt werden. Eine Eintragung kann die Reputation des Verpflichteten nachhaltig beeinflussen.

3

Grundlagen und Begriffe

3.1 Geldwäsche Der Begriff der „Geldwäsche“ ist von zentraler Bedeutung für das Geldwäschegesetz und war dennoch von 1993 bis Mitte 2017 nicht als eigenständige legale Definition enthalten. Erst mit der letzten Novellierung wurde am 26. Juni 2017 eine Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 1 GwG mit folgendem Wortlaut aufgenommen: (1) Geldwäsche im Sinne dieses Gesetzes ist eine Straftat nach § 261 des Strafgesetzbuches.

Zwar stellt die Norm nunmehr klar, dass es sich bei Geldwäsche um eine Straftat im Sinne von § 261 StGB handelt1, allerdings lässt sich hieraus nicht direkt ableiten, was Geldwäsche überhaupt ist. Immerhin basiert das aktuelle Geldwäschegesetz auf den Regelungen der Vierten Geldwäscherichtlinie. In Artikel 1 Abs. 3 und 4 der Vierten Geldwäscherichtlinie wird folgende Definition vorgenommen, die dem Wortlaut nach nahezu identisch mit der erstmaligen Definition des Artikels 1 Spiegelstrich 3 der Ersten Geldwäscherichtlinie ist: (3) Als Geldwäsche im Sinne dieser Richtlinie gelten die folgenden Handlungen, wenn sie vorsätzlich begangen werden: a) der Umtausch oder Transfer von Vermögensgegenständen in Kenntnis der Tatsache, dass diese Gegenstände aus einer kriminellen Tätigkeit oder aus der Teilnahme an einer solchen Tätigkeit stammen, zum Zwecke der Verheimlichung oder Verschleierung des illegalen Ursprungs der Vermögensgegenstände oder der Unterstützung von Personen, die an einer solchen Tätigkeit beteiligt sind, damit diese den Rechtsfolgen ihrer Tat entgehen;

1Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 101.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 O. Bausch und T. Voller, Geldwäsche-Compliance, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17562-7_3

17

18

3  Grundlagen und Begriffe b) die Verheimlichung oder Verschleierung der wahren Natur, Herkunft, Lage, Verfügung oder Bewegung von Vermögensgegenständen oder von Rechten oder Eigentum an Vermögensgegenständen in Kenntnis der Tatsache, dass diese Gegenstände aus einer kriminellen Tätigkeit oder aus der Teilnahme an einer solchen Tätigkeit stammen; c) der Erwerb, der Besitz oder die Verwendung von Vermögensgegenständen, wenn dem Betreffenden bei der Übernahme dieser Vermögensgegenstände bekannt war, dass sie aus einer kriminellen Tätigkeit oder aus der Teilnahme an einer solchen Tätigkeit stammen; d) die Beteiligung an einer der unter den Buchstaben a, b und c aufgeführten Handlungen, Zusammenschlüsse zur Ausführung einer solchen Handlung, Versuche einer solchen Handlung, Beihilfe, Anstiftung oder Beratung zur Ausführung einer solchen Handlung oder Erleichterung ihrer Ausführung.

(4) Der Tatbestand der Geldwäsche liegt auch dann vor, wenn die Handlungen, die den zu waschenden Vermögensgegenständen zugrunde liegen, im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats oder eines Drittlandes vorgenommen wurden.

An dieser Begriffsbestimmung der Vierten Geldwäscherichtlinie ändert auch die Fünfte Geldwäscherichtlinie nichts. Ausgehend von der Begründung des Gesetzgebers, wollte dieser die Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie im Wege der Neufassung des Geldwäschegesetzes erreichen.2 Warum der namensgebende Begriff des Gesetzes „Geldwäsche“ dennoch nicht in einer ausführlichen Begriffsbestimmung aufgeführt wird, bleibt unklar. Auch der Blick in die Regelung des § 261 StGB liefert keine der Vierten Geldwäscherichtlinie entsprechende legale Definition des Geldwäschebegriffs. Allgemein lässt sich Geldwäsche wie folgt definieren: u Geldwäsche  Geldwäsche ist das Einschleusen kriminell erworbener Gelder

oder Vermögenswerte in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf mit dem Ziel, die wahre Herkunft zu verschleiern. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen wird unter dem Begriff der Geldwäsche • • • •

der Umtausch oder Transfer, die Verheimlichung oder das Verschleiern, der Erwerb, Besitz oder die Verwendung sowie die Beteiligung an einer dieser Handlungen

in Bezug auf Vermögensgegenstände in Kenntnis der Tatsache verstanden, dass diese aus kriminellen Aktivitäten oder aus der Beteiligung an einer solchen stammen.

2Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 2, 88.

3.1 Geldwäsche

19

Der Geldwäsche geht demnach immer eine illegale Handlung voraus. Die Herkunft der zu waschenden Gelder oder Vermögenswerte ist dabei äußerst vielschichtig. Dies lässt sich bereits an dem Katalog der möglichen Vortaten bemessen, der sich aus § 261 StGB entnehmen lässt. Als Vortaten zur Geldwäsche kommen mehr als 60 verschiedene Verbrechen im Sinne des § 261 Abs. 1 Nr. 1 StGB infrage. Hinzukommen ferner die mehr als 50 durch § 261 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 StGB erfassten Vergehen. Eine Auflistung kann der Anlage im Anhang entnommen werden. Die Fülle an Vortaten erhöht für jeden Verpflichteten das Risiko, dass die jeweiligen Gelder oder Vermögensgegenstände aus einer solchen Vortat stammen. Die Beschreibung der Durchführung der Geldwäsche erfolgt häufig anhand des sogenannten Drei-Phasen-Modells [1], Einleitung, Rn. 7 ff., das sich aus folgenden drei Schritten zusammensetzt: 1. Erste Phase: „Placement“ – Platzierung des Geldes In dieser Phase werden die Gelder aus den kriminellen Vortaten entweder durch Einzahlung bei Banken in Buchgeld umgewandelt, oder sie werden zum Erwerb von kurzfristig liquidierbaren Vermögensgegenständen eingesetzt, wie Gold, Edelsteine, Wertpapiere oder andere hochwertige Güter. Ferner werden die Gelder im Rahmen von Wettgeschäften, Besuchen von Spielhallen oder auch über Wechselstuben eingebracht. Dabei erfolgt die Platzierung oft in kleineren Beträgen unterhalb von gesetzlich festgelegten Schwellenwerten (→ Smurfing). 2. Zweite Phase: „Layering“ – Verwirrspiel Diese Phase wird auch als Splitting oder Streuung bezeichnet und dient dazu, die in der Phase 1 gelegten Spuren zu verwischen. Dazu bedarf es dann der berüchtigten Finanztransaktionen unter Einbeziehung von ausländischen Banken und Scheingesellschaften. Die Gelder werden in komplexen Transaktionen rund um den Globus transferiert. Der internationale Aspekt erschwert zwar die Nachverfolgung der Transaktionen, ist dabei aber nicht entscheidend für die Geldwäsche. Die Streuung kann auch im Inland durch eine Vielzahl von Überweisungen auf eine Vielzahl von Konten erfolgen. Auch hier findet das „Smurfing“ Anwendung. Also das Aufteilen eines großen Geldbetrages in viele kleine Beträge, um die Höhe der ursprünglichen illegalen Gelder oder Vermögensgegenstände zu verschleiern und die Aufmerksamkeit aufgrund von Meldegrenzen zu vermeiden. 3. Dritte Phase: „Integration“ – Einschleusung in den legalen Finanzkreislauf Dies nun ist das Ziel der Übung: Jetzt wird das scheinbar legale Geld investiert in langfristige Anlagen wie Beteiligungen an Unternehmen oder Grundstücke. Aus diesen Anlagen werden dann „legale“ Erträge gezogen, die der Finanzierung des Lebensunterhalts oder aber weiterer Investments dienen können. Gerade in den letzten Jahren rückte das Thema Geldwäsche auch vor dem Aspekt der Steuerhinterziehung immer weiter in den Fokus der Öffentlichkeit. Ausgangspunkt sind dabei in der Regel legal erworbene Gelder oder Vermögensgegenstände. Werden beispielsweise Gelder zwecks Anlage ins Ausland transferiert, dann ist dieser Umstand

20

3  Grundlagen und Begriffe

selbst nicht verboten. Werden jedoch in der Folge die erzielten Erträge aus dem Investment dieser Gelder nicht im Rahmen der Steuererklärung offengelegt, dann können die so erzielten Erträge eine Vortat zur Geldwäsche begründen, wenn die Erträge auf eine bandenmäßige oder gewerbsmäßige Steuerhinterziehung zurückzuführen sind.

3.2 Terrorismusfinanzierung Die Zerschlagung der weltweiten logistischen und finanziellen Strukturen wird vom Gesetzgeber als entscheidender Aspekt für die Bekämpfung der terroristischen Bedrohung angesehen, um so die Sicherheit Deutschlands gewährleisten zu können.3 Insbesondere vor dem Hintergrund der Terroranschläge vom 11. September 2001 und der Ergebnisse der Außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates vom 21. September 2001 hat der Gesetzgeber neue Regelungen erarbeitet, die eine Intensivierung der Mitwirkungspflichten Privater innerhalb des Geldwäschegesetzes vorsahen4 und mit Gesetz vom 8. August 20025 verkündet wurden. Im Jahr 2008 wurde durch das Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz erstmals eine Definition des Begriffs Terrorismusfinanzierung aufgenommen.6 Der konkrete Wortlaut der Begriffsdefinition wurde über die Jahre zwar redaktionell angepasst, jedoch ohne dass sich dadurch die ohnehin damit verbundene Interpretation der Regelung wesentlich geändert hätte.7 Ausgehend von der gesetzlichen Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 2 GwG lässt sich folgende Definition ableiten: u Terrorismusfinanzierung  Terrorismusfinanzierung ist das Bereitstellen oder

Sammeln von Vermögensgegenständen in dem Wissen oder mit der Absicht der Verwendung für terroristische Zwecke. Die Regelung erfasst sowohl diejenigen Personen, die als Geldgeber („bereitstellen“) tätig werden, als auch die Personen, die solche Gelder empfangen („sammeln“). Kritisch zu würdigen ist in diesem Zusammenhang der Aspekt der Beihilfe. Denn auch wer Beihilfe leistet oder zu einer solchen Tat anstiftet, wird von der gesetzlichen Regelung ebenso erfasst.8 Spendet der Güterhändler an einen Verein, dann sollte vorher die Gewissheit bestehen, dass dieser Verein keine terroristischen Gruppierungen oder Taten unterstützt. Hat sich der Güterhändler keine Gewissheit verschafft, erhöht sich das Risiko selbst wegen Beihilfe zur Verantwortung gezogen zu werden. In diesem Zusammenhang wird auf die vertiefenden Ausführungen in Abschn. 4.1.2.3 verwiesen. 3Vgl.

BT-Drucks. 14/8739, S. 10. BT-Drucks. 14/8739, S. 10. 5Vgl. BGBl. I 2002, S. 3105. 6Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 29. 7Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 101 f. 8Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 29. 4Vgl.

3.3 Verpflichtete

21

Für den Verpflichteten des Geldwäschegesetzes kommt es bei der Erfüllung seiner Pflichten darauf an, ob dieser in Kenntnis dessen war, dass das Geld für terroristische Zwecke verwendet werden soll oder alternativ die Absicht einer solchen Verwendung verfolgte. Die Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass die jeweiligen Gelder oder Vermögenswerte (zusammen Vermögensgegenstände) auch aus legalen Quellen stammen können. In diesen Fällen gibt es keine negative Belastung der Vermögensgegenstände, die einen Verdacht begründen könnten. Hinzu kommt, dass auch der Begünstigte der jeweiligen Gelder oftmals nicht auf eine terroristische Verwendung schließen lässt. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Risiken, dürfte das Sammeln von Vermögensgegenständen aus der Sicht eines Güterhändlers den Tatbestand einer Terrorismusfinanzierung nur dann begründen, wenn der Güterhändler selbst aktiv die Zwecke einer terroristischen Vereinigung unterstützen möchte. Davon wird im Kontext dieses Werkes nicht ausgegangen. Insofern besteht wohl eher das Risiko, dass sich ein Güterhändler im Rahmen der Bereitstellung von Vermögensgegenständen einem entsprechenden Risiko aussetzt. Ein solches Risiko kann zum Beispiel mit einer Spende einhergehen. Spendet der Güterhändler einen Betrag an eine Organisation, dann ist es grundsätzlich denkbar, dass diese Organisation den so bereitgestellten Geldbetrag für terroristische Zwecke einsetzt. Vor diesem Hintergrund kommt es insbesondere darauf an, dass der Güterhändler keine Kenntnis davon hatte, dass die begünstigte Organisation entsprechende terroristische Zwecke unterstützt, selbst zu terroristischen Taten anstiftet oder Beihilfe leistet. Daher sollte vor einer Spende eine nachvollziehbare Auswahl des Empfängers sowie seiner mildtätigen Zwecke vorgenommen werden. Für Zwecke dieses Buches schließt der allgemein verwendete Begriff der Geldwäsche grundsätzlich auch den Begriff der Terrorismusfinanzierung mit ein.

3.3 Verpflichtete Mit dem Geldwäschegesetz wird unter anderem das Ziel verfolgt, der Geldwäsche sowie der Terrorismusfinanzierung präventiv entgegenzuwirken. Die Erreichung des Ziels setzt wesentlich voraus, dass der Kreis der Anwender geregelt ist, wobei der Begriff des „Verpflichteten“ verwendet wird.9 In § 2 Abs. 1 GwG werden daher abschließend alle Gruppen von Personen aufgeführt, die als sogenannte „Verpflichtete“ im Sinne des Geldwäschegesetzes gelten. u Verpflichtete  Verpflichtete sind die natürlichen oder juristischen Person

bzw. Personengesellschaften, die in Ausübung ihres Geschäfts oder Berufs handeln und zum Kreis der Normadressaten des Geldwäschegesetzes gehören. 9Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 31.

22

3  Grundlagen und Begriffe

Tab. 3.1  Verpflichtete im Sinne von § 2 Abs. 1 GwG Banken- und Finanzsektor

Nicht-Finanzsektor

Kreditinstitute

Rechtsanwälte, Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte sowie Notare

Finanzdienstleistungsinstitute

Nicht verkammerte Rechtsbeistände und registrierte Personen im Sinne des § 10 RDG

Zahlungsdienstinstitute und E-Geld-Institute

Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Lohnsteuerhilfevereine

Agenten und E-Geld-Agenten

Dienstleister für Gesellschaften und für Treuhandvermögen oder Treuhänder

Selbständige Gewerbetreibende, die E-Geld eines Kreditinstituts vertreiben oder rücktauschen

Immobilienmakler

Finanzunternehmen Versicherungsunternehmen

Bestimmte Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen, einschließlich Spielbanken Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter, soweit die Lagerhaltung in Zollfreigebieten erfolgt

Versicherungsvermittler Kapitalverwaltungsgesellschaften Verpflichtete gemäß § 2 Abs. 1 GwG

Die Verpflichteten können grundlegend in zwei Sektoren unterteilt werden. Einerseits sind dies der Banken- und Finanzsektor und andererseits der Nicht-Finanzsektor. Seit der ursprünglichen Fassung des Geldwäschegesetzes vom 25. Oktober 1993 sind sukzessive weitere Verpflichtete aufgenommen worden. Die Tab. 3.1 gibt Aufschluss über die aktuell Verpflichteten im Sinne des Geldwäschegesetzes. Alle Personen, die keiner der aufgeführten Gruppen zugeordnet werden können, gelten somit auch nicht als Verpflichtete im Sinne des Geldwäschegesetzes. Jedoch ist dies nicht gleichbedeutend damit, dass die Regeln des Geldwäschegesetzes nicht auch auf andere Personen ausstrahlen. Beispielsweise muss jeder Vertragspartner einem Verpflichteten gemäß § 11 Abs. 6 GwG dabei helfen, dass dieser seine Pflichten bezüglich der Identifizierung erfüllen kann. Hierauf wird später noch eingegangen werden.

3.4 Güterhändler

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3.4 Güterhändler Das vorliegende Buch befasst sich mit den geldwäscherechtlichen Regelungen für Güterhändler. Ebenfalls erfasst werden aber auch die im Zuge der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie definierten Kunstvermittler (Abschn. 3.4.1) und Kunstlagerhalter (Abschn. 3.4.2). Dementsprechend werden zunächst die Begriffe definiert, um eine eindeutige Einordnung der Adressaten dieses Buches vorzunehmen. Obwohl die Gruppe der Güterhändler bereits mit der ersten Fassung des deutschen Geldwäschegesetzes über § 3 Abs. 1 GwG a.F.10 als Verpflichtete erfasst waren, fand sich dennoch bis zum 25. Juni 2017 keine gesetzliche Definition eines Güterhändlers. Der Begriff des „Güterhändlers“ wurde mit Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie am 26. Juni 2017 erstmalig in § 1 Abs. 9 GwG a. F.11 definiert. Im Zuge der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie zum 1. Januar 2020 erfolgte eine weitere klarstellende Anpassung der Definition in § 1 Abs. 9 GwG. 12 Die Definition eines Güterhändlers lautet zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Buches wie folgt: u Güterhändler  Güterhändler ist, wer gewerblich Güter veräußert, unabhängig

davon, in wessen Namen oder auf wessen Rechnung. Die Gruppe der Güterhändler erfasst damit jede Person, die gewerblich mit Gütern, gleich welcher Art, handelt. Dies betrifft natürliche Personen in Form des Einzelunternehmers ebenso wie juristische Personen oder Personengesellschaften. Der rechtliche Begriff des „Güterhändler“ wird demnach aus verschiedenen Elementen gebildet die kumulativ vorliegen müssen: 1. „Wer“ 2. „gewerblich“ 3. „Gütern veräußert“ 4. „unabhängig, in wessen Namen oder auf wessen Rechnung“ Aus juristischer Sicht umfasst die Bezeichnung „Wer“ sowohl natürliche Personen als auch alle Formen von juristischen Personen. Eine natürliche Person ist ein Mensch, der Träger von Rechten und Pflichten ist. Die Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person beginnt gemäß § 1 BGB mit der Vollendung der Geburt und endet mit dem Tod. Diesbezüglich muss jedoch berücksichtigt werden, dass Minderjährige, die das 7. Lebensjahr nicht vollendet haben gemäß § 104 Nr. 1 BGB geschäftsunfähig sind. Wollen diese

10BGBl.

I 1993, S. 1770, 1771. I 2017, S. 1822, 1824. 12Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 67. 11BGBl.

24

3  Grundlagen und Begriffe

natürlichen Personen ein Geschäft abschließen, dann ist hierfür immer die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (Eltern oder Vormund) erforderlich. Mit vollendetem 7. Lebensjahr gelten natürliche Personen gemäß § 106 BGB als beschränkt geschäftsfähig. Dies hat zur Folge, dass von ihnen abgeschlossene Geschäfte nach Berücksichtigung einiger Ausnahmen zunächst schwebend unwirksam sind und mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters genehmigt werden können. Der Status der beschränkten Geschäftsfähigkeit endet gemäß § 2 BGB mit der Vollendung des 18. Lebensjahres. Ab diesem Zeitpunkt gilt eine natürliche Person als unbeschränkt geschäftsfähig, es sei denn, es liegt ein Fall des § 104 Nr. 2 BGB vor wonach derjenige geschäftsunfähig ist: wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

Von einer juristischen Person wird gesprochen bei einer Vereinigung von Personen oder einer Vermögensmasse, die aufgrund gesetzlicher Anerkennung selbst rechtsfähig ist. Die juristische Person ist damit ein künstlich geschaffenes Rechtssubjekt, das die Rechtsfähigkeit aufgrund gesetzlicher Regelung erhalten hat. Infolgedessen können juristische Personen nicht selbst handeln, sondern werden ihrerseits durch natürliche Personen vertreten (zur „auftretenden Person“ siehe Abschn. 3.10). Die juristischen Personen können viele Formen annehmen und lassen sich insbesondere nach juristischen Personen des privaten Rechts sowie juristischen Personen des öffentlichen Rechts unterscheiden. Juristische Personen des privaten Rechts sind zum Beispiel die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die Aktiengesellschaft (AG) oder die eingetragene Genossenschaft (eG). Daneben stehen die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie die Körperschaft, die Anstalt öffentlichen Rechts oder auch Stiftung des öffentlichen Rechts. Zusätzlich kommt es für die Anwendbarkeit des Geldwäschegesetzes darauf an, dass die jeweilige Person „gewerblich“ handelnd tätig wird. Eine Person ist gewerbsmäßig tätig, wenn sie selbständig eine Tätigkeit nach außen ausübt und diese für eine gewisse Dauer mit einer Gewinnerzielungsabsicht ausübt, ohne dabei einen freien Beruf nachzugehen. Im Wege der Abgrenzung kann die freiberufliche Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 EStG wie folgt definiert werden: (1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind 1. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.

3.4 Güterhändler

25

Alternativ dazu findet sich eine weitere Legaldefinition der freien Berufe in § 1 Abs. 2 PartGG. (2) Die Freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt. Ausübung eines Freien Berufs im Sinne dieses Gesetzes ist die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen, Heilmasseure, Diplom-Psychologen, Mitglieder der Rechtsanwaltskammern, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratender Volks- und Betriebswirte, vereidigte Buchprüfer (vereidigte Buchrevision), Steuerbevollmächtigten, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Lotsen, hauptberuflichen Sachverständigen, Journalisten, Bildberichterstattern, Dolmetschern, Übersetzer und ähnlicher Berufe sowie der Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Lehrer und Erzieher.

Die Einstufung eines Güterhändlers unter die freien Berufe scheidet unter Berücksichtigung der vorstehenden gesetzlichen Definitionen aus, weshalb die gesetzliche Definition auch nicht auf „berufliche“ Tätigkeit abstellt. In der Folge setzt die Tätigkeit als Güterhändler eine Gewerbeanmeldung gemäß § 14 GewO (stehendes Gewerbe) oder § 55c GewO (Reisegewerbe) voraus. Der Handel besteht vorliegend in der Tätigkeit des Verkaufs von Gütern. Dabei spielt es keine Rolle, welche Art von Gütern zum Gegenstand der gewerblichen Tätigkeit gehören.13 Der in der Vergangenheit unternommene Versuch einer risikoorientierten Einschränkung der sehr weitgefassten Gruppe der Güterhändler14 wurde bereits zu diesem Zeitpunkt abgelehnt15. Die erstmalige Einführung der gesetzlichen Definition des Güterhändlers in § 1 Abs. 9 GwG wurde dementsprechend auch damit begründet, dass dem definitorisch erfassten weiten Personenkreis „jede Person“ zuzurechnen ist, die gewerblich mit Gütern handelt.16 u

Anwendungsbereich für Güterhändler Das Geldwäschegesetz findet auf alle Güterhändler Anwendung. Es gibt keine Bagatellschwelle. Auch die produzierenden Unternehmen sind Güterhändler im Sinne des Geldwäschegesetzes.

Der Umfang des Anwendungsbereiches und der insofern von dem jeweiligen Güterhändler zu erfüllenden geldwäscherechtlichen Regelungen wird allerdings durch die folgenden Regelungen eingegrenzt bzw. beschränkt:

13Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 103. BR-Drucks. 317/11 (Beschluss), S. 2. 15Vgl. BT-Drucks. 17/6804, Anlage 5., S. 51. 16Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 103. 14Vgl.

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3  Grundlagen und Begriffe

Abb. 3.1   Unterteilung der Arten von Gütern

1. § 2 Abs. 2 GwG – Ermächtigung des Bundesministeriums der Finanzen zum Erlass einer Rechtsverordnung, die die Befreiung vom Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes unter bestimmten Voraussetzungen zum Gegenstand hat (zum Zeitpunkt der Erstellung des Buches nicht ausgeschöpft) 2. § 4 Abs. 5 GwG – Beschränkung der Notwendigkeit zum Vorhalten eines wirksamen Risikomanagements auf Güterhändler, die die in der Norm genannten Voraussetzungen erfüllen 3. § 6 Abs. 3 GwG – Abgrenzung und Klarstellung, dass der Verpflichtete im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG das Unternehmen ist, bei dem der Angestellte seiner berufliche Tätigkeit ausübt 4. § 7 Abs. 1 GwG – Aufgrund des Umkehrschlusses der Regelung, die Freistellung von der Pflicht zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten 5. § 7 Abs. 3 GwG – Ermächtigung der zuständigen Aufsichtsbehörden die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten beim Güterhändler anzuordnen 6. § 10 Abs. 6a GwG – Regelung der Transaktionen, die den Anwendungsbereich zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten eröffnen und gleichzeitiger Ausschluss der allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 10 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 4 GwG Ein weiteres Element der Definition besteht aus „mit Gütern handeln“. Im Rahmen der Gesetzesbegründung wird klargestellt, dass Güter alle beweglichen und nicht beweg-

3.4 Güterhändler

27

lichen Sachen sind, unabhängig von ihrem Aggregatzustand, soweit sie einen wirtschaftlichen Wert haben und deshalb Gegenstand einer Transaktion sein können.17 Abb. 3.1 stellt die unterschiedlichen Arten von Gütern [2], TZ 6, S. 3 f., grafisch dar. Ein Gut ist aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht ein Mittel zur Befriedigung von menschlichen Bedürfnissen. Dabei unterliegen alle wirtschaftlichen Güter der Knappheit, die daraus resultiert, dass die Bedarfsmenge immer größer ist als die Angebotsmenge. Als Indikator der Knappheit gilt der Preis eines Gutes. Je knapper das Gut ist, desto höher ist auch sein Preis. Neben diesen knappen Gütern gibt es auch sogenannte freie Güter, die grundsätzlich in der Natur unbeschränkt und unentgeltlich vorkommen, Beispiele hierfür sind (mit Einschränkungen) Luft, Wasser oder Sonnenlicht. Anders verhält es sich jedoch, wenn die beispielhaft genannten Güter Luft und Wasser wiederum Gegenstand eines gewerblichen Handels sind und ihnen ein wirtschaftlicher Wert beigemessen wird. Von Interesse für den Aspekt der Geldwäsche sind die knappen Güter, die sich weiter aufschlüsseln lassen in die Realgüter und die Nominalgüter. Aus der weiteren Aufgliederung ergeben sich ganz unterschiedliche Geschäftsmodelle, denen ein Handel mit Gütern im betriebswirtschaftlichen Sinne zugrunde liegen kann. Unter dem Begriff des Nominalgutes werden die monetäre Bewertung eines Gutes in Geld oder Ansprüche auf Geld erfasst. Realgut und Nominalgut

Jemand kauft sich ein Auto (Realgut) und gibt dafür Geld (Nominalgut) aus. ◄ Das Beispiel lässt bereits das Zusammenspiel zwischen Nominal- und Realgütern erkennen. Die Realgüter werden wiederum in immaterielle und materielle Güter aufgeteilt. Unter den immateriellen Gütern werden beispielsweise die Arbeitskraft einer natürlichen Person – die der Kategorie Dienstleistungen zuzuordnen ist – erfasst oder die aus einem Vertrag abgeleiteten Rechte an einem Realgut. Außerdem gibt es unterhalb der materiellen Güter die Kategorie der Sachgüter, die unter Berücksichtigung der jeweiligen unternehmerischen Tätigkeit in Produktionsgüter oder Konsumgüter unterteilt werden können. Produktionsgüter werden von den Unternehmen für die Herstellung von Konsumgütern verwendet, die dann wiederum von anderen gekauft werden. Je nach Verwendung des spezifischen Gutes kann dieses entweder ein Produktionsgut oder auch Konsumgut sein. Handelt es sich bei dem Gut zum Beispiel um ein Gebäude, das von einer Firma als Büro genutzt wird, wäre dieses Gut als Produktionsgut einzustufen. Würde das gleiche Gebäude hingegen als Wohnung genutzt, dann wäre es als Konsumgut zu kategorisieren. Die Grenzen sind demnach fließend und die Unterscheidung ergibt sich aus dem Verwendungszweck des betreffenden Gutes. Daneben kann als weitere

17Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 103.

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3  Grundlagen und Begriffe

Unterscheidung die Einstufung als Gebrauchsgut oder Verbrauchsgut getroffen werden. Während Verbrauchsgüter immer nur einmal verwendet werden können, sind Gebrauchsgüter mehrmals verwendbar. Die vorstehenden Ausführungen machen die Vielschichtigkeit des Güterbegriffes deutlich. Es ist demnach auch nicht verwunderlich, wenn der DIHK dazu anregt, eine weitere Präzisierung dahingehend vorzunehmen, ob etwa Industrieunternehmen oder generell das produzierende Gewerbe überhaupt dem Begriff des Güterhändlers unterliegen, da es im deutschen Rechtsverständnis eine historische Unterscheidung zwischen Handel und Produktion gibt.18 Dabei wird unter anderem ausgeführt, dass die dem Geldwäschegesetz zugrunde liegende Dritte Geldwäscherichtlinie sich nicht nur auf den Banken- und Finanzsektor bezieht, sondern auch weite Teile des Nicht-Finanzsektors in Form der Güterhändler einschließt. Kritisch heißt es hierzu: Dennoch wird im vorgelegten Bericht der Kommission an kaum einer Stelle auf diese besondere Gruppe und deren Praxisprobleme bei der Umsetzung der Geldwäschevorschriften eingegangen, obwohl die Anzahl der „Güterhändler“ die der Unternehmen des Finanzsektors um ein vielfaches übersteigen dürfte. Dies verstärkt leider unseren Eindruck, dass die Besonderheiten und Belange des Nichtfinanzsektors nur völlig unzureichend berücksichtigt wurden und dies auch bislang bei den Überlegungen zur anstehenden Überarbeitung der Geldwäscherichtlinie kaum Beachtung gefunden hat.19

Wie zuvor dargelegt, hat der Gesetzgeber vorgetragen, dass er es aus rechtlichen wie auch aus tatsächlichen Gründen für notwendig erachtet sämtliche Güterhändler in den Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes einzubeziehen.20 Das abschließende Element – unabhängig davon, in wessen Namen oder auf wessen Rechnung – hat vor allem klarstellenden Charakter. Die Vielfalt der Geschäftsmodelle der Güterhändler macht diese Klarstellung notwendig, um schlussendlich alle denkbaren Gestaltungsvarianten der Durchführung einer Transaktion zu erfassen. Deshalb sind vom Begriff alle Konstellationen des Handelns mit Gütern erfasst, die wie folgt erfolgen: 1. im eigenen Namen und auf eigene Rechnung – Eigengeschäft 2. im eigenen Namen und auf fremde Rechnung – Kommissionsgeschäft 3. im fremden Namen und auf fremde Rechnung – Vermittlungsgeschäft21

18Vgl.

DIHK, Stellungnahme zum Bericht Geldwäscherichtlinie, 13. Juni 2012, S. 5. 19Vgl. DIHK, Stellungnahme zum Bericht Geldwäscherichtlinie, 13. Juni 2012, S. 1 f. 20Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 51. 21Vgl. ­BT-Drucks. 18/11555, S. 103.

der

Kommission

zur

Evaluierung

der

der

Kommission

zur

Evaluierung

der

3.4 Güterhändler

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Angesichts der bestehenden Rechtslage, sind alle Elemente des Begriff des „Güterhändlers“ als Verpflichteter im Sinne des Geldwäschegesetzes weit auszulegen. Daraus folgt, dass jeder Händler von Gütern als Verpflichteter im Sinne des Geldwäschegesetzes einzustufen ist. Damit wird nicht nur das produzierende Gewerbe vom Geldwäschegesetz erfasst, sondern eben auch solche Personen, deren gewerbliche Tätigkeit in dem Ankauf und Verkauf von Gütern besteht. Soweit nachfolgend vom Güterhändler gesprochen wird, dann schließt dieser Begriff immer auch alle Beschäftigen des Verpflichteten mit ein. Aufgrund der Einführung des Kunstvermittlers und des Kunstlagerhalters wird in den folgenden beiden Kapiteln dargelegt, wie sich diese Person für die Zwecke des Geldwäschegesetzes vom Güterhändler abgrenzen, obgleich sie vielfach selbst Güterhändler sind. Das heißt, eine Kunstvermittler, kann sowohl Güterhändler als auch zeitgleich Kunstvermittler. Die Differenzierung dieser Gruppen ist deshalb erforderlich, weil das Geldwäschegesetz unterschiedliche Schwellenbeträge vorsieht, die die Erfüllung der Sorgfaltspflichten vom betreffenden Verpflichteten verlangen.22

3.4.1 Kunstvermittler Mit Wirkung vom 1. Januar 2020 wurde die folgende Definition für die Gruppe der „Kunstvermittler“ in § 1 Abs. 23 Satz 1 GwG aufgenommen: u Kunstvermittler  Vermittler ist, wer gewerblich den Abschluss von Kaufver-

trägen über Kunstgegenstände vermittelt, auch als Auktionator oder Galerist. Wie bereits beim Güterhändler ausgeführt, werden die Transaktionen im Rahmen des gewerblichen Handelns erfasst und führen zur Einstufung in den Kreis der Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 GwG. Insofern unterscheiden sich die Gruppen der Güterhändler und der Kunstvermittler nicht voneinander. Die Unterscheidung zwischen einem Güterhändler und einem Kunstvermittler setzt auch nicht an der rechtlichen Ausgestaltung der Durchführung der Transkation an. Entgegen dem Wortlaut des § 1 Abs. 23 Satz 1 GwG soll eben nicht nur die Vermittlung von Transaktionen über Kunstgegenstände die Einstufung als Kunstvermittler zur Folge haben, sondern jede Konstellation des Handelns mit Kunstgegenständen.23 Das heißt, neben der Konstellation des Vermittlungsgeschäfts werden zusätzlich auch die Konstellationen des Eigengeschäfts und des Kommissionsgeschäfts von der gewerblichen Tätigkeit des Kunstvermittlers erfasst. Diese Interpretation wird durch § 1 Abs. 23 Satz 3 GwG klargestellt.

22Vgl. 23Vgl.

BT-Drucks. 19/13827, S. 68. ­BT-Drucks. 19/13827, S. 49.

30

3  Grundlagen und Begriffe

Die Unterscheidung setzt bei dem Gut an, dass Gegenstand der gewerblichen Tätigkeit der betreffenden Person ist und bei Eintritt der weiteren Voraussetzungen des § 10 Abs. 6a GwG die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten auslöst. Jede gewerblich handelnde Person fällt dann in die Gruppe der Kunstvermittler, wenn Gegenstand der betreffenden Transaktion ein Kunstgegenstand im Sinne des Geldwäschegesetzes ist. Leider hat es der Gesetzgeber nicht für notwendig erachtet den Begriff des „Kunstgegenstandes“ in die gesetzlichen Begriffsbestimmungen des § 1 GwG aufzunehmen. Lediglich in der Gesetzesbegründung findet sich ein Hinweis, wann es sich bei einem Gut um einen Kunstgegenstand handeln soll. Ein Kunstgegenstand ist demnach immer dann gegeben, wenn die Anforderungen von Nummer 53 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG erfüllt sind.24 Demnach sind dies: u Kunstgegenstände  Kunstgegenstände sind

1. Gemälde und Zeichnungen, vollständig mit der Hand geschaffen, sowie Collagen und ähnliche dekorative Bildwerke, 2. Originalstiche, -schnitte und -steindrucke, 3. Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst, aus Stoffen aller Art. Um Umkehrschluss bedeutet das aber auch, immer dann, wenn das gegenständliche Gut der Transaktion kein Kunstgegenstand ist, dann ist die betreffende Person nicht als Kunstvermittler sondern als Güterhändler tätig. Diese Abgrenzung ist bedeutsam für die Frage, welche der in § 10 Abs. 6a GwG geregelten Schwellenwerte einschlägig ist und welche daraus resultierenden allgemeinen Sorgfaltspflichten erfüllt werden müssen. Beispiel – Transaktion mit einem Kunstgegenstand

Die gewerblich tätige Person A möchte ein von Hand geschaffenes Gemälde an die Person B verkaufen. Das Gemälde hat einen Wert von EUR 20.000. Der Kunden B möchte die Transaktion mit einer bargeldlosen Zahlung (z. B. Überweisung) bezahlen. Die gewerblich tätige Person ist als Kunstvermittler einzustufen und nicht als Güterhändler, weil es sich bei dem Gegenstand der Transaktion um einen Kunstgegenstand handelt. Kunstvermittler müssen unabhängig von der Zahlungsart den Vertragspartner B identifizieren. Grund hierfür ist, dass die Transaktion einen Wert von mindestens EUR 10.000 übersteigt und deshalb der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 6a Nr. 2 GwG eröffnet ist. ◄ Das Beispiel macht deutlich, dass ein Kunstvermittler einem anderen Schwellenwert unterliegt. Er muss immer dann eine Identifizierung des Vertragspartners, einer

24Vgl.

BT-Drucks. 19/13827, S. 72.

3.4 Güterhändler

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gegebenenfalls für diesen auftretenden Person oder eines gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten vornehmen, wenn die gegenständliche Transaktion einen Wert in Höhe von EUR 10.000 oder mehr ausmacht. Die Abgrenzung wird anhand des folgenden nur in einem Punkt abgewandelten Beispiels deutlich: Beispiel – Transaktion mit einem Kunstgegenstand

Die gewerblich tätige Person A möchte ein maschinell reproduziertes Bild an die Person B verkaufen. Das Bild hat einen Wert von EUR 20.000. Der Kunden B möchte die Transaktion mit einer bargeldlosen Zahlung (z. B. Überweisung) bezahlen. Die gewerblich tätige Person ist als Güterhändler einzustufen und nicht als Kunstvermittler, weil es sich bei dem Gegenstand der Transaktion nicht um einen Kunstgegenstand handelt. Güterhändler müssen keine Identifizierung des Vertragspartner B vornehmen. Zwar übersteigt die Transaktion einen Wert von mindestens EUR 10.000, allerdings soll die Zahlung im Wege einer bargeldlosen Zahlung erfolgen und deshalb ist der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 6a Nr. 1 c) GwG nicht eröffnet ist. Die jeweilige inhaltliche Voraussetzung des § 10 Abs. 6a Nr. 1 a) GwG und des § 10 Abs. 6a Nr. 2 GwG sind nicht erfüllt, weil das gegenständliche Gut kein Kunstgegenstand ist. ◄ Soweit in den folgenden Kapiteln der Begriff des „Güterhändlers“ verwendet wird, soll dieser für Zwecke dieses Buches grundsätzlich auch den Begriff des „Kunstvermittlers“ mit umfassen. Sofern spezifische Ausführungen gemacht werden, die eine Abgrenzung der Begriffe erforderlich machen und keine deckungsgleichen Anforderungen zur Folge haben, wird der Begriff des „Kunstvermittlers“ zur Klarstellung und Abgrenzung zusätzlich zum Begriff des „Güterhändlers“ verwendet.

3.4.2 Kunstlagerhalter Im Zuge der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie wurde zum 1. Januar 2020 auch die folgende Definition für die Gruppe der „Kunstlagerhalter“ in § 1 Abs. 23 Satz 2 GwG aufgenommen: u Kunstlagerhalter  Kunstlagerhalter ist, wer gewerblich Kunstgegenstände

lagert. Ebenso wie beim Güterhändler und beim Kunstvermittler ausgeführt, werden die Transaktionen im Rahmen des gewerblichen Handelns erfasst und führen zur Einstufung in den Kreis der Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 GwG. Insofern unterscheiden sich die Gruppen der Güterhändler, der Kunstvermittler und der Kunstlagerhalter nicht voneinander.

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3  Grundlagen und Begriffe

Die Unterscheidung eines Kunstlagerhalters von einem Güterhändler und einem Kunstvermittler setzt bei dem Gegenstand der Transaktion an. Das primäre Geschäftsmodell der Kunstlagerhalter besteht in der Lagerung von Gütern und gerade nicht im Handel mit diesen. Der „Einlagerer“ (Vertragspartner) hat gemäß § 467 Absatz 2 HGB dem „Lagerhalter“ (Verpflichteter) für die Dienstleistung der Lagerhaltung, die vereinbarte Vergütung zu zahlen.25 Der Transaktion im Sinne des Geldwäschegesetzes liegt dementsprechend eine „Dienstleistung“ zugrunde, die mit einem „Mietvertrag“ vergleichbar ist. Die von einem Kunstlagerhalter ausgeübte Transaktion stellt folglich keinen Handel mit Gütern dar. Ebenso wie beim Kunstvermittler ist ein weiteres Unterscheidungskriterium zum Güterhändler das eingelagerte Gut, dass Gegenstand der gewerblichen Tätigkeit der betreffenden Person ist und bei Eintritt der weiteren Voraussetzungen des § 10 Abs. 6a GwG die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten auslöst. Jede gewerblich handelnde Person fällt dann in die Gruppe der Kunstlagerhalter, wenn Gegenstand der betreffenden Transaktion ein Kunstgegenstand im Sinne des Geldwäschegesetzes ist. Auf die Definition des Begriffes des Kunstgegenstands in Abschn. 3.4.1 wird verwiesen. Im Umkehrschluss heißt das, dass die Einstufung als Kunstlagerhalter nicht eröffnet ist, solange die Einlagerung keinen Kunstgegenstand umfasst. Noch ein weiterer Aspekt muss für die Zwecke der Anwendung des Geldwäschegesetzes herausgestellt werden. Dies liegt darin begründet, dass die Definition des § 1 Abs. 23 Satz 2 GwG unvollständig ist bzw. zwar den Begriff des Kunstlagerhalters definiert, nicht jedoch den davon abzugrenzenden Verpflichteten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG. Verpflichtete des Geldwäschegesetzes sollen eben nicht alle Kunstlagerhalter sein, die mit Sitz in Deutschland ihrer gewerblichen Tätigkeit nachgehen. Lediglich die Kunstlagerhalter sollen als Verpflichtete des Geldwäschegesetzes erfasst sein, die ihre Dienstleistung der Kunstlagerung in einer sogenannten Freizone im Sinne von Artikel 243 ff. Unionszollkodex26 erbringen.27 Auf deutschem Gebiet unterliegen zum Zeitpunkt der Erstellung des Buches lediglich die Freihäfen von Bremerhaven und Cuxhaven der Einstufung als Freizonen. Zur klaren Abgrenzung bedeutet das, dass für alle Kunstlagerhalter, die nur der verkürzten Definition des § 1 Abs. 23 Satz 2 GwG unterliegen, weil sie nicht gleichzeitig die Kunstlagerung in einem Zollfreigebiet erbringen, dass die Regeln des Geldwäschegesetzes in Bezug auf die Lagerleistung für sie nicht eröffnet sind. Sobald ein Kunstlagerhalter allerdings über die Dienstleistung der Lagerhaltung hinaus auch den Handel mit Gütern erbringt, ist diese Person ein Güterhändler im Sinne des § 1 Abs. 9 GwG, oder aber, sofern das gegenständliche Gut ein Kunstgegenstand ist, ist diese Person

25Vgl.

BT-Drucks. 19/13827, S. 68. (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Feststellung des Zollkodex der Union, Abl. L 269 vom 10. Oktober 2013, S. 1–101. 27Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 72. 26Verordnung

3.5 Identifizierung

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ein Kunstvermittler im Sinne von § 1 Abs. 23 Satz 1 GwG und damit im Bereich des Handels wiederum als Verpflichteter im Sinne von § 2 Abs. 1 GwG anzusehen. Soweit in den folgenden Kapiteln der Begriff des „Güterhändlers“ verwendet wird, soll dieser für Zwecke dieses Buches grundsätzlich auch den Begriff des „Kunstlagerhalters“ mit umfassen. Sofern spezifische Ausführungen gemacht werden, die eine Abgrenzung der Begriffe erforderlich machen und keine deckungsgleichen Anforderungen zur Folge haben, wird der Begriff des „Kunstlagerhalters“ zur Klarstellung und Abgrenzung zusätzlich zum Begriff des „Güterhändlers“ verwendet.

3.5 Identifizierung Die Legaldefinition des Begriffs „Identifizierung“ ist gemäß § 1 Abs. 3 GwG wie folgt gefasst: u Identifizierung  Identifizieren im Sinne dieses Gesetzes besteht aus

1. der Feststellung der Identität durch Erheben von Angaben und 2. der Überprüfung der Identität. Der Gesetzgeber will mit der Identifizierung den Wegfall der Anonymität und die Herstellung der Transparenz von Transaktionen und Geschäftsbeziehungen erreichen und sieht die präventive Wirkung der Maßnahme als geeignet an, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorzubeugen.28 Wird der Wortlaut der Regelung eng befolgt, dann besteht die Identifizierung einer Person aus zwei unterschiedlichen Handlungen, einerseits der Feststellung und andererseits der Überprüfung der Identität. Dementsprechend müsste der Verpflichtete zunächst die erforderlichen Daten zur Identifizierung (Abschn. 6.1.4 und 6.1.5) von der zu identifizierenden Person erfragen. Im zweiten Schritt könnte dann die Überprüfung der so festgestellten Informationen erfolgen. Der Schritt der Überprüfung der Identität wird auch als Verifikation bezeichnet. Anhand dieser getrennten Vorgehensweise könnte der Verpflichtete Widersprüche zwischen den Angaben des Kunden und den vorgelegten Unterlagen zur Verifikation feststellen. Eine solche getrennte Vorgehensweise ist wenig praxisfreundlich und mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Bereits in der Vergangenheit war es üblich, sich vom Kunden die Ausweisdokumente direkt vorlegen zu lassen. Diese wurden vor der Novellierung im Jahr 2017 entweder kopiert oder die erforderlichen Daten abgeschrieben und somit nachvollziehbar festgehalten. Parallel hierzu erfolgte bei natürlichen Personen der Abgleich des auf dem Aufweis befindlichen Lichtbilds mit dem Kunden. Damit muss der Kunde selbst keine Angaben machen, wodurch auch Zweifel an der Echtheit oder der Angemessenheit der Kundendaten schwerer festzustellen sind. Zweifel können sich bei dem vorgezeigten Vorgehen nur dann ergeben, wenn sie offensichtlich sind (der Ausweis ist gefälscht, das Lichtbild auf dem Ausweis stimmt nicht mit dem Kunden überein, usw.). 28Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 29.

34

3  Grundlagen und Begriffe

Dennoch wird auch künftig dieser vereinfachte Weg beschritten werden können. Der Gesetzgeber macht in seiner Begründung zum Gesetz selbst deutlich, dass sich Absatz 3 auf den Kerngehalt des Begriffs der Identifizierung beschränkt und bewusst keine weiteren Ausführungen zu deren Durchführung gemacht wurden.29 Dieser Kerngehalt wurde im Rahmen der Novellierung des Geldwäschegesetzes beibehalten.30 Auch aus § 11 GwG ergibt sich keine Regelung, auf welche Art und Weise der Verpflichtete die Erhebung der Daten zur Feststellung der Identität durchzuführen hat. Das Geldwäschegesetz erhält jedenfalls keine Regelung, dass der Verpflichtete die Daten zur Feststellung der Identität zunächst vom Vertragspartner erfragen muss. Neben der Feststellung der Identität ist als zweites Element die Überprüfung der Identität erforderlich, um eine Person im Sinne des Geldwäschegesetzes zu identifizieren. In § 12 GwG werden alle Mittel genannt anhand derer die Überprüfung erfolgen kann. Dabei wird unterschieden zwischen natürlichen Personen (§ 12 Abs. 1 GwG) und juristischen Personen (§ 12 Abs. 2 GwG). Im Zuge der Novellierung wurden mit § 13 GwG auch eine Norm zur Festlegung der Verfahren eingeführt, die die Verpflichteten zur Überprüfung der Identität einsetzen dürfen, allen voran die Prüfung des vor Ort vorgelegten Dokuments. Die Anwendung von Verfahren der Videoidentifizierung sind nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 GwG ebenfalls zulässig, soweit sie bestimmte Anforderungen an das Sicherheitsniveau erfüllen. Die Anwendung anderer Verfahren, wie etwa die Überprüfung durch algorithmische Verfahren, ist jedenfalls zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Buches nicht gesetzeskonform. Alternative Verfahren müssen zunächst vom Bundesministerium der Finanzen als gleichwertig beurteilt werden und durch Rechtsverordnung nach § 13 Abs. 2 GwG akzeptiert werden. Die Durchführung der Identifizierung ist verknüpft mit der Erfüllung von Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten. In diesem Zusammenhang wird auch auf die teilweise Beanstandung der Anfertigung einer Kopie des Ausweises durch die jeweils zuständigen Datenschutzbeauftragten hingewiesen. Kritikpunkt der Datenschutzbeauftragten ist dabei, dass die Kopien von Ausweisen teilweise geschwärzt werden müssten, weil anderenfalls personenbezogene Daten aufgezeichnet werden, die über die festzustellenden Angaben im Sinne des § 11 Abs. 4 GwG hinausgehen. Am 26. Juni 2017 wurde § 8 Abs. 2 Satz 2 GwG mit folgendem Wortlaut hinsichtlich der anzufertigenden Aufzeichnungen von Ausweisdokumenten oder anderen zur Überprüfung der Identität herangezogenen Dokumenten eingeführt: …, haben die Verpflichteten das Recht und die Pflicht, vollständige Kopien dieser Dokumente oder Unterlagen anzufertigen oder sie vollständig optisch digitalisiert zu erfassen.

29Vgl. 30Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 29. BT-Drucks. 18/11555, S. 102.

3.6 Geschäftsbeziehung

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Der Gesetzestext wurde unter anderem damit begründet, dass die geldwäscherechtlichen Regelungen zur Aufzeichnungspflicht eine spezialgesetzliche Sondervorschrift zu den datenschutzrechtlichen Vorschriften der Pass- und Ausweisgesetze darstellt, die die Anfertigung von Kopien von Ausweisdokumenten untersagt.31 Mit anderen Worten, die Anfertigung vollständiger Kopien von Ausweisdokumenten widerspricht nicht den insofern allgemeineren Vorschriften der Pass- und Ausweisgesetze oder der datenschutzrechtlichen Regelungen. Allerdings muss an dieser Stelle auch festgehalten werden, dass im Zuge der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie eine Neufassung von § 8 Abs. 2 Satz 2 GwG erfolgt ist, wobei das insofern entscheidende Wort „vollständig“ gestrichen wurde. Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um ein redaktionelles Versehen handelt und selbstverständlich weiterhin vollständige Kopien anzufertigen sind.

3.6 Geschäftsbeziehung Das Geldwäschegesetz knüpft zahlreiche Pflichten an den Begriff der Geschäftsbeziehung. Es ist unbestritten, dass Güterhändler aus ihrer Perspektive ebenfalls dauerhafte vertragliche Beziehungen mit ihren Kunden eingehen. Insbesondere in Bezug auf Güterhändler ist die in diesem Kapitel vorgenomme vollständige Abgrenzung des Begriffes der Geschäftsbeziehung im Kontext des Geldwäschegesetzes notwendig, um die für diese Gruppe von Verpflichteten anwendbaren Besonderheiten zu verstehen. u Geschäftsbeziehung  Geschäftsbeziehung im Sinne des Geldwäschegesetzes

ist jede Beziehung, die unmittelbar in Verbindung mit den gewerblichen oder beruflichen Aktivitäten des Verpflichteten steht und bei der beim Zustandekommen des Kontakts davon ausgegangen wird, dass sie von gewisser Dauer sein wird. Bereits dem Wortlaut der vorstehenden Definition kann entnommen werden, dass nicht jede von einem Verpflichteten eingegangene Vertragsbeziehung als eine Geschäftsbeziehung im Sinne des Geldwäschegesetzes gilt. Dementsprechend stellt auch der Gesetzgeber in seiner Begründung klar, dass solche vertraglichen Beziehungen mit einem Dritten, die 1. keinen Bezug zu den geschäftstypischen Aufgaben oder Leistungen des Verpflichteten haben oder 2. allein der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen

31Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 114.

36

3  Grundlagen und Begriffe

keine Geschäftsbeziehung im Sinne des Geldwäschegesetzes darstellen.32 An dieser Beurteilung hat auch die Novellierung des Geldwäschegesetzes im Jahr 2017 nichts geändert, weil mit den vorgenommenen redaktionellen Konkretisierungen keine inhaltlichen Änderungen verbunden waren.33 Beispiel – Geschäftsbeziehung

Der Güterhändler A ist als Juwelier tätig. Er schließt einen Rahmenvertrag über 5 Jahre mit der Person B über die Reinigung der Geschäftsräume. Es liegt keine Geschäftsbeziehung im Sinne des Geldwäschegesetzes vor, weil sich der Vertrag nicht auf die geschäftstypische Tätigkeit des Juweliers und dem Verkauf von Schmuck, Uhren oder sonstigen hochwertigen Gütern bezieht. Der Güterhändler B ist Autohändler. Er schließt mit einem Automobilhersteller einen Rahmenvertrag über die Lieferung von Kraftfahrzeugen für die Laufzeit von 5 Jahren. Es liegt keine Geschäftsbeziehung im Sinne des Geldwäschegesetzes vor, weil der Liefervertrag der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dient. Unabhängig davon unterliegt jede einzelne Transaktion über die Lieferung von Kraftfahrzeugen dem Geldwäschegesetz. Dies gilt sowohl für den Autohändler, als auch für den Automobilhersteller. ◄ Selbst wenn ein geschäftstypischer Sachverhalt gegeben ist, dann kommt es zusätzlich noch auf den Aspekt einer „gewissen Dauer“ an. Ist von vornherein klar, dass nur eine Transaktion abgewickelt wird, dann liegt keine Dauerhaftigkeit vor. Folglich läge keine Geschäftsbeziehung im Sinne des Geldwäschegesetzes vor. Das ist jedoch nicht gleichbedeutend damit, dass die Anwendbarkeit vollständig ausscheidet. So sind auch außerhalb der Begründung einer Geschäftsbeziehung die allgemeinen Sorgfaltspflichten zu beachten. Neben den vorstehenden allgemeinen Ausschlusskriterien in Bezug auf die Geschäftsbeziehung kommt für Güterhändler eine weitere Besonderheit hinzu. Während alle anderen Verpflichteten bei der Begründung einer Geschäftsbeziehung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GwG die Sorgfaltspflichten nach § 10 Abs. 1 GwG anwenden müssen, gilt diese Regelung für Güterhändler nicht. Die Regelung des § 10 Abs. 6 GwG in der Fassung vom 26. Juni 2017 enthält folgende Formulierung: Verpflichtete nach § 2 Absatz 1 Nummer 16 haben Sorgfaltspflichten in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 sowie bei Transaktionen, bei welchen sie Barzahlungen über mindestens 10 000 Euro tätigen oder entgegennehmen, zu erfüllen.

32Vgl. 33Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 29. BT-Drucks. 18/11555, S. 102.

3.6 Geschäftsbeziehung

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Diese Regelung ist Ergebnis der dem Gesetzentwurf vorausgegangenen Abstimmungsprozesse. Die ursprünglich im Referentenentwurf zur Novellierung des Geldwäschegesetzes vorgesehene Formulierung des § 9 Abs. 3 GwG34 sah keine Differenzierung der Gruppe der Güterhändler vor und hätte bewirkt, dass jeder Güterhändler bereits bei jeder auf Dauer angelegten Beziehung zu einem Vertragspartner die Sorgfaltspflichten hätte erfüllen müssen. Im Rahmen einer Stellungnahme zum Referentenentwurf wurde auf das besondere Abgrenzungserfordernis für Güterhändler aufmerksam gemacht und im Ergebnis die Einführung des heutigen § 10 Abs. 6 GwG für Güterhändler erreicht.35 In Folge der Norm des § 10 Abs. 6 GwG a.F. löst die Begründung einer dauerhaften Beziehung durch einen Güterhändler mit einem Vertragspartner keine Anwendung von Sorgfaltspflichten aus. Die Güterhändler werden explizit von der für alle anderen Verpflichteten geltenden Regelung ausgenommen, weshalb auch von einer Privilegierung der Güterhändler gesprochen wird. Der Regelungsinhalt wird in der seit 1. Januar 2020 geltenden Norm des § 10 Abs. 6a GwG fortgeführt. u Güterhändler und Geschäftsbeziehungen Die Begründung einer dauer-

haften Beziehung (Kundenbeziehung) durch einen Güterhändler mit einem Vertragspartner stellt keine Geschäftsbeziehung im Sinne des Geldwäschegesetzes dar und löst deshalb keine Sorgfaltspflichten im Sinne des Geldwäschegesetzes aus. Zur begrifflichen Abgrenzung wird in diesem Buch der Begriff der „Kundenbeziehung“ verwendet, soweit eine dauerhafte vertragliche Beziehung zwischen Güterhändler und Vertragspartner gemeint ist. Wenn die Erfüllung der Sorgfaltspflichten bei Begründung einer Geschäftsbeziehung jedoch für Güterhändler nicht anwendbar ist, dann ist Anknüpfungskriterium für die Auslösung der Sorgfaltspflichten allein die Transaktion.

34Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen eines Gesetzes zur Umsetzung der Vierten E ­U-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 15. Dezember 2016, S. 21 f.; https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/ Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/18_Legislaturperiode/2017-06-24-EUGeldwaescherichtlinie/0-Gesetz.html, Zugegriffen: 18. Dezember 2019. 35Olaf Bausch, Stellungnahme der BB Rechtsanwaltsgesellschaft mbH zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. Dezember 2016, S. 10 ff., https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/ Abteilung_VII/18_Legislaturperiode/2017-06-24-EU-Geldwaescherichtlinie/Stellungnahme02-Rechtsanwaltsgesellschaft-BB.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugegriffen: 18. Dezember 2019.

38

3  Grundlagen und Begriffe

3.7 Transaktion Im täglichen Sprachgebrauch wird in der Regel der Begriff „Geschäft“ verwendet. Allerdings stellt eben nicht jedes Geschäft, das von dem Verpflichten eingegangen und abgewickelt wird, eine Transaktion im geldwäscherechtlichen Sinne dar. Insofern kommt es auch hier auf die tatsächlichen Umstände der Geschäftstätigkeit an. Das bedeutet auch, dass im Rahmen der hausinternen Analyse der Risiken zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden, sich immer auch eine Betrachtung dahingehend empfiehlt, welche Bereiche des gewerblichen oder beruflichen Handelns unter den Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes fallen. u Transaktion  Eine Transaktion im Sinne des Geldwäschegesetzes ist oder

sind eine oder, soweit zwischen ihnen eine Verbindung zu bestehen scheint, mehrere Handlungen, die eine Geldbewegung oder eine sonstige Vermögensverschiebung bezweckt oder bezwecken oder bewirkt oder bewirken. Bei Vermittlungstätigkeiten von Verpflichteten Immobilienmaklern, Güterhändlern, Kunstvermittlern oder Kunstlagerhaltern gilt als Transaktion im Sinne des Geldwäschegesetzes auch das vermittelte Rechtsgeschäft. Auf der einen Seite dient die Einführung des Begriffs „Transaktion“ im Jahr 2008 der Vereinfachung des Geldwäschegesetzes und auf der anderen Seite auch einer weitergehenden Begriffsauslegung.36 Damit wurde der zuvor verwendete Begriff der „Finanztransaktion“ abgelöst, weil dessen inhaltliche Beschränkung nicht mehr zeitgemäß war.37 Die Transaktion im Sinne des Geldwäschegesetzes beinhaltet sowohl die Annahme und Abgabe von Bargeld oder entsprechend gleichgestellter Zahlungsmittel (Wertpapiere, Edelmetalle, Edelsteine und Kunstwerke usw.), als auch den Abschluss von Verträgen und sonstigen Bankgeschäften sowie sachenrechtliche Eigentumswechsel. In der Praxis führt dies dazu, dass der Vertragsabschluss über den Kauf eines Gutes als eine Transaktion im Sinne des Geldwäschegesetzes anzusehen ist, bei der der verpflichtete Güterhändler eine oder mehrere der von ihm vertriebenen Güter an eine natürliche oder juristische Person bzw. Personengesellschaft gegen Bezahlung veräußert oder erwirbt. Dabei muss die Bezahlung für die vom Güterhändler abgegebenen oder erworbenen Güter nicht zwingend in Geld erfolgen. Vielmehr kann auch ein Austausch von Gütern zwischen den involvierten Parteien erfolgen. Das heißt, ein Güterhändler veräußert die von ihm vertriebenen Güter im Austausch gegen andere. In diesem Fall liegt eben keine „Geldbewegung“ vor. Dennoch handelt es sich um eine Transaktion im Sinne des Geldwäschegesetzes, weil das Eigentum an dem jeweiligen Gut auf den jeweils Anderen übergeht und ein sachenrechtlicher Eigentumswechsel vorliegt. Es handelt sich hierbei um eine sonstige Vermögensverschiebung.

36Vgl. 37Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 29 f. BT-Drucks. 16/9038, S. 29 f., auch in Verbindung mit BT-Drucks. 12/2704, S. 11.

3.7 Transaktion

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Im Gegensatz hierzu liegt keine Vermögensverschiebung vor, wenn der Güterhändler lediglich den Lagerort seiner Güter wechselt. Der Eigentümer der Güter bleibt unverändert der Güterhändler selbst, lediglich der Ort der Unterbringung hat sich geändert. Allerdings kommen beim Güterhändler weitere Ausnahmen in Bezug auf den Transaktionsbegriff hinzu, die von wesentlicher Bedeutung sind. Der Begriff der Transaktion umfasst sowohl die Annahme als auch die Abgabe von Bargeld oder gleichgestellter Zahlungsmittel. Bis zur Novellierung des Geldwäschegesetzes im Jahr 2017 lag aus Perspektive des verpflichteten Güterhändlers nur dann eine Transaktion nach § 3 Abs. 2 Satz 5 GwG a.F. vor, soweit der Güterhändler selbst Bargeld in Höhe des gesetzlichen Schwellenwerts angenommen hat. Diese Beschränkung des Transaktionsbegriffs für Güterhändler wurde aufgegeben. Seit dem 26. Juni 2017 ist auch für Güterhändler sowohl die Annahme als auch die Abgabe von Bargeld vom Transaktionsbegriff erfasst.38 Aufgrund der zum gleichen Zeitpunkt eingeführten Begriffsdefinition des Güterhändlers in § 1 Abs. 9 GwG wurde klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, um welche Art von Transaktion es sich handelt. Alle Geschäfte, die ein Güterhändler vornimmt können dem Transaktionsbegriff unterliegen, egal ob als: • Eigenhandelsgeschäft – der Güterhändler kauft oder verkauft Güter in eigenem Namen und auf eigene Rechnung • Kommissionsgeschäft – der Güterhändler kauft oder verkauft Güter in eigenem Namen und auf fremde Rechnung • Vermittlungsgeschäft – der Güterhändler kauft oder verkauft Güter in fremden Namen und auf fremde Rechnung Im Zuge der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie wurde der Transaktionsbegriff durch Aufnahme von § 1 Abs. 5 Satz 2 GwG ergänzt. Ziel war die Klarstellung, dass sich der Begriff der Transaktion im Fall der Durchführung als Vermittlungsgeschäft auf das vermittelte Geschäft – z. B. Verkauf eines Oldtimers – und nicht auf das Vermittlungsgeschäft – Zusammenführung des Eigentümers des Oldtimers und des Käufers – bezieht.39 Diese Klarstellung erschien deshalb geboten, weil die Erfüllung der Sorgfaltspflichten grundsätzlich an das Erreichen der Schwellenbeträge geknüpft sind, weshalb es bei der Bestimmung des Schwellenwertes gerade nicht auf das im Wert geringe Vermittlungsgeschäft – z. B. die Zahlung der Vermittlungsprovision in Höhe von EUR 5000 – ankommen soll, sondern auf das vermittelte Rechtsgeschäft – z. B. den Verkauf eines Oldtimers im Wert von EUR 50.000.40 Der Begriff der Transaktion muss zusätzlich immer auch unter dem Gesichtspunkt einer potentiellen Aufteilung in mehrere Vorgänge betrachtet werden. Gerade im Fall

38Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 117. BT-Drucks. 19/13827, S. 67. 40Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 67. 39Vgl.

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3  Grundlagen und Begriffe

von Bartransaktionen könnte der Vertragspartner versuchen, den Erwerb von mehreren Gütern nicht in einem Vorgangs vorzunehmen, sondern jedes Gut einzeln zu erwerben. Der Vertragspartner könnte diese Form der „Strukturierung“ („Stucturing“) des Geschäfts bewusst dazu einsetzen, um unterhalb eines gesetzlich geregelten Schwellenwerts zu bleiben. Strukturierung einer Transaktion

Der Kunde A möchte bei einem Güterhändler insgesamt vier Produkte mit Bargeld erwerben. Der Gesamtwert der vier gleichen Produkte beträgt EUR 12.000. Kunde A möchte das Geschäft wie folgt durchführen: • Der Kunde A gibt an, dass er die Produkte jeweils verschenken möchte und deshalb vier einzelne Rechnungen vom Güterhändler benötigt. • Der Güterhändler stellt daraufhin jeweils vier einzelne Rechnungen aus. Jede einzelne Rechnung hat einen Wert in Höhe von EUR 3000. • Der Kunde A zahlt jede Rechnung separat mit Bargeld. • Der Güterhändler erfasst jede Zahlung separat in seinem Kassensystem. Durch Strukturierung der Transaktion in vier einzelne Geschäfte hat der Kunde A erreicht, dass jedes einzelne Geschäft deutlich unter dem gesetzlichen Schwellenwert von EUR 10.000 liegt. Somit könnte der Güterhändler fälschlicherweise von einer Identifizierung und Erfüllung der Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunde A absehen. Allerdings muss der Güterhändler die vier durchgeführten Geschäfte als eine zusammenhängende Transaktion betrachten. Es kommt also nicht darauf an, dass der Wert der einzelnen Rechnung lediglich EUR 3000 beträgt, sondern es kommt darauf an, dass der Wert aller vier Rechnungen zusammen einen Wert von EUR 12.000 ausmacht und mit Bargeld bezahlt wird. Deshalb muss der Güterhändler den Kunden A identifizieren und die Sorgfaltspflichten erfüllen. ◄ Die Strukturierung ist nicht nur hinsichtlich der Aufteilung der zu erwerbenden Produkte möglich. Es ist auch denkbar, dass eine Strukturierung der Durchführung des Zahlungsvorgangs erfolgt. Strukturierung des Zahlungsvorgangs

Der Kunde A möchte bei einem Güterhändler insgesamt vier Produkte erwerben. Der Gesamtwert der vier gleichen Produkte beträgt EUR 12.000. Kunde A möchte das Geschäft wie folgt durchführen: • Der Kunde A gibt lässt sich für alle Produkte eine Rechnung ausstellen im Gesamtwert von EUR 12.000.

3.8  Bargeld und E-Geld

41

• Zur Zahlung möchte der Kunde A die ersten EUR 1000 mit seiner Kreditkarte bezahlen. • Weitere EUR 2000 zahlt der Kunde mit seiner Debitkarte. • Die verbleibenden EUR 9000 zahlt der Kunde mit Bargeld. Durch Strukturierung der Zahlungsvorgänge bleibt der Kunde A hinsichtlich des Bargeldeinsatzes unterhalb des gesetzlichen Schwellenwerts von EUR 10.000. Somit könnte der Güterhändler fälschlicherweise von einer Identifizierung und Erfüllung der Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunde A absehen. Allerdings muss der Güterhändler die einzelnen Zahlungsvorgänge als eine zusammenhängende Transaktion betrachten. Es kommt also nicht darauf an, dass der Wert der einzelnen Zahlung unterhalb von EUR 10.000 geblieben ist, sondern dass der Gesamtwert der Zahlungen über EUR 10.000 liegt und Bargeld als Teilbetrag zur Begleichung des Wertes der Transaktion verwendet wurde. Die eingesetzten EUR 9000 könnten tatsächlich illegal erlangtes Geld sein. ◄ Die in den vorstehenden Beispielen aufgeführten Strukturierungen zeigen auf, wie man den gesetzlichen Schwellenwert versuchen könnte zu unterlaufen. Diese künstliche Aufteilung auf mehrere Rechnungen oder auf mehrere einzelne Zahlungsvorgänge wird auch als „Smurfing“ bezeichnet.

3.8 Bargeld und E-Geld Mit der Novellierung des Geldwäschegesetzes wurde in § 1 Abs. 18 GwG für den Begriff „E-Geld“ erneut eine Definition aufgenommen. Diese stellt inhaltlich lediglich klar, dass der im Geldwäschegesetz verwendete Begriff des E-Gelds dieselbe inhaltliche Bedeutung wie der Begriff des E-Gelds im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz haben soll.41 Die erneute Einführung dieser Begriffsbestimmung ist insofern beachtlich, weil das Geldwäschegesetz schon früher einmal eine Definition enthalten hatte. Die bis zum 26. Februar 2013 im Geldwäschegesetz (§ 1 Abs. 5 GwG a. F.) enthaltende Definition des Begriffs „Bargeld“ und der damit verbundenen Gleichstellung mit „elektronischem Geld“ (sogenanntes E-Geld) wurde als nicht mehr zeitgemäß betrachtet und deshalb ersatzlos gestrichen. Die Definition lautete vor der Streichung wie folgt: Dem Bargeld im Sinne dieses Gesetzes ist gleichgestellt elektronisches Geld im Sinne von § 1a Absatz 3 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes.

41Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 104; in Verbindung mit BT-Drucks. 19/13827, S. 68.

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3  Grundlagen und Begriffe

Die Streichung erfolgte mit Verweis auf die seit dem 29. Dezember 2011 geltenden Regelungen des § 25i KWG und den damit verbundenen Reglementierungen bei der Ausgabe von E-Geld.42 Auch wenn der Gesetzgeber mit Blick auf die Verpflichteten des GwG aus dem Banken- und Finanzsektor eine Definition nicht mehr für erforderlich erachtet, so wäre eine Begriffsbestimmung für Güterhändler, die sich gerade nicht mit den Regeln des Kreditwesengesetzes und des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes befassen müssen, auch weiterhin von Bedeutung. Die Bedeutung wird zusätzlich dadurch betont, dass die seinerzeitige Begriffsbestimmung des Bargelds nach Darstellung der Bundesregierung: …allein für die Sonderregelung für gewerbliche Güterhändler in § 3 Abs. 2. Satz 3 GwG-E von Bedeutung…

sein sollte.43 Der Gesetzgeber unterstrich seinerzeit, dass die in § 3 Abs. 2 Satz 5 GwG a. F. enthaltende Regelung, zum einen gerade nur solche Fälle erfasst und die Sorgfaltspflichten auslösen soll, bei denen der Güterhändler Bargeld annimmt. Zum anderen wird mit dieser Definition der Erwägungsgrund 18 der Dritten Geldwäscherichtlinie umgesetzt.44 Denn im Gegensatz zur Streichung der Begriffsdefinition wurde der Begriff des E-Gelds über die Jahre durchgängig im Geldwäschegesetz verwendet. Nachdem nunmehr der Begriff des E-Gelds wieder in § 1 Abs. 18 GwG definiert ist, fehlt es an einer Definition wann eine „Barzahlung“ vorliegt. Der Begriff der Barzahlung wird ebenso wie der Begriff „Bargeld“ im Geldwäschegesetz verwendet. Es ist wohl davon auszugehen, dass eine Barzahlung dann vorliegen soll, wenn mit Bargeld gezahlt wird. u Bargeld  Bargeld ist ein Zahlungsmittel in Form von Münzen oder Bank-

noten. Beim Bargeld handelt es sich in der Regel um die in dem jeweiligen Land ausgegebenen gesetzlichen Zahlungsmittel. In Deutschland hat die Deutsche Bundesbank gemäß § 14 BBankG und unbeschadet der Regelungen des Artikels 128 Absatz 1 AEUV das ausschließliche Recht zur Ausgabe von Banknoten. Neben den Banknoten gibt es gemäß § 1 MünzG die deutschen Euro-Münzen. Das Recht zur Herstellung von Münzen (sogenannte Münzregal) liegt in Deutschland ausschließlich bei dem Bundesministerium der Finanzen. Das Münzregal bezieht sich dabei auf die Gesamtheit aller in Deutschland ausgegebenen Münzen. Die Deutsche Bundesbank bringt die Münzen dann in Umlauf. Zu diesem Zweck kauft sie dem Bundesministerium der Finanzen die hergestellten Münzen zum jeweiligen Nennwert ab. Der Euro ist das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel in Deutschland.

42Vgl.

BT-Drucks. 17/10745, S. 14. BT-Drucks. 16/9080, S. 2. 44Vgl. BT-Drucks. 16/9080, S. 2. 43Vgl.

3.8  Bargeld und E-Geld

43

Neben dem Bargeld ist auch weiterhin das E-Geld von Bedeutung, dass letztlich wie Bargeld zu behandeln ist. Hintergrund dafür ist die Möglichkeit des Erwerbs von E-Geld durch Zahlung eines Bargeldbetrages. Die Legaldefinition von E-Geld ergibt sich aus § 1 Abs. 2 Satz 3 und 4 ZAG: …E-Geld ist jeder elektronisch, darunter auch magnetisch, gespeicherte monetäre Wert in Form einer Forderung an den Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge im Sinne des § 675f Absatz 4 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten angenommen wird. Kein E-Geld ist ein monetärer Wert, 1. der auf Instrumenten im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 10 gespeichert ist oder 2. der nur für Zahlungsvorgänge nach § 2 Absatz 1 Nummer 11 eingesetzt wird.

Im Klartext zahlt eine Person Bargeld an den sogenannten E-Geld-Emittenten. Dieser stellt der Person im Gegenzug den gleichen Betrag in Form von E-Geld als Zahlungsmittel wieder zur Verfügung. Das E-Geld wird zum Beispiel in Wege einer sogenannten Prepaid-Karte aushändigt. Anders ausgedrückt, macht eine Person (der Emittent) einen zuvor von einem Kunden erhaltenen Geldbetrag (monetärer Wert) für den Kunden elektronisch für Zahlungsvorgänge verfügbar. Hierfür muss der Kunde dem Emittent zuvor den entsprechenden Geldbetrag geben. Wie die Zahlung des Kunden an den Emittenten erfolgt ist dabei insbesondere davon abhängig, welche Zahlungsformen der Emittent selbst akzeptiert. Zum großen Teil ist auch die Zahlung durch Hingabe von Bargeld möglich. Meist muss der Kunde zunächst einen sogenannten Voucher oder auch Gutschein erwerben, der einen bestimmten Geldbetrag repräsentiert. Mittels der auf dem Voucher befindlichen Nummer kann der Kunde dann die Umwandlung seines Bargelds in E-Geld beim Emittenten vornehmen. E-Geld

Ein klassisches Beispiel für die Ausgabe von E-Geld sind die weit verbreiteten ­Prepaid-Kreditkarten. Diese Prepaid-Kreditkarten können sowohl für Zahlungen im Internet als auch am sogenannten Point-of-Sale im Rahmen des zuvor aufgeladenen Guthabens eingesetzt werden. ◄ Wie die Bezeichnung „Prepaid-Kreditkarte“ erkennen lässt, handelt es sich um eine auf Guthabenbasis geführte Karte. Insofern ist die Bezeichnung „Kreditkarte“ eigentlich irreführend, weil es eine „Guthabenkarte“ ist. Unabhängig davon haben die Prepaid-Kreditkarten grundsätzlich alle Eigenschaften einer Kreditkarte und können ­ dementsprechend für bargeldlose Zahlungen bei den teilnehmenden Kreditkartenakzeptanzstellen verwendet werden. Ein eindeutiges Unterscheidungsmerkmal zwischen einer Prepaid-Kreditkarte und einer Kreditkarte gibt es nicht. Das macht es für den

44

3  Grundlagen und Begriffe

Güterhändler nahezu unmöglich festzustellen, welchen Kartentyp der Kunde vorgelegt hat. Es bleibt einzig die eher praxisfremde Möglichkeit, den Kunden direkt zu fragen. Es ist zu berücksichtigen, dass E-Geld Produkte auch mit Bargeld aufgeladenen werden können. Insofern spielt dies für den jeweiligen Zahlungsvorgang beim Güterhändler sehr wohl eine Rolle. In der Praxis kommt es gerade bei der Bezahlung von höheren Beträgen vor, insbesondere wenn diese den gesetzlichen Schwellenwert von EUR 10.000 übersteigen, dass der betreffende Betrag durch mehrere verschiedenen Zahlungen vom Kunden erbracht wird. Zahlung mit E-Geld

Der Güterhändler A verkauft ein Kraftfahrzeug zum Preis von EUR 20.000 an den Vertragspartner B. Der Vertragspartner B möchte den Betrag wie folgt begleichen: • EUR 9950 werden per Banküberweisung vom Girokonto des Vertragspartners B an den Güterhändler A als Anzahlung überwiesen. • EUR 9900 Bargeld übergibt der Vertragspartner B dem Güterhändler A am Tag der Abholung des Kraftfahrzeuges. • EUR 150 bezahlt der Vertragspartner B dem Güterhändler A durch Vorlage einer Prepaid-Kreditkarte. Der Güterhändler A muss den Vertragspartner identifizieren, weil dieser mit Bargeld in Höhe von insgesamt EUR 10.050 bezahlt hat. ◄

3.9 Vertragspartner Der „Vertragspartner“ ist ebenfalls nicht in den Begriffsbestimmungen des § 1 GwG enthalten. Dabei kommt dem Vertragspartner elementare Bedeutung im Geldwäschegesetz zu. Immerhin ist es die Person, die vom Verpflichteten bei Vorliegen der gesetzlichen Anforderungen identifiziert werden muss. u Vertragspartner  Der Vertragspartner ist die Person, mit der eine Transaktion

abgeschlossen oder eine Geschäftsbeziehung begründet wird. Der Vertragspartner kann eine natürliche, juristische Person bzw. eine Personengesellschaft oder ein Trust bzw. eine Rechtsgestaltung sein. Der Begriff des Vertragspartners wurde mit der Umsetzung von Artikel 8 Abs. 1 a) der Dritten Geldwäscherichtlinie im Rahmen des Geldwäschebekämpfungsergänzungs-

3.9 Vertragspartner

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gesetzes in das GwG aufgenommen.45 Im Zuge dieser Umsetzung wurde von der Identifizierung des „persönlich Auftretenden“ im Sinne von § 2 Abs. 2 GwG a. F. Abstand genommen, es sei denn der persönlich Auftretende und der Vertragspartner sind identisch.46 Sofern der persönlich Auftretende nicht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelt, hat er vielmehr in der Funktion eines Boten oder Stellvertreter einer natürlichen Person oder als Vertreter einer juristischen Personen oder Personengesellschaft gehandelt. Folglich wollte diese Person auch nicht selbst die betreffende Transaktion abschließen, sondern für den von ihm Vertretenen. Die früher durch den Begriff des „persönlich Auftretenden“ erfasste Person spielt in nach aktueller Rechtlage wieder eine Rolle und wird nunmehr als „für den Vertragspartner auftretende Person“ erfasst (Abschn. 3.10). Zum einen wird mit der Identifizierung des Vertragspartners der Wegfall der Anonymität im Rahmen der Durchführung von Transaktionen verfolgt und damit unter Berücksichtigung des Transparenzgebots der Missbrauch zu Zwecken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verhindert. Andererseits wird hierdurch sichergestellt, das für die Ermittlungsbehörden im Falle von Anhaltspunkten für Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierungsaktivitäten aufgrund der festgestellten Identität des Vertragspartners eine Papierspur („Paper Trail“) vorhanden ist, der zur Überführung des Täters gefolgt werden kann.47 Wie im Merksatz formuliert, kann der Vertragspartner sowohl eine natürliche Person als auch eine juristische Person oder Personengesellschaft oder aber auch ein Trust oder eine Rechtsgestaltung sein. Die Unterscheidung ist bedeutsam für die Durchführung der Identifizierung. In Abhängigkeit davon, welche Art von Person zu identifizieren ist, müssen andere Daten erhoben und anhand unterschiedlicher Dokumente überprüft werden. Handelt es sich bei dem Vertragspartner um eine juristische Person, dann muss zunächst diese Person identifiziert werden. Allerdings muss zusätzlich auch die für die juristische Person auftretende natürliche Person identifiziert werden. Daneben besteht außerdem die Pflicht zur Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten (Definition in Abschn. 3.11), die als Gesellschafter auf die juristische Person Einfluss nehmen kann. Muss der verpflichtete Güterhändler etwa eine Rechnung im Sinne von § 14 UStG ausstellen, dann kann der gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG zu benennende Leistungsempfänger mit dem Vertragspartner im Sinne des Geldwäschegesetzes gleichgestellt werden. Der Vertragspartner ist also die Person, mit der eine Transaktion im Sinne von § 1 Abs. 4 GwG als Verpflichtetem zustande kommt.

45Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 33. BT-Drucks. 16/9038, S. 33. 47Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 33. 46Vgl.

46

3  Grundlagen und Begriffe

3.10 Auftretende Person Der Begriff der „auftretenden Person“ wurde im Zuge der Einführung des Zahlungskontogesetzes48 zum 18. Juni 2016 in das Geldwäschegesetz aufgenommen. Die Anforderungen an die Identifizierung der auftretenden Person wurden im Zuge der Novellierung des Geldwäschegesetzes um den Aspekt der Prüfung der Vertretungsberechtigung erweitert.49 Die Erfüllung der Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der für einen Vertragspartner auftretenden Person ist mit verschiedenen bußgeldbewehrten Pflichten verknüpft, die von den Verpflichteten beachtet und angewendet werden müssen Deshalb muss für alle Verpflichtete, egal welcher Kategorie im Sinne von § 2 Absatz 1 GwG sie angehören, ein einheitliches Verständnis für den Begriff der „auftretenden Person“ zur Anwendung kommen. Eine Bestimmung des Begriffs der „auftretenden Person“ in § 1 GwG – Begriffsbestimmungen – ist bis heute nicht erfolgt und auch im aktuellen Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Bisher enthält lediglich die Begründung zum Gesetzentwurf des Zahlungskontogesetzes Ausführungen darüber, wie der Begriff der „auftretenden Person“ ausgelegt werden sollte.50 Hierzu heißt es: Nach Artikel 13 Absatz 1 letzter Satz der Richtlinie (EU) 2015/849 ist nicht nur der Vertragspartner, sondern auch die Person, „die vorgibt, im Namen des Kunden zu handeln“ (im sog. Leading Text der Richtlinie: „any person purporting to act on behalf of the customer“) zu identifizieren und dessen Angaben zu verifizieren. Der im Geldwäschegesetz de lege lata verwendete Begriff des Vertragspartners ist damit zu eng, da die Richtlinie, wie früher auch das GwG bis zum Inkrafttreten des Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetzes – neben dem Vertragspartner – zusätzlich die Identifizierung der Person, die dem Mitarbeiter des Instituts gegenüber erscheint und sich z. B. als Bote oder Bevollmächtigter des Vertragspartners zu erkennen gibt, erfordert.51

Demnach ist die auftretende Person, diejenige natürliche Person, die gegenüber dem Verpflichteten in Erscheinung tritt und gegenüber dem Verpflichteten erkennbar vorgibt, den Vertragspartner zu vertreten. Der Verpflichtete muss also erkennen können, dass die in Erscheinung tretende Person nicht für sich als Vertragspartner handeln möchte, sondern für einen anderen Vertragspartner tätig ist. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die auftretende Person dem Verpflichteten tatsächlich persönlich vor Ort gegenübertritt. Es ist auch dann von einer auftretenden Person auszugehen, wenn diese nicht vor Ort anwesend ist, aber auf andere Art und Weise in Erscheinung tritt, etwa via E-Mail oder per Telefon. Damit wird insbesondere der Bereich des Internetgeschäfts erfasst, der

48BGBl.

I 2016, S. 720. BT-Drucks. 18/11555, S. 116. 50Vgl. BT-Drucks. 18/7204, S. 99. 51BT-Drucks. 18/7204, S. 99. 49Vgl.

3.10  Auftretende Person

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regelmäßig keine physische Anwesenheit der Vertragspartner oder gegebenenfalls für diese auftretende Personen beim Verpflichteten bedingt. Die auftretende Person kann folglich in zwei unterschiedlichen Formen handeln: 1. als Bote oder 2. als Stellvertreter Handelt die auftretende Person als „Bote“, ist die Vertretungsberechtigung darauf beschränkt, die Willenserklärung des Vertragspartners an den Verpflichteten zu überbringen. Ein Postbote ist nicht als auftretende Person zu klassifizieren. Er überbringt zwar gegebenenfalls eine Willenserklärung des Vertragspartners gegenüber dem Verpflichteten, allerdings ist für den Verpflichteten im Zeitpunkt der Überbringung des Schreibens nicht erkennbar, dass der Postbote eine Willenserklärung eines bestimmten Vertragspartners überbringt. In der Funktion als Stellvertreter des Vertragspartners, ist der auftretenden Person eine Vollmacht erteilt worden, die ihn dazu berechtigt den Vertragspartner rechtlich zu binden. Die Art und Weise der Vollmachtserteilung sowie der Umfang der Vertretungsmacht können vielfältig sein. Eine Vollmacht kann mündlich, schriftlich oder sogar unter Einbeziehung eines Notars erteilt werden. Jede Form der schriftlichen oder notariellen Vollmachtserteilung erleichtert es dem Verpflichteten die Überprüfung der tatsächlichen Vertretungsberechtigung vorzunehmen. Im Rahmen des gewerblichen Handelns sind die klassischen Vollmachten die Handelsvollmacht im Sinne von § 54 HGB oder die Prokura im Sinne der §§ 48 – 53 HGB. Die Prokura unterliegt bei juristischen Personen zudem der Eintragungspflicht im Handelsregister. Die Vertretungsberechtigung kann damit durch den Handelsregisterauszug überprüft und nachgewiesen werden. In Bezug auf natürliche Personen handelt es sich bei den gesetzlichen Vertretern, allen voran den Eltern eines Kindes, aber auch bei einem Betreuer um eine für den Vertragspartner auftretende Person. Der Betreuer kann seine Vertretungsberechtigung durch die Vorlage seines Betreuerausweises nachweisen. Hinsichtlich der Behandlung eines Mitglieds des Vertretungsorgans oder eines gesetzlichen Vertreters einer juristischen Person gibt es unterschiedliche Auffassungen. Zunächst ist anzumerken, dass die Namen der Mitglieder des Vertretungsorgans oder der gesetzlichen Vertreter ohnehin nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 e) GwG schon immer Gegenstand der allgemeinen Sorgfaltspflichten waren (Abschn. 6.1.5.1). Die Gesetzesbegründung zur auftretenden Person enthält diesbezüglich folgende Ausführungen: Darunter fallen nicht die gesetzlichen Vertreter oder Verfügungsberechtigten einer juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft, die ohnehin schon nach § 4 Absatz 3

48

3  Grundlagen und Begriffe Nummer 2 GwG bzw. § 154 Absatz 2 AO zu identifizieren sind. Ebenfalls ausgenommen sind Personen, die Verpflichtete im Sinne von § 2 Absatz 1 GwG sind.52

Unter Berücksichtig dieser Gesetzesbegründung, ist eine natürliche Person, die als Organmitglied (Organwalter) einer juristischen Person oder Personengesellschaft gegenüber einem Verpflichteten auftritt, nicht als „auftretende Person“ zu klassifizieren. Ein Organwalter ist die Person, die die Handlungsfähigkeit der juristischen Person oder Personengesellschaft herstellt und diese im Außenverhältnis vertritt. Unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Grundsätze wird das Handeln des Organwalters dem Organ der juristischen Person oder Personengesellschaft zugerechnet und nicht der natürlichen Person, die die Funktion des Organwalters ausübt. Deshalb sind Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte auch keine Organwalter und sind ihrerseits als „auftretende Personen“ zu klassifizieren. Die zitierte Begründung stellt darauf ab, dass die Organwalter einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft gerade nicht wie eine natürliche Person im Sinne von § 4 Absatz 3 Nummer 1 GwG a. F. in Verbindung mit § 4 Absatz 4 Nummer 1 GwG a.F. identifiziert werden müssen. Die heute korrespondierenden Regelungen hierzu finden sich in § 11 Abs. 4 Nr. 1 GwG und § 12 Abs. 1 GwG wieder. Die Organwalter gelten gemäß der Gesetzesbegründung bereits dadurch als identifiziert, dass die Feststellung der „Namen der Mitglieder des Vertretungsorgans oder der gesetzlichen Vertreter“ nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 e) GwG sowie durch die Überprüfung der Namen anhand eines Auszugs aus dem Handels- oder Genossenschaftsregister oder einem vergleichbaren amtlichen Register oder Verzeichnis, der Gründungsdokumente oder gleichwertiger beweiskräftiger Dokumente oder durch Einsichtnahme in die Register- oder Verzeichnisdaten nach § 12 Abs. 2 GwG erfolgt. Beispiele für Organwalter sind unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen und zivilrechtlichen Gesetze bei einer: • Aktiengesellschaft: jedes Mitglied des Vorstands • Gesellschaft mit beschränkter Haftung: jeder Geschäftsführer • Kommanditgesellschaft: jeder persönlich haftende Gesellschafter • GmbH & Co. KG: die GmbH als persönlich haftender Gesellschafter, und hier wiederum jeder Geschäftsführer • Gesellschaft bürgerlichen Rechts: jeder Gesellschafter Die dargestellte Gesetzesbegründung zum Zahlungskontogesetz wird im Rahmen der Novellierung des Geldwäschegesetzes zum 26. Juni 2017 nicht revidiert, sondern fortgeführt. Zur Begründung des § 10 GwG wird insgesamt wie folgt ausgeführt:

52BT-Drucks.

18/7204, S. 99.

3.10  Auftretende Person

49

Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen § 3 GwG bisherige Fassung und erfüllt die Vorgaben von Artikel 13 Absatz 1 der Vierten Geldwäscherichtlinie.53

Zur Begründung des § 10 Absatz 1 Nummer 1 GwG führt der Gesetzgeber wie folgt aus: In Absatz 1 Nummer 1 wird die Vorgabe der FATF-Empfehlungen sowie von Artikel 13 Absatz 1 der Vierten Geldwäscherichtlinie, im Falle einer für den Vertragspartner auftretenden Person deren Berechtigung hierzu zu prüfen, neu aufgenommen.54

Zur Begründung des § 11 Absatz 1 GwG führt der Gesetzgeber wie folgt aus: § 11 entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 4 Absatz 1 bis 3 sowie 5 und 6 GwG und setzt Artikel 14 Absatz 1 und 2 der Vierten Geldwäscherichtlinie um. Die Nichterwähnung der für den Vertragspartner auftretenden Person in Artikel 14 Absatz 1 und 2 der Vierten Geldwäscherichtlinie beruht auf einem redaktionellen Versehen, das mit ihrer Aufnahme in § 11 Absatz 1 korrigiert wird.55

Zur Begründung von § 12 Absatz 2 GwG ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen: Die Vorschrift zur Überprüfung der Identität bei juristischen Personen entspricht im Wesentlichen § 4 Absatz 4 Nummer 2 GwG bisherige Fassung.56

Das vorliegende Geldwäschegesetz sowie die zugrunde liegenden Gesetzesbegründungen lassen keine anderslautende Interpretation zu, als dass nicht jede natürliche Person, die mit einem Verpflichteten eine die Anwendung der Sorgfaltspflichten auslösende Handlung durchführen möchte, gleichzeitig als eine „auftretende Person“ angesehen werden muss. Jedenfalls sind unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung die Organwalter nicht als auftretende Personen anzusehen. Allerdings gibt es im Rahmen der Rechtsauslegung auch anderslautende Auslegungshinweise in der Praxis. Zunächst hatte das Regierungspräsidium Darmstadt als eine der zuständigen Aufsichtsbehörden, die oben dargelegte Rechtsauffassung in einem Newsletter mit Verweis auf die Begründung zum Zahlungskontogesetz bestätigt.57 Diese Auslegung wurde mit Veröffentlichung des Newsletters 11 vom 16. Juni 2016 faktisch wiederufen: Zusätzliche Identifizierung der auftretenden Person: Wichtige Konkretisierungen für den Nichtfinanzsektor!

53BT-Drucks.

18/11555, S. 116. 18/11555, S. 116. 55BT-Drucks. 18/11555, S. 118 . 56BT-Drucks. 18/11555, S. 118. 57Regierungspräsidium Darmstadt, Geldwäscheprävention – Newsletter Nr. 10 vom 29. April 2016. S. 1, https://rp-darmstadt.hessen.de/sites/rp-darmstadt.hessen.de/files/content-downloads/Newsletter%20Nr.%2010%20vom%2029.%20April%202016.pdf, Zugegriffen: 6. Januar 2020. 54BT-Drucks.

50

3  Grundlagen und Begriffe Wie bereits mit meinem Newsletter Nr. 10 mitgeteilt, ist ab dem 18. Juni 2016 – neben dem Vertragspartner – zusätzlich auch die für diesen ggf. auftretende Person nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 und 4 des Geldwäschegesetzes (GwG) zu identifizieren. Immer, wenn Identifizierungspflichten nach dem GwG bestehen, sind entsprechend auch Personen, die sich z. B. als Bote oder Bevollmächtigter des Vertragspartners zu erkennen geben, zu identifizieren. Die Norm dient der Umsetzung des Artikels 13 Abs. 1 letzter Satz der 4. EU-Geldwäscherichtlinie. Demnach müssen sich die Verpflichteten bei Umsetzung der Sorgfaltspflichten vergewissern, dass „jede Person, die vorgibt, im Namen des Kunden zu handeln, dazu berechtigt ist, und die Identität dieser Person feststellen und überprüfen“. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat für den Nichtfinanzsektor einige Fragen beantwortet, die dazu zwischenzeitlich aufgetreten sind: Demnach ergibt sich die zusätzliche Identifizierungspflicht im Bereich des Nichtfinanzsektors für alle vor Ort agierenden natürlichen Personen, also Boten, gesetzliche Vertreter, rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter und Personen, die ihre Vertretungsmacht aus ihrer Stellung als Organ einer juristischen Person oder Personengesellschaft herleiten. Entgegen der Darstellung im Newsletter Nr. 10 sind nach Auskunft des BMF auch gesetzliche Vertreter oder Verfügungsberechtigte einer juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft – über die reine Erfassung nach § 4 Absatz 3 Nummer 2 GwG hinaus – vollständig anhand eines in § 4 Abs. 4 Nr. 1 GwG genannten Dokumentes, z. B. eines Personalausweises, zu identifizieren. Die Identitätsangaben sind zu dokumentieren und aufzubewahren. Die Erleichterungen im Hinblick auf gesetzliche Vertreter oder Verfügungsberechtigte gelten i. d. R. nur für Kreditinstitute und bestimmte Zahlungsdienstleister. Weiterhin hat das BMF auf einen redaktionellen Fehler in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/7204, Artikel 7) hingewiesen: Ausgenommen sind demnach nicht alle ­ Personen, die Verpflichtete im Sinne des § 2 Abs. 1 GwG sind, sondern lediglich Verpflichtete, soweit es sich um Notare im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 GwG handelt.58

Dies ist insofern erstaunlich, dass das Bundesministerium der Finanzen federführend bei der Erarbeitung des Geldwäschegesetzes ist. Dennoch hatte es keine Notwendigkeit gesehen in einer der Gesetzesbegründungen, weder zur Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie und der damit verbundenen Neufassung des Geldwäschegesetzes sowie Erweiterung der Anforderungen an die auftretenden Person, noch im Zuge der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie eine bundesweit einheitliche Auslegung sicherzustellen. In der Folge sind die hier dargelegten Newsletter eine der wenigen Veröffentlichungen, aus der diese Auslegung abzuleiten ist, dass selbst Organwalter im Rahmen ihrer Funktionsausübung als auftretende Personen im Sinne des Geldwäschegesetzes gelten sollen und wie eine natürliche Person identifiziert werden müssen. Es ist weiterhin festzuhalten, dass zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Buches die Mehrheit der für Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter zuständigen Aufsichtsbehörden keine derartigen Auslegungshinweise im Sinne von § 51 Abs. 8 GwG veröffentlicht haben. Die zitierten Auslegungshinweise erstrecken sich nur auf den ört-

58Regierungspräsidium

Darmstadt, Geldwäscheprävention – Newsletter 11 vom 26. Juni 2016, S. 1 f, https://rp-darmstadt.hessen.de/sites/rp-darmstadt.hessen.de/files/content-downloads/Newsletter%20Nr.%2011%20vom%2016.%20Juni%202016.pdf, Zugegriffen: 6. Januar 2020.

3.11  Wirtschaftlich Berechtigter

51

lichen Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Darmstadt. Hierin ist ein Beleg dafür zu sehen, mit welch unterschiedlichen Auslegungen ein und derselbe Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter konfrontiert ist, wenn er aufgrund mehrerer Standort im Bundesgebiet der Zuständigkeit verschiedener örtlich zuständiger Aufsichtsbehörden unterliegt.

3.11 Wirtschaftlich Berechtigter Die Definition des wirtschaftlich Berechtigten ist im Verhältnis zum Vertragspartner wesentlich komplexer, weshalb auch die Feststellung der Angaben zur Identität oft mit einigem Aufwand verbunden ist. u

Wirtschaftlich Berechtigter  Der wirtschaftlich Berechtigte ist die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht, oder die natürliche Person, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird.

Der wirtschaftlich Berechtigte spielt im Rahmen der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung eine ebenso bedeutende Rolle wie der Vertragspartner selbst. Dies ergibt sich schon allein aus dem Umstand, dass der wirtschaftlich Berechtigte im Hintergrund bleibt und in der Regel nicht direkt öffentlich in Erscheinung tritt. Dennoch ist es der wirtschaftlich Berechtigte, der insbesondere bei sogenannten „Strohmanngeschäften“ den Vertragspartner zur Durchführung einer Transaktion veranlasst. Dementsprechend soll mit der im Geldwäschegesetz ebenfalls verankerten Identifizierungspflicht in Bezug auf den wirtschaftlich Berechtigten der Durchführung von Strohmanngeschäften entgegengewirkt und die natürliche Person sichtbar gemacht werden, in deren wirtschaftlichem oder rechtlichem Interesse eine Transaktion erfolgt.59 Hervorzuheben ist der Aspekt, dass es sich bei dem wirtschaftlich Berechtigten im Sinne des Geldwäschegesetzes immer um eine natürliche Person handelt und gerade nicht um eine juristische Person oder Personengesellschaft. Infolgedessen scheidet auch die in der Vergangenheit vorgenommene Erfassung einer juristischen Person oder Personengesellschaft als wirtschaftlich Berechtigter aus. Der Gesetzgeber zielt darauf ab, verschachtelte Konzernstrukturen, die auch mit verhältnismäßig geringem Kapitaleinsatz geeignet sein können, eine Person zu verschleiern und damit einen Missbrauch zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung möglich machen, künftig besser zu durchdringen.60

59Vgl. 60Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, 30. BT-Drucks. 18/11555, S. 108.

52

3  Grundlagen und Begriffe

Unter Berücksichtigung der grundlegenden Definition in § 3 Abs. 2 GwG ist als wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes bei juristischen Personen und Personengesellschaften immer die natürliche Person anzusehen, die unmittelbar oder mittelbar: • mehr als 25 % der Kapitalanteile hält, • mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert oder • auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt. Ausgenommen hiervon sind juristische Personen deren Anteile an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 WpHG notiert sind sowie rechtsfähige Stiftungen. Daneben gibt es mit § 3 Abs. 3 GwG eine weitere Detailregelung für rechtsfähige Stiftungen und Rechtsgestaltungen, mit denen treuhänderisch Vermögen verwaltet und verteilt oder die Verwaltung und Verteilung durch Dritte beauftragt wird. Diese Norm erfasst auch vergleichbare Rechtformen, wie den Trust im Sinne von § 1 Abs. 6 GwG, der jedoch als solcher nicht im Einklang mit der deutschen Rechtsordnung in Deutschland begründet werden kann. Außerdem wird mit § 3 Abs. 4 GwG insbesondere auf Treuhandkonstellationen abgestellt. Unter Berücksichtigung dessen können und müssen vier grundlegende Konstellationen voneinander getrennt betrachtet werden. Entscheidend ist, dass die gesetzlich geregelten Konstellationen als beispielhafte Aufzählung zu verstehen ist und nicht als eine abschließende gesetzliche Regelung. Das heißt, selbst wenn diese Konstellationen bereits die Mehrheit aller Fallgestaltungen erfassen, sind von den Verpflichteten auch andere nicht gesetzlich genannte Fallkonstellationen zu berücksichtigen. Hier kann exemplarisch die Erbengemeinschaft genannt werden.

3.11.1 Wirtschaftlich Berechtigter hinter einer natürlichen Person Die erste Konstellation beschreibt das Verhältnis des wirtschaftlich Berechtigten zu der handelnden natürlichen Person, die als Vertragspartner gegenüber dem Verpflichteten auftritt. Die natürliche Person wird vom wirtschaftlich Berechtigten dazu bewegt, eine bestimmte Transaktion durchzuführen. Die natürliche Person wird dabei der Vertragspartner des Güterhändlers. Eine natürliche Person kann weder im Eigentum noch unter der Kontrolle des wirtschaftlich Berechtigten stehen. Insofern ist die in § 3 Abs. 1 Nr. 2 GwG getroffene Regelung. … die natürliche Person, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird

3.11  Wirtschaftlich Berechtigter

53

eine Erweiterung, um auch solche Sachverhalte zu erfassen, bei denen zwar kein Eigentum oder eine Kontrolle vorliegt, der Vertragspartner aber dennoch aufgrund einer (wirtschaftlichen) Beherrschung oder aus anderer Veranlassung für einen Anderen und nicht im eigenen Interesse handelt. Auf die Hintergründe für die Veranlassung zum Handeln für den Dritten (wirtschaftlich Berechtigten) kommt es nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass der Vertragspartner nicht im eigenen Interesse handelt, sondern auf Veranlassung der wirtschaftlichen Interessen des Dritten die Transaktion eingeht. Besteht ein Erfordernis zur Identifizierung einer natürlichen Person als Vertragspartner, dann ist der Güterhändler auch verpflichtet in Erfahrung zu bringen, ob der Vertragspartner im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelt oder aber, ob es einen wirtschaftlich Berechtigten dahinter gibt. Bei einer natürlichen Person als Vertragspartner muss es keinen wirtschaftlich Berechtigten geben. Diese Konstellation wird auch der Regelfall sein. Andererseits kann es aber einen wirtschaftlich Berechtigten oder gar mehrere wirtschaftlich Berechtigte geben, der oder die den Vertragspartner zu seinem Handeln veranlasst hat bzw. haben. Sollte es mehr als nur einen wirtschaftlich Berechtigten geben, sind selbstverständlich alle natürlichen Personen im Sinne des Geldwäschegesetzes zu identifizieren.

3.11.2 (Fiktiver) Wirtschaftlich Berechtigter und juristische Person oder Personengesellschaft Bei einer juristischen Person oder Personengesellschaft muss im Gegensatz zur natürlichen Person zunächst davon ausgegangen werden, dass hinter dem Vertragspartner ein oder mehrere wirtschaftlich Berechtigte stehen. Allgemein gilt, dass die in § 3 GwG aufgeführten Fälle nur beispielhaft und daher nicht abschließender Natur sind, selbst wenn dadurch die Mehrheit der Fälle erfasst sein sollte. Die Regelbeispiele dienen der Umsetzung von Artikel 3 Nr. 6 der Vierten Geldwäscherichtlinie, die sich wiederum eng an der der Definition der FATF orientiert. Zusätzlich haben sie eine erläuternde Wirkung und schaffen einen einheitlichen Standard bei der Identifizierung von wirtschaftlich Berechtigten. Die Regelbeispiele geben eine Orientierung zur Abklärung der mittelbar oder unmittelbar beteiligten, natürlichen Person, die als wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes zu klassifizieren ist. Neben diesen Regelbeispielen, auf die nachfolgend noch eingegangen wird, gibt es aber auch weitere Fallgestaltungen, die eine Klassifizierung als wirtschaftlich Berechtigten im Sinne des Geldwäschegesetzes erfordern. Die vielfältigen existierenden Arten von in- und ausländischen Gesellschaftsformen machen eine weitere Differenzierung im Rahmen des Geldwäschegesetzes nicht möglich.61 Auch der in

61Vgl.

­BT-Drucks. 16/9038, S. 30.

54

3  Grundlagen und Begriffe

den Regelbeispielen genannte Schwellenwert eine Beteiligung am Kapital oder an den Stimmrechten von 25  % ist keine absolute Größe für die Beurteilung, ob ein wirtschaftlich Berechtigter vorliegt oder nicht. In Abhängigkeit von der jeweiligen in- oder ausländischen Gesellschaftsform und dem damit einhergehenden Risiko des Missbrauchs zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung kann es auch angezeigt sein, natürliche Personen mit einem Besitz von 25  % und weniger der Kapitalanteile oder Stimmrechte, als wirtschaftlich Berechtigten einzustufen.62 Deshalb sind umfassende Prüfungen erforderlich, um festzustellen, ob eine natürliche Person Eigentümer einer juristischen Person ist oder auf sonstige Weise Kontrolle über diese ausübt.63 Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR oder auch BGB-Gesellschaft genannt) ist eine Personengesellschaft von der per se ein grundsätzlich erhöhtes Risikopotential ausgeht. Grund hierfür sind die fehlenden Formerfordernisse, ihre fehlende Registereintragung sowie die Flexibilität hinsichtlich der inneren Organisation der GbR. Diese Aspekte führen dazu, dass die GbR grundsätzlich für Außenstehende intransparent ist. Dementsprechend kann bei der Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten auch nicht pauschal auf die Höhe der Beteiligung von 25  % abgestellt werden, sondern es ist auch das jeweilige Risiko aus der Transaktion zu berücksichtigen. Dabei fallen die Risiken zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden, für solche Güterhändler geringer aus, die ausschließlich bargeldlose Transaktionen gegen Rechnungsstellung vornehmen.64 Grund hierfür ist die Schaffung einer nachvollziehbaren Papierspur. Im Gegensatz zu besonders risikobehafteten Gesellschaften, gehört die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Gruppe mit geringem Risikopotential.65 Auf der anderen Seite werden durch die Regelung des § 3 Abs. 2 GwG einzelne Rechtsformen benannt, von denen ein geringes Risiko ausgeht und aufgrund anderer entsprechender Transparenzanforderungen keine Bestimmung eines wirtschaftlich Berechtigten im Sinne des Geldwäschegesetzes erforderlich erscheint. Die ersten beiden Regelbeispiele in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 GwG stellen zum einen auf das unmittelbare oder mittelbare Halten von mehr als 25 % der Kapitalanteile und zum anderen auf die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle von mehr als 25 % der Stimmrechte der juristischen Person oder Personengesellschaft ab. In Bezug auf juristische Personen und Personengesellschaften wird auf die Stellung des Eigentümers der Kapitalanteile oder des Inhabers der Kontrolle durch Halten der Stimmrechte abgestellt. Der gesetzlichen Vorgabe folgend, ist der wirtschaftlich Berechtigte die natürliche Person unter deren Kontrolle oder in deren Eigentum der Vertragspartner steht.

62Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 30. BT-Drucks. 18/11555, S. 109. 64Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 30. 65Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 30. 63Vgl.

3.11  Wirtschaftlich Berechtigter

55

Der Eigentümer kann aufgrund seines Anteils am Kapital einen Einfluss ausüben. Je nach Gesellschaftsform ist es denkbar, dass Eigentum und Stimmrechte auseinanderfallen und nicht bei der gleichen Person liegen. Dementsprechend muss auch die Möglichkeit der Einflussnahme über die Stimmrechte in Bezug auf eine juristische Person oder Personengesellschaft berücksichtigt werden. Hält eine natürliche Person 25  % aller Stimmen plus eine weitere Stimme, dann gilt diese Person aufgrund der unwiderlegbaren Vermutung als wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes. Gleiches gilt in Bezug auf das Eigentum. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass bei einer Eigentümerstellung von genau 25  % der Kapitalanteile oder der Kontrolle von genau 25  % der Stimmrechte die betreffende natürliche Person widerlegen kann, dass sie wirtschaftlich Berechtigter ist. Die Vermutungsregel führt dazu, dass mehrere natürliche Personen als wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes gelten können. Außerdem kann es ebenso vorkommen, dass keine der natürlichen Personen als wirtschaftlich Berechtigter zu erfassen ist, weil alle natürlichen Personen hinsichtlich der von ihnen gehaltenen Kapitalanteile oder der kontrollierten Stimmrechte unterhalb des Schwellenwertes liegen. Sollte der Vertragspartner im direkten Eigentum oder unter Kontrolle einer oder mehrerer weiterer zwischengeschalteter juristischer Personen stehen, dann ist durch diese hindurch auf die dahinter stehende natürliche Person zu schauen, um den wirtschaftlich Berechtigten zu ermitteln. Dabei findet der Schwellenwert von 25  % nur auf das unmittelbare Verhältnis zwischen dem Vertragspartner und dem wirtschaftlich Berechtigten Anwendung. Werden die Kapitelanteile oder Stimmrechte des Vertragspartners hingegen von einer zwischengeschalteten juristischen Person oder Personengesellschaft (mehrstufige Beteiligungsstruktur) gehalten oder kontrolliert, dann findet der Schwellenwert keine Anwendung. Bei einer mehrstufigen Beteiligungsstruktur kommt es darauf an, wer eine Mehrheitsbeteiligung hält und somit die gesellschaftsrechtliche Kontrolle über den Vertragspartner ausübt.66 Als drittes Regelbeispiel wird in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GwG auf die natürlichen Personen abgestellt, die unmittelbare oder mittelbare Kontrollen auf vergleichbare Weise ausüben. Hält und kontrolliert etwa eine natürliche Person über eine zwischengeschaltete juristische Person die Kapitalanteile und Stimmrechte an dem Vertragspartner, dann liegt eine „mittelbare Kontrolle“ im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 2 GwG vor. Der Begriff der Kontrolle wird dahingehend konkretisiert, dass diese insbesondere dann gegeben ist, wenn ein unmittelbarer oder mittelbarer „beherrschender Einfluss“ auf den Vertragspartner ausgeübt werden kann. Nach § 3 Abs. 2 Satz 4 GwG ist ein beherrschender Einfluss dann gegeben, wenn eine der handelsrechtlichen Voraussetzungen des § 290 Abs. 2 GwG erfüllt ist:

66Vgl.  BaFin Auslegungsentscheidungen, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz vom 11. Dezember 2018, zuletzt geändert am 17. Dezember 2018, S. 41 ff.

56

3  Grundlagen und Begriffe (2) Beherrschender Einfluss eines Mutterunternehmens besteht stets, wenn 1. ihm bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht; 2. ihm bei einem anderen Unternehmen das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter ist; 3. ihm das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik aufgrund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages oder aufgrund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen, oder 4. es bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Zweckgesellschaft). Neben Unternehmen können Zweckgesellschaften auch sonstige juristische Personen des Privatrechts oder unselbständige Sondervermögen des Privatrechts sein, ausgenommen Spezial-Sondervermögen im Sinn des § 2 Absatz 3 des Investmentgesetzes oder vergleichbare ausländische Investmentvermögen oder als Sondervermögen aufgelegte offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen im Sinn des § 284 des Kapitalanlagegesetzbuchs oder vergleichbare EU-Investmentvermögen oder ausländische Investmentvermögen, die den als Sondervermögen aufgelegten offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen im Sinn des § 284 des Kapitalanlagegesetzbuchs vergleichbar sind.

Wurden alle Fallgestaltungen zur Bestimmung eines wirtschaftlich Berechtigten in Bezug auf den Vertragspartner ausgeschöpft, und konnte dennoch keine natürliche Person als wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden, greift seit der Novellierung nach § 3 Abs. 2 Satz 5 GwG eine gesetzliche Fiktion. In diesem Fall, muss der Verpflichtete den sogenannten „fiktiven“ wirtschaftlich Berechtigten bestimmen. Der fiktive wirtschaftlich Berechtigte ist eine Person, die entweder gesetzlicher Vertreter, geschäftsführender Gesellschafter oder Partner des Vertragspartners ist. Es handelt sich somit um eine natürliche Person, die aufgrund ihrer organschaftlichen Stellung beim Vertragspartner als sogenannter Organwalter eingestuft wird und zur Außenvertretung des Vertragspartners berechtigt ist. Organwalter

Beispiele für Organwalter sind bei einer: • • • • • •

Aktiengesellschaft: jedes Mitglied des Vorstands Gesellschaft mit beschränkter Haftung: jeder Geschäftsführer Kommanditgesellschaft: jeder persönlich haftende Gesellschafter (Komplementär) GmbH & Co. KG: die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH Partnerschaftsgesellschaft: jeder Partner Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): jeder Gesellschafter ◄

3.11  Wirtschaftlich Berechtigter

57

Aus dem Kreise der infrage kommenden Organwalter ist nach Auslegung des Gesetzes im Regelfall nur eine Person als fiktiver wirtschaftlich Berechtigter zu bestimmen und nicht etwa alle Organwalter.67 Die vorstehenden Regelbeispiele gelten nicht für rechtsfähige Stiftungen und solche Gesellschaften, die an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 11 WpHG notiert sind und dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf die Stimmrechtsanteile oder gleichwertiger internationaler Standards unterliegen. Der organisierte Markt wird in § 2 Abs. 11 WpHG wie folgt definiert: Organisierter Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt.

Organisierte Märkte im Sinne dieser Regelung sind beispielsweise die Deutsche Börse, die London Stock Exchange oder die Euronext. Für solche Gesellschaften mit einer Notierung kann eine Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten gemäß § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 2 GwG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 GwG ausbleiben.

3.11.3 Wirtschaftlich Berechtigter bei rechtsfähigen Stiftungen und Rechtsgestaltungen Im Zuge der Novellierung greift jetzt § 3 Abs. 3 GwG die Konstellationen einer sogenannten „fremdnützigen Rechtsgestaltung“ mit folgenden Regelungen auf: (3) Bei rechtsfähigen Stiftungen und Rechtsgestaltungen, mit denen treuhänderisch Vermögen verwaltet oder verteilt oder die Verwaltung oder Verteilung durch Dritte beauftragt wird, oder bei diesen vergleichbaren Rechtsformen zählt zu den wirtschaftlich Berechtigten: 1. jede natürliche Person, die als Treugeber (Settlor), Verwalter von Trusts (Trustee) oder Protektor, sofern vorhanden, handelt, 2. jede natürliche Person, die Mitglied des Vorstands der Stiftung ist, 3. jede natürliche Person, die als Begünstigte bestimmt worden ist, 4. die Gruppe von natürlichen Personen, zu deren Gunsten das Vermögen verwaltet oder verteilt werden soll, sofern die natürliche Person, die Begünstigte des verwalteten Vermögens werden soll, noch nicht bestimmt ist, und 5. jede natürliche Person, die auf sonstige Weise unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf die Vermögensverwaltung oder Ertragsverteilung ausübt und

67Vgl. BaFin Auslegungsentscheidungen, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz vom 11. Dezember 2018, zuletzt geändert am 17. Dezember 2018, S. 41 ff.

58

3  Grundlagen und Begriffe 6. jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf eine Vereinigung ausüben kann, die Mitglied des Vorstands der Stiftung ist oder die als Begünstigte der Stiftung bestimmt worden ist.

Der Gesetzgeber hat hiermit Artikel 3 Nr. 6 b) und c) der Vierten Geldwäscherichtlinie umgesetzt. Die zuvor benannten Personen oder Personengruppen gelten qua gesetzlicher Fiktion als wirtschaftlich Berechtigte der rechtfähigen Stiftung oder der Rechtsgestaltung. Mit der Neufassung der betreffenden Regelung vollzieht der Gesetzgeber deshalb auch eine Abkehr dahingehend, dass es für die Einstufung als wirtschaftlich Berechtigter bei dieser Form von Rechtsgestaltungen nicht mehr darauf ankommt, ob eine der aufgezählten Personen über mindestens 25  % des Vermögens eine Kontrolle ausübt und damit wesentlichen Einfluss ausüben kann oder aber als Begünstigter von 25 % oder mehr des Vermögens der fremdnützigen Rechtsgestaltung bestimmt worden ist. Es kommt also gerade nicht mehr auf das Erreichen eines Schwellenwertes an. Soweit der Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes eröffnet ist, muss deshalb jeder Verpflichtete im Verhältnis zu einem Vertragspartner, der eine rechtsfähige Stiftung ist oder eine Rechtsgestaltung, mit denen treuhänderisch Vermögen verwaltet oder verteilt oder die Verwaltung oder Verteilung durch Dritte beauftragt wird, sowie bei vergleichbaren Rechtsformen alle in § 3 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 GwG genannten Personen, sofern auf den Einzelfall anwendbar, als wirtschaftlich Berechtigte erfassen und identifizieren. Bei rechtsfähigen Stiftungen sind deshalb sowohl der Treugeber als auch alle natürlichen Personen des Stiftungsvorstands als wirtschaftlich Berechtigte anzusehen. Außerdem müssen die Begünstigten (auch als „Destinatär“ bezeichnet) erfasst werden, die der Satzung oder dem Stiftungsgeschäft nach einen Anspruch auf eine Leistung haben. Gerade im Verhältnis zu diesen Vertragspartner ist eine Betrachtung des Einzelfalls unumgänglich. Nur so kann sichergestellt werden, das alle natürlichen Person aus dem Kreise der Begünstigten als wirtschaftlich Berechtigte im Sinne des Geldwäschegesetzes erfasst werden. Insofern sind hier grundsätzlich diejenigen natürlichen Personen abzuklären, die namentlich als Begünstigte geführt werden. Dabei ist zu beachten, dass der Begünstigte nicht verbindlich feststehen muss, sondern sich auch ändern kann. Bekannt ist jedoch die Gruppe von eindeutig bestimmbaren natürlichen Personen (z. B. die Jugend, die Hilfsbedürftigen), aus deren Mitte zu einem späteren Zeitpunkt ein oder mehrere Begünstigte ermittelt werden.68 Im Umkehrschluss ergibt sich, dass es keinen Begünstigten gibt der als wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes zu klassifizieren ist, wenn die Gruppe der Begünstigten der fremdnützigen Rechts-

68Vgl. BaFin Auslegungsentscheidungen, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz vom 11. Dezember 2018, zuletzt geändert am 17. Dezember 2018, S. 47.

3.11  Wirtschaftlich Berechtigter

59

Abb. 3.2   Kategorien von politisch exponierten Personen

gestaltung nicht eindeutig bestimmt werden kann.69 Bei den Rechtsgestaltungen und vergleichbaren Rechtsformen sind die korrespondierenden Personen als wirtschaftlich Berechtigte anzusehen, wie der Settlor, die Verwalter des Trusts oder der Protektor. Die Regelung des § 3 Abs. 3 Nr. 5 GwG dient der weiteren Konkretisierung der Begriffsbestimmung des wirtschaftlich Berechtigten, die den Verpflichteten bei der korrekten Auslegung anleiten und als Hilfestellung zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten dienen soll.70 Es wird klargestellt, dass sowohl der Treugeber als auch jede andere natürliche Person als wirtschaftlich Berechtigter einzustufen ist, wenn diese auf sonstige Weise unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die Vermögensverwaltung oder -verteilung ausüben können.71 Ein solcher Einfluss kann durch entsprechende vertragliche Gestaltung entstehen. Vor allem wird klargestellt, dass es nicht mehr nur auf eine unmittelbare Kontrolle des Vermögens durch den Treugeber ankommt, sondern eben auch eine mittelbare Kontrolle des Treugebers ausreichend ist, um eine Einstufung als wirtschaftlich Berechtigten zu begründen. Im Zuge der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie wurde § 3 Abs. 3 Nr. 6 GwG neu aufgenommen. Der Gesetzgeber sah die Erweiterung der Regelbeispiele als erforderlich an, weil bei Stiftungen wiederum juristische Personen oder Personengesellschaften als Mitglied des Vorstands oder auch als Begünstigte eingesetzt sein können und

69Vgl.

Auslegungsentscheidungen, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz vom 11. Dezember 2018, zuletzt geändert am 17. Dezember 2018, S. 47. 70Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 24. 71Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 24 f.

60

3  Grundlagen und Begriffe

Tab. 3.2  Politisch exponierte Personen – Kategorien Natürliche Person, die ein hochrangiges wichtiges öffentliches Amt ausüben oder ausgeübt haben

Familienmitglied

Bekanntermaßen nahestehende Person ist eine natürliche Person die

Staatschefs, Regierungschefs, Minister, Mitglieder der Europäischen Kommission, stellvertretende Minister und Staatssekretäre

Der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner

Gemeinsam mit einer politisch exponierten Person wirtschaftlich Berechtigter a) einer juristischen Person oder Personengesellschaft ist oder b) einer Rechtsgestaltung ist

Ein Kind und dessen Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner

Zu einer politisch exponierten Person sonstige enge Geschäftsbeziehungen unterhält

Parlamentsabgeordnete und Mitglieder vergleichbarer Gesetzgebungsorgane Mitglieder der Führungsgremien politischer Parteien Mitglieder von obersten Gerichtshöfen, Verfassungsgerichtshöfen oder sonstigen hohen Gerichten, gegen deren Entscheidungen im Regelfall kein Rechtsmittel mehr eingelegt werden kann Mitglieder der Leitungsorgane von Rechnungshöfen Mitglieder der Leitungsorgane von Zentralbanken Botschafter, Geschäftsträger und Verteidigungsattachés Mitglieder der Verwaltungs-, Jeder Elternteil Leitungs- und Aufsichtsorgane staatseigener Unternehmen Direktoren, stellvertretende Direktoren, Mitglieder des Leitungsorgans oder sonstige Leiter mit vergleichbarer Funktion in einer zwischenstaatlichen internationalen oder europäischen Organisation Personen, die Ämter innehaben, die auf der von der EUKommission veröffentlichten Liste stehen

Alleiniger wirtschaftlich Berechtigter einer a) einer juristischen Person oder Personengesellschaft ist oder b) einer Rechtsgestaltung ist.

3.12  Politisch exponierte Person

61

auch hier die natürlichen Personen als wirtschaftlich Berechtigte erfasst sein sollen, die eben jene juristische Personen oder Personengesellschaften beherrschen.72

3.11.4 Handeln auf Veranlassung Die nunmehr in § 3 Abs. 4 GwG enthaltene Konstellation dient als Auffangtatbestand und Klarstellung, dass es sehr wohl auch Gestaltungen gibt, die zwar nicht unter die Regelbeispiele fallen, aber dennoch ein Handeln auf Veranlassung eines Dritten im Sinne des Geldwäschegesetzes begründen.73 Unabhängig davon ist § 3 GwG weiterhin keine abschließende Regelung aller denkbaren Fallgestaltungen, bei denen ein wirtschaftlich Berechtigter beteiligt ist. Der Fall der (wirtschaftlichen) Beherrschung kann sich aus einer treuhänderischen Abwicklung von Transaktionen ergeben. Hier handelt der Treuhänder auf Veranlassung eines Dritten, ohne dass der wirtschaftlich Berechtigte ein wirtschaftliches Eigentum an oder eine gesellschaftsrechtliche Kontrolle über den Treuhänder hat.74 Gleichwohl beherrscht der wirtschaftlich Berechtigte in Folge der Treuhandabrede den Treuhänder und kann daher das Handeln des Treuhänders beeinflussen. Gerade vor diesem Hintergrund sah sich der Gesetzgeber im Rahmen des Geldwäscheoptimierungsgesetzes dazu angehalten, ein entsprechendes Regelbeispiel in den früheren § 1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 3 GwG a.F. mit folgenden Wortlaut aufzunehmen: …bei Handeln auf Veranlassung derjenigen, auf dessen Veranlassung gehandelt wird. Soweit der Vertragspartner als Treuhänder handelt, handelt er ebenfalls auf Veranlassung.

Dieses Regelbeispiel wird auch nach der Herauslösung des wirtschaftlich Berechtigten aus den Begriffsbestimmungen in § 1 GwG und der Einführung des eigenständigen § 3 GwG – Wirtschaftlich Berechtigter – fortgeführt. Zu beachten ist, dass sich dieses Regelbeispiel ausschließlich auf die Durchführung einer Transaktion beziehen soll und nicht bereits auf die Begründung einer Geschäftsbeziehung.

3.12 Politisch exponierte Person Im Zuge der Novellierung des Geldwäschegesetzes wurde eine eigenständige Definition des Begriffs der „politisch exponierten Person“ oder auch kurz „PEP“ genannt in § 1 Abs. 12 GwG eingeführt. Die Betrachtung dieser Personengruppe ist an dieser Stelle

72Vgl.

­ T-Drucks. 19/13827, S. 73. B BT-Drucks. 17/6804, S. 25. 74Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 25. 73Vgl.

62

3  Grundlagen und Begriffe

vor dem Hintergrund der Komplexität der gesetzlichen Regelung sowie der damit verbundenen gesetzlichen Pflichten geboten. Immerhin löst die Klassifizierung des Vertragspartners oder des wirtschaftlich Berechtigten als politisch exponierte Person grundsätzlich die Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten aus. u

Politisch exponierte Person  Eine politisch exponierte Person ist jede natürliche Person, die ein hochrangiges wichtiges öffentliches Amt auf internationaler, europäischer oder nationaler Ebene ausübt oder ausgeübt hat oder ein öffentliches Amt unterhalb der nationalen Ebene, dessen politische Bedeutung vergleichbar ist, ausübt oder ausgeübt hat.

Der Merksatz kann dabei nur bedingt veranschaulichen, welcher Interpretationsumfang sich tatsächlich hinter der Definition verbirgt. Seinen Ursprung hat der Begriff in der Publikation des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich mit dem Titel „Sorgfaltsplicht der Banken bei der Feststellung der Kundenidentität“ vom Oktober 2001. In diesem Dokument wird darauf verwiesen, dass die Begründung von Geschäftsbeziehungen zu einer politisch exponierten Person mit einem erheblichen Reputations- und/oder Rechtsrisiko einhergeht.75 Zurückgeführt wird dieses Risiko auf den Missbrauch der jeweiligen Machtstellung dieser Personen und die Gefahr, dass diese ihr Vermögen durch Korruption und die Annahme von Bestechungsgeldern, Veruntreuung oder unrechtsmäßiger Bereicherung an sich gebracht haben.76 Die FATF hat diesen Aspekt aufgegriffen und in der Empfehlung 6 der Veröffentlichung „The Forty Recommendations“ vom 20. Juni 2003 einfließen lassen. Darin werden Finanzinstitute in Bezug auf politisch exponierte Personen dazu aufgefordert, verstärkte Sorgfaltspflichten anzuwenden, wie unter anderem die Einholung der Genehmigung eines Vorgesetzten im Vorfeld der Begründung einer Geschäftsbeziehung oder die Anwendung geeigneter Maßnahmen zur Ermittlung der Vermögensherkunft [3]. Seit dem Jahr 2012 ist dieser Punkt inhaltlich in Empfehlung 12 „The FATF Recommendations“ enthalten. Diese Empfehlung findet sich auch in den Erwägungen 32 bis 34 sowie letztlich in der Regelung des Artikels 20 bis 23 in Verbindung mit Artikel 3 Nr. 9 bis 11 der Vierten Geldwäscherichtlinie wieder. Der von dem Begriff „politisch exponierte Person“ erfasste Personenkreis ist nicht nur auf die eine natürliche Person beschränkt, die ein politisches Amt ausübt oder ausgeübt hat. Vielmehr hat eine als politisch exponierte Person geltende natürliche Person auch eine Wirkung auf weitere Personen, wie die Abb. 3.2 erkennen lässt:

75Vgl. Baseler Ausschuss, Publikation Nr. 85, Sorgfaltspflicht der Banken bei der Feststellung der Kundenidentität, Tz. 41. 76Vgl. Baseler Ausschuss, Publikation Nr. 85, Sorgfaltspflicht der Banken bei der Feststellung der Kundenidentität, Tz. 41.

3.12  Politisch exponierte Person

63

Eine natürliche Person kann originär aufgrund des von ihr selbst ausgeübten öffentlichen Amtes als politisch exponierte Person gelten. Alternativ dazu sollen aber auch diejenigen natürlichen Personen dem gleichen Maßstab wie eine politisch exponierte Person unterliegen, die eine direkte familiäre oder wirtschaftliche Beziehung zu dem Amtsträger haben. Mit der Novellierung wurden in § 1 Abs. 12 GwG die Personen aufgeführt, die insbesondere als politisch exponierte Personen angesehen werden sollen. Außerdem wurden in § 1 Abs. 13 GwG die Familienmitglieder und Angehörigen einer politisch exponierten Person bestimmt. Abschließend findet sich in § 1 Abs. 14 GwG eine Definition der natürlichen Personen, die als bekanntermaßen nahestehende Personen gelten sollen. Ausgehend von diesen Normen sind bei der Ermittlung des Risikos eines Vertragspartners oder eines wirtschaftlich Berechtigten die in der Tab. 3.2 enthaltenen Kategorien zu beachten. In Bezug auf die originären politisch exponierten Personen werden weitere gesetzliche Abgrenzungen vorgenommen. Zum einen wird klargestellt, dass die Regelungen auch entsprechende Positionen auf Ebene der Europäischen Union oder eines Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie auf internationaler Ebene einschließen sollen. So sind beispielsweise die Mitglieder der Europäischen Kommission ebenso als politisch exponierte Person einzustufen, wie die Mitglieder der Organisation der Vereinten Nationen (United Nations Organisation – UNO). Auf nationaler Ebene kommen in Deutschland insbesondere die Funktionen auf Bundesebene in Betracht, wie die Mitglieder von Bundestag und Bundesrat, einschließlich der Landesministerpräsidenten und Landesminister, Staatssekretäre als Mitglieder des Bundesrates.77 Zum anderen werden solche Amtsträger ausgenommen, die mittlere oder niedrigere Funktionen wahrnehmen. Damit fallen natürliche Personen, die in Deutschland öffentliche Ämter unterhalb der Bundesebene einschließlich der Landesministerpräsidenten ausüben oder ausgeübt haben, in der Regeln nicht in den Personenkreis der politisch exponierten Personen im Sinne des Geldwäschegesetzes.78 Aus dieser Interpretation der gesetzlichen Regelung lässt sich im Umkehrschluss ableiten, dass die natürlichen Personen auf kommunaler Ebene gerade nicht als politisch exponierte Personen gelten sollen. Aber auch diese weiteren gesetzlichen Klarstellungen sind nur bedingt dazu geeignet, eine abschließende Eingrenzung der hier besprochenen natürlichen Personen vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund wurde durch Artikel 1 Nr. 13 Fünfte Geldwäscherichtlinie ein neuer Artikel 20a in die Vierte Geldwäscherichtlinie auf-

77Vgl. 78Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 104. BT-Drucks. 18/11555, S. 104.

64

3  Grundlagen und Begriffe

genommen. Dieser verpflichtet alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zur Erstellung einer nationalen Liste, die alle Funktionen enthält, die gemäß dem nationalen Recht- und Verwaltungsvorschriften als wichtige öffentliche Ämter anzusehen sind. Diese Liste muss außerdem alle wichtigen öffentlichen Ämter enthalten, die auf dem Staatsgebiet des betreffenden Mitgliedsstaats der Europäischen Union akkreditierte internationale Organisationen unterhalten. Diese Listen müssen jeweils in aktueller Form der Europäischen Kommission bereitgestellt werden, die diese Länderlisten wiederum konsolidieren und als eine einheitliche vollständige Liste veröffentlichen muss. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Buches war eine solche Liste noch nicht öffentlich verfügbar. Sobald diese Liste veröffentlicht wurde, muss sie von den Verpflichteten beachtet und berücksichtigt werden. Die Schwierigkeit dabei wird weiterhin sein, dass die Liste zwar die Funktionen benennt, aber keinesfalls als eine Namensliste der betreffenden politisch exponierten Personen angelegt ist, die die jeweilige Funktion ausüben oder ausgeübt haben. Gleichzeitig enthält die Liste keine Informationen über Familienmitglieder oder bekanntermaßen nahestehende Personen. Neben den praktischen Schwierigkeiten zur Feststellung, ob es sich bei dem Vertragspartner oder dem wirtschaftlich Berechtigten um eine politisch exponierte Person, ein Familienmitglied oder eine bekanntermaßen nahestehende Person handelt, darf nicht unberücksichtigt bleiben, ob ein entsprechend erhöhtes Risiko überhaupt noch

Tab. 3.3  Checkliste – politisch exponierte Person Nr.

Kriterium

1.

Eine politisch exponierte Person ist immer eine natürliche Person

2.

Es gibt natürliche Personen, die aufgrund des von ihnen ausgeübten hochrangigen wichtigen öffentlichen Amtes unmittelbar (originär) als politisch exponierte Person gelten

3.

Es gibt natürliche Personen, die aufgrund ihres Status als Familienmitglieder oder als bekanntermaßen nahestehende Personen mittelbar mit einem gleichen Risiko einzustufen sind wie eine politisch exponierte Person

4.

Der Status ist sowohl in Bezug auf den Vertragspartner, als auch einen gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten abzuklären

5.

Der Status bleibt bestehen für die gesamte Dauer der Amtsausübung und besteht außerdem für mindestens ein Jahr nach Niederlegung des öffentlichen Amtes fort

6.

Die Einstufung als politisch exponierte Person begründet dem Grundsatz nach die Anwendbarkeit der verstärkten Sorgfaltspflichten

7.

Nach Durchführung einer Risikobetrachtung kann im Einzelfall der Status einer politisch exponierten Person, die ihr Amt vor mindestens einem Jahr niedergelegt hat, wieder aufgehoben werden und die allgemeinen Sorgfaltspflichten Anwendung finden. Dies gilt entsprechend für Familienmitglieder und bekanntermaßen nahestehende Personen

Politisch exponierte Person

Check

3.13  Drittstaaten mit hohem Risiko

65

vorliegt. Der Status als politisch exponierte Person endet zwar nicht etwa damit, dass das betreffende öffentliche Amt niedergelegt wird. Nein, die Wirkung des ausgeübten öffentlichen Amtes und damit die Einstufung besteht für mindestens zwölf Monate gemäß § 15 Abs. 4 GwG fort. Aber auch hier ist mit dem weiteren Zeitablauf nicht automatisch eine Reduktion der Risikosituation einhergeht. Die Verpflichteten müssen vielmehr individuell beurteilen, ob weiterhin ein erhöhtes Risiko besteht. Erst wenn dies nach Beurteilung des Verpflichteten nicht mehr gegeben ist, kann eine Reduktion der Risikoeinstufung vorgenommen werden. Zusammenfassend müssen in Bezug auf den Begriff der „politisch exponierten Person“ die in Tab. 3.3 festgehalten Kriterien berücksichtigt werden.

3.13 Drittstaaten mit hohem Risiko Artikel 9 Abs. 1 Vierte Geldwäscherichtlinie definiert den Begriff der „Drittländer mit hohem Risiko“, die in ihren nationalen Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung strategische Mängel aufweisen, die wesentliche Risiken für das Finanzsystem der Europäischen Union darstellen. Im Gleichlauf mit der Einführung der Drittländer mit hohem Risiko wurde die bis dahin in der Dritten Geldwäscherichtlinie enthaltene Begünstigung von „gleichwertigen Drittstaaten“, die über entsprechende nationale Präventionsanforderungen verfügen, aufgegeben. Für die Entwicklung des deutschen Geldwäschegesetzes bedeutete diese Richtungsänderung, dass die Definition des gleichwertigen Drittstaats, die erst im Rahmen des Geldwäscheoptimierungsgesetzes in den früheren § 1 Abs. 6a GwG a. F. aufgenommen worden war79, ersatzlos weggefallen ist. Der Begriff des gleichwertigen Drittstaats kann aber weiterhin von den Verpflichteten verwendet werden, um bei der Bestimmung des jeweiligen länderbezogenen Risikos eine Beurteilung vornehmen zu können, welche Risiken mit Vertragspartnern mit Sitz in diesen Ländern verbunden sein können. Ein gleichwertiger Drittstaat kann zusammengefasst wie folgt definiert werden: u

Gleichwertiger Drittstaat  Ein gleichwertiger Drittstaat verfügt über gleichwertige Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und die Verpflichteten unterliegen einer gleichwertigen Aufsicht zur Kontrolle der Einhaltung dieser Regelungen.

In Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie wird im deutschen Geldwäschegesetz der Begriff des „Drittstaats mit hohem Risiko“ verwendet, ohne jedoch den Begriff selbst zu definieren. In § 1 Abs. 17 GwG wird lediglich der Begriff „Drittstaat“ legal definiert.

79Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 25.

66

3  Grundlagen und Begriffe

Tab. 3.4  Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Belgien

Bulgarien

Dänemark

Deutschland

Estland

Finnland

Frankreich

Griechenland

Irland

Italien

Kroatien

Lettland

Litauen

Luxemburg

Malta

Niederlande

Österreich

Polen

Portugal

Rumänien

Schweden

Slowakei

Slowenien

Spanien

Tschechische Republik

Ungarn

Vereinigtes Königreich (bis zum Austritt)

Zypern

Die abweichende Wortwahl in der Geldwäscherichtlinie und dem Geldwäschegesetz ist darauf zurückzuführen, dass der Begriff „Drittstaat“ aufsichtsrechtlich seit vielen Jahren etabliert ist und in verschiedenen anderen Gesetzen Anwendung findet. Insofern wird die Terminologie übernommen und der Drittstaat als jeder Staat definiert, der weder ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist noch ein Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist. Mit Aufnahme von Kroatien am 1. Juli 2013 ergibt sich die in Tab. 3.4 abgebildete Liste der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Daneben sind Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraums in Tab. 3.5 aufgeführt. Die Europäische Kommission hat nach Artikel 9 Abs. 2 Vierte Geldwäscherichtlinie die Befugnis, im Wege einer Delegierte Verordnung eine Liste der Drittstaaten mit hohem Risiko zu veröffentlichen. Erstmalig wurde hiervon mit der am 20. September 2016 veröffentlichten Delegierten Verordnung (EU) 2016/167580 (Delegierte Verordnung) Gebrauch gemacht. Die Delegierte Verordnung ist bis zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Buches drei Änderungen81 unterzogen worden. Vor diesem Hintergrund

80Delegierte

Verordnung (EU) 2016/1675 der Kommission vom 14. Juli 2016 zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Ermittlung von Drittländern mit hohem Risiko, die strategische Mängel aufweisen, Abl. L 254 vom 20. September 2016, S. 1–4. 81Delegierte Verordnung (EU) 2018/105 der Kommission vom 27. Oktober 2017 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1675 im Hinblick auf die Aufnahme Äthiopiens in die Liste der Drittländer mit hohem Risiko in der Tabelle unter Nummer I des Anhangs, Abl. L 19 vom 24. Januar 2018, S. 1–2; Delegierte Verordnung (EU) 2018/212 der Kommission vom 13. Dezember 2017 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1675 zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Aufnahme von Sri Lanka, Trinidad und Tobago und Tunesien in die Tabelle unter Nummer I des Anhangs, Abl. L 41 vom 14. Februar 2018, S. 4–5; Delegierte Verordnung (EU) 2018/1467 der Kommission vom 27. Juli 2018 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1675 zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Aufnahme Pakistans in die Tabelle unter Nummer I des Anhangs, Abl. L 246 vom 2. Oktober 2018, S. 1–2.

67

3.13  Drittstaaten mit hohem Risiko Tab. 3.5  Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum Island

Liechtenstein

Norwegen

Tab. 3.6  Drittländer mit hohem Risiko, die sich schriftlich auf hoher politscher Ebene dazu verpflichtet haben, die festgestellten Mängel anzugehen, und mit der FATF einen Aktionsplan erarbeitet haben Nr.

Drittland mit hohem Risiko

Datum des Inkrafttreten

1.

Afghanistan

23. September 2016

2.

Bosnien und Herzegowina

23. September 2016

3.

Guyana

23. September 2016

4.

Irak

23. September 2016

5.

DVR Laos

23. September 2016

6.

Syrien

23. September 2016

7.

Uganda

23. September 2016

8.

Vanuatu

23. September 2016

9.

Jemen

23. September 2016

10.

Äthiopien

13. Februar 2018

11.

Sri Lanka

6. März 2018

12.

Trinidad und Tobago

6. März 2018

13.

Tunesien

6. März 2018

14.

Pakistan

22. Oktober 2018

und unter Berücksichtigung der von der Europäischen Kommission geführten Kategorien von Drittstaaten mit einem hohen Risiko ergeben sich die Tab. 3.6, 3.7 und 3.8 Die Feststellung, dass es sich bei einem Vertragspartner oder einem wirtschaftlich Berechtigten um eine Person mit Sitz in einem Drittstaat mit hohem Risiko handelt ist bedeuten dafür, dass der Verpflichtete den gesetzlich vorgeschriebenen Umfang an Sorgfaltspflichten anwendet und erfüllt. Besteht der juristische Sitz oder der Wohnsitz in einem solchen Drittstaat mit hohem Risiko, dann müssen die verstärkten Sorgfaltspflichten nach § 15 Abs. 5 GwG angewendet und erfüllt werden.82 Dabei ist zu beachten, dass nicht auf die Nationalität des Vertragspartners oder des wirtschaftlich Berechtigten abgestellt wird. Ist der Vertragspartner von seiner Nationalität her Iraner, hat jedoch seinen Wohnsitz in Deutschland, dann ist das Kriterium des Drittstaats mit hohem Risiko nicht erfüllt. Anders ist es jedoch, wenn der Vertragspartner mit deutscher Nationalität seinen Wohnsitz im Iran hat. Dann ist das Kriterium erfüllt.

82Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 121.

68

3  Grundlagen und Begriffe

Tab. 3.7  Drittländer mit hohem Risiko, die in der Öffentlichen Bekanntgabe der FATF angegeben sind, sich auf hoher politischer Ebene dazu verpflichtet haben, die festgestellten Mängel anzugeben, und beschlossen haben, um technische Unterstützung für die Umsetzung des FATFAktionsplans zu ersuchen Nr.

Drittland mit hohem Risiko

Datum des Inkrafttreten

1.

Iran

23. September 2016

Tab. 3.8  Drittländer mit hohem Risiko, die in der Öffentlichen Bekanntgabe der FATF angegeben sind, anhaltende wesentliche Risiken hinsichtlich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung darstellen und die festgestellten Mängel wiederholt nicht angegangen sind Nr.

Drittland mit hohem Risiko

Datum des Inkrafttreten

1.

Demokratische Volksrepublik Korea (DVK)

23. September 2016

Die gesetzliche Beschränkung auf Drittstaaten hat Auswirkungen auf die von der Europäischen Kommission zu erlassende Liste. Aufgrund der Anknüpfung an den Begriff des „Drittstaat“ ist es nicht möglich, einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auf die Liste aufzunehmen. Dies ist vor dem Hintergrund beachtlich, dass die bis Ende 2019 veröffentlichten Anpassungen der Liste der Drittstaaten mit hohem Risiko der jeweils zuvor von der FATF als sogenannte „High risk and other monitored jurisdictions“ eingestuften Ländern entsprochen hat. Der von der FATF geprägt Begriff erfasst ebenfalls drei Kategorien von Länder: 1. Kategorie 1 unterfallen Länder, von denen anhaltende und substantielle Risiken ausgehen und bezüglich derer die FATF ihre Mitgliedsländer und alle anderen Länder zum Schutz des internationalen Finanzsystems zu Gegenmaßnahmen aufruft. 2. Kategorie 2 unterfallen Länder, die strategische Mängel bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen und die keine ausreichenden Fortschritte in der Beseitigung der festgestellten Defizite vorweisen können oder die sich schon nicht auf einen mit der FATF erarbeiteten Aktionsplan zur Beseitigung der wesentlichen Defizite verpflichtet haben. Bezüglich dieser Länder ruft die FATF ihre Mitgliedsländer zu einer Berücksichtigung der Risiken auf, die aus den vorgenannten Defiziten in Bezug auf die jeweiligen Länder resultieren. 3. Kategorie 3 Länder, die von der FATF beobachtet werden, weil sich bei der laufenden Überprüfung der Einhaltung der FATF Empfehlungen zur Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung strategische Mängel ergeben haben, zu deren Behebung sich die unter Beobachtung stehenden Länder verpflichtet haben. Die FATF gibt in den Monaten Februar, Juni und Oktober eines jeden Jahres eine aktualisierte Fassung dieser Länderliste heraus. Die von der FATF am 18. Oktober 2019 veröffentlichte Liste [4] enthielt die in Tab. 3.9 genannten Länder.

69

3.14  Hochwertige Güter

Tab. 3.9  Liste der von der FATF als „High risk and other monitored jurisdictions“ eingestuften Länder Kategorie 1

Demokratische Volksrepublik Korea (Nordkorea)

Kategorie 2

Iran

Kategorie 3

Bahamas Botswana Ghana Island Jemen Kambodscha Mongolei Pakistan Panama Simbabwe Syrien Trinidad und Tobago

Mit der Aufnahme von Island auf die FATF Liste, geht von einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ein spezifisches Risiko aus.

3.14 Hochwertige Güter Der Begriff der „hochwertigen Güter“ selbst wurde erstmalig im Rahmen des Geldwäscheoptimierungsgesetzes in § 9 Abs. 4 GwG a. F. eingefügt, weil bei besonderen Personengruppen, den Händlern hochwertiger Güter, bei denen die Risiken der Geldwäsche höher zu bewerten ist als bei den übrigen Güterhändlern, die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten anordnen soll.83 Im Zuge der Novellierung wurde die Begriffsbestimmungen der einheitlichen Systematik folgenden in § 1 Abs. 10 GwG angesiedelt, ohne dabei eine inhaltliche Änderung vorzunehmen.84 (10) Hochwertige Güter im Sinne dieses Gesetzes sind Gegenstände, 1. die sich aufgrund ihrer Beschaffenheit, ihres Verkehrswertes oder ihres bestimmungsgemäßen Gebrauchs von Gebrauchsgegenständen des Alltags abheben oder 2. die aufgrund ihres Preises keine Alltagsanschaffung darstellen.

83Vgl. 84Vgl.

BT-Drucks. 17/8043, S. 14. BT-Drucks. 18/11555, S. 103.

70

3  Grundlagen und Begriffe

Zu ihnen gehören insbesondere 1. Edelmetalle wie Gold, Silber und Platin, 2. Edelsteine, 3. Schmuck und Uhren, 4. Kunstgegenstände und Antiquitäten, 5. Kraftfahrzeuge, Schiffe und Motorboote sowie Luftfahrzeuge. Der Begriff soll lediglich beispielhaft aufführen, was der Gesetzgeber als hochwertige Güter ansieht, ohne dass die Liste als abschließende Aufzählung zu verstehen ist.85 In der Gesetzesbegründung wie deshalb dargelegt, dass zum Beispiel auch Kupfer oder seltene Erden als hochwertige Güter verstanden werden sollen.86 Der Begriff der hochwertigen Güter, insbesondere solcher im Sinne von § 1 Abs. 10 Satz 2 Nr. 1 GwG, ist für den Umfang des Anwendungsbereichs bei ausgewählten Güterhändlern von Bedeutung. Güterhändler die mit nicht verarbeiteten Edelmetallen wie beispielsweise Gold, Silber oder Platin handeln, müssen sowohl bei ihrer Risikoanalyse als auch bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten einen geringeren Schwellenwert in Höhe von EUR 2000 berücksichtigen.

Literatur 1. 2. 3. 4.

Herzog, Felix und Achtelik, Olaf. Hrsg. 2018. Geldwaschegesetz (GwG). 3. Aufl., München: Beck. Töpfer, Armin, 2007. Betriebswirtschaftslehre. 2 Aufl., Berlin: Springer. FATF. 2003. The Forty Recommendations, 20. Juni. FATF. 2019. High risk and other monitored jurisdictions, 18. Oktober.

85Vgl. 86Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 103. BT-Drucks. 18/11555, S. 103.

4

Risiken für Güterhändler

Bevor in den folgenden Kapiteln die Sorgfalts- und Organisationspflichten im Einzelnen beleuchtet werden, wird an dieser Stelle zunächst auf die allgemeinen Risiken eingegangen, denen ein Güterhändler im Zusammenhang mit dem Geldwäschegesetz ausgesetzt ist. Der Fokus dieses Kapitels liegt auf den allgemeinen Risiken, die sich in Folge einer nicht angemessenen Umsetzung der Anforderungen des Geldwäschegesetzes ergeben können. Hierbei handelt es sich vor allem um die Rechtsfolgenseite, die sich aus dem Geldwäschegesetz, dem Strafgesetzbuch oder aber auch ganz allgemein ergeben. Die spezifischen unternehmens-, produkt-, kunden-, länder-, vertriebs- und transaktionsbezogenen Risiken des Missbrauchs zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung durch einen Dritten werden hingegen im Kapitel zur Risikoanalyse betrachtet, hier insbesondere in Abschn. 5.4 dieses Buches. Die Verantwortung für die Organisation und Umsetzung der gesetzlichen Pflichten obliegt der Geschäftsführung des geldwäscherechtlich Verpflichteten. Die Geschäftsführung kann zwar die Zuständigkeit für die Erfüllung der jeweiligen Aufgaben intern an einen Mitarbeiter delegieren, jedoch erstreckt sich diese Delegation nicht auf die Verantwortung für die ordnungsgemäße Erfüllung der gesetzlichen Pflichten. Mit der Novellierung wurde der Grundsatz der Verantwortlichkeit der Geschäftsführung in § 4 Abs. 3 GwG festgelegt. Zwar kann auch eine Auslagerung der Aufgaben und Prozesse, die zur Erfüllung der Pflichten des Geldwäschegesetzes erforderlich sind, auf einen Dritten mit entsprechenden Fachkenntnissen erfolgen. Aber auch hier gilt, dass die Verantwortung bei der Geschäftsführung des geldwäscherechtlich Verpflichteten verbleibt. Daher ist die Kenntnis der Rechtsfolgen sowie der möglichen Auswirkungen auf das Unternehmen von besonderer Bedeutung, um in angemessener Art und Weise präventive Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vorzunehmen.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 O. Bausch und T. Voller, Geldwäsche-Compliance, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17562-7_4

71

72

4  Risiken für Güterhändler

Im Rahmen der üblichen Geschäftstätigkeit gilt es grundsätzlich anwendbare Vorgaben zu machen, die für eine Vielzahl von Fällen anwendbar sind. Die Vorgaben sollten dabei berücksichtigten, dass sowohl die Ertragschancen als auch die potentiellen Risiken und Aufwände in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Je nach Eintrittswahrscheinlichkeit eines Risikos sowie des daraus resultierenden Schadens kann auch die Festlegung darüber getroffen werden, ob bestimmte Transaktionen überhaupt gemacht werden sollten und wenn dies bejaht wird nur unter Anwendung eines entsprechenden Risikoaufschlags. Daneben wird es auch solche Sachverhalte geben, die auf Grundlage der Umstände des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden müssen. Auch bei einem Güterhändlern wird der Spruch: Eine Bank lebt von den schlechten Geschäften, die sie unterlässt. (Hermann Josef Abs)

in gleicher Weise Anwendung finden. Die Kenntnis der Anforderungen des Geldwäschegesetzes sowie der potentiellen Sanktionsmittel und Risiken sowie des potentiellen Schadens ist nur dann ein Steuerungselement für die Geschäftsführung des Unternehmens, wenn eine valide Abwägung unter Berücksichtigung der Unternehmensgröße und des Umfanges der Transaktionen getroffen wurde. Die Betrachtung der potentiellen Schadenshöhe ist eine weitere Kennzahl, die im Lichte des Investments für eine ordnungsgemäße Umsetzung der Pflichten aus dem Geldwäschegesetzes gesehen werden muss. Wie bereits in Abschn. 3.4 erwähnt, sind die Personen, die gewerblich mit Gütern handeln, seit der ersten Stunde Verpflichtete des Geldwäschegesetzes. Das die Regelungen des Geldwäschegesetzes den Verpflichteten des Nicht-Finanzsektors fast zwei Dekaden weitgehend unbekannt waren, lag sicher auch an der bis zum Jahr 2010 kaum bis gar nicht vorhandenen Aufsicht über Güterhändler. Die FATF hat in der Zeit vom 15. Mai 2009 bis zum 5. Juni 2009 eine Prüfung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche sowie zur Verhinderung der Terrorismusfinanzierung in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt und neben den gesetzlichen Regelungen auch die weiteren bereitgestellten Informationen geprüft sowie Gespräche mit Vertretern der Behörden und der Verbände geführt [1, S. 8]. In Annex I werden ausschließlich folgende Aufsichtsbehörden für den Banken- und Finanzsektors aufgeführt [1, S. 323]: • Deutsche Bundesbank • Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) • Spielbankenaufsicht der Bundesländer Auffällig ist, dass kein Vertreter einer zuständigen Behörde für Güterhändler benannt wurde. Dies lag vor allem an dem Umstand, dass die Bundesländer zu diesem Zeitpunkt allenfalls formell eine Festlegung getroffen hatten, welche Behörde zuständig für die Aufsicht nach dem Geldwäschegesetz sein soll, jedoch ohne entsprechende personelle Ressourcen zu schaffen und dabei ferner zu gewährleisten, dass die Mitarbeiter entsprechend geschult

4  Risiken für Güterhändler

73

wurden oder Kenntnisse über Geldwäschetechniken hatten [1, Tz. 980]. Dieses Ergebnis zeigt deutlich, dass die Bemühungen zum Aufbau sowie zur Durchsetzung einer effektiven Aufsicht insbesondere im Nicht-Finanzsektor nicht vorhanden waren. Am 19. Februar 2010 wurde der Prüfungsbericht der FATF veröffentlicht und damit auch die Defizite im deutschen Rechtssystem bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung publik, insbesondere im Nicht-Finanzsektor.1 Die Europäische Kommission hatte ein Vertragsverletzungsverfahren2 gegen Deutschland geführt und darin beanstandet, dass die Bundesländer es seit dem Inkrafttreten des Geldwäschegesetzes im Jahr 1993 versäumt hätten, für die Aufsichtsbehörden in ihrem Zuständigkeitsbereich hinreichend Befugnisse zu schaffen, um ihrer Aufsichtspflicht wie gefordert nachzukommen.3 Es gab also 18 Jahre lang im Nicht-Finanzsektor keine effektiven Aufsichtsbehörden. Der Bundesrat nahm eine redaktionelle Korrektur des Geldwäschegesetzes zum Anlass und fasste den Beschluss, die unzureichend eingeräumten Befugnisse zur Aufsicht über die Verpflichteten des Geldwäschegesetzes zu erweitern.4 Die folgenden rechtlichen Befugnisse wurden als erforderlich angesehen: • von den Verpflichteten die erforderlichen Auskünfte verlangen zu können, • deren Grundstücke und Geschäftsräume betreten zu dürfen und • Einsicht in die Geschäftsunterlagen nehmen zu können, um so eine wirksame Aufsicht sicherzustellen.5 Die Auskunftsrechte sollten im Sinne einer effektiven Durchsetzung zusätzlich durch einen neuen Bußgeldtatbestand untermauert werden.6 Die Bundesregierung stimmte dieser Ergänzung grundsätzlich zu, nicht jedoch ohne darauf hinzuweisen, dass es den Ländern seit 1993 unbenommen war, die diesbezüglichen Regelungen für ihre jeweiligen nach Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörden selbst zu treffen.7 Zur Verbesserung der Position Deutschlands im Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission wurden die neuen Regelungen in § 16 Abs. 3 bis 6 GwG a. F. aufgenommen, um so die notwendigen Befugnisse für die Länder-Aufsichtsbehörden zu schaffen und diesen eine wirksame Aufsicht über die Verpflichteten des Geldwäschegesetzes zu ermöglichen.8 Kurz darauf reagierte die Bundesregierung mit dem Geldwäscheoptimierungsgesetz auf die Ergebnisse des Prüfungsberichts der FATF sowie auf den politischen Druck durch

1Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 20. Kommission, IP/11/75 vom 27. Januar 2011. 3Vgl. BT-Drucks. 17/5417, S. 7. 4Vgl. BR-Drucks. 850/10 (Beschluss), S. 5 ff. 5Vgl. BR-Drucks. 850/10 (Beschluss), S. 6. 6Vgl. BR-Drucks. 850/10 (Beschluss), S. 7. 7Vgl. BT-Drucks. 17/4811, S. 7. 8Vgl. BT-Drucks. 17/5417, S. 14. 2Europäische

74

4  Risiken für Güterhändler

die Europäische Kommission. Anhand der seitens der Bundesregierung im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens getroffenen Aussage: Außerdem ist vorgesehen, noch bestehende Aufsichtslücken, soweit es die von den Ländern ausgeübte Aufsicht betrifft, zu schließen

wird deutlich, welche Defizite im Bereich der Nicht-Finanzsektor vorherrschten.9 In Folge der Ergebnisse des Prüfungsberichts der FATF sowie der gesetzlichen Änderungen haben die Bundesländer, die betreffende Regelung des Geldwäschegesetzes mit Leben gefüllt und die jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden bestimmt. Dabei ist jedes Bundesland höchst unterschiedlich vorgegangen. Während einige Bundesländer die Aufsicht auf ministerieller Ebene belassen haben, wurden die Zuständigkeiten in anderen Bundesländern auf die Mittelinstanzen bis hinunter auf die örtlichen Ordnungsbehörden delegiert.10 Zumindest formal sind die Bundesländer der gesetzlichen Anforderung nachgekommen und haben jeweils die zuständigen Aufsichtsbehörden benannt. Ferner wurden in den vergangenen Jahren entsprechende personelle Ressourcen geschaffen oder abgestellt sowie Kompetenzen bezüglich der Aufsichtstätigkeit zum Zwecke der Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufgebaut. Die Aufbauphase ist zwischenzeitlich abgeschlossen, was auch an den Aktivitäten der zuständigen Aufsichtsbehörden ersichtlich ist. Daran ändert auch fortlaufend geänderte und angepasste Rechtslage nichts. Die zuständigen Aufsichtsbehörden für Güterhändler betreiben vor allem über die jeweiligen Internetseiten Öffentlichkeitsarbeit. Ferner fanden bei diversen Industrieund Handelskammern für die Mitglieder Informationsveranstaltungen statt, um den Zugang zum Thema Geldwäscheprävention zu eröffnen. Dabei wurde vor allem Aufklärungsarbeit hinsichtlich der gesetzlichen Sorgfalts- und Organisationspflichten des Geldwäschegesetzes geleistet. Bereits diese Phase wurde zusätzlich begleitet durch Prüfungskampagnen der zuständigen Aufsichtsbehörden im Bereich der Güterhändler. Die zuständigen Aufsichtsbehörden konzentrierten sich in der Anfangszeit insbesondere auf sogenannte Luxusgüterhändler, wie Juweliere oder KfZ-Händler, aber auch die ebenfalls beaufsichtigten Immobilienmakler wurden stichprobenartig geprüft. Auch wenn die ersten Prüfungshandlungen vor allem einen Hinweischarakter hatten und der Sensibilisierung der geprüften Güterhändler dienten, so waren diese Handlungen ein wesentlicher Bestandteil, um den seit 1993 verlorenen Boden wieder aufzuholen. Auf Ebene der Bundesländer wurden bundeseinheitliche Merkblätter veröffentlicht, die als Auslegungs- und Anwendungshinweise im Sinne von § 51 Abs. 8 GwG anzusehen sind.

9Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 21. BR-Drucks. 459/12 (Beschluss), S. 3.

10Vgl.

4  Risiken für Güterhändler

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Parallel zu diesen Entwicklungen haben die Bundesländer über den Bundesrat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Ergänzung des Geldwäschegesetzes (Geldwäscheergänzungsgesetz – GwGErgG) zu erkennen gegeben, dass erhebliche Kapazitäten mit der Wahrnehmung der Aufsicht in Anspruch genommen werden, weshalb ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand unbedingt zu vermeiden ist.11 Zusätzlich beschloss der Bundesrat noch folgende Initiative: Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Zuständigkeit der Länder für die Aufsichtsbehörden im Nichtfinanzsektor für Verpflichtete nach § 2 Absatz 1 Nr. 3, 5, 9, 10 und 12 GwG aus Gründen eines bundeseinheitlichen Vollzugs und einer effektiven Aufsichtswahrnehmung mit dem Ziel einer zentralen Aufgabenwahrnehmung durch den Bund zu überprüfen.12

Die Begründung zielte darauf ab, dass der Bund die Geldwäscheaufsichtsaufgaben im Nicht-Finanzsektor für die aufgeführten Personengruppen übernehmen soll, wozu eben auch die Güterhändler zählen.13 Unterlegt wurde dieses Ziel mit dem Hinweis auf die im Regelfall auftretenden länderübergreifenden Sachverhalte, die zwangsläufig einen erheblichen Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand erforderlich machen, der nicht nur innerhalb der diversifizierten föderalen Strukturen zu einem erheblichen Ressourcenaufwand führt, sondern auch mit Verwaltungsdefiziten einhergeht, die es vor dem Hintergrund eines wehrhaften und effektiven Rechtsstaats und attraktiven Wirtschaftsstandorts zu vermeiden gilt.14 Angeführt wurden dabei einerseits ein wirtschaftlich nicht zur rechtfertigender bürokratischer Mehraufwand in Folge der unnötigen Vervielfachung des Verwaltungsaufwandes durch Aufbau und Vorhalten der erforderlichen Ressourcen in jedem einzelnen Bundesland sowie andererseits die notwendigen bundesweiten Abstimmungen zur Gewährleistung eines einheitlichen Vollzuges.15 Es entsteht beinahe der Eindruck, als hätte der Bundesrat bei der Formulierung seines Beschlusses insbesondere eine der Stellungnahmen zum Geldwäscheoptimierungsgesetz noch einmal ganz genau gelesen. In dieser Stellungnahme vom 29. November 2011 werden zahlreiche Punkte sehr kritisch beleuchtet und unter anderem in folgenden Worten abgefasst: Wegen der unsystematischen und willkürlichen Benennung der Aufsichtsbehörden liegt die Anzahl der geldwäscherechtlichen Aufsichtsbehörden der Länder bei weit über hundert. Wegen fehlender Transparenz kann die genaue Anzahl nicht bestimmt werden. Bei über hundert unterschiedlichen Aufsichtsbehörden kann eine effektive Aufsicht in einem sicherheitsrelevanten Bereich nur durch ein bundeseinheitliches Durchführungsrecht gewährleistet werden. …

11Vgl.

BR-Drucks. 459/12 (Beschluss), S. 2. 459/12 (Beschluss), S. 3. 13Vgl. BR-Drucks. 459/12 (Beschluss), S. 4. 14Vgl. BR-Drucks. 459/12 (Beschluss), S. 3 f. 15Vgl. BR-Drucks. 459/12 (Beschluss), S. 3 f. 12BR-Drucks.

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4  Risiken für Güterhändler Darüber hinaus fehlt in vielen der über hundert Aufsichtsbehörden das notwendige Personal. Soweit Personal bei den Ministerien, Mittelbehörden bis hin zu Kommunen vorhanden ist, reicht die berufliche Qualifikation der Mitarbeiter oft nicht aus, um geldwäscherechtliche Aufsicht effektiv auszuüben. An der Untauglichkeit des Vorgehens kann auch die jüngst beschlossene Ausgabe von einheitlichen Informationsbriefen durch die über hundert Aufsichtsbehörden nichts ändern.16

Mit Verweis auf die regelmäßig im Zusammenhang mit einer Änderung des Geldwäschegesetzes vom 25. Oktober 1993 durchgeführte Prüfung lehnte die Bundesregierung eine zentrale Aufgabenwahrnehmung durch den Bund für den betreffenden Kreis der Verpflichteten, die durch die gesetzliche Auffangregelung erfasst werden, weiterhin ab.17 Mit Vorlage des Referentenentwurfs zur Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie wurde im Rahmen einer Stellungnahme vorgeschlagen, zur Förderung der effektiven Aufsicht im Nicht-Finanzsektor, dass einzig der juristische Sitz, im Falle einer juristischen Person oder Personengesellschaft, oder der Wohnsitz, im Falle einer natürlichen Person, als ausschlaggebendes Kriterium für die Zuständigkeit einer Aufsichtsbehörde im Nicht-Finanzsektor heranzuziehen und insoweit von der örtlichen Zuständigkeit Abstand zu nehmen.18 Dieser Ansatz fand keinen Eingang in den späteren Regierungsentwurf. Der Bundesrat hat diesbezüglich keinen erneuten Antritt unternommen. Man hat jedoch dahingehend Stellung genommen, dass die Aufsicht über die verpflichteten Finanzunternehmen aufgrund ihres starken Bezugs zum Finanzsektor an die BaFin übertragen werden sollte.19 Die Bundesregierung lehnte dies jedoch damit ab, dass die große Zahl der Aufsichtsobjekte besser regional in der Fläche beaufsichtigt werden könne.20 Im Jahr 2019 wurde bezüglich der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie erneut eine Stellungnahme durch den Bundesrat beschlossen, die unter anderem eine Verlagerung der Zuständigkeit für Finanzunternehmen an die BaFin zum Gegenstand hatte.21 Die

16Frank, Andreas, Stellungnahme zum Gesetz zur Optimierung der Geldwäscheprävention vom 29. November 2011, S. 3. 17Vgl. BT-Drucks. 17/10798, S. 1. 18Olaf Bausch, Stellungnahme der BB Rechtsanwaltsgesellschaft mbH zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. Dezember 2016, S. 2 ff., https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/ Abteilung_VII/18_Legislaturperiode/2017-06-24-EU-Geldwaescherichtlinie/Stellungnahme02-Rechtsanwaltsgesellschaft-BB.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugegriffen: 6. Januar 2020. 19Vgl. BR-Drucks. 182/17 (Beschluss), S. 24. 20Vgl. BT-Drucks. 18/11928, S. 27. 21Vgl. BR-Drucks. 352/19 (Beschluss), S. 27.

4  Risiken für Güterhändler

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Bundesregierung reagierte erneut ablehnend und verwies wiederum auf die flächendeckende Präsenz der Aufsichtsbehörden.22 Die umfangreichen vorstehenden Ausführungen sind erforderlich, um die historische Entwicklung der zuständigen Aufsichtsbehörden im Bereich der Durchsetzung des Geldwäschegesetzes bei den Güterhändlern besser zu verstehen. Andererseits ergeben sich hieraus ebenfalls ganz allgemeine Risiken, die außerhalb der Einflussmöglichkeiten des Güterhändlers stehen und dennoch einen Einfluss auf das Unternehmen haben. Aufgrund des jahrelangen Aufsichtsvakuums konnte die organisierte Kriminalität ohne Gefahr die illegal erworbenen Gelder waschen. In Ermangelung entsprechender Kenntnisse der Geldwäschetechniken sowie der gesetzlichen Sorgfalts- und Organisationspflichten, wurden über Jahre hinweg Güterhändler systematisch zur Geldwäsche missbraucht. Es wurden zahlreiche Transaktionen abgewickelt und es entstanden etablierte Kundenbeziehungen. Diese jetzt in Kenntnis der gesetzlichen Anforderungen zu hinterfragen, birgt das Risiko, dass im Nachhinein der Missbrauch erkannt wird. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Missbrauchsgefahr in einem Land deutlich geringer ausfällt, in dem effiziente und effektive Aufsichtsstrukturen vorhanden sind und alle Verpflichteten seit vielen Jahren die Sorgfalts- und Organisationspflichten angemessen umgesetzt haben. Im Verhältnis dazu, ist das Geldwäscherisiko in einem Land mit weniger effizienten Aufsichtsstrukturen und mangelnder Durchsetzung der rechtlichen Anforderungen des Geldwäschegesetzes viel höher. Ferner muss jeder Güterhändler berücksichtigen, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden ihrerseits mit den getroffenen Maßnahmen zur Information und Sensibilisierung der betreffenden Verpflichteten den Boden geebnet haben, um die Durchsetzung des Geldwäschegesetzes zu vollziehen. Diese wird im Erlass von Bußgeldbescheiden sichtbar, weil seit der Novellierung die Aufsichtsbehörden ein Form einer jährlichen Statistik nach § 51 Abs. 9 GwG eine Offenlegung der aufsichtsrechtlichen Maßnahmen und Sanktionen durchführen müssen. Mithin ergeben sich auch finanzielle Risiken, die sich auf die Ertragslage des Unternehmens auswirken können. Die Abb. 4.1 zeigt die allgemeinen Risikokategorien. Das Zusammenspiel der Risikofelder wirkt sich in unterschiedlicher Art und Weise auf das Unternehmen aus. Die Risikofelder gehen dabei fließend ineinander über und beeinflussen einander. Daher muss davon ausgegangen werden, dass ein Risiko nie nur isoliert vom anderen auftritt. Soll die Eintrittswahrscheinlichkeit der allgemeinen Risiken bereits im Vorfeld gering gehalten werden, dann müssen die im Folgenden dargestellten Risikogruppen bekannt und bewertet werden. Die Bewertung ist ein weiterer Indikator für den Grad der angemessenen Umsetzung von Sorgfalts- und Organisationspflichten beim Güterhändler. In der Regel werden die Reputationsrisiken für alle Unternehmen eine herausgestellte Bedeutung haben.

22Vgl.

BT-Drucks. 19/13827, S. 151.

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4  Risiken für Güterhändler

Abb. 4.1   Darstellung der allgemeinen Risiken

4.1 Rechtliche Risiken Die gewerbliche Tätigkeit ist verbunden mit der Beachtung zahlreicher gesetzlicher Regelungen. Es liegt allen voran in der Verantwortung der Geschäftsführer, die Einhaltung dieser Regelungen sowie deren Umsetzung im Unternehmen sicherzustellen. Als Verpflichtete im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG müssen Güterhändler die Regelungen des Geldwäschegesetzes beachten und in angemessener Art und Weise im Unternehmen umsetzen. Werden die Anforderungen nicht angemessen umgesetzt, dann geht dies einher mit dem Risiko rechtlicher Sanktionen, sowohl gegen das Unternehmen als auch gegen die handelnden natürlichen Personen. Daneben muss sich aber auch der Inhaber des Unternehmens die Frage stellen, welche Risiken sich aus der jeweiligen Geschäftsaktivität für das Unternehmen ergeben können. Im Rahmen dieses Beurteilungsprozesses erfolgt die Abwägung, ob ein potentielles Geschäft für das Unternehmen lohnend und ertragreich sein kann oder aber ob dieses Geschäft zu einem Verlust führen könnte und es deshalb von vornherein nicht getätigt werden sollte. Diese Beurteilung erfolgt zum großen Teil ohne weitere Dokumentation der Erwägungsgründe für die getroffene Entscheidung. Bereits hier greift das Dokumentationserfordernis auf § 5 GwG und der Anfertigung einer Risikoanalyse ein. Grundlage für eine sachgerechte Entscheidung ist die Kenntnis der jeweils mit dem potentiellen Geschäft einhergehenden rechtlichen Anforderungen sowie der daraus resultierenden Risiken im Falle einer Zuwiderhandlung. Die notwendigen Maßnahmen zur Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen müssen daher in die Kalkulation einfließen, um sicherzustellen, dass ein potentielles Geschäft auch gewinnbringend umgesetzt und durchgeführt werden kann.

4.1  Rechtliche Risiken

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Im ersten Schritt sind die rechtlichen Anforderungen zu ermitteln, die sich aus der Geschäftstätigkeit in Verbindung mit den Anforderungen des Geldwäschegesetzes ergeben. Diese sind dann auch vor dem Hintergrund der Regelungen des Strafgesetzbuches zu betrachten. Werden etwa die Regelungen des Geldwäschegesetzes nicht angemessen umgesetzt oder gar nicht beachtet und wird das Unternehmen zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht, dann kann dieser Umstand auch von strafrechtlicher Relevanz sein.

4.1.1 Risiken aus dem Geldwäschegesetz Im Zuge der Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie wurden die Sanktionsmaßnahmen neugefasst und der Katalog der Bußgeldvorschriften nachhaltig erweitert. Waren zuvor nur 17 Tatbestände erfasst, waren vom 26. Juni 2017 bis 31. Dezember 2018 insgesamt 64 Tatbestände erfasst, die Grundlage für eine Ordnungswidrigkeit darstellten, um so eine effiziente Aufsicht zu ermöglichen.23 Außerdem wurde ein dreistufiges System einführt, dass wie folgt ausgestaltet war24: • Stufe 1: Bußgeldrahmen bis zu EUR 100.000 im Falle von einzelnen Verstößen, die nicht in eine der nachfolgenden Stufen fallen. • Stufe 2: Bußgeldrahmen bis zu EUR 1.000.000 oder Geldbußen bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils im Falle von schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen. • Stufe 3: Bußgeldrahmen bis zu EUR 5.000.000 oder Geldbußen bis zu 10 % des Gesamtumsatzes bei juristischen Personen oder Personengesellschaften oder bis zu EUR 5.000.000 bei natürlichen Personen, sofern es sich um Verpflichtete handelt, die der Aufsicht der BaFin unterliegen oder Finanzunternehmen sind. Bereits die Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie führte wiederum zu einer Neufassung von § 56 Abs. 1 bis 3 GwG. Der Finanzausschuss des Bundestages hat in seiner Beschlussempfehlung ein Anliegen des Bundesrates aufgegriffen und den Verschuldensmaßstab der „Fahrlässigkeit“ für ausgewählte Tatbestände aufgenommen.25 Erneut wird die Erweiterung des Ordnungswidrigkeitskatalogs mit der Ermöglichung einer effizienten Aufsicht begründet.26 Weiter heißt es:

23Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 163. BT-Drucks. 18/11555, S. 164. 25Vgl. BT-Drucks 19/15196, S. 49. 26Vgl. BT-Drucks 19/15196, S. 49. 24Vgl.

80

4  Risiken für Güterhändler

Tab. 4.1  Matrixstruktur der Ordnungswidrigkeiten des § 56 GwG Vorsatz § 56 Abs. 1, 2, Leichtfertigkeit § 56 3 GwG Abs. 1, 2, 3 GwG

Fahrlässigkeit § 56 Abs. 2 GwG

1. Stufe bis EUR 50.000

Nicht anwendbar

Nicht anwendbar

Anwendbar

2. Stufe bis EUR 100.000

Nicht anwendbar

Anwendbar

Nicht anwendbar

3. Stufe bis EUR 150.000

Anwendbar

Nicht anwendbar

Nicht anwendbar

4. Stufe bis EUR 1.000.000 oder dem zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils bei schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen

Anwendbar

Anwendbar

Nicht anwendbar

5. Stufe bis EUR 5.000.000 Geldbußen bis zu 10 % des Gesamtumsatzes bei juristischen Personen oder Personengesellschaften oder bis zu EUR 5.000.000 bei natürlichen Personen, sofern es sich um Verpflichtete handelt, die der Aufsicht der BaFin unterliegen oder Finanzunternehmen sind bei schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen

Anwendbar

Anwendbar

Nicht anwendbar

4.1  Rechtliche Risiken

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Eine Abgrenzung des Verschuldensmaßstabs zwischen Leichtfertigkeit, grober Fahrlässigkeit und einfacher Fahrlässigkeit ist bei Verstößen gegen einige Tatbestände fließend und rechtssichere Nachweise besonders hoher Verschuldensgrade wie z.B. der Leichtfertigkeit sind in der Rechtspraxis häufig nicht oder schwer erbringbar. Diese praktischen Hemmnisse führen zu einer Ineffektivität und mangelnder Abschreckungswirkung der bestehenden Bußgeldtatbestände.27

In der Folge wurde das erst eingeführte dreistufige System weiter ausdifferenziert und ist nunmehr in § 56 GwG gem. Tab. 4.1 ausgeprägt. Die Durchsetzung der Einhaltung des Geldwäschegesetzes sowie die Verhängung von Bußgeldern obliegt den gemäß § 56 Abs. 5 GwG bestimmten zuständigen Aufsichtsbehörden. Daraus ergibt sich, dass die jeweils nach Bundes- oder Landesrecht zuständige Aufsichtsbehörde auch gleichsam Verwaltungsbehörde im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG für Güterhändler ist. Jeder Verpflichtete kann die potentiellen aus dem Geldwäschegesetz resultierenden Rechtsrisiken bereits im Vorfeld ermittelt. Die damit einhergehende Transparenz ist eine präventive Maßnahme und dient vor allem der Abschreckung des Verpflichteten, eine derartige Sanktionierung gar nicht erst zu riskieren. Die potentiellen rechtlichen Risiken entstehen, wenn einzelne Anforderungen des Geldwäschegesetzes a) nicht, b) nicht richtig, c) nicht vollständig, d) nicht rechtzeitig erfüllt oder e) nicht beachtet werden. Hat ein Güterhändler eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des Geldwäschegesetzes begangen, ist zusätzlich eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob die betreffende Person vorsätzlich, leichtfertig oder fahrlässig agiert hat. Insofern beeinflusst die Tragweite der jeweiligen Sanktionsmaßnahme auch den Grad der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen im Unternehmen des Verpflichteten. Die Gewichtung der sanktionsbewehrten Anforderungen des Geldwäschegesetzes muss bei der Umsetzung und deren Befolgung höher eingestuft werden, als diejenigen Regelungen, die keine Sanktionierung vorsehen. Was nicht heißt, dass die nicht sanktionierten Anforderungen nicht ebenfalls erfüllt werden müssen. Im Rahmen der Beurteilung der Rechtsrisiken aus dem Geldwäschegesetz kommt es also darauf an, die juristisch belegten Begriffe „Vorsatz“, „Leichtfertigkeit“ und „Fahrlässigkeit“ richtig zu interpretieren und einzuordnen. Für die Festlegung der Höhe des Bußgeldes muss der Verschuldensmaßstab bestimmt werden.

27Vgl.

BT-Drucks 19/15196, S. 49.

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4  Risiken für Güterhändler

Juristisch wird oft folgende verkürzte Definition verwendet: u Vorsatz  Vorsatz ist das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Angesichts dessen, das es auch in Bezug auf den Begriff des Vorsatzes verschiedene Abstufungen gibt, hilft die vorstehende Definition allein noch nicht, um eine Abgrenzung vorzunehmen. Ohne eine rechtsdogmatische Zerlegung des Begriffes vornehmen zu wollen, kann mit wenigen Worten eine leichter greifbare Interpretation erfolgen. Ausgangspunkt ist die Kenntnis des Verpflichteten der rechtlichen Anforderungen des Geldwäschegesetzes. Wer ein Gewerbe ausübt muss sich konsequenterweise auch mit den anwendbaren gesetzlichen Regelungen befassen und ist verpflichtet diese zu kennen. Der Volksmund kennt diesen Grundsatz als: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht – Ignorantia legis non excusat

Wird also die Kenntnis des Geldwäschegesetzes vorausgesetzt, dann ist eine Anforderung unmittelbar erfüllt und es muss nur noch die Pflichtverletzung als solche hinzukommen. Diese liegt vor, wenn der Verpflichtete die Erfüllung der betreffenden Anforderung ignoriert und beispielsweise alle geldwäscherechtlich relevanten Transaktionen ohne Identifizierung des Vertragspartners, einer für diesen auftretenden Person sowie des wirtschaftlich Berechtigten abschließt. Er verstößt also wissentlich gegen die gesetzliche Regelung, weil allein der Geschäftserfolg im Vordergrund steht. Dabei wird die Verhängung einer Ordnungswidrigkeit von vornherein in Kauf genommen. Die Leichtfertigkeit setzt hingegen schon früher ein, auch wenn die verkürzte juristische Definition dies auf dem ersten Blick nicht unbedingt vermuten lässt: u Leichtfertigkeit  Leichtfertigkeit ist die Verletzung der gebotenen Sorgfalt in

besonders hohem Maß. Die Leichtfertigkeit ist als eine graduell gesteigerte grobe Fahrlässigkeit zu verstehen, [2, § 10, Rn. 49]. In der Begründung zum Geldwäscheoptimierungsgesetz hat der Gesetzgeber erklärt, dass bereits (grobes) fahrlässiges Verhalten zur Begehung einer Ordnungswidrigkeit genügen soll, um so eine größere Abschreckungswirkung zu erzielen und das Bewusstsein der Verpflichteten für das Unrecht ihrer Zuwiderhandlung zu schärfen.28 Die Schwelle der leichten Fahrlässigkeit war bis zum Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie also nicht Grundlage für rechtliche Maßnahmen. Ein Güterhändler verletzt dann seine Sorgfaltspflicht, wenn er sich der Tatsache nicht bewusst ist, dass er zum Kreis der Verpflichteten des Geldwäschegesetzes gehört. Das heißt, ein Geschäftsführer kommt seinen Verpflichtungen bereits dann nicht in ausreichendem Umfang nach, wenn er keine Kenntnis über die Anwendbarkeit des Geldwäschegesetzes für das von ihm geführte Unternehmen hat. 28Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 21.

4.1  Rechtliche Risiken

83

Wird der Verstoß vom Verpflichteten jedoch wiederholt und fortgesetzt, dann handelt es sich um einen zu ahndenden nachhaltigen Verstoß. Der Verpflichtete muss ein besonders sorgfaltswidriges Handeln begehen, was etwa dann vorliegt, wenn mit besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit die gesetzlichen Regeln nicht angewendet werden, obwohl der Anwendungsbereich klar eröffnet ist. Wird dieser Maßstab zugrunde gelegt, dann ist das Ergebnis naheliegen, dass im Bereich des gewerbsmäßigen Handels mit Gütern die Regeln des Geldwäschegesetzes schlicht nicht beachtet wurden. Der Güterhändler hatte selbst die Gelegenheit gehabt, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um die gesetzlichen Anforderungen im eigenen Unternehmen umzusetzen. Er hat dies aber wissentlich unterlassen, wenn er gar keine Maßnahmen getroffen hat. Leichtfertigkeit und Vorsatz

Der Güterhändler A möchte eine Uhr zum Preis von EUR 25.000 an den Kunden B verkaufen. Er weiß, dass er bei Zahlung mit Bargeld verpflichtet ist, den Vertragspartner, eine für diesen auftretende Person sowie einen gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten im Sinne des Geldwäschegesetzes zu identifizieren. Der Kunde B ist dem Güterhändler durch einige andere Transaktionen bekannt, eine Identifizierung war bisher aber nicht erforderlich. Der Kunde B (Vertragspartner) erwirbt die Uhr und zahlt den gesamten Kaufpreis mit Bargeld. Weil der Güterhändler den Vertragspartner bereits „kennt“, nimmt er keine Identifizierung vor. In der Folge macht der Kunde B weitere Transaktionen in Höhe von mehr als EUR 10.000 und bezahlt immer mit Bargeld. Der Güterhändler unterlässt weiterhin die Durchführung der Identifizierung. ◄ Der Verpflichtete macht sich keine Gedanken über die Notwendigkeit der Identifizierung des Vertragspartners, obgleich sich allein aufgrund der Höhe des in Bargeld gezahlten Betrages die gesetzliche Pflicht geradezu aufdrängt. Leichtfertig handelt demnach derjenige, der die gebotene Sorgfalt (hier die Identifizierung) in ungewöhnlich großem Maße verletzt und die Anstellung einfachster ganz nahe liegender Überlegungen versäumt und folglich das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, [2, § 10, Rn. 49]. Im Zuge der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie hatte das Bundesministerium der Finanzen mit ihrem Referentenentwurf bereits einen Vorschlag zur generellen Umstellung des Verschuldensmaßstabs von „Leichtfertigkeit“ auf „Fahrlässigkeit“ für § 56 Abs. 1 GwG unterbreitet.29 Die Begründung des Referentenentwurfs lautet wie folgt:

29Referentenentwurf

des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. Mai 2019, S. 34, https://www. bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/ Abteilung_VII/19_Legislaturperiode/2019-12-19-Gesetz-4-EU-Geldwaescherichtlinie/1Referentenentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugegriffen: 6. Januar 2020.

84

4  Risiken für Güterhändler

Abb. 4.2   Stufenverhältnis zwischen Vorsatz und Leichtfertigkeit Zur Ermöglichung einer effizienten Aufsicht und zur wirksamen Sanktionierung von Verstößen wird die Unterscheidung zwischen Leichtfertigkeit und Fahrlässigkeit aufgegeben. Eine Abgrenzung zwischen Leichtfertigkeit, also grober Fahrlässigkeit, und einfacher Fahrlässigkeit ist bei den betroffenen Tatbeständen oftmals schwierig und die Differenzierung mit den ausdifferenzierten europarechtlichen Sanktionsvorgaben nicht vereinbar. Die Beurteilung, ob ein schuldhaftes Handeln vorlag, bestimmt sich künftig nur noch danach, ob das Handeln vorsätzlich oder fahrlässig erfolgte.30

Gegen die allgemeine Herabsetzung des Verschuldensmaßstabs richtete sich die Mehrheit der Stellungnahmen der Verbände und der Verpflichteten.31 Der Gesetzentwurf enthielt wohl auch deshalb keine Änderung des Verschuldensmaßstabs. Auf die vom Bundesrat verlangte Aufnahme des geänderten Verschuldensmaßstabs lautete die Gegenäußerung der Bundesregierung wie folgt:

30Referentenentwurf

des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. Mai 2019, S. 106, https://www. bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/ Abteilung_VII/19_Legislaturperiode/2019-12-19-Gesetz-4-EU-Geldwaescherichtlinie/1Referentenentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugegriffen: 6. Januar 2020. 31Vgl. die Stellungnahmen an das Bundesministerium der Finanzen zum Referentenentwurf vom 20. Mai 2019 abzurufen auf: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/ Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/19_Legislaturperiode/2019-12-19-Gesetz4-EU-Geldwaescherichtlinie/0-Gesetz.html, Zugegriffen: 6. Januar 2020.

4.1  Rechtliche Risiken

85

Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag ab. Die Bundesregierung hat im Rahmen der Abstimmung des Gesetzentwurfs ausführlich geprüft, ob der Verschuldensmaßstab von Leitfertigkeit auf Fährlässigkeit abgesenkt werden kann. Es hat sich gezeigt, dass eine derartige pauschale Absenkung des Verschuldensmaßstabs nicht sachgerecht und rechtlichen Bedenken ausgesetzt wäre.32

Wie bereits dem ersten Teil dieses Kapitels zu entnehmen ist, wurde letztlich aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses dennoch der Verschuldensmaßstab der „Fahrlässigkeit“ eingeführt, wenn auch nicht pauschal für alle Ordnungswidrigkeitstatbestände sondern mit § 56 Abs. 2 GwG nunmehr differenziert und auf ausgewählte Tatbestände beschränkt.33 Deshalb kommt es jedenfalls für die von § 56 Abs. 2 GwG erfassten Verstöße nicht mehr auf eine Ausdifferenzierung an zwischen einer „groben Fahrlässigkeit“, die dem Verschuldensmaßstab der Leichtfertigkeit unterliegt, und einer „einfachen Fährlässigkeit“, die dem Verschuldensmaßstab der Fährlässigkeit unterliegt. u Fahrlässigkeit  Fahrlässigkeit ist die Verletzung der gebotenen Sorgfalt.

Die Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen kann in dem grafisch aufgearbeiteten Stufenverhältnis der Abb.  4.2 zusammengefasst werden. Wobei die jeweiligen Übergänge je nach Interpretation der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden durchaus fließend sein können. In Kenntnis der jeweiligen Anforderungen für die Begründung einer Ordnungswidrigkeit, kann der Güterhändler das individuelle Risiko beurteilen, dass gegen ihn ein Bußgeld von der zuständigen Aufsichtsbehörde verhängt wird. Der Bundesrat wollte diesbezüglich allgemeine Grundsätze zur Bemessung der Geldbuße einführen, die auf klare, transparente und länderübergreifende Leitlinien zurückzuführen wären.34 Diesen Gedanken hat die Bundesregierung hingegen abgelehnt, weil die unterschiedlichen Pflichten ebenso wie die Bandbreite der Verpflichteten sehr unterschiedlich und deshalb kaum zu vereinheitlichen sind.35 Dementsprechend ist es auch nur sinnvoll, wenn auf die individuellen Erkenntnisse der zuständigen Aufsichtsbehörden und deren einzelfall- oder branchenspezifische Entscheidungen bei der Durchsetzung der gesetzlichen Pflichten abgestellt wird, wobei eine länderübergreifende Abstimmung der zuständigen Aufsichtsbehörden untereinander die Konformität der jeweiligen Entscheidung fördern kann. Die tatsächliche Höhe des verhängten Bußgeldes bemisst sich zum einen anhand der vorstehenden juristischen Kriterien. Dementsprechend ist ein vorsätzliches Handeln mit einem höheren Bußgeld zu ahnden als ein vergleichbarer Verstoß, der auf ein

32Vgl.

BT-Drucks. 19/13827, S. 151. BT-Drucks. 19/15196, S. 49. 34Vgl. BR-Drucks. 317/11 (Beschluss), S. 18. 35Vgl. BT-Druck. 17/6804, S. 54. 33Vgl.

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4  Risiken für Güterhändler

l­eichtfertiges oder auch fahrlässiges Handeln zurückzuführen ist. Zum anderen spielen aber auch weitere individuelle Aspekte eine Rolle wie der Umfang und das Ausmaß sowie die Häufigkeit des Verstoßes für die Ermittlung der Bußgeldhöhe. Der Verstoß wird ferner im Lichte der Unternehmensgröße und der Geschäftsaktivitäten betrachtet. Ferner wird auch eine Rolle spielen, welche Person den Verstoß begangen hat. Handelt es sich um einen leitenden Mitarbeiter oder gar den Geldwäschebeauftragten selbst, dann ist der Verstoß aufgrund der Vorbildfunktion dieser Mitarbeiter potentiell strenger zu beurteilen, als wenn es sich um einen neuen Mitarbeiter handelt, der sich gerade erst mit den Anforderungen des Geldwäschegesetzes vertraut machen muss. Aber dies sind nur einige der Aspekte die im jeweiligen Einzelfall in die Beurteilung der Höhe des Bußgeldes einfließen werden. Allerdings belegt der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, dass sich das unter anderem gegen den Geldwäschebeauftragten verhängte Bußgeld, rechtmäßig von der zuständigen Aufsichtsbehörde verhängt wurde.36 Seit 1. Januar 2020 wird in § 56 Abs. 3 GwG das Höchstmaß für ein Bußgeld benannt. Dieses Höchstmaß gilt dann, wenn die begangene Zuwiderhandlungen gegen Anforderungen des Geldwäschegesetzes zusätzlich als schwerwiegend, wiederholt oder systematischer Verstoß angesehen wird. Im Übrigen kommen die in § 56 Abs. 1 Satz 2 GwG und § 56 Abs. 2 Satz 2 GwG genannten Bußgelder zur Anwendung. Das jeweilige Höchstmaß kann durch Umsetzung entsprechender Anforderungen des Geldwäschegesetzes gemindert werden. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass jede einzelne Verfehlung mit einer Geldbuße belegt werden kann. Folglich kann die Summe der jeweils erhobenen Bußgelder für alle begangenen Verstöße auch deutlich über diesen Betrag hinausgehen. Zur Ermittlung der Höhe des Bußgeldes wird an dieser Stelle auf Abschn. 4.1 verwiesen. Die Regelung des § 56 Abs. 1 und 2 GwG stellt als Adressat der Ordnungswidrigkeit ganz allgemein gehalten auf „wer“ ab. Normenadressaten sind unter Berücksichtigung von § 2 Abs. 1 GwG die Verpflichteten, sofern sie in Ausübung ihres Geschäfts oder Berufs handeln. Die Abgrenzung zwischen Geschäft und Beruf ist auf die unterschiedlichen Gruppen von Verpflichteten zurückzuführen, etwa den Rechtsanwälten, Notaren oder Wirtschaftsprüfern, die in Ausübung ihres Berufes als Verpflichtete des Geldwäschegesetzes gelten. Die Erfüllung der Sorgfaltspflichten als auch die internen Sicherungsmaßnahmen stellen ebenfalls auf den Verpflichteten als solches ab. Folgerichtig ist der primäre Adressat eines Bußgeldes im Sinne des Geldwäschegesetzes der Verpflichtete selbst, vorliegend der Güterhändler, der in Ausübung seiner geschäftlichen Tätigkeit handelt. Handelt es sich bei dem Güterhändler um eine juristische Person oder eine Personengesellschaft, dann kann unter Anwendung von § 30 Abs. 1 OWiG das Bußgeld auch gegen das Organ als Vertreter dieser Person verhängt werden. Zur Erschließung der tatsächlichen Tragweite ist ein Blick in die Regelungen der §§ 9, 30 und 130 OWiG erforderlich. Hier wird eine Haftungskette begründet, die sowohl auf die vertretungsberechtigten Organe

36Oberlandesgericht

Frankfurt am Main, Beschluss vom 10. April 2018, Az.: 2 Ss-Owi 1059/17.

4.1  Rechtliche Risiken

87

als auch auf die juristische Person oder Personengesellschafter bis hin zu deren Inhaber gerichtet ist. Handelt es sich also bei dem Güterhändler um eine juristische Person, dann ist diese zwar primär der Empfänger des Bußgeldes im Sinne von § 56 GwG. In Anwendung von § 9 Abs. 1 OWiG wirken sich die vom Verpflichteten zu erfüllenden Anforderungen auch auf den Vertreter aus. Das heißt, dass die natürliche Person, a) die als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder Mitglied eines solchen Organs, b) als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder c) als gesetzlicher Vertreter eines anderen handelt, sich auch die Erfüllung der rechtlichen Anforderungen des von ihm Vertretenen zurechnen lassen muss. Damit obliegt es dieser natürlichen Person das in ihrer Verantwortung stehende zu tun, um die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Insofern ist es in der Verantwortung des Vertreters die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Anforderungen des Geldwäschegesetzes beim Güterhändler in angemessener Art und Weise umzusetzen. Ergänzt wird diese Regelung durch § 9 Abs. 2 OWiG, der die Haftung zusätzlich auf solche natürliche Personen erstreckt, die von einem Inhaber eines Betriebes oder einem anderen befugten Vertreter damit a) beauftragt sind den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder b) ausdrücklich beauftragt sind, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebes obliegen. Insofern könnte neben den Geschäftsführern eines Güterhändlers möglicherweise auch ein bestellter Geldwäschebeauftragter zum erweiterten Personenkreis gehören, wenn er die Verstöße gegen das Geldwäschegesetz aufgrund seines eigenen Verhaltens zu verantworten hat. Dafür spricht auch der mit dem Geldwäscheoptimierungsgesetz eingeführte und unter anderem dahingehend begründete Regelungsgedanke, dass der Geldwäschebeauftragte die Alleinzuständigkeit für die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in seinem Unternehmen hat und außerdem für die Implementierung und Überwachung der Einhaltung sämtlicher geldwäscherelevanter Vorschriften im Unternehmen zuständig ist.37 Diese Norm wurde im Zuge der Novellierung mit Einführung des § 7 Abs. 1 GwG fortgeführt.38 In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass § 7 Abs. 1 GwG keine zwingende Bestellung eines Geldwäschebeauftragten bei Güterhändlern vorsieht. Gleichwohl besteht über § 7 Abs.

37Vgl. 38Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 33. BT-Drucks. 18/11555, S. 113.

88

4  Risiken für Güterhändler

3 GwG die Ermächtigung der zuständigen Aufsichtsbehörde die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten anordnen zu können, wenn sie dies für angemessen erachten. Auf Basis dieser Regelung haben bereits zahlreiche Bundesländer eine Allgemeinverfügung erlassen, die eine Bestellung eines Geldwäschebeauftragten bei Güterhändlern unter bestimmten Voraussetzungen verlangt. Für weitere Ausführungen zum Geldwäschebeauftragen wird auf Abschn. 7.3 verwiesen. Um den Kreis der möglichen Adressaten zu schließen, ist ferner die Bezugnahme auf § 130 OWiG erforderlich. Hiernach kann auch der Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens für das Unterlassen der ihm obliegenden Aufsichtsmaßnahmen mit einer Geldbuße belegt werden. Dies ist dann möglich, wenn durch seine gehörige Aufsicht die Zuwiderhandlung gegen das Geldwäschegesetz hätte verhindert oder wesentlich erschwert werden können. Die von der zuständigen Aufsichtsbehörde zu treffenden Maßnahmen beschränken sich nicht allein auf die Verhängung eines Bußgeldes. Mit dem Geldwäscheoptimierungsgesetz wurden die zuständigen Aufsichtsbehörden auch mit der Kompetenz ausgestattet, die Geschäfts- oder Berufsausübung desjenigen zu untersagen, der gegen die Bestimmungen des Geldwäschegesetzes verstößt.39 Wobei der Schwellenwert für eine solche Maßnahme bewusst niedriger sein soll als im übrigen Gewerberecht.40 Diese Möglichkeit wird auch nach der Novellierung in § 51 Abs. 5 GwG fortgeführt. Es wird auf die weiteren Ausführungen in Abschn. 4.1.3 verwiesen. Nicht unerwähnt bleiben soll die Möglichkeit zur Durchführung von Prüfungen durch die zuständige Aufsichtsbehörde. Gleichzeitig dürfen zuständige Aufsichtsbehörden auch alle übrigen geeigneten und angemessenen Maßnahmen, einschließlich Anordnungen treffen, um die Einhaltung des Geldwäschegesetzes sicherzustellen.

4.1.2 Risiken aus dem Strafgesetzbuch In Bezug auf die Verhinderung von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung ist aber nicht nur das Geldwäschegesetz einschlägig. Das Strafgesetzbuch enthält ebenfalls Regelungen, die sich auf der Rechtsfolgenseite als Risiko für jedermann und dementsprechend auch für Güterhändler auswirken. Von herausgehobener Bedeutung dabei ist § 261 StGB der im folgenden Kapitel (Abschn. 4.1.2.1) eingehend betrachtet wird. Ferner ist die Anordnung eines Berufsverbots gemäß § 70 StGB als potentielle strafrechtliche Maßnahme im Bereich der rechtlichen Risiken zu berücksichtigen (Abschn. 4.1.2.2). Dabei sollen die Risiken aus § 89c StGB – Terrorismusfinanzierung – nicht unberücksichtigt bleiben (Abschn. 4.1.2.3).

39Vgl. 40Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 37. BT-Drucks. 17/6804, S. 38.

4.1  Rechtliche Risiken

89

4.1.2.1 Risiken aus § 261 Strafgesetzbuch Der § 261– Geldwäsche – wurde durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992 im Strafgesetzbuch eingefügt.41 Seitdem wurde der Inhalt des § 261 StGB fortlaufend angepasst und erweitert. Zeitnah nach der Einführung der Regelung wurde die Überschrift wie folgt gefasst: Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte

um so dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Gegenstand einer Geldwäsche eben nicht nur Geld, sondern jeder andere Vermögenswert sein kann, unabhängig davon, ob es sich um eine bewegliche oder unbewegliche Sache oder eine Forderung handelt.42 Aus sprachlichen Gründen wurde in der Überschrift dann auf die „unrechtmäßig erlangten“ Vermögenswerte abgestellt.43 Grundlage für die Anwendbarkeit des § 261 StGB ist das Vorliegen verschiedener Voraussetzungen. Zunächst muss es sich um einen „Gegenstand“ mit einem Vermögenswert handeln. Ein Vermögensgegenstand im Sinne der Regelung umfasst Sachen und Rechte, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich um eine bewegliche Sache wie zum Beispiel Geld, Edelmetall oder Edelsteine oder um eine unbewegliche Sache wie beispielsweise Grundstücke, Immobilien oder Rechte an solchen bzw. um Forderungen sowie Rechte (Beteiligungen an Unternehmen, Wertpapiere) handelt.44 Wie bereits der Wortlaut des § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB erkennen lässt, muss der Gegenstand aus einer „rechtswidrigen Tat“ herrühren. Der Begriff „Herrühren“ wurde vom Gesetzgeber mit § 261 StGB neu eingeführt und soll eine Kette von Verwertungshandlungen erfassen, bei welcher der ursprüngliche Gegenstand unter Beibehaltung eines Wertes durch einen anderen ersetzt wird.45 Der Begriff „Herrühren“ soll zum einen sicherstellen, dass der Zugriff nicht schon nach dem „Waschvorgang“ verloren geht.46 Diese Regelung bewirkt, dass ein Zugriff auch auf Ersatzgegenstände (Surrogate) möglich ist, also eben jene Gegenstände mit Vermögenswert, die der Täter im Rahmen seiner Transaktionen zur Platzierung und Verschleierung bis hin zur Integration erlangt hat [3, § 261 StGB, Rn. 15]. Zum anderen soll der Rückgriff auf die Herkunft seine Grenze dort finden, wo der Wert des inkriminierten Gegenstandes durch Weiterverarbeitung im Wesentlichen auf eine selbständige Leistung eines Dritten zurückzuführen ist, um so zu vermeiden, dass der legale Wirtschaftsverkehr in

41BGBl.

I 1992, S. 1302. ­ T-Drucks. 12/989, S. 27. B 43Vgl. BT-Drucks. 13/8651, S. 10. 44Vgl. BT-Drucks. 12/989, S. 27. 45Vgl. BT-Drucks. 12/989, S. 27. 46Vgl. BT-Drucks. 12/989, S. 27. 42Vgl.

90

4  Risiken für Güterhändler

Tab. 4.2  Kategorisierung der Vortaten im Sinne des § 261 StGB Regelung des StGB

Erläuterung

§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1

Verbrechen – umfasst alle rechtswidrigen Taten im Sinne des Strafgesetzbuches, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe oder mehr bedroht sind

§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a)

Vergehen in Form der Bestechlichkeit – stellt ab auf die Annahme einer Gegenleistung durch einen Amtsträger oder einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten für die (künftige) Durchführung einer Diensthandlung – und in Form der Bestechung – stellt ab auf das Anbieten, das Versprechen oder die Gewährung einer Gegenleistung gegenüber einem Amtsträger oder einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten für die (künftige) Durchführung einer Diensthandlung

§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2b)

Vergehen mit Betäubungsmitteln – der gesamte Verkehr mit illegalen Betäubungsmitteln auf Ebene von Konsumenten und Kleindealern, mit Ausnahme des Besitzes

§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3

Fiskaldelikte – in Form des gewerbsmäßigen, gewaltsamen und bandenmäßigen Schmuggels; der gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Steuerhehlerei oder auch der Hinterziehung von Marktordnungsabgaben sowie die Erlangung von Direktzahlungen

§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4a)

Aufzählung von Vergehen aus wesentlichen Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität(Vgl. BT-Drucks. 13/6851, S. 11 f.) (wie Zuhälterei, Diebstahl, Erpressung, Betrug, Computerbetrug usw.), die gewerbsmäßig oder bandenmäßig begangen worden sind

§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4b)

Weitere Vergehen nach anderen gesetzlichen Regelungen wie die Einschleusung von Ausländern, missbräuchliche Asylantragstellung, insbesondere die Steuerhinterziehung, Marktmanipulation und Insiderhandel sowie die sogenannte Produktpiraterie, die gewerbsmäßig oder bandenmäßig begangen worden sind

§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5

Vergehen der Organisationsdelikte – im Rahmen der Bildung von kriminellen Vereinigungen oder terroristischen Vereinigungen und der damit verbundenen Verbrechen oder Vergehen, einschließlich der Terrorismusfinanzierung

§ 261 Abs. 8

Auslandstaten – Begehung einer den vorstehenden Vortaten entsprechenden Tat im Ausland, sofern die Tat auch im Ausland unter Strafe steht

Vortaten des Strafgesetzbuches nach Kategorien

kürzester Zeit mit einer Vielzahl von inkriminierten Gegenständen belastet wird.47 Mit anderen Worten, jedermann würde Gefahr laufen, über kurz oder lang zwangsläufig Gegenstände zu erwerben, die aus einer unrechtmäßigen Tat herrühren. 47Vgl.

BT-Drucks. 12/989, S. 27.

4.1  Rechtliche Risiken

91

Weiteres Anknüpfungskriterium ist das Vorliegen einer „Vortat“, die zu dem unrechtmäßig erworbenen Vermögenswert geführt hat. Welche rechtswidrigen Taten das sein können, wird in § 261 StGB abschließend aufgezählt und wie in Tab. 4.2 dargestellt untergliedert. Eine Aufstellung der einschlägigen Vortaten kann dem Anhang entnommen werden. Der mittlerweile recht umfangreiche Katalog an Vortaten soll einerseits die typischen Straftaten der organisierten Kriminalität einbeziehen und andererseits die Anwendbarkeit der Vorschrift in der Praxis verbessern.48 Gleichwohl hat der Gesetzgeber im Rahmen der Ergänzung in § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 b) StGB durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz zum Ausdruck gebracht, dass die Erweiterungen der Vortaten, die Defizite im Verhältnis zu der abschließenden Aufzählung von Delikten der FATF beseitigen soll.49 Insofern wird weiterhin daran festgehalten, den Katalog der Vortaten einer Geldwäsche nicht uferlos auszuweiten.50 Das belegt auch das Verhalten des Gesetzgebers, immer nur der jeweiligen Entwicklung folgend weitere Tatbestände in den Katalog der Vortaten aufzunehmen. Abzuwarten bleibt, wie der Gesetzgeber die Erste Strafrechtrichtlinie zur Geldwäscheabwehr zum Ende des Jahres 2020 in nationales Recht umsetzen wird und ob damit insbesondere eine Neufassung des § 261 StGB verbunden sein wird. In der praktischen Anwendung kann selbstverständlich niemand ad hoc beurteilen, ob eine Vortat im Sinne des § 261 StGB vorliegt oder nicht. Erhält der Güterhändler solche Informationen, die zu der Annahme veranlassen, dass der betreffende Vermögensgegenstand aus einer illegalen Handlung herrühren könnte, dann sollte auch vom Vorliegen einer Vortat und infolgedessen von einer Geldwäscheabsicht ausgegangen werden. Die vorstehenden Aufführungen sind erforderlich, um die nun folgende Darlegung zur Tathandlung im Sinne von § 261 StGB besser einordnen zu können. Selbst wenn der Güterhändler keine Absicht hat, Geldwäsche zu betreiben, kann er doch in den Anwendungstatbestand der Regelung fallen. Der Gesetzgeber hat § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB wie folgt gefasst: Wer einen Gegenstand, der aus einer in Satz 2 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, verbirgt, dessen Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Daraus lassen sich die in Tab. 4.3 genannten strafbaren Tathandlungen in Bezug auf den inkriminierten Vermögensgegenstand ableiten.

48Vgl.

BT-Drucks. 13/8651, S. 9. BT-Drucks. 17/4182, S. 5. 50Vgl. BT-Druck. 12/989, S. 27; vgl. BT-Drucks. 13/8651, S. 12. 49Vgl.

92

4  Risiken für Güterhändler

Tab. 4.3  Strafbare Handlungen im Sinne von § 261 StGB Nr.

Tathandlung

Beschreibung

1.

Das Verbergen

„Ist jede Tätigkeit, die mittels einer nicht üblichen örtlichen Unterbringung oder einer den Gegenstand verdeckenden Handlung den Zugang zum Tatobjekt erschwert.“ [3, § 261 StGB, Rn. 24, m. w. N.]

2.

Das Verschleiern der Herkunft

Umfasst alle irreführenden Handlungen, die das Ziel verfolgen, dem Gegenstand den Anschein einer anderen (legalen) Herkunft zu verleihen oder zumindest die wahre Herkunft zu verbergen. Der Gegenstand selbst wird nicht verschleiert

3.

Das Vereiteln oder Gefährdung

Eine Vereitelungshandlung ist jedes ursächliche Verhalten, durch das eine Besserstellung des Vortäters gegenüber den Strafverfolgungsbehörden erreicht wird Eine Gefährdungshandlung ist jedes ursächliche Verhalten, durch das eine konkrete Gefahr zur Behinderung der strafrechtlichen Maßnahmen herbeigeführt wird Zusammen auch als Vereitelungs- oder Gefährdungsvorsatz bezeichnet

a) der Ermittlung der Herkunft, b) der Auffindung, c) der Einziehung oder d) der Sicherstellung

Tathandlungen nach § 261 Abs. 1 StGB

Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Vortat von einer anderen Person begangen wurde, vielmehr ist auch eine Personenidentität eingeschlossen.51 Die Regelung richtet sich gegen jedermann, der eine der vorstehenden Handlungen in Bezug auf einen Gegenstand begeht, der aus einer rechtswidrigen Tat stammt. Die folgenden Beispiele dienen zur besseren Einordnung des Begriffs „Verbergen“: Verbergen

Der inkriminierte Gegenstand wird versteckt. Der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat wird außer Landes geschafft. Der Gegenstand wird an eine andere Person, die in die Tat nicht involviert war, weitergegeben. Das illegal erlangte Geld wird in einem Bankschließfach deponiert. ◄ Die „Verschleierung der Herkunft“ kann mit folgenden Beispielen erklärt werden:

51Vgl.

BT-Drucks. 13/8651, S. 10.

4.1  Rechtliche Risiken

93

Verschleierung der Herkunft

Es wird eine sogenannte doppelte Buchführung vorgenommen. In der einen werden die tatsächlichen Erträge des Geschäfts erfasst und in der offiziellen die Erträge, die gegenüber dem Finanzamt erklärt werden. Gelder aus illegalen Geschäften wie Drogenhandel werden über legal betriebene Geschäfte wie Waschsalons oder Spielhallen gewaschen. Die inkriminierten Gelder werden zum Kauf von leicht wiederverkäuflichen Gütern wie Autos oder Edelmetalle verwendet. ◄ Der bereits sehr weite Anwendungsbereich wird mit § 261 Abs. 2 StGB noch darüber hinaus erstreckt. Zum einen soll es die Regelung unmöglich machen, den inkriminierten Gegenstand in den legalen Wirtschaftsverkehr einzubringen und damit praktisch verkehrsunfähig machen.52 Dieser Aspekt wird mit § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB erreicht, der bereits das Verschaffen oder das Verwenden von solchen inkriminierten Gegenständen als Straftatbestand regelt. Zum anderen soll mit § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB eine zusätzliche Nahtstelle zwischen dem illegalen und dem legalen Wirtschaftskreislauf durch einen Auffangtatbestand geschaffen werden, der in solchen Fällen Anwendung finden kann, in denen weder ein Verbergen oder Verschleiern vorliegt noch alternativ ein Vereitelungsoder Gefährdungsvorsatz nachgewiesen werden kann.53 Außerdem wird mit § 261 Abs. 3 StGB deutlich gemacht, dass allein der Versuch, eine der vorbenannten strafbaren Handlungen zu begehen, unter Strafe steht.54 Während die vorstehenden Straftaten nach § 261 Abs. 1 und 2 StGB jeweils einen Vorsatz erforderlich machen, gibt es mit § 261 Abs. 5 StGB aber auch eine Regelung, die auf Leichtfertigkeit abstellt. Bereits mit Einführung55 der in diesem Kapitel besprochenen strafbaren Handlung wurde die Folgende, auch heute noch nahezu wortlautidentische Regelung in § 261 Abs. 5 StGB aufgenommen, wobei lediglich „eines anderen“ im Jahr 1998 gestrichen wurde56: Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, daß der Gegenstand aus einer in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Der Gesetzgeber hob hervor, dass eine Ausdehnung des Straftatbestandes in den Anwendungsbereich der Leichtfertigkeit unabdingbar dafür sei, auftretenden Beweisschwierigkeiten zu vermeiden und eine wirksame Strafverfolgung der Geldwäscher

52Vgl.

BT-Drucks. 12/989, S. 27. BT-Drucks. 12/989, S. 27. 54Vgl. BT-Drucks. 12/989, S. 27. 55BGBl. I 1992, S. 1302, 1304. 56BGBl. I 1998, S. 845. 53Vgl.

94

4  Risiken für Güterhändler

sicherzustellen.57 An dieser Stelle wird zur Unterscheidung zwischen Vorsatz, Leichtfertigkeit und Fahrlässigkeit auf Abschn. 4.1.1 verwiesen. Die vorstehenden Darstellungen verdeutlichen, dass der weite Anwendungsbereich des § 261 StGB auch ein rechtliches Risiko für den Güterhändler birgt. Zumindest sei an dieser Stelle unterstellt, dass kein Güterhändler eine vorsätzliche Handlung im Sinne von § 261 Abs. 1 oder 2 StGB unternimmt oder versucht. Das rechtliche Risiko wird vor allem durch die Anwendbarkeit der Leichtfertigkeit begründet. Das folgende Beispiel aus der Praxis verdeutlicht dies: Praxisbeispiel

Der Güterhändler A handelt mit Sportwagen. Der Kunde B gibt an, einen Sportwagen für einen sechsstelligen Betrag erwerben zu wollen. Dem amtlichen Ausweis des Kunden B ist zu entnehmen, dass dieser erst vor kurzem volljährig geworden ist und in einem als sozial schwach eingestuften Bezirk wohnt. Der Kunde B will den gesamten Kaufpreis mit Bargeld in EUR 50 und EUR 100 Noten begleichen. Das Zusammenspiel der vorliegenden Informationen • Alter des Kunden • als sozial schwach eingestufter Wohnort • Art und Weise der Zahlungsweise begründeten den Verdacht auf Geldwäsche und führten zu einer Verdachtsmeldung. Die strafrechtlichen Ermittlungen ergaben, dass es sich bei dem Geld um die Erträge aus dem Handel mit Drogen handelte. ◄ Würde der Güterhändler die Transaktion ohne vorherige Verdachtsmeldung vornehmen, dann könnte hierin ein leichtfertiges Handeln im Sinne von § 261 Abs. 5 StGB liegen. Grund hierfür sind die offensichtlich untypischen Umstände des Einzelfalls, die gerade dagegen sprechen, dass der Kunde B das Geld zum Kauf eines Sportwagens auf legale Art und Weise verdient haben kann. Der Güterhändler muss hier die ihm sich aufdrängende Möglichkeit einer kriminellen Vortat berücksichtigten und darf diese gerade nicht vor dem Hintergrund des sich wohl lohnenden Geschäftsabschlusses aus besonderem Leichtsinn oder aus besonderer Gleichgültigkeit außer Acht lassen. Ein weiteres rechtliches Risiko liegt in dem Strafmaß des § 261 StGB. Die Darstellung aller juristischer Interpretationen und Facetten der Regelung würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Vielmehr sollen die vorstehenden Ausführungen die Gefahr der Begehung einer strafbaren Handlung in das Bewusstsein des verpflichteten Güterhändlers rücken und der Sensibilisierung dienen. Immerhin ist der Straftatbestand der

57Vgl.

BT-Drucks. 12/989, S. 27.

4.1  Rechtliche Risiken

95

Tab. 4.4  Strafmaß im Sinne des § 261 StGB Regelung

Strafmaßrahmen

§ 261 Abs. 1, 2 StGB

Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren

§ 261 Abs. 4 StGB

In besonders schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren

§ 261 Abs. 5 StGB

Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe

§ 261 Abs. 7 StGB

Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht können eingezogen werden

Strafmaß nach 261 StGB

Geldwäsche im Strafgesetzbuch nicht ausschließlich mit einer Geldbuße belegt, sondern vor allem mit Freiheitsstrafe. Je nach Sachverhalt und Anwendungsfall des § 261 StGB fällt die Höhe der Freiheitsstrafe unterschiedlich aus. Die Tab. 4.4 listet die in § 261 StGB genannten potentiellen Strafen auf. Das Risiko einer Freiheitsstrafe für den verantwortlichen Geschäftsführer ist mitunter existenzgefährdend für den Güterhändler. Dementsprechend schwer wiegt das hier beschriebene Risiko und entsprechend hoch muss es bei der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen zur Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung priorisiert werden. Sollte der Güterhändler trotz der getroffenen interner Sicherungsmaßnahmen feststellen, dass eine Transaktion ausgeführt wurde, die in den Anwendungsbereich der Strafvorschrift fallen könnte, dann sieht § 261 Abs. 9 StGB unter bestimmten Voraussetzungen eine strafbefreiende Wirkung vor. Eine sogenannte strafbefreiende Selbstanzeige verlangt die Erfüllung der in Tab. 4.5 genannten Anforderungen.

Tab. 4.5  Anforderungen an eine strafbefreiende Selbstanzeige im Sinne des § 261 Abs. 9 StGB Nr.

Anforderung

Gilt für Tathandlungen mit

1.

Die Tat wird freiwillig der zuständigen Strafverfolgungsbehörde angezeigt oder es wird freiwillig eine solche Anzeige veranlasst

Vorsatz oder Leichtfertigkeit

2.

Die Geldwäsche war zum Zeitpunkt der freiwilligen Anzeige

Vorsatz oder Leichtfertigkeit

a) weder ganz noch teilweise entdeckt oder b) der Täter nichts von der Entdeckung wusste und bei Würdigung der Sachlage auch nicht damit rechnen musste 3.

Die Sicherstellung des inkriminierten Gegenstandes bewirkt Vorsatz

Anforderung einer strafbefreienden Selbstanzeige

96

4  Risiken für Güterhändler

Die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige wird jedoch ausgeschlossen, wenn die betreffende Person den aus einer rechtswidrigen Tat stammenden Gegenstand in Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert.58 Die Tragweite der strafbereifenden Selbstanzeige sollte nicht unterschätzt werden. Immerhin hat sich der Gesetzgeber bewusst für die hieraus folgende Strafaufhebung als Vergünstigung entschieden, um so wirksam zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität beizutragen und außerdem einen Anreiz zur Anzeige von strafbaren Geldwäschevorgängen zu schaffen.59 Die strafbefreiende Wirkung erstreckt sich nicht nur auf die Person, die eine Anzeige erstattet, sondern eben auch auf die veranlassende Person. Infolgedessen kann bei einem Güterhändler, der in Form einer juristischen Person oder Personengesellschaft organisiert ist, sowohl der die Anzeige erstattende Geschäftsführer oder ein gegebenenfalls bestellter Geldwäschebeauftragter, als auch der die Anzeige veranlassende Mitarbeiter profitieren.60 Im Zusammenspiel mit der Verdachtsmeldung gemäß § 43 GwG besteht so die Möglichkeit, eine Haftung für eine strafrechtlich relevante Geldwäsche zu vermeiden. Deshalb ist es für den Mitarbeiter von entscheidender Bedeutung, dass er eine Rückmeldung darüber erhält, ob seine interne Verdachtsmeldung vom Güterhändler zum Anlass genommen wurde, eine Verdachtsmeldung gemäß § 43 Abs. 1 GwG vorzunehmen oder nicht. Da eine rein interne Verdachtsmeldung die Wirkung des § 261 Abs. 9 StGB nicht auslöst [3, § 261 StGB, Rn. 67], muss der Mitarbeiter die Möglichkeit haben, dennoch selbst eine entsprechende Selbstanzeige vorzunehmen. Die in der vorstehenden Tabelle unter Nr. 2 aufgeführten Voraussetzungen sollen insbesondere vermeiden, dass die Selbstanzeige in missbräuchlicher Art und Weise ausgenutzt wird.61 Etwa könnte der Täter versucht sein, nachdem er Kenntnis von entsprechenden Ermittlungen erlangt hat, quasi als rettende Maßnahme noch eine Selbstanzeige gemäß § 261 Abs 9 StGB abzugeben. Diese missbräuchliche Selbstanzeige hätte dann nicht den erhofften Effekt der Straffreiheit in Bezug auf § 261 StGB. Außerdem ist für die Frage einer strafbefreienden Wirkung entscheidend, ob die Handlung vorsätzlich oder leichtfertig erfolgt ist. Liegt ein vorsätzliches Handeln vor, dann muss der Täter zusätzlich dazu beitragen, dass die Sicherstellung des inkriminierten Gegenstandes herbeigeführt werden kann.62 Es kommt zumindest bei einer leichtfertig begangenen Geldwäsche nur darauf an, dass durch die Hinweise eine Sicherstellung möglich ist, ob sie tatsächlich erfolgt ist für die strafbefreiende Wirkung nicht mehr von Bedeutung [3, § 261 StGB, Rn. 69].

58Vgl.

BT-Drucks. 18/6389, S. 13. BT-Drucks. 12/989, S. 28. 60Vgl. ­BT-Drucks. 12/989, S. 28. 61Vgl. BT-Drucks. 12/989, S. 28. 62Vgl. BT-Drucks. 12/989, S. 28. 59Vgl.

4.1  Rechtliche Risiken

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Mit der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie wurde in § 43 Abs. 4 Satz 1 GwG folgende Regelung aufgenommen: (4) Wenn ein nach Absatz 1 gegenüber der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen gemeldeter Sachverhalt zugleich die für eine Anzeige nach § 261 Absatz 9 Satz 1 des Strafgesetzbuches erforderlichen Angaben enthält, gilt die Meldung zugleich als Selbstanzeige im Sinne von § 261 Absatz 9 Satz 1 des Strafgesetzbuches.

Die Aufnahme dieser Regelung schafft zusätzliche Rechtssicherheit für die Verpflichteten und die eine Verdachtsmeldung nach § 43 GwG abgebenden Personen. Mit der Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie hat Deutschland die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen als einzige zuständige Stelle für die Entgegennahme und die Beurteilung von Verdachtsmeldungen eingerichtet.63 Es ist deren Aufgabe, die Werthaltigkeit der Verdachtsmeldung zu analysieren und über die Weiterleitung an die zuständige Strafverfolgungsbehörde zu entscheiden.64 Allerdings bleibt weiterhin das Risiko, dass die zuständige Strafverfolgungsbehörde, die betreffende Verdachtsmeldung nicht als Strafanzeige im Sinne von § 261 Abs. 9 StGB einstuft, weil nach ihrem Ermessen, die Anforderungen an die Vollständigkeit gegebenenfalls nicht erfüllt sind.65

4.1.2.2 Risiken aus § 70 Strafgesetzbuch Bereits in Art. 12 GG wird das Grundrecht geregelt, dass alle Deutschen das Recht haben ihren Beruf frei zu wählen, wobei die Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden kann. Dies vorangestellt, gibt es in § 70 StGB eine dem entgegenstehende Regelung zur Anordnung des Berufsverbots. Eine Einschränkung auf ausgewählte Berufe oder Gewerbe sieht das Strafgesetzbuch nicht vor. Damit wird dem Richter die Möglichkeit eingeräumt ein Berufsverbot oder ein Verbot der Gewerbeausübung zu erteilen, um so die Allgemeinheit vor spezifischen, mit der Ausübung eines Berufs oder Gewerbes verbundenen Gefahren zu schützen [4, § 70, Rn. 9]. Dabei greift ein so verhängtes Berufsverbot in die durch Art. 12 GG gesicherte Berufsfreiheit mit zum Teil erheblichen Wirkungen für den Betroffenen ein. Dennoch verstößt dieser Eingriff zum Schutz der Allgemeinheit und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht gegen dieses Grundrecht [4, § 70, Rn. 8]. Wie dem Wortlaut der Regelung zu entnehmen ist, muss eine „rechtswidrige Tat“ vorliegen, um überhaupt den Anwendungsbereich des § 70 Abs. 1 StGB zu eröffnen. Eine rechtswidrige Tat liegt gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB nur dann vor, wenn der Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht ist. Im vorliegenden Kontext wäre ein Verstoß gegen § 261 StGB eine derartige rechtswidrige Tat. Daraus ergibt sich aber auch, dass eine

63Vgl.

BT-Drucks. 19/15196, S. 49. BT-Drucks. 19/15196, S. 49. 65Vgl. ­BT-Drucks. 19/15196, S. 49. 64Vgl.

98

4  Risiken für Güterhändler

bloße Begehung einer Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 56 GwG keine hinreichend Grundlage für ein Berufsverbot darstellt. Weiterhin muss die rechtswidrige Tat unter Missbrauch des Berufes oder Gewerbes begangen worden sein. Dass heißt, der Täter muss die ihm durch seinen Beruf oder sein Gewerbe gegebenen Möglichkeiten vorsätzlich zur Begehung der Straftat ausnutzen [4, § 70, Rn. 4]. Ein solcher Zusammenhang ist beispielsweise erfüllt, wenn Mandantengelder von einem Rechtsanwalt veruntreut wurden66, ein Drucker seinen Beruf zur Herstellung von Falschgeld anwendet oder ein Notar die auf einem Notaranderkonto befindlichen Gelder an den Mandanten auskehrt in Kenntnis der rechtswidrigen Herkunft67. Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen würde beispielsweise auch ein Güterhändler seinen Beruf oder sein Gewerbe missbrauchen, wenn er sich bewusst Diebesgut verschafft und dieses dann an Kunden verkauft. Auch ein Juwelier, der wissentlich Edelmetall aus rechtswidrigen Taten ankauft und das Material dann zur Herstellung von Schmuckstücken nutzt, würde wohl die Missbrauchsanforderung erfüllen. Alternativ zum Missbrauch, kann auch eine grobe Verletzung der Pflichten eine Grundlage für ein Berufsverbot sein. Neben den vorgenannten formellen Voraussetzungen muss die negative Prognose bestehen, dass die betreffende Person bei weiterer Berufsausübung weitere erhebliche rechtswidrige Taten in der bezeichneten Art begehen wird, demnach sein bisheriges rechtswidriges Verhalten fortsetzen wird [4, § 70, Rn. 6]. Hinsichtlich der Prognoseentscheidung muss auch eine Gesamtwürdigung des Täters und der Taten vorgenommen werden, um im Ergebnis im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine Entscheidung über ein Berufsverbot und dessen Dauer treffen zu können. Im Rahmen einer solchen richterlichen Beurteilung besteht das Risiko, dass die Ausübung des Berufes, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 StGB für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren untersagt wird. Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 StGB kann in seltenen Fällen, wenn die gesetzliche Höchstfrist von fünf Jahren zur Abwehr der vom Täter drohenden Gefahr nicht ausreichen sollte, ein lebenslanges Berufsverbot verhängt werden. Die Folge eines solchen wirksam gewordenen Berufsverbots wird für die betroffene Person unmittelbar spürbar. Jede weitere Betätigung in dem verbotenen Bereich stellt für sich genommen einen ebenfalls strafbewerteten Verstoß im Sinne von § 145c StGB dar. Ein solcher Verstoß kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Die Formulierung der Regelung lässt erkennen, dass auch jeder denkbare Form der Umgehung des Berufsverbots verhindert werden soll. So liegt auch ein Verstoß gegen das Berufsverbot vor, wenn der Täter den Beruf oder das Gewerbe für einen anderen ausübt oder durch eine andere von seinen Weisungen abhängige Person ausüben lässt.

66BGH 67BGH

vom 24. März 1999 – 3 StR 556/98. vom 14. Juli 2000 – 3 StR 454/99.

4.1  Rechtliche Risiken

99

4.1.2.3 Risiken aus § 89c Strafgesetzbuch Am 20. Juni 2015 ist mit § 89c StGB ein eigenständiger Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung mit einer Mindestfreiheitsstrafe eingeführt worden. Dadurch wurde die frühere Regelung des § 89a Abs. 2 Nr. 4 StGB a. F. ersetzt und es wurden alle der Finanzierung terroristischer Straftaten dienenden Taten an einer Stelle zusammengefasst, ohne diese künftig an einer Erheblichkeitsschwelle zu knüpfen.68 Die Vorschrift des § 89c Abs. 1 StGB erfasst das Sammeln, das Entgegennehmen und das zur Verfügung stellen zum Zweck der Finanzierung einer fremden Tat. Neben der Fremdbegehungsalternative wird in § 89 Abs. 2 StGB der Umstand berücksichtigt, dass die betreffenden Vermögenswerte zur Begehung einer eigenen Tat verwendet werden, die ihrerseits als eine terroristische Tat eingestuft werden. Vom Tatbestand der Terrorismusfinanzierung ausgenommen sind Alltagsgeschäfte, die auf der Erfüllung einer Rechtspflicht beruhen, etwa die Erfüllung der laufenden Gehaltszahlungen.69 Korrespondierend zur Norm des § 261 Abs. 8 StGB enthält § 89c Abs. 3 und 4 StGB Regelungen zu Auslandstaten. Die Voraussetzung des „Sammelns“ wird durch denjenigen erfüllt, der direkt auf einen Dritten dahingehend einwirkt, dass der Dritte ihm Vermögenswerte überlässt. Im Gegensatz dazu liegt das „Entgegennehmen“ vor, wenn der Täter von einem Dritten Vermögenswerte bereitgestellt bekommt, ohne dass der Täter den Dritten vorher angegangen ist. Der Tatbestand der Entgegennahme wäre bereits erfüllt, wenn der Dritte beispielsweise Bargeld in entsprechender Höhe an den Täter überreicht und dieser dadurch direkt in Besitz dieses Vermögengegenstands gelangt. Zur Erfassung aller Konstellationen ist auch die Zurverfügungstellung erfasst. Dieses liegt vor, wenn dem Täter entsprechende Vermögenswerte zugänglich gemacht werden, indem dieser die Verfügungsmacht darüber erhält, etwa durch Einräumung einer Vollmacht auf einem Zahlungskonto. Insofern wird hier der eine Terrorismusfinanzierung begehende Dritte erfasst, der aus seinem Vermögen entsprechende Vermögenswerte gegenüber dem Täter bereitstellt. Der Täter muss zudem die Absicht oder bereits das Wissen haben, dass die Vermögensgegenstände für die Durchführung einer terroristischen Tat im Sinne von § 89c Abs. 1 StGB verwendet werden. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die terroristische Tat tatsächlich begangen wird oder es versucht wird diese zu begehen. Als Strafmaß ist nach § 89c Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich eine Freiheitsstraße von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorgesehen. Auch wenn der Eingriff in die Freiheitsrechte nach Auffassung des Gesetzgebers mit den Vorgaben des Grundgesetzes vereinbar ist, so sehen § 89c Abs. 5 und 6 StGB zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit eine abgemilderte Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten bis zu fünf Jahren vor bzw. die Absehung von der Strafe bei einer entsprechend geringen Schuld vor.70

68Vgl.

BT-Drucks. 18/4087, S. 1. BT-Drucks. 18/4087, S. 12. 70Vgl. ­BT-Drucks. 18/4087, S. 12. 69Vgl.

100

4  Risiken für Güterhändler

4.1.3 Risiken aus der Gewerbeordnung Die Gewerbeordnung betont ebenfalls die Befolgung des Grundsatzes aus Art. 12 GG. Demnach hat gemäß § 1 Abs. 1 GewO jedermann das Recht ein Gewerbe zu betreiben, sofern nicht durch die Gewerbeordnung Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind. Eine solche Beschränkung ergibt sich aus § 35 GewO, der in die gleiche Stoßrichtung wie § 70 StGB hat. Die Gewerbeuntersagung folgt dem Zweck, die Öffentlichkeit, Lieferanten, Kunden sowie Arbeitnehmer vor Schäden zu schützen, die durch unzuverlässige Gewerbetreibende verursacht werden können. Wie bereits in Abschn. 3.4 dargelegt, handelt es sich bei einem Güterhändler um einen Gewerbetreibenden, der sein Gewerbe gemäß § 14 GewO gegenüber der zuständigen Behörde anzeigen muss. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Gewerbeordnung einige Gewerbezweige als „überwachungsbedürftige Gewerbe“ einstuft. Dieser Einstufung unterliegen gemäß § 38 Abs. 1 GewO auch einige ausgewählte Güterhändler. Als eine der Folgen daraus hat die zuständige Behörde unverzüglich nach Erstattung einer Gewerbeanmeldung eine Überprüfung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden vorzunehmen. Einstiegsvoraussetzung für eine Untersagung ist der Betrieb eines Gewerbes. Folglich kann ein nicht vorhandenes Gewerbe oder ein nur beabsichtigtes Gewerbe nicht untersagt werden. Weitere wesentliche Voraussetzung ist die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden bzw. des Vertretungsberechtigten oder der mit der Leitung des Gewerbes betrauten Person. Auch hier ist wiederum eine Gesamtschau der Person, seiner Erfahrungen und Fähigkeiten sowie seiner Sachkunde und seines Verhaltens erforderlich. Lässt die Betrachtung nicht den Schluss zu, dass die betreffende Person die Gewähr dafür bietet, dass sie das Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt, dann soll Unzuverlässigkeit vorliegen (siehe [5, § 35 GewO, Rn. 19]). Diesbezüglich müssen Tatsachen in der Vergangenheit eingetreten sein oder noch Bestehen, welche die Unzuverlässigkeit belegen. Auch im Rahmen der Gewerbeuntersagung wird ähnlich wie bei dem Berufsverbot eine negative Prognose bezüglich des künftigen Verhaltens des Gewerbetreibenden verlangt (siehe [5, § 35 GewO, Rn. 20]). Dabei können sich Tatsachen für die Begründung einer Untersagung eben auch aus verhängten Ordnungswidrigkeiten ergeben, weil der gewerbetreibende Güterhändler gegen die Vorschriften des Geldwäschegesetzes verstoßen hat. Selbstverständlich ist auch hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für die Untersagungsverfügung beachtlich. Anders als bei dem Berufsverbot, wo von vornherein eine Befristung des Verbots auf fünf Jahre vorgesehen ist, erfolgt die Untersagung der Gewerbeausübung dauerhaft, solange bis die Untersagung wieder aufgehoben wird. Zu diesem Zweck muss die betreffende Person einen Antrag bei der zuständigen Behörde stellen, die dann gemäß § 35 Abs. 6 GewO über die Aufhebung der Untersagung zu entscheiden hat. Eine Aufhebung einer Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit ist gemäß § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO nicht vor Ablauf eines Jahres ab dem Zeitpunkt der Verhängung möglich, es sei

4.2  Finanzielle Risiken

101

denn es liegen besondere Gründe hierfür vor. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass die Untersagung dem Grundsatz nach mindestens für ein Jahr oder mehr andauert. Kommt eine Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit gemäß § 35 GewO oder gar ein Berufsverbot gemäß § 70 StGB zur Anwendung, dann ist die Wirkung auf den Güterhändler erheblich. Die mit diesen Mitteln einhergehende Sanktionsmöglichkeit soll die betreffende Person dazu anhalten, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen und gerade nicht gegen diese zu verstoßen.

4.2 Finanzielle Risiken Ein Bestandteil der unternehmerischen Tätigkeit ist das bewusste Eingehen von finanziellen Risiken mit der Absicht einen Gewinn zu erzielen. Dabei wird regelmäßig vor allem an das eingesetzte Kapitel gedacht, welches benötigt wird, um die jeweiligen Güter selbst zu produzieren oder zu erwerben und anschließend mit Ertrag zu veräußern. Die dabei anfallenden Kosten sind vielfältig und schließen die Kosten für die Anschaffung von Maschinen zur Herstellung der Güter ebenso ein, wie die Lohnkosten, Mietkosten für Räumlichkeiten sowie Kosten des Vertriebes. Diese Vorfinanzierung stellt für jeden Unternehmer ein Risiko dar, das bei der Ermittlung des Verkaufspreises für die betreffenden Güter berücksichtigt wird. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass die für das betreffende Gut geschuldete Bezahlung möglicherweise nicht erfolgt, weil der Kunde nicht bezahlt (sogenanntes Ausfallrisiko). Daneben bestehen aber auch weitere finanzielle Risiken, die allzu oft in den Hintergrund treten, weil sie entweder nur sehr selten greifen oder aber die verbundenen Risiken gar nicht bekannt sind. Wie bereits bei den rechtlichen Risiken dargestellt, besteht im Kontext des Geldwäschegesetzes das finanzielle Risiko eines Bußgeldes für den Fall, dass die Sorgfaltspflichten nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt wurden oder keine angemessenen internen Sicherungsmaßnahmen bestehen, um präventiv gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorzugehen. Der Gesetzgeber regelt in § 56 Abs. 1 und 2 GwG, dass derjenige Verpflichtete des Geldwäschegesetzes ordnungswidrig handelt, der gegen die jeweiligen Regelungen vorsätzlich, leichtfertig oder fahrlässig verstößt. Für Güterhändler gilt, dass jeder einzelne vorsätzliche oder leichtfertige Verstoß gegen eine der bußgeldbewerten Pflichten, der zudem schwerwiegend, wiederholt oder systematisch im Sinne von § 56 Abs. 3 GwG ist, grundsätzlich mit einer Geldbuße bis zu EUR 1.000.000 oder dem Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils geahndet werden kann. Wobei die Ahndung von der für den Güterhändler zuständigen Aufsichtsbehörde durchgeführt werden kann. Die benannten Höchstgrenzen sind das vorläufige Ergebnis einer über die Jahre verfolgten Verschärfung des Bußgeldrahmens. Bereit mit dem Geldwäscheoptimierungsgesetz war die bis Ende 2011 enthaltene Differenzierung und Abstufung der Bußgelder zwischen leichtfertigen sowie vorsätz-

102

4  Risiken für Güterhändler

lichen Verstößen vom Gesetzgeber aufgeben worden.71 Ausgangspunkt war seinerzeit die Kritik im Prüfungsbericht der FATF, dass die Anzahl der von aufsichtsrechtlicher Seite sanktionierten Verstöße zu gering und die Bußgeldhöhe nicht ausreichend hoch sei [1, Tz. 838, 839, 847, 855-2. und 3. Aufzählungspunkt]. In diesem Zusammenhang ist ein weiterer Kritikpunkt der FATF zu berücksichtigen, der die effektiv nicht existierende Aufsicht im Bereich des Nicht-Finanzsektors betrifft, obwohl der rechtliche Rahmen für eine Beaufsichtigung zum Beispiel der Immobilienmakler oder Güterhändler vorhanden wäre [1, Tz. 1002]. Diese Feststellung veranlasste die FATF zu der Empfehlung, dass klare Regelungen bezüglich der zuständigen Aufsichtsbehörden für den Bereich der Immobilienmakler und Güterhändler zu treffen sind, sowie eine angemessene Personalausstattung zur Erfüllung der Aufsichtspflichten notwendig ist [1, Tz. 1005-1. Aufzählungspunkt und Bewertung zu Empfehlung 24 und 25]. Vor diesem Hintergrund wurden seit dem Jahr 2010 in allen Bundesländern individuelle Regelungen zur jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde für Güterhändler getroffen (siehe Abschn. 4.3). Nachdem nunmehr die Zuständigkeit geregelt ist und die jeweiligen Ressourcen der zuständigen Aufsichtsbehörden bereitstehen, sind insbesondere seit Beginn des Jahres 2012 Aktivitäten der zuständigen Aufsichtsbehörden im Bereich der Güterhändler zu verzeichnen. Mit anderen Worten, die Einhaltung der Regeln des Geldwäschegesetzes im Nicht-Finanzsektor wird durch die zuständigen Aufsichtsbehörden wahrgenommen. Deshalb muss damit gerechnet werden, dass über kurz oder lang eine Prüfung einer zuständigen Aufsichtsbehörde erfolgt, die möglicherweise in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren endet. Die Eintrittswahrscheinlichkeit der Sanktionierung einer mangelnden Umsetzung des Geldwäschegesetzes nimmt zu. Unter Berücksichtigung der Regelung der Zuständigkeiten sowie nach Abschluss der grundlegenden Aufbaumaßnahmen der zuständigen Aufsichtsbehörden ist davon auszugehen, dass nunmehr der Bußgeldrahmen auch bewusst als Sanktionsmittel eingesetzt wird, um festgestellten Missständen bei Güterhändlern entgegenzutreten. Die vorstehenden Ausführungen werden durch die nationale Gesetzgebung zur Fünften Geldwäscherichtlinie bestätigt. Die schlussendlich vollzogene Neugliederung und Neufassung des § 56 Abs. 1 bis 3 GwG ist auf die Stellungnahme des Bundesrates zurückzuführen: Die im Referentenentwurf enthaltene Änderung von „leichtfertig“ in „fahrlässig“ ist beizubehalten. Damit wird die Festlegung der Abgrenzung von grober und leichter Fahrlässigkeit entbehrlich. Der Nachweis und die Abgrenzung von grober und leichter Fahrlässigkeit ist für die Aufsichtsbehörden nur schwer möglich; mit dem Wegfall wird die Arbeit erleichtert und auch nachvollziehbarer. Das dient der Rechtsklarheit und somit auch den Betroffenen. Eine Erweiterung der Bußgeldvorschriften ist unerlässlich. Eine Abgrenzung zwischen Leichtfertigkeit und einfacher Fahrlässigkeit ist bei den betroffenen Tatbeständen oftmals

71BT-Drucksache

17/6804, S. 38.

4.2  Finanzielle Risiken

103

schwierig und die Differenzierung mit den ausdifferenzierten europarechtlichen Sanktionsvorgaben nicht vereinbar.72

Hatte bereits die nationale Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie eine signifikante Verschärfung der Bußgeldvorschriften nach sich gezogen, so bringt die Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie die nächste Ausdehnung mit sich. Für die eigene Risikobewertung führt dies in der Praxis dazu, dass bei der Bewertung zunächst vom jeweils anwendbaren Höchstmaß in Höhe von bis zu EUR 1.000.000 oder dem Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils ausgegangen werden kann. Da es sich bei § 56 Abs. 1 GwG auch in Verbindung mit § 56 Abs. 3 GwG um eine Regelung handelt, die sowohl auf vorsätzliches als auch auf leichtfertiges Handeln abstellt ohne dabei hinsichtlich des Höchstmaßes zu unterscheiden, ist bei der Bemessung des Bußgeldes auch die Regelung des § 17 OWiG einschlägig. Auch wenn nach dem Wortlaut des § 17 OWiG nur von „vorsätzlich“ und „fahrlässig“ gesprochen wird, dann ändert dies nichts an der Anwendbarkeit. Wie bereits weiter oben dargestellt, ist die Leichtfertigkeit als „Unterform“ der Fahrlässigkeit einzustufen und bedarf deshalb keiner gesonderten Regelung (vgl. hierzu auch [2, § 17, Rn. 26]). Liegt dem begangenen Verstoß ein leichtfertiges Handeln zugrunde, dann kann gemäß § 17 Abs. 2 OWiG folglich maximal der halbe Höchstbetrag der Geldbuße für eine Ahnung herangezogen werden, also maximal EUR 500.000 bzw. der aus dem Verstoß gezogene wirtschaftliche Vorteil. An dieser Stelle wird nochmal betont, dass jeder einzelne Verstoß mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Werden beispielsweise zehn Fälle festgestellt, in denen die rechtlichen Anforderungen des Geldwäschegesetzes nicht, nicht richtig, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erfüllt wurden, und erfüllen die Fälle zudem eines der weiteren Kriterien – schwerwiegend, wiederholend oder systematisch – dann kann in allen diesen zehn Fällen jeweils ein Bußgeld als Sanktion gegen die Zuwiderhandlung festgelegt werden. Der finanzielle Schaden für den Güterhändler, kann demnach den Höchstwert für eine Ordnungswidrigkeit von um ein Vielfaches übersteigen. Die erhebliche Diversifizierung der zuständigen Aufsichtsbehörden (siehe Abschn. 4.3) im gesamten Bundesgebiet erhöht das finanzielle Risiko zusätzlich, insbesondere dann, wenn tatsächlich mehr als nur eine einzige Aufsichtsbehörde für ein und das gleiche Unternehmen zuständig ist. Für jeden Güterhändler mit mehr als einem Standort im Bundesgebiet bedeutet dies, dass nicht nur das finanzielle Risiko zunimmt, dass ein Bußgeld von einer zuständigen Aufsichtsbehörde verhängt wird. Vielmehr potenziert sich das finanzielle Risiko, weil der Güterhändler damit rechnen muss, dass von jeder einzelnen am jeweiligen Standort zuständigen Aufsichtsbehörde ein Bußgeld verhängt werden kann. Hintergrund hierfür ist, dass jede zuständige Aufsichtsbehörde rechtlich eigenständig handeln kann. Dann wird aus einem Bußgeld in Höhe von zum Beispiel EUR 5000 für einen Standort schnell ein Gesamtbetrag von Bußgeldern

72Vgl.

BR-Drucks. 352/19 (Beschluss), S. 30.

104

4  Risiken für Güterhändler

Tab. 4.6  Aufzählung der für Güterhändler zuständigen Aufsichtsbehörden im Sinne von § 50 Nr. 9 GwG Bundesland

Zuständige Aufsichtsbehörde

Anzahl der zuständigen Aufsichtsbehörden

Baden-Württemberg

Regierungspräsidien

4

Bayern

Regierung

2

Berlin

Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung

1

Brandenburg

Ministerium für Wirtschaft und 1 Europaangelegenheiten

Bremen

Ortspolizeibehörden

2

Hamburg

Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation

1

Hessen

Regierungspräsidien

3

Mecklenburg-Vorpommern

Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus

1

Niedersachsen

Region Hannover; Landkreise und kreisfreie Städte

46

Nordrhein-Westfalen

Bezirksregierungen

5

Rheinland-Pfalz

Kreisordnungsbehörden (Land- 36 kreise und kreisfreie Städte)

Saarland

Landesverwaltungsamt

1

Sachsen

Landesdirektion Sachsen

1

Sachsen-Anhalt

Landesverwaltungsamt

1

Schleswig-Holstein

Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie

1

Thüringen

Landesverwaltungsamt

1

Anzahl der zuständigen Behörden im gesamten Bundesgebiet

107

Zuständige Aufsichtsbehörden für Güterhändler

in Höhe von zum Beispiel EUR 50.000, wenn 10 verschiedene Aufsichtsbehörden zuständig sind. Neben dem Risiko der Verhängung eines Bußgeldes aufgrund einer begangenen Ordnungswidrigkeit besteht aber noch ein weiteres finanzielles Risiko für den Güterhändler. Handelt es sich bei der Verletzung des Geldwäschegesetzes nicht nur um einen leichtfertigen Verstoß, sondern wurde vorsätzlich gegen eine der anwendbaren Regelungen verstoßen, dann besteht zusätzlich die Gefahr der Einziehung gemäß § 74 StGB der aus der Straftat erlangten Vermögenswerte. Das heißt, der im Rahmen einer

4.3  Operationelle Risiken

105

Transaktion erzielte Erlös kann vollständig beschlagnahmt werden. Dementsprechend wäre nicht nur ein Bußgeld zu entrichten, sondern auch der gesamte Verkaufserlös abzuführen. Damit sind aber immer noch nicht alle finanziellen Risiken berücksichtigt, die sich aus einer Verletzung der Pflichten des Geldwäschegesetzes ergeben können. So ist etwa auch eine Geldstrafe in § 261 Abs. 5 StGB vorgesehen, wenn eine Person leichtfertig nicht erkennt, dass ein Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt. Wie bereits in Abschn. 4.1.1 ausgeführt, sind auch die rechtlichen Risiken aus den §§ 9, 30 und 130 OWiG zu berücksichtigen. Über § 9 OWiG ist es grundsätzlich möglich auch eine Geldbuße gegenüber dem Geschäftsführer oder einer zur Vertretung des Güterhändlers berechtigten Person zu verhängen. Auch die Inhaber des Güterhändlers, also die Gesellschafter, werden über § 130 OWiG mit einer Geldbuße bedroht, sofern diesen ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen die Aufsichtsmaßnahmen nachgewiesen werden kann, der durch eine ordnungsgemäße und gehörige Aufsicht hätte verhindert, zumindest aber hätte erschwert werden können. Gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 OWiG ist immerhin eine Geldbuße bis zu einer Million Euro möglich, soweit das betreffende pflichtwidrige Verhalten mit einer Strafe bedroht ist. Viel bedeutsamer ist die Regelung des § 30 OWiG. Die drohenden Sanktionen sollen von vornherein eine abschreckende Wirkung entfalten, sodass die Verpflichteten zur Vermeidung dieser möglichen Strafen die Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung als alltägliche Aufgabe verstehen und angemessen umsetzen.

4.3 Operationelle Risiken Nachdem zuvor die rechtlichen und finanziellen Risiken vertieft betrachtet wurden, sollen an dieser Stelle auch die operationellen Risiken beleuchtet werden, die sich für einen Güterhändler angesichts der aktuellen gesetzlichen Regelungen in Bezug auf die Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ergeben. Als besonders wesentliches operationelles Risiko muss hierbei die aktuelle Aufsichtsstruktur eingestuft werden, wie die folgenden Ausführungen deutlich machen. Zwar zählen die Güterhändler seit erstmaligen Inkrafttreten des Geldwäschegesetzes zu dem Kreis der Verpflichteten des Gesetzes, aber bis einschließlich 2009 gab es wie im Prüfungsbericht der FATF festgehalten keine effektive Aufsichtsbehörde bezüglich der Durchsetzung der Anforderungen bei den Güterhändlern [1, Tz. 27]. Selbst der Gesetzgeber bestätigt, dass es seit Inkrafttreten des Geldwäschegesetzes im Jahr 1993, soweit es um die zuständigen Aufsichtsbehörden für den Nicht-Finanzsektor auf Landesebene gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 9 GwG geht, diese zuständigen Aufsichtsbehörden von vielen Ländern überhaupt erst im Jahr 2010 eingerichtet wurden.73 Insofern ist es auch

73Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 22.

106

4  Risiken für Güterhändler

überhaupt nicht verwunderlich, dass die breite Masse der Güterhändler sich der Tatsache gar nicht bewusst war, dass es hier spezielle rechtliche Regelungen zu beachten gibt. Es gab zwar gesetzliche Regelungen, jedoch wurden diese faktisch von keiner zuständigen Aufsichtsbehörde durchgesetzt. Infolgedessen waren alle Bundesländer von Seiten der Bundesregierung und des Bundesministeriums der Finanzen angehalten, der eigenen Regelungskompetenz für die nach § 50 Nr. 9 GwG zuständige Aufsichtsbehörde nachzukommen. Dass die Festlegung der zuständigen Aufsichtsbehörden durch die Bundesländer in Reaktion auf den politischen Drucks eher als Erfüllung einer Formalie behandelt wurde, dürfte nicht verwundern. Dabei kann wohl gesagt werden, dass schnell gehandelt wurde, ohne sich zu diesem Zeitpunkt die Folgen bewusst zu machen. Anders kann nicht erklärt werden, dass beispielsweise die tägliche Geldwäscheaufsicht auch mal in die Zuständigkeit eines Standesamtes gefallen ist.74 Auch wenn das betreffende Bundesland die Zuständigkeit in Folge des monatelangen Widerstands und der kommunalen Kritik neu regelte.75 Festgehalten werden kann, dass die Bundesländer höchst unterschiedliche Ansätze bei der Festlegung der zuständigen Aufsichtsbehörden gewählt haben. Die Tab. 4.6 verdeutlicht die unterschiedliche Umsetzung in Bezug auf das jeweilige Bundesland. Es gibt also mehr als 100 verschiedene zuständige Aufsichtsbehörden, die alle ein und das gleiche Ziel verfolgen, die Aufsicht nach dem Geldwäschegesetz über Güterhändler wahrzunehmen. Dies wäre wohl grundsätzlich auch unproblematisch, wenn wir wie im Bereich der Gewerbeordnung einheitliche Regelungen und Auslegungen sowie einheitliche Voraussetzungen hätten. Neben den Auswirkungen des Aufbaus von zuständigen Aufsichtsbehörden im ­Nicht-Finanzsektor kommt erschwerend hinzu, dass die Auslegung des Geldwäschegesetzes im relativ gut strukturierten und seit Anfang an beaufsichtigten Bereich des Banken- und Finanzsektors von zahlreichen Auslegungs- und Anwendungsentscheidungen begleitet wird, weil die gesetzlichen Regelungen offen gehalten und auslegungsbedürftig sind. Werden diese Erfahrungen aus dem Aufsichtsbereich der BaFin nunmehr auf den Bereich der Aufsicht über die Güterhändler transferiert, dann ist jedem schnell klar, dass hier ein Regelungschaos und Kompetenzgerangel herrschen muss. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auch auf die Ausführungen in Abschn. 3.4 verwiesen. Bereits dort wird deutlich gemacht, dass im Rahmen des Geldwäschegesetzes die Besonderheiten der Geschäftsaktivitäten im Nicht-Finanzsektor und insbesondere in Bezug auf Güterhändler, wenn überhaupt, dann nur unzureichend berücksichtigt werden, wenngleich doch die Anzahl der Güterhändler die Anzahl der Finanzunternehmen um ein vielfaches übersteigen dürfte.76 Die unzureichende Berücksichtigung der für

74Vgl.

Manuskript zur Sendung Monitor vom 9. August 2012, S. 1. Schleswig-Holstein vom 25. April 2013, S. 379. 76Vgl. DIHK, Stellungnahme zum Bericht der Kommission Geldwäscherichtlinie, 13. Juni 2012, S. 1 f. 75GVOBl.

zur

Evaluierung

der

4.3  Operationelle Risiken

107

Güterhändler anwendbaren Besonderheiten, hat auch das federführende Bundesministerium der Finanzen im Rahmen der Vierten und der Fünften Geldwäscherichtlinie erneut erfahren müssen. Die in den Referentenentwürfen enthaltenden Regeln, hatten eben die für Güterhändler anwendbaren Besonderheiten unberücksichtigt gelassen, dass beispielsweise Güterhändler keine Geschäftsbeziehungen im Sinne des Geldwäschegesetzes begründen, dass Güterhändler in Ermangelung einer geldwäscherechtlichen Geschäftsbeziehung keine Zweifel an früher erhobenen Daten zur Identität eines Vertragspartners haben können oder aber, dass Güterhändler keine gesetzlich normierte Pflicht zum Vorhalten einer Internen Revision haben, wie das im Finanzsektor der Fall ist, Mit anderen Worten, die Anwendung des Geldwäschegesetzes wurde auf die Güterhändler erstreckt, ohne sich im Prozess der Gesetzgebung mit den individuellen Besonderheiten dieses Geschäftssektors hinreichend zu befassen. Nur aufgrund der spezifischen Stellungnahmen zu den Referentenentwürfen, konnte eine über die Anforderungen der Vierten und Fünften Geldwäscherichtlinie hinausgehende nationale Regelung – sogenanntes Gold Plating – verhindert werden. Da ist es dann auch nicht verwunderlich, dass auch die nunmehr bestimmten zuständigen Aufsichtsbehörden im Nicht-Finanzsektor ihre Startschwierigkeiten hatten. Die zuständigen Aufsichtsbehörden hatten nach der Aufgabenzuweisung mehr als zwei Jahre benötigt, um die sie treffenden Pflichten aus § 16 Abs. 5 GwG a. F. zu erfüllen. Danach ist die zuständige Aufsichtsbehörde gesetzlich verpflichtet den Verpflichteten regelmäßig aktualisierte Auslegungs- und Anwendungshinweise für die Umsetzung der Sorgfaltspflichten und internen Sicherungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. So wurden in Zusammenarbeit der Bundesländer einheitliche Merkblätter erarbeitet und von den jeweiligen Aufsichtsbehörden in ihrem Zuständigkeitsbereich veröffentlicht. Bei den Merkblättern handelt es sich um: • Basisinformationen Geldwäschegesetz (GwG) – für Güterhändler, Immobilienmakler und andere Nichtfinanzunternehmen • Risikobasierte organisatorische Maßnahmen nach dem Geldwäschegesetz (GwG) – für Güterhändler, Immobilienmakler und andere Nichtfinanzunternehmen Die Merkblätter wurden nach der Novellierung des Geldwäschegesetzes im Rahmen der Bundesländer übergreifenden Abstimmung innerhalb von weniger als einem Jahr aktualisiert. In der Regel stellen die auf Ebene der Bundesländer zuständigen Aufsichtsbehörden im Internet weitere Informationen für die Verpflichteten bereit. Dabei ist den handelnden Vertretern der zuständigen Aufsichtsbehörden nicht mal ein Vorwurf zu machen. Letztlich haben die Bundesländer selbst ihre Kritik an der dezentralen Aufsicht kund getan.77

77Vgl.

BR-Drucks. 459/12 (Beschluss), S. 3 f.

108

4  Risiken für Güterhändler

Aber abgesehen von der mit den Merkblättern demonstrierten Einigkeit, werden dennoch teilweise unterschiedliche Wege beschritten. Allen voran ist hier zu nennen, dass nicht jede zuständige Aufsichtsbehörde von der Anordnungsbefugnis zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten nach § 7 Abs. 3 GwG gebrauch gemacht hat. Das bedeutet für einen Güterhändler mit nur einem Sitz im Bundesgebiet, dass dieser je nachdem, ob die zuständige Aufsichtsbehörde eine Allgemeinverfügung erlassen hat einen Geldwäschebeauftragten bestellen muss. Leider trifft diese Aussage nicht auf alle Güterhändler gleichermaßen zu. Anknüpfungskriterium für die Beurteilung der Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde ist, ob der jeweilige Standort in den örtlichen Zuständigkeitsbereich der betreffenden zuständigen Aufsichtsbehörde im Sinne von § 37 Abs. 1 OWiG fällt. Diejenigen Güterhändler, die mehrere Standorte im Bundesgebiet haben, unterliegen folglich auch mehreren zuständigen Aufsichtsbehörden. Dies wiederum hat zur Folge, dass ein Güterhändler der möglicherweise am Hauptsitz seines Unternehmens keiner Verpflichtung zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten unterliegt, dennoch einen Geldwäschebeauftragten bestellen muss, wenn dies an einem anderen Standort aufgrund einer entsprechenden Allgemeinverfügung durch die andere zuständige Aufsichtsbehörde gefordert wird. Jeder Güterhändler muss formal die Bestellung und Abbestellung eines Geldwäschebeauftragten gegenüber jeder einzelnen für ihn zuständigen Aufsichtsbehörde anzeigen, soweit eine Allgemeinverfügung erlassen wurde, die eine Bestellung erforderlich macht. Die Unterschiede in der Praxis gehen aber noch weiter. Unter Berücksichtigung der Hinweise zu Verdachtsmeldungen einer zuständigen Aufsichtsbehörde78 wäre demnach bereits dann eine Verdachtsmeldung erforderlich, wenn der Kunde mit einer Kreditkarte einer Offshore-Bank zahlt. Der eigentliche Zweck von Auslegungs- und Anwendungshinweisen sollte sein, Zweifel bei der Interpretation und der Anwendung gesetzlicher Regelungen zu beseitigen und nicht neue zu schaffen. Der vorstehende Punkt geht vollkommen an der Praxis vorbei. Zum einen handelt es sich bei dem Begriff „OffshoreBanken“, um keinen wie auch immer rechtlich bestimmbaren Begriff. Im Gegenteil, denn „Offshore“ ist eine Bank bereits dann, wenn Sie außerhalb von Deutschland ihren Sitz hat. Dementsprechend wären auch Kreditkarten von solchen Banken mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bereits als verdächtig einzustufen. An dieser Stelle soll gar nicht bestritten werden, dass die wohl landläufige Interpretation einer Offshore-Bank sich auf solche Institute erstreckt, die in solchen Ländern ansässig sind, in denen vor allem niedrige oder gar keine Ertrags- bzw. Vermögenssteuern anfallen und das Bankgeheimnis einen gewissen Schutz der Identität des Kontoinhabers sicherstellt. Hierzu ist zu sagen, dass zum einen das gesetzlich ungeschrieben Bankgeheimnis in Deutschland eine besondere Ausprägung der Pflicht der Bank ist, die

78Vgl. Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation Hamburg, Geldwäscheprävention – Hinweise zu Verdachtsmeldung vom 28. Juni 2017.

4.3  Operationelle Risiken

109

Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beeinträchtigen.79 Zum anderen ist die Anknüpfung an den Begriff „Offshore-Banken“ auch noch aus einem anderen Grund wenig zielführend. Im Jahr 2003 wurde das „Tax Justice Network“ (TJN) als Nichtregierungsorganisation ins Leben gerufen, um die Steuerhinterziehung sowie Steuer- und Kapitalflucht durch wirksame Regeln zu bekämpfen und eine gerechte Besteuerung zu erreichen. Das übergeordnete Ziel der TJN ist die Überwindung des weltumspannenden Schattenfinanzsystems, das schädliche Spekulation, Kapitalflucht, Korruption und Kriminalität fördert und dem Gemeinwesen weltweit jährlich Mittel in mehrstelliger Milliardenhöhe entzieht.80 An dieser Stelle sei daran erinnert, dass die Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO seit dem 1. Januar 2008 als Vortat der Geldwäsche im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4b StGB gilt. Nicht nur in Deutschland wird hieraus eine Vortat zur Geldwäsche abgeleitet, auf europäischer Ebene wurde am 23. Oktober 2018 die Erste Strafrechtrichtlinie zur Geldwäscheabwehr verabschiedet, die von allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bis Dezember 2020 in das jeweilige nationale Recht überführt werden muss. Die TJN hat im Jahr 2009 erstmalig den „Financial Secrecy Index – FSI“ („Schattenfinanzindex“) veröffentlicht. Im Jahr 2011 wurde ein weiterer Bericht veröffentlicht und erstmals auch Deutschland auf dem 9. Platz unter den Ländern mit der größten Schattenfinanzwirtschaft im weltweiten Vergleich gelistet. Am 30. Januar 2018 wurde die aktuellste Fassung des Schattenfinanzindex veröffentlicht, der immerhin 112 Länder umfasst. Die Tab. 4.7 beschränkt sich auf die „Top Ten“ der Länder mit der nach Einschätzung des TJN größten Schattenfinanzwirtschaft, wobei der Platz in Klammern, dem Rang aus dem Bericht für das Jahr 2015 abbildet. Es ist schon erstaunlich, dass Deutschland über die Jahre von Platz 9 auf Platz 7 nach oben geklettert ist. Nur noch Luxemburg steht einen Platz vor Deutschland. Alle diese Länder müssten in diesem Lichte als „Offshore-Finanzplätze“ eingestuft werden und die in diesen Ländern ansässigen Kreditinstitute wären „Offshore-Banken“ im Sinne der vorstehenden Hinweise zu Verdachtsmeldungen. Das würde bedeuten, jede Zahlung mit einer Kreditkarte die von einer in Deutschland ansässigen Bank ausgegeben wurde, müsste zu einer Verdachtsmeldung führen. Gar nicht auszudenken, was diese Anforderung in der Praxis für Folgen hätte, wenn sie denn tatsächlich durchgesetzt werden würde. Die von den zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder bereitgestellten Auslegungsund Anwendungshinweise sowie Informationen geben den Verpflichteten einen ersten Überblick, der wichtigsten Regelungen und der zu unternehmenden Maßnahmen.

79BGH

vom 24. Januar 2006, XI ZR 384/03, Rn. 38. Charta des Netzwerks Steuergerechtigkeit Deutschland, Juni 2013, S. 1; http://www. globalpolicy.org/images/pdfs/Charta_Netzwerk_Steuergerechtigkeit_D_-_2013-_Rev2.pdf. 80Vgl.

110

4  Risiken für Güterhändler

Tab. 4.7  Auszug aus dem Schattenfinanzindex – Financial Secrecy Index 2018 Platz

Staat

FSI-Wert

Geheimhaltung

Globale Gewichtung

1. (1)

Schweiz

1.589,57

76

4,50

2. (3)

USA

1.298,47

60

22,30

3. (5)

Cayman Islands

1.267,68

72

3,78

4. (2)

Hong Kong

1.243,67

71

4,16

5. (4)

Singapur

1.081,98

67

4,57

6. (6)

Luxemburg

975,91

58

12,13

7. (8)

Deutschland

768,95

59

5,16

8. (-)

Taiwan

743,37

76

0,50

9. (10)

Vereinigte ArabischeEmirate (Dubai)

661,14

84

0,14

10. (17)

Guernsey

658,91

72

0,52

Schattenfinanzindex – Financial Secrecy Index 2018 (Vgl. Tax Justice Network, Financial Secrecy Index vom 30. Januar 2018 http://www.financialsecrecyindex.com/)

Allerdings machen die vorstehenden Ausführungen deutlich, dass die Kommunikation der zuständigen Aufsichtsbehörden nicht immer dazu beiträgt, das Geldwäschegesetz für Güterhändler verständlich und anwendbar zu machen. Auf der einen Seite wird die Komplexität des Geldwäschegesetzes erkennbar. Auf der anderen Seite werden die praktischen Schwierigkeiten bei der Interpretation und Auslegung der Regeln und der teils rechtlich unbestimmten Begriffe ersichtlich. Das diese Unsicherheitsfaktoren ein operationelles Risiko für alle betroffenen Verpflichteten begründen, liegt deutlich auf der Hand. Nach dieser Betrachtung der faktischen Aufsichtspraxis wird an dieser Stelle auch die Möglichkeit zur Verhängung eines Bußgeldes erneut aufgegriffen. Gerade weil es unterschiedliche Zuständigkeiten gibt und es keine einheitlichen Regelungen zur Sanktionierung eines Verstoßes im Sinne von § 56 GwG gibt, kann es auch dazu kommen, dass ein vergleichbarer Verstoß in unterschiedlicher Höhe sanktioniert wird. Während die eine zuständige Aufsichtsbehörde die Ordnungswidrigkeit womöglich mit einem Bußgeld in Höhe von EUR 10.000 ahndet, können es bei einer anderen zuständigen Aufsichtsbehörde auch EUR 20.000 sein für den inhaltlich gleichen Verstoß oder auch gar kein Bußgeld und lediglich eine Verwarnung. Hintergrund für diese Abweichung ist der den zuständigen Aufsichtsbehörden zustehende Ermessensspielraum. Sie entscheiden in der anwendbaren Bandbreite, welches Bußgeld unter Berücksichtigung des jeweiligen Sachverhaltes im Einzelfall angemessen ist. Die dezentrale Aufsicht hat noch einen weiteren deutlichen Nachteil für alle Güterhändler im Verhältnis zu einer zentral durch die BaFin beaufsichtigten Bank, die ebenfalls im gesamten Bundesgebiet aktiv ist. Rein praktisch bedeutet die geteilte Aufsichtsstruktur, dass der Güterhändler nicht nur am juristischen Sitz des Unternehmens

4.3  Operationelle Risiken

111

geprüft wird, sondern auch an jedem einzelnen Standort. Der Güterhändler mit einem Filialnetzwerk im gesamten Bundesgebiet hat also nicht nur eine Prüfung durch eine zuständige Aufsichtsbehörde zu dulden, sondern im Zweifel jeweils eine Prüfung von jeder zuständigen Aufsichtsbehörde. Wie dargelegt, gibt es davon über 100. Dass der administrative Aufwand dabei schnell nennenswerte Größenordnungen erreichen kann, muss nicht extra betont werden. Aber ein noch viel schwerwiegender Aspekt wirkt sich für einen Güterhändler aus. Während das Kreditinstitut nur einen Bußgeldbescheid von der BaFin erhält, muss ein Güterhändler damit rechnen, dass er von jeder einzelnen für ihn zuständigen Aufsichtsbehörde, einen Bußgeldbescheid für die begangene Ordnungswidrigkeit erhält, also gerade nicht nur einen Bußgeldbescheid, um die Missstände zu sanktionieren und präventiv zur künftigen Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen beizutragen, sondern schlimmstenfalls sogar über 100 Bußgeldbescheide. Da kann dann nur darauf gehofft werden, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden sich tatsächlich untereinander abstimmen und die eine oder andere von ihnen auf einen entsprechenden Bußgeldbescheid verzichtet. Allerdings sollte bedacht werden, dass die jeweiligen Bußgelder gemäß § 90 Abs. 2 OWiG den Bundes- oder den Landeskassen zufließen, wie es auch von der Bundesregierung bestätigt wurde.81 Ob also die eine oder andere zuständige Aufsichtsbehörde tatsächlich von der Verhängung eines Bußgeldes Abstand nimmt, kann angesichts der individuell geführten Haushalte wohl bezweifelt werden. Mit der Novellierung am 26. Juni 2017 wurde mit § 51 Abs. 9 GwG die Pflicht zur Veröffentlichung statistischer Daten der Aufsichtstätigkeit eingeführt. Die personelle Ausstattung der zuständigen Aufsichtsbehörden im Nicht-Finanzsektor in den Jahren 2017 und 2018 kann der Tab. 4.8 entnommen werden. Während manche Bundesländer minimale Schwankungen aufzeigen, was dafür spricht, dass die Planstellen besetzt sind, haben insbesondere Hessen, Niedersachsen und Nord-Rheinwestfalen einen signifikanten Zuwachs zu verzeichnen gehabt. Allein die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen als solche erfordert den Aufbau entsprechender unternehmensinterner Strukturen, wenn sie nicht bereits vorhanden sind. Sowohl aus den Sorgfaltspflichten als auch aus den Organisationspflichten ergibt sich die Notwendigkeit für unternehmensbezogene Regelungen. Das gilt vollkommen unabhängig davon, ob der Güterhändler Transaktionen mit Bargeld über dem gesetzlichen Schwellenwert durchführt oder nicht. Letztlich muss berücksichtigt werden, dass jeder Güterhändler die Verpflichtung hat, im Falle von verdächtigen Transaktionen die geldwäscherechtlichen Regelungen zu erfüllen. Dies ist eben nur dann möglich, wenn die notwendigen Strukturen vorhanden sind. Deshalb müssen die Mitarbeiter hinsichtlich des Geldwäschegesetzes geschult werden, und das nicht nur einmal sondern regelmäßig. Außerdem muss die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter gewährleistet werden. Neben diesen beiden Beispielen gibt es weitere Punkte die vom Güterhändler erfüllt werden müssen,

81Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 54.

112

4  Risiken für Güterhändler

Tab. 4.8  Anzahl der Vollzeitäquivalente in den zuständigen Aufsichtsbehörden der Bundesländer sowie der für Notare, Rechtsanwälte und Steuerberater zuständigen Aufsichtsbehörden Bundesland

Anzahl in 2017

Anzahl in 2018

Baden-Württemberg

25

23,62

Bayern

23,23

24,36

Berlin

4,45

7,79

Brandenburg

4,2

4,69

Hansestadt Bremen

0,85

2,4

Hansestadt Hamburg

5,85

7,6

Hessen

9,8

20,46

Mecklenburg-Vorpommern

3,4

4,06

Niedersachsen

10,88

22,69

Nordrhein-Westfalen

17,65

72,11

Rheinland-Pfalz

11,49

16,09

Saarland

2

3,6

Sachsen

13,8

11,55

Sachsen-Anhalt

4,1

5,6

Schleswig-Holstein

6,75

8,15

Thüringen

3,22

3,45

Personelle Ausstattung der zuständigen Aufsichtsbehörden des Nicht-Finanzsektors (Vgl. BTDrucks. 19/12849, S. 13.)

um nicht Gefahr zu laufen, dass Sanktionsmaßnahmen vollzogen werden. Bei der operationellen Umsetzung gibt es zahlreiche Aspekte zu beachten und auch Hürden zu überwinden, um letztlich angemessene und prüfungsfeste Organisationsstrukturen aufweisen zu können. Dem operationellen Risiko kann daher nur mit einer effektiven internen Organisation sowie einer unternehmensweiten Umsetzung der festgelegten internen Sicherungsmaßnahmen begegnet werden. In jedem Fall sollte, selbst wenn dies von der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde nicht gefordert ist, ein Geldwäschebeauftragter bestellt werden, der sich eben dieser Organisation annimmt. Nur eine klare Zuweisung von internen Zuständigkeiten wird langfristig Erfolg versprechend sein, um den jeweiligen Risiken im Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu begegnen. Wenn aufgrund der Unternehmensgröße keine eigenen Ressourcen für einen Geldwäschebeauftragten infrage kommen, sollte eine Auslagerung auf erfahrene Dritte in Erwägung gezogenen werden (Abschn. 7.3.1). Was jedoch bleibt, ist das operationelle Risiko des Güterhändlers von wiederholt gleichen Prüfungen durch die unterschiedlichen zuständigen Aufsichtsbehörden.

4.4 Reputationsrisiken

113

4.4 Reputationsrisiken Neben den vorstehenden Risiken nimmt das Reputationsrisiko eine besondere Stellung ein. Gebräuchlich Synonyme für den Begriff Reputation sind auch Bezeichnungen wie der „gute Ruf“ oder der „gute Name“. Sie sind alle Ausdruck des Ansehens, dass sich ein Unternehmen über viele Jahre erarbeitet hat. Der Leumund einer Person oder eines Unternehmens sind ein nicht zu unterschätzender Faktor im Geschäftsleben. Die Reputation einer Person kann darüber entscheiden, ob mit ihr ein Geschäft abgeschlossen wird oder auch nicht. Dabei handelt es sich vor allem um eine subjektive Wahrnehmung in Bezug auf die betreffende Person. Die Reputation einer Person trägt dazu bei, ihr Vertrauen entgegenzubringen. Reputation wird aber nicht nur mit Vertrauen assoziiert sondern auch mit Zuverlässigkeit, Kontinuität und Glaubwürdigkeit sowie der Übernahme von Verantwortung. Mit zunehmender Zeit wird die Reputation daher auch ein besonders schützenswertes Gut für ein Unternehmen. Das folgende Zitat bringt dies sehr treffend auf den Punkt: It takes 20 years to build a reputation and five minutes to ruin it. If you think about that you’ll do things differently. (Warren Edward Buffett)

Wenn der Aufbau der eigenen Reputation also zwanzig Jahre in Anspruch nimmt und diese in nur wenigen Minuten zerstört werden kann, dann verwundert es nicht, wenn derjenige, der ein Unternehmen über viele Jahre aufgebaut hat, entsprechend vorsichtig abwägt welche Art von Geschäften eingegangen werden und welche von vornherein anderen überlassen werden. Die Reputation kann durch vielerlei Faktoren beeinträchtigt werden. Sollte der Güterhändler etwa gegen gesetzliche Anforderungen verstoßenen haben ist dies für sich allein genommen noch kein Ereignis, das die Reputation gefährdet. Allerdings in Kombination mit weiteren Umständen, wie der Verhängung einer Sanktion, die noch zudem öffentlich bekannt gemacht wird, kann sich das Blatt schnell wenden. Bereits der Gesetzgeber hat erkannt, dass jeder Fall des Missbrauchs zur Geldwäsche, der publik und medienwirksam sowie staatsanwaltschaftlich aufgearbeitet wird, für das betroffene Unternehmen nicht zuletzt aufgrund des drohenden Reputationsverlustes einen materiellen Schaden zur Folge haben kann.82 Mit der Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie wurde daher auch ein weiteres Instrument der Sanktionierung im Geldwäschegesetz aufgenommen. Nach § 57 GwG haben die zuständigen Aufsichtsbehörden, die von ihnen aufgrund von Verstößen gegen das Geldwäschegesetz verhängten bestandskräftigen Maßnahmen und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen in einem Register zu erfassen und auf ihrer Internetseite für die Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Veröffentlichung muss für die Dauer von fünf Jahren verfügbar sein. Diese Form des „naming

82Vgl.

BT-Drucks 16/9038, S. 23.

114

4  Risiken für Güterhändler

and shaming“ soll das Bewusstsein und die Sensibilität der Verpflichteten und der verantwortlichen Personen weiter schärfen. Das Risiko einer solchen Bekanntmachung soll ein zusätzliches Abschreckungssignal sein, um die Einhaltung der geldwäscherechtlichen Pflichten zu fördern. Das Risiko einer Schädigung der Reputation ist also eng verbunden mit anderen Risikogruppen. In Folge eines solchen schädigenden Ereignisses kann das aufgebaute Unternehmensprofil sowie die Außenwirkung eine Beeinträchtigung erfahren. Daher gilt es ständig achtsam in Bezug auf die eigenen Geschäfte zu sein. Insbesondere in den letzten Jahren war sehr gut zu beobachten, welchen Schaden die Finanzkrise bei den Banken hinterlassen hat. In jüngster Zeit machte vor allem der Skandal über Geldwäsche im Rahmen des sogenannten Korrespondenzbankengeschäft negative Schlagzeilen. In Folge der Erkenntnisse wurde zum Beispiel am 1. Oktober 2019 das gesamte Geschäft der Danske Bank in Estland eingestellt und abgewickelt83 und am 26. Februar 2018 hat die ABLV Bank aus Lettland sich in den Prozess der freiwilligen Abwicklung begeben84. Auch ein Güterhändler ist von seinen Kunden abhängig. Denn ohne Kundschaft gibt es auch kein Geschäft. Ebenfalls von Bedeutung ist die Reputation des Güterhändlers. Je nach dem in welchem Segment der jeweilige Güterhändler tätig ist, kommt der Reputation eine besondere Bedeutung zu. Insbesondere im Bereich des Handels mit Luxusgütern (Schmuck, Boote, Immobilien usw.) hat die Reputation einen sehr hohen Stellenwert. Dabei spielt der Aspekt des Vertrauens in Bezug auf die Verschwiegenheit sowie die Qualität der Produkte eine ganz entscheidende Rolle. Negative Presse ist daher regelrecht Gift für das Geschäft eines Luxusgüterhändlers. Immerhin gehören oft auch Personen aus der Öffentlichkeit zum Kundenstamm. Gerade diese Klientel will in keinem Fall mit einem Unternehmen in Verbindung gebracht werden, dass möglicherweise in illegale Geschäfte verwickelt ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob auch tatsächlich ein Gesetzesverstoß vorliegt oder die Nachricht lediglich Ergebnis einer gezielten Kampagne zur Schädigung des Rufes war. Die sensible Kundschaft wird sich vom Güterhändler abwenden und anderen Anbietern zuwenden. Der Schaden kann sich noch dadurch erhöhen, dass über viele Jahre hinweg Kundenbeziehungen in der Annahme gepflegt und aufgebaut wurden, dass sich diese später rentieren werden, ohne das diesem Handeln ein direkter Ertrag gegenüberstand, insbesondere dann, wenn in Folge eines solchen Vorfalls der Kunden diese Beziehung abrupt beendet. In der Folge müssen die Aufwendungen für die Etablierung der Kundenbeziehung abgeschrieben werden und können nicht durch entsprechende Erträge kompensiert werden. Auch für die Unternehmensplanung kann ein Wegbruch von tragenden Kundenbeziehungen zu einem

83https://danskebank.ee/en/about-the-bank/news/2019/danske-bank-closes-down-its-banking-

activities-in-estonia, Zugegriffen: 6. Januar 2020. 84https://www.ablv.com/en/press/2018-02-26-announcement-on-voluntary-liquidation-of-ablv-

bank-as-to-protect-the-interests-of-clients-and-creditors, Zugegriffen: 6. Januar 2020.

Literatur

115

bedeutsamen wirtschaftlichen Schaden für das Unternehmen führen. Daher sollte das Reputationsrisiko in keiner umfassenden Betrachtung fehlen. Die vorstehenden Kapitel haben aufgezeigt, welche allgemeinen Risiken sich aus dem Geldwäschegesetz sowie dem Strafgesetzbuch für einen Güterhändler ergeben. Nachfolgend wird aufgezeigt, wie Verpflichtete die Anforderungen des Geldwäschegesetzes umsetzen können, um die Eintrittswahrscheinlichkeit einer der oben beschriebenen Sanktionen zu verhindern. Eine der grundlegenden Maßnahmen ist die Erstellung einer individuellen Risikoanalyse, die Ausgangspunkt für das risikobasierte Handeln des Güterhändlers.

Literatur 1. FATF. 2010. Mutual Evaluation Report – Germany 19. Februar 2010. http://www.fatfgafi.org/ media/fatf/documents/reports/mer/MER%20Germany%20full.pdf. Zugegriffen: 6. Januar 2020. 2. Rengier, Rudolf. 2018. Karlsruher Kommentar zum OWiG, Hrsg. Wolfgang Mitsch, 5. Aufl. München: Beck. 3. Ruhrmannseder, Felix. 1. August 2019. Beck’scher Online-Kommentar StGB, Hrsg. Bernd von Heintschel-Heinegg, Bd. 44. München: Beck. 4. Stoll, Philipp. 1. November 2019. Beck’scher Online-Kommentar StGB, Hrsg. Bernd von Heintschel-Heinegg, Bd. 44. München: Beck. 5. Brüning, Christoph. 1. Juni 2019. Beck’scher Online-Kommentar StGB, Hrsg. Johann-Christian Pielow, Bd. 48. München: Beck.

5

Die Risikoanalyse

Bis zur Novellierung des Geldwäschegesetzes am 26. Juni 2017 gab es keine eindeutige Regelung, die die Erstellung und Aktualisierung einer Risikoanalyse verlangte. Gleichwohl war bereits vorher eine Risikoanalyse unumgänglich. Es mag auf den ersten Blick verwundern, dass der „Risikoanalyse“ ein eigenes Kapitel gewidmet wird. Die §§ 4 und 5 GwG statuieren die Pflicht zur Erstellung einer Risikoanalyse durch den Verpflichteten. Die Risikoanalyse stellt dabei den Kern für das risikobasierte Vorgehen des Verpflichteten dar.1 Dementsprechend ist es kein Zufall, dass die Gefährdungsanalyse von wesentlicher Bedeutung für jeden Verpflichteten des Geldwäschegesetzes ist. Im folgenden Abschnitt wird herausgearbeitet, dass eine substantiierte Risikoanalyse mehr als nur ein Dokument ist, um die geldwäscherechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Der Nutzen einer Risikoanalyse beschränkt sich nicht nur darauf, die spezifischen Risiken des Missbrauchs zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zulasten des Unternehmens zu erfassen, zu identifizieren, zu kategorisieren, zu gewichten und darauf aufbauend angemessene interne Sicherungsmaßnahmen zur Prävention zu treffen. Vielmehr können aus der Risikoanalyse gewonnene Ergebnisse und Erkenntnisse auch in die Weiterentwicklung der Geschäftsstrategie einfließen und berücksichtigt werden. Die in diesem Kapitel gemachten Ausführungen liefern einen Einblick in die Erstellung einer Risikoanalyse. Es werden vor allem die wesentlichen Komponenten dargestellt, die regelmäßig in einer Risikoanalyse behandelt werden sollten. Dabei werden nachfolgend keine Formulierungen vorgegeben, weil ein solches Vorgehen die spezifische Situation des jeweiligen Güterhändlers nur bedingt wiedergeben kann. Vielmehr wird ein Rahmen aufgezeigt, der Grundlage für die eigene unternehmensbezogene Risikoanalyse sein kann.

1Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 109.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 O. Bausch und T. Voller, Geldwäsche-Compliance, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17562-7_5

117

118

5  Die Risikoanalyse

Am 21. August 2008 trat das Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz2 in Kraft, mit dem die Dritte Geldwäscherichtlinie 2005/60/EG im deutschen Geldwäschegesetz umgesetzt wurde. In diesem Zusammenhang erfolgte die Abkehr von dem bisherigen regelbasierten Ansatz, der feste Vorgaben wie die Benennung von fest definierten Schwellenwerten für die Verpflichteten vorsah. Neu eingeführt wurde stattdessen der sogenannte „risikobasierte Ansatz“. Damit wurde eine flexible Normierung der den Verpflichteten auferlegten Sorgfaltspflichten in den Vordergrund gestellt. Grundlage sollte künftig die Risikoträchtigkeit der jeweiligen Transaktion oder Geschäftsbeziehung sein, nach der allgemeine, vereinfachte oder verstärkte Sorgfaltspflichten gegenüber Vertragspartner zu beachten sind.3 Der Gesetzgeber eröffnet damit jedem Verpflichteten einen Ermessensspielraum. In der damaligen Gesetzesbegründung zur Umsetzung der Dritten Geldwäscherichtlinie aus dem Jahr 2008 heißt es: Der den Interessen der Wirtschaft entsprechende risikoorientierte Ansatz der Dritten EG-Geldwäscherichtlinie verlangt von den Verpflichteten nicht in jeder Situation einen starren Pflichtenkatalog abarbeiten zu müssen. Vielmehr soll der Verpflichtete selbst die konkrete Risikosituation einschätzen und in eigenem Ermessen bestimmen können, in welchem Umfang er die Sorgfaltspflichten nach § 3 Abs. 1 GwG-neu erfüllt. Unter Beachtung der Fallgruppen der vereinfachten und verstärkten Sorgfaltspflichten in den §§ 5 und 6 G ­ wG-neu dürfen Verpflichtete also den Umfang ihrer Maßnahmen zur Erfüllung der Pflichten gemäß § 3 Abs. 1 GwG-neu insoweit flexibel ausgestalten, als es das Risiko in Bezug auf den konkreten Vertragspartner, die konkrete Geschäftsbeziehung oder die konkrete Transaktion zulässt. Auf diese Weise kann bürokratischer Aufwand bei Situationen, in denen ein geringes Risiko besteht, vermieden werden. Umgekehrt können Verpflichtete ihre Präventionskapazitäten auf die Fälle mit gewöhnlichen und insbesondere mit höheren Risiken konzentrieren.4

Die Gesetzesbegründung macht deutlich, dass keine bürokratischen Hürden aufgebaut werden sollen. Vielmehr wird jedem Verpflichteten das Feld eröffnet, seine individuelle Risikosituation selbst zu bestimmen. Anhand der jeweiligen Risikosituation soll der Verpflichtete in eigenem Ermessen festlegen, in welchem Umfang die jeweiligen Sorgfaltspflichten zu erfüllen sind. Dabei muss der Verpflichtete zwar die vorgegebenen Fallgruppen beachten, kann aber den Ausprägungsgrad seiner internen Sicherungsmaßnahmen flexibel gestalten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass jeder Verpflichtete solchen Fällen mehr Augenmerk schenkt, die dieser selbst als mit einem höheren Risiko behaftet ermittelt hat. Der risikobasierte Ansatz wird mit der Vierten Geldwäscherichtlinie insbesondere dadurch gestärkt, dass Verpflichtete grundsätzlich über ein für ihre Geschäftstätigkeit

2BGBl.

I 2008, S. 1690. 16/9038 S. 22. 4BT-Drucks. 16/9038 S. 35. 3BT-Drucks.

5  Die Risikoanalyse

119

angemessenes Risikomanagement verfügen müssen.5 Hierzu wurde die vorherige gesetzliche Beschränkung auf bestimmte Fallgruppen aufgegeben.6 Das Risikomanagement liefert die Basis um grundsätzlich jede Geschäftsbeziehung und jede Transaktion individuell auf das jeweilige Risiko in Bezug auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung hin zu prüfen und gegebenenfalls zusätzliche interne Sicherungsmaßnahmen zur Minderung des betreffenden Risikos zu ergreifen.7 In diesem Zusammenhang müssen von jedem Verpflichteten die präzisierenden gesetzlichen Mindestvorgaben zu den relevanten Risikofaktoren aus den Anlage 1 – Faktoren für ein potenziell geringes Risiko – und aus Anlage 2 – Faktoren für ein potentiell höheres Risiko – beachtet und angemessen berücksichtigt werden.8 Die weiterhin bestehende Eröffnung eines Ermessensspielraums ist die Gelegenheit für den Güterhändler (sowie alle anderen Verpflichteten), möglichst effektiv und vor allem effizient die Anforderungen des Geldwäschegesetzes zu erfüllen. Die jeweilige Risikosituation eines Verpflichteten kann sich von der eines anderen Verpflichteten trotz gleichem Geschäftsmodell elementar unterscheiden. Zur Verdeutlichung der Aussage dient folgendes Beispiel von unterschiedlichen Geschäftsmodellen: Unterschiedliche Geschäftsmodelle

Die beiden Güterhändler A und B handeln beide mit Autos dergleichen Marke. Der Güterhändler A ist der Produzent der Autos und verkauft diese nur gegenüber Vertragspartnern, die selbst als Güterhändler im Inland tätig werden. Güterhändler A hat mit dem Güterhändler B einen schriftlichen Rahmenvertrag abgeschlossen. Dem Vertragsabschluss ging eine Prüfung der wirtschaftlichen und gesellschaftsrechtlichen Situation sowie der Unternehmenshistorie des Güterhändlers B voraus. Der Güterhändler B bezahlt jedes Auto, dass er vom Güterhändler A erworben hat, mittels bargeldloser Überweisung von seinem Geschäftskonto auf das Geschäftskonto des Güterhändlers A. Der Güterhändler B verkauft die Autos sodann an natürliche Personen – Vertragspartner – weiter, die er in der Regel zuvor nicht kennt. Die unterschiedlichen Vertragspartner wollen regelmäßig das jeweilige Auto sofort mitnehmen und bezahlen daher mit Bargeld. ◄ Die Analyse des vorstehenden Beispiels lässt die Ableitung verschiedener Erkenntnisse zu, anhand derer eine Einschätzung der Risikosituation des jeweiligen Güterhändlers getroffen werden kann. Denn obwohl beide Güterhändler mit dem gleichen Produkt

5Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 1. BT-Drucks. 18/11555. S. 119. 7Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 88. 8Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 88. 6Vgl.

120

5  Die Risikoanalyse

handeln, unterscheidet sich die jeweilige Risikosituation doch elementar von der des anderen. Beide Güterhändlern verkaufen das gleiche Produkt. Insofern unterliegen beide in diesem Punkt auch dem gleichen Risiko. Als nächster Schritt folgt die Betrachtung der Vertragspartner, die zu einem deutlich anderen Bild führt. Der Güterhändler A verkauft das Auto an einen Vertragspartner, zu dem er sich im Vorfeld bereits intensive Informationen eingeholt hat. Hinzukommt auch, dass der Vertragspartner selbst als Güterhändler einzustufen ist und somit als Verpflichteter des Geldwäschegesetzes entsprechende Sorgfalts- und Organisationspflichten erfüllen muss. Beide Güterhändler sind Verpflichtete des Geldwäschegesetzes und können davon ausgehen, dass der jeweils andere die sich daraus ergebenden gesetzlichen Pflichten kennt und umgesetzt hat. Im Gegensatz hierzu, kennt der Güterhändler B seine Vertragspartner in der Regel nicht im Vorfeld. Er hat auch regelmäßig keine weiteren Informationen zu dem jeweiligen Vertragspartner, außer dass dieser ein Auto erwerben möchte und das möglichst sofort. Güterhändler B kann nicht davon ausgehen, dass seine Vertragspartner ebenfalls Verpflichtete des Geldwäschegesetzes sind. Bereits hier wird deutlich, dass der Güterhändler A einem anderen Risiko ausgesetzt ist als der Güterhändler B. Im nächsten Schritt wird das Transaktionsrisiko betrachtet. Ausgehend vom Beispiel wird hierzu die Art und Weise der Bezahlung herangezogen. Die Zahlung zwischen Güterhändler A und Güterhändler B verläuft bargeldlos über die jeweiligen Zahlungskonten bei Kreditinstituten. Die Überweisung hinterlässt eine nachvollziehbare Spur der Zahlungsabwicklung von B an A. Außerdem mussten sowohl der Güterhändler A als auch der Güterhändler B eine vollständige Identifizierung durch das kontoführende Kreditinstitut bei Begründung der Geschäftsbeziehung zur Führung des Zahlungskontos durchlaufen. Zusätzlich sind die kontoführenden Kreditinstitute dazu verpflichtet, die Geschäftsbeziehungen sowie die dabei abgewickelten Zahlungsvorgänge (Transaktionen) fortlaufend zu überwachen, um etwaige Anhaltspunkte für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung sowie sonstige strafbare Handlungen aufzudecken und zu melden. Im Gegensatz dazu wird Güterhändler B von seinem Vertragspartner mit Bargeld bezahlt. Nachvollziehbar sind hier die vom Güterhändler B ausgestellte Rechnung und das Bargeld. Ohne die Durchführung einer Identifizierung ist weder nachvollziehbar wer der betreffende Vertragspartner ist, noch woher er das Bargeld für das Auto hatte. Auch hier ist das Missbrauchsrisiko des Güterhändlers B deutlich höher als beim Güterhändler A. Während Güterhändler A mit ihm bekannten Vertragspartnern Transaktionen abschließt, handelt der Güterhändler B in der Regel mit ihm unbekannten Personen. Ferner hat Güterhändler B keine Historie zum jeweiligen Vertragspartner und kann deshalb das Verhalten nur aufgrund seiner eigenen Erfahrungswerte über die von ihm mit anderen Vertragspartnern durchgeführten Transaktionen beurteilen. Aus der Gegenüberstellung der vorstehenden Ergebnisse und dem präventiven Ziel des Geldwäschegesetzes lässt sich vereinfacht ableiten, dass der Güterhändler A einem geringeren Missbrauchsrisiko zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung ausgesetzt ist als der Güterhändler B. Hieraus lassen sich bereits folgende Fragen ableiten:

5  Die Risikoanalyse

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• Welchem Risiko ist der Güterhändler A und welchem Risiko ist der Güterhändler B ausgesetzt? • Welche internen Sicherungsmaßnahmen können die beiden Güterhändler ergreifen, um ihre eigene individuelle Risikosituation weiter zu reduzieren und zu begrenzen? • Welchen Umfang müssen die internen Sicherungsmaßnahmen des Güterhändlers A haben und welchen Umfang müssen die Maßnahmen des Güterhändlers B haben? • Welche internen Sicherungsmaßnahmen sind für den jeweiligen Güterhändler überhaupt angemessen aufgrund seiner individuellen Risikosituation? • Gehen von den gewerblich gehandelten Gütern geringe oder höhere Missbrauchsrisiken aus? • Welche Risiken ergeben sich aus den Vertragspartnern? • Gibt es Risiken aus der Art und Weise der Abwicklung der Transaktionen? • Birgt die Art und Weise des Vertriebs der Produkte ein spezifisches Risiko? Diese und weitere Fragen müssen von jedem Verpflichteten gestellt und beantwortet werden, um daraufhin die weiteren internen Sicherungsmaßnahmen sowie ihren Ausprägungsgrad ableiten zu können, der für das untersuchte Unternehmen zur Erfüllung der Sorgfalts- und Organisationspflichten angemessen ist. Es kann also nicht einfach eine Risikoanalyse eines anderen Güterhändlers genommen und schlicht für das eigene Unternehmen für anwendbar erklärt werden. Die individuelle Ausgestaltung der Geschäftsaktivitäten sorgt für eine große Bandbreite von besonderen Vorgehensweisen, Praktiken und Besonderheiten. Diese müssen ermittelt und betrachtet werden. Das vorstehende Beispiel verdeutlicht wie wichtig es ist, sich selbst darüber bewusst zu werden, wo überhaupt die Risiken liegen. Die Bestandsaufnahme ist der elementare Ausgangspunkt für alle weiteren Schritte, die im Rahmen des risikobasierten Ansatzes implementiert werden sollen. Keiner kennt das eigene Geschäft so gut wie der individuelle Verpflichtete (Güterhändler) selbst. Daher kann dieser selbst auch am besten einschätzen, welche Risiken sich aus den Geschäftsaktivitäten ergeben und wie diese zu bewerten sind. Allerdings reicht es nicht, dass all dies nur im Kopf der natürlichen Person verfügbar ist. Niemand kann in den Kopf hineinsehen und daraus erkennen, welche Gedanken zur Erstellung einer Risikoanalyse angestellt wurden und welche nicht. Deshalb besteht die Verpflichtung die Risikoanalyse sowie die dabei getroffenen Erwägungen auch für andere nachvollziehbar zu machen. Die Risikoanalyse muss also zu Papier gebracht und aufgeschrieben werden. Natürlich fällt es schwer, eine derartige Risikoanalyse allein durchzuführen, noch zudem, wenn zuvor nichts Vergleichbares gemacht wurde. Die Unterstützung von mit der Materie vertrauten Personen sollte nicht nur in Erwägung gezogen, sondern ganz gezielt gesucht werden. Unabhängig davon sollte jeder Güterhändler ganz entscheidend darauf achten, am gesamten Prozess der Risikoanalyse beteiligt zu werden. Nur so werden die jeweiligen Hintergründe für die eine oder andere Aktivität oder den einen oder anderen Prozess verstanden. Nur so entsteht auch beim Güterhändler selbst ein klares Bild darüber, warum gerade diese eine Maßnahme

122

5  Die Risikoanalyse

getroffen werden soll und nicht doch lieber eine andere. Außerdem bietet dieses Vorgehen die Möglichkeit, selbst entsprechendes Know-how aufzubauen und die eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Geschäftspraxis einfließen zu lassen. Die Ergebnisse der Risikoanalyse werden konkreter und entsprechen den individuellen Gegebenheiten des betreffenden Güterhändlers. Vor allem entsprechen die getroffenen Maßnahmen dem Risikoprofil das für diesen einen Güterhändler ermittelt wurde. Denn letztlich muss im Rahmen einer Prüfung belegt werden können, dass die Risikoanalyse auch tatsächlich ein Abbild der individuellen Risiken des betreffenden Güterhändlers ist. Dabei ist auch zu beachten, dass jede festgelegte Maßnahme sich auf die betrieblichen Abläufe, die notwendigen technischen und personellen Ressourcen sowie die Aufwandsseite auswirken. Die schriftliche Dokumentation der Risikoanalyse ist nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 GwG auch deshalb geboten, weil jede zuständige Aufsichtsbehörde deren Vorlage vom Verpflichteten verlangen darf und damit eine Darlegung, anhand derer belegt werden kann, dass die getroffenen Maßnahmen angemessen sind. Ist ein solcher Nachweis gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde in Ermangelung einer schriftlich niedergelegten Risikoanalyse nicht möglich, kann diese gegebenenfalls zu dem Ergebnis kommen, dass die Erfüllung der Sorgfalts- und Organisationspflichten zumindest nicht vollständig erfolgt ist. Folglich könnte eine Ordnungswidrigkeit vorliegen, die von der zuständigen Aufsichtsbehörde gemäß § 56 GwG mit einem Bußgeld geahndet werden könnte. Der risikobasierte Ansatz – und damit ein Ermessensspielraum für den Verpflichteten – kommt noch in weiteren Regelungen des Geldwäschegesetzes zum Tragen. Zum Beispiel muss sich der verpflichtete Güterhändler gemäß § 11 Abs. 5 Satz 4 GwG stets durch risikoangemessene Maßnahmen vergewissern, dass die in Bezug auf einen wirtschaftlich Berechtigten erhobenen Angaben auch zutreffend sind. Die Verpflichteten des Geldwäschegesetzes sind nur dann dazu berechtigt die vereinfachten Sorgfaltspflichten gemäß § 14 GwG anzuwenden, wenn durch den jeweiligen Verpflichteten im Vorfeld eine Risikobewertung aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls vorgenommen wurde. Ferner muss der Verpflichtete bei Anwendung von verstärkten Sorgfaltspflichten in Bezug auf politisch exponierte Personen angemessene Maßnahmen ergreifen, mit denen die Herkunft der Vermögenswerte bestimmt werden kann, die im Rahmen der Transaktion eingesetzt werden sollen (§ 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 GwG). Neben den risikobasierten Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten, müssen Verpflichtete gemäß § 6 Abs. 1 GwG aber auch „angemessene“ geschäfts- und kundenbezogene interne Sicherungsmaßnahmen dagegen treffen, dass sie zur Geldwäsche und zur Terrorismusfinanzierung missbraucht werden können. Hierzu zählt unter anderem, dass jeder Verpflichtete gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 GwG geeignete risikoorientierte Maßnahmen zur Prüfung der Zuverlässigkeit der Beschäftigten treffen muss. Ausgangspunkt für alle Maßnahmen zur Umsetzung der Sorgfalts- und Organisationspflichten des Geldwäschegesetzes ist demnach eine unternehmensbezogene Analyse der potentiellen Risiken sowie deren Bewertung und der nachvollziehbaren Entscheidung über die zu treffenden internen Sicherungsmaßnahmen. Mit anderen Worten, die erstellte

5  Die Risikoanalyse

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und fortlaufend – mindestens einmal jährlich – aktualisierte Risikoanalyse. Dabei bedeutet „nachvollziehbar“ in diesem Kontext eine schriftlich niedergelegte Risikoanalyse. Nur anhand einer solchen schriftlichen und auf das individuelle Geschäftsmodell bezogenen Risikoanalyse wird es möglich sein, gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde darzulegen, dass die vom potentiellen Vertragspartner und wirtschaftlich Berechtigten sowie einer potentiellen Transaktion ausgehenden Risiken im Vorfeld ermittelt und die jeweils davon ausgehenden Missbrauchsrisiken bestimmt wurden. Ferner wird nur so der Nachweis möglich sein, dass ausgehend von dieser Risikoermittlung die getroffenen Maßnahmen angesichts der Unternehmensgröße, des Geschäftsumfanges sowie der Kunden- und Produktstruktur als auch der Länder-, ­Vertriebs- und Transaktionsstruktur sowohl geeignet als auch angemessen waren und sind, den jeweiligen Risiken im Sinne des Geldwäschegesetzes entgegenzutreten. Im Rahmen einer Risikoanalyse sind auch die vorgenommenen Überlegungen und Erwägungen nachvollziehbar niederzulegen, denn immerhin wurde aufgrund dieser, die eine oder andere Maßnahme beim Güterhändler getroffen. Dabei kommt es in erster Linie darauf an, dass die getroffenen Maßnahmen unter objektiver Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen dem Güterhändler als geeignet erscheinen, das Missbrauchsrisiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung entsprechend zu mindern. In zweiter Hinsicht müssen die Maßnahmen natürlich auch geeignet sein, die zuständigen Aufsichtsbehörden zu überzeugen. Diese Überzeugungsarbeit wird umso einfacher fallen, je fundierter die Risikoanalyse durchgeführt und die im Rahmen der Erstellung getroffenen Überlegungen und Erwägungen dokumentiert wurden. Bestandteil der Risikoanalyse ist unter anderem die inhaltliche Auseinandersetzung mit den anwendbaren Faktoren der Anlagen 1 und 2 zum Geldwäschegesetz. Damit nicht genug, die unter Federführung des Bundesministeriums der Finanzen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 GwG erstelle „Nationale Risikoanalyse“9 muss von jedem Verpflichteten in ihrer jeweils aktuellen Fassung ebenfalls berücksichtigt werden. Die Vorteile einer Risikoanalyse sind offensichtlich. Nicht zuletzt ist eine Risikoanalyse auch ein Dokument, das sowohl Prüfern als auch zuständigen Aufsichtsbehörden vorlegt werden kann, um einen schnellen Überblick über die wesentlichen Geschäftsaktivitäten und Risiken zu ermöglichen. Diese haben dadurch einen einfachen und schnellen Einstieg in die Materie in Bezug auf die individuellen Besonderheiten des betreffenden Güterhändlers. Insofern kann eine Risikoanalyse auch zur Vermeidung von arbeits- und zeitintensiven Prüfungen durch Externe, die zusätzliche interne Ressourcen des Güterhändlers binden und Kosten verursachen, beitragen. Außerdem erlaubt die Risikoanalyse auch einen Blick auf die tatsächlichen individuellen Risiken, die mit der jeweiligen Geschäftstätigkeit verbunden sind. Die aus der Risikoanalyse gewonnenen Erkenntnisse geben einen wirtschaftlichen Einblick und eine Vergleichsgrundlage für weitere Entscheidungen. Dabei liefert die Analyse der

9Bundesministerium

der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse 2018/2019 vom 19. Oktober 2019.

124

5  Die Risikoanalyse

jeweiligen Risiken einen objektiven Ansatz zur Beurteilung, ob das Eingehen bestimmter Risiken in einem angemessenen Verhältnis zum erzielbaren Ertrag steht. Es muss auch Berücksichtigung finden, dass die internen Sicherungsmaßnahmen umso höher und umfangreicher ausfallen, je höher das ermittelte Risiko ist. Insofern ergibt sich aus der Risikoanalyse auch ein Element zur Steuerung des Unternehmens. Es ergibt sich aber noch ein weiterer Nutzen für den Verpflichteten. Eine strukturierte und detaillierte Risikoanalyse stellt auch die Sicherung von Know-how dar. Eine Risikoanalyse ist ein lebendes Dokument, das fortlaufend weiterentwickelt werden muss. So entsteht eine dokumentierte Sammlung der im Laufe der Geschäftstätigkeit gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse im Lichte der Anforderungen des Geldwäschegesetzes. Sollte beispielsweise der eingesetzte Geldwäschebeauftragte das Unternehmen wechseln, dann verbleiben die gesammelten Erkenntnisse dennoch beim Güterhändler und gehen nicht etwa verloren. Dies erleichtert auch einem Nachfolger die schnelle und effiziente Übernahme der Aufgaben. Gerade bei einem Personalwechsel kann vermieden werden, dass bereits in der Vergangenheit entstandene Risiken sich erneut manifestieren und infolgedessen unnötige Kosten verursachen. u Risikoanalyse  Die Risikoanalyse ist ein vertrauliches Dokument, das nur

einem eingeschränkten Personenkreis zugänglich ist. Die Risikoanalyse stellt eine komprimierte Zusammenfassung zahlreicher Aspekte des Unternehmens dar. In Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens und der Komplexität der Geschäftstätigkeit kann eine Risikoanalyse auf wenigen Seiten abgehandelt werden oder aber auch sich über mehrere hundert Seiten erstrecken. Damit einher geht, dass auch vertrauliche Daten im Rahmen der Risikoanalyse herangezogen und ausgewertet werden. Folglich liegt es in der Natur der Sache, dass die im Zuge der Risikoanalyse gewonnen Erkenntnisse und Ergebnisse für den Verpflichteten ebenfalls von besonderer Bedeutung sind und damit ein schützenswertes Gut darstellen. Deshalb empfiehlt es sich, die Risikoanalyse in ihrer Gesamtheit, ausschließlich einem engen Personenkreis zugänglich zu machen. Die Geschäftsführung des Verpflichteten muss in jedem Fall vollständigen Zugriff auf die Risikoanalyse haben, denn sie trägt schließlich die nicht delegierbare Verantwortung dafür, dass die gesetzlichen Anforderungen des Geldwäschegesetzes erfüllt werden. Dieser Verantwortung kann nur nachkommen werden, wenn auch die Kenntnis der jeweiligen Risiken im Verhältnis zu den gesetzlichen Anforderungen vorhanden ist. Die Geschäftsführung ist es auch, die unter Berücksichtigung der gesetzlichen Anforderungen eine Entscheidung über die Art und Weise sowie den Umfang der internen Sicherungsmaßnahmen trifft. Auch wenn die Risikoanalyse nicht zwingend selbst durch die Geschäftsführung des Güterhändlers erstellt werden muss, dann muss diese dennoch die Ergebnisse kennen. Neben den Geschäftsführern muss auch der (gegebenenfalls) bestellte Geldwäschebeauftragte vollständigen Zugriff auf das Dokument haben. In der Regel wird es der

5  Die Risikoanalyse

125

Geldwäschebeauftragte sein, der die Risikoanalyse erstellt und sie mindestens einmal jährlich aktualisiert. Im Rahmen der regelmäßigen oder anlassbezogenen Aktualisierung erfolgt gleichsam eine Weiterentwicklung des Dokuments aufgrund von neu gewonnenen Erkenntnissen und gesammelten Erfahrungen sowie in Folge gesetzlicher Änderungen. Außerdem ist die Risikoanalyse der Ausgangspunkt für den Geldwäschebeauftragten für die Erfüllung seiner Aufgaben im Rahmen der ihm übertragenen Funktion. Sofern ein Geldwäschebeauftragter bestellt wurde, steht die sich daraus ergebende „Alleinzuständigkeit“10 für die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie der damit verbundenen Zuständigkeit für die Implementierung und Überwachung der Einhaltung sämtlicher geldwäscherechtlich relevanter Vorschriften nicht im Widerspruch zur darüberstehenden Verantwortung der Geschäftsführung. Hier kommt es auf die Unterscheidung zwischen der „Verantwortung“ auf der einen Seite und der „Zuständigkeit“ auf der anderen Seite an. Die Verantwortung liegt nach § 4 Abs. 3 GwG bei dem intern benannten Mitglied der Leitungsebene – dem Mitglied des Vertretungsorgans bzw. dem gesetzlichen Vertreter. Außerdem ändert diese Zuständigkeitsregelung nichts an dem Umstand, dass dennoch die Geschäftsführung verantwortlich bleibt und selbstverständlich auch die vom Geldwäschebeauftragten getroffen Maßnahmen überwachen muss. Neben den zuvor benannten Personen ist individuell durch die Geschäftsführung in Konsultation mit dem Geldwäschebeauftragten abzuwägen, welche weiteren Personen ebenfalls auf die Risikoanalyse zugreifen können sollen. Hier kommt vor allem der Inhaber des Güterhändlers in Betracht, sofern es sich bei dem Güterhändler um eine juristische Person oder Personengesellschaft handelt. Die Kenntnis der Risikoanalyse erscheint mit Blick auf die dem Inhaber obliegenden Pflichten von Bedeutung, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Regelung des § 130 OWiG. Außerdem kommt es auf die Aufbau- und Ablauforganisation des Güterhändlers an. Je größer ein Unternehmen ist, desto weiter wird der Verteilerkreis gefasst werden müssen. Daneben ergibt sich unter anderem aus § 6 Abs. 2 Nr. 7 GwG die Notwendigkeit, weiteren Personen den Zugriff zu ermöglichen. Ist beispielsweise eine Interne Revision eingerichtet, dann kann diese mit der unabhängigen Überprüfung der Grundsätze und Verfahren beauftragt werden und muss hierzu ebenfalls die Risikoanalyse einsehen können. Nur so ist es der Internen Revision möglich im Rahmen der eigenen Prüfungshandlungen festzustellen, ob die festgelegten internen Sicherungsmaßnahmen auch entsprechend im Unternehmen umgesetzt und gelebt werden. Die Risikoanalyse ist insofern auch für die Interne Revision ein Ausgangspunkt und eine Grundlage für eigene Prüfungen und der damit verbundenen Kontrolle der „Soll-Situation“ mit der „Ist-Situation“. Das Gleiche gilt, wenn keine Interne Revision besteht und eine andere Person mit der unabhängigen Prüfung beauftragt wurde. Daneben gibt es Personen, die grundsätzlich keinen Zugang zur Risikoanalyse haben sollten. Einerseits sind insbesondere die Mitarbeiter des Vertriebs sowie der Abwicklung der Transaktionen und Zahlungen bei der Erstellung und Bereitstellung von notwendigen

10Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 33.

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5  Die Risikoanalyse

Informationen unmittelbar involviert. Nur so kann ein tatsächliches Bild der täglichen Arbeitsprozesse und der Kundenstrukturen beschrieben werden. Andererseits muss verhindert werden, dass diese Mitarbeiter vollständige Kenntnis über alle getroffenen internen Erkenntnisse und abgeleiteten Maßnahmen erlangen, vor allem nicht bezüglich der jeweils implementierten Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen. Die Trennung verhindert, dass die Mitarbeiter in Kenntnis dieser Maßnahmen, durch Umgehung der Prozesse unentdeckt dolose Handlungen begehen können. Die Geschäftsführung muss aus diesem Grund eine Entscheidung darüber treffen, welche Personen im Unternehmen Zugriff auf die Risikoanalyse haben sollen. Dabei empfiehlt es sich, die Entscheidung in Konsultation mit dem Geldwäschebeauftragten zu treffen. Die getroffene Entscheidung sollte nachvollziehbar in der Risikoanalyse selbst dokumentiert werden. Dadurch wird zweierlei erreicht: 1. Zum einen wird festgehalten, welche Personen zum Kreis der Zugriffsberechtigten gehören. 2. Zum anderen wird dadurch den Zugriffsberechtigten gleichermaßen kommuniziert, an wen die Risikoanalyse weiter gereichtet werden darf. Gerade in größeren Unternehmen stellt diese Maßnahme sicher, dass die Vertraulichkeit des Dokuments gewahrt bleibt und keine unkontrollierte Weitergabe an nicht zugriffsberechtigte Personen erfolgt. Im Folgenden erfolgt die schrittweise Heranführung an die Erstellung einer Risikoanalyse. Dabei werden die einzelnen Komponenten aufgezeigt, die für ein ganzheitliches Bild darzustellen, zu analysieren und zu bewerten sind. Im nächsten Schritt sind die gewonnen Ergebnisse der Risikoanalyse in interne Sicherungsmaßnahmen überzuleiten, die für den betreffenden Güterhändler angemessen sind. Nicht Sinn und Zweck der Ausführungen ist es, eine abschließende Darstellung aller zu beachtenden Aspekte für jeden Güterhändler zu liefern. Dies ist weder möglich noch zielführend. Vielmehr sollen die Grundlagen für die systematische Erstellung einer Risikoanalyse vermittelt werden, die dann individuell bei dem betreffenden Güterhändler zum Einsatz kommen können.

5.1 Struktureller Aufbau der Risikoanalyse Eine Risikoanalyse sollte einen klaren und strukturierten Aufbau haben. Im Sinne der Nachvollziehbarkeit sollten die jeweils notwendigen Schritte systematisch abgearbeitet werden und in logischer Reihung aufeinanderfolgen. Die Risikoanalyse sollte grundsätzlich so abgefasst werden, dass auch ein sachverständiger Dritter die Ausführungen schlüssig nachvollziehen kann. Die Abb. 5.1 liefert einen Eindruck davon, wie eine Risikoanalyse strukturell aufgebaut sein kann. Die Struktur lässt sich grundsätzlich auf jedes Geschäftsmodell anwenden. Die Berücksichtigung und Bearbeitung jedes Punktes stellt sicher, dass abschließend ein

5.1  Struktureller Aufbau der Risikoanalyse

127

Abb. 5.1   Struktureller Aufbau einer Risikoanalyse

Gesamtbild der potentiellen Risiken des Missbrauchs zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung entsteht. Dieses Gesamtbild bildet eine wesentliche Grundlage zur Begründung der Angemessenheit und Geeignetheit aller getroffenen Maßnahmen. Jeder

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5  Die Risikoanalyse

Güterhändler sollte in diesem Zusammenhang vor allem die Regelung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 GwG berücksichtigen, wonach der zuständigen Aufsichtsbehörde auf deren Verlangen hin die Risikoanalyse vorlegt werden muss. Außerdem wird auf die weiteren Aufgaben der zuständigen Aufsichtsbehörden gemäß § 51 GwG verwiesen. Die zuständigen Aufsichtsbehörden führen Prüfungen entweder direkt vor Ort beim Güterhändler durch oder aber auf schriftlichen Weg mittels eines Auskunfts- und Vorlageersuchen. In diesem Zusammenhang wird in der Regel die Vorlage der Risikoanalyse eingefordert. Daher ist es wichtig auf eine solche Prüfung vorbereitet zu sein, um nicht zuletzt aufsichtsrechtliche Maßnahmen wie die Verhängung eines Bußgeldes zu vermeiden. Andererseits sollte beim Verfassen der Risikoanalyse immer auch berücksichtigt werden, dass gegebenenfalls ein Dritter dieses Dokument zum Bestandteil einer Prüfung macht. Die Erstellung der Risikoanalyse sollte möglichst objektiv und neutral erfolgen. Damit wird gewährleistet, dass die erzielten Ergebnisse auch tatsächlich das widerspiegeln, was die Risikofelder des Güterhändlers sind. Eine vollständige und fortlaufend – mindestens einmal jährlich oder bei wesentlicher Änderung der Risikosituation – aktualisierte Risikoanalyse bildet die Grundlage für die Steuerung und den Einsatz der weiteren Ressourcen im Rahmen der internen Sicherungsmaßnahmen.

5.2 Einleitung Bevor mit der eigentlichen Risikoanalyse begonnen werden kann, sind zunächst einige allgemeine Aspekte darzustellen. Anhand dieser wird der Rahmen für die Erstellung der Risikoanalyse gesetzt. Die Einleitung ist insbesondere im Rahmen einer Prüfung durch eine zuständige Aufsichtsbehörde von Bedeutung. Sowohl dem Prüfer als auch jedem anderen verständigen Dritten werden auf diesem Wege die Hintergründe und die Vorgehensweise zur Erstellung der Risikoanalyse erläutert. Es wird demnach die Grundlage zur Berücksichtigung der eigenen spezifischen unternehmensbezogenen Vorgehensweise bei der Erstellung der Risikoanalyse geschaffen. Dies ist erforderlich, weil es keine konkreten gesetzlichen Vorgaben zur Erstellung einer Risikoanalyse gibt.

5.2.1 Anlass der Erstellung Allen voran ist die Person namentlich zu nennen, auf die sich die vorliegende Risikoanalyse beziehen soll. Hiermit ist der Verpflichtete im Sinne von § 2 Abs. 1 GwG gemeint und nicht etwa die natürliche Person, welche die Risikoanalyse erstellt hat. Dies kann direkt mit einer Aussage darüber verbunden werden, aus welchem Anlass die Risikoanalyse erstellt wurde. Ein solcher Anlass kann, insbesondere bei der erstmaligen Erstellung einer Risikoanalyse, die Umsetzung der Anforderungen des Geldwäschegesetzes sein. Aber auch andere Ereignisse oder Ursachen können Anlass für die Erstellung oder Überarbeitung der Risikoanalyse sein, wie zum Beispiel:

5.2 Einleitung

129

• Jede Anpassung der gesetzlichen Anforderungen, • Jährliche Aktualisierung, • Aktualisierung aufgrund eines besonderen Ereignisses, wie die Veröffentlichung einer neuen nationalen Risikoanalyse oder neue Erkenntnisse aus einer Verdachtsmeldung, • Erweiterung der Geschäftstätigkeit, • Anpassung der Produktpalette • Änderung der Vertriebsstruktur. Die vorstehende Aufzählung soll lediglich Anhaltspunkte für verschiedene Anlässe zur Aktualisierung einer Risikoanalyse geben. Letztlich bestimmt jeder Güterhändler selbst, welches Ereignis oder welche Ursache als so bedeutsam eingestuft wird, dass ein Anlass zur Bearbeitung der Risikoanalyse besteht. Immerhin soll eine Risikoanalyse auch kein Dokument sein, dass immer wieder nur an die Gegebenheiten angepasst wird, um den Eindruck einer ordnungsgemäßen Organisation zu erwecken. Aufsichtsrechtlich wird erwartet, dass eine einmal erstellte Risikoanalyse fortlaufend aktualisiert wird. Mit dem Begriff „fortlaufend“ wird mindestens eine Aktualisierung zum Ablauf eines Jahres nach Erstellung der letzten Risikoanalyse verstanden. Fortlaufend bedeutet aber auch, dass besonders wesentliche Ereignisse wie ein konkreter Geldwäschesachverhalt oder eine Gesetzesänderung zum Anlass genommen werden, eine fristunabhängige Anpassung der Risikoanalyse vorzunehmen. Eine Aktualisierung liegt auch dann vor, wenn die bisherige Risikoanalyse dahingehend überprüft wurde, ob sich seit der letztmaligen Erstellung irgendwelche Änderungen ergeben haben. Dies ist in jedem Fall gegeben, wenn bei der Erstellung der Risikoanalyse auch statistische Zahlen verwendet wurden. Diese müssten dann entsprechend aktualisiert werden. Auch die Bestellung eines neuen Geldwäschebeauftragten könnte eine Überprüfung der bisherigen Risikoanalyse nach sich ziehen. Die Aktualisierung der Risikoanalyse kann aber auch aufgrund des Eintritts eines bestimmten Ereignisses von Relevanz werden. Möglicherweise hat die zuständige Aufsichtsbehörde bestimmte Transaktionen im Rahmen einer neuen Verlautbarung als besonders risikobehaftet eingestuft. Dann muss diese Verlautbarung zum Anlass genommen werden, die eigene Risikoanalyse zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Nicht nur die Risikoanalyse muss angepasst werden, auch die abgeleiteten Maßnahmen müssen dahingehend überprüft werden, ob sie nach wie vor in angemessener und geeigneter Art und Weise zur Minderung des Risikos der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung beitragen. Es wird vor allem die Aufgabe des Geldwäschebeauftragen sein, immer wieder aufs Neue zu beurteilen, ob ein Anlass gegeben ist, die bestehende Risikoanalyse zu aktualisieren und möglicherweise weitere Maßnahmen zu treffen. Sofern ein Geldwäschebeauftragter bestellt wurde, dann ist idealerweise diesem auch die Zuständigkeit für die Pflege des Dokuments zu übertragen. Sollte kein Geldwäschebeauftragter bestellt worden sein, dann ist eine andere Person im Unternehmen des Güterhändlers mit der Aufgabe zu betrauen. Nur so wird auch tatsächlich sichergestellt, dass

130

5  Die Risikoanalyse

die Risikoanalyse eine fortlaufende Aktualisierung erfährt. Schlussendlich liegt die Verantwortung für die tatsächliche Erstellung und Aktualisierung bei der Geschäftsführung.

5.2.2 Allgemeiner Rahmen In diesem Abschnitt der Risikoanalyse ist darzustellen, welcher rechtliche aber auch unternehmerische Rahmen zugrunde gelegt wurde. Es empfiehlt sich eine Einordnung des Unternehmens in eine der Gruppen von Verpflichteten, wobei die Einordnung mit einer sachlichen Darstellung kombiniert werden sollte, warum das betreffende Unternehmen in die Verpflichtetengruppe eines Güterhändlers fällt und nicht etwa einem anderen Kreis von Verpflichteten zugehörig ist. Mit der Kategorisierung in die Gruppe der Verpflichteten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG wird eine direkte rechtliche Einstufung bezweckt. Damit werden bereits die ersten Erwägungen darüber zum Ausdruck gebracht, ob der Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes zum einen eröffnet ist, und wenn dies als gegeben erachtet wird, welchem Kreis von Verpflichteten sich die betreffende Person zugehörig fühlt. Die Einordnung dient dem Zweck einer klaren Abgrenzung. Damit wird abgesteckt, welche gesetzlichen Anforderungen als anwendbar erachtet werden und welche im weiteren Verlauf von vornherein außen vor bleiben. Insbesondere für die Gruppe der Güterhändler sieht das Geldwäschegesetz zahlreiche Erleichterungen im Verhältnis zu anderen Verpflichteten vor. Außerdem müssen die zuständigen Aufsichtsbehörden diese Einordnung berücksichtigen, es sei denn, die Einordnung ist tatsächlich fehlerhaft und eine andere Gruppe von Verpflichteten ist einschlägig. Die so gesteckten Grenzen sind dabei nicht nur Grundlage für die Risikoanalyse selbst, sondern auch für die Maßnahmen zur Umsetzung der Sorgfaltspflichten unter Berücksichtigung der jeweiligen Risikosituation bis hin zur Implementierung von internen Sicherungsmaßnahmen im Unternehmen. Sofern nicht bereits aus dem Deckblatt oder einer Dokumentenhistorie das Datum der letzten Bearbeitung hervorgeht, dann sollte spätestens jetzt eine Aussage getroffen werden, wann die aktuelle Fassung der Risikoanalyse erstellt wurde. Ferner ist in dem Zusammenhang eine Bezugnahme auf die berücksichtigte Fassung des Geldwäschegesetzes ratsam. Diesbezüglich ist zu bedenken, dass das Geldwäschegesetz in den Jahren 2008 bis 2020 jährlich angepasst wurde. Dieser Rahmen ist auch der Maßstab für eine spätere Prüfung. Sowohl der eigenen Prüfung im Zuge der Aktualisierung der Risikoanalyse, als auch der Prüfung durch die zuständige Aufsichtsbehörde. Natürlich müssen dabei die gesetzlich erforderlichen Mindeststandards in jedem Fall befolgt und auch erfüllt werden. Gerade im Falle einer Gesetzesänderung ist eine zeitnahe Aktualisierung der Risikoanalyse erforderlich. Sei es nur, um zu dokumentieren, dass man die Änderung des Geldwäschegesetzes wahrgenommen hat, sich inhaltlich aus Sicht des betreffenden Güterhändler sich aber nichts an seiner Risikoanalyse geändert hat.

5.2 Einleitung

131

Abgesehen davon steht es jedem Güterhändler natürlich frei, neben den gesetzlichen Anforderungen und Mindeststandards auch weitere darüber hinausgehende Anforderungen für anwendbar zu erklären. In diesem Fall wirkt die Erweiterung der Anwendbarkeit von weiteren Anforderungen wie eine Selbstverpflichtung, die dann auch mit allen daraus folgenden Konsequenzen entsprechend zu befolgen und umzusetzen ist. Eine zuständige Aufsichtsbehörde wird eine solche Erweiterung im Rahmen ihrer Prüfungshandlungen sicher berücksichtigten. Deshalb sollte die Art und Weise einer solchen Formulierung wohl überlegt sein. Die Beweggründe für eine erweiterte Anwendbarkeit der Anforderungen können vielfältiger Natur sein: • Etwa, weil sich das Unternehmen selbst als Benchmark im Verhältnis zur Konkurrenz sieht. • Weil bereits in der Vergangenheit negative Erfahrungen mit einem allzu sorglosen Umgang mit den gesetzlichen Mindestanforderungen gesammelt wurden. • Auch die Reputation des Unternehmens im Markt und insbesondere bei den Kunden kann ein hinreichender Anlass dafür sein, andere Maßstäbe anzusetzen und es nicht allein bei der Erfüllung der notwendigen gesetzlichen Anforderungen bewenden zu lassen. Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich wie wichtig es ist, den Rahmen festzulegen, der individuell für den betreffenden Güterhändler Anwendung finden soll. Wird eine solche Abgrenzung nicht vorgenommen, dann kann die zuständige Aufsichtsbehörde frei nach eigenen Maßstäben und Rechtsauslegungen tätig werden. Das heißt, in Ermangelung einer selbst vorgenommenen Einordnung, wird im Falle einer Überprüfung durch die zuständigen Aufsichtsbehörden deren Maßstab angelegt. Das dabei die Auffassungen über den Umfang der jeweils anwendbaren gesetzlichen Anforderungen auseinander gehen können, liegt in der Natur der Sache.

5.2.3 Methodisches Vorgehen Neben dem „Anlass der Erstellung“ und der Festlegung der „Allgemeinen Rahmenbedingungen“ kommt der Darstellung der angewendeten Methodik zur Erstellung der Risikoanalyse eine wichtige Bedeutung zu. Hier wird definiert, wie bei der Erstellung der Risikoanalyse weiter vorgegangen wird. Welche Teilbereiche erfasst, identifiziert und kategorisiert werden, um sie anschließend zu gewichten und entsprechenden internen Sicherungsmaßnahmen zuzuführen. Da auf die einzelnen Teilaspekte in den folgenden Kapiteln noch eingegangen wird, fallen die Ausführungen an dieser Stelle entsprechend kürzer aus. Die jeweiligen Elemente bauen aufeinander auf und bedingen einander. Die sukzessive Abarbeitung aller Bestandteile der Risikoanalyse fügt sich am Ende zu dem bereits angesprochenen Gesamtbild zusammen.

132

5  Die Risikoanalyse

Anhand des zuvor dargestellten strukturellen Aufbaus einer Risikoanalyse (Abschn. 5.1) lässt sich bereits das weitere Vorgehen ableiten. Im ersten Schritt sollte immer auf eine Bestandsaufnahme des Unternehmens sowie der spezifischen Aktivitäten abgestellt werden. Hierzu wird in der Risikoanalyse zunächst auf die Rechtsform des Unternehmens eingegangen. Die Rechtsform wird sodann im Lichte der Einbindung in die gesellschaftsrechtlichen Strukturen mit Hinblick auf die Anteilseigner ebenso wie die Halter der Stimmrechte betrachtet. Der Umfang dieser Betrachtung ist insbesondere davon abhängig, ob der Güterhändler direkt von einem wirtschaftlich Berechtigten als Gesellschafter kontrolliert wird oder selbst unter der Kontrolle weiterer übergeordneter juristischer Personen – eingebettet in einer Konzernstruktur – steht. Gerade in einem Konzern spielen die gruppenweiten Pflichten nach § 9 GwG eine weitere Rolle, die in die Risikoanalyse einfließen müssen. Ein Einblick in die historische Entwicklung des Unternehmens sollte in diesem Kontext ebenfalls nicht fehlen, auch wenn dieser verhältnismäßig kurz gefasst werden kann. In jedem Fall lässt der historische Abriss aber Rückschlüsse auf die Nachhaltigkeit der Geschäftsaktivitäten zu. Grundlage der Geschäftstätigkeit des Güterhändlers sind die von ihm vertriebenen Güter. Dabei kommt es nicht auf die Verwendung eines bestimmten Begriffes wie „Produkte“ oder „Waren“ an. Letztlich sind dies alles Güter im Sinne des Geldwäschegesetzes, wie bereits zuvor ausgeführt (Abschn. 3.4). Die Darstellung der jeweiligen Produkte bzw. Produktlinien ist für die weitere Analyse und die Identifizierung der davon ausgehenden Risiken von Relevanz. Dabei geht es nicht darum, jedes einzelne Produkt in all seinen Ausprägungen aufzulisten. Vielmehr soll anhand der Ausführungen ein genereller Überblick über die Produktpalette des Güterhändlers möglich sein. Im nächsten Schritt ist die Zielgruppe für die vertriebenen Güter darzustellen. Hierunter sind sowohl die Bestandskunden, als auch die potentiellen Kundenkreise zu fassen. Es ist ferner eine Unterscheidung dahingehend vorzunehmen, ob es sich um natürliche oder juristische Personen bzw. Personengesellschaften handelt. Dieser Aspekt wird für die weitere Analyse von Bedeutung sein. Dabei ist immer daran zu denken, dass es die Vertragspartner im Sinne des Geldwäschegesetzes sind, die den Verpflichteten zur Geldwäsche der Terrorismusfinanzierung missbrauchen wollen. Es ist eben nicht das Produkt als solches, das Geldwäsche begeht. Es ist auch nicht die länderbezogene Herkunft, die Vertriebsstruktur oder die Art und Weise der Abwicklung einer Transaktion. Letztlich ist es immer der Vertragspartner, eine für diesen auftretende Person oder der gegebenenfalls vorhandene wirtschaftlich Berechtigte, der/die alle anderen Elemente dazu nutzt selbst Geldwäsche zu betreiben. Als nächstes wird das geographische und infrastrukturelle Umfeld des Güterhändlers dargestellt. Immerhin werden von Geldwäschern sehr gern grenzüberschreitende Transaktionen durchgeführt, um so die Nachverfolgung der jeweiligen Spuren für die Strafverfolgungsbehörden zu erschweren. Ein Verpflichteter, der seine Güter nur im Inland

5.2 Einleitung

133

vertreibt unterliegt dabei einer anderen Risikosituation als ein Verpflichteter, der seine Güter im Ausland – gar global – vertreibt. In diesem Kontext ist ebenfalls zu betrachten, aus welchen Ländern die Vertragspartner und anderen identifizierungspflichtigen Personen mehrheitlich kommen. Stammen diese mehrheitlich aus Deutschland oder einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist das Risiko potentiell gering. Die Darstellung der Vertriebswege dient ebenfalls dazu, ein Gesamtbild aufzeichnen. Liegt der Vertrieb allein in den Händen des betreffenden Verpflichten, dann hat er auch die Kontrolle darüber, an welche Personen er mit seinem Vertrieb seine Produkte vertreibt. Nutzt der Güterhändler hingegen Plattformen im Internet, um so seine Reichweite zu erhöhen, dann bietet gerade die damit verbundene Anonymität des Vertragspartners ein zusätzliches Risiko. Zur Vervollständigung des Gesamtbilds sind die festgelegten Aktivitäten und Prozesse der Transaktionsdurchführung darzustellen. Jede Abweichung von diesen standardisierten Strukturen könnten einen Hinweis für eine ungewöhnlich oder eine besonders komplexe Transaktion sein, die wiederum den verstärkten Sorgfaltspflichten unterworfen werden muss. Soweit aus der bisherigen Tätigkeit bereits eigene Erkenntnisse im Rahmen der Prävention von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung gesammelt wurden, sollten diese ebenfalls dokumentiert werden. Dies betrifft ebenso die Bezugnahme auf Erkenntnisse aus einschlägigen Verlautbarungen, Stellungnahmen und Typologiepapieren der zuständigen Aufsichtsbehörden, der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, der FATF oder anderer anerkannter Organisationen zur Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Dabei geht es nicht darum, jedes mögliche Detail darzustellen, sondern vielmehr einen Überblick aller wesentlichen Aspekte zu geben. Eine detaillierte Darstellung aller möglichen Einzelkomponenten würde den Rahmen der Risikoanalyse sprengen und wäre nicht zielführend. Der risikobasierte Ansatz zielt gerade darauf ab, entsprechend dem potentiellen Risiko zu agieren. Dies hat ferner zur Folge, dass innerhalb der Risikoanalyse keine Einzelfallbetrachtung vorgenommen, sondern bewusst die sogenannte Vogelperspektive eingenommen wird. Im Anschluss an die Bestandsaufnahme erfolgt die Identifizierung der unternehmens-, produkt-, kunden-, länder-, vertriebs- und transaktionsbezogenen Risiken. Die Risikoanalyse sollte dann Aufschluss über die anwendbaren Risikokategorien geben sowie die Kriterien zur Abgrenzung der einzelnen Risikogruppen. Unter Berücksichtigung dieser Risikokategorien erfolgt anschließend die Beurteilung der einzelnen identifizierten Risiken. Die jeweiligen Ergebnisse sind in einem weiteren Schritt unter Berücksichtigung und Gewichtung der festgestellten Risiken in interne Sicherungsmaßnahmen zu überführen, um so dem jeweiligen oder dem ganzheitlichen Missbrauchsrisiko zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung präventiv entgegenzutreten.

134

5  Die Risikoanalyse

5.3 Bestandsaufnahme Die Bestandsaufnahme soll einen Überblick und Einblick in das Unternehmen des Güterhändlers geben. Dabei sind vor dem Hintergrund des Geldwäschegesetzes verschiedene Bereiche von Bedeutung. Je nach Größe des Unternehmens fällt der Umfang dieser Darstellung unterschiedlich lang aus. An dieser Stelle wird auf die wesentlichen Aspekte eingegangen, die in der individuellen Risikoanalyse in jedem Fall enthalten sein sollten. Zwischen den nachfolgend dargestellten Bereichen bestehen verschiedene Schnittmengen, die im Zusammenspiel auch für die weitere Beurteilung von Bedeutung sind.

5.3.1 Gesellschaftsrechtlicher Rahmen Die Grundlagen der Geschäftstätigkeit des Güterhändlers ergeben sich aus seinem Unternehmenszweck. Der Unternehmenszweck gibt einen grundlegenden Aufschluss über den Gegenstand der Geschäftstätigkeit. An diesem Unternehmenszweck richtet sich das weitere unternehmerische Handeln aus. Bei einer natürlichen Person ergibt sich der Unternehmenszweck aus der Gewerbeanmeldung. Bei juristischen Personen wurde der Zweck des Unternehmens im Gesellschaftsvertrag festgelegt. Handelt es sich um eine Personengesellschaft sollte der Unternehmenszweck zwischen den Gesellschaftern geregelt worden sein. Auch hier sollten entsprechende schriftliche Vereinbarungen angefertigt werden, sofern diese noch nicht vorliegen, etwa bei einer GbR. Der Unternehmenszweck regelt mit wenigen Worten auf prägnante Art und Weise, was im Rahmen der Ausübung des Gewerbes eigentlich beabsichtigt ist. Ist das Unternehmen im Handelsregister eingetragen, sind in jedem Fall die Angaben zu Registernummer und Amtsgericht in die Risikoanalyse aufzunehmen. Der Sitz des Unternehmens ist ebenso von Bedeutung wie die Aussage darüber, ob es weitere Standorte im Inland gibt. Einerseits spielt die Angabe eine Rolle bei der Beurteilung darüber, ob nur eine Aufsichtsbehörde zuständig ist oder gegebenenfalls mehrere. Wie bereits herausgearbeitet, ist die Aufsicht über Güterhändler in Bezug auf das Geldwäschegesetz in Deutschland dezentral geregelt. Der Güterhändler muss also sowohl das Geldwäschegesetz als auch die jeweiligen Auslegungs- und Anwendungshinweise der zuständigen Aufsichtsbehörden berücksichtigen. Für die Frage, welche Aufsichtsbehörde zuständig ist, ist nicht etwa der juristische Hauptsitz des Unternehmens von Relevanz. Die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde bestimmt sich nach der sogenannten örtlichen Zuständigkeit. Das bedeutet, es ist jeweils die Aufsichtsbehörde für den jeweiligen Verpflichteten zuständig, an dem dieser seinen Sitz, einen Produktionsstandort oder auch ein Ladengeschäft oder sonstigen Standort betreibt. Die damit verbundenen operationellen Risiken wurden in Abschn. 4.3 behandelt. Es empfiehlt sich neben der Auflistung der betreffenden Inlandsstandorte die örtlich zuständige Aufsichtsbehörde aufzunehmen,

5.3 Bestandsaufnahme

135

zum Beispiel in einer als Anlage zur Risikoanalyse beigefügten Auflistung sämtlicher Standorte und zuständiger Aufsichtsbehörden. So erhält der Güterhändler selbst einen Überblick, der für ihn zuständigen Aufsichtsbehörden. Dies ist insbesondere bei jeweiligen Anzeigen wie dem eines Geldwäschebeauftragten von Relevanz, weil das Anzeigeerfordernis formal gegenüber der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde besteht. Außerdem wird damit auch einer zuständigen Aufsichtsbehörde unmittelbar aufgezeigt, dass sich der betreffende Güterhändler sehr wohl mit dem Geldwäschegesetz befasst hat und welche weiteren Aufsichtsbehörden zuständig sind. Dies kann auch dazu beitragen, dass sich die zuständigen Aufsichtsbehörden hinsichtlich ihres aufsichtsrechtlichen Handelns untereinander abstimmen. Immerhin ist es für den Güterhändler nicht sonderlich effizient, wenn er aufgrund seiner zum Beispiel 20 Standorte im gesamten Bundesgebiet, von bis zu 20 unterschiedlichen zuständigen Aufsichtsbehörden mit den gleichen Prüfungen und Fragen befasst wird. Andererseits lassen der jeweilige Standort sowie dessen infrastrukturelles Umfeld auch Rückschlüsse über eine unterschiedliche Risikosituation zu. So gehen von einem grenznahen Standort regelmäßig andere Risiken aus, als von einem Standort, der auch von der Verkehrsanbindung her schwer zu erreichen ist. Betreibt der Güterhändler ein Geschäft an einem Flughafen, dann bedeutet dies, dass die Wahrscheinlichkeit mit einem im Ausland ansässigen Vertragspartner eine Transaktion abzuwickeln ungleich höher ist als in einer Kleinstadt, die vielleicht noch nicht einmal über einen Bahnhof erschlossen ist. Neben den Inlandsstandorten sind auch die Standorte von Zweigniederlassungen im Ausland zu benennen. Denn auch sie stellen einen potentiellen Angriffspunkt dar, der im Rahmen der weiteren Risikobetrachtung zu berücksichtigen sein wird. Bestehen Zweigniederlassungen im Ausland, dann ist eine weitere Folge daraus die Befassung mit den in dem betreffenden Land geltenden gesetzlichen Regelungen zur Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Möglicherweise ergeben sich im Rahmen der Gegenüberstellung der anwendbaren Regelungen im Verhältnis zum deutschen Geldwäschegesetz Unterschiede, sowohl was die anwendbaren Anforderungen betrifft, als auch die zwingend einzuhaltenden Maßnahmen. In einigen Ländern wie zum Beispiel Frankreich, Italien und Spanien gibt es restriktive Regelungen was die Annahme von Bargeld im Zusammenhang mit der Durchführung von Transaktionen betrifft. Bargeld darf dort nur bis zum gesetzlich festgelegten Schwellenwert akzeptiert werden, zum Beispiel EUR 1000 pro Tag in Frankreich. Transaktionen deren Wert diesen Schwellenwert übersteigen, müssen aufgrund der national geltenden Regelungen im Wege einer bargeldlosen Zahlung (Überweisung, Lastschrifteinzug, usw.) abgewickelt werden. Ein Verstoß gegen eine solche Regelung erhöht das Risiko von aufsichtsrechtlichen Sanktionen. Bei juristischen Personen ist die Rechtsform als Risikoindikator anzusehen. Die Rechtsform lässt Aussagen darüber zu, ob sich mögliche Investoren einfach an dem jeweiligen Unternehmen beteiligen können oder nicht. Die verschiedenen Rechtsformen wirken dabei auf potentielle Investoren sowohl abwehrend als auch anziehend. Wurde die bereits illegale Herkunft der Vermögenswerte über viele Stufen verschleiert und

136

5  Die Risikoanalyse

jetzt sollen diese Vermögenswerte in Unternehmensbeteiligungen investiert werden, um daraus selbst wiederum weitere Gewinne zu erwirtschaften, dann bieten sich hierfür eher solche juristische Personen an, die einem schnellen Investment ebenso zugänglich sind wie einem schnellen Rückzug aus dem betreffenden Investment. Besonders gut geeignet dafür sind börsennotierte Aktiengesellschaften. Im Verhältnis hierzu sind die gerade bei Familienunternehmen beliebten Strukturen unter Einbeziehung einer Kommanditgesellschaft wenig bis gar nicht geeignet, das Interesse des Geldwäschers zu erfüllen, weiterhin im Hintergrund zu agieren und möglichst schnell investieren oder sich zurückziehen zu können. Das Bild des gesellschaftsrechtlichen Rahmens wird erweitert durch die Nennung der natürlichen Personen in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die juristische Person steht. Ergibt die Prüfung, dass es bei dem Verpflichteten selbst keinen wirtschaftlich Berechtigten im Sinne des Geldwäschegesetzes gibt, dann ist auch dies eine wichtige Information die festgehalten werden muss. Ebenso handelt es sich um eine wichtige Information, wenn es sich um eine börsennotierte Gesellschaft handelt, deren Wertpapiere zum Handel auf einem organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 11 WpHG oder in einem oder mehreren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zugelassen sind. Hintergrund dafür sind die mit einer solchen Börsennotierung verbundenen Transparenzpflichten. Ferner sind die geschäftsführenden Organe sowie Kontrollorgane aufzuführen. Damit ist die namentliche Nennung der Geschäftsführer aber auch etwaiger Mitglieder eines Aufsichtsrats oder Beirates gemeint. Diese Personen sind verantwortlich für die Berücksichtigung und angemessene Umsetzung sowie Erfüllung der Anforderungen des Geldwäschegesetzes. Auch die Aufbau- und Ablauforganisation ist in den Grundzügen zu berücksichtigen. Gibt es im Unternehmen neben einer klaren Aufgabentrennung auch noch Kontrollen und regelmäßige Prüfungen, dann ist dies ebenso zu erwähnen wie eine vorhandene Interne Revision, die in einem Internen Kontrollsystem eingebettet ist. Ferner können Auslagerungen des Verpflichteten auf Dritte von Relevanz sein. Dies gilt insbesondere für die Auslagerung von solchen Prozessen und Aufgaben, die Einfluss auf den Vertrieb des Güterhändlers haben und sich damit in die Durchführung und Abwicklung von Transaktionen auswirken. Eine systematische Bestandsaufname wird außerdem Aussagen darüber enthalten, ob die Güter selbst produziert werden, oder ob der Güterhändler selbst als Händler zwischen dem eigentlichen Produzenten und weiteren Zwischenhändlern oder dem jeweiligen Endverbraucher steht. Eine weitere Vervollständigung erfährt die Risikoanalyse durch eine Aussage darüber, ob der Verpflichtete selbst Beteiligungen an anderen Unternehmen hält. Hat der Güterhändler beispielsweise im Ausland Tochtergesellschaften gegründet und vertreibt über diese seine Produkte im Ausland, dann hat auch dies Folgen auf die Risikosituation. Einerseits ist es wahrscheinlich, dass die Tochtergesellschaft selbst als Verpflichtete des anwendbaren Gesetzes zur Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung des Sitzlandes gilt. Andererseits können sich aus einem Fehlverhalten der Tochtergesell-

5.3 Bestandsaufnahme

137

Tab. 5.1  Checkliste – gesellschaftsrechtlicher Rahmen Nr

Frage

1

Wie heißt das Unternehmen?

2.

Welche Rechtsform hat das Unternehmen?

3.

Wo hat das Unternehmen seinen Sitz?

4.

In welchem (Handels)Register ist das Unternehmen eingetragen?

5.

Wie lautet der Unternehmensgegenstand?

6.

Wer sind die rechtlichen Vertreter des Unternehmens (Geschäftsführer)?

7.

Wer sind die Gesellschafter des Unternehmens?

8.

Wer sind die wirtschaftlich Berechtigten des Unternehmens?

9.

Hat das Unternehmen Zweigstellen im Inland?

10.

Wenn ja, wie lautet der Sitz der Zweigstelle?

11.

Hat das Unternehmen Zweigniederlassungen im Ausland?

12.

Wenn ja, wie lautet der Sitz der Zweigniederlassung?

13.

Sind die Anteile des Unternehmens an einem organisierten Markt (Börse) handelbar?

14.

Hält das Unternehmen selbst Beteiligungen an anderen Personen im Inland?

15.

Hält das Unternehmen selbst Beteiligungen an anderen Personen im Ausland?

16.

Gilt der Verpflichtete als Mutterunternehmen oder als nachgeordnetes Unternehmen einer Gruppe?

17.

Finden die Regelungen über gruppenweite Pflichten Anwendung?

18.

Über welche Banken werden die Geschäfte des Zahlungsverkehrs abgewickelt?

Check

schaft in Bezug auf diese Regelungen auch Auswirkungen auf die dahinterstehenden Gesellschafter ergeben. Unabhängig davon ist jede Form einer Beteiligung ein Indiz dafür, dass gruppenweite Pflichten im Sinne von § 9 GwG beachtet werden müssen. Bestehen keine Beteiligungen, dann ist auch diese Information eine Aussage wert. Jeder Verpflichtete im Sinne des Geldwäschegesetzes muss geeignete risikoorientierte Maßnahmen zur Prüfung der Zuverlässigkeit der Beschäftigten treffen. Infolgedessen sollte der Bestandsaufnahme auch eine Aussage entnommen werden können, ob entsprechende Maßnahmen vorhanden sind, die sicherstellen sollen, dass sowohl die Zuverlässigkeit in Bezug auf die bestehenden Beschäftigungsverhältnisse als auch für potentielle Beschäftigte gewährleistet ist. Zum Abschluss dieses Abschnittes ist noch eine Aussage über die Geschäftskonten des Unternehmens zu treffen. Bestehen Geschäftskonten ausschließlich bei Kreditinstituten im Inland oder gibt es auch Kontoverbindungen zu im Ausland ansässigen Kreditinstituten. Die Kreditinstitute im Inland müssen alle die deutschen Regelungen des Geldwäschegesetzes sowie die besonderen Regelungen des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) befolgen. Insofern ist das von diesen Kreditinstituten ausgehende Risiko

138

5  Die Risikoanalyse

als gering einzustufen. Anders verhält sich das etwa bei Kreditinstituten im Ausland. So machte insbesondere das „Istituto per le Opere di Religione – IOR“, dass besser bekannt ist unter der Bezeichnung „Vatikanbank“, im Jahr 2013 zahlreiche Schlagzeilen im Zusammenhang mit Geldwäsche. Wer eine Geschäftsbeziehung mit der Danske Bank in Estland unterhalten hatte oder mit der ABLV Bank aus Lettland musste diesbezüglich erfahren, welche Auswirkungen sich ergeben können, wenn das beauftragte Kreditinstitute Mängel bei der Geldwäscheprävention vorzuweisen hat. Die in Tab. 5.1 enthaltene Checkliste dient als weiteres Hilfsmittel. Je mehr Fragen mit der individuellen unternehmensspezifischen Risikoanalyse beantworten werden, desto umfangreicher wird das Bild über den Güterhändler sowie die Nachvollziehbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Strukturen gefördert. Die vorstehende Liste ist dabei nicht abschließender Natur. Auch müssen nicht zwingend alle Fragen auf jeden Güterhändler zutreffen. Ist die gesellschaftsrechtliche Struktur des Güterhändlers aufgenommen, kann zum nächsten Teil der Bestandsaufnahme übergegangen und die Produktstruktur erfasst werden.

5.3.2 Produktstruktur Anhand der Produktstruktur des Güterhändlers lassen sich ebenfalls Aussagen über die Anfälligkeit treffen, zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden. Bereits der Gesetzgeber vertritt die Auffassung, dass zwischen den verschiedenen Geschäftsmodellen der Güterhändlern unterschieden werden muss. Dementsprechend ist das Risiko der Geldwäsche bei den Händlern hochwertiger Güter höher zu bewerten als bei den übrigen Güterhändlern, weshalb bei den erstgenannten Händlern durch die zuständige Aufsichtsbehörde auch die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten angeordnet werden soll.11 Hingegen ist in bestimmten Berufszweigen oder Branchen der bürokratische und finanzielle Aufwand der Bestellung eines Geldwäschebeauftragen aufgrund des geringen Geldwäscherisikos nicht gerechtfertigt.12 An dieser Beurteilung hat die Umsetzung der Vierten und Fünften Geldwäscherichtlinie nichts geändert. Im Rahmen der Bestandsaufnahme ist also ein Überblick der gewerblich gehandelten Güter erforderlich. Dieser Überblick dient im weiteren Verlauf als Grundlage für die Risikokategorisierung. Aufgrund der Vielfältigkeit können nachfolgend nur einige Aspekte beispielhaft aufgeführt werden ohne den Rahmen dieses Werkes zu sprengen. Da in einer Risikoanalyse unmöglich jedes einzelne Produkt behandelt werden kann, sollten soweit wie möglich und sinnvoll unterschiedliche Produktgruppen gebildet werden, unter denen letztlich alle gehandelten Güter erfasst werden können. Agiert der Güterhändler beispielsweise als Händler von Autos, dann erscheint eine Unterteilung

11Vgl. 12Vgl.

BT-Drucks. 17/8043, S. 14. BT-Drucks. 17/8043, S. 14.

5.3 Bestandsaufnahme

139

nach dem Wert des Kraftfahrzeuges als ratsam oder danach ob es sich um einen Neuwagen oder einen Gebrauchtwagen handelt. Bei der Bildung der Produktgruppen sollte in jedem Fall auch der gesetzliche Schwellenwert von EUR 10.000 oder mehr berücksichtigt werden. Im Fall des Handels mit hochwertigen Gütern in Form von (unverarbeiteten) Edelmetallen sollte der Schwellenwert von EUR 2000 oder mehr beachtet werden. Befinden sich im Produktportfolio nur solche Güter, die hinter diesem Schwellenwert zurückbleiben, dann kann möglicherweise später ein geringeres Risiko abgeleitet werden. Anders verhält es sich bei Gütern, die regelmäßig den bezeichneten Schwellenwert übersteigen und allein infolgedessen im Rahmen eines Verkaufs gegebenenfalls eine Identifizierung des Vertragspartners nach sich können. Ferner sollte darauf eingegangen werden, ob es sich bei den Gütern um Einzelstücke handelt, die auf Anforderung eines bestimmten Vertragspartners angefertigt wurden oder ob die jeweiligen Güter als Massenware zu bezeichnen sind. Jede Form der Individualisierung kann möglicherweise dazu geeignet sein, das mit dem Produkt verbundene Risiko zu reduzieren. Die jeweiligen Produkteigenschaften haben ebenfalls Auswirkungen auf das von ihnen ausgehende Risiko. Hintergrund ist, dass mit jeder Individualisierung die Anzahl der potentiellen Käufer im Rahmen eines Wiederverkaufes abnimmt. Vor diesem Hintergrund nimmt auch das Risiko des Güterhändlers ab, dass er mit diesen Produkten für Transaktionen zur Geldwäsche missbraucht wird. Gerade bei individuellen Anfertigungen wird sich der Güterhändler eher an den jeweiligen Vertragspartner erinnern. Üblicherweise werden zudem ohnehin persönliche Daten von einem solchen Vertragspartner aufgenommen. Auch die Preisgestaltung der Güter hat Einfluss auf das Risiko. So ist davon auszugehen, dass die Wahrscheinlichkeit in Bezug auf Transaktionen mit Waren des allgemeinen täglichen Bedarfs, zur Geldwäsche missbraucht zu werden, eher gering ausfallen wird. Der Aufwand der für den Wiederverkauf und damit die weitere Verschleierung der wahren Mittelherkunft zu betreiben ist, steht in der Regel nicht in einem angemessenen Verhältnis zum erzielbaren Erlös. Auch Geldwäscher sind nicht bereit jeden Preis zu zahlen. Die Wahrscheinlichkeit des Wiederverkaufs nimmt zusätzlich ab, wenn es sich dabei um verderbliche Güter handelt. Im Rahmen der Bestandsaufnahme sollte nicht nur der eigene Absatz betrachtet werden, sondern ein gegebenenfalls vorhandener Zweitmarkt berücksichtigt werden. Gibt es keinen bzw. nur einen äußerst eingeschränkten Zweitmarkt für die vertriebenen Güter, dann nimmt auch grundsätzlich das produktbezogene Risiko ab. Anders verhält es sich, wenn der Zweitmarkt insbesondere deshalb existiert, weil die Nachfrage nach dem betreffenden Gut vom Produzenten nicht so schnell und kurzfristig befriedigt werden kann, wie es der Markt erfordert. Verstärkt wird das Risiko der Geldwäsche noch zudem, wenn die Güter auf dem Zweitmarkt höhere Preise erzielen als sie eigentlich im regulären Vertrieb kosten würden, nur weil sie sofort verfügbar sind. Besteht die Geschäftsaktivität im Handel mit allgemeinhin als hochwertig bezeichneten Gütern oder gar Luxusgüter, dann beeinflusst auch das die individuelle Risikosituation. Der Begriff der hochwertigen Güter wurde ursprünglich als

140

5  Die Risikoanalyse

Abgrenzungskriterium im Zusammenhang mit der Anordnung zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten eingeführt.13 Im Zuge der Novellierung wurde der Begriff der hochwertigen Güter inhaltlich identisch in § 1 Abs. 10 GwG vorgezogen.14 Die in der Begriffsdefinition enthaltene Aufzählung ist keinesfalls abschließender Natur, sondern lediglich exemplarisch.15 Sollte also mit einem der aufgezählten Güter oder mit entsprechend vergleichbaren Gütern gehandelt werden, dann resultiert daraus grundsätzlich ein höheres Risiko zur Geldwäsche missbraucht zu werden, als beim Handel anderer Güter die nicht in diese Kategorie fallen. Diese Ausführungen werden bekräftigt durch die mit Wirkung vom 1. Januar 2020 eingeführten Regelungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten, sofern (unverarbeitete) Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin oder andere im Rahmen einer Transaktion im Wert von EUR 2000 oder mehr mit Bargeld bezahlt werden sollen.16 Insofern hat der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der nationalen Risikoanalyse entschieden, den sonst für Güterhändler anwendbaren Schwellenwert von EUR 10.000 oder mehr für diese spezifischen Güter geringer anzusetzen. Daneben wird mit der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie dem Handel mit Kunstgegenständen, die bereits bisher von § 1 Abs. 10 Satz 2 Nr. 4 GwG erfasst waren, ein gesteigertes Risiko beigemessen. Das aus gesetzgeberischer Sicht vorhandene erhöhte Risiko im Bereich des Handelns mit Kunstwerken, soll dadurch mitigiert werden, dass der Schwellenwert der Transaktion von der Frage der Zahlungsart – Bargeld oder bargeldlos – entkoppelt wird und generell die Erfüllung der Sorgfaltspflichten erforderlich ist, sobald eine Transaktion im Wert von EUR 10.000 oder mehr durchgeführt werden soll.17 Auch die Größe eines Gutes kann Einfluss auf das Risiko haben, ob es für Transaktionen zur Geldwäsche missbraucht wird oder nicht. Je größer ein Gut ist desto schwieriger stellt sich auch der Transport dieses Gutes dar. Der damit einhergehende zusätzliche Aufwand kann geeignet sein, dass Interesse an einer Transaktion zum Zwecke der Geldwäsche deutlich zu reduzieren. Je mehr Personen an einer derartigen Transaktion beteiligt werden müssen, desto mehr Transparenz entsteht. Anders mag sich dies im Falle eines Kraftfahrzeuges verhalten. Wobei auch hier Unterscheidungen zu treffen sind. Handelt es sich bei den gehandelten Gütern um Oldtimer, dann ist dieser Händler zwar ebenso Güterhändler im Sinne des Geldwäschegesetzes, jedoch handelt es sich hier um ein Gut das per se einen eher überschaubaren Käuferkreis haben wird, insbesondere im höherwertigen Preissegment. Ferner kommt hier noch ein anderer Aspekt zum Tragen. Der Gedanke der Wertanlage ohne jede weitere Verkaufsabsicht.

13Vgl.

BT-Drucks. 17/8043, S. 8, 14. BT-Drucks. 18/11555, S. 103. 15Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 103. 16Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 74. 17Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 50. 14Vgl.

5.3 Bestandsaufnahme

141

Die Bestandsaufnahme der Produkte kann neben den getroffenen Aussagen natürlich auch durch Statistiken und Auswertungen unterstützt werden. Dabei kommt insbesondere dem Preis für das jeweilige Produkt eine bedeutende Stellung zu. Handelt es sich um Güter, deren Verkaufspreis eine hohe Ertragsmarge beinhaltet, kann dies unter bestimmten Umständen das Risiko erhöhen. Gerade dann, wenn der potentielle Vertragspartner eine außergewöhnlich hohe Anzahl der Güter kaufen möchte und dementsprechend auch einen deutlichen Preisnachlass fordert. Im Rahmen der Bestandsaufnahme sollte ebenfalls untersucht werden, ob beispielsweise die FATF Typologien veröffentlicht hat, die sich mit den Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bezogen auf die vertriebenen Güter befassen wie das Typologiepapier: • Risk-Based Approach Guidance for Dealers in Precious Metal and Stones [1]. Auch hieraus lassen sich wichtige Erkenntnisse ableiten, die im weiteren Verlauf dabei helfen, die Risikosituation richtig zu bewerten und angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Die in Tab. 5.2 enthaltene Checkliste dient der Orientierung für die Bestandsaufnahme. Im Rahmen der Bestandsaufnahme ist es vor allem wesentlich, dass die Produktstruktur dargestellt wird. Es ist aber nicht erheblich an welcher Stelle der Bestandsaufnahme die Darstellung erfolgt.

Tab. 5.2  Checkliste – Produktstruktur Nr.

Frage

1.

Mit welchen Produkten/Produktkategorien wird gehandelt?

2.

Handelt es sich um Massenware?

3.

Sind die Produkte nur bei einem Güterhändler verfügbar?

4.

Wie ist die Konkurrenzsituation?

5.

Können die Produkte auf Kundenwunsch individualisiert werden?

6.

Sind die Produkte individuell angefertigte Einzelstücke?

7.

Werden die Produkte einzeln oder in großer Stückzahl verkauft?

8.

Was kosten die Produkte durchschnittlich?

9.

Sind die Produkte verderbliche Waren?

10.

Sollten besondere Produkteigenschaften genannt werden?

11.

Ist die Nachfrage nach den Produkten höher als das Angebot?

12.

Ist der Güterhändler mit den Produkten selbst der Innovationstreiber?

13.

Gibt es einen Zweitmarkt für die Produkte?

14.

Werden auf dem Zweitmarkt höhere Preise erzielt als beim regulären Verkauf?

15.

Handelt es sich bei den Produkten um hochwertige Güter im Sinne des GwG?

Check

142

5  Die Risikoanalyse

5.3.3 Kundenstruktur Von tragender Relevanz für die Bestandsaufnahme ist die Kundenstruktur. Immerhin sind es die Kunden, die den Verpflichteten möglicherweise zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbrauchen. Folgerichtig ist hierin das größte Risikopotential zu sehen. Sofern innerhalb der individuellen Risikoanalyse noch keine Definition der verwendeten Begriffe für den Vertragspartner erfolgt ist, sollte spätestens jetzt eine Aussage vorgenommen werden, ob der Begriff „Kunde“ als Synonym für den im Geldwäschegesetz verwendete Begriff „Vertragspartner“ verwendet wird oder nicht. Gleiches gilt natürlich auch für andere Bezeichnungen wie • Geschäftspartner, • Klient, • Mandant, • Debitor, oder jede andere weitere Bezeichnung, die beim Güterhändler üblicherweise verwendet wird. Dabei muss zwingend darauf geachtet werden, dass die Begriffe entsprechend der vorgenommenen Definition verwendet und nicht etwa vermischt werden. Auch ist darauf zu achten, dass die Abgrenzung zwischen dem „Vertragspartner“, „einer für den Vertragspartner auftretenden Person“ und dem „(fiktiven) wirtschaftlich Berechtigten“ durchgängig beibehalten wird. Je weniger unterschiedliche Bezeichnungen für den gleichen Begriff verwendet werden, desto klarer und eindeutiger ist die Risikoanalyse. Zunächst sollten die Kunden danach analysiert werden, ob es sich um natürliche oder um juristische Personen oder Personengesellschaften handelt. Kommt im Unternehmen ein elektronisches System (Buchhaltung, CRM-System usw.) zur Erfassung der Kundendaten zum Einsatz, dann sollte es möglich sein die so gespeicherten Daten auszuwerten und die dabei erzielte Statistik in der Risikoanalyse aufzunehmen. Werden die Transaktionen überwiegend mit natürlichen Personen abgeschlossen, dann steigt damit grundsätzlich auch die Wahrscheinlichkeit, dass die jeweilige Transaktion mit Bargeld bezahlt wird. Immerhin geht es dem potentiellen Geldwäscher darum, möglichst wenig nachvollziehbare Spuren zu hinterlassen. Bezahlt der Vertragspartner die erworbenen Güter mit Bargeld, dann bleibt zumeist nicht mehr als der Verkaufsbeleg des Güterhändlers. Ist das erlangte Bargeld zudem bei der Bank eingezahlt, besteht auch keine Möglichkeit mehr genau nachzuvollziehen mit welchen Geldscheinen die betreffenden Güter bezahlt wurden. Damit besteht auch keine Möglichkeit gegebenenfalls anhand von Fingerabdrücken weitere Erkenntnisse über die Identität des Vertragspartners zu erlangen. Hinzukommt, dass allgemein bekannt ist, dass die Erinnerung ein schlechter Zeuge und mithin ein noch viel schlechterer Beweis ist. Besteht die Kundschaft hingegen in der Regel aus juristischen Personen, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Zahlung der jeweiligen Güter in Form einer

5.3 Bestandsaufnahme

143

bargeldlosen Transaktion erfolgt. Abgesehen von wenigen Ausnahmen kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass es im Geschäftsverkehr zwischen Gewerbetreibenden üblich ist, eine Rechnung auszustellen. Die Erstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung folgt gesetzlichen Vorgaben. In § 14 Abs. 4 UStG lässt sich ganz genau nachlesen, welche Angaben jede Rechnung enthalten muss. Hierzu zählen neben den Angaben zum Güterhändler als Leistenden unter anderem auch der Name und die vollständige Anschrift des Leistungsempfängers. Der Leistungsempfänger ist in der Regel gleichzusetzen mit dem Vertragspartner. Der Vertragspartner benötigt selbst eine vollständige Rechnung, um diese zur Buchhaltung des eigenen Unternehmens zu nehmen. Der Güterhändler verfügt in einem solchen Fall bereits über zahlreiche Informationen vom Vertragspartner, die in Folge anderer gesetzlicher Erfordernisse erhoben werden mussten. Daraus ergibt sich, dass mit der zunehmenden Anzahl von juristischen Personen als Vertragspartner dem Grunde nach auch das Missbrauchsrisiko geringer ausfallen könnte. Im Gegensatz zu anderen Verpflichteten des Geldwäschegesetzes muss ein Güterhändler nicht bereits bei der Begründung einer dauerhaften Geschäftsbeziehung die allgemeinen Sorgfaltspflichten erfüllen und den Kunden identifizieren. Vielmehr wird der Güterhändler von dieser Regelung der allgemeinen Sorgfaltspflichten ausgenommen. Stattdessen ist gemäß § 10 Abs. 6a GwG auch in Verbindung mit § 10 Abs. 3 Nr. 3 GwG eine Identifizierung nur bei Durchführung bestimmter Transaktionen oder bei Verdacht erforderlich.18 Unabhängig davon stellt sich sehr wohl die Frage, ob langjährige Kundenbeziehungen gepflegt werden oder eher an Laufkundschaft verkauft wird. Denn je mehr Transaktionen mit ein und demselben Kunden abgeschlossen werden, desto mehr Informationen lassen sich möglicherweise aus diesem Verhalten des Kunden ableiten. Sofern die Beziehung zu einem Kunden über viele Jahre aufgebaut und etabliert wurde, dann geht von diesen Kunden ein grundsätzlich geringeres Risiko aus, als von einmaligen Transaktionen mit vollkommen unbekannten Kunden. Neben den vorstehenden Betrachtungen kommt die Frage hinzu, welche weiteren Eigenschaften des Kunden geeignet sein können, das Risiko zu erhöhen oder zu senken. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass es einen Bereich geringeren Risikos geben kann, in dem die Erfüllung allgemeiner Sorgfaltspflichten überzogen wirken kann.19 Die Regelung zur Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflichten ist dementsprechend als „Kann-Vorschrift“ ausgelegt, die vom Verpflichteten insbesondere unter Berücksichtigung der Faktoren aus Anlage 1 des Geldwäschegesetzes bei einem geringeren Risiko angewendet werden können, aber eben nicht müssen. Macht ein Verpflichteter von dem eröffneten Ermessensspielraum gebrauch, dann muss er in der Lage sein, der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde die Angemessenheit der getroffenen Maßnahmen darzulegen. Die Risikoanalyse ist zentraler Ausgangspunkt für die Darlegung der Angemessenheit.

18Vgl. 19Vgl.

BT-Drucks.18/11555, 117. ­BT-Drucks. 18/11555, S. 119.

144

5  Die Risikoanalyse

Der überwiegende Anteil der Vertragspartner von Güterhändlern fällt in der Regel wohl nicht unter diese Privilegierung. Was aber auch unschädlich ist, weil Güterhändler ohnehin bereits hinsichtlich der Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten in mehrfacher Hinsicht eine Begünstigung im Verhältnis zu allen anderen Verpflichteten erfahren. Selbst wenn ein Güterhändler die vereinfachten Sorgfaltsregeln anwenden könnte, sollte der sich aus der Abgrenzung der anwendbaren Sorgfaltspflichten ergebende Aufwand dem Nutzen gegenüber gestellt werden. In der Regel werden die vereinfachten Sorgfaltspflichten wohl eher selten bis gar nicht zur Anwendung kommen bei Güterhändlern. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die § 10 Abs. 6a GwG festgelegten Fallgestaltungen von Transaktionen die die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten für Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG begründen, in der Sache nicht die Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflichten unter gleichzeitiger Beachtung von § 11 Abs. 1 Satz 2 GwG eröffnen. Daneben gibt es jedoch auch Vertragspartner und wirtschaftlich Berechtigte, von denen per gesetzlicher Regelung ein hohes Risiko ausgehen soll. Gemäß § 15 GwG ist bei Transaktionen mit folgenden Personen von einem erhöhten Risiko auszugehen: • Der Vertragspartner oder der wirtschaftlich Berechtigte ist eine politisch exponierte Personen, • Der Vertragspartner oder der wirtschaftlich Berechtigte hat seinen Sitz in einem Drittstaat mit hohem Risiko. In den vorstehenden Fällen ist in Bezug auf den jeweiligen Kunden von vornherein ein erhöhtes Risiko dahingehend anzusetzen, dass der Kunde potentiell den Güterhändler zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbrauchen könnte. Im Rahmen der Bestandsaufnahme sollten die in Tab. 5.3 aufgeführten Fragen gestellt und die jeweiligen Ergebnisse nachvollziehbar aufgeschrieben werden.

5.3.4 Geographische und länderbezogene Risiken Neben der Gruppierung der Kunden nach natürlichen Personen und juristischen Personen sollte die Bestandsanalyse aber auch Angaben über die örtliche Herkunft der Kunden enthalten. Zielt der Güterhändler mit dem Verkauf der Güter vor allem auf Kunden im Inland ab oder auch auf solche, die im Ausland ansässig sind. Werden gar Transaktionen mit Kunden durchgeführt, die ihren Sitz in einem von der Europäischen Kommission festgestellten Drittstaat mit hohem Risiko haben. Die Risiken können sich aber auch daraus ergeben, auf welchen nationalen oder internationalen Märkten der Verpflichtete seine Güter anbietet oder auch selbst erwirbt. Ein weiterer Aspekt ist die Wahl der eigenen Standorte. Bestehen Standorte an Verkehrsknotenpunkten zum Beispiel an einem Flughafen, dann steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Transaktionen mit Kunden abgeschlossen werden, deren Nationalität oder

5.3 Bestandsaufnahme

145

Tab. 5.3  Checkliste – Kundenstruktur Nr.

Frage

1.

Sind die Vertragspartner natürliche Personen?

2.

Sind die Vertragspartner juristische Personen?

3.

Welchen Anteil machen die jeweiligen Kundengruppen aus?

4.

Wie lassen sich die juristischen Personen weiter untergliedern?

5.

An welche Zielgruppe richtet man das Produktangebot?

6.

Wie viele Kunden hat man?

7.

Wird die Bonität der Kunden im Vorfeld einer Transaktion geprüft?

8.

Werden bei jedem Geschäft kundenbezogene Daten erhoben?

9.

Handelt es sich bei den Vertragspartnern um solche, die die Anwendung von vereinfachten Sorgfaltspflichten rechtfertigen können?

10.

Werden politisch exponierte Personen im Kundenstamm geführt?

11.

Welchen Anteil machen die jeweiligen Kunden aus?

12.

Handelt es sich bei den Kunden um sogenannte „Laufkundschaft“?

13.

Handelt es sich um überwiegend langjährige Kundenbeziehungen?

Check

Wohnsitz nicht in Deutschland gelegen ist. In der Regel kann bei einem Ladengeschäft von einem begrenzten Einzugsgebiet ausgegangen werden. Dieses vergrößert sich je nach Anbindung an die Verkehrsinfrastruktur. Die in Tab. 5.4 aufgeführten Fragen können in die Bestandsaufnahme einbezogenen werden.

Tab. 5.4  Checkliste – Länderstruktur Nr.

Frage

1.

Haben die Vertragspartner ihren Sitz im Inland?

2.

Haben die Vertragspartner ihren Sitz im Ausland?

3.

Welchen Anteil machen die jeweiligen Vertragspartner aus?

4.

Gibt es Vertragspartner mit Sitz in einem Drittstaat mit hohem Risiko?

5.

Wo haben die wirtschaftlich Berechtigten ihren Sitz?

6.

Aus welchen Ländern bezieht man selbst Waren?

7.

Hat man Standorte im Ausland

8.

Wie ist die infrastrukturelle Anbindung der Standort

Check

146

5  Die Risikoanalyse

5.3.5 Vertriebsbezogene Risiken Die Darstellung der grundlegenden Vertriebsprozesse bildet eine weitere Grundlage für die spätere Risikobewertung. So besteht nicht nur ein Risiko aufgrund eines direkt wirkenden externen Einflusses durch den Vertragspartner zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden. Daneben besteht das Risiko, dass zwischen dem Vertragspartner und einem Mitarbeiter des Unternehmens ein wie auch immer gearteter Kontakt besteht. Der Vertragspartner könnte seinerseits Druck auf den Mitarbeiter ausüben, dass von diesem Mitarbeiter bestimmte Transaktionen, die unter gewöhnlichen Umständen vom Verpflichteten nicht eingegangen werden würden, dennoch abgeschlossen und abgewickelt werden. Insofern ist es beispielsweise wichtig, dass bestimmte Aufgaben, die dem Grunde nach nicht miteinander vereinbar sind, voneinander getrennt sind und von unterschiedlichen Personen (soweit möglich) ausgeführt werden. So sollte etwa die Produktion der Güter vom Vertrieb getrennt sein, also verschiedene natürliche Personen die jeweiligen Aufgaben wahrnehmen. Gleiches gilt für den Vertrieb und die Buchhaltung. Agiert der Güterhändler selbst als Großhändler und vertreibt die Güter weiter an Einzelhändler, folgen daraus andere Risiken, als würde der Güterhändler den Absatz der Güter gegenüber Endkunden selbst organisieren. Im Bereich des Großhandelsvertriebs werden die Transaktionen in der Regel mit solchen Personen abgeschlossen, die selbst als Güterhändler gelten. Diese Güterhändler sind dann ihrerseits auch Verpflichtete des Geldwäschegesetzes, zumindest wenn sie ihren Sitz im Inland haben. Die Kundenbeziehungen zu den jeweiligen Vertragspartnern bestehen in der Regel dann auch seit längerer Zeit und es sind entsprechende Informationen über den Kunden vorhanden. Anders ist es, wenn der Güterhändler als Einzelhändler den Absatz der Güter gegenüber Endverbrauchern durchführt. Die Endverbraucher gelten nicht als Verpflichtete des Geldwäschegesetzes und müssen sich dementsprechend auch nicht mit diesen Regelungen auseinandersetzen. Außerdem nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass es zu häufig wechselnden Vertragspartnern kommt. Erfolgt der Vertrieb der Güter über ein Ladengeschäft, werden die Vertragspartner in der Regel aus dem unmittelbaren Einzugsgebiet des Ladengeschäfts kommen. Dies ist erst recht der Fall, wenn es sich bei den vertriebenen Gütern um Lebensmittel handelt. Werden die Güter hingegen über das Internet vertrieben, dann vergrößert sich das Einzugsgebiet um ein Vielfaches. Auch hier werden einzelne Vertragspartner regelmäßig Transaktionen abschließen, aber die gesamte Anzahl von Kunden ist viel breiter gefächert. Insofern beeinflusst die Vertriebsstruktur sowohl die Transaktionsstruktur als auch die Kundenstruktur des Unternehmens und umgekehrt. Die Antwort auf die Frage, ob mit jedem Kunden ein persönlicher Kontakt von Angesicht zu Angesicht besteht oder ob die Kunden in der Regel anonym bleiben, kann weitere Angriffspunkte für einen Missbrauch zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung eröffnen. Tritt ein Vertragspartner bei einem Güterhändler vor Ort auf, dann unterliegt er dem für ihn zusätzlichen Risiko, dass der Mitarbeiter des Verpflichteten diese Person identifizieren und beschreiben kann. Möglicherweise wird aufgrund vor-

5.3 Bestandsaufnahme

147

handener Überwachungskameras eine Aufzeichnung des Vertragspartners gemacht, die für Ermittlungsmaßnahmen aufgrund einer Verdachtsmeldung bereitgestellt werden können. Demgegenüber können sich insbesondere bei einer Geschäftstätigkeit als Güterhändler im Internet zusätzliche Risiken materialisieren, die bei der Durchführung eines Geschäfts vor Ort nicht bestehen. Der Vertrieb über das Internet bietet dem Vertragspartner einen Raum, in dem er unter erleichterten Rahmenbedingungen anonym oder mit falscher Identität in Erscheinung treten kann. Gerade die Anonymität wird im Rahmen der Geldwäsche bewusst gesucht. Diesbezüglich sollte eine Aussage getroffen werden, ob mit den jeweiligen Gütern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gehandelt wird oder ob weitere Personen involviert sind. Die wohl wesentlichen Vertriebsmodelle sind hier: • Vertriebsmitarbeiter im Außendienst, • Handelsvertreter, • Handelsmakler, • Kommissionär oder • Absatzmittler Daneben muss jeder Verpflichtete betrachten, ob er den Vertrieb allein mit eigenen Ressourcen und mit eigenen, von ihm als zuverlässig eingestuften Mitarbeitern, organisiert oder aber, ob weitere Dritte eingebunden sind. Der Vertrieb über Handelsvertreter, Vertriebspartner oder Kooperationspartner limitiert die Kontrolle des Güterhändlers auf seiner Herrschaftssphäre. Das heißt, er kann nicht abschließend sicherstellen, dass beim Verkauf seiner Waren die Regeln des Geldwäschegesetzes von den einbezogenen Dritten immer beachtet wurden. Letztlich betrifft es aber die Reputation des Güterhändlers, wenn sein Name und seine Waren mit der Durchführung von illegalen Geschäften in Verbindung gebracht werden. Zur Erhebung der Vertriebsstruktur können unter anderem die in Tab. 5.5 aufgeführten Fragen einen Beitrag leisten. Tab. 5.5  Checkliste – Vertriebsstruktur Nr.

Frage

1.

Wie sind die Vertriebsprozesse grundsätzlich organisiert?

2.

Werden nicht miteinander vereinbare Aufgabenbereiche durch andere Mitarbeiter ausgeübt?

3.

Werden die Güter nur an Großhändler verkauft?

4.

Werden die Güter nur an Einzelhändler verkauft?

5.

Werden die Güter gegenüber Endverbrauchern verkauft?

6.

Erfolgt der Verkauf über Ladengeschäfte?

7.

Erfolgt der Verkauf im Internet?

8.

Welche anderen Vertriebskanäle werden eingesetzt?

Check

148

5  Die Risikoanalyse

Die beispielhaften Fragen sind unter Berücksichtigung der individuellen Geschäftstätigkeiten und Strukturen des Verpflichteten entsprechend zu erweitern oder anzupassen.

5.3.6 Transaktionsstruktur Die Bestandsaufnahme wird durch die Darstellung der Transaktionsstruktur vervollständigt. Dabei sind alle wesentlichen Aspekte der Durchführung und Abwicklung der Transaktion darzustellen. Dies betrifft sowohl die Prozesse zur Anbahnung einer Transaktion als auch die Prozesse zu deren Durchführung und Abwicklung. Im Rahmen der Beschreibung der Transaktionsstruktur ist darzustellen, ob nur solche Güter verkauft werden, die vorher selbst produziert worden sind oder insbesondere die Güter von anderen Unternehmen vertrieben werden. Die jeweilige spätere Risikobeurteilung unterscheidet sich entsprechend voneinander. Das Zusammenspiel aus Vertriebsweg, Kundenstruktur und Transaktionsstruktur kann sich darauf auswirken, wie häufig der betreffende Güterhändler die Sorgfaltspflichten des Geldwäschegesetzes anwenden muss, etwa wenn im Zusammenhang mit der Abwicklung einer Transaktion bei der Annahme von Bargeld im Wert von EUR 10.000 (bzw. EUR 2000) oder mehr eine Identifikation des Vertragspartners erfolgen muss. Dieses Beispiel zeigt die enge Verbindung zwischen den zuvor betrachteten Elementen der Bestandsaufnahme und der Transaktionsstruktur. Dabei sollte im Rahmen der Risikoanalyse dargestellt werden, ob Bargeldzahlungen für das Unternehmen im Rahmen der Abwicklung von Transaktionen üblich sind oder nicht. Sofern die unternehmensinternen Systeme eine Auswertung in Bezug auf die Art der Zahlung ermöglichen, sollte eine solche Auswertung für einen definierten Zeitraum (nach Möglichkeit ein Jahr) auch erfolgen. Diese Auswertung wird sich vor allem auf den Umfang der angemessenen Sicherungsmaßnahmen auswirken. Dabei sollte ferner eine Auswertung vorgenommen werden, wie viele Transaktionen den Betrag von EUR 10.000 (bzw. EUR 2000) übersteigen oder darunter bleiben. Auch Auswertungen in Bezug auf die durchschnittliche Transaktionshöhe sind hier empfehlenswert. Wenn in der Regel eine Transaktionshöhe von EUR 100 nicht überschritten wird, dann führt dies zu einer anderen Risikoeinstufung und Bewertung, als wenn regelmäßig solche Transaktionen ausgeführt werden, deren Wert den gesetzlichen Schwellenwert übersteigen, noch dazu, wenn diese Transaktionen grundsätzlich mit Bargeld beglichen werden. Anhand des jeweiligen Vertriebsmodells lassen sich Aussagen über die Art und Weise der Durchführung der Transaktion sowie der Bezahlung der mit dem Vertrieb beauftragten Personen treffen. Dabei kann die Art und Weise der Bezahlung auch Anreize liefern, bestimmte Transaktionen unter Missachtung der damit einhergehenden Missbrauchsrisiken dennoch durchzuführen, weil diese eine besonders hohe Bezahlung einbringen. Bei der Bestandsaufnahme in Bezug auf die Transaktionswege, sollten unter anderem die in Tab. 5.6 Fragestellungen berücksichtigt werden.

5.4  Erfassung und Identifizierung der Risiken

149

Tab. 5.6  Checkliste – Transaktionsstruktur Nr.

Frage

1.

Gibt es dokumentierte Vorgaben wie die Durchführung einer Transaktion grundsätzlich erfolgen soll?

2.

Gibt es Regelungen welche Zahlungsarten (Bargeld, Kartenzahlung, Überweisung, Rechnung) akzeptiert werden?

3.

Werden selbst produzierte Güter verkauft?

4.

Werden angekaufte Güter verkauft?

5.

Erfolgt die Bezahlung der Güter nach Rechnungslegung durch bargeldlose Zahlung?

6.

Erfolgt die Bezahlung der Güter im Ladengeschäft mit Bargeld?

7.

Wie hoch ist der Anteil der Bargeldzahlungen zu anderen Zahlungen?

8.

Wie hoch ist der durchschnittliche Wert einer Transaktion?

9.

Wie sind die Anreizmodelle ausgestaltet?

Check

5.4 Erfassung und Identifizierung der Risiken Im Anschluss an die Bestandsaufnahme erfolgt die Erfassung und Identifizierung der jeweiligen für das Unternehmen anwendbaren Risiken zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden. Dabei werden primär die beim Verpflichteten vorhandenen Erfahrungswerte und Erkenntnisse berücksichtigt, um so die Risiken des Unternehmens deutlich besser spezifizieren zu können. Dazu erfolgt jeweils ein Rückgriff auf die Bestandsaufnahme. Daneben sind aber auch solche Erkenntnisse von Bedeutung, die aus einzelnen Transaktionen gewonnen wurden und gegebenenfalls Anlass zur Abgabe einer Verdachtsmeldung gemäß § 43 GwG gaben. Der allgemeine Austausch von Geldwäschebeauftragten verschiedener Unternehmen untereinander kann eine weitere Grundlage für eigene neue Erkenntnisse und Erfahrungen sein. Gerade in Bezug auf neue Verhaltensmuster bei der Durchführung von Transaktionen kann ein gemeinsamer Austausch zwischen Geldwäschebeauftragten schnell und unbürokratisch dazu beitragen, dass die Mitarbeiter des Unternehmens entsprechend geschult werden und derartigen Transaktionen präventiv entgegen gewirkt werden kann. Unterstützt wird die Erfassung und Identifizierung der Risiken durch Erfahrungen aus sekundären Quellen. Hierzu zählen unter anderem: • Nationale oder internationale Typologiepapiere und Verdachtskataloge, • Verlautbarungen von zuständigen Aufsichtsbehörden, der FIU und multinationaler Organisationen (FATF, Egmont Group, Wolfsberg Group usw.) • Die nationale Risikoanalyse und supranationale Risikoanalyse • Pressemitteilungen

150

5  Die Risikoanalyse

Eine der Aufgaben des Geldwäschebeauftragten (sofern dieser bestellt wurde) ist es, sich mit diesen sekundären Quellen zu befassen und entsprechende Ableitungen auf das Unternehmen vorzunehmen. Die vollständige Erfassung und Identifizierung der Risiken ist Grundlage für deren spätere Risikoklassifizierung sowie die Ableitung und Entwicklung von angemessenen internen Sicherungsmaßnahmen, welche die Besonderheiten des betreffenden Güterhändlers berücksichtigen. Zu diesem Zweck wird ausgehend von der vorstehenden Bestandsaufnahme zunächst das potentiell mögliche Risiko erfasst. Dieses potentielle Risiko wird daraufhin überprüft, ob es sich in Bezug auf das Unternehmen auch niederschlagen könnte. Wichtig ist, dass alle potentiellen Risiken erfasst und beleuchtet werden, selbst wenn von vornherein klar sein mag, dass sich aus einem so erfassten potentiellen Risiko für das eigene Unternehmen keine objektive Gefahr ergibt. Dennoch ist die Dokumentation einer solchen Feststellung bedeutsam für den ganzheitlichen Ansatz der Risikoanalyse. Nur so kann gewährleistet werden, dass keine Lücken entstehen oder verbleiben, die möglicherweise den notwendigen Ansatz für einen Missbrauch liefern. Außerdem ist es eine positive Erkenntnis, dass ein potentielles Risiko für den betreffenden Güterhändler nicht einschlägig ist. Strukturell besteht im Rahmen der Risikoanalyse die Möglichkeit, die Erfassung und Identifizierung der Risiken direkt mit der Risikoklassifizierung zu verknüpfen. Wird diese Vorgehensweise gewählt, dann ist zunächst der Rahmen zur Risikoklassifizierung (Abschn. 5.5) festzulegen, der dann auf jede der folgenden Risikokategorien angewendet werden soll. Ist diese Festlegung erfolgt, kann mit der Identifizierung und Erfassung der potentiellen Risiken für jede Risikokategorie begonnen werden. Jedes Risiko wird anschließend daraufhin überprüft, ob dieses für das Unternehmen auch einschlägig ist oder nicht. Wird im Rahmen der Identifizierung festgestellt, dass das erfasste Risiko nicht einschlägig ist, dann erübrigt sich auch eine weitere Risikoklassifizierung. Ist ein erfasstes Risiko als einschlägig identifiziert worden, muss dessen Klassifizierung vorgenommen werden. Das jeweils klassifizierte Risiko kann anschließend unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Güterhändlers einer Gewichtung zugeführt werden. Zur besseren thematischen Abgrenzung und zur Verdeutlichung der einzelnen Schritte zur Erstellung der Risikoanalyse wird nachfolgend eine separierte Betrachtung vorgenommen. Das heißt, es erfolgt zunächst eine getrennte Aufnahme der potentiellen Risiken für jede Risikokategorie. Sind alle Risiken erfasst und identifiziert, wird im nächsten Schritt die Risikoklassifizierung durchgeführt.

5.4.1 Unternehmensbezogene Risiken Die ersten Risiken, zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden, lassen sich bereits aus dem Unternehmen selbst heraus ableiten. Die potentiellen Risiken sind vielfältig und können daher hier nur exemplarisch dargestellt werden.

5.4  Erfassung und Identifizierung der Risiken

151

Die Risiken können sich aus der Rechtsform ebenso ergeben, wie aus der Aufbau- und Ablauforganisation des Unternehmens. Ausgehend von der Rechtsform des Unternehmens besteht die Möglichkeit, dass ein Investor sich an dem Unternehmen beteiligten möchte. Der potentielle Investor könnte im Rahmen seines Investments illegal erworbene Vermögenswerte im Austausch gegen Anteile des Unternehmens einbringen. In der Folge würde der Investor aus seiner Position als Gesellschafter legale Erträge aus den Gewinnausschüttungen des Unternehmens erzielen. Die Beteiligung an legal operierenden Unternehmen ist eine bekannte Vorgehensweise der Geldwäsche. Mithin ist ein potentielles Risiko erfasst worden, das nun im Rahmen der Überprüfung auch als solches zu identifizieren ist. Denn nur wenn es sich um ein tatsächliches Risiko für das Unternehmen handelt, muss dieses im weiteren Verlauf auch kategorisiert und gewichtet werden, um anschließend angemessene interne Sicherungsmaßnahmen zur Minderung des Risikos zu ergreifen. Je nach gewählter Rechtsform ist es für einen potentiellen Investor besonders einfach oder auch besonders schwer sich am Unternehmen zu beteiligen. Der Erwerb von Aktien eines Unternehmens, deren Wertpapiere zum Handel auf einem organisierten Markt (Börse) zugelassen sind stellt sicher den einfachsten Weg dar, sich an einem Unternehmen zu beteiligen. Der Erwerb ist für den Investor im Wege des Aktienkaufs über die Börse ohne direkte Beteiligung und vorherige Kenntnisnahme des Unternehmens möglich. Auch hier gibt es Abstufungen, die individuell bezogen auf den Güterhändler darzustellen sind. Im Vergleich dazu ist der Erwerb von Aktien eines Unternehmens, dessen Wertpapiere nicht an einem organisierten Markt handelbar sind bereits deutlich schwerer möglich. Handelt es sich dann auch noch um sogenannte vinkulierte Namensaktien, dann ist Voraussetzung für die Übertragung und damit den Erwerb der Beteiligung in der Regel die Zustimmung der Gesellschaft, die namentlich durch den Vorstand vertreten wird. Die Beispiele zeigen auf, wie unterschiedlich die Rechtsform einer Aktiengesellschaft zu beurteilen ist und wie unterschiedlich die Risikosituation ausfallen kann. Handelt es sich bei dem zu betrachtenden Güterhändler um eine juristische Person, die in Form einer GmbH organisiert ist, so ist dem Grunde nach auch hier der Erwerb durch Übertragung von Geschäftsanteilen oder in Form einer Erhöhung der Stammeinlage möglich. Dies setzt im Falle des Verkaufs bestehender Geschäftsanteile voraus, dass der Investor einen Gesellschafter findet, der bereit ist seine Anteile am Unternehmen zu veräußern. Beabsichtigt der Investor im Rahmen der Erhöhung der Stammeinlage Geschäftsanteile zu erwerben, dann ist dies nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung möglich. Die Hürden einer solchen Beteiligung sind demnach ungleich höher als bei einer börslich notierten Aktiengesellschaft. Diese Betrachtung lässt sich fortführen auf die anderen Rechtsformen, um so das jeweilige unternehmensbezogene Risiko zu ermitteln, dass ein potentieller Investor sich am Unternehmen in der Absicht beteiligt, über sein Investment unrechtmäßig erworbene Vermögensgegenstände zu waschen. Aber nicht nur der Erwerb einer Beteiligung ist in diesem Kontext von Bedeutung. Gedacht werden muss auch an die Aufnahme von Fremdkapital, etwa durch die Aufnahme eines Kredites von einem Dritten, der kein Kreditinstitut ist.

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5  Die Risikoanalyse

Neben der Rechtsform lassen sich im Rahmen der Risikoanalyse auch aus dem Unternehmensgegenstand unterschiedliche Risiken ableiten. Dabei ist der Unternehmensgegenstand oft verzahnt mit den produktbezogenen Risiken des Unternehmens, dennoch ist eine separate Betrachtung empfehlenswert. Sieht der Unternehmensgegenstand beispielsweise die Gewinnung und den Verkauf von Edelmetallen vor, dann ergibt sich das Risiko bereits aus dieser Festlegung, gerade mit solchen Gütern zu handeln, die vom Gesetzgeber als hochwertige Güter eingestuft wurden. Insofern unterscheidet sich das Risiko eines solchen Unternehmens im Verhältnis zu einem Bäcker, der ebenfalls Güterhändler im Sinne des Geldwäschegesetzes ist, ganz erheblich. Ebenfalls ist ein Blick auf die Unterscheidung zu werfen, ob der Güterhändler selbst Produzent oder lediglich Händler von Gütern ist. Ist der betreffende Güterhändler selbst der Produzent bestimmter Güter und ein potentieller Geldwäscher kauft diese direkt bei ihm, dann ist die nachzuvollziehende Kette von Transaktionen sehr klein. Das bilaterale Verhältnis macht es einfach, den Ursprung der Transaktion zu identifizieren und in Folge dieser Erkenntnis gezielt an den betreffenden Güterhändler zwecks Befragung im Rahmen der weiteren Ermittlungen heranzutreten. Hinzukommt, dass das produzierende Gewerbe mitunter einerseits keinen direkten Vertrieb an Konsumenten erbringt. Jeder Konsument der direkt Produkte bei einem solchen Güterhändler erwerben möchte, wird wohl regelmäßig auf einen anderen Fachhändler verwiesen, der sich auf den Vertrieb der betreffenden Produkte spezialisiert hat. Andererseits können die produzierten Produkte wiederum selbst Grundlage für weitere Produkte eines anderen Unternehmens sein. Ist der Güterhändler selbst Produzent für die weiterverarbeitende Industrie, ist das vom Produkt ausgehende Risiko potentiell geringer einzuschätzen. Hintergrund hierfür ist die Kenntnis der jeweiligen Vertragspartner und die regelmäßig durchgeführte bargeldlose Zahlung. Das führt aber nicht generell zu einem Ausschluss eines Risikos, dass dem Produkt als solches anhaftet. Hier ergibt sich das individuelle Risiko des Güterhändlers aus dem Zusammenspiel der Kundenstruktur, mit der Vertriebsstruktur als auch mit der Transaktionsstruktur. Bereits im Rahmen der Bestandsaufnahme (Abschn. 5.3.1) wurde die Verknüpfung des infrastrukturellen Umfeldes in Bezug auf die möglichen Risiken angesprochen. Befindet sich der Standort zum Verkauf der Güter in Grenznähe, dann ergibt sich hieraus das Risiko, dass verstärkt Kunden aus dem angrenzenden Land Transaktionen abschließen werden. Gerade im Zusammenhang mit der zweiten Stufe der Geldwäsche – der Verschleierung – werden bewusst grenzüberschreitende Transaktionen vorgenommen, um so die spätere Verfolgung zu erschweren. Aufgrund der territorialen Grenzen können die zuständigen Strafverfolgungsbehörden nicht selbständig auf dem Gebiet eines anderen Landes ermitteln. Vielmehr werden die Strafverfolgungsbehörden hier im Wege der Amtshilfe tätig. Dabei können insbesondere unterschiedliche Rechtssysteme und gesetzliche Regelungen dazu führen, dass eine Transaktion zwar in Deutschland einen Straftatbestand im Sinne von § 261 StGB begründen, jedoch in dem Land des Vertragspartners keine Strafbarkeit gegeben ist. In solchen Fällen besteht keine Grundlage für Ermittlungen in dem jeweils anderen Land, sodass die Amtshilfe ohne

5.4  Erfassung und Identifizierung der Risiken

153

Ergebnis bleibt. Infolgedessen ist es umso wichtiger, dass der Güterhändler von Anfang an präventiv tätig wird. Dieses Beispiel zeigt wie die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen des Güterhändlers mit der Kundenstruktur verzahnt sind. Abgesehen davon, soll zumindest ab Ende 2020 mit der Umsetzung der Ersten Strafrechtrichtlinie zur Geldwäscheprävention in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eine Mindestharmonisierung der als Vortaten zur Geldwäsche einzustufenden Straftatbestände erfolgen. Aber nicht nur aus der Grenznähe kann ein potentielles Risiko abgeleitet werden. Auch der Zugang zu Verkehrsmitteln des Fernverkehrs kann geeignet sein, ein potentielles Risiko zu begründen. Einerseits liegt das Risiko darin, dass potentielle Geldwäscher ihre Transaktionen gezielt fernab vom eigenen Standort (andere Stadt, anderes Land, usw.) durchführen. Andererseits besteht aber auch die Möglichkeit, das Land im Anschluss an die Transaktion zu verlassen. Dabei kann der Vertragspartner versuchen, gezielt das Element der sogenannten „Eilbedürftigkeit der Transaktion“ einzusetzen. Der Güterhändler wird beispielsweise vom Vertragspartner mit Hinweis auf den kurz bevorstehenden Rückflug dazu bewegt, die Transaktion dennoch durchzuführen. Der Güterhändler könnte mit Blick auf den potentiell ausfallenden Umsatz geneigt sein die in § 46 Abs. 1 GwG vorgesehene Wartefrist außer Acht zu lassen. Die Erfassung der vorstehenden Risiken, zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden, ist anschließend zu überprüfen. Dabei sind die besonderen Umstände des Unternehmens gegenüberzustellen. Selbst wenn das Unternehmen einen grenznahen Standort hat, ist dies nicht gleichbedeutend damit, dass das erfasste Risiko auch tatsächlich auf das Unternehmen anwendbar ist. Die Ausschlusskriterien für ein solches Risiko können vielschichtig sein und sind individuell abzuklären. Ein denkbares Ausschlusskriterium kann die Vorgabe innerhalb der Geschäftsstrategie sein, ausschließlich Transaktionen mit im Inland ansässigen juristischen Personen einzugehen. Allerdings sollte ein solcher Ausschluss auch durch Maßnahmen begleitet sein, welche die Einhaltung dieses Ausschlusses gewährleisten. Wird im Rahmen der Überprüfung ein Risiko als anwendbar identifiziert, ist dieses in der Risikoanalyse entsprechend weiter zu behandeln. Bestehen seitens des Güterhändlers darüber hinaus Geschäftsaktivitäten im Ausland über Zweigniederlassungen, dann führen auch diese zu weiteren möglichen Risiken. Allen voran ist ein Rechtsrisiko feststellbar, dass sich daraus ergibt, dass die im Ausland für die Zweigniederlassung anwendbaren gesetzlichen Regelungen von denen des Geldwäschegesetzes abweichen. Die jeweiligen nationalen Regelungen können entweder über die Regelungen des Geldwäschegesetzes hinausgehen oder aber auch hinter ihnen zurückbleiben. Muss die Zweigniederlassung nach dem für sie direkt anwendbaren Recht mehr Anforderungen beachten, dann liegt hierin möglicherweise ein Verstoß gegen diese gesetzlichen Regelungen im Ausland vor, wenn die Zweigniederlassung dennoch – quasi den Aufwand reduzierend – das deutsche Geldwäschegesetz erfüllt. Erfüllt die Zweigniederlassung die höheren Anforderungen des Geldwäschegesetzes, dann kann auch dies einen Verstoß der im Ausland anwendbaren Regelungen nach sich ziehen,

154

5  Die Risikoanalyse

weil beispielsweise in Österreich auch die Vorlage eines Führerscheins zur Identifikation ausreichend ist und dementsprechend nicht auf die Vorlage eines Personalausweises oder eines Reisepasses bestanden werden darf. Immerhin ist der Vertragspartner gemäß § 11 Abs. 6 GwG verpflichtet die notwendigen Unterlagen zur Identifizierung zur Verfügung zu stellen, anderenfalls könnte die Weigerung einen Anlass zur Abgabe einer Verdachtsmeldung begründen. Die jeweiligen rechtlichen Unterschiede müssen also im Rahmen der Überprüfung der festgestellten Risiken weiter betrachtet werden. Ergeben sich rechtliche Unterschiede, müssen diese ebenfalls entsprechend Berücksichtigung bei den jeweiligen internen Sicherungsmaßnahmen finden. Gleiches gilt bei Tochtergesellschaften mit Sitz im Ausland. Hier besteht das Risiko, dass die Tochtergesellschaft zur Geldwäsche missbraucht wird und sich dieser Missbrauch in der Folge auf das Mutterunternehmen durchschlägt, insbesondere dann, wenn ein Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag zwischen den Unternehmen geschlossen wurde. Mit Blick auf die Rolle des Mutterunternehmens muss gleichzeitig die Berücksichtigung der gruppenweiten Pflichten nach § 9 GwG erfolgen. Ein weiteres Risiko besteht in der Beschädigung der Reputation aufgrund eines öffentlich bekannt werdenden Gesetzesverstoßes. Hierzu wird auf Abschn. 4.4 verwiesen. Der Aufbau einer Marke und der Reputation eines Unternehmens ist ein langwieriger Prozess. Ausgehend davon kann eine Schädigung der Reputation selbst die Geschäftstätigkeit des Unternehmens gefährden. Werden etwa umfangreiche Ermittlungen von Strafverfolgungsbehörden in Bezug auf den Güterhändler bekannt, führt dies nicht selten dazu, dass sich selbst langjährige Kunden distanzieren. Wenn sich die bisherigen Vertragspartner abwenden und ihre Aufträge zurückziehen, dann hat dies einen erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Situation des Güterhändlers. Das Vertrauen dieser ehemaligen Kunden wieder zu gewinnen, ist dann schwerer als die Gewinnung neuer Kundenkreise. Dieser Aspekt wird noch vorstärkt, wenn die vertriebenen Güter bewusst eine Nische abdecken und es nur einen stark begrenzten Kreis von potentiellen Kunden gibt. Dementsprechend sollte in der Risikoanalyse auch ein solches Risiko beurteilt werden, das sich daraus ergibt, dass der Güterhändler selbst zur Geldwäsche missbraucht wurde, weil unzureichende interne Sicherungsmaßnahmen getroffen wurden. Daneben kann beobachtet werden, dass im Zuge der allgemeinen Diskussion um „Compliance“ öfter vom Kunden die Frage gestellt wird, welche Mittel und Maßnahmen vom Güterhändler getroffen wurden, um die Einhaltung und das Wohlverhalten mit den anwendbaren Gesetzen zu gewährleisten. In Folge derartiger Anfragen wurde mancher Güterhändler sich der Thematik überhaupt erst bewusst. Die Geldwäscheprävention ist damit ein Bestandteil der Bestrebungen eines Unternehmens, die gesetzlichen Anforderungen einzuhalten, also Teil der Compliance. Die Frage des Reputationsrisikos kann nur individuell beantwortet werden. Dabei sind je nach Branche unterschiedliche Maßstäbe anzulegen. Die Reputation und das damit verbundene Vertrauen sowie die vertrauliche Behandlung der bestehenden Kundenbeziehung sind insbesondere für Händler von Luxusgütern von besonderer Bedeutung.

5.4  Erfassung und Identifizierung der Risiken

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5.4.2 Produktbezogene Risiken Im Rahmen des Geldwäscheoptimierungsgesetzes wurde im Kontext der weiteren Eingrenzung des Begriffs der Güterhändler auch das Risikopotential das von den jeweiligen Gütern ausgeht erörtert. Wie bereits im Rahmen der Ausführungen über die Produktstruktur (Abschn. 5.3.2) dargelegt, gibt es Güter wie Edelmetalle, Edelsteine, Kraftfahrzeuge oder auch Kunstwerke usw., von denen grundsätzlich ein erhöhtes Risiko ausgehen soll. Demgegenüber stehen aber auch solche Güter, die nicht gezielt für die Geldwäsche eingesetzt werden. Wenngleich diese Aussage als solche mit Blick auf eine weitere Gewinnerzielungsabsicht zutreffend sein mag, dann ist dennoch dem Grunde nach jedes Produkt dazu geeignet, damit inkriminierte Vermögensgegenstände zu waschen. Ausschlaggebend für die Geldwäsche ist nicht eine weitere Gewinnerzielungsabsicht. Vielmehr ist das übergeordnete Ziel der Geldwäsche die Nutzbarmachung der illegal erworbenen Vermögensgegenstände im Alltag. Dazu gehört auch, dass mit den inkriminierten Geldern auch Lebensmittel erworben werden. Allerdings stellt sich dabei die Frage, welcher Lebensmittelhändler dabei schon an das Risiko denkt, dass illegale Gelder in seinen Kassen landen können. Dennoch werden auch solche Situationen zum Alltag gehören. Abgesehen davon ist die Gewinnerzielungsabsicht natürlich eine weitere Triebfeder für einen Geldwäscher. Dieser möchte die illegalen Vermögenswerte in ein neues und legales Gewand überführen und dennoch weiterhin seinen Lebensunterhalt daraus bestreiten können. Al Capone hat seine illegalen Geschäftsaktivitäten mit den von ihm betriebenen Waschsalons kaschiert. Über diese war es ihm möglich, scheinbar legale Einnahmen zu verbuchen. Das der Höhe der generierten legalen Einnahmen gerade keine entsprechende Anzahl von tatsächlichen Waschvorgängen zugrunde lag, bedarf keiner weiteren Darstellung. Über dieses Vehikel konnte er von den scheinbar legalen Einnahmen, sein Leben bestreiten. Es sei daran erinnert, dass Al Capone nicht wegen Geldwäsche verurteilt wurde, sondern wegen Steuerhinterziehung. Er hatte es nämlich versäumt, die vermeintlich legalen Einnahmen ordnungsgemäß zu erklären und zog deshalb die Aufmerksamkeit des Finanzamtes auf sich. Hochwertige Güter sind deshalb besonders anfällig für Geldwäsche, weil eine verhältnismäßig geringe Menge und Anzahl an diesen Gütern dennoch einem verhältnismäßig hohen Gegenwert in Geld entspricht. Die potentiellen Geldwäscher wollen in der Regel in der Gesamtbetrachtung sehr hohe Beträge waschen. Dies gilt selbst dann, wenn die Beträge auf kleine Transaktionen unterhalb des gesetzlichen Schwellenwertes aufgeteilt werden. Daher muss immer auch das sogenannte Smurfing oder Structuring berücksichtigt werden. Es ist also naheliegend auf solch teure Produkte zu setzen und mit diesen Handel zu betreiben. Diamanten im Gegenwert von einer Million Euro lassen sich unauffällig in der Hosentasche transportierten. Soll der gleiche Wert in Güter wie Brötchen angelegt werden, dann sind die Ausmaße deutlich andere. Für eine Million Euro bekommt man mehr als zwei Millionen Brötchen die zusammen über Tonne wiegen. Allein dieser Vergleich macht bereits deutlich, welche Unterschiede

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5  Die Risikoanalyse

zwischen einzelnen Produkten liegen können. Es kann festgehalten werden, dass grundsätzlich von jedem Gut entsprechende Risiken ausgehen. Entscheidend ist, welche Geldmengen zu waschen sind und welchen Zugang die betreffende Person zu den jeweiligen Märkten hat. Produkte die einen stabilen Wert haben, die nicht nur am Erst-Markt angeboten werden, sondern für die es auch einen Zweit-Markt gibt unterliegen einem potentiell höheren Geldwäscherisiko. Dafür spricht, dass sowohl beim Ankauf als auch beim weiteren Verkauf nur ein geringer Preisunterschied anfällt, also der potentielle Verlust während des Geldwäscheprozesses relativ gering ausfällt. Natürlich kann es auch zu Situationen kommen, bei denen das in Mengen erworbene Produkt zu einem höheren Preis verkauft werden kann und dadurch noch ein zusätzlicher Ertrag für den Geldwäscher abfällt. Jedes Produkt strahlt also eine unterschiedlich hohe Attraktivität aus, zur Geldwäsche eingesetzt zu werden. Je größer die mit dem betreffenden Produkt verbundene Wahrscheinlichkeit ist, dass beim Wiederverkauf allenfalls ein geringer Kaufpreisabschlag anfällt, desto mehr nimmt das Risikopotential zu. Handelt der Güterhändler mit Lebensmitteln, dann handelt es sich um verderbliche Güter. Erwirbt ein potentieller Geldwäscher solche Güter, dann nimmt mit jedem weiteren Tag an dem diese Güter nicht wieder weiter veräußert werden können, der potentielle Ertrag ab. Dies kann dann bis zum Totalverlust des eingesetzten Geldes gehen. Aber auch bei der Geldwäsche wird nicht jeder Verlust billigend in Kauf genommen. Die jeweiligen Straftaten wurden nicht begangen, um am Ende des Tages mit leeren Händen da zustehen. Unter Berücksichtigung dieses Ansatzes ergibt sich für die Risikoanalyse ein weiteres Ergebnis, wonach das potentielle Risiko in Korrelation mit der Wertstabilität des Produktes steigt oder fällt. Außerdem ist auch die Attraktivität des Produktes im Rahmen des Wiederverkaufs ein Indikator für das produktbezogene Risiko. Wird das jeweilige Gut losgelöst von allen anderen Faktoren betrachtet, dann lässt sich eine Grundannahme ermitteln, wonach das produktbezogene Risiko bei zwei identischen Gütern gleich ist. Das produktbezogene Risiko wird also vor allem durch die Art und Weise der Produktgestaltung beeinflusst. Von einem 100 g schwerer Barren Gold geht unter Berücksichtigung des reinen Materialwertes das gleiche produktbezogene Risiko aus, wie von einem Schmuckstück das ausschließlich aus diesem 100 g schweren Barren Gold gefertigt wurde. Allerdings unterscheidet sich das effektive produktbezogene Risiko bei beiden Gütern dennoch erheblich. Ein gegossener Goldbarren mit einem Gewicht von 100 g konnte am 17. Februar 2014 zum reinen Materialwert von EUR 3170,0020 erworben werden. Der gleiche Goldbarren kostet beim gleichen Anbieter zum Ende des Jahres 2019 bereits EUR 4490,50.21 Allein hieraus ergibt sich für

20Preis 21Preis

eines 100 g Degussa Goldbarren am 17. Februar 2014 laut www.degussa-goldhandel.de. eines 100 g Degussa Goldbarren am 27. Dezember 2019 laut www.degussa-goldhandel.de.

5.4  Erfassung und Identifizierung der Risiken

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die Laufzeit von knapp sechs Jahren ein Wertgewinn von EUR 1320,50 bei einer jährlichen Rendite von 6,125 %. Dieses Beispiel verdeutlicht einen möglichen Ertrag aus einer scheinbar legalen Wertanlage. Wird dieser Barren von einem Juwelier in ein individuelles Schmuckstück umgewandelt, dann bleibt der Materialpreis zwar der gleiche, aber der vom Juwelier verlangte Verkaufspreis wird aufgrund der handwerklichen Leistung sowie weiterer Preisbildungsfaktoren steigen. Im Ergebnis könnte eine solche Kette ein Vielfaches des Materialpreises kosten. Ist die Kette zudem individuell angefertigt worden, dann nimmt im gleichen Verhältnis auch der Markt potentieller Interessenten im Rahmen eines Wiederverkaufs ab. Der Geldwäscher müsste also beim Kauf einer Goldkette einen deutlich höheren Preis bezahlen und die Möglichkeit des Wiederverkaufs ist von Anfang an eingeschränkt. Selbst wenn er einen Käufer für die Kette finden sollte, wird ihm dieser in der Regel nur den Materialpreis zahlen. Im Ergebnis also ein deutliches Verlustgeschäft. Da ist es nicht verwunderlich, wenn ein direktes Investment in den Goldbarren vorgezogen wird. Auch dieser ist handlich und kann leicht und unauffällig transportiert werden. Außerdem ist der Kaufpreis für den Goldbarren durch keine weiteren Faktoren außer dem marktüblichen Materialpreis beeinträchtigt. Das Beispiel zeigt, wie die Beschaffenheit des Gutes das Risiko beeinflussen kann. Da der Güterbegriff sehr weit gefasst ist, sind auch die jeweiligen Betrachtungen vielfältig. Das Bundesministerium für Finanzen vertritt unter Bezugnahme auf eine höchstrichterliche Rechtsprechung22 die Ansicht, dass es sich auch bei einem Lieferanten von Strom oder Wasser um einen Güterhändler im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG handelt.23 Unter Berücksichtigung dieser Interpretation, ergibt sich im Lichte der jahrelangen strafrechtlichen Ermittlungen in Bezug auf die Windenergiewirtschaft24 ein anderes produktbezogenes Risiko zur Geldwäsche als ohne deren Kenntnis. Dabei wurden die illegal erwirtschaften Gelder im Rahmen der Finanzierung von Windparks investiert. Die Möglichkeit zudem Fördermittel der Europäischen Union sowie der jeweiligen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu beziehen, machten das Investment zusätzlich ertragreich. Die gesetzlich garantierten Beträge für jede eingespeiste Kilowattstunde macht auch das wirtschaftliche Risiko für die Investoren kalkulierbar. Über dieses Vehikel wurden mehrere hundert Millionen Euro investiert, die aus illegalen

22BGH

vom 10. Dezember 2008, VIII ZR 293/07, Rn. 38. für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Auslegung des Begriffs „Güterhändler“ gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 12 GwG durch das Bundesministerium für Finanzen (24. April 2012; VII A 3– WK 5023/11/10021). 24Vgl. Spiegel-Online vom 19. November 2013, Polizei durchsucht Räume der HSH Nordbank; Süddeutsche.de vom 4. Juli 2013, Schmutzige Geschäfte mit sauberer Energie; Stern.de vom 10. Oktober 2012, Die Bank, der Wind und die Mafia. 23Ministerium

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5  Die Risikoanalyse

Quellen stammten. Erst im Oktober 2019 wurde eine zentrale Person der Ermittlungen zu neun Jahren Gefängnis verurteilt.25 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die produktbezogenen Risiken von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden. Grundlegend ist das von einem identischen Produkt ausgehende Risiko immer gleich. Es fällt nicht etwa dadurch höher oder geringer aus, dass ein anderer Güterhändler das Produkt verkauft. Einige der Einflussfaktoren, welche über den Grad des produktbezogenen Risikos eines Gutes bestimmen sind: • Wertstabilität • Größe und Volumen • Verderblichkeit • Wiederverkaufsmöglichkeit • Bedürfnis des Marktes • Individualität • Austauschbarkeit • Seltenheit Die vorstehende Aufzählung soll lediglich einige der wesentlichen Indikatoren benennen und ist nicht als abschließende Liste aller Einflussfaktoren zu verstehen.

5.4.3 Kundenbezogene Risiken Hierbei handelt es sich um ein Kernrisikofeld. Ursächlich dafür, dass es überhaupt Geldwäsche gibt, ist der jeweilige Kunde, einschließlich der für ihn auftretenden Person oder eines vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten. Er ist es, der aus welchen Gründen auch immer über inkriminierte Vermögensgegenstände verfügt und diese nutzen möchte. Die vom Kunden unternommenen Versuche seine Spuren über eine Vielzahl von Transaktionen zu verschleiern, dienen letztlich alle einem abschließenden Zweck, der scheinbaren Legalisierung der Vermögenswerte. Die vorstehenden Ausführungen haben deutlich gemacht, dass es unterschiedliche Kundengruppen gibt, die auch mit einem unterschiedlichen kundenbezogenen Risiko verbunden sind. Auch der Gesetzgeber nimmt seine Risikobewertung insofern vor, als er durch die Festlegung der Faktoren für ein potenziell geringes Risiko in Anlage 1 des Geldwäschegesetzes unter anderem unter dem Kundenrisiko bestimmte Personen auflistet und gegenüber anderen Kundengruppen wie in § 15 Abs. 3 Nr. 1 GwG höhere Anforderungen stellt. Mit der Ermittlung der kundenbezogenen Risiken ermittelt

25Vgl. The World News Monitor vom 5. Oktober 2019, Italien: Mafia nützt Windparks zur Geldwäsche.

5.4  Erfassung und Identifizierung der Risiken

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jeder Güterhändler für die spezifischen Besonderheiten des eigenen Unternehmens, welche Risiken von den betreuten Kunden ausgehen. Selbstverständlich müssen die Betrachtungen die gesetzlichen Anforderungen befolgen und dürfen nicht gegen diese verstoßen. Vorab sei darauf hingewiesen, dass es innerhalb der Risikoanalyse nicht darum geht, eine Risikobeurteilung jedes einzelnen Kunden vorzunehmen. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung der Kunden in der Risikoanalyse angezeigt, wobei die jedem Kunden individuell zugewiesene Risikobewertung berücksichtigt werden muss. In diesem Kontext ist im Rahmen der Risikoanalyse eine Clusterung möglich, um anschließend ein übergeordnetes Risikoprofil für das Unternehmen bestimmen zu können. Die folgenden Beispiele dienen insofern der weiteren Veranschaulichung und sollen eine Grundlage für eigene Überlegungen und Beurteilungen sein. Als grundlegende Unterscheidung sollte zunächst immer auf die Art der Person des Kunden abgestellt werden. Eine natürliche Person begründet ein anderes Risikopotential als eine juristische Person oder Personengesellschaft. Diesbezüglich besteht eine enge Verbindung zwischen dem Kunden und der Art und Weise der Durchführung der Transaktion, die im folgenden Kapitel noch betrachtet wird. Ist die Gruppe der Vertragspartner in Form von natürlichen Personen abgeklärt, kann gegebenenfalls eine weitere Untergliederung vorgenommen werden. Handelt es sich bei den Kunden um solche aus einem bestimmten Milieu oder einer bestimmten Gesellschaftsschicht, verändert sich entsprechend auch das Risikopotential. Dabei fließt die wirtschaftliche Zahlungskraft des jeweiligen Kunden mit in die Betrachtung ein. Eine natürliche Person wird in der Regel auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung handeln. Die Wahrscheinlichkeit des Handelns für einen wirtschaftlich Berechtigten, ist eher gering einzustufen. Ein besonders risikoträchtiges Merkmal für die Einstufung einer natürlichen Person ist dessen individuelle Einstufung als politisch exponierte Person. Hier liegt bereits aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 GwG ein hohes kundenbezogenes Risiko vor. Eine juristische Person hingegen ist ein künstliches Gebilde, das mitunter lediglich als Mittel zum Zweck der Geldwäsche gegründet wurde. Die Bewertung der von den juristischen Personen ausgehenden Risiken kann in einem ersten Schritt schlicht anhand einer Unterscheidung danach getroffen werden, ob es sich um eine Kapital- oder Personengesellschaft handelt. Beide Gesellschaftstypen können dann unterteilt werden in einzelne Rechtsformen. Wie weit die Untergliederung erfolgt liegt im Ermessen des Güterhändlers. Handelt der Güterhändler überwiegend mit solchen Personen die in Form einer GbR organisiert sind, dann liegt hierin ein höheres Risiko begründet, als in dem Handel mit Aktiengesellschaften deren Aktien zum Handel an der Börse zugelassen sind. Besteht der gesamte Kundenstamm überwiegend aus Personengesellschaften in Form einer GbR, dann ist ein höheres kundenbezogenes Risiko anzunehmen, als würde der überwiegende Teil des Kundenstammes aus börsennotierten Aktiengesellschaften bestehen.

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5  Die Risikoanalyse

Neben der Rechtsform des Kunden ist natürlich auch der jeweilige unternehmerische Zweck des Kunden von Bedeutung. Handelt es sich bei dem Kunden um einen Verpflichteten des Geldwäschegesetzes, dann wirkt dies risikomindernd. Grund hierfür ist, dass sich der Kunde selbst intensiv mit dem Geldwäschegesetz auseinandersetzen muss und über entsprechende Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfalts- und Organisationspflichten verfügen muss. Anders verhält es sich bei den Kunden, die keiner Gruppe der genannten Verpflichteten zugeordnet werden können. Ist der Güterhändler überwiegend für die öffentliche Hand tätig, dann ist auch hier von einem geringeren Risikopotential auszugehen. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Herkunft des Kunden. Hier ist der Wohnsitz der natürlichen Person bzw. der Geschäftssitz der juristischen Person ausschlaggebend. Sind die jeweiligen Kunden in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem als gleichwertig anerkannten Drittstaat ansässig, dann ist ein gleichwertiges kundenbezogenes Risiko anzunehmen, wie für einen Kunden aus Deutschland. Hat der Güterhändler aber auch Kundenbeziehungen zu solchen Personen, die ihren Sitz in einem Drittstaat haben, könnte sich hieraus ein höheres Risiko ergeben. Auch die Einschätzung der Intensität der Kundenbeziehung ist ein Mittel zur Bestimmung des kundenbezogenen Risikos. Treten beim Güterhändler nur sogenannte Laufkunden in Erscheinung, dann ist grundsätzlich ein höheres Risiko anzunehmen. Handelt es sich hingegen um Kunden, die über viele Jahre betreut werden, nimmt im gleichen Maß das von diesem Kunden ausgehende Risiko des Missbrauchs zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung ab. Die Auflistung und Gegenüberstellung der verschiedenen Parameter ist entscheidend für eine objektive Bewertung. Betreut der Güterhändler überwiegend solche Kunden, von denen potentiell ein hohes Risiko ausgehen könnte, dann führt dies auch zu einer entsprechend hohen Risikobewertung.

5.4.4 Geographische und länderbezogene Risiken Dieses Risikofeld ist eng mit allen anderen Risikofeldern vernetzt. Immer haben sowohl die geographische Lage des Standortes des Güterhändlers als auch das infrastrukturelle Umfeld einen oder mehrere Bezugspunkte zu den anderen Risikofeldern. Sei es die Nähe zur Staatsgrenze, die Anbindung an eine Autobahn oder einen Flughafen oder aber auch die länderübergreifend durchgeführten Transaktionen. Ist der Sitz des Güterhändlers in Nähe einer Grenze gelegen, dann muss infolgedessen auch damit gerechnet werden, dass mehr Kunden aus dem Nachbarstaat einkaufen. Die Lage fördert also auch das kundenbezogene Risiko. In gleicher Weise wirkt sich die Lage dahingehend aus, dass verstärkt solche Transaktionen durchgeführt werden, die einen grenzüberschreitenden Kontext beinhalten. Für Kunden aus einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union mit einem Bargeldzahlungsverbot ab einem bestimmten Schwellenwert, wie zum Beispiel Frankreich, ist es attraktiv die Barzahlung

5.4  Erfassung und Identifizierung der Risiken

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in Deutschland vorzunehmen. Dabei wird aktiv darauf gesetzt, dass der betreffende Güterhändler seine geldwäscherechtlichen Pflichten nicht kennt oder mit Blick auf den Umsatz außer Acht lässt. Sollte der Güterhändler zur Geldwäsche missbraucht worden sein, können die Strafverfolgungsbehörden nur im Wege des Amtshilfeersuchens eine weitere Aufklärung erreichen. Sollte es sich jedoch um eine potentielle Vortat im Sinne von § 261 StGB handeln, die im anderen Staat nicht unter Strafe steht, dann können auch im Wege des Amtshilfeersuchens keine Ermittlungsergebnisse erzielt werden. Abgesehen davon ist eine grenzüberschreitende Strafverfolgung mit weiteren Komplikationen verbunden. In diesem Wissen, werden ganz bewusst grenzüberschreitende Transaktionen durchgeführt. Es müssen nicht direkt grenzüberschreitende Sachverhalte sein, die ein Risiko bedeuten. Auch inlandsbezogene Sachverhalte können in punkto Identifizierung und Nachverfolgung dadurch erschwert werden, dass die Täter gezielt Transaktionen an anderen Orten als dem eigenen Wohnsitz durchführen. Gefördert wird ein solches Vorgehen durch eine gute verkehrstechnische Anbindung des Güterhändlers, sei es durch Bundesstraßen und Autobahnen oder aber auch öffentliche Verkehrsmittel wie die Bahn oder das Flugzeug mit deren Hilfe der Kunde schnell und unproblematisch die Orte wechseln kann. Inwieweit diese Aspekte auf den betreffenden Güterhändler durchschlagen, gilt es im Rahmen der Risikoerhebung abzuklären. Verfügt ein Güterhändler über mehrere Standorte, kann auch das Auftreten eines einzelnen Kunden an verschiedenen Standorten ein Indiz dafür sein, dass der Kunde möglicherweise versucht inkriminierte Vermögenswerte durch künstliche Aufteilung der Transaktionen in den legalen Wirtschafts- und Finanzkreislauf einzubringen und dabei selbst unerkannt zu bleiben. Verfügt der Güterhändler über kundenbezogene Daten, dann können diese im Rahmen der Risikoanalyse ebenfalls mit Blick auf das jeweilige Herkunftsland ausgewertet werden. Daraus lassen sich vor allem Erkenntnisse ableiten, ob in der Regel nur im Inland ansässige Kunden beim Güterhändler auftreten oder auch Kunden aus dem Ausland. Die unterschiedliche Gewichtung der Kundengruppen nach ihrem Herkunftsland kann der weiteren Risikobeurteilung zugeführt werden. Ein weiterer wesentlicher Aspekt sind Kunden mit Sitz in einem Drittstaat mit hohem Risiko. Sofern Transaktionen mit solchen Kunden durchgeführt werden und diese aufgrund einer Barzahlung in Höhe des anwendbaren gesetzlichen Schwellenwerts den Anforderungen des Geldwäschegesetzes unterliegen, müssen die verstärkten Sorgfaltspflichten erfüllt werden. Damit soll dem erhöhten Risikogehalt der Transaktion begegnet werden und durch Schaffung weiterer Transparenz das Risiko mitigiert werden. Für die Erstellung einer Risikoanalyse empfiehlt sich daher die Betrachtung, in welchen Ländern die Kunden ihren Sitz haben. Wurden alle potentiellen Risiken untersucht, selbst dann, wenn einzelne Risiken direkt wieder ausgeschlossen werden konnten, gilt es im nächsten Schritt der Risikoanalyse eine Bewertung vorzunehmen.

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5  Die Risikoanalyse

5.4.5 Vertriebsbezogene Risiken Die Besonderheiten eines Vertriebs von Gütern über das Internet sollten in der Erfassung und Identifizierung der Risiken nicht fehlen. Das Internet verstärkt den Effekt von grenzüberschreitend durchgeführten Transaktionen. Hier gilt es sich im besonderen Maß mit der Anonymität des Vertragspartners auseinanderzusetzen. Zwar gelten auch hier die jeweiligen Ausnahmeregelungen für Güterhändler, jedoch muss der Fokus von der Erfüllung der Sorgfaltspflichten bei Vorliegen von bestimmten Bartransaktionen abgewendet und insbesondere auf die alternativen Anforderungen zur verpflichtenden Identifikation des Kunden gerichtet werden. Dies ist bereits deshalb erforderlich, weil bei einer Transaktion über das Internet die Bezahlung regelmäßig per Lastschrifteinzug oder Kartenzahlung erfolgt, gerade kein Bargeld zum Einsatz kommt. Die Anforderung zur Identifizierung eines Kunden besteht auch dann, wenn gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 3 GwG Fälle vorliegen, die darauf hindeuten, dass die betreffenden Vermögenswerte im Zusammenhang mit einer Straftat nach § 261 StGB stehen könnten. Gerade im Bereich des Internethandels kann es solche Hinweise sehr schnell geben. Zwingend erforderlich für die Durchführung einer Transaktion im Internet ist die Angabe einer Anschrift des Kunden. An diese Anschrift sollen die erworbenen Güter in der Regel geliefert werden. Hat der Kunde seinen Namen sowie seine Anschrift erfasst, können diese Daten technisch weiter verarbeitet und eine Adressprüfung durchgeführt werden. Zahlt der Kunde zum Beispiel mittels Kreditkarte, muss er neben der Kartennummer auch den Namen des Inhabers der Kreditkarte erfassen. Weichen der Name des Kunden und der Name des Inhabers der Kreditkarte voneinander ab, könnten unter gewissen Umständen ein Kartenmissbrauch und ein Computerbetrug vorliegen. Gibt der Kunde darüber hinaus noch eine abweichende Lieferanschrift an, gegebenenfalls sogar in einem anderen Land, dann sollte aufgrund der Hinweise von einem erhöhten Risiko ausgegangen werden und eine zusätzliche Identifizierung des Kunden angestrebt werden, zum Beispiel durch Verwendung des elektronischen Identitätsnachweises im Sinne von § 18 PAuswG. Setzt der Güterhändler für den Vertrieb seiner Güter externe Personen ein, ist auch hierin ein Risikopotential zu sehen. Weil der einbezogene Dritte nicht der unmittelbaren Kontrolle des Güterhändlers untersteht, kann dieser auch nicht beeinflussen mit welchen Vertragspartnern letztlich Geschäfte abgeschlossen werden. Vor allem solche Vertriebsmodelle, die stark provisionsgetrieben sind, gehen einher mit einem erhöhten Risiko des Missbrauchs. Der betreffende Vertriebsbeauftragte ist verstärkt an der Erzielung einer möglichst hohen Provision interessiert, was dazu führen kann, dass die vorgegebenen Regelungen zur Identifizierung von Kunden außer Acht gelassen werden. In solchen Fällen kann es auch zur Zwischenschaltung von sogenannten Strohmännern kommen. Zwar ist der Strohmann als Vertragspartner gegenüber dem Güterhändler identifiziert worden, aber eben nicht der eigentlich wirtschaftlich Berechtigte für den die Güter angeschafft werden. Der Strohmann fungiert nur als Zwischenhändler, um die jeweiligen

5.4  Erfassung und Identifizierung der Risiken

163

Güter an den eigentlichen Erwerber durchzureichen, der weiterhin anonym bleibt und nicht in Erscheinung tritt. Gerade solche Geschäfte gilt es durch effektive Kontrollen zu verhindern. Sind derartige Risiken von Anfang an bekannt, kann bereits bei der Strukturierung des Vertriebsmodells verhindert werden, dass derartige Anreize überhaupt entstehen und der Boden für Strohmanngeschäfte geebnet wird. Dabei muss immer das Reputationsrisiko mit bedacht werden. Die Außenwahrnehmung beim Kunden ist in der Regel diejenige, dass er gerade eine Transaktion mit dem Verpflichteten gemacht hat und nicht mit einem externe Vertriebsbeauftragten, der für den Verpflichteten tätig ist.

5.4.6 Transaktionsbezogene Risiken Die Abklärung der transaktionsbezogenen Risiken lässt Rückschlüsse darauf zu, ob insbesondere bei einzelnen Transaktionen besondere Risikopotentiale eröffnet sein können. Dabei fließen die Vertriebswege ebenso ein, wie die Prozesse zur Abwicklung von Transaktionen. Die Betrachtung der einzelnen Prozessschritte lässt gegebenenfalls Rückschlüsse darüber zu, an welchen Punkten die Anfälligkeit besonders hoch ausfällt. Wenn der Ablauf jeder Transaktion in der Grundstruktur gleich ausfällt, dann gibt es doch Unterscheidungsmerkmale dahingehend, wie eine Transaktion angebahnt, durchgeführt und abgewickelt wird. Der Gesetzgeber hat seine transaktionsbezogene Risikoeinstufung für Güterhändler in § 10 Abs. 6a GwG geregelt. Hiernach müssen Güterhändler immer dann von einem erhöhten Risiko im Zusammenhang mit einer Transaktion ausgehen, wenn der Transaktionsbetrag einen Wert von EUR 10.000 (bzw. EUR 2000) übersteigt und mit Bargeld bezahlt werden soll. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, dann ist auch ein Güterhändler verpflichtet den jeweiligen Vertragspartner sowie einen gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten zu identifizieren. Wird hingegen die gleiche Transaktion durch eine bargeldlose Zahlung des Vertragspartners abgewickelt, ist grundsätzlich keine Identifizierung erforderlich. Daraus lässt sich ableiten, dass im zweiten Fall ein geringeres transaktionsbezogenes Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vorliegt als nach dem ersten Sachverhalt. Wurde im Rahmen der Bestandsaufnahme eine Analyse aller Transaktionen in einem bestimmten Zeitraum durchgeführt und wurden diese zudem nach bargeldlosen Zahlungen sowie solchen Zahlungen mit Bargeld unterschieden, dann kann an dieser Stelle eine Gewichtung der Zahlungsvarianten vorgenommen werden. Führt die Gewichtung zu dem Ergebnis, dass überwiegend mit Bargeld bezahlt wird, dann geht damit auch ein potentiell höheres Transaktionsrisiko einher. Dieses Risiko kann bei einer weiteren Betrachtung jedoch weiter minimiert werden. Dazu sollte eine Betrachtung der jeweiligen Transaktionshöhe vorgenommen werden. Werden in der Mehrheit oder ausschließlich Transaktionen mit Bargeld unterhalb des gesetzlichen Schwellenwertes durchgeführt, reduziert sich ebenfalls das von den Transaktionen ausgehende Risikopotential. Mit wenigen Mitteln kann also eine Erfassung des Risikopotentials vorgenommen werden.

164

5  Die Risikoanalyse

In Abwandlung dazu können Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter gleichwertige Betrachtungen anstellen. Die Sorgfaltspflichten müssen im Fall von Kunstgegenständen unabhängig von der Zahlungsart immer dann erfüllt werden, wenn eine Transaktion ein Gut im Wert von mindestens EUR 10.000 zum Gegenstand hat. Folglich ist eine Betrachtung der Gegenstandswerte der jeweiligen Vermittlung oder Lagerhaltung erforderlich. Liegen die Gegenstandswerte mehrheitlich unterhalb des Schwellenwertes ist per se von einem geringeren Risikopotential auszugehen. Daneben kann die Art und Weise der Durchführung der Transaktionen die Risikolage beeinflussen. Vertreibt der Güterhändler seine Produkte etwa über ein Ladengeschäft, dann ist üblicherweise davon auszugehen, dass jeder Kunde persönlich erscheint, um eine Transaktion durchzuführen. Wird diese übliche Vorgehensweise durchbrochen und der Kunde ruft an oder schickt einen Boten oder einen bevollmächtigten Stellvertreter, um ein bestimmtes Gut zu kaufen, dann kann sich hieraus ebenfalls ein Risiko ergeben. Die Vorgehensweise könnte bewusst gewählt worden sein, um weiterhin im Verborgenen zu bleiben. Das Geldwäschegesetz verlangt deshalb wieder sowohl die Identifizierung der für den Kunden auftretenden Person als auch die Identifizierung des eigentlichen Vertragspartners, der bei der Transaktion nicht persönlich vor Ort anwesend ist und infolgedessen auch nicht durch den Güterhändler identifiziert werden können. Beachtet der Güterhändler nicht, dass er in dieser Fallkonstellation eben nicht nur die vor ihm auftretende Person identifizieren muss, dann war das Verschleierungsgeschäft aus Sicht des Kunden erfolgreich, weil seine tatsächliche Identität weiterhin im Verborgenen bleibt. Eine natürliche Person, die im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelt und eine Transaktion abschließt, macht aufgrund dieses Verhaltens deutlich, dass es grundsätzlich nichts zu verbergen gibt. Natürlich kann es sein, dass ohne entsprechende Kenntnis des Güterhändlers, der Vertragspartner in Form einer natürlichen Person gerade mit der einen Transaktion versucht, die von ihm hinterzogenen und unversteuerten Zinserträge zu legalisieren. Sofern es keine Auffälligkeiten gibt, die einen Verdacht an der Integrität und den Angaben des Vertragspartners begründen, hat der Güterhändler auch keinen Anlass den Angaben des Kunden nicht zu vertrauen. Anders kann sich dies verhalten, wenn es sich bei dem betreffenden Kunden um eine aus der Öffentlichkeit bekannte Person der Organisierten Kriminalität handelt. Dieser Umstand muss als Indikator für ein potentiell höheres Risiko beachtet werden, stellt jedoch für sich allein genommen noch keinen Verdacht dar. Insbesondere mit Blick auf die transaktionsbezogenen Risiken ergibt sich für einen Güterhändler bei der Umsetzung der geldwäscherechtlichen Anforderungen im Kern ein Zielkonflikt. Einerseits will der Güterhändler wie jeder Unternehmer einen Gewinn erzielen und seinen Gewinn mehren. Dieses Ziel kann bei gleichen Strukturen über mehr abgeschlossene Transaktionen erzielt werden, indem mit jedem sich bietenden Kunden eine Transaktion abgeschlossen und dadurch ein zusätzlicher Ertrag erzielt wird. Demgegenüber steht das Ziel des Geldwäschegesetzes die Durchführung bestimmter Transaktionen von vornherein zu verhindern. Dem Inhaber von illegalen Vermögenswerten soll es erschwert und im Idealfall unmöglich gemacht werden, einen Nutzen aus diesen

5.5 Risikoklassifizierung

165

Vermögenswerten zu ziehen. Es soll erreicht werden, dass die illegalen Vermögenswerte faktisch unbrauchbar und wertlos werden. Die Verhinderung einer Transaktion ist aber im grundlegenden Widerspruch zum Interesse des Güterhändlers, der seinen Ertrag aus der Durchführung von Transaktionen zieht.

5.5 Risikoklassifizierung Nachdem im Vorfeld eine Identifizierung und Erfassung aller potentiellen Risiken des Missbrauchs zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung erfolgt ist, müssen diese eingestuft und bewertet werden. Zu diesem Zweck sollte ein einheitlicher Rahmen vorgegeben werden auf dessen Grundlage eine Einordnung der potentiellen Risiken erfolgt. Mithilfe der Risikoklassifizierung wird anschließend bestimmt, wie hoch die Eintrittswahrscheinlichkeit des jeweiligen Risikos ist. Außerdem wird eine Bestimmung des jeweiligen Risikopotentials vorgenommen. Das Ergebnis der Risikoklassifizierung ist anschließend der Gradmesser für die zu treffenden risikobasierten Maßnahmen, um die präventiven Ziele des Geldwäschegesetzes zu erreichen. Wichtig ist, dass es keine verbindlichen gesetzlichen Vorgaben darüber gibt, wie die Risikoklassifizierung im Einzelnen erfolgen muss. Dieser Ermessensspielraum eröffnet dem Güterhändler eine flexible Gestaltung unter Berücksichtigung seiner eigenen Geschäftstätigkeit. Die folgenden Ausführungen geben eine Orientierung, wie eine Risikoklassifizierung strukturiert sein kann, wobei die einzelnen Parameter von Güterhändler zu Güterhändler unterschiedlich ausfallen. Nicht nur die Parameter als solches können differieren, auch die jeweilige Ausprägung der Parameter kann anders ausfallen. Ist der betreffende Güterhändler beispielsweise im Großhandel tätig, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Vertragspartner eher als juristische Person organisiert sind. In diesem Fall würde eine natürliche Person als Vertragspartner eher ungewöhnlich sein. Jede Abweichung von den üblichen Marktusancen würde potentiell eher für eine höhere Risikotendenz sprechen, als für eine Risikominimierung. Im Gegensatz dazu, könnte es für einen im Einzelhandelsbereich tätigen Güterhändler eine Abweichung darstellen, wenn eine juristische Person eine Barzahlung vornehmen möchte und keine Zahlung im Wege einer Überweisung oder Kartenzahlung. Vor diesem Hintergrund muss jeder Güterhändler selbst eine objektive und realistische Risikoklassifizierung unter Berücksichtigung der eigenen Geschäftstätigkeit vornehmen. Zunächst müssen intern allgemeine Rahmenbedingungen aufgestellt werden, um eine einheitliche Vorgehensweise sowie ein belastbares Ergebnis zu gewährleisten. Zu diesem Zweck sind sowohl eine Festlegung der individuellen Parameter als auch die Bestimmung der Ausprägung dieser Parameter erforderlich. Eine Orientierung zur Unterteilung der verschiedenen Risikoklassen geben die in Tab. 5.7 enthaltenen Ausführungen. Die individuelle Festlegung der Rahmenbedingungen kann je nach Güterhändler unterschiedlich ausfallen. Daher ist die vorstehende Tabelle nicht als verbindliche Auf-

Standort an der Grenze

(Fortsetzung)

Flughafen, Fernbahnhof oder Auto- Standort mit Anbindung an Flugbahn in der Nähe hafen, Fernbahnhof und Autobahn

Grenzregion in der Nähe

Kunde ist nicht immer persönlich anwesend

Kunde ist persönlich anwesend

Kunde in der Regel nicht persönlich anwesend

Identifizierung nur einzelfallbezogen möglich

Florierender (anonymer) Zweitmarkt

Hohe Gewinnmargen

Identifizierung kann mit Ausnahmen mit standardisierten Mitteln erfolgen

Zweitmarkt zum Teil vorhanden

Kein Zweitmarkt

Identifizierung mit standardisierten Mitteln möglich

Durchschnittliche Gewinnmarge

Geringe Marge

Preise regelmäßig über Schwellenwert

Hochwertige Güter

Kunden mit Sitz in einem Drittstaat mit hohem Risiko oder von der FATF als „High risk and other monitored jurisdictions“ eingestuften Staat

Produktpreise auch über Schwellenwert

Eigentümer- und Kontrollstruktur nicht überprüfbar

Ausländische Rechtsform

Keine Registerpflicht

Hohes Risiko

Kunden mit Sitz in Drittstaat mit Kunden mit Sitz in Deutschland, gleichwertigen präventiven Regeln Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum

Güter sind haltbar

Eigentümer- und Kontrollstruktur ist noch ermittelbar

Transparente Eigentümer- und Kontrollstruktur Geringer Produktpreis

Rechtsform kann unterschiedlich gestaltet werden

Gesetzlich klar geregelte Rechtsform

Verderbliche Güter

Registereintragung nur freiwillig

Mittleres Risiko

Eintragungspflicht in amtlichen Registern

Geographische und länderbezogene Keine Grenzregion Risiken Kein Flughafen, Fernbahnhof oder Autobahn in unmittelbare Nähe

Kundenbezogene Risiken

Produktbezogene Risiken

Unternehmensbezogene Risiken

Geringes Risiko

Tab. 5.7  Modell für die Risikoklassifikation

166 5  Die Risikoanalyse

Zahlung auch mit Bargeld Transaktionen gelegentlich über Schwellenwert

Transaktion weit unterhalb des Schwellenwertes

Teilweise Kontrollen und Überwachungen

Umfangreiche Kontrollen und Überwachungen Bargeldlose Zahlung

Vertriebsstrukturen nur teilweise dokumentiert

Mittleres Risiko

Vertriebsstrukturen (fast) vollständig dokumentiert

Geringes Risiko

Rahmenbedingungen zur Risikoklassifikation

Transaktionsbezogene Risiken

Vertriebsbezogene Risiken

Tab. 5.7   (Fortsetzung)

Transaktionen regelmäßig über Schwellenwert

Zahlung immer mit Bargeld

Keine Kontrollen und Überwachungen

Vertriebsstrukturen nicht dokumentiert

Hohes Risiko

5.5 Risikoklassifizierung 167

168

Abb. 5.2   2 × 2 Risikomatrix

Abb. 5.3   3 × 3 Risikomatrix

5  Die Risikoanalyse

5.5 Risikoklassifizierung

169

Tab. 5.8  Festlegung des Risikowerts anhand einer 3 × 3 Risikomatrix Fall

Parameter

Auswirkung

Eintrittswahrscheinlichkeit

Risikowert

1.

Vertragspartner ist bereits identifiziert

Niedrig

Niedrig

1

2.

Vertragspartner hat bereits früher bargeldlos eingekauft und seine kundenbezogenen Daten zu Marketingzwecken offen gelegt, wurde aber nicht überprüft (keine Identifizierung)

Niedrig

Mittel

2

3.

Vertragspartner ist namentlich bekannt, aber er hat bisher nicht im Geschäft eingekauft

Mittel

Mittel

3

4.

Vertragspartner ist unbekannt

Hoch

Hoch

5

5.

Vertragspartner ist eine politisch exponierte Person

Hoch

Mittel

4

6.

Vertragspartner ist eine juristische Person

Hoch

Niedrig

3

Klassifizierung von kundenbezogene Risiken

zählung von Kriterien zu werten. Vielmehr muss jeder Güterhändler selbst eine Festlegung unter Berücksichtigung der jeweiligen Gesamtumstände vornehmen. Sind die individuellen Rahmenbedingungen festgelegt, kann im nächsten Schritt die Bewertung der Risiken erfolgen. Basis hierfür kann eine „2 × 2 Risikomatrix“, wie in Abb. 5.2 dargestellt, sein. Wird eine größere Abstufungstiefe benötigt, kann auch die in Abb. 5.3 dargestellte „3 × 3 Risikomatrix“ verwendet werden. Die zur Anwendung kommende Risikomatrix sollte unter Berücksichtigung der Unternehmensgröße, der verschiedenen Geschäftsaktivitäten sowie des Umfangs und der Komplexität der ausgeführten Geschäfte ausgewählt werden. Das bedeutet auch, dass die Anwendung der 2 × 2 Risikomatrix für solche Güterhändler vollkommen ausreichend sein kann, die zwar als Verpflichtete des Geldwäschegesetzes gelten, deren spezifische Geschäftstätigkeit jedoch eher für ein geringes Geldwäsche Risiko spricht. Andererseits kann der Detaillierungsgrad einer 3 × 3 Risikomatrix mitunter zu unspezifisch sein, um eine sachgerechte und individuelle Betrachtung eines stark diversifizierten Geschäftsmodells und der jeweiligen Risiken zu ermöglichen. In diesem Fall können auch die umfangreicheren 4 × 4 oder 5 × 5 Risikomatrizen usw. verwendet werden. Wie den Abbildungen entnommen werden kann, wird auf Basis der X-Achse (Abszisse) eine Bestimmung der Auswirkung vorgenommen. Die Auswirkung entspricht dem potentiellen Schaden in Folge der aufsichtsrechtlichen Maßnahmen, wie der Verhängung einer

170

5  Die Risikoanalyse

Geldbuße bis hin zur Freiheitsstrafe. Die Eintrittswahrscheinlichkeit wird auf der Y-Achse (Ordinate) abgebildet. Je weiter entfernt die Einordnung vom Nullpunkt erfolgt, desto höher ist das jeweilige Risiko. Das folgende Beispiel zeigt auf, wie eine Einstufung der kundenbezogenen Risiken auf Basis der 3 × 3 Matrix erfolgen könnte: Risikoklassifizierung

Der Güterhändler A betreibt sein Geschäft als Uhrenhändler im Zentrum von Berlin und hat grundsätzlich nur natürliche Personen als Vertragspartner. Es werden verschiedene Modelle von Armbanduhren, die zwischen EUR  1000 und 50.000 angeboten. Ein potentieller Vertragspartner betritt das Geschäft und möchte eine Uhr für EUR 20.000 kaufen. Die Zahlung soll mit Bargeld erfolgen. In Bezug auf die kundenbezogenen Risiken wäre unter anderem die in Tab. 5.8 dargestellte Auswertung denkbar. Die vorstehende Tabelle soll beispielhaft die Anwendung der Risikomatrix erklären, wobei die aufgezeigten Konstellationen nicht abschließend sind. Im Einzelnen wurden für die Feststellung des jeweiligen Risikowertes folgende Aspekte berücksichtigt: 1. Unter Berücksichtigung der Gesamtheit aller Kunden ist die Gruppe der bereits im Sinne des Geldwäschegesetzes identifizierten Vertragspartner eher gering. Dementsprechend liegt auch die Eintrittswahrscheinlichkeit unter 25  %. Weil der Vertragspartner bereits identifiziert ist, sind die möglichen Auswirkungen (Risiken) ebenfalls als niedrig einzustufen. 2. In diesem Fall wurden bereits Daten des Kunden erhoben. Ein Schritt zur Identifizierung wurde demnach bereits erfüllt. Die Wahrscheinlichkeit dieser Konstellation ist höher als im Fall 1, aber dennoch nicht als hoch anzusehen. Außerdem gibt es bereits aufgrund der früheren Einkäufe eine nachvollziehbare Papierspur, die im Falle von Ermittlungen zu einem Bankkonto führen würde. Deshalb sind die Auswirkungen weiterhin als niedrig eingestuft. 3. Von dem Kunden ist zwar der Name bekannt, aber weitere Angaben wurden bisher nicht erhoben. Auch liegen keine weiteren Daten aufgrund früherer Einkäufe vor. Es ist wahrscheinlich, dass dieser potentielle Kunde zuvor beraten wurde, aber noch keine Entscheidung über den Kauf getroffen wurde. Nach reiflicher Überlegung soll der Kauf vollzogen werden. Dabei handelt es sich um einen eher üblichen Sachverhalt aus der Geschäftspraxis, weshalb die Eintrittswahrscheinlichkeit mit „mittel“ eingestuft wurde. Da es keine weiteren Informationen zum Vertragspartner gibt, besteht ein höheres Risiko. Dem steht jedoch gegenüber, dass der Kunde wiederholt das Geschäft aufgesucht hat und mithin die Transparenz nicht scheut. Folglich wurde zwar ein Risiko angenommen, dieses aber als mittel eingestuft.

5.5 Risikoklassifizierung

171

4. Es ist Bestandteil des täglichen Geschäfts, dass unbekannte Personen die Ladenräume betreten. Folglich wurde die Eintrittswahrscheinlichkeit mit „hoch“ bewertet. Liegen über den Kunden gar keine Informationen vor, dann geht damit auch ein hohes Risiko einher. 5. Bei der Ermittlung des Risikowertes für den als politisch exponierte Person einzustufenden Vertragspartner wurde bezüglich der Eintrittswahrscheinlichkeit berücksichtigt, dass sich das Geschäft in der Nähe von zahlreichen Botschaften befindet. Dementsprechend nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass es sich bei dem Vertragspartner um einen Botschafter handeln könnte. Dennoch ist die Eintrittswahrscheinlichkeit geringer einzustufen als im 4. Fall, wenngleich die potentiellen Auswirkungen weiterhin hoch sind. 6. Es ist zwar sehr unwahrscheinlich, dass eine natürliche Person in ihrer Funktion als Vertreter einer juristischen Person das Geschäft betritt, aber nicht vollkommen ausgeschlossen. Selbst wenn ein solcher Sachverhalt eintritt, ist es noch unwahrscheinlicher, dass der Vertreter mit Bargeld bezahlt und die Zahlung nicht per Rechnung erfolgt. Mithin ist die Eintrittswahrscheinlichkeit zwar niedrig, aber die Umstände des Sachverhaltes sind ungewöhnlich und sprechen für ein hohes Risiko. Wird bei der vorstehenden Auswertung zudem berücksichtigt, ob es sich bei dem betreffenden Kunden um einen Vertragspartner mit Wohnsitz im Inland oder im Ausland handelt, kann die jeweilige Bewertung ebenfalls anders ausfallen. Die Nähe zu einem international angebundenen Flughafen sowie die Lage des Geschäfts in Zentrumsnähe, wo sich auch zahlreiche Sehenswürdigkeiten der Stadt befinden, tragen dazu bei, dass auch ausländische Personen im Geschäft auftreten könnten. Dabei sollte auch berücksichtigt werden, dass in zahlreichen Ländern sogenannte Bargeldzahlungsverbote gesetzlich geregelt sind. Diese verbieten es den jeweiligen Inländern – in der Regeln aus steuerrechtlichen Erwägungen – Geschäfte mit Bargeld zu bezahlen, die einen gesetzlich geregelten Schwellenwert überschreiten. Derartige Geschäfte müssen mit einer bargeldlosen Zahlung durchgeführt werden, um dadurch eine vollständige Papierspur zu erlangen. ◄ Wurden sämtliche kundenbezogenen Risiken individuell beurteilt, ergibt sich daraus eine Reihe von Risikozahlen. Diese müssen dann gewichtet und zusammengeführt werden, um einen Risikowert für die betrachtete Kategorie bestimmen zu können. Die ­unternehmens-, produkt-, vertriebs- und transaktionsbezogenen sowie geographischen und infrastrukturellen Risiken können in gleicher Art und Weise bestimmt werden. Die so ermittelten Risikowerte fließen anschließend in die Gesamtbetrachtung ein. Weiteren Einfluss auf die Gesamtbetrachtung haben die gesammelten Erkenntnisse aus den bereits getroffenen internen Sicherungsmaßnahmen. Hierunter sind sowohl Erkenntnisse aus der Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu verstehen, als auch die Berücksichtigung der aus internen Verdachtsmeldungen sowie aus Verdachtsmeldungen im Sinne von § 43 GwG

172

5  Die Risikoanalyse

gewonnenen Ergebnisse und Erfahrungen. Ferner sollten außerdem die Ergebnisse von internen sowie externen Prüfungen in Bezug auf die Umsetzung der Anforderungen des Geldwäschegesetzes einfließen. Die Zusammenführung all dieser Erkenntnisse ergibt ein Gesamtrisikoprofil des Güterhändlers. Darauf aufbauend können die weiteren Maßnahmen zur Abwehr der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung getroffen werden. Je höher das jeweilige Risiko, desto nachhaltiger und umfangreicher sollten die internen Sicherungsmaßnahmen sein, bis hin zum Ausschluss von bestimmten Geschäftsaktivitäten.

5.6 Maßnahmen zur Risikobegrenzung Die Risikoanalyse wird fortgesetzt mit den Maßnahmen zur Risikobegrenzung. Dabei handelt es sich um alle vom Güterhändler getroffenen Maßnahmen, um die jeweilige Risikosituation zu reduzieren und die geldwäscherechtlichen Anforderungen ordnungsgemäß zu erfüllen. Die Maßnahmen sollen dazu beitragen, das Risiko des Missbrauchs zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung auf ein aus betriebswirtschaftlicher Sicht akzeptables Maß zu reduzieren. Insofern ergibt sich aus der Risikoanalyse auch eine Steuerungsfunktion für den Güterhändler. Auf Basis der Risikoklassifizierung können auch solche Geschäfte identifiziert werden, die aufgrund des mit ihnen einhergehenden Risikos nicht akzeptabel erscheinen und daher nicht eingegangen werden sollen. Die Maßnahmen können zwar gezielt an der Risikoklassifizierung der jeweiligen Risikokategorie ausgerichtet werden, allerdings kann deren Ausgestaltung bei jedem Güterhändler unterschiedlich ausfallen, weil immer auf das individuelle Geschäftsmodell abgestellt werden muss. Nicht jede infrage kommende Maßnahme ist auch für jeden Güterhändler in gleicher Art und Weise geeignet. Zielsetzung sollte es immer sein, mit jeder getroffenen Maßnahme sowohl die tatsächliche Eintrittswahrscheinlichkeit als auch die damit verbundenen Auswirkungen zu minimieren. Auch wenn sich die Maßnahmen nicht allgemeingültig festlegen lassen, kann dennoch die Grundaussage getroffen werden, dass der Umfang und der Grad der Maßnahmen umso höher ausfallen sollten, je höher das Ergebnis der Risikoklassifizierung ausgefallen ist. Die Einleitung von internen Sicherungsmaßnahmen trägt zur Minderung der jeweiligen Risikosituation bei und führt zu einer weiteren Begrenzung der potentiellen Auswirkungen für den Güterhändler. Anhand der Risikomatrix lässt sich einfach festlegen, welcher Bereich als noch akzeptabel angesehen werden kann und welcher Bereich mit derart hohen Risiken verbunden ist, dass von einer Durchführung von Transaktionen abgesehen werden sollte. Grundsätzlich sollten alle roten Felder vermieden werden, insbesondere dann, wenn auch mit umfangreichen internen Sicherungsmaßnahmen, das Risikopotential nicht in einen akzeptablen Bereich gebracht werden kann. In diesem Fall sollten in der Risikoanalyse alle Erwägungen dargelegt werden, die zum Festhalten an den betreffenden Geschäftsaktivitäten geführt haben. Ferner sind auch Aussagen dahingehend

5.6  Maßnahmen zur Risikobegrenzung

173

zu treffen, dass in Folge der internen Sicherungsmaßnahmen genügend Sicherheit erlangt wurde und die Missbrauchsgefahr ausgeschlossen erscheint. Bleibt die Frage, welche internen Sicherungsmaßnahmen zur Reduzierung der Risiken zur Verfügung stehen. Die Möglichkeiten sind dabei äußerst vielfältig. Sie reichen vom Ausschluss gewisser Geschäftsabschlüsse bis hin zum Einsatz von ­IT-gestützten Systemen. Zwar führt § 6 Abs. 2 GwG in einer beispielhaften – jedoch nicht abschließenden – Auszählung auf, was interne Sicherungsmaßnahmen im Sinne des Geldwäschegesetzes sind. Allerdings werden bis auf qualitative Vorgaben keine quantitativen Vorgaben gemacht. Eine derartige Regelung würde einige Verpflichtete von vornherein überfordern und andere Verpflichtete wiederum begünstigen. Ferner würden die sehr unterschiedlichen Geschäftsmodelle über alle Branchen viel zu wenig Berücksichtigung finden, was im Ergebnis alles andere als sachgerecht und effektiv wäre. Es greift also auch hier der risikobasierte Ansatz, dass jeder Verpflichtete auf Basis der erstellten Risikoanalyse selbständig sein Ermessen ausübt und die nach seinem Dafürhalten für sein spezifisches Geschäft zugeschnittenen internen Sicherungsmaßnahmen ergreift. In den folgenden Kapiteln werden die regelmäßig anzutreffenden Maßnahmen benannt und erläutert. Die in § 6 GwG unter der Überschrift „Interne Sicherungsmaßnahmen“ festgelegten gesetzlichen Anforderungen sind letztlich Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Risikominderung. Insofern wird auf die Ausführungen zu den Organisationspflichten und den darin beschriebenen internen Sicherungsmaßnahmen in Kap. 7 hingewiesen. An dieser Stelle wird ein exemplarischer Überblick über die internen Sicherungsmaßnahmen gegeben.

5.6.1 Information und Aktualisierung Hiermit ist zunächst die fortlaufende Information über die gesetzlichen Anforderungen gemeint. Jede Änderung des Geldwäschegesetzes kann eine Erweiterung oder Änderung der bisher an einen Güterhändler gestellten Anforderungen mit sich bringen. Zur Vermeidung der Begehung einer Ordnungswidrigkeit ist eine regelmäßige Prüfung unumgänglich. Ferner hat sich jeder Güterhändler auch über Auslegungs- und Anwendungshinweise, Informationen und Typologien im Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu informieren. Die Auslegungs- und Anwendungshinweise der zuständigen Aufsichtsbehörden sind im Kern als sogenannte Verwaltungspraxis anzusehen. Das heißt, die Umsetzung der darin gemachten Ausführungen wird dem Grunde nach vom Güterhändler erwartet, vor allem dann, wenn die Auslegungs- und Anwendungshinweise spezifisch auf die Gruppe der Güterhändler ausgerichtet wurde. Die zuständigen Aufsichtsbehörden im Nicht-Finanzsektor haben sich einheitlich auf die Veröffentlichung der folgenden Merkblätter verständigt:

174

5  Die Risikoanalyse

• Basisinformationen Geldwäschegesetz (GwG) – für Güterhändler, Immobilienmakler und andere Nichtfinanzunternehmen • Risikobasierte organisatorische Maßnahmen nach dem Geldwäschegesetz (GwG) – für Güterhändler, Immobilienmakler und andere Nichtfinanzunternehmen Die Merkblätter sind in der Regel auf der Internetseite der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde zum Abruf verfügbar. Außerdem haben einige zuständige Aufsichtsbehörden weitere Dokumente veröffentlicht, die auch auf Güterhändler anwendbar sind und ihnen helfen sollen, die geldwäscherechtlichen Pflichten zu erfüllen. Die dezentrale Aufsicht führt dazu, dass alle Veröffentlichungen der für einen Güterhändler zuständigen Aufsichtsbehörden überwacht werden müssen und es eben nicht möglich ist, sich lediglich auf die Veröffentlichungen der zuständigen Aufsichtsbehörde zu stützen, die am juristischen Hauptsitz des Unternehmens zuständig ist. Neben den direkten Veröffentlichungen der zuständigen Aufsichtsbehörden gibt es weitere Institutionen, die regelmäßig auf neue Dokumente geprüft werden sollten. Dabei handelt es sich vor allem um: a) Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen – FIU b) Bundesministerium der Finanzen c) Financial Action Task Force Die FIU veröffentlicht sowohl Fachstudien als auch ihren Jahresbericht. Der Jahresbericht gibt Aufschluss über die im Berichtsjahr erstatteten Verdachtsmeldungen sowie die daraus gewonnenen Erkenntnisse. Das Bundesministerium der Finanzen hat beispielsweise mit Datum vom 6. November 2014 Auslegungshinweise zur Handhabung der Verdachtsmeldung (§ 11 GwG) veröffentlicht.26 Auch wenn die Auslegungshinweise noch auf die alte Rechtslage des § 11 GwG a. F. abstellen und nicht auf den neuen § 43 GwG, sind die Inhalte ihrem Kern nach weiterhin anwendbar. Eine wesentliche Informationsquelle sind dabei auch die Veröffentlichungen der FATF, die sich mit allen Themen rund um die Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung befasst. Dazu gehören die 40 Empfehlungen ebenso wie die Einstufung von nichtkooperierenden Staaten oder Ausführungen zur Umsetzung des risikobasierten Ansatzes. Neben diesen Informationsquellen ist die Einbindung von weiteren externen Dritten ein Weg zur Informationsbeschaffung und Aktualisierung der bestehenden Strukturen.

26Bundesministeriums

der Finanzen, Auslegungshinweise vom 6. November 2014.

5.6  Maßnahmen zur Risikobegrenzung

175

5.6.2 Bestellung eines Geldwäschebeauftragter Eine zentrale Maßnahme ist die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten wie in Abschn. 7.3 im Detail beschrieben. Auch wenn Güterhändler nicht unmittelbar gesetzlich zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten verpflichtet sind, ist die Umsetzung dieser internen Sicherungsmaßnahme dennoch empfehlenswert. Dies gilt unabhängig davon, ob die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde von ihrem Anordnungsrecht nach § 7 Abs. 3 GwG Gebrauch gemacht hat. Mit der Bestellung eines Geldwäschebeauftragten wird die Zuständigkeit für dieses Thema beim Güterhändler klar geregelt. Nur wenn es eine klare Verteilung der Zuständigkeiten und der damit einhergehenden Aufgaben gibt, wird auch die Erfüllung dieser Aufgaben gewährleistet. Die Festlegung der „Zuständigkeit“ ist nicht zu verwechseln mit der Festlegung der „Verantwortlichkeit“. Die Verantwortung, einschließlich für das richtige Handeln des Geldwäschebeauftragten, liegt immer bei dem benannten Mitglied der Leitungsebene, als einem Geschäftsführer, Mitglied des Vorstands, geschäftsführenden Partner oder anderen gesetzlichen Vertretungsorgan. Die Fülle der geldwäscherechtlichen Fragestellungen, die komplexen gesetzlichen Regelungen und vor allem deren Auslegung machen den Aufbau entsprechender Sach- und Fachkompetenz erforderlich. Die in Kap. 4 gemachten Ausführungen lassen erkennen, welche Risiken der Güterhändler eingeht, wenn keine klaren Zuständigkeitsregelungen vorhanden sind. Die Schwelle zu einem fahrlässig begangenen Verstoß gegen die geldwäscherechtlichen Anforderungen ist schnell erreicht und überschritten. Vor allem für Güterhändler, die nicht über die personellen Ressourcen verfügen, um dieses Thema sachgerecht in eigener Regie zu behandeln, kann eine Auslagerung auf einen geeigneten Dritten eine Alternative darstellen. Mit der Bestellung eines Geldwäschebeauftragten wird ferner die Schaffung von einheitlichen Strukturen erreicht. Der Geldwäschebeauftragte wird einheitliche Regelungen zur Umsetzung der gesetzlichen Sorgfaltspflichten beim Güterhändler festlegen und die jeweiligen Mitarbeiter im Umgang mit diesen internen Anweisungen schulen. Außerdem ist der Geldwäschebeauftragte zentraler Ansprechpartner für alle themenbezogenen Fragen der Mitarbeiter. Das Risiko von Verstößen gegen die gesetzlichen Regelungen kann durch diese Maßnahme erheblich reduziert werden.

5.6.3 Organisationsanweisungen Der Schutz des Güterhändlers vor einem Missbrauch zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung setzt voraus, dass alle Mitarbeiter zum einen in Kenntnis der gesetzlichen Anforderungen und zum anderen in Kenntnis der internen Umsetzung sind. Die interne Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen kann nur dann einheitlich erfolgen, wenn entsprechende Organisationsanweisungen schriftlich niedergelegt wurden. Nur mit einer klaren Richtschnur ist gewährleistet, dass jeder Mitarbeiter die Anforderungen in

176

5  Die Risikoanalyse

gleicher Art und Weise erfüllen kann. Vor diesem Hintergrund wird in § 6 Abs. 2 Nr. 1 GwG auch die Ausarbeitung von internen Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen in Bezug auf die geldwäscherechtlichen Regelungen explizit gefordert. Die Organisationsanweisungen müssen unter anderem die jeweiligen Details enthalten, wie die Erhebung der Daten zur Identität und die Art und Weise der Überprüfung beim Verpflichteten individuell geregelt und festgelegt wurde. In Abhängigkeit davon, ob die vereinfachten, allgemeinen oder verstärkten Sorgfaltspflichten anwendbar sind, müssen den Organisationsanweisungen entsprechende Regelungen entnommen werden können, wie individuell vorzugehen ist. Zu weiteren Details wird auf Abschn. 7.1 verwiesen.

5.6.4 Mitarbeiterinformation und -schulung Die Implementierung von internen Organisationsanweisungen beim Güterhändler allein reichen nicht, um den Risiken sicher entgegentreten zu können. Wesentlicher Baustein in der Reihe von Maßnahmen sind die Mitarbeiter. Die Mitarbeiter des Güterhändlers müssen die internen Organisationsanweisungen nicht nur kennen, sondern auch in der Lage sein, diese anzuwenden. Allzu oft werden die Organisationsanweisungen von zentralen Bereichen im Unternehmen geschrieben und einfach als anwendbar erklärt. Dabei wird außer Acht gelassen, dass nicht bei jedem Mitarbeiter das gleiche Informationsniveau im Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorausgesetzt werden kann. Dass eine solche Organisationsanweisung effektiv von allen betreffenden Mitarbeitern in der Praxis richtig umgesetzt und angewendet werden kann, setzt die Schulung dieser Mitarbeiter voraus. Dabei ist zu beachten, dass die Schulung aller betreffender Mitarbeiter je nach Risikosituation ebenfalls regelmäßig (jährlich oder alle zwei Jahre) wiederholt wird. Diese Maßnahme verhindert, dass es zu Nachlässigkeiten kommt. Ferner wird sichergestellt, dass neueste geldwäscherechtliche Entwicklungen im Rahmen der Schulung vermittelt werden können. Weitere Ausführungen können Abschn. 7.6 entnommen werden.

5.6.5 Kontrollen und Monitoring Im Bereich der Güterhändler gibt es vielfältige Geschäftsmodelle, weshalb auch keine verbindliche Festlegung der jeweils zu treffenden Maßnahmen gemacht werden kann. Die Möglichkeiten zur individuellen Ausübung des Gewerbes sowie des Aufbaus von Unternehmensstrukturen führen folglich auch dazu, dass die potentiellen Angriffspunkte sehr unterschiedlich ausfallen können. Jeder Güterhändler ist daher gut beraten, nicht nur darauf zu vertrauen, dass die implementierten Maßnahmen angemessen sind und von allen Mitarbeitern befolgt werden, sondern es muss zusätzlich deren Einhaltung kontrolliert werden. Nur durch Kontrolle der Umsetzung der internen Organisationsanweisungen können Schwach-

5.6  Maßnahmen zur Risikobegrenzung

177

punkte festgestellt werden, die es unverzüglich abzustellen gilt. Außerdem werden Mängel bei der Anwendung der internen Organisationsanweisungen erkannt, die mitunter auf missverständliche Formulierungen oder auf eine unzureichende Regelung zurückgeführt werden können. Kontrollen können sowohl prozessbegleitend als auch nachgelagert erfolgen. Sie dienen dazu, sowohl die organisatorischen Schwachstellen zu identifizieren als auch die Effektivität und Angemessenheit der getroffenen Maßnahmen zu überprüfen und sicherzustellen. Die Kontrollen schließen auch die festgelegten prozessualen Überwachungshandlungen mit ein. Die durch Kontrollen erlangten Erkenntnisse tragen dazu bei, die bisherigen Strukturen durch weitere Anpassungen oder Ergänzungen noch effektiver und effizienter zu gestalten. Neben der Kontrolle der internen Grundsätze und eingesetzten Systeme ist das Monitoring eine interne Sicherungsmaßnahme. Unter dem Begriff „Monitoring“ wird die Überwachung verstanden. Bei einem Güterhändler sind – anders als bei den übrigen Verpflichteten – nicht die Geschäftsbeziehungen im Sinne des Geldwäschegesetzes zu überwachen, sondern die Transaktionen, die im Rahmen des gewerblich ausgeübten Handels durchgeführt werden. Gerade in diesem Bereich gilt es die Besonderheiten für Güterhändler zu beachten. Es gibt derzeitig keine gesetzliche Regelung in Deutschland, die eine Zahlung mit Bargeld ab einer bestimmten Höhe verbieten würde. Jedoch in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ist dies höchst unterschiedlich geregelt. Dort gibt es sehr wohl gesetzliche Regelungen, die eine Annahme von Bargeld in Höhe eines festgelegten Betrages oder mehr von ein und dem gleichen Vertragspartner verbieten. Hat der Güterhändler einen Standort in einem Land mit Zahlungsbeschränkungen muss der Güterhändler vor dem Abschluss einer Transaktion in der Lage sein, ad hoc zu überprüfen, ob von dem betreffenden Vertragspartner an diesem Tag noch Bargeld angenommen werden kann. Für den Güterhändler in Deutschland bedeutet das im Umkehrschluss, dass ein erhöhtes Risiko darin besteht, dass ein Kunde aus einem anderen Land mit Zahlungsbeschränkungen versucht, sein (illegal erworbenes) Bargeld in unbegrenzter Höhe in Deutschland zu platzieren und in einen anderen Vermögensgegenstand umzutauschen. Barzahlungsverbot

In der Tschechischen Republik ist es verboten, an einem Kalendertag mehr als CZK 270.000 von einem Kunden mit Wohnsitz im Inland in Form von Bargeld anzunehmen. Jeder Güterhändler mit einem Standort in der Tschechischen Republik muss diese gesetzliche Regelung vor Ort befolgen. Ein Kunde mit Wohnsitz in der Tschechischen Republik kauft bei einem Güterhändler in Prag ein. Am Vormittag erwirbt der Kunde Güter im Wert von CZK 250.000 und bezahlt diese mit Bargeld. Am Nachmittag des gleichen Kalendertages will der gleiche Kunde weitere Güter bei demselben Güterhändler erwerben. Dieses Mal sollen die Güter nur CZK 125.000 kosten und der Kunde möchte wiederum mit Bargeld bezahlen.

178

5  Die Risikoanalyse

Unabhängig davon, ob der Kunde geldwäscherechtlich identifiziert wird ist es in diesem Fall dem Güterhändler gesetzlich nicht gestattet, die Transaktion mit Bargeld am gleichen Tag durchzuführen. Die Transaktion dürfte jedoch durchgeführt werden, wenn der Kunde den Betrag in Form einer bargeldlosen Zahlung begleicht. Alternativ könnte die Transaktion auch an jedem folgenden Kalendertag durchgeführt werden. ◄ Das vorstehende Beispiel macht deutlich, dass es vor allem im Ausland erforderlich sein kann, die Transaktionshöhe in Bezug auf einen Kunden zu überwachen. Abgesehen von diesem auslandsbezogenen Beispiel, sollte unter Berücksichtigung des jeweiligen Risikopotentials auch in Deutschland eine Überwachung der Transaktionen erfolgen, die mit einem Vertragspartner mit Sitz im Ausland durchgeführt werden. Dabei ist vor allem an den Versuch des Vertragspartners zu denken, den gesetzlichen Schwellenwert von EUR 10.000 (bzw. EUR 2000) bewusst zu unterwandern und eine Identifizierung zu vermeiden. Vor allem dann, wenn der Vertragspartner eine Transaktion künstlich aufteilt, kann hieraus ein Verdachtsmoment entstehen, der die Erfüllung der Sorgfaltspflichten nach sich zieht. Die auch als „Smurfing“ bezeichnete Aufteilung von Transaktionen zur Vermeidung der Überschreitung des gesetzlichen Schwellenwertes ist über die Definition des Begriffes der „Transaktion“ erfasst. Dabei kommt es auf folgenden Wortlaut in § 1 Abs. 5 Satz 1 GwG an: …oder sind eine oder, soweit zwischen ihnen eine Verbindung zu bestehen scheint, mehrere Handlungen, die eine Geldbewegung oder eine sonstige Vermögensverschiebung … bezwecken oder … bewirken.

Die Vorgehensweise des Smurfing war bereits mit der Umsetzung der Dritten Geldwäscherichtlinie im Geldwäschegesetz erfasst. Dieser Gedanke wird mit der Definition des Transaktionsbegriffes fortgeführt. In der Gesetzesbegründung zur Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie heißt es27: Der Versuch, sich durch Aufteilung einer Bartransaktion in mehrere kleinere Transaktionen, Kundensorgfaltspflichten zu entziehen (sog. „Smurfing“ oder „Structuring“) war schon nach § 3 Absatz 2 Nummer 2 GwG bisherige Fassung zu beachten. Bestimmte Sorgfaltspflichten orientieren sich an Schwellenwerten. Um zu verhindern, dass diese Schwellenwerte durch eine Aufteilung in Transaktionen, die jeweils unterhalb der Schwellenwerte angesiedelt sind, zu verhindern, sieht die Definition es als ausreichend an, wenn zwischen einzelnen Transaktionen ein Zusammenhang zu bestehen scheint. Es ist damit konsequenterweise – auch im Zusammenhang mit der Erfüllung der Sorgfaltspflichten – sicherzustellen, dass innere Zusammenhänge zwischen künstlich aufgespaltenen Transaktionen erkannt werden.

27Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 102.

5.6  Maßnahmen zur Risikobegrenzung

179

Die Regelung im Geldwäschegesetz erfasst damit auch solche Sachverhalte, bei denen der Vertragspartner die Bargeldzahlungen für eine oder auch mehrere Transaktionen künstlich aufspaltet, um im Rahmen des jeweils einzelnen Geschäfts bewusst den Schwellenwert von EUR 10.000 zu unterlaufen. Ein solches künstliches Aufspalten kann bereits darin begründet sein, dass eine Transaktion im Wert von EUR 20.000 mit zwei oder mehr separaten Zahlungen beglichen wird. Handelt es sich dabei jeweils um bargeldlose Zahlungsvorgänge zum Beispiel in Form einer Kreditkartenzahlung oder einer Überweisung, dann findet § 10 Abs. 6a GwG grundsätzlich keine Anwendung. Wird hingegen eine Aufteilung des Transaktionsbetrages dahingehend vorgenommen, dass zum Beispiel ein Betrag in Höhe von EUR 9999 mit Bargeld bezahlt wird und der verbleibende Differenzbetrag mit einer bargeldlosen Zahlung, dann können sich hieraus Anhaltspunkte für Smurfing ergeben und die gesetzlichen Pflichten zur Identifizierung auslösen. Gerade bei den EUR 9999 könnte es sich möglicherweise um inkriminierte Vermögenswerte handeln, die auf diese Art und Weise in den Wirtschaftskreislauf eingebracht werden. Aber auch das künstliche Aufteilen der Transaktion als solches kann die Pflicht zur Identifizierung des Vertragspartners auslösen. Kommt der Kunde etwa an drei aufeinander folgenden Geschäftstagen und kauft jeweils für einen Betrag knapp unterhalb des gesetzlichen Schwellenwertes ein, dann ergeben sich auch aus diesem Verhalten Anhaltspunkte, die auf Geldwäsche hinweisen können. Selbst wenn bei der Durchführung einer solchen Transaktion nicht unmittelbar ein Zusammenhang zu einer anderen Transaktion des Vertragspartners hergestellt werden kann, ist dies gegebenenfalls im Rahmen einer Nachbetrachtung möglich, insbesondere dann, wenn von dem betreffenden Vertragspartner der Name zur Erstellung der jeweiligen Transaktionsrechnung erfasst wurde. Die nachgelagerte Überwachung der Transaktionen könnte also ebenfalls eine probate Maßnahme sein, die Missbrauchsrisiken zu minimieren.

5.6.6 Verdachtsmeldungen Ebenso wichtig wie die Einhaltung der Sorgfaltspflichten ist das Wissen darum, was in einem Verdachtsfall zu tun ist. Jeder betreffende Mitarbeiter eines risikoanfälligen Bereichs muss wissen, an wen ein vorliegender Verdacht auf Geldwäsche zu melden ist. Auch hier ist ein bestellter Geldwäschebeauftragter von Vorteil. Einerseits ist der Geldwäschebeauftragte unmittelbarer Ansprechpartner für die Mitarbeiter und kann gegebenenfalls schnell im Rahmen einer telefonischen Sachverhaltsklärung bereits eine Bewertung vornehmen. Andererseits laufen beim Geldwäschebeauftragten alle internen Verdachtsmeldungen zentral zusammen und können entsprechend beurteilt werden. Aufgrund der beim Geldwäschebeauftragen vorhandenen Erfahrungswerte kann eine Entscheidung über die Durchführung einer Verdachtsmeldung im Sinne von § 43 GwG gegenüber der FIU getroffen werden. Der einheitliche Prozess stellt sicher, dass der Güterhändler seinen Verpflichtungen aus dem Geldwäschegesetz nachkommen kann. Vor allem wird gewährleistet, dass nicht jeder Mitarbeiter im Namen des Güterhändlers

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5  Die Risikoanalyse

wahllos Verdachtsmeldungen abgibt. Auch wird das Szenario vermieden, dass weder eine interne noch eine externe Verdachtsmeldung erstattet wird, weil die Mitarbeiter nicht wissen, welches Handeln erwartet wird. Die Folge könnte ein ordnungswidriges Handeln des Güterhändlers sein, weil eine Verdachtsmeldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gemacht wurde. In diesem Zusammenhang wird auf die detaillierten Ausführungen zur Verdachtsmeldung in Kap. 8 verwiesen.

Literatur 1. FATF. Guidance on the RBA for Dealers in Precious Metals and Stones vom 17. Juni 2008. http://www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents/reports/RBAforDealersinPreciousMetalandSto nes.pdf. Zugegriffen: 6. Januar. 2020.

6

Sorgfaltspflichten

Die vorherigen Kapitel befassten sich einerseits mit den im Geldwäschegesetz verwendeten Begriffen. Andererseits wurden die allgemeinen Risiken für Güterhändler betrachtet, die in Folge einer nicht ordnungsgemäßen Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen entstehen können. Mit den Ausführungen über die Erstellung einer Risikoanalyse wurde ein weiteres wesentliches Element bei der Umsetzung des Geldwäschegesetzes beim Güterhändler vorgestellt. In diesem Kapitel sollen nunmehr die sogenannten Sorgfaltspflichten betrachtet werden. Außerdem werden praktische Hinweise sowohl zur Feststellung der Identität des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person oder eines wirtschaftlich Berechtigten als auch zu deren Überprüfung gegeben. Die Ausführungen werden auch deutlich machen, dass oftmals bereits viele Daten vom Vertragspartner vorhanden sind. Gleich vorab sei darauf hingewiesen, dass kein Güterhändler die Umsetzung der Sorgfaltspflichten dadurch verhindern kann, dass die folgende Aussage vorgetragen wird: Man kann nicht einfach jeden Kunden nach seinen personenbezogenen Daten fragen. Wenn das gemacht wird, dann schließt der Kunde kein Geschäft ab. Dann kann das Gewerbe auch gleich aufgegeben werden.

Im Gegenteil. Die Sorgfaltspflichten müssen von allen Verpflichteten des Geldwäschegesetzes erfüllt werden. Die Güterhändler sind also nicht allein in der Pflicht den Vertragspartner, eine gegebenenfalls für diesen auftretende Person und den wirtschaftlich Berechtigten zu identifizieren. Es ist die erklärte Absicht des Gesetzgebers, dadurch Transparenz in Bezug auf die Transaktionen sowie die Geschäftsverbindungen herzustellen, dass die Anonymität des Vertragspartners sowie eines gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten wegfällt.1 In der Anwendung des „Know Your

1Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 29.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 O. Bausch und T. Voller, Geldwäsche-Compliance, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17562-7_6

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182

6 Sorgfaltspflichten

Customer“ Prinzips wird eine präventive Wirkung vor Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gesehen, weil die dabei entstehende Papierspur dazu beiträgt, die Hintergründe der Durchführung von Transaktionen zu erkennen.2 Außerdem muss auch jeder Vertragspartner gemäß § 11 Abs. 6 GwG die zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten notwendigen Informationen und Unterlagen zur Verfügung stellen. Ferner muss der Vertragspartner in diesem Zusammenhang auch offenlegen, ob er für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt oder für sich selbst. In der Praxis reicht in der Regel bereits der Hinweis gegenüber dem Vertragspartner aus, dass eine gesetzliche Pflicht zur Erhebung der Daten besteht. Sollte der verpflichtete Güterhändler nicht in der Lage sein, aus welchen Gründen auch immer, die allgemeinen Sorgfaltspflichten vollständig zu erfüllen, dann darf er die angetragene Transaktion nicht durchführen. Im Geldwäschegesetz wird eine Abstufung des Umfangs der Erfüllung der Sorgfaltspflichten unter Berücksichtigung der jeweiligen Risiken vorgenommen. Der mit Umsetzung der Dritten Geldwäscherichtlinie eingeführte risikobasierte Ansatz eröffnet dem Verpflichteten des Geldwäschegesetzes einen Ermessensspielraum darüber, in welchem Umfang die gesetzlichen Sorgfaltspflichten unter Berücksichtigung der konkreten Risikosituation erfüllt werden.3 Der risikobasierte Ansatz wird auch nach der Novellierung des Geldwäschegesetzes fortgesetzt, gestärkt und präzisiert.4 Die „allgemeinen Sorgfaltspflichten“ (§ 10 GwG) bilden dabei das Kernelement und sind Anknüpfungspunkt für die gesetzlich geregelten Fallgruppen, sowohl in Bezug auf die „vereinfachten Sorgfaltspflichten“ (§ 14 GwG) als auch die „verstärkten Sorgfaltspflichten“ (§ 15 GwG). Jeder Güterhändler darf unter Beachtung dieser Fallgruppen und insbesondere der Anlagen 1 und 2 zum Geldwäschegesetz den Umfang der Maßnahmen zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten im Sinne von § 10 Abs. 2 GwG flexibel festlegen, wobei allerdings das jeweils von dem konkreten Vertragspartner und Produkt sowie der konkreten Transaktion und der verbundenen Art und Weise der Abwicklung ausgehende Risiko beachtet werden muss.5 Die Abb. 6.1 veranschaulicht die hierarchische Abstufung der Sorgfaltspflichten. Die Mehrheit aller dem Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes unterliegenden Fälle wird durch die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten erfüllt werden. Deshalb ist die robuste Ausgestaltung der allgemeinen Sorgfaltspflichten von besonderer Bedeutung. Die individuellen Ergebnisse der in Kap. 5 beschriebenen Risikoanalyse geben Aufschluss darüber, inwiefern die vereinfachten oder verstärkten Sorgfaltspflichten zum Einsatz kommen können. Wenngleich die vereinfachten Sorgfaltspflichten bei Güterhändlern wohl selten anwendbar sein werden.

2Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 29. BT-Drucks. 16/9038, S. 35. 4Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 88; BT-Drucks. 18/11555, S. 116. 5Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 35. 3Vgl.

6 Sorgfaltspflichten

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Abb. 6.1   Darstellung der Sorgfaltspflichten

Der Umfang der vom Güterhändler zu erfüllenden Sorgfaltspflichten richtet sich vor allem nach dem vom Vertragspartner oder dem dahinterstehenden wirtschaftlich Berechtigten ausgehenden Risikopotential. Ferner kann eine Transaktion selbst Anlass dazu geben, dass die verstärkten Sorgfaltspflichten angewendet werden müssen. Je höher das potentielle Risiko ist, desto umfangreicher fallen die anwendbaren Sorgfaltspflichten aus. Die Abb. 6.2 veranschaulicht den Zusammenhang zwischen Vertragspartnertypen und Risikopotential und der damit einhergehenden Anwendung der jeweiligen Sorgfaltspflichten.

Abb. 6.2   Anwendung der Sorgfaltspflichten nach kundenbezogenem Risikopotential

184

6 Sorgfaltspflichten

Die Anwendung von vereinfachten Sorgfaltspflichten ist als „Kann-Regel“ ausgestaltet. Aus praktischer Sicht bringt sie nur dann einen Vorteil, wenn der Verpflichtete tatsächlich mit entsprechenden Vertragspartnern Transaktionen abschließt oder die vertragsgegenständlichen Produkte eine risikobasierte Reduzierung der allgemeinen Sorgfaltspflichten rechtfertigen. Ist die Anzahl der betreffenden Vertragspartner im Verhältnis zu allen anderen Vertragspartnern eher gering, dann ist es oft effizienter, dennoch die allgemeinen Sorgfaltspflichten anzuwenden und keine Vereinfachung vorzunehmen. Die mit der Ausdifferenzierung der anwendbaren Sorgfaltspflichten einhergehende Komplexität für die interne Umsetzung erhöht gleichzeitig das Risiko einer nicht sachgerechten Anwendung im Einzelfall. Im Gegensatz dazu müssen entsprechende Regelungen für den Umgang mit solchen Fällen geschaffen werden, welche die Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten im Sinne von § 15 GwG begründen. Anderenfalls würde der Güterhändler die Anforderungen des Geldwäschegesetzes nicht angemessen berücksichtigen und umsetzen. Die folgenden Kapitel legen die Anforderungen der jeweiligen Sorgfaltspflichten dar. Es werden die erforderlichen Angaben zur Identifizierung eines Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person oder eines wirtschaftlich Berechtigten benannt sowie die mögliche Vorgehensweise zur Durchführung der Identifizierung. Dazu werden im Abschn. 6.1 die jeweiligen Anforderungen aufgeführt, die in Form der allgemeinen Sorgfaltspflichten dem Grundsatz nach zu erfüllen sind. Auf dieser Basis werden anschließend die jeweiligen Abstufungen bei der Anwendung von vereinfachten Sorgfaltspflichten (Abschn.  6.2) oder verstärkten Sorgfaltspflichten (Abschn.  6.3) beschrieben.

6.1 Allgemeine Sorgfaltspflichten Die Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie wurde im Wege der Neufassung des Geldwäschegesetzes vorgenommen. Dabei wurden zahlreiche Regelungen, die bereits in Umsetzung der Dritten Geldwäscherichtlinie Einzug gehalten hatten – insbesondere der risikobasierte Ansatz – fortgeführt, weshalb die Regelung des aktuellen Geldwäschegesetzes an vielen Stellen mit dem Wortlaut der vorangegangenen Regelungen gleich lauten. Aber natürlich hat die Vierte Geldwäscherichtlinie für eine Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung gesorgt und neue Anforderungen eingeführt. Deshalb wird in der Gesetzesbegründung unter anderem dargelegt, dass die Vorschrift des § 10 GwG im Wesentlichen der bisherigen Fassung in § 3 GwG a. F. entspricht.6

6Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 116.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

185

In § 10 Abs. 1 GwG werden die „allgemeinen Sorgfaltspflichten“ festgelegt. u  Die allgemeinen Sorgfaltspflichten bestehen zusammengefasst aus folgenden fünf Elementen: 1. Die Identifizierung des Vertragspartners und gegebenenfalls der für ihn auftretenden Person sowie die Prüfung, ob die auftretende Person zur Vertretung des Vertragspartners berechtigt ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG). 2. Die Abklärung, ob ein wirtschaftlich Berechtigter involviert ist und dessen Identifizierung, gegebenenfalls verbunden mit der Feststellung der Eigentums- und Kontrollstruktur des Vertragspartners, sofern dieser eine juristische Person oder Personengesellschaft ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG). 3. Die Einholung und Bewertung von Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 GwG). 4. Die Feststellung, ob es sich bei dem Vertragspartner oder dem wirtschaftlich Berechtigten um eine politisch exponierte Person, um ein Familienmitglied oder eine bekanntermaßen nahestehende Person handelt (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 GwG). 5. Die kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung einschließlich der Transaktionen, die in ihrem Verlauf durchgeführt werden, um so sicherzustellen, dass die abgeschlossenen Transaktionen mit den beim Verpflichteten vorhandenen Dokumenten und Informationen sowie dem Kundenprofil übereinstimmen, verbunden mit der der zeitlich angemessenen Aktualisierung der Daten des Vertragspartners und eines vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG). Die grundlegende Festlegung, wann die vorgenannten allgemeinen Sorgfaltspflichten von den Verpflichteten des Geldwäschegesetzes erfüllt werden müssen kann § 10 Abs. 3 GwG (Abschn. 6.1.1) entnommen werden, die allerdings für Güterhändler nach § 10 Abs. 6a GwG spezifiert werden. Nur wenn eine der dort aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt ist, kommen die allgemeinen Sorgfaltspflichten bzw. die vereinfachten oder die verstärkten Sorgfaltspflichten zur Anwendung. Werden die allgemeinen Sorgfaltspflichten im Einzelnen betrachtet, dann erschließt sich die Stoßrichtung des Gesetzgebers sehr schnell. Die Identität des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person und eines gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten soll ermittelt werden, um die betreffenden Personen transparent zu machen. Ferner können aus dem Zweck einer Geschäftsbeziehung sowie der in diesem Zusammenhang durchgeführten Transaktionen auch Anhaltspunkte für ein auffälliges oder ungewöhnliches Verhalten gewonnen werden. Diese Anhaltspunkte können möglicherweise einen Verdacht begründen, der die Abgabe einer Verdachtsmeldung nach sich zieht. Wobei die Verdachtsmeldung wiederum Ausgangspunkt für weitere Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden sein kann. Alles zielt auf die abschreckende Wirkung dieser präventiven Maßnahmen ab, welche die Wahrscheinlichkeit der Aufdeckung von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung sowie die damit einhergehende Strafverfolgung der betreffenden Personen erhöhen sollen.

186

6 Sorgfaltspflichten

Als erste Sorgfaltspflicht wird die Identifizierung des Vertragspartners entsprechend den Vorschriften des § 11 Abs. 4 GwG und § 12 Abs. 1 und 2 GwG genannt. Diese Pflicht ist von elementarer Bedeutung für die Abwehr von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung. Die Art und Weise der Erhebung der Daten zur Identität sowie deren Überprüfung ist Bestandteil des nachfolgenden Abschn. 6.1.3 im Allgemeinen, des Abschn. 6.1.4 in Bezug auf natürliche Personen sowie des Abschn. 6.1.5 in Bezug auf juristische Personen oder Personengesellschaften. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Stellen verwiesen. Die zweite Sorgfaltspflicht erfasst die Abklärung, ob der bereits identifizierte Vertragspartner für sich selbst handelt oder etwa für einen wirtschaftlich Berechtigten im Sinne des Geldwäschegesetzes. Ist ein wirtschaftlich Berechtigter vorhanden, dann muss auch dieser nach Maßgabe des § 11 Abs. 5 GwG identifiziert werden. Wie bereits bei der Identifizierung des Vertragspartners wird auf die spezifischen Ausführungen in Abschn. 6.1.4 und 6.1.5 verwiesen, in denen die Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten im Detail behandelt wird. Daneben definiert der Gesetzgeber als dritte Sorgfaltspflicht die Einholung von Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung, soweit sich diese nicht bereits zweifelsfrei aus der Geschäftsbeziehung ergeben. Diese Regelung dient vor allem der Verbesserung des kundenbezogenen Risikoprofils und der anschließenden Überwachung der Geschäftsbeziehung. Bereits hier ergeben sich aufgrund der gesetzlichen Verweiskette für Güterhändler Erleichterungen in Bezug auf den Umfang der allgemeinen Sorgfaltspflichten. Wie bereits bei der Definition des Begriffs „Geschäftsbeziehung“ (siehe Abschn.  3.6) ausgeführt, sind Güterhändler gemäß § 10 Abs. 6a GwG nicht dazu verpflichtet, die allgemeinen Sorgfaltspflichten zu erfüllen, wenn sie eine Geschäftsbeziehung mit einem Kunden begründen. Im Umkehrschluss kann dies nur bedeuten, dass die Einholung von Informationen über den Zweck der angestrebten Geschäftsbeziehung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 GwG für Güterhändler nicht direkt anwendbar ist. Dennoch sollte in solchen Fällen, bei denen eine dauerhafte Kundenbeziehung zu einem Vertragspartner aufgebaut und gegebenenfalls sogar vertraglich geregelt wird, auch eine Abklärung der mit dieser Kundenbeziehung verfolgten Zwecke erfolgen. Die Kenntnis dieser Information kann wesentlich für die geldwäscherechtliche Überwachung der mit diesem Vertragspartner abgeschlossenen Transaktionen sein. Abgesehen davon lässt diese Information auch aus wirtschaftlicher Sicht wesentliche Rückschlüsse darüber zu, an welchen anderen Gütern des Güterhändlers der Vertragspartner außerdem Interesse haben könnte, um so noch weitere Transaktionen abschließen zu können. Ohnehin wird heutzutage viel Aufwand dahingehend betrieben, mehr über den Vertragspartner zu erfahren. Viele Unternehmen setzen zur Verbesserung der Kundenbindung ein eigenes internes „Customer-Relationship-Management“, auch kurz CRM genannt, ein. Die enge Ver­ bindung zwischen Marketing und CRM besteht nicht überraschend. Immerhin werden aus der Analyse des Kaufverhaltens der Vertragpartner sowie deren persönlichen Daten auch gezielte Marketingkampagnen abgeleitet. Die bereits vorhandenen Daten können im Sinne der Abwehr von Aktivitäten zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

187

verwendet werden. Gerade wenn bereits personenbezogene Daten in einem CRMSystem erfasst wurden, dann sind regelmäßig bereits wesentliche Daten zur Identität des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person oder eines vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten erhoben worden. Folglich müssten zur Erfüllung der geldwäscherechtlichen Pflichten lediglich noch die gegebenenfalls fehlenden Daten erhoben werden und im weiteren Schritt einer Überprüfung unterzogen werden. Mit der Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie wurde als neue und vierte Sorgfaltspflicht die Pflicht zur Abklärung des gegebenenfalls vorhandenen Status des Vertragspartners oder des wirtschaftlich Berechtigten eingeführt, ob es sich bei diesem um eine politisch exponierte Person, ein Familienmitglied oder eine bekanntermaßen nahestehende Person handelt. Die Pflicht zur Abklärung erstreckt sich nicht auf die für den Vertragspartner gegebenenfalls auftretende Person. Allerdings muss der Sachverhalt in Erwägung gezogen werden, dass die auftretende Person eine politisch exponierte Person ist. Hieraus leitet sich unmittelbar die Fragestellung ab, in welchem Verhältnis die auftretende Person zum Vertragspartner oder zum gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten steht und ob sich dieses Verhältnis ebenfalls risikoerhöhend auf diese anderen Personen auswirkt. Nur die ganzheitliche Betrachtung erlaubt eine Entscheidung darüber, ob auf den Vertragspartner allgemeine oder verstärkte Sorgfaltspflichten angewendet werden können.7 Den Abschluss der allgemeinen Sorgfaltspflichten bildet die kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung, einschließlich der in ihrem Verlauf durchgeführten Transaktionen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG. Die Regelung zielt auf die Aufdeckung der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen ab, bei denen zwar sowohl die Identität der betreffenden Personen als auch Zweck und angestrebte Art der Geschäftsbeziehung ermittelt wurde, aber bei der sich erst aus kontinuierlicher Überwachung der laufenden Geschäftsbeziehung in Hinblick auf einzelne Transaktionen bestimmte Auffälligkeiten bzw. Abweichungen von dem gewöhnlichen Geschäftsverhalten ergeben.8 Eben diese Auffälligkeiten und Abweichungen gilt es ebenso zu ermitteln wie bewusst versteckte Risikoindikatoren, die zum Zeitpunkt der Begründung der Geschäftsbeziehung entweder noch gar nicht existierten oder aber nicht erkennbar waren.9 Diese Verpflichtung stellt eine Erweiterung der dritten Sorgfaltspflicht dar und dient ebenfalls der Erstellung eines Risikoprofils des Kunden. Unter Anwendung des risikobasierten Ansatzes kann der folgende Grundsatz formuliert werden: Je weniger Risiken von dem betreffenden Vertragspartner ausgehen, desto weniger intensiv und umfangreich müssen die Präventionsmaßnahmen in Bezug auf diesen sein.

7Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 116. BT-Drucks. 16/9038, S. 34. 9Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 34. 8Vgl.

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6 Sorgfaltspflichten

Wie bereits bei der dritten Sorgfaltspflicht knüpft auch diese Regelung an eine bestehende Geschäftsbeziehung an. Der gesetzliche Fokus in Bezug auf Güterhändler liegt jedoch auf dem Abschluss einzelner Transaktionen und gerade nicht auf der Begründung einer für eine gewisse Dauer eingegangenen Geschäftsbeziehung mit dem jeweiligen Vertragspartner. Die spezifisch für Güterhändler aufgenommene Formulierung des § 10 Abs. 6a GwG beschränkt sich auf die Durchführung von bestimmten Transaktionen als pflichtauslösende Voraussetzung für die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten.10 Außerdem müssen Güterhändler die allgemeinen Sorgfaltspflichten immer dann erfüllen, wenn nach § 10 Abs. 3 Nr. 3 GwG, ungeachtet etwaiger nach dem Geldwäsche bestehender Ausnahmenregelungen, Befreiungen oder Schwellenwerten Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass die für die Transaktion eingesetzten Vermögensgegenstände im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung stehen.11 Das bedeutet die Fallgruppe der Begründung einer Geschäftsbeziehung im Sinne von § 10 Abs. 3 Nr. 1 GwG als pflichtauslösende Voraussetzung zur Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten gemäß § 10 Abs. 1 GwG ist explizit ausgeschlossen und schafft damit eine Privilegierung der Güterhändler.12 Ferner kommt die Fallgruppe nach § 10 Abs. 3 Nr. 4 GwG bei einem Güterhändler nicht zur Anwendung. Bei einem Güterhändler als Verpflichteten des Geldwäschegesetztes kommt es deshalb nicht darauf an, ob die die allgemeinen Sorgfaltspflichten auslösende Transaktion im Rahmen einer bestehenden Kundenbeziehung oder außerhalb einer solchen mit dem betreffenden Vertragspartner oder einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person durchgeführt wird.13 Deshalb kann bei Güterhändlern gerade nicht der gleiche Maßstab an die Überwachung einer Kundenbeziehung und der im Verlauf dieser abgeschlossenen Transaktionen angelegt werden, wie es bei anderen nicht privilegierten Verpflichteten der Fall ist. Grund hierfür ist, dass Güterhändler zwar eine Kundenbeziehung zu ihrem Vertragspartner begründen mögen, allerdings ist diese Kundenbeziehung gerade nicht gleichzusetzen mit dem Begriff der Geschäftsbeziehung im Sinne von § 1 Abs. 4 GwG. Aber die fünfte Sorgfaltspflicht beinhaltet nicht nur die Pflicht zur Überwachung der Geschäftsbeziehung, sondern im zweiten Halbsatz auch die Pflicht zur Aktualisierung der Daten des Vertragspartners sowie gegebenenfalls des wirtschaftlich Berechtigten in angemessenen zeitlichen Abständen. Die kontinuierliche Überwachung stellt wiederum auf die bestehende Geschäftsbeziehung ab, die für Güterhändler aber nicht ausschlaggebend ist. Deshalb müssen auch in Hinblick auf die Aktualisierungsverpflichtung bei Güterhändlern andere Maßstäbe angesetzt werden. Die Pflicht zur Aktualisierung der Daten besteht nicht allein deshalb, weil ein Vertragspartner in der Vergangenheit eine

10Vgl.

BT-Drucks. 19/13827, S. 78. BT-Drucks. 19/13827, S. 78. 12Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 117; so bereits früher BT-Drucks. 16/9038, S. 35. 13Vgl. BT-Drucks. 16/9631, S. 5. 11Vgl.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

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die allgemeinen Sorgfaltspflichten auslösende Transaktion durchgeführt hatte und deshalb identifiziert werden musste. Vielmehr muss es wiederum zu einem die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten auslösenden neuen Ereignis kommen. Dabei kann es sich sowohl um eine erneute Transaktion handeln, die zum Beispiel mit Bargeld oberhalb des Schwellenwertes durchgeführt wird und gleichzeitig eine früher durchgeführte Identifizierung nicht mehr dokumentiert ist, als auch um dem Güterhändler vorliegende Tatsachen, die darauf hindeuten, dass es sich bei den Vermögensgegenständen des Vertragspartners um inkriminierte Gelder handelt. Liegt einer dieser auslösenden Fälle vor, dann müssen die bereits in der Vergangenheit schon einmal erhobenen Daten des Vertragspartners erneut erhoben und überprüft werden. Dieses Vorgehen soll sicherstellen, dass nicht nur neue Vertragspartner identifiziert werden, sondern zu angemessener Zeit und unter Berücksichtigung der jeweiligen Risiken die bereits in der Vergangenheit geschlossenen Kundenbeziehungen, um so die Effektivität und die Aussagekraft der Überwachungshandlungen zu gewährleisten.14 Das ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass ein und derselbe Vertragspartner bei jedem Abschluss einer Transaktion oberhalb des gesetzlichen Schwellenwertes erneut identifiziert werden muss. Hier gilt zunächst, dass der Güterhändler gemäß § 11 Abs. 3 GwG auf eine bereits in der Vergangenheit erfolgte nachvollziehbare Identifizierung, deren Aufzeichnungen unter Berücksichtigung von § 8 Abs. 4 GwG weiterhin beim Güterhändler vorhanden sind, zurückgreifen kann und deshalb von einer erneuten Durchführung absehen kann.15 Nachdem die allgemeinen Sorgfaltspflichten in ihren Grundsätzen dargestellt wurden, erfolgt nunmehr die Betrachtung aller für Güterhändler einschlägigen Voraussetzungen, welche die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten nach sich ziehen (Abschn. 6.1.1). Anschließend wird beschrieben, wie die verschiedenen Vertragspartner, gegebenenfalls für diese auftretende Personen identifiziert werden können und müssen. In diesem Zusammenhang wird außerdem die Vorgehensweise in Bezug auf wirtschaftlich Berechtigte erläutert.

6.1.1 Voraussetzungen für die Anwendung In § 10 Abs. 3 GwG werden vier Fälle definiert, in denen die Verpflichteten im Sinne von § 2 Abs. 1 GwG die zuvor beschriebenen allgemeinen Sorgfaltspflichten erfüllen müssen. Im Umkehrschluss kann festgehalten werden, wenn keine der nachfolgend beschriebenen Fälle vorliegt, dann besteht auch kein Anlass zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten gemäß § 10 Abs. 1 GwG. Gleich vorab sei darauf hingewiesen, dass von den vier Fallgruppen des § 10 Abs. 3 GwG lediglich eine Fallgruppen für Güterhändler anwendbar ist. Wie bereits zuvor

14Vgl. 15Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 34. BT-Drucks. 18/11555, S. 118, in Verbindung mit BT-Drucks. 16/9631, S. 5.

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6 Sorgfaltspflichten

erwähnt, findet die erste Fallgruppe des § 10 Abs. 3 Nr. 1 GwG, wonach im Fall der Begründung einer Geschäftsbeziehung die allgemeinen Sorgfaltspflichten zu erfüllen, für Güterhändler keine Anwendung. Güterhändler unterliegen ferner nicht dem Anwendungsbereich der Durchführung einer Transaktion außerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 GwG, weil diese keine Geschäftsbeziehungen im Sinne von § 1 Abs. 4 GwG begründen. In Berücksichtigung dieses Umstandes können auch keine Zweifel im Sinne von § 10 Abs. 3 Nr. 4 GwG in Bezug auf früher erhobene Angaben zu der Identität des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person oder eines gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten vorhanden sein. Infolgedessen werden diese Fälle auch nicht weiter vertieft. Im Zuge der Novellierung hatte der Gesetzgeber für Güterhändler eine klare und eigenständige Regelung vorgenommen, wann die allgemeinen Sorgfaltspflichten in Abweichung zu § 10 Abs. 3 GwG zur Anwendung kommen.16 Diese insofern begrüßenswerte und auch für juristische Laien verständliche Regelung wurde aufgrund der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie und der Einführung der eigenständigen Typen von Verpflichteten – Kunstvermittler und Kunstlagerhalter – vollständig neu gefasst. Die neue Norm des § 10 Abs. 6a GwG ist Ergebnis der vom Gesetzgeber gewählten Zuordnung der „Kunstvermittler“ und der „Kunstlagerhalter“ zur Gruppe der Güterhändler und damit zur Begründung der Gruppe der „Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG“.17 Aufgrund dieser Vorgehensweise wurde eine komplexe und eine sich nicht direkt erschließende Norm geschaffen. Grund hierfür ist, dass nicht mehr nur eine Beschränkung auf bestimmte Transaktionen erfolgt, die (anteilig) mit Bargeld bezahlt werden. Ferner hat der Gesetzgeber unter Rückgriff auf die nationale Risikoanalyse eine gesetzliche Differenzierung des anwendbaren Schwellenwertes für Transaktionen unter Beteiligung von Bargeld getroffen. Unter Berücksichtigung der Risikolage erscheint es geboten für Transaktionen von Güterhändlern, die Edelmetalle in unverarbeiteter Form zum Gegenstand haben (§ 1 Abs. 10 Satz 2 Nr. 1 GwG), einen geringeren Schwellenwert in Höhe von EUR 2000 oder mehr für anwendbar zu erklären.18 Damit nicht genug, von § 10 Abs. 6a GwG werden jetzt auch spezifische Transaktionen in Kunstgegenständen erfasst, die einen Wert von mindestens EUR 10.000 haben, ohne dass es dabei auf die Frage der Zahlungsart (Bargeld oder bargeldlos) ankommt. Die komplexe Regelung wird zusätzlich dadurch ergänzt, dass unter Berücksichtigung des besonderen Transaktionsbegriffs aus § 1 Abs. 5 Satz 2 GwG bei Transaktionen von Kunstvermittlern oder Kunstlagerhaltern nicht auf den insofern geringeren Wert der Vermittlungsgebühr aus dem Vermittlungsgeschäft abzustellen ist, sondern auf den Wert des vermittelten Rechtsgeschäfts, also dem Wert des veräußerten Kunstgegenstandes.19

16Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 117. BT-Drucks. 19/13827, S. 78. 18Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 78. 19Vgl. BT-Drucks. 19/13827, 67. 17Vgl.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

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Aus der Perspektive eines Güterhändlers, einschließlich eines Kunstvermittlers oder Kunstlagerhalters, besteht der Anwendungsbereich für die Pflicht zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten folglich aus drei Fallgruppen. u  Güterhändler sind verpflichtet die allgemeinen Sorgfaltspflichten dann zu erfüllen, wenn einer der folgenden Sachverhalte vorliegt: 1. Bei der Durchführung einer Transaktion deren Wert einen bestimmten Schwellenwert (EUR 10.000 oder EUR 2000) überschreitet und (teilweise) mit Bargeld bezahlt werden soll. 2. Bei der Durchführung einer Transaktion im Wert von mindestens EUR 10.000 über Kunstgegenständen, unabhängig von der Zahlungsart (Bargeld oder bargeldlos). 3. Im Falle des Vorliegens von Tatsachen, die darauf hindeuten, dass es sich bei den Vermögensgegenständen, die mit einer Transaktion im Zusammenhang stehen, um den Gegenstand einer Straftat nach § 261 StGB handelt oder die Vermögensgegenstände im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen, ungeachtet etwaiger im Geldwäschegesetz genannter Ausnahmeregelungen, Befreiungen und Schwellenbeträge.

u Zu beachten ist insbesondere, dass jeder der vorstehenden Fälle für

sich selbst steht und die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten begründet. Bevor auf die jeweiligen Fallgruppen im Einzelnen eingegangen wird, sei nochmals betont, dass nicht etwa nur Transaktionen über einen bestimmten Schwellenwert unter Berücksichtigung des betreffenden Gutes und der Zahlungsmodalitäten die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten verlangen. Insbesondere die Fallgruppe des „Verdachts“ muss als gleichwertige und eigenständige Regelung betrachtet werden, die in gleicher Art und Weise die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten nach sich zieht. Gerade diese Trennung wird in der Praxis leicht vernachlässigt. Insofern sollte dieser Aspekt bei jeder Schulung der Mitarbeiter besondere Erwähnung finden. Aus diesem Grund erfolgt auch hier eine separate Betrachtung der für Güterhändler anwendbaren Fallgruppen. Zur weiteren Abgrenzung wird in Abschn. 6.1.1.4 zusätzlich dargelegt, warum Güterhändler nicht in den Anwendungsbereich der Erfüllung von allgemeinen Sorgfaltspflichten aufgrund von Zweifeln im Sinne von § 10 Abs. 3 Nr. 4 GwG fallen.

6.1.1.1 Fallgruppe – Transaktion mit Bargeld In diesem Abschnitt werden alle einschlägigen Transaktionen erfasst, die die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten auslösen und die Zahlung von Bargeld zum Gegenstand haben. Demnach werden zum einen die Transaktionen erfasst, die nach § 10 Abs. 6a Nr. 1 b) und c) GwG explizit auf die Beteiligung von Bargeld abstellen. Zum anderen werden aber auch die Transaktionen im Sinne von § 10 Abs. 6a Nr. 1 a) und Nr. 2 GwG

192

6 Sorgfaltspflichten

erfasst, die unter anderem auch mit Beteiligung von Bargeld bezahlt werden können, auch wenn es nicht primär auf die Bargeldzahlung sondern auf die Art des gehandelten oder vermittelten Gutes (Kunstgegenstände) respektive im Falle der Kunstlagerhalter die erbrachte Dienstleistung ankommt. Wird allein auf die Tatbestandsvoraussetzung des „Bargelds“ abgestellt, ergibt sich der Schluss, dass alle von einem Güterhändler, einschließlich der Kunstvermittler und Kunstlagerhalter, durchgeführten Transaktionen die zugleich mit Bargeld in Höhe von mindestens EUR 10.000 (respektive EUR 2000 bei Edelmetallen) und jedem darüber liegenden Wert bezahlt werden, zur Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten führen. Dieser Schluss geht allerdings deutlich zu kurz, weil nicht alle weiteren Regelungssachverhalte und die Intention des Gesetzgebers berücksichtigt werden. Vielmehr müssen mehrere Elemente bei der Annahme von Bargeld beachten werden. In jedem Fall müssen Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG bei der Annahme von Bargeld in Höhe von EUR 10.000 (respektive EUR 2000 bei Edelmetallen) oder mehr die allgemeinen Sorgfaltspflichten erfüllen und eine Identifizierung des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person und des gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten vornehmen. Neben der Annahme von Bargeld ist auch weiterhin das E-Geld zu berücksichtigten, weil dieses wie in Abschn. 3.8 beschrieben, weiterhin dem Bargeld gleichzusetzen ist. Selbst wenn berücksichtigt wird, dass der Erwerb von vollständig anonymisierten E-Geld nur innerhalb der engen Grenzen des § 25i KWG – der gespeicherte E-Geld Betrag darf EUR 150 nicht übersteigen – erlaubt ist, liegt dennoch der Erwerb mit Bargeld vor. Unabhängig davon, könnte der E-Geld-Emittent bei einer vollständigen Identifizierung seines Vertragspartners an diesen auch E-Geld in unbegrenzter Höhe bereitstellen, dass der Vertragspartner gegen Hergabe von Bargeld erhält. In der Folge besteht aus der Perspektive der Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG das Risiko, dass er nicht erkennt, dass es sich zum einen um E-Geld handelt und zum anderen, dass dieses E-Geld durch Zahlung von Bargeld vom Vertragspartner erlangt wurde. Die von den E-Geld-Emittenten ausgegebenen Zahlungskarten sind vielfach in das Netz der Betreiber von Zahlungssystemen eingebunden, um so die Attraktivität des E-Geld-Produktes durch eine Vielzahl von Akzeptanzstellen, wie zum Beispiel die ­ Güterhändler, zu erhöhen. Betreiber von Zahlungssystemen sind unter anderem die Kreditkartenorganisationen wie VISA, Mastercard oder American Express. Es zählen aber auch andere Betreiber dazu, wie die Deutsche Kreditwirtschaft, die das Zahlungssystem der „girocard“ (früher unter der Bezeichnung Electronic Cash – EC) anbietet. Eine Karte mit girocard Funktion haben fast alle in Deutschland ansässigen natürlichen Personen, die auch über ein Zahlungskonto in Deutschland verfügen. Die Karte wird unter anderem auch mit der Funktion der „Geldkarte“ bereitgestellt, die nichts anderes ist als ein E-Geld-Produkt. Verwendet ein Vertragspartner für die Durchführung des Zahlungsprozesses eine Karte beim Güterhändler, dann ist für diesen regelmäßig nicht ersichtlich, ob es sich um eine Zahlung mit E-Geld oder zulasten eines Zahlungskontos mit Buchgeld handelt.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

193

Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der von der gesetzlichen Regelung des § 10 Abs. 6a GwG erfasst werden soll, ist das sogenannte Smurfing oder Structuring, selbst wenn der Wortlaut dies nicht erkennen lässt. Insofern ist nicht allein auf die an den Schwellenwert anknüpfenden Formulierungen „von mindestens“ oder „über mindestens“ anzuknüpfen. Entscheidend ist die Abstellung auf den Begriff der „Transaktion“ als weiteres Element, dass als Voraussetzung für die Eröffnung des Anwendungsbereichs des Geldwäschegesetzes vorhanden sein muss. Fehlt es an einer Transaktion im Sinne von § 1 Abs. 5 GwG, dann ist der Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes für den Güterhändler nicht eröffnet. Unberührt davon bleiben die Pflichten nach § 10 Abs. 3 Nr. 3 GwG bei Verdacht. Der Begriff der Transaktion in § 1 Abs. 5 GwG stellt konsequenterweise im Zusammenhang mit der Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten darauf ab, dass innere Zusammenhänge zwischen künstlich aufgespalteten Transaktionen erkannt werden müssen und nicht außen vor bleiben dürfen. Zum einen wird aufgrund der Abstellung auf den Begriff der „Transaktion“, die künstliche Aufspaltung einer Transaktion – über mehrere Güter – in mehrere einzelne Transaktion – die jeweils nur ein oder wenige Güter zum Gegenstand haben – mit dem Ziel der Unterwanderung des Schwellenwertes erfasst.20 Zum anderen wird insbesondere die künstliche Aufspaltung der Bargeldzahlung in mehrere einzelne Zahlungen oder eine kombinierte Zahlung bestehend aus Bargeldanteil und bargeldlosem Anteil mit der gleichen Intention erfasst.21 Anknüpfungspunkt ist in beiden Fällen ist die Verhinderung von Smurfing oder Structuring. Was bedeutet das in der Praxis in Bezug auf (anteilige) Zahlungen mit Bargeld? Es ergeben sich die in Tab. 6.1 aufgeführten drei Konstellationen, die alle die Anwendbarkeit der allgemeinen Sorgfaltspflicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 GwG und somit die Identifizierung des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person sowie eines gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten nach sich ziehen. Die Fälle 2 und 3 können zudem in Kombination auftreten. Eine zusätzliche Steigerung liegt darin, dass der Vertragspartner nicht nur die Aufteilung der erworbenen Güter auf einzelne Rechnungen verlangt, sondern diese Rechnungen auch mit unterschiedlichen Zahlungsmethoden begleicht. Dabei sind die möglichen Ausprägungen durchaus vielfältig. Sei es, dass eine dieser aufgespaltenen Rechnungen vollständig mit Bargeld bezahlt wird, während eine weitere Rechnung mit E-Geld beglichen wird und die letzte Rechnung durch eine bargeldlose Zahlung wie einer Kreditkartenzahlung oder Überweisung erfüllt wird. Dabei kann es auch dazu kommen, dass die Zahlung des fälligen Kaufpreises von einer dritten Person, die ansonsten nicht an der Transaktion beteiligt ist und deshalb auch nicht als für den Vertragspartner auftretende Person gelten kann, beglichen wird. Ferner kann der Vertragspartner die Durchführung der einzelnen

20Vgl. 21Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 102. BT-Drucks. 18/11555, S. 102, in Verbindung mit BT-Drucks. 16/9631, S. 5.

Fall 2 Fall 3

Der Rechnungsbetrag wird vollständig mit Bargeld bezahlt

Standardfall

2. Option

Beurteilung

Fallgestaltungen – Transaktionen mit Bargeld

Alle Güter/Dienstleistungen werden auf einer Rechnung ausgewiesen

Ggf. Smurfing in Bezug auf die Transaktion zum Erwerb der Güter/Dienstleistungen

Alle Rechnungsbeträge werden jeweils einzeln mit Bargeld bezahlt

Der Vertragspartner verlangt die Güter/ Dienstleistungen auf mehr als eine Rechnung aufzuteilen. Jede Einzelrechnung liegt unterhalb des Schwellenwertes

Ggf. Smurfing in Bezug auf die Zahlungsweise zur Abwicklung der Transaktion

Bargeldlos für Differenzbetrag

E-Geld

Bargeld unterhalb Schwellenwert

Der Rechnungsbetrag wird durch Kombination verschiedener Zahlungsformen beglichen:

Alle Güter/Dienstleistungen werden auf einer Rechnung ausgewiesen

Vertragspartner kauft mindestens ein Gut oder mehrere Güter bzw. nimmt eine Dienstleistung in Anspruch. Der Gesamtbetrag der (zusammenhängenden) Transaktion hat einen Wert in Höhe des anwendbaren Schwellenwerts von EUR 10.000 respektive EUR 2000 bei Edelmetallen oder mehr

1. Option

Ausgangssituation

Fall 1

Tab. 6.1  Fallgestaltungen bei Zahlung mit Bargeld

194 6 Sorgfaltspflichten

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

195

Transaktionen auch zeitlich aufteilen, um so zu suggerieren, es gäbe keinen Zusammenhang zwischen den einzelnen Transaktionen. Am Ende ist jedoch entscheidend, dass es sich eigentlich um zusammenhängende „Geschäfte“ bzw. um miteinander zusammenhängende Zahlungen handelt, die alle zusammen als eine Transaktion im Sinne von § 1 Abs. 5 GwG verstanden werden müssen. In jedem Fall muss der Güterhändler prüfen, ob sich aus diesem Vorgehen etwaige Anhaltspunkte ergeben, die für die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten und insbesondere der Identifizierungspflicht sprechen. Je komplexer die vorgenommene Aufteilung ist, desto eher ist Smurfing wahrscheinlich, dem es durch entsprechende Maßnahmen präventiv zu begegnen gilt. Jeder Güterhändler sollte unter Berücksichtigung des risikobasierten Ansatzes sowie in Ausübung des Ermessenspielraums unternehmensintern bestimmte Anhaltspunkte definieren, um so den Mitarbeitern gegenüber einen klaren Handlungsrahmen vorzugeben. Grundsätzlich ist jede künstliche Aufspaltung der zur Bezahlung einer Transaktion angewendeten Zahlungsmethoden mit einem erhöhten Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung verbunden. Die Aufspaltung kann vom Vertragspartner bewusst vorgenommen werden, um einen illegal erlangten Bargeldbetrag unterhalb des anwendbaren Schwellenwerts in den legalen Wirtschaftskreislauf einzuschleusen. Wird zudem eine ungewöhnliche Stückelung von EUR 10, 20 oder 50 Noten zur Zahlung eingesetzt, dann soll darin ein weiterer Anhaltspunkt für ein Verdachtsmoment begründet sein. Infolgedessen sollte jede Abweichung vom Standardfall zum Anlass genommen werden, die allgemeinen Sorgfaltspflichten anzuwenden und den Vertragspartner, eine gegebenenfalls für diesen auftretende Person sowie den gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten zu identifizieren. Sowohl die Risikoanalyse als auch die Organisationsanweisungen sollten entsprechende Regelungen über diese Vorgehensweise enthalten. Abschließend ist zu berücksichtigten, dass sich die gesetzliche Regelung auf die Annahme oder Abgabe von Bargeld durch den Güterhändler bezieht. Erwirbt der Güterhändler demnach selbst einen Vermögensgegenstand von seinem Vertragspartner in Höhe des anwendbaren Schwellenwertes oder darüber, müssen auch in diesem Fall die allgemeinen Sorgfaltspflichten zur Anwendung gebracht werden. Das alle Handelsformen des geldwäscherechtlichen Güterhändlers erfasst sein sollen, hatte der Gesetzgeber im Zuge seiner Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 9 GwG klargestellt.22

6.1.1.2 Fallgruppe – Transaktionen mit Kunstgegenständen Mit der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie wurde es erforderlich, für Transaktionen, die Kunstgegenstände zum Gegenstand haben, ausdifferenzierte Regelungen zu schaffen. Die Kunstvermittler und die Kunstlagerhalter im Sinne von § 1 Abs. 23 GwG sind nicht etwa neue Verpflichtete des Geldwäschegesetzes, sie waren bisher bereits von

22Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 103.

196

6 Sorgfaltspflichten

der Gruppe der Güterhändler im Sinne von § 1 Abs. 9 GwG erfasst.23 Neu ist jedoch, dass die Kunstvermittler und Kunstlagerhalter aus der Gruppe der Güterhändler herausgelöst werden mussten, weil für diese Verpflichteten nunmehr jeweils unterschiedliche Schwellenbeträge zur Anwendung kommen.24 Wie nicht zuletzt § 10 Abs. 6a Nr. 1 GwG zeigt, führt die Abgrenzung jedoch nicht dazu, dass nunmehr die Annahme getroffen werden könnte, dass nur noch Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter mit Kunstgegenständen handeln würden, auch die Güterhändler können Transaktionen über Kunstgegenstände durchführen. Den in § 10 Abs. 6a GwG gewählten Wortlaut hätte es in dieser Form jedoch nicht bedurft. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, die aktuell differenziert dargestellten Fälle nach § 10 Abs. 6a Nr. 1 a) GwG und nach § 10 Abs. 6a Nr. 2 GwG als eine einzige Fallgestaltung im Geldwäschegesetz zu regeln. Bereits im ersten Teil der Norm ist klar geregelt, dass alle Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG hiervor erfasst werden sollen – namentlich die Güterhändler, die Kunstvermittler und die Kunstlagerhalter, soweit die Lagerhaltung in Zollfreigebieten erfolgt. Mithin hätte man sprachlich leichter und eingängiger regeln können: Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 haben die allgemeinen Sorgfaltspflichten zu erfüllen im Fall von Transaktionen: 1. im Wert von mindestens 10.000 EUR die Kunstgegenstände zum Gegenstand haben, oder 2. bei Güterhändlern, bei welchen sie Barzahlungen tätigen oder entgegennehmen über: a) mindestens EUR 2000 oder mehr die hochwertige Güter nach § 1 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 zum Gegenstand haben, b) mindestens EUR 10.000 oder mehr bei allen sonstigen Gütern.

Inhaltlich müssen alle drei Gruppen von Verpflichteten die allgemeinen Sorgfaltspflichten unabhängig von der Art und Weise der Zahlungsabwicklung erfüllen, wenn eine Transaktion im Wert von EUR 10.000 oder mehr getätigt oder entgegengenommen wird. Der Güterhändler muss demnach ebenfalls die allgemeinen Sorgfaltspflichten (insbesondere Identifizierung der betreffenden Personen) erfüllen, selbst wenn die auslösende Transaktion über Kunstgegenstände vollständig im Wege einer bargeldlosen Zahlung durchgeführt wird. Es wird an dieser Stelle erneut darauf verwiesen, dass „Kunstgegenstände“ nur solche Gegenstände sein sollen, die in Nummer 53 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG aufgeführt sind.25 Im Einzelnen sind dies:

23Vgl.

BT-Drucks. 19/13827, S. 78. BT-Drucks. 19/13827, S. 68, 78. 25Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 72. 24Vgl.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

197

Kunstgegenstände sind: a) Gemälde und Zeichnungen, vollständig mit der Hand geschaffen, sowie Collagen und ähnliche dekorative Bildwerke, b) Originalstiche, -schnitte und -steindrucke, c) Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst, aus Stoffen aller Art.

Alle Güterhändler, die mit Kunstgegenständen handeln und bis dato lediglich Transaktionen im Blick hatten, die mit Bargeld bezahlt wurden oder einem Verdacht unterlagen, müssen die intern getroffenen Organisationsanweisungen überarbeiten und entsprechend anpassen.

6.1.1.3 Fallgruppe – Vorliegen von Tatsachen Neben den Tatbestandsvoraussetzungen aus § 10 Abs. 6a GwG müssen Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG die allgemeinen Sorgfaltspflichten gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 3 GwG auch dann erfüllen, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass es sich bei den involvierten Vermögensgegenständen, die mit einer Transaktion im Zusammenhang stehen, um den Gegenstand einer Straftat nach § 261 StGB handelt oder die Vermögensgegenstände im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen, wobei andere im Geldwäschegesetz getroffene Ausnahmeregelungen, Befreiungen oder Schwellenwerte keine Anwendung finden. Die vorstehende Fallgruppe gilt uneingeschränkt für alle Verpflichteten des Geldwäschegesetzes ohne weitere Ausnahme. Selbst wenn es sich um eine Transaktion handeln sollte, die deutlich unterhalb des anwendbaren Schwellenwerts bleibt, wären dennoch zwingend die allgemeinen Sorgfaltspflichten anzuwenden. Das gilt ebenfalls unabhängig davon, ob das gegenständliche Gut in die Kategorie der hochwertigen Güter nach § 1 Abs. 10 Satz 2 Nr. 1 GwG fällt oder aber ein Kunstgegenstand im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG in Verbindung mit Anlage 2 Nummer 53 UStG ist. Das Vorliegen derartiger Tatsachen führt aber nicht nur zur Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten und vor allem der Identifizierung des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person sowie eines gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten. Die Formulierung des § 10 Abs. 3 Nr. 3 GwG ist zudem im Wortlaut nahezu identisch mit § 43 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GwG, der vom Verpflichteten die unverzügliche Abgabe einer Verdachtsmeldung gegenüber der FIU verlangt, wenn die Tatsachen nicht ausgeräumt werden können, etwa durch die Erfüllung der Identifizierung der betreffenden Personen. Zwischen beiden Regelungen besteht eine enge Verbindung, weshalb jeder Verpflichtete, in einem solchen Fall immer die Erstattung einer Verdachtsmeldung in Erwägung ziehen sollte. Mit § 10 Abs. 3 Nr. 3 GwG wird Artikel 11 e) der Vierten Geldwäscherichtlinie umgesetzt, die im Wesentlichen der bisherigen Formulierung des § 3 Abs. 2 Nr. 3 GwG a. F. entspricht.26

26Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 117, in Verbindung mit BT-Drucks. 16/9038, 35.

198

6 Sorgfaltspflichten

Als erste Voraussetzung der Vorschrift ist das „Vorliegen von Tatsachen“ zu betrachten. Hat die frühere Fassung des Geldwäschegesetzes noch die „Feststellung von Tatsachen“ gefordert, wurde die negative Feststellung im Prüfungsbericht der FATF zum Anlass genommen, im Rahmen des Geldwäscheoptimierungsgesetzes das Tatbestandsmerkmal anzupassen.27 Die Änderung der Formulierung soll laut Gesetzesbegründung klarstellen: …dass es für die Meldepflicht ausreicht, dass objektiv Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass es sich bei Vermögenswerten um Erträge krimineller Aktivitäten handelt oder die Vermögenswerte im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen.28

In Verbindung mit dem Begriff der „Verdachtsmeldung“ aus § 43 Abs. 1 GwG soll eine Meldung also bereits dann erfolgen, wenn der Verpflichtete selbst Grund zu der Annahme hat, dass es sich bei den Vermögensgegenständen um Erträge krimineller Aktivitäten handelt oder ein Bezug zur Terrorismusfinanzierung besteht. Im Lichte dieser Gesetzesbegründung ist die damalige Definition von „Tatsachen“ tatsächlich wohl noch viel weiter zu fassen, als es das folgende Zitat erlaubt: Der Begriff „Tatsachen“ im Sinne dieser Vorschrift ist weit auszulegen und umfaßt allgemein alle Auffälligkeiten bei der Abwicklung von Finanztransaktionen bzw. alle Abweichungen vom gewöhnlichen Geschäftsgebahren der Wirtschaftsbeteiligten, sofern in ihnen ein Bezug zu Geldwäscheaktivitäten erkennbar wird.29

Die vorliegenden Tatsachen müssen zudem darauf hindeuten, dass es sich um eine „Transaktion“ handelt, bei denen Vermögensgegenstände involviert sind, die aus einer Straftat nach § 261 StGB herrühren. Aus diesem Erfordernis ergibt sich ein weiteres ganz praktisches Problem bei der Anwendung der Vorschrift. Es wird wohl kaum möglich sein, bei jeder einzelnen Transaktion abzuklären, ob eine der zahlreichen Vortaten im Sinne des § 261 StGB vorliegt. Selbst wenn in Bezug auf die betreffende Transaktion der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 3 Nr. 3 GwG eröffnet sein sollte, dann kann diese auch nach Durchführung der allgemeinen Sorgfaltspflichten und vor allem der Identifizierung des Vertragspartners dennoch nicht vom Güterhändler durchgeführt werden, solange in Folge der Durchführung der allgemeinen Sorgfaltspflichten die „Tatsachen“ nicht ausgeräumt werden konnten. Liegt nämlich ein meldepflichtiger Sachverhalt vor, dann darf die zugrunde liegende angetragene Transaktion frühestens nach Ablauf von drei Werktagen nach der Erstattung der Verdachtsmeldung durchgeführt werden, sofern die angetragene Transaktion nicht von der FIU oder Staatsanwaltschaft untersagt wurde

27Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 35. ­BT-Drucks. 16/9038, S. 35. 29Vgl. BT-Drucks. 12/2704, S. 15. 28Vgl.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

199

(§ 46 Abs. 1 GwG). Vor diesem Hintergrund stellt sich bereits die Frage, ob überhaupt die allgemeinen Sorgfaltspflichten erfüllt werden, wenn die angetragene Transaktion ohnehin zunächst abgelehnt werden muss und es fraglich bleibt, ob die angetragene Transaktion zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden kann. Selbst wenn die Durchführung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungen abschließend möglich sein sollte, wird diese nicht ohne Weiteres abgeschlossen. Aufgrund der Umstände des Einzelfalls sollte eine genaue Abwägung der Risiken und insbesondere der potentiellen Auswirkungen auf die Reputation des Güterhändlers erfolgen. Dabei muss auch das Reputationsrisiko des Verpflichteten betrachtet werden, dass sich im Nachhinein doch herausstellen sollte, dass die Transaktion mit inkriminierten Geldern erfolgt ist.

6.1.1.4 Fallgruppe – Zweifel an den erhobenen Angaben Die in § 10 Abs. 3 Nr. 4 GwG geregelte Fallgruppe der „Zweifel an den erhobenen Angaben“ ist zwar nicht auf Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG anwendbar, dennoch ist gerade unter Berücksichtigung der in der Praxis immer wieder erlebten fehlerhaften Gesetzesauslegung eine rechtliche Auslegung angezeigt. Die Fallgruppe im Sinne von § 10 Abs. 3 Nr. 4 GwG entspricht der bisherigen Fassung des § 3 Abs. 2 Nr. 4 GwG a. F. und setzt gleichzeitig Artikel 11 f) der Vierten Geldwäscherichtlinie im Geldwäschegesetz um.30 Die seit der letzten Neufassung des Geldwäschegesetzes im Jahr 200831 nahezu unveränderte Vorschrift lautet wie folgt: (3) Die allgemeinen Sorgfaltspflichten sind von den Verpflichteten zu erfüllen: … 4. bei Zweifeln, ob die aufgrund von Bestimmungen dieses Gesetzes erhobenen Angaben zu der Identität des Vertragspartners, zu der Identität einer für den Vertragspartner auftretenden Person oder zu der Identität des wirtschaftlich Berechtigten zutreffend sind.

Bis zur Novellierung des Geldwäschegesetzes im Jahr 2017 mussten Güterhändler diese Regelung beachten. Mit der Vorlage des Gesetzentwurfs zur Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie wurde durch die Art und Weise der Regelung des § 10 Abs. 6 GwG a. F. zutreffend erkannt, dass ein Güterhändler keine Zweifel haben kann, weil bei der Durchführung einer Transaktion nicht bereits früher Angaben zur Identität der betreffenden Person nach dem Geldwäschegesetz erhoben worden sein konnten. Die Norm des § 10 Abs. 3 Nr. 4 GwG setzt in jedem Fall voraus, dass die Angaben zu der Identität des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person oder des wirtschaftlich Berechtigten bereits einmal erhoben wurden. Mit anderen Worten, die betreffenden Personen müssen bereits in der Vergangenheit einmal nach

30Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 117. I 2008, S. 1690, 1693.

31BGBl.

200

6 Sorgfaltspflichten

den Regelungen des Geldwäschegesetzes identifiziert worden sein. Die Identifizierung setzt die Überprüfung anhand von geeigneten Dokumenten im Sinne von § 12 Abs. 1 und 2 GwG voraus. Sollte bereits im Rahmen der damaligen Überprüfung eine Diskrepanz zwischen den erhobenen Daten zur Identität und den zur Überprüfung der Identität herangezogenen Daten festgestellt worden sein, dann hätte der Verpflichtete diesen Sachverhalt bereits zu diesem Zeitpunkt weiter vorfolgen und gegebenenfalls eine Verdachtsmeldung abgeben müssen. Daraus würde sich aktuell aber kein Anwendungsfall für § 10 Abs. 3 Nr. 4 GwG ergeben. Es bleibt also nur, dass dem Verpflichteten neue Informationen bekannt werden, die Anlass geben könnten an der Richtigkeit der bisherigen Daten zu zweifeln. Im Gegensatz zu Kreditinstituten oder allen anderen Verpflichteten des Geldwäschegesetzes sind Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter aber gerade nicht bereits im Rahmen der Begründung einer Kundenbeziehung dazu verpflichtet entsprechende Daten ihrer Vertragspartner, der gegebenenfalls für diese auftretenden Personen oder gegebenenfalls vorhandener wirtschaftlich Berechtigter zu erheben und zu überprüfen. Während ein Kreditinstitut also bereits vor der Durchführung von Transaktionen die allgemeinen Sorgfaltspflichten erfüllt haben sollte, ist dies bei Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG eben nicht der Fall. Die aus der Erfüllung sämtlicher allgemeiner Sorgfaltspflichten gewonnenen Erkenntnisse muss jeder andere Verpflichtete auf Basis der bestehenden Geschäftsbeziehungen mit der jeweils aktuell angedienten Transaktion abgleichen. Dabei könnte sich die Diskrepanz bei einem Kreditinstitut zum Beispiel daraus ergeben, dass mehrere Zahlungen auf einem Zahlungskonto des Vertragspartners eingehen, bei denen der benannte Zahlungsempfänger von diesem Vertragspartner und somit Kontoinhaber abweicht. Dieses Ergebnis der Überwachungshandlungen könnte Zweifel im Sinne der Regelung des § 10 Abs. 3 Nr. 4 GwG begründen. Bei einem Güterhändler sind die Grundlagen und Umstände jedoch anders gelagert. Es müsste schon der Fall eintreten, dass der Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter einen Vertragspartner, eine gegebenenfalls für diesen auftretende Person oder wirtschaftlich Berechtigten in der Vergangenheit identifiziert hat, weil mit dem gleichen Vertragspartner bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine identifizierungspflichtige Transaktion durchgeführt worden war. Kommt der gleiche Vertragspartner aktuell erneut und möchte wiederum eine Transaktion mit dem Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter abschließen, dann kann sich der Güterhändler grundsätzlich auf die bereits in der Vergangenheit erfolgte Identifizierung gemäß § 11 Abs. 3 GwG berufen. Dies wird der Güterhändler in der Regel bereits aus Gründen der Effizienz machen. Erst wenn aufgrund des intern festgelegten risikobasierten Ansatzes eine erneute Identifizierung nach Ablauf einer gewissen Zeit erforderlich würde, müsste der Güterhändler erneut die Daten erheben und überprüfen. In diesem Zusammenhang könnte dann eine Diskrepanz zwischen den zuvor erhobenen Daten und den aktuellen Daten entstehen. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass diese Diskrepanz allein schon auf einen Umzug des Vertragspartners oder gar eine Namensänderung in Folge einer Heirat zurückzuführen sein könnte. Dass darin ein Zweifel im Sinne des Geldwäschegesetzes liegt, kann

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

201

jedoch bezweifelt werden. Gleiches gilt, wenn der Vertragspartner selbst darauf aufmerksam macht, dass die auf der Rechnung ausgewiesenen Daten nicht mehr aktuell sind. In dem Fall wird der Güterhändler zwar die betreffenden Daten neu erheben, dieses Vorgehen ist aber nicht gleichzusetzen mit der Pflicht zur erneuten Durchführung der Identifizierung. Sich ergebende Zweifel sind auch in diesem Fall nicht ersichtlich, denn ein potentieller Geldwäscher wird in der Regel alles daran setzten, keine Zweifel entstehen zu lassen. Sollte der Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG die Regel des § 11 Abs. 3 Satz 1 GwG in Anspruch nehmen und auf eine frühere Identifizierung zurückgreifen, dann muss er gleichzeitig § 11 Abs. 3 Satz 2 GwG berücksichtigen. Für den Fall, dass ein Verpflichteter im jeweiligen Einzelfall aufgrund der äußeren Umstände Zweifel daran hegen sollte, dass die bei der früheren Identifizierung erhobenen Angaben weiterhin zutreffend sind, hat er eine erneute Identifizierung durchzuführen. Somit enthält § 11 Abs. 3 Satz 2 GwG eine allgemeingültige Regelung für alle Verpflichteten. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass auch § 10 Abs. 3a GwG auf Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG dem Regelungszweck nach nicht anwendbar ist. Die betreffende Norm soll entsprechend den Vorgaben der Fünften Geldwäscherichtlinie spezifizieren, wann allgemeine Sorgfaltspflichten bei bestehenden Geschäftsbeziehungen erneut erfüllt werden müssen. Da Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG aber gerade keine Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Abs. 4 GwG eingehen, sondern in Abgrenzung dazu „Kundenbeziehungen“, kann auch der Anwendungsbereich für diese Verpflichteten nicht vorliegen. In diesem Zusammenhang wird auch darauf aufmerksam gemacht, dass bei sich ergebenen Zweifeln im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 2 GwG immer auch eine Verdachtsmeldung gemäß § 43 Abs. 1 GwG in Erwägung gezogen werden sollte. Selbst wenn die Prüfung zum Ergebnis führt, dass keine Verdachtsmeldung erforderlich ist, sind sowohl die Prüfung als auch die dabei angestellten Erwägungen nachvollziehbar zu dokumentieren und aufzubewahren.

6.1.2 Weitere Regelungen für die Anwendung Die zuvor beschriebenen Voraussetzungen geben Aufschluss darüber, in welchen Fällen Güterhändler verpflichtet sind die allgemeinen Sorgfaltspflichten im Sinne des Geldwäschegesetzes anzuwenden und zu erfüllen. Die definierten Fallgruppen werden durch einige weitere begleitende Regelungen ergänzt, die ebenfalls befolgt werden müssen. Hervorzuheben ist die Regelung des § 10 Abs. 2 GwG, die von allen Verpflichteten des Geldwäschegesetzes verlangt, den konkreten Umfang ihrer Maßnahmen zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten an dem Risiko auszurichten, einschließlich unter Berücksichtigung der in den Anlagen 1 und 2 zum Geldwäschegesetz aufgeführt Risikofaktoren, dass vom Vertragspartner oder der betreffenden Transaktion ausgeht. Dazu muss gegenüber den zuständigen Behörden auf deren Verlangen hin der Nachweis möglich sein, in

202

6 Sorgfaltspflichten

welchem Umfang die Maßnahmen getroffen wurden und inwiefern diese als angemessen anzusehen sind, die Risiken der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung abzuwehren. Die Tragweite dieser Regelung ist für alle Verpflichteten von enormer Bedeutung. Das Geldwäschegesetz verlangt gerade keine Abarbeitung eines starren Pflichtenkatalogs, ohne Ansehung der konkreten Umstände der jeweiligen Situation, vielmehr wird es dem jeweiligen Verpflichteten überlassen, unter Berücksichtigung des gesetzlich gezogenen Rahmens sein eigenes Ermessen dahingehend auszuschöpfen, den Umfang der Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten entsprechend den jeweiligen Situationen selbst intern festzulegen.32 Hierdurch schließt sich wiederum der Kreis zu den bereits in Kap. 5 gemachten Ausführungen zur Bedeutung und Erstellung einer Risikoanalyse auf die an dieser Stelle verwiesen wird. Zum Abschluss der unter der Überschrift „Allgemeine Sorgfaltspflichten“ gefassten Vorschriften wird mit § 10 Abs. 9 GwG noch die sogenannte „Beendigungsverpflichtung“ geregelt. Der Inhalt zielt darauf ab, dass eine Geschäftsbeziehung weder begründet noch fortgeführt sowie keine Transaktion mit einem Vertragspartner durchgeführt werden darf, wenn der Verpflichtete die allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 GwG nicht erfüllen kann. Güterhändler sind anders als etwa die Verpflichteten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 10 und 12 GwG (Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater usw.) gerade nicht von der Anwendung dieser Vorschrift ausgenommen. Die Regelung des § 10 Abs. 9 GwG hat ganz praktische Folgen für den Güterhändler. Liegt dem Güterhändler eine Transaktion vor, die außerdem die Erfüllung der folgenden allgemeinen Sorgfaltspflichten verlangt: • Die Identifizierung des Vertragspartners und gegebenenfalls der für ihn auftretenden Person sowie die Prüfung, auf ob die auftretende Person zur Vertretung des Vertragspartners berechtigt ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG) • Die Abklärung, ob der Vertragspartner für einen wirtschaftlich Berechtigten tätig wird, und soweit ein solcher vorliegt dessen Identifizierung sowie bei einem Vertragspartner, der eine juristische Person oder Personengesellschaft ist, die Feststellung der Eigentums- und Kontrollstruktur des Vertragspartners (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG) • Die Feststellung, ob es sich bei dem Vertragspartner oder dem wirtschaftlich Berechtigten um eine politisch exponierte Person, um eine Familienmitglied oder eine bekanntermaßen nahestehende Person handelt (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 GwG), dann darf die betreffende Transaktion nicht durchgeführt werden, solange die allgemeinen Sorgfaltspflichten nicht erfüllt sind. Diesbezüglich ist für einen Güterhändler

32Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 35.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

203

insbesondere die Identifizierung des Vertragspartners und gegebenenfalls der für diesen auftretenden Person und des gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten kritisch. Handelt es sich etwa um eine natürliche Person als Vertragspartner, dann kann selbst dann die Transaktion nicht abgeschlossen werden, wenn zwar die Daten zu dessen Identität erhoben wurden, dieser aber keinen geeigneten amtlichen Ausweis wie zum Beispiel einen Personalausweis oder Reisepass dabei hat, um auf dieser Basis die erhobenen Daten überprüfen zu können. Mit anderen Worten, die Transaktion darf nicht durchgeführt werden. Der Kunde muss noch mal mit seinem Ausweis wiederkommen. Das Gleiche gilt für die auftretende Person. Erst dann darf die Transaktion abgeschlossen werden. Die ebenfalls in § 10 Abs. 9 GwG normierte Pflicht zur Beendigung einer mit einem Vertragspartner bestehenden Kundenbeziehung wird in der Praxis der Güterhändler wohl eine untergeordnete Bedeutung spielen. Zum einen, weil die Begründung einer Kundenbeziehung für Güterhändler nicht die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten auslöst. Zum anderen, weil das Geldwäschegesetz bei Güterhändlern insbesondere auf spezifische Fallgestaltungen von Transaktionen abstellt. Das Interesse eines Güterhändlers am Abschluss weiterer Transaktionen bei einem vorliegenden Verdacht auf Geldwäsche dürfte ohnehin sehr gering sein. Allein die potentiellen Risiken eines Bußgeldes oder gar einer Freiheitsstrafe sprechen eher dagegen. Werden außerdem die möglichen Risiken der Beeinträchtigung der Reputation des Unternehmens berücksichtigt, dann dürfte die Bereitschaft des Güterhändlers zum Abschluss weiterer Transaktionen mit dem betreffenden Vertragspartner noch geringer ausfallen. Voraussetzungen zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten

Die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten im Sinne von § 10 Abs. 1 GwG werden bei Güterhändlern, Kunstvermittlern und Kunstlagerhaltern zum einen ausgelöst, durch Transaktionen mit anteiliger Bargeldzahlung, deren Gesamtwert einen festgelegten Schwellenwert überschreiten. Zum anderen durch Transaktionen über Kunstgegenstände, die ebenfalls einen festgelegten Schwellenwert überschreiten ohne das es dabei auf die Art und Weise der Zahlung ankommt. Die daneben bestehende eigenständige Fallgruppe in Bezug auf „Vorliegen von Tatsachen“ ist unter praktischen Gesichtspunkten von untergeordneter Bedeutung für Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG. Dennoch bleiben auch diese Fallgruppe anwendbar und kann die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten nach sich ziehen. Unabhängig davon, darf eine Transaktion dann nicht abgeschlossen werden, wenn die anwendbaren allgemeinen Sorgfaltspflichten – aus welchen Gründen auch immer – nicht erfüllt werden können.

204

6 Sorgfaltspflichten

6.1.3 Identifizierung im Allgemeinen Bei der Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten sind die Vorschriften zur Identifizierung des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person oder eines gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten besonders hervorzuheben. Die Identifizierung ist eine zentrale Regelung des Geldwäschegesetzes und ist Bestandteil des sogenannten „Know Your Customer“ Prinzips, das auf Artikel 3 Abs. 1 der Zweiten Geldwäscherichtlinie 2001/97/EWG zurückgeht. Gegenwärtig enthält Artikel 13 Abs. 1 a) der Vierten Geldwäscherichtlinie die korrespondierende Vorschrift. u

Das „Know Your Customer“ Prinzip meint die Pflicht zur Identifizierung des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person oder des wirtschaftlich Berechtigten.

Im Rahmen des Anwendungsbereichs des Geldwäschegesetzes muss jeder Verpflichtete die Identität des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person oder eines gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten kennen, um durch den Wegfall der Anonymität und der damit einhergehenden Schaffung von Transparenz präventiv sowohl gegen Geldwäsche als auch Terrorismusfinanzierung vorzugehen.33 Während § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GwG die Identifizierung des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person bzw. des wirtschaftlich Berechtigten als allgemeine Sorgfaltspflicht festlegt, werden in §§ 11 bis 13 GwG die Art und Weise sowie anwendbaren Verfahren der Durchführung der Identifizierung im Einzelnen geregelt.

6.1.3.1 Zeitpunkt der Identifizierung Zunächst gibt § 11 Abs. 1 GwG darüber Aufschluss, wann die Identifizierung im Sinne des Geldwäschegesetzes erfolgen soll. Grundsätzlich muss die Identifizierung des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person und soweit vorhanden des wirtschaftlich Berechtigen vor einem der folgenden beiden Zeitpunkte erfolgen: 1. Begründung einer Geschäftsbeziehung oder 2. Durchführung einer Transaktion. Da Güterhändler nicht bereits bei der Begründung einer Geschäftsbeziehung verpflichtet sind die allgemeinen Sorgfaltspflichten im Sinne des Geldwäschegesetzes zu erfüllen, wird insbesondere der zweite Zeitpunkt von praktischer Bedeutung sein. Der Güterhändler muss also vor der Durchführung einer Transaktion das „Know Your Customer“ Prinzip anwenden, sofern eine der Fallgruppen vorliegt, welche die Erfüllung der

33Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 29.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

205

allgemeinen Sorgfaltspflichten verlangt. Das heißt, die Identifizierung muss zum Zeitpunkt der Durchführung der Transaktion abgeschlossen sein. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass die Nachholung einer Identifizierung im Nachgang zur Durchführung der Transaktion nicht den Anforderungen des Geldwäschegesetzes genügt. In diesem Fall würde der Güterhändler ordnungswidrig im Sinne von § 56 Abs. 1 Nr. 26 GwG handeln, weil er die Identifizierung nicht rechtzeitig vorgenommen hat. Die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 GwG ist dem Grunde nach für Güterhändler nicht anwendbar, weil die Begründung einer Geschäftsbeziehung mit einem Vertragspartner für Güterhändler gerade keine allgemeinen Sorgfaltspflichten und damit auch keine Identifizierungspflicht auslöst. Insofern mögen Güterhändler zwar „Kundenbeziehungen“ begründen, aber keine „Geschäftsbeziehungen“ im Sinne des Geldwäschegesetzes. Selbst wenn der Abschluss einer Transaktion zwischen dem Güterhändler und dem Vertragspartner der Grundstein für eine auf Dauer angelegte Kundenbeziehung sein sollte, dann liegt diese Kundenbeziehung zeitlich nach Durchführung der Transaktion bzw. fällt allenfalls zeitlich mit der vollständigen Durchführung der Transaktion zusammen. Würde der Güterhändler die Identifizierung erst zu dem Zeitpunkt beenden, wenn auch die Begründung der Kundenbeziehung abgeschlossen ist, dann wäre die Transaktion in jedem Fall bereits durchgeführt und abgeschlossen. Was wiederum dazu führen würde, dass der Güterhändler die Identifizierung nicht rechtzeitig vor der Durchführung der Transaktion vorgenommen hätte. Ferner ist die Anwendung dieser Ausnahme auf solche Sachverhalte beschränkt, in denen die Identifizierung als solche zu einer Unterbrechung des normalen Geschäftsablaufs führen würde und zusätzlich nur ein geringes Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung besteht. Gerade aus den Beschränkungen ergeben sich weitere Ausschlussgründe für die Anwendbarkeit dieser Ausnahme für den Verpflichtetenkreis der Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG. Zum einen muss jeder Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter bereits standardmäßig angemessene Maßnahmen treffen, um einen Vertragspartner, eine gegebenenfalls für diesen auftretenden Person sowie einen gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten bei der Annahme einer die Sorgfaltspflichten auslösenden Transkation im Sinne des § 10 Abs. 6a GwG zu identifizieren. Kommt der Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter dieser Verpflichtung nicht nach, dann mag er zwar die Transaktion abgeschlossen haben, aber es besteht grundsätzlich auch keine weitere Möglichkeit mehr im Nachhinein die Identifizierung durchzuführen, wenn der Vertragspartner oder die für diesen auftretende Person nicht mehr vor Ort ist bzw. auch sonst keine Kontaktdaten vorhanden sind. Die nachträgliche Identifizierung ist damit ausgeschlossen. Unabhängig davon, hat der Gesetzgeber im Rahmen seiner risikobasierten Abwägung ohnehin bereits festgelegt, dass eine die Sorgfaltspflichten nach § 10 Abs. 6a GwG auslösende Transaktion den allgemeinen Sorgfaltspflichten unterliegt und somit kein nur „geringes Risiko“ begründet werden kann. Es bleibt also festzuhalten, dass jeder Güterhändler vor der Durchführung einer entsprechenden Transaktion im Sinne von § 10 Abs. 6a GwG die Identifizierung

206

6 Sorgfaltspflichten

des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person und eines gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten abgeschlossen haben muss. Anderenfalls kann und darf die Transaktion nicht durchgeführt werden.

6.1.3.2 Absehen von der Identifizierung Nachdem der Zeitpunkt der Identifizierung festgelegt ist, gilt der nächste Blick der Vorschrift des § 11 Abs. 3 GwG, der eine Erleichterung in Bezug auf die Identifizierung vorsieht. Die hier anwendbare Konstellation betrifft die gerade beabsichtigte Durchführung einer Transaktion durch den Güterhändler, bei der dieser eigentlich eine Identifizierung zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten vornehmen müsste. Zur Vermeidung der immer wieder gleichen Handlung bei jeder einzelnen die Sorgfaltspflichten auslösenden Transaktion, soll die Identifizierung dann entbehrlich sein, wenn der Verpflichtete bereits in der Vergangenheit eine entsprechende Identifizierung des betreffenden Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person sowie des gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten durchgeführt hat. Selbstverständlich ist diese Ausnahmeregelung an weitere Voraussetzungen geknüpft, deren Vorliegen vom Verpflichteten gewährleistet sein muss. Die erste Voraussetzung besteht darin, dass bereits in der Vergangenheit die Identifizierung von Vertragspartner, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person und wirtschaftlich Berechtigten erfolgt ist. Weitere Voraussetzung ist, dass die Daten zur Identität auch nachvollziehbar aufgezeichnet wurden. Das bedeutet, dass die in der Vergangenheit erfolgte Identifizierung auch zum Zeitpunkt der aktuell ausgelösten Identifizierungspflicht noch vorhanden sein muss. Eigentlich sollte dieser Punkt angesichts der Aufzeichnungspflichten unkritisch sein. Allerdings müssen hier die Details beachtet werden. In jedem Fall muss in diesem Moment gewährleistet sein, dass der Güterhändler wenigstens den (Vor- und Nach-) Namen des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person sowie des wirtschaftlich Berechtigten notiert hat und den Umstand dokumentiert, dass auf eine bereit früher durchgeführte Identifizierung im Sinne des Geldwäschegesetzes zurückgegriffen wurde. Eine Einschränkung erfährt diese Vorgehensweise aufgrund der weiteren Formulierung der Regelung. Bestehen beim Güterhändler Zweifel daran, dass die früher zur Identifizierung erhobenen Daten weiterhin zutreffend sind, dann darf gerade nicht von einer erneuten Identifizierung abgesehen werden. Ein weiterer Aspekt, der regelmäßig außer Acht gelassen wird, sind die Aufbewahrungsfristen. Die Regelung verlangt unmissverständlich, dass die erhobenen Angaben aufgezeichnet werden. Das beinhaltet aber auch, dass die entsprechenden Aufzeichnungen tatsächlich noch verfügbar sein müssen. Wurden die Aufzeichnungen nämlich nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren nach dem Ende des Geschäftsjahres in dem die frühere Transaktion abgeschlossen wurde, vernichtet, dann kann sich der Güterhändler auch nicht mehr auf die frühere Identifizierung berufen, weil es schlicht an den Aufzeichnungen fehlt. An dieser Stelle wird auf die Regelung des § 8 Abs. 4 GwG hingewiesen.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

207

Außerdem muss sichergestellt sein, dass es sich bei dem aktuell auftretenden Vertragspartner, der aktuell für diesen auftretenden Person auch tatsächlich um die identische Person handelt, die bereits bei früherer Gelegenheit identifiziert wurde. Sind all die genannten Bedingungen erfüllt, dann kann grundsätzlich von der erneuten Identifizierung gemäß § 11 Abs. 3 GwG Abstand genommen werden. In der Praxis wird jeder Güterhändler individuell prüfen, wie oft derartige Sachverhalte eintreten. Je seltener eine solche Wiederholung der Identifizierungspflicht vorkommt, desto praktischer ist es, von der Anwendung dieser Ausnahmeregelung selbst abzusehen und schlicht die Identifizierung erneut vorzunehmen und die internen Organisationsanweisungen nicht unnötig komplex auszugestalten.

6.1.3.3 Mitwirkungspflicht des Vertragspartners Besondere Erwähnung muss die in § 11 Abs. 6 GwG gefasste Verpflichtung des Vertragspartners finden, dem verpflichteten Güterhändler (wie auch allen anderen Verpflichteten) die zur Erfüllung der (Identifizierungs-)Pflichten notwendigen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. In dieser Pflicht erschöpft sich die gesetzliche Regelung jedoch nicht. Die Regelung entspricht im Wesentlichen der bisherigen Fassung des § 4 Abs. 6 GwG a.F. und setzt die Anforderungen fort.34 Außerdem muss der Vertragspartner die sich im Laufe einer Geschäftsbeziehung ergebenen Änderungen unverzüglich gegenüber dem Verpflichteten des Geldwäschegesetzes anzeigen. Ferner muss der Vertragspartner dem Verpflichteten gegenüber offenlegen, ob er die Geschäftsbeziehung oder die Transaktion für einen wirtschaftlich Berechtigten begründen, fortsetzen oder abschließen will. Ergänzend zu der so erfolgten Offenlegung, hat der Vertragspartner zudem auch die Identität des wirtschaftlich Berechtigten gegenüber dem Verpflichteten nachzuweisen. Die Regelung enthält zahlreiche Elemente, die nachfolgend in Bezug auf deren Anwendbarkeit für Güterhändler betrachtet werden. Ausgangspunkt für diese gesetzliche Regelung ist die Annahme, dass nicht in allen Fällen öffentlich zugängliche Aufzeichnungen und amtliche Register vorliegen, anhand derer die Verpflichteten des Geldwäschegesetzes die gesetzlichen Anforderungen und insbesondere die Pflicht zur Identifizierung erfüllen können.35 Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten in der Praxis oftmals nur durch die Mitwirkung des Vertragspartners möglich ist und hat aus dieser Erwägung heraus die Norm des § 4 Abs. 6 GwG a.F. geschaffen.36 Die Formulierung macht deutlich, dass der Vertragspartner sowohl bei der Erhebung der Daten zur Identität behilflich sein muss als auch bei der Überprüfung dieser Daten. Liegt also eine Fallgruppe vor, die eine Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten begründet, dann ist der verpflichtete Güterhändler auch gesetzlich legitimiert den

34Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 118. BT-Drucks. 16/9038, S. 38. 36Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 38. 35Vgl.

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6 Sorgfaltspflichten

Vertragspartner nach seinen persönlichen Daten zu befragen. Der Vertragspartner muss diese Daten aufgrund seiner Mitwirkungspflicht offenlegen. Ebenso ist das Verlangen des Güterhändlers gesetzlich legitimiert, vom Vertragspartner eben solche Dokumente einzufordern, die im Sinne des Geldwäschegesetzes als geeignet angesehen werden, die zuvor erhobenen Daten zu überprüfen. Deshalb ist der Güterhändler dazu berechtigt, beispielsweise die Vorlage des Personalausweises von einer natürlichen Person als Vertragspartner oder einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person zu verlangen, ebenso wie die Vorlage eines Handelsregisterauszuges bei einer juristischen Person in Form einer Kapitalgesellschaft. Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich dabei auch auf die Offenlegung des Status als politisch exponierte Person, der gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 GwG abgeklärt werden muss. Jede Form der Verweigerung des Vertragspartners bei der Erhebung und Überprüfung mitzuwirken, begründet für sich genommen ein Verdachtsmoment. In einem solchen Fall sollte immer auch die Erstattung einer Verdachtsmeldung im Sinne von § 43 Abs. 1 GwG durch den Güterhändler erwogen werden. Die Mitwirkungspflichten des Vertragspartners erschöpfen sich darin aber noch lange nicht, obwohl die Verpflichtung zur unverzüglichen Anzeige von sich im Laufe einer bestehenden Geschäftsbeziehung ändernden Daten für Güterhändler wiederum unter Berücksichtigung der betreffenden Ausnahmeregelung nicht einschlägig ist. Unabhängig davon muss der Vertragspartner gemäß § 11 Abs. 6 Satz 3 GwG offenlegen, wenn er die betreffende Transaktion nicht für sich selbst, sondern zum Nutzen eines wirtschaftlich Berechtigten eingeht. Verknüpft ist diese Norm mit der Verpflichtung nach § 11 Abs. 6 Satz 4 GwG, wonach zudem die Identität des wirtschaftlich Berechtigten nachzuweisen ist. Diese Regelung ist ursprünglich im Rahmen des Geldwäscheoptimierungsgesetzes aufgenommen worden, um somit der allgemeinen Sorgfaltspflicht zur Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten entsprechend Rechnung zu tragen und die Verpflichteten überhaupt in die Lage zu versetzen, diese allgemeine Sorgfaltspflicht zu erfüllen.37 Der Güterhändler hat demnach das Recht, vom Vertragspartner eine Auskunft über einen einbezogenen wirtschaftlich Berechtigten im Sinne von § 3 GwG zu verlangen. Der Vertragspartner ist in diesem Zusammenhang selbst aus dem Geldwäschegesetz verpflichtet, obwohl er nicht selbst Verpflichteter wird.38 Der Vertragspartner muss diesem Auskunftsverlangen nachkommen. Verweigert der Vertragspartner seine Mitwirkungspflicht, hat dies zur Folge, dass der verpflichtete Güterhändler die allgemeinen Sorgfaltspflichten nicht erfüllen kann. Dies bedingt wiederum, dass die Identifizierung nicht vor Durchführung der Transaktion abgeschlossen werden kann und somit die Transaktion selbst abgelehnt werden muss. Außerdem ist die Weigerungshaltung zum Anlass weiterer interner Prüfungen zu nehmen, ob insbesondere eine Verdachtsmeldung gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 3 GwG erfolgen muss. Zur Vollständigkeit sei

37Vgl. 38Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 28. BT-Drucks. 17/6804, S. 28.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

209

außerdem angemerkt, dass sich aus dieser Regelung keine Pflicht des wirtschaftlich Berechtigten ergibt. Mit der Novellierung des Geldwäschegesetzes wurde außerdem das sogenannte Transparenzregister eingeführt. Aufbauend auf dem Transparenzregister und zur Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie wurde in § 11 Abs. 5 Satz 2 GwG eingefügt. Hiernach muss jeder Verpflichtete bei einem Vertragspartner, der eine registrierungspflichtige juristische Person oder Personengesellschaft ist oder aber eine sogenannte Rechtsgestaltung einen Nachweis vom Verpflichteten einholen, dass dieser Pflicht zur Registrierung im Transparenzregister nachgekommen ist. Die Vorlage dieses Nachweises durch den Vertragspartner fällt ebenfalls in seine Pflichten nach § 11 Abs. 6 GwG. Die Verpflichteten müssen jedoch beachten, dass der Nachweis zur Registrierung wohl in der Mehrzahl der Fälle nicht erbracht werden kann. Dies ist der Ausgestaltung des Transparenzregisters als ergänzendes (subsidiäres) Register im Verhältnis zum Handels-, Partnerschafts- Genossenschafts- oder Vereinsregister geschuldet. Die Ausgestaltung basiert unter anderem auf der Annahme, dass zum Beispiel bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung über die nach § 40 Abs. 1 GmbHG beim zuständigen Amtsgericht einzureichende Gesellschafterliste bereits 70–80 % der wirtschaftlich Berechtigten bestimmbar ist, weil die direkten Gesellschafter insofern natürliche Personen sind und nicht wiederum juristische Personen.39 Deshalb soll die in § 20 Abs. 2 GwG geregelte Inbezugnahme dieser bereits in anderen amtlichen Registern vorhandenen Daten, die Fälle von Doppelmeldungen vermeiden.40 Allerdings verkennt der Gesetzgeber dabei, dass der Begriff „Nachweis der Registrierung“ rechtlich nicht bestimmt ist. Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen, erscheint es rechtskonform, dass der Nachweis der Registrierung auch durch „Bestätigung“ des Vertragspartners im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 10 Abs. 6 Satz 3 GwG dahingehend erbracht werden kann, dass sich der oder die wirtschaftlich Berechtigten bereits aus einem amtlichen deutschen Register ergeben und deshalb die in § 20 Abs. 2 GwG geregelten gesetzlichen Fiktion der Eintragung greift. Jedenfalls werden massenhafte Anfragen von Verpflichteten zur Bereitstellung eines Auszuges aus dem Transparenzregister angesicht einer zu erwartenden „Leermeldung“ nicht zielführend sein. Dabei ist unter Berücksichtigung der bereits vom Gesetzgeber dargelegten Erwägungen klar, dass sich aus dem Transparenzregister keine zusätzliche Information aus einem Auszug aus dem Transparenzregister ergeben wird, weil im Transparenzregister die bereits aus der beim Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste zu entnehmenden Informationen zu einem tatsächlichen wirtschaftlich Berechtigten, im Transparenzregister nicht zusätzlich erfasst und aufgeführt werden. Nachdem die allgemeinen Grundlagen zur Identifizierung geklärt sind, wird im Folgenden die Art und Weise der Erhebung und Überprüfung der Daten zur Identität des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person bzw. eines wirtschaftlich Berechtigten erläutert. In diesem Zusammenhang unterscheidet das 39Vgl. 40Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 127. BT-Drucks. 18/11555, S. 127 f.

210

6 Sorgfaltspflichten

Geldwäschegesetz grundlegend zwischen natürlichen Personen und juristischen Personen oder Personengesellschaften. Je nach Personentyp greifen andere Regelungen zur Identifizierung. Zusammenfassung – Identifizierung im Allgemeinen

1. Sofern eine allgemeine Sorgfaltspflicht zur Identifizierung in Bezug auf den Vertragspartner, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person oder einen gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten besteht, ist die Identifizierung vor Durchführung der betreffenden Transaktion abzuschließen. 2. Grundsätzlich ist es möglich bei einer bereits vorliegenden Identifizierung, von einer erneuten Durchführung der Identifizierung abzusehen. 3. Jeder Vertragspartner ist gesetzlich dazu verpflichtet, den Güterhändler bei der Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten sowohl in Bezug auf die Erhebung von Daten als auch bei deren Überprüfung zu unterstützen.

6.1.4 Identifizierung von natürlichen Personen Die in § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG geregelte allgemeine Sorgfaltspflicht verlangt die Durchführung der Identifizierung des Vertragspartners und einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person nach Maßgabe des § 11 Abs. 4 Nr. 1 GwG und des § 12 Abs. 1 GwG. Während § 11 Abs. 4 Nr. 1 GwG die Aufzählung der Daten enthält, die zur Feststellung der Identität einer natürlichen Person erhoben werden müssen, wird in § 12 Abs. 1 GwG festgelegt, anhand welcher Mittel die Überprüfung der Identität vorzunehmen ist. Begleitet werden diese Normen durch § 13 GwG, der die anwendbaren Verfahren zur Identifizierung gesetzlich regelt. Grundlage für die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflicht ist die richtige Anwendung des Begriffs des Vertragspartners wie in Abschn. 3.9 erläutert. Vertragspartner ist derjenige, der die Güter vom Güterhändler kaufen will. Nicht Vertragspartner ist hingegen ein Bote oder Stellvertreter, der lediglich die Willenserklärung des eigentlichen Vertragspartners zum Kauf gegenüber dem Güterhändler überbringt.41 Allerdings sind eben jene Boten oder Stellvertreter wiederum als die für den Vertragspartner auftretende Person zu qualifizieren. Diesbezüglich wird verwiesen auf die Begriffsbestimmung der auftretenden Person in Abschn. 3.10. Die Identifizierung besteht wie in Abschn. 3.5 beschrieben aus der Feststellung und der Überprüfung der Identität des Vertragspartners und einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person. Die einzelnen Erfordernisse werden im Folgenden beschrieben.

41Vgl.

­BT-Drucks. 16/9038, S. 33.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

211

Tab. 6.2  Festzustellende Daten zur Identität einer natürlichen Person Angaben

Bedeutung

1.

Name

Umfasst den Nachnamen und mindestens einen Vornamen des Vertragspartners

2.

Geburtsort

Ort in dem der Vertragspartner geboren wurde

3.

Geburtsdatum

Das vollständige Datum der Geburt des Vertragspartner mit Tag, Monat und Jahr

4.

Staatsangehörigkeit

Die Nationalität des Vertragspartners. In seltenen Fällen kommt es auch vor, dass eine doppelte Staatsangehörigkeit besteht.

5.

Anschrift

Stellt auf den Hauptwohnsitz ab. Es ist Straße, Hausnummer, Postleitzahl/Postcode und der Ort zu erfassen..

Angaben zur Feststellung der Identität einer natürlichen Person

6.1.4.1 Feststellung der Identität von natürlichen Personen Handelt es sich bei dem Vertragspartner um eine natürliche Person, dann findet die Regelung des § 11 Abs. 4 Nr. 1 GwG Anwendung. Das Gleiche gilt für die auftretende Person in entsprechender Art und Weise. Insofern ist nachfolgend die für einen Vertragspartner auftretende Person immer mit eingeschlossen, selbst wenn nur der Vertragspartner benannt ist. Der Güterhändler hat die in Tab. 6.2 aufgeführten Daten von der natürlichen Person zu erheben.42 Wichtig ist, dass alle Daten erhoben und gemäß § 8 Abs. 1 GwG aufgezeichnet werden. Wird etwa das Geburtsdatum erhoben aber nicht aufgezeichnet, dann resultiert hieraus eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 56 Abs. 1 Nr. 29 GwG. Auf welche Weise die Erhebung durch den Güterhändler erfolgt, ist gesetzlich nicht vorgegeben. Es bleibt dem Güterhändler demnach freigestellt, ob der Vertragspartner befragt wird oder dieser aufgefordert wird, die jeweiligen Daten aufzuschreiben. In Folge der verschiedenen Geschäftsmodelle fallen auch die Möglichkeiten zur Erhebung der Daten ganz unterschiedlich aus. In einem Ladengeschäft ist die schriftliche Erhebung auf einem Blatt Papier wahrscheinlich, während bei einem Güterhändler im Internet eine Erfassungsmaske eingesetzt werden wird. Auf welche Weise die Daten zur Identität erhoben werden sollen, muss jeder Güterhändler daher selbst festlegen. Selbst die Kopie des amtlichen Ausweises stellt eine Erhebung von Daten dar. Es gibt keine gesetzliche Vorgabe in welcher Form die Erhebung erfolgen muss. Entscheidend ist allerdings, dass die Form einer nachträglichen Überprüfung zugänglich sein muss. Damit wäre es selbst vorstellbar, dass die gemachten Angaben akustisch aufgezeichnet und somit nachvollziehbar gespeichert werden. Allerdings ergibt sich dann das Problem, dass besondere Schreibweisen bei einer Sprachaufzeichnung nicht wiedergegeben werden. Es ist von wesentlicher Bedeutung ob sich der Nachname „Schmidt, 42Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 36.

212

6 Sorgfaltspflichten

„Schmid“ oder „Schmitt“ schreibt. Unter Berücksichtigung dessen, sollte also in jedem Fall ein Speichermedium verwendet werden, aus dem eine eindeutige Schreibweise abgeleitet werden kann. An dieser Stelle wird auch auf § 8 Abs. 2 Satz 4 GwG hingewiesen, wonach zu den Aufzeichnung auch Video- und Tonaufnahmen gehören. Es muss allerdings sichergestellt werden, dass die gespeicherten Daten mit den festgestellten Angaben übereinstimmen und während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind sowie jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Dementsprechend besteht auch die Möglichkeit, die festgestellten Daten in einem Softwareprogramm zu erfassen und dadurch lesbar vorzuhalten. Diesbezüglich dürfen die Daten, Informationen und Unterlagen nach § 8 Abs. 3 GwG auch digital aufgezeichnet und aufbewahrt werden. Neben der Erhebung der vorstehenden Daten ist der Güterhändler nach § 10 Abs. 3 Nr. 4 GwG zur Abklärung verpflichtet, ob es sich bei dem Vertragspartner gegebenenfalls um eine politisch exponierte Person im Sinne von § 1 Abs. 12 GwG, ein Familienmitglied im Sinne von § 1 Abs. 13 GwG oder eine bekanntermaßen nahestehende Person im Sinne von § 1 Abs. 14 GwG handelt. Hinsichtlich der dann geltenden verstärkten Sorgfaltspflichten wird auf Abschn. 6.3.1 verwiesen. Die Pflicht zur Abklärung betrifft nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 Nr. 4 GwG nicht die gegebenenfalls für den Vertragspartner auftretende Person. Allerdings ist diesbezüglich anzumerken, dass sollte die für den Vertragspartner auftretende Person ihrerseits eine politisch exponierte Person sein, dann könnte es sich bei dem Vertragspartner in Folge dieser Einstufung um ein Familienmitglied oder eine bekanntermaßen nahestehende Person handeln. Die Identifizierung der für einen Vertragspartner auftretenden Person umfasst zusätzlich die Prüfung, ob die auftretende Person zur Vertretung des Vertragspartners berechtigt ist. Die Frage der Berechtigungsprüfung stellt sich nur bei einer auftretenden Person, die in Sinne eines Stellvertreters auftritt und nicht als Bote. Darüber wie die Prüfung der Berechtigung zur Vertretung erfolgen soll enthält weder das Geldwäschegesetz noch die Gesetzesbegründung Ausführungen. Folglich ist es hier im Ermessen des Verpflichteten unter Berücksichtigung seiner Geschäftstätigkeit und der damit verbundenen Risiken festzulegen, auf welche Art und Weise die Überprüfung erfolgen kann. Denkbar wären es, die Vorlage einer vom Vertragspartner ausgestellten schriftlichen Vollmacht zu verlangen. Das dürfte bereits deshalb zu weit gehen, weil eine Vollmacht grundsätzlich auch mündlich erteilt werden kann und insofern kein Formerfordernis besteht. Eine bilaterale Abstimmung zwischen dem Verpflichteten und dem Vertragspartner z. B. per Telefon oder E-Mail könnte ebenfalls geeignet sein, um das Bestehen einer entsprechenden Berechtigung zu überprüfen. Hier wird allerdings das Risiko zu berücksichtigen sein, dass bei einem zuvor vom Verpflichteten noch nicht identifizierten Vertragspartner keine Informationen vorliegen, über welchen Kommunikationskanal dieser erreichbar ist. Der Rückgriff auf eine von der auftretenden Person bereitgestellte Telefonnummer könnte ein bewusst manipulatives Vorgehen darstellen. Abgesehen von diesen Erwägungen, wird es einem Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG ohnehin kaum möglich sein, eine identifizierungspflichtige Transaktion allein mit einer für den

Schweizer

Nichtdeutsche Unionsbürger oder eines Vertragsstaats über den Europäischen Wirtschaftsraum und deren Familienangehörige

Von deutschen Behörden ausgestellte Passersatzpapiere gemäß § 4 AufenthV

Freizügigkeitsabkommen Europäische Union – Schweiz

Von deutschen Behörden ausgestellte Passersatzpapiere gemäß § 4 AufenthV in Verbindung mit § 79 AufenthV

§ 8 Abs. 1 FreizügG/EU

§ 1 PAuswG

Grundlage § 1 Abs. 2 PassG

Staatsangehörigkeit

Deutscher

Tab. 6.3  Anerkannte amtliche Ausweise im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG Amtliche Ausweise

(Fortsetzung)

d) Reiseausweis für Staatenlose

c) Reiseausweis für Flüchtlinge

b) Notreiseausweis

a) Reiseausweis für Ausländer

b) Reisepass

a) Personalausweis

d) Reiseausweis für Staatenlose

c) Reiseausweis für Flüchtlinge

b) Notreiseausweis

a) Reiseausweis für Ausländer

c) Anerkannter Passersatz

b) Personalausweis

a) Pass

b) Vorläufiger Personalausweis

a) Personalausweis

– Vorläufiger Diplomatenausweis

– Vorläufiger Dienstpass

– Diplomatenpass

– Dienstpass

d) Amtlicher Pass

c) Vorläufiger Reisepass

b) Kinderreisepass

a) Reisepass

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten 213

§ 3 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit § 71 Abs. 2 AufenthG

Drittstaatsangehörige

a) Aufenthaltstitel

§ 63 AsylG

Amtliche Ausweise nach Staatsangehörigkeit (Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 37 f.) aSiehe hierzu Allgemeinverfügungen des Bundesministeriums des Innern über die Anerkennung eines ausländischen Passes oder Passersatzes vom 6. April 2016 im Bundesanzeiger; unter anderem BAnz AT vom 25. April 2016 B1, S. 1–73

a) Als Ausweissatz erteilte Bescheinigung mit Personenangaben und Lichtbild über einen Aufenthaltstitel oder die Aussetzung der Abschiebung

d) Reiseausweis für Staatenlose

c) Reiseausweis für Flüchtlinge

b) Notreiseausweis

a) Reiseausweis für Ausländer

b) Anerkannte Passersatzpapiere

a) Zugelassene Pässe

b) Anerkannte Passersatzpapiere

a) Pass

Amtliche Ausweise

§ 78a Abs.46 AufenthG und § 55 AufenthV

Für Ausländer eingeführte deutsche Passersatzpapiere gemäß § 4 AufenthV

§ 3 AufenthV

Grundlage

Staatsangehörigkeit

Tab. 6.3   (Fortsetzung)

214 6 Sorgfaltspflichten

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

215

Vertragspartner auftretenden Person durchzuführen. Immerhin müssen sowohl Vertragspartner als auch auftretende Person identifiziert werden.

6.1.4.2 Überprüfung der Identität von natürlichen Personen Nachdem der Güterhändler die Feststellung der Identität des Vertragspartners durch Erhebung der gesetzlich erforderlichen Daten vorgenommen hat, kann im nächsten Schritt deren Überprüfung anhand geeigneter Mittel im Sinne des § 12 Abs. 1 GwG erfolgen. Die sogenannte Verifikation setzt voraus, dass sich der Güterhändler darüber Gewissheit verschafft, dass die zuvor festgestellten Daten zur Identität auch zutreffend sind.43 Für die Identifizierung einer natürlichen Person enthält § 12 Abs. 1 GwG eine abschließende Aufzählung der Mittel, anhand derer eine Überprüfung vorgenommen werden kann. Die Norm muss immer im Zusammenspiel mit § 13 GwG gesehen werden. Das erste Mittel zur Überprüfung der Identität einer natürlichen Personen ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG die Verwendung eines gültigen amtlichen Ausweises, der ein Lichtbild des Ausweisinhabers enthält und mit dem die Pass- und Ausweispflicht in Deutschland erfüllt wird. Dieses Verfahren der Identitätsüberprüfung kann unter Berücksichtigung von § 13 Abs. 1 Nr. 1 GwG nur unter Prüfung des vor Ort vorgelegten Dokuments, also durch Inaugenscheinnahme und gegebenenfalls haptische Prüfung, erfolgen.44 Deshalb muss der amtliche Ausweis im Original vorliegen. Eine bloße Vorlage einer Kopie des Ausweises kann für die Überprüfung nicht akzeptiert werden. Amtliche Ausweise sind regelmäßig mit Sicherheitsmerkmalen ausgestattet die eine Fälschung verhindern sollen. Würde lediglich eine Kopie eines solchen Ausweises akzeptiert, dann könnten insbesondere die haptischen Sicherheitsmerkmale nicht überprüft werden. Außerdem ist eine Kopie gerade nicht fälschungssicher und kann mit einfachen Mitteln manipuliert werden. Deshalb ist es wesentlich, dass der amtliche Ausweis im Original vorliegt. Die Identifizierung mittels Einsatz eines Videoidentifizierungsverfahrens gilt als ein Verfahren der vor Ort Identifizierung, selbst wenn dieses konkrete Verfahren durch § 13 Abs. 1 Nr. 2 GwG erfasst ist.45 Bevor mit der Überprüfung des vorgelegten Ausweises mit dem persönlich anwesenden Vertragspartner begonnen werden kann, ist zunächst zu klären, ob es sich überhaupt um einen amtlichen Ausweis im Sinne des Geldwäschegesetzes handelt. Zur Überprüfung dürfen nur solche Ausweise verwendet werden, die den Anforderungen an die Pass- und Ausweispflicht gerecht werden. Dem Gesetzeswortlaut folgend gelten insbesondere ein nach inländischen bzw. nach ausländerrechtlichen Bestimmungen anerkannter oder zugelassener Pass, Personalausweis oder Pass- oder Ausweisersatz als ein amtlicher Ausweis im Sinne des Geldwäschegesetzes. In jedem Fall werden diese Anforderungen erfüllt von einem:

43Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 37. BT-Drucks. 18/11555, S. 119. 45Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 119. 44Vgl.

216

6 Sorgfaltspflichten

• Personalausweis oder einen vorübergehenden Personalausweis • Reisepass oder einem vorübergehenden Reisepass. Anders als es der Wortlaut des Gesetzes vermuten lässt, sind darüber hinaus noch zahlreiche andere Dokumente als amtlicher Ausweis anerkannt, zumindest gibt die Gesetzesbegründung Aufschluss über weitere Ausweise.46 Inwiefern ein anderer Ausweis verwendet werden darf, richtet sich dabei in erster Linie nach der Staatsangehörigkeit der betreffenden Person und nicht nach dem Wohnsitz.47 Anhand der Aufstellung in Tab. 6.3 ist eine Beurteilung der anwendbaren amtlichen Ausweise auf Basis der Staatsangehörigkeit möglich. Anhand der vorstehenden Liste wird deutlich, wie viele verschiedene amtliche Ausweise zur Identifizierung einer natürlichen Person in Abhängigkeit von deren Staatsangehörigkeit oder deren Aufenthaltsstatus zur Verfügung stehen. Die jeweiligen in der vorstehenden Tabelle genannten Vorschriften begründen eine Ausweispflicht, wonach jede natürliche Person, die sich in Deutschland aufhält, zwingend einen hierfür geeigneten Ausweis besitzen muss.48 Aus der Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG folgt das Recht des Verpflichteten, die Vorlage eines Ausweises vom Vertragspartner zu verlangen. In Verbindung mit der Mitwirkungspflicht gemäß § 11 Abs. 6 GwG darf der Vertragspartner die Vorlage seines Ausweises nicht verweigern. Im täglichen Geschäft wird es für einen Güterhändler praktisch unmöglich sein, jeden dieser Ausweise sowie dessen Sicherheitsmerkmale zu kennen. Folglich ist es auch abwegig zu erwarten, dass jeder Mitarbeiter alle denkbaren amtlichen Ausweise kennt. Es empfiehlt sich deshalb eine klare Regelung im Rahmen der internen Organisationsanweisung des Güterhändlers, welche Ausweise verwendet werden sollen. Die Regelung sollte gleich um einen Hinweis darauf erweitert werden, dass in Deutschland ein Führerschein keinen amtlichen Ausweis im Sinne des Geldwäschegesetzes darstellt und dementsprechend nicht akzeptiert werden darf. In anderen Ländern wie zum Beispiel Österreich ist dies anders. Hier dürfte der Güterhändler auch einen Führerschein als Ausweis zur Überprüfung der Identifikation akzeptieren. Die erste Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Überprüfung ist das Vorliegen eines gültigen amtlichen Ausweises. Ist der vom Vertragspartner vorgelegte Ausweis nicht gültig, weil dieser entwertet wurde oder weil das Gültigkeitsdatum überschritten wurde, dann darf dieses Dokument nicht als Grundlage der Überprüfung verwendet werden. Sollte dennoch eine begründete Ausnahme gemacht werden, dann sind in jedem Fall die Erwägungen für diese Ausnahme ebenfalls nachvollziehbar aufzuzeichnen. Eine derartige Entscheidung sollte ein absoluter Einzelfall sein und nicht die Regel darstellen. Denkbar wäre eine Ausnahme beispielsweise bei kranken oder gebrechlichen Menschen.

46Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 118, in Verbindung mit BT-Drucks. 16/9038, S. 37. BT-Drucks. 16/9038, S. 37. 48Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 37. 47Vgl.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

217

Eine solche Ausnahmeentscheidung sollte jedoch berücksichtigten, dass der amtliche Ausweis erst vor kurzer Zeit (wenige Wochen) abgelaufen ist. In jedem Fall sollte auch ein geringes Risiko von dem Einzelfall ausgehen. Es muss auch bei einer derartigen Ausnahme zweifelsfrei gewährleistet sein, dass die Überprüfung der Identität zu keinen Abweichungen geführt hat. Wurde ein gültiger amtlicher Ausweis vom Vertragspartner vorgelegt, kann die Überprüfung vorgenommen werden. Für die Überprüfung muss sich der Verpflichtete durch Abgleich des auf dem amtlichen Ausweis enthaltenden Lichtbilds von der Identität der vor Ort anwesenden und zu überprüfenden Person überzeugen, ohne dass es dabei auf die weiteren aus dem Ausweis hervorgehenden Angaben wie Name, Anschrift usw. ankommt.49 Entspricht die Person auf dem Lichtbild nicht dem Vertragspartner, dann ist die Überprüfung dennoch fortzusetzen, obwohl die Transaktion trotzdem nicht durchgeführt werden darf. Grund hierfür ist die offenbare Abweichung der Identität des Vertragspartners vom eigentlichen Ausweisinhaber. Der Ausweis könnte gestohlen worden sein, um ihn für illegale Zwecke zu missbrauchen. Die vollständige Dokumentation aller Daten und gerade in einem solchen Fall eine gut lesbare Kopie des Ausweises, sind Grundlage für eine unverzüglich nach der Ablehnung bzw. mindestens Aufschiebung der Transaktion vorzunehmende Verdachtsmeldung gemäß § 43 Abs. 1 GwG. Dem Vertragspartner darf der Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung als Grund für die Ablehnung der Transaktion nicht mitgeteilt werden. Wurde das Lichtbild erfolgreich kontrolliert, sind die zuvor erhobenen Daten zur Identität des Vertragspartners ebenfalls einer Überprüfung zu unterziehen. In diesem Zusammenhang müssen nur die erhobenen Daten verifiziert werden, die auch in dem zur Überprüfung verwendeten amtlichen Ausweis enthalten sind.50 Erfolgt die Verifikation etwa anhand eines Reisepasses dann enthält dieser regelmäßig keine Angaben über die Anschrift der natürlichen Person. Eine Überprüfung der Anschrift wäre in diesem Fall obsolet. Im Umkehrschluss ergibt sich aus der Norm aber auch, dass sehr wohl eine Überprüfung der erhobenen Daten erfolgen muss, wenn diese auch mit dem amtlichen Ausweis abgeglichen werden können. Der Abgleich ist nur dann erfüllt, wenn tatsächlich alle Daten als richtig überprüft angesehen werden können. Wird im Rahmen der Überprüfung eine Abweichung beispielsweise bei der Schreibweise des Namens festgestellt, dann ist diese zu klären, um zu gewährleisten, dass die tatsächlich richtigen Daten aufgezeichnet werden. Eine Besonderheit besteht bei der Überprüfung von Ersatzpapieren. Diese können gegebenenfalls einen Hinweis enthalten, aus dem hervorgeht, dass die im Ausweis enthaltenen Daten zur Identität der natürlichen Person auf den eigenen Angaben dieser

49Vgl. 50Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 118. BT-Drucks. 18/11555, S. 118.

218

6 Sorgfaltspflichten

Person beruhen.51 In diesem Fall ist nur bekannt, dass die betreffende Person unter dem Namen und den angegebenen Daten auftritt, eine Überprüfung ist von behördlicher Seite jedoch nicht erfolgt und kann auch nicht vom Verpflichteten verlangt werden.52 Allerdings erwartet der Gesetzgeber eine erhöhte Sorgfalt beim Abgleich des Lichtbildes.53 Sind diese Handlungen abgeschlossen, ist zwar der Prozess der Identifizierung der natürlichen Person für sich genommen beendet, allerdings sind damit die Aufzeichnungspflichten des Geldwäschegesetzes noch nicht erfüllt. Die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 GwG verlangt bei der Identifizierung einer natürlichen Person zusätzlich die Anfertigung einer (vollständigen) Kopie des amtlichen Ausweises. Das Recht und die Pflicht zur Anfertigung einer vollständigen Kopie wurde im Zuge der Neufassung des Geldwäschegesetzes aufgenommen.54 Der Wegfall des Wortes „vollständig“ aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 2 GwG ist wohl eher auf ein redaktionelles Versehen bei der Neufassung des Satzes im Zuge der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie zurückzuführen, weil eigentlich nur die Aufzeichnungspflichten im Kontext des sogenannten Vor-Ort-Auslesen nach § 18a PAuswG geregelt werden sollten.55 Bei der Anfertigung der Kopie des amtlichen Ausweises ist zwingend darauf zu achten, dass diese auch lesbar ist und alle gesetzlich geforderten Angaben ohne weiteres erkennbar sind. Sind einzelne gesetzlich geforderten Angaben nicht lesbar, wie zum Beispiel der Name des Identifizierten, dann wäre die Aufzeichnung als unvollständig anzusehen. Unter Berücksichtigung der Mitwirkungspflichten des Vertragspartners muss dieser die Anfertigung einer Kopie grundsätzlich akzeptieren. Die gelegentlich vorgetragenen Einwände in Bezug auf einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz laufen ins Leere. Neben der Verwendung eines amtlichen Ausweises zur sogenannten Face-to-Face Identifizierung eröffnet § 12 Abs. 1 GwG vier weitere Mittel, anhand derer eine Identifizierung im Lichte des Geldwäschegesetzes erlaubt ist. Die zweite Variante in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GwG baut auf dem elektronischen Identitätsnachweis (eID) nach § 18 PAuswG, § 12 eID-Karte-Gesetz oder § 78 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz auf. Der elektronische Personalausweis, die eID-Karte und der elektronische Aufenthaltstitel sind alle mit einem Mikrochip – dem Speicher und Verarbeitungsmedium – ausgestattet, der unter Verwendung weiterer technischer Verfahren für die Identifizierung verwendet werden kann. Zentraler Vorteil der Verwendung der eID ist es, dass die Daten zur Identität unter Verwendung einer Zwei-Faktor-Authentifizierung direkt von einem hoheitlichen eID-Server abgerufen ­

51Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 38. BT-Drucks. 16/9038, S. 38. 53Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 38. 54Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 114. 55Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 76. 52Vgl.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

219

werden können. Gleichzeitig erfolgt die Prüfung und Mitteilung ob etwaige Sperren für das betreffende Dokument vorliegen, etwa aufgrund von Diebstahl. Dem Verpflichteten wird ein elektronischer Datensatz bereitgestellt, der ohne manuelle Übertragungsfehler direkt in das eingesetzte Aufzeichnungssystem (z. B. das CRM-System) eingespielt werden kann. Die Identifizierung ist gesetzlich anerkannt und kann binnen Sekunden erfolgen. Im Rahmen der Verwendung der eID ist es nicht erforderlich, eine Kopie des amtlichen Ausweises anzufertigen. Auch müssen keine zusätzlichen Video- und Tonaufzeichnungen aufbewahrt werden, wie sie bei der Videoidentifizierung anfallen. Der für die Speicherung des Datensatzes benötigte Speicherplatz beträgt unter 100 KB und ist damit signifikant kleiner, als die Aufzeichnung aus einer Videoidentifizierung für die gegenwärtig ca. 100 MB Speicherkapazität benötigt werden. Vorteile bietet die eID insbesondere für Verpflichtete, die ihre Geschäftstätigkeit im Internet ausüben. Im Oktober 2020 laufen die letzten alten Personalausweise in Deutschland aus. Ab November 2020 sind nur noch die sogenannten elektronischen Personalausweise im Umlauf, die alle über die eID-Funktionalität verfügen. Die eID-Funktionalität kann aber auch im Wege des sogenannten Vor-Ort-Auslesens eingesetzt werden. Auch hier wird auf das Speicher- und Verarbeitungsmedium zugegriffen und der Verpflichtete erhält einen autorisierten Datensatz. Jedoch muss weiterhin ein Abgleich des Lichtbildes mit der vor Ort anwesenden Person erfolgen. Die Anfertigung einer Kopie ist nicht erforderlich. Die dritte Variante in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG setzt auf die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur. Diese muss allerdings in Verbindung mit den Erfordernissen aus § 12 Abs. 1 Satz 2 und 3 GwG betrachtet werden. Hiernach ist zusätzlich eine Zahlung von einem Zahlungskonto erforderlich, bei dem der Vertragspartner selbst Kontoinhaber ist und das bei einem Kreditinstitut geführt wird. Die zusätzlichen Hürden machen diese Variante nicht nur für Güterhändler unpraktikabel. Die vierte Variante in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GwG stellt auf ein elektronisches Identifizierungssystem ab, dass von der Europäischen Kommission in Übereinstimmung mit den Regeln der eIDAS-Verordnung56 notifiziert wurde. Die für die zweite Variante beschriebene eID des deutschen Personalausweises ist das erste elektronische Identifizierungssystem gewesen, deren Notifizierung durch die Europäische Kommission am 26. September 2017 im Amtsblatt veröffentlicht wurde.57 Der Einsatz jeden anderen von der Europäischen Kommission notifizierten elektronischen Identifizierungssystems ist durch das Geldwäschegesetz erfasst.

56Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG, ABl. L 257 vom 28. August 2014, S. 73–114. 57Nach Artikel 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt notifizierte Identifizierungssysteme, ABl. C 319 vom 26. September 2017, S. 3.

220

6 Sorgfaltspflichten

Die in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GwG aufgeführte Variante ist beschränkt auf den Abschluss eines Zahlungskontovertrages bei einem Kreditinstitut und deshalb für die Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG nicht einschlägig. Sind alle Angaben ordnungsgemäß erhoben und hat auch die Überprüfung keine Abweichungen ergeben, dann ist die Identifizierung abgeschlossen und die allgemeine Sorgfaltspflicht des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG wurde erfüllt. Dies umfasst auch die Abklärung nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 GwG bezogenen auf den Vertragspartner.

6.1.4.3 Feststellung eines wirtschaftlich Berechtigten bei natürlichen Personen Zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflicht des § 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG ist es erforderlich, dass neben der Identifizierung des Vertragspartners auch eine Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten erfolgt. Basis für den Verpflichteten ist die Kenntnis des Begriffs des wirtschaftlich Berechtigten sowie dessen gesetzeskonforme Auslegung und Anwendung (siehe Abschn. 3.11). Außerdem muss der Vertragspartner seinen Mitwirkungspflichten nachkommen. Gerade wenn der Vertragspartner eine natürliche Person ist, bekommt dieses Erfordernis eine besondere Bedeutung. Der Versuch des Verpflichteten, einen wirtschaftlich Berechtigten hinter einer natürlichen Person abzuklären, wird regelmäßig ohne Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten enden. Der Güterhändler ist in diesem Fall zwingend auf die Mitwirkung des Vertragspartners angewiesen gesetzeskonform abzuklären, ob dieser auf Veranlassung eines Dritten handelt oder in eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Der Güterhändler muss sich bei dem Vertragspartner erkundigen, ob dieser für sich selbst oder für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt. In der Praxis wird der hier betrachtete Sachverhalt eine eher untergeordnete Bedeutung für den Güterhändler haben, dennoch ist die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflicht angezeigt. Der Güterhändler darf grundsätzlich davon ausgehen, dass die vom Vertragspartner in Bezug auf das Vorhandensein eines wirtschaftlich Berechtigten gemachten Angaben richtig sind.58 Dieser Grundsatz gilt dann nicht, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Vertragspartner widersprüchliche oder unrichtige Angaben macht.59 Ein solcher Sachverhalt kann zum Beispiel bereits dann vorliegen, wenn der Vertragspartner die Fragen des Güterhändlers zu gewünschten Eigenschaften oder Spezifikationen eines Gutes nicht selbst beantworten kann und (wiederholt) telefonisch entsprechende Erkundigungen einzieht. Hier deuten die Anzeichen darauf hin, dass die „vor Ort anwesende Person“ von einer dritten Person im Hintergrund instruiert wird. Wesentliche Entscheidungen werden gerade nicht von der anwesenden Person getroffen, obwohl diese Vertragspartner ist. Ziel des Geldwäschegesetzes ist es unter anderem, sogenannte

58Vgl. 59Vgl.

BT-Drucks. 12/2704, S. 16. BT-Drucks. 12/2704, S. 16.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

221

„Strohmanngeschäfte“ zu verhindern. Aber nicht nur Strohmanngeschäfte sollen aufgedeckt und verhindert werden. Ergeben sich aus dem Sachverhalt derartige Bedenken, muss der Güterhändler weitere Maßnahmen treffen, um die Identität des offenbar vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten abzuklären. Ferner wirkt sich dieser Umstand auch auf den Umfang der zu treffenden Maßnahmen zur Identifizierung aus, gerade weil davon ausgegangen werden muss, dass die auf wiederholte Nachfrage gemachten Angaben ebenfalls unwahr sind. Das Risikopotential eines Missbrauchs zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung steigt entsprechend. Besteht ein Verdacht, dass die erteilten Angaben unrichtig sind, dann ist sowohl daran zu denken die angetragene Transaktion ganz abzulehnen, als auch an die Vornahme einer Verdachtsmeldung. Kommt der Vertragspartner seinen Mitwirkungspflichten unmittelbar nach, dann ist in jedem Fall gemäß § 11 Abs. 5 Satz 1 GwG der • Name (Nachname und mindestens ein Vornamen60) vom wirtschaftlich Berechtigten zu erheben. Außer dem Namen des wirtschaftlich Berechtigten verlangt das Geldwäschegesetz grundsätzlich keine weitere Datenabklärung. Allerdings wird in Anwendung des risikobasierten Ansatzes eine Öffnung in § 11 Abs. 5 Satz 1 GwG dahingehend vorgenommen, dass unter Berücksichtigung der vom Einzelfall ausgehenden Risiken der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung auch weitere Daten des wirtschaftlich Berechtigten erhoben werden dürfen. Grundlage für den Umfang der Daten zur Identität des wirtschaftlich Berechtigten ist wiederum die individuelle Risikoanalyse des Güterhändlers. Auf diese Risikoanalyse kommt es aber insofern nicht an, als dass § 11 Abs. 5 Satz 3 GwG unabhängig vom festgestellten Risiko die Erhebung weiterer personenbezogenen Daten des wirtschaftlich Berechtigten durch den Verpflichteten erlaubt. Der Vorschlag zur Ergänzung dieses Satzes findet sich erstmalig in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 7. November 2012.61 Das im Jahr 2008 vorgetragene Argument den Aufwand zur Identitätsfeststellung des wirtschaftlich Berechtigten für die Praxis gering zu halten, hatte sich in der Zwischenzeit ins Gegenteil verkehrt. Grund hierfür war eine Änderung der verstärkten Sorgfaltspflichten im Zuge des Geldwäscheoptimierungsgesetzes, deren Anwendungsbereich per gesetzliche Regelung ein erhöhtes Risiko begründen. Seit dem wird nicht mehr nur die Abklärung verlangt, ob der Vertragspartner den Status einer politisch exponierten Person hat, sondern auch ob der wirtschaftlich Berechtigte einen solchen Status hat. Kommerzielle Anbieter von Datenbanken für politisch exponierte Personen führen über eine Million Einträge in ihren Prüflisten. Vor allem Kreditinstitute nutzen derartige Listen, um die gesetzlichen

60Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 118, in Verbindung mit BT-Drucks. 16/9038, S. 38. 17/11335, S. 6.

61BT-Drucks.

222

6 Sorgfaltspflichten

Tab. 6.4  Risikounabhängige Berechtigung zur Erhebung weiterer Daten zur Identität des wirtschaftlich Berechtigten Angaben

Bedeutung

Erhebung

1.

Name

Umfasst den Nachnamen und mindestens einen Vornamen des wirtschaftlich Berechtigten

Pflicht

2.

Geburtsdatum

Das vollständige Datum der Geburt des wirtschaftlich Berechtigten mit Tag, Monat und Jahr

Freiwillig

3.

Geburtsort

Ort in dem der wirtschaftlich Berechtigten geboren wurde

Freiwillig

4.

Anschrift

Stellt auf den Hauptwohnsitz ab. Es ist Straße, Hausnummer, Postleitzahl/Postcode und der Ort zu erfassen.

Freiwillig

Anforderungen des Geldwäschegesetzes sowie der für sie darüber hinaus anwendbaren Spezialregelungen zu erfüllen. Es liegt auf der Hand, dass ein Abgleich eines Namens wie „Schmidt“ gegen eine solche Prüfliste zu einer enorm hohen Anzahl von Treffern führt. Wurden keine weiteren Identifizierungsmerkmale erhoben mittels derer die Trefferliste eingegrenzt werden kann, wie insbesondere das Geburtsdatum des wirtschaftlich Berechtigten, ist die manuelle Kontrolle der gesamten Trefferliste mit einem enormen Aufwand verbunden und eine effektive Risikofeststellung nahezu ausgeschlossen. Diese praktischen Folgen waren auch Grundlage für die entsprechende Begründung zur Aufnahme des § 4 Abs. 5 Satz 2 GwG a.F.62 Es bleibt demnach festzuhalten, dass jeder Verpflichtete unabhängig davon welches Risiko vom wirtschaftlich Berechtigten ausgeht zur Erhebung der in Tab. 6.4 genannten Daten berechtigt ist. Alle Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 GwG müssen nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 GwG außerdem eine Abklärung dahingehend durchführen, ob der wirtschaftlich Berechtigte gegebenenfalls als politisch exponierte Person, Familienmitglied oder bekanntermaßen nahestehende Person einzustufen ist oder nicht. Deshalb empfiehlt es sich, dass die internen Organisationsanweisungen neben der Erhebung des Namen des wirtschaftlich Berechtigten mindestens auch die Erhebung des Geburtsdatums vorsehen.

6.1.4.4 Überprüfung eines wirtschaftlich Berechtigten bei natürlichen Personen Allein mit der Feststellung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten hat der Güterhändler die gesetzlichen Anforderungen des § 11 Abs. 5 GwG noch nicht erfüllt. Im nächsten Schritt muss sich der Güterhändler nach § 11 Abs. 5 Satz 4 GwG unter Anwendung risikoangemessener Maßnahmen vergewissern, ob die erhobenen Daten zum wirtschaftlich Berechtigten auch zutreffend sind. Die nach § 11 Abs. 5 Satz 3 GwG geforderte Einholung eines Nachweises der Registrierung im oder eines Auszug aus dem Transparenzregister im Sinne von § 11 Abs. 5 Satz 2 GwG scheidet bei einer nicht 62Vgl.

BT-Drucks. 17/11416, S. 9.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

223

gewerblich oder beruflich tätigen natürlichen Person als Vertragspartner aus, weil es sich nicht um eine registrierungspflichtige Person im Sinne von § 20 Abs. 1 oder § 21 GwG handelt. Das heißt, in einem solchen Sachverhalt spielt das Transparenzregister keine Rolle. Der Verpflichtete hat zwar einen Ermessensspielraum bei der Wahl der anzuwendenden Maßnahmen, jedoch besteht keine Wahl hinsichtlich der Pflicht zur Überprüfung selbst.63 In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: Es ist nicht gewollt, dass der Verpflichtete – wenngleich anhand von Risikokriterien – selbst entscheiden kann, ob er die Überprüfung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten vornimmt oder nicht.64

Aus dem gesetzlichen Erfordernis der „Identifizierung“ des wirtschaftlich Berechtigten, resultiert demnach auch die Überprüfung der Daten zur Identität, obwohl der hierzu betriebene Umfang entsprechend dem Risiko (geringes oder mittleres Risiko) unterschiedlich ausfallen darf.65 Über die Ausgestaltung der risikobasierten Maßnahmen enthält weder das Geldwäschegesetz selbst, noch die Gesetzesbegründung weitere Ausführungen. Am einfachsten ist die Überprüfung in den Fällen, in denen sowohl der Vertragspartner als auch der wirtschaftlich Berechtigte gleichzeitig vor Ort sind. Dann kann die Identifizierung in der Praxis einfach durch die Vorlage und Kopie eines amtlichen Ausweises durch den wirtschaftlich Berechtigten selbst erfolgen. Allerdings ist eine solch umfangreiche Überprüfungsgrundlage nicht gesetzlich vorgeschrieben. Die Anzahl der Fälle in denen eine natürliche Person auf Veranlassung eines wirtschaftlich Berechtigten handelt wird in der Praxis eher gering sein. Dementsprechend ist die Wahrscheinlichkeit, dass sowohl der Vertragspartner als auch der wirtschaftlich Berechtigte gleichzeitig vor Ort sind noch geringer. An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass diese Situation nicht damit verwechselt werden darf, dass eine natürliche Person als Vertreter einer juristischen Person oder Personengesellschaft auftritt. Mithin bleibt die ganz praktische Frage, mit welchen Maßnahmen eine Überprüfung einer natürlichen Person als wirtschaftlich Berechtigten des Vertragspartners vorgenommen werden kann, die nicht persönlich vor Ort anwesend ist. Wie bereits in der Begriffsdefinition festgehalten wurde, ist ein wirtschaftlich Berechtigter immer eine natürlich Person. In der Regel wird der wirtschaftlich Berechtigte selbst nicht vor Ort anwesend sein, weshalb auch hier eine Fernidentifizierung erfolgen muss. In diesem Punkt greift wiederum die Mitwirkungspflicht des Vertragspartners ein und hier konkret § 11 Abs. 6 Satz 3 GwG. Diese Regelung verpflichtet den Vertragspartner dazu, sofern er einen wirtschaftlich Berechtigten offengelegt hat, dessen Identität auch nachzuweisen. Der Gesetzgeber stellte in seiner Gesetzesbegründung klar, dass der Verpflichtete die

63Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 27. S. 27. 65Vgl. BT-Drucks 17/6804, S. 27. 64BT-Druck.17/6804,

224

6 Sorgfaltspflichten

von ihm zu erbringende Sorgfaltspflicht eben nur mit der Unterstützung des Vertragspartners erfüllen kann. Der Güterhändler kann daher den Vertragspartner nicht nur nach den Angaben zur Identität des wirtschaftlich Berechtigten befragen sondern auch entsprechende Nachweise verlangen. Am sichersten erscheint hier ein Nachweis in Form der Vorlage einer Kopie eines amtlichen Ausweises des wirtschaftlich Berechtigten. In der Praxis, gerade im Bereich des Güterhandels wird dies wohl eher schwer zu realisieren sein. Allerdings vermindert ein solches Vorgehen das Risiko bewusst falsch vorgetragener Angaben zur Identität eines wirtschaftlich Berechtigten durch den Vertragspartner erheblich. Immerhin kann jedermann behaupten, dass er auf Veranlassung eines Dritten tätig wird. Inwiefern hingegen eine bloße schriftliche Bestätigung des Vertragspartners drüber ausreichend ist, dass der benannte wirtschaftlich Berechtigte tatsächlich existiert und noch zudem auf dessen Veranlassung gehandelt wird, muss vor allem unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Risikoanalyse beurteilt werden. Ein Unsicherheitsfaktor ist mit einem derartigen Vorgehen jedoch verbunden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die getroffenen Angaben richtig sind, ist bei Vorlage einer Ausweiskopie deutlich höher einzustufen. Handelt es sich bei dem benannten wirtschaftlich Berechtigten um eine dem Güterhändler bereits aus früheren Transaktionen bekannte Person, dann könnte beispielsweise auch ein Anruf dieser Person in Erwägung gezogen werden. Wurden die Angaben zur Identität des wirtschaftlich Berechtigten festgestellt und anschließend anhand risikoangemessener Maßnahmen überprüft, dann hat der Güterhändler die allgemeine Sorgfaltspflicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG erfüllt. Die Transaktion mit dem Vertragspartner darf daraufhin durchgeführt werden. Die Durchführung der Transaktion ist deshalb möglich, weil es bei Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG nicht auf die Einholung und Bewertung von Informationen über den Zweck und über die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung ankommt.

6.1.5 Identifizierung von juristischen Personen oder Personengesellschaften Als Vertragspartner im Sinne des Geldwäschegesetzes kommen nicht nur natürliche Personen infrage, sondern auch juristischen Personen oder Personengesellschaften. Die Vorgehensweise bei der Identifizierung von juristischen Personen oder Personengesellschaften (zusammen nachfolgend „juristische Personen“) folgt den gleichen Prinzipien wie bei der Identifizierung einer natürlichen Person. Die Unterschiede ergeben sich in den anwendbaren Details. Zunächst wird wiederum die Identifizierung des Vertragspartners beschrieben und im Anschluss die Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten. Gerade in Bezug auf Vertragspartner in Form einer juristischen Person sollten Güterhändler immer auch berücksichtigten, ob die Bezahlung einer Rechnung im Wert von EUR 10.000 (respektive EUR 2000 bei Edelmetallen) oder mehr mit Bargeld den üblichen Marktusancen entspricht. In der Regel werden solche Beträge zwischen

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

225

juristischen Personen mittels einer bargeldlosen Zahlung ausgeglichen, welche die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten im Sinne von § 10 Abs. 1 GwG gerade nicht auslöst. Besteht der Vertragspartner entgegen der Marktusancen auf eine Zahlung mit Bargeld, dann kann dies gegebenenfalls ein Anhaltspunkt für einen Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung begründen. Dies gilt im Umkehrschluss nicht in den Bereichen, wo die Zahlung mit Bargeld oberhalb des gesetzlichen Schwellenwerts auch zwischen juristischen Personen aufgrund der besonderen Branchenspezifika zum üblichen Verhalten gehört. Ebenfalls betrachtet werden sollte, ob es den üblichen Marktusancen entspricht, dass juristische Personen Kunstgegenstände erwerben, selbst wenn die Zahlungsabwicklung bargeldlos erfolgt. Hinzutritt, dass bei juristischen Personen als Vertragspartner immer damit gerechnet werden muss, dass eine für den Vertragspartner auftretende Person die betreffende Transaktion vornimmt. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil bei einer juristischen Person regelmäßig sowohl der Vertragspartner selbst als auch die auftretende Person identifiziert werden müssen. Bei juristischen Personen als Vertragspartner muss außerdem immer davon ausgegangen werden, dass ein wirtschaftlich Berechtigter vorhanden ist. Kann ein solcher nicht ermittelt werden, erfolgt der Rückgriff auf den Auffangtatbestand und den dort geregelten fiktiven wirtschaftlich Berechtigten. Der zu betreibende Aufwand zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Sorgfaltspflichten ist dementsprechend wesentlich höher als bei einer natürlichen Person als Vertragspartner.

6.1.5.1 Feststellung der Identität von juristischen Personen Handelt es sich bei dem Vertragspartner um eine juristische Person, dann folgt die Erhebung der Daten zur Identität den Vorgaben des § 11 Abs. 4 Nr. 2 GwG. Die in Tab. 6.5 aufgeführten Daten sind von einer juristischen Person durch den Verpflichteten zu erheben. Ebenso wie bei der Erhebung der Daten zur Identität einer natürlichen Person, müssen auch die Daten der juristischen Person in nachvollziehbarer Form aufgezeichnet werden. Es ist wesentlich, dass die Firma, Name oder die Bezeichnung der juristischen Person vollständig aufgezeichnet wird und nicht etwa Abkürzungen verwendet werden. Ebenfalls muss die richtige Schreibweise beachtet werden. Die Rechtsform muss aufgezeichnet werden, weil diese ein wichtiger Indikator für das von der juristischen Person ausgehende Risiko ist. Von einer eintragungspflichtigen Aktiengesellschaft gehen aufgrund der gesetzlichen Transparenzpflichten grundsätzlich geringere Risiken aus als von einer nicht eintragungspflichtigen GbR. Außerdem gibt die Rechtsform Auskunft darüber, wer die Vertretungsorgane sind. In Deutschland kann im Grundsatz zwischen den juristischen Personen des Privatrechts und denen des öffentlichen Rechts unterschieden werden. Die juristischen Personen des Privatrechts können zudem untergliedert werden nach den Kapitalgesellschaften auf der einen Seite und den Personengesellschaften auf der anderen Seite. Eine besondere Stellung bildet dabei das „Einzelunternehmen“, mit dem eine natürliche Person seiner selbständigen

226

6 Sorgfaltspflichten

Tab. 6.5  Festzustellende Daten zur Identität einer juristischen Person oder Personengesellschaft Angaben

Bedeutung

1.

Firma, Name oder Bezeichnung

Meint gemäß § 17 Abs. 1 HGB den Namen des Kaufmanns, unter dem er seine Geschäftstätigkeit betreibt und die Unterschrift abgibt.

2.

Rechtsform

Meint die gesetzlich geregelte Organisationsund Entscheidungsform der juristischen Person.

3.

Registernummer (soweit vorhanden)

Die Nummer eines amtlich geführten Registers oder Verzeichnisses in dem die juristische Person eingetragen ist, sofern eine Registereintragung vorhanden ist.

4.

Anschrift des Sitzes oder der Hauptniederlassung

Die vollständige Anschrift mit Straße, Hausnummer, Postleitzahl/Postcode und den Ort an dem der Vertragspartner seinen juristischen Sitz hat. Handelt es sich um eine Niederlassung die eingetragen ist, dann ist die Anschrift zu erfassen und als Niederlassung kenntlich zu machen.

5.

Namen der Mitglieder des Vertretungsorgans Meint den Vornamen und Nachnamen aller oder der gesetzlichen Vertreter Mitglieder des Vertretungsorgans bzw. der gesetzlichen Vertreter der juristischen Person. Ist ein Vertreter selbst juristische Person dann die Ziffern 1. bis 4 entsprechend.

Angaben zur Feststellung der Identität einer juristischen Person

Betätigung nachgeht. Des Weiteren gibt es noch einige Mischformen, die eine Verbindung zwischen Kapital- und Personengesellschaft darstellen, zumeist mit der Absicht der Haftungsbegrenzung. Die Tab. 6.6 gibt einen Überblick über die juristischen Personen und Personengesellschaften sowie die juristischen Personen des öffentlichen Rechts in Deutschland, ohne dabei den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Wie auch bei den natürlichen Personen kann es sein, dass der Güterhändler mit juristischen Personen mit Sitz im Ausland Transaktionen eingeht. Die im Ausland existierenden Rechtsformen können dabei von den deutschen Rechtsformen abweichen. Das nächste zu erfassende Merkmal ist die Registernummer. Hier sieht das Geldwäschegesetz unmittelbar eine Einschränkung vor, wonach die Registernummer nur dann zu erheben ist, wenn es auch tatsächlich eine entsprechende Eintragung gibt. Nicht alle Rechtsformen müssen sich in einem amtlichen Register oder Verzeichnis eintragen lassen, dementsprechend kann auch nicht von jeder juristischen Person eine entsprechend Aussage gefordert werden. Unabhängig davon gilt jedoch, dass bei Rechtspersonen, die einer Eintragungspflicht unterliegen auch eine Registernummer erfasst

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

227

Tab. 6.6  Überblick über die juristischen Personen und Personengesellschaften Kapitalgesellschaften

Personengesellschaften

Gesellschaften öffentlichen Rechts

Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit – VVaG

(Nicht) eingetragener Verein

Körperschaft des öffentlichen Rechts – KöR

Gesellschaft mit beschränkter Haftung – GmbH

Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR

Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Kreise, Gemeinden) Zweckverbände Staatliche Hochschulen Börsen

Kommanditgesellschaft auf Aktien – KGaA

Offene Handelsgesellschaft – OHG

Anstalt des öffentlichen Rechts – AöR

Aktiengesellschaft – AG

Partnerschaftsgesellschaft

Landesrundfunkanstalten Sparkassen Kommunalunternehmen

Europäische Gesellschaft – SE

Kommanditgesellschaft – KG

Eingetragene Genossenschaft – eG

Stiftungen des öffentlichen Rechts

Beispiele für juristische Personen und Personengesellschaften

werden muss. Anhand der betreffenden Registernummer ist später die Überprüfung durchzuführen. Die Anschrift umfasst alle Angaben zum Sitz des Vertragspartners. Es kann grundsätzlich zwischen dem juristischen Sitz der juristischen Person sowie dem Sitz einer Niederlassung unterschieden werden. So wie der Güterhändler selbst mehrere Standorte haben kann ist dies auch beim Vertragspartner möglich. Der Sitz der juristischen Person orientiert sich im Allgemeinen an der Definition in § 24 BGB, in dem es heißt: Als Sitz eines Vereins gilt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird.

In der Praxis wird auch landläufig von der „Zentrale“ gesprochen. Ausgehend von der vereinsbezogenen Definition sind in den jeweiligen spezifischen Gesetzen gegebenenfalls weitere Regelungen enthalten. Dies ändert nichts am Grundsatz, dass der Sitz des Vertragspartners festgestellt werden muss. Weicht die Anschrift des Sitzes des Vertragspartners von der Anschrift der Niederlassung mit welcher der Güterhändler die Transaktion abgeschlossen hat ab, dann sollte zusätzlich zum Sitz auch die Anschrift der Niederlassung erfasst werden. Als abschließendes Merkmal müssen die Mitglieder des Vertretungsorgans bzw. die gesetzlichen Vertreter der juristischen Person erfasst werden. Die jeweilige Rechtsform gibt Auskunft darüber, ob ein Vertretungsorgan oder ein gesetzlicher Vertreter

228

6 Sorgfaltspflichten

die jeweilige juristische Person vertreten darf. Zusätzlich kann neben der namentlichen Erfassung einer natürlichen Person auch die Erfassung einer juristischen Person erforderlich werden. Die Unterscheidung ergibt sich aus der Rechtsform, wonach eben nicht nur natürliche Personen als Vertretungsorgan infrage kommen, sondern außerdem auch juristische Personen. Das Vertretungsorgan einer GmbH & Co. KG etwa ist mit der GmbH ebenfalls eine juristische Person, selbst wenn die GmbH wiederum von einer natürlichen Person vertreten wird. Das Geldwäschegesetz selbst nimmt keine unmittelbare Beschränkung dahingehend vor, wie viele Mitglieder des Vertretungsorgans bzw. gesetzliche Vertreter erfasst werden müssen. Besteht das Vertretungsorgan beispielsweise aus zehn Personen, dann müssten alle Personen namentlich erfasst werden. Der Aufwand ist in der Praxis auch vor dem Hintergrund der notwendigen Überprüfung kaum darstellbar. Die aktuelle Fassung des § 11 Abs. 4 Nr. 2 GwG setzt die vorherige Regelung im Wesentlichen fort.66 In der Folge ist der Verweis auf den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) des Bundesministeriums der Finanzen, wonach nur maximal die Angaben zu fünf Vertretern erfasst werden müssen, weiterhin anwendbar.67 Die neueste Fassung des AEAO wurde am 11. Dezember 2017 kommuniziert und enthält die Ausnahmeregelung zur Aufzeichnung von fünf Vertretern in der Auslegung zum § 154 AO in Nr. 11.1 Satz 1 Buchstabe k).68 Allerdings enthält diese Regelung auch eine weitere Einschränkung. Die betreffenden fünf Personen müssen selbst in dem betreffenden öffentlichen Register eingetragen sein oder aber es muss eine Legitimationsprüfung dieser Personen stattgefunden haben. Der Begriff „Legitimationsprüfung“ wird in den AEAO für den Prozess verwendet, bei dem sich der Verpflichtete Gewissheit über die Person und Anschrift des Verfügungsberechtigten im Sinne von § 154 Abs. 2 AO verschafft. Für die Zwecke des Geldwäschegesetzes bedeutet dies, sollte keine Eintragung der Mitglieder des Vertretungsorgans bzw. der gesetzlichen Vertreter in einem amtlichen Register erfolgt sein (z. B. bei einer GbR), dann sind die Daten zur Identität aller betreffenden Personen zu erheben, weil die alternative Prüfung der Legitimation einen ungleich höheren Aufwand verursachen würde. Besonders hervorzuheben ist die Rolle der natürlichen Person, die persönlich in Erscheinung tritt. Inwiefern diese Person zwingend als eine für den Vertragspartner „auftretende Person“ zu klassifizieren ist und wie diese identifiziert werden muss, darüber bestehen unterschiedliche Auffassungen. Zur Auslegung des Begriffs der „auftretenden Person“ und der Differenzierung eines Organwalters auf der einen Seite und der

66Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 118. ­BT-Drucks. 16/9038, S. 36 f. 68Bundesministeriums der Finanzen, Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO); Anpassung des AEAO zu § 152 an die Rechtsänderungen durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz vom 23. Juli 2017 (BGBl. I S. 1682), Schreiben vom 11. Dezember 2017, GZ: IV A 3 – S 0325/17/10001, S. 9. 67Vgl.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

229

Einstufung von Boten und Stellvertretern auf der anderen Seite wird an dieser Stelle auf die Ausführungen in Abschn. 3.10 verwiesen. Entscheidend ist, dass sowohl die juristische Person aufgrund ihrer Einstufung als „Vertragspartner“ als auch eine gegebenenfalls „für den Vertragspartner auftretende Person“ identifiziert werden müssen. Zur Identifizierung der auftretenden Person wird an dieser Stelle verwiesen auf Abschn. 6.1.4. Ist bekannt, dass der Vertragspartner in einem amtlichen Register aufgeführt ist, dann kann der Prozess der Erhebung deutlich vereinfacht werden. Der Abruf aller gesetzlich erforderlichen Daten aus dem amtlichen Register erfüllt die Anforderungen des § 11 Abs. 4 Nr. 2 GwG ebenso, wie die Abfrage der Angaben durch den Güterhändler beim Vertragspartner. Wird das Abfrageergebnis zusätzlich physisch auf Papier oder elektronisch erfasst, dann sind auch die Aufzeichnungspflichten im Sinne von § 8 Abs. 1 GwG erfüllt.

6.1.5.2 Überprüfung der Identität von juristischen Personen Sind alle Daten zur Identität des Vertragspartners in Form einer juristischen Person erhoben worden, kann die Überprüfung dieser Daten gemäß § 12 Abs. 2 GwG durch den Güterhändler erfolgen. Allen voran steht die Überprüfung der Daten durch Einsichtnahme in und Abgleich mit den jeweiligen amtlichen Registern. Dies setzt voraus, dass der Güterhändler selbst in Kenntnis der verfügbaren amtlichen Register sowie der darin gespeicherten Daten ist. Insbesondere folgende Register oder Verzeichnisse kommen für die Überprüfung der Identität der juristischen Person in Betracht:69 1. Handelsregister 2. Genossenschaftsregister 3. Partnerschaftsregister 4. Vereinsregister 5. Stiftungsverzeichnisse 6. Vergleichbare ausländische Register und Verzeichnisse Ebenfalls als amtliches Register einzustufen ist das auf Grundlage von § 8b HGB geführte Unternehmensregister.70 Das mit Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie durch § 18 GwG eingeführte Transparenzregister, muss nicht zuletzt aufgrund von § 11 Abs. 5 Satz 2 GwG von den Verpflichteten berücksichtigt werden, ist jedoch gerade kein amtliches Register, weshalb ein ausschließlicher Rückgriff auf das Transparenzregister zum Zweck der Überprüfung der Identität des Vertragspartners nicht rechtskonform wäre.71 Es ist dem Güterhändler

69Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 38. BT-Drucks. 16/960, S. 39. 71Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 118 f. 70Vgl.

230

6 Sorgfaltspflichten

freigestellt, ob er auf die Mitwirkungspflichten des Vertragspartners zurückgreift und von diesem die Vorlage eines entsprechenden Registerauszugs zur Überprüfung verlangt oder aber selbst in das jeweilige Register oder Verzeichnis Einsicht nimmt. Sofern die Vorlage durch den Vertragspartner erfolgt, sollte zwingend darauf geachtet werden, dass es sich um einen aktuellen Registerauszug handelt, der nicht älter als 6 Monate, besser 3 Monate, sein sollte. Nimmt der Güterhändler selbst Einsicht in das Register, dann ist in jedem Fall ein Ausdruck als Aufzeichnung der darin enthaltenden Daten anzufertigen (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 GwG). Die Aufzeichnung kann auch in Form der elektronischen Speicherung der Daten (beispielsweise PDF-Datei) erfolgen. Wesentlich ist, dass die Daten für die Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar und leicht zugänglich sind. Die Einsichtnahme in die erstgenannten vier Register kann über folgende Internetseite erfolgen: • www.handelsregister.de Handelt es sich bei dem Vertragspartner um eine in Deutschland organisierte Stiftung, dann kann die folgende Internetseite genutzt werden: • http://www.stiftungen.org/de/service/stiftungssuche.html Im Ausland gibt es vergleichbare Register und Verzeichnisse die ebenfalls über das Internet abgerufen werden können. An dieser Stelle wird insbesondere auf das European Business Register – EBR hingewiesen, über das die betreffenden nationalen Unternehmensregister der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eingesehen werden können. • https://e-justice.europa.eu/content_find_a_company-489-en.do Aber nicht immer liegt auch eine Eintragung in einem Register vor. Ist etwa der Vertragspartner gerade erst gegründet worden, so kann es sein, dass die Eintragung im Register noch entsprechende Zeit in Anspruch nimmt. Daneben gibt es aber auch solche juristischen Personen, die keine Eintragungspflichten erfüllen müssen, wie das Einzelunternehmen oder die GbR. In den Fällen, bei denen eine Eintragung in einem der genannten amtlichen Register oder Verzeichnisse (noch) nicht vorliegt, können gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 GwG alternativ die Gründungsdokumente bzw. andere gleichwertige Dokumente herangezogen werden. In der Regel ist in den für die jeweilige Rechtsform erlassenen gesetzlichen Regelungen die Art und Weise der Gründung festgelegt. In diesem Zusammenhang ist auch geregelt, welche Dokumente als Nachweis der Gründung erstellt werden müssen. Die Bandbreite der möglichen Dokumente reicht von einem Beschluss einer Satzung (Vereinsgründung) bis hin zur notariellen Urkunde (GmbH-Gründung). Diese Unterlagen müssen vom Vertragspartner vorgelegt werden, damit sie vom Güterhändler zur Erfüllung der gesetzlichen allgemeinen Sorgfaltspflichten verwendet werden können. Denn nur wenn die Identifizierung der juristischen

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

231

Person durch Überprüfung der Angaben zur Identität vollständig abgeschlossen ist, darf die betreffende Transaktion unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 9 GwG durchgeführt werden. Als Besonderheit ist zu erwähnen, dass zwar die Erhebung der Daten der Mitglieder des Vertretungsorgan bzw. der gesetzlichen Vertreter erforderlich ist, aber § 12 Abs. 2 GwG gerade keine Überprüfung dieser Angaben wie für natürliche Personen verlangt. Die Regelung entspricht im Wesentlichen der bisherigen Fassung des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 GwG a.F. und setzt deren Anwendung und Auslegung fort. Dies wird auch durch Rückgriff auf die frühere Gesetzesbegründung deutlich, in der es heißt: Soweit eine juristische Person hierbei durch einen Vertreter oder Boten handelt, ist dieser nicht als Vertragspartner zu identifizieren. Im Falle von außerhalb von Geschäftsbeziehungen durchgeführten Transaktionen im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GwG-neu ist ebenfalls ausschließlich der tatsächliche bzw. als solcher auftretende Vertragspartner und gegebenenfalls der hiervon abweichende wirtschaftlich Berechtigte zu identifizieren, nicht aber ein für diesen offenkundig auftretender und handelnder Vertreter oder Bote.72

Der Bundesrat hat den Ausschluss der Pflicht zur Identifizierung des „persönlich Auftretenden“ grundlegend angezweifelt und auf die negativen Folgen einer Unterlassung der Identifizierung dieser Person hingewiesen.73 Die Bundesregierung hat diese Erstreckung der Identifizierungspflicht auf den persönlich Auftretenden, also auch auf ein Mitglied des Vertretungsorgans bzw. den gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person, als zu weitgehend und im Widerspruch mit dem Prinzip der Eins-zu-EinsUmsetzung der Dritten Geldwäscherichtlinie 2005/60/EG abgelehnt.74 Dementsprechend müssen die festgestellten Daten der Mitglieder des Vertretungsorgans bzw. der gesetzlichen Vertreter nicht überprüft werden. Auf die Auslegung des Begriffs der insofern abzugrenzenden „auftretenden Person“ in Abschn. 3.10 wird verwiesen. Mit der Überprüfung der Identität der juristischen Person allein sind die betreffenden allgemeinen Sorgfaltspflichten im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG bei juristischen Personen nicht erfüllt. Jede natürliche Person, die als „für den Vertragspartner auftretende Person“ zu qualifizieren ist, muss außerdem entsprechend der Ausführungen in Abschn. 6.1.4 identifiziert werden. In jedem Fall tritt außerdem die allgemeine Sorgfaltspflicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG hinzu, wonach die Eigentums- und Kontrollstruktur ermittelt werden muss, um auf Grundlage dieser Daten eine Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten vornehmen zu können. Erst wenn auch hier alle Handlungen zur Erhebung und Überprüfung abgeschlossen sind, hat der Güterhändler seine Pflichten hinsichtlich juristischer Personen erfüllt.

72BT-Drucks.

16/9038, S. 33. BR-Drucks. 168/08, S. 3 f. 74Vgl. BT-Drucks. 16/9080, S. 2. 73Vgl.

232

6 Sorgfaltspflichten

6.1.5.3 Feststellung eines wirtschaftlich Berechtigten bei juristischen Personen Im Gegensatz zur natürlichen Person, wo das Handeln des Vertragspartners auf Veranlassung eines wirtschaftlich Berechtigten in der Praxis eher selten vorkommt, liegt es bei juristischen Personen genau entgegengesetzt. Bei einer juristischen Person muss zunächst davon ausgegangen werden, dass auch ein wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes vorhanden ist. Deshalb kann allenfalls in Folge der Durchführung von Prüfungshandlungen belegt werden, dass bei dem jeweiligen Vertragspartner in Form einer juristischen Person kein wirtschaftlich Berechtigter vorhanden ist. Allerdings greift in diesem Fall – bis auf wenige Ausnahmen – die gesetzliche Fiktion des § 3 Abs. 2 Satz 5 GwG, die als Auffangtatbestand die Person des „fiktiven wirtschaftlich Berechtigten“ normiert. Der wirtschaftlich Berechtigte muss vom Güterhändler gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG in Verbindung mit § 11 Abs. 5 GwG identifiziert werden. Die Erfüllung dieser gesetzlichen Anforderung bringt einiges an Komplexität bei der praktischen Umsetzung mit sich. Die spezifischen Anforderungen zur gesetzeskonformen Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten bei einer juristischen Person als Vertragspartner sind weiter gefasst als im Falle einer natürlichen Person als Vertragspartner. Die Erweiterung der Pflichten ist Folge des Wortlautes des § 10 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz GwG in dem es heißt: …dies umfasst in Fällen, in denen der Vertragspartner keine natürliche Person ist, die Pflicht, die Eigentums- und Kontrollstruktur des Vertragspartners mit angemessenen Mitteln in Erfahrung zu bringen.

Diese Regelung setzt Artikel 12 Abs. 1 b) der Vierten Geldwäscherichtlinie um. Der in der Definition des Begriffs „Identifizierung“ enthaltene Teilschritt der Feststellung der Identität durch Erheben von Angaben wird mit dieser Regelung erweitert. Die Abklärungspflicht umfasst folgende Komponenten: 1. Feststellung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten des Vertragspartners 2. Feststellung der Eigentums- und Kontrollstruktur des Vertragspartners Die Erfüllung beider Schritt ist zum einen Grundlage für die Überprüfung der Identität und zum anderen um überhaupt festzustellen, ob ein wirtschaftlich Berechtigter im Sinne der Definition gemäß § 3 GwG vorhanden ist oder ob ein fiktiver wirtschaftlich Berechtigter bestimmt werden muss. Bei der Feststellung der Identität kann in gleicher Art und Weise vorgegangen werden, wie bereits zuvor in Abschn. 6.1.4.3 beschrieben. Der Vertragspartner, bzw. die für diesen gegebenenfalls auftretende Person kann nach dem Namen des wirtschaftlich Berechtigten durch den Güterhändler befragt werden. Der Vertragspartner muss

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

233

entsprechend seiner Mitwirkungspflicht offenlegen, ob ein wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes vorhanden ist oder nicht. Ist ein wirtschaftlich Berechtigter vorhanden, dann muss der Vertragspartner mindestens den Namen der betreffenden natürlichen Person offenlegen. Ist kein wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes vorhanden, dann ist eine Offenlegung der Gesellschafter der juristischen Person entbehrlich. Aufgrund der seit 1. Januar 2020 bestehenden Regelung des § 11 Abs. 5 Satz 2 GwG ist vom Vertragspartner die Vorlage eines Nachweises über die Registrierung zum Transparenzregister anzufordern. Diesen Nachweis kann der Vertragspartner in vielen Fällen im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten durch Bestätigung erbringen, dass aufgrund der gesetzlichen Fiktion in § 20 Abs. 2 GwG der oder die wirtschaftlich Berechtigten bereits aufgrund der Eintragungen in einem anderen amtlichen Register (z. B. Gesellschafterliste einer GmbH, die gegenüber dem Handelsregister eingereicht wurde) erfasst sind. In diesem Fall müsste der Verpflichtete selbst keinen Auszug aus dem Transparenzregister abrufen. Aufgrund der zweiten Anforderung muss jedoch zusätzlich die Eigentums- und Kontrollstruktur der juristischen Person offengelegt werden. Der Vertragspartner muss demnach mitteilen, wie die Kapitalanteile und die Stimmrechte verteilt sind. Dies schließt aber auch andere Kontrollmöglichkeiten ein, wie sie nach § 290 Abs. 2 HGB im Kontext der Bestimmung des „beherrschenden Einflusses“ eines Mutterunternehmens geregelt sind. Handelt es sich bei dem Vertragspartner um eine juristische Person die selbst wiederum im Eigentum und unter Kontrolle einer juristischen Person steht, ist durch diese hindurch zu schauen bis zur natürlichen Person. Gerade dieser Punkt ist in der Praxis vielfach mit Problemen verbunden, weil insbesondere bei großen Konzerngesellschaften die den Vertragspartner vertretenden Personen zum Teil selbst nicht die gesamten Strukturen kennen und dementsprechend auch keine Kenntnis über den hinter dem Konzern stehenden wirtschaftlich Berechtigten haben. Deshalb ist die Ermittlung der Eigentums- und Kontrollstrukturen – soweit wie möglich – ein weiterer Bestandteil der Abklärungspflicht. Die so gewonnenen Erkenntnisse müssen im Lichte der Regelungen des § 3Abs. 2 GwG berücksichtigt werden und tragen zur Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten bei. In diesem Zusammenhang kann eine grundlegende Unterscheidung dahingehend getroffen werden, ob eine einfache oder eine komplexe Eigentums- und Kontrollstruktur vorliegt. Eine einfache Struktur ist dann vorhanden, wenn der Vertragspartner unmittelbar im Eigentum oder unter Kontrolle einer natürlichen Person steht. Im Gegensatz dazu befindet sich der Vertragspartner bei einer komplexen Struktur im direkten Eigentum oder unter direkter Kontrolle einer weiteren juristischen Person. Über diese juristische Person muss hindurchgesehen werden, um die natürliche Person dahinter zu ermitteln. Die nachfolgenden exemplarischen Abbildungen erfassen nicht alle denkbaren Gesellschaftsstrukturen, sondern dienen lediglich der schematischen Veranschaulichung und der besseren Erläuterung. Die Abb. 6.3 zeigt eine sogenannte einfache Eigentums- und Kontrollstruktur. In der dargestellten Eigentums- und Kontrollstruktur besteht jeweils eine direkte Verbindung zwischen dem Vertragspartner und den natürlichen Personen, wobei nur eine

234

6 Sorgfaltspflichten

Abb. 6.3   Einfache Eigentums- und Kontrollstruktur – Beispiel 1

Person mehr als 25  % der Kapitalanteile und Stimmrechte im Sinne von § 3 Abs 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 GwG hält. Die natürliche Person „A“ gilt als wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes und muss mit risikoangemessenen Mitteln überprüft werden. Eine Abwandlung dieser einfachen Eigentums- und Kontrollstruktur kann der Abb. 6.4 entnommen werden. In Erweiterung zum ersten Beispiel haben die natürlichen Personen „B“ und „C“ mit der natürlichen Person „E“ einen Stimmrechtskontrollvertrag abgeschlossen. Dadurch kontrolliert E insgesamt 35  % der Stimmrechte. Zwar hält E kein Eigentum an den Kapitalanteilen an dem Vertragspartner, aber er gilt aufgrund der kontrollierten Stimmrechte als wirtschaftlich Berechtigter. In diesem Beispiel wären die natürlichen Personen „A“ und „E“ als wirtschaftlich Berechtigte abzuklären. In der Abb. 6.5 werden 100  % des Kapitals sowie der Stimmrechte am Vertragspartner von einer börsennotierten Aktiengesellschaft gehalten bzw. kontrolliert, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt in Deutschland zugelassen sind. Es liegt ein Sachverhalt im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG vor. Dem Wortlaut nach muss bei allen juristischen Personen, die an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 11 WpHG notiert sind und den Transparenzanforderungen der Europäischen Union gleichwertig sind, keine weitere Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten oder eines fiktiven wirtschaftlich Berechtigten erfolgen. Dies ist damit zu begründen, dass aufgrund der mit der Notierung einhergehenden Transparenzpflichten bereits hinreichende Transparenz vorhanden ist.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

Abb. 6.4   Einfache Eigentums- und Kontrollstruktur – Beispiel 2

Abb. 6.5   Einfache Eigentums- und Kontrollstruktur – Beispiel 3

235

236

6 Sorgfaltspflichten

Die letzte Abb. 6.6 zeigt eine komplexe Beteiligungsstruktur, bei der durch die direkten Gesellschafter des Vertragspartners hindurch gesehen werden muss, um den wirtschaftlich Berechtigen festzustellen. Die direkten Gesellschafter des Vertragspartners sind jeweils juristische Personen. Erst auf der dahinterliegenden Ebene gibt es natürliche Personen. Die natürliche Person „D“ hält 60  % des Kapitals und der Stimmrechte an der „A GmbH“ und kann diese somit kontrollieren und beherrschen. Über die „A-GmbH“ hält „D“ 36  % des Kapitals und der Stimmrechte am Vertragspartner und muss daher als wirtschaftlich Berechtigter abgeklärt werden. Darüber hinaus sind keine weiteren wirtschaftlich Berechtigten im Sinne von § 3 Abs. 2 GwG vorhanden. Ist sowohl die Identität des wirtschaftlich Berechtigten als auch die Eigentums- und Kontrollstruktur ermittelt worden, dann kann im nächsten Schritt deren Überprüfung erfolgen.

6.1.5.4 Überprüfung eines wirtschaftlich Berechtigten bei juristischen Personen Im Zuge der Novellierung des Geldwäschegesetzes ergab sich zwar eine strukturelle Verschiebung der Identifizierungspflicht, ansonsten entspricht die inhaltliche Anforderung aber weiterhin der bisherigen Rechtslage.75 Die Überprüfung des wirtschaftlich Berechtigten muss gemäß § 11 Abs. 5 Satz 4 GwG durch den Güterhändler stets anhand von risikoangemessenen Maßnahmen erfolgen.76 Das bedeutet, dass bei einem geringen Risiko weniger Maßnahmen zur Überprüfung zu treffen sind, als bei einem hohen Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung.77 Zusätzlich kann der gesetzlichen Regelung aber auch entnommen werden, dass in jedem Fall eine Überprüfung der erhobenen Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten erfolgen muss und ein Verzicht auf die Durchführung der Überprüfung der Identität gerade nicht erfolgen darf.78 Bei der Festlegung der angemessenen Maßnahmen muss unter anderem Berücksichtigung finden, welche Möglichkeiten zur Erkenntnisgewinnung zur Verfügung stehen.79 Ist das Risiko eher gering, dann kann eine angemessene Maßnahme bereits darin bestehen zu prüfen, ob die erhobenen Daten plausibel und konsistent sind. Diesbezüglich kann die Prüfungshandlung in einem Abgleich bestehen, ob die vom Vertragspartner benannte natürliche Person auch mit dem wirtschaftlich Berechtigten identisch ist, der sich aus der Auswertung der Eigentums- und Kontrollstruktur ergibt. Eine weitere Maßnahme könnte darin bestehen, vom Vertragspartner die Vorlage der Gesellschafterliste zu verlangen oder diese direkt selbst aus dem elektronischen Handelsregister abzurufen.

75Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 118. BT-Drucks. 16/9038, S. 38. 77Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 38. 78Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 28. 79Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 38. 76Vgl.

6.1  Allgemeine Sorgfaltspflichten

237

Abb. 6.6   Komplexe Eigentums- und Kontrollstruktur

Handelt es sich bei dem Vertragspartner beispielsweise um eine GmbH, dann sind die Geschäftsführer gemäß § 40 GmbHG dazu verpflichtet, eine jeweils aktuelle Liste aller Gesellschafter beim Handelsregister einzureichen. Eine gleichwertige Regelung gibt es auch für Aktiengesellschaften, die gemäß § 67 AktG zur Führung eines Aktienregisters verpflichtet sind in dem unter anderem die Namen der Aktionäre enthalten sein müssen. Die alleinige Anforderung derartiger Unterlagen stellt dabei noch keine Überprüfung dar. Es muss anhand der so erhaltenen Informationen tatsächlich eine Prüfung vorgenommen werden. Dabei sollten sowohl die ausgeführten Prüfungshandlungen als auch die erzielten Prüfungsergebnisse nachvollziehbar dokumentiert und aufbewahrt werden. Stehen derartige Unterlagen jedoch nicht zur Verfügung, dann ergeben sich sehr schnell praktische Schwierigkeiten bei der Durchführung der Prüfungshandlungen. Die Einbeziehung von Auskunfteien ist ebenfalls nur bedingt aussagekräftig. Ergibt die Abfrage des Vertragspartners im Zusammenhang mit dem benannten wirtschaftlich Berechtigten keinen Treffer, dann können die Gründe hierfür vielfältig sein. Zum einen können die Daten der Auskunftei schlicht unvollständig oder gar veraltet sein. Zum anderen kann es auch sein, dass es die vom Vertragspartner benannte Person tatsächlich nicht gibt. Allerdings besteht keine Gewissheit darüber. Handelt es sich um eine natürliche Person mit Wohnsitz im Ausland, stellt sich schon die Frage, ob die Daten dieser Person überhaupt erhoben werden.

238

6 Sorgfaltspflichten

Vor diesem praktischen Hintergrund wurde im Zuge der nationalen Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie das Transparenzregister eingeführt. Das Transparenzregister dient zur Erfassung von Informationen über den wirtschaftlich Berechtigten für eintragungspflichtige juristische Personen des Privatrechts, Personenhandelsgesellschaften, Trusts und Rechtsgestaltungen, die ihrer Struktur und Funktion Trusts ähneln.80 Im Zusammenspiel mit der Verpflichtung nach § 11 Abs. 5 Satz 2 GwG erhält jeder Verpflichtete eine weitere Informationsquelle, die für eine Überprüfung herangezogen werden kann. Allerdings darf der Nachweis der Registrierung oder der Auszug aus dem Transparenzregister niemals die einzige Grundlage für die Überprüfung des wirtschaftlich Berechtigten sein.81 Ausgangspunkt für die Festlegung der intern beim Verpflichteten umgesetzten risikoangemessenen Maßnahmen ist wiederum die individuell erstellte Risikoanalyse des jeweiligen Verpflichteten. Fazit – Allgemeine Sorgfaltspflichten

Die Kenntnis und richtige Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten ist eine wesentliche Grundlage für die Erfüllung der Vorschriften des Geldwäschegesetzes. Der Güterhändler muss unter Berücksichtigung der allgemeinen Sorgfaltspflichten seine Maßnahmen zur Abwehr der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung angemessen ausgestalten. Für Güterhändler ist die Identifizierung des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person sowie eines gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten elementarer Bestandteil zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten.

6.2 Vereinfachte Sorgfaltspflichten Mit der Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie wurde die Auflistung von Regelbeispielen, die die Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflichten eröffnete, für das Geldwäschegesetz aufgegeben.82 Das heißt jedoch nicht, dass die Verpflichteten im Rahmen ihrer eigenen risikoangemessenen Maßnahmen die früheren Regelbeispiele nicht weiterhin berücksichtigen dürfen. Allerdings stellen diese nunmehr lediglich Indikatoren dar, die im Zusammenspiel mit den in der Anlage 1 und 2 zum Geldwäschegesetz genannten Risikofaktoren betrachtet werden müssen. Das schließt gleichermaßen die Berücksichtigung der anwendbaren Ergebnisse der nationalen Risikoanalyse mit ein. In die internen Erwägungen muss ebenfalls einfließen, dass der Gesetzgeber die in § 10 Abs. 6a GwG genannten Fallgruppen grundsätzlich als Anknüpfungspunkt für die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten einstuft. 80Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 89. BT-Drucks. 18/11555, S. 118 f.; BT-Drucks. 19/13827, S. 79. 82Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 119. 81Vgl.

6.2  Vereinfachte Sorgfaltspflichten

239

Sofern im Rahmen der internen Umsetzung der Anwendungsbereich der vereinfachten Sorgfaltspflichten beim betreffenden Verpflichteten eröffnet wurde, bleibt es dennoch unumgänglich, dass jede konkrete Transaktion auf das ihr inhärente Risiko geprüft wird. Bevor überhaupt eine Prüfung der Anwendbarkeit der vereinfachten Sorgfaltspflichten für die betreffende Transaktion erfolgen kann, muss der Verpflichtete zunächst eine Prüfung vornehmen, ob nicht etwa Risiken bestehen, welche die Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten verlangen (Abschn. 6.3). Ist das Ergebnis dieser Prüfung negativ, dann kann im nächsten Schritt kontrolliert werden, inwiefern die intern getroffenen Maßstäbe zur Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Transaktion vorliegen. Damit wird der Güterhändler verpflichtet, sich nicht allein auf die im Gesetz umgesetzte Risikoanalyse des Gesetzgebers zu verlassen, sondern selbstständig die aktuellen Entwicklungen und Umstände fortlaufend im Blick zu haben und entsprechende Schlüsse hinsichtlich des jeweiligen Risikopotentials zu treffen.83 Hier greift zusätzlich die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 2 GwG, der die Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflichten ausschließt, wenn im Hinblick auf die konkrete Transaktion Informationen vorliegen, die darauf schließen lassen, dass das Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung nicht gering ist. Aus § 14 Abs. 2 GwG kann abgeleitet werden in Bezug auf welche allgemeinen Sorgfaltspflichten eine angemessene Reduzierung der internen Sicherungsmaßnahmen erfolgen darf. Aus Perspektive der Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG müssen diese die allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 GwG erfüllen. Hingegen fallen die allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 5 GwG nicht in den primären Anwendungsbereich von Güterhändlern, Kunstvermittlern oder Kunstlagerhaltern, weil diese allgemeinen Sorgfaltspflichten jeweils an eine bestehende Geschäftsbeziehung anknüpfen. Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG unterfallen aber nicht allein deshalb dem Geldwäschegesetz, weil sich eine Kundenbeziehung zu ihrem Kunden begründen und unterhalten. Vor diesem Hintergrund ist auch die potentielle Reduzierung des Aufgabenumfangs zu beurteilen. Deshalb erstreckt sich für Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter die angemessene Reduzierung des Umfangs der im Rahmen der allgemeinen Sorgfaltspflichten angewendeten Maßnahmen auf: 1. Die Identifizierung des Vertragspartners sowie einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person. 2. Die Abklärung eines gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten. 3. Die Feststellung, ob der Vertragspartner oder der wirtschaftlich Berechtigte eine politisch exponierte Person, ein Familienmitglied oder eine bekanntermaßen nahestehende Person ist. 4. Die in Abweichung zu §§ 12, 13 GwG zur Überprüfung der Identität eingesetzten Dokumente, Daten oder Informationen aus einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle, soweit diese zur Überprüfung geeignet sind.

83Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 28.

240

6 Sorgfaltspflichten

Das heißt nicht, dass im Gegensatz zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten insgesamt auf eine Identifizierung oder Abklärung eines besonderen Personenstatus verzichtet werden darf.84 Alle anwendbaren allgemeinen Sorgfaltspflichten müssen auch im Falle der Anwendung von vereinfachten Sorgfaltspflichten erfüllt werden. Ausschließlich der Umfang der sonst im Regelfall angewendeten Maßnahmen, wie die Heranziehung eines Handelsregisterauszuges, darf zum Beispiel durch ein anderes öffentliches Register ersetzt werden, wie zum Beispiel die Unternehmensdatenbank der BaFin, aus der alle von ihr beaufsichtigten Unternehmen hervorgehen. Eine Alternative könnte etwa auch der Rückgriff auf Informationen sein, die dem Verpflichteten von einer Auskunftei bereitgestellt werden. An dieser Stelle sollte jeder Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter selbst hinterfragen, ob die Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflichten in der Praxis für ihn selbst zweckmäßig ist. Die im Vorfeld zu treffenden Abklärungen erhöhen die im Verhältnis zu allen nicht identifizierungspflichtigen Geschäften des Tagesgeschäfts die ohnehin schon komplexen Anforderungen für den Güterhändler sowie die Mitarbeiter. Jede von den allgemeinen internen Sicherungsmaßnahmen abweichende Regelung muss den Mitarbeitern in allen Ausprägungen klar und verständlich kommuniziert werden. Es darf daraus kein zusätzliches Risiko entstehen, dass der Mitarbeiter im Einzelfall die vereinfachten Sorgfaltspflichten anwendet, obwohl die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten sachgerecht gewesen wäre. Eine solche Ausdifferenzierung erscheint im Lichte der Wirtschaftlichkeit nur bei solchen Verpflichteten sachgerecht, deren Geschäfte ohnehin mehrheitlich in den Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes fallen und die Erfüllung jeweiliger Sorgfaltspflichten begründen. Für Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter hingegen, die ohnehin nur im Einzelfall ihrer sonst üblichen Geschäftstätigkeit den jeweiligen Sorgfaltspflichten des Geldwäschegesetzes unterliegen, sollte von der Ausdifferenzierung und Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflichten per se Abstand genommen werden.

6.3 Verstärkte Sorgfaltspflichten Unter der Überschrift „Verstärkte Sorgfaltspflichten“ hat der Gesetzgeber die Sachverhalte in § 15 GwG zusammengefasst, bei denen aufgrund gesetzlicher Regelung von einem erhöhten Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung ausgegangen werden muss. Dementsprechend müssen alle Verpflichtete des Geldwäschegesetzes bei erhöhten Risiken auch die im Rahmen der allgemeinen Sorgfaltspflichten angewendeten Maßnahmen in angemessener Art und Weise intensivieren, um auf diesem Wege dem gesteigerten Risikopotential entgegenzuwirken. Das heißt, die Maßnahmen der allgemeinen Sorgfaltspflichten finden in Gänze Anwendung und werden aufgrund der verstärkten Sorgfaltspflichten durch zusätzliche risikomindernde Maßnahmen begleitet.

84Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 120.

6.3  Verstärkte Sorgfaltspflichten

241

Ausgangspunkt sind wiederum die allgemeinen Sorgfaltspflichten. Das heißt, nur wenn überhaupt in Bezug auf die betreffende Transaktion oder den Vertragspartner der Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes sowie der allgemeinen Sorgfaltspflichten eröffnet ist, kann auch die Anwendbarkeit von verstärkten Sorgfaltspflichten geboten sein. Hatte der Güterhändler zuvor ein Ermessen, ob er die Erleichterungen der vereinfachten Sorgfaltspflichten bei entsprechender Sachverhaltslage anwendet oder trotzdem an der Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten festhält, dann besteht im Verhältnis zu den verstärkten Sorgfaltspflichten eine derartige Wahlmöglichkeit nicht. Sofern der betreffende Sachverhalt für ein hohes Risiko spricht, müssen zwingend sowohl die allgemeinen Sorgfaltspflichten als auch die verstärkten Sorgfaltspflichten erfüllt werden. Aus diesem Erfordernis und den Regelungen des § 15 GwG ergeben sich auch höhere prozessuale Anforderungen an die intern zu treffenden Sicherungsmaßnahmen zur Erfüllung der Vorgaben des Geldwäschegesetzes. Noch ein weiterer Unterschied ist zwischen den vereinfachten und den verstärkten Sorgfaltspflichten festzustellen. Während bei den vereinfachten Sorgfaltspflichten von einer Auflistung einzelner Fallgruppen mit der Novellierung des Geldwäschegesetzes Abstand genommen wurde, ist die Aufzählung von Fallgruppen im Rahmen der verstärkten Sorgfaltspflichten beibehalten worden. Es ist jedoch klar hervorzuheben, dass die Fallgruppen lediglich beispielhafter Art und gerade nicht abschließender Natur sind.85 Es ist vielmehr so, dass die in § 15 Abs. 3 GwG geregelten Fallgruppen in jedem Fall die zusätzliche Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten begründen.86 Allerdings kann es daneben – aufgrund von § 15 Abs. 2 GwG – noch weitere Sachverhalte geben, die ebenfalls die zusätzliche Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten begründen können. Ein solcher Sachverhalt könnte sich bei einem Güterhändler ergeben, der geschäftlich mit Waffen jeder Art handelt und handeln darf. In der als Anlage 2 zum Geldwäschegesetz beigefügten Auflistung von Faktoren für ein potentiell höheres Risiko sind unter Nr. 2 f) unter anderem auch Waffen aufgeführt. Liegen bei einer Transaktion weitere Indikatoren vor, die für ein höheres Risiko sprechen, wie etwa der Wohnsitz des Kunden in einem Land mit hoher Korruptionsdicht, ohne gleichzeitig als Drittstaat mit hohem Risiko eingestuft zu sein, verbunden mit einer bargeldlosen Überweisung an den Verpflichteten von einem Zahlungskonto bei dem der Vertragspartner nicht Kontoinhaber ist, dann kann hier im Einzelfall ebenfalls ein erhöhtes Risiko gesehen werden, ohne dass es einer der Fallgruppen des § 15 Abs. 3 GwG unterliegt. Einen entscheidenden Einfluss auf die mögliche Erweiterung der Fallgruppen für die Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten haben vor allem die Ergebnisse der individuellen Risikoanalyse. Die Verpflichtung zur Erfüllung der verstärkten Sorgfaltspflichten ergibt sich aus § 15 Abs. 2 GwG. Die Norm macht deutlich, dass es auch Bereiche höheren Risikos gibt oder geben kann, in denen die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten

85Vgl. 86Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 121. BT-Drucks. 18/11555, S. 121.

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6 Sorgfaltspflichten

nicht ausreichend ist.87 Sobald das betreffende Risikopotential erhöht ausfällt, ist die Erfüllung der Regeln der allgemeinen Sorgfaltspflichten allein nicht mehr ausreichend. Das erhöhte Risikopotential macht es erforderlich, die allgemeinen Sorgfaltspflichten zur Abwehr der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung in den besonderen Fällen ebenfalls angemessen zu erweitern. Die angemessene Erweiterung dient als ausgleichendes Gegengewicht und soll die Sicherheit erhöhen, dass mit der bestimmten Transaktion keine Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung betrieben werden kann. Mit dem Verweis auf § 15 Abs. 2 Satz 3 GwG wird den Verpflichteten ferner die Verantwortung dafür auferlegt, dass sie in der Lage sind, den zuständigen Aufsichtsbehörden den Umfang der getroffenen Maßnahmen nachzuweisen. Die Güterhändler müssen hier insbesondere zwei Aspekte berücksichtigen. Zum einen wird deutlich gemacht, dass die zuständige Aufsichtsbehörde die Angemessenheit der getroffenen Maßnahmen, sowohl mit Blick auf die allgemeinen als auch auf die verstärkten Sorgfaltspflichten überwachen kann.88 Zum anderen wird der Fokus auf den risikobasierten Ansatz gelegt. Jeder Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter kann aufgrund seiner Kenntnisse des spezifischen Geschäfts selbst am besten bestimmen, welches Verhalten für den Bereich üblich ist und welches Verhalten davon abweicht. Dementsprechend kann der betreffende Verpflichtete auch selbst am effektivsten die adäquaten Maßnahmen zur Abwehr ermitteln und festlegen. Wichtig ist, dass dies auch tatsächlich so gemacht wird und dabei die Objektivität der getroffenen Bewertung im Vordergrund stehen muss. Die Dokumentation dieser Erwägungen ist Grundlage für die Überprüfung durch die zuständigen Behörden. Auf diese Art und Weise wird wieder der Bogen zur Risikoanalyse des Verpflichteten gespannt. Für Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG enthält § 15 GwG in Bezug auf die verstärkten Sorgfaltspflichten vier Fallgruppen, die in den folgenden Kapiteln erörtert werden. Die hier gegenständlichen Sachverhalte betreffen: 1. Transaktionen mit politisch exponierten Personen (Abschn. 6.3.1) 2. Transaktionen unter Beteiligung von Drittstaaten mit hohem Risiko (Abschn. 6.3.2) 3. Transaktionen, mit Auffälligkeiten (Abschn. 6.3.3) 4. Tatsachen oder Bewertungen nationaler oder internationaler Stellen (Abschn. 6.3.4) Die vorstehende Aufzählung berücksichtigt bewusst nicht die in § 15 Abs. 3 Nr. 4 GwG genannte Fallgruppe der Korrespondenzbankbeziehungen mit Respondenten mit Sitz

87Vgl. 88Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 120. BT-Drucks. 16/9038, S. 40.

6.3  Verstärkte Sorgfaltspflichten

243

in einem Drittstaat mit hohem Risiko, weil diese Fallgruppe nur auf ausgewählte Verpflichtete des Finanzsektors im Sinne des § 2 Abs. 1 GwG anwendbar ist und jedenfalls nicht auf Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter. Vorangestellt sei erneut der Hinweis darauf, dass vor der Berücksichtigung der verstärkten Sorgfaltspflichten die Überprüfung steht, ob eine der Voraussetzungen vorliegt, die den Anwendungsbereich der allgemeinen Sorgfaltspflichten eröffnet (Abschn. 6.1.1). Ist der Anwendungsbereich der allgemeinen Sorgfaltspflichten nicht eröffnet, können auch die darüber hinaus zu erfüllenden verstärkten Sorgfaltspflichten nicht anwendbar sein.

6.3.1 Transaktionen mit politisch exponierte Personen Die aktuell anwendbaren Fassungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 GwG sowie § 15 Abs. 4 GwG sind Ergebnis der nationalen Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie zum 1. Januar 2020. Diese Änderungen waren erforderlich, um die in Bezug auf politisch exponierte Personen anwendbaren verstärkten Sorgfaltspflichten von den umfangreicheren Anforderungen an Transaktionen unter Beteiligung von Personen mit Sitz in einem Drittstaat mit hohen Risiko abzugrenzen.89 Der vorgenommen Begriffsdefinition in Abschn. 3.12 folgend ist eine politisch exponierte Person immer eine natürliche Person, die ein wichtiges politisches Amt ausübt oder ausgeübt hat. Ferner sind dieser Kategorie des Geldwäschegesetzes die unmittelbaren Familienmitglieder sowie bekanntermaßen nahestehende Personen hinzuzurechnen. Sofern nachfolgend der Begriff „politisch exponierte Person“ verwendet wird, schließt dies immer auch die anderen Kategorien mit ein. Generell muss beachtet werden, dass sich die Abklärungspflicht, ob eine politisch exponierte Person involviert ist, sich nicht nur auf den Vertragspartner selbst erstreckt sondern auch auf den gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten. Der Güterhändler muss also nicht nur den Vertragspartner identifizieren, sondern zusätzlich abklären, ob es sich bei dem Vertragspartner um eine politisch exponierte Person handelt. Gleiches gilt auch für vorhandene wirtschaftlich Berechtigte. Wie die Abklärungspflicht durch den Güterhändler erfüllt werden kann, ist im Geldwäschegesetz nicht geregelt. Die zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder im Nicht-Finanzsektor haben diesbezüglich in den einheitlich veröffentlichten Basis­ informationen die Auslegung aufgenommen, dass es ausreichend wäre, den Vertragspartner nach einem etwaigen Status als politisch exponierte Person zu befragen.90

89Vgl.

BT-Drucks.19/13827, S. 80. Darmstadt, Basisinformationen Geldwäschegesetz (GwG) – für Güterhändler, Immobilienmakler und andere Nichtfinanzunternehmen, Stand Februar 2018, S. 11 f. 90Regierungspräsidium

244

6 Sorgfaltspflichten

Allerdings wird ebenfalls ausgeführt, dass die ergänzende Nutzung einer ­PEP-Datenbank angemessen sein kann, wenn regelmäßig mit entsprechenden Kunden gerechnet wird.91 Diesbezüglich kann festgehalten werden, dass im Zuge der Umsetzung von Artikel 1 Nr. 13 der Fünften Geldwäscherichtlinie eine europäische Liste aller Funktionen in den Hoheitsgebieten der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union aufgebaut wird, die einen Status als politisch exponierte Person begründen. Für Deutschland soll diese Liste gemäß § 1 Abs. 12 Satz 3 vom Bundesministerium der Finanzen erstellt und jährlich zum Jahresende aktualisiert werden. Bis diese Liste verfügbar ist, kann es insbesondere unter Erwägung der Verhältnismäßigkeitsgrundsätze nicht verlangt werden, dass eine der derzeitig nur kostenpflichtigen Listen angewendet wird. Die der Aufsicht durch die BaFin unterliegenden Verpflichteten, allen voran die Kreditinstitute, haben keine Verpflichtung eine der am Markt angebotenen kostenpflichtigen Datenbanken zu nutzen.92 Daher ist im Rahmen der Risikoanalyse eine individuelle Auslegung empfehlenswert. Die Auswertung der Kundenklientel danach, wie viele Kunden im Verhältnis zum gesamten Kundenstamm den Status einer politisch exponierten Person erfüllen, könnte eine Grundlage bilden. Dies setzt allerdings voraus, dass entsprechende personenbezogene Daten vorrätig sind und ein Abgleich möglich ist. In der Regel wird dieses Mittel nur den wenigsten Güterhändlern zur Verfügung stehen. Mithin sollten Annahmen getroffen werden, anhand derer sich Aussagen zur Wahrscheinlichkeit darüber treffen lassen, dass einer der Kunden eine politisch exponierte Person sein könnte. Berücksichtigung sollte dabei auch finden, welche Risiken sich insgesamt für den Güterhändler ergeben. Immerhin löst eine Transaktion mit Bargeld in Höhe von beispielsweise EUR 1000 grundsätzlich keine allgemeinen Sorgfaltspflichten im Sinne des Geldwäschegesetzes aus. Dies trifft selbst dann zu, wenn der Vertragspartner eine politisch exponierte Person ist. Liegen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 6a GwG oder gar des § 10 Abs. 3 Nr. 3 GwG vor, dann ist grundsätzlich eine Identifizierung des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person sowie eines wirtschaftlich Berechtigen erforderlich. Eine Vorgehensweise der Abklärung könnte darin bestehen, den Vertragspartner danach zu fragen, ob er bzw. der wirtschaftlich Berechtigte eine politisch exponierte Person ist. Diese Vorgehensweise bringt zwar das Risiko mit sich, dass die betreffende Person sich selbst ihres eigenen Status oder des wirtschaftlich Berechtigten als politisch exponierte Person gar nicht bewusst ist. Gleichzeitig obliegt es jedem Vertragspartner nach § 11 Abs. 6 GwG, die für die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten – wozu auch die Abklärung des Status als politisch exponierte Person nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 GwG zählt – erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Folgerichtig ist die Nachfrage beim Vertragspartner ein valides Mittel.

91Regierungspräsidium Darmstadt, Basisinformationen Geldwäschegesetz (GwG) – für Güterhändler, Immobilienmakler und andere Nichtfinanzunternehmen, Stand Februar 2018, S. 11 f. 92BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz vom 11. Dezember 2018, Abschn. 5.4.2, S. 53.

6.3  Verstärkte Sorgfaltspflichten

245

Wie bereits ausgeführt, besteht keine gesetzliche Verpflichtung eine der zahlreichen kostenpflichtigen Datenbanken zu nutzen, um mittels technischen Abgleichs den Status abzuklären. Die Frage der Angemessenheit wird hier von der Verhältnismäßigkeit der zu treffenden Maßnahmen beeinflusst. Hat der Güterhändler sehr wenige Transaktionen, die überhaupt die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten auslösen, dann wäre der Zugriff auf eine kostenpflichtige Datenbank allenfalls wünschenswert aber angesichts der Gesamtbetrachtung der Umstände nicht angemessen. Alternativ kann eine Abfrage des Namens der betreffenden Person im Internet erwogen werden. Allerdings setzt dies natürlich voraus, dass im täglichen Geschäftsablauf überhaupt die Möglichkeit einer Internetrecherche besteht. Bereits hieran wird es in der Regel im üblichen Prozessablauf eines Ladengeschäfts jedoch scheitern. Besteht die Möglichkeit und ergeben die ersten Suchergebnisse keinen eindeutigen Hinweis dafür, dass der Vertragspartner oder der wirtschaftlich Berechtigte eine politisch exponierte Person ist, dann ist der Abklärungspflicht Genüge getan. Ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist die Dokumentation einer solchen Internetrecherche zum Beispiel in Form eines Ausdrucks oder Screenshots des Suchergebnisses. Es reicht nicht aus, im Rahmen einer späteren Kontrolle der zuständigen Aufsichtsbehörde ad hoc den betreffenden Namen im Internet einzugeben und abzufragen. Damit wurde zwar in dem Moment der Status abgeklärt, aber es kann gerade nicht nachgewiesen werden, dass das Suchergebnis zum Zeitpunkt der Transaktion ebenso ausgefallen wäre. Hat die Risikoanalyse des Güterhändlers jedoch ergeben, dass die Mehrzahl der Transaktionen auch mit der Anwendbarkeit der verstärkten Sorgfaltspflichten des Geldwäschegesetzes einhergeht, erscheint ein Zugriff auf eine der kostenpflichtigen Datenbanken im Rahmen eines standardisierten internen Prozesses wiederum zweckmäßig. Unter Beachtung des jeweiligen Risikos sollte der Güterhändler entweder in der Risikoanalyse oder aber in einer separaten Organisationsanweisung eine verbindliche Aussage darüber treffen, wie die Abklärung des Status als politisch exponierte Person vorgenommen werden soll. Bei Transaktionen mit politisch exponierten Personen wird qua gesetzlicher Fiktion ein höheres Risiko angenommen. Deshalb sind neben den allgemeinen Sorgfaltspflichten (Abschn. 6.1) in § 15 Abs. 4 GwG weitere verstärkte Sorgfaltspflichten definiert, die im Einzelnen wie folgt gefasst sind: u Verstärkte Sorgfaltspflichten in Bezug auf politisch exponierte Personen 1. Die Begründung einer Geschäftsbeziehung oder Fortführung einer Geschäftsbeziehung bedarf der Zustimmung eines Mitglieds der Führungsebene. 2. Es sind angemessene Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die Herkunft der Vermögensgegenstände bestimmt werden kann, die im Rahmen der Geschäftsbeziehung oder der Transaktion eingesetzt werden. 3. Die Geschäftsbeziehung ist einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung zu unterziehen.

246

6 Sorgfaltspflichten

Der Blick auf die verstärkten Sorgfaltspflichten macht deutlich, dass diese in der Sache wiederum nur bedingt auf Güterhändler zugeschnitten sind. Die Anwendung der ersten verstärkten Sorgfaltspflicht scheidet im Grunde bereits aufgrund von § 10 Abs. 6a GwG aus, weil für Güterhändler die Begründung einer Geschäftsbeziehung grundsätzlich nicht den Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes eröffnet. Anknüpfungskriterium für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten und die Anwendung des Geldwäschegesetzes ist bei Güterhändlern grundsätzlich die jeweilige Transaktion. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Transaktion im Rahmen einer Kundenbeziehung oder außerhalb einer solchen durchgeführt wird. Unter Hinzuziehung der Gesetzesbegründung wird jedoch deutlich, dass es entgegen dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 GwG auch dann der Zustimmung eines Mitglieds der Führungsebene bedarf, wenn eine die verstärkten Sorgfaltspflichten auslösende Transaktion mit einer politisch exponierten Person durchgeführt werden soll.93 Entsprechend den vorstehenden Ausführungen muss der jeweilige Mitarbeiter des Güterhändlers, der die Transaktion mit dem Vertragspartner durchführen will, im Vorfeld die Zustimmung eines ihm vorgesetzten Mitarbeiters einholen. Je nach Größe des Unternehmens kann es sein, dass der Geschäftsführer des Güterhändlers der Durchführung der Transaktion selbst zustimmen muss. Wer Mitglied der Führungsebene ist, wird in § 1 Abs. 15 GwG definiert. Das sind regelmäßig Führungskräfte und leitende Mitarbeiter mit ausreichendem Wissen über die Risiken, denen der Verpflichtete in Bezug auf Geldwäsche unterliegt. Zur Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten, empfiehlt sich eine klare interne Regelung beim Verpflichteten, um die Stellen oder Mitarbeiter zu bestimmen, die über die notwendige Entscheidungskompetenz in Bezug auf einen derartigen Sachverhalt verfügen. Die Erfüllung der nächsten verstärkten Sorgfaltspflicht dient der Umsetzung von Artikel 20 b) der Vierten Geldwäscherichtlinie und entspricht im Wesentlichen der bisherigen Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 GwG a.F.94 Wie diese Regelung überhaupt erfüllt werden soll, ist weder dem Gesetz selbst noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen. Die für die Aufsicht der Banken zuständige Aufsichtsbehörde hat die jeweiligen Jahresabschlussprüfungsberichte vor diesem Hintergrund ausgewertet und nimmt in diesem Zusammenhang in ihrem Jahresbericht 2011 wie folgt Stellung: Häufig ist es den Banken aber aufgrund der in vielen dieser Länder bestehenden Defizite hinsichtlich der Geldwäscheprävention und den dortigen administrativen Gegebenheiten nicht möglich, die Herkunft von Geldern zu ermitteln.95

Wenn es bereits den Banken nicht möglich ist die Herkunft der Vermögensgegenstände zu bestimmen, wie sollen dann die Güterhändler angemessene Maßnahmen treffen. Im

93Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 121. BT-Drucks. 18/11555, S. 122. 95BaFin, Jahresbericht 2011, S. 251. 94Vgl.

6.3  Verstärkte Sorgfaltspflichten

247

Ergebnis bleibt nur die in den bundeseinheitlichen Basisinformationen der zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder vorgeschlagene Vorgehensweise, die politisch exponierte Person danach zu befragen, woher das Bargeld kommt, mit dem die Transaktion abgeschlossen werden soll.96 Das Ergebnis der Befragung muss vom Güterhändler nachvollziehbar dokumentiert werden. Die unterbreitete Vorgehensweise macht deutlich, wie weit diese konkrete Regelung von der Praxis eines Güterhändlers entfernt ist. Einerseits ist bereits die Abklärung, ob der Vertragspartner oder ein gegebenenfalls vorhandener wirtschaftlich Berechtigter den Status einer politisch exponierten Person hat, schwierig genug. Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass ein potentieller Geldwäscher auf die Frage woher er das Bargeld hat, auch tatsächlich die Wahrheit sagen wird. Er wird eine Schutzbehauptung abgeben wie zum Beispiel, das Geld wäre vom Gehalt erspart worden. Die verstärkte Sorgfaltspflicht ist aber auch in einer weiteren Hinsicht problematisch. Der Vertragspartner könnte möglicherweise auch angeben, dass er keine Kenntnis darüber hat, woher der wirtschaftlich Berechtigte das Bargeld hat, er aber von dem rechtmäßigen Erwerb durch den wirtschaftlich Berechtigten überzeugt ist. Der Güterhändler hat keine Möglichkeit, den Wahrheitsgehalt einer solchen Aussage zu prüfen. Im Ergebnis wird es darauf hinauslaufen, dass „eine“ Aussage über die Herkunft der Gelder erfolgen wird. Wenn aber das Ergebnis bereits von Anfang an feststeht, dann muss auch die Frage berechtigt sein, warum eine derartige Abklärung gesetzlich überhaupt erforderlich erscheint. Wurden die beiden vorstehenden verstärkten Sorgfaltspflichten vom Güterhändler erfüllt, dann verbleibt die Notwendigkeit zur Erfüllung der Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 GwG, wonach die Geschäftsbeziehung einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung zu unterziehen ist. In diesem Zusammenhang wird auf die zuvor stehenden Ausführungen in Abschn. 6.1 zur Überwachung der Geschäftsbeziehung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG verwiesen. Es sind (einzelne) Transaktionen, welche die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten für Güterhändler auslösen und nicht eine Geschäftsbeziehung. Zweifelsohne gibt es auch bei Güterhändlern auf Dauer angelegte Kundenbeziehungen, allerdings handelt es sich dann eher um solche zwischen Güterhändlern und anderen juristischen Personen oder Personengesellschaften. In einer solchen Kundenbeziehung würde üblicherweise per Rechnung, also ohne Einsatz von Bargeld gezahlt. Auf Dauer angelegte Kundenbeziehungen zu natürlichen Personen sind hingegen eher die Seltenheit. Niemand käme wohl auf die Idee, dass der wöchentliche Einkauf im Supermarkt um die Ecke zur Begründung einer dauerhaften Geschäftsbeziehung erfolgt. Wenn dem so wäre, dann müssten beim Güterhändler immer dann die Warnhinweise aufleuchten, wenn der Vertragspartner mal einen Einkauf außer der Reihe macht, zum Beispiel wegen einer Feier. Zudem wird ein solcher Einkauf regelmäßig deutlich über dem sonst durchschnittlichen Einkaufswert liegen. Das Gegenteil ist der

96Regierungspräsidium Darmstadt, Basisinformationen Geldwäschegesetz (GwG) – für Güterhändler, Immobilienmakler und andere Nichtfinanzunternehmen, Stand Februar 2018, S. 12. f.

248

6 Sorgfaltspflichten

Fall. Der Betreiber des Supermarktes wird sich fragen, was er tun kann, damit der Vertragspartner regelmäßig für solch hohe Beträge einkauft. An dieser Stelle kommt aber noch ein weiterer Aspekt hinzu. Der Betreiber des Supermarkts müsste eine etwaige Geschäftsbeziehung mit einer politisch exponierten Person besonders intensiv überwachen und jeder Abweichung vom üblichen Verhalten nachgehen. Die Anwendung einer solchen Regelung würde faktisch dazu führen, dass der Güterhändler von vornherein keine „Geschäftsbeziehung“ mit einer Person begründet, die als politisch exponierte Person einzustufen ist. Ferner ist auch die Notwendigkeit zur regelmäßigen Aktualisierung von kundenbezogenen Daten nicht an der spezifischen gewerblichen Tätigkeit der Güterhändler ausgerichtet. Aufgrund des erhöhten Risikos wäre eine jährliche Aktualisierung der Daten erforderlich. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Begründung einer „Kundenbeziehung“ nicht mit der „Geschäftsbeziehung“ im Sinne des Geldwäschegesetzes gleichgesetzt werden kann und deshalb kein Auslöser für die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG in Bezug auf Güterhändler ist. Mithin kann im Umkehrschluss nicht die Überwachung einer solchen entsprechend den Maßstäben des Geldwäschegesetzes verlangt werden. Wenn bereits der Anwendungsbereich der allgemeinen Sorgfaltspflichten in diesem Punkt nicht eröffnet ist, dann kann auch der Anwendungsbereich für die verstärkten Sorgfaltspflichten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG nicht eröffnet sein. Für Güterhändler ist die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GwG in Bezug auf Prüfungshandlungen der zuständigen Aufsichtsbehörden bedeutsam. Diese sind angehalten, im Rahmen der Aufsichtspraxis selbst das ihnen zustehende Ermessen zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn der Verpflichtete offensichtlich hinreichende angemessene Maßnahmen ergriffen hat und es dennoch im Einzelfall dazu gekommen ist, dass der Status eines Vertragspartners oder eines wirtschaftlich Berechtigten als politisch exponierte Person nicht erkannt wurde.97 Weiter heißt es: In solchen Fällen sollen die Behörden eine schematische Inanspruchnahme der Verpflichteten für eine derartige Unterlassung vermeiden.98

Es ist zu erwarten, dass sowohl der Güterhändler und insbesondere die Mitarbeiter eine gewisse Abwehrhaltung gegen diese Regelungen einnehmen werden. Gerade die Mitarbeiter müssen die eben sehr persönlichen Fragen nach dem Status sowie der Mittelherkunft an den Vertragspartner richten. Jeder Verkaufsprozess hat seine sensiblen und kritischen Momente, bei denen immer auch ein Abbruch der angestrebten Transaktion seitens des potentiellen Kunden droht. Es ist nicht verwunderlich, dass unter rechtlichen Gesichtspunkten auch gute Argumente vorhanden sind, die für eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte sprechen würden. Trotz alledem müssen die verstärkten Sorgfaltspflichten gemäß § 15 Abs. 4 GwG in Bezug auf politisch exponierte Person erfüllt werden.

97Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 40. 16/9038, S. 40.

98BT-Drucks.

6.3  Verstärkte Sorgfaltspflichten

249

6.3.2 Transaktionen unter Beteiligung von Drittstaaten mit hohem Risiko Diese Fallgruppe wurde in den Grundzügen bereits mit der Novellierung des Geldwäschegesetzes zur Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie eingeführt. Die so eingeführte Fallgruppe bezog sich auf jene Vertragspartner oder wirtschaftlich Berechtigte, die ihren Sitz in einem von der Europäischen Kommission benannten Drittstaaten mit hohem Risiko haben.99 Zu diesem Zeitpunkt fanden die gleichen verstärkten Sorgfaltspflichten Anwendung, wie bei politisch exponierten Personen (Abschn. 6.3.1). Mit der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie wurden in § 15 Abs. 3 Nr. 2 GwG jedoch einschneidende Erweiterungen vorgenommen, die sich in der Folge in dem in § 15 Abs. 5 GwG aufgeführten festen Katalog von verstärkten Sorgfaltspflichten widerspiegeln.100 Hervorzuheben ist, dass sich die geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten insofern nicht mehr auf den Vertragspartner, die gegebenenfalls für diesen auftretende Person oder den gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten beschränken, sondern alle Personen und Umstände erfassen, die eine „Beteiligung“ zu einem Drittstaats mit hohem Risiko begründen.101 Weder gibt § 15 Abs. 3 Nr. 2 GwG selbst noch die Gesetzesbegründung Aufschluss darüber, ab wann der Tatbestand „beteiligt ist“ erfüllt ist. In der Gesetzesbegründung wird lediglich folgendes Beispiel dargelegt: Vielmehr sind auch dann Geschäftsbeziehungen und Transaktionen verstärkten Sorgfaltspflichten zu unterziehen, wenn Drittstaaten mit hohem Risiko auf andere Art und Weise involviert („beteiligt“) sind. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Vermögenswerte einer Transaktion in einem Drittstaat mit hohem Risiko liegen, die Vertragspartner und wirtschaftlich Berechtigten selbst aber nicht in dem Drittstaat ansässig sind.102

Dieses Beispiel lässt zumindest erkennen, dass eine sehr weitgehende Auslegung dieser Regelung beabsichtigt ist. Inwiefern diese Regelung dem Bestimmtheitsgrundsatz ausreichend Rechnung trägt, wird an dieser Stelle nicht betrachtet. Unabhängig davon, wird es im täglichen Geschäftsablauf und den dabei etablierten standardisierten Prozessen eines Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG geradewegs nicht möglich sein, eine Bestimmung vorzunehmen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 GwG erfüllt sind. Selbst wenn der Verpflichtete Kenntnis davon erlangen sollte, dass an einer angetragenen Transaktion eine wie auch immer geartete Beteiligung

99Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 121. BT-Drucks. 19/13827, S. 82. 101Vgl. ­BT-Drucks. 19/13827, S. 81. 102Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 81. 100Vgl.

250

6 Sorgfaltspflichten

1. eines Drittstaats mit hohem Risiko oder 2. einer natürlichen Person oder juristischen Person mit Sitz in einem Drittstaat mit hohem Risiko gegeben sein könnte, dann wird es dem Verpflichteten mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln in der Regel schwer fallen bis unmöglich sein, den in § 15 Abs. 5 GwG aufgeführten Katalog an zusätzlichen verstärkten Sorgfaltspflichten in Bezug auf jeden einzelnen Punkt angemessen zu erfüllen. Im Rahmen einer Bargeldtransaktion wird ein Verpflichteter keinen Anlass haben an die verstärkten Sorgfaltspflichten im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 GwG in Verbindung mit § 15 Abs. 5 GwG zu denken, solange der Vertragspartner, eine gegebenenfalls für diesen auftretende Person oder ein gegebenenfalls vorhandener wirtschaftlich Berechtigter keinen Wohnsitz in einem Drittstaat mit hohem Risiko hat. Dabei kann es in diesem Fall dem Verpflichteten nicht zugerechnet werden, wenn die betreffenden Personen die Gelder zuvor mittelbar oder unmittelbar aus einem solchen Drittstaat mit hohem Risiko auf ein Zahlungskonto bei einem Kreditinstitut im Inland überwiesen bekommen haben sollten und dann für Zwecke der Bargeldzahlung von eben jenen Zahlungskonto abgehoben haben sollten. Das konstruierte Beispiel zeigt, wie einfach eine „Beteiligung“ entstehen kann. Die verpflichteten Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter könnten unter bestimmten Umständen Kenntnis von einer Beteiligung erlangen, wenn sie eine Transaktion im Wert von EUR 10.000 oder mehr über Kunstgegenstände mit einer bargeldlosen Überweisung durchführen. Ist der Zahlungseingang auf dem Zahlungskonto des Verpflichteten eingegangen, könnte sich hieraus ergeben, dass die Überweisung ihren Ausgangspunkt bei eine Kreditinstitut mit Sitz in einem Drittstaat mit hohem Risiko hatte. Bevor die Transaktion im Sinne der Zug-um-Zug Abwicklung mit dem Vertragspartner weiter durchgeführt werden darf, müssten zunächst alle weiteren Punkte des § 15 Abs. 5 GwG abgeklärt werden. Eine Rücküberweisung an den potentiellen Vertragspartner und damit eine Ablehnung der Transaktion wird angesichts der Risiken einer strafbaren Handlung erst nach Ablauf der Fristen im Kontext einer Verdachtsmeldung möglich sein. Die zusätzlichen verstärkten Sorgfaltspflichten des § 15 Abs. 5 GwG beinhalten mindestens: 1. Die Einholung zusätzlicher Informationen über den Vertragspartners und den gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten (§ 15 Abs. 5 Nr. 1 a) GwG). 2. Die Einholung zusätzlicher Informationen über die angestrebte Geschäftsbeziehung (§ 15 Abs. 5 Nr. 1 b) GwG). 3. Die Einholung (weiterer) Informationen über die Herkunft der Vermögenswerte und des Vermögens des Vertragspartners (§ 15 Abs. 5 Nr. 1 c) GwG).

6.3  Verstärkte Sorgfaltspflichten

251

4. Die Einholung von Informationen über die Herkunft der Vermögenswerte und des Vermögens des wirtschaftlich Berechtigten mit Ausnahme der Person, die als fiktiver wirtschaftlich Berechtigter gilt (§ 15 Abs. 5 Nr. 1 d) GwG). 5. Die Einholung über die Gründe für die geplante oder durchgeführte Transaktion (§ 15 Abs. 5 Nr. 1 e) GwG). 6. Die Einholung von Informationen über die geplante Verwendung der Vermögenswerte, die im Rahmen der Transaktion oder Geschäftsbeziehung eingesetzt werden, soweit dies zur Beurteilung der Gefahr von Terrorismusfinanzierung erforderlich ist (§ 15 Abs. 5 Nr. 1 a) GwG). 7. Im Falle der Begründung oder Fortführung einer Geschäftsbeziehung ist die Zustimmung eines Mitglieds der Führungsebene erforderlich (§ 15 Abs. 5 Nr. 2 GwG). 8. Bei einer Geschäftsbeziehung muss diese Geschäftsbeziehung verstärkt überwacht werden durch a) häufigere und intensivere Kontrollen sowie b) die Auswahl von Transaktionsmustern, die einer weiteren Prüfung bedürfen. Wie das Element der „zusätzlichen“ Informationen von den Verpflichteten umgesetzt werden soll, dazu findet sich in der Gesetzesbegründung lediglich folgende abstrakte Aussage: Zusätzlich meint insoweit, dass die Informationen über die ohnehin im Rahmen der Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 10 zu erhebenden Informationen hinausgehen müssen.103

An dieser Stelle werden keine weiteren Ausführungen zur Erfüllung dieses Anforderungskatalogs gemacht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass derartige Transaktionen, ähnlich wie Transaktionen mit sanktionierten Personen, von den Verpflichteten gar nicht erst angenommen werden. Das Reputationsrisiko, dass mit einer solchen Transaktion verbunden sein dürfte, sollte in der Regel dazu führen, dass bereits im Rahmen der Risikoanalyse die Annahme und Durchführung solcher Transaktionen als nicht mit der Geschäftstätigkeit vereinbar definiert wird.

6.3.3 Transaktionen mit Auffälligkeiten Die Vorschriften zur Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten in Bezug auf Transaktionen mit Auffälligkeiten sind in § 15 Abs. 3 Nr. 3 GwG geregelt, der insofern den früheren Regelungsgehalt übernimmt und fortführt, wenn auch mit einem im Verhältnis

103BT-Drucks.

19/13827, S. 82.

252

6 Sorgfaltspflichten

zur vorausgegangenen Regelung anderen Wortlaut.104 Die aktuelle Regelung sieht ein höheres Risiko als gegeben an, wenn eine Transaktion im Vergleich zu ähnlichen Fällen: 1. besonders komplex oder ungewöhnlich groß ist, 2. einem ungewöhnlichen Transaktionsmuster folgt oder 3. keinen offensichtlichen wirtschaftlichen oder rechtmäßigen Zweck hat. Bereits im Zuge des Geldwäscheoptimierungsgesetzes wurde eine entsprechend Regelung in § 6 Abs. 2 Nr. 3 GwG a.F. aufgenommen.105 In dieser früheren Ausprägung wird von allen Verpflichteten des Geldwäschegesetzes verlangt, dass sie jeden Sachverhalt untersuchen, der als zweifelhaft oder ungewöhnlich anzusehen ist, um das Risiko der jeweiligen Geschäftsbeziehung oder Transaktionen zu überwachen, einschätzen und gegebenenfalls die Abgabe einer Verdachtsmeldung gemäß § 43 Abs. 1 GwG prüfen zu können. Auch diese Regelung ist Folge des Prüfungsberichts der FATF.106 Die Norm betrifft alle Transaktionen die ein Güterhändler durchgeführt hat, sofern damit ein zweifelhafter oder als ungewöhnlich anzusehender Sachverhalt verbunden ist, und erstreckt sich nicht nur wie die allgemeine Sorgfaltspflicht des § 10 Abs. 3 Nr. 4 GWG auf die Zweifel in Bezug auf die Angaben zur Identität des Vertragspartners bzw. des wirtschaftlich Berechtigten.107 Dabei kommt es nicht darauf an auf welche Art und Weise der Güterhändler auf diese Ungewöhnlichkeiten oder Auffälligkeiten gestoßen ist und ob diese noch ungeprüften Feststellungen bereits die Qualität eines Sachverhalts im Sinne von § 43 Abs. 1 GwG zur Meldung von Verdachtsfällen haben.108 Der Gesetzgeber führt im Rahmen seiner früheren Begründung Folgendes aus: Bloße Ungewöhnlichkeiten und Auffälligkeiten liegen zum Beispiel bereits dann vor, wenn für einen Verpflichteten oder seinen Beschäftigten auf Grund seines Erfahrungswissens oder Vorverständnisses über die Abläufe im Unternehmen und ohne weitere Abklärung, Aufbereitung oder Anreicherung des Sachverhalts Abweichungen vom üblichen Verhalten oder Geschäftsgebaren eines Kunden oder sonstigen Dritten bzw. ungewöhnliche Abwicklungsformen von Geschäften festzustellen sind.109

Daraus lässt sich ableiten, dass jede Abweichung von den für die Geschäftstätigkeit des betreffenden Güterhändlers üblichen Usancen die Anwendung dieser verstärken Sorgfaltspflicht auslöst. Es wurde also eine Generalklausel geschaffen, welche die Betrachtung der zweifelhaft oder ungewöhnlich erscheinenden Gründe verlangt. Der

104Vgl.

BT-Drucks. 19/13827, S. 81. I 2011, S. 2959, 2962. 106Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 30. 107Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 31. 108Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 31. 109Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 31. 105BGBl.

6.3  Verstärkte Sorgfaltspflichten

253

Güterhändler wird in einem solchen Fall zu erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet, die über die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten die Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten verlangt.110 Der Güterhändler muss bei einem solchen Sachverhalt eine Untersuchung vornehmen, ob sich hieraus Tatsachen ergeben, die auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung hindeuten könnten. Ungewöhnlich wird regelmäßig die Bereitschaft des Vertragspartners sein, einen Preis zu bezahlen, der weit über dem marktüblichen Preis liegt. Im Falle einer solchen Transaktion mit Auffälligkeiten, müssen die Verpflichteten gemäß § 15 Abs. 6 GwG ebenfalls spezifische zusätzliche verstärkte Sorgfaltspflichten auf die betreffende Transaktion anwenden: 1. die Transaktion sowie deren Hintergrund und Zweck sind mit angemessenen Mitteln zu untersuchen, um das Risiko der jeweiligen Transaktion in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung überwachen und einschätzen zu können und gegebenenfalls die Pflicht zu einer Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG zu prüfen. 2. Die der Transaktion zugrunde liegende Geschäftsbeziehung, soweit vorhanden, ist einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung zu unterziehen, um das mit der Geschäftsbeziehung und mit einzelnen Transaktionen verbundene Risiko in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einschätzen und bei höherem Risiko überwachen zu können. In jedem Fall muss der Güterhändler seine Untersuchungshandlungen nachvollziehbar aufzeichnen und zusätzlich aufbewahren. Damit wird die Grundlage für eine Prüfung der zuständigen Aufsichtsbehörden geschaffen. Für den Güterhändler selbst kann eine solche Dokumentation in zweierlei Hinsicht wichtig sein. Aus der Untersuchung können sich neue Erkenntnisse über mögliche Vorgehensweisen zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung ergeben, die dann wiederum in die interne Risikoanalyse sowie die internen Sicherungsmaßnahmen einfließen können. Außerdem bietet die Prüfung und Dokumentation die Basis für eine eventuell erforderliche Verdachtsmeldung gemäß § 43 Abs. 1 GwG. Zudem ist die Dokumentation Beleg dafür, dass der Güterhändler seinen gesetzlichen Pflichten nachgekommen ist. Hierdurch wird das Risiko möglicher Bußgelder oder gar einer Strafverfolgung nach § 261 StGB deutlich minimiert.

6.3.4 Tatsachen oder Bewertungen nationaler oder internationaler Stellen Selbst wenn die Aufzählung des § 15 Abs. 3 GwG den in diesem Kapitel thematisierten Sachverhalt nicht enthält, dann ist das vor allem der strukturellen Systematik des

110Vgl.

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254

6 Sorgfaltspflichten

§ 15 GwG geschuldet. Unabhängig davon eröffnet § 15 Abs. 8 GwG ebenfalls die Anwendung von verstärkten Sorgfaltspflichten auf der Grundlage, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden, nationale Stelle, wie die FIU, oder internationale Stellen, wie die FATF, neue Sachverhalte oder Konstellationen erkennen, die zwar nicht in § 15 Abs. 3 GwG aufgeführt sind, aber dennoch die Anwendung von verstärkten Sorgfaltspflichten nach sich ziehen sollten.111 Hierunter soll insbesondere auch der Sachverhalt fallen, dass die FATF ein Land auf ihre „High risk and other monitored jurisdictions“ aufnimmt, ohne dass die Europäische Kommission eine entsprechende Aufnahme dieses Landes auf die Liste der Drittstaaten mit hohem Risiko vornimmt.112 Die Norm setzt die bisherige Vorschrift des § 6 Abs. 2 Nr. 4 GwG a.F fort.113 Wiederum handelt es sich um eine Norm, die bereits in Folge der Feststellungen im Prüfungsbericht der FATF mit dem Geldwäscheoptimierungsgesetz in Deutschland eingeführt wurde und mit Wirkung vom 1. März 2012 in Kraft getreten ist.114 Damit sollte die in der Vergangenheit allzu enge Orientierung der Verpflichteten an den gesetzlich nur exemplarisch geregelten Fallgruppen als Grundlage für die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Anwendung von verstärkten Sorgfaltspflichten aufgebrochen werden.115 Die Notwendigkeit für dieses Vorgehen ergibt sich aus dem Verhalten der Verpflichten und der in der Praxis erfolgten engen Orientierung an den geregelten Fallgruppen, was sich im Ergebnis als hinderlich für eine effektive Geldwäscheprävention erwiesen hat.116 Der Gesetzgeber führt in der Begründung zu dieser Norm unter anderem Folgendes aus. Die Methoden und die Techniken der Geldwäscher sind national und international einem ständigen Änderungs- und Anpassungsprozess unterworfen. Entwickelt der Markt neue Dienstleistungen und Produkte, werden diese nicht nur von legal handelnden Akteuren am Markt nachgefragt, sondern auch von Geldwäschern, die sich bei ihrer Nutzung oder bei der Bewertung ihrer Nutzungsmöglichkeiten davon leiten lassen, ob diese geeignet sind, illegal generierte Vermögensgegenstände dadurch besser verschleiern und so illegale Profite vor dem Zugriff des Staates besser sichern zu können. In einem globalisierten Markt werden im Übrigen diejenigen Länder von global handelnden „Crime Entrepreneurs“ genutzt, die als Off-shore-Staat oder als Land, das die internationalen Standards gegen Geldwäsche nicht oder nur unvollständig einhält, am wenigsten gewillt oder in der Lage sind, die illegalen Aktivitäten dieser Akteure zu unterbinden.117

Die Norm erfasst dementsprechend sowohl die produkt- als auch die transaktionsbezogenen Risiken. 111Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 122 f. BT-Drucks. 18/11555, S. 123. 113Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 122. 114BGBl. I 2011, S. 2959, 2962 f., 2974. 115Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 31. 116Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 31. 117BT-Drucks. 17/6804, S. 31. 112Vgl.

6.3  Verstärkte Sorgfaltspflichten

255

Tab. 6.7  Zuverlässige Dritte Kraft gesetzlicher Regelung Nr.

Norm

Kraft Gesetz zuverlässiger Dritter

1.

§ 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG

Kreditinstitute

2.

§ 2 Abs. 1 Nr. 2 GwG

Finanzdienstleistungsinstitute

3.

§ 2 Abs. 1 Nr. 3 GwG

Zahlungsinstitute und E-Geld-Institute

4.

§ 2 Abs. 1 Nr. 4 GwG

Agenten nach § 1 Abs. 9 ZAG und E-Geld-Agenten nach § 1 Abs. 10 ZAG

5.

§ 2 Abs. 1 Nr. 5 GwG

Selbständige Gewerbetreibende, die E-Geld vertreiben oder rücktauschen

6.

§ 2 Abs. 1 Nr. 6 GwG

Finanzunternehmen

7.

§ 2 Abs. 1 Nr. 7 GwG

Versicherungsunternehmen

8.

§ 2 Abs. 1 Nr. 8 GwG

Versicherungsvermittler

9.

§ 2 Abs. 1 Nr. 9 GwG

Kapitalverwaltungsgesellschaften

10.

§ 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG

Rechtsanwälte, Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare

11.

§ 2 Abs. 1 Nr. 11 GwG

Rechtsbeistände, die nicht Mitglied der Rechtsanwaltskammer sind, registrierte Personen nach § 10 RDG

12.

§ 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG

Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte und Lohnsteuerhilfevereine

13.

§ 2 Abs. 1 Nr. 13 GwG

Dienstleister für Gesellschaften und für Treuhandvermögen oder Treuhänder

14.

§ 2 Abs. 1 Nr. 14 GwG

Immobilienmakler

15.

§ 2 Abs. 1 Nr. 15 GwG

Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen

16.

§ 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG

Güterhändler, Kunstvermittler und Kunstlagerhalter

17.

§ 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GwG

Verpflichtete im Sinne von Artikel 2 Abs. 1 der Vierten Geldwäscherichtlinie

18.

§ 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GwG

Mitgliedsorganisationen oder Verbände der vorgenannten Verpflichteten oder in einem Drittstaat (ohne hohes Risiko) ansässige Institute und Personen, die gleichwertigen Pflichten im Sinne der Vierten Geldwäscherichtlinie unterliegen

19.

17 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG

Zweigstellen von Verpflichteten nach Nr. 17. dieser Liste, die gruppenweite Pflichten erfüllen

20.

17 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GwG

Tochterunternehmen, die sich im Mehrheitsbesitz eines in der Europäischen Union niedergelassenen Verpflichteten (nach Nr. 1 – 17. dieser Liste) befinden und die gruppenweite Pflichten erfüllen

21.

17 Abs. 4 Nr. 1 GwG

Dritte, die derselben Gruppe im Sinne von § 1 Abs. 16 GwG angehören, dabei gruppenweite Pflichten erfüllen und diese von einer zuständigen Aufsichtsbehörde beaufsichtigt werden

Kraft Gesetz zuverlässige Dritte mit Sitz in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Unions

256

6 Sorgfaltspflichten

Mit § 15 Abs. 8 GwG besteht eine Anordnungsbefugnis für die zuständigen Aufsichtsbehörden. Diese haben die Möglichkeit, den Verpflichteten die Anwendung von verstärkten Maßnahmen zur Überwachung von Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen, insbesondere zur Ermittlung der Herkunft der Vermögensgegenstände vorzuschreiben und in diesem Zusammenhang ebenfalls die Anwendung von verstärkten Sorgfaltspflichten festzulegen. Die Anordnung setzt voraus: 1. Es liegen Tatsachen oder Bewertungen von nationalen oder internationalen Stellen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung vor. 2. Die Tatsachen oder Bewertungen rechtfertigen die Annahme, dass in weiteren Fällen, insbesondere im Zusammenhang mit der Einhaltung von Sorgfaltspflichten in einem Staat, ein erhöhtes Risiko besteht. Zielsetzung dieser Regelung ist es, den zuständigen Aufsichtsbehörden eine schnelle Reaktion auf neu entstehende, erhöhte Risikosituationen sowie die Vorgaben der FATF zu ermöglichen.118 Damit handelt es sich in erste Linie um eine Vorschrift, die sich mittelbar aufgrund von tatsächlich erlassenen Anordnungen der zuständigen Aufsichtsbehörden auf den Güterhändler auswirken kann. Bisher haben die zuständigen Aufsichtsbehörden vom der Anordnungsbefugnis allenfalls insofern Gebrauch gemacht, dass die von der FATF dreimal jährlich aktualisierte und veröffentlichte Liste der „High risk and other monitored jurisdictions“ auch für die jeweils unter Aufsicht der zuständigen Aufsichtsbehörde stehenden Verpflichteten anwendbar ist. Zusammenfassung der verstärkten Sorgfaltspflichten

Sofern im Zusammenhang mit der Durchführung von Transaktionen erhöhte Risiken der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vorliegen, dann sind die Vorschriften des § 15 GwG zu beachten. Die in § 15 Abs. 3 GwG genannten Fallgruppen lösen generell die zusätzliche Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten aus. Dennoch sind diese Fallgruppen nur beispielhaft und nicht abschließender Natur. Das heißt, es können sich auch aus anderen Sachverhalten erhöhte Risiken ergeben, welche die Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten begründen können. Das Gleiche gilt für den Fall einer Anordnung einer zuständigen Aufsichtsbehörde nach § 15 Abs. 8 GwG, die ebenfalls die Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten zur Folge hat. Besonders zu beachten sind die verstärkten Sorgfaltspflichten in Bezug auf politisch exponierte Personen gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 GwG in Verbindung mit § 15 Abs. 4 GwG.

118Vgl.

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6.4  Ausführung durch Dritte

257

Die Regeln zur Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten im Falle von Transaktionen im Sinne des § 10 Abs. 6a GwG dürften aufgrund der nur schwer zu erfüllenden Anforderungen in der Praxis kaum Anwendung finden.

6.4 Ausführung durch Dritte Im Grundsatz verlangt das Geldwäschegesetz, dass die allgemeinen Sorgfaltspflichten durch den Verpflichteten selbst oder durch einen von diesem beschäftigten Mitarbeiter erfüllt werden.119 Konkret ist es dem Güterhändler unter Anwendung von § 17 GwG möglich, die Erfüllung der folgenden allgemeinen Sorgfaltspflichten auf einen Dritten zu übertragen: 1. Die Identifizierung des Vertragspartners oder einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person sowie die Prüfung, ob die für den Vertragspartner auftretende Person hierzu berechtigt ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG). 2. Die Abklärung, ob ein wirtschaftlich Berechtigter involviert ist und dessen Identifizierung sowie in den Fällen, in denen der Vertragspartner keiner natürliche Person ist, die Erhebung der Eigentums- und Kontrollstruktur (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG). 3. Die Feststellung, ob es sich bei dem Vertragspartner oder dem wirtschaftlich Berechtigte um eine politisch exponierte Person, ein Familienmitglied oder eine bekanntermaßen nahestehende Person handelt (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 GwG). Die allgemeine Sorgfaltspflicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 GwG – Zweck und Art der Geschäftsbeziehung – ist entsprechend den vorausgegangenen Darstellung für Güterhändler nicht von Relevanz. Nicht auf einen Dritten übertragen werden darf die Pflicht zur kontinuierlichen Überwachung der Geschäftsbeziehung.120 Während die Übertragung nach § 17 GwG untersagt ist, kann dennoch eine Auslagerung dieser Überwachungspflicht gemäß § 6 Abs. 7 GwG erfolgen. Generell gilt, dass selbst wenn die Ausführung einzelner allgemeiner Sorgfaltspflichten auf Dritte übertragen wurde, die Verantwortung für die ordnungsgemäße und vollständige Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten weiterhin bei dem betreffenden Verpflichteten verbleibt und gerade nicht mit auf den einbezogenen Dritten übergeht.121 Die Folge der Wahrnehmung der Verantwortung ist, dass der Güterhändler sich in regelmäßigen Abständen davon überzeugen muss, dass der Dritte die gesetzlichen Anforderungen in entsprechender Art und Weise erfüllt. Ist dies nicht der Fall, dann muss der Güterhändler dagegen vorgehen und gegebenenfalls die allgemeinen

119Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 124. BT-Drucks. 16/9038, S. 41. 121Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 84 f., bereits früher BT-Drucks. 16/9038, S. 41. 120Vgl.

258

6 Sorgfaltspflichten

Sorgfaltspflichten wieder selbst erfüllen. Seiner Verantwortung wird der Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 GwG auch dann nicht gerecht, wenn er Dritte zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten nutzt, die jedoch nicht die gleichen Sicherheitsstandards wie die nach § 13 GwG zugelassenen Identifizierungsverfahren erfüllen.122 Das die Verantwortung bei dem Verpflichteten bleibt, der die allgemeinen Sorgfaltspflichten erfüllen muss, macht letztlich auch § 17 Abs. 1 Satz 3 GwG deutlich. Die Vorschrift des § 17 GwG unterscheidet die Dritten nach folgenden zwei Gruppen: 1. Kraft Gesetz zuverlässige Dritte gemäß § 17 Abs. 1, 2, 4 GwG (Abschn. 6.4.1) 2. Kraft Vertrag geeignete Dritte gemäß § 17 Abs. 5 GwG (Abschn. 6.4.2) Die Unterscheidung der beiden Gruppen ist wesentlich. Anhand der Unterscheidung wird beurteilt, welche weiteren Maßnahmen der Verpflichtete bei der Einbindung eines Dritten zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten treffen muss.

6.4.1 Kraft Gesetz zuverlässige Dritte Der Kreis der aufgrund gesetzlicher Regelung zuverlässigen Dritten ist in § 17 Abs. 1, 2 und 4 GwG abschließend geregelt. Diesbezüglich besteht die gesetzliche Vermutung, dass die dieser Regelung zuzurechnende Personen „zuverlässig“ sind, weil diese Dritten ihrerseits den entsprechenden Sorgfalts- und Aufbewahrungspflichten im Sinne der Vierten Geldwäscherichtlinie unterliegen.123 Ferner darf davon ausgegangen werden, dass diese Personen in der Lage sind, die allgemeinen Sorgfaltspflichten ordnungsgemäß zu erfüllen.124 Die in Tab. 6.7 genannten Personen mit Sitz in Deutschland oder einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union gelten unter Berücksichtigung der in den zitierten Normen genannten Einschränkungen, aufgrund ihrer Einstufung als Verpflichteter des Geldwäschegesetzes, als zuverlässige Dritte. Generell gilt, sofern die allgemeinen Sorgfaltspflichten in Bezug auf einen in Deutschland ansässigen Vertragspartner, eine gegebenenfalls für diesen auftretende Person oder einen gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten von einem Kraft Gesetz zuverlässigen Dritten für einen nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten durchgeführt werden sollen, dann greifen aufgrund von § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GwG generell die Regeln des deutschen Geldwäschegesetzes, unabhängig davon wo der Kraft Gesetz zuverlässige Dritte seinen Sitz hat.125 Werden die allgemeinen Sorgfaltspflichten für einen im Ausland ansässigen Vertragspartner, einer gegebenenfalls für diesen

122Vgl.

BT-Drucks. 19/13827, S. 85. BT-Drucks. 18/11555, S. 124. 124Vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 124, bereits früher BT-Drucks. 16/9038, S. 41. 125Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 84. 123Vgl.

6.4  Ausführung durch Dritte

259

auftretende Person oder einen gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten von einem Kraft Gesetz zuverlässigen Dritten für einen nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten durchgeführt, dann müssen nur die Vorschriften erfüllt werden, die in dem betreffenden Mitgliedsstaat der Europäischen Union gelten.126 Alle Verpflichteten, einschließlich Güterhändler, Kunstvermittler oder Kunstlagerhalter können ohne weitere vertragliche Abreden oder Rücksprachen mit den zuständigen Aufsichtsbehörden auf die vorstehenden Verpflichteten zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten zurückgreifen. Wurden die allgemeinen Sorgfaltspflichten von einem gesetzlich zuverlässigen Dritten erfüllt, dann muss dieser unverzüglich die erlangten Angaben und Informationen an den Güterhändler weiterleiten. Nur so ist es dem Güterhändler möglich, selbst über vollständige Informationen zur Erfüllung seiner Pflichten in Bezug auf das „Know your Customer“ Prinzip zu verfügen.127 Sollte es erforderlich sein, dann kann der Güterhändler auf gesonderte Anfrage die sonstigen Kopien und Unterlagen zur Identifizierung des Vertragspartners, einer gegebenenfalls für diesen auftretende Person sowie eines gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten bei dem gesetzlich zuverlässigen Dritten anfordern. Die Verpflichteten müssen angemessene Schritte nach § 17 Abs. 3 Satz 2 GwG unternehmen, dass die Bereitstellung der Kopien auch erfolgt.

6.4.2 Kraft Vertrag geeignete Dritte Neben den gesetzlich zuverlässigen Dritten kann jeder Verpflichtete aber auch andere Dritte mit der Durchführung und Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten beauftragen. Mit der Vorschrift des § 17 Abs. 5 GwG wird insbesondere die Grundlage für die weitere Anwendbarkeit des Postident Verfahrens gelegt.128 Als wesentliche Voraussetzung des § 17 Abs. 5 GwG ist eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zwischen dem Güterhändler und der anderen Person vorgeschrieben. Besteht ein derartiger Vertrag nicht, dann kann die andere Person zwar theoretisch immer noch die allgemeinen Sorgfaltspflichten erfüllen, allerdings kann sich der Güterhändler diese Leistung nicht in Bezug auf die ihm obliegenden gesetzlichen Pflichten zurechnen lassen. Die konkrete Ausgestaltung des erforderlichen Vertrages ist den Vertragsparteien freigestellt. Berücksichtigt werden muss aber, dass der vertraglich geeignete Dritte hinsichtlich der Durchführung der allgemeinen Sorgfaltspflichten nicht selbstständig tätig wird, sondern als Erfüllungsgehilfe des verpflichteten Güterhändlers.129 Folgerichtig muss der vertraglich geeignete Dritte, egal in welchem Land dieser seinen Sitz hat, die

126Vgl.

BT-Drucks. 16/9038, S. 41. ­BT-Drucks. 16/9038, S. 41. 128Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 42. 129Vgl. BT-Drucks. 16/9038, S. 41. 127Vgl.

260

6 Sorgfaltspflichten

auf den Verpflichteten anwendbaren Regelungen zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten beachten.130 Auch in diesem Fall kann die eigentliche Verantwortung des Güterhändlers nicht übertragen werden. Der Abschluss eines Vertrages ist aber nicht die einzige Voraussetzung, die zu erfüllen ist. Außerdem müssen noch folgende Regelungen erfüllt sein: • Der Güterhändler muss sich in dem Vertrag Rechte bezüglich Kontroll- und Prüfungshandlungen sichern. • Die Zutrittsrechte der zuständigen Aufsichtsbehörden müssen ebenfalls geregelt sein. • Der Güterhändler muss die Zuverlässigkeit der anderen Person vor Abschluss des Vertrages prüfen. • Der Güterhändler muss die Zuverlässigkeit der anderen Person während der Laufzeit des Vertrages überprüfen. • Die Angemessenheit und Ordnungsmäßigkeit der Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten sowie die getroffenen Maßnahmen des vertraglich geeigneten Dritten muss stichprobenartig überprüft werden. Zur Prüfung der Zuverlässigkeit sollte sich der Güterhändler geeignete Unterlagen von vorgesehenen Dritten aushändigen lassen. Die Zuverlässigkeit setzt unter anderem voraus, dass die andere Person die datenschutzrechtlichen Vorschriften befolgt und einhält.131 In diesem Zusammenhang wird zusätzlich auf die Ausführungen in Abschn. 7.5 verwiesen. Die eigenen Prüfungshandlungen sind wie gewohnt nachvollziehbar aufzuzeichnen und aufzubewahren. Nur so kann auch ein Nachweis gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde erfolgen. Sind die vorstehenden Punkte erfüllt, kann der vertraglich geeignete Dritte die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten für den Güterhändler übernehmen. Sobald der vertraglich geeignete Dritte von einem Vertragspartner, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person oder einem gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten Daten zu deren Identität erhoben und überprüft hat, dann muss er alle Daten, Unterlagen und Informationen unverzüglich und direkt an den Güterhändler übergeben.

6.4.3 Anforderungen an den Identifizierungsdatensatz Der Gesetzgeber hat im Zuge der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie § 17 Abs. 3a GwG eingeführt und damit über die Fünfte Geldwäscherichtlinie hinausgehende weitere Anforderungen getroffen, die vom Verpflichteten im Falle der Einbeziehung

130Vgl. 131Vgl.

­ T-Drucks. 19/13827, S. 86. B BT-Drucks. 16/9038, S. 42.

6.4  Ausführung durch Dritte

261

eines Dritte beachtet werden müssen. Auch wenn in der Gesetzesbegründung dargelegt wird, dass die Regelung eine sinnvolle Vermeidung wiederholten Identifizierungsaufwandes bei ausreichender Wahrung des Grundgedanken des Geldwäschegesetzes ermöglicht132, dürfte die Regelung in der Praxis aus mehreren Gründen das Gegenteil einer Vermeidung zusätzlichen Aufwands bewirken. Es war gängige Praxis das ein Dritter, der seinerseits zu einem früheren Zeitpunkt eine geldwäscherechtliche Identifizierung vorgenommen hat, auf diesen früheren Identifizierungsdaten zurückgegriffen hat und an einen anderen Verpflichteten des Geldwäschegesetzes weitergeben hat. Dieses Vorgehen ist insbesondere bei Vermittlungsgeschäften im Finanzsektor etablierte Praxis. Die neuen Anforderungen schränken dieses Vorgehen jedoch nachhaltig ein. Unter Berücksichtigung von § 17 Abs. 3a GwG müssen Verpflichtete bei der Einbeziehung von Dritten folgende zusätzliche Anforderungen berücksichtigen: 1. Die Verwendung eines früheren Identifizierungsdatensatzes ist nur noch möglich, soweit es sich bei dem Dritten um einen Kraft Gesetz zuverlässigen Dritten (Abschn. 6.4.1) handelt (§ 17 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 GwG). 2. Der Identifizierungsdatensatz darf zum Zeitpunkt der Weitergabe an den nunmehr Verpflichteten nicht älter sein als 24 Monate (§ 17 Abs. 3a Satz 1 Nr. 2 GwG). 3. Für den Verpflichteten dürfen aufgrund äußerer Umstände keine Zweifel an der Richtigkeit der ihm übermittelten Informationen bestehen (§ 17 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3 GwG). 4. Die Gültigkeit eines im Rahmen der früheren Identifizierung durch den Dritten verwendeten Identifikationsdokuments darf noch nicht abgelaufen sein (§ 17 Abs. 3a Satz 1 Nr. 4 GwG). Dieser Regelungskanon ist ursprünglich von der BaFin im Rahmen von Kap. 8.4 der Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz vom 11. Dezember 2018 erstmalig eingeführt worden.133 Bereits im Rahmen der Konsultation dieser Hinweise stieß die Regelung auf heftige Kritik der Verpflichteten.134 Im Zuge der Gesetzesbegründung insofern davon zu sprechen, dass die nunmehr gesetzlich geregelten Anforderungen somit nicht neu sind, sondern zwischenzeitlich etablierte Praxis sind, entspricht schlicht nicht der Realität des Marktes.135 Denn auch zur beabsichtigten gesetzlichen Regelung nahmen die Vertreter der Verpflichteten entsprechend kritisch Stellung,

132Vgl.

BT-Drucks. 19/13827, S. 85. Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz vom 11. Dezember 2018, Kap. 8.4, S. 68 f. 134Vgl. unter anderem Bundesverband der Zahlungs- und E-Geld-Institute (BVZI) e. V., Stellungnahme vom 11. Mai 2018, S. 69 ff.; Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme vom 09. Mai 2018, S. 60 f. 135Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 85. 133BaFin,

262

6 Sorgfaltspflichten

sowohl im Rahmen der Konsultation des Referentenentwurfs136 als auch zum Gesetzentwurf137. Gerade die in den letzten Jahren haben sich Identifizierungsdiensteanbieter am Markt etabliert (unter anderem Anbieter von Videoidentifizierungssystem), die selbst in der Regel lediglich als vertraglich geeignete Dritte im Sinne von § 17 Abs. 5 GwG tätig sind. In der Weitergabe einer einmal vorgenommenen Identifizierung haben diese eine kostensenkende Möglichkeit gesehen, eine Vielzahl von Verpflichteten mit entsprechenden Identifizierungsdatensätzen und Unterlagen zu bedienen. Nunmehr gilt gesetzlich eine Beschränkung auf solche Dritten, die ihrerseits Verpflichtete im Sinne von § 2 Abs. 1 GwG sind, also auf jene Personen deren Geschäftstätigkeit im Gegensatz zu einem Identifizierungsdiensteanbieter gerade nicht in der Spezialisierung auf Identifizierungsdienstleistungen liegt. Auch die übrigen Anforderungen bürden den Verpflichteten zusätzlichen Prüfungsaufwand auf. Exemplarisch sei an dieser Stelle lediglich auf das Erfordernis zur Gültigkeit des verwendeten Identifikationsdokuments eingegangen. Aufgrund von § 11 Abs. 3 GwG ist es einem Verpflichteten grundsätzlich erlaubt auf eine einmal vorgenommene Identifizierung immer wieder zurückzugreifen. Dieser Rückgriff ist ihm für seine Zwecke selbst dann erlaubt, wenn das bei der Identifizierung verwendete Ausweisdokument bereits seit Jahren abgelaufen ist. Dies ist damit zu begründen, dass sich die Identität der natürlichen Person nicht dadurch ändert, dass der ihm ausgestellte amtliche Ausweis seine Gültigkeit verloren hat. Insbesondere vor diesem Hintergrund wurden in der Vergangenheit von den Verpflichteten keine gesonderte Bestandsaufnahme dahingehend vorgenommen, zu welchem Zeitpunkt das jeweils verwendete Ausweisdokument seine Gültigkeit verliert. Berücksichtigt man diese Praxis, dann können die Dritten bei der Weitergabe des Identifizierungsdatensatzes in der Regel keine Bestätigung vornehmen, dass das bei einer früheren Identifizierung von ihnen selbst eingesehene Ausweisdokument aktuell noch gültig ist. In der Folge muss der Dritte eine neue Identifizierung vornehmen, weil er im Rahmen des Rückgriffs keine Gewähr für die Erfüllung von § 17 Abs. 3a Satz 1 Nr. 4 GwG abgegeben kann.

136Vgl. unter anderem Bundesverband der Zahlungs- und E-Geld-Institute (BVZI) e. V., Stellungnahme vom 31. Mai 2019, S. 25 f.; Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme vom 3. Juni 2019, S. 8 f. jeweils zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vom 20. Mai 2019; https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/19_Legislaturperiode/2019-12-19-Gesetz-4-EUGeldwaescherichtlinie/0-Gesetz.html;jsessionid=1BA62A1234E8AB7072684502B098F0C8. delivery1-master, Zugegriffen: 6. Januar 2020. 137Vgl. Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme vom 1. November 2019 zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Vierten E ­ U-Geldwäscherichtlinie, S. 8 ff., https://www. bundestag.de/resource/blob/665918/51f00a7ef35b9cb2b0afcc39c4bc3494/08-Dt-Kreditwi-data. pdf, Zugegriffen: 6. Januar 2020.

6.4  Ausführung durch Dritte

263

Gerade diese Information ist aber für den aktuell Verpflichteten eine Grundvoraussetzung dafür, dass er überhaupt den Identifizierungsdatensatz als Bestandteil der Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten verwenden darf. Sollte das dem so erlangten Identifizierungsdatensatz zugrunde liegende Ausweisdokument zum betreffenden Zeitpunkt bereits abgelaufen sein, dann ist der Identifizierungsdatensatz für den Verpflichteten ohne Wert. Sollte der Verpflichtete dennoch diesen Identifizierungsdatensatz verwenden, resultiert hieraus eine Ordnungswidrigkeit, weil hierin eine nicht vollständige Identifizierung im Sinne von § 56 Abs. 1 Nr. 15 GwG zu sehen ist. Wird vom Verpflichteten keine generelle Prüfung der Gültigkeit des einem Identifizierungsdatensatz zugrunde liegenden Ausweisdokumentes vorgenommen, dann stellt dies einen schwerwiegenden, wiederholten und sogar systematische Verstoß im Sinne von § 56 Abs. 3 GwG dar. Um die mit einer Geldbuße einhergehenden Risiken zu vermeiden wird demnach nichts anderes übrig bleiben, als selbst eine erneute Identifizierung des Vertragspartners zu veranlassen.

7

Organisationspflichten

Das Geldwäschegesetz sieht neben den anwendbaren Sorgfaltspflichten zusätzlich auch Organisationspflichten vor, die von den Verpflichteten beachtet und in angemessener Art und Weise umgesetzt werden müssen. Die Organisationspflichten sind ein weiterer wesentlicher Bestandteil der internen Sicherungsmaßnahmen zur Abwehr der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Nur wenn die gesetzlichen Pflichten in den täglichen Abläufen des Güterhändlers integriert sind und allen Mitarbeitern die Tragweite sowie die jeweiligen Anforderungen transparent sind, kann Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung effektiv verhindert werden. Mit § 6 GwG werden einerseits die bisherigen Regelungen des § 9 GwG a. F. fortgeführt und andererseits werden die Organisationspflichten systematisch den anwendbaren Sorgfaltspflichten vorangestellt. Die übergeordnete Zielsetzung ist, die Hürden zur Durchführung der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung so hoch wie möglich zu legen, um so die Schädigung des Finanz- und Wirtschaftskreislaufes soweit wie möglich zu verhindern. Ferner tragen diese präventiven Maßnahmen dazu bei, den Schaden für die Volkswirtschaft zu reduzieren. Die Umsetzung der Sorgfalts- und Organisationspflichten trägt nicht nur dazu bei, die Anfälligkeit der Wirtschaft für die Einschleusung illegal erworbener Vermögenswerte insgesamt zu erschweren. Die Erfüllung der Pflichten ist ferner ein Mittel, um die Attraktivität von illegalen Geschäften insgesamt zu reduzieren, weil es mehr und mehr unmöglich wird, die so erlangten illegalen Vermögenswerte überhaupt zu verwenden und weiter zu nutzen. Alle Verpflichteten, einschließlich Güterhändler, müssen die Regeln des Geldwäschegesetzes über die internen Sicherungsmaßnahmen und der damit verbundenen Organisationspflichten beachten und befolgen. Aufbauen auf einem gegebenenfalls einzurichtenden Risikomanagement (§ 4 GwG) und der in jedem Fall von jedem Verpflichteten zu erstellenden Risikoanalyse (§ 5 GwG) haben diese nach § 6 Abs. 1 GwG intern angemessene geschäfts- und kundenbezogene interne Sicherungsmaßnahmen © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 O. Bausch und T. Voller, Geldwäsche-Compliance, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17562-7_7

265

266

7 Organisationspflichten

zur Steuerung der Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu schaffen. Welche internen Sicherungsmaßnahmen insbesondere eingerichtet werden müssen, ergibt sich vor allem aus § 6 Abs. 2 GwG. Was aus der Perspektive des einzelnen Verpflichteten als „angemessen“ beurteilt wird, bestimmt sich auf Grundlage der eigenen Risikoanalyse des Verpflichteten und der insofern bestehenden geldwäscherechtlichen Risiken in Bezug auf die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen sowie der sonstigen relevanten Umstände (Kap.  5).1 Dabei müssen die internen Sicherungsmaßnahmen an der Größe, Organisationsstruktur und Risikostruktur des einzelnen Verpflichteten ausgerichtet werden.2 Hierdurch eröffnet der Gesetzgeber jedem Verpflichteten einen Ermessensspielraum zur adäquaten Umsetzung der Pflichten unter Berücksichtigung der unternehmensspezifischen Proportionen sowie der individuellen Geschäftstätigkeit als solche. Mit § 6 Abs. 2 GwG werden die Regelbeispiele erfasst, die im Rahmen der sogenannten „internen Sicherungsmaßnahmen“ zu schaffen sind. Die dort erfassten internen Sicherungsmaßnahmen stellen keine abschließende Regelung dar, vielmehr sind sie exemplarischer Natur. u Die im Regelfall von einem Verpflichteten einzurichtenden internen Sicherungsmaßnahmen bestehen nach § 6 Abs. 2 GwG insbesondere aus folgenden Elementen: 1. Die Ausarbeitung von internen Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen in Bezug auf a) den Umgang mit Risiken, b) die anwendbaren Sorgfaltspflichten nach den §§ 10 bis 17 GwG, c) die Erfüllung der Meldepflicht nach § 43 Abs. 1 GwG, d) die Aufzeichnung von Informationen, Daten oder Dokumenten und deren Aufbewahrung nach § 8 GwG und e) die Einhaltung aller sonstigen geldwäscherechtlichen Vorschriften. 2. Die Bestellung eines Geldwäschebeauftragen und eines Stellvertreters nach § 7 GwG. 3. Für Verpflichtete, die Mutterunternehmen einer Gruppe sind, die Schaffung von gruppenweiten Pflichten nach § 9 GwG. 4. Die Schaffung und Fortentwicklung geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs von neuen Produkten und Technologien zur Begehung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung oder für Zwecke der Begünstigung von Anonymität von Geschäftsbeziehungen oder von Transaktionen. 5. Die Überprüfung von Mitarbeitern auf ihre Zuverlässigkeit durch geeignete Maßnahmen, insbesondere Personalkontroll- und Beurteilungssysteme.

1Vgl. 2Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 110. BT-Drucks. 18/11555, S. 110.

7.1  Grundsätze, Verfahren und Kontrollen

267

6. Die erstmalige und laufende Unterrichtung der Mitarbeiter in Bezug auf Typologien und aktuelle Methoden der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung sowie die insoweit einschlägigen Vorschriften und Pflichten, einschließlich der Datenschutzbestimmungen. 7. Die Überprüfung der zuvor genannten Grundsätze und Verfahren durch unabhängige Prüfungen, sowie diese Überprüfung angesichts der Art und des Umfangs der Geschäftstätigkeit angemessen ist. Daneben sollen aber auch noch ein Whistleblowing-System eingerichtet und unterhalten werden (§ 6 Abs. 5 GwG), entsprechende Vorkehrungen zur Beantwortung von Anfragen der FIU und der zuständigen Aufsichtsbehörden bestehen (§ 6 Abs. 6 GwG), bei der Durchführung von Auslagerungen weitergehende Anforderungen beachtet werden (§ 6 Abs. 7 GwG) und einzelfallbezogene Anordnungen von zuständigen Aufsichtsbehörden befolgt werden (§ 6 Abs. 8 GwG). Nachfolgend wird ein Überblick über die wesentlichen Anforderungen des Geldwäschegesetzes gegeben, ohne dabei auf jeden einzelnen Aspekt einzugehen der in § 6 GwG geregelt ist.

7.1 Grundsätze, Verfahren und Kontrollen Neben der Risikoanalyse, die die zentrale Basis für alle internen Sicherungsmaßnahmen zur Umsetzung des Geldwäschegesetzes ist, bilden internen Grundsätze, Verfahren und Kontrollen die weitere Grundlage für die Umsetzung und Einhaltung des Geldwäschegesetzes. Sie stellen eine einheitliche Struktur sicher und definieren die internen Aktivitäten und Prozesse, die von allen Mitarbeitern des Verpflichteten eingehalten und befolgt werden müssen. Sie regeln klar und für jeden Mitarbeiter nachvollziehbar, welche Handlungen im Anwendungsfall durchgeführt werden müssen. Ebenso wichtig wie deren Erstellung ist die fortlaufende Aktualisierung dieser Grundsätze, Verfahren und Kontrollen. Dazu muss mindestens einmal jährlich eine Überprüfung erfolgen, ob Anpassungen der bestehenden internen Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind. Haben sich besondere Ereignisse ergeben, wie zum Beispiel die Änderung der Rechtslage, dann kann auch ein anlassbezogene Aktualisierung erforderlich sein. Umgesetzt werden kann diese Aufgabe beispielsweise durch die Implementierung von internen Richtlinien, Organisationsanweisungen sowie Prozessbeschreibungen, deren Befolgung einheitlich die Umsetzung der anwendbaren Sorgfaltspflichten und Organisationspflichten im Unternehmen des Güterhändlers regeln. Dabei bestimmt sich der Umfang dieser Dokumentation vor allem nach der Größe des Unternehmens, der Produkt- und Transaktionsstrukturen sowie der ermittelten Risikosituation. Die unternehmensspezifischen Besonderheiten müssen bei der Ausgestaltung berücksichtigt werden. In Ermangelung von detaillierten gesetzlichen Regelungen kann und sollte der Güterhändler sein eigenes Ermessen bei der Festlegung dieser internen Grundsätze

268

7 Organisationspflichten

ausüben. In der Regel ist eine allgemeine Richtlinie ratsam, die vor allem Antworten auf folgende Fragen für die Mitarbeiter bereit hält und sie auf diesem Weg an das Thema Geldwäscheprävention heranführt: • • • • • • •

Was ist Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung? Welche Begriffe sind von besonderer Bedeutung? Welche gesetzlichen Sorgfaltspflichten gibt es? Wann müssen die Sorgfaltspflichten erfüllt werden? Welche Besonderheiten gibt es bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten? Wie ist zu verfahren, wenn es zu einem Verdachtsfall kommt? Wer ist im Unternehmen Ansprechpartner der Mitarbeiter?

Daneben empfiehlt sich eine Organisationsanweisung, die vor allem prozessuale Arbeitsabläufe und interne Regelungen enthält. Hier wäre unter anderem an folgende Aspekte zu denken, die geregelt sein sollten: • • • • • • • • • •

Wer ist der Geldwäschebeauftragte und wer ist Stellvertreter? Wie lauten deren Kontaktdaten? Was sind ihre Aufgaben und welche Kompetenzen haben sie? Welche Vertretungsregelungen gibt es? Wie erfolgt die Aufzeichnung der Daten? Wie erfolgt die Aufbewahrung der Daten? Wie ist im Fall einer Verdachtsmeldung vorzugehen? Welche Mitarbeiter müssen in die Schulungen einbezogen werden? Welchen Turnus haben die Schulungen der Mitarbeiter? Wie wird im Fall des Verstoßes gegen die Pflichten verfahren?

Diese Dokumente bilden das Fundament für die Information der Mitarbeiter. Sie dienen aber auch der Sicherstellung, dass jeder Mitarbeiter über die gleichen Informationen verfügt und der Schaffung von einheitlichen Standards. Jede Abweichung von den definierten Maßnahmen erhöht die Anfälligkeit für Fehler sowie das Risikopotential. Zudem stellt die organisatorische Trennung von bestimmten Aufgaben die dem Grunde nach nicht miteinander vereinbar sind, eine konkrete interne Sicherungsmaßnahme dar, um präventiv der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung entgegenzutreten. Dieser Leitgedanke sollte sich in der Aufbau- und Ablauforganisation des Güterhändlers im Rahmen der Möglichkeiten wiederfinden. Beispielsweise sollte die Produktion der Güter vom Vertrieb getrennt sein, also verschiedene Mitarbeiter die jeweiligen Aufgaben wahrnehmen. Gleiches gilt für den Vertrieb und die Buchhaltung. Durch die Trennung der Aufgabenbereiche wird ausgeschlossen, dass ein Mitarbeiter alle Aktivitäten und Prozesse ausführt und so im Rahmen der Anbahnung bis hin zur Abwicklung der Transaktion tätig werden kann. Die Erfahrung im Zusammenhang mit den Handlungen der organisierten Kriminalität haben immer wieder gezeigt,

7.1  Grundsätze, Verfahren und Kontrollen

269

dass Kriminelle gezielt Kontakt zu Mitarbeitern in Unternehmen suchen, um durch diesen Zugang ihre Gelder waschen zu können. Die betreffende Kontaktperson im Unternehmen ist dann für die Verschleierung verantwortlich. Die vorgenannten Dokumente enthalten die aus Perspektive des jeweiligen Verpflichteten angemessenen geschäftsund kundenbezogenen internen Sicherungsmaßnahmen. Elementarer Ausgangspunkt ist die Erstellung und regelmäßige Aktualisierung einer individuellen Risikoanalyse nach § 5 GwG. Insoweit wird auf die detaillierten Ausführungen in Kap. 5 verwiesen. Die aus der Risikoanalyse gewonnen Erkenntnisse sind Gradmesser für die Ausgestaltung der internen Sicherungsmaßnahmen. Die Festlegung der Ausgestaltung des risikobasierten Ansatzes ist ein weiterer Bestandteil. In diesem Zusammenhang kann und sollte der Güterhändler eine individuelle Klassifizierung der in Tab. 7.1 aufgeführten Risikokategorien vornehmen. Die vorstehende Tabelle kann selbstverständlich keine individuelle Ausgestaltung des risikobasierten Ansatzes liefern und stellt deshalb nur eine Orientierung dar. Neben der Einbeziehung der Risikoanalyse sowie des risikobasierten Ansatzes sollten immer auch die in der Vergangenheit gesammelten Erfahrungen, insbesondere aufgrund von Verdachtsmeldungen, berücksichtigt werden. Diese liefern einen Erkenntnisgewinn mit direktem Bezug auf das Unternehmen des Güterhändlers. Sofern aus einem bestimmten Ereignis Rückschlüsse auf mögliche Geldwäsche gezogen werden können oder konnten, sollten die gewonnenen Erkenntnisse sowohl in die Ausgestaltung der internen Grundsätze als auch in die internen Sicherungsmaßnahmen einfließen. Ferner sollten diese Erkenntnisse den Mitarbeitern vermittelt werden, um eine entsprechende Sensibilisierung zu erreichen. Zudem sind Festlegungen der Überwachung der Transaktionen erforderlich. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Aspekte erfolgt in der Organisationsanweisung eine Festlegung darüber, die wann und wie die anwendbaren Sorgfaltspflichten in Bezug auf den Vertragspartner, eine gegebenenfalls für diesen auftretende Person oder einen gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten angewendet werden sollen. Verbunden damit ist die Festlegung angemessener prozessbegleitender Kontrollen, die der Sicherstellung der Einhaltung der internen Sicherungsmaßnahmen zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung dienen. In Bezug auf die Kontrollen sind zum einen die Notwendigkeit der Durchführung von regelmäßigen Kontrollen durch die intern zuständige Kontrollstruktur und zum anderen der Umfang der Kontrollen zu berücksichtigen.3 Die intern zuständige Kontrollstruktur betrifft in jedem Fall den Geldwäschebeauftragten. Die Behandlung eines internen Verdachtsmoments ist ebenfalls Bestandteil der internen Grundsätze, Verfahren und Kontrollen. Aufgrund der individuellen Bedeutung der Verdachtsmeldung wird an dieser Stelle auf Kap. 8 verwiesen.

3Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 43.

270

7 Organisationspflichten

Tab. 7.1  Orientierung zur Ausgestaltung des risikobasierten Ansatzes Nr.

Risikokategorie

Erwägungen zur Ausgestaltung des risikobasierten Ansatzes

1.

Produktbezogene Risiken

Die Unterscheidung erfolgt anhand der unterschiedlichen vertriebenen Produkte. Produkte, die zum Beispiel wie Gold auch als Ersatz für Bargeld dienen können, unterliegen einem erhöhten Risiko und sind daher beim Verkauf durch andere interne Sicherungsmaßnahmen zu begleiten, als beispielsweise Güter des täglichen Bedarfs

2.

Kundenbezogene Risiken

Die Unterscheidung kann anhand verschiedener kundenbezogener Faktoren erfolgen. Handelt es sich um einen Inländer, dann sind die Risiken in der Regel geringer als wenn es sich um einen Vertragspartner mit Sitz im Ausland handelt. Von einer juristischen Person oder Personengesellschaft können wiederum unterschiedlich hohe Risiken im Verhältnis zu natürlichen Personen ausgehen. Bei natürlichen Personen sind die Risiken dann besonders hoch und in der Folge durch verstärkte Maßnahmen zu begleiten, wenn es sich um politisch exponierte Personen handelt

3.

Geographische und länderbezogene Risiken

Würde der Güterhändler rein regional seine Güter verkaufen, dann sind aufgrund des begrenzten Einzugsgebietes geringere Maßnahmen zu treffen, als wenn er die gleichen Güter Deutschlandweit oder global vertreibt. Der Vertrieb in Deutschland ist mit geringeren internen Sicherungsmaßnahmen zu unterlegen, als der gezielte Vertrieb in ein Drittstaat mit hohem Risiko oder ein Land das von der FATF auf der Liste der high risk and other monitored jurisdictions aufgeführt ist (Fortsetzung)

7.2  Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten

271

Tab. 7.1   (Fortsetzung) Nr.

Risikokategorie

Erwägungen zur Ausgestaltung des risikobasierten Ansatzes

4.

Vertriebsbezogene Risiken

Solange der Güterhändler von der Produktion bis zum Verkauf seiner Güter alle Vertriebsmaßnahmen selbst kontrolliert und durchführt, besteht bei Beachtung der internen Sicherungsmaßnahmen ein eher geringeres Risiko. Werden für den Vertrieb weitere Dritte, wie zum Beispiel Handelsvertreter eingebunden, dann steigt das Risiko, dass Transaktionen auf Rechnung des Verpflichteten von dem Handelsvertreter abgeschlossen werden, ohne dass die internen Sicherungsmaßnahmen des Verpflichteten beachtet oder vollständig erfüllt werden. Der Vertrieb über das Internet ist aufgrund der damit verbundenen Anonymität höheren Risiken ausgesetzt, als der Vertrieb über ein Ladengeschäft. Sind die Vertriebswege klar strukturiert und genau festgelegt, sind damit in der Regel geringere Risiken verbunden als wenn der Vertriebsweg für jede Transaktion individuell bestimmt wird. Dementsprechend erfolgt die Gewichtung der Maßnahmen

5.

Transaktionsbezogene Risiken

Die Unterscheidung kann bei den angebotenen Zahlungsmethoden beginnen.. Werden nur bargeldlose Zahlungen akzeptiert, dann fallen die Maßnahmen geringer aus als wenn ausschließlich Bargeldzahlungen akzeptiert werden

Erwägungen zur Ausgestaltung des risikobasierten Ansatzes

7.2 Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Ein fester Bestandteil der Umsetzung des Geldwäschegesetzes ist die Erfüllung der in § 8 GwG geregelten Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten die für alle Verpflichteten anwendbar sind. Die Dokumentation bildet die Grundlage dafür, dass die vom Güterhändler festgelegten internen Maßnahmen zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen ebenso kontrolliert und überprüft werden können, wie die tatsächliche Erfüllung der anwendbaren Sorgfaltspflichten, insbesondere im Zusammenspiel mit der Identifizierung der Vertragspartner, einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person sowie der gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten. Die Erfüllung

272

7 Organisationspflichten

der Aufzeichnungspflichten wird begleitet durch die Regeln über die Aufbewahrung der jeweiligen Unterlagen. Gerade die Aufdeckung von illegalen Geschäften der organisierten Kriminalität geht einher mit wochen- oder monatelangen Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden. Die Puzzleteile müssen einzeln als solche erkannt und zusammengefügt werden. Das Zusammenspiel von Identifizierungspflichten auf der einen Seite und den Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten auf der anderen Seite machen es möglich, einzelne Transaktionen ebenso wie Geschäftsbeziehungen auch noch im Nachhinein transparent zu machen.4 Die Aufzeichnungspflichten erstrecken sich gemäß § 8 Abs. 1 GwG auf alle erhobenen Angaben und eingeholten Informationen, einschließlich Daten und Dokumenten über den Vertragspartner, eine gegebenenfalls für diesen auftretende Person oder einen gegebenenfalls vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten. Dies beinhaltet für Güterhändler außerdem die Aufzeichnung von einzelnen Transaktionen, welche die anwendbaren Sorgfaltspflichten im Sinne des Geldwäschegesetzes auslösen. In der Regel sind die Aufzeichnungen als solche bereits beim Güterhändler verfügbar, weil die jeweiligen Transaktionen auch im Rahmen der steuerrechtlichen Anforderungen nachgewiesen werden müssen. Geprüft werden muss in diesem Zusammenhang, inwiefern es Lücken zwischen den bereits vorhandenen Aufzeichnungen und den Anforderungen des Geldwäschegesetzes gibt. Solche Lücken ergeben sich wahrscheinlich bei der Aufzeichnung der personenbezogenen Daten, wie sie im Sinne von § 11 Abs. 4 GwG zur Identifizierung erhoben und überprüft werden müssen (Abschn. 6.1). Diese Lücken müssen bei der Implementierung der gesetzlichen Anforderungen geschlossen werden. Welche Daten im Einzelnen aufzuzeichnen sind wurde bereits im Detail in den Ausführungen zur Erfüllung der anwendbaren Sorgfaltspflichten Kap. 6 beschrieben. Deshalb stellt die Aufstellung in Tab. 7.2 eine Zusammenfassung der wesentlichen aufzeichnungspflichtigen Sachverhalte dar. Die Erfüllung der vorstehenden Aspekte ist ein Element zur Erfüllung der Aufzeichnungspflichten nach § 8 Abs. 1 GwG. Der Güterhändler ist außerdem gut beraten, wenn über die in § 8 Abs. 1 GwG geforderten Aufzeichnungen weitere Aufzeichnungen vorgenommen werden. Zwar ist dem Wortlaut der Regelung nicht zu entnehmen, dass diese sich ebenfalls auf die Aufzeichnung von Daten der Geschäfte erstrecken soll, die keine pflichtauslösende Transaktionen im Sinne des Geldwäschegesetzes sind, oder die internen Organisationsanweisungen zur Umsetzung der internen Sicherungsmaßnahmen umfassen sollen, dennoch ist jeder Güterhändler gut beraten, wenn er dies dennoch macht. Erwähnenswert ist hier die Vorschrift des § 257 Abs. 1 HGB. Anhand dieser zusätzlichen Aufzeichnungen kann Dritten gegenüber nachvollziehbar dargelegt werden, dass sich die Umsetzung des Geldwäschegesetzes nicht lediglich auf die Erfüllung der anwendbaren Sorgfaltspflichten beschränkt. Auch unter Berücksichtigung der möglichen

4Vgl.

BT-Drucks. 12/2704, S. 16.

7.2  Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten

273

Tab. 7.2  Übersicht der wesentlichen Aufzeichnungspflichten Nr.

Sachverhalt

Verweis

1.

Erhobene Angaben zur Identität des Vertragspartners und einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person

Abschn. 6.1.4.1

Überprüfung der Identität des Vertragspartners und einer gegebenenfalls für diesen auftretenden Person

Abschn. 6.1.4.2

3.

Erhobene Angaben zur Identität des wirtschaftlich Berechtigten

Abschn. 6.1.4.3

4.

Überprüfung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten

2.

Abschn. 6.1.5.1 Abschn. 6.1.5.2 Abschn. 6.1.5.3 Abschn. 6.1.4.4 Abschn. 6.1.5.4

5.

Absehen von der Identifizierung

Abschn. 6.1.3.2

6.

Transaktionen mit politisch exponierten Personen

Abschn. 6.3.1

7.

Transaktionen unter Beteiligung von Drittstaaten mit hohem Risiko

Abschn. 6.3.2

8.

Transaktionen mit Auffälligkeiten

Abschn. 6.3.3

9.

Angemessenheit der risikobasierten Maßnahmen

Kap. 5

10.

Alle Maßnahmen rund um eine Verdachtsmeldung, einschließlich der internen Verdachtsmitteilung

Kap. 8

Wesentliche Aufzeichnungspflichten

Haftungsrisiken sowie der Grundsätze ordnungsgemäßer Buch- und Geschäftsführung erscheint eine erweiterte Aufzeichnung ratsam. Neben den zu erfassenden Daten stellt sich die Frage nach der Art der Aufzeichnung. Hier ist § 8 Abs. 2 GwG anwendbar, wonach die Aufzeichnungen unter anderem in Form von Kopien der zur Überprüfung der Identität vorgelegten oder herangezogenen Unterlagen erfolgen kann. Ferner kann bei Einsichtnahme in elektronisch geführte Registeroder Verzeichnisdaten ein Ausdruck der darin gefertigten Angaben zur Erfüllung der Aufzeichnungspflichten vorgenommen werden. Als Ausdruck ist auch die Anfertigung eines elektronisch gespeicherten PDF anzusehen. Es ist dementsprechend nicht notwendig, dass alle Daten handschriftlich auf Papier geschrieben werden müssen. Der Güterhändler kann natürlich an der Aufzeichnung auf Papier festhalten, kann aber auch eine Aufzeichnung in technischen Systemen vornehmen. Beachtet werden muss allerdings, dass die in technischen Systemen erfassten Aufzeichnungen tatsächlich mit den festgestellten Daten übereinstimmen. Schreibfehler müssen verhindert werden, etwa durch Anwendung des Vier-Augen-Prinzips. Selbst wenn der betreffende Güterhändler die technische Erfassung als führendes Aufzeichnungssystem ansehen sollte, empfiehlt sich dennoch die Anfertigung von Kopien der amtlichen Ausweise bzw. der Ausdruck aus dem betreffenden Registern (§ 8 Abs. 2 Satz 2 GwG). Dieses Vorgehen reduziert das Risiko, dass eine zuständige Aufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Aufsichtshandlungen feststellt, dass aufgrund von eventuell vorkommenden Eingabefehlern eine Aufzeichnung nicht vollständig oder nicht richtig ist und daher ein Bußgeld gemäß § 56 GwG verhängt.

274

7 Organisationspflichten

Die digitale Aufzeichnung auf einem Datenträger ist unter Berücksichtigung der in § 8 Abs. 3 GwG genannten Bedingungen ebenfalls möglich. Der Gesetzgeber hat bereits bei der erstmaligen Regelung des Geldwäschegesetzes erklärt, dass es nicht erforderlich ist, ausschließlich auf die herkömmlichen Mittel der Aufbewahrung wie Papier zurückzugreifen, sondern dass auch die modernen Datenspeicherungstechniken angewendet werden dürfen.5 Das heißt also, papierhafte Dokumente können auch eingescannt und elektronisch als Bild-Dateien abgelegt werden. Im Anschluss daran kann das papierhafte Dokument vernichtet werden. Wichtig ist, dass die technisch erfassten Aufzeichnungen mit den diesen Daten zugrunde liegenden Daten übereinstimmen müssen. Jede Lücke bzw. fehlerhafte Erfassung macht den betreffenden Datensatz gegebenenfalls unbrauchbar. Deshalb sollte der Güterhändler auch eine stichprobenartige Überprüfung der so erfassten Daten vorsehen, um deren Integrität und Richtigkeit sicherzustellen. Nutzt der betreffende Güterhändler solche technischen Systeme, dann sind weitere Überlegungen zu treffen. Allen voran muss die Sicherheit der gespeicherten Daten gewährleistet werden. Die anwendbaren datenschutzrechtlichen Regelungen finden Anwendung. Außerdem muss gewährleistet sein, dass jede Form der Änderung und auch Löschung der einmal erfassten Daten nur von entsprechend autorisierten Mitarbeitern erfolgt. Die Nachvollziehbarkeit macht es erforderlich, dass der bisherige Datensatz für die Dauer der Aufbewahrungsfrist ebenso verfügbar gemacht werden kann, wie der neue Datensatz. Außerdem muss erfasst werden, wer die betreffenden Änderungen wann vorgenommen hat. Ein sogenanntes Audit-Log ist unverzichtbar. Werden diese Überlegungen berücksichtigt, dann scheiden insbesondere marktübliche Tabellenkalkulationsprogramme für eine solche Erfassung aus. Sind die technisch erfassten Daten nach wie vor in beleghafter Form vollständig nachvollziehbar, dann wäre selbst ein Audit-Log verzichtbar und eine Tabellenkalkulation könnte zur besseren und schnelleren Datenauswertung als Hilfsmittel eingesetzt werden. Eine weitere wesentliche Anforderung an die Aufzeichnungen und deren Aufbewahrung ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 GwG. Der Güterhändler muss gewährleisten, dass die Aufzeichnungen während der gesamten Aufbewahrungsdauer verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Für die Aufbewahrung von papierhaften Aufzeichnungen bedeutet das, dass möglich sein muss, die Unterlagen bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist zu lesen. Wurden etwa Aufzeichnungen auf Thermopapier gemacht, dann verblassen diese im Laufe der Jahre. Ferner sollte die Lagerung der Unterlagen in trockenen Räumen erfolgen, sodass die Gefahr eines möglichen Zersetzungsprozesses des Papiers ausgeschlossen werden kann. Werden die Aufzeichnungen elektronisch vorgenommen, ist zunächst an die Durchführung regelmäßiger Datensicherungen zu denken. Sollte aufgrund von technischen Funktionsstörungen die primäre Aufzeichnung nicht mehr lesbar sein, dann besteht die Rückgriffsmöglichkeit auf die Datensicherung. Zusätzlich beein-

5Vgl.

BT-Drucks. 16/9039, S. 42 mit Verweis auf BT-Drucks. 12/2704, S. 16.

7.2  Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten

275

flusst eine technische Aufzeichnung die Umstellung von Computersystemen. Der Güterhändler muss sicherstellen, dass die mit einem alten System erfassten Aufzeichnungen auch in einer neuen technischen Infrastruktur dargestellt und gelesen werden können, ohne das es dabei zu einer Beeinträchtigung der früher aufgezeichneten Daten kommt. Werden Daten auf CDs gespeichert, dann gehört dazu unter anderem die Prüfung, dass die gespeicherten Daten selbst nach Ablauf von zwei oder drei Jahren noch von dieser CD aufgerufen werden können und lesbar sind. Hinsichtlich der Frist wird auf die Lesbarkeit in angemessener Zeit abgestellt. Insbesondere im aufsichtsrechtlichen Bereich der Banken ist es das gängige Erwartungsbild, dass die Daten innerhalb von 24 h verfügbar sind. Gerade dann, wenn die FIU oder die Strafverfolgungsbehörden an den Güterhändler mit der Bitte um Auskunft herantreten, ist oft ein schnelles Handeln erforderlich. Jede zeitliche Verzögerung kann den Ermittlungserfolg beeinträchtigen. Je schneller auch die vor einigen Jahren vorgenommenen Aufzeichnungen verfügbar und auswertbar sind, desto besser. Es ist ratsam, die geldwäscherechtlich relevanten Aufzeichnungen separat von anderen geschäftlichen Aufzeichnungen aufzubewahren. Dies kann durch eine weitere Kopie erfolgen, sodass sowohl in den Buchungsunterlagen als auch in den gesonderten Aufzeichnungen zur Erfüllung der Pflichten des Geldwäschegesetzes ein identischer Satz besteht. Hintergrund dafür ist die Möglichkeit der Beschlagnahme der Unterlagen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungen. Dann können die geldwäscherechtlichen Aufzeichnungen herausgegeben werden ohne dass sich dadurch eine Beeinträchtigung für die Fortführung der geschäftlichen Tätigkeit ergibt. Abschließend müssen die Aufzeichnungen für die Dauer der in § 8 Abs. 4 GwG geregelten Aufbewahrungsfrist vorgehalten werden. Die Aufbewahrungsfrist beträgt für Aufzeichnungen und sonstige Belege über Geschäftsbeziehungen und Transaktionen mindestens fünf Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die betreffende Aufzeichnung erfolgt ist. Grundsätzlich dürfen die geldwäscherechtlichen Aufzeichnungen auch länger als fünf Jahre aufbewahrt werden, sofern dies aufgrund anderer gesetzlicher Regelungen vorgesehen ist (§ 8 Abs. 4 Satz 1 GwG). Allerdings muss sichergestellt werden, dass die ursprünglich zur Erfüllung der geldwäscherechtlichen Aufzeichnungspflichten angelegten Aufzeichnungen spätestens zum Ablauf von zehn Jahren vernichtet werden (§ 8 Abs. 4 Satz 2 GwG). Aufbewahrungsfrist

Der Güterhändler hat mit einem Vertragspartner am 13. Februar 2018 eine Transaktion in Höhe von EUR 20.000 abgeschlossen. Die Transaktion wurde vollständig mit Bargeld bezahlt. Sowohl die Daten zur Identität des Vertragspartners als auch die Daten zur Transaktion müssen bis zum 31. Dezember 2023 aufbewahrt werden. ◄

276

7 Organisationspflichten

Abb. 7.1   Wirkungsweise der Präventionsmaßnahmen im Verhältnis zum Risikopotential

Aufgrund dessen, das es bei Güterhändlern nicht auf eine Geschäftsbeziehung sondern auf die jeweilige Transaktion ankommt, ist das Kalenderjahr der Durchführung der Transaktion und der damit verbundenen Aufzeichnung die Basis für die Berechnung der fünfjährigen Aufbewahrungsfirst. Es kommt nicht darauf an, wann der Güterhändler eine Kundenbeziehung zum Vertragspartner begründet hat. In diesem Zusammenhang muss insbesondere das Zusammenspiel mit der Vorschrift über das Absehen von einer erneuten Identifizierung gemäß § 11 Abs. 3 GwG beachtet werden (Abschn. 6.1.3.2).

7.3 Geldwäschebeauftragter Der Geldwäschebeauftrage nimmt eine herausgestellte Rolle bei der Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ein. Er ist ein wesentlicher Bestandteil der internen Sicherungsmaßnahmen, selbst wenn Güterhändler nicht grundsätzlich zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten verpflichtet sind. Die Abb. 7.1 veranschaulicht wie die präventive Implementierung von angemessenen internen Sicherungsmaßnahmen das Missbrauchsrisiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung senken kann. Der Geldwäschebeauftragte ist im Rahmen der Darstellung nicht von ungefähr der Ausgangspunkt für die Reduktion der Risiken des Güterhändlers. Mit seiner Bestellung bzw. freiwilligen Ernennung wird der Grundstein für einen effizienten Aufbau von Abwehrmaßnahmen zur Umsetzung des Geldwäschegesetzes gelegt, obwohl die derzeitige Regelung in Bezug auf Güterhändler etwas anderes vermuten lässt. Die Novellierung des Geldwäschegesetzes ging mit der Schaffung einer eigenständigen Norm in § 7 GwG unter weiterer Konkretisierung der bisherigen Regelung

7.3 Geldwäschebeauftragter

277

einher, insbesondere durch Regelung eines Kündigungsschutzes.6 Die in § 7 Abs. 1 GwG enthaltene Norm zur zwingenden Bestellung eines Geldwäschebeauftragten betrifft lediglich ausgewählte Verpflichtete im Sinne von § 2 Abs. 1 GwG. Soweit im Folgenden der Geldwäschebeauftragte angesprochen wird, ist immer auch dessen Stellvertreter mit einbezogen. Eine unmittelbare Pflicht zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten gibt es für Güterhändler nicht. Dennoch ist eine weitere Betrachtung sinnvoll und zweckmäßig. Bereits im Rahmen der Ausführungen zur Risikoanalyse wurde der Bestellung eines Geldwäschebeauftragten als Maßnahme der Risikominderung ein Kapitel gewidmet (Abschn. 5.6.2). Außerdem tritt hinzu, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden gemäß § 7 Abs. 3 GwG eine Anordnungsbefugnis dahingehend haben, von den unter ihrer Aufsicht stehenden Verpflichteten die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten zu verlangen, wenn sie dieses für angemessen erachten. Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit der ursprünglichen Schaffung der gesetzlichen Regelungen unter anderem folgende Begründung abgegeben: Es ist nicht sinnvoll, Selbstverpflichtete mit komplexer Arbeitsteilung, die auf dem Weltmarkt aktive Großunternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern umfassen können, von dieser organisatorischen Verpflichtung schrankenlos zu entbinden, zumal nach Absatz 4 die zuständigen Behörden im Einzelfall risikobasiert, etwa durch Einzelmaßnahmen oder Allgemeinverfügungen, bestimmen können, dass Verpflichtete bestimmter Geschäftsfelder mit kleiner Geschäfts- bzw. Betriebsgröße von der Bestellung eines Geldwäschebeauftragten absehen können.7

Viele der über 100 zuständigen Aufsichtsbehörden haben von dieser Anordnungsbefugnis Gebrauch gemacht und verlangen von Güterhändlern die Bestellung und Anzeige eines Geldwäschebeauftragten. Infolgedessen muss jeder Güterhändler überprüfen, ob diese Voraussetzungen vorliegen und gegebenenfalls die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten vornehmen. Die jeweiligen Allgemeinverfügungen sehen in der Regel die Erfüllung der folgenden Voraussetzungen vor, um eine Pflicht zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten sowie eines Stellvertreters zu begründen. Dementsprechend muss eine Bestellung in der Regel erfolgen, wenn die in Tab. 7.3 genannten Voraussetzungen bei dem betreffenden Güterhändler erfüllt sind: Sind alle vier Voraussetzungen kumulativ bei dem betreffenden Güterhändler erfüllt, dann sind die Bestellung sowie die Anzeige eines Geldwäschebeauftragten nach § 7 Abs. 4 GwG zwingend notwendig. Güterhändler, die in den Zuständigkeitsbereich mehrerer zuständiger Aufsichtsbehörden fallen, müssen beachten, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden diesen Sachverhalt auch unterschiedlich geregelt haben können. Während eine zuständige Aufsichtsbehörde die Bestellung nicht verlangt kann eine für einen anderen

6Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 113 f. 17/6804, S. 32.

7BT-Drucks.

278

7 Organisationspflichten

Tab. 7.3  Wesentliche Voraussetzung für die Verpflichtung zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten Nr.

Anforderung

1.

Der Güterhändler mit folgenden hochwertigen Gütern handelt: Edelmetalle (wie Gold, Silber und Platin), Edelsteine, Schmuck und Uhren, Kunstgegenstände und Antiquitäten, Kraftfahrzeuge, Schiffe und Motorboote sowie Luftfahrzeuge

2.

Der Handel mit diesen Gütern über 50  % des Gesamtumsatzes im vorherigen Wirtschaftsjahr ausgemacht hat (Haupttätigkeit)

3.

Zum Ende des vorherigen Wirtschaftsjahres insgesamt mindestens zehn Mitarbeiter in den Bereichen Akquise, Kasse, Kundenbuchhaltung, Verkauf und Vertrieb einschließlich Leitungspersonal (insbesondere Geschäftsführung) beschäftigt waren

4.

Im vorherigen Wirtschaftsjahr bei mindestens einem Geschäftsvorgang Bargeld im Wert von EUR 10.000 oder mehr angenommen oder gezahlt wurde. Geschäftsvorgänge, bei denen mehrere Bartransaktionen durchgeführt werden, die zusammen einen Betrag im Wert von EUR 10.000 oder mehr ausmachen und bei denen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass zwischen ihnen eine Verbindung besteht, sind als ein Geschäftsvorgang anzusehen

Voraussetzungen der Allgemeinverfügung zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten

Standort zuständige Aufsichtsbehörde dieses Erfordernis vorsehen. Formal kommt außerdem hinzu, dass der Güterhändler gegenüber jeder dieser zuständigen Aufsichtsbehörden die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten anzeigen muss. Das Gleiche gilt nach § 7 Abs. 4 GwG im Übrigen auch für die Niederlegung des Amtes durch den Geldwäschebeauftragten selbst sowie bei der Abberufung durch den Güterhändler. Der Güterhändler muss die Beendigung der Funktion als Geldwäschebeauftragter unverzüglich der zuständigen Aufsichtsbehörde melden und die Gründe für die Abberufung mitteilen. Es ist davon auszugehen, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder ihre Allgemeinverfügungen mit Blick auf die zum 1. Januar 2020 neu geregelten Verpflichteten – Kunstvermittler und Kunstlagerhalter – sowie mit Blick auf den zusätzlichen Schwellenwert in Höhe von EUR 2000 oder mehr anpassen werden. Wird von der formal juristische Auslegung einmal abgesehen, macht die Ernennung eines Zuständigen für das Thema Geldwäscheprävention für jeden Güterhändler Sinn, ganz unabhängig davon, ob dies aufgrund des Geldwäschegesetzes oder aufgrund einer Allgemeinverfügung einer der zuständigen Aufsichtsbehörden erfolgt. Die interne Zuweisung der Zuständigkeit gewährleistet, dass dieses Themengebiet auch tatsächlich die im Geschäft erforderliche Berücksichtigung findet. Damit kann das nach § 4 Abs. 3 Satz 1 GwG verantwortliche Mitglied der Leitungsebene eine Aufgabendelegation vornehmen und die Zuständigkeit klar regeln. Die vorstehenden Ausführungen machen zudem deutlich, dass die Komplexität und die diversen Besonderheiten der Regelungen des Geldwäschegesetzes es nicht möglich machen, sich nur sporadisch mit der Abwehr von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zu befassen. Der Geldwäschebeauftragte

7.3 Geldwäschebeauftragter

279

ist insofern ein zentraler Ansprechpartner aller Mitarbeiter im Unternehmen des Güterhändlers, bei dem alle Sachverhalte mit Bezug zum Geldwäschegesetz zusammenlaufen und eine sachgerechte Behandlung gewährleistet werden kann.8 Selbstverständlich muss nicht bei jedem Güterhändler eine eigenständige Ressource geschaffen oder eingestellt werden, die ausschließlich dieses Themengebiet bearbeitet. Dies ist weder gewollt noch erforderlich. Dennoch sprechen die Vorteile dafür. Jeder Güterhändler erfährt eine deutliche Reduzierung seiner allgemeinen Risikosituation (Kap. 4) indem er die erforderlichen Kompetenzen und das notwendige Know-how an einer zentralen Stelle bündelt. Für den Fall, dass eine freiwillige Bestellung ohne Erfüllung der Voraussetzungen der jeweiligen Allgemeinverfügung durch den Güterhändler erfolgt, bestehen keine Anzeigepflichten nach § 7 Abs. 4 GwG gegenüber den zuständigen Aufsichtsbehörden.

7.3.1 Anforderungen und Kompetenzen Der Geldwäschebeauftragte muss von der Geschäftsführung bestellt werden. Die Bestellung ist ein formeller Akt, mit dem die gesetzlichen Aufgaben auf den Geldwäschebeauftragen übergehen. Der Geldwäschebeauftragte muss ein Mitglied der Führungsebene im Sinne von § 1 Abs. 15 GwG sein. Damit muss der Geldwäschebeauftragte über eine Position im Unternehmen verfügen, die es ihm ermöglicht die Belange der Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowohl gegenüber den Mitarbeitern als auch gegenüber der ihm übergeordneten Geschäftsführung unabhängig und mit Nachdruck vertreten zu können.9 Der Gesetzgeber macht in einer früheren Begründung die Unabhängigkeit der Funktion des Geldwäschebeauftragten mit folgenden Worten deutlich: Das Geschäftsinteresse des Unternehmens darf auf die ordnungsgemäße Ausführung der Aufgaben des Geldwäschebeauftragten keinen störenden Einfluss haben. Der Geldwäschebeauftragte darf zudem durch Interessengegensätze, die zwischen der Erfüllung der von dem verpflichteten Unternehmen zu beachtenden Vorschriften des Geldwäschegesetzes und dem Geschäftsinteresse des Unternehmens bestehen können, nicht in seinen Rechten als Arbeitnehmer beeinträchtigt werden.10

Aus der gesetzlichen Anforderung des § 7 Abs. 1 Satz 3 GwG ergibt sich, dass der Geldwäschebeauftragte der Geschäftsführung unmittelbar nachgeordnet sein muss. Das bedeutet, dass die Funktion des Geldwäschebeauftragten direkt an die Geschäftsführung des Güterhändlers berichten und zusätzlich ein direkter und unmittelbarer

8Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 33. BT-Drucks. 16/9038, S. 43. 10BT-Drucks. 16/9038, S. 43. 9Vgl.

280

7 Organisationspflichten

Zugang bestehen muss. Gerade bei kleineren Unternehmen ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Mitglied der Geschäftsführung die Funktion des Geldwäschebeauftragten selbst wahrnimmt. In einem solchen Fall muss jedoch gewährleistet sein, dass der betreffende Geschäftsführer den damit einhergehenden Aufgaben auch tatsächlich nachkommt. Ferner dürfen sich aus seinen Aufgaben als Geschäftsführer keine solchen Interessenskonflikte ergeben, die eine effektive Wahrnehmung der Funktion des Geldwäschebeauftragten von vornherein infrage stellen würden.11 Wird ein Mitarbeiter des Unternehmens bestellt, dann findet die direkte hierarchische Ansiedlung des Geldwäschebeauftragten dort ihre Grenze, wo der Mitarbeiter dem die Funktion übertragen wurde, auch noch andere Aufgaben im Unternehmen wahrnimmt. Bezüglich der anderen Aufgaben besteht kein Erfordernis, dass der Mitarbeiter direkt unterhalb der Geschäftsführung angesiedelt ist. Letztlich werden vor allem auch die Größe des Unternehmens des Güterhändlers sowie der Aufbau entscheidend dafür sein, welche Stellung der betreffende Mitarbeiter im Unternehmen einnimmt. Die Aufgaben und Kompetenzen des Geldwäschebeauftragen sind in § 7 Abs. 5 GwG gesetzlich geregelt. Wie dem Wortlaut entnommen werden kann, ist der Geldwäschebeauftragte unter anderem Ansprechpartner der Strafverfolgungsbehörden, der FIU sowie der zuständigen Aufsichtsbehörden. Das heißt zum einen, die benannten Stellen haben direkten Zugang zum Geldwäschebeauftragten, um so die Kommunikation zu erleichtern und auch zu beschleunigen.12 Zum anderen muss der Geldwäschebeauftragte befugt sein, den Güterhändler nach außen hin zu vertreten und für diesen verbindliche Erklärungen abzugeben.13 Der Gesetzgeber sieht diesbezüglich das Erfordernis, dass der Geldwäschebeauftragte mit Prokura oder Einzelvertretungsmacht ausgestattet ist.14 Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass der Geldwäschebeauftragte auch ein Instrument der Geschäftsführung ist, die Anforderungen des Geldwäschegesetzes im Unternehmen des Güterhändlers angemessen umzusetzen. Außerdem ist er Repräsentant des Güterhändlers gegenüber den staatlichen Stellen. Aber auch im Unternehmen muss der Geldwäschebeauftragte in der Lage sein, gegenüber Mitarbeitern Weisungen zu erteilen und diese durchzusetzen. Dies setzt eine entsprechende Bekanntmachung im Unternehmen voraus, dass jeder in Kenntnis darüber ist, wer die Funktion des Geldwäschebeauftragten ausübt. Die Bekanntmachungspflicht betrifft im Übrigen auch das Mitglied der Geschäftsleitung, das nach § 4 Abs. 3 Satz 3 GwG für die Einhaltung der geldwäscherechtlichen Pflichten verantwortlich zeichnet. Allein aufgrund des möglichen Interessenskonflikts, darf der Geldwäschebeauftragte kein Mitarbeiter des Vertriebs des Güterhändlers sein. Die Funktion des Geldwäschebeauftragten wird klassisch auf der Betriebsseite des Unternehmens angesiedelt bzw.

11Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 113. 12/2704, S. 19. 13BT-Drucks. 12/2704, S. 19. 14BT-Drucks. 14/8739, S. 17. 12BT-Drucks.

7.3 Geldwäschebeauftragter

281

soweit vorhanden im Stabsbereich. Dem Geldwäschebeauftragten muss der ungehinderte Zugang zu sämtlichen Informationen, Daten, Aufzeichnungen und Systemen verschafft werden, die im Rahmen der Erfüllung seiner Aufgaben von Bedeutung sind. Er hat in Ausübung seiner Funktion Zugang zu allen Unterlagen und Räumlichkeiten des Unternehmens und kann jederzeit Auskünfte von den Mitarbeitern verlangen. Er ist bereits vor der Einführung von neuen Produkten sowie der Erschließung neuer Märkte einzubeziehen, um ihm die Möglichkeit der Beurteilung der betreffenden Risiken zu geben. Ferner muss der Geldwäschebeauftragte sowohl über die zeitlichen Ressourcen als auch über die angemessene Mittel zur Erledigung seiner Funktion verfügen. Die Person, die zum Geldwäschebeauftragten bestellt werden soll, muss zusätzlich auch über die notwendige Sachkompetenz verfügen und insbesondere mit den Regelungen des Geldwäschegesetzes vertraut sein. Anderenfalls wäre es ihm nicht möglich, die Aufgaben eines Geldwäschebeauftragten angemessen zu erfüllen. Unter Berücksichtigung aller Anforderungen sowie der Größe des Unternehmens und der personellen Ressourcen wird der Güterhändler möglicherweise zu dem Ergebnis kommen, dass die Funktion eines Geldwäschebeauftragten hausintern nicht geschaffen werden kann. Sei es weil die notwendigen personellen Ressourcen es nicht zulassen, der damit verbundene zeitliche Aufwand die Schaffung einer eigenständigen Stelle nicht rechtfertigt, die grundsätzlich infrage kommenden Personen aufgrund der anderen Aufgaben einem Interessenskonflikt unterliegen oder auch die notwendige Fachkompetenz nicht vorhanden ist. Sowohl für den Fall, dass ein Geldwäschebeauftragter aufgrund der Allgemeinverfügung bestellt werden muss, als auch in dem Fall der freiwilligen Schaffung eines zentralen Ansprechpartners, kann jeder Güterhändler auch den Weg der Auslagerung der Funktion des Geldwäschebeauftragten gemäß § 6 Abs. 7 GwG auf einen Dritten verfolgen. Wobei nicht nur die Funktion des Geldwäschebeauftragten sondern auch andere Pflichten nach dem Geldwäschegesetz ausgelagert werden können. Voraussetzung für eine Auslagerung ist neben der Absichtsanzeige gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde, dass der Dritte bereits über entsprechende Expertise im Bereich der Abwehr von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung verfügt und Gewähr dafür bietet, dass die internen Sicherungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Die weiteren Voraussetzungen sind in § 6 Abs. 7 geregelt. Einer expliziten Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde bedarf die Auslagerung nicht, allerdings hat sie ein Recht die beabsichtigte Auslagerung zu untersagen. Im Ergebnis kann der Güterhändler auf diesem Wege nicht nur die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sicherstellen, sondern erlangt durch die Inanspruchnahme der fachlichen wie praktischen Erfahrungen des externen Geldwäschebeauftragten einen zusätzlichen Mehrwert für das Unternehmen. Gerade für kleinere Unternehmen kann die Auslagerung daher sinnvoll und zielführend sein, trägt sie doch zur effektiven wie auch effizienten Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen bei.

282

7 Organisationspflichten

Tab. 7.4  Wesentliche Aufgaben eines Geldwäschebeauftragten Nr.

Aufgaben

1.

Zuständig für die Durchführung der Vorschriften zur Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

2.

Erstellung, Prüfung und Aktualisierung der unternehmensspezifischen Risikoanalyse mindestens einmal jährlich bzw. aus gegebenem Anlass auch unterjährig

3.

Erstellung, Implementierung und Aktualisierung aller internen Grundsätze und Verfahren zur Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

4.

Erstellung, Implementierung und Aktualisierung interner Richtlinie und Organisationsanweisungen unter Berücksichtigung der unternehmensspezifischen Risikoanalyse sowie der gesetzlichen Pflichten

5.

Erstellung, Implementierung, Durchführung und Aktualisierung angemessener Kontrollen zur Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

6.

Prüfung von Transaktionen und Entscheidung über sowie die Abgabe von Verdachtsmeldungen gegenüber der FIU

7.

Direkter Ansprechpartner in Sachen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung für die Strafverfolgungsbehörden, die FIU sowie der zuständigen Aufsichtsbehörde(n)

8.

Ansprechpartner für alle Mitarbeiter bei Fragen zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung

9.

Überwachung und gegebenenfalls Durchführung der regelmäßigen Schulung von allen relevanten Mitarbeitern über die Verfahren zur Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie der Erfüllung der anwendbaren Sorgfaltspflichten und der internen Sicherungsmaßnahmen auch in Bezug auf neue Mitarbeiter

10.

Führen der Dokumentation der Kontroll- und Prüfungsergebnisse und der Feststellungen sowie in Bezug auf Verdachtsmeldungen und internen Verdachtsmitteilungen

11.

Überwachung und Sicherstellung der Einhaltung der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten

12.

Erstellung eines jährlichen Geldwäscheberichts sowie die Sicherstellung der Wahrung der Aufbewahrungsfristen

13.

Eigenständige Fortbildung über neueste Entwicklungen im Bereich der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Check

Aufgaben des Geldwäschebeauftragten

7.3.2 Aufgaben des Geldwäschebeauftragten Wurde der Geldwäschebeauftragte unter Berücksichtigung der vorstehenden Anforderungen bestellt, dann gilt es im nächsten Schritt seinen Aufgabenbereich festzulegen. Dabei liegt die Festlegung allerdings vielmehr in der schriftlichen Niederlegung seiner Aufgaben und Kompetenzen, um diese sowohl für den Geldwäschebeauftragten selbst als auch für die Mitarbeiter des Güterhändlers sowie den zuständigen Aufsichts-

7.4  Gruppenweite Pflichten

283

behörden nachvollziehbar zu machen. Die Aufgaben des Geldwäschebeauftragten bestehen unter anderem in den in Tab. 7.4 aufgeführten Punkten. Die Vielfalt des Aufgabenspektrums ist ein weiterer Gradmesser für die Bedeutung der Rolle des Geldwäschebeauftragten im Kontext der internen Sicherungsmaßnahmen. Er spielt eine wesentliche Rolle bei der Reduzierung des Risikopotenzials des Güterhändlers in Bezug auf das Risiko des Missbrauchs zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung durch Dritte. Der Geldwäschebeauftragte ist der Anknüpfungspunkt für alle weiteren Maßnahmen des Güterhändlers zur Einhaltung der Anforderungen des Geldwäschegesetzes. Mit der Übernahme der Funktion des Geldwäschebeauftragten geht die Übernahme eines erhöhten Haftungsrisikos einher. Dieses Haftungsrisiko kann sich darin manifestieren, dass der Geldwäschebeauftragte persönlich mit einem Bußgeld von der zuständigen Aufsichtsbehörde belangt wird. Welche Folgen die Funktion des Geldwäschebeauftragten haben kann, zeigt insbesondere der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, wonach ein Bußgeld gegen den klageführenden Geldwäschebeauftragten bestätigt wurde.15

7.4 Gruppenweite Pflichten Die Erfüllung von sogenannten „gruppenweiten Pflichten“ war im Finanzsektor bereits über viele Jahre etabliert. Mit der Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie wurde mit § 9 GwG eine generelle Regelung für alle Verpflichteten im Sinne von § 2 Abs. 1 GwG eingeführt. Hierdurch soll der großen Zahl von grenzüberschreitenden Transaktionen durch Verpflichtete und der Bedeutung von einheitlichen Standards zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Rechnung getragen werden.16 Obwohl damit am 27. Juni 2018 erstmalig eine derartige Regelung eingeführt wurde, sah der Gesetzgeber sich in Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie dazu berufen, § 9 GwG vollständig neuzufassen und dadurch klarer zu differenzieren zwischen den jeweiligen Pflichtenträgern, zum einen den Mutterunternehmen, die die gruppenweiten Pflichten vorzugeben haben nach § 9 Abs. 1 bis 3 GwG und zum anderen den gruppenangehörigen Verpflichteten, die die gruppenweiten Pflichten gemäß § 9 Abs. 4 und 5 GwG umzusetzen und anzuwenden haben.17 Mit den gruppenweiten Pflichten soll verhindert werden, dass Vertragspartner für Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf die gruppenangehörigen Unternehmen in den Drittstaaten ausweichen, in denen geringere Standards zur Prävention vorherrschen. Die gruppenweiten Pflichten

15OLG

Frankfurt am Main, Beschluss vom 10. April 2018, Az: 2 Ss-Owi 1059/17. BT-Drucks. 18/11555, S. 115. 17Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 77. 16Vgl.

284

7 Organisationspflichten

sollen also ein Unterwandern von internationalen Standards sowie Aufsichtsarbitrage verhindern. Ausgangspunkt für die Festlegung von gruppenweiten Pflichten ist wiederum die Erstellung und fortlaufende Aktualisierung einer gruppenweiten Risikoanalyse. Auf dieser Basis hat das Mutterunternehmen durch Festlegung von Mindestanforderungen die erforderlichen Maßnahmen und Pflichten für alle gruppenangehörigen und geldwäscherechtlich verpflichteten gruppenangehörigen Unternehmen sicherzustellen.18 Die festgelegten Mindestanforderungen müssen angemessen und wirksam sein, um die Risikosituation der gesamten Gruppe zu steuern.19 Zwar müssen diese Mindestanforderungen nicht zwingend den Anforderungen des deutschen Geldwäschegesetzes entsprechen, allerdings dürfen diese gerade nicht die harmonisierten Mindestanforderungen der Vierten Geldwäscherichtlinie unterschreiten.20 Neben der Risikoanalyse sind einheitliche interne Sicherungsmaßnahmen im Sinne von § 6 Abs. 2 GwG festzulegen, die in der Folge von allen gruppenangehörigen Unternehmen beachtet werden müssen, soweit dies nach dem national anwendbaren Recht am Sitz des jeweiligen gruppenangehörigen Unternehmens zulässig ist. Die Sicherungsmaßnahmen müssen begleitet werden durch die Bestellung eines Geldwäschebeauftragen, der für die Erstellung einer gruppenweiten Abwehrstrategie zuständig ist und deren Koordinierung und Umsetzung überwacht. Gleichzeitig müssen in der gesamten Gruppe Verfahren festgelegt und implementiert werden, die dem Informationsaustausch dienen. Dadurch soll unter anderem verhindert werden, dass ein einmal unter Geldwäscheverdacht von einem gruppenangehörigen Verpflichteten gekündigter Vertragspartner in der Folge bei einem anderen gruppenangehörigen Verpflichteten eine neue Geschäftsbeziehung begründen kann oder jeweilige Transaktionen durchführen kann. All diese Maßnahmen müssen wiederum unter Berücksichtigung der anwendbaren datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen geregelt werden. Über die Regelungen des § 9 Abs. 4 und 5 GwG stellt der Gesetzgeber sicher, dass die gruppenangehörigen Unternehmen die als gruppenweite Pflichten gemachten Vorgaben des Mutterunternehmens auch tatsächlich umgesetzen. Das heißt, ein gruppenangehöriges Unternehmen, dass Verpflichteter des Geldwäschegesetzes ist, haftet direkt für die Umsetzung der gruppenweiten Pflichten.

18Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 115. BT-Drucks. 19/13827, S. 77. 20Vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 77. 19Vgl.

7.5  Zuverlässigkeit der Mitarbeiter

285

Tab. 7.5  Gesetzliche Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Mitarbeitern Zuverlässig ist, wer 1.

Die Pflichten nach dem Geldwäschegesetz

2.

Die sonstigen geldwäscherechtlichen Pflichten

3.

Die bei dem betreffenden Güterhändler eingeführten

Check

a) Strategien b) Kontrollen und c) Verfahren Zur Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sorgfältig beachtet und außerdem 4.

Tatsachen die auf einen Verdacht zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung hindeuten, an die zuständige Stelle beim Güterhändler meldet und

5.

Sich weder a) Aktiv noch b) Passiv

an zweifelhaften Transaktionen oder Geschäftsbeziehungen beteiligt. Anforderungen an die Zuverlässigkeit

7.5 Zuverlässigkeit der Mitarbeiter Alle Verpflichteten des Geldwäschegesetzes müssen nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 GwG gewährleisten, dass die von ihnen eingesetzten Mitarbeiter „zuverlässig“ im Sinne von § 1 Abs. 20 GwG sind. Zu diesem Zweck müssen Güterhändler sowohl bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses als auch während des Bestehens eines solchen Verhältnisses die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter zu überprüfen. Diese Regelung muss außerdem im Kontext mit § 17 Abs. 5 GwG (Abschn. 6.4.2) gesehen werden. Auch die vertraglich beauftragten Dritten müssen zuverlässig sein. Insofern gilt das Folgende entsprechend auch für diese Personen. Die Definition der „Zuverlässigkeit“ in § 1 Abs. 20 GwG entspricht der vorausgegangenen Regelung in § 9 Abs. 2 Nr. 4 GwG a. F.21 Mit der Prüfung der Zuverlässigkeit will der Gesetzgeber seinen Worten nach folgendes Ziel erreichen: Durch die Erfüllung der Pflicht zur Prüfung der Zuverlässigkeit im dienstlichen Bereich soll dem Eindringen von Mittelsmännern und „Brückenköpfen“ in die für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wichtigen Berufs- und Unternehmensgruppen vorgebeugt werden.22

21Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 105. 17/6804, S. 34.

22BT-Drucks.

286

7 Organisationspflichten

Dieses Ziel wird erreicht, indem der Güterhändler selbst risikoorientierte Maßnahmen definiert die es ermöglichen, eine Einschätzung der Persönlichkeit der Mitarbeiter vornehmen zu können.23 Die gesetzliche Definition stellt den Maßstab dar, der bei der Prüfung sowie der Entscheidung über die Zuverlässigkeit beachtet werden muss. Deshalb muss ein Mitarbeiter die in Tab. 7.5 genannten Anforderungen erfüllen. Eine Unterscheidung danach, welche Position sowie welche Aufgaben die Mitarbeiter im Unternehmen haben wird im Geldwäschegesetz bewusst nicht vorgenommen.24 Das bedeutet, dass sich die Frage der Zuverlässigkeit primär nach der Persönlichkeit des Beschäftigten richtet und nur sekundär nach dessen Funktion und Aufgaben im Unternehmen.25 Der Güterhändler muss demnach die Zuverlässigkeit aller Mitarbeiter gewährleisten. Die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter muss dauerhaft sichergestellt sein. Infolgedessen muss der Güterhändler im Vorfeld der Begründung eines Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisses prüfen, ob die vorgesehene Person die Anforderungen an die Zuverlässigkeit erfüllt.26 Aber nicht nur die neuen Mitarbeiter müssen zuverlässig sein. Der Güterhändler muss ferner die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter während der Dauer des Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisses gewährleisten.27 Zur Erfüllung dieser Anforderungen müssen zunächst interne Grundsätze festgelegt werden, welche Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in den verschiedenen Bereichen des Unternehmens bestehen. Diese Risikoermittlung ist Grundlage für die Entwicklung von internen Anforderungen im Rahmen der Mitarbeiterbeurteilung. Je höher die Risiken sind, desto strikter muss der angelegte Maßstab sein. Bei der internen Ausschöpfung des bestehenden Ermessensspielraums, sollte der Güterhändler immer die von der jeweiligen Position ausgehenden Risiken berücksichtigen. Es gilt außerdem der Grundsatz, dass der Güterhändler in der Lage sein muss, die jeweiligen Kriterien sowie die praktische Anwendung im Unternehmen der zuständigen Aufsichtsbehörde nachzuweisen. Wie die Zuverlässigkeit im Einzelnen festgestellt werden kann wird im Folgenden beschrieben. In Ermangelung von klaren gesetzlichen Vorgaben muss der Güterhändler individuell festlegen, welche Unterlagen von einem Bewerber vorzulegen sind, um dessen Zuverlässigkeit zu beurteilen. Dabei richtet sich der Umfang vor allem an dem ermittelten Risikopotential des jeweiligen Güterhändlers aus. Ein Lebensmittelhändler wird aufgrund der eher geringen Risikosituation kaum vertiefte Anforderungen stellen. Im Gegensatz dazu wird ein Autohändler, der regelmäßig die Anwendung von

23Vgl.

BT-Drucks. 17/6804, S. 34. BT-Drucks. 17/6804, S. 34. 25Vgl. BT-Drucks. 17/8043, S. 14. 26Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 34. 27Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 34. 24Vgl.

7.5  Zuverlässigkeit der Mitarbeiter

287

Sorgfaltspflichten auslösenden Transaktionen im Sinne von § 10 Abs. 6a GwG durchführt, diesbezüglich aussagekräftige Unterlagen einfordern müssen. Die folgenden Ausführungen sind so angelegt, dass zunächst bei solchen Güterhändlern begonnen wird, die keine oder nur sehr geringe Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung für sich identifiziert haben. Mit jeder weiteren aufgezählten Anforderung steigt auch das potentielle Risikopotential des betreffenden Güterhändlers. Alle Güterhändler sollten zumindest ein Bewerbungsgespräch durchführen, um sich einen persönlichen Eindruck vom Bewerber zu verschaffen. In diesem Bewerbungsgespräch sollten die letzten Beschäftigungen sowie deren Dauer angesprochen werden. Ferner kann die bisherige Tätigkeit weitere Indikatoren für die Zuverlässigkeit liefern. Mit zunehmendem Risikopotential sollte ein vollständiger Lebenslauf vom Bewerber verlangt werden. Der Lebenslauf sollte möglichst lückenlos sein. Gerade größere zeitliche Lücken können ein Indiz dafür sein, dass der Bewerber in diesem Zeitraum keiner Erwerbstätigkeit nachgehen konnte. Wobei abgeklärt werden sollte, ob der Bewerber zu dieser Zeit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stand. Neben einem Lebenslauf sollten das letzte oder die letzten beiden Arbeitszeugnisse vorgelegt werden. Handelt der Güterhändler mit sogenannten hochwertigen Gütern, dann sollte regelmäßig ein Führungszeugnis im Sinne von § 30 BZRG verlangt werden. Handelt es sich gar um die sensible Funktion des Geldwäschebeauftragten könnte möglicherweise eine ­Schufa-Eigenauskunft verlangt werden, um so einen Nachweis über dessen geordneten Vermögensverhältnisse zu erlangen. Die letztgenannte Maßnahme ist jedoch unter Berücksichtigung der Schutzrechte des Arbeitnehmers genau abzuwägen. Daneben sind noch weitere Nachweise zur Begründung der Zuverlässigkeit denkbar. Die Entscheidung welche Maßstäbe angelegt und welche Unterlagen von einem Bewerber angefordert werden liegt im Ermessen des jeweiligen Güterhändlers. Dies gilt ebenfalls in Bezug auf die Festlegung der Kontrolldichte sowie der einzusetzenden Kontrollinstrumente wie Personalbeurteilungssystem, spezifische Kontrollsysteme oder die Verwendung sogenannter Negativtestate.28 Ist bereits ein Beschäftigungsverhältnis begründet worden, dann können sich aus der täglichen Arbeit Indikatoren für die Zuverlässigkeit des Mitarbeiters ergeben. Allen voran ist das Handeln des Mitarbeiters in Übereinstimmung mit den Anforderungen an die Zuverlässigkeit, wie sie in Tab. 7.5 genannt wurden. Auffälligkeiten können sich daraus ergeben, dass der Mitarbeiter keine Übergaben bei urlaubsbedingter Abwesenheit macht, die Betreuung seiner Kunden durch andere Kollegen strikt verweigert bzw. notwendige Aufzeichnungen im Rahmen der anwendbaren Sorgfaltspflichten wiederholt unvollständig oder gar nicht vornimmt. Der Güterhändler muss seine Maßnahmen in einem nachvollziehbaren Umfang dokumentieren. Wie zuvor ausgeführt, muss die Beurteilung der Zuverlässigkeit primär auf Basis der Persönlichkeit des Mitarbeiters erfolgen. Im zweiten Schritt spielen jedoch auch

28Vgl.

BT-Drucks. 17/6804.

288

7 Organisationspflichten

die Position und die Aufgaben des Mitarbeiters eine Rolle. Insbesondere leitende Angestellte müssen ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Es wäre geradewegs kontraproduktiv, wenn ein Mitglied der Führungsebene oder gar der Leitungsebene die Regeln des Geldwäschegesetzes sowie die internen Grundsätze und Maßnahmen nicht befolgt und somit den ihm unterstellten Mitarbeitern das Gefühl vermittelt, dass die internen Sicherungsmaßnahmen keine Priorität haben. Immerhin ist es im Zweifel dieser leitende Angestellte, der seine Einwilligung für die Durchführung einer Transaktion mit einer politisch exponierten Person geben muss. Zwar muss die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter festgestellt werden, aber ausgehend vom risikobasierten Ansatz können Abstufungen bei dem jeweiligen Umfang der herangezogenen Anhaltspunkte gemacht werden. In Ergänzung zu den Beurteilungskriterien sollte der Güterhändler ferner Regelungen dafür vorhalten, wie verfahren werden soll, wenn die Unzuverlässigkeit eines Mitarbeiters festgestellt wird. Hier sollte das gesamte zur Verfügung stehende arbeitsrechtliche Spektrum berücksichtigt werden. Je nach Schwere des Verstoßes kann eine Nachschulung ebenso adäquat sein, wie die Versetzung in einen anderen Bereich mit verringertem Risikopotential bis hin zur Aussprache einer fristlosen Kündigung.

7.6 Mitarbeiterschulung Sind die Grundlagen für die Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gelegt, dann müssen diese gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 6 GwG den Mitarbeitern vermittelt werden. Damit wird geldwäscherechtlich die frühere Regelung des § 9 Abs. 2 Nr. 3 GwG a. F. aufgegriffen und inhaltlich fortgeführt.29 Aufgabe des verpflichteten Güterhändlers ist es, seine Mitarbeiter sowohl über die Typologien und aktuellen Methoden der Geldwäsche als auch über die der Terrorismusfinanzierung zu informieren und zu unterrichten. Eine regelmäßige Unterrichtung „aller“ Mitarbeiter wird nicht verlangt. Vielmehr steht es im Ermessen des Güterhändlers unter Berücksichtigung der unternehmensbezogenen Risiken eine Entscheidung darüber zu treffen, in welchem Umfang und in welchem Turnus er welche Mitarbeiter unterrichtet.30 Dieser Ermessensspielraum eröffnet den Güterhändlern die Möglichkeit, bestimmte Mitarbeiter von diesen Unterrichtungen auszunehmen. Hierbei ist insbesondere an die Mitarbeiter zu denken, die weder einen direkten Kontakt mit den Kunden haben noch in die Abwicklung der Zahlungsströme involviert sind. Beispielsweise könnten unter Berücksichtigung der Risiken die Mitarbeiter der rein produzierenden Bereiche eines Güterhändlers ausgenommen werden. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass solche Mitarbeiter ausgenommen werden, die in einem geldwäscherelevanten Geschäftsbereich des Güterhändlers arbeiten, selbst dann nicht, wenn einzelne Mitarbeiter keine direkten

29Vgl. 30Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 111. BT-Drucks. 16/9038, S. 43 f.

7.6 Mitarbeiterschulung

289

Berührungspunkte haben.31 Die zumindest mittelbare Sachnähe macht die Schulung auch dieser Mitarbeiter zwecks entsprechender Sensibilisierung erforderlich. In der Regel sollten die Verkaufs- und Vertriebsmitarbeiter sowie die Mitarbeiter im Bereich der Finanzbuchhaltung und des Einkaufs informiert werden. Die Berücksichtigung der individuellen Risiken des Güterhändlers kann dazu führen, dass ausgewählte Mitarbeiter an besonderen Fortbildungsprogrammen teilnehmen müssen. Im Zuge der besonderen Schulungsmaßnahmen soll vor allem über die Praktiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung berichtet werden und darüber wie ein Zusammenhang zwischen diesen Praktiken und den jeweiligen Transaktionen des Güterhändlers hergestellt werden kann. Ferner können aktuelle Ereignisse Auslöser für eine anlassbezogene Information der Mitarbeiter sein. Eine der Zielsetzungen der Schulungen muss es sein, bei den Mitarbeitern ein Problembewusstsein darüber zu schaffen, warum präventive Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erforderlich sind.32 Den Mitarbeitern muss bewusst gemacht werden, welche rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen für den Güterhändler und auch für sie persönlich entstehen können, wenn sie die gesetzlichen Regelungen und zu deren Umsetzung geschaffenen internen Anweisungen nicht befolgen. Ein besseres Verständnis insbesondere über die potentiellen Geldbußen sowie einen möglichen Reputationsschaden fördern den sensiblen Umgang mit den Präventionsmaßnahmen. Im Rahmen der Schulungen besteht die Verpflichtung des Güterhändlers, die Mitarbeiter mit den gesetzlichen Anforderungen sowie mit deren Umsetzung vertraut zu machen.33 Auch wenn das Geldwäschegesetz nicht konkret vorschreibt wie die Unterrichtung der Mitarbeiter erfolgen muss, empfiehlt sich in jedem Fall die Anfertigung und Aushändigung entsprechender Unterlagen, wie eine allgemeine Richtlinie zur Geldwäscheprävention und eine Schulungspräsentation. Dadurch kann sich der Mitarbeiter die Anforderungen immer wieder in Erinnerung rufen. Zudem muss sichergestellt werden, dass neue Mitarbeiter zeitnah über die Typologien und Methoden der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung geschult werden. Nur so kann verhindert werden, dass gerade neue Mitarbeiter gezielt als Angriffspunkt für einen Missbrauch eingesetzt werden. Daneben muss das vorhandene Wissen der Bestandsmitarbeiter in Folgeschulungen aufgefrischt und aktualisiert werden. Die Präventionsarbeit ist ein stetiger Wettlauf gegen die neuen Praktiken der Geldwäscher. Die Art der eingesetzten Medien zur Schulung der Mitarbeiter liegt im Ermessen des Güterhändlers. Für Zwecke der Schulung kann eine entsprechende Schulungssoftware ebenso eingesetzt werden wie eine Präsenzschulung. Wichtig ist, dass die Schulung nicht nur die allgemeinen gesetzlichen Anforderungen vermittelt, sondern insbesondere auch die unternehmensspezifischen Besonderheiten berücksichtigt. Handelt es sich um

31Vgl.

­ T-Drucks. 17/6804, S. 34. B BT-Drucks. 17/6804, S. 33. 33Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 33. 32Vgl.

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7 Organisationspflichten

einen eher kleineren Güterhändler, ist wahrscheinlich die Präsenzschulung das Mittel der Wahl. Für große Güterhändler mit vielen tausend Mitarbeitern ist die Durchführung von Präsenzschulungen eine Ressourcenfrage. In diesem Fall erscheint eine softwarebasierte Schulung besonders geeignet zu sein. Diesbezüglich lohnt es sich dann auch in die individuelle Ausgestaltung dieses Schulungsmediums zu investieren, um die Besonderheiten des Güterhändlers besser berücksichtigten zu können. Gerade wenn die Mitarbeiter im Wege der Präsenzschulung über die Typologien und Methoden unterrichtet werden, stellt sich die weitere Frage, ob immer der Geldwäschebeauftragte die Schulungen halten muss. Diese Frage kann mit einem klaren Nein beantwortet werden. Entscheidend ist nicht wer die Schulung durchführt, sondern vielmehr, dass die Schulung als solche durchgeführt wird und dass ein fähiger Multiplikator mit vertieften Kenntnissen die Schulung abhält. Bei Multiplikatoren handelt es sich um Personen, die in der Regel zuvor vom Geldwäschebeauftragten geschult wurden und die so erworbenen Kenntnisse an die Mitarbeiter des Güterhändlers weitergeben. Nur mit einem entsprechend geeigneten Multiplikator ist gewährleistet, dass die Schulungsinhalte tatsächlich vermittelt werden. Es ist wichtig, dass die während der Schulung auftretenden Fragen der Mitarbeiter schnell und unter Berücksichtigung der unternehmensspezifischen Maßnahmen beantwortet werden können. Egal ob der Güterhändler eine Präsenzschulung oder eine softwarebasierte Schulung vornimmt, die vermittelten Kenntnisse sollten nach Möglichkeit im Rahmen eines kurzen anschließenden Tests der Mitarbeiter überprüft werden. Dieses Vorgehen gewährleistet, dass es zu keinen Missverständnissen bei der Anwendung der internen Maßnahmen sowie der Erfüllung der gesetzlichen Sorgfalts- und Organisationspflichten kommt. Daneben gibt es noch zwei besonders wesentliche Aspekte in Sachen Dokumentation. Hiermit ist zum einen gemeint, dass der Güterhändler dokumentieren sollte, welche Unterlagen zur Schulung der Mitarbeiter eingesetzt wurden. Zum anderen sollte jeder Güterhändler eine Teilnehmerliste führen, in der erfasst wird, welche Mitarbeiter an der jeweiligen Schulung teilgenommen haben. Die Liste wird dadurch komplettiert, dass der jeweilige Mitarbeiter seine Teilnahme durch eigenhändige Unterschrift bestätigt. Diese Unterlagen sollten zumindest für die Dauer der Aufbewahrungsfrist im Unternehmen vorgehalten werden. Immerhin sind die Unterlagen ein Mittel, um gegenüber den zuständigen Aufsichtsbehörden den Nachweis darüber zu erbringen, dass der Güterhändler seinen Pflichten gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 6 GwG nachgekommen ist.

7.7 Unabhängige Überprüfung Im Zuge der Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie wurde allgemeingültig für alle Verpflichteten das Erfordernis in § 6 Abs. 2 Nr. 7 GwG aufgenommen, die zuvor dargestellten Grundsätze und Verfahren, einschließlich der übrigen internen Sicherungsmaßnahmen, durch eine unabhängige Prüfung einer Überprüfung zu unter-

7.7  Unabhängige Überprüfung

291

ziehen. Eine Beschränkung findet dieses Erfordernis dahingehend, dass eine solche unabhängige Überprüfung nur insoweit geboten ist, als diese angesichts von Art und Umfang der Geschäftstätigkeit angemessen ist. Entsprechend dem damaligen Referentenentwurf sollte nach § 5 Abs. 2 Nr. 7 GwG Ref-E. die unabhängige Überprüfung noch von der Internen Revision des jeweiligen Verpflichteten vorgenommen werden.34 Das federführende Bundesministerium der Finanzen wurde im Rahmen einer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass es im Referentenentwurf außer Acht gelassen hatte, dass zwar die Verpflichteten des Finanzsektors wie Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute im Rahmen von spezialgesetzlichen Organisationserfordernissen verpflichtet sind eine Interne Revision vorzuhalten, ein solches korrespondierendes allgemeines Erfordernis für Verpflichtete aus dem NichtFinanzsektor jedoch gerade nicht gesetzlich normiert ist.35 Die heutige Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 7 GwG berücksichtigt damit die Stellungnahme und eröffnet eine flexiblere Erfüllung der Prüfungspflicht. Hat der Güterhändler aufgrund seiner Größe oder zur Erfüllung von anderen gesetzlichen Anforderungen auch eine Interne Revision oder eine Compliance Abteilung, besteht hierin die Möglichkeit, diese Organisationseinheiten der internen Kontrollstruktur mit der Durchführung der unabhängigen Prüfung zu beauftragen. Die Kontrollhandlungen müssen sich auf die Einhaltung der internen Grundsätze und der Sicherungssysteme des Güterhändlers erstrecken.36 Eine weitere Alternative, stellt die gesonderte Beauftragung eines externen Wirtschaftsprüfers dar, der zum Beispiel zusätzlich zu einer gegebenenfalls vorzunehmenden Jahresabschlussprüfung auch die Grundsätze und Verfahren überprüfen und darüber Bericht erstatten kann. Das Ergebnis der Prüfung muss dem Mitglied der Geschäftsleitung bereitgestellt werden, dass für die Einhaltung der geldwäscherechtlichen Bestimmungen verantwortlich ist. Sofern im Rahmen der Prüfung etwaige Mängel oder Anpassungserfordernisse erkannt wurden, sind diese wiederum in der Zuständigkeit des Geldwäschebeauftragten abzustellen.

34Referentenentwurf

des Bundesministeriums der Finanzen eines Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 15. Dezember 2016, S. 16.; https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/18_Legislaturperiode/2017-06-24-EU-Geldwaescherichtlinie/0Gesetz.html, Zugegriffen: 6. Januar 2019. 35Olaf Bausch, Stellungnahme der BB Rechtsanwaltsgesellschaft mbH zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. Dezember 2016, S. 4 f., https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/ Abteilung_VII/18_Legislaturperiode/2017-06-24-EU-Geldwaescherichtlinie/Stellungnahme02-Rechtsanwaltsgesellschaft-BB.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugegriffen: 6. Januar 2020. 36Vgl. BT-Drucks. 17/6804, S. 33.

8

Verdachtsmeldung

Die Regeln des Geldwäschegesetzes sind eng verbunden mit der Verpflichtung aller Verpflichteten zur Abgabe einer Verdachtsmeldung im Sinne von § 43 Abs. 1 GwG. Die Meldepflicht bezieht sich sowohl auf den Verdacht auf Geldwäsche als auch auf den Verdacht auf Terrorismusfinanzierung. Sie ist eine Hauptpflicht, die eine besondere Tragweite für jeden Verpflichteten mit sich bringt. Eine Person, die nicht als Verpflichteter im Sinne des Geldwäschegesetzes gilt hat dementsprechend keine Verpflichtung eine Verdachtsmeldung gemäß § 43 Abs. 1 GwG abzugeben. Trotzdem sollte Jedermann die Abgabe einer Verdachtsmeldung oder auch einer Strafanzeige in Erwägung ziehen, um sich nicht der Beihilfe zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung strafbar zu machen. Allein das Lesen von § 43 GwG wirft einige Fragen auf, die im folgenden Abschnitt beantwortet werden sollen. Die Regelung lässt sich im Kern darauf zurückführen, dass für den Fall eines Verdachts auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung eine Meldung gegenüber der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen erfolgen muss. Der von dieser Verdachtsmeldung betroffene Vertragspartner, eine für diesen auftretende Person oder ein gegebenenfalls vorhandener wirtschaftlich Berechtigter dürfen in keinem Fall über diese in Kenntnis gesetzt werden (§ 47 GwG). Wird eine Verdachtsmeldung abgegeben, dann darf die ihr zugrunde liegende Transaktion grundsätzlich nicht durchgeführt werden. Die Meldepflicht besteht auch nach Durchführung einer Transaktion, sofern sich erst im Nachhinein der Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung ergibt. Was mit diesen wenigen Worten kurz und knapp gesagt wird ist tatsächlich wesentlich komplexerer Natur. Bevor auf die Anforderungen im Einzelnen eingegangen wird, sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass die Schwelle für die Abgabe einer entsprechenden Meldung grundsätzlich niedrig ist. Mit der Umsetzung des Geldwäscheoptimierungsgesetzes wurde die „Verdachtsanzeige“ bewusst in eine „Verdachtsmeldung“ geändert. Außerdem © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 O. Bausch und T. Voller, Geldwäsche-Compliance, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17562-7_8

293

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8 Verdachtsmeldung

kommt das Erfordernis hinzu, dass Tatsachen nunmehr nur vorliegen müssen und nicht mehr wie in der Vergangenheit festgestellt worden sein müssen. Den Änderungen liegen die Monita der FATF ebenso zugrunde wie die folgende Begründung des Gesetzgebers: …alle aus ihrer Sicht geldwäscherelevanten Transaktionen und Geschäftsbeziehungen zu melden, wobei eine detaillierte rechtliche Subsumption des Sachverhalts einerseits nicht erforderlich ist, andererseits jedoch objektive Tatsachen dafür vorliegen sollen, die auf solche Sachverhalte hindeuten.1

An dieser Stelle wird die Lektüre der Auslegungshinweise des Bundesministeriums der Finanzen zur Handhabung des Verdachtsmeldewesens empfohlen.

8.1 Voraussetzungen für die Meldepflicht Die Vorschrift des § 43 GwG beruht inhaltlich auf der bisherigen Fassung des § 11 GwG a. F., weshalb die früheren Auslegungen weiterhin anwendbar sind. Das erklärt auch, warum das Bundesministerium der Finanzen ihre Auslegungshinweise vom 6. November 2014 auch Jahre nach der Novellierung des Geldwäschegesetzes am 26. Juni 2017 nicht überarbeitet und aktualisiert hat. Ist eine der in § 43 Abs. 1 GwG aufgeführten Vorrausetzungen erfüllt, dann muss der Verpflichtete oder eine für diesen handelnde Person, eine Verdachtsmeldung abgeben. Die Voraussetzungen sind: • Es müssen Tatsachen vorliegen, • die darauf hindeuten, • dass es sich bei Vermögensgegenständen (z. B. Bargeld), die mit der Transaktion oder Geschäftsbeziehung im Zusammenhang stehen, • um den Gegenstand einer Straftat nach § 261 StGB handelt, oder • dass die Vermögensgegenstände im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen oder • dass der Vertragspartner seiner Pflicht nach § 11 Abs. 6 Satz 3 GwG nicht erfüllt hat. Worin die „Tatsachen“ bestehen lässt der Gesetzgeber offen. Allerdings wird durch die Bezugnahme auf § 261 StGB das gesamte Spektrum der im Anhang aufgelisteten Vortaten einbezogen. Es wird weder erwartet noch ist es erforderlich, dass der Güterhändler überprüft, ob die Voraussetzungen des § 261 StGB tatsächlich erfüllt s­ ind.2 Vielmehr kommt es auf die objektive Betrachtung des Sachverhalts sowie der allgemeinen und beruflichen Erfahrungen des Güterhändlers an, ob sich in Bezug auf die Transaktion

1BT-Drucks. 2BT-Drucks.

17/6804, S. 35. 17/6804, S. 35; BT-Drucks. 18/11555, S. 156.

8.1  Voraussetzungen für die Meldepflicht

295

Ungewöhnlichkeiten und Auffälligkeiten ergeben.3 Eine bloße Vermutung reicht nicht aus, wenn man berücksichtigt, dass eine „Meldung ins Blaue“ nicht zulässig ist.4 Derartige objektive Tatsachen können sich aus verschiedenen Anhaltspunkten ergeben. Dabei begründet das Vorliegen eines Anhaltspunktes nicht immer auch ein Verdachtsmoment. Es kann gute Gründe dafür geben das sich der Vertragspartner scheinbar ungewöhnlich verhält. Die Anhaltspunkte sind deshalb als Indikatoren zu werten, die in Summe und im Lichte des gesamten Sachverhalts betrachtet werden müssen. Die folgenden beispielhaft aufgezählten Anhaltspunkte können auf Handlungen der Geldwäsche „hindeuten“: • Fehlender oder nicht nachvollziehbarer wirtschaftlicher Hintergrund für Transaktionen oder Handeln des Vertragspartners. • Der Vertragspartner ändert wiederholt seine Aussagen und widerspricht sich selbst. • Der Vertragspartner muss bei Fragen zu seinen Anforderungen und Wünschen an das zu erwerbende Gut telefonische Rücksprache halten. • Es ergeben sich Zweifel daran, dass die vom Vertragspartner gemachten Angaben richtig sind. • Die Angaben sind vage oder können nur schwer überprüft werden. • Der Vertragspartner ist offenbar bestens vertraut mit dem Geldwäschegesetz. • Der Vertragspartner vermeidet offenbar die Überschreitung des Schwellenwertes und kündigt bereits für die nächsten Tage eine weitere Transaktion an. • Der Vertragspartner möchte einen Kaufpreis der über dem Schwellenwert liegt mit verschiedenen Zahlungsmethoden begleichen, wobei der Bargeldanteil unterhalb des Schwellenwertes bleibt. • Der Vertragspartner zeigt seine Bereitschaft einen Aufschlag zu zahlen, wenn er das Gut sofort mitnehmen kann. Daneben sind viele weitere Anhaltspunkte denkbar, die alle auf eine Ungewöhnlichkeit oder eine Auffälligkeit hindeuten können. Jeder Güterhändler sollte aufgrund der gesammelten individuellen Erfahrungen eine Liste von möglichen Anhaltspunkten erstellen und die Mitarbeiter diesbezüglich schulen. Zusätzlich sollte ferner deutlich gemacht werden, dass es eine abschließende Liste an Anhaltspunkten nicht geben kann, weil sich sowohl die angewendeten Methoden ändern als auch das Verhalten des jeweiligen Vertragspartners unterschiedlich ausfallen kann. Die Voraussetzung der „Vermögensgegenstände“ ist regelmäßig in Form von Bargeld erfüllt. Dabei kommt es nicht auf die Höhe des Bargeldbetrages an. Inwiefern es sich jedoch dabei um solche Vermögensgegenstände handelt, die der Vertragspartner illegal aus Vortaten erlangt hat wird weder der Mitarbeiter noch der Güterhändler konkret

3BT-Drucks. 4BT-Drucks.

17/6804, S. 35; BT-Drucks. 18/11555, S. 156 f. 17/6804, S. 35 f; BT-Drucks. 18/11555, S. 156.

296

8 Verdachtsmeldung

belegen können. Darauf kommt es auch nicht an, weil keine Pflicht zur Ermittlung besteht oder sich Gewissheit zu verschaffen. Es reicht aus, wenn der Güterhändler einen Verdacht hat. Der Güterhändler hat demnach einen Beurteilungsspielraum, weil es dem Gesetzeswortlaut nach auf die subjektive Einschätzung des Verpflichteten in Bezug auf die konkrete Situation ankommt.5 Die eingangs aufgezählte letzte Voraussetzung für eine Meldepflicht wurde im Rahmen des Geldwäscheoptimierungsgesetzes eingeführt. Die Regelung stellt auf den Sachverhalt ab, dass der Vertragspartner gegen die ihn treffende Offenlegungspflicht im Sinne von § 11 Abs. 6 Satz 3 GwG verstößt und nicht mitteilt, ob er die Transaktion für einen wirtschaftlich Berechtigten durchführen will. Diese Meldepflicht steht für sich allein. Dementsprechend müssen auch keine Anhaltspunkte für strafbare Handlungen vorliegen. Es reicht aus, dass Tatsachen dafür sprechen, dass der Vertragspartner seinen eigenen Offenlegungspflichten in Bezug auf einen wirtschaftlich Berechtigten nicht nachkommt. Solche Tatsachen werden regelmäßig dann anzunehmen sein, wenn der Vertragspartner zwar angibt allein zu handeln, sich dieser aber hinsichtlich der Details zur Beschaffenheit des Gutes sowie zur Durchführung der Transaktion offenbar mit einem Dritten beispielsweise per Telefon abstimmen muss. Die Pflicht zur Abgabe einer Verdachtsmeldung besteht nicht nur in Bezug auf eine durchgeführte Transaktion. Die Pflicht besteht ebenso bei angekündigten, laufenden, abgelehnten oder noch nicht ausgeführten Transaktionen.6 Gleiches gilt für den Fall, dass eine Transaktion durchgeführt wurde und sich erst in der Nachbetrachtung Tatsachen ergeben, die darauf hindeuten, dass das mit der Transaktion verbundene Bargeld oder der Vermögensgegenstand aus illegalen Geschäften herrührt.7 Gerade dann, wenn eine Transaktion wegen eines möglichen Verdachtsmomentes bereits von vornherein abgelehnt wurde und der Name des Vertragspartners nicht festgestellt werden konnte, sind eventuell vorhandene Bilder von Überwachungskameras sicherzustellen und der in jedem Fall abzugebenden Verdachtsmeldung beizufügen.

8.2 Anforderungen, Erstellung und Empfänger der Verdachtsmeldung Wird dem Güterhändler bzw. dessen Geldwäschebeauftragten ein Sachverhalt bekannt, der auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung schließen lässt, ist unverzüglich eine Verdachtsmeldung gegenüber der FIU zu erstatten.

5Bundesministeriums

der Finanzen, Auslegungshinweise vom 6. November 2014, S. 2 f.; BTDrucks. 18/11555, S. 156. 6Bundesministeriums der Finanzen, Auslegungshinweise vom 6. November 2014, S. 2. 7Bundesministeriums der Finanzen, Auslegungshinweise vom 6. November 2014, S. 2.

8.2  Anforderungen, Erstellung und Empfänger der Verdachtsmeldung

297

Im Zuge der Neuordnung der FIU wurde der Entschluss gefasst, dass Verdachtsmeldungen vom Verpflichteten grundsätzlich auf elektronischem Wege übermittelt werden müssen. Hierzu setzt Deutschland auf das System „goAML“ des United Nations Office on Drugs and Crime – UNODC. Seit dem 1. Januar 2020 besteht für jeden Verpflichteten des Geldwäschegesetzes nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GwG die von einer Verdachtsmeldung unabhängige Pflicht, sich bei der FIU elektronisch zu registrieren. Die Registrierung ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass eine Verdachtsmeldung über goAML vom Verpflichteten abgegeben werden kann. Der Gesetzgeber sieht in der Registrierungspflicht die Möglichkeit, eine gegebenenfalls bestehende Hemmschwelle hinsichtlich der tatsächlichen Abgabe einer Verdachtsmeldung beim Verpflichteten abzubauen.8 Abgesehen davon, erreicht man damit erstmalig – sofern alle Verpflichteten ihrer Registrierungspflicht tatsächlich nachkommen – einen Status Quo, wie viele Verpflichtete im Sinne von § 2 Abs. 1 GwG es überhaupt in Deutschland gibt. Der so generierte Datenbestand soll wiederum den zuständigen Aufsichtsbehörden zur Verfügung gestellt werden, dass sie einen Überblick bekommen, welche Verpflichteten überhaupt unter ihre Aufsicht fallen.9 Eine Verdachtsmeldung muss vom Verpflichteten „unverzüglich“ gegenüber der FIU abgegeben werden, was bedeutet, dass sie sofort und ohne schuldhaftes Zögern erfolgen muss. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles kommen verschiedene Aspekte zum Tragen. Zunächst muss der Geldwäschebeauftragte eine Beurteilung des an ihn intern gemeldeten oder von ihm selbst festgestellten Sachverhalts vornehmen. Dies geht damit einher, dass der Geldwäschebeauftragte die erforderlichen Informationen zum Sachverhalt zusammenträgt und gegebenenfalls bei dem Mitarbeiter nachfasst, der die interne Verdachtsmitteilung abgegeben hat. Unverzüglich bedeutet also sicher nicht, dass augenblicklich alles andere zuvor bearbeitete liegen bleiben muss. Allerdings darf der Geldwäschebeauftragte einen entsprechenden Sachverhalt auch nicht erst einige Tage liegen lassen. Zielsetzung sollte es sein, innerhalb von 24 h nach der internen Verdachtsmittelung eine Entscheidung über die Abgabe einer Verdachtsmeldung im Sinne von § 43 Abs. 1 GwG zu treffen. Ist die Entscheidung getroffen, dann ist die Verdachtsmeldung auch direkt vorzunehmen. Die Verdachtsmeldung muss gemäß § 43 Abs. 1 GwG gegenüber der FIU als zuständige Stelle für die Entgegennahme und Bewertung von Verdachtsmeldungen erstattet werden. Die FIU nimmt im Rahmen der ihr obliegenden Filterfunktion eine Beurteilung der vom Verpflichteten erhaltenen Verdachtsmeldung vor und entscheidet im eigenen Ermessen, ob eine „werthaltige“ Verdachtsmeldung vorliegt, die an die örtlich zuständige Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet. Die Abgabe einer Verdachtsmeldung soll grundsätzlich über das von der FIU eingesetzte elektronische Meldeverfahren – goAML – erfolgen. Die Erfassung der Verdachtsmeldung

8Vgl. 9Vgl.

BT-Drucks. 19/15196, S. 50. BT-Drucks. 19/15196, S. 50.

298

8 Verdachtsmeldung

in goAML ist über die von der FIU bereitgestellte Internetseite und einen personengebundenen Zugang oder über eine XML-Schnittstelle möglich. Die Verwendung der XML-Schnittstelle wird in der Regel nur für solche Verpflichtete attraktiv sein, die ein entsprechend hohes Meldeaufkommen haben, das die Kosten der Programmierung und Pflege der Schnittstelle rechtfertigt. Aufgrund der Registrierungspflicht nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GwG hat künftig jeder Verpflichtete mindestens einen personengebundenen Zugang zum Meldesystem. Ist der Verpflichtete registriert, ist es möglich weitere natürliche Personen als Nutzer zu hinterlegen, die ihrerseits personengebundene Zugangsrechte unter dem Verpflichteten als Meldeeinheit erhalten. Die Meldemaske in goAML ist standardisiert und enthält Felder für die jeweiligen Angaben zum Vertragspartner und weiteren Personen sowie zur Transaktion und Sachverhaltsdarstellung. Felder zu denen keine Informationen vorliegen, bleiben grundsätzlich frei sofern es sich nicht um Pflichtfelder handelt. Die Verdachtsmeldung muss soweit wie möglich vollständig erstattet werden. Die FIU hat auf ihrer Internetseite ein Handbuch für goAML und die Bedeutung der jeweiligen Felder bereitgestellt, auf das an dieser Stelle verwiesen wird. Konnten Angaben zum Vertragspartner nicht festgestellt werden, weil die Transaktion abgelehnt wurde, sind eventuell vorhandene Überwachungsbilder oder eine Beschreibung des Vertragspartners einzureichen. Wurde der Vertragspartner identifiziert, sind diese Angaben entsprechend in der Verdachtsmeldung aufzunehmen. Der Verdachtsmeldung müssen weitere Unterlagen wie Kopien von Ausweisen als Anhang beigefügt werden. Die Verdachtsmeldung wird vom Geldwäschebeauftragten im Namen des Güterhändlers abgegeben. Dabei handelt der Geldwäschebeauftragte eigenständig und unterliegt nicht der Weisungshoheit der Geschäftsführung.10 Wurde kein Geldwäschebeauftragter bestellt, dann liegt die Pflicht zur Abgabe der Verdachtsmeldung bei dem benannten Mitglied der Leitungsebene des Verpflichteten.

8.3 Folgen einer Verdachtsmeldung Die wohl wichtigste Wirkung für den Verpflichteten ist die Freistellung von der Verantwortlichkeit gemäß § 48 Abs. 1 GwG. Das heißt, der Güterhändler kann für den von ihm gemeldeten Sachverhalt nicht verantwortlich gemacht werden. Die Freistellung bewirkt unter anderem, dass ein etwaiger aufseiten des Kunden entstandener Schaden vom Güterhändler nicht auszugleichen ist. Ausgenommen ist der Fall, dass der Verpflichtete vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unwahre Verdachtsmeldung erstattet hat. Die gleiche Wirkung ergibt sich auch für die Mitarbeiter des Güterhändlers. Dies gilt im Falle des Mitarbeiters bereits dann, wenn er eine interne Verdachtsmitteilung gegenüber dem Geldwäschebeauftragten erstattet.

10Vgl.

BT-Drucks. 18/11555, S. 113.

8.3  Folgen einer Verdachtsmeldung

299

Die Abgabe einer Verdachtsmeldung gilt seit 1. Januar 2020 grundsätzlich zugleich als Selbstanzeige im Sinne des § 261 Abs. 9 Satz 1 StGB. Aufgrund der Beschlussempfehlung des Innenausschusses des Bundestages wurde folgende Regelung in § 43 Abs. 4 Satz 1 GwG eingefügt: Wenn ein nach Absatz 1 gegenüber der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen gemeldeter Sachverhalt zugleich die für eine Anzeige nach § 261 Absatz 9 Satz 1 des Strafgesetzbuches erforderlichen Angaben enthält, gilt die Meldung zugleich als Selbstanzeige im Sinne von § 261 Absatz 9 Satz 1 des Strafgesetzbuches.

Damit wurde eine für die Verpflichteten bedeutsame rechtliche Klarstellung getroffen, die seit der Absenkung der Meldeschwelle von der „Verdachtsanzeige“ hin zur „Verdachtsmeldung“ Bestand hatte. Mit der Einrichtung der FIU als einzige zuständige Stelle für die Entgegennahme und die Bewertung von Verdachtsmeldungen, besteht die Meldepflicht gegenüber der FIU, die ihrerseits die Werthaltigkeit der Verdachtsmeldung prüft und gegebenenfalls diese an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weiterleitet.11 Allerdings ist anzumerken, dass diese Regelung wiederum neue Lücken aufreißt. Laut Berichterstattung zur Beschlussempfehlung ist es unabhängig davon weiterhin allein im Ermessen der zuständigen Strafverfolgungsbehörde zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige mit der abgegebenen Verdachtsmeldung erfüllt sind.12 Fraglich bleibt dabei insbesondere, ob eine strafbefreiende Wirkung auch erlangt werden kann, wenn die FIU ihr Ermessen ausschöpft und die Verdachtsmeldung des Verpflichteten gerade nicht an die zuständige Strafverfolgungsbehörde weiterleitet. Diese Ungewissheit wird für die Verpflichteten dadurch verschärft, weil die FIU keine Information an den Verpflichteten übermittelt, ob die betreffende Verdachtsmeldung tatsächlich an einer Strafverfolgungsbehörde weitergegeben wurde. Gerade weil § 43 Abs. 4 Satz 2 GwG weiterhin die Freiwilligkeit einer zusätzlichen Verdachtsanzeige nach § 261 Abs. 9 StGB regelt, ist die praktische Auslegung der Regelung weiterhin ungewiss. Wurde seitens des Güterhändlers eine Verdachtsmeldung im Sinne von § 43 Abs. 1 GwG gegenüber der FIU in Bezug auf eine angetragene Transaktion abgegeben, darf diese grundsätzlich nicht ausgeführt werden. Die angetragene Transaktion darf vom Güterhändler gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GwG erst nach Ablauf von drei Werktagen nach Abgabe der Verdachtsmeldung durchgeführt werden. Werktage im Sinne des § 46 Abs. 1 Satz 2 GwG sind weder Samstage noch Sonn- oder Feiertage. Das heißt, im Zweifel muss der Verpflichtete mit der Durchführung der Transaktion bis zu fünf Tage ab Abgabe der Verdachtsmeldung warten. Sollte der Güterhändler die Transaktion trotz der erstatteten Verdachtsmeldung durchführen wollen, kann er das grundsätzlich nach Ablauf der Frist von drei Werktagen.

11Vgl. 12Vgl.

BT-Drucks. 19/15196, S. 49. BT-Drucks. 19/15196, S. 49.

300

8 Verdachtsmeldung

Allerdings gilt dies nur soweit entweder die FIU oder die zuständige Staatsanwaltschaft innerhalb der Frist von drei Werktagen die Zustimmung erteilt haben oder diese nicht innerhalb dieser Frist untersagt haben. Verstreicht die Frist ohne weitere Untersagung durch die FIU oder Staatsanwaltschaft, darf die Transaktion aus rechtlicher Sicht durchgeführt werden. Unabhängig davon, sollte der Güterhändler unter Berücksichtigung aller mit der Transaktion verbundenen Risiken (insbesondere des Reputationsrisikos) abwägen, ob die Durchführung tatsächlich erfolgen sollte. Zwei weitere Ausnahmen von der Stillhaltefrist von drei Werktagen ergeben sich aus § 46 Abs. 2 GwG. Zum einen darf eine verdächtige Transaktion dann sofort ausgeführt werden, wenn ein Aufschub nicht möglich ist. Dies ist zum Beispiel bei einer Bareinzahlung des Kontoinhabers auf seinem Zahlungskonto der Fall. Bei einem Güterhändler hingegen wird es in der Regel schwer fallen eine Begründung dafür zu finden, dass ein Aufschub der Durchführung der Transaktion im Sinne der ersten Ausnahmeregelung nicht möglich war. Vielmehr wird es in der Regel darauf hinauslaufen, dass eine Ablehnung der angetragenen Transaktion durch den Güterhändler erfolgen müsste. Zum anderen darf eine (verdächtige) Transaktion durchgeführt werden, wenn ein zeitlicher Aufschub der Transaktion die Verfolgung einer mutmaßlichen strafbaren Handlung behindern könnte. Hier kommt es auf den üblichen zeitlichen Ablaufprozess einer Transaktion bei dem jeweiligen Güterhändler an. Führt ein Güterhändler alle ihm angetragenen Transaktionen taggleich durch, dann könnte ein einzelfallbezogener Aufschub einer Transaktion für den potentiellen Vertragspartner ein Indiz dafür sein, dass der Güterhändler die Transaktion als verdächtigt einstuft. In der Folge würde der Vertragspartner seinerseits wahrscheinlich von der Transaktion Abstand nehmen und der Güterhändler hat keine Möglichkeit mehr personenbezogene Daten des potentiellen Vertragspartners in Erfahrung zu bringen. Insofern könnte ein Aufschub eine Behinderung der strafrechtlichen Verfolgung zur Folge haben. Um diese wiederum abzuwenden, wäre die Transaktion vom Güterhändler durchzuführen. Unmittelbar im Anschluss an die Durchführung der verdächtigen Transaktion ist eine Verdachtsmeldung erforderlich. Unabhängig vom Einzelfall, sollte der Güterhändler sehr genau abwägen, ob er eine verdächtige Transaktion überhaupt durchführen will. Sofern er sich dafür entscheidet, sind in jedem Fall die Beweggründe für die Durchführung sowie die Gründe warum ein Aufschub nicht möglich war aufzuzeichnen. Ferner sind die Sorgfaltspflichten (insbesondere die Identifizierung) auch unabhängig von der Höhe des Betrages der Transaktion zu erfüllen.

8.4 Organisatorische Voraussetzungen Jeder Güterhändler muss im Rahmen der Erfüllung seiner Organisationspflichten ein internes Verfahren festlegen, wie der Prozess rund um die Verdachtsmeldung geregelt werden soll. Hierzu sollte zunächst eine „interne Verdachtsmitteilung“ erstattet werden. Jeder Mitarbeiter des Güterhändlers muss verdächtige Transaktionen bzw. Sachverhalte

8.4  Organisatorische Voraussetzungen

301

unverzüglich an den Geldwäschebeauftragten melden können. Ist kein Geldwäschebeauftragter bestellt muss entweder ein anderer interner Ansprechpartner ernannt werden oder aber das verantwortliche Mitglied des Leitungsorgans muss die operative Erfüllung der Pflichten des Geldwäschegesetzes übernehmen. Wurde eine interne Verdachtsmittelung zunächst telefonisch gemeldet, dann ist diese in jedem Fall im Nachgang schriftlich zu dokumentieren. Diesbezüglich empfiehlt sich die Verwendung eines standardisierten internen Formulars. Sofern dies möglich ist, entscheidet der Geldwäschebeauftragte am Telefon ad-hoc darüber, ob eine derartig gemeldete Transaktion ausgeführt werden darf oder nicht. Ferner können die anwendbaren Rahmenbedingungen für eine solche Transaktion besprochen werden. Die Transaktion ist eng zu überwachen. Die Organisationsanweisung muss die weiteren Aufgaben des Geldwäschebeauftragten in einem solchen Fall regeln. Es muss gewährleistet werden, dass der jeweilige Sachverhalt, die Tatsachen, die Erwägungsgründe sowie das Ergebnis der vom Geldwäschebeauftragten vorgenommen Beurteilung zwingend in nachvollziehbarer Art und Weise aufgezeichnet werden. Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob tatsächliche eine Verdachtsmeldung erfolgt oder nicht. Entscheidend ist der Umstand, dass ein Anlass zur Überprüfung bestand. Die Unterlagen müssen bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist vorgehalten werden. Die organisatorischen Regelungen müssen ferner Aussagen über die Rückmeldung gegenüber dem meldenden Mitarbeiter enthalten. Zusätzlich muss gewährleistet werden, dass der Geldwäschebeauftragte bzw. dessen Stellvertreter während der üblichen Geschäftszeiten erreichbar sind. Das ist nicht gleichbedeutend damit, dass sie jederzeit vor Ort sein müssen. Eine interne Verdachtsmitteilung ist für den Mitarbeiter von wesentlicher Bedeutung, immerhin geht eine solche interne Verdachtsmitteilung gemäß § 48 Abs. 1 GwG mit einer strafbefreienden Wirkung einher. Mit anderen Worten, der Mitarbeiter darf für die interne Verdachtsmitteilung und die daraus resultierenden Folgen nicht verantwortlich gemacht werden, es sei denn, die interne Verdachtsmitteilung wurde vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr erstattet.

Anhang

Anlage I Auf Basis von § 261 StGB ergibt sich eine Vielzahl von potentiellen Vortaten zur Geldwäsche. Soweit dies hier möglich ist, erfolgt in Tab. A.1 eine Auflistung der jeweiligen Straftaten, ohne dass die Auflistung den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. In § 261 Abs. 1, 2 und 8 StGB werden die Handlungen und Vortaten genannt, aus der sich eine strafbare Handlung wegen Geldwäsche oder Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte resultiert. Dabei erfasst der Gesetzgeber pauschal alle Verbrechen im Sinne des Strafgesetzbuches und daneben spezifisch aufgezählte Vergehen, die jeweils eine Vortat zur Geldwäsche darstellen können. Ein Verbrechen liegt nach § 12 Abs. 1 StGB vor, wenn die rechtswidrige Tat im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht ist. Ein Vergehen liegt nach § 12 Abs. 2 StGB vor, wenn die rechtswidrige Tat im Mindestmaß mit einer geringen Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bedroht ist. Nach § 47 Abs. 1 StGB soll eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten nur dann verhängt werden, wenn die besonderen Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Zunächst werden die unmittelbar im Strafgesetzbuch enthaltenen Vortaten (Verbrechen und Vergehen) aufgezählt bevor im Anschluss die Normen anderer Gesetze benannt werden, auf die § 261 StGB verweist.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 O. Bausch und T. Voller, Geldwäsche-Compliance, https://doi.org/10.1007/978-3-658-17562-7

303

Schwerer sexueller Mißbrauch von Kindern

Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung

Sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge

21

22

Meineid

18

Sexueller Mißbrauch von Kindern mit Todesfolge

Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion und Vordrucken für Euroschecks

17

19

Fälschung von Zahlungskarten, Schecks und Wechseln

16

20

Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung

Geldfälschung

14

15

Bildung krimineller Vereinigungen

Bildung terroristischer Vereinigungen

12

13

Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern

11

§ 100 StGB

Friedensgefährdende Beziehungen

Nötigung von Verfassungsorganen

9

10

§ 96 StGB

Landesverräterische Ausspähung; Auskundschaften von Staatsgeheimnissen

8

§ 89c StGB

§ 178 StGB

§ 177 StGB

§ 176b StGB

§ 176a StGB

§ 154 StGB

§ 152b StGB

§ 152a StGB

§ 146 StGB

§ 129b StGB

§ 129a StGB

§ 129 StGB

§ 108e StGB

§ 105 StGB

§ 94 StGB

Terrorismusfinanzierung

Landesverrat

§ 89a StGB

6

Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat

5

§ 83 StGB

§ 82 StGB

§ 81 StGB

§ 80a StGB

Norm

7

Hochverrat gegen ein Land

Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens

3

4

Aufstacheln zum Verbrechen der Aggression

Hochverrat gegen den Bund

1

2

Vortat

Nr.

Tab. A.1  Auflistung der Vortaten im Sinne des § 261 StGB

10 Jahre

1 Jahr

10 Jahre

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

Geldstrafe

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

Geldstrafe

Geldstrafe

6 Monate

1 Jahr

6 Monate

1 Jahr

6 Monate

6 Monate

1 Jahr

1 Jahr

10 Jahre

3 Monate

Mindeststrafmaß

(Fortsetzung)

15 Jahre

15 Jahre

Lebenslang

15 Jahre

15 Jahre

10 Jahre

5 Jahre

15 Jahre

10 Jahre

10 Jahre

5 Jahre

5 Jahre

10 Jahre

15 Jahre

10 Jahre

15 Jahre

10 Jahre

10 Jahre

10 Jahre

10 Jahre

Lebenslang

5 Jahre

Maximalstrafmaß

304 Anhang

Raub

Schwerer Raub

Raub mit Todesfolge

41

42

43

Schwerer Bandendiebstahl

Unterschlagung

39

Diebstahl

38

40

Erpresserischer Menschenraub

Geiselnahme

36

Verschleppung

35

37

Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung

Menschenraub

33

Ausbeutung der Arbeitskraft

32

34

Zwangsprostitution

Zwangsarbeit

30

31

Körperverletzung mit Todesfolge

Menschenhandel

28

Verstümmelung weiblicher Genitalien

27

29

Totschlag

Schwere Körperverletzung

25

Mord

24

26

Vortat

Zuhälterei

Nr.

23

Tab. A.1   (Fortsetzung) Norm

§ 251 StGB

§ 250 StGB

§ 249 StGB

§ 246 StGB

§ 244a StGB

§ 242 StGB

§ 239b StGB

§ 239a StGB

§ 234a StGB

§ 234 StGB

§ 233a StGB

§ 233 StGB

§ 232b StGB

§ 232a StGB

§ 232 StGB

§ 227 StGB

§ 226a StGB

§ 226 StGB

§ 212 StGB

§ 211 StGB

§ 181a StGB

Mindeststrafmaß

10 Jahre

3 Jahre

1 Jahr

Geldstrafe

1 Jahr

Geldstrafe

5 Jahre

5 Jahre

1 Jahr

1 Jahr

6 Monate

Geldstrafe

6 Monate

6 Monate

6 Monate

3 Jahre

1 Jahr

1 Jahr

5 Jahre

Lebenslang

6 Monate

Maximalstrafmaß

(Fortsetzung)

Lebenslang

15 Jahre

15 Jahre

3 Jahre

10 Jahre

5 Jahre

15 Jahre

15 Jahre

15 Jahre

10 Jahre

10 Jahre

3 Jahre

10 Jahre

10 Jahre

5 Jahre

15 Jahre

15 Jahre

10 Jahre

15 Jahre

5 Jahre

Anhang 305

Schwere Brandstiftung

Besonders schwere Brandstiftung

Brandstiftung mit Todesfolge

Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie

Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion

60

62

63

64

Brandstiftung

59

61

Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels

Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr

57

58

Fälschung beweiserheblicher Daten

Mittelbare Falschbeurkundung

55

Urkundenfälschung

54

56

Sportwettbetrug

Untreue

52

Subventionsbetrug

51

53

Betrug

Computerbetrug

49

Gewerbsmäßige Bandenhehlerei

48

50

Räuberische Erpressung

Hehlerei

46

47

Räuberischer Diebstahl

Erpressung

44

45

Vortat

Nr.

Tab. A.1   (Fortsetzung)

§ 308 StGB

§ 307 StGB

§ 306c StGB

§ 306b StGB

§ 306a StGB

§ 306 StGB

§ 299 StGB

§ 284 StGB

§ 271 StGB

§ 269 StGB

§ 267 StGB

§ 266 StGB

§ 265c StGB

§ 264 StGB

§ 263a StGB

§ 263 StGB

§ 260a StGB

§ 259 StGB

§ 255 StGB

§ 253 StGB

§ 252 StGB

Norm

1 Jahr

5 Jahre

10 Jahre

2 Jahre

1 Jahr

1 Jahr

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

1 Jahr

Geldstrafe

1 Jahr

Geldstrafe

1 Jahr

Mindeststrafmaß

(Fortsetzung)

15 Jahre

15 Jahre

Lebenslang

15 Jahre

15 Jahre

10 Jahre

3 Jahre

2 Jahre

3 Jahre

5 Jahre

5 Jahre

5 Jahre

3 Jahre

5 Jahre

5 Jahre

5 Jahre

10 Jahre

5 Jahre

15 Jahre

5 Jahre

15 Jahre

Maximalstrafmaß

306 Anhang

Vollstreckung gegen Unschuldige

Falschbeurkundung im Amt

Abgabenordnung – Steuerhinterziehung

Abgabenordnung – Gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel

Abgabenordnung – Steuerhehlerei

80

81

82

83

84

Aussageerpressung

Verfolgung Unschuldiger

78

Rechtsbeugung

77

79

Bestechung

Bestechlichkeit

74

Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung

Schwere Gefährdung durch Freisetzung von Giften

73

75

Unerlaubter Umgang mit radioaktiven Stoffen und anderen gefährlichen Stoffen und Gütern

72

76

Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr

Unerlaubter Umgang mit Abfällen

70

Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer

69

71

Herbeiführen einer Überschwemmung

Gemeingefährliche Vergiftung

67

68

Mißbrauch ionisierender Strahlen

Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens

65

66

Vortat

Nr.

Tab. A.1   (Fortsetzung)

§ 374 Abs. 2 AO

§ 373 AO

§ 370 AO

§ 348 StGB

§ 345 StGB

§ 344 StGB

§ 343 StGB

§ 339 StGB

§ 335 StGB

§ 334 StGB

§ 332 StGB

§ 330a StGB

§ 328 StGB

§ 326 StGB

§ 316c StGB

§ 316a StGB

§ 314 StGB

§ 313 StGB

§ 310 StGB

§ 309 StGB

Norm

Geldstrafe

6 Monate

Geldstrafe

Geldstrafe

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

Geldstraße

6 Monate

1 Jahr

Geldstrafe

Geldstrafe

5 Jahre

5 Jahre

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

Mindeststrafmaß

(Fortsetzung)

5 Jahre

10 Jahre

5 Jahre

5 Jahre

10 Jahre

10 Jahre

10 Jahre

5 Jahre

10 Jahre

3 Jahre

5 Jahre

10 Jahre

5 Jahre

5 Jahre

15 Jahre

15 Jahre

10 Jahre

10 Jahre

10 Jahre

10 Jahre

Maximalstrafmaß

Anhang 307

Urheberrechtsgesetz – Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke

Urheberrechtsgesetz – Unzulässiges Anbringen der Urheberbezeichnung

Urheberrechtsgesetz – Unerlaubte Eingriffe in verwandte Schutzrechte

Urheberrechtsgesetz – Unerlaubte Eingriffe in technische Schutzmaßnahmen und zur Rechtewahrnehmung erforderliche Informationen

99

100

101

Markengesetz – Benutzung geographischer Herkunftsangaben

95

98

Markengesetz – Strafbare Verletzung der Unionsmarke

94

Patentgesetz

Markengesetz – Strafbare Kennzeichenverletzung

93

Sortenschutzgesetz – Strafvorschriften

Halbleiterschutzgesetz – Strafvorschriften

92

96

Grundstoffüberwachungsgesetz – Strafvorschriften

91

97

Designgesetz – Strafbare Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters

Gebrauchsmustergesetz

Designgesetz – Strafvorschriften

88

89

Betäubungsmittelgesetz – Straftaten

87

90

Aufenthaltsgesetz – Einschleusen von Ausländern

Asylverfahrensgesetz – Verleitung zum missbräuchlichen Asylantragstellung

85

86

Vortat

Nr.

Tab. A.1   (Fortsetzung)

Geldstrafe

3 Monate

Mindeststrafmaß

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

§ 108a UrhG

§ 108 UrhG

§ 107 UrhG

§ 106 UrhG

§ 39 SortG

§ 142 PatG

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

Geldstrafe

§ 144 MarkenG Geldstrafe

§ 143a MarkenG

§ 143 MarkenG Geldstrafe

§ 10 HalblSchG Geldstrafe

§ 19 Abs. 1 Nr. 1 GÜG

§ 25 GebrMG

§ 65 DesignG

§ 51 DesignG

§ 29 Abs. 1 Satz Geldstrafe 1 Nr. 1 BtMG

§ 84 AsylVfG

§ 96 AufenthG

Norm

(Fortsetzung)

5 Jahre

3 Jahre

3 Jahre

3 Jahre

3 Jahre

3 Jahre

2 Jahre

3 Jahre

3 Jahre

3 Jahre

5 Jahre

3 Jahre

3 Jahre

3 Jahre

5 Jahre

3 Jahre

5 Jahre

Maximalstrafmaß

308 Anhang

Vortat

Urheberrechtsgesetz – Unerlaubte Eingriffe in technische Schutzmaßnahmen und zur Rechtewahrnehmung erforderliche Informationen

Wertpapierhandelsgesetz – Strafvorschriften

Wertpapierhandelsgesetz – Strafvorschriften

Nr.

102

103

104

Tab. A.1   (Fortsetzung) Geldstrafe

Mindeststrafmaß

§ 119 Abs. 5 WpHG

1 Jahr

§ 119 Abs. 1 bis Geldstrafe 3 WpHG

§ 108b UrhG

Norm

10 Jahre

5 Jahre

1 Jahr

Maximalstrafmaß

Anhang 309