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German Pages 283 Year 2000
THOMAS STRAUSS
Funktionsvorbehalt und Berufsbeamtentum
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 820
Funktionsvorbehalt und Berufsbeamtentum Zur Bedeutung des Art. 33 Abs. 4 GG
Von Thomas Strauß
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Strauß, Thomas: Funktionsvorbehalt und Berufsbeamtentum : zur Bedeutung des Art. 33 Abs. 4 GG / Thomas Strauß. - Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 820) Zugl.: Jena, Univ., Diss., 1999 ISBN 3-428-10120-0
Alle Rechte vorbehalten © 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-10120-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706©
Meiner Großmutter Therese Höcherl
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Vorwort Die vorliegende Arbeit basiert auf meiner im Frühjahr 1999 abgeschlossenen Dissertation, die im Sommersemester des gleichen Jahres von der Juristischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena angenommen wurde. Mein Dank gilt zuerst Frau Prof. Dr. Monika Jachmann, die die Arbeit angeregt und betreut hat. Herr Prof. Dr. Michael Brenner hat das Zweitgutachten erstellt und mir wertvolle Hinweise gegeben. Nicht unerwähnt bleiben darf Herr Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Udo Steiner: Er ermöglichte es mir, während meiner Tätigkeit an seinem Regensburger Lehrstuhl ein „juristisches Auswärtsspiel" in Jena zu bestreiten und stand mir immer mit Rat und Tat zur Seite. Besonderer Dank gebührt schließlich Herrn Dr. Christoph Gröpl: Als steter und geduldiger Ansprechpartner sowohl bei materiellen als auch bei formellen Fragen hat er zum Gelingen der Arbeit wesentlich beigetragen. Der Deutsche Beamtenbund und die Friedrich-Schiller-Universität Jena haben die Veröffentlichung der Schrift durch Druckkostenzuschüsse gefördert. Regensburg, im Dezember 1999
Thomas Strauß
Inhaltsverzeichnis Einleitung
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Α. Das Untersuchungsinteresse
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B. Der Gang der Untersuchung
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Teil 1 Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums und rechtsvergleichende Aspekte A. Die historischen Grundlagen I. Der Sinn und Ausgangspunkt eines historischen Überblicks II. Die Entwicklung des Berufsbeamtentums 1. Die feudale Gesellschaft 2. Der Territorialstaat 3. Der absolutistische Staat 4. Der Frühliberalismus 5. Die Rückentwicklung zum Obrigkeitsstaat 6. Die Weimarer Republik 7. Der nationalsozialistische Staat 8. Das Berufsbeamtentum nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reichs" a) Die Westzonen und die Bundesrepublik Deutschland b) Die Sowjetische Besatzungszone und die DDR 9. Die Entwicklung nach der Wiedervereinigung 10. Ergebnis B. Der öffentliche Dienst in den Mitgliedstaaten der EU I. Der Sinn einer rechtsvergleichenden Betrachtung II. Die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnissen III. Die Stabilität des Dienstverhältnisses IV. Die Neutralität der Bediensteten V. Das Streikverbot im öffentlichen Dienst VI. Der Aufgabenbereich der Bediensteten VII. Ergebnis
25 25 27 27 28 29 34 36 38 40 43 43 46 46 47 48 48 48 50 51 51 52 54
10
nsverzeichnis Teil 2 Art. 33 Abs. 4 GG als personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
A. Der Begriff des „öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses" ..
55
B. Die I. II. III.
57 58 59 61
Verbindlichkeit des Art. 33 Abs. 4 GG Die Nichtbeachtung des FunktionsVorbehalts Der Gemeinwohlbezug aller öffentlichen Aufgaben Ergebnis
C. Der Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" I. Der Streitstand II. Die eigene Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG 1. Die Methodik der Auslegung 2. Der Wortlaut a) Die Beschränkung auf das Wort „hoheitsrechtlich" b) Der allgemeine Sprachgebrauch c) Der spezifisch-juristische Sprachgebrauch (1) Im Grundgesetz (2) In der Rechtslehre d) Zwischenergebnis 3. Die historische Auslegung a) Die historischen Hintergründe (1) Die Rechtslage vor 1945 (2) Die Rechtslage nach 1945 b) Die Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG c) Zwischenergebnis 4. Die systematische Auslegung a) Die innere Systematik (1) Der Funktionsvorbehalt und Art. 33 Abs. 1-3 GG (2) Der Regelungszusammenhang mit Art. 33 Abs. 5 GG . . . (a) Die Reichweite der personellen Garantie des Art. 33 Abs. 5GG (b) Der Funktionsvorbehalt als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums (c) Art. 33 Abs. 5 GG als Qualifikationserfordernis b) Die äußere Systematik des Art. 33 Abs. 4 GG (1) Die Einbettung des Art. 33 Abs. 4 in den II. Abschnitt des Grundgesetzes (2) Der Regelungszusammenhang mit Art. 34 GG (3) Der Gesamtkomplex des Rechts der Angestellten im Grundgesetz
61 61 64 64 65 66 67 67 67 68 69 69 70 70 72 73 75 75 75 75 76 76 77 79 79 79 80 82
nsverzeichnis
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(a) Die Inkompatibilitätsregelung des Art. 137 Abs. 1 GG (b) Der Vergleich von Art. 85 Abs. 2 Satz 2 und Art. 108 Abs. 2 Satz 2 GG c) Zwischenergebnis 5. Die teleologische Auslegung a) Der institutionelle Charakter des Funktionsvorbehalts b) Die funktionelle Komponente des Funktionsvorbehalts (1) Die Strukturelemente des Beamtenverhältnisses (2) Die Angleichung der Rechtsverhältnisse der Beamten und Angestellten (3) Die Ableitung des Wirkungskreises des Beamten aus seinem Rechtsverhältnis (a) Das Beamtentum als Ausgleichs- und Stabilisierungsfaktor (aa) Die Ausgleichsfunktion (bb) Die Stabilisierungsfunktion (cc) Die Folgerungen für die Reichweite des Funktionsvorbehalts (b) Die personelle Gewährleistung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (aa) Die besondere Rechtmäßigkeitsgewähr des Beamtenverhältnisses (bb) Die Rechtsfolgen staatlichen Handelns als Maßstab für den Einsatz von Beamten (cc) Die Grundrechtsrelevanz und ihre Kriterien . . . (dd) Das Merkmal der Entscheidungsferne (ee) Die vorbereitenden Tätigkeiten (c) Die Bedeutung der Aufgabe 6. Die Effizienz staatlicher Aufgaben Wahrnehmung a) Der Grundsatz der Einheit der Verfassung b) Der Begriff der Verwaltungseffizienz c) Das Gebot der Verwaltungseffizienz d) Die Folgerungen für den Umfang des Funktionsvorbehalts III. Ergebnis der eigenen Auslegung IV. Die Folgerungen für die Geltung des Funktionsvorbehalts bei Handeln des Staates in Privatrechtsform 1. Die Arten des Handelns in Privatrechtsform a) Das Verwaltungsprivatrecht b) Das fiskalische Verwaltungshandeln (1) Die erwerbswirtschaftliche Betätigung (2) Die Hilfsgeschäfte der Verwaltung 2. Die Problematik des Handelns in Privatrechtsform a) Die Grundrechtsbindung der öffentlichen Hand b) Der Gemeinwohlbezug allen staatlichen Handelns
83 84 85 85 86 88 88 91 93 93 93 95 95 98 98 102 104 110 111 112 114 114 115 116 117 118 120 120 120 121 121 121 121 122 125
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nsverzeichnis c) Zwischenergebnis 3. Der Funktionsvorbehalt und das Verwaltungsprivatrecht a) Die Notwendigkeit der Erstreckung des Funktionsvorbehalts auf das Verwaltungsprivatrecht b) Die fehlende Dienstherrneigenschaft von Privatrechtssubjekten 4. Der Funktionsvorbehalt und die Fiskalverwaltung a) Die erwerbswirtschaftliche Betätigung b) Die Hilfsgeschäfte der Verwaltung 5. Ergebnis V. Die Verbeamtung der Lehrer 1. Die Verbeamtungssituation der Lehrer 2. Die „Entbeamtung" der Lehrer und der Funktionsvorbehalt a) Der institutionelle Charakter des Funktionsvorbehalts b) Die Schutzfunktion des Funktionsvorbehalts 3. Ergebnis
126 126 126 127 129 129 131 132 133 133 135 135 136 141
D. Die I. II. III.
Einschränkungen des Art. 33 Abs. 4 GG Der Bereich der nicht-ständigen Aufgaben Das Regel-Ausnahme-Verhältnis Ergebnis
141 142 143 147
E. Art. I. II. III. IV. V.
33 Abs. 4 GG und das Problem der „Funktionssperre" Die Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG Die systematische Interpretation Die teleologische Interpretation Das Gebot der Verwaltungseffizienz Ergebnis
148 149 149 150 152 153
F. Der Funktionsvorbehält und das Recht auf Verbeamtung I. Der Begriff des subjektiv-öffentlichen Rechts II. Die Bestimmung des subjektiv-öffentlichen Rechts anhand der Schutznormtheorie III. Die Anwendung der Schutznormtheorie auf Art. 33 Abs. 4 GG IV. Ergebnis
153 153 154 156 159
Teil 3 Art. 33 Abs. 4 GG und das Recht der Europäischen Union A. Die Problemstellung
160
B. Die I. II. III.
161 162 164 165
Freizügigkeitsregelung des Art. 39 [ex 48] EGV Die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts Der Begriff des „Arbeitnehmers" Der Vorbehalt des Art. 39 [ex 48] Abs. 3 EGV
nsverzeichnis IV. Die Ausnahmeregelung des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV 1. Die Sichtweise der Mitgliedstaaten 2. Die Rechtsprechung des EuGH a) Sotgiu ./. Deutsche Bundespost b) Kommission ./. Belgien c) Kommission ./. Frankreich d) Lawrie-Blum ./. Baden-Württemberg e) Kommission ./. Italien f) Allue und Coonan ./. Universita degli studi di Venezia g) Bleis ./. Ministere de l'Education Nationale h) Die Entscheidungen vom 02.07.1996 i) Das Verhältnis der Kriterien des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV zueinander j) Zwischenergebnis 3. Die Rechtsprechung des EuGH und Art. 33 Abs. 4 GG a) Die Diskrepanz zwischen nationalem und Europarecht (1) Die Differenzen zwischen Art. 33 Abs. 4 GG und Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV (2) Die Ausnahmeregelungen des deutschen Beamtenrechts . (3) Zwischenergebnis b) Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts c) Die These von der Unbeachtlichkeit kollidierenden nationalen Rechts d) Die Möglichkeiten zur Behebung des Spannungsverhältnisses zwischen Art. 39 [ex 48] EGV und deutschem Recht (1) Die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des Art. 33 Abs. 4GG (2) Die Beschäftigung von EU-Ausländern im Angestelltenverhältnis (a) Die Beschäftigung von Angestellten als Ausnahme von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG (b) Die Beschäftigung von Angestellten und das Diskriminierungsverbot (c) Zwischenergebnis (3) Die Schaffung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses besonderer Art (4) Der Weg des Gesetzgebers: Öffnung des Beamtenverhältnisses für EU-Ausländer (a) Der Hintergrund und Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens (b) Das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens (c) Die Bewertung der Maßnahmen des deutschen Gesetzgebers
13 166 166 167 167 168 169 169 170 171 172 173 174 177 178 178 178 179 180 180 182 183 183 185 185 186 188 188 189 189 191 192
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nsverzeichnis (aa) Das Staatsangehörigkeitserfordernis und Art. 33 Abs. 5GG (bb) Die Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG ..
C. Ergebnis
192 195 195
Teil 4 Art. 33 Abs. 4 GG und die Privatisierung von Staatsaufgaben A. Die Problemstellung
196
B. Die I. II. III. IV. V.
196 196 197 197 198 199
Formen der Privatisierung Die Notwendigkeit der Begriffsklärung Die formelle Privatisierung Die funktionale Privatisierung Die Vermögensprivatisierung Die materielle Privatisierung
C. Art. 33 Abs. 4 GG als Privatisierungsgrenze I. Art. 33 Abs. 4 GG als staatlicher Funktionsvorbehalt 1. Die materielle Privatisierung 2. Die funktionale Privatisierung a) Der institutionelle Charakter des Funktionsvorbehalts b) Die Schutzfunktion des Funktionsvorbehalts c) Die unterschiedliche Zielrichtung von Funktionsvorbehalt und Privatisierung 3. Die Vermögensprivatisierung 4. Die formelle Privatisierung 5. Zwischenergebnis 6. Die Ausnahmetatbestände des Art. 33 Abs. 4 GG a) Die ständigen Aufgaben b) Das Regel-Ausnahme-Verhältnis (1) Die qualitativen Anforderungen an Private (2) Die Gründe für die Aufgabenübertragung auf Private (a) Die bessere Eignung Privater (b) Die finanzielle Entlastung des Staates (c) Der Schutz der Rechtssphäre des Bürgers (3) Die Folgerungen für die Abwägung II. Die Bewertung aktueller Privatisierungstendenzen im Bereich der staatlichen Gefahrenabwehr 1. Die Gefahrenabwehr als Privatisierungsgegenstand 2. Die Grundformen der Gefahrenabwehr durch Private a) Die Zulassung privater Gefahrenabwehr durch den Staat b) Die Veranlassung privater Gefahrenabwehr durch den Staat . . .
199 199 199 202 202 203 203 205 205 205 206 206 207 207 208 209 211 212 213 214 214 215 215 216
nsverzeichnis (1) Die Beleihung Privater (a) Die technische Überwachung (b) Die Fluggast- und Gepäckkontrolle im Luftfahrtbereich (c) Die Privatisierung des Strafvollzuges (d) Die Privatisierung der Verkehrsüberwachung (aa) Die Formen der Verkehrsüberwachung durch Private (bb) Die Rechtsnatur der Verkehrsüberwachung durch Private (cc) Die Rechtfertigung einer Beleihung im Bereich der Verkehrsüberwachung (2) Der Einsatz von Verwaltungshelfern 3. Ergebnis
15 216 217 219 221 222 222 223 224 228 228
Teil 5 Die Bestandskraft des Funktionsvorbehalts A. Die Problemstellung
230
B. Der Grundrechtscharakter des Art. 33 GG
231
C. Das Berufsbeamtentum als Bestandteil der „verfassungsmäßigen Ordnung" des Art. 20 Abs. 3 GG
231
D. Die I. II. III. IV.
232 232 233 234 235
Grundsätze des Art. 20 Abs. 3 GG Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Die Gewaltenteilung Die Volkssouveränität Das Sozialstaatsprinzip
E. Ergebnis
237 Teil 6 Zusammenfassende Thesen und Schlußbetrachtung
A. Zusammenfassende Thesen
239
B. Schlußbetrachtung
247
Literaturverzeichnis
249
Sachwortverzeichnis
278
Abkürzungsverzeichnis a. Α. Abg. ABl. Abs. a.E. a. F. AG AK ALR Anm. AöR ArbGG ArbuR ArchPT Art. Baden-Württ. BAT BauGB BayBO BayEUG BayGO BayVBl. BayVGHE BBesG BBG Bd. BGBl. BGH BGHZ BImSchG BK BRRG BrZ BSHG BT-Drs.
anderer Ansicht Abgeordneter Amtsblatt Absatz am Ende alte Fassung Amtsgericht bzw. Aktiengesellschaft Alternativkommentar zum Grundgesetz Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsgerichtsgesetz Arbeit und Recht Archiv für Post und Telekommunikation Artikel Baden-Württembergischer Bundes-Angestelltentarifvertrag Baugesetzbuch Bayerische Bauordnung Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern Bayerische Verwaltungsblätter Sammlung von Entscheidungen des BayVGH mit Entscheidungen des BayVerfGH (neue Folge) Bundesbesoldungsgesetz Bundesbeamtengesetz Band Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundes-Immissionsschutzgesetz Kommentar zum Bonner Grundgesetz Beamtenrechtsrahmengesetz Britische Zone Bundessoziahilfegesetz Bundestags-Drucksache
Abkürzungsverzeichnis BV BVerfGE BVerwG BVerwGE bzgl. bzw. DAR DB DEKRA ders. d.h. DJT DJZ DM DÖD DÖV DVBl. EG EGV EU EuGH EuGRZ EV
EWGV f., ff. FAZ FG FN FS GBl. gem. GewArch GewO GG GKÖD GmbH GS GVBl. Halbs. Hess. h.M. 2 Strauß
17
Verfassung des Freistaates Bayern Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich beziehungsweise Deutsches Autorecht Der Betrieb Deutscher Kraftfahrzeugüberwachungsverein derselbe das heißt Deutscher Juristentag Deutsche Juristen-Zeitung Deutsche Mark Der öffentliche Dienst Die öffentliche Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Europäische Gemeinschaft Vertrag über die Europäische Gemeinschaft Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europäische Grundrechte-Zeitschrift Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung Festgabe Fußnote Festschrift Gesetzblatt gemäß Gewerbearchiv Gewerbeordnung Grundgesetz Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gedächtnisschrift Gesetz- und Verordnungsblatt Halbsatz Hessischer herrschende Meinung
18 Hrsg. HStR HVerfR i.d.F. i.d.R. i.E. i.S. i.S.v. i.V.m. i.w.S. JA JÖR JuS JVB1. JZ KG KrW-/AbfG LAG LuftVG m.a.W. MDR m. w. Nachw. N.F. n.F. NJ NJW Nr. NVwZ NWVB1. NZV ÖTV o.g. OLG OVG OWiG PersV RdJB Rdnr. RegBl. RGBl. RGZ RiA RR
Abkürzungsverzeichnis Herausgeber Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland Handbuch des Verfassungsrechts in der Fassung in der Regel im Ergebnis im Sinne im Sinne von in Verbindung mit im weiteren Sinne Juristische Ausbildung Jahrbuch des öffentlichen Rechts Juristische Schulung Justizverwaltungsblatt Juristenzeitung Kammergericht Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Landesarbeitsgericht Luftverkehrsgesetz mit anderen Worten Monatsschrift für Deutsches Recht mit weiteren Nachweisen Neue Folge neue Fassung Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Verwaltungsrechtszeitschrift Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr oben genannte Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Ordnungswidrigkeitengesetz Die Personalvertretung Recht der Jugend und des Bildungswesens Randnummer Regierungsblatt Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht im Amt Rechtsprechungsreport
Abkürzungsverzeichnis Rs. Rspr. RuP S. Slg. sog. Sp. st. Rspr. StVO StVollzG StVZO SZ ThürBO ThürKO TÜV u.a. UWG VB1BW VermG VersG VerwArch VGH vgl. VkA VO VOB1. Vorbem. VVDStRL VwGO VwVfG WHG WRV ZBR ZRP z.T. ZTR
2*
Rechtssache Rechtsprechung Recht und Politik Seite Sammlung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz sogenannte Spalte ständige Rechtsprechung Straßenverkehrs-Ordnung Strafvollzugsgesetz Straßenverkehrs-Zulassungsordnung Süddeutsche Zeitung Thüringer Bauordnung Thüringer Kommunalordnung Technischer Überwachungsverein unter anderem, und andere Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Vermögensgesetz Versammlungsgesetz Verwaltungsarchiv Verwaltungsgerichtshof vergleiche Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände Verordnung Verordnungsblatt Vorbemerkung Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Wasserhaushaltsgesetz Weimarer Reichsverfassung Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil Zeitschrift für Tarifrecht
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Einleitung Α. Das Untersuchungsinteresse Art. 33 Abs. 4 GG begrenzt die Entscheidungsmöglichkeiten der Verwaltung, mit welchen Bediensteten sie ihre Aufgaben erfüllen kann. Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe ist danach in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Art. 33 Abs. 4 GG wirkt so als verfassungsrechtlicher „Funktionsvorbehalt".1 Zusammen mit Art. 33 Abs. 5 bildet Art. 33 Abs. 4 GG darüber hinaus nach ganz h. M . 2 eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums. 3 Die Bestimmung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG hat Wissenschaft und Praxis von Beginn an Schwierigkeiten bereitet. Ζ. T. führten diese Probleme zum resignierenden Urteil, die Reichweite des Funktionsvorbehalts des Art. 33 Abs. 4 GG sei gar nicht zu ermitteln. 4 1
Vgl. stv. für viele Merten, ZBR 1999, 1, 2; ders., in: Magiera/Siedentopf, Das Recht des öffentlichen Dienstes, S. 181, 193; Warbeck, RiA 1998, 22; Isensee, ZBR 1998, 295, 304; Leitges, Die Enwicklung des Hoheitsbegriffes in Art. 33 Abs. 4 des Grundgesetzes, S. 21; Reich, Magdeburger Kommentar zum Grundgesetz, Art. 33 Rdnr. 5; Kunig, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 6. Abschnitt, Rdnr. 31; Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 56. 2 Vgl. dazu stv. für viele Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 50; AK-Schuppert, GG, Art. 33 Abs. 4, 5 Rdnr. 24; Thieme, Aufgabenbereich, S. 25 f.; Jung, Zweispurigkeit, S. 151. 3 Soweit im folgenden von „Beamten" gesprochen wird, handelt es sich dabei um Beamte im staatsrechtlichen Sinne, also um staatliche Dienstnehmer, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, in das sie unter Aushändigung der vorgeschriebenen Ernennungsurkunde berufen worden sind (vgl. zum Beamten im staatsrechtlichen Sinne Kunig, in: Schmidt-Aßmann [Hrsg.], Besonderes Verwaltungsrecht, 6. Abschnitt, Rdnr. 56; Scheerbarth/Höffken/Bauschke/ Schmidt, Beamtenrecht, § 9 I 1; z.T. wird auch vom Beamten im status-, dienstbzw. beamtenrechtlichen Sinne gesprochen, womit aber kein Bedeutungsunterschied verbunden ist, vgl. Battis, BBG, § 2 Rdnr. 2); zum Beamten im haftungsrechtlichen Sinne Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 12ff.; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 14 ff.; zum Beamten im strafrechtlichen Sinne Eser, in: SchönkeSchröder, Strafgesetzbuch, § 11 Rdnr. 14ff.; Monhemius, Beamtenrecht, Rdnr. 558 ff.; Knopp, DÖV 1994, 676ff. 4 So explizit Forsthoff, Studienkommission, Bd. 5, S. 17, 59f.
22
Einleitung
Nachdem Art. 33 Abs. 4 GG von der Studienkommission zur Reform des öffentlichen Dienstrechts in den 70er Jahren noch einmal eingehend untersucht worden war, verschwand die Vorschrift weitgehend aus dem Zentrum der Betrachtungen zum öffentlichen Dienstrecht. Im Zuge der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 39 [ex 48] EGV5, der die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der Europäischen Union auch auf Bereiche erstreckte, die in der Bundesrepublik Deutschland traditionell Beamten vorbehalten waren, wurde Art. 33 Abs. 4 GG wieder problematisiert. Z.T. sah man durch die EuGH-Rechtsprechung das Ende des in Art. 33 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 GG garantierten deutschen Berufsbeamtentums überhaupt gekommen6, z.T. wurde eine enge Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG für notwendig gehalten, um den europarechtlichen Vorgaben Genüge zu tun.7 Mit der deutschen Wiedervereinigung wurden Forderungen laut, das Berufsbeamtentum abzuschaffen. 8 Trotzdem wurde der Funktionsvorbehalt auch auf die neuen Bundesländer erstreckt. Dabei stellte sich die Frage nach der Reichweite des Art. 33 Abs. 4 GG neu: Gem. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Einigungsvertrag9 war „die Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben (hoheitsrechtliche Befugnisse i.S.v. Art. 33 Abs. 4 GG) ... sobald wie möglich Beamten zu übertragen". Bei der Umsetzung dieser Vorgabe schlugen die neuen Länder unterschiedliche Wege ein: Obwohl der Lehrer bisher als der typische deutsche Beamte galt10, verbeamtet etwa Mecklenburg 5 Nach dem Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte vom 02.10.1997, ABl. C 340, S. 1 ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht mehr in Art. 48, sondern in Art. 39 EGV geregelt. Da sich aber die im Rahmen dieser Arbeit herangezogenen Urteile und Veröffentlichungen durchweg an der alten Numerierung des EGV orientieren, wird diese im Interesse der Verständlichkeit jeweils in Klammerzusatz angegeben. 6 Vgl. dazu etwa Kroppenstedt, in: Battis (Hrsg.), Europäischer Binnenmarkt und nationaler öffentlicher Dienst, S. 45. 7 Dörr, Abgrenzung, S. 80; ders., EuZW 1990, 565, 571; Goerlich/Bräth, DÖV 1987, 1038, 1049; so wohl auch Wagner, DVB1. 1989, 277f.; diese Möglichkeit ausdrücklich erwähnend, ihr aber kritisch gegenüberstehend Putzhammer, RdJB 1989, 157, 167; ebenso Edelmann, Die Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 EWGV, S. 114 ff. 8 Vgl. dazu Erklärung der Großen Beamtenkommission der Gewerkschaft ÖTV zum Zweiten Staatsvertrag vom 11. Juli 1990, nach der der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG zu streichen sei, weil er die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes diskriminiere, zitiert in: Weiß, ZBR 1991, 1, 21; vgl. auch Antrag der Fraktion „Die Grünen" zur Abschaffung des Berufsbeamtentums: „Kein Berufsbeamtentum in einem vereinigten Deutschland" vom 01.06.1990, BT-Drs. 11/7328, S. Iff. 9 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag (EV) - vom 31.08.1990, BGBl. II S. 889. 10 Wagener, VVDStRL 37 (1978), S. 215, 220.
Α. Das Untersuchungsinteresse
23
Vorpommern weder Lehrer noch Schulleiter. Brandenburg geht den entgegengesetzten Weg und verbeamtet Lehrer an staatlichen Schulen „in großem Stil".11 Vor diesem Hintergrund und angesichts einer neuen Legitimationskrise des Berufsbeamtentums, deren Ursachen hauptsächlich in der Finanznot der öffentlichen Haushalte12 und in einem verbreiteten Affekt gegen Institutionen13 zu suchen sind, ist es sinnvoll, die Bedeutung des Art. 33 Abs. 4 GG für Gesetzgeber und Verwaltung zu untersuchen. Dabei wird auch zu erörtern sein, ob die Privatisierung von Staatsaufgaben in Art. 33 Abs. 4 GG eine Schranke findet. Die Beantwortung dieser Frage erscheint insbesondere im Hinblick auf Tendenzen nötig, den Bereich staatlicher Gefahrenabwehr zunehmend in private Hände zu legen.14
B. Der Gang der Untersuchung Für die Ermittlung der Bedeutung des Art. 33 Abs. 4 GG bietet sich folgendes Vorgehen an: Zur grundsätzlichen Standortbestimmung sollen in einem ersten Teil die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums dargestellt und die Rechtsordnungen anderer EU-Länder im Hinblick auf staatliche Bedienstete betrachtet werden. Gegenstand des zweiten Teils wird Art. 33 Abs. 4 GG als personalwirtschaftliche Verteilungsnorm sein. Dabei wird zunächst die Beschaffenheit des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis erörtert und danach untersucht, inwieweit die Vorschrift des Art. 33 Abs. 4 GG verbindlichen Charakter besitzt. Schließlich soll die Reichweite des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" geklärt werden, ehe die Durchbrechungen des Art. 33 Abs. 4 GG sowie dessen mögliche Rechtsnatur als „Funktionssperre" ins Blickfeld rücken. Zuletzt wird die Frage behandelt, ob Art. 33 Abs. 4 GG dem Angestellten, der auf einem dem Funktionsvorbehalt unterliegenden Posten eingesetzt ist, ein einklagbares Recht auf Verbeamtung gibt. Ausgehend von dem gewonnenen Auslegungsergebnis zum Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" wird in einem dritten Teil das Verhältnis von Art. 39 [ex 48] EGV zu Art. 33 Abs. 4 GG erörtert. Nach einer Darstellung der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 39 [ex 48] EGV werden Möglichkeiten untersucht, um eine mit dem Europarecht übereinstimmende 11
Die Angaben zur Verbeamtung der Lehrer in den neuen Ländern beruhen auf Angaben der Fachreferenten der entsprechenden Ministerien auf Anfrage des Verfassers. 12 Isensee, ZBR 1998, 295, 302f. 13 Isensee (FN 12), 312. 14 Krölls, GewArch 1997, 445 spricht davon, der Bereich der Gefahrenabwehr sei zum „bevorzugten Gegenstand" von Privatisierungsmaßnahmen und -initiativen geworden.
24
Einleitung
nationale Rechtslage herbeizuführen. In diesem Rahmen soll die Reaktion des deutschen Gesetzgebers auf die europarechtlichen Vorgaben dargestellt werden. Dabei wird zu erörtern sein, ob das Zehnte Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 20.12.199315 ausreicht, der Rechtsprechung des EuGH Genüge zu tun. Im vierten Teil soll zunächst geklärt werden, ob bzw. inwieweit Art. 33 Abs. 4 GG verfassungsrechtlicher Maßstab für die Privatisierung von Staatsaufgaben ist. Anknüpfend hieran sollen aktuelle Privatisierungstendenzen an Art. 33 Abs. 4 GG gemessen werden. Schließlich wird im fünften und letzten Teil erörtert, ob einer Abschaffung des Funktionsvorbehalts die „Ewigkeitsgarantie"16 des Art. 79 Abs. 3 GG entgegenstehen würde.
15 16
BGBl. I S. 2136. Diesen Begriff verwendet Bryde, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 79 Rdnr. 24.
Teil 1
Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums und rechtsvergleichende Aspekte A. Die historischen Grundlagen I. Der Sinn und Ausgangspunkt eines historischen Überblicks Als Basis für die Erörterung von Einzelproblemen des Art. 33 Abs. 4 GG soll zunächst ein Überblick über die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums gegeben werden. Dies ist schon deshalb sinnvoll, weil der Aufgabenbereich des Beamten eng mit der Ausgestaltung seines Dienstverhältnisses zusammenhängt und die Wurzeln dieses Dienstverhältnisses in der Vergangenheit liegen. Nicht von ungefähr beauftragt das Grundgesetz in Art. 33 Abs. 5 GG den einfachen Gesetzgeber, das Beamtenverhältnis nach den sogenannten „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums" zu regeln. Damit knüpft es selbst an die Entwicklung des Berufsbeamtentums an. Die Frage nach dem Zeitpunkt der Entstehung des Berufsbeamtentums läßt sich nicht eindeutig beantworten.1 Schließen sich Völker, Stämme oder Sippen zu einer größeren Einheit zusammen, bedarf es einer Organisation des so geschaffenen Gebildes. Insoweit kannten alle Staaten Amtsträger.2 Setzt man diesen Begriff mit dem des Beamten gleich, so gab es „Beamte" im weitesten Sinne in jedem Gemeinwesen.3 Eine solche Gleichsetzung birgt allerdings die Gefahr in sich, verschiedene Sachverhalte mit dem gleichen Namen zu belegen.4 Als Beamte können im Rahmen dieser Betrach1
Der Begriff „Beamter" leitet sich aus dem keltischen „ambactus" (= Untergeworfener, Bote, Dienstmann) ab; vgl. dazu und zur Herkunft wesentlicher Begriffe des Beamtenrechts Preitz, in: Neues Beamtentum, S. 143 ff. 2 Man denke etwa an den gelehrten Mandarin in China, die „Schreiberbeamten" in Ägypten, die nach den jährlichen Überschwemmungen des Niltals das Land neu einteilten und die Erträge zentral verteilten, oder an die Quästoren und Zensoren im alten Rom, vgl. dazu Hilg, Beamtenrecht, § 2 I 1 lit.a). 3 Köttgen, in: Anschütz/Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. II, S. 1. 4 Gerber, AöR 57 (1930), 1, 3.
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Teil 1: Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
tung deshalb nur Bedienstete gelten, deren Dienstverhältnis zumindest gewisse Strukturprinzipien des heutigen Berufsbeamtentums aufweist. Andererseits darf man hierbei nicht zuviel Übereinstimmung verlangen. Die Aushändigung der vorgeschriebenen Ernennungsurkunde ist zwar heute Voraussetzung für die Erlangung der Beamteneigenschaft, doch war dies noch in der Weimarer Republik anders.5 Hieraus schließen zu wollen, in der Weimarer Republik habe es keine Beamten gegeben, wäre schon deshalb verfehlt, weil die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums in Art. 33 Abs. 5 GG gerade auch an diese Zeit anknüpfen.6 Das Beamtentum als die spezifische Form des Staatsdienstes in der öffentlichen Verwaltung7 enthält drei Essentialia, an die im Rahmen der Beurteilung von Dienstverhältnissen der Vergangenheit angeknüpft werden kann: Der Beamte erfüllt das ihm übertragene Amt als „Staatsdiener".8 Dies nicht im Interesse seiner selbst bzw. eines einzelnen oder einer abgegrenzten gesellschaftlichen Gruppe, sondern zum Wohle der Allgemeinheit.9 Als solcher steht er nicht in einem privaten Dienstvertragsverhältnis, sondern in einem auf Über- bzw. Unterordnung beruhenden öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis.10
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Vgl. dazu eingehend Leitges, Die Entwicklung des Hoheitsbegriffes in Art. 33 Abs. 4 des Grundgesetzes, S. 164 ff. und unten Teil 2 C II 3 a) (1). 6 Ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums muß mindestens unter der Weimarer Reichsverfassung als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sein, BVerfGE 8, 332, 343; 15, 167, 195 f.; 38, 1, 12; 46, 97, 117; 58, 68, 76f.; 62, 374, 383; 64, 232, 351; 83, 89, 98; vgl. eingehend zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums unten Teil 2 C II 5 b) (1). 7 Isensee, in: Staatslexikon Recht, Wirtschaft, Gesellschaft, Stichwort „Beamte", Bd. 1, Sp. 583. 8 Deshalb will ein Teil der Literatur von Beamtentum erst mit der Herausbildung des modernen Staates sprechen, vgl. etwa Battis, BBG, Einleitung Rdnr. 1; Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 1; Spanner, VVDStRL 13 (1955), S. 119, 123 f. 9 Isensee, ZBR 1998, 295, 299f.; Monhemius, Beamtenrecht, Rdnr. 3; vgl. dazu auch Hamm, ZBR 1998, 154, 159; Waechter, NZV 1997, 329, 333 f. 10 Ein Teil der Literatur sieht deshalb den Zeitpunkt der Trennung von privatem und öffentlichem Recht als Geburtsstunde des Berufsbeamtentums, vgl. etwa Heyland, Deutsches Beamtenrecht, S. 3. Dieser Zeitpunkt dürfte aber weitgehend mit der Herausbildung des modernen Staates zusammenfallen, weil der Begriff des öffentlichen Rechtes mit der Entstehung des Staates denknotwendig verbunden ist.
Α. Die historischen Grundlagen
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IL Die Entwicklung des Berufsbeamtentums 1. Die feudale Gesellschaft Die feudale Gesellschaft des Mittelalters war durch das Lehnswesen gekennzeichnet. Der Herr stattete einen Mann seines Gefolges (den Vasallen) mit einem Gut (Benefizium) aus, damit der Vasall mit den Erträgen aus diesem Gut dem Herrn Dienste, insbesondere Kriegsdienste, leisten konnte.11 Die Belehnung mit einem Gut schloß schließlich auch die Vergabe eines Amtes ein, in dessen Rahmen administrative Dienste zu leisten waren. 12 Das mittelalterliche Gemeinwesen besaß anders als der neuzeitliche Staat keine durchgebildete staatlich-bürokratische Verwaltungsstruktur. 13 Unabhängig von der Frage, ob die feudale Gesellschaft des Mittelalters bereits Staatscharakter besaß14, kann der Lehnsmann nicht als Vorläufer des Beamten gelten: Zwar war ihm ein Amt verliehen, doch übte er es im eigenen Namen und im eigenen Interesse aus.15 Dem Lehnsherrn gegenüber bestand kein Über- und Unterordnungsverhältnis auf der Grundlage von Befehl und Gehorsam 16, vielmehr waren Führer und Gefolgsmann durch ein Band der Freundschaft und Treue miteinander verbunden.17 Die Bezie11 Kimminich, Die Bedeutung des Beamtentums für die Heranbildung des modernen Staates, in: Leisner (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 47, 53. 12 Kimminich (FN 11), S. 56 f. 13 Hilg, Beamtenrecht, § 2 I 1 lit.a). 14 Ablehnend etwa Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 1; Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 15; bejahend Ule, DVB1. 1963, 1, der von einem „dualistischen Staatstyp des Mittelalters" spricht; ebenso Zippelius, Allgemeine Staatslehre, § 12 I, der den „Personenverbandsstaat" als Vorgänger des Territorialstaats sieht; offen lassend Kimminich, in: Leisner (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 47, 48 ff.; vgl. zur Entstehungsgeschichte des Staates auch Berber, Maunz-FS, S. 19 ff.; Böckenförde, in: ders., Staat, Gesellschaft, Freiheit, S. 42ff. 15 Summer, ZBR 1982, 321, 325 FN 28. 16 Zwar gab es die Inhaber der sog. Dienstlehen, denen Aufgaben übertragen und wieder entzogen, die von einem Ort zum anderen versetzt und bei Verletzung ihrer Dienstpflicht bestraft werden konnten. Diese Ministerialen können aber trotz der Ersetzung der Treuepflicht durch eine Amtspflicht nicht als Vorläufer des Beamtentums gesehen werden. Der moderne Staat, zu dessen wichtigstem Element und Begriffsmerkmal das Beamtentum wurde, hätte sich ansonsten auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches, nicht aber auf dem der Territorialstaaten entwickeln müssen. Denn nur auf der Ebene des Reiches war eine funktionsfähige Ministeriabilität vorhanden, vgl. dazu eingehend Kimminich, in: Leisner (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 47, 58 f. 17 Schlesinger, in: ders., Beiträge zur deutschen Verfassungsgeschichte des Mittelalters, Bd. 1, S. 9, 18.
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Teil 1: Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
hung zwischen Lehnsherr und Lehnsmann war kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis: Die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Recht war in jener Zeit in Deutschland noch unbekannt.18 2. Der Territorialstaat Ruhte die mittelalterliche Gesellschaft noch auf persönlichen Beziehungen zwischen Herrn und Beherrschten, so änderte sich dies mit der Wandlung zum Territorialstaat, die bereits mit der Landfriedensgesetzgebung des 12. Jahrhunderts ihren Anfang nahm und mit der Wende vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit, also im Zeitraum vom 15. bis zum 16. Jahrhundert, abgeschlossen war. 19 Herrschaft gründete nicht mehr auf persönlichen Bindungen, sondern auf dem Eigentum des Herrschers an einem bestimmten Gebiet oder Territorium. 20 Zur Verwaltung seines Territoriums bediente sich der Herrscher eines Verwaltungsapparats, der mit Räten, Kanzlern und Kanzleischreibern an der Spitze, mit Vögten, Amtmännern und ähnlichen Amtsträgern an der Basis besetzt war. 21 Zur Bearbeitung von Verwaltungssachen zogen die Landesherrn geschulte Juristen heran, die aufgrund ihrer Vorbildung zur Verwaltung eines Flächenstaates geeigneter als Lehnsleute waren.22 Zwar leisteten die Angehörigen des Verwaltungsapparates ihre Dienste dem Herrscher, nicht dem sich bildenden Staat. Sie waren aber anders als die Dienstmannen des Mittelalters von ihrem Fürsten persönlich und unmittelbar abhängig, setzten dessen Befehle durch und sorgten so für eine möglichst sachgerechte und rationale Durchführung des herrscherlichen Willens.23 Dabei waren sie dem Fürsten Gehorsam schuldig. Von Beginn an waren Hofverwaltung und Ämterwesen durch geschriebenes Organisationsrecht geregelt. Der einzelne Bedienstete erhielt dadurch dem Fürsten wie auch den anderen Bediensteten gegenüber eine gewisse rechtliche Sicherheit.24 Die Geisteshaltung, die sich im Laufe der Entwicklung des Territorialstaates herausbildete, zeigt die Schrift „Politica methodice digesta" des Johannes Althusius (1557-1638): Danach liegt das
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Hey land, Deutsches Beamtenrecht, S. 3. Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 47. 20 Hilg, Beamtenrecht, § 2 I 2; zum Territorialstaat allgemein Zippelius, Allgemeine Staatslehre, § 12 I. 21 Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, S. 12. 22 Scheerbarth/Höffken/Bauschke/Schmidt, Beamtenrecht, § 1 II. Allerdings lösten diese Dienstverhältnisse die mittelalterlichen Gestaltungsformen nicht schlagartig ab. Vielmehr wirkten sie lange Zeit nebeneinander, vgl. dazu Summer (FN 21). 23 Hilg, Beamtenrecht, § 2 I 2. 24 Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 62 f. 19
Α. Die historischen Grundlagen
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Wesen der Staatsverwaltung „darin, daß die einzelnen und korporativen Glieder des Staates von gewissen öffentlichen Beauftragten, dem Gemeinschaftsrecht der Lebensgenossen entsprechend, geführt und geleitet werden. Dabei muß das Wohl des Ganzen die Richtschnur sein. Die Verwaltung ist das Band, das den Staat zusammenhält. Sie ist der lebendige Geist, der die mannigfachen Funktionen der menschlichen Gemeinschaft leitet, ordnet und auf das gemeinsame Wohl ausrichtet ... Von diesen Verwaltern und Leitern erwarten wir vor allem zwei Grundtugenden: Eifer und Tüchtigkeit, Liebe zum Volk und glühenden Eifer für das Wohl der Gesamtheit .. ." 25 Die tatsächliche Weisungsunterworfenheit, die gleichwohl in gewissem Ausmaß bestehende rechtliche Sicherheit für den Amtswalter26 und die sich im Laufe der Entwicklung zum Territorialstaat bildende Verpflichtung auf das Gemeinwohl rechtfertigen es, die Angehörigen des Verwaltungsapparats im Territorialstaat als Vorläufer des heutigen Beamtentums zu betrachten.27 3. Der absolutistische Staat Das Berufsbeamtentum moderner Prägung bildete sich im absolutistischen Staat, in dem der königliche Wille auf dem gesamten Staatsgebiet mit Hilfe einer vom König abhängigen Bürokratie, eines stehenden Heeres und vom König erhobener Steuern durchgesetzt wurde.28 Mit dem Absolutismus wesensnotwendig verbunden war die Zurückdrängung der Mitspracherechte der Stände. Dafür benötigte der Herrscher ihm ergebene Bedienstete.29 Diese unterschieden sich aber vom „modernen" Beamten zunächst in vielerlei Hinsicht: Ihre Berufung erreichten sie nicht durch Vorbildung und Leistung, sondern durch den Kauf oder die Pacht von Ämtern.30 Diese 25
Johannes Althusius, Grundbegriffe der Politik, S. 102, zitiert in: Wolf (Hrsg.), Quellenbuch zur Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft, S. 135, 137. 26 Diese in gewissem Ausmaß gesicherte Rechtsstellung weist noch über die in oben Teil 1 A I genannten Essentialia hinaus und bildet gerade deswegen eine Briikke zum modernen Beamtentum, das durch eine gesicherte Rechtsstellung gekennzeichnet ist, vgl. dazu eingehend unten Teil 2 C II 5 b) (1) und (3) (b) (aa). 27 Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 62 spricht vom Territorium als dem „Geburtsort des Beamtentums"; ebenfalls auf den Territorialstaat abstellend Kimminich, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 120; Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, S. 12; nicht ganz eindeutig Hilg, Beamtenrecht, der zwar von der Wandlung der Dienstmannen des Mittelalters zu den Beamten des Territorialstaats spricht (§ 2 I 2), andererseits aber einen „Beamtenkörper" schon im Karolingerreich erblickt ( § 2 1 1 lit. a)). 28 Zum Absolutismus Weiss, in: Staatslexikon Staat, Wirtschaft, Gesellschaft, Bd. 1, Stichwort „Absolutismus", Sp. 37 ff. im Anschluß an E. Molnar. 29 Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 99. 30 Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, S. 14.
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Teil 1: Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
waren zum Teil erblich.31 Die unzulängliche und unpünktliche Bezahlung förderte Korruption und Abgabenerpressung.32 Als eigentlicher Wegbereiter des Berufsbeamtentums moderner Prägung gilt der preußische „Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. (1713-1740).33 Er führte tiefgreifende Reformen 34 durch. So regelte er die Anforderungen, die in bezug auf die Vorbildung für die Besetzung eines Amtes zu erbringen waren, schuf ein umfassendes System von Prüfungen und richtete einen Vorbereitungsdienst für die einzelnen Beamtengruppen ein.35 Besonderes Augenmerk legte der König darauf, daß private und öffentliche Interessen des Beamten nicht kollidierten.36 Er verlangte volle Hingabe, Pflichteifer und Unbestechlichkeit. Die Annahme von Geschenken war mit der Kassation bedroht.37 Mit seinen Maßnahme erreichte Friedrich Wilhelm I. eine damals unerhörte Integrität des Beamtentums.38 Indem der Beamte „mit Leib und Leben, mit Hab und Gut, mit Ehre und Gewissen"39 zu dienen hatte, bildete sich ein Typ des Beamtentums, der sich von seinen Vorläufern wesensmäßig unterschied. Zwar gründete das Beamtenverhältnis immer noch auf einem privaten Dienstverhältnis, doch bestand es nicht mehr aus genau umgrenzten Leistungen, sondern verlangte Dienst mit der ganzen Persönlichkeit. Der Beamte arbeitete nicht mehr primär für den eigenen Vorteil, oberste Richtschnur seines Handelns war das „servir pour le roi de Prusse".40
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So etwa in Bayern die Stellen für Pfleger (Inhaber der Pfleg- und Landgerichte), vgl. dazu Press, in Jeserich/Pohl/von Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 1, S. 593 f. 32 Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, S. 15. 33 Vgl. stv. für viele Hübener/Hübscher, ZBR 1998, 407, 409; Brand, Das Beamtenrecht, S. 1; Jung, Zweispurigkeit, S. 33 m.w.Nachw.; kritisch zur Rolle Friedrich Wilhelms I. Becker, Abgrenzung, S. 5 m.w.Nachw. 34 Zwar erstreckten sich die Reformen nicht auf den Ämterkauf, der auch von Friedrich Wilhelm I. betrieben wurde. Hintergrund des Ämterkaufs war in Preußen aber die Entschuldung des Staates und der Aufbau eines Heeres. Als diese Ziele gegen Ende der Regierungszeit des Königs erreicht waren, stand die Abschaffung des Ämterkaufs unmittelbar bevor, vgl. dazu eingehend Hattenhauer, Geschichte des Deutschen Beamtenrechts, S. 105 f. 35 Brand, Das Beamtenrecht, S. lf.; Scheerbarth/Höffken/Bauschke/Schmidt, Beamtenrecht, § 1 II. 36 Thiele, Die Entwicklung des Deutschen Berufsbeamtentums, S. 16. 37 Thiele (FN 36), S. 17. 38 Thiele (FN 36), S. 17. 39 In einem berühmten Satz verdeutlicht Friedrich Wilhelm I. seine Einstellung zur Pflicht des Beamten: „Man mus dem Herrn mit leib und lehben mit hab und gut mit ehr und gewissen [dienen] und alles daran sehtzen als die sehligkeit die ist vor gott aber alles das ander mus mein sein", zitiert nach Jung, Zweispurigkeit, S. 34. 40 Thiele, Die Entwicklung des Deutschen Berufsbeamtentums, S. 19.
Α. Die historischen Grundlagen
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Weitergeführt wurden die Reformen Friedrich Wilhelms I. von seinem Sohn Friedrich I I . 4 1 Insbesondere sein unter dem Einfluß der Aufklärung entwickeltes Verständnis vom Staat und seiner eigenen Stellung darin 42 , hatte unmittelbaren Einfluß aus das Beamtentum. Anders als noch Friedrich Wilhelm I. sah sich Friedrich II. nicht als ein von Gott eingesetzter Monarch, sondern als „der erste Diener des Staates".43 Der König erkannte damit ein auch ihm übergeordnetes Gebilde an, er stand „wie jeder Beamte, jeder Offizier, jeder Untertan im Staate, nicht außerhalb des Staates als dessen Beherrschungssubjekt." 44 War damit der Monarch Bestandteil des Staates45 geworden, waren auch die von ihm abhängigen Bediensteten in eine direkte rechtliche Stellung zum Staat getreten. 46 Der Beamte war nicht mehr Fürsten-, sondern Staatsdiener. Konsequenterweise bekam das zunächst privatrechtliche Dienstverhältnis öffentlich-rechtlichen Charakter. 47 Mit dem Wandel vom privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Monarchen zum öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Staat war der Übergang zum modernen Beamtentum vollzogen.48 Da der König sich selbst als 41
Am Ende der Regierungszeit Friedrichs II. zeigte sich allerdings, daß die Reformen des Königs und seines Vaters nicht augereicht hatten, das Beamtentum langfristig zu stabilisieren. Die Leistungsbereitschaft des Staatsdienstes ließ merklich nach. Daran war der König nicht schuldlos: Jede Entscheidung, die über bloße Routine hinausging, mußte ihm vorgelegt werden, Neuerungen aus den Reihen der Beamten bedachte er mit Spott und Sarkasmus (vgl. zur Situation des Staatsdienstes während der Regierung Friedrichs II. Schmidt, Beiträge zur Geschichte des preußischen Rechtsstaates, S. 97 ff.). Nach dem Tode Friedrichs II. strebte Friedrich Wilhelm III. eine neuerliche Reform des Beamtentums an, bei der ihm die Staatsphilosophie eine Christian Jakob Kraus und Immanuel Kant zu Hilfe kam, wonach die Freiheit des Bürgers Grundlage des Staates war. Die Beamten erhielten den Auftrag zur rechtlichen Organisation und Bewahrung der Bürgerfreiheit, sie sollten Garanten des neuen Staatsideals werden. Diese neue, moderne Ideologie führte zu einer Stärkung des Beamtentums, vgl. dazu eingehend Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 210ff.; Hübener/Hübscher, ZBR 1998, 407, 41 Iff. 42 Vgl. zu den ideengeschichtlichen Hintergründen der Einbindung des Monarchen in den Staat Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, S. 32ff.; Summer, ZBR 1982, 321, 324 f. m.w.Nachw. 43 So der König in verschiedenen Schriften, vgl. dazu eingehend Gerber, AöR 57 (1930), 1, 24 FN 26a. 44 Schmidt, Beiträge zur Geschichte des preußischen Rechtsstaates, S. 96. 45 Vgl. zur Situation in Bayern, wo König Max I. Joseph und seine Nachfolger seit der Verfassung von 1808 als Organ des Staates betrachtet wurden, während noch sein Vorgänger Kurfürst Karl Theodor Bayern als sein Eigentum gegen die Niederlande hatte tauschen wollen, Hamm, ZBR 1998, 154 ff. 46 Köttgen, Das deutsche Berufsbeamtentum und die parlamentarische Demokratie, S. 9; vgl. dazu auch Schmidt, Beiträge zur Geschichte des preußischen Rechtsstaates, S. 96: „Der letzte blasse Schimmer privatrechtlich-patriarchalischer Staatsauffassung ... verschwand." 47 Vgl. dazu Gerber, AöR 57 (1930), 1, 24ff.; Köttgen, in: Anschütz/Thoma (Hrsg.), Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. II, S. 1 f.
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Teil 1: Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
Werkzeug des Glücks seiner Untertanen sah49, forderte er Gemeinwohlbezug auch für die Tätigkeit der Staatsbediensteten: „Sie haben bisher einen Unterschied gemacht zwischen den Interessen des Königs und des Landes ... Ich glaube, daß das Interesse des Landes auch mein eigenes ist und daß ich kein Interesse haben kann, das dem des Landes entgegenstünde ... Ich sehe mein Interesse nur in dem, was zur Erleichterung des Loses meines Volkes und zu seinem Glück beitragen kann."50 Der Übergang zum Beamten moderner Prägung manifestierte sich in dem am 05.02.1794 verkündeten Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten (ALR). Teil II, Titel 10 handelte „Von den Rechten und Pflichten der Diener des Staates", nicht von denen der Diener des Fürsten, und § 1 sagte ausdrücklich: „Militär· und Zivilbediente sind vorzüglich bestimmt, die Sicherheit, die gute Ordnung und den Wohlstand des Staates unterhalten und befördern zu helfen." Das ALR legte mit der Bayerischen Hauptlandespragmatik vom 01.01.180551 die Fundamente für die Rechtsstellung des modernen Beam. „ 52
ten. Neben dem ALR trug zur Verrechtlichung des Beamtenverhältnisses entscheidend die Bayerische Hauptlandespragmatik, das erste selbständige Beamtengesetz53, bei. Diese ließ den Verlust des Beamtenverhältnisses im Unterschied zum ALR 54 nur nach vorhergegangener richterlicher Untersuchung und „aus der Kraft des Urtheilsspruches eines Justizcollegiums" zu 55 , womit die Anstellung auf Lebenszeit zum Grundsatz des Beamtentums gemacht wurde. Gerade diese Bestimmung zeigt die Fortschrittlichkeit 48
Härtung, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 123; Köttgen (FN 47); Ule, DVB1. 1963, 1; Heyland, Deutsches Beamtenrecht, S. 5; Becker, Funktionelle Abgrenzung, S. 15 m.w.Nachw. 49 Gerber, AöR 57 (1930), 1, 24 FN 26 a. 50 Ansprache Friedrichs II. vom 20. Juni 1740 zu Beginn seiner Regierung an seine Minister, zitiert in: Gerber (FN 49), 26. 51 Bayerische Hauptlandespragmatik vom 1. Januar 1805 (Rbl. Sp. 225), zitiert in: Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, S. 114ff. 52 Thiele, Die Entwicklung des Deutschen Berufsbeamtentums, S. 22 f. will als Grundlage des modernen Beamtentums nur das ALR gelten lassen, weil alle spätere Gesetzgebung „nur ein gewisser Fortschreibungsprozeß" sei. Auch die Bayerische Hauptlandespragmatik muß aber als grundlegend für das moderne Beamtentum betrachtet werden: Insbesondere in bezug auf die gesicherte Rechtsstellung des Beamten geht sie über das ALR weit hinaus (dazu sogleich). Zu den „Schattenseiten" des Beamtentums in Bayern trotz der Hauptlandespragmatik Summer (FN 51), S. 21. 53 Hilg, Beamtenrecht, § 2 I 3. 54 Im ALR gab es noch keinen Grundsatz der Unabsetzbarkeit der Beamten. Diese waren lediglich vor willkürlicher Entlassung geschützt, vgl. dazu Heyland, Deutsches Beamtenrecht, S. 6. 55 Vgl. Art. VIII der Bayerischen Hauptlandespragmatik, zitiert in: Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, S. 115.
Α. Die historischen Grundlagen
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dieses ersten Beamtengesetzes: Zwar war auch nach dem ALR eine Entlassung durch den Vorgesetzten oder Departements-Chef nicht möglich56, doch konnte der Staatsrat den Beamten verabschieden.57 Einerichterliche Kontrolle war dabei ausdrücklich ausgeschlossen.58 Indem die Hauptlandespragmatik über diese Rechtslage hinausging, entschied sie die im 18. Jahrhundert heftig diskutierte Frage59, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Fürst seine Beamten entlassen konnte, in fortschrittlicher Weise. Eingehend befaßte sich die Hauptlandespragmatik auch mit der Besoldung der Staatsdiener.60 Da der Beamte seine Dienstleistung zum Beruf gemacht hatte, mußte er für die Aufgabe eines anderen Berufes entschädigt werden. Dabei handelte es sich nicht um Lohn im Sinne einer Dienstmiete, sondern um Entschädigung für die Aufopferung im Staatsdienst:61 Die Basis für das Alimentationsprinzip war gelegt.62 Daß auch die Versorgung der Hinterbliebenen als Rechtsanspruch und nicht mehr als fürstlicher Gnadenerweis ausgestaltet war 63, trug zur Rechtssicherheit gegenüber dem Dienstherrn bei.64 Insbesondere auf dem Gebiet der Alters- und Hinterbliebenenversorgung darf der Einfluß Österreichs auf die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses nicht unterschätzt werden. Kaiserin Maria Theresia hatte bereits 1762 verfügt, daß alle Bediensteten bei ihrer Pensionierung 50 % ihres Gehaltes weiterbeziehen sollten. Joseph II. bestimmte 1781 in der sog. „PensionsNormale", daß jeder Bedienstete nach zehn Dienstjahren unabhängig von der Haushaltslage des Staates bei Arbeitsunfähigkeit oder Verlust seines Amtes Anspruch auf lebenslängliche Pension haben sollte. Diese betrug je nach Zahl der Dienstjahre zwischen 1/3 und 2/3 der Dienstbesoldung, in 56
II. Teil, Titel 10, § 98: „Kein Vorgesetzter oder Departements-Chef kann einen Civilbedienten, wider seinen Willen, einseitig entsetzen oder verabschieden", zitiert in: Summer (FN 55), S. 295. 57 II. Teil, Titel 10, § 99: „Vielmehr muß er, wenn die Verabschiedung nöthig befunden wird, den Beamten mit seiner Erklärung oder Verantwortung darüber ordnungsmäßig hören, und die Sache zum Vortrage im versammelten Staatsrathe befördern", zitiert in: Summer (FN 55), S. 295. 58 II. Teil, Titel 10, § 100: „Was dieser durch die Mehrheit der Stimmen beschließt, dabei hat es lediglich sein Bewenden", zitiert in: Summer (FN 55), S. 295. 59 Vgl. dazu eingehend Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 152ff. m.w.Nachw.; Summer (FN 55), S. 13f. 60 Vgl. Art. II—VII der Bayerischen Hauptlandespragmatik, zitiert in: Summer (FN 55), S. 114ff. 61 Von Gönner, Der Staatsdienst aus dem Gesichtspunkt der Nationalökonomie betrachtet nebst der Hauptlandespragmatik über die Dienstverhältnisse der Staatsdiener im Königreich Baiern mit erläuternden Anmerkungen, S. 107; vgl. dazu eingehend Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 191 ff. 62 Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, S. 20. 63 Art. XXIV, zitiert in: Summer (FN 62), S. 120 ff. 64 Thiele, Die Entwicklung des Deutschen Berufsbeamtentums, S. 26 f. 3 Strauß
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Teil 1: Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
Ausnahmefällen sogar 100 %. Diese Pensionsregelung wurde später im Grundsatz von allen deutschen Staaten übernommen.65
4. Der Frühliberalismus Obwohl er den Beamten als Vollstreckern des Fürstenwillens zunächst negativ gegenübergestanden hatte 66 , ging der Frühliberalismus in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts 67 daran, die Beamtenschaft rechtlich abzusichern, um sie zu einem Garanten von Verfassung und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu machen. Aus dem Beamtentum sollte ein Instrument werden, das Verfassung und Gesetz im Interesse des Bürgers auch und gerade gegen die Staatsspitze bewahren würde 68 , es sollte „aus seiner Stellung im Vorzimmer des Rechtsstaats" herausgeholt werden, um es „mitten in diesen als integrierenden Bestandteil einzuführen." 69 Mittel dazu war der Verfassungseid der Beamten, der für die Verfassungen der deutschen Mittel- und Kleinstaaten nach 1830 prägend wurde. 70 Der Eid verpflichtete den Beamten zum einen, sich nicht gegen die Verfassung zu betätigen, zum anderen for-
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Vgl. zur „Schrittmacherrolle" Österreichs bei der Ausgestaltung der Altersund Hinterbliebenenversorgung Becker, Abgrenzung, S. 19f. m.w.Nachw. Einen geschichtlichen Überblick über das Dienstrecht der österreichischen Bundesbeamten gibt Traumüller, ZBR 1992, 6 ff. 66 Vgl. dazu Bleek, Von der Kameralausbildung zum Juristenprivileg, S. 30ff.; Wilhelm, Die Idee des Berufsbeamtentums, S. 7 ff. 67 Mittelpunkt der (früh)liberalen Staatstheorie war das naturrechtliche Modell vom Gesellschaftsvertrag zwischen Bürger und Monarchen (Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte vom Frankenreich bis zur Teilung Deutschland, § 29 III 2), wie es Carl Gottlieb Svarez (1746-1798) beschrieben hat: „Die Rechte eines Oberhaupts in einem Staat oder des Regenten können nicht aus einer unmittelbaren göttlichen Einsegnung, nicht aus dem Recht des Stärkeren, sondern sie müssen aus einem Vertrage hergeleitet werden, durch welchen sich die Bürger des Staates den Befehlen des Regenten zur Beförderung ihrer eigenen gemeinschaftlichen Glückseligkeit unterworfen haben" (Conrad/Kleinheyer [Hrsg.], Vorträge über Recht und Staat von Carl Gottlieb Svarez [1746-1798], S. 64). Der fiktive Gesellschaftsvertrag sollte nun aber durch eine geschriebene Verfassung ersetzt werden, in die der Wille von Monarchen und Bürgern eingeht. Hielt der Monarch sich nicht an diese Verfassung und brach er das Recht, betätigte er sich staatsfeindlich. Der Bürger hatte deshalb das Recht und die Pflicht, den Staat durch Widerstand gegen die monarchische Willkür zu schützen, vgl. dazu eingehend Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. II, S. 96ff.; zur Verfassungsbewegung des 19. Jahrhunderts allgemein Böckenförde, in: ders., Staat, Gesellschaft, Freiheit, S. 93 ff. 68 Summer, ZBR 1999, 181, 182; ders., Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, S. 24.; vgl. zum Einfluß des Liberalismus auf das Berufsbeamtentum auch Ellwein/Zoll, Berufsbeamtentum - Anspruch und Wirklichkeit, S. 29 ff. 69 Wilhelm, Die Idee des Berufsbeamtentums, S. 3. 70 Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, S. 25, 51 FN 185.
Α. Die historischen Grundlagen
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derte er, jedem Verfassungsumsturz - sei es durch Revolution, sei es durch Staatsstreich von oben - zu widerstehen. Damit fand die Gehorsamspflicht des Beamten gegenüber dem König ihre Grenze an der Beamtenpflicht zur Verfassungstreue. 71 Um den Verfassungseid auch in der Verwaltungsrealität Geltung zu verschaffen, wurde der Beamte für die Beachtung der Verfassung persönlich verantwortlich gemacht. Diese Verantwortlichkeit entfiel nur bei Handeln auf Befehl. 72 Mit der Pflicht zur Verfassungstreue und der persönlichen Verantwortung des Beamten war notwendig eine rechtliche Absicherung verbunden, um nicht der Willkür des Regenten ausgeliefert zu sein. Durch die verfassungsrechtliche Sicherung der Rechtsstellung des Beamtentums sollte dieses zum Baustein des Rechtsstaates73 gemacht werden.74 Die ab 1830 ergehenden Beamtengesetze75 normierten dann u.a. auch eine Anstellung auf Lebenszeit, Versorgungsanspruch für den Fall der Invalidität und die Entziehbarkeit des Amtes nur durch Richterspruch. Daß das Beamtentum in dieser Zeit tatsächlich Verfassung und Gesetz gegen Monarchenwillkür verteidigte, zeigt der berühmte Fall der „Göttinger Sieben", die sich aus ihrem Eid auf die Verfassung heraus gegen die rechtswidrige Aufhebung der hannoverschen Verfassung von 1833 durch König Ernst-August im Jahre 1837 wandten.76 Weniger bekannt, doch nicht weniger bedeutsam ist die Weigerung der Beamtenschaft in der kurhessischen Verfassungskrise, eine entgegen der Verfassung erhobene Steuer zu erheben. Sogar die Armee stellte den Verfassungs- über den Fahneneid und weigerte sich, das verhängte Kriegsrecht zu vollziehen. Fast sämtliche Offiziere erbaten unter Berufung auf ihren Verfassungseid den Abschied. Kurfürst Friedrich-Wilhelm mußte fremde Truppen zu Hilfe holen, um seinen Willen durchsetzen zu können.77 71
Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. II, S. 97. Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, S. 25, 52 FN 188. 73 Vgl. zur Genese dieses Begriffes Böckenförde, in: ders., Staat, Gesellschaft, Freiheit, S. 65 ff.; Wassermann, Wen und wovor schützt der Rechtsstaat?, in: Noske (Hrsg), Der Rechtsstaat am Ende?, S. 9ff.; Maus, Entwicklung und Funktionswandel der Theorie des bürgerlichen Rechtsstaats, in: Tohidipur (Hrsg.), Der bürgerliche Rechtsstaat, S. 13ff.; Merten, Ule-FS, S. 187ff.; Stem, Staatsrecht I, S. 764ff.; Schmidt-Aßmann, HStR I, § 24 Rdnr. 10ff.; insbesondere in bezug auf den Prozeß der deutschen Einigung Heyde, Redeker-FS, S. 187, 191 ff. 74 Wilhelm, Die Idee des Berufsbeamtentums, S. 12. 75 Vgl. dazu Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, S. 53 FN 220. 76 Vgl. dazu eingehend Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. II, S. 91 ff.; Link, JuS 1979, 191 ff. 77 Vgl. zur kurhessischen Verfassungskrise im einzelnen Huber (FN 76), S. 908 ff. Ein eindrucksvolles Beispiel für (richterliche) Verfassungstreue gegen einen „Staatsstreich von oben" gibt auch Berkemann, Staatswissenschaften und Staatspraxis 1994, 393 ff. 72
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Teil 1: Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
Die Vorstellung eines an das Recht gebundenen Beamtentums stammt nicht erst aus der Zeit des Frühliberalismus. In seiner Schrift „Politica methodice digesta" hatte Johannes Althusius bereits im Jahre 1603 den idealen Staatsdiener als „Kenner und Wahrer des Rechts" beschrieben78. Im frühen 18. Jahrhundert waren aus dem Geist der Aufklärung heraus79 Forderungen laut geworden, der Beamte dürfe sich nicht zum bloßen Vollzugsorgan des Fürsten machen lassen. So stellte Augustin Leyser, Professor in Helmstedt, im Jahre 1719 in seiner Schrift „Über die sogenannten Verbrechen der Beamten" heraus, daß für diese nicht der Wille des Fürsten das oberste Gesetz sein dürfe, sondern die lex divina: „Es sundigen die Untertanen, die Befehle ihrer Fürsten ausführen, welche ihnen ungerecht erscheinen."80 Nachdem die Frage der Unentlaßbarkeit der Beamten während des gesamten 18. Jahrhunderts kontrovers diskutiert worden war 81, verlangte auch Carl Gottlieb Svarez in seinen im Jahre 1791/92 gehaltenen Vorträgen vor dem preußischen Kronprinzen eine, der Verpflichtung des Beamten auf Recht und Gesetz entsprechende, rechtliche Absicherung des Beamten. Kein Beamter solle gegen seinen Willen abgesetzt werden können, wenn er „ohne Verschulden" geblieben war. 82 Erst der Frühliberalismus schuf jedoch die rechtlichen Grundlagen dafür, daß das Beamtentum diesen Vorgaben entsprechen konnte. Die Bayerische Hauptlandespragmatik war als Produkt des aufgeklärten Spätabsolutismus noch ein „Alleingang". Der Frühliberalismus begründete dagegen mit den ab 1830 ergangenen Beamtengesetzen auch für die Beamten in den deutschen Mittel- und Kleinstaaten eine rechtliche Sicherheit, die die Gegenbewegung zum spätpreußischen Obrigkeitsstaat hin nicht mehr ernsthaft gefährden konnte.83 5. Die Rückentwicklung zum Obrigkeitsstaat In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vollzog sich auch in der Beamtenschaft eine Rückentwicklung zum Obrigkeitsstaat. Überbetonung des Nationalen unter Hintansetzung des Konstitutionellen84, mystische Überhöhung des Staates, die sich mit Widerstand gegen die Staatsspitze nicht vertrug, die eigene Teilhabe an der Macht des Staates, Willfährigkeit 78 Johannes Althusius, Grundbegriffe der Politik, S. 135, zitiert in: Wolf (Hrsg.), Quellenbuch zur Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft, S. 135, 137. 79 Vgl. dazu Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, S. 30 ff. 80 Zitiert in: Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 150. 81 Vgl. dazu oben Teil 1 A II 3. 82 Conrad/Kleinheyer (Hrsg.), Vorträge über Recht und Staat von Carl Gottlieb Svarez (1746-1798), S. 62. 83 Summer, Dokumente zur Geschichte des deutschen Beamtenrechts, S. 28. 84 Böckenförde, in. ders., Staat, Gesellschaft, Freiheit, S. 93, 99.
Α. Die historischen Grundlagen
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aus Karrieregründen, Druck von der Regierung85 sind nur einige der Gründe, die zu dieser Entwicklung beitrugen.86 Im Zuge der Puttkammer' sehen Beamtenreform kam es in der Bismarckära zu einer umfassenden sozialen Umschichtung des gesamten Justiz-, Militär- und Verwaltungsapparats sowohl in der preußischen als auch in der Reichsverwaltung. Unter streng reaktionären Vorzeichen wurden Schlüsselstellen mit Beamten konservativer Coleur besetzt, eine disziplinarisch bewehrte Gesinnungskontrolle setzte ein.87 Trotzdem wurde „das Schwindelevangelium der exekutiven Objektivität und Neutralität weiter »eifrigst4 gepredigt".88 Bis zum Ende des Kaiserreichs war das Beamtentum mit einer auf die Krone ausgerichteten Staatsgesinnung untrennbar verbunden89, was zur inneren Distanz der Beamtenschaft zum Staat von Weimar entscheidend beitrug.90 Nach Gründung des Norddeutschen Bundes 1867 befreite Preußen die Beamten von den Beiträgen zur Altersvorsorge und folgte damit dem Vorbild Österreichs und Süddeutschlands.91 Das Pensionsgesetz vom 27.03.187292 führte zu einer rechtlichen Absicherung der Altersversorgung. Das Reichsbeamtengesetz vom 31.03.187393 regelte die Rechtsverhältnisse der Beamten des mittlerweile gegründeten Deutschen Reichs. Die Beratung darüber geriet zu einer der ersten großen Debatten im neuen Reichstag und stärkte die Rechtsstellung des Beamtentums insofern, als disziplinarische 85 Vgl. etwa den Zirkularerlaß des Ministers von Manteuffel vom 07.04.1850, der alle Beamten vor einer feindlichen Parteinahme gegen die Staatsregierung warnte und sie mit der Entlassung bedrohte, zitiert in: Thiele, Die Entwicklung des deutschen Beamtentums, S. 31. 86 Vgl. dazu eingehend Summer, Dokumente zur Geschichte des deutschen Beamtenrechts, S. 29 f. 87 Vgl. zu den Puttkammer'sehen Beamtenreformen Wehler, Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918, S. 73 f. 88 Wehler (FN 87). 89 Thiele, Die Entwicklung des deutschen Berufsbeamtentums, S. 35. 90 Vgl. hierzu den Bericht des Reichsinnenministers Arnold Brecht über seine Amtseinführung: „Was wir sonst im Innenministerium vorfanden, waren zwar fast alles gut qualifizierte Fachbeamte, aber sie standen der Demokratie innerlich fem. Sie waren aus langjährigen treuen Diensten für die Monarchie hervorgegangen, ausgesucht im Hinblick auf ihre königstreue Gesinnung, meist konservativ in ihren Grundanschauungen, wenn nicht Wilhelminisch, so doch Bismarckisch bis in die Knochen, gewöhnt, in der Sozialdemokratie den Staaatsfeind zu sehen, sie und die Gewerkschaften zu bekämpfen und die Demokratie im besten Falle als ein notwendiges Übel zu betrachten, zwar ein geringeres als den Bolschewismus, aber nicht eine der hierarchisch geordneten Monarchie vorzuziehende Verwirklichung höherer Ideale", in: ders., Aus nächster Nähe. Lebenserinnerungen 1884-1927, S. 379. 91 Becker, Funktionelle Abgrenzung, S. 31. 92 Preußisches Pensionsgesetz vom 27.03.1872, GS S. 268 (abgedruckt in: Summer, Dokumente zur Geschichte des deutschen Beamtenrechts, S. 347). 93 Gesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, RGBl. S. 61.
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Teil 1: Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
Maßnahmen gegen Beamte nur bei Verletzung von Verfassung und Gesetz ermöglicht wurden.94 1881 wurde im Reich eine staatliche Witwenpension eingeführt 95, 1888 die Beitragspflicht für diese Pension sowohl in Preußen als auch im Reich abgeschafft. 96 In der Bewältigung der mit der Reichsbildung verbundenen Aufgaben und der Durchführung zahlreicher Reformen, etwa der Wirtschafts-, Sozial- und Finanzverfassung sowie der inneren Neuorientierung der Reichsbürokratie seit 1914 erwies sich das Beamtentum als außerordentlich erfolgreich. 97 6. Die Weimarer Republik Die Weimarer Republik blieb auf den bisherigen Beamtenapparat weitgehend angewiesen, weil es für die Parteien der Weimarer Koalition - Sozialdemokraten, Zentrumskatholiken und Linksliberale - nur in Ausnahmefällen oder gar nicht möglich gewesen war, gehobene Beamtenstellen zu besetzen.98 Nicht zuletzt unter Druck der Beamtenlobby99 fanden die Beamten in der Weimarer Reichsverfassung besondere Berücksichtigung. Der zweite Abschnitt des zweiten Hauptteils, der die Grundrechte und -pflichten der Deutschen normierte, traf umfangreiche Regelungen für die Beamten. Garantiert wurden etwa der gleiche Zugang zu den Ämtern nur nach Befähigung und Leistung100, die Freiheit der politischen Gesinnung
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§ 10 des Regierungsentwurfs hatte gelautet: »Jeder Reichsbeamte hat die Verpflichtung, das ihm übertragene Amt der Verfassung, den Gesetzen und sonstigen Anordnungen entsprechend gewissenhaft wahrzunehmen." Stein des Anstoßes war die Erwähnung der „sonstigen Anordnungen". Sollten diese rechtswidrig sein, hätte der Beamte trotzdem mit einem Disziplinarverfahren rechnen müssen. Der Reichstag beschloß dagegen, die beiden Worte zu streichen, womit disziplinarisch nur dann gegen Beamte vorgegangen werden konnte, wenn sie Verfassung und Gesetz verletzt hatten, vgl. dazu eingehend Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 265 ff. 95 Durch Gesetz betreffend die Fürsorge für die Witwen und Waisen der Reichsbeamten der Civilverwaltung vom 20.04.1881, RGBl. S. 85. 96 Durch Gesetz betreffend den Erlaß der Witwen- und Waisengeldbeiträge von Angehörigen der Reichs-Civilverwaltung, des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine vom 05.03.1888, RGBl. S. 65. 97 Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. III, S. 967; Thiele, Die Entwicklung des Deutschen Berufsbeamtentums, S. 33 f. 98 Hilg, Beamtenrecht, S. 19. 99 Vgl. dazu eingehend Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 333 ff. 100 Art. 128 Abs. 1 WRV: „Alle Staatsbürger ohne Unterschied sind nach Maßgabe der Gesetze und entsprechend ihrer Befähigung und ihren Leistungen zu den öffentlichen Ämtern zuzulassen."
Α. Die historischen Grundlagen
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und die Vereinigungsfreiheit. 101 Darüber hinaus erklärte die Verfassung die „wohlerworbenen Rechte der Beamten"102 für unverletztlich. Beamte mußten Diener der Gesamtheit und nicht einer Partei sein103, die Bildung besonderer Beamtenvertretungen wurde ihnen zugesichert.104 Gerade die Garantie der wohlerworbenen Rechte in Art. 129 WRV sollte noch Auswirkungen auf das Beamtentum der Bundesrepublik haben. Carl Schmitt wandte das Rechtsinstitut der „institutionellen Garantie"105 auf die wohlerworbenen Rechte an und stellte fest, die Verfassung schütze in Art. 129 WRV das Berufsbeamtentum lediglich als Institution.106 Auf dieser Konstruktion Schmitts beruht die Sichtweise von Art. 33 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 GG als institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums. 107 Trotz der günstigen rechtlichen Rahmenbedingungen konnte in der Weimarer Republik an die Konzeption des Frühliberalismus nicht angeknüpft werden.108 Die neue Regierung hatte zwar im November 1918 von den Beamten und Angestellten, die sich bereit erklärt hatten, ihre Tätigkeit auch unter den veränderten politischen Verhältnissen fortzusetzen, Gehorsam gegenüber den Anordnungen der Regierung und der ihr nachgeordneten Behörden verlangt. Diese Pflicht sollte aber „unbeschadet der persönlichen Gesinnung" bestehen.109 Damit hatte man es versäumt, die für den Frühliberalismus so wesentliche Frage der Verfassungstreue, die das Tragende 101 Art. 130 Abs. 2 WRV: „Allen Beamten wird die Freiheit ihrer politischen Gesinnung und die Vereinigungsfreiheit gewährleistet." 102 Art. 129 Abs. 1 Satz 3 WRV: „Die wohlerworbenen Rechte der Beamten sind unverletzlich." Vgl. zu Begriff und Bedeutung der „wohlerworbenen Rechte" RGZ 134, 8 ff; Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, Art. 129 Anm. 3f.; Gebhard, Handkommentar zur Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, Art. 129 Anm. 5. 103 Art. 130 Abs. 1 WRV: „Die Beamten sind Diener der Gesamtheit, nicht einer Partei." 104 Art. 130 Abs. 3 WRV: „Die Beamten erhalten nach näherer reichsgesetzlicher Bestimmung besondere Beamten Vertretungen." 105 Grundlegend zum Begriff der „institutionellen Garantie" Schmitt, Verfassungslehre, S. 170ff.; ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze, S. 140ff.; umfassend Schmidt-Jortzig, Die Einrichtungsgarantien der Verfassung; speziell zum institutionellen Charakter der Einrichtung des Berufsbeamtentums Dennewitz, Die institutionelle Garantie. 106 Schmitt, DJZ 1931, Sp. 917, 918: „Danach ist das eigentliche Schutzobjekt der verfassungsrechtlichen Sicherung die Institution des deutschen Berufsbeamtentums als solche, wie sie sich mit typischen Grundzügen (öffentlich-rechtlicher Charakter, grundsätzlich lebenslängliche Anstellung, Standesdisziplin, hierarchischer Aufbau, standesgemäßer Unterhalt, gesetzliche Normierung der Bezüge, Angehörigenversorgung usw.) herausgebildet hat." 107 Vgl. dazu eingehend unten Teil 2 C II 5 a). 108 Summer, Dokumente zur Geschichte des deutschen Beamtenrechts, S. 31. 109 Hoffmann, Sozialdemokratie und Berufsbeamtentum, S. 52.
Teil 1: Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
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des Berufsbeamtentums im konstitutionellen Staat sein muß, auch zur Kardinalfrage des Berufsbeamtentums der neuen Republik zu machen. 110 Nicht umsonst maß die beamtenrechtliche Literatur dem Verfassungseid keine besondere Bedeutung bei. 1 1 1
7. Der nationalsozialistische Staat Nachdem die Nationalsozialisten die Macht ergriffen hatten, stellten sich die Beamten größtenteils willfährig in deren Dienste. Die Gründe hierfür sind vielfältig 112 , immer noch nicht erschöpfend geklärt und können hier nur beispielhaft genannt werden: Fehlende Identifizierung eines großen Teils der Beamten mit dem republikanischen Staat 113 , Verbitterung über die Bemühungen der Weimarer Parteien, Parteigänger in den Beamtenapparat einzuschleusen114, sowie die Sparpolitik Brünings 115 , die den Beamten Gehaltskürzungen auferlegte, was diese als Angriff auf ihre in der Verfas-
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Summer, Dokumente zur Geschichte des Deutschen Beamtenrechts, S. 33. Vgl. Köttgen, Das deutsche Berufsbeamtentum und die parlamentarische Demokratie, S. 118: „Ein Eid auf die Verfassung, die als solche doch immer ein totes Gesetz bleibt, genügt nicht den berechtigten Anforderungen. Der Beamteneid der konstitutionellen Monarchie wurde dem Monarchen persönlich geschworen, zu ihm wurde ein inneres Treueverhältnis begründet, wenn daneben noch Verfassungstreue gelobt wurde, so hatte dies nur sekundäre Bedeutung. Ein inneres Verhältnis zu einer juristischen Norm ist schlechterdings nicht denkbar." Köttgen übersieht, daß in der Weimarer Republik nicht einem „toten Gesetz", sondern dem in der Verfassung verkörperten demokratischen Rechtsstaat Treue geschworen wurde. Unter Berücksichtigung von Köttgens Ausgangspunkt ist es nicht verwunderlich, daß sich das Beamtentum dem nationalsozialistischen Staat willfährig zur Verfügung stellte. Der Eid auf den Monarchen wurde durch den Eid auf den Führer ersetzt. Die den demokratischen Rechtsstaat verkörpernde Weimarer Reichsverfassung war lediglich „totes Gesetz", der auf sie geschworene Eid inhaltsleer. Überhaupt vollzog die Disziplin der deutschen Staatsrechtslehre, abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, „eine Flucht in die Welt des konstitutionellen Staates" (Mommsen, Beamtentum im Dritten Reich, S. 24). 112 Vgl. dazu eingehend Summer, Dokumente zur Geschichte des deutschen Beamtenrechts, S. 32f., 34f.; Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtenrechts, S. 356ff. 113 Grotkopp, Beamtentum und Staatsformwechsel, S. 75 f., Summer (FN 112), S. 32. 114 Summer (FN 112), S. 32; vgl. auch Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 366f.; Grotkopp (FN 113), S. 70ff. 115 Siehe etwa Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 01.12.1930, Kapitel II, § 1, RGBl. S. 517, 522f., mit der die Beamtengehälter abgesehen von wenigen Ausnahmen vom 01.02.1931 an um 6% gekürzt wurden. 111
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sung garantierten wohlerworbenen Rechte sahen. 116 Die Nationalsozialisten machten sich innerhalb kürzester Zeit an die Änderung der Rechtsgrundlagen des Berufsbeamtentums: 117 Durch das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 07.04.1933 118 sollten unerwünschte Beamte aus dem Staatsdienst entfernt werden. Ziel war „die Reinigung der Beamtenschaft von artfremden, berufsfremden und politisch unzuverlässigen Beamten". 119 Davon waren zum einen die seit 1918 berufenen Beamten betroffen, die ohne die erforderliche Laufbahnbefähigung wegen ihrer republikanischen Gesinnung ernannt worden waren (§ 2 ) . 1 2 0 Zum anderen wurden alle „nichtarischen" Beamten in den Ruhestand versetzt (§ 3 ) . 1 2 1 Ebenso mußte mit Entlassung rechnen, wer nach seiner bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bot, sich jederzeit für den „nationalen Staat" einzusetzen (§ 4 ) 1 2 2 . Das Gesetz stellte einen schweren Eingriff in die wohlerworbenen Rechte der Beamten dar 1 2 3 und ermöglichte es, das Beamtentum mit Parteigängern zu durchsetzen. 124
116 Siehe dazu eingehend Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 376ff. 117 Eingehend zur Gesetzgebungstätigkeit auf dem Gebiet des Beamtenrechts im Dritten Reich Mühl-Benninghaus, Das Beamtentum in der NS-Diktatur bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, die auch bisher schwer zugängliche Quellen aus den zentralen Archiven der DDR verwertet; Grotkopp, Beamtentum und Staatsformwechsel, S. 105 ff.; Thiele, Die Entwicklung des Deutschen Berufsbeamtentums, S. 52 ff. 118 RGBl. I S. 175. 119 Fischbach, Deutsches Beamtengesetz, Teil I, Einleitung S. 1. 120 § 2 Abs. 1: „Beamte, die seit dem 9. November 1918 in das Beamtenverhältnis eingetreten sind, ohne die für ihre Laufbahn vorgeschriebene oder übliche Vorbildung oder sonstige Eignung zu besitzen, sind aus dem Dienst zu entlassen. Auf die Dauer von drei Monaten nach der Entlassung werden ihnen ihre bisherigen Bezüge belassen." 121 § 3 Abs. 1: „Beamte, die nicht arischer Abstammung sind, sind in den Ruhestand (§§ 8 ff.) zu versetzen; soweit es sich um Ehrenbeamte handelt, sind sie aus dem Amtsverhältnis zu entlassen." 122 § 4: Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten, können aus dem Dienst entlassen werden. Auf die Dauer von drei Monaten nach der Entlassung werden ihnen ihre bisherigen Bezüge belassen. Von dieser Zeit an erhalten sie drei Viertel des Ruhegeldes (§ 8) und entsprechende Hinterbliebenenversorgung." 123 Mommsen, Beamtentum im Dritten Reich, S. 39; Hilg, Beamtenrecht, § 2 I 5. 124 Mommsen (FN 123); Hilg (FN 123). Thiele, Die Entwicklung des Deutschen Berufsbeamtentums, S. 53 sieht in diesem und dem in der Folge ergangenen „Gesetz über die Aufhebung der im Kampf für die nationale Erhebung erlittenen Dienststrafen und sonstigen Maßregelungen" vom 23.06.1933 (RGBl. I S. 390) „eine rechtliche Sanktionierung der von den Nationalsozialisten in riesigem Umfang betriebenen Ämterpatronage".
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Teil 1 : Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
Unter den folgenden beamtenrechtlichen Regelungen ist die wichtigste das Deutsche Beamtengesetz (DBG) vom 26.01.1937.125 Darin normierte der nationalsozialistische Gesetzgeber z.T. bereits in der Weimarer Republik entwickelte Grundsätze, etwa über das Rechtsinstitut der Ernennung, auf die in der Nachkriegszeit zurückgegriffen werden konnte.126 Trotzdem war das DBG mit nationalsozialistischem Gedankengut durchsetzt, nach Kritik der Parteifunktionäre an fehlendem ideologischen Gehalt entwickelte es sich geradezu „zu einem Paradestück nationalsozialistischer Gesetzgebungskunst."127 Mit der Beseitigung des Rechtsstaates durch die neuen Machthaber ging ein Bruch mit der Rechtsstaatstradition des Beamtentums einher. Verfassung und Gesetze gegen den Willen der politischen Führung zu verteidigen, war mit der Konzeption des Beamtentums im Dritten Reich nicht vereinbar. Köttgen beschrieb die ideologische Ausrichtung des Beamtentums im Führerstaat eindeutig: Das deutsche Beamtentum sei traditionell vom persönlichen Treueverhältnis zum Landesherrn geprägt gewesen. Der Sturz der Monarchie habe ihm sein Fundament entzogen.128 Erst der nationalsozialistische Staat, in dem der Beamte Gefolgsmann des Führers 129 und diesem zur Treue verpflichtet sei, habe es ihm wiedergegeben.130 Der eigentliche Inhalt des Beamtentums im liberalen Rechtsstaat, die Bindung an Verfassung und Gesetz, sei mit der Treuebindung zum Monarchen in Konflikt getreten, weil die Gesetzgebung vom Parlament mitbestimmt worden sei.131 Ein solcher Konflikt könne im Führerstaat nicht mehr auftreten: „Ist das Gesetz Führerbefehl, so kann die dem Beamten durch § 7 des Beamtengesetzes erneut eingeschärfte Gesetzmäßigkeit diesen niemals in einen Gegensatz zu dem Führer bringen."132 Das Beamtentum war damit seiner traditionellen Sicherungsfunktion gegen Maßnahmen der Staatsspitze beraubt und zum bloßen Befehlsempfänger geworden. Blinder Gehorsam wurde zur einzigen 125
RGBl. I S. 39. Summer, Dokumente zur Geschichte des deutschen Beamtenrechts, S. 36; zum Staatsangehörigkeitserfordernis als Ernennungsvoraussetzung näher unten Teil 3 Β IV 3 d) (4) (c) (aa). 127 Grotkopp, Beamtentum und Staatsform Wechsel, S. 146. 128 Köttgen, JÖR 25 (1938), S. 1, 10. 129 Das „Gesetz über die Vereidigung der Beamten und der Soldaten der Wehrmacht" vom 20.08.1934, RGBl. I S. 785, sah in § 2 Abs. 1 Nr. 1 eine Vereidigung auf Hitler vor: „Ich schwöre: Ich werde dem Führer des Deutschen Volkes Adolf Hitler treu und gehorsam sein, die Gesetze beachten und meine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen, so wahr mir Gott helfe." Der Beamte hatte damit Verpflichtungen nur noch gegenüber Hitler, nicht mehr gegenüber Volk und Verfassung. Die Erwähnung der Gesetze im neuen Schwur war inhaltsleer, dazu sogleich. 130 Köttgen, JÖR 25 (1938), S. 1, 17. 131 Köttgen (FN 130), S. 9. 132 Köttgen (FN 130), S. 19. 126
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Beamtentugend.133 Ein Beamtentum mit gesicherter Rechtsstellung brauchte der totalitäre Staat nicht.134 Es konnte ihm lediglich als verläßlicher Vollstrecker seines politischen Willens dienen.135 8. Das Berufsbeamtentum nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reichs" Nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reichs" übernahmen die Alliierten die oberste Regierungsgewalt in Deutschland. Das Beamtentum galt ihnen als Hort von Preußentum, Militarismus, Kastengeist und Kadavergehorsam.136 Die Folgerungen, die daraus gezogen wurden, waren je nach Besatzungszone verschieden: a) Die Westzonen und die Bundesrepublik Deutschland
In den Westzonen gab es z.T. Tendenzen, das Berufsbeamtentum herkömmlicher Prägung abzuschaffen. So sollte etwa in der britischen Zone ein einheitliches Dienstrecht für Beamte und öffentliche Angestellte entstehen.137 Im Vereinigten Wirtschaftsgebiet der amerikanischen und britischen Zone wurde am 15.03.1949 das Militärregierungsgesetz Nr. 15 1 3 8 erlassen, das u.a. die Abschaffung der Angestellten, eine weitgehende Vereinheitlichung von Beamten- und Arbeitsrecht und den Typus des Kündigungsbeamten vorsah.139 Auf deutscher Seite war man sich über die Beibehaltung des 133
Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 428; kritisch dazu Thiele, Die Entwicklung des Deutschen Berufsbeamtentums, S. 60. 134 Summer, Dokumente zur Geschichte des deutschen Beamtenrechts, S. 35. Dies hat Köttgen offensichtlich auch erkannt: „Im nationalsozialistischen Staat ist für ein Beamtenrecht, das sich lediglich als Schutzrecht zugunsten des einzelnen Beamten versteht, gewiß kein Raum mehr." Die Beibehaltung der rechtlichen Absicherung des Beamtentums konnte er folglich nur mit äußerst schwammiger Argumentation begründen, so etwa mit „bestimmten typischen Gefährdungen, die erfahrungsgemäß der Institution des Beamtentums immer drohen", oder mit der Feststellung, der Beamte gehöre zu »jenen schöpferischen Persönlichkeiten, die nur aus dem Zusammenklingen von Freiheit und Bindung verstanden werden können", ders., JÖR 25 (1938), S. 1, 62. 135 In dieser Funktion hat das deutsche Berufsbeamtentum dann auch die unrühmlichste Rolle seiner Geschichte gespielt. 136 Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 458. 137 Scheerbarth/Höffken/Bauschke/Schmidt, Beamtenrecht, S. 48; vgl. eingehend zur britischen Besatzungspolitik Reusch, ZBR 1984, 5 ff. 138 VOB1. BrZ 1949, S. 57. 139 Vgl. dazu Jung, Zweispurigkeit, S. 40; Grotkopp, Beamtentum und Staatsformwechsel, S. 219 f.
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Teil 1: Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
Berufsbeamtentums nicht einig: Bayern 140, das Saarland141 und Baden142 verankerten in ihren Verfassungen das Berufsbeamtentum ausdrücklich. Württemberg-Baden143, Württemberg-Hohenzollern144 und Rheinland-Pfalz145 gingen zumindest von seinem Fortbestand aus. Dagegen waren die Verfassungen Hessens146 und Bremens147 mit dem Berufsbeamten herkömmlicher Prägung nicht mehr zu vereinbaren: Sie sahen für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst ein einheitliches Dienstrecht vor. Die Verfassung WestBerlins benutzte den Terminus „Beamte" überhaupt nicht, sondern sprach nur von „Einstellungen, Versetzungen und Entlassungen im öffentlichen Dienst."148 Die Alliierten und die dem Berufsbeamtentum gegenüber ablehnend eingestellten Länder konnten ihre Vorstellungen nicht durchsetzen. Obwohl es anders als in der Zeit des Frühliberalismus keinen Monarchen mehr gab, gegen dessen rechtswidrige Anweisungen der Bürger geschützt werden mußte, war die Funktion des Berufsbeamtentums als „Rechtswahrer" nach Ansicht des Parlamentarischen Rates nicht obsolet geworden. Er erkannte, daß die Verwaltung auch im pluralistischen Staat vielerlei Einflüssen sowohl von der Staatsspitze als auch von außerhalb der Verwaltung stehenden Kräften ausgesetzt ist. An die Rolle des Beamten als Wahrer der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung anknüpfend, behielt der Parlamentarische Rat dem Berufsbeamtentum einen bestimmten Bereich staatlicher Tätigkeit vor. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sollte personell abgesichert werden. Der Antrag in der 12. Sitzung des Zuständigkeitsausschusses, auf den der Funktionsvorbehalt zurückgeht, lautete wörtlich: „Wir gehen aus - und das hat mir ausgezeichnet gefallen - von dem jetzt in der Verfassung auch für die Länder verankerten Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Wir werden dieses Prinzip nur dann rein durchführen können, wenn es von Männern ausgeübt wird, die das hauptberuflich tun 140 Art. 95 Abs. 1 Satz 2 der Bayerischen Verfassung vom 02.12.1946, GVB1. S. 333. Bezeichnenderweise war das Bayerische Beamtengesetz vom 28.10.1946 (GVB1. S. 349) eines der ersten Gesetze, das nach Erlaß der Verfassung in Kraft trat. 141 Art. 11 Abs. 1 der Verfassung des Saarlandes vom 15.12.1947, ABl. S. 1077. 142 Art. 107 Abs. 1 Satz 2 der Badischen Verfassung vom 22.05.1947, RegBl. S. 129. 143 Art. 93 ff. der Verfassung von Württemberg-Baden vom 28.11.1946, RegBl. S. 277. 144 Art. 76ff. der Verfassung von Württemberg-Hohenzollern vom 18.05.1947, RegBl. S. 1. 145 Art. 125 ff. der Verfassung von Rheinland-Pfalz vom 18.05.1947, GVB1. S. 209. 146 Art. 29 der Hessischen Verfassung vom 11.12.1946, GVB1. S. 229. 147 Art. 50 Abs. 1 der Verfassung Bremens vom 21.10.1947, GBl. S. 251. 148 Art. 61 Abs. 1 der Verfassung Berlins vom 01.09.1950, VOB1. S. 433.
Α. Die historischen Grundlagen
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und die eine gewisse innere Sicherheit und Unabhängigkeit besitzen."149 Aus diesen Gründen nahm der Parlamentarische Rat mit Art. 33 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 GG die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums ins Grundgesetz auf. 150 Am 01.09.1953 trat das Bundesbeamtengesetz (BBG) 151 in Kraft, mit dem das gem. Art. 123 GG zunächst weitergeltende Deutsche Beamtengesetz von 1937 abgelöst wurde. Nachdem die Gefahr einer zunehmenden Auseinanderentwicklung des Beamtenrechts der Länder bestand152, erließ der Bund gem. Art. 75 Nr. 1 GG das Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG) 153 vom 01.07.1957, das die Länder zur Anpassung ihrer Beamtengesetze verpflichtete (§ 1 Abs. 2 BRRG). Im Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) vom 23.05.1975154 und im Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG)155 vom 24.08. 1976 hat der Bund gem. Art. 74 a GG die Besoldung und Versorgung der Beamten bundeseinheitlich geregelt. Ein allgemeines Unbehagen am Staat und seinen Organen156 in den 60er Jahren sowie eine angebliche „strukturelle Desorganisation"157 des öffentlichen Dienstes, der in Beamte, Angestellte und Arbeiter geteilt sei, ohne daß dies insbesondere in bezug auf Beamte und Angestellte aus der Tätigkeit heraus gerechtfertigt werden könne, führte nach der Regierungsübernahme der sozialliberalen Koalition zu Reformüberlegungen. 1970 ersuchte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung, eine Studienkommission unabhängiger Fachleute zu berufen, die Vorschläge für eine zeitgemäße Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstes entwickeln sollte. Die Studienkommission entschied sich knapp gegen ein Einheitsdienstrecht, das in seinen Grundlagen gesetzlich geregelt, in der Höhe der Vergütung, der Arbeitszeit und sonstigen Arbeitsbedingungen tariflich ausgehandelt werden sollte, und für das „Gesetz-Modell", das eine umfassende Regelungskompetenz des Gesetzgebers für alle Bereiche des öffentlichen Dienstes vorsah.158 149
Abg. Dr. Strauß (CDU), JÖR, N.F., Bd. 1, S. 314f. Vgl. dazu eingehend unten Teil 2 C II 3 b). 151 BGBl. I S. 551. 152 Hilg, Beamtenrecht, § 2 I 6; Scheerbarth/Höffken/Bauschke/Schmidt, Beamtenrecht, § 1 III 5; Thiele, Die Entwicklung des deutschen Berufsbeamtentums, S. 87 f. 153 BGBl. I S. 667. 154 BGBl. I S. 1173. 155 BGBl. I S. 2485. 156 Feindt, DÖD 1973, 153. 157 Vgl. dazu besonders Menzel, DÖV 1969, 513 ff.; Becker, Funktionelle Abgrenzung, S. 74. 158 Das „Gesetz-Modell" wurde von der Studienkommission mit 10:9 Stimmen favorisiert, vgl. dazu Finger, RiA 1973, 101, 104f.; Siedentopf, Die Verwaltung 12 (1979), 456 ff. 150
Teil 1: Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
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b) Die Sowjetische Besatzungszone und die DDR
Die Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone war vom Ziel der Abschaffung des Berufsbeamtentums geprägt.159 Mit Befehl Nr. 66 der Sowjetischen Militäradministration vom 17.09.1945 wurden neben anderen Gesetzen auch das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 07.04.1933 und das Deutsche Beamtengesetz vom 26.01.1937 aufgehoben.160 Am 01.02.1946 trat in den Ländern der sowjetischen Besatzungszone ein einheitliches Arbeitsrecht in Kraft, das sämtliche Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erfaßte. 161 Abgeschlossen war die Entwicklung mit dem „Tarifvertrag für die Beschäftigten der öffentlichen Betriebe und Verwaltung der sowjetischen Besatzungszone" vom 01.02.1949.162 Ein gewisses Sonderrecht wurde aber in der Folgezeit für die sog. Staatsfunktionäre geschaffen, die eine herausgehobene Stellung im Verwaltungsapparat der DDR einnahmen.163 9. Die Entwicklung nach der Wiedervereinigung Mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten wurde das Berufsbeamtentum auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wieder eingeführt. 164 Art. 3 des EinigungsVertrages (EV) 1 6 5 setzte das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und damit auch seine beamtenrechtlichen Regelungen im Beitrittsgebiet in Kraft. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 EV regelt die Rechtsverhältnisse im öffentlichen Dienst und schreibt „die Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben (hoheitsrechtliche Befugnisse im Sinne von Artikel 33 Absatz 4 des Grundgesetzes)" durch Beamte vor. 166 159
Unverhau, ZBR 1987, 33. Morsey, DÖV 1993, 1061, 1062; Jung, Zweispurigkeit, S. 38. 161 Morsey (FN 160). 162 Jung, Zweispurigkeit, S. 38 f; Zängl, in: GKÖD, Κ § 7 Rdnr. 34. 163 Zu den Staatsfunktionären eingehend Unverhau, ZBR 1987, 33, 36ff.; vgl. auch Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, S. 463 ff.; Jung, Zweispurigkeit, S. 39. 164 Vgl. dazu Weiß, ZBR 1991, Iff.; Zängl, in: GKÖD, Κ § 7 Rdnr. 34; Scheerbarth/Höffken/Bauschke/Schmidt, Beamtenrecht, § 35. 165 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag (EV) - vom 31.08.1990, BGBl. II S. 889. 166 Durch die den Anschein einer Legaldefinition erweckenden (Leitges, Die Entwicklung des Hoheitsbegriffs in Art. 33 Abs. 4 des Grundgesetzes, S. 79) Gleichsetzung der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" mit „öffentlichen Aufgaben" machten die Vertragsschließenden deutlich, daß sie eine enge Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG ablehnten. Mit der Formulierung des Art. 20 Abs. 2 wurde nämlich bezweckt, Beamte im Beitrittsgebiet in all den Aufgabenbereichen einzusetzen, „wie es sich in 160
Α. Die historischen Grundlagen
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Gem. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 EV wurde das Beamtenrecht nach Maßgabe der in Anlage I vereinbarten Regelungen eingeführt. Mit ihrer weiten Formulierung des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 EV erteilten die vertragsschließenden Parteien im Rahmen der Beitrittsverhandlungen aufgekommenen Forderungen, Art. 33 Abs. 4 GG zu streichen, eine Absage.167 Sämtliche neuen Bundesländer haben mittlerweile eigene Landesbeamtengesetze geschaffen. Insbesondere im Hinblick auf die Lehrer, die einen Großteil der Beamtenschaft der alten Bundesrepublik stellen, gehen die neuen Länder im Hinblick auf ihre Verbeamtungspolitik unterschiedliche Wege.168 10. Ergebnis Das Berufsbeamtentum heutiger Prägung ist weder überkommenes Relikt einer feudalen Gesellschaft noch „Überbleibsel aus der Zeit des Obrigkeitsstaates".169 Vielmehr ist es in seinen Grundzügen ein Produkt der Aufklärung, das trotz patriarchalischer Reminiszenzen, die in Begriffen wie „Treue" und „Hingabe" mitschwingen, nicht zuvörderst ein Herrschaftsinstrument des Monarchen, sondern „eine rechtliche und faktische Form der Verselbständigung der Staatsgewalt vom unbedingten monarchischen Willen" 170 darstellte. Die im 18. und 19. Jahrhundert geschaffenen persönlichen Garantien des Beamten waren Rechte gegen den Monarchen171, die es dem Beamten ermöglichten, sich in einer gewissen Unabhängigkeit dem Dienst am Staate zu widmen. Insofern waren die Beamten dem Monarchen der Bundesrepublik Deutschland bewährt hat". Man wird den Verfassern der Denkschrift zum Gesetzentwurf über das Einigungsvertragsgesetz kaum unterstellen dürfen, daß sie damit nur Beamte der Eingriffsverwaltung gemeint haben. Im übrigen wird durch den Verweis der Anlage I, Kap. XIX, Sachgebiet A, Abschnitt II Nr. 3 lit. b) Satz 1 (BGBl. II S. 1141) auf § 4 BBG klargestellt, daß sich die Berufung ins Beamtenverhältnis nicht an einem restriktiven Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG zu orientieren hat, sondern auch die Fälle des § 4 Nr. 2 BBG erfaßt (so auch Zängl, in: GKÖD, Κ § 7 Rdnr. 41; Leitges, ebenda, S. 79). Für die Auslegung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG gibt dieser Umstand aber nichts her: Es ist nicht entscheidend, wie die vertragsschließenden Parteien den Begriff interpretiert haben, sondern wie er nach dem Grundgesetz zu interpretieren ist. 167 Erklärung der Großen Beamtenkommission der Gewerkschaft ÖTV zum Zweiten Staatsvertrag vom 11. Juli 1990, nach der der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG zu streichen sei, weil er die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes diskriminiere, zitiert in: Weiß, ZBR 1991, 1, 21. 168 Vgl. dazu schon oben Einleitung A; eingehend zur Verbeamtung der Lehrer unten Teil 2 C V. 169 Vgl. hierzu Friauf, in: Genscher/Friauf u.a. (Hrsg.), Der öffentliche Dienst am Scheideweg, S. 29ff. 170 Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, S. 31. 171 Leisner (FN 170).
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Teil 1 : Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
zwar in Treue und Hingabe verbunden, dies aber lediglich im Hinblick auf dessen Rolle als „erster Diener des Staates". Die Bindung an Verfassung und Gesetz wurde im konstitutionellen Staat zum „eigentlichen Inhalt des Beamtentums."172 Die rechtliche Sonderstellung des Beamten erlaubte es ihm, die Rechte der Bürger gegen den Monarchen bzw. dem hinter ihm stehenden Staat zu schützen. An diese Idee des Berufsbeamtentums als „Hüter des Rechtsstaats" knüpfte der Verfassungsgeber des Jahres 1949 bewußt an.
B. Der öffentliche Dienst in den Mitgliedstaaten der EU I. Der Sinn einer rechtsvergleichenden Betrachtung Um die Bedeutung von Art. 33 Abs. 4 GG zu ermitteln, kann ein Blick auf andere europäische Rechtsordnungen hilfreich sein. Gäbe es etwa auch dort vergleichbare Vorschriften und wäre deren Reichweite geklärt, könnten sich daraus Erkenntnisse für die Aufgabenverteilung zwischen Beamten und Angestellten im deutschen öffentlichen Dienst gewinnen lassen.173 Auch angesichts von Bestrebungen, das Berufsbeamtentum abzuschaffen bzw. wesentlich zu verändern 174, bietet es sich an, grundlegende Strukturprinzipien des deutschen Berufsbeamtentums mit Regelungen für den öffentlichen Dienst in anderen europäischen Ländern zu vergleichen: Wären derartige Prinzipien für den öffentlichen Dienst in der gesamten EU prägend, spräche dies für ihre Beibehaltung auch in Deutschland.
II. Die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnissen Nahezu alle Mitgliedstaaten der EU kennen die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnissen. Lediglich Großbritannien und Irland machen hier eine Ausnahme, eine eindeutige Zuordnung der öffentlichen Dienstverhältnisse zum Bereich des öffentlichen bzw. privaten Rechts ist in diesen Ländern nicht möglich.175 Überall 172
Köttgen, JÖR 25 (1938), S. 1, 9. Vgl. zur Einbeziehung rechtsvergleichender Aspekte in die Auslegung einer nationalen Verfassungsnorm Hesse, Verfassungsrecht, § 2 Rdnr. 71; insbesondere im Hinblick auf Grundrechte Häberle, in: ders., Europäische Rechtskultur, S. 279, 306; vgl. auch ders., Die Wesensgehaltgarantie des Art. 19 Abs. 2 Grundgesetz, S. 408. 174 Vgl. dazu oben Einleitung A und unten Teil 5 A. 175 Niedobitek, in: Magiera/Siedentopf, Das Recht des öffentlichen Dienstes, S. 11, 22. 173
Β. Der öffentliche Dienst in den Mitgliedstaaten der EU
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lassen sich zwei Arten der Begründung und Ausgestaltung öffentlicher Dienstverhältnisse unterscheiden: Der Staat begründet das Dienstverhältnis entweder durch einseitigen Hoheitsakt mit normativer Ausgestaltung, oder sowohl Begründung als auch Ausgestaltung erfolgen durch Vertrag zwischen Verwaltung und Bedienstetem.176 Trotz der fast durchwegs festzustellenden Zweispurigkeit im öffentlichen Dienst gibt es große Unterschiede hinsichtlich der Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse auf der einen Seite, der privatrechtlichen auf der anderen: Während in Deutschland am 30.06.1997 von insgesamt 5.163.827 Beschäftigten im öffentlichen Dienst lediglich 1.910.090 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Beamte, Richter oder Soldaten standen177 und in Dänemark ebenfalls nur ein geringer Anteil der Bediensteten Beamte sind178, verhält es sich in den übrigen kontinentaleuropäischen EU-Mitgliedstaaten anders: Italien kennt das privatrechtliche Dienstverhältnis als eigene Kategorie des öffentlichen Dienstes gar nicht. Dieser umfaßt dort bereits begrifflich nur öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse.179 In Griechenland180 und Portugal181 normieren die Verfassungen einen Vorrang des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, in Belgien gilt für die Ministerien und die meisten nationalen, regionalen und gemeinschaftlichen Behörden die Regel, daß der Personalbedarf mit Beamten zu decken ist. 182 In Frankreich 183 und den Niederlanden184 spielt das privatrechtliche Dienstverhältnis nur eine untergeordnete Rolle, in Luxemburg185 überwiegen tatsächlich die öffentlich-rechtlichen Bediensteten.
176 Wobei aber die unterschiedlichen Arten der Begründung und Ausgestaltung nicht zwangsläufig auch zur Zuordnung der entsprechenden Dienstverhältnisse zum privaten bzw. öffentlichen Recht führen, vgl. zum ganzen näher Niedobitek (FN 175), S. 23 f. 177 Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1998, S. 515. 178 Rasmussen, in: Magiera/Siedentopf, Das Recht des öffentlichen Dienstes, S. 141, 178. 179 De Pretis (FN 178), S. 493, 497. 180 Wobei jedoch in Griechenland die Dienstherrn das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnissen nicht beachten, vgl. dazu Skouris (FN 178), S. 317, 340. 181 De Sousa (FN 178), S. 683, 693. 182 Maes (FN 178), S. 67, 86. 183 Autexier (FN 178), S. 235, 305 f.; nach Ziller, ZBR 1997, 333 sind von den 2.900.000 Bediensteten des französischen Staates 2.550.000 Berufsbeamte. 184 Helsen (FN 178), S. 601, 609f. 185 Conzemius (FN 178), S. 531, 600. 4 Strauß
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Teil 1: Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
III. Die Stabilität des Dienstverhältnisses Das deutsche Beamtenverhältnis wird entscheidend durch das Lebenszeitprinzip geprägt186, das ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums i. S. v. Art. 33 Abs. 5 GG ist. 187 § 3 Abs. 1 Satz 2 BRRG, § 5 Abs. 1 Satz 1 BBG sehen demgemäß i. d. R. eine Berufung auf Lebenszeit vor. Privatrechtliche Dienstverhältnisse können dagegen befristet und unbefristet abgeschlossen sowie ordentlich und außerordentlich gekündigt werden. Die ordentliche Kündigung eines Angestellten ist allerdings gem. § 53 Abs. 3 BAT nach 15 Dienstjahren nicht mehr möglich, wenn der Beschäftigte älter als 40 Jahre ist. Trotz dieser Angleichung des Angestelltenrechts an das Beamtenrecht bildet das Lebenszeitprinzip immer noch ein grundlegendes Unterscheidungsmerkmal zwischen den öffentlichen Dienstverhältnissen in Deutschland. In Luxemburg kommt dem Lebenszeitprinzip eine ähnlich zentrale Stellung wie in Deutschland zu, es hat für den Beamtenstatus konstitutive Bedeutung.188 Das Kriterium der Stabilität kennzeichnet auch die öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse der übrigen EU-Staaten.189 Wenn auch im europäischen Vergleich gegenüber der deutschen Rechtslage insoweit Unterschiede bestehen, als z.T. auch die privatrechtlichen Dienstverhältnisse auf Dauer angelegt sind190, ist die Dauerhaftigkeit in der ganzen EU ein typisches Merkmal des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses.191
186
Nach Summer, in: Weiß/Niedermaier, BayBG, Art. 2 Anm. 15 lit. a) ist das Lebenszeitprinzip „unstreitiger Zentralpunkt" der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums. 187 BVerfGE 9, 268, 286; 44, 249, 262; 70, 252, 266; 71, 255, 268. 188 Conzemius, in: Magiera/Siedentopf, Das Recht des öffentlichen Dienstes, S. 531, 554: „Zur Definition des Luxemburger Beamten gehört schlechthin, daß er auf Lebenszeit ernannt ist." 189 Vgl. zur Situation in Frankreich Pieroth/Degen, ZBR 1990, 342, 343; für Griechenland Skouris (FN 188) S. 317, 325; für Portugal De Sousa (FN 188), S. 683, 696; für Spanien Macho (FN 188), S. 731, 741. In Dänemark war bis zu einer Änderung des Beamtengesetzes 1969 die Beschäftigung auf Lebenszeit mit dem Beamtenbegriff notwendig verbunden. Trotzdem ist auch heute die Beschäftigung auf Lebenszeit für das Beamtenverhältnis in Dänemark kennzeichnend, vgl. dazu Rasmussen (FN 188), S. 141, 148. 190 So etwa in Griechenland und Italien das Rechtsverhältnis der Angestellten, die eine Planstelle innehaben, vgl. dazu Skouris (FN 188), S. 317, 337; De Pretis (FN 188), S. 493, 505; in Spanien werden die Angestellten, die nach einer Stellenausschreibung in ihr Amt gelangt sind, auf Dauer beschäftigt, vgl. dazu Macho (FN 188), S. 731, 775. 191 Niedobitek (FN 188), S. 11, 26.
Β. Der öffentliche Dienst in den Mitgliedstaaten der EU
51
IV. Die Neutralität der Bediensteten Die Verpflichtung zur Neutralität gilt in allen EU-Staaten sowohl für die Beamten als auch für die privatrechtlich Beschäftigten.192 Für die Beamten ist diese Neutralitätspflicht in einigen Ländern verfassungsrechtlich abgesichert, so etwa in Deutschland193, Luxemburg194, Italien195 und Spanien196. Neutralität soll sowohl gegenüber wirtschaftlicher, als auch gegenüber politischer Einflußnahme sichergestellt werden. Der Neutralität in wirtschaftlicher Hinsicht dienen etwa das Verbot der Bestechlichkeit, besondere Regelungen zur Annahme von Geschenken oder Vorschriften zur Beschränkung von Nebentätigkeiten und Mehrfachbeschäftigungen. 197 Auf die politische Neutralität zielen die Unvereinbarkeit von öffentlichem Amt und Abgeordnetenmandat, auf die besonders strikt in Großbritannien und Irland geachtet wird, aber auch politische Betätigungsverbote, die z.T. sogar bis zum Verbot gehen, einer Partei anzugehören.198
V. Das Streikverbot im öffentlichen Dienst In Deutschland besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Rechtsverhältnis der Beamten und dem der privatrechtlichen Beschäftigten in der Tatsache, daß Beamte im Gegensatz zu Angestellten und Arbeitern einem generellen Streikverbot unterliegen. Dabei handelt es sich um einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums. 199 Diese Rechtslage ist in der EU ansonsten nur noch in Dänemark anzutreffen. 200 In den anderen EUStaaten steht das Streikrecht nicht nur den privatrechtlich Beschäftigten, 192
Niedobitek (FN 188), S. 11, 47. Hier zählt die Neutralitätspflicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, vgl. dazu stv. für viele Maunz, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 33. 194 Hier ergibt sich die Neutralitätspflicht des Beamten aus der nach Art. 110 der Verfassung zu leistenden Eidesformel. 195 Vgl. Art. 98 der italienischen Verfassung, wonach die Beamten ausschließlich im Dienst der Nation stehen. 196 Art. 103 Abs. 3 der spanischen Verfassung spricht von der Gewährleistung der Unparteilichkeit bei der Amtsführung. 197 Niedobitek, in: Magiera/Siedentopf, Das Recht des öffentlichen Dienstes, S. 11, 47 f. 198 In Irland müsse sich etwa alle Dienstgrade über dem mittleren Dienst von allen politischen Aktivitäten, einschließlich öffentlicher Stellungnahmen und Kommentare zu politischen Themen, enthalten. Die Mitgliedschaft in einer politischen Partei ist ihnen verboten, vgl. dazu Gallagher/Dooney (FN 197), S. 435, 454. 199 BVerfGE 8, 1, 17; 44, 249, 264. 200 Niedobitek, in: Magiera/Siedentopf, Das Recht des öffentlichen Dienstes, S. 11, 56; zur Situation in Dänemark Rasmussen, ebenda, S. 141, 148 f. 193
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Teil 1: Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
sondern auch den Beamten zu. In Frankreich 201 und Luxemburg202 ist das Streikrecht für Beamte einfachgesetzlich geregelt, in den Niederlanden203 von der Rechtsprechung als zulässig erkannt worden, in Italien204, Spanien205 und Griechenland206 gilt es ebenfalls für den gesamten öffentlichen Dienst. In Belgien207 kann der Streik von Beamten ungeachtet der Frage seiner rechtlichen Zulässigkeit jedenfalls nicht disziplinarisch geahndet werden, in Großbritannien208 ist den Staatsbediensteten die Beteiligung an einem Streik nicht verboten, in Irland 209 gilt dies zumindest für die Kommunalbeamten. Andererseits sehen die Rechtsordnungen der meisten EUStaaten die Möglichkeit vor, das Streikrecht insbesondere im Bereich der staatlichen Sicherheit einzuschränken.210 Dabei kommt es aber nicht darauf an, welchen Rechtsstatus die von einer solchen Einschränkung Betroffenen haben, entscheidend ist vielmehr die jeweilige Funktion des Bedienste-
VI. Der Aufgabenbereich der Bediensteten Ein grundlegender Unterschied zwischen den Beschäftigungsverhältnissen im öffentlichen Dienst besteht nach dem Grundgesetz im Aufgabenbereich, der ihnen jeweils zugewiesen ist. Nach Art. 33 Abs. 4 GG ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehöri201
275.
202
Art. 10 des Gesetzes vom 13.07.1983, vgl. dazu Autexier (FN 200), S. 235,
Das Streikrecht für Beamte wurde in Luxemburg durch Gesetz vom 16.04.1979 eingeführt, vgl. dazu Conzemius (FN 200), S. 531, 545ff. 203 Helsen (FN 200), S. 601,611. 204 In Italien ist das Streikrecht für den gesamten öffentlichen Dienst verfassungsrechtlich gewährleistet, vgl. dazu De Pretis (FN 200), S. 493, 500. 205 In Spanien ist lediglich umstritten, ob das Streikrecht für Beamte verfassungsrechtlich gewährleistet ist, was von der h.M. bejaht wird, vgl. dazu eingehend Macho (FN 200), S. 731, 748 ff. 206 Die Situation Griechenlands entspricht der Spaniens, vgl. dazu Skouris (FN 200), S. 317, 321. 207 Maes (FN 200), S. 67, 106. 208 Johnson (FN 200), S. 343, 383 f. 209 Gallagher/Dooney (FN 200), S. 435, 464. 2,0 Vgl. dazu etwa für Italien De Pretis (FN 200), S. 493, 500; für Spanien Macho (FN 200), S. 731, 750ff.; für Griechland Skouris (FN 200), S. 317, 321; für Luxemburg Conzemius (FN 200), S. 531, 547. 211 Vgl. etwa für die Situation in Frankreich Autexier (FN 200), S. 235, 251; für Griechenland Skouris (FN 200), S. 317, 321, für Luxemburg Conzemius (FN 200), S. 531, 547. In Belgien kann sich eine Einschränkung des Streikrechts auch für Beschäftigte bei Privatunternehmen ergeben, die wichtige Leistungen für das Allgemeinwohl erbringen, vgl. dazu Maes (FN 200), S. 67, 105.
Β. Der öffentliche Dienst in den Mitgliedstaaten der EU
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gen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.212 Ihnen ist damit die Erledigung bestimmter staatlicher Aufgaben vorbehalten.213 Eine derartige verfassungsrechtliche Trennung zwischen den Aufgaben von öffentlich-rechtlich Bediensteten und denjenigen der übrigen Dienstkräfte der öffentlichen Verwaltung gibt es innerhalb der EU ansonsten nicht mehr. 214 Zwar wird in Griechenland und Luxemburg davon ausgegangen, daß hoheitsrechtliche Befugnisse von Beamten ausgeübt werden. Dies hindert die Dienstherrn aber nicht daran, in diesem Bereich auch privatrechtliche Bedienstete einzusetzen.215 Die Trennung zwischen hoheitlichem und nicht-hoheitlichem Sektor ist nicht das einzige mögliche aufgabenbezogene Unterscheidungskriterium zwischen den unterschiedlichen Dienstgruppen der öffentlichen Verwaltung. Betrachtet man den Rang der wahrzunehmenden Aufgaben, stellt sich heraus, daß in Frankreich privatrechtliche Bedienstete lediglich nebensächliche bzw. untergeordnete Tätigkeiten ausüben. Dabei handelt es sich z.B. um Arbeiter, Reinigungs- und stunden- oder tageweise bezahltes Aushilfspersonal. Öffentlich-rechtliche Dienstkräfte nehmen dagegen die Aufgaben des „service public", also des Gemeindienstes, wahr. 216 In andern EU-Ländern wie z.B. Spanien217 kommt dem Rang der wahrzunehmenden Aufgabe zwar insofern eine Indizwirkung zu, als dort eine Tendenz zu beobachten ist, leitende Funktionen mit öffentlich-rechtlichen Bediensteten zu besetzen. In den übrigen EU-Staaten wie etwa Italien218 spielt der Rang der wahrzunehmenden Aufgabe dagegen für die Unterscheidung zwischen öffentlichrechtlichem und privatrechtlichem Dienstverhältnis keine Rolle. 219 Die 212
Dazu, daß lediglich Beamte in einem „öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG stehen, unten Teil 2 A. 213 Zur Frage, ob mit Art. 33 Abs. 4 GG ein Verbot für die von ihm erfaßten Bediensteten verbunden ist, andere als hoheitsrechtliche Befugnisse wahrzunehmen, vgl. eingehend unten Teil 2 E. 214 Niedobitek, in: Magiera/Siedentopf, Das Recht des öffentlichen Dienstes, S. 11, 27; vgl. etwa für Frankreich Autexier, ebenda, S. 235, 240; für Portugal De Sousa, ebenda, S. 683, 686, 695. 215 Niedobitek (FN 214); Skouris (FN 214), S. 317, 340f. 216 Autexier (FN 214), S. 235, 240. 217 Macho (FN 214), S. 731, 773. 218 De Pretis (FN 214), S. 493, 497, der in diesem Zusammenhang darauf hinweist, daß die Frage, ob ein öffentlich-rechtliches oder privatrechtliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt, im wesentlichen nach formellen Gesichtspunkten, nicht nach der Tätigkeit des Bediensteten zu entscheiden ist. 219 Vgl. dazu besonders Rasmussen (FN 214), S. 141, 147 für die Situation in Dänemark, wo sich in den 60er Jahren die Mehrheit der verbeamteten Akademiker dafür entschied, ihr öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis in eine privatrechtliches umzuwandeln.
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Teil 1 : Die historischen Grundlagen des Berufsbeamtentums
Dauerhaftigkeit der zu erfüllenden Aufgabe dient in den Niederlanden zur Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnissen. Privatrechtliche Bedienstete erfüllen hier im wesentlichen nur vorübergehenden Aufgaben. 220 In anderen EU-Ländern ist die Dauerhaftigkeit der zu erfüllenden Aufgabe zwar ebenfalls ein Unterscheidungskriterium, es trennt aber nicht öffentlich-rechtliche von privatrechtlichen Dienstverhältnissen, sondern erfüllt dort andere Funktionen.221 Auch in Österreich, dem deutschen Beamtentum in der geschichtlichen Entwicklung am engsten verbunden, gibt es keinen verfassungsrechtlichen Funktionsvorbehalt.222
VII. Ergebnis Nahezu alle Mitgliedstaaten der EU kennen die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnissen. Dabei ist die Dauerhaftigkeit ein typisches Merkmal des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, obwohl z.T. auch die privatrechtlichen Dienstverhältnisse auf Dauer angelegt sind. Die Verpflichtung zur Neutralität gilt in allen Staaten der EU für alle öffentlichen Bediensteten. Das Streikrecht ist lediglich in Deutschland und Dänemark auf die privatrechtlich Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung beschränkt. Einschränkungen des Streikrechts in den übrigen Ländern knüpfen nicht an die Rechtsstellung der Bediensteten an, sondern an die jeweils ausgeübte Funktion. Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG für Angehörige des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, stellt eine singulare Erscheinung dar.
220
Niedobitek (FN 214), S. 11, 28. So z.B. in Griechenland, wo dauerhafte Aufgaben von Beamten und Angestellten erfüllt werden, die eine Planstelle innehaben, während andere Funktionen von nur vorübergehend oder zur Deckung eines dringenden Bedarfs eingestellten Bediensteten versehen werden, vgl. dazu Skouris (FN 214), S. 331, 337. 222 Allerdings gibt es auf einfachgesetzlicher Ebene einige Funktionsvorbehalte, so etwa zugunsten der Richter, Staatsanwälte und Hochsschullehrer; vgl. dazu eingehend Traumüller, ZBR 1992, 1, 9, insbesondere FN 17. 221
Teil 2
Art. 33 Abs. 4 G G als personalwirtschaftliche Verteilungsnorm A. Der Begriff des „öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses" Ist die Erledigung einer staatlichen Aufgabe mit hoheitsrechtlichen Befugnissen verbunden, verlangt Art. 33 Abs. 4 GG, sie auf Angehörige des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. In der älteren Literatur wurde z.T. angenommen, auch die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes befänden sich aufgrund der für sie geltenden Tarif- oder Dienstordnungen in einem solchen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis.1 Nach seinem Wortlaut geht Art. 33 Abs. 4 GG davon aus, daß einer bestimmten Gruppe der öffentlichen Bediensteten ein bestimmter Aufgabenbereich vorbehalten sein soll. Stünden alle staatlichen Dienstnehmer in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, liefe Art. 33 Abs. 4 GG völlig leer.2 Weiter spricht gegen die Erstreckung der Norm auch auf Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, daß in den Entwürfen zu Art. 33 Abs. 4 GG ausdrücklich von „Berufsbeamten" die Rede war.3 Um die Angestellten unmißverständlich aus der Regelung auszunehmen4, einigte man sich darauf, daß die von Art. 33 Abs. 4 GG umfaßte Personengruppe „in einem öffentlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen" sollte. Nur weil sich Berufsbeamte im Gegensatz zu Angestellten und Arbeitern immer in einem solchen öffentlich-rechtlichen Dienstund Treueverhältnis befinden, ersetzte der Allgemeine Redaktionsausschuß 1
So etwa Wacke, ZBR 1955, 229, 234; Maunz, Deutsches Staatsrecht, S. 198 f.; anders aber ders., in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 39. 2 So schon Otto, ZBR 1956, 233, 235; BAG, JZ 1956, 169; Jess, in: BK, Art. 33, II, Anm. 5; Thieme, Aufgabenbereich, S. 18. 3 JÖR, N.F., Bd. 1, S. 314ff. 4 Zunächst war nur von einem „öffentlich-rechtlichen Treueverhältnis" gesprochen werden. Nach Meinung des Redaktionsausschusses standen in einem solchen Verhältnis aber nicht nur die Beamten, sondern auch die Angestellten des Staates. Dies lasse der weitergehende Begriff des Beamten im Strafrecht erkennen; vgl. dazu JÖR (FN 3), S. 322.
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
die „Berufsbeamten" durch die Wendung von den „Angehörigen des öffentlichen Dienstes".5 Beweggrund der Änderung war also das Bemühen, einen Pleonasmus zu vermeiden. Für eine Beschränkung auf Beamte läßt sich auch der systematische Zusammenhang der Absätze 4 und 5 des Art. 33 GG fruchtbar machen, der den Begriff des „öffentlichen Dienstes" in eine unmittelbare Verbindung zum Berufsbeamtentum bringt.6 Die Systematik des Grundgesetzes liefert ein weiteres Argument für diese Sichtweise: Art. 74a Abs. 1 spricht ebenfalls von „Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen". Angestellte und Arbeiter können damit nicht gemeint sein7, weil diese Vorschrift die Gesetzgebungskompetenz u.a. für die Besoldung bestimmt und die Entlohnung von Angestellten und Arbeitern nur tarifvertraglich (Art. 9 Abs. 3 GG), nicht gesetzlich geregelt werden kann. Angestellte und Arbeiter stehen damit nicht in einem „öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis" i. S.v. Art. 33 Abs. 4 GG.8 Nicht vom Funktionsvorbehalt umfaßt werden darüber hinaus die Richter: Art. 92 und 97 GG sind insoweit leges speciales.9 Aus teleologischen Gründen unterfallen neben den Berufsbeamten auch die Soldaten dem Funktionsvorbehalt. Die Erstreckung des Funktionsvorbehalts auf Soldaten ergibt sich aus der Notwendigkeit, Aufgaben der Landesverteidigung stetig und verläßlich von Dienstkräften ausführen zu lassen, die durch eine besondere Treuepflicht mit dem Staat verbunden sind. Schließlich müssen sie dazu bereit sein, im Ernstfall ihr Leben für diesen Staat aufs Spiel zu setzen. Eine solche Bindung kann nur im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG sichergestellt werden.10 Die Entstehungsgeschichte der Norm steht dem 5 JÖR (FN 3), S. 323.; vgl. dazu auch Thieme, Aufgabenbereich, S. 18; Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 17 f. 6 Etwas anderes könnte sich aus Art. 33 Abs. 5 GG nur dann ergeben, wenn dieser auch die Angestellten und Arbeiter erfaßte, so etwa Wacke, ZBR 1955, 229, 234; ders., Grundlagen des öffentlichen Dienstrechts, S. 27 ff.; Grewe, Gutachten D für den 39. DJT, S. D 12, 39. Dieser Auffassung hat aber das Bundesverfassungsgericht eine Absage erteilt, vgl. dazu schon BVerfGE 3, 162, 186; vgl. eingehend zu diesem Problem unten Teil 2 C II 4 (2) (a). 7 Jarass/Pieroth, GG, Art. 74a Rdnr. 5; Scholz/Aulehner, ArchPT 1993, 5, 16; Lerche, Verbeamtung als Verfassungsauftrag?, S. 14. 8 So auch die ganz h.M.; vgl. stv. für viele von Mangoldt/Klein, GG, Art. 33 Anm. VI 2, S. 811 f. m.w.Nachw.; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 39; Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 56; ders., Aufgabenbereich, S. 18; aus neuerer Zeit Benndorf, DVB1. 1981, 23; Badura, Gutachten, S. 1; vgl. zur Rechtsprechung BVerfGE 3, 162, 186; 9, 268, 284f. 9 Maunz (FN 8), Rdnr. 34. 10 So i.E. auch Kirchhof, HStR III, § 78 Rdnr. 39; Cuntz, Verfassungstreue der Soldaten, S. 129f.
Β. Die Verbindlichkeit des Art. 33 Abs. 4 GG
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nicht entgegen, da zur Zeit der Beratungen zum Grundgesetz eine Einbeziehung von Soldaten nicht zur Diskussion stand: Der Aufbau der Bundeswehr wurde erst durch die Aufnahme der sog. Wehrverfassung ins Grundgesetz im Jahre 1956 ermöglicht.11
B. Die Verbindlichkeit des Art. 33 Abs. 4 GG Im Rahmen der Betrachtung, welche Bedeutung Art. 33 Abs. 4 GG heute noch zukommt, stellt sich die Frage, ob es sich bei der Vorschrift um einen verbindlichen Verfassungsauftrag handelt. Besitzt Art. 33 Abs. 4 GG einen solchen Charakter, begründet er staatliche Handlungspflichten, deren Nichterfüllung zu einem Verfassungsverstoß führt. 12 Eine Verwaltungspraxis oder Gesetzgebung, die der Anweisung zuwiderläuft, wäre damit verfassungswidrig.13 Für den verbindlichen Charakter des Art. 33 Abs. 4 GG spricht der klare Wortlaut der Vorschrift („... ist zu übertragen ...") 14 , die im Grundgesetz allgemein erkennbare Tendenz, unmittelbare Verpflichtungsund GestaltungsWirkungen herbeizuführen 15 sowie der Wille des Verfassungsgebers: Hätte er eine Vorschrift ohne Verbindlichkeit schaffen wollen, wäre es nicht nötig gewesen, ihre Rechtsfolgen bis in Einzelfragen hinein zu diskutieren.16 Die ganz h.M. bejaht deshalb auch den Charakter des Art. 33 Abs. 4 GG als verbindlichen Verfassungsauftrag. 17 11
Vgl. dazu Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 19.03.1956, BGBl. I S. 111. 12 Maunz/Zippelius, Deutsches Staatsrecht, § 5 IV 4 lit. b). 13 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 40. 14 So auch Lerche, Verbeamtung als Verfassungsauftrag?, S. 49. 15 Peters, Gutachten, S. 11; Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 29f., der in Art. 1 Abs. 3 GG auch den Sinn sieht, gerade den in der Weimarer Zeit entstandenen Streit um die unmittelbare Geltung solcher Sätze wie Art. 33 Abs. 4 und 5 GG zu entscheiden; Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 124. 16 Peters (FN 15), S. 13; Kirchhof (FN 15), S. 124, der noch weitere Argumente für einen verbindlichen Charakter von Art. 33 Abs. 4 GG vorträgt; vgl. dazu auch JÖR, N.F., Bd. 1, S. 314ff. 17 Stv. für viele von Mangoldt/Klein, GG, Art. 33 Anm. II 2 b, S. 799 („eine - allerdings noch der Präzisierung und Konkretisierung bedürftige - verbindliche Anweisung"); Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 40 („verbindlicher Befehl an alle ... Organe des Bundes und der Länder, insbesondere also an den Gesetzgeber und die vollziehende Gewalt"); Lerche, Verbeamtung als Verfassungsauftrag, S. 49 („verpflichtet verfassungsrechtlich unmitttelbar bindend zum Handeln"); Peine, Die Verwaltung (17) 1984, 415, 425 f.; Kunig, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 6. Abschnitt, Rdnr. 31 („Verfassungspflicht, ... nicht lediglich Programmsatz"); Badura, Gutachten, S. 13 („unmittelbar verbindlicher
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
Gegen die Verbindlichkeit des Art. 33 Abs. 4 GG ließe sich anführen, die Norm habe ihre Verbindlichkeit mittlerweile verloren und sei irrelevant, weil sie in der Praxis nicht beachtet werde.18 Ein Teil der Literatur bestreitet den verbindlichen Charakter des Art. 33 Abs. 4 GG mit dem Argument, es sei unmöglich, zwischen mehr und weniger wertvollen Aufgaben zu differenzieren, weil alle öffentlichen Aufgaben Gemeinwohlbezug besäßen.19 Seien aber die Funktionen von Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst nicht klar voneinander zu unterscheiden, könne Art. 33 Abs. 4 GG nicht verbindlich sein, sondern nur Richtliniencharakter haben.20 Da bei einer fehlenden Rechtspflicht zur Erfüllung der Vorgaben des Art. 33 Abs. 4 GG die Vorschrift in der Praxis nur geringe Bedeutung hätte, ist zu untersuchen, ob die Argumente gegen den verbindlichen Charakter des Art. 33 Abs. 4 GG stichhaltig sind.
I. Die Nichtbeachtung des Funktionsvorbehalts Für die These von der Irrelevanz des Art. 33 Abs. 4 GG wird die ständige Nichtbeachtung des Funktionsvorbehalts in der Praxis angeführt. Abgesehen von der Fragwürdigkeit dieser Feststellung - ihre Richtigkeit ist von der Reichweite des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" abhängig, die in der Literatur unterschiedlich bestimmt wird 21 - sprechen gegen sie auch gewichtige dogmatische Gründe: Die „Verfassungswirklichkeit" als solche kann ein Abweichen vom Grundgesetz nicht rechtfertigen, weil es keine Verfassungswirklichkeit contra constitutionem gibt.22 Die Praxis hat sich am Grundgesetz auszurichten, nicht kann umgekehrt die Praxis Maßstab für die Interpretation der Verfassung sein.23 Würde man einen solchen Einfluß der Rechtsanwender auf die Verfassung für statthaft erachten, führte dies zu untragbaren Folgen: Die Praxis bräuchte dann im Wege der Nichtanwendung einer ihr mißliebigen Bestimmung des Grundgesetzes einen verfassungswidrigen Zustand nur lange genug aufrechtzuerhalten, um ihn verfassungsgemäß zu machen. Vielmehr ist eine Verfassungsnorm erst dann Verfassungsauftrag, nicht nur eine programmatische Richtschnur für die Verwaltungsorganisation und die Personalwirtschaft"). 18 Vgl. dazu Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 425 m.w.Nachw. 19 Wiese, Der Staatsdienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. 269, 271 ff. 20 Forsthoff, DÖV 1951, 460, 461; ders., Studienkommission, Bd. 5, S. 17, 59f. 21 Vgl. dazu eingehend unten Teil 2 C I. 22 Hesse, Verfassungsrecht, § 1 Rdnr. 47, der in diesem Zusammenhang betont, daß eine im Widerspruch zu Normen der Verfassung stehende Rechtspraxis nicht „Verfassungswirklichkeit", d. h. verwirklichte Verfassung, sein kann; Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 104. 23 Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 426.
Β. Die Verbindlichkeit des Art. 33 Abs. 4 GG
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unvollziehbar, wenn ihr Anwendungsbereich mittels keiner juristischen Methode zu bestimmen wäre.24 Dies ist aber - wie noch zu zeigen sein wird 25 - bei Art. 33 Abs. 4 GG gerade nicht der Fall. Die Vorschrift könnte dann irrelevant sein, wenn sich eine dem Grundgesetz widersprechende Verwaltungspraxis zum Verfassungsgewohnheitsrecht26 verfestigt hätte. Zum einen aber fehlt es insoweit schon an einer einheitlichen Rechtsüberzeugung.27 Denn wenn die Anweisung des Art. 33 Abs. 4 GG wirklich nicht befolgt wurde, dann nicht aus Überzeugung bezüglich der Unvollziehbarkeit der Norm, sondern „pragmatisch" oder mit einer Art von „schlechtem Gewissen."28 Zum anderen könnte man selbst dann, wenn eine entsprechende Rechtsüberzeugung Grundlage für die Verwaltungspraxis gewesen wäre, diese angesichts der zahlreichen Lösungsvorschläge zur Auslegung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" nicht als „einheitlich" bezeichnen.29 Schließlich sind alle Begründungsversuche aus entgegenstehendem Verfassungsgewohnheitsrecht schon deswegen zum Scheitern verurteilt, weil damit dessen Funktion übersehen würde: Da die Verfassung durch die Verfassungsurkunde nicht zum „lückenlosen System" werden kann, sondern noch der Ergänzung durch ungeschriebenes Verfassungsrecht bedarf, kann dieses nie ganz losgelöst von der geschriebenen Verfassung stehen, sondern nur Entfaltung, Vervollständigung oder Fortbildung der Prizipien der geschriebenen Verfassung sein. Sich über das geschriebene Verfassungsrecht unter Berufung auf das ungeschriebene Recht hinwegzusetzen, ist deshalb nicht möglich.30
II. Der Gemeinwohlbezug aller öffentlichen Aufgaben Ein Teil der Literatur 31 hat allen Versuchen, die Aufgaben der Exekutive in einen hoheitlichen und nicht-hoheitlichen Bereich einzuteilen, „wegen der Interdependenz allen staatlichen Handelns und seiner einheitlichen 24 Schick, Studienkommission, Bd. 5, S. 171, 196f.; Leisner, in: ders. (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 121, 131 f.; Loschelder, ZBR 1977, 265, 266. 25 Vgl. dazu eingehend unten Teil 2 C II. 26 Vgl. zum Verfassungsgewohnheitsrecht Huber, in: Eichenberger u.a. (Hrsg.), Rechtstheorie, Verfassungsrecht, Völkerrecht, S. 329ff.; Tomuschat, Verfassungsgewohnheitsrecht? 27 Zu diesem Erfordernis für die Wirksamkeit des Gewohnheitsrechts Larenz, Methodenlehre, S. 433. 28 Leisner, in: ders. (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 121, 131. 29 So auch Schick, Studienkommission, Bd. 5, S. 171, 197. 30 Hesse, Verfassungsrecht, § 1 Rdnr. 34. 31 Wiese, Der Staatsdienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. 269, 271 ff.
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Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm
Sinngebung" eine Absage erteilt. Alle Aufgaben des Staates seien gemeinwohlbestimmt, egal ob sie in privat- oder öffentlich-rechtlicher Form abgewickelt würden. Da Art. 33 Abs. 4 GG einerseits die Vorstellung zugrundeliege, bestimmte staatliche Tätigkeiten seien für das Gemeinwohl bedeutsamer oder schwerwiegender als andere, andererseits eine solche Vorstellung aber am Wesen des Sozialrechtsstaates mit seiner untrennbar ineinander verwobenen Einheit der staatlichen Aufgabenstellung und -durchführung vorbeigehe, könne der Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" überhaupt nicht definiert werden. Art. 33 Ab. 4 GG sei damit für die Unterscheidung zwischen den Aufgabenbereichen der verschiedenen Bedienstetengruppen in der öffentlichen Verwaltung wertlos.32 Aus der - angeblichen - Unmöglichkeit, die Funktionen der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst materiell klar zu sondern, folge, daß Art. 33 Abs. 4 GG keinen verbindlichen, sondern nur Richtliniencharakter habe.33 Diese Auffassung begegnet allerdings tiefgreifenden Bedenken: Zum einen ist die Annahme, Art. 33 Abs. 4 GG liege die Vorstellung zugrunde, Teilbereiche der staatlichen Tätigkeit seien für den Gemeinwohlbezug mehr oder weniger wichtig, nicht gerechtfertigt: Mit der Formulierung des Art. 33 Abs. 4 GG griff der Verfassungsgeber auf die Tradition der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verschiedene Gruppen von staatlichen Bediensteten zurück, der Gemeinwohlbezug spielte dabei keine Rolle.34 Zum anderen steht und fällt diese Ansicht mit der Annahme, der Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" sei nicht näher zu bestimmen. Die umfangreiche Literatur zu dieser Frage35 hat aber gezeigt, daß es durchaus möglich ist, die Funktionen von Beamten und Angestellten anhand nachvollziehbarer Kriterien voneinander abzugrenzen. Man mag unterschiedlicher Meinung sein, welche Auslegung die richtige ist. Das kann aber nicht dazu führen, die Abgrenzung als solche als unmöglich zu bezeichnen. Eine Vielzahl von grundgesetzlichen Normen hat eine unterschiedliche Auslegung erfahren. 36 Hier jedesmal die Interpretationsfähigkeit zu verneinen hieße zugleich, das Grundgesetz weitgehend leerlaufen zu lassen.37
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Wiese (FN 31), S. 272 f. Forsthoff, DÖV 1951, 460, 461; ders., Studienkommission, Bd. 5, S. 17, 59f. 34 Vgl. dazu Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 425 f.; vgl. dazu auch unten Teil 2 C II 3 a) (1) und b). 35 Vgl. dazu die Nachweise unten Teil 2 C I. 36 Man denke nur an den Enteignungsbegriff in Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG und die dazu entwickelten Theorien (vgl. hierzu eingehend Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26 Rdnr. 12ff.) oder an die Frage, wann ein Grundsatz i.S.v. Art. 33 Abs. 5 GG „hergebracht" ist (dazu eingehend Edelmann, Die Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 EWGV, S. 99ff.). 37 Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 426. 33
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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III. Ergebnis Art. 33 Abs. 4 GG ist als unmittelbar geltender Verfassungsbefehl an alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit Dienstherrnfähigkeit 38 zu verstehen, hoheitsrechtliche Befugnisse auf Bedienstete zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Art. 33 Abs. 4 GG begründet damit eine Rechtspflicht, deren Nichterfüllung zu einem Verfassungsverstoß führt.
C. Der Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse 6' I. Der Streitstand Der Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG kann auch nach jahrzehntelangem Bemühen nicht als geklärt gelten. Trotz - oder gerade wegen - der Vielzahl der Lösungsversuche ist die Reichweite der Vorschrift immer noch umstritten. Einigkeit besteht allerdings im Bereich der Eingriffsverwaltung 39 auf der einen, weitgehende Einigkeit im Bereich der Fiskalverwaltung auf der anderen Seite: In der Eingriffsverwaltung, zu der insbesondere, aber nicht ausschließlich die Tätigkeiten von Polizei und (allgemeinen) Sicherheitsbehörden sowie die der Finanzverwaltung oder Landesverteidigung gehören40, wird seit jeher das „natürliche Betätigungsfeld" des Beamten gesehen, weil der Staat dem Bürger hier als übergeordnete Instanz entgegentritt und seine Freiheit und sein Eigentum - auch und gerade - zwangsweise beschränkt: „Wo der Staat und die öffentlich-rechtlichen Verwaltungseinheiten mit Befehl und Zwang vorgehen wollen oder müssen, dort kann die Verwaltung nur hoheitlich sein."41 38
Dies ergibt sich daraus, daß grundsätzlich nur solche juristische Personen des öffentlichen Rechts Beamte beschäftigen können, die kraft Herkommens oder gesetzlicher Verleihung Dienstherrnfähigkeit besitzen, vgl. dazu etwa § 121 BRRG, § 2 BBG. Bei der Übertragung von hoheitsrechtlichen Aufgaben auf Private im Rahmen der Organisationsprivatisierung ist durch Zuweisung von Beamten gem. § 123 a Abs. 2 BRRG sicherzustellen, daß Art. 33 Abs. 4 GG eingehalten wird, vgl. dazu umfassend unten Teil 2 C IV 3 b). 39 Vgl. stv. für viele Warbeck, RiA 1998, 22, 24; Lehnguth, ZBR 1991, 266, 269; Benndorf, DVB1. 1981, 23, 24, 27; Jung, Zweispurigkeit, S. 124; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 33; Isensee, Beamtenstreik, S. 86. 40 Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 56. Zum Begriff der Eingriffsverwaltung vgl. stv. für viele Warbeck (FN 39); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rdnr. 20ff.; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 3 Rdnr. 5. 41 Peters, Lehrbuch der Verwaltung, S. 129.
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
Einig sind sich auch nahezu42 alle Autoren, daß die Fiskalverwaltung 43, also die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand durch eigene unternehmerische Tätigkeit oder über Handelsgesellschaften sowie die Hilfsgeschäfte der Verwaltung (z.B. Kauf von Schreibmaterial), dem Funktionsvorbehalt nicht unterfällt. 44 Exemplarisch ist dafür die Feststellung Isensees: „Wo die Verwaltung nach kaufmännischen Grundsätzen arbeitet und sich in Ziel und Verfahren der Privatwirtschaft anpaßt, ist der Beamte fehl am Platz." 45 Otto begründete dies bereits 1956 mit der Überlegung, daß die öffentliche Hand hier mit denselben Rechten und Pflichten ausgestattet sei wie Privatpersonen. 46 Ob der Funktionsvorbehalt auch auf dem Gebiet der Leistungsverwaltung 47 gilt, die Infrastruktureinrichtungen (Straßen, Schulen, Krankenhäuser etc.) bereitstellt, Existenzsicherung betreibt (etwa durch Sozialhilfe und Sozialversicherung) und Maßnahmen zur Strukturverbesserung ergreift (z.B. Wirtschaftsförderung durch Subventionierung)48, ist dagegen umstritten. Die Meinungsvielfalt hierzu ist enorm: Die Ansichten reichen von einer generellen Ausklammerung 49 über eine differenzierte Betrachtungs42
Α. A. nur Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 127; Huber, Die Verwaltung 29 (1996), 437, 446 ff. 43 Vgl. zum Fiskus-Begriff Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 23 Rdnr. 19; Ehlers, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2 Rdnr. 69 ff., der empfiehlt, wegen des verschiedenartigen Sprachgebrauchs auf den Fiskus-Begriff ganz zu verzichten; kritisch diesbezüglich auch Burmeister, DÖV 1975, 695, 702f.; Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht - Kritik der Fiskustheorie exempflifiziert an § 1 UWG. Hier wird der Begriff der „Fiskalverwaltung" als das gesamte fiskalische Verwaltungshandeln, ausgenommen das Verwaltungsprivatrecht, d.h. die unmitttelbare Erfüllung von Verwaltungsaufgaben in der Form des Privatrechts, verstanden; vgl. dazu auch unten Teil 2 C IV 1. 44 Stv. für viele Warbeck, ZBR 1998, 22, 25; Lehnguth, ZBR 1991, 266, 269; Benndorf, DVB1. 1981, 23, 24; Feindt, DÖD 1974, 73, 75; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 37; Thieme, Studienkommission, Bd. 5, S. 301, 348; Ule, GR IV/2, S. 560; Otto, ZBR 1956, 233, 237. 45 Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 56; vgl. auch ders., DÖV 1970, 397, 399 ff. 46 Otto, ZBR 1956, 233, 237. 47 Vgl. zum Begriff etwa Warbeck, RiA 1998, 22, 23; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rdnr. 20; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 3 Rdnr. 6; grundlegend Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger. 48 Eingehend zu den einzelnen Teilbereichen Wolff/Bachof/Stober (FN 47), die auch die „Informationsverwaltung" einbeziehen wollen. 49 Leitges, Die Entwicklung des Hoheitsbegriffs in Art. 33 Abs. 4 GG, S. 199f.; Thieme, Aufgabenbereich, S. 27; ders., Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 57; ders., Studienkommission, Bd. 5, S. 301, 348ff. Thieme will aber jene Bereiche der Leistungsverwaltung, die seit jeher Domäne des Beamtentums waren (Schulen, Hochschulen), einbeziehen, weil jede institutionelle Garantie aus der Vergangenheit denke. Diese Einschränkung dürfte auch der Hintergrund der Bemerkung in seinem Gutachten für den 48. DJT, S. D 12f. sein: „Ei-
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
weise50 bis zur generellen Einbeziehung der Leistungsverwaltung in den Geltungsbereich des Funktionsvorbehalts.51 Unabhängig von der Unterscheidung zwischen Eingriffs- und Leistungsverwaltung besteht Einigkeit darüber, daß bloße Hilfstätigkeiten und rein mechanische Arbeiten aus dem Geltungsbereich des Funktionsvorbehalts auszuklammern sind.52 Schon § 148 Abs. 1 Satz 2 DBG 53 enthielt eine nerseits steht fest, daß nicht nur Akte der eingreifenden Verwaltung dazugehören." Trotzdem gilt Thieme in der Literatur als engagierter Vertreter der generellen NichtGeltung, vgl. nur Dörr, ZTR 1991, 182, 184; Leisner, in: ders. (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 123 FN 14, weshalb diese Einordnung hier beibehalten werden soll; Thieme vollinhaltlich folgend Dörr, Abgrenzung, S. 33f.; ders., ZTR 1991, 182, 184; AK-Schuppert, GG, Art. 33 Abs. 4, 5 Rdnr. 24ff.; die LeistungsVerwaltung generell ausnehmend auch Jung, Zweispurigkeit, S. 151 ff.; so im Ergebnis auch Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Auflage, § 23 II lit. a), die ohne Begründung „hoheitlich" mit „obrigkeitlich" gleichsetzen; in der Neubearbeitung von Stober, 10. Auflage, § 23 Rdnr. 38 wird es dagegen als „zweifelhaft" bezeichnet, ob der Funktionsvorbehalt nur für den Bereich der obrigkeitlichen und Eingriffsverwaltung gilt; in Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl., §111 Rdnr. 10 stellt letzterer explizit fest, daß die Leistungsverwaltung „nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 4 GG" herausgenommen werden darf, vielmehr auf die öffentlich-rechtliche Legitimation und die öffentlichrechtliche Form abzustellen sei. 50 Nach der Rechtsform des Verwaltungshandelns abgrenzend Rudolf, VVDStRL 37 (1979), S. 175, 202f.; Stern, Staatsrecht I, S. 349; Ule, Studienkommission, Bd. 5, S. 441, 453 f.; Wolff/Bachof/Stober (FN 49); Mayer, Studienkommission, Bd. 5, S. 557, 597f.; Lerche, Verbeamtung als Verfassungsauftrag?, S. 22; vgl. auch Otto, ZBR 1956, 233, 242, der die Rechtsform als eines von mehreren Kriterien für die Begriffsbestimmung verwendet; auf das Bestehen eines Subordinationsverhältnisses abstellend Ule, GR IV/2, S. 559f.; Benndorf, DVB1. 1981, 23, 26f.; den Gesichtspunkt der Subordination ergänzend heranziehend auch Otto, ebenda. Isensee, Beamtenstreik, S. 94 scheidet die Leistungs Verwaltung grundsätzlich aus dem Geltungsbereich des Funktionsvorbehalts aus, soweit nicht im Einzelfall obrigkeitliche Gewalt eingesetzt wird; auf die Bedeutung der Aufgabe rekurrierend Lehnguth, ZBR 1991, 266, 269ff.; nach der Grundrechtsrelevanz staatlichen Handelns differenzierend Haug, NVwZ 1999, 816, 818; Huber, Die Verwaltung 29 (1996), 437, 444f.; Ruland, ZRP 1983, 278, 282f.; ähnlich Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 35 f.; Lübbe-Wolff, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 33 Rdnr. 59; vgl. auch Badura, Gutachten, S. 90; auf den „Verantwortungsgrad für die Gesellschaft" abstellend Summer, ZBR 1999, 181, 190. 51 Hamann/Lenz, GG, Art. 33 Anm. 4; Fischbach, DÖV 1951, 453, 455 f.; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 33; von Münch, Studienkommission, Bd. 5, S. 71, 117; Leisner, in: ders. (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 121, 139ff.; ders., DVB1. 1978, 733, 736; Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 58; vgl. auch Lecheler, Beamtenaufgaben, S. 35, der zwar einerseits die gesamte Leistungsverwaltung, „unabhängig von ihrer Rechtsform" dem Funktionsvorbehalt unterstellen will, andererseits aber das Verwaltungsprivatrecht ausnimmt (ebenda, S. 39). 52 Vgl. dazu stv. für viele Warbeck, RiA 1998, 22, 24; Benndorf, DVB1. 1981, 23, 28 („Schreibdienst, Instandsetzungsarbeiten"); Schick, Studienkommission,
Teil : Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm Negativabgrenzung insoweit, als „eine Tätigkeit im Verwaltungsdienst, die sich in mechanischen Hilfeleistungen, im Schreibdienst und in einfachen Büroarbeiten erschöpft", keine obrigkeitliche Aufgabe 54 sei. Aus der Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG ergibt sich, daß davon auch bei der Interpretation der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" nicht abgerückt werden sollte.55
II. Die eigene Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG 1. Die Methodik der Auslegung Für eine Bestimmung der Reichweite des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG ist die Vorschrift auszulegen. Maßgeblich ist dafür der „objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und aus dem Sinnzusammenhang ergibt, in den die Norm hineingestellt ist." 56 Dabei sind auf der Grundlage der von Savigny aus der Rechtstradition aufgenommenen 57 Auslegungscanones58 der Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), ihr Zusammenhang (systematische Auslegung), ihr Zweck (teleologische Auslegung) Bd. 5, S. 171, 195 f. („rein manuelle Tätigkeiten"); Ule, Studienkommission, Bd. 5, S. 441, 454 („Die Erledigung technischer Arbeiten, vor allem in technischen Betrieben, z.B. bei der Bundesbahn und der Bundespost und bei den kommunalen Verkehrs- und Versorgungsbetrieben, aber auch bei Behörden, z.B. im Schreibdienst ... Hilfstätigkeit von Hausmeistern, Kraftfahrzeugfahrern, Heizern, Gärtnern, Boten usw."); Mayer, Studienkommission, Bd. 5, S. 557, 598 („rein technische Zuarbeiten oder bürotechnische Hilfeleistungen"); Lindgen, DÖD 1972, 1, 5 („Tätigkeit des internen Fernsprechvermittlungsdienstes, des Zeichners in einem Femmeldeamt, der Schreibkräfte, der Boten und der Kraftfahrer einer Dienststelle"). Eine ganz andere Frage ist es, ob nicht auch in solchen Bereichen verbeamtet werden darf, vgl. dazu eingehend unten Teil 2 E. 53 Deutsches Beamtengesetz (DBG) vom 26.01.1937, RGBl. I S. 39. 54 Dazu, daß „Aufgaben" in dieser Bestimmung und „Befugnisse" in der des Art. 33 Abs. 4 GG synonym verwandt wurden, vgl. unten Teil 2 C II 2 a). 55 Vgl. die Äußerung des Vorsitzenden des Grundsatzaussschusses Dr. von Mangoldt (CDU), in: JÖR, N.F., Bd. 1, S. 320: „Nein, die Stenotypistin ist niemals Beamtin ... Das Schreiben auf der Schreibmaschine ist keine Ausübung öffentlicher Gewalt." 56 BVerfGE 1, 299, 312; ständige Rspr., vgl. etwa BVerfGE 62, 1, 45. 57 Forsthoff, in: ders., Rechtsstaat im Wandel. Verfassungsrechtliche Abhandlungen 1954-1973, S. 130, 131. 58 Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Erster Band, S. 206ff. Savigny unterscheidet darin zwischen der grammatischen, logischen, historischen und systematischen Auslegung. Der teleologische Aspekt wurde erst im Anschluß an Savigny nutzbar gemacht, vgl. dazu Starck, HStR VII, § 164 Rdnr. 17.
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
sowie die Gesetzesmaterialien und die Entstehungsgeschichte (historische Auslegung) heranzuziehen.59 Die Auslegungsmethoden sollen sich gegenseitig ergänzen und stützen, doch kommt der im Rahmen der historischen Auslegung zutage tretenden subjektiven Regelungsabsicht der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit eines nach den anderen Auslegungsmethoden ermittelten Ergebnisses bestätigt oder Zweifel behebt, die anders nicht behoben werden könnten.60 Da alle Verfassungsbestimmungen so zu interpretieren sind, daß Widersprüche zu anderen Verfassungsnormen vermieden werden, ist im Rahmen der Auslegung auch das Prinzip der „Einheit der Verfassung" 61 zu berücksichtigen.62 Nachdem es in anderen europäischen Staaten keine Art. 33 Abs. 4 GG vergleichbare Norm gibt63, können rechtsvergleichende Aspekte zur Auslegung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" nichts beitragen.64 2. Der Wortlaut Der Wortlaut einer Norm ist chronologisch erste Auswahlinstanz in Frage kommender Lösungsmöglichkeiten und sachlich die Grenze zulässiger Lösungsalternativen.65 Zwar soll am Wortlaut des Gesetzes nicht gehaftet werden66, doch ist eine Auslegung unzulässig, durch die einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz ein entgegengesetzter Sinn gegeben würde.67 Wo sich Regelüngsabsichten des Gesetzgebers nicht im eindeuti59 BVerfGE 11, 1 26, 130; vgl. auch BVerfGE 35, 263, 278 f.; zur Kritik an der Heranziehung dieser Auslegungsmethoden im Rahmen der Verfassungsgerichtsbarkeit vgl. stv. für viele Müller, Juristische Methodik, Rdnr. 29 ff.; Hessse, Verfassungsrecht, § 2 Rdnr. 55 ff.; Koch, EuGRZ 1986, 345, 347ff.; dagegen Starck (FN 58), Rdnr. 18 ff. 60 Vgl. BVerfGE 1, 299, 312. 61 Vgl. zum Prinzip der „Einheit der Verfassung44 eingehend unten Teil 2 C II 6 a). 62 Hesse, Verfassungsrecht, § 2 Rdnr. 71. Starck, HStR VII, § 164 Rdnr. 19 will das Prinzip der „Einheit der Verfassung44 im Rahmen der systematischen Auslegung berücksichtigen. Ein Unterschied im Auslegungsergebnis ist damit nicht verbunden; zur evtl. Notwendigkeit einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG vgl. unten Teil 3 Β IV 3d) (1). 63 Vgl. dazu oben Teil 1 Β VI. 64 Vgl. zur Berücksichtigung rechtsvergleichender Aspekte im Rahmen der Verfassungsauslegung oben Teil 1 Β I FN 173. 65 So die Zusammenfassung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Wortlaut durch Müller, Juristische Methodik, S. 40. 66 BVerfGE 8, 210, 221. 67 BVerfGE 8, 210, 220; vgl. auch BVerfGE 8, 28, 33, wo das Gericht eine Verbindungslinie zwischen Wortlaut und Entstehungsgeschichte zieht. S Strauß
Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
gen Normtext niedergeschlagen haben, müssen sie im Rahmen der Auslegung unberücksichtigt bleiben.68 Eine Auslegung entgegen dem Wortlaut ist nur da ausnahmsweise möglich, wo eine sinnvolle Anwendung des Gesetzes dies zwingend erfordert. 69 Der Wortlaut steckt gleichsam das Feld ab, auf dem sich die weitere Tätigkeit des Auslegenden vollzieht.70 a) Die Beschränkung auf das Wort „ hoheitsrechtlich "
Die Wendung „hoheitsrechtliche Befugnisse" kann unter drei Aspekten untersucht werden: „Hoheitlich", „rechtlich" und „Befugnisse". Ein Teil der Literatur zieht aus der Tatsache, daß der Verfassungsgeber den Begriff der „Befugnisse" und nicht einfach den der „Aufgaben" verwendet hat, Schlüsse für die Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG. „Befugnisse" könnten nur Verwaltungsorganen zustehen, seien also auf die Repräsentation des Staates nach außen gerichtet.71 Vorbereitende, unterstützende und beratende Tätigkeiten würden damit vom Funktionsvorbehalt nicht umfaßt. Diese, auf der „Organtheorie"72 von Gierkes beruhende Ansicht verkennt aber, daß die Organtheorie nur erklärt, daß der Staat durch seine Organe handeln muß. Die Frage, wann ein solches Handeln vorliegt, läßt sie gerade unbeantwortet.73 Wollte man aus der Verwendung des Wortes „Befugnisse" so weitreichende Schlüsse ziehen, würde man im übrigen der Wortwahl des Verfassungsgebers eine Bedeutung zumessen, die ihr nicht zukommt. Der Parlamentarische Rat sah zwischen „Befugnissen" und „Aufgaben" keinen Unterschied.74 Das Wort „Befugnisse" wird deshalb aus der Betrachtung ausgeschieden. Der Zusatz „-rechtlich" kann nur relevant werden, wenn das von ihm näher bestimmte „hoheitlich" ein verbindlicher Rechtsterminus ist.75 Deshalb ist zunächst der Begrif „hoheitlich" zu untersuchen. Erst wenn dies zu einem Erkenntnisgewinn führt, macht es Sinn, das Suffix „-rechtlich" näher zu betrachten. 68
BVerfGE 13, 261, 268. BVerfGE 9, 89, 104f; 13, 261, 268; 22, 28, 37; einer sinnvollen Anwendung der Gesetze Vorrang einräumend auch BVerfGE 14, 260, 262; 35, 263, 278 f. 70 Larenz, Methodenlehre, S. 324. 71 So etwa Wertenbruch, JVB1. 1962, 73, 78 f. 72 Vgl. dazu Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 456ff. 73 Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 9 f. 74 Vgl. dazu JÖR, N.F., Bd. 1, S. 323: „Hoheitsrechtliche Befugnisse im engeren Sinne werden ausgeübt, wenn der Staat ... tätig wird. Nur insoweit aber sollte man verlangen, daß die ständige Ausübung solcher Aufgaben durch Beamte erfolgen muß." 75 Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 8. 69
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse b) Der allgemeine Sprachgebrauch
Kern der Wortes „hoheitlich" ist die „Hoheit", also eine höhere Stellung des einen, hier naturgemäß des Staates, zu einem anderen, hier naturgemäß dem Bürger. 76 Ein solches Verhältnis der Überlegenheit besteht nun sicher in der Eingriffsverwaltung, wo der Staat Befehl und Zwang einsetzt. Überlegen ist der Staat dem Bürger aber auch in der Leistungs- und sogar in der Fiskalverwaltung. Denn auch da, wo er am Wettbewerb teilnimmt, hat der Staat i.d.R. bessere wirtschaftliche, finanzielle und organisatorische Mittel als der Privatmann77 und ist im Gegensatz zu diesem insolvenzunfähig.78 Selbst im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe - man denke etwa an die Rüstung - gibt es Bereiche, in denen der Bürger als Bewerber dem Staat praktisch ausgeliefert und damit unterlegen ist, weil dieser einziger Auftraggeber ist.79 Keine Über- und Unterordnung liegt dagegen bei den „normalen" Hilfsgeschäften der Verwaltung vor, also bei denen, die nicht durch ein wie eben beschriebenes „Ausgeliefertsein" gekennzeichnet sind. Hier ist der Staat Vertragspartner wie jeder andere auch. Eine Erstreckung des Funktionsvorbehalts auch auf diesen Bereich würde dem Wortlaut der „Hoheitsrechtlichkeit" zuwiderlaufen. c) Der spezifisch-juristische
Sprachgebrauch
(1) Im Grundgesetz Neben dem allgemeinen könnte sich ein spezifisch-juristischer Sprachgebrauch gebildet haben. Zunächst ist an einen spezifischen Sprachgebrauch des Verfassungsgebers zu denken. Der Hoheitsbegriff wird im Grundgesetz außerhalb von Art. 33 Abs. 4 GG noch mehrmals verwendet: In Art. 12 a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 8 0 sowie Art. 24 Abs. 1, 1 a und 2 GG. 81 76
Vgl. dazu nur Thieme, Aufgabenbereich, S. 18 f.; Jung, Zweispurigkeit, S. 132f.; Kirchhof (FN 75), S. 3; Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 420. 77 Zumindest für die finanziellen Mittel dürfte dies nicht zu widerlegen sein, denn kein Privater, sei er auch noch so vermögend, kann auf die Summe der Steuereinnahmen zurückgreifen; die Überlegenheit aufgrund dieser Kriterien bejahend auch Thieme (FN 76); Jung (FN 76); Kirchhof (FN 75), S. 4; dagegen - nicht überzeugend - Peine (FN 76), 420 f. 78 Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 523. 79 Vgl. dazu Rüfner, HStR V, § 117 Rdnr. 44. 80 Art. 12 a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2: „Verpflichtungen in öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse sind nur zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben oder solcher hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, die nur in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis erfüllt werden können, zulässig." 81 Art. 24 Abs. 1: „Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen." 5*
Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
Art. 12 a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 GG kann zur Auslegung nichts beitragen, weil die Einschränkung „sind nur zur Wahrnehmung ... hoheitlicher Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ... zulässig" erst im Hinblick auf den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG notwendig wurde.82 Insoweit ist davon auszugehen, daß sich der Begriff der „hoheitlichen Aufgaben" in Art. 12 a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 GG an den der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG anlehnt - ersterer wäre also dogmatisch richtig aus letzterem zu bestimmen und nicht umgekehrt. Daß das Grundgesetz einen einheitlichen Begriff des „Hoheitlichen" nicht kennt, zeigt sich am Vergleich des Art. 24 mit Art. 33 Abs. 4 GG: Der Hoheitsbegriff des Art. 24 GG beinhaltet im Gegensatz zu Art. 33 Abs. 4 GG sowohl Exekutive als auch Legislative und Judikative.83 Hinzu kommt, daß sich Art. 24 GG in weit höherem Maße an das Ausland als an das Inland wendet,84 während bei Art. 33 Abs. 4 GG organisationsrechtliche Fragen im Vordergrund stehen,85 die sich auf den innerstaatlichen Bereich beschränken.86 Ein spezifischer Sprachgebrauch im Grundgesetz ist also nicht festzustellen. (2) In der Rechtslehre Ein spezifischer Sprachgebrauch könnte sich in der Rechtslehre gebildet haben. Ein Blick auf die einschlägige Literatur zeigt aber, daß davon nicht die Rede sein kann: Von einigen Autoren wird „hoheitlich" mit „obrigkeitlich" gleichgesetzt, wobei jeweils Eingriffs- und Leistungsverwaltung erfaßt Art. 24 Abs. 1 a: „Soweit die Länder für die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben zuständig sind, können sie mit Zustimmung der Bundesregierung Hoheitsrechte auf grenznachbarschaftliche Einrichtungen übertragen." Art. 24 Abs. 2: „Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern." 82 Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12a Rdnr. 173 f.; die Herleitung eines spezifisch juristischen Sprachgebrauchs aus Art. 12 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 verneinend auch Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 421; Jung, Zweispurigkeit, S. 133 f. 83 Schmidt/Bleibtreu/Klein, GG, Art. 24 Rdnr. 2; Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 24 Abs. 1 Rdnr. 33; vgl. dazu auch Glaesner, DÖV 1959, 653; kritisch Schätzel, in: Der Kampf um den Wehrbeitrag, Bd. 2, 2. Halbband, S. 638; zur Novellierung des Art. 24 GG Grotefels, DVB1. 1994, 785 ff. 84 Schätzel (FN 83), S. 639. 85 Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 45; Wertenbruch, JVB1. 1962, 73. 86 Dazu, daß Art. 33 Abs. 4 GG eine - gewisse - Außenwirkung erlangt hat, vgl. die Diskussion um das Verhältnis von Art. 33 Abs. 4 GG zu Art. 39 [ex 48] EGV unten Teil 3.
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
sein sollen.87 Wieder andere differenzieren zwischen hoheitlichem und obrigkeitlichem Handeln, verstehen aber unter hoheitlich und obrigkeitlich jeweils etwas anderes.88 So verwundert es auch nicht, daß im Parlamentarischen Rat zunächst versucht wurde, die Ausdrücke „Hoheitsaufgaben" bzw. „obrigkeitliche Aufgaben" durch den Begriff der „Daueraufgaben" zu ersetzen.89 Festzustellen bleibt, daß sich ein einheitlicher juristischer Sprachgebrauch in bezug auf das Wort „hoheitlich" nicht gebildet hat. d) Zwischenergebnis
Dem Wortlaut des Art. 33 Abs. 4 GG ist für die Auslegung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" nur insoweit ein Ergebnis zu entnehmen, als die Hilfsgeschäfte der Verwaltung, bei denen kein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürger vorliegt, dem Funktionsvorbehalt nicht unterfallen. 3. Die historische Auslegung Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers.90 Trotz einer gewissen Neigung des Gerichts, die Entstehungsgeschichte einer Norm bei der Ermittlung des objektivierten Willens des Gesetzgebers abzuwerten91, hat 87
Otto, ZBR 1956, 233, 238; so auch schon das Reichsgericht, vgl. etwa RGZ 138, 318 („obrigkeitliche Schutz- und Fürsorgeaufgaben"). 88 Vgl. nur Fischbach, DÖV 1951, 453, 455 FN 9, der unter Hoheitsakten nur Regierungsakte versteht, obrigkeitliche Akte dagegen der Exekutive zuordnet; auf der anderen Seite Wertenbruch, JVB1. 1962, 73, 79, der unter „hoheitlich" Eingriffsund Leistungsverwaltung, unter „obrigkeitlich" nur die Eingriffsverwaltung versteht; vgl. zum ganzen jeweils m.w.Nachw. Jung, Zweispurigkeit, S. 135; Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 6 f. 89 Vgl. Begründung zum Antrag des Abg. Dr. Strauß (CDU), das Wort „Daueraufgaben" zu verwenden (JÖR, N.F., Bd. 1, S. 315): Er habe das Wort „Hoheitsaufgaben" vermieden, weil der Begriff der Hoheitsaufgabe vielfach unklar sei. 90 BVerfGE 1, 299, 312; bestätigt etwa in BVerfGE 10, 234, 244; 11, 126, 130f.; 20, 283, 293; 47, 109, 127; 48, 246, 256; 53, 207, 212. Müller, Juristische Methodik, Rdnr. 25 gibt jedoch zu bedenken, daß sich das Bundesverfassungsgericht zwar programmatisch, nicht aber in folgerichtiger Praxis für die „objektive Theorie" entschieden habe. 91 BVerfGE 11, 126, 130f.; 13, 261, 268; 54, 277, 298; 62, 1, 45: Der aus der Entstehungsgeschichte resultierende subjektive Wille des Gesetzgebers kann danach nur berücksichtigt werden, wenn er sich im Text der Norm niedergeschlagen hat; umfassend zur Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes als Mittel der Verfassungsinterpretation Sachs, DVB1. 1984, 73 ff.
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
es diese sowie die historischen Hintergründe wiederholt seinen Entscheidungen zugrunde gelegt.92 Obwohl die historischen Hintergründe immer auch - in einem weiteren Sinn - Bestandteil der Entstehungsgeschichte sind, wird im folgenden aus Gründen der Übersichtlichkeit zwischen beiden getrennt.93 a) Die historischen Hintergründe
(1) Die Rechtslage vor 1945 Zunächst stellt sich die Frage, ob der Parlamentarische Rat bei seinen Verhandlungen zum Funktionsvorbehalt auf Vorbilder in der Deutschen Rechtsgeschichte zurückgreifen konnte. Dabei ist zunächst auf die Rechtslage vor 1945 einzugehen: Weder im 10. Titel des 2. Teils des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 179494, noch in der Bayerischen Hauptlandespragmatik von 180595 ist eine ähnliche Bestimmung enthalten. Auch die Paulskirchenverfassung von 1849 weist nichts dem Art. 33 Abs. 4 GG Vergleichbares auf. 96 Ebensowenig ist in der Verfassung des Norddeutschen Bundes97 und der Reichsverfassung von 187198 eine Norm zu finden, die den Beamten einen bestimmten Aufgabenbereich zugewiesen hätte. Obwohl die Weimarer Reichsverfassung umfangreiche Regelungen für Beamte traf 99, gewährleistete auch sie den Beamten keine bestimmten Funktionen. 92 BVerfGE 1, 117, 127; 2, 266, 275f.; 4, 299, 304f., 9, 89, 102ff.; 9, 109, 112ff.; 55, 207, 226f.; 62, 1,45. 93 Vgl. dazu auch Dörr, Abgrenzung, S. 10ff. Auf eine Differenzierung der historischen Auslegung nach Gesetzgebungsmaterialien und Entstehungsgeschichte (vgl. dazu etwa Jung, Zweispurigkeit, S. 135 ff.) wurde verzichtet, da letztere sich i.d.R. erst aus den Materialien entnehmen läßt. 94 Zitiert in: Summer, Dokumente zur Geschichte des Beamtenrechts, S. 29Iff. Der Zehnte Titel mit der Überschrift „Von den Rechten und Pflichten der Diener des Staats" lautete in seinen Allgemeinen Grundsätzen: „§ 1: Militair- und Civilbediente sind vorzüglich bestimmt, die Sicherheit, die gute Ordnung und den Wohlstand des Staats unterhalten und befördern zu helfen. § 2: Sie sind, außer den allgemeinen Unerthanenpflichten, dem Oberhaupte des Staates besondere Treue und Gehorsam schuldig. § 3: Ein jeder ist nach der Beschaffenheit seines Amtes, und nach dem Inhalte seiner Instruction, dem Staat noch zu besonderen Diensten durch Eid und Pflicht zugethan." 95 Zitiert, in: Summer (FN 94), S. 114ff. 96 In § 137 Abs. 6 war lediglich die gleiche Zugänglichkeit zu den öffentlichen Ämtern normiert, vgl. dazu eingehend Kühne, Die Reichs Verfassung der Paulskirche, S. 297 ff. 97 Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes 1867, S. 2. 98 RGBl. 1871 S. 63. 99 Vgl. dazu oben Teil 1 A II 6.
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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Mit der Feststellung, daß der Funktionsvorbehalt nicht positiv-rechtlich normiert war, ist indes noch nicht gesagt, daß der im Funktionsvorbehalt verankerte Gedanke der Zuweisung eines bestimmten Aufgabenkreises an Beamte keine Rolle gespielt hätte: Sowohl im Reich100 als auch in Preußen101 war er Gewohnheitsrecht. Das Reichsgericht entwickelte in dieser Hinsicht eine umfangreiche Kasuistik, weil es dem formellen Kriterium der Aushändigung einer Ernennungsurkunde102 nur deklaratorischen Charakter beimaß103 und in demjenigen einen Beamten sah, der „öffentlich-rechtliche Dienstfunktionen" wahrnahm.104 Allerdings zog es den Kreis der öffentlichrechtlichen Dienstfunktion sehr weit und zählte zu den dem Berufsbeamtentum danach vorbehaltenen „obrigkeitlichen Funktionen"105 auch „Schutzund Fürsorgeaufgaben", 106 also solche, die man heute der Leistungsverwaltung zuordnen würde. Diese weite Rechtsprechung des Reichsgerichts wurde vom Verfassungsgeber auch berücksichtigt, wie die Äußerung des Abg. Dr. Strauß (CDU) beweist, er habe in seinem Antrag den Begriff der „Hoheitsaufgabe" vermieden, weil „die schwankende Rechtsprechung ... plötzlich die ganzen Postangelegenheiten als öffentlich-rechtliche Hoheitsangelegenheiten angesehen hat."107 Während der Beratungen im Parlamentarischen Rat zitierte der Abg. Dr. Laforet 108 im Zusammenhang mit der Frage, was „hoheitsrechtlich" bedeute, § 148 Abs. 1 DBG. 109 Der Gesetzgeber hatte sich mit dieser Vorschrift zur Auffassung des Reichsgerichts in Widerspruch gesetzt, wonach auch Schutz- und Fürsorgeaufgaben zur obrigkeitlichen Verwaltung zählten. Denn wenn er die Staatssicherheitsaufgaben, die damals vorwiegend als 100
Vgl. nur RGZ 125, 421. RGZ 37, 225ff.; 82, Iff. 102 Die Pflicht zur Aushändigung einer solchen Urkunde war bereits in § 4 Satz 1 des Reichsbeamtengesetzes vom 31.03.1873, RGBl. S. 61 normiert worden. 103 Vgl. nur RGZ 99, 265, 267; 113, 219, 221; 125, 420, 421; 139, 305, 308. 104 RGZ 37, 225, 233; vgl. dagegen zur preußischen Beamtenrechtstradition, wonach es für die Begründung eines Beamtenverhältnisses allein auf den Akt der Anstellung ankommt, und deren Verknüpfung mit dem Urkundsprinzip Leitges, Die Entwicklung des Hoheitsbegriffs in Art. 33 Abs. 4 GG, S. 169ff. 105 Diesen Begriff verwendete das RG zumeist zur Beschreibung der öffentlichrechtlichen Dienstfunktion, vgl. etwa RGZ 106, 17, 19; 108, 415, 418. 106 RGZ 138, 316, 318. 107 JÖR, N.F., Bd. 1, S. 315; unrichtig insofern die Ansicht Jungs, Zweispurigkeit, S. 138, eine Bezugnahme des historischen Gesetzgebers auf diese weite Auffassung des Reichsgerichts sei nicht nachzuweisen. 108 JÖR (FN 107), S. 316. 109 Deutsches Beamtengesetz vom 26.01.1937, RGBl. I S. 39; § 148 Abs. 1 Satz 1 DBG lautete: „Stellen für Beamte dürfen nur eingerichtet werden, soweit sie die Wahrnehmung obrigkeitlicher Aufgaben in sich schließen oder aus Gründen der Staatssicherheit nicht von Angestellten oder Arbeitern versehen werden dürfen." 101
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
Aufgaben der LeistungsVerwaltung angesehen wurden110, neben den obrigkeitlichen Aufgaben erwähnte, spricht dies dafür, daß mit „obrigkeitlich" nur Aufgaben der Eingriffsverwaltung gemeint waren. Hinzu kommt, daß der Gesetzgeber durch die Verwendung des Wortes „insbesondere" in § 148 Abs. 1 Satz 3 DBG 1 1 1 zum Ausdruck brachte, daß er neben den Tätigkeiten, die sich ihrer Art nach von solchen des allgemeinen Wirtschaftslebens nicht unterscheiden, noch weitere Bereiche als nicht obrigkeitlich ansah. (2) Die Rechtslage nach 1945 Gesetzliche Bestimmungen nach 1945 können nur dann für die Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG relevant sein, wenn sie bereits vor Inkrafttreten des Grundgesetzes bestanden. Unter diesem Gesichtspunkt scheidet Art. 46 Abs. 1 Satz 1 der Vorläufigen Niedersächsischen Verfassung, der eine im Vergleich zu Art. 33 Abs. 4 GG völlig gleichlautende Fassung aufwies, aus, da sie erst 1951 geschaffen wurde. 112 Anders verhält es sich mit Art. 93 Abs. I 1 1 3 der Verfassung des ehemaligen Landes WürttembergBaden („Die Erfüllung der hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung obliegt in der Regel den Beamten. Die Übertragung solcher Aufgaben auf Angestellte ist zulässig") sowie des Art. 125 114 der rheinland-pfälzischen Verfassung („Die Hoheitsrechte des Staates werden in der Regel von Berufs- oder Ehrenbeamten ausgeübt"). In der Literatur wurde zu beiden Bestimmungen die Meinung vertreten, sie umfaßten nicht nur die obrigkeitliche, sondern auch die betreuende Verwaltung sowie technische Aufgaben wie etwa die Errichtung von Gebäuden, Veranstaltung von Ausstellungen und Schaffung von Sportplätzen.115 Daraus ergibt sich aber für die Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG wenig: Wenn die Kommentatoren zu den o.g. Bestimmungen die Ansicht vertreten, diese schlössen auch die Leistungs110 Fischbach, DBG, § 148 Anm. 3 zur Abs. 1; so auch Dörr, Abgrenzung, S. 11 f., der aber andererseits - ohne nähere Begründung - feststellt, daß auch einiges dafür spreche, daß der Gesetzgeber hier an die Rechtsprechung des Reichsgericht anknüpfen wollte; gegen eine Ausklammerung der Leistungsverwaltung auch Wiehert, Beamtenreichsrecht, S. 62. 111 § 148 Abs. 1 Satz 3: „Als obrigkeitliche Aufgabe gilt insbesondere nicht eine Tätigkeit, die sich ihrer Art nach von solchen des allgemeinen Wirtschaftslebens nicht unterscheidet, sowie eine Tätigkeit im Verwaltungsdienste, die sich in mechanischen Hilfeleistungen, im Schreibdienst und in einfachen Büroarbeiten erschöpft." 112 GVB1. S. 103. 113 RegBl. 1946, S. 277. 114 VOB1. 1947, S. 209. 115 Nebinger, Kommentar zur Verfassung für Württemberg-Baden, Art. 93 Anm. 1; Süsterhenn/Schäfer, Kommentar zur Verfassung von Rheinland-Pfalz mit Berücksichtigung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 125 Anm. 2.
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
Verwaltung mit ein, bedürfte dies der gleichen Diskussion, wie sie um Art. 33 Abs. 4 GG geführt wird. Der Wortlaut der Normen ist jedenfalls nicht eindeutiger als der des Grundgesetzes.116 b) Die Entstehungsgeschichte
des Art. 33 Abs. 4 GG
Die Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG und damit der Wille des historischen Gesetzgebers läßt sich anhand der Materialien nachvollziehen. Danach geht der Funktionsvorbehalt auf einen Antrag des Abg. Dr. Strauß (CDU) im Zuständigkeitsausschuß zurück, wonach „die staatlichen und gemeindlichen Daueraufgaben ... grundsätzlich von Berufsbeamten auszuüben [sind], die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zu ihrem Dienstherrn stehen."117 In der Begründung seines Antrags führte Dr. Strauß aus, er habe das Wort „Hoheitsaufgaben" bewußt vermieden, weil der Begriff unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts vielfach unklar sei. Hoheitsaufgaben würden wohl auch bei den Ernährungsämtern, Wirtschaftsämtern und ähnlichen staatlichen Organen ausgeübt.118 Daraus kann aber nicht geschlossen werden, der Funktionsvorbehalt habe von Anfang an nicht die Leistungsverwaltung erfassen sollen.119 Vielmehr zeigt der Antrag im Gegenteil, daß Art. 33 Abs. 4 GG nach der Idee des Antragstellers ursprünglich auch für die Leistungsverwaltung gelten sollte. Denn die Aufgaben der Ernährungsämter - also solche der Leistungsverwaltung - sollten nur deswegen nicht dem Funktionsvorbehalt unterfallen, weil damals schon vorauszusehen war, daß sie sich mit zunehmender wirtschaftlicher Gesundung erledigen würden.120 Der ursprüngliche Antrag („Daueraufgaben") umfaßte sämtliche staatliche Aufgaben, die nicht von vorübergehender Natur waren. Bereits in derselben Sitzung zeichnete sich aber ab, daß die Reichweite des Funktionsvorbehalts eingeschränkt werden sollte. Dies macht die Kritik des Abg. Dr. Wagner (SPD) am Wort „Daueraufgaben" deutlich: „Das Wort »Daueraufgaben4 eignet sich nicht für eine Verfassung, für ein Gesetz. Das Betreiben eines Elektrizitätswerkes, eines Staaatsbetriebes, eines gemeindlichen Eigenbetriebes ist eine Daueraufgabe, und ich habe einen kaufmännischen Angestellten 116
So auch Thieme, Aufgabenbereich, S. 19f; Dörr, Abgrenzung, S. 10f. JÖR, N.F., Bd. 1, S. 314. 118 JÖR (FN 117), S. 315: „Ich erinnere an die schwankende Rechtsprechung, die plötzlich die ganzen Postangelegenheiten als öffentlich-rechtliche Hoheitsangelegenheiten angesehen hat. Wir haben deswegen gesagt, das sind Daueraufgaben und nicht Hoheitsaufgaben, um klarzustellen, daß nicht unbedingt bei den Ernährungsämtern, Wirtschaftsämtern und ähnlichen staatlichen Organen, die doch wahrscheinlich Hoheitsaufgaben ausüben, lebenslänglich Beamte sein müssen." 119 So aber Jung, Zweispurigkeit, S. 136. 120 So auch Lübbe-Wolff, in: Dreier (Hrsg.), Art. 33 Rdnr. 59. 117
Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
dort. Ich habe Leute, die die Zähler ablesen. Muß ich diesen Mann als öffentlich-rechtlichen Beamten anstellen?"121 Durch die weiteren Beratungen zog sich eine Tendenz zur Einschränkung des FunktionsVorbehalts. So zeigte sich in der 15. Sitzung des Zuständigkeitsausschusses der Abg. Schönfelder (SPD) mit der Wendung „Dauernde Aufgaben in Ausübung öffentlicher Gewalt", die von Dr. Strauß schließlich vorgeschlagen worden war, 122 nicht einverstanden, weil es unmöglich sei, in Hamburg die ganze Kategorie der Fürsorgerinnen zu Beamten zu machen, obwohl sie Daueraufgaben in Ausübung öffentlicher Gewalt wahrzunehmen hätten.123 In der 28. Sitzung des Grundsatzausschusses am 03.12.1948 äußerte sich Dr. von Mangoldt (CDU) zum Verständnis des Begriffs „Ausübung öffentlicher Gewalt": Eine solche liege immer nur dann vor, „wenn mit zwingender Kraft die Staatsmacht dahinter steht. Das Wesen des Staates liegt darin, daß er mit unwiderstehlicher Kraft gebieten kann. Wo etwas Derartiges ausgeübt wird, liegt öffentliche Gewalt vor." 124 Deshalb sollten auch die Postschalterbeamten und Stenotypistinnen nicht vom Funktionsvorbehalt erfaßt werden, die Lehrer nur aus traditionellen Gründen.125 Als der Allgemeine Redaktionsausschuß in seinem Vorschlag vom 25.01.1949 den Begriff der „Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse" verwendete, war damit eine bewußte Abkehr von der Wendung „öffentliche Gewalt" verbunden: „Man sollte nicht von der Ausübung öffentlicher Gewalt sprechen. Die Ausübung öffentlicher Gewalt geht weiter als die Ausübung von hoheitsrechtlichen Befugnissen. Hoheitsrechtliche Befugnisse im engeren Sinne werden ausgeübt, wenn der Staat oder eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft als »Obrigkeit4 tätig wird. Nur insoweit sollte man verlangen, daß die ständige Ausübung solcher Aufgaben durch Beamte erfolgen muß."126 Die Entstehung des Art. 33 Abs. 4 GG war also von einer Tendenz geprägt, seinen Anwendungsbereich immer weiter einzuschränken (von den „staatlichen und gemeindlichen Daueraufgaben" über die „dauernden Aufgaben in Ausübung öffentlicher Gewalt" bis zur „Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse"). Nach der Endfassung sollten den Beamten nur mit Befehl und Zwang verbundene obrigkeitliche Aufgaben, also solche der Eingriffs Verwaltung, vorbehalten bleiben.127 121
JÖR, N.F., Bd. 1, S. 315 f. In der 13. Sitzung des Zuständigkeitsausschusses am 15.10.1948; vgl. JÖR (FN 121), S. 316. 123 JÖR (FN 121), S. 318. 124 JÖR (FN 121), S. 320. 125 JÖR (FN 121), S. 320. 126 JÖR (FN 121), S. 323. 127 Deshalb kann kann man aus dem ursprünglichen Antrag nicht den Schluß ziehen, der Parlamentarische Rat habe grundrechtswesentliche Leistungen in Art. 33 Abs. 4 GG einbeziehen wollen (so aber Lübbe-Wolff, in: Dreier [Hrsg.], GG, Art. 33 122
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse c) Zwischenergebnis
Die historischen Hintergründe legen sowohl im Hinblick auf die weite Rechtsprechung des Reichsgerichts zu den Beamtenaufgaben, von der bei der Schaffung des Art. 33 Abs. 4 GG ersichtlich abgewichen werden sollte, als auch in Anbetracht von Art. 148 Abs. 1 DBG den Schluß nahe, daß der Begriff der hoheitsrechtliche Befugnisse weder die Fiskal- noch die Leistungsverwaltung, sondern nur die Eingriffsverwaltung erfassen sollte.128 Die Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG spricht dafür, den Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" auf die Eingriffsverwaltung zu beschränken und lediglich aus traditionellen Gründen die Tätigkeit der Lehrer und Hochschullehrer einzubeziehen. 4. Die systematische Auslegung Für eine systematische Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG eröffnen sich zwei Wege: Zum einen kann die Vorschrift im Hinblick auf die anderen Absätze desselben Artikels betrachtet werden (innere Systematik). Zum anderen ist es sinnvoll, zu untersuchen, wie sie sich in den Gesamtkomplex der anderen Bestimmungen des Grundgesetzes zum öffentlichen Dienstrecht, und hier insbesondere zum Recht der Angestellten, einfügt (äußere Systematik). a) Die innere Systematik
(1) Der Funktionsvorbehalt und Art. 33 Abs. 1-3 GG Art. 33 Abs. 1-3 GG können zur Auslegung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" nichts beitragen, weil in ihnen ein ganz anderer Fragenkreis geregelt ist als in den Abs. 4 und 5 und für die Zusammenfassung in einem Artikel kein sachlicher Grund besteht.129 Bei den Beratungen im Parlamentarischen Rat war deshalb zunächst auch nicht vorgesehen, die Absätze 1-3 zusammen mit den Abs. 4 und 5 in einem Artikel zu regeln. 130 Rdnr. 59). Denn die Änderung des Wortlauts und die Argumente dafür zeigen, daß der Parlamentarische Rat die Leistungsverwaltung aus dem Geltungsbereich des Funktionsvorbehalts schließlich ausklammern wollte. 128 So auch Jung, Zweispurigkeit, S. 138 f.; anders in bezug auf die Leistungsverwaltung Thieme, Aufgabenbereich, S. 20; nicht ganz eindeutig Dörr, Abgrenzung, S. 12. 129 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 1. 130 Abs. 1 und 2 waren zunächst als Art. 13 im Grundrechtsteil enthalten (vgl. dazu JÖR, N.F., Bd. 1, S. 306), Abs. 4 und 5 als Art. 27 b bei den Normativbestimmungen für die Landesverfassungen (vgl. dazu ebenda, S. 322).
Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
(2) Der Regelungszusammenhang mit Art. 33 Abs. 5 GG Besitzt Art. 33 Abs. 4 GG keine Berührungspunkte mit Art. 33 Abs. 1-3, verhält es sich in bezug auf Art. 33 Abs. 5 GG anders: Zwischen den Abs. 4 und 5 des Art. 33 GG besteht ein enger Zusammenhang. Wenn Abs. 5 vorwiegend regelt, wie das Beamtenverhältnis auszugestalten ist, ergänzt ihn Abs. 4 insoweit, als er sicherstellt, daß einem so ausgestalteten Beamtentum auch ein substantiell bedeutsamer Tätigkeitsbereich verbleibt. „Ein Beamtentum, das zwar nach den »hergebrachten Grundsätzen4 funktioniert, jedoch nur eine untergeordnete Funktion in der Staatsverwaltung hätte, würde nicht die ihm vom Grundgesetz zugedachte Stellung einnehmen.44131 In Art. 33 Abs. 4 und Abs. 5 GG hat der Verfassungsgeber so eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums normiert, die zwei Seiten hat: Den Vorbehalt eines bestimmten Wirkungskreises für die Beamten (Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG) und die Gewährleistung der überlieferten Struktur des Berufsbeamtentums (Strukturgarantie des Art. 33 Abs. 5 GG). 132 (a) Die Reichweite der personellen Garantie des Art. 33 Abs. 5 GG
Welche Folgerungen aus dem Regelungszusammenhang zwischen Art. 33 Abs. 4 und Abs. 5 GG zu ziehen sind, hängt davon ab, wie weit der persönliche Geltungsbereich des Abs. 5 erstreckt wird. Geht man davon aus, daß sich der Regelungsauftrag des Art. 33 Abs. 5 GG auch auf die Angestellten und Arbeiter bezieht,133 erfaßt der Funktionsvorbehält die LeistungsVerwaltung grundsätzlich nicht. Wenn der Verfassungsgeber die beiden Gruppen des öffentlichen Dienstes auf diesem Weg angleicht, zeigt er damit, daß er die von den Angestellten zu erledigenden Aufgaben für so wichtig hält, daß sie nur in einer Rechtsstellung bewältigt werden können, die die Grundsätze des Berufsbeamtentums berücksichtigt. Egal, wie man diese Aufgaben nun im einzelnen bestimmen wollte - völlig untergeordnet und dem Wesen der Staatlichkeit fern können sie nicht sein: Denn ansonsten bedürfte es einer solchen Regelung, die z.B. auch das Streikverbot einschlösse, eben 131
Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 32. Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 50. 133 So insbesondere Wacke, in: Neues Beamtentum, S. 152, 165; ders., Grundlagen des öffentlichen Dienstrechts, S. 28; Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 35 ff.; ders, Aufgabenbereich, S. 22f., der aber jeweils inkonsequent und ohne nähere Begründung nur die Angestellten und - wohl - nicht die Arbeiter erfassen will; differenzierend Kranz, DÖV 1955, 166, der zwar Angestellte und Arbeiter miteinbezieht, auf sie aber nicht die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums anwendet. 132
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
nicht. Dies ließe auf einen engen Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" schließen.134 Ohne im einzelnen auf die Argumente eingehen zu können, die für die Sichtweise des Art. 33 Abs. 5 GG als Regelungsauftrag für Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes vorgetragen werden135, sprechen ihre Ergebnisse entscheidend gegen sie: Wäre das Recht der Angestellten und Arbeiter nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums auszugestalten, würde damit auch das Streikrecht beseitigt. Hinzu käme, daß das Beschäftigungsverhältnis der Angestellten nicht mehr tarifvertraglich, sondern einseitig öffentlich-rechtlich zu regeln wäre. Daß der Verfassungsgeber eine derartige Revolution des öffentlichen Dienstrechts quasi „en passant" ins Grundgesetz aufgenommen haben sollte, ist nicht anzunehmen. Ein derartiger Vorgang hätte im Grundgesetz einen deutlicheren Niederschlag finden müssen.136 Auch das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß Art. 33 Abs. 5 GG nur Berufsbeamte betrifft. 137 (b) Der Funktionsvorbehalt als hergebrachter des Berufsbeamtentums
Grundsatz
Ein Teil der Literatur 138 will Art. 33 Abs. 5 GG für eine enge Auslegung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" heranziehen, indem er den Funktionsvorbehalt als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums begreift. Wäre diese Sichtweise richtig, müßte die Personalstruktur, so wie sie vor 1933 bestand, auch unter der Geltung des Grundgesetzes bei der Organisation der Verwaltung zumindest berücksichtigt werden. Wenn bereits in der Weimarer Republik die Eingriffsverwaltung fast ausschließlich Berufsbeamte, die Leistungsverwaltung vielfach Angestellte beschäftigt hätte139, könnte dies zu einem Ausschluß der Leistungsverwaltung aus dem Geltungsbereich des Funktionsvorbehalts führen: Wenn schon damals die tatsächliche Personalstruktur des öffentlichen Dienstes zu einer Beschrän134
So ausdrücklich Thieme, Aufgabenbereich, S. 24. Eingehend dazu etwa Jung, Zweispurigkeit, S. 142 ff.; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 46ff.; Dörr, Abgrenzung, S. 15 f. 136 Maunz (FN 135), Rdnr. 48; Dörr (FN 135), S. 15. So bezieht auch die ganz h. M. Angestellte und Arbeiter nicht in den Regelungsgehalt von Art. 33 Abs. 5 GG ein, vgl. nur Battis, in: Sachs, GG, Art. 33 Rdnr. 69; Jarass/Pieroth, Art. 33 Rdnr. 13; Jung, Zweispurigkeit, S. 142ff. 137 So schon BVerfGE 3, 162, 186; 15, 167, 196. 138 So etwa Jung, Zweispurigkeit, S. 145; ihm folgend Becker, Funktionelle Abgrenzung, S. 243 f.; Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 423. 139 So Jung (FN 138), S. 78 ff. 135
Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
kung des Funktionsvorbehalts auf die Eingriffsverwaltung tendierte, würde Art. 33 Abs. 5 GG durch das Gebot, die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu berücksichtigen, die Leistungsverwaltung möglicherweise selbst ausschließen.140 Art. 33 Abs. 4 GG hätte also von Anfang an nur mit diesem Inhalt gegolten. Fraglich ist zunächst schon, ob ein Funktionsvorbehalt mit dem Inhalt, Aufgaben der Leistungsverwaltung würden von Angestellten erfüllt, ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums ist. Dann müßte er eines der Strukturprinzipien sein, „die allgemein oder doch ganz überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind."141 Das Vordringen der Angestellten im öffentlichen Dienst und das mit ihm verbundene Zurückdrängen des Berufsbeamtentums wurde aber weder als „verbindlich anerkannt und gewahrt", noch allgemein als Rechtsgrundsatz gesehen, sondern weithin bedauert.142 Selbst wenn man von einem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums mit dem Inhalt ausgehen wollte, daß eine Verbeamtungspflicht nur in jenen Bereichen besteht, die auch zur Zeit der Weimarer Republik mit Beamten besetzt waren, würde dessen Inhalt nicht zu einer Beschränkung auf die Eingriffsverwaltung führen. Denn zum einen gab es während der Weimarer Republik in der Leistungsverwaltung der Länder immer noch weit - mehr Beamte als Angestellte143, zum anderen müßte man noch den Anteil der nicht unter den Funktionsvorbehalt fallenden 144 rein mechanischen Hilfstätigkeiten vom Angestelltenanteil abziehen.145 Auch die Überlegung, es sei auf jeden Fall kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, „daß Aufgaben der Leistungsverwaltung von Beamten wahrgenommen werden müssen" 146, vermag nichts zu einer engen Auslegung des Funktionsvorbehalts beizutragen. Damit wird etwas widerlegt, was nie behauptet worden ist, nämlich die Ausdehnung des Funktionsvorbehalts auf die Leistungsverwaltung aus dessen Charakter als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums. 140
Jung (FN 138) S. 145. BVerfGE 8, 332, 343; 15, 167, 195 f.; 38, 1, 12; 46, 97, 117; 58, 68, 76f.; 62, 374, 383; 64, 232, 351; 83, 89, 98. 142 Leisner, in: ders. (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 121, 129. 143 Dies zeigt die Analyse Jungs selbst. Nach seinen Untersuchungen war die Leistungsverwaltung der Länder überwiegend, nämlich zu 72 %, mit Beamten besetzt, vgl. dazu ders., Zweispurigkeit, S. 80. 144 Vgl. dazu unten Teil 2 C II 5 b) 3 (b) (dd). 145 Vgl. dazu Leisner, in: ders. (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 121, 128 FN 34. 146 Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 423. 141
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse (c) Art. 33 Abs. 5 GG als Qualifikationserfordernis
Das Argument, es sei nicht einzusehen, warum gerade das Berufsbeamtentum von den speziellen Grundsätzen des Art. 33 Abs. 5 GG geprägt sein solle, wenn dem nicht auch eine besondere Qualität seiner Aufgaben gegenüberstehe147, vermag im Rahmen der systematischen Interpretation zu einer Beschränkung auf die Eingriffsverwaltung nichts beizutragen. Dazu müßte nämlich zunächst geklärt werden, ob nicht auch die Leistungsverwaltung Aufgaben mit einer solchen „besonderen Qualität" bereithält. Welcher Qualität die Aufgaben sein müssen, die von Beamten zu erfüllen sind und deshalb dem Funktionsvorbehalt unterfallen, läßt sich erst nach einer Bestimmung von Sinn und Zweck des Art. 33 Abs. 4 GG ermitteln. Dies ist aber eine Frage der teleologischen, nicht der systematischen Auslegung.148 b) Die äußere Systematik des Art. 33 Abs. 4 GG
(1) Die Einbettung des Art. 33 Abs. 4 in den II. Abschnitt des Grundgesetzes Art. 33 wurde in den Zweiten Abschnitt des Grundgesetzes „Der Bund und die Länder" aufgenommen. Daraus könnten sich Gesichtspunkte für die Auslegung ergeben, wenn zwischen den einzelnen Bestimmungen dieses Abschnitts ein systematischer Zusammenhang bestünde. Betrachtet man allerdings den zweiten Abschnitt des Grundgesetzes unter systematischen Aspekten, ergibt sich Folgendes: Die Regelungen zum Parteienrecht (Art. 21), zum Verhältnis zwischen Völkerrecht und staatlichem Recht (Art. 25), zum Verbot des Angriffskriegs (Art. 26) oder zur Amtshaftung (Art. 34) haben mit dem Verhältnis zwischen Bund und Ländern nur insofern - marginal - zu tun, als sie, wie andere Normen des Grundgesetzes auch, gleichermaßen für den Bund wie für die Länder maßgeblich sind.149 Dort, wo der II. Abschnitt tatsächlich das Bund-Länder-Verhältnis betrifft, handelt es sich nicht um eine systematische, vollständige Kodifikation dieses Verhältnisses: Einerseits sind in ihm wichtige Strukturprinzipien der Bundesstaatlichkeit enthalten wie z.B. die Gliederung des Bundesgebietes in Länder, die grundsätzliche Verteilung der Befugnisse und Aufgaben zwischen Bund und Ländern (Art. 30) sowie das Rangverhältnis zwischen 147 Dazu, daß die in Art. 33 Abs. 5 GG normierten Rechte und Pflichten des Beamten nur aus den Aufgaben gerechtfertigt werden können, die dieser zu erfüllen hat, vgl. stv. für viele Peine (FN 146), 423 f.; Benndorf, DVB1. 1981, 23, 26; Isensee, Beamtenstreik, S. 93. 148 So i.E. auch Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 55. 149 Maunz/Zippelius, Deutsches Staatsrecht, § 16 I 1.
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
Bundes- und Landesrecht (Art. 31). Andererseits fehlen aber wesentliche Teile: So finden sich die Bestimmungen über den Bundesrat in Art. 50-53, die über Bundes- und Landeszuständigkeiten in der Gesetzgebung in Art. 70-75, die über die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung in Art. 83-91, das Finanzwesen ist in Art. 104a-115 geregelt. Ein systematischer Zusammenhang zwischen den einzelnen Bestimmungen des Zweiten Abschnittes des Grundgesetzes besteht damit nicht.150 Vielmehr handelt es sich hier um ein „Konglomerat der verschiedenartigsten Vorschriften," 151 deren Überschrift nicht einmal ihrem Inhalt entspricht.152 Aus der Einbettung des Art. 33 Abs. 4 in die Bestimmungen des Grundgesetzes über den Bund und die Länder kann angesichts deren fehlender Systematik kein Rückschluß auf den Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" gezogen werden.153 (2) Der Regelungszusammenhang mit Art. 34 GG Sowohl Art. 33 Abs. 4 GG als auch Art. 34 GG, der zusammen mit § 839 BGB die gesetzliche Grundlage der sog. Amtshaftung bildet, haben als Zielgruppe den Beamten. Allerdings wird der Beamtenbegriff von beiden Vorschriften anders verstanden: Während Art. 33 Abs. 4 GG auf den sog. Beamten im staatsrechtlichen Sinne154 abstellt, betrifft Art. 839 BGB den Beamten im haftungsrechtlichen Sinne. Beamte im haftungsrechtlichen Sinne sind nicht nur Bedienstete, die durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde ordentlich ernannt worden sind, sondern auch Angestellte und Arbeiter, sofern sie nur in öffentlich-rechtlicher Form handeln.155 Durch die Wendung „in Ausübung eines öffentlichen Amtes" sollte also der 150
So ausdrücklich Zinn, AöR 75 (1949/50), 291, 305 f. Giese/Schunck, GG, Vorbemerkung zum II. Abschnitt, beklagen die „schlechte Systematik". Hamann/ Lenz, GG, Vorbemerkung zum II. Abschnitt, kritisieren, daß dieser Abschnitt „nicht annähernd" die innere Geschlossenheit der anderen Abschnitte des Grundgesetzes habe. 151 Von Mangoldt/Klein, GG, Vorbemerkung II 1 zu Abschnitt II. 152 Wernicke, in: BK, Erläuterung zum Abschnitt II, spricht von einer „wenig passenden Überschrift"; Hamann/Lenz, GG, Vorbemerkung zum Zweiten Abschnitt, halten sie nur für „nicht ganz korrekt". 153 So auch Jung, Zweispurigkeit, S. 141 f. 154 Beamter im staatsrechtlichen Sinne ist, wer in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis steht und unter Aushändigung einer formgerechten Urkunde zum Beamten ernannt worden ist, stv. statt vieler Kunig, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), 6. Abschnitt, Rdnr. 56 und vorne Einleitung A FN 3. 155 Vgl. stv. statt vieler Jarass/Pieroth, GG, Art. 34 Rdnr. 6 und oben Einleitung A FN 3; zum Personenkreis, der darüber hinaus Beamter im haftungsrechtlichen Sinne sein kann, vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 13; umfassend zur gesamten Problematik Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 2. Teil.
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
1
gesamte Bereich hoheitlichen Handelns der Amtshaftung unterstellt werden.156 Aus diesem Umstand könnte man folgern, daß Art. 33 Abs. 4 GG einschränkend interpretiert werden muß: Wenn nämlich Art. 34 GG Berufsbeamte und Angestellte in der Hoheitsverwaltung gleichstelle, zeige er damit, daß es auch einen Hoheitsbereich gebe, der nicht von Art. 33 Abs. 4 GG erfaßt werde. Daraus ergebe sich, daß der Hoheitsbegriff der beiden Vorschriften unterschiedlich sein müsse: Art. 33 Abs. 4 GG umfasse nur die Eingriffsverwaltung, Art. 34 GG dagegen zusätzlich auch die Leistungs Verwaltung.157 Die Folgerung eines unterschiedlichen Hoheitsbegriffs in Art. 33 Abs. 4 GG und Art. 34 GG ist nicht zwingend: Gegen sie spricht der Umstand, daß Art. 34 GG den Sinn hat, dem Bürger mit dem Staat einen solventen Schuldner zur Verfügung zu stellen. Schließlich hat der Staat dem Amtswalter erst durch die Verleihung hoheitlicher Befugnisse die Möglichkeit eröffnet, dem Bürger Schaden zuzufügen. 158 Diesen Sinn behält die Amtshaftung auch dann, wenn der Hoheitsbegriff beider Vorschriften übereinstimmt. Denn auch da, wo eine Verbeamtungspflicht nach Art. 33 Abs. 4 GG besteht, ist dies nur bei einer „ständigen Aufgabe" und auch dann nur „in der Regel" der Fall. Angestellte können also - verfassungskonform - auch in der Eingriffsverwaltung tätig werden. Eine ausschließliche Verwendung nur in der Leistungsverwaltung schreibt das Grundgesetz gerade nicht vor. Nur wenn dies anders wäre, könnte man von einem unterschiedlichen Hoheitsbegriff in Art. 33 Abs. 4 GG und Art. 34 GG ausgehen.159 Daß Art. 34 GG auch die Haftung des Staates bei hoheitlichem Handeln von Angestellten regelt, heißt damit noch nicht, daß der Funktionsvorbehalt auf die Eingriffsverwaltung zu beschränken wäre. Art. 34 GG geht nur davon aus, daß hoheitlich auch andere Personen als Beamte im staatsrechtlichen Sinne tätig werden können und erkennt die Notwendigkeit an, auch hier 156
Ossenbühl (FN 155), S. 13. Jung, Zweispurigkeit, S. 145 f.; ihm offensichtlich folgend, aber ohne stringente Begründung Dörr, Abgrenzung, S. 18; auf Art. 34 GG verweisend auch Thieme, Aufgabenbereich, S. 24; Jung falsch verstehend Becker, Funktionelle Abgrenzung, S. 244 FN 824: Aus der Annahme, daß beide Vorschriften verschiedene Hoheitsbegriffe haben, folgert Jung eben nicht, daß Art. 34 GG nichts zu einer Interpretation des Art. 33 Abs. 4 GG beitragen kann. 158 Vgl. dazu nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 6. 159 Zwar versucht Jung, Zweispurigkeit, S. 146, sein Ergebnis durch die Überlegung zu stützen, daß das Grundgesetz die Aussage des Art. 34 lediglich entsprechend auf Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst hätte anwenden dürfen, wenn es damit nur Mißverständnissen in den Fällen vermeiden wollte, in denen ausnahmsweise Angestellte Hoheitsbefugnisse i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG wahrnehmen. Diese These scheint aber nur schwer begründbar. Im übrigen ist es äußerst problematisch, dem Verfassungsgeber vorzuschreiben, was er hätte tun müssen, um so verstanden zu werden, wie er verstanden werden wollte bzw. zu verstehen ist. 157
6 Strauß
Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
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eine Haftung des Staates zu begründen - für die Bestimmung der Reichweite des Funktionsvorbehalts gibt diese Vorschrift nichts her. 1 6 0 (3) Der Gesamtkomplex des Rechts der Angestellten im Grundgesetz Um eine enge Sichtweise des Funktionsvorbehalts zu begründen, verweist ein Teil der Literatur auf den Gesamtkomplex des Rechts der Angestellten im Grundgesetz. 161 Wenn das Grundgesetz im Gegensatz zur Weimarer Reichsverfassung 162 die Angestellten im öffentlichen Dienst mehrmals anspreche oder sogar ausdrücklich erwähne (Art. 36 Abs. 1 Satz 2, Art. 73 Nr. 8, Art. 75 Abs. 1 Nr. 1, Art. 85 Abs. 2 Satz 2, Art. 137 Abs. I ) 1 6 3 deute dies auf einen engen Begriff der „hoheitsrechlichen Befugnisse" hin. Denn das offensichtliche Interesse an den Angestellten des öffentlichen Dienstes lasse die Annahme nicht zu, daß das Grundgesetz sie als bloße Randfiguren angesehen habe. Damit könne aber der Bereich, in dem Angestellte eingesetzt werden dürfen, nur weit sein und der Bereich, der den Beamten ausschließlich vorbehalten sei, nur eng. 1 6 4 Die Inkompatibilitätsregelung des Art. 137 Abs. I 1 6 5 und der Vergleich von Art. 85 Abs. 2 Satz 2 1 6 6 mit Art. 108 Abs. 2 Satz 2 G G 1 6 7 sollen diese Ansicht stützen. 168 160
So i.E. auch Leisner, in: ders. (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 121, 129, der noch weitere Argumente gegen die These Jungs vorträgt. 161 Thieme, Aufgabenbereich, S. 24f.; Jung, Zweispurigkeit, S. 147ff.; Dörr, Abgrenzung, S. 18 f. 162 Während die WRV sich in den Art. 128 bis 131 WRV - verhältnismäßig eingehend mit den Beamten beschäftigt (vgl. dazu oben Teil 1 A II 6), spricht sie lediglich in Art. 16 Satz 2 von Beamten, Angestellten und Arbeitern der Reichsverwaltung, die wenn möglich auf Wunsch in ihren Heimatgebieten zu verwenden seien. 163 Nicht mehr relevant sind in diesem Zusammenhang Art. 131 und 132 GG, weil es sich bei ihnen um Übergangsvorschriften handelt, die auf die Vergangenheit Bezug nehmen und für die Zukunft nichts auszusagen vermögen, vgl. dazu eingehend Thieme, Aufgabenbereich, S. 24. 164 Thieme (FN 163), S. 24f. 165 Art. 137 Abs. 1: „Die Wählbarkeit von Beamten, Angestellten des öffentlichen Dienstes, Berufssoldaten, freiwilligen Soldaten auf Zeit und Richtern im Bund, in den Ländern und den Gemeinden kann gesetzlich beschränkt werden." Art. 137 Abs. 2 und 3 GG sind durch Zeitablauf überholt. 166 Art. 85 Abs. 2: „Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen. Sie kann die einheitliche Ausbildung der Beamten und Angestellten regeln. Die Leiter der Mittelbehörden sind mit ihrem Einvernehmen zu bestellen." 167 Art. 108 Abs. 2: „Die übrigen Steuern werden durch Landesfinanzbehörden verwaltet. Der Aufbau dieser Behörden und die einheitliche Ausbildung der Beam-
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse (a) Die Inkompatibilitätsregelung
des Art. 137 Abs. 1 GG
Im Hinblick auf Art. 137 Abs. 1 stellt sich die Frage, warum das Grundgesetz Beschränkungen der Wählbarkeit von Beamten und Angestellten billigt, wenn es andererseits den Angestellten die gesamte Hoheitsverwaltung als ständige Aufgabe grundsätzlich verwehrt. Man könnte aus der Regelung des Art. 137 Abs. 1 GG schließen, die Angestellten seien unnötig und ungerechtfertigt belastet: Einer Inkompatibilität bedürfe es gar nicht, wenn ihnen i.d.R. ohnehin nur untergeordnete Tätigkeiten bzw. solche ohne Entscheidungsbefugnisse zustünden. Also mache Art. 137 Abs. 1 GG nur Sinn, wenn auch der Angestellte Entscheidungskompetenzen in der Leistungsverwaltung besitze, was wiederum bedinge, daß Art. 33 Abs. 4 GG diesen Bereich nicht erfasse. 169 Gegen die Heranziehung des Art. 137 Abs. 1 GG als Argument für eine Beschränkung der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" auf die Eingriffsverwaltung spricht indes Folgendes: Auch wenn der Funktionsvorbehalt die Leistungsverwaltung umfaßt, würde dies nichts daran ändern, daß in der gesamten Verwaltung auch Angestellte Entscheidungsbefugnisse innehaben könnten. Dies wäre zwar nur im Rahmen der Einschränkungen des Art. 33 Abs. 4 GG möglich. Daraus kann aber noch nicht gefolgert werden, eine Regelung der Inkompatibilität von Exekutivamt und Abgeordnetenmandat sei überflüssig. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Vorschrift des Art. 137 Abs. 1 GG auch und gerade hier ihre Berechtigung hat. So waren etwa die Aufgaben des Lastenausgleichs per se keine „ständigen" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG. Sie dürften aber dem Verfassungsgeber angesichts der Millionen von Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg stärker vor Augen gestanden haben als zahlreiche ständige. Hinzu kommt, daß die Angestellten in jedem Fall in der Fiskalverwaltung eingesetzt werden können. Die Gefahr von Interessenkonflikten im Falle der Wahl eines Angestellten in eine Volksvertretung ist auch hier nicht auszuschließen.170
ten können durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt werden. Die Leiter der Mittelbehörden sind im Einvernehmen mit der Bundesregierung zu bestellen." 168 Jung, Zweispurigkeit, S. 149f. 169 Jung (FN 168), S. 149. 170 Vgl. dazu auch Leisner, in ders. (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 121, 129f. 6*
Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm (b) Der Vergleich von Art. 85 Abs. 2 Satz 2 und Art. 108 Abs. 2 Satz 2 GG
Aus dem Umstand, daß Art. 85 Abs. 2 Satz 2 GG dem Bund im Rahmen der Auftragsverwaltung eine Einflußnahme auf die Ausbildung sowohl der Beamten wie auch der Angestellten ermöglicht, während Art. 108 Abs. 2 Satz 2 GG ihm im Bereich der Finanzverwaltung diese Befugnis nur in bezug auf die Beamten einräumt, könnte gefolgert werden, das Grundgesetz gehe von einer geringeren Bedeutung der Angestellten in der Finanzverwaltung aus.171 Diese geringere Bedeutung könnte es rechtfertigen, auf die Möglichkeit einer bundeseinheitlichen Ausbildung anders als bei den Beamten zu verzichten. Die unterschiedlichen Regelungen des Art. 85 Abs. 2 Satz 2 und Art. 108 Abs. 2 Satz 2 GG bekämen erst dann Sinn, wenn der Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" nur die Eingriffsverwaltung umfaßte. Dann würde die Finanzverwaltung als typische Eingriff s Verwaltung von Beamten getragen, so daß Angestellten nur untergeordnete Funktionen zukämen, was eine Einflußnahme des Bundes auf ihre Ausbildung überflüssig machen würde. Daß der Bund dagegen die Notwendigkeit einer einheitlichen Ausbildung in der Auftragsverwaltung auch für Angestellte sah, ließe sich damit erklären, daß die Auftragsverwaltung zum Teil Eingriffs-, z.T. Leistungsverwaltung ist. In der Leistungsverwaltung wären dann hoheitliche Befugnisse von Angestellten auszuüben. Da beide Gruppen damit hoheitliche Befugnisse ausüben würden, erschiene es nicht angebracht, nur die Ausbildung der Beamten einer bundeseinheitlichen Ausbildung zu unterwerfen. 172 Eine an den Ausbildungsvorbehalten des Bundes ausgerichtete Argumentation zeigt indes deutlich, wie wenig eine systematische Auslegung zur Problemlösung beitragen kann. Selbst wenn die Annahme, das Grundgesetz gehe von einer geringeren Bedeutung der Angestellten in der Eingriffsverwaltung aus, richtig wäre 173, und wenn darüber hinaus auch die Folgerung zuträfe, Sinn mache der unterschiedliche Wortlaut der Art. 85 Abs. 2 Satz 2 und 108 Abs. 2 Satz 2 GG nur, wenn der Funktionsvorbehält die Leistungs171
Jung, Zweispurigkeit, S. 149 f. Vgl. zu dieser Argumentation eingehend Jung (FN 171). 173 Dies könnte man aus der unterschiedlichen Formulierung beider Bestimmungen nicht entnehmen, wenn mit ihr keine derartigen Vorstellungen verbunden waren. Davon geht Wacke, Das Finanzwesen der Bundesrepublik, S. 52 aus, der in der Nichterwähnung der Angestellten in Art. 108 Abs. 3 Satz 2 GG ein Redaktionsversehen sieht. Dafür spricht, daß bei den Beratungen zu beiden Vorschriften die fraglichen Wendungen einen völlig untergeordneten Raum einnahmen (vgl. dazu JÖR, N.F., Bd. 1, S. 636ff. und S. 790ff.). Hätten sie ihren Hintergrund im Umfang des Funktionsvorbehalts gehabt, läge die Annahme nahe, daß dies auch zur Sprache gekommen wäre. 172
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
Verwaltung nicht erfasse, ist damit nur ein geringer Erkenntnisgewinn verbunden. Denn die Formulierung beider Bestimmungen kann sich nur aus dem Willen des Verfassungsgebers ergeben. Daß dieser aber nur die Eingriffsverwaltung dem Funktionsvorbehalt unterstellen wollte, wurde bereits festgestellt. 174 Darüber hinaus ist die Systematik des Gesetzes wenig hilfreich 175: Zur Widerlegung der These etwa, daß Art. 33 Abs. 4 GG aufgrund einer Akzentverschiebung der staatlichen Tätigkeit von der Eingriffszur Leistungsverwaltung hin dynamisch interpretiert werden müsse176, vermag sie nichts beizutragen. Denn diese Entwicklung war für den historischen Gesetzgeber, der die Systematik des Grundgesetzes entwarf und die einzelnen Bestimmungen formulierte, wenigstens in diesem Ausmaß noch nicht vorauszusehen.177 Hierzu bedarf es eines Rückgriffs auf Sinn und Zweck des Art. 33 Abs. 4 GG. c) Zwischenergebnis
Weder die innere noch die äußere Systematik vermögen zur Bestimmung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" etwas beizutragen. 5. Die teleologische Auslegung Die Wortlaut-Auslegung und die systematische Interpretation haben nicht zu einer eindeutigen und abschließenden Bestimmung der Reichweite des Funktionsvorbehalts geführt. Ein klares Ergebnis brachte dagegen die historische Auslegung: Nach der subjektiven Regelungsabsicht des Parlamentarischen Rates konnten „hoheitsrechtliche Befugnisse" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG nur in der Eingriffsverwaltung ausgeübt werden. Lediglich aus traditionellen Gründen sollte der Funktionsvorbehalt auch Lehrer und Hochschullehrer erfassen. 178 Dieses Ergebnis kann nur dann Bestand haben, wenn es mit Sinn und Zweck des Art. 33 Abs. 4 GG vereinbar ist. 179 Denn das Gesetz „gewinnt ... mit der Länge der Zeit, mehr und mehr gleichsam ein 174
Vgl. oben Teil 2 C II 3 b). So i.E. auch Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 50f. 176 Grundlegend Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 33; Schick, Studienkommission, Bd. 5, S. 171 ff., der von einer „erweiternden Auslegung" und „extensiven Interpretation" (S. 193) spricht, schließlich auch den Terminus „dynamisch" ins Feld führt (S. 194); Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 58; vgl. auch Mayer, Studienkommission, Bd. 5, S. 557, 597 f., der im Ergebnis ebenfalls dynamisch interpretiert und die Bereiche der Leistungsverwaltung einbezieht, in denen Verwaltungsakte ergehen können. 177 Vgl. dazu etwa Mayer (FN 176), S. 598; a. A. Jung, Zweispurigkeit, S. 139f. 178 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 3 b). 179 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 1. 175
Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm eigenes Leben und entfernt sich damit von den Vorstellungen seiner Urheber." 1 8 0 a) Der institutionelle
Charakter des Funktionsvorbehalts
Art. 33 Abs. 4 GG soll im Zusammenspiel mit Abs. 5 die Institution des Berufsbeamtentums garantieren. 181 Dabei gibt Abs. 5 das „Wie" der Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses vor, Abs. 4 stellt sicher, daß den in einem solchen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis Stehenden auch ein substantiell bedeutsamer Tätigkeitsbereich erhalten bleibt. 182 Jede institutionelle Garantie denkt notwendigerweise aus der Vergangenheit. 1 8 3 Der Schritt von dieser Erkenntnis zu einer engen Auslegung des Funktionsvorbehalts ist nicht mehr weit: Zur Zeit der Entstehung des Grundgesetzes war der „klassische" Wirkungsbereich des Beamten die Eingriffsverwaltung. Wenn der dem Beamtentum vorbehaltene Bereich damals vornehmlich die Eingriffsverwaltung umfaßte, spricht dies dafür, den Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" eng auszulegen. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß ein Teil der Leistungsverwaltung, nämlich die Tätigkeit der Lehrer und Hochschullehrer, schon immer als Domäne des Beamtentums angesehen wurde. Wenn diese Berufsgruppen seit jeher als die „typischen deutschen Beamten" 184 galten, muß sich die institutionelle
180 Larenz, Methodenlehre, S. 317. Andererseits gibt Larenz als Regel für das Verhältnis der Auslegungsmethoden untereinander an, daß objektive-teleologische Kriterien erst dann heranzuziehen seien, wenn die übrigen drei Kriterien (Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte) nicht zu einem Ergebnis führten, ebenda, S. 344. Aufzulösen ist dieser Widerspruch durch die Erkenntnis, daß die Auslegung nicht „Rechenexempel", sondern „schöpferische Geistestätigkeit" ist, die keinen strengen Regeln unterworfen werden kann, ebenda, S. 346. Im übrigen kann auch im Rahmen der teleologischen Auslegung die Entstehungsgeschichte nicht völlig vernachlässigt werden. Denn der hinter einer Regelung stehende Zweck läßt sich nur anhand der ursprünglich mit ihrer Schaffung verbundenen Vorstellungen ermitteln, siehe dazu sogleich. 181 Vgl. stv. für viele Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 50; AK-Schuppert, GG, Art. 33 Abs. 4, 5 Rdnr. 24; Thieme, Aufgabenbereich, S. 25 f.; Jung, Zweispurigkeit, S. 151; grundlegend zu institutionellen Garantien Schmitt, Verfassungslehre, S. 170ff.; ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze, S. 140ff.; umfassend Schmidt-Jortzig, Die Einrichtungsgarantien der Verfassung; speziell in bezug auf das Berufsbeamtentum Dennewitz, Die institutionelle Garantie. 182 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 32. 183 Thieme, Aufgabenbereich, S. 27. 184 Wagener, VVDStRL 37 (1978), S. 215, 220 spricht zwar davon, daß „der Lehrer der typische deutsche Beamte" ist, bezieht in den Begriff des Lehrers aber auch die Hochschullehrer ein. Die Situation hat sich bis heute nicht geändert: Einer Gesamtzahl von 1.902.319 Beamten am 30.06.1996 standen 779.816 hauptberufli-
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
Garantie auch auf sie beziehen.185 Damit ergäbe sich unter Berücksichtigung des Gesichtspunkts, daß Art. 33 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 GG eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums darstellt, eine enge Auslegung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse". Aus traditionellen Gründen würde aber die Tätigkeit der Lehrer und Hochschullehrer von ihm umfaßt. 186 Gegen eine solche enge Sichtweise des Funktionsvorbehalts aus dem Charakter des Art. 33 Abs. 4 GG als Teil eine institutionellen Garantie kann nicht eingewandt werden, in der Nachkriegszeit sei die Eingriffsverwaltung in zunehmendem Maße von der gewährenden Verwaltung verdrängt worden, so daß bei einer Begrenzung des Funktionsvorbehalts auf die Eingriffsverwaltung sein Anwendungsbereich immer mehr eingeschränkt werde. 187 Die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums will diesem einen substantiell bedeutsamen Tätigkeitsbereich erhalten. Die Notwendigkeit einer Erweiterung der hoheitsrechtlichen Befugnisse des Art. 33 Abs. 4 GG im Rahmen einer „dynamischen Auslegung" auf die Leistungsverwaltung ergäbe sich damit erst dann, wenn das Berufsbeamtentum über keinen solchen substantiell bedeutsamen Tätigkeitsbereich mehr verfügen und so zur „Randfigur" der Verwaltung werden und ein „Schattendasein" fristen würde. Da aber auch bei einer engen Auslegung des Funktionsvorbehalts die gesamte Eingriffsverwaltung und damit ein substantiell bedeutsamer Bereich staatlichen Handelns mit Beamten zu besetzen wäre, kann von einem solchen Schattendasein auch bei Verzicht auf eine dynamische Auslegung nicht die Rede sein. Die Ausweitung des Funktionsvorbehalts im Rahmen einer dynamischen Auslegung beruht damit „weithin auf einem Fehlschluß von der Ordnung der staatlichen Aufgaben auf die dienstrechtliche Struktur." 188 Der Charakter des Art. 33 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 GG als institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums läßt sich andererseits auch für eine erweiternde Auslegung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" des che Lehrer im Schuljahr 1996/97 gegenüber, vgl. dazu eingehend m.w.Nachw. unten Teil 2 C V 1 FN 412f. 185 Vgl. dazu, daß dies auch bei den Beratungen zum Grundgesetz so gesehen wurde, die Äußerung des Abg. Dr. von Mangoldt (CDU), JÖR, N.F., Bd. 1, S. 314, 320: „Bei den Schulen betonen wir immer wieder, daß sie Aufgabe des Staates sind. Es besteht die Schulpflicht. Die Lehrer haben die Durchführung der Schulpflicht natürlich auch nicht in der Hand ... Die Frage ist nach unserem Recht kaum umstritten. Man hat die Lehrpersonen immer zu den Beamten gerechnet." 186 So Thieme, Aufgabenbereich, S. 27f.; Dörr, Abgrenzung, S. 19ff.; ders., ZTR 1991, 182, 186. 187 So aber die Vertreter der sog. „dynamischen Auslegung", vgl. dazu oben Teil 2 C II 4b) (3) (b) FN 176. 188 Isensee, Beamtenstreik, S. 89; ihm folgend AK-Schuppert, GG, Art. 33 Abs. 4, 5 Rdnr. 30; ebenso Dörr, Abgrenzung, S. 31.
Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm
Art. 33 Abs. 4 GG nutzbar machen. Hintergrund der Schaffung der institutionellen Garantie des Art. 33 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 GG war die ungesicherte Stellung des Berufsbeamtentums nach dem Zweiten Weltkrieg.189 Die Verankerung einer institutionellen Garantie im Grundgesetz sollte dem Berufsbeamtentum Schutz vor drohenden Gefahren bieten.190 Die Existenz einer bestimmten Gruppe des öffentlichen Dienstes ist aber umso wirksamer gewährleistet, je mehr Mitglieder ihr angehören. Mit ihrer Ausdehnung vergrößert sich nicht nur ihr Einfluß auf die politischen Mandatsträger, die ihre Abschaffung beschließen könnten.191 Einer solchen Abschaffung würde auch die „normative Kraft des Faktischen" entgegenstehen, die umso größer wäre, je mehr Angehörige der Beamtenstand hätte.192 Der Charakter des Art. 33 Abs. 4 und 5 GG als institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums kann damit eine enge Auslegung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" nicht begründen. b) Die funktionelle
Komponente des Funktionsvorbehalts
(1) Die Strukturelemente des Beamtenverhältnisses Art. 33 Abs. 4 GG verfolgt i.V.m. Abs. 5 das Ziel, das Berufsbeamtentum zu garantieren. Sinn und Zweck der Vorschrift erschöpfen sich darin aber nicht. Wenn das Grundgesetz den Typus des Berufsbeamten garantiert, muß es damit seinerseits wieder einen Zweck verfolgen, denn eine „zwecklose Garantie kann nicht im Sinne des Verfassungsgebers gewesen sein. 189
Vgl. dazu oben Teil 2 C II 3 b). Schon der Antrag auf Aufnahme des Funktionsvorbehalts in das Grundgesetz wurde von Dr. Strauß (CDU) damit begründet, „daß wir gerade im Hinblick auf die Verhältnisse im Osten das Berufsbeamtentum für die Länder irgendwo verankern müssen und daß das die geeignete Stelle ist", vgl. JÖR, N.F., S. 314. Die Verhältnisse im Osten, also in der sowjetisch besetzten Zone, waren aber gerade durch die Abschaffung des Berufsbeamtentums geprägt, vgl. dazu oben Teil 1 A II 8 b); vgl. auch Thieme, Aufgabenbereich, S. 27. 191 Daß dieser Gedanke auch heute noch berechtigt ist, zeigt die Tatsache, daß eine mittlerweile an der Regierung befindliche Partei 1990 im Bundestag den Antrag gestellt hat, das Berufsbeamtentum abzuschaffen, vgl. dazu Antrag der Fraktion „Die Grünen": „Kein Berufsbeamtentum in einem vereinigten Deutschland" vom 01. 06.1990, BT-Drs. 11/7328, S. Iff. Man wird schwerlich bestreiten können, daß die von einer Abschaffung betroffene Gruppe, die Beamten, solchen Plänen umso wirkungsvoller begegnen kann, je größer ihr politischer Einfluß ist. Dieser bemißt sich nicht zuletzt nach der Zahl der Wählerstimmen, über die die Beamten verfügen, also nach ihrer Kopfzahl. 192 Diesen Gedanken übersieht Dörr, Aufgabenbereich, S. 19ff.; ders., ZTR 1991, 182, 186. Thieme, Aufgabenbereich, S. 26f. erblickt demgegenüber in der zahlenmäßigen Ausweitung eine „Metamorphose des Beamtentums", die das Grundgesetz durch Art. 33 Abs. 4 und 5 GG gerade habe verhindern wollen. 190
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse Da Art. 33 Abs. 4 und 5 GG eine Regelungseinheit bilden 193 , liegt es nahe, den Aufgabenbereich des Beamten anhand der Ausgestaltung seines Rechtsverhältnisses zu bestimmen. Die Besonderheiten der Rechtsstellung des Berufsbeamten, einerseits belastet durch eine besondere Pflichtenbeziehung des Beamten zum Staat, andererseits privilegiert durch eine korrespondierende Pflichtenbeziehung des Staates zum Beamten 194 , kann nur aus den Aufgaben gerechtfertigt werden, die letzterer zu erfüllen hat. 1 9 5 Damit stellt sich zunächst die Frage, durch welche Strukturelemente das Verhältnis zwischen Staat und Beamten gekennzeichnet ist. Sie wird durch das Grundgesetz selbst beantwortet: Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet den Gesetzgeber, die „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" zu berücksichtigen. 1 9 6 Insofern zeigt sich bereits im rechtlichen Status ein Unterschied zwischen den Angehörigen des öffentlichen Dienstes: Während Angestellte in einer privatrechtlichen Arbeitsbeziehung stehen, befindet sich der Beamte in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis in Form eines besonderen Gewaltverhältnisses.197 Dieses umfaßt das Gebot, jederzeit für 193
Vgl. dazu oben Teil 2 C II 4 a) (2). Isensee, Beamtenstreik, S. 93 spricht in diesem Zusammenhang von „eigentümlichen Lasten und Vorzügen". Diese besondere Beziehung des Beamten zum Staat war seit jeher Anlaß zu vielfältiger Kritik; vgl. zur Diskussion besonders in den 70er Jahren stv. für viele Thieme, Gutachten D für den 48. DJT; Friauf, in: Der öffentliche Dienst am Scheideweg, S. 29ff. m.w.Nachw.; früher bereits Thiele, DÖD 1963, 10Iff: „Dem Beamtenverhältnis als dem Musterbeispiel des besonderen Gewaltverhältnisses wohnt etwas Patrimoniales und Patriarchalisches inne"; vgl. auch Blanke, ArbuR 1989, 306, der das Beamtentum als „Staatspriesterschaft" (ebenda, 309) bzw. „Sonderkaste" (ebenda, 313) sieht und das Beamtenrecht unter diesem Gesichtspunkt „auf die Höhe der Zeit" bringen will (ebenda, 313). 195 Dies ist in der Literatur unumstritten; vgl. stv. für viele Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 423 f.; Benndorf, DVB1. 1981, 23, 26; Isensee (FN 194); andere Auffassungen sind aber im politischen Meinungsspektrum zu finden, vgl. Aussage von Lukas Beckmann, damaliger Vorstandssprecher der Grünen, in: Der Beamtenbund, Sonderdruck aus Nr. 11, November 1986: „Die sogenannten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums können die Sonderstellung der Beamten ... gesellschaftspolitisch nicht rechtfertigen. Das Berufsbeamtentum erscheint vielmehr als ein antiquiertes Abhängigkeitsverhältnis, das vielleicht Monarchien angemessen gewesen sein mag." 196 Zu ihrer Konretisierung wird im Rahmen dieser Darstellung im wesentlichen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückgegriffen, da die entscheidenden Grundsätze des Berufsbeamtentums letztlich unstrittig sind, vgl. Summer, ZBR 1992, 1, 2. 197 Nach Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, S. 101 resultiert ein besonderes Gewaltverhältnis aus der „verschärften Abhängigkeit, welche zugunsten eines bestimmten Zwecks öffentlicher Verwaltung begründet wird für alle Einzelnen, die in den vorgesehenen besonderen Zusammenhang treten." In einem solchen besonderen Gewaltverhältnis befinden sich etwa Beamte, Schüler, Strafgefangene und Wehrdienstleistende. Die Annahme, besondere Gewaltverhältnisse seien den Grundrechten, dem Gesetzesvorbehalt und dem Rechtsschutz entzogen, ist seit BVerfGE 33, 1, 194
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Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm
den Staat und seine verfassungsmäßige Ordnung einzutreten 198 und verlangt parteipolitische und allgemeine Neutralität. 199 Der Beamte ist zu Treue und Gehorsam gegenüber dem Dienstherrn verpflichtet 200 und hat über seine Amtsgeschäfte Verschwiegenheit zu bewahren. 201 Er unterliegt einem Streikverbot 202, verfügt aber andererseits auch über ein besonderes Maß an persönlicher Unabhängigkeit, die etwa durch das Recht auf amtsangemessene Besoldung und Versorgung 203 und den Anspruch auf Fürsorge 204 , besonders aber durch das Lebenszeitprinzip 205 sichergestellt wird. Der Anstellung auf Lebenszeit korrespondiert der hergebrachte Grundsatz, daß ein so „verfestigtes" Beamtenverhältnis gegen den Willen des Beamten nur durch gerichtliche Entscheidung gelöst und das Amt im statusrechtlichen Sinne ebenfalls nur im Rahmen eines Disziplinarverfahrens gemindert werden kann. 206 Wesentliche Strukturmerkmale sind auch das Leistungsprinzip 207 , die Hauptberuflichkeit 208 sowie der Grundsatz der fachlichen Vorbildung 209 und das Laufbahnprinzip. 210
10 ff. nicht mehr haltbar. Das besondere Gewaltverhältnis kann danach weder die Geltung der Grundrechte noch die des Gesetzesvorbehalts ausschließen (vgl. zu Begriff, Herkunft und Abbau bzw. Modifikation des besonderen Gewaltverhältnisses Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rdnr. 26 ff.). Ζ. T. wurde der Begriff des besonderen Gewaltverhältnisses danach in der Literatur durch andere Bezeichnungen wie etwa „Sonderverbindung" (Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlich-rechtlichen Sonderbindung), „Sonderstatus" (Hesse, Verfassungsrecht, § 10 Rdnr. 323) oder „Sonderrechtsverhältnis" (Maurer, ebenda, Rdnr. 30) ersetzt. Sofern allerdings der Begriff des besonderen Gewaltverhältnisses lediglich kennzeichnen soll, daß bestimmte Beziehungen im Staat-Bürger-Verhältnis gewisse Eigenarten aufweisen und entsprechend dieser Eigenarten auch besonderer Regelungen bedürfen, wird mit anderen Bezeichnungen zwar der Begriff, nicht aber die Rechtslage verändert (Battis, BBG, § 2 Rdnr. 11). 198 BVerfGE 39, 334, 346. 199 BVerfGE 7, 155, 162. 200 BVerfGE 9, 268, 286; zur geschichtlichen Entwicklung der Treuepflicht vgl. BVerfGE 39, 334, 346 f. 201 BVerfGE 28, 191, 200f. 202 BVerfGE 8, 1, 17; 44, 249, 264. Dies wurde jedoch insbesondere in den 70er Jahren bestritten, vgl. nur den Überblick bei Mayer, Studienkommission, Bd. 5, S. 557, 730f. sowie Däubler, Der Streik im öffentlichen Dienst; zur Problematik insgesamt Isensee, Beamtenstreik. In neuerer Zeit wurde das Thema „Streik und Beamte" aus Anlaß des Einsatzes von Beamten auf von Arbeitnehmern bestreikten Arbeitsplätzen relevant, vgl. dazu BVerfGE 88, 103, 113 ff.; umfassend zu dieser Entscheidung Jachmann, ZBR 1994, Iff.; vgl. dazu auch Isensee, ZBR 1998, 295, 298 f. 203 BVerfGE 8, 1, 16; 44, 249, 263; 70, 251, 266; 71, 255, 268; 81, 363, 375; 83, 89, 98. 204 BVerfGE 8, 332, 356f.; 43, 154, 165; 83, 89, 98. 205 BVerfGE 9, 268, 286; 44, 249, 262; 70, 252, 266; 71, 255, 268. 206 Summer, in: Weiß/Niedermaier, BayBG, Art. 2 Anm. 17.
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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(2) Die Angleichung der Rechtsverhältnisse der Beamten und Angestellten Die Rechtsverhältnisse der Beamten und Angestellten haben sich immer mehr angeglichen:211 Der Bundes-Angestelltentarifvertrag verweist z.T. ausdrücklich auf die für Beamte geltenden Vorschriften. So sind etwa die Regelungen über Nebentätigkeit, Teilbereiche der Vergütung wie Ortszuschlag, Reise- und Umzugskostenvergütung, Verschwiegenheitspflicht, Verbot der Geschenkannahme, Personalakteneinsichtsrecht, Haftung und Personalvertretung weitgehend identisch.212 Auch dem Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst obliegt eine Treuepflicht, der eine gewisse Fürsorgepflicht des Arbeitgebers entspricht.213 Auf der anderen Seite hat auch das Beamtenrecht dem Arbeitsrecht Elemente entnommen, die im Hinblick auf die hergebrachten Grundsätze systemfremd sind:214 So gibt es trotz der Grundsätze der Hauptberuflichkeit und der Alimentation, deren Leitbild die Vollzeitbeschäftigung auf Lebenszeit ist 215 , den Teilzeitbeamten (§ 72 a BBG). Der Zugang zum Beamtenberuf ohne Vorbereitungsdienst und Laufbahnprüfung wurde für Beamte besonderer Fachrichtungen erweitert, der Aufstieg für begrenzte Verwendungen ist möglich. Im Bereich der Besoldung wurden Mehrarbeitsvergütung, Funktions- und andere Zulagen, Urlaubsgeld und jährliche Sonderzuwendungen übernommen und den Beamten die Teilnahme an der Vermögensbildung ermöglicht.216 Durch Art. 5 Nr. 4 des Versorgungsreformgesetzes 1998 217 wurde der hergebrachte Grundsatz der Beamtenversorgung, daß der Beamte an der Aufbringung der Mittel für die Versorgung nicht durch Beiträge beteiligt werden kann218, durchbrochen.219 207
BVerfGE 11,203,215f.; 39,196,201; 56,146,163; 64,367,379f.; 71,255,268. BVerfGE 9, 268, 286; 44, 249, 262; 55, 207, 240; 71 39, 59f. 209 BVerfGE, 9, 268, 286. 2.0 BVerfGE 9, 268, 286; 62, 374, 383; 71, 255, 268. 2.1 Zusammenfassend Feindt, in: Remer (Hrsg.), Verwaltungsführung, S. 341, 344f. 2.2 Feindt (FN 211), 344. 213 Dazu näher Müller, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Rdnr. 609 ff. 214 Scholz/Aulehner, ArchPT 1993, 5, 17. 215 BVerwGE 82, 196, 202 f. 216 Scholz/Aulehner, ArchPT 1993, 5, 17. 2.7 Gesetz zur Umsetzung des Versorgungsberichts (Versorgungsreformgesetz 1998 - VReformG) vom 29.06.1998, BGBl. I S. 1666. 2.8 BVerwGE 54, 177, 181 f.; BGH MDR 1994, 485f.; Becker, RiA 1978, 102, 103; zur Verfassungswidrigkeit von Eigenbeiträgen des Beamten zu seiner Versorgung umfassend Merten, ZBR 1996, 353, 374ff. m.w.Nachw. 219 Dazu, daß es sich hier trotz der Klassifikation als „Versorgungsrücklage" materiell um einen Beitrag handelt, Merten, in: Merten/Pitschas/Niedobitek, Neue Tendenzen im öffentlichen Dienst, S. 22 ff. 208
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
Es stellt sich die Frage, inwieweit die Angleichungstendenzen zwischen dem Rechtsverhältnis der Beamten und dem der Angestellten und Arbeiter für die Bestimmung der Reichweite der hoheitsrechtlichen Befugnisse überhaupt eine Rolle spielen. Dazu ist zunächst festzustellen, daß trotz dieser Tendenzen immer noch substantielle Unterschiede zwischen den Angehörigen des öffentlichen Dienstes bestehen220: Das Arbeitsverhältnis wird privatrechtlich durch Tarif- und Einzelverträge, das Beamtenverhältnis subordinationsrechtlich geregelt. An Beamte werden bei der Einstellung höhere Anforderungen im Hinblick auf die politische Treuepflicht gestellt, ein Streikrecht steht ihnen nicht zu. Die Verwendung des Beamten kann nur innerhalb der entsprechenden Laufbahn erfolgen, mit der Verbeamtung auf Lebenszeit kann er nicht mehr entlassen werden.221 Der Beamte trägt für die Rechtmäßigkeit seiner Diensthandlungen die volle persönliche Verantwortung222 und muß bei rechtswidrigen Weisungen remonstrieren 223, das Angestelltenrecht kennt eine solche Remonstrationspflicht nicht.224 Selbst wenn man den Differenzen in der Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse keine entscheidende Bedeutung mehr zumessen würde, wäre doch eines zu berücksichtigen: Die Tarifvertragsparteien im öffentlichen Dienst sind weitgehend darin frei, wie sie das Rechtsverhältnis der Angestellten regeln. Dies bedeutet, daß sich die Tendenz zur Angleichung dieses Rechtsverhältnisses an das des Beamten auch wieder umkehren kann. Dagegen sind dem Gesetzgeber beim Beamtenrecht enge Grenzen gesetzt. Die prägenden Strukturprinzipien dieses Dienstrechts sind durch die Normierung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums in Art. 33 Abs. 5 GG zu berücksichtigen, ζ. T. sogar zu beachten.225 Das Rechtsverhältnis des Beamten ist damit in seinen wesentlichen Grundentscheidungen von der Verfassung vorgegeben und contra constitutionem nicht veränderbar. Die Angleichung beider Rechtsverhältnisse ändert nichts daran, daß das Grundgesetz der Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses eine so große Bedeutung beimißt, daß es sie gegen wesentliche Änderungen durch eine institutionelle Garantie schützt. Diese Bestandsgarantie unterscheidet das Rechtsverhältnis des Beamten trotz aller Angleichungstendenzen entscheidend von
220
Zusammenfassend Feindt, in: Remer (Hrsg.), Verwaltungsführung, S. 341,
345 ff. 221
Vgl. zum ganzen eingehend Scholz/Aulehner, ArchPT 1993, 5, 17 f. § 38 Abs. 1 BRRG; § 56 Abs. 1 BBG. 223 § 38 Abs. 2 Satz 1 BRRG; § 56 Abs. 2 Satz 1 BBG. 224 Vgl. § 8 Abs. 2 BAT; eingehend zu den Unterschieden im Hinblick auf die persönliche Verantwortlichkeit für die Diensthandlungen zwischen Beamten und Angestellten und den sich daraus ergebenden Folgen für die Bestimmung der Reichweite des Funktionsvorbehalts unten Teil 2 C II 5 b) (3) (b) (aa) und (bb). 225 BVerfGE 8, 1, 16; 62, 374, 383; BVerfG, NVwZ 1994, 473. 222
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
dem des Angestellten.226 Der Beamte ist gerade durch die Garantie dieses Rechtsstatus für bestimmte Aufgaben besser geeignet. Diese bessere Eignung bzw. Qualifikation rechtfertigt es, für die Bestimmung der Reichweite der hoheitsrechtlichen Befugnisse Art. 33 Abs. 5 GG heranzuziehen.227 (3) Die Ableitung des Wirkungskreises des Beamten aus seinem Rechtsverhältnis (a) Das Beamtentum als Ausgleichs- und Stabilisierungsfaktor
(aa) Die Ausgleichsfunktion Die besonders strikte Rechtsgebundenheit des Berufsbeamtentums, flankiert durch wirtschaftliche Absicherung im Rahmen des Alimentationsprinzips und die Anstellung auf Lebenszeit, gibt der Verwaltung eine gewisse Selbständigkeit, Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit gegenüber den politischen Kräften. 228 Diese Unabhängigkeit, die sich etwa in der Befugnis zeigt, rechtliche Vorgaben der Regierung zu konkretisieren und besonders im Bereich der gesetzesfreien Verwaltung229 eigenständige Entscheidungen zu treffen, ist im modernen Parteienstaat besonders wichtig: Nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG wird die vom Volke ausgehende Staatsgewalt durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Dabei ist der Begriff der vollziehenden Gewalt mehrschichtig: Er umfaßt zum einen die Funktion der Gubernative 230 oder Regierung, die nach deutscher Verfassungsrechtstradition 231 als 226 Siehe dazu auch Waechter, NZV 1997, 329, 332; Scholz/Aulehner, ArchPT 1993, 5, 17; Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, S. 12. 227 Wobei auch die noch bestehenden Unterschiede im Rechtsverhältnis zwischen Angestellten und Arbeitern ausreichen, um die Aufgaben dieser beiden Beschäftigungsgruppen des öffentlichen Dienstes voneinander zu scheiden, vgl. dazu sogleich. 228 Hesse, Verfassungsrecht, S. 230; Isensee, ZBR 1998, 295, 296; so auch schon Köttgen, Das deutsche Berufsbeamtentum und die parlamentarische Demokratie, S. 42 während der Geltung der Weimarer Reichsverfassung. 229 Die gesetzesfreie Verwaltung ist gesetzlich nicht determiniert, sondern kann nach ihrer Initiative und nach ihren Vorstellungen weitgehend frei handeln, muß dabei aber die allgemeinen rechtlichen Grenzen und Bindungen beachten (Zuständigkeitsvorschriften, Grundrechte, allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts), vgl. dazu Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rdnr. 25. 230 Vgl. zur Unterscheidung zwischen Gubernative und Exekutive Merten, ZBR 1999, 1, 6. 231 Anders dagegen z.B. der angelsächsische Begriff des „government", der das Ganze der Wirksamkeit des Staates bezeichnet, vgl. dazu Hesse, Verfassungsrecht, Rdnr. 531.
Teil : Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
politische Staatsführung verstanden wird. 232 Zum anderen wird als vollziehende Gewalt auch die Exekutive, also die Verwaltung, tätig. Diese vollzieht die Gesetze im Einzelfall, während die Regierung die generellen Richtlinien dafür vorgibt.233 Der Eigenständigkeit der Verwaltung kommt im parlamentarischen Regierungssystem, das durch eine Gewaltenverschränkung zwischen Regierung und Gesetzgebung gekennzeichnet ist 234 , besondere Bedeutung zu: Wenn der Minister und der parlamentarische Staatssekretär, also die Spitze der Regierung, zugleich dem Parlament angehören, und ein solches Minister- oder Staatssekretärs-Amt ohne Parteizugehörigkeit praktisch nicht mehr zu erreichen ist, würden ohne Eigenständigkeit der Verwaltung die jeweils herrschenden Parteien nicht nur die Gesetze beschließen, sondern auch deren Ausführung im Einzelfall bestimmen und auf gesetzlich nicht determinierte Verwaltungsentscheidungen direkten Einfluß ausüben.235 Dies würde das Gewicht der Gewalten untereinander verschieben, weil die Legislative dann nicht nur über die Regierungsmitglieder, die i.d.R. dem Parlament angehören und von dessen Vertrauen abhängig sind , auf die Verwaltung einwirken würde. Vielmehr könnten sich wirtschaftlich nicht gesicherte und jederzeit absetzbare Dienstnehmer Einflüssen der Parteien, die auch die Zusammensetzung des Parlaments bestimmen, nur schwer entziehen und ihre Entscheidungen im Interesse der eigenen wirtschaftlichen Existenz an den Vorstellungen der im Parlament jeweils herrschenden Mehrheit ausrichten. Das Berufsbeamtentum, geprägt durch ein Dienst- und Treueverhältnis nicht zu einer Partei, sondern zum Staat, verpflichtet (und berechtigt) ein Leben lang mit ganzer Kraft im Sinne einer sachrichtigen und gerechten Amtsausübung zu wirken, stellt mit seiner Neutralität gegenüber den widerstreitenden Interessen insofern einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden Kräften dar. 237 232 Vgl. dazu Scheuner, Smend-FS, S. 253, 277; Badura, in: Herzog/Kunst/ Schiaich/Schneemelcher (Hrsg.), Evangelisches Staatslexikon, Stichwort „Regierung", Sp. 2954; differenzierend Schröder, HStR II, § 50 Rdnr. 4. 233 Vgl. dazu Hesse, Verfassungsrecht, Rdnr. 536; Merten, ZBR 1999, 1, 6. 234 Vgl. dazu Merten (FN 233), 5 f. 235 Merten, in: Merten/Pitschas/Niedobitek, Neue Tendenzen im öffentlichen Dienst, S. 27. 236 Das Parlament kann die Regierung über den Weg des konstruktiven Mißtrauensvotums (Art. 67 Abs. 1 i.V.m. Art. 69 Abs. 2 GG) ablösen. 237 Diese Ausgleichsfunktion betont auch das Bundesverfassungsgericht in: BVerfGE 7, 155, 162, wenn es das Beamtentum als „eine Institution" bezeichnet, „die, gegründet auf Sachwissen, fachliche Leistung und loyale Pflichterfüllung, eine stabile Verwaltung sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften darstellen soll", vgl. zu dieser Funktion auch BVerfGE 8, 1, 16; 11, 203, 216f.; 21, 329, 345; 39, 196, 201; 44, 249, 265; 56, 146, 162; 64, 367, 379; 70, 69, 80.
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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(bb) Die Stabilisierungsfunktion Wenn die Gubernative in der parlamentarischen Demokratie in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen wechselt, um damit neuen politischen Richtungen Raum zu geben, erlangt das Beamtentum als Stabilitätsfaktor Bedeutung. Die Übergabe der Regierungsgewalt und die Einarbeitung der neuen Staatsspitze erfordern eine gewisse Zeitspanne, in der die Regierung ihre Aufgabe der Staatsleitung noch nicht oder nur ungenügend erfüllen kann. Die gesicherte Rechtsstellung des Beamten, der auf Lebenszeit angestellt ist und nicht mit der Regierung sein Amt aufgeben muß, sorgt i. V. m. dem beamtenrechtlichen Streikverbot in Zeiten des politischen Wechsels dafür, daß keine Lähmung der Staatstätigkeit eintritt. Insofern stellt der Beamte ein stabiles „Staatsgerüst" sicher, das Grundlage für die politische Tätigkeit der neuen Regierung ist. 238 Die Stabilität der Verwaltung gewinnt darüber hinaus noch unter einem anderen Aspekt Bedeutung: Eine Regierung, die in einer politischen Umbruchphase damit rechnet, nicht mehr wiedergewählt zu werden, kann der Gefahr erliegen, langfristige, über ihre vermutete Amtszeit hinausgehende Projekte239 zu vernachlässigen, da sie an deren Vollendung und Umsetzung voraussichtlich nicht mehr beteiligt sein wird. In dieser Situation wirkt der Beamte als stabilisierendes Element. Im Gegensatz zur „labilen" Regierung geht er seiner Tätigkeit ein Leben lang nach, seine Amtsaufgaben bleiben ihm auch nach einem Wechsel der politischen Leitung erhalten. Deshalb liegt es in seinem Interesse, langfristige Projekte unabhängig von einem bevorstehenden Regierungswechsel stetig und gleichmäßig zu behandeln und nicht zu vernachlässigen.240 (cc) Die Folgerungen für die Reichweite des Funktionsvorbehalts Hat sich das Berufsbeamtentum als Ausgleichs- und Stabilitätsfaktor erwiesen, stellt sich die Frage, welche Folgerungen daraus für die Bestimmung des Begriffs der „hoheitsrechlichen Befugnisse" zu ziehen sind. Man könnte zum Ergebnis kommen, die Ausgleichs- und Stabilitätsfunktion des Beamtentums sei umso gesicherter, je mehr Beamte im öffentlichen Dienst tätig sind. Damit würde man in extenso einer Erledigung jeglicher Verwaltungsaufgaben durch Beamte das Wort reden. Dies kann aber schon deswe238
Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 86. Man denke etwa an die Erschließung verkehrsungünstig gelegener Gebiete der neuen Bundesländer durch Straßenbauvorhaben. 240 Diese für einen demokratischen Staat essentielle Funktion vernachlässigt Hill, wenn er fordert, hohe Ministerialmitarbeiter sollten mit den jeweiligen Ministern bei einem Machtwechsel im Rahmen eines „Pharaonenprinzips" ausscheiden, so ders., in: „Stern" Nr. 39/1998, S. 64. 239
Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm
gen nicht richtig sein, weil den Angestellten dann keinerlei Betätigungsfelder mehr blieben. Eine solche Sichtweise wäre aber auch aus einem anderen Grund nicht sachgerecht: Nicht jeder Amtswalter ist für die Sicherung eines stabilen und ausgleichenden Verwaltungsapparats (gleich) wichtig. Vielmehr ist davon auszugehen, daß Bedeutung in dieser Hinsicht in erster Linie den Bediensteten zukommt, die den Kontakt der Gubernative zur Exekutive vermitteln. Sie sind den Einflüssen der Regierungsmitglieder direkt ausgesetzt und konkretisieren deren Weisungen für die untergeordneten Behörden. Sie sind es auch, die in langjähriger Zusammenarbeit mit dem Minister Erfahrung in der Staatsleitung gesammelt haben und in Zeiten des Regierungswechsels die Funktionsfähigkeit der Ministerien sicherstellen und durch entsprechende Weisungen langfristige Projekte vorantreiben. Zu diesem Personenkreis gehören die Bediensteten, die einem Verteilungs- und Gestaltungsorgan für Regierungsanweisungen angehören und deswegen einem Mitglied der Regierung als Dienststellenleiter bzw. den ihm zuarbeitenden politischen Beamten unmittelbar unterstellt sind, also diejenigen, die zwischen Minister und Vollzugsverwaltung und damit an der Spitze der Exekutive stehen.241 Zwar müssen die sog. „politischen Beamten"242 wie beamtete Staatssekretäre, Ministerialdirektoren u.a. außer Betracht bleiben. Diese können nämlich gem. § 36 Abs. 1 Nr. 1 BBG jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Zur Stabilisierung der Verwaltung in Zeiten des Regierungswechsels vermögen sie daher nur wenig beizutragen. Hinzu kommt, daß die politischen Beamten, die vordringlich als Organ der Regierung angesehen werden243, der Regierungspolitik gerade nicht neutral gegenüberstehen sollen (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 BRRG). Hinsichtlich ihrer Ausgleichsfunktion bestehen deshalb zumindest starke Zweifel. 244 Die unter 241
Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 92 ff. Vgl. zur Institution des politischen Beamten umfassend Kugele, Der politische Beamte; den parteipolitischen Bezug des politischen Beamten unterschätzend Köttgen, Das deutsche Berufsbeamtentum und die parlamentarische Demokratie, S. 258 ff.; kritischer Wiese, Der Staatsdienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. 161, 176, wonach die Institution des politischen Beamten „in zahlreichen Fällen nur ein Korrektiv für Fehlentscheidungen früherer Regierungen sein [soll], denen ihre Partei (Ämterpatronage) höher stand als der Staat (Leistungsprinzip)"; ablehnend Juncker, ZBR 1974, 205, 209: „Der politische Beamte ist mir der Gesetz gewordene Zweifel an der Loyalität der Beamtenschaft schlechthin. Dieser Zweifel mag in der konstitutionellen Monarchie begründet gewesen sein, er ist aber in der parlamentarischen Demokratie sinnwidrig ...". 243 Battis, BBG, § 36 Rdnr. 2. 244 Dazu pointiert Juncker, ZBR 1974, 205, 208: „Gerade in dem Institut des politischen Beamten schwappt aber der Einfluß des Parlaments auf die Exekutive über, die Gewaltenteilung verhöhnend"; nach Schwidden, RiA 1999, 13, 14 und Derlien, DÖV 1984, 689 wird gerade die Ebene der politischen Beamten als natür242
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
der Ebene der politischen Beamten angesiedelten Spitzenkräfte der Verwaltung, so etwa Ministerialdirigenten und Ministerialräte, sind dagegen in der Lage, im oben beschriebenen Sinne stabilisierend und ausgleichend zu wirken. Sie sind deshalb nach der ratio des Art. 33 Abs. 4 GG zu verbeamten. Eine Verbeamtungspflicht im Hinblick auf die stabilisierende und ausgleichende Funktion des Berufsbeamtentums nur für die unmittelbar einem Regierungsmitglied bzw einem politischen Beamten unterstellten Spitzenkräfte der Verwaltung anzunehmen, würde jedoch an der Realität vorbeigehen. Entscheidungen und Maßnahmen dieser Amtswalter werden erst möglich durch einen ihnen zuarbeitenden Apparat von Mitarbeitern. Die Informationsbeschaffung und Entscheidungsvorbereitung durch diese Mitarbeiter muß ebenfalls den beamtenrechtlichen Grundsätzen der absoluten Neutralität und Sachlichkeit unterliegen. Der leitende Ministerialbeamte hat weder die Zeit noch die Möglichkeit zu überprüfen, ob die ihm zur Verfügung gestellten Informationen diesen Anforderungen entsprechen. Er kann aber davon ausgehen, wenn eine entsprechende Sonderbindung der damit betrauten Bediensteten zum Staat vorliegt. Insoweit besteht eine Verbeamtungspflicht auch für diejenigen Bediensteten, die den unter der Ebene der politischen Beamten angesiedelten Spitzenkräften der Verwaltung zuarbeiten. Selbst damit ist aber noch zu kurz gegriffen: Denn die bestmögliche Entscheidungsvorbereitung und die unabhängigste Art der Entscheidungsfindung haben nur noch begrenzten Wert, wenn die daraus hervorgehende Weisung nicht ebenso durchgeführt wird. Das kann zwar nicht heißen, daß jeder, der irgendwie an der Verwirklichung von grundlegenden ministeriellen Leitentscheidungen beteiligt ist, zu verbeamten wäre - dies würde in der Tat zu einer umfassenden Verbeamtungspflicht führen, weil in einem weiteren Sinne so gut wie jeder Verwaltungsbedienstete auf solche Art und Weise tätig wird: Ministerielle Leitentscheidungen durchlaufen i.d.R. zahlreiche Hierarchieebenen, ehe sie schließlich dem Bürger gegenüber wirksam werden. Es hat aber zur Folge, daß diejenigen Bediensteten, die die Ausführung solcher Weisungen unmittelbar beeinflussen, zu verbeamten sind. Von einer solchen Unmittelbarkeit ist bei den Amtswaltern der Ministerien auszugehen. Zusammenfassend ergibt sich damit eine Verbeamtungspflicht in den Ministerien sowohl im Bereich der zuarbeitenden als auch der ausführenden Funktionen.
liches Einfallstor für sachfremde Einflüsse in der Beamten- und Verwaltungshierarchie angesehen. 7 Strauß
Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm (b) Die personelle Gewährleistung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung
Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die vollziehende Gewalt an Recht und Gesetz gebunden. Die Vorschrift normiert damit den Vorrang des Gesetzes 245 , ein Element des Rechtsstaates, das zusammen mit dem Vorbehalt des Gesetzes246 den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung247 bildet. Der Vorrang des Gesetzes verlangt von der vollziehenden Gewalt, die im Gesetz abstrakt getroffenen Entscheidungen zu beachten und zu vollziehen und nicht durch ihre eigenen zu ersetzen.248 In der Praxis wird die Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht, die den zentralen Grundsatz des Rechtsstaatsgedankens darstellt249, durch den einzelnen Amtswalter verwirklicht. Das Rechtsverhältnis des Beamten könnte zur Verwirklichung dieses Grundsatzes besonders geeignet sein. (aa) Die besondere Rechtmäßigkeitsgewähr des Beamtenverhältnisses Wie die Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes deutlich macht, war Beweggrund für die Schaffung der Institution des Berufsbeamtentums das Bemühen, den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung institutionell abzusichern.250 Diese Erwartung zeigt sich im Beamtenrecht besonders klar in § 38 Abs. 2 Satz 1 BRRG und § 55 Abs. 2 Satz 1 BBG. Der Beamte muß danach bei Bedenken, ob eine Anordnung rechtmäßig ist, unverzüglich beim nächsthöheren Vorgesetzten remonstrieren. Die Normierung dieser Remonstrationspflicht stellt einen bedeutenden Unterschied zum Recht der Angestellten dar, das keine vergleichbare Regelung kennt.251 Bei strafbarem oder ordnungwidrigem Handeln bzw. einem Verstoß gegen die Menschenwürde bleibt der Beamte für seine Diensthandlung trotzdem verant245 Vgl. dazu Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rdnr. 35; Schnapp, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 20 Rdnr. 38; Schmidt-Aßmann, HStR I, § 24 Rdnr. 62; Stem, Staatsrecht I, S. 802. 246 Vgl. dazu Herzog (FN 245), Rdnr. 55 ff.; Schmidt-B leibtreu/Klein, GG, Art. 20 Rdnr. 26; Schnapp (FN 245); Schmidt-Aßmann (FN 245), Rdnr. 63ff.; Stem (FN 245). 247 Allgemein zum Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Görisch, JuS 1997, 988, 989f.; Pietzcker, Jus 1979, 710ff.; zur Frage, ob Art. 20 Abs. 3 GG auch den Vorbehalt des Gesetzes einschließt, Herzog (FN 245), Rdnr. 32; Schnapp (FN 245); Hesse, Verfassungsrecht, § 6 Rdnr. 201. 248 Herzog (FN 245), Rdnr. 35. 249 Schnapp, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 20 Rdnr. 36. 250 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 3 b). 251 § 8 Abs. 2 BAT normiert gerade keine Remonstrationspflicht, vgl. etwa Bieler/Braun, Öffentliches Dienstrecht, Rdnr. 299.
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
wortlich.252 Diese - im Vergleich zum Angestellten, der von der Verantwortlichkeit für sein Handeln auch bei Verwirklichung einer Ordnungswidrigkeit freigestellt ist 253 - erhöhte Verantwortung des Beamten kann ihm nur auferlegt werden, weil sein Status durch die hergebrachten Grundsätze der amtsangemessenen Alimentation und der Beschäftigung auf Lebenszeit gesichert ist. Die Erwartung an den Beamten, daß er sein Amt streng nach Recht und Gesetz ausübt und rechtswidrigen Weisungen Widerstand entgegensetzt, kann sich nur dann erfüllen, wenn er ohne Angst vor Amtsverlust oder wirtschaftlichen Nachteilen agieren kann. Zwar zählt die Remonstrationspflicht selbst nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums i.S.d. Art. 33 Abs. 5 GG, weil die im Zeitalter des Frühliberalismus entwickelte Widerstandserwartung an den Beamten gegen rechtswidrige Weisungen im Rahmen der Rückkehr zum Obrigkeitsstaat verlorengegangen ist und sich bis zur Weimarer Zeit nicht wieder entwickelt hat. Die Remonstrationspflicht entspringt aber dem in Art. 33 Abs. 4 GG normierten Charakter des Beamtenverhältnisses als Dienst- und Treueverhältnis, weil „Treue" in diesem Zusammenhang auch Treue zu Recht und Gesetz bedeutet und es widersprüchlich wäre, wenn Lebenszeit- und Alimentationsprinzip verfassungsrechtlich abgesichert wären, die Remonstrationspflicht als „Primärprinzip" zu Lebenszeit- und Alimentationsgrundsatz dagegen nicht.254 Die besondere Verpflichtung des Beamten auf Recht und Gesetz rechtfertigt auch die grundsätzliche Unentziehbarkeit des statusrechtlichen Amtes: Wenn der Beamte nur im Wege eines Disziplinarverfahrens in ein niedrigeres Amt versetzt werden kann, darf er sicher sein, daß gesetzestreues Verhalten ihm statusrechtlich nicht zum Nachteil gereicht. Denn nur, wenn er sich rechtswidrig verhalten hat, muß er mit einer Rückstufung rechnen. Eine wichtige Rolle spielt unter dem Gesichtspunkt der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung das Laufbahnprinzip. 255 Danach müssen Ämtergruppen (also Laufbahnen) gebildet werden, die durch einheitliche Zugangsvoraussetzungen (vor allem Vorbildung256), eine einheitliche Ausbildung und 252
§ 38 Abs. 2 Satz 2 BRRG, § 56 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 BBG; vgl. umfassend zum Remonstrationsrecht Felix, Das Remonstrationsrecht und seine Bedeutung für den Rechtsschutz des Beamten. 253 § 8 Abs. 2 BAT bestimmt, daß der Angestellte lediglich »Anordnungen, deren Ausführung - ihm erkennbar - den Strafgesetzen zuwiderlaufen würde, nicht zu befolgen" braucht. 254 Vgl. dazu umfassend Summer, ZBR 1992, 1, 3 ff. 255 Vgl. zum Laufbahnprinzip als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums BVerfGE 9, 268, 286; 62, 374, 383; 71, 255, 268. 256 § H Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BRRG; §§ 16-19 BBG benennen konkret die für die Laufbahnen des einfachen, mittleren, gehobenen und höheren Dienstes zu erfüllenden Vorbildungs Voraussetzungen. 7*
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
Anstellungsprüfungen nach einheitlichen Grundsätzen charakterisiert werden. In den Laufbahnen hat der Einstieg grundsätzlich im Einstiegsamt zu erfolgen 257, Beförderungen sind erst nach Erfüllung einer Wartezeit und fachlicher Bewährung möglich258, vor einer Beförderung innerhalb der Laufbahn muß der Beamte die vorhergehenden Ämter durchlaufen haben.259 Das Laufbahnprinzip stellt damit zum einen sicher, daß nur Bewerber ins Beamtenverhältnis berufen werden, die eine den Anforderungen der jeweiligen Laufbahnen entsprechende Vorbildung nachweisen können.260 Da Beförderungen regelmäßig erst nach einer Wartezeit261 und fachlicher Bewährung möglich sind und der Aufstieg von einer Laufbahn in die andere - also etwa von der des mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienstes in die des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes grundsätzlich mit einer Prüfung verbunden ist 262 , gewährleistet das Laufbahnprinzip zum anderen, daß nur qualifizierte Dienstnehmer aufsteigen und Posten erlangen, die mit größerer Verantwortung und Befugnissen verbunden sind. Das Angestelltenrecht kennt ein solches Laufbahnprinzip nicht: Will etwa ein Bewerber in eine Beamtenstelle der Besoldungsgruppe A 16 eingewiesen werden, muß er ein Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule absolviert, zuvor die Ämter A 13 bis A 15 bekleidet und mindestens eine Dienstzeit von sechs Jahren zurückgelegt haben.263 Ein Angestellter kann dagegen in die vergleichbare264 Vergütungsgruppe I auch ohne Studium265 und Wartezeit eingruppiert werden und braucht zuvor nicht die 257
§ 12 Abs. 1 BRRG, § 10 Abs. 1 BLV. Summer, in: Weiß/Niedermaier, BayBG, Art. 2 Anm. 21. 259 § 12 Abs. 2 Satz 3 BRRG; § 12 Abs. 3 BLV: So kann etwa ein Regierungsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) erst nach Durchlaufen des nächsten Beförderungsamtes (Regierungsoberinspektor mit der Besoldungsgruppe A 10) zum Regierungsamtmann ernannt werden (Besoldungsgruppe A 11). Eine Ausnahme vom Durchlaufen sämtlicher Ämter einer Laufbahn stellt die Sprungbeförderung dar, zu der allerdings regelmäßig die Genehmigung eine unabhängigen Gremiums nötig ist, § 12 Abs. 2 Satz 4 BRRG; vgl. dazu auch Hilg, Beamtenrecht, § 17 IV 2 lit. b) lit. aa). 260 Zwar gibt es die Möglichkeit, als sog. „anderer Bewerber" ins Beamtenverhältnis berufen zu werden, § 4 Abs. 4 BRRG, § 7 Abs. 1 Nr. 3 lit. b), §§ 38 f. BBG. Andere Bewerber dürfen aber zum einen nur dann eingestellt werden, wenn ihre Befähigung für die jeweilige Laufbahn durch ein unabhängiges Gremium festgestellt wurde (§ 38 Abs. 3 Nr. 3 BLV), zum anderen erhöht sich die Probezeit für solche Bewerber um mindestens ein Jahr (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BLV). 261 § 12 Abs. 2 BRRG, § 12 Abs. 4 BLV. 262 § 12 Abs. 3 Satz 2 BRRG; der Beamte muß im übrigen i.d.R. bereits für die Zulassung zum Aufstieg eine Prüfung absolvieren, vgl. § 16 Abs. 2 Satz 2 BBG. 263 § 12 Abs. 6 BLV. 264 Vgl. dazu § 11 BAT. 265 In der Vergütungsgruppe I werden zwar Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulausbildung und entsprechender Tätigkeit eingruppiert, 258
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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A 13 bis A 15 entsprechenden Vergütungsgruppen durchlaufen zu haben.266 Lediglich im Bereich der kommunalen Arbeitgeber schreibt eine Anlage zum BAT eine Prüfungspflicht vor. 267 Diese gilt aber nur für bestimmte Vergütungsgruppen268 und kennt zahlreiche Ausnahmen, so etwa für Angestellte, die das 40. Lebensjahr vollendet haben.269 Für die Höhergruppierung eines Angestellten ist nicht dessen fachliche Eignung und Bewährung entscheidend, vielmehr kommt es auf die Tätigkeitsmerkmale der von ihm ausgeübten Tätigkeit an. 270 Der Beamte dagegen, der in ein höheres Amt aufsteigen soll, das i.d.R. auch mit mehr Befugnissen und damit mit der Möglichkeit verbunden ist, auf den Rechtskreis des Bürgers verstärkt Einfluß zu nehmen, kann ein solches Amt nur durch Erfüllung formalisierter Qualifikationskriterien und nach mehrjähriger Bewährung in untergeordneten Ämtern erlangen. Diese Anforderungen zeigen, daß das Beamtenverhältnis den Einsatz fachlich versierter Dienstnehmer gewährleistet, die durch ihre Qualifikation in der Lage sind, die Bindung der Verwaltung an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung personell besonders intensiv abzusichern.271 Auch andere hergebrachte Grundsätze lassen sich zur Begründung der These heranziehen, daß das Beamtenverhältnis für die Gewährleistung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung besonders geeignet ist: Die Grundsätze der Objektivität und Neutralität dienen ersichtlich der Sicherstellung einer nicht durch die ungerechtfertigte Berücksichtigung von Einzelinteressen geprägten und damit gesetzesförmigen Verwaltung. Auch das Streikverbot wird unter dem Aspekt der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung relevant: Verfassung und Gesetze räumen dem Bürger zahlreiche Rechte ein, deren Verwirklichung er vom Staat verlangen kann. Würde der gesamte Verwaltungsapparat des Staates streiken, könnte der Bürger seine Ansprüche - man denke etwa an die Erteilung einer Bauerlaubnis oder die Gewährung von Sozialhilfe - auf unabsehbare Zeit nicht mehr durchsetzen. Der Staat würde damit
aber auch „sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben", vgl. dazu Anlage 1 lit. a) zum BAT, Vergütungsordnung (VkA). 266 Für die Eingruppierung des Angestellten kommt es nach § 22 Abs. 2 BAT lediglich darauf an, welche Tätigkeitsmerkmale seine nicht nur vorübergehend ausgeübte Tätigkeit erfüllt. 267 Anlage 3 zum BAT, Ausbildungs- und Prüfungspflicht der Angestellten im kommunalen Verwaltungs- und Kassendienst sowie im Sparkassendienst. 268 Vgl. dazu § 1 der Anlage 3 zum BAT. 269 § 3 lit. a) der Anlage 3 zum BAT. 270 § 22 Abs. 2 BAT. 271 Vgl. zur Legitimation des Berufsbeamtentums aus seiner besonderen Qualifikation auch Leisner, Legitimation aus der Aufgabenerfüllung, S. 154 ff.
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die Rechtsordnung zeitweise selbst außer Kraft setzen - eine mit der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung unvereinbare Erscheinung. (bb) Die Rechtsfolgen staatlichen Handelns als Maßstab für den Einsatz von Beamten Die Betrachtung der Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses hat gezeigt, daß es optimale Voraussetzungen für eine gesetzesförmige Verwaltung bietet. Dieses Ergebnis bekommt unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Verwirklichung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung erklärtes Ziel bei der Schaffung des Funktionsvorbehalts war, besonderes Gewicht. Das kann allerdings nicht dazu führen, unter Berufung auf Art. 20 Abs. 3 GG, der jegliche Staatstätigkeit dem Vorrang des Gesetzes und damit der Gesetzesbindung unterwirft, eine umfassende Verbeamtungspflicht für jeden staatlichen Bediensteten zu fordern. Eine uferlose Verbeamtungspflicht lag nicht in der Absicht des Verfassungsgebers 272 und würde Art. 33 Abs. 4 GG widersprechen, der dem Berufsbeamtentum explizit nur einen bestimmten Aufgabenbereich vorbehält. Dies wäre überflüssig, wenn alle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung von Beamten auszuführen wären. Nach dem Parlamentarischen Rat sollte der Funktionsvorbehalt nur dort gelten, wo der Staat dem Bürger als Obrigkeit, also mit Gebot und Verbot, Befehl und Zwang, entgegentritt273. Der Verfassungsgeber stellte damit auf die Rechtsfolgen staatlichen Handelns für den Bürger ab: Gebot und Verbot, Befehl und Zwang - die Kennzeichen der Eingriffsverwaltung - beeinträchtigen die Rechtssphäre des Bürgers und dürfen deshalb nur von Dienstnehmern angewandt werden, die optimale Rechtmäßigkeitsgewähr bieten. Auch wenn der Parlamentarische Rat eine enge Auslegung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" wollte, ist doch zu bedenken, daß das Gesetz - um mit einem bekannten Wort Karl Bindings zu sprechen klüger sein kann als der Gesetzgeber selbst:274 „Indem der Auslegende zwar von den Zwecksetzungen des historischen Gesetzgebers ausgeht, diese aber in ihren Konsequenzen weiter durchdenkt und die einzelnen Gesetzesbestimmungen an ihnen ausrichtet, geht er bereits über den als historisches 272
Vgl. oben Teil 2 C II 3 b). Badura, Gutachten, S. 3; Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 35; Lindgen, DÖD 1972, 1, 3. 274 Binding zufolge verschwindet im Moment der Gesetzespublikation „mit einem Schlage der ganze Unterbau von Absichten und Wünschen des Gesetzes ... das ganze Gesetz ruht von nun an auf sich selbst, gehalten durch die eigene Kraft und Schwere, erfüllt von eigenem Sinn; oft klüger, oft weniger klug als sein Schöpfer", vgl. ders., Handbuch des Strafrechts, Bd. 1, S. 454ff.; ihm folgend Thieme, Aufgabenbereich, S. 21; vgl. zum ganzen auch Raisch, Juristische Methoden, S. 111 ff. 273
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Faktum verstandenen »Willen des Gesetzgebers4 und die konkreten Normvorstellungen der Gesetzesverfasser hinaus, versteht er das Gesetz in der ihm eigenen Vernünftigkeit." 275 Es mag 1949 nahegelegen haben, Gefahren für die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hauptsächlich in der Eingriffsverwaltung zu sehen. Mit dem Vordringenden gewährender Tätigkeit des Staates, die der Verfassungsgeber trotz der diesbezüglichen Tendenzen schon zur Schaffung des Grundgesetzes in dieser Dynamik nicht voraussehen konnte276, haben sich diese Gefahren aber auch in die Leistungsverwaltung verlagert. Die Entscheidung über Gewährung oder Versagung staatlicher Leistungen vermag die Lebensverhältnisse des Bürgers und dessen Rechtskreis nicht weniger zu beeinflussen als Maßnahmen der Eingriffsverwaltung.277 Erläßt etwa die Bauaufsichtsbehörde eine mit einem Zwangsgeld bewehrte Baueinstellungsverfügung, wird damit in den Rechtskreis des Bürgers eingegriffen. Die Rechte des Bürgers 278 leiden aber auch, wenn dem Sozialhilfeempfänger die turnusgemäße Überweisung verweigert wird. Ist er, wie bei der Gewährung von Sozialhilfe schon tatbestandlich der Fall 279 , auf die Unterstützung existenziell angewiesen, ist diese Beeinträchtigung seines Rechtskreises sogar um einiges schwerwiegender als im vorhergehenden Beispiel. Entzöge man die Leistungsverwaltung generell dem Geltungsbereich des Funktionsvorbehalts, würde man ignorieren, daß der Staat Aufgaben wie etwa die der Energieversorgung, der sozialen Sicherheit, der Erziehung oder Ausbildung an sich zieht, um gemeinwohlwichtige Aufgaben nicht den Zufälligkeiten und Unsicherheiten des gesellschaftlichen Lebens zu überlassen und sie mit der Gewähr der Gesetzmäßigkeit und der Stetigkeit zu versehen. Der Staat würde sich selbst widersprechen, wenn er einerseits die Notwendigkeit sieht, für die Stetigkeit und Gesetzmäßigkeit der Aufgaben275
Larenz, Methodenlehre, S. 332. Vgl. dazu etwa Mayer, Studienkommission, Bd. 5, S. 557, 598; a.A. Jung, Zweispurigkeit, S. 139 f. 277 Degenhart, Staatsrecht I, Rdnr. 294; Wehr, JuS 1997, 419, 421. Der in bestimmten Konstellationen in der Vorenthaltung von Leistungen liegende Grundrechtseingriff (vgl. dazu Lecheler/Determann, DÖV 1999, 885, 889 ff.) macht derartige Maßnahmen nach klassischer Lehre noch nicht zur Eingriffsverwaltung; zur - möglichen - Erweiterung des Begriffs unter diesem Aspekt Lecheler/Determann, ebenda, 888 ff. 278 Vgl. dazu, daß ein subjektiv-öffentliches Recht auf Sozialhilfe besteht, die wegweisende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, in: NJW 1954, 1541 f. 279 Vgl. dazu § 2 Abs. 1 BSHG: „Sozialhilfe erhält nicht, wer sich selbst helfen kann oder wer die erforderliche Hilfe von anderen, besonders von Angehörigen oder von Träger anderer Sozialleistungen, erhält." § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG: „Hilfe zum Lebensunterhalt ist dem zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann." 276
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erfüllung zu sorgen, andererseits aber dafür nicht auf den optimal qualifizierten Dienstnehmer, den Beamten, zurückgreift. 280 Schließlich ist im Rahmen der Frage, ob der Funktionsvorbehalt sich auch auf die Leistungsverwaltung erstreckt, zu berücksichtigen, daß diese nach h.M. nicht in vollem Umfang dem Gesetzes vorbehält unterliegt.281 Die personelle Absicherung des Rechtsstaatsprinzips durch Beamte erlangt damit besondere Bedeutung: Wo der Gesetzgeber nicht bereits durch seine normativen Vorgaben die richtige Sachbehandlung vorgibt, ist der unabhängige, neutrale, nur dem Rechtmäßigkeitsprinzip verpflichtete Bedienstete besonders wichtig. 282 Als Beispiel sei hier nur die Subventionsvergabe genannt,283 die den Wettbewerb verzerren und den Konkurrenten des Subventionsempfängers in seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 GG beeinträchtigten kann.284 (cc) Die Grundrechtsrelevanz und ihre Kriterien Hat sich ergeben, daß die Rechtsfolgen staatlichen Handelns der entscheidende Gesichtspunkt sind, um das Kriterium der „Rechtsstaatlichkeit" einzuschränken, bedarf es noch der Beantwortung einer weiteren Frage: Wie müssen diese Rechtsfolgen beschaffen sein, um eine Verbeamtungspflicht auszulösen? Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt die Freiheitsentziehung durch den Polizeibeamten, die Baubeseitigung durch die Bauaufsichtsbehörde, die Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit - also Maßnahmen der Eingriffsverwaltung, die nach der Konzeption des Parlamentarischen Rates dem Funktionsvorbehalt ausschließlich unterliegen sollte - , 280
Vgl. dazu Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 57; Kunig, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 6. Abschnitt, Rdnr. 33. 281 BVerwGE 6, 282, 287 f.; 90, 112, 126; aus der Literatur stv. für viele Degenhart, Staatsrecht I, Rdnr. 287; Pietzcker, JuS 1979, 710ff.; a.A. die Lehre vom Totalvorbehalt, die den Gesetzesvorbehalt auf alle, auch leistende bzw. begünstigende Gesetze erweitem will, weil die Staatsaufgaben der Planung, Lenkung, Verteilung und Leistung sowohl rechtsstaatlicher Disziplinierung wie auch demokratisch-parlamentarischer Verantwortung bedürften, vgl. dazu Mallmann, VVDStRL 19 (1961), S. 165, 183 ff.; Müller, Inhalt und Formen der Rechtsetzung als Problem der demokratischen Kompetenzordnung, 1979, S. 58 ff. m.w.Nachw.; Wege, Positives Recht und sozialer Wandel im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, S. 263 ff. m. w. Nachw. 282 Vgl. dazu Lecheler, Verantwortung und Leistung 1989, 1, 7 f. 283 Wobei es sich allerdings dann, wenn der Staat die Subventionsvergabe zielgerichtet einsetzt, um die Rahmenbedingungen zu Lasten bestimmter Unternehmen zu verändern, um eine „grundrechtsspezifische" Maßnahme handelt, die einer speziellen gesetzlichen Grundlage bedürfte, vgl. zur Eingriffsqualität solcher Maßnahmen BVerwGE 71, 183, 193 f. 284 Vgl. dazu Wehr, JuS 1997, 419, 421; Jarass, NVwZ 1984, 473, 477.
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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zeigt sich die maßgebliche Gemeinsamkeit: Der Staat greift hier in die Grundrechte des Bürgers ein. Mit der Entscheidung, die Grundrechte an die Spitze der verfassungsmäßigen Ordnung zu stellen, hat der Verfassungsgeber deutlich gemacht, daß diese Rechte die Verfassungswirklichkeit bestimmen müssen.285 Die Grundrechte sind „elementare Voraussetzungen eines Lebens in Freiheit und menschlicher Würde" 286, es handelt sich bei ihnen um keine „gewöhnlichen Normen", sondern sie besitzen in der Verfassungsordnung herausragende Bedeutung für das Individuum.287 Wegen dieser herausragenden Bedeutung für den Bürger dürfen die in der Verfassung normierten Grundrechte nicht bloßes „Lippenbekenntnis" bleiben, ihre Verwirklichung bedarf vielmehr institutioneller und organisatorischer Sicherungen.288 Eine solche institutionelle Sicherung stellt etwa Art. 19 Abs. 4 GG dar 289 , wonach bei einer Rechtsverletzung durch die öffentliche Gewalt der Rechtsweg offen steht. Diese Rechtsweggarantie ist gerade dann besonders wichtig, wenn es um die Abwehr von Grundrechtsverletzungen oder um die Geltendmachung verfassungsrechtlicher Gewährleistungen gegenüber der öffentlichen Gewalt geht.290 Der hinter Art. 19 Abs. 4 GG stehende Gedanke, daß der Staat die von ihm selbst garantierten Grundrechte effektiv schützen muß 291 , trifft aber nicht nur für das gerichtliche Verfahren, sondern auch für das Verwaltungsverfahren zu. 292 Auch hier stellt das Grundgesetz eine Institution bereit, die den Schutz der Grundrechte durch ihre besondere Rechtmäßig285
Vgl. dazu die Ausführungen von Carlo Schmid, in JÖR, N.F., Bd. 1, S. 47: „Das GG selbst beginnt mit dem Abschnitt über die Grundrechte. Diese Grundrechte wurden im Gegensatz zur Weimarer Reichsverfasssung an den Anfang des Ganzen gestellt, weil klar zum Ausdruck kommen sollte, daß die Rechte, derer der Einzelmensch bedarf, wenn anders er in Würde und Selbstachtung soll leben können, die Verfassungswirklichkeit bestimmen müssen. Letztlich ist der Staat dazu da, die äußere Ordnung zu schaffen, derer die Menschen zu einem auf der Freiheit des Einzelnen beruhenden Zusammenleben bedürfen. Aus diesem Auftrag allein stammt letztlich die Legitimität seiner Machtausübung." 286 Hesse, HVerfR, § 5 Rdnr. 13. 287 Stern, HStR V, § 109 Rdnr. 28. 288 Vgl. dazu auch Merten, ZBR 1999, 1, 3; Lecheler, ZBR 1996, 1, 3. 289 Vgl. zum institutionellen Charakter von Art. 19 Abs. 4 GG Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 14. 290 BVerfGE 46, 166, 177 ff., 253, 266. 291 Zum Gebot effektiven Rechtsschutzes im Rahmen von Art. 19 Abs. 4 GG vgl. BVerfGE 35, 263, 274; 35, 382, 401; 40, 272, 275; 46, 166, 178; 77, 275, 284; 84, 34, 49; 84, 59, 77. 292 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beeinflussen Grundrechte nicht nur die Ausgestaltung des materiellen Rechts, sondern sind „zugleich Maßstäbe für eine den Grundrechtsschutz effektuierende Organisations- und Verfahrensgestaltung", BVerfGE 69, 315, 355; vgl. auch BVerfGE 65, 76, 94; 73, 280, 296; Jarass/Pieroth, GG, Vorbemerkung vor Art. 1 Rdnr. 11 ff.
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
keitsgewähr in optimaler Art und Weise sicherstellt: Das Berufsbeamtentum. Wenn der Verfassungsgeber schon die Notwendigkeit sieht, einen Typ von Dienstnehmer zu garantieren, dessen Dienstverhältnis optimale Rechtmäßigkeitsgewähr bietet, und wenn er gleichzeitig die Grundrechte als elementare Voraussetzung eines Lebens in Freiheit und Würde normiert, ist es nur folgerichtig, Maßnahmen mit Grundrechtsrelevanz auch solchen Dienstnehmern zuzuweisen.293 Staatliche Maßnahmen können nur dann grundrechtsrelevant sein, wenn sie den Schutzbereich eines Grundrechts berühren. Die bloße Schutzbereichsberührung allein reicht aber nicht aus. Würde dies bereits genügen, gäbe es kaum einen Verwaltungsbereich, der der Verbeamtungspflicht nicht unterläge. Staatliches Handeln ist vielmehr nur dann grundrechtsrelevant i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG, wenn es eine Erheblichkeit erreicht, die eine besondere Schutzbedürftigkeit beim Bürger auslöst. Wann eine solche Erheblichkeit vorliegt, läßt sich nicht abstrakt festlegen. Entscheidend kommt es hierbei auf die Intensität 294 der Einwirkung auf den Rechtskreis 293 Auf das Kriterium der Grundrechtsrelevanz stellt auch Huber, Die Verwaltung 29 (1996), 437, 444 f. ab. Danach soll für die Anwendung des Funktionsvorbehalts entscheidend sein, „ob die Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe Rechte und Pflichten des einzelnen berührt. Das ist vor allem dann der Fall, wenn sie Grundrechtsrelevanz aufweist, in dem Sinne, daß sie den Betroffenen (Grund-)Rechtsverkürzungen abverlangt bzw. zumutet." Nicht gefolgt werden kann Huber allerdings in den Konsequenzen, die er aus dieser Feststellung zieht: Der Funktionsvorbehalt soll danach alle Bediensteten der öffentlichen Verwaltung erfassen, die bestimmenden Einfluß darauf nehmen, daß zwischen Staat und Bürger bzw. zwischen Staat und anderen juristischen Personen des öffentlichen wie des privaten Rechts Rechte begründet, modifiziert oder aufgehoben werden (ebenda, 445). Dies würde zu einer nahezu umfassenden Verbeamtungspflicht führen. Denn Bereiche der Verwaltung, wo nicht auch Rechte begründet, modifiziert oder aufgehoben werden, sind kaum vorstellbar. Kauft etwa eine Sekretärin Büromaterial ein, begründet sie durch den Kaufvertrag mit dem Schreibwarengeschäft ein Recht auf Übereignung des Kaufpreises. Darauf übt sie auch bestimmenden Einfluß aus, weil der Kauf solcher Arbeitsmittel i.d.R. im Rahmen ihrer Entscheidungsbefugnisse liegen dürfte. Daß dies nicht für eine grundsätzliche Verbeamtungspflicht von Sekretärinnen in der Verwaltung ausreichen kann, leuchtet ohne weiteres ein; das Kriterium der Grundrechtsrelevanz ebenfalls heranziehend Haug, NVwZ 1999, 816, 818; Ruland, ZRP 1983, 278, 283; ihm darin folgend Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 35 f; ähnlich auch Lübbe-Wolff, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 33 Rdnr. 59, die den Funktionsvorbehalt auch auf die „Gewährung grundrechtswesentlicher Leistungen" erstrecken will; vgl. auch Summer, ZBR 1999, 181, 190, wonach der „Verantwortungsgrad für die Gesellschaft" Maßstab für die Beantwortung der Frage sein soll, ob ein Bediensteter zu verbeamten ist. Maßnahmen mit Grundrechtsrelevanz würden - wohl auch nach dieser Konzeption einen Verantwortungsgrad begründen, der die Verbeamtungspflicht auslöst. 294 Vgl. zum Kriterium der Intensität im Rahmen der Wesentlichkeitstheorie BVerfGE 58, 257, 274; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Rdnr. 70 verwendet statt „Intensität" die Wendung vom „Grad der Betroffenheit"; eine inhaltliche Abwei-
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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des Bürgers an. Hinreichend intensiv sind dabei Eingriffe des Staates in Freiheit und Eigentum des Bürgers 295, die im Wege unmittelbaren Zwanges durchgesetzt werden können, also diejenigen Tätigkeiten, die die Eingriffsverwaltung kennzeichnen. Selbst wenn der Eingriff wie etwa bei einem Bußgeld über zehn DM nur geringfügig ist, steht der Verwaltung die Möglichkeit zur Verfügung, ihre Anordnungen selbst zu vollstrecken, ohne daß Gerichte die Gesetzmäßigkeit der Anordnung zuvor noch einmal überprüfen. Wo der Bürger auf solche Befugnisse des Staates trifft, bedarf es eines Stabes von Dienstkräften, die optimale Gewähr dafür bieten, daß die von der Verwaltung vollstreckbaren Anordnungen streng nach Recht und Gesetz ergangen sind. Insofern unterfallen diejenigen Staatsaufgaben, die zu ihrer Erfüllung notwendig des behördenmäßig organisierten Einsatzes von Befehl und Zwang bedürfen, dem Funktionsvorbehalt.296 In der Literatur werden diesbezüglich Selbstorganisation und Selbstschutz des Staates, die Außenvertretung, die Gefahrenabwehr, die Zwangsvollstreckung, der Strafvollzug, das Währungs-, Maß- und Gerichtswesen und die Abgabenerhebung genannt.297 Hoheitsrechtliche Befugnisse werden jedoch nicht nur bei der Erfüllung von Staatsaufgaben wahrgenommen, die notwendig mit dem Einsatz von Befehl und Zwang verknüpft sind. Denn aus der Sicht des von einer staatlichen Maßnahme betroffenen Bürgers ist es unerheblich, ob der Staat auf den Einsatz von Befehl und Zwang angewiesen oder ob er dazu nur befugt ist: Die Gefahr einer Beeinträchtigung seines Rechtskreises ist in beiden Fällen gleich groß. Damit ist nicht nur gesagt, daß der Funktionsvorbehalt i.d.R. 298 die gesamte Eingriffsverwaltung umfaßt. Vielmehr zeigt sich, daß chung dürfte damit nicht verbunden sein; vgl. auch Ramsauer, VerwArch 72 (1981), 89, 104f.; für Subventionsgesetze Jarass, NVwZ 1984, 473, 476; aus neuerer Zeit Erbguth, VerwArch 86 (1995), 327, 343; Degenhart, DVB1. 1996, 773, 780; zur Eingriffsintensität insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Eigenschaft als Determinante der verfassungsgerichtlichen Kontrolle der Fachgerichtsbarkeit im Rahmen der Urteilsverfassungsbeschwerde Scherzberg, Grundrechtsschutz und „Eingriffsintensität", S. 22ff. 295 Müller, Inhalt und Formen der Rechtsetzung als Problem der demokratischen Kompetenzordnung, S. 113; Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 484. 296 Peine, Die Verwaltung 17 (1982), 415, 436; vgl. auch AK-Schuppert, GG, Art. 33 Abs. 4, 5 Rdnr. 36 m. w. Nachw. 297 Peine (FN 296); vgl. auch AK-Schuppert (FN 296); Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 102, der andererseits aber darauf hinweist, daß Bereiche, die Hoheitsgewalt zwingend erfordern, nicht mit Eindeutigkeit festzustellen sind (ebenda, S. 100). In der Tat erscheint es fraglich, ob wirklich alle genannten Bereiche zwangsläufig des Einsatzes von Befehl und Zwang bedürfen. Zweifelhaft ist dies etwa für die Selbstorganisation und die Außenvertretung des Staates. 298 Ausgeschlossen sind die bloßen Hilfstätigkeiten, mechanische Arbeiten und künstlerische Tätigkeiten, vgl. dazu sogleich.
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
die Verbeamtungspflicht aus Art. 33 Abs. 4 GG über den Bereich der Eingriffsverwaltung hinausreichen muß: Die Möglichkeit, Befehl und Zwang einzusetzen, sind zwar für die Eingriffsverwaltung kennzeichnend, aber nicht auf sie beschränkt: Auch die Leistungsverwaltung - man denke an die Anordnung eines Anschluß- und Benutzungszwanges299 im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge - vermag auf den Einsatz von Befehl und Zwang nicht völlig zu verzichten. Eine Verbeamtungspflicht nur für diejenigen Bediensteten der Leistungsverwaltung anzunehmen, die auf Befehl und Zwang zurückgreifen können, wäre indes nicht sachgerecht: Die Intensität einer Maßnahme läßt sich auch anhand der finanziellen Bedeutung für den Bürger bestimmen.300 Wo dem Sozialhilfeempfänger die Sozialhilfe, dem Rentner die Rente verweigert wird, kann dies zu existenziellen Beeinträchtigungen in der Lebensführung des Antragstellers führen. Je existenzieller eine Leistung für den Bürger ist, desto intensiver wird durch die Entscheidung über Gewährung oder Nichtgewährung auf seine Grundrechte eingewirkt und desto nötiger ist die Besetzung entsprechender Stellen durch Beamte. Die personelle Absicherung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist hier nicht weniger wichtig als etwa im Bereich der Steuerverwaltung, die unstreitig dem Funktionsvorbehalt unterfällt. Die Intensität einer staatlichen Maßnahme wird auch durch einen temporalen Aspekt bestimmt: Eine staatliche Maßnahme berührt die Grundrechte des Bürgers i.d.R. umso intensiver, je dauerhafter sie ist. Damit sind intensiv i.d.S. all jene Maßnahmen, die eine individuelle Langzeitwirkung entfalten, besonders solche mit tendenziell irreversiblen Charakter. 301 So macht es etwa einen entscheidenden Unterschied, ob einem Unternehmer eine staatliche Subvention geringfügiger Höhe verwehrt wird, was sich auf den Fortbestand seines Unternehmens in keiner Weise auswirkt, oder ob einem Studienplatzbewerber der beantragte Studienplatz verweigert wird, so daß er gezwungen ist, sich beruflich umzuorientieren. Diese berufliche Umorientierung wird i.d.R. eine Lebensentscheidung sein und beeinflußt den gesamten weiteren Werdegang des Bewerbers. Die Langzeitwirkung derartiger Maßnahmen macht sie für die Grundrechtsausübung besonders relevant. Auch hier zeigt sich, daß eine Abgrenzung nach Verwaltungsbereichen der Zielrichtung des Funktionsvorbehalts nicht gerecht wird: Die Notwendigkeit der Heranziehung staatlicher Entscheidungsträger, die durch die Ausgestaltung ihres Dienstverhältnisses optimale Gewähr für eine streng an Recht und Gesetz orientierte Entscheidung bieten, besteht im Falle der 299 300
Vgl. dazu etwa Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayGO; § 20 Abs. 2 Nr. 2 ThürKO. So etwa Erbguth, VerwArch 86 (1995), 327, 343; Stem, Staatsrecht II, 1980,
S. 644. 301
Schulze-Fieliz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, S. 165.
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Verweigerung einer staatlichen Leistung mit Langzeitwirkung nicht weniger als bei Maßnahmen der Eingriffsverwaltung. Trotzdem wird auch unter dem Aspekt der Langzeitwirkung deutlich, daß der Funktionsvorbehalt i.d.R. die gesamte Eingriffsverwaltung umfaßt. Gerade hier nämlich hat staatliche Tätigkeit - man denke an Vewaltungsakte der Polizei, die sich mit Erlaß erledigen, oder Baubeseitigungsverfügungen der Bauaufsichtsbehörden - oft einen irreversiblen Charakter. Daß dem Grundgesetz der Gedanke nicht fremd ist, das Maß der Intensität einer Grundrechtsbeeinträchtigung zum Maßstab dafür zu machen, welcher Dienstnehmer auf den Rechtskreis des Bürger einwirken kann, zeigt Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG. Während über Freiheitsbeschränkungen auch die Polizei bestimmen kann, darf nach Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung nur der Richter entscheiden. Hintergrund dieser Bestimmung ist die Tatsache, daß bloße Freiheitsbeschränkungen lediglich eine kurzfristige Aufhebung der in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG geschützten körperlichen Bewegungsfreiheit mit sich bringen. Bei einer Freiheitsentziehung, die erst bei einem Festhalten über eine mehr als kurzfristige Zeit gegeben ist 302 , handelt es sich dagegen um eine intensive Beeinträchtigung der körperlichen Bewegungsfreiheit. Die erhöhte Intensität dieser Beeinträchtigung rechtfertigt es, sie nur durch einen Richter anordnen zu lassen. Dieser ist gem. Art. 97 Abs. 1 GG unabhängig, also nicht an Weisungen gebunden303, und nur dem Gesetz unterworfen. Für den hauptamtlichen Richter gilt nicht nur das Lebenszeitprinzip des Beamten, er kann gem. Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG gegen seinen Willen nicht einmal versetzt werden. All diese Regelungen stellen sicher, daß der Richter seine Aufgaben streng nach Recht und Gesetz erfüllen kann und keine Pressionen befürchten muß.304 Insofern bietet das Richterdienstverhältnis noch bessere Voraussetzungen für eine rechtmäßige Aufgabenerfüllung als das des Beamten305, der etwa jederzeit versetzt werden kann.306 Wenn das Grundgesetz in Art. 104 Abs. 2 GG besonders intensive Grundrechtsbeeinträchtigungen Amtswaltern mit besonders intensiver Rechtmä302
Jarass/Pieroth, GG, Art. 104 Rdnr. 8. Vgl. zur Weisungsfreiheit des Richters BVerfGE 14, 56, 69; 26, 186, 198; 27, 312, 322; 31, 137, 140; 36, 174, 185; 60, 175, 214. 304 Vgl. zur sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit des Richters umfassend Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 97 Rdnr. 8 ff. 305 Das ändert aber nichts daran, daß der Beamte im Bereich der Exekutive bestmögliche Rechtmäßigkeitsgewähr bietet. Eine so weitgehende Weisungsfreiheit wie sie der Richter in Anspruch nehmen kann, wäre mit einer geordneten Verwaltung nicht vereinbar. 306 Vgl. besonders § 18 Abs. 2 BRRG, § 26 Abs. 2 BBG, wonach der Beamte aus dienstlichen Gründen auch ohne seine Zustimmung in den Bereich eines anderen Dienstherrn versetzt werden kann. 303
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
ßigkeitsgewähr überträgt, liegt auch eine Abgrenzung von Aufgaben zwischen den für die Rechtmäßigkeit ihres Handelns besonders prädestinierten Beamten und den Angestellten nach dem Grad der Intensität einer Grundrechtsbeeinträchtigung nicht fern. Gegen das Kriterium der Grundrechtsrelevanz als Maßstab für die Beantwortung der Frage, wann staatliche Dienstnehmer zu verbeamten sind, kann nicht eingewandt werden, es sei zu unbestimmt.307 Wenn dem Gesetzgeber im Rahmen der Wesentlichkeitstheorie308 abverlangt wird, eine Prognoseentscheidung über die Grundrechtsrelevanz der beabsichtigten Regelung abzugeben, kann für die Dienstherrn, die diese Gesetze zu vollziehen haben, nichts anderes gelten.309 Zwar läßt sich nicht leugnen, daß es im Rahmen der Frage, welche Stellen der öffentlichen Verwaltung mit Beamten zu besetzen sind, (auch) bei Heranziehung des Gesichtspunkts der Grundrechtsrelevanz immer wieder Zweifelsfälle geben kann. Dies liegt aber in der Natur der Sache eines unbestimmten Rechtsbegriffs wie dem der Grundrechtsrelevanz und hindert weder im Verfassungsrecht noch in anderen Rechtsgebieten daran, auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückzugreifen: „Die Aufgabe der Ausfüllung und Konkretisierung auch derart unbestimmter Begriffe durch eine sich allmählich vorantastende Rspr. und Lehre [ist] im Verfassungsrecht ein bekannter und anderwärts längst geglückter Vorgang."310 (dd) Das Merkmal der Entscheidungsferne Die durch seinen Status gesicherte Rechtsstellung des Beamten erlaubt es ihm, den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in optimaler Weise zu verwirklichen. Relevant wird diese Unabhängigkeit gegenüber sachfremden Einflüssen jedoch nur dort, wo der Amtswalter vor die Entscheidung gestellt ist, rechtmäßig oder rechtswidrig zu handeln. Wo er keinen Entscheidungsspielraum hat, wo seine Tätigkeit nur daraus besteht, Weisungen durchzuführen, wo m.a.W. also die „Produktion von Willensakten nicht Gegenstand der Dienstpflicht ist" 311 , sind die besonderen Garantien des 307
So aber Becker, Funktionelle Abgrenzung, S. 257. Vgl. dazu BVerfGE 34, 165, 192f.; 40, 237, 248f.; 58, 257, 274; 80, 1, 20; 82, 209, 224. Die Lehre ist dem Bundesverfassungsgericht zum großen Teil gefolgt (vgl. etwa Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 80; Oppermann, Gutachten C für den 51. DJT, S. C 52ff.; Schlink, Die Amtshilfe, S. 119f.; Jakobs, EuGRZ 1986, 73, 79). Allerdings stößt die Wesentlichkeitstheore auch auf Kritik, vgl. dazu etwa Brenner, Der Gestaltungsauftrag der Verwaltung in der Europäischen Union, S. 243f.; Eberle, DÖV 1984, 485, 487. 309 Huber, Die Verwaltung 29 (1996), 437, 446. 3,0 So Oppermann, Gutachten C für den 51. DJT, S. C 52 zum Begriff der „Wesentlichkeit". 311 Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 125. 308
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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Beamtenverhältnisses überflüssig. Dieser Umstand ist eigentlicher Hintergrund des von Leisner so bezeichneten „Prinzips der Entscheidungsferne" 312 und führt zur Ausklammerung von bloßen Hilfstätigkeiten und rein mechanischen Arbeiten.313 Dazu zählen etwa Schreibdienst, Instandsetzungsarbeiten, Fernsprechvermittlungsdienst und die Tätigkeiten von Hausmeistern, Boten und Kraftfahrern. 314 Aus dem Prinzip der Entscheidungsferne ergibt sich darüber hinaus, daß auch rein künstlerische Tätigkeiten wie die des Orchestermusikers, Dirigenten oder Schauspielers nicht dem Funktionsvorbehalt unterfallen. 315 (ee) Die vorbereitenden Tätigkeiten Der Aufgabenbereich des Beamten ist danach zu bestimmen, welche Rechtsfolgen seine Maßnahmen für den Bürger mit sich bringen. Daraus ergibt sich, daß eine Beschränkung des Funktionsvorbehalts auf den nach außen hin die Entscheidung treffenden Amtswalter nicht möglich ist. Wenn durch den Einsatz von Beamten optimaler Rechtsschutz für den Bürger im Verwaltungsverfahren erreicht werden soll, müssen alle Bediensteten, die in den zu grundrechtsrelevanten Maßnahmen führenden Willensbildungsprozeß der Behörde einbezogen sind316, verbeamtet werden.317 Eine staatliche Maßnahme wird häufig bereits in der Vorbereitungsphase vom zuständigen Bediensteten entscheidend geprägt. Derjenige, der nach außen hin die Entscheidung trifft, baut auf der Beurteilung des Vorbereiters auf, formale und materielle Entscheidungskompetenzen fallen oft auseinander.318 Es würde dem Zweck des Funktionsvorbehalts widersprechen, optimalen Rechts312 Leisner, in: ders (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 121, 133; vgl. auch Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 56; Summer, ZBR 1999, 181, 190 spricht vom Fehlen einer „Selbständigkeit i.S. von Verantwortung". 3,3 Bloße Hilfstätigkeiten und rein mechanischen Arbeiten unterfallen dem Funktionsvorbehalt auch dort nicht, wo sich die Verbeamtungspflicht nicht aus der Grundrechtsrelevanz staatlichen Handelns ergibt, sondern aus der Bedeutung der Aufgabe für das grundgesetzlich verfaßte Gemeinwesen (vgl. dazu sogleich): Der Ausschluß derartiger Funktionen aus Art. 33 Abs. 4 GG stellt einen hergebrachten Grundsatz der Berufsbeamtentums dar, vgl. Maunz, GG, Art. 33 Rdnr. 50. 314 Vgl. zu den unter dem Aspekt der Entscheidungsferne aus dem Funktionsvorbehalt auszuklammernden Tätigkeiten im einzelnen oben Teil 2 C I FN 52. 3.5 Vgl. dazu stv. für viele Warbeck, RiA 1998, S. 22, 24; Lecheler, HStR III, § 72 Rdnr. 27. 3.6 Wobei der die Entscheidung vorbereitende Bedienstete natürlich selbst wiederum einen Entscheidungsspielraum haben muß, vgl. dazu oben Teil 2 C II 5 b) (3) (b) (dd). 317 Vgl. dazu stv. für viele Warbeck, RiA, S. 22, 24; Leisner, in: ders. (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 121, 134. 318 Vgl. dazu Jung, Zweispurigkeit, S. 122.
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
schütz für den Bürger zu gewährleisten, wenn der eine grundrechtsrelevante Maßnahme vorbereitende und die „eigentliche" Entscheidung treffende Bedienstete nicht Beamter wäre. 319 (c) Die Bedeutung der Auf gäbe
Ein Teil der Literatur 320 will die Reichweite des Funktionsvorbehalts nach der Bedeutung der Aufgabe bestimmen, die der jeweilige Dienstnehmer zu erfüllen hat. Um ein solches Kriterium in die Diskussion um den Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG einführen zu können, müßte es eine Grundlage in der Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses finden. Insofern wäre es denkbar, daß der Beamte für Aufgaben besonderer Bedeutung durch das verfassungsrechtlich abgesicherte Streikverbot321 und die ihm gegenüber dem Staat obliegende besondere Treuepflicht 322 auch besonders qualifiziert ist. Denn beide Elemente des Beamtenverhältnisses sichern eine stetige und ungestörte Erfüllung staatlicher Aufgaben und gewährleisten die Erhaltung des durch das Grundgesetz organisierten Gemeinwesens. Unabhängig von der Grundrechtsrelevanz staatlichen Handelns und der Ausgleichs- und Stabilisierungsfunktion des Berufsbeamtentums gibt es Aufgaben, deren Erfüllung mit der Staatlichkeit begriffsnotwendig verbunden ist. Zu diesen „sine-qua-non-activities"323 gehört der Schutz der territorialen Integrität mit den Teilbereichen Außenvertretung und Landesverteidigung, die Aufrechterhaltung der Ordnung im Innern und die Sicherung einer finanziellen Basis durch die Erhebung von Steuern.324 Sie bedürfen einer stetigen Erfüllung und unterfallen deshalb dem Funktionsvorbehalt. Die Funktionsfähigkeit des „Staates an sich" wäre andernfalls nicht gewährleistet.
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Vgl. dazu das Beispiel der Lehrer unten Teil 2 C V. Lehnguth, ZBR 1991, 266, 269ff.; Otto, ZBR 1956, 233, 242; die Bedeutsamkeit der Aufgabe ergänzend heranziehend auch Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 32. 321 Vgl. zur Eigenschaft des Streikverbots als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums oben Teil 2 C II 5 b) (1) FN 202; offensichtlich auf das Streikverbot abstellend auch BVerfGE 88, 103, 114, wonach Art. 33 Abs. 4 GG „die Kontinuität hoheitlicher Funktionen des Staates" sicherstellen solle. 322 BVerfGE 39, 334, 346ff.; umfassend Zängl, in: Weiß/Niedermaier, BayBG, Art. 9 Anm. 9. 323 So der Begriff von Rose, in: European Journal of Political Research 1976, 247, 255. 324 Rose (FN 323); vgl. dazu auch AK-Schuppert, GG, Art. 33 Abs. 4, 5 GG, Rdnr. 36. 320
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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Darüber hinaus erstreckt sich die Verbeamtungspflicht aus Art. 33 Abs. 4 GG auf alle jene Stellen, die in besonderem Maße der Funktionsfähigkeit und Sicherung der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes dienen. Wenn das Grundgesetz sich für solche zentralen Grundwerte entscheidet (Art. 20 Abs. 1-3), Vorkehrungen gegen ihre Bedrohung trifft (vgl. z.B. Art. 20 Abs. 4, Art. 79 Abs. 3, Art. 91) und gleichzeitig den Typus eines Dienstnehmers konstituiert, der einem so verfaßten Gemeinwesen durch eine besondere Treuepflicht verbunden ist, ist es nur folgerichtig, die für die Verwirklichung des Rechtsstaats-, Sozialstaats- und Demokratieprinzips relevanten Stellen auch mit solchen Bediensteten zu besetzen: Das verfassungsmäßige Funktionieren des Staates hängt entscheidend von der Identifikation der Dienstnehmer mit seiner freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung ab. 325 Die rechts- und sozialstaatliche Komponente ist insofern bereits durch den Gesichtspunkt der Grundrechtsrelevanz staatlichen Handelns abgedeckt: Rechts- und Sozialstaat haben sich in der Verwaltungswirklichkeit vordringlich bei der Entscheidung über grundrechtswesentliche Maßnahmen zu bewähren. Im Hinblick auf das Demokratieprinzip ergibt sich eine Verbeamtungspflicht unabhängig von der Grundrechtsrelevanz insbes. für diejenigen Bediensteten, die das Funktionieren der demokratisch verfaßten Organe, etwa in der Parlamentsverwaltung, sicherstellen. Über den wie oben beschriebenen Kernbereich hinaus staatliche Aufgaben danach zu unterscheiden, ob sie so bedeutsam sind, daß sie durch eine bestimmte Gruppe staatlicher Dienstnehmer zu erfüllen sind, erscheint kaum möglich. Denn die Bedeutsamkeit einer Aufgabe kann nicht abstrakt für den Staat an sich bestimmt werden, sondern nur für den Staat in seiner konkreten (politischen) Situation. Die Festlegung der politischen Prioritäten und damit auch der Bedeutsamkeit einer Aufgabe für den „konkreten Staat" obliegt - abgesehen von dem o.g. Kernbereich staatlicher Aufgabenwahrnehmung - der jeweiligen Regierung.326 Es ist aber gerade ein Kennzeichen der Demokratie und ihrer wechselnden Mehrheiten, daß sich Prioritäten ändern - was heute als besonders bedeutsam erscheint, ist es morgen 325
BVerfGE 39, 334, 347 f. Zwar erstreckt sich die Treuepflicht nicht nur auf Beamte, die im hier beschriebenen Sinne Stellen bekleiden, die in besonderem Maße der Sicherung und Funktionsfähigkeit der freiheitlichen demokratischen, rechtsund sozialstaatlichen Ordnung des GG dienen. Das BVerfG differenziert im Rahmen der Treuepflicht aber nur deshalb nicht zwischen der Art der dienstlichen Obliegenheiten des Beamten, weil immer die Möglichkeit „einer Beeinflussung seiner Umgebung, seiner Mitarbeiter, seiner Dienststellen, seiner Behörde im Sinne einer verfassungsfeindlichen praktischen Überzeugung" naheliege (ebenda, 355). 326 Vgl. dazu auch Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 102, der im Rahmen der Frage, welche Aufgaben dem Staat obliegen, auf die wechselnden wirtschaftlichen und sozialen Geschehnisse des „konkreten" Staates verweist. 8 Strauß
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nicht mehr und umgekehrt. Für die Bestimmung der Reichweite des Funktionsvorbehalts scheidet damit die Bedeutsamkeit einer Aufgabe als trennscharfes Abgrenzungsmerkmal aus. Ein Kriterium, das derart kurzfristigen inhaltlichen Änderungen unterliegt, vermag für die abschließende Beantwortung der Frage, auf welchen Positionen staatliche Dienstnehmer auf Lebenszeit verpflichtet werden müssen, nichts beizutragen.327 6. Die Effizienz staatlicher Aufgabenwahrnehmung a) Der Grundsatz der Einheit der Verfassung
Nach dem Grundsatz der „Einheit der Verfassung" sind alle Verfassungsnormen so zu interpretieren, daß Widersprüche zu anderen Verfassungsbestimmungen vermieden werden.328 Bereits in einer seiner ersten Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht betont, daß einzelne Verfassungsnormen nicht isoliert betrachtet und aus sich selbst heraus ausgelegt werden dürften. Vielmehr ergäben sich aus dem Gesamtinhalt der Verfassung, die eine innere Einheit darstelle, verfassungsrechtliche Grundsätze und Grundentscheidungen, denen die einzelnen Verfassungsbestimmungen untergeordnet seien.329 Danach könnte zur Bestimmung zur Bestimmung der Reichweite des Funktionsvorbehalts in Art. 33 Abs. 4 GG möglicherweise der Gesichtspunkt der Verwaltungseffizienz beitragen. Dazu müßten aber zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen müßte sich aus dem Grundgesetz ein Prinzip ergeben, wonach die Verwaltung möglichst effizient zu arbeiten hat. Zum anderen wäre zu beweisen, daß die Aufgabenerledigung durch Beamte effizienter oder weniger effizient ist als die durch Angestellte. Vor einer Beantwortung dieser Fragen ist aber zunächst zu erörtern, welchen Inhalt der Begriff „Effizienz" in bezug auf die Verwaltung überhaupt hat.
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Dagegen kann nicht eingewandt werden, das Kriterium der Grundrechtsrelevanz sei ebenfalls unbestimmt. Denn für die Frage, ob eine staatliche Maßnahme grundrechtsrelevant ist oder nicht, kommt es nicht darauf an, ob die jeweilige politische Führung eine solche Grundrechtsrelevanz bejaht oder nicht. Vielmehr läßt sich die Grundrechtsrelevanz anhand der hier entwickelten Kriterien unabhängig von den jeweils herrschenden politischen Verhältnissen bestimmen. 328 Hesse, Verfassungsrecht, Rdnr. 71; Ehmke, VVDStRL 20 (1963), S. 53, 77ff.; eingehend zum Grundsatz der Einheit der Verfassung Müller, Die Einheit der Verfassung; den Grundsatz ablehnend ders., Juristische Methodik, Rdnr. 383 ff. 329 BVerfGE 1, 14, 32. Erster und zweiter Senat des Bundesverfassungsgerichts sowie der Bundesgerichtshof haben in der Folgezeit den Grundsatz der Einheit der Verfassung aber nicht immer einheitlich verwendet. Müller, Juristische Methodik, Rdnr. 385 klagt deshalb, die Judikatur habe „ein Chaos von Gebrauchsweisen des Arguments erzeugt."
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse b) Der Begriff
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der Verwaltungseffizienz
Der Begriff der „Effizienz der Verwaltung" wird zwar oft gebraucht330, doch ist damit noch nicht gesagt, daß mit ihm auch immer das gleiche gemeint wäre. Bereits terminologisch tritt er unter vielen Namen auf 331 und wird ζ. T. mit der „Leistungsfähigkeit"332, der „Wirksamkeit"333, der „Rationalität" oder der „Effektivität" 334 der Verwaltung gleichgesetzt.335 Sein Inhalt bleibt ohne genaue Begriffsbestimmung so vage und abstrakt336, daß es leichtfällt, sich auf die „Formel der Verwaltungseffizienz" zu einigen.337 Dies macht es erforderlich, dem Begriff der „Effizienz der Verwaltung" genauere Konturen zu geben. „Effizienz" bedeutet in der Umgangssprache „Wirksamkeit" bzw. „Wirkkraft" 338. In der Wirtschaftswissenschaft versteht man unter Effizienz das Verhältnis zwischen eingesetzten Mitteln und erstrebtem Zweck. Begreift man Mittel und Zweck rein ökonomisch, deckt sich der Begriff der Effizienz mit dem der Wirtschaftlichkeit: Wirtschaftlich handelt danach derjenige, der ein günstiges Zweck-Mittel-Verhältnis entweder dadurch erreicht, daß er einen bestimmten Zweck mit minimalen Mitteln oder mit gegebenen Mitteln einen maximalen Zweck erzielt. 339 Vor diesem Hintergrund ist Verwaltungshandeln dann effizient, wenn unter alternativen Handlungsmöglichkeiten diejenige ausgewählt wird, bei der ein vorgegebenes Ziel mit geringerem Ressourceneinsatz oder bei festgelegten Ressourceneinsatz in höherem Maße verwirklicht wird. 340 Effizienz der Verwaltung kann aber nicht im Sinne eines bloßen betriebswirtschaftlichen Wirtschaftlichkeitspostulats verstanden werden.341 Verwaltung funktioniert nicht nach rein ökonomischen Grundsätzen, sondern ist 330
Spannowsky, DÖV 1995, 41. Leisner, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 6. 332 Vgl. dazu etwa Ossenbühl NVwZ 1982, 465, 466; Steinberg, DÖV 1982, 619, 620f.; Schwarze, DÖV 1980, 581, 582f. 333 Ossenbühl (FN 332). 334 Vgl. dazu Scholz/Aulehner, ArchPT 1993, 5, 21 f.; Steinberg, DÖV 1982, 619, 620 f. 335 Vgl. dazu Wagener, VVDStRL 41 (1983), S. 272. 336 Eichhorn/Siedentopf, Effizenzeffekte der Verwaltungsreform, S. 21 sprechen davon, daß sich der Begriff im Bewußtsein der Öffentlichkeit durchgesetzt habe, ohne daß er eindeutig bestimmt sei. 337 Schenke, VB1BW 1982, 313, 315 sieht die Attraktivität des Begriffs gerade in seiner Abstraktheit begründet, die es erlaube, ihn mit verschiedenen Inhalten auszufüllen. 338 Duden, Fremdwörterbuch, Stichwort „Effizienz". 339 Vgl. dazu eingehend Eichhorn/Siedentopf, Effizienzeffekte der Verwaltungsreform, S. 2Iff.; von Arnim, Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, 19ff. 340 Vgl. dazu Lohr, Die kommunale Flächennutzungsplanung, S. 76f. m.w. Nachw. 331
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eingebettet in das Gesamtsystem staatlicher Zielsetzungen.342 Maßgeblicher Bezugspunkt der Relation zwischen Mitteleinsatz und Zweckverwirklichung sind stets die materiellen Verwaltungsziele343, Verwaltungseffizienz ist als Zielerreichungseffizienz zu begreifen. 344 Verwaltungseffizienz ist danach zu verstehen als „Forderung nach optimaler Erfüllung der der Verwaltung durch das Recht vorgegebenen oder zumindest anerkannten Ziele unter möglichst sparsamem und angemessenem Einsatz von sachlichen und personellen Mitteln."345 c) Das Gebot der Verwaltungseffizienz
Zwar ist das Gebot der Verwaltungseffizienz im Grundgesetz selbst nicht ausdrücklich normiert, doch resultiert es aus der Zusammenschau verschiedener Bestimmungen der Verfassung. So ergibt sich aus Art. 114 Abs. 2 GG mittelbar346 die Verpflichtung für den Staat, im Rahmen seiner Haushalts· und Wirtschaftsführung als Ausprägung des Gebots der Verwaltungseffizienz wirtschaftlich zu handeln. Art. 108 Abs. 4 Satz 1 GG greift den Gedanken der optimalen Aufgabenerfüllung insoweit auf, als er ein Zusammenwirken von Bundes- und Landesfinanzbehörden erlaubt, „wenn und soweit dadurch der Vollzug der Steuergesetze erheblich verbessert oder erleichtert wird." Wenn die Verfassung eine gesetzesgebundene (Art. 20 Abs. 3 GG) Exekutive schafft und diese in den Art. 62, 83 ff. GG strukturiert, folgt daraus auch das Gebot, diese solle funktionieren. Die Notwendigkeit einer effizienten Verwaltung ergibt sich auch aus Art. 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG: Das Staatsvolk ist nur dann in der Lage, die Staatsgewalt durch die vollziehende Gewalt auszuüben, wenn die Regierung und mit ihr die gesamte Exekutive funktionsfähig ist. 347 Schließlich kann hier 341
Ossenbühl, NVwZ 1982, 465, 466f.; Lohr (FN 340), S. 77; Derlien, Die Verwaltung 7 (1974), 1,5; Häberle, AöR 98 (1973), 630 f. 342 Ossenbühl (FN 341); Häberle (FN 341), 631. 343 Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 587. 344 Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, S. 721. 345 Schenke, VB1BW 1982, 313, 316; vgl. auch die i.E. gleiche Definition von Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 163: „Verwaltungseffizienz ist die möglichst gute Verwirklichung des Rechts- und Sachauftrags der Verwaltung in der zeitlichen, finanziellen und quantitativen Dimension"; Wieland, Die Verwaltung 24 (1991), 343, 344; Ossenbühl, NVwZ 1982, 465, 466f.; von Mutius, NJW 1982, 2150, 2151. 346 Art. 114 Abs. 2 GG normiert unmittelbar lediglich, daß der Bundesrechnungshof die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsführung zu prüfen hat. Eine solche Prüfungspflicht wäre indes sinnlos, wenn den Staat nicht auch eine Verpflichtung zur wirtschaftlichen und ordnungsgemäßen Haushaltsführung träfe. 347 Vgl. zu diesen Begründungen für das Gebot der Verwaltungseffizienz umfassend Kunig, Rechtsstaatsprinzip, S. 438f.; Schwarze, DÖV 1980, 581, 590; das Gebot der Verwaltungseffizienz ebenfalls aus der Verfassung entnehmend Kopp, Ver-
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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auch Art. 33 Abs. 2 GG angeführt werden: Wenn jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte hat, kann daraus geschlossen werden, daß auch die mit derartigen Bewerbern besetzte Verwaltung leistungsfähig und effizient zu sein hat. 348 d) Die Folgerungen fiir den Umfang des Funktionsvorbehalts
Der Gesichtspunkt der Verwaltungseffizienz könnte nur dann zur Bestimmung des Umfangs des Funktionsvorbehalts beitragen, wenn eine Dienstgruppe des öffentlichen Dienstes bestimmte Aufgaben effizienter oder weniger effizient als die andere erfüllt. Insoweit könnte der Einsatz von Angestellten effizienter als der von Beamten sein, wenn er bei ansonsten gleichem Erfolg billiger wäre. Daß die Verwendung von Angestellten mit geringeren Kosten für die Verwaltung verbunden ist, wurde auch behauptet. So ist nach Berechnungen der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) die Aufgabenerfüllung durch einen Beamten zwischen 3,64 % und 16,04 % teurer als die durch einen Angestellten.349 Dagegen hat die unabhängige Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung festgestellt, daß die Praxis einiger Bundesländer, unter haushaltpolitischem Druck bisher von Beamten wahrgenommene Aufgaben Angestellten zuzuweisen, dem Bund nicht empfohlen werden könne. Insgesamt gesehen erscheine die Beschäftigung von Beamten in der öffentlichen Verwaltung günstiger als die von Angestellten.350 Daß die Beschäftigung von Beamten kostengünstiger ist als die von Angestellten, zeigt auch die Praxis: So hat sich das Land Brandenburg entschlossen, baldmöglichst sämtliche Lehrer zu verbeamten. Nach Berechnungen des zuständigen Ministeriums ergeben sich bei jeder Verbeamtung im Vergleich zum angestellten Lehrer Einsparungen von 30.000 DM jährlich für den Landeshaushalt.351 Die Landesregierung von Schleswig-Holstein, die erst 1994 dazu übergegangen war, Schulleiter und Lehrer künftig nicht mehr zu verbeamten, hat mittlerweile eine Kehrtwende fassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, S. 200; Hartisch, Verfassungsrechtliches Leistungsprinzip und Partizipationsverbot im Verwaltungsverfahren, S. 57f.; Häberle, VVDStRL 41 (1983), S. 277; eine Ableitung der Verwaltungseffizienz aus dem Grundgesetz ablehnend etwa Sobota, DÖV 1997, 144, 152; nicht ganz eindeutig Steinberg, DÖV 1982, 619, 621; Schenke, VB1BW 1982, 313, 316 f. 348 Vgl. zu diesem Aspekt Schenke (FN 347), 316; Häberle (FN 347). 349 Vgl. dazu eingehend Berens/Hoffjan, ZBR 1995, 139, 140ff. 350 Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung (BWV), Beamte oder Arbeitnehmer, S. 111. 351 So die Auskunft des zuständigen Fachreferenten im Kultusministerium auf Anfrage des Verfassers im Dezember 1998.
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vollzogen: Aus fiskalischen Gründen sollen dort künftig Lehrer wieder als Beamte beschäftigt werden.352 Einige Kommunen, an der Spitze die Stadt Offenbach, gehen ebenfalls aus Kostengründen dazu über, ihr gesamtes Personal zu verbeamten.353 Selbst wenn man zum Ergebnis käme, der Angestellte sei insgesamt gesehen kostengünstiger als der Beamte, ergäbe sich daraus noch nicht, daß der Einsatz von Angestellten die Verwaltung effizienter machen würde. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sowohl Beamte als auch Angestellte, abgesehen von allen monetären Aspekten, ihre Aufgaben mit dem gleichen Erfolg, also möglichst optimal354, erfüllen würden. Hierin liegt der entscheidende Gesichtspunkt, der zeigt, daß die Effizienz der Verwaltung für die Bestimmung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn bringt. Diejenigen Aufgabenbereiche, die der Beamte optimal zu erfüllen vermag, ergeben sich aus der Ausgestaltung seines Dienstverhältnisses. Dort wo die Strukturprinzipien des Beamtenverhältnisses besonders funktionsadäquat sind, liegt auch der Tätigkeitsbereich des Beamten. In diesen Bereichen wird er effizienter tätig als der Angestellte, weil die Gestaltung seines Dienstrechts ihn dazu befähigt. Der Gesichtspunkt der Verwaltungseffizienz vermag damit keine Erkenntnisse beizutragen, die über die im Rahmen der teleologischen Auslegung gewonnenen hinausgehen.
III. Ergebnis der eigenen Auslegung Die Reichweite des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG ergibt sich vordringlich aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Aus dem institutionellen Charakter von Art. 33 Abs. 4 GG, der auf den Schutz des Berufsbeamtentums abzielt, lassen sich Argumente sowohl für eine enge Auslegung, die nur die Eingriffsverwaltung umfaßt, als auch für eine weite Interpretation gewinnen, die den Aufgabenbereich des Berufsbeamtentums über die Eingriffsverwaltung hinaus ausdehnen würde. Eine Bestimmung des Aufgabenbereichs des Berufsbeamtentums erlaubt der institutionelle Charakter des Art. 33 Abs. 4 GG damit nicht. Die Reichweite des Funktionsvorbehalts läßt sich aber aus dem in Art. 33 Abs. 5 GG normierten Rechtsverhältnis entnehmen, dem die Berufsbeamten unterliegen. Die Verankerung der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums im Grundgesetz kann nicht „zweck"-los gewesen sein, vielmehr läßt sich die besondere Pflichten- und Rechtebeziehung des Beamten zum Staat und 352 353 354
„SZ" vom 03./04.07.1999, S. 2. Isenseee, ZBR 1998, 295, 304. Scholz/Aulehner, ArchPT 1993, 5, 21.
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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umgekehrt nur aus den Aufgaben rechtfertigen, die der Beamte zu erfüllen hat. Trotz der Angleichung der Dienstverhältnisse der Beamten und Angestellten zeigt sich, daß die verfassungsrechtlich garantierten Strukturprinzipien des Beamtenverhältnisses den Beamten für gewisse Aufgaben besonders qualifizieren: Zum einen macht ihn die wirtschaftliche Absicherung im Rahmen des Alimentationsprinzips und die Anstellung auf Lebenszeit zu einem ausgleichenden und stabilisierenden Faktor im politischen Kräftespiel. Dieser Aspekt führt zu einer Verbeamtungspflicht in den Ministerien sowohl bei den Amtswaltern, die den Kontakt zwischen Gubernative und Exekutive vermitteln, als auch im Bereich der ihnen zuarbeitenden bzw. der ausführenden Funktionen. Zum anderen bietet das Beamtenverhältnis bestmögliche Gewähr für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidungen. Besondere Bedeutung kommt der Rechtmäßigkeit staatlicher Entscheidungen dann zu, wenn sie Grundrechtsrelevanz entfalten. Insofern ist der Aufgabenbereich des Beamten danach zu bestimmen, ob staatliches Handeln grundrechtsrelevant ist oder nicht. Zur Beantwortung der Frage nach der Grundrechtsrelevanz ist darauf abzustellen, ob staatliches Handeln eine Erheblichkeit erreicht, die eine besondere Schutzbedürftigkeit beim Bürger auslöst. Wann ein solche Erheblichkeit vorliegt, läßt sich nicht abstrakt festlegen. Entscheidend kommt es hierbei auf die Intensität der Einwirkung auf den Rechtskreis des Bürgers an. Hinreichend intensiv sind dabei Eingriffe des Staates in Freiheit und Eigentum des Bürgers, die im Wege unmittelbaren Zwanges durchgesetzt werden können, also diejenigen Maßnahmen, die die Eingriffsverwaltung kennzeichnen und auf die z.T. auch die Leistungsverwaltung zurückgreift. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Staat auf den Einsatz von Befehl und Zwang angewiesen ist oder ob er dazu nur befugt ist. Das Kriterium der Intensität zeigt, daß sich der Geltungsbereich des Funktionsvorbehalts auch auf Teile der Leistungsverwaltung erstreckt, die nicht mit Befehl und Zwang vorgehen können: Je existenzieller eine Leistung für den Bürger ist, desto intensiver wird durch die Entscheidung über Gewährung oder Nichtgewährung auf seine Grundrechte eingewirkt und desto nötiger ist die Besetzung entsprechender Stellen mit Beamten. Da intensiv auch all jene Maßnahmen sind, die eine individuelle Langzeitwirkung entfalten, besonders solche mit tendenziell irreversiblem Charakter, läßt sich die Leistungsverwaltung auch unter dem Aspekt der Langzeitwirkung nicht generell aus dem Funktionsvorbehalt ausklammern: So zwingt etwa die Verweigerung eines Studienplatzes den Bewerber i.d.R. zu einer beruflichen Umorientierung, die Auswirkungen auf sein gesamtes weiteres Leben hat. Bloße Hilfsdienste, rein mechanische Arbeiten und künstlerische Tätigkeiten unterfallen dem Funktionsvorbehalt nicht, weil die besondere Rechts-
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Stellung des Beamtenverhältnisses hier überflüssig ist. Eine Beschränkung des Funktionsvorbehalts auf den nach außen hin die Entscheidung treffenden Amtswalter ist nicht möglich, weil formale und materielle Entscheidungskompetenzen oft auseinanderfallen. Die Bedeutung einer Aufgabe für den Staat vermag zur Bestimmung des Aufgabenbereichs des Beamten nur wenig beizutragen. Außer einem gewissen Kernbereich staatlichen Handelns, der unabhängig von politischen Richtungswechseln für den Staat besonders bedeutsam ist und für den deswegen der einem Streikverbot unterliegende Beamte besonders prädestiniert ist, läßt sich der Gesichtspunkt der Bedeutsamkeit für den Aufgabenbereich des Beamten nicht fruchtbar machen: Das Kriterium der Bedeutsamkeit unterliegt kurzfristigen inhaltlichen Änderungen und ist deshalb für die Beantwortung der Frage, auf welchen Positionen staatliche Dienstnehmer auf Lebenszeit verpflichtet werden müssen, ungeeignet. Der Gesichtspunkt der Effizienz der Verwaltung vermag für die Bestimmung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" keine Erkenntnisse beizutragen, die über die aus dem Rechtsverhältnis des Beamten abgeleiteten hinausgehen: Verwaltungseffizienz ist als Zielerreichungseffizienz zu begreifen, so daß effizient derjenige Dienstnehmer arbeitet, dessen Rechtsverhältnis ihn zur optimalen Erfüllung der jeweiligen Verwaltungsziele befähigt. Eine eigenständige Ableitung des Aufgabenbereichs des Beamtentums ist mit dieser Feststellung nicht verbunden.
IV. Die Folgerungen für die Geltung des Funktionsvorbehalts bei Handeln des Staates in Privatrechtsform 1. Die Arten des Handelns in Privatrechtsform a) Das Verwaltungsprivatrecht
Beim Verwaltungsprivatrecht handelt es sich um das öffentlich-rechtlich überlagerte und gebundene Privatrecht, das der Verwaltung bei der Wahrnehmung von unmittelbaren Verwaltungsaufgaben zur Verfügung steht.355 Die Verwaltung geht hier Privatrechtsverhältnisse ein, um die ihr durch öffentlich-rechtliche Aufgabenbestimmung zugewiesenen öffentlichen Verwaltungs- (Leistungs- und Lenkungs-) Zwecke zu verfolgen. Dabei kommt sie nicht in den Vollgenuß der rechtsgeschäftlichen Privatautonomie, sondern unterliegt öffentlich-rechtlichen Bindungen. Dies gilt sowohl für die Ver- und Entsorgung (z.B. Verkehrs-, Wasser-, Gas- und Stromversorgung, 355
Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rdnr. 9.
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C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
Abwasser- und Müllbeseitigung) als auch für die Wirtschaftslenkung durch Subventionen wie etwa Bürgschaften oder Darlehen.356 b) Dasfiskalische Verwaltungshandeln
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(1) Die erwerbswirtschaftliche Betätigung Erwerbswirtschaftlich betätigt sich der Staat dort, wo er als Unternehmer am Wirtschaftsleben teilnimmt. Dabei wirkt der Staat entweder selbst als Unternehmer oder er wird über Handelsgesellschaften, insbesondere Aktiengesellschaften tätig, die ganz oder teilweise in staatlicher Hand sind. Zu nennen sind hier etwa Industrie-, Bergbauunternehmen und öffentliche Kreditanstalten.358 (2) Die Hilfsgeschäfte der Verwaltung Für ihrer Tätigkeit benötigt die Verwaltung Sachgüter wie etwa Büromaterial, Kraftfahrzeuge, Brennstoffe, Gebäude und Grundstücke. Dabei bedient sie sich der Formen des Privatrechts, erwirbt also beispielsweise Büromaterial über Kaufverträge, vergibt gegebenenfalls Aufträge und mietet Dienstgebäude an. 359 2. Die Problematik des Handelns in Privatrechtsform Handelt die Verwaltung in Privatrechtsform, ließe sich gegen die Erstrekkung des Funktionsvorbehalts auf diesen Bereich anführen, der Staat passe sich hier sowohl im Ziel als auch im Verfahren an die Privatwirtschaft an 360 und sei mit denselben Rechten und Pflichten ausgestattet wie Privatpersonen.361 Nahezu einhellig wird denn auch im Bereich der Fiskalverwal356
Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 23 Rdnr. 29. Vgl. zur Unterscheidung zwischen Verwaltungsprivatrecht und fiskalischem Verwaltungshandeln Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 16f.; grundlegend Siebert, Niedermeyer-FS, S. 215, 220f.; kritisch zum Begriff „fiskalische Verwaltung" Burmeister, DÖV 1975, 695, 702 f. 358 Vgl. dazu Warbeck, RiA 1998, 22, 23; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rdnr. 8; Lecheler, HStR III, § 72 Rdnr. 28; insbesondere zu öffentlichen Kreditanstalten „Die Zeit" vom 04.02.1999, S. 25, wonach der Freistaat Sachsen die Schaffung einer eigenen Großbank plant. 359 Vgl. dazu Warbeck (FN 358); Maurer (FN 358), Rdnr. 7; Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rdnr. 322. 360 Vgl. dazu oben Teil 2 C I. 361 Otto, ZBR 1956, 233, 237. 357
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tung das Vorliegen „hoheitsrechtlicher Befugnisse" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG verneint.362 Zwar bejaht ein Teil der Literatur eine Verbeamtungspflicht aus Art. 33 Abs. 4 GG im Rahmen des Verwaltungsprivatrechts, z.T. wird aber auch argumentiert, hoheitsrechtliche Befugnisse könnten im Verwaltungsprivatrecht nicht vorliegen, weil sich die Verwaltung hier der „Klaviatur des Privatrechts" bediene.363 Im folgenden ist zu untersuchen, ob diese Einwände gegen die Erstreckung des Funktionsvorbehalts auf staatliches Handeln in Privatrechtsform durchgreifen. a) Die Grundrechtsbindung
der öffentlichen
Hand
Nach der hier vertretene Auffassung ist die Grundrechtsrelevanz staatlichen Handelns das entscheidende Kriterium zur Bestimmung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG. Allein die Tatsache, daß der Staat privatrechtlich tätig wird, kann die Grundrechtsrelevanz noch nicht ausschließen. Wenn es etwa die Verwaltung ablehnt, ein Grundstück an einen Bewerber zu verkaufen, weil dieser islamischen Glaubens ist, kann an der Grundrechtsrelevanz dieses Verhaltens im Hinblick auf Art. 4 Abs. 1 GG kein Zweifel bestehen. Dies hat aber nur dann Auswirkungen auf den Geltungsbereich des Funktionsvorbehalts, wenn der Staat im Bereich privatrechtsförmigen Handelns auch an die Grundrechte gebunden ist. Wo der Staat die Grundrechte nicht beachten muß, bedarf er auch keines besonders qualifizierten Personals, um diese Aufgabe zu erfüllen. 364 Der Staat wäre dann tatsächlich mit „denselben Rechten und Pflichten" ausgestattet wie ein Privater. Es stellt sich die Frage nach dem Ausmaß der Grundrechtsbindung der Verwaltung: Im Bereich der Eingriffs- und Leistungsverwaltung wird sie einhellig bejaht, und zwar auch dann, wenn sich die öffentliche Hand im Rahmen des Verwaltungsprivatrechts nicht-öffentlich-rechtlicher Handlungsformen bedient.365 Eine „Flucht der Verwaltung ins Privatrecht" soll ver362
Vgl. dazu oben Teil 2 C I. Lerche, Verbeamtung als Verfassungsauftrag?, S. 23; Benndorf, DVB1. 1981, 23, 27; Rudolf, VVDStRL 37 (1979), S. 187, 200ff. 364 Ygi c j a z u a u c h djg Überlegungen Eschmanns, Die Freizügigkeit der EG-Bürger und der Zugang zur öffentlichen Verwaltung, S. 128 f. Danach wird die Fiskalverwaltung vom Funktionsvorbehalt nicht erfaßt, weil auf der Ebene der Gleichordnung der Legalität staatlichen Handelns aus der Sicht des Bürgers die gleiche Bedeutung zukommt wie im Privatrechtsverkehr. Der Bereich des Verwaltungsprivatrechts bedürfe dagegen einer näheren Untersuchung, weil der Staat hier an die Grundrechte gebunden sei. 365 Eine Straßenbahn-AG, deren sämtliche Anteile einer Gemeinde gehören, ist deshalb unmittelbar an Art. 3 Abs. 1 GG gebunden und muß bei der Tarifgestaltung den Gleichheitssatz beachten, etwa wenn es um eine Vergünstigung von Schülerkar363
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
1
mieden werden. 366 Umstritten ist die Grundrechtsbindung dagegen im Bereich der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand und im Rahmen der Hilfsgeschäfte der Verwaltung: Während die Lehre von der „Fiskalgeltung der Grundrechte" differenziert und nur bei der unmittelbaren Erfüllung öffentlicher Aufgaben in der Form des Privatrechts, also im Verwaltungsprivatrecht, eine Grundrechtsbindung annimmt, bei der nur mittelbaren Erfüllung solcher Aufgaben - also den Hilfsgeschäften der Verwaltung - und bei rein erwerbswirtschaftlicher Betätigung dagegen nicht, 367 will eine andere Meinung jedes Handeln der Verwaltung, unabhängig von der gewählten Rechtsform, den Grundrechten unterstellen. 368 Eine Mittelposition nehmen diejenigen ein, die die Grundrechte im Bereich der privatrechtlichen Hilfsgeschäfte und der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand nur mittelbar über die Generalklauseln des Privatrechts wirken lassen wollen. 369
ten geht, vgl. dazu BGHZ 52, 325, 327 ff.; ferner BGHZ 29, 76, 80f. (Bindung an den Gleichheitssatz bei der Vergabe von Siedlungsland); BGHZ 65, 284, 287 (Bindung an den Gleichheitssatz im Bereich der Wasserversorgung). BGHZ 91, 84, 97 erweitert die Pflichten der öffentlichen Hand sogar dahingehend, daß sie nicht nur an die Grundrechte gebunden ist, sondern auch weitere öffentlich-rechtliche Grundsätze zur beachten hat, »jedenfalls die grundlegenden Prinzipien öffentlicher Finanzgebarung"; ebenfalls über die Grundrechte hinausgehend OVG Lüneburg, NVwZ 1990, 91 f. (Bindung an die Grundrechte, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und weitere substantielle öffentlich-rechtliche Grundsätze, insbesondere die grundlegenden Prinzipien der öffentlich-rechtlichen Finanzgebarung bei der Staffelung von Kindergartenentgelten); aus der Literatur stv. für viele Maurer, § 3 Rdnr. 9; Ehlers, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2 Rdnr. 75 ff. Als überwunden darf mittlerweile die Meinung gelten, daß sich die Verwaltung auf dem Boden des Privatrecht genauso frei von grundgesetzlichen Bindungen bewegen könne wie jedes andere Privatrechssubjekt, vg. dazu etwa Forsthoff, Der Staat als Auftraggeber unter besonderer Berücksichtigung des Bauauftragswesens, S. lOff.; Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 120 ff. 366 Vgl. stv. für viele Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 16. Das Schlagwort von der „Flucht ins Privatrecht" geht auf Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 326 zurück. 367 Bullinger, Vertrag und Verwaltungsakt, S. 99ff.; Müller, Öffentliches Recht für Wirtschaftswissenschaftler, S. 128; vgl. auch Zeidler, VVDStRL 19 (1961), S. 208, 217; aus der Rechtsprechung BGHZ 29, 76, 80; 33, 230, 233; 36, 91, 95ff.; vgl. auch BGHZ 97, 312, 316f. 368 Vgl. stv. für viele Hermes, JZ 1997, 909, 912; Rüfner, HStR V, § 117 Rdnr. 45; Jarass/Pieroth, GG, Art. 1 Rdnr. 18f.; Höfling, in: Sachs, GG, Art. 1 Rdnr. 77, 94ff. Hesse, Verfassungsrecht, Rdnr. 345 ff.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 216; Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 315 f. 369 So vor allem Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1 Rdnr. 475 ff.; vgl. auch Schwerdtfeger, Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, Rdnr. 562; Rinck/ Schwark, Wirtschaftsrecht, Rdnr. 83; aus der Rechtsprechung BVerfGE 7, 198, 206f.; 73, 261, 269.
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
Eine sachgemäße Aufgabenerfüllung kann es erfordern, sich privatrechtlicher Formen zu bedienen, um damit die Verwaltung von den allgemeinen Normen des Verwaltungshandelns freizustellen. 370 Das heißt aber noch nicht, daß dies auch für die Grundrechte zutrifft. Wenn nämlich nach Art. 1 Abs. 3 GG die Grundrechte Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden, deutet dies darauf hin, daß der Verfassungsgeber die Exekutive in allen ihren Erscheinungsformen - und somit auch die gesamte Verwaltung - erfassen wollte.371 Dabei wird von den Befürwortern einer umfassenden Fiskalgeltung der Grundrechte eingeräumt, daß die Verwaltung im Falle eines Grundstücksverkaufs oder bei der Vergabe von Aufträgen nicht in gleicher Weise an die Grundrechte gebunden ist wie im Verwaltungsprivatrecht. 372 Dies bedeutet aber richtigerweise nicht, daß sie damit von den Grundrechten generell freigestellt wäre. Verweigert etwa eine Gemeinde - um das obige Beispiel aufzunehmen - einen Grundstücksverkauf an einen Muslim mit der Begründung, an Nicht-Christen würden aus grundsätzlichen Erwägungen keine Grundstücke verkauft, wäre dies rechtlich nicht haltbar. Der Konstruktion einer mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte bedarf es hier nicht: Der Staat hat nirgends wie ein Privater das Recht zur Beliebigkeit373, er ist auch im Rahmen der privatrechtlichen Hilfsgeschäfte und der erwerbswirtschaftlichen Betätigung an die Grundrechte gebunden.374 Damit zeigt sich, daß der Staat auch bei fiskalischem Handeln nicht denselben Rechten und Pflichten unterliegt wie ein Privater. Denn wenn er auch anders als in der Eingriffsverwaltung bei rein fiskalischem Handeln nicht auf Befehl und Zwang zurückgreifen kann und insoweit nicht mehr Rechte hat als ein Privater, ist er im Gegensatz zu diesem bei jeglichem Tätigwerden unmittelbar an die Grundrechte gebunden und unterliegt damit gerade nicht „denselben Pflichten wie ein Privater."
370
Hesse, Verfassungsrecht, Rdnr. 347; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rdnr. 9 verweist in diesem Zusammenhang auf die Tatsache, daß im öffentlichen Recht geeignete Rechtsformen für die Leistungsvergabe (noch) fehlten, während das durchnormierte Privatrecht passende Rechtsfiguren zur Verfügung stelle. 371 Ehlers, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2 Rdnr. 76; für diese Auslegung spricht im übrigen auch die Entstehungsgeschichte der Norm, vgl. dazu ebenda. 372 Hesse, Verfassungsrecht, Rdnr. 347. 373 Krüger, VVDStRL 19 (1961), S. 261. 374 Daraus ergibt sich im übrigen, daß die vielbeschworene „Flucht ins Privatrecht" gar nicht möglich ist (so auch Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 250).
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse b) Der Gemeinwohlbezug allen staatlichen Handelns
Handelt der Staat in Privatrechtsform, paßt er sich im Verfahren der Privatwirtschaft an. Das heißt aber noch nicht, daß für das Ziel staatlichen Handelns dasselbe gilt. Während Ziel des Privaten die Gewinnerzielung ist 375 , hat sich staatliche Tätigkeit immer am Gemeinwohl zu orientieren. 376 Der Staat bedient sich zwar etwa im Rahmen des Verwaltungsprivatrechts der Klaviatur des Privatrechts, dies aber nur, um seinen Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge im Interesse des Bürgers optimal nachkommen zu können. Für das fiskalische Handeln des Staates gilt nichts anderes: Bei der erwerbswirtschaftlichen Betätigung kommt es dem Staat zwar - vordringlich - darauf an, Gewinne zu erzielen. Kraft seiner überlegenen Finanz- und Gestaltungsmacht, die nicht selten mit einer marktbeherrschenden Stellung oder einem Monopol ausgestattet ist, setzte er die konkurrenzwirtschaftliche Betätigung aber ebenso zur Wirtschaftslenkung ein wie etwa die Vergabe von Subventionen377 und betreibt durch bestimmte Preis- und Absatzgestaltungen Wirtschaftspolitik. 378 Schließlich benutzt der Staat auch die Vergabe von öffentlichen Aufträgen als wirtschaftspolitisches Instrument, um etwa die Bauwirtschaft durch vermehrte Bauaufträge in Zeiten schwacher Konjunktur zu unterstützen379 oder eine regionale Förderung durch entsprechende Streuung öffentlicher Aufträge zu erreichen. Welche Ziele der Staat dabei mit seinem fiskalischen Handeln anstrebt, ist im Einzelfall nicht zu unterscheiden:380 So ist etwa unabhängig von dem Umstand, daß die erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates vordringlich der Gewinnerzielung dient, der Betrieb von Wirtschaftsunternehmen durch den Staat immer auch Wirtschaftspolitik, weil er damit die Marktsituation für die privaten Mitbewerber beeinflußt. Paßt sich der Staat damit im Ziel seines Handelns gerade nicht der Privatwirtschaft an, kann die - angebliche - Anpassung an die Privatwirtschaft auch nicht als Argument
375
Wobei damit nicht gesagt werden soll, daß nicht auch Private im Einzelfall Gewinninteressen hinter das Gemeinwohl, etwa das der Angestellten und Arbeiter des Betriebes, zurückstellen. Das ändert aber nichts daran, daß der Private grundsätzlich wirtschaftet, um Gewinn zu machen, nicht aber, um dem Gemeinwohl zu dienen. 376 Vgl. dazu Wiese, Der Staatsdienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. 269, 271 f. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, daß wegen des Gemeinwohlbezuges aller staatlichen Aufgaben der Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 4 GG nicht zu bestimmen wäre, vgl. dazu eingehend oben Teil 2 Β II. 377 Vgl. dazu Huber, Die Verwaltung 29 (1996), 437, 447. 378 Vgl. dazu Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rdnr. 8. 379 Vgl. dazu eingehend Pietzcker, Der Staatsauftrag als Instrument des Verwaltungshandelns, S. 304ff.; Maurer (FN 378), Rdnr. 7. 380 Rüfner, HStR V, § 117 Rdnr. 44.
Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm
gegen die Erstreckung des Funktionsvorbehalts auf staatliches Handeln in Privatrechtsform geltend gemacht werden. c) Zwischenergebnis
Der Ausschluß des Handelns in Privatrechtsform aus dem Geltungsbereich des Funktionsvorbehalts mit dem Argument, der Staat sei beim Handeln in Privatrechtsform an die Privatwirtschaft angepaßt und unterliege denselben Pflichten wie ein Privater, überzeugt nicht: Weder ist das Ziel staatlichen Handelns mit dem der Privatwirtschaft identisch, noch hat der Staat die gleichen Pflichten wie ein Privater: Jede staatliche Tätigkeit ist gemeinwohlbestimmt, der Staat ist unabhängig von der Handlungsform an die Grundrechte gebunden. 3. Der Funktionsvorbehalt und das Verwaltungsprivatrecht a) Die Notwendigkeit der Erstreckung des Funktionsvorbehalts auf das Verwaltungsprivatrecht
Hat sich ergeben, daß der Staat weder nach seinem Ziel der Privatwirtschaft angepaßt ist, noch den gleichen Pflichten unterliegt wie ein Privater, ließe sich gegen eine Erstreckung des Funktionsvorbehalts auf die privatrechtliche Tätigkeit des Staates noch die Überlegung anführen, in diesem Bereich fehle es am Subordinationsverhältnis i.S. eines Handelns in öffentlich-rechtlicher Form. 381 Hinter einer solchen Überlegung steht der richtige Gedanke, daß der Wortlaut des Art. 33 Abs. 4 GG überdehnt werden würde, wenn zwischen Staat und Bürger keinerlei „Gefalle" i.S. eines Über- und Unterordnungsverhältnisses besteht. Gerade das Beispiel des Verwaltungsprivatrechts zeigt aber, daß sich die Frage nach dem Vorliegen eines Subordinationsverhältnisses nicht anhand der Rechtsform staatlichen Handelns beantworten läßt: Auch wenn der Leistungserbringer - formell dem Bürger in einem Verhältnis der Gleichordnung entgegentritt, ist dieser den Regelungen etwa im Hinblick auf die für ihn existenznotwendige Wasserversorgung faktisch in gleicher Weise unterworfen wie den Anordnungen der Verkehrspolizei, die unstreitig hoheitlich auftritt. Durch die fiskalische Organisation der öffentlichen Daseinsvorsorge ändert sich zwar die Natur des Rechtsverhältnisses, der Sachverhalt aber bleibt derselbe: Die einseitige Abhängigkeit, die Unterworfenheit des Bürgers gegenüber der hinter dem 381
Ule, GR IV/2, S. 537, 559f.; Benndorf, DVB1. 1981, 23, 26f.; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 23 III lit. a); vgl. auch Otto, ZBR 1956, 233, 242, der die „Hoheitsunterworfenheit" als eines der Kriterien zur Begriffsbestimmung verwendet.
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
127
Privatrechtssubjekt stehenden Behörde.382 Weiter spricht für eine Erstrekkung des Funktionsvorbehalts auf das Verwaltungsprivatrecht auch der Grundsatz der Formenfreiheit der Verwaltung.383 Danach kann die Verwaltung, soweit öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen, selbst entscheiden, in welcher Rechtsform sie tätig wird. Würde man die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse von der öffentlich-rechtlichen Handlungsform abhängig machen, wäre damit der öffentlichen Hand zugleich die Befugnis eingeräumt, über die Reichweite des Funktionsvorbehalts selbst zu bestimmen.384 b) Die fehlende Dienstherrneigenschaft von Privatrechtssubjekten
Die Begründung von Beamtenverhältnissen ist ohne Diensthermeigenschaft nicht möglich.385 Insofern stößt die Erstreckung des Funktionsvorbehalts auf das Verwaltungsprivatrecht auf Bedenken. So ist etwa die von einer Gemeinde im Rahmen der Daseinsvorsorge gegründete Eigengesellschaft eine juristische Person des Privatrechts. Als solche kann sie nicht Dienstherr von Beamten sein und keine Beamtenverhältnisse begründen, weil die Fähigkeit, Beamte zu haben, Ausfluß und ausschließliches Reservat der Staatsgewalt ist. 386 Daß die fehlende Dienstherrneigenschaft von Privatrechtssubjekten kein unüberwindliches Hindernis für die Beschäftigung von Beamten darstellt, hat aber bereits der Fall der „Regionalverkehr Oberbayern GmbH" gezeigt, die 1976 von der Deutschen Bundespost und der Deutschen Bundesbahn gegründet wurde, um Bahnbusverkehr und Postreisedienst zusammenzufüh382
Vgl. Müller, Öffentliches Recht für Wirtschaftswissenschaftler, S. 128. Zur Formenfreiheit der Verwaltung Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 172ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rdnr. 9; zu den rechtlichen Schranken der Wahlfreiheit Müller, Rechtsformenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 21 Iff.; eine Wahlfreiheit ganz ablehnend Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, S. 129 f. 384 Scholz/Aulehner, ArchPT 1993, 5, 19; Ehlers (FN 383), S. 122; Leisner, in: ders. (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 121, 141; Isensee, Beamtenstreik, S. 87. 385 Allerdings kann nicht argumentiert werden, der Grundsatz der Formenfreiheit der Verwaltung führe zu einer Beschränkung des Funktionsvorbehalts (so aber Scholz/Aulehner [FN 384], 20). Sollte sich herausstellen, daß die Formenfreiheit der Verwaltung die Verwirklichung des Funktionsvorbehalts unmöglich macht, dürfte nicht der Inhalt der Funktionsvorbehalts modifiziert werden. Vielmehr würde der Funktionsvorbehalt als unmittelbar geltendes Verfassungsrecht dazu führen, daß der Grundsatz der Formenfreiheit der Verwaltung in Frage gestellt werden müßte. 386 Lemhöfer, in: Plog/Wiedow/Beck, Kommentar zum BBG, § 2 Rdnr. 27; Krölls, GewArch 1995, 129, 141; Lecheler, Beamtenaufgaben, S. 39. 383
128
Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
ren. 387 Die GmbH und die Dienstherrn schlossen einen Dienstüberlassungsvertrag, in dessen Rahmen der Gesellschaft nicht die Beamten, sondern deren Dienstleistungen zur Verfügung gestellt wurden.388 Da Dienstvorgesetzten- und Vorgesetzenfunktionen bei den Organen der Dienstherrn verblieben und so die Dienstherrngewalt nicht tangiert wurde, war die Überlassung von Dienstleistungen der beamteten Busfahrer zulässig.389 Die Möglichkeit, einen Dienstüberlassungsvertrag zu schließen, zeigt, daß die Beschäftigung von Beamten auch bei privaten Dienstherrn möglich ist. Eine solchen Dienstüberlassungsvertrages bedarf es indes nach neuer Rechtslage gar nicht mehr: Seit Erlaß des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) vom 24.02.1997390 sieht § 123 a Abs. 2 BRRG die Möglichkeit vor, bei Umwandlung einer Dienststelle in eine privatrechtlich organisierte Einrichtung der öffentlichen Hand Beamte auch ohne ihre Zustimmung dieser Einrichtung zuzuweisen. Gedacht ist dabei insbesondere an die Privatisierung öffentlicher Aufgaben auf kommunaler Ebene.391 Zwar ist dafür ein öffentliches Interesse notwendig, das eng auszulegen ist. 392 Die Tatsache aber, daß Art. 33 Abs. 4 GG die Dienstherrn verpflichtet, auf grundrechtsrelevanten Positionen auch im Bereich des Verwaltungsprivatrechts Beamte einzusetzen, stellt ein solches öffentliches Interesse dar. Der Umstand, daß das Gemeinderecht die Verpflichtung einer solchen Zuweisung als Voraussetzung für die Gründung einer privatrechtlichen Gesellschaft nicht kennt, ändert daran nichts393: Art. 33 Abs. 4 GG ist 387
Vgl. dazu Lecheler (FN 386). Zum notwendigen Vertragsinhalt vgl. den in BVerwGE 69, 303 ff. in den entscheidenden Passagen wiedergegebenen Dienstüberlassungsvertrag. 389 BVerwG (FN 388); vgl. dazu auch Krölls, GewArch 1995, 129, 141; zur Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vgl. Scholz/Aulehner, ArchPT 1993, 5, 39f. m.w.Nachw.; Lecheler, Verantwortung und Leistung 1989, S. 13 f. 390 BGBl. I S. 322. 391 Battis, BBG, § 27 Rdnr. 6; vgl. eingehend zur Regelung des § 123 a Abs. 2 BRRG Steuck, ZBR 1999, 150ff. 392 Vgl. dazu Summer, in: GKÖD, Κ § 27 Rdnr. 22. 393 Vgl. dazu Lecheler, Beamtenaufgaben S. 39. Zwar betrifft seine 1986 erschienene Arbeit nicht unmittelbar § 123 a Abs. 2 BRRG, weil es diese Vorschrift damals noch nicht gab. Sein Ausgangspunkt trifft aber auch auf § 123 a Abs. 2 BRRG zu: Lechelers Argumentation bezieht sich auf den Abschluß von Dienstüberlassungsverträgen, in denen vertraglich lediglich das geregelt wurde, was § 123 a Abs. 2 BRRG jetzt durch Verwaltungsakt des Dienstherrn ermöglicht. Nach Lecheler greift Art. 33 Abs. 4 GG dort nicht ein, wo der Staat durch die Gründung selbständiger juristischer Personen des privaten Rechts tätig wird, weil das Gemeinderecht eine Verpflichtung zum Abschluß von Dienstüberlassungsverträgen nicht kenne. Art. 33 Abs. 4 GG hätte bei einer solchen Argumentation allerdings den Charakter eines bloßen Auftrages an den Gesetzgeber, entsprechende Gesetze zu erlassen. Damit widerspricht sich Lecheler selbst, denn an anderer Stelle (ebenda, S. 17) betont er, 388
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
129
unmittelbar geltendes Recht, das von den Adressaten auch ohne - zusätzliche - einfachgesetzliche Verpflichtung zu erfüllen ist. Hat sich ergeben, daß bei der Daseinsvorsorge auch in der Form von Eigengesellschaften hoheitsrechtliche Befugnisse von Beamten auszuführen sind, ist zugleich gesagt, daß bei der Gründung einer Eigengesellschaft vom „Abstreifen rechtlicher Bindungen im Personalwesen" bzw. der „Flucht aus dem öffentlichen Dienstrecht"394 zumindest im Hinblick auf die grundrechtsrelevanten Positionen nicht die Rede sein kann. 4. Der Funktionsvorbehalt und die Fiskalverwaltung a) Die erwerbswirtschaftliche
Betätigung
Eine Verbeamtungspflicht aus Art. 33 Abs. 4 GG könnte auch im Rahmen der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand bestehen. Denn der Staat kann im Einzelfall durch den Betrieb privatwirtschaftlich organisierter Staatsunternehmen in grundrechtlich geschützte Freiheitsbereiche Privater eingreifen. 395 So liegt etwa in bezug auf den privaten Mitbewerber ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG vor, wenn der Staat einen Verdrängungswettbewerb betreibt396 oder die Beteiligung am Wettbewerb entgegen den Gesetzen des Marktes einsetzt, um damit bestimmte Lenkungseffekte zu erzielen.397 Die Geltung des Funktionsvorbehalts im Rahmen der erwerbswirtschaftlichen Betätigung scheitert auch nicht am Erfordernis eines Über- bzw. Unterordnungsverhältnisses, weil der Staat
die Rechtsnatur des Art. 33 Abs. 4 GG erschöpfe sich gerade nicht in einem solchen bloßen Auftrag an den Gesetzgeber. 394 Diese Vorteile verbindet Schoch, DÖV 1993, 377, 381 mit der Gründung von Eigengesellschaften. 395 Die Grundrechtsrelevanz wirtschaftlicher Handlungsweisen des Staates explizit anerkennend Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 88 ff.; Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allgemeiner Teil, S. 523; Krölls, GewArch 1992, 281, 283 f. 396 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird der grundrechtliche Schutz beim „Eingriff durch Konkurrenz" erst ausgelöst, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit des Staates zum Verdrängungswettbewerb oder zur Schaffung eines Monopols führt, vgl. BVerwGE 17, 306, 314; 39, 329, 337; BVerwG NJW 1978, 1539, 1540; NJW 1995, 2938, 2939; vgl. auch VGH Kassel, DÖV 1996, 476, 477; kritisch gegenüber dieser engen Auffassung Schliesky (FN 395), S. 88ff.; Schmidt (FN 395), S. 523ff.; zur Frage, ob die Wettbewerbsfreiheit durch Art. 2 Abs. 1 GG oder Art. 12 Abs. 1 GG geschützt wird, eingehend Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 319 ff. 397 Huber (FN 396), S. 318; Badura, Schlochauer-FS, S. 3, 21 f. 9 Strauß
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
durch seine überlegene Finanz- und Gestaltungsmacht sowie seine Insolvenzunfähigkeit dem privaten Mitbewerber a priori überlegen ist. 398 Zwar kommt einem Unternehmen des Privatrechts keine Diensthermfähigkeit zu, weil es keine juristische Person des öffentlichen Rechts ist 399 , so daß eine Verbeamtungspflicht aus Art. 33 Abs. 4 GG für diese Unternehmen nicht besteht. Es kann aber trotzdem nicht gefordert werden, „daß die Aufsicht führende bzw. die Beteiligungen verwaltende Behörde dafür Sorge trägt, daß auf den unter dem Blickwinkel von Art. 33 Abs. 4 GG sensiblen Posten ihre Beamten eingesetzt werden."400 Gegen eine Verbeamtungspflicht im erwerbswirtschaftlichen Bereich spricht der Ausgangspunkt der Grundrechtsrelevanz selbst. Hinter ihr steht die Überlegung, daß der Aufgabenbereich des Beamten aus den Besonderheiten seines Dienstverhältnisses zu entnehmen ist. Untersucht man die Ausgestaltung dieses Dienstverhältnisses auf seine Eignung für den erwerbswirtschaftlichen Bereich, wird klar, daß der Status des Beamten hier nicht funktionsadäquat ist. Im Gegensatz zu den anderen Bereichen der Verwaltung401 wird die Teilnahme am Wirtschaftsleben weitgehend von der Konjunktur bestimmt. Im Wettbewerb muß die Verwaltung manövrierfähig und flexibel sein, um sich den ständig wechselnden Lagen anpassen zu können. Wo Rechte und Pflichten aber gesetzlich festgelegt, Gehalt und Laufbahn normiert sind, ein Anspruch auf Erhalt des statusrechtlichen Amtes besteht und damit Versetzungen erschwert, eine Kündigung sogar ganz unmöglich ist, kann von der im erwerbswirtschaftlichen Bereich notwendigen Flexibilität nicht mehr gesprochen werden 4 0 2 Wären die Unternehmen des Staates etwa gezwungen, trotz konjunktureller Einbrüche sämtliche Mitarbeiter zu gesetzlich festgelegten Kondititonen weiterzubeschäftigen, könnten sie sich im Wettbewerb kaum behaupten. Bezieht man darüber hinaus in die Betrachtung ein, daß die Verwaltung im Bereich der Erwerbswirtschaft gewinnorientiert handelt, ergibt sich auch aus diesem Gesichtspunkt, daß das Dienstverhält-
398
Vgl. dazu oben Teil 2 C II 2 b). § 121 BRRG, § 2 BBG. 400 Huber, Die Verwaltung 29 (1996), 437, 447 f. Adäquates Mittel hierfür wäre eine Zuweisung gem. § 123 a Abs. 2 BRRG; vgl. dazu eingehend oben Teil 2 C IV 3 b). 401 Von einer völligen Konjunktur-Unabhängigkeit kann aber weder in der Eingriffs- noch in der LeistungsVerwaltung ausgegangen werden: Eine gute Konjunktur mit reger Bautätigkeit bringt etwa Baugenehmigungs- und Bauaufsichtsbehörden mehr Aufgaben. Auf die Leistungsabteilungen der Arbeitsämter kommt dagegen mit abkühlender Konjunktur durch die damit einhergehende Arbeitslosigkeit auch mehr Arbeit zu. Die konjunkturabhängigen Schwankungen in diesem Bereich sind aber mit denen in einem konkurrenzwirtschaftlichen Betrieb nicht zu vergleichen, dem ganze Absatzmärkte wegbrechen können. 402 Vgl. dazu auch Isensee, DÖV 1970, 397, 404 f. 399
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
131
nis des Beamten nicht funktionsadäquat ist: Die Bereitschaft zum Risiko, die Entscheidungsträger im wirtschaftlichen Bereich brauchen, um Erfolg zu haben, wie auch die Notwendigkeit schneller Entscheidungen, die häufig nicht jedes (rechtliche) Detail berücksichtigen können, konfligieren mit der spezifischen Verantwortung des Beamten, die nach Max Weber darin liegt, daß „sein Amtspflichtgefühl über seiner Eigenwilligkeit steht."403 Weber hat die Folgerung aus dieser Tatsache eindeutig formuliert: „Wenn ein leitender Mann dem Geist seiner Leistung nach ein »Beamter4 ist, sei es ein noch so tüchtiger: ein Mann also, der nach Reglement und Befehl pflichtgemäß und ehrenhaft seine Arbeit abzuleisten gewohnt ist, dann ist er weder an der Spitze eines Privatwirtschaftsbetriebes, noch an der Spitze eines Staates zu brauchen."404 Auch Köttgen betonte schon 1929, daß die Berufsauffassung des Beamten dem wirtschaftlichen Konkurrenzkampf fernstehe.405 Der Funktionsvorbehalt erstreckt sich wegen der Inadäquanz des Beamtenverhältnisses für die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Verwaltung nicht auf diesen Bereich staatlichen Handelns.406 b) Die Hilfsgeschäfte
der Verwaltung
Das Argument der Inadäquanz des beamtenrechtlichen Dienstverhältnisses gilt nicht im Bereich der Hilfsgeschäfte der Verwaltung, wo der Staat nicht in einem Konkurrenzverhältnis mit Privaten steht. Eine Verbeamtungspflicht begegnet aber in diesem Bereich Bedenken, weil es hier i. d. R. an einem Subordinationsverhältnis zwischen Staat und Bürger fehlt. Die überlegene Finanz- und Gestaltungsmacht der öffentlichen Hand macht den Staat etwa da, wo er Schreibmittel oder Heizöl einkauft, noch nicht überlegen. Vielmehr stehen sich hier öffentliche Hand und Bürger in einem Verhältnis der Gleichordnung gegenüber, so daß der Staat gerade außerhalb seiner Hoheitssphäre tätig wird. Der Wortlaut des Art. 33 Abs. 4 GG, der ein Subordinationsverhältnis fordert, verhindert damit eine Erstreckung des Funktionsvorbehalts auf „normale" Hilfsgeschäfte der Verwaltung. Der Sinn der Norm, dem Bürger optimalen Rechtsschutz zu gewähren, zwingt zu
403
Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Studienausgabe 1964, S. 1062; vgl. auch Isensee (FN 402), 405. 404 Weber (FN 403). 405 Köttgen, Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und das öffentliche Recht, S. 13 f. 406 Hier zeigt sich, daß der Gesichtspunkt der Effizienz staatlichen Handelns keine eigenständige Bestimmung des Aufgabenbereichs des Beamten ermöglicht. Dieser ist im erwerbswirtschaftlichen Bereich deshalb ineffizient, weil sein Dienstverhältnis dem Wirtschaftsleben nicht angepaßt nicht. Die Ineffizienz ergibt sich also aus der Inadäquanz seines Dienstverhältnisses. 9*
132
Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
keiner Auslegung gegen den Wortlaut407, weil beim Fehlen eines Überbzw. Unterordnungsverhältnisses der Bürger auch nicht auf die besonderen Garantien des Beamtenstatus angewiesen ist. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß sämtliche Hilfsgeschäfte der Verwaltung aus dem Geltungsbereich des Funktionsvorbehaltes auszuklammern wären. Denn nicht in jedem Fall begegnen sich Staat und Bürger in diesem Bereich in einem Verhältnis der Gleichordnung. Vielmehr kann auch im Rahmen der Hilfsgeschäfte der Verwaltung ein Verhältnis der Über- bzw. Unterordnung zwischen Staat und Bürger bestehen. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Staat ein übermächtiger und allein in Frage kommender Auftraggeber ist. 408 Zu nennen ist hier etwa der Bereich der Rüstung409, in dem der Bieter den staatlichen Stellen faktisch nicht weniger ausgeliefert ist als in der Eingriffsverwaltung. Grundrechtsrelevante Tätigkeiten410 sind in diesem Bereich von Beamten zu verrichten. Wird etwa im Fall der Auftragsvergabe ein Bieter aus sachfremden Gründen vom weiteren Verfahren ausgeschlossen oder eine Auftragssperre über ihn verhängt, so kann ihn dies - man denke etwa an die Lieferung von Panzern oder Flugzeugen mit einem Volumen in Millionenoder sogar Milliardenhöhe - um ein Vielfaches härter treffen als ein Steuerbescheid, der als Maßnahme der Eingriffsverwaltung nach einhelliger Meinung von einem Beamten zu erlassen ist. Dies rechtfertigt es, auch einen Teilbereich der Hilfsgeschäfte der Verwaltung dem Funktionsvorbehalt zu unterstellen. 5. Ergebnis Grundrechtsrelevante Tätigkeiten im Bereich des Verwaltungsprivatrechts sind von Beamten auszuführen. Das vom Wortlaut des Art. 33 Abs. 4 GG vorausgesetzte Subordinationsverhältnis zwischen Staat und Bürger ist hier unabhängig von der Tatsache gegeben, daß die Verwaltung dem Bürger formell im Verhältnis der Gleichordnung gegenübertritt. Dieser ist den Regelungen des Leistungserbringers nicht weniger unterworfen als staatlichen Maßnahmen in der Eingriffsverwaltung. Würde man ein Subordinationsverhältnis nur bei Handeln in öffentlich-rechtlicher Form bejahen, würde man der Verwaltung die Möglichkeit einräumen, durch die Wahl der Rechtsform über die Reichweite des Funktionsvorbehalts selbst zu bestimmen. Der Erstreckung des Funktionsvorbehalts auf die Leistungsverwaltung steht 407
Vgl. zur Auslegung gegen den Wortlaut oben Teil 2 C II 1. Vgl. dazu Rüfner, HStR V, § 117 Rdnr. 44. 409 Dieses Beispiel nennt Rüfner (FN 408). 4,0 Vgl. zu möglichen Eingriffen in die Wettbewerbsfreiheit und Chancengleichheit sowie die Berufsfreiheit im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 148f. m.w.Nachw. 408
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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auch nicht die fehlende Dienstherrneigenschaft von Privatrechtssubjekten entgegen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts, die sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben einer Eigengesellschaft bedienen, trifft die Verpflichtung, ihre Beamten der Eigengesellschaft auf der Grundlage von § 123 a Abs. 2 BRRG zuzuweisen. Der hier als richtig erkannte Ausgangspunkt der Grundrechtsrelevanz staatlicher Tätigkeit führt zu einer Verbeamtungspflicht auch in dem Bereich der Hilfsgeschäfte der Verwaltung, in dem der Staat ein übermächtiger und allein in Frage kommenden Auftraggeber ist. Im Rahmen der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand ist der Beamtenstatus dagegen inadäquat. Der Funktionsvorbehalt erstreckt sich nicht auf dieses Feld staatlichen Handelns. V. Die Verbeamtung der Lehrer 1. Die Verbeamtungssituation der Lehrer Der Lehrer ist „der typische deutsche Beamte".411 Einer Gesamtzahl von 1.902.319 Beamten412 am 30.06.1996 standen 779.816 413 hauptberufliche Lehrer im Schuljahr 1996/97 gegenüber. Ihre Verbeamtung entsprach ständiger und allgemein verbreiteter Praxis. 414 Die Schulbehörden verwirklichten mit der Verbeamtung der Lehrer den Willen des Parlamentarischen Rates, der diese Berufsgruppe ausdrücklich dem Funktionsvorbehalt unterstellen wollte. 415 Nach der Wiedervereinigung sahen einige der neuen 4,1
Diese Feststellung Wageners, VVDStRL 37 (1979), S. 215, 220 ist immer noch aktuell. Allein die Zahl der Lehrer hat mittlerweile die von Wagener genannte Zahl von 600 000 Lehrern und Bildungs-Bediensteten unterschiedlichster Ausrichtung (bis zum Hochschullehrer) überschritten, vgl. dazu sogleich. 412 Die Zahl ergibt sich aus 1.688.644 vollzeitbeschäftigten Beamten, Richtern und Soldaten sowie aus 213.675 teilzeitbeschäftigten Beamten und Richtern. Da in der Statistik auch Richter und Soldaten zu den Beamten gezählt werden, ist der Anteil der Lehrer an den Beamten sogar noch größer, vgl. Statistisches Jahrbuch 1998 für die Bundesrepublik Deutschland, S. 516. 413 Die Zahl setzt sich aus 671.733 hauptberuflichen Lehrern an allgemeinbildenden Schulen und 108.083 hauptberuflichen Lehrern an beruflichen Schulen zusammen, vgl. dazu Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland, S. 371, 373. 414 Vgl. Battis/Schlenga, ZBR 1995, 253, 258; Berger-Delhey/Lütke, ZTR 1993, 100; zur Verbeamtung der Lehrer als traditionelle Grundentscheidung in Deutschland vgl. eingehend Leisner, ZBR 1980, 361, 363 f.; zu den Gründen für eine Beschäftigung von Lehrern im Angestellten Verhältnis Stober, JZ 1980, 249 ff.; Ruland, ZRP 1983, 278 ff. 415 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 3 b). Dieser subjektiven Regelungsabsicht des Verfassungsgebers entspringen landesspezifische Vorschriften, die die Lehrtätigkeit an Schulen ausdrücklich als hoheitliche Aufgabe qualifizieren (vgl. § 6 Abs. 2 LBG
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
Länder 416 davon ab, ihre Lehrer zu verbeamten. So werden in Sachsen zwar die Schulleiter und deren Stellvertreter verbeamtet, der „normale" Lehrer wird dagegen im Angestelltenverhältnis beschäftigt. In SachsenAnhalt stellt sich die Situation bis auf den Umstand, daß hier auch der Stellvertreter des Schulleiters nicht verbeamtet wird, ebenso dar. Den rigidesten Weg in punkto Verbeamtung schlägt Mecklenburg-Vorpommern ein: Obwohl § 4 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes417 die Lehrtätigkeit an öffentlichen Schulen ausdrücklich als hoheitsrechtliche Aufgabe bezeichnet, werden hier weder Lehrer noch Schulleiter verbeamtet. Dagegen betreibt Brandenburg die Verbeamtung der Lehrer „in großem Stil". Am 31.10.1998 waren dort bereits 12.765 Lehrer verbeamtet, hinzu kamen 2832 sog. „Gewährleistete", die zwar noch nicht ernannt waren, deren Ernennung aber unmittelbar bevorstand. Auch in Thüringen werden Lehrer i.d.R. verbeamtet.418 Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern stehen mit der Entscheidung, Lehrer nicht zu verbeamten, nicht allein: Schleswig-Holstein hat § 5 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes419 gestrichen420, wonach die Lehrtätigkeit an öffentlichen Schulen als hoheitsrechtliche Aufgabe galt, und § 82 Abs. 1 Satz 6, § 83 Abs. 2 Satz 1 des Schulgesetzes421 modifiziert. 422 Schulleiter müssen danach nicht mehr Beamte auf Lebenszeit sein, die Lehrtätigkeit an öffentlichen Schulen ist nicht mehr Lehrkräften im Beamtenverhältnis zu übertragen. Nur aus fiskalischen Überlegungen will Rheinland-Pfalz; § 4 Abs. 1 LBG Mecklenburg-Vorpommern; anders aber § 5 LBG Schleswig-Holstein, dazu sogleich) oder die grundsätzliche Berufung von Lehrern in das Beamtenverhältnis normieren (vgl. etwa § 22 Abs. 3 Satz 1 Schulverwaltungsgesetz Nordrhein-Westfalen; § 35 Abs. 2 Satz 2 Niedersächsisches Schulgesetz). Nach Art. 133 Abs. 2 BV, der Art. 143 Abs. 3 WRV nahezu wortgleich wiedergibt, haben in Bayern die „Lehrer an öffentlichen Schulen ... grundsätzlich die Rechte und Pflichten der Staatsbeamten." 416 Zum Problem der Überleitung der Lehrer in den neuen Ländern vgl. Putzhammer, RdJB 1995, 16ff.; vgl. auch Koch, RdJB 1997, 71, 75f., 79f. 417 Beamtengesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Landesbeamtengesetz - LBG M-V) vom 28.06.1993 (GVOB1. S. 577/GS M-V Gl. Nr. 2030-4). 418 Sämtliche Angaben beruhen auf Auskünften der Fachreferenten der entsprechenden Kultusministerien auf Anfrage des Verfassers. 419 Landesbeamtengesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 02.06.1991 (GVOB1. S. 275). 420 Art. 1 Nr. 1 lit. b) des Gesetzes zur Änderung des Landesbeamtengesetzes, des Landesrichtergesetzes, des Schulgesetzes und des Hochschulgesetzes vom 19.03.1996, GVOB1. S. 301. 421 Schleswig-Holsteinisches Schulgesetz (SchulG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 02.08.1990 (GVOB1. Schl.-H. S. 451). 422 Art. 3 Nr. 1, 2 des Gesetzes zur Änderung des Landesbeamtengesetzes, des Landesrichtergesetzes, des Schulgesetzes und des Hochschulgesetzes vom 19.03.1996.
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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die dortige Landesregierung Lehrer künftig wieder als Beamte beschäftigen.423 Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat die Notwendigkeit einer Verbeamtung von Lehrern verneint.424 Im Hinblick auf Art. 33 Abs. 4 GG stellt sich die Frage, ob die ausschließliche425 Beschäftigung von Lehrern im Angestelltenverhältnis gegen den Funktionsvorbehalt verstößt.426 2. Die „Entbeamtung"427 der Lehrer und der Funktionsvorbehalt a) Der institutionelle
Charakter des Funktionsvorbehalts
Bedenken könnten sich gegen eine ausschließliche Beschäftigung von Lehrern im Angestelltenverhältnis unter dem Gesichtspunkt ergeben, daß Art. 33 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 GG die Institution des Berufsbeamtentums gewährleistet. Würden die Lehrer durchwegs nicht mehr verbeamtet, könnte dies zu einer Gefährdung dieser Institution führen. Denn die Lehrer stellen zusammen mit den Polizisten den größten Teil der Beamten.428 Allerdings kann aus der zahlenmäßigen Verringerung der Beamtenschaft nicht zwangsläufig auf eine Gefährdung der Institution des Berufsbeamtentums geschlossen werden: Das Berufsbeamtentum als solches bleibt bestehen, auch wenn der Lehrer kein Beamter mehr ist. Von einer Gefährdung der Institution kann erst gesprochen werden, wenn zu besorgen wäre, daß dem Berufsbeamtentum kein substantiell bedeutsamer Tätigkeitsbereich mehr bliebe davon kann aber schon deswegen nicht die Rede sein, weil auch bei einer „Entbeamtung" der Lehrer alle sonstigen Tätigkeiten mit Grundrechtsrelevanz weiterhin von Beamten auszuführen wären.
423
„SZ" vom 03./04.07.1999, S. 2; siehe dazu auch oben Teil 2 C II 6d). „SZ" vom 26.10.1999, S. 2. 425 Zur ausnahmsweisen Beschäftigung von Lehrern im Angestelltenverhältnis vgl. Battis/Schlenga, ZBR 1995, 253, 257; Stober, JZ 1980, 249, 251 f. 426 Zur Verbeamtungspflicht für Lehrer vgl. stv. für viele Isensee, ZBR 1998, 295, 307; Huber, Die Verwaltung (29) 1996, 437, 457; Battis/Schlenga, ZBR 1995, 253ff.; von Mutius/Röh, ZBR 1990, 365, 379ff.; Lecheler, Verantwortung und Leistung 1989, S. 15f.; Ruland, ZRP 1983, 278, 282ff. Thieme, RdJB 1980, 2ff.; Stober, JZ 1980, 249ff.; Leisner, ZBR 1980, 361 ff. 427 Von einer „Entbeamtung" im eigentlichen Sinne kann zumindest im Hinblick auf die neuen Länder nicht gesprochen werden, weil es in der ehemaligen DDR keine Beamten gab, Lehrer somit auch nicht entbeamtet werden müssen. Der Begriff soll lediglich schlagwortartig illustrieren, daß der Konsens über die grundsätzliche „Verbeamtung" der Lehrer in den Ländern nicht mehr besteht. 428 Battis/Schlenga, ZBR 1995, 253; vgl. dazu auch oben Teil 2 C V 1. 424
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm b) Die Schutzfunktion
des Funktionsvorbehalts
Art. 33 Abs. 4 GG dient der personellen Absicherung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und damit dem Schutz der Rechtssphäre des Bürgers. Zu verbeamten sind deshalb staatliche Dienstnehmer, die Maßnahmen mit Grundrechtsrelevanz treffen können. Untersucht man unter diesem Gesichtspunkt die Tätigkeit der Lehrer, kann man eine Grundrechtsrelevanz nicht verneinen. Ordnungsmaßnahmen i.w.S., also Schularrest, Rauchverbote, Entfernungsverbote, Platzverweisungen 429 usw. können im Einzelfall erheblich in Eltern- und Schülerrechte eingreifen. Noch wichtiger sind die Erteilung von Zeugnissen, die Benotung 430 , Versetzung von Schülern 431 oder Überweisungen von Schule zu Schule 432 , die die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG und die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 GG erheblich 433 beeinträchtigen. 434 Der Lehrer übt damit hoheitsrechtliche Befugnisse i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG aus 435 und ist zu verbeamten. 4 3 6 Dagegen kann nicht eingewandt werden, nach der Rechtsprechung 429
So die Beispiele von Leisner, ZBR 1980, 361, 363. Zur Frage, inwieweit es sich bei der Zeugnisnote um einen Verwaltungsakt handelt, Hess. VGH, DVB1. 1974, 469; OVG Berlin, DVB1. 1975, 731; OVG Koblenz, DVB1. 1980, 614f.; Bad.-Württ. VGH, DÖV 1982, 164; aus der Literatur Kopp, VwVfG, § 35 Rdnr. 54 m.w.Nachw.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rdnr. 9; Löwer, DVB1. 1980, 952ff.; Bryde, DÖV 1981, 193, 195f.; zum Verwaltungsakt-Charakter schulischer Maßnahmen allgemein Battis/Schlenga, ZBR 1995, 253, 257; Kopp, ebenda, Rdnr. 53 m.w.Nachw. 431 Vgl. dazu BVerwGE 56, 155, 157 f., wo das Bundesverwaltungsgericht explizit feststellt, daß die Entscheidung über die Nichtversetzung eines Schülers grundrechtsrelevant ist. 432 Vgl. dazu BayVerfGHE 23, 135 f. 433 Selbst wenn die Einzelnote eines Zeugnisses nicht über Bestehen oder Nichtbestehen einer Klasse oder der gesamten Schulausbildung entscheidet, kann sie erheblich in den Rechtskreis des Schülers eingreifen. Man denke etwa an die Anbindung des numerus clausus an die Abitur-Abschlußnote bzw. an Schüler, die die Schule vorzeitig verlassen wollen und eine Lehre antreten, vgl. dazu Bryde, DÖV 1981, 193, 195. 434 Vgl. zur Frage, ob Art. 12 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG durch die Entscheidung über die Nichtversetzung eines Schülers berührt ist, BVerwGE 56, 155, 157 f. m.w.Nachw.; zur Tatsache, daß im Schul Verhältnis Leistung und Eingriff oft kaum zu unterscheiden sind, vgl. stv. für viele Papier, in: Götz/Klein/Starck, Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und Kontrolle, S. 36, 39; aus der Rspr. BVerfGE 47, 46, 79; BVerwGE 56, 155, 158. 435 Vgl. zum Hoheitscharakter dieser Maßnahmen Leisner, ZBR 1980, 361, 363; zum Hoheitscharakter der Tätigkeit des Lehrers allgemein aus der Rspr stv. für viele OVG Nordrhein-Westfalen, DÖD 1982, 66, 67; VG Karlsruhe, DÖV 1979, 794, 796. 436 Dies gilt im übrigen nicht weniger für die Professoren. Auch sie können durch die Bewertung von Prüfungsarbeiten und Examina in die Grundrechtssphäre des Studenten eingreifen und dessen gesamtes weiteres Leben bestimmen. Aus die430
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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des EuGH zu Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV handle es sich bei der Tätigkeit von Lehrern nicht um „hoheitliche Befugnisse" i.S.d. Vorschrift. Denn anders als der Funktionsvorbehalt, der der Erhaltung eines substantiell bedeutsamen Tätigkeitsbereichs für das Beamtentum und der personellen Absicherung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung dient, beantwortet Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV lediglich die Frage, welche Stellen der staatlichen Vewaltung den eigenen Staatsangehörigen vorbehalten bleiben dürfen. 437 Möglicherweise können Lehrer trotz der i.d.R. mit ihrer Tätigkeit verbundenen Eingriffsbefugnisse dauerhaft im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden, wenn diese Eingriffsbefugnisse auf den Schulleiter verlagert und in seiner Person konzentriert werden. Huber zufolge ist der Freistaat Sachsen diesen Weg gegangen.438 Dieser Beurteilung kann jedoch nicht beisen weitgehenden Befugnissen ergibt sich für Professoren eine Verbeamtungspflicht (so auch Lecheler, Forschung & Lehre 1999, 256; vgl. zu Bestrebungen, den Beamtenstatus der Professoren abzuschaffen bzw. zu modifizieren Isensee, ZBR 1998, 295, 304). Eine solche Verbeamtungspflicht würde für einen Teil der Professoren nur dann entfallen, wenn man das Berufsbild des Professors ändern und Professuren für die Lehre (die auch die Abnahme von Prüfungen einschließen würden) mit Beamtenstatus und solche für die Forschung ohne Beamtenstatus einrichten würde. Eine solche Unterscheidung würde indes dem Leitbild der Einheit von Forschung und Lehre widersprechen und wäre politisch wohl nur schwer durchsetzbar. 437 Vgl. dazu eingehend unten Teil 3 Β IV 3d) (1); einen Einfluß der EuGHRechtsprechung auf die Verbeamtungsdiskussion für die Lehrer verneinend auch Battis/Schlenga, ZBR 1990, 253, 257; anders Huber, Die Verwaltung (29) 1996, 437, 457 f., der die Rechtsprechung des EuGH als „Orientierungshilfe" nutzen will, weil sowohl Funktionsvorbehält des Art. 33 Abs. 4 GG als auch Staatsangehörigkeitsvorbehalt nach Art 48 Abs. 4 EGV letztlich dem Vertrauen in die Verwaltungstätigkeit und der Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen dienten. Der Schlußantrag des deutschen Generalanwalts beim EuGH, Carl Otto Lenz, in der Rs. LawrieBlum, dem der EuGH im Ergebnis gefolgt ist, zeigt aber gerade, daß die Rechtsprechung zu Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV nicht auf Art. 33 Abs. 4 GG übertragen werden kann: Danach könne es sich bei der Tätigkeit des Lehrer nicht um „hoheitliche Befugnisse" i.S.d. Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV handeln, weil die Aufrechterhaltung der Disziplin und die Erteilung von Noten allenfalls Begleitmaßnahmen zum Unterricht darstellten, denen nur untergeordnete Bedeutung zukomme und die die Natur der Lehrtätigkeit nicht bestimmten (Slg. 1986, 2121, 2135 f.; vgl. auch den Schlußantrag in der Rs. Annegret Bleis, EuGRZ 1992, 102, 103 f.). Für das Eingreifen des Funktionsvorbehalts ist es aber gerade nicht entscheidend, daß die Eingriffsbefugnisse die Tätigkeit eines Dienstnehmers insgesamt prägen, vgl. dazu unten Teil 2 D I und sogleich. Generalanwalt Lenz weist im übrigen ausdrücklich darauf hin, daß die Maßnahmen des Lehrers wie Aufrechterhaltung der Disziplin, Erteilung von Einzelnoten oder Verhängung von einzelnen Disziplinarmaßnahmen nach nationalem Recht durchaus als hoheitliche Tätigkeit angesehen werden mögen, auch wenn sie nicht unter den Begriff der „hoheitlichen Befugnisse" nach Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV fallen (Slg. 1986, 2121, 2135 f.). 438 Huber (FN 437), 460.
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
gepflichtet werden: Zwar ist nach § 40 Abs. 2 SächsSchulG439 der Lehrer vor allem für die Erziehung und Bildung der Schüler verantwortlich, während der Schulleiter die Schule leitet, verwaltet und für einen ordnungsgemäßen und geregelten Schulablauf sorgt (§ 42 Abs. 1 SächsSchulG). Daß damit aber nicht alle Eingriffsbefugnisse in sächsischen Schulen beim Schulleiter konzentriert sind, ergibt sich schon aus § 42 Abs. 2 SächsSchulG, nach dem der Schulleiter - auch - für die Einhaltung der „für die Notengebung allgemein geltenden Grundsätze" verantwortlich ist. 440 Daraus folgt, daß die Notengebung auch in sächsischen Schulen dem jeweiligen Lehrer obliegt. Bereits angesichts dieser Befugnis des Lehrers verbietet es sich, davon zu sprechen, daß der sächsische Lehrer der Typ des „pädagogischen Dienstleisters" sei, „der allenfalls in Ausnahmefällen faktische (Grund-)Rechtseingriffe zu verursachen mag."441 Eine Bündelung der Eingriffsbefugnisse im Schulleiter würde aber jedenfalls dazu führen, daß dieser zu verbeamten wäre. Insoweit ist die Verbeamtungspraxis in Mecklenburg-^Vorpommern und Schleswig-Holstein schon deshalb verfassungswidrig. Selbst wenn man annähme, sämtliche Eingriffsbefugnisse seien in der Person des Schulleiters konzentriert, ließe sich daraus nicht ableiten, der Funktionsvorbehalt erfasse die Lehrer nicht. Ein solches Ergebnis ließe sich nur dann vertreten, wenn man den Funktionsvorbehalt auf die Amtswalter beschränken würde, die eine Maßnahme nach außen hin vertreten. Eine derartige Reduzierung der Reichweite des Art. 33 Abs. 4 GG ist indes nicht möglich.442 Es würde dem Schutzzweck des Funktionsvorbehalts widersprechen, optimalen Rechtsschutz für den Bürger sicherzustellen, wenn für den 439
Schulgesetz für den Freistaat Sachsen (SchulG) vom 03.07.1991 (GVB1. S. 213). 440 Ein Unterschied zwischen der Tätigkeit eines sächsischen Lehrers bzw. Schulleiters und der eines entsprechenden Lehrers oder Schulleiters in einem Bundesland wie Bayern läßt sich über § 40 Abs. 2, § 42 Abs. 1 SächsSchulG nicht begründen. Die sächsischen Vorschriften entsprechen im wesentlichen denen in Bayern (§ 40 Abs. 2 SächsSchulG: „Der Lehrer trägt die unmittelbare pädagogische Verantwortung für die Erziehung und Bildung der Schüler . . A r t . 59 Abs. 1 S. 1 BayEUG: „Die Lehrkräfte tragen die unmittelbare pädagogische Verantwortung für den Unterricht und die Erziehung der Schüler." § 42 Abs. 1 Sätze 1, 2 SächsSchulG: Der Schulleiter vertritt die Schule nach außen und ist Vorsitzender der Gesamtlehrerkonferenz. Er leitet und verwaltet die Schule und sorgt im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften, unterstützt durch die Gesamtlehrerkonferenz, den stellvertretenden Schulleiter und die sonstigen Funktionsträger, für einen geregelten und ordnungsgemäßen Schulablauf." Art. 57 Abs. 2 BayEUG: „Der Schulleiter ist für einen geordneten Schulbetrieb und Unterricht sowie gemeinsam mit den Lehrkräften für die Bildung und Erziehung der Schüler sowie die Überwachung der Schulpflicht verantwortlich"). 441 So aber Huber, Die Verwaltung 29 (1996), 437, 460. 442 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 5b) (3) (b) (ee).
C. Hoheitsrechtliche Befugnisse
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vorbereitenden Dienstnehmer nicht die Sicherungen des Beamtenverhältnisses verlangt würden, obwohl seine Tätigkeit den eigentlichen Ausschlag für die Entscheidung gibt. Gerade im Verhältnis zwischen Lehrer als „pädagogischem Dienstleister" und Schulleiter als „Eingriffsorgan" zeigt sich die Unhaltbarkeit eines anderen Ergebnisses: Auch wenn der Schulleiter die Entscheidung über die im Zeugnis enthaltene Note, die Versetzung, die Umschulung an eine Sonder- bzw. Förderschule fällt, ist er doch immer auf die Beurteilung des zuständigen Lehrers angewiesen. Es ist ihm tatsächlich gar nicht möglich, die im Laufe eines Schuljahres vergebenen Einzelnoten des Lehrers daraufhin zu prüfen, ob sie dem Leistungsstand des Schülers im Zeitpunkt der Notengebung entsprechen. Nach außen hin mag der Schulleiter die Entscheidung über Zeugnisnote, Versetzung oder Umschulung an eine Sonderschule treffen - im Endeffekt ist es der Lehrer, der entscheidet oder die Entscheidung des Schulleiters zumindest doch wesentlich beeinflußt. 443 Anbetrachts dieser zentralen Position des Lehrers - Isensee spricht zutreffend von einer „Zuteilung von Lebenschancen"444 - ist der Schüler auf die optimale Rechtmäßigkeitsgewähr, die der Beamtenstatus bietet, beim Lehrer mindestens ebenso angewiesen wie beim Schulleiter. Denn gerade in einer Zeit, in der der „Lehrermarkt" von einem Bewerberüberhang geprägt ist, gewinnt die Unabhängigkeit des Beamten, der sich in einer gesicherten Rechtsstellung befindet, besondere Bedeutung: Sie bietet dem Lehrer sowohl Schutz gegenüber Druck von Eltern und Verbänden, als auch gegenüber seinen Vorgesetzten und gewährleistet eine Lehrerschaft, die ihre Aufgaben sachgerecht und neutral ausüben kann, ohne Angst davor haben zu müssen, durch einen der vielen arbeitslosen Kollegen ersetzt zu werden. Eine Verbeamtungspflicht kann nicht mit dem Argument verneint werden, die Tätigkeit der Lehrer sei trotz der mit ihr verbundenen Eingriffsbefugnisse im wesentlichen pädagogische Wissensvermittlung, die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse gehöre nicht in erheblichem Umfang zum Lehramt. Zum einen geht eine solche Argumentation an der Realität vorbei, weil sich nicht zwischen pädagogischer Wissensvermittlung und Beurteilung des Leistungsstandes des Schülers trennen läßt, die - man denke etwa an die Entscheidung, ob ein Kind aufs Gymnasium wechseln kann oder ob es auf eine Sonder- bzw. Förderschule umgeschult wird - die Zukunft eines Menschen entscheidend prägen kann. Vielmehr ist die gesamte Unterrichtstätigkeit auf derartige Beurteilungen der Leistungsfähig443
So i.E. auch Manssen, ZBR 1999, 253, 257: „Ob später das Nichtversetzungszeugnis vom Schulleiter unterschrieben wird, ist ... vollkommen nebensächlich." 444 Isensee, ZBR 1998, 295, 307; so auch Summer, ZBR 1999, 181, 190, der eine Verbeamtungspflicht für Lehrer im Hinblick auf ihre Verantwortung für Schüler und Gesellschaft bejaht.
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Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm
keit des Schülers ausgerichtet, weshalb sie auch insgesamt hoheitsrechtlich geprägt ist. 445 Zum anderen würde selbst dann, wenn man davon ausginge, die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse gehöre nicht in erheblichem Umfang zum Lehramt, eine Verbeamtungspflicht bestehen. Denn diese ist nicht davon abhängig, daß die hoheitsrechtlichen Befugnisse die Tätigkeit eines Dienstnehmers prägen.446 Im übrigen zeigt gerade auch das Beispiel des Lehrers, daß der Begriff der hoheitsrechlichen Befugnisse nicht anhand der Begriffe „Eingriffs- bzw. Leistungsverwaltung" abgegrenzt werden kann. Wer eine Verbeamtungspflicht in der Leistungsverwaltung ablehnt und hoheitsrechliche Befugnisse nur in der Eingriffsverwaltung bejaht, überschätzt die Aussagekraft dieser Begriffe. Eine Abgrenzungsfunktion könnte das Begriffspaar „Eingriffsbzw. Leistungsverwaltung" nur entfalten, wenn mit bestimmten Funktionen verbundene staatliche Maßnahmen trennscharf einer Bedienstetengruppe des öffentlichen Dienstes zugeordnet werden könnten. Gerade eine solche Trennschärfe ist aber mit diesem Begriffspaar nicht verbunden.447 Wenn ein Lehrer etwa veranlaßt, daß ein Schüler von der Regelschule in die Sonderbzw. Förderschule umgesetzt wird, greift er damit erheblich in die Grundrechtssphäre und das weitere Leben des betreffenden Schülers ein. Denn in der Realität ist eine solche Umsetzung mit der Abqualifikation als „Sonderschüler" verbunden, und selbst bei einer späteren Wieder-Umsetzung an die Regelschule wird man im Hinblick auf die beruflichen Chancen des Betroffenen eine „Stigmatisierung" durch den Sonderschulbesuch nie ganz ausschließen können. Andererseits könnte man sich aber auch auf den Standpunkt stellen, daß der Staat mit den Sonder- bzw. Förderschulen eine besondere Leistung bereitstellt, die es lernschwachen oder verhaltensauffälligen Schülern ermöglicht, schulisch wieder Tritt zu fassen, oder zumindest doch eine gewisse Mindestausbildung zu erhalten, die an einer Regelschule wegen des dort schnelleren Lernfortschritts nicht möglich wäre. Ob die Umsetzung an einer Sonder- bzw. Förderschule also einen Eingriff oder eine Leistung darstellt, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Die Zuordnung einer solchen Umsetzung entweder zur Leistungs- oder zur Eingriffsverwaltung erscheint kaum möglich. Vielmehr liegt es nahe, hierin sowohl einen Eingriff als auch eine Leistung zu sehen.448 Erweist sich damit aber, 445
So auch Leisner, ZBR 1980, 361, 363. Vgl. dazu eingehend unten Teil 2 D I; Leisner, in: ders. (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 121, 137 stellt explizit fest, daß Lehrberufe dem Funktionsvorbehalt unterliegen, auch wenn dort nicht ausschließlich oder überwiegend Hoheitsgewalt ausgeübt wird. 447 Vgl. stv. für viele Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 436; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rdnr. 21 f. 448 Zum Zusammenfallen von Eingriff und Leistung vgl. auch Maurer (FN 447), Rdnr. 21. 446
D. Die Einschränkungen des Art. 33 Abs. 4 GG
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daß staatliche Maßnahmen sich einer Kategorisierung nach Eingriffs- bzw. Leistungsverwaltung entziehen, ist zugleich bewiesen, daß diese Kategorien für eine abschließende Beantwortung der Frage, in welchen Bereichen staatlicher Tätigkeit Beamte einzusetzen sind, nichts beizutragen vermögen. 3. Ergebnis Lehrer an öffentlichen Schulen sind zu verbeamten, weil sie „hoheitsrechtliche Befugnisse" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG ausüben. Die Tätigkeit des Lehrers ist dazu geeignet, erheblich in den Grundrechtsbereich des Schülers einzugreifen und kann das weitere Leben des Schülers entscheidend prägen. Selbst wenn man die Eingriffsbefugnisse des Lehrers auf den Schulleiter verlagerte, würde dies an der Verbeamtungspflicht für die Lehrer nicht ändern. Eine Reduzierung des Funktionsvorbehalts auf den Dienstnehmer, der nach außen hin die Entscheidung verantwortet, würde dem Schutzzweck des Art. 33 Abs. 4 GG zuwiderlaufen. Formale und materielle Enscheidungskompetenzen fallen gerade im Schulbereich oft auseinander. Im übrigen zeigt auch das Beispiel der Lehrer, daß eine Abgrenzung der Reichweite des Funktionsvorbehalts nach den Begriffen „Eingriffsverwaltung" bzw. „Leistungsverwaltung" nicht möglich ist: Maßnahmen im schulischen Bereich können Eingriff und Leistung zugleich sein. Die Verbeamtungspraxis in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein ist verfassungswidrig. 449
D. Die Einschränkungen des Art. 33 Abs. 4 GG Art. 33 Abs. 4 GG will die Wahrnehmung von hoheitsrechtlichen Befugnissen durch Nicht-Beamte nicht völlig verhindern und eröffnet damit der öffentlichen Verwaltung einen personalwirtschaftlichen Spielraum.450 Dies zeigt sich daran, daß den Beamten die Ausübung hoheitsrechlicher Befugnisse nur als „ständige Aufgabe" zu übertragen ist - und dies auch nicht immer, sondern nur „in der Regel". Zu untersuchen ist, wie weit diese Einschränkungen des in der Vorschrift normierten Verfassungsauftrages reichen.
449
So auch Merten, in: Merten/Pitschas/Niedobitek, Neue Tendenzen im öffentlichen Dienst, S. 1,4. 450 Badura, Gutachten, S. 15.
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Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm
L Der Bereich der nicht-ständigen Aufgaben Wenn Art. 33 Abs. 4 GG die Möglichkeit gibt, hoheitsrechtliche Befugnisse als nicht-ständige Aufgabe auch Arbeitnehmern einzuräumen, zielt dies zunächst auf diejenigen Aufgaben ab, deren Dauer von vornherein zeitlich begrenzt ist und für die ein eigener Beamtenstab aus staatsorganisatorischen Gründen entweder nicht aufgebaut werden soll oder kann. Davon wird etwa die Abwicklung von besonderen Vorkommnissen und Katastropheneinsätzen erfaßt. Dabei ist die Länge der Aufgabenerledigung nicht ausschlaggebend: Es gibt Aufgaben wie die Wiedergutmachung oder den Lastenausgleich, deren Erledigung Jahrzehnte umfassen kann. Dies ändert jedoch nichts daran, daß deren Ende absehbar ist. Die Fortführung des gesamten dafür aufgebauten Beamtenapparates wäre aus staatsorganisatorischen Gründen kaum möglich.451 Dabei spielen insbesondere fiskalische Erwägungen eine Rolle: Der Staat soll nicht gezwungen sein, den Regeltypus des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit für zeitlich begrenzte Funktionen zu begründen, weil er so gestellte Bedienstete nach Auflösung des gesamten Tätigkeitsbereichs an anderen Positionen beschäftigen müßte.452 Aber auch Daueraufgaben - also solche, die in gleicher oder ähnlicher Form immer wiederkehren - können nicht-ständige sein, wenn sie nur vorübergehend von Nicht-Beamten wahrgenommen werden, etwa weil kein geeigneter Beamter zur Verfügung steht oder weil Nicht-Beamte ausnahmsweise, z.B. zur Ausbildung oder zur Vertretung des erkrankten Amtsinhabers, herangezogen werden.453 Ein Teil der Literatur verneint das Vorliegen einer ständigen Aufgabe, wenn hoheitsrechtliche Befugnisse nicht im Vordergrund der Tätigkeit stehen und diese nicht insgesamt prägen.454 Abgesehen aber von den prakti451
Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 42. Die ursprüngliche Fassung von Art. 33 Abs. 4 GG sprach von „staatlichen und gemeindlichen Daueraufgaben", vgl. JÖR, N.F., Bd. 1, S. 314. Mit dem Begriff der „Daueraufgaben" sollte klargestellt werden, daß bei den damals noch existierenden Ernährungs- und Beschaffungsämtern, deren Ende bereits abzusehen war, keine lebenslänglichen Beamten beschäftigt werden mußten, vgl. ebenda, S. 315; Lindgen, DÖD 1972, 1, 5 f. Thieme, Aufgabenbereich, S. 29 f. sieht ebenfalls diese Erwägung hinter der Bestimmung stehen, spricht ihr aber Erheblichkeit und Stichhaltigkeit ab. Ständige Aufgaben sollen ihm zufolge deshalb dann vorliegen, wenn es zu einer stärkeren inneren Konsolidierung der Verwaltung gekommen ist, jedenfalls aber dann, „wenn sie länger dauern als die Frist bis zur Unkündbarkeit eines Angestellten". 453 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 42; Lindgen (FN 452), S. 5; vgl. auch Ule, GR IV/2, S. 561; Wacke, Grundlagen des öffentlichen Dienstrechts, S. 14; Quidde, ZBR 1958, 229, 233; Stober, JZ 1980, 249, 251; ablehnend in bezug auf das Ausbildungsverhältnis der Lehrer Ruland, ZRP 1983, 278, 283. 452
D. Die Einschränkungen des Art. 33 Abs. 4 GG
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sehen Schwierigkeiten, die ein solcher Ausgangspunkt mit sich bringt - soll das Gewicht der Aufgabe entscheiden oder der zeitliche Anteil an der Gesamttätigkeit? - spricht der hier gewählte Ausgangspunkt der Grundrechtsrelevanz gegen eine solche Beschränkung: Der Funktionsvorbehalt sichert in für den Bürger besonders wichtigen Bereichen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung personell ab. Für den Bürger ist es aber irrelevant, welchen Aufgaben der betreffende Dienstnehmer ansonsten noch nachgeht und ob die hoheitsrechtliche Tätigkeit überwiegt.455 Dem Schutzzweck des Funktionsvorbehalts widerspräche es, seine Reichweite danach zu begrenzen, ob die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse auf einen Posten konzentriert und damit für diesen prägend oder auf mehrere Stellen verteilt und damit für diese nicht mehr bestimmend ist. Wäre es anders, würde man der Verwaltung die Befugnis einräumen, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen über die Reichweite des Funktionsvorbehaltes selbst zu bestimmen.
II. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis Selbst wenn hoheitsrechtliche Befugnisse als ständige Daueraufgabe wahrgenommen werden, heißt das noch nicht, daß der Einsatz von Angestellten in diesem Bereich ausgeschlossen wäre. Beamte sind mit solchen Befugnissen nur „in der Regel" zu betrauen, es wird also ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten der Beamten begründet.456 Daraus ergibt sich zugleich die erste Voraussetzung für die Verwendung von Nicht-Beamten: Das Regel-Ausnahme-Verhältnis darf nicht durchbrochen werden. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht schon früh betont, daß es mit dem Grundgesetz nicht vereinbar wäre, „würde die ständige Ausübung hoheitlicher Befugnisse in größerem Umfang auf Nicht-Beamte übertra454
Stem, Staatsrecht I, S. 350 spricht davon, daß der Dienstnehmer „überwiegend" mit Hoheitsaufgaben beschäftigt sein müsse; vgl. auch Lecheler, Beamtenaufgaben, S. 19f.; Dörr, Abgrenzung, S. 36; Kunig, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 33 Rdnr. 50. Obwohl für diese These keine Argumente genannt werden, dürfte Hintergrund - wohl - die Rechtsprechung des Reichsgerichts sein, das vom Bestehen eines Beamtenverhältnisses nur dann ausging, wenn der jeweilige Bedienstete überwiegende Hoheitsfunktionen ausübte. Diese Rechtsprechung kann aber auf den Funktionsvorbehalt nicht übertragen werden, weil sie auf dem Ausgangspunkt beruhte, die Ausübung hoheitlicher Befugnisse sei für das Beamtenverhältnis konstitutiv (vgl. zur diesbezüglichen Rechtsprechung des Reichsgerichts und zur Literatur der Weimarer Zeit die Nachweise bei Thieme, Studienkommission, Bd. 5, S. 301, 344); vgl. zur konstitutiven Wirkung der Ausübung hoheitlicher Befugnisse für das Beamten Verhältnis im übrigen oben Teil 2 C II 3 a) (1); zum ganzen auch Leisner, in: ders. (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 12, 136. 455 So auch Leisner (FN 454), S. 135 ff; Lindgen, DÖD 1972, 1, 5. 456 Badura, Gutachten, S. 15; Lerche, Verbeamtung als Verfassungsauftrag?, S. 51.
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
gen".457 Folglich kann es sich hier nur um Einzelfälle handeln.458 Das Regel-Ausnahme-Verhältnis stellt so sicher, daß der Institution des Berufsbeamtentums ein substantiell bedeutsamer Tätigkeitsbereich erhalten bleibt. Würden Gesetzgeber und Verwaltung die Möglichkeit eingeräumt, die Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnisse auf Angestellte zur Regel zu machen, könnte dies zur Folge haben, daß der Beamte zur „Randfigur" der öffentlichen Verwaltung gemacht und damit die Institution des Berufsbeamtentums gefährdet würde. Fraglich ist, ob die Betrauung von Nicht-Beamten mit ständigen hoheitsrechtlichen Befugnissen nicht auch noch qualitativen Anforderungen entsprechen muß. Die ganz h. M. bejaht dies und verlangt für jede Ausnahme vom Grundsatz des Art. 33 Abs. 4 GG einen hinreichend legitimierenden Grund. 459 Für die Richtigkeit dieser These spricht zunächst schon die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Abweichungen von Art. 33 Abs. 4 GG sollten nach den Beratungen im Parlamentarischen Rat nur in sachlich begründeten Ausnahmefällen zulässig sein 4 6 0 Würde man dagegen der Auffassung folgen, das Regel-Ausnahme-Verhältnis sei schon gewahrt, wenn die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse durch Beamte quantitativ überwiege461, übersähe man den Charakter des Art. 33 Abs. 4 GG, der zusammen mit Art. 33 Abs. 5 GG eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums darstellt. Einschränkungen von Einrichtungsgarantien der Verfassung sind nur unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes möglich. 462 Diese sollen nämlich bewährte Institutionen vor der Auflösung oder Umformung bewahren. Beliebige Beschneidungen des Schutzbereichs sind 457
BVerfGE 9, 268, 284. Vgl. stv. für viele Lindgen, DÖD 1972, 1, 7; Lehnguth, ZBR 1991, 266, 269; auch „bereichsspezifische Ausnahmeregelungen" für zulässig erachtend LübbeWolff, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 33 Rdnr. 62. 459 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 42; Wacke, Grundlagen des öffentlichen Dienstrechts, S. 14; Ule, GR IV/2, S. 560; ders., Beamtenrecht, S. 18, wo er allerdings mit dem Begriff der „zwingenden sachlichen Gründe" operiert; ebenso ders., Beamtenrecht, § 2 Rdnr. 8; Quidde, ZBR 1958, 229, 233; Lehnguth, ZBR 1991, 266, 269. Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 42f. stellt für die Beurteilung, ob ein sachlicher Grund vorliegt, auf die jeweilige Verwaltungsmaterie ab und läßt im Kernbereich der Staatsgewalt ein Abweichen vom Funktionsvorbehalt nur zu, „wenn dies nach Lage der Sache und des Einzelfalles zwingend geboten ist." 460 So ausdrücklich und unwidersprochen Abg. Dr. Strauß (CDU), in: JÖR, N.F., Bd. 1, S. 318; vgl. dazu auch OVG Münster, ZBR 1971, 207, 210; Ossenbühl (FN 459), S. 38 f; Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 71. 461 So Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 58 f. 462 Schmidt-Jortzig, Kommunale Organisationshoheit, S. 85; zum Verhältnismäßigkeitsprinzip insbesondere in bezug auf das Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG Blümel, Unruh-Festgabe, S. 265, 283 ff.; das Verhältnismäßig458
D. Die Einschränkungen des Art. 33 Abs. 4 GG
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deshalb nicht möglich, für solche Maßnahmen besteht ein Begründungs463
zwang. Man könnte zwar daran denken, eine generelle Erstreckung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums mit dem Argument abzulehnen, dieser beziehe sich primär auf die Freiheitsrechte der Verfassung und solle eine optimale Freiheits- und Persönlichkeitsentfaltung gewährleisten464, so daß der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz lediglich auf solche institutionelle Garantien anwendbar wäre, die subjektive Rechte einräumen.465 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz würde damit für die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums nicht gelten, soweit sie auf Art. 33 Abs. 4 GG beruht, weil der Funktionsvorbehalt im Interesse des Bürgers eine gesetzestreue Verwaltung sicherstellen, nicht aber dem Beamten Rechte verleihen soll.466 Daß Art. 33 Abs. 5 GG subjektive Rechte einräumt467, könnte die generelle Erstreckung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums nicht begründen, weil diese Vorschrift nicht den Wirkungskreis des Beamten, sondern lediglich die Ausgestaltung seines Dienstverhältnisses schützt.468 Eine Beschränkung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf institutionelle Garantien, die subjektive Rechte beinhalten, ist indes nicht angezeigt: Die Wirkung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes tritt zwar bei der Einschränkung von subjektiven Rechten besonders deutlich in Erscheinung, ist aber nicht auf diesen Bereich beschränkt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist vielmehr ein zentrales Ordnungsprinzip des Grundgesetzes, das alles staatliche Handeln beherrscht469 und damit auch dem keitsprinzip diesbezüglich aber nicht mehr explizit heranziehend BVerfGE 79, 127 ff. 463 Ossenbühl, Eigensicherung und Gefahrenabwehr, S. 40f. 464 Vgl. zu dieser Funktion des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes BVerfGE 5, 84, 204; Grabitz, AöR 98 (1973), 568, 585 f.; Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, S. 704. 465 Vgl. dazu etwa Sachs, in: ders., GG, Art. 20 Rdnr. 147, der den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Staatsorganisationsrecht nur anwenden will, soweit dessen Regelungen Einwirkungen auf geschützte Rechtspositionen nach dem RegelAusnahme-Verhältnis vorsehen. 466 Vgl. dazu Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 74. 467 So schon explizit BVerfGE 8, 1 17f.; aus der Literatur stv. für viele Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 82; Battis, in: Sachs, GG, Art. 33 Rdnr. 65; kritisch AK-Schuppert, GG, Art. 33 Abs. 4, 5 Rdnr. 74. 468 Vgl. dazu schon oben Teil 2 C II 4 a) (2). 469 Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 72; Stern, Staatsrecht I, S. 862ff.; Hinkel, NVwZ 1985, 225, 229; Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rdnr. 72; vgl. auch BVerfGE 23, 127, 133, wonach die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes „übergreifende Leitregeln allen staatlichen Handelns" sind. 10 Strauß
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
Schutz institutioneller Garantien ohne grundrechtlichen oder grundrechtsähnlichen Charakter dient.470 Selbst wenn man die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur für institutionelle Garantien bejahen wollte, die subjektive Rechte beinhalten, müßte für Art. 33 Abs. 4 GG im Hinblick auf den Telos der Norm etwas anderes gelten: Der Verfassungsgeber wollte mit der grundsätzlichen Verpflichtung, hoheitsrechtliche Befugnisse auf Beamte zu übertragen, optimalen Rechtsschutz für den Bürger schon im Verwaltungsverfahren gewährleisten. Wo hoheitsrechtliche Befugnisse von Nicht-Beamten ausgeübt werden, ist dies i.d.R. 471 mit einem erhöhten „Rechtswidrigkeitsrisiko" für den Bürger verbunden. Überträgt der Staat solche Befugnisse auf NichtBeamte, greift er damit zwar noch nicht in Rechtspositionen des Bürgers ein, gefährdet sie aber nach der Konzeption des Funktionsvorbehalts. Diese mit einer Ausnahme von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG verbundene Gefährdung subjektiver Rechte des Bürgers rechtfertigt es, bereits eine solche Ausnahme vom Funktionsvorbehalt am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen. Die Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnisse auf NichtBeamte erfordert so einen hinreichend legitimierenden Grund. Auch wenn eine Ausnahme von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG bei Vorliegen eines hinreichend legitimierenden Grundes möglich ist, bleibt offen, wie ein solcher beschaffen sein muß. Die hierzu vertretenen Meinungen reichen vom Bestehen eines „sachlichen Grundes"472, über „begründete Ausnahmefälle" 473 oder „sachlich begründete Einzelfälle" 474 bis hin zu „zwingenden sachlichen Gründen" 4 7 5 Die Frage ist unter Heranziehung des
470 Vgl. dazu Stern, Staatsrecht ΠΙ/1, S. 870; ders., Staatsrecht I, S. 863. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird so auch von der Literatur auf Art. 33 Abs. 4 GG angewandt, vgl. dazu Bracher (FN 469), S. 72ff.; Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 40f.; Dörr, Abgrenzung, S. 24; Trampler, Verfassungs- und unternehmensrechtliche Probleme der deutschen Flugsicherung, S. 151; gegen eine Erstreckung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf institutionelle Garantien Abel, Die Bedeutung der Lehre von den Einrichtungsgarantien für die Auslegung des Bonner Grundgesetzes, S. 62ff.; ausdrücklich offen lassend Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, S. 705 FN 537. 471 Vgl. zu Ausnahmen von dieser Regel unten Teil 4 C I 6b) (2) (c). 472 So etwa Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 42; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 123; vgl. aus der Rechtsprechung auch BVerfGE 83, 130, 150. 473 Wacke, Grundlagen des öffentlichen Dienstrechts, S. 14. 474 Quidde, ZBR 1958, 229, 233. 475 Ule, GR IV/2, S. 561; ders., Beamtenrecht, § 2 Rdnr. 8; Peters/Ossenbühl, Die Übertragung von öffentlich-rechtlichen Befugnissen auf die Sozialpartner, S. 43; in diese Richtung auch Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 41.
D. Die Einschränkungen des Art. 33 Abs. 4 GG
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Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu lösen.476 Danach müssen Maßnahmen zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein.477 Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist abzuwägen, ob die Vorteile der Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnisse auf Nicht-Beamte so gewichtig sind, daß die damit verbundene Durchbrechung des Prinzips der Erfüllung hoheitsrechtlicher Befugnisse durch Beamte und damit die Einschränkung des optimalen Rechtsschutzes für den Bürger ausnahmsweise hingenommen werden kann.478 Begriffe wie „sachlicher Grund" oder „zwingender sachlicher Grund" vermögen angesichts dessen lediglich einen ersten Anhaltspunkt zu geben. Dabei wird deutlich, daß die Schutzzwecke des Art. 33 Abs. 4 GG nicht losgelöst nebeneinander stehen, sondern sich gegenseitig bedingen.479 Die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes entspringt dem Charakter des Art. 33 Abs. 4 GG als institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums, die diesem einen substantiell bedeutsamen Tätigkeitsbereich sichern soll. Die Sicherung dieses Tätigkeitsbereichs ist aber nicht „zweck"-los, sondern soll im Interesse des Bürgers eine rechtsstaatliche Verwaltung gewährleisten. In die Abwägung der Vor- und Nachteile der Aufgabenübertragung auf Nicht-Beamte sind deshalb die mit einer solchen Übertragung verbunden Folgen für den Rechtskreis des Bürgers einzustellen. 480 I I I . Ergebnis Nicht-Beamten kann die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse übertragen werden, wenn es sich um nicht-ständige Aufgaben handelt. Solche liegen vor, wenn ihre Dauer von vornherein zeitlich begrenzt ist oder - wo dies nicht der Fall ist - ihre Erfüllung nur vorübergehend von Nicht-Beamten übernommen wird. Hoheitsrechtliche Befugnisse sind aber auch bei Nicht-Vorliegen dieser Voraussetzungen nur in der Regel von Beamten wahrzunehmen. Solange die von Art. 33 Abs. 4 GG geforderte Regel eingehalten wird, können hoheitsrechtliche Befugnisse auch auf Nicht-Beamte 476
Ebenso insbesondere mit Blick auf das Umwelt- und Technikrecht Reinhardt, AöR 118 (1993), 617, 624. 477 Vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit umfassend Lerche, Übermaßverbot und Verfassungsrecht, S. 19 ff. 478 Vgl. dazu auch Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 76. 479 Insofern könnte man auch davon sprechen, daß Art. 33 Abs. 4 GG als institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums zwei Schutzzwecke verfolgt: Zum einen die Erhaltung eine substantiell bedeutsamen Tätigkeitsbereichs für das Berufsbeamtentum, zum anderen die personelle Absicherung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung im Interesse optimalen Rechtsschutzes des Bürgers. 480 In diese Richtung auch Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 77. 10*
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Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm
übertragen werden. Eine solche Übertragung muß sich indes am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen.
E. Art. 33 Abs. 4 GG und das Problem der „Funktionssperre" Art. 33 Abs. 4 GG regelt seinem Wortlaut nach, in welchen Bereichen der Staat Beamte einsetzen muß. Man könnte aber auch daran denken, ob nicht Art. 33 Abs. 4 GG eine negative Komponente dahingehend in sich trägt, Beamte von der Wahrnehmung nicht-hoheitsrechtlicher Aufgaben auszuschließen. Dabei spielt es keine Rolle, ob man hier von einer „Funktionssperre"481, einem „negativen Funktionsvorbehalt"482, einer „Funktionsgarantie"483 für Angestelle oder einem „Angestelltenvorbehalt"484 spricht. Gemeint ist dasselbe: Beamte dürften nur in dem von Art. 33 Abs. 4 GG umgrenzten Bereich eingesetzt werden - die Vorschrift würde damit vom verfassungsrechtlichen Refugium zum Gefängnis. Für die Annahme einer solchen Wirkung entgegen der h. M . 4 8 6 reicht es jedenfalls nicht aus, lediglich auf eine Interpretation „mittels Umkehrschlusses" hinzuweisen.487 Denn ein solcher muß ersichtlich vom Gesetzgeber gewollt oder nach der Teleologie des Gesetzes geboten sein.488 Art. 33 Abs. 4 GG ist deshalb im Hinblick auf die Frage auszulegen, ob er eine Funktionssperre enthält.
481 Dieser Diktion bedienen sich etwa Kunig, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 6. Abschnitt, Rdnr. 36; Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 54; Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 427 f; Lerche, Verbeamtung als Verfassungsauftrag?, S. 34. 482 Lehnguth, ZBR 1991, 266, 270. 483 Thieme, Aufgabenbereich, S. 32; Jung, Zweispurigkeit, S. 113. 484 Kunig, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 33 Rdnr. 51. 485 So etwa schon Wacke, in: Neues Beamtentum, S. 154, 172; Otto, ZBR 1956, 233, 236; Quidde, ZBR 1958, 229, 23 lf; Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 73; aus neuerer Zeit Büchner, ArbuR 1987, 60f.; Dörr, Abgrenzung, S. 39f. 486 Vgl. stv. für viele nur Manssen, ZBR 1999, 253, 254; Lehnguth, ZBR 1991, 266, 270; Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 427f.; Ule, GR IV/2, S. 561; Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 32; ders., Aufgabenbereich, S. 32; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 41; Kunig, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 33 Rdnr. 51; ders., in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 6. Abschnitt, Rdnr. 36; Lerche, Verbeamtung als Verfassungsauftrag?, S. 34. 487 So aber Otto, ZBR 1956, 233, 242f.; ein methodisch unzulässiges Vorgehen Ottos bemängelnd auch Jung, Zweispurigkeit, S. 114. 488 Larenz, Methodenlehre, S. 390; Schreiber, Logik des Rechts, S. 5Iff.
E. Das Problem der „Funktionssperre"
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I. Die Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG Ein Teil der Literatur will die Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG und damit den Willen des historischen Gesetzgebers zur Begründung einer Funktionssperre fruchtbar machen. Art. 33 Abs. 4 GG sei geschaffen worden, um einer uferlosen Ausdehnung der Zahl der Beamten vorzubeugen.489 Zwar ist es richtig, daß die Verhandlungen des Parlamentarischen Rates davon geprägt waren, den Funktionsvorbehalt immer mehr einzugrenzen. 490 Das heißt aber nicht, daß gleichzeitig die Absicht bestand, Beamte von den nicht-hoheitsrechtlichen Aufgaben auszuschließen. Im Parlamentarischen Rat ging es lediglich darum, den Zwang einer Verwendung von Beamten nicht zu weit auszudehnen, man wollte also m. a. W. den personalwirtschaftlichen Entscheidungsspielraum der Verwaltung nicht zu sehr einschränken.491 Durch die Möglichkeit, Beamte auch auf nicht-hoheitsrechtlichen Aufgabenfeldern einzusetzen, wird aber der Spielraum nicht nur nicht eingeschränkt, sondern sogar erweitert. Daß aus der Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG keine Funktionssperre abgeleitet werden kann, wird auch durch § 148 Abs. 1 Satz 1 DBG 4 9 2 vom 26.01.1937 belegt. Die Vorschrift, auf deren Wortlaut in den Beratungen des Parlamentarischen Rates Bezug genommen wurde 493, sowie § 1 Abs. 1 Satz 1 des Beamtenrechtsänderungsgesetzes vom 30.06.1933494 beschränkten den Funktionsvorbehalt nicht auf obrigkeitliche Aufgaben. Deshalb spricht die Vermutung dafür, daß der Parlamentarische Rat Art. 33 Abs. 4 GG anders formuliert hätte, hätte er ihn als Funktionssperre verstanden wissen wollen.
II. Die systematische Interpretation Systematische Gesichtspunkte könnten dann für eine Funktionssperre sprechen, wenn im Grundgesetz in Entsprechung zur institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums eine ausdrückliche institutionelle Garantie der Arbeitnehmer verankert wäre. 495 Zwar gibt es im Grundgesetz zahlreiche 489
Büchner, ArbuR 1987, 60. Vgl. dazu oben Teil 2 C II 3 b). 491 Antrags-Begründung Dr. Strauß (CDU): „... um klarzustellen, daß nicht unbedingt bei den Ernährungsämtern lebenslängliche Beamte sein müssen" (JÖR, N.F., Bd. 1, S. 315). Dies ergibt sich auch aus der Beschränkung des Funktionsvorbehalts auf ständige Aufgaben und die Konstituierung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses. 492 RGBl. I S. 39. 493 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 3 b). 494 RGBl. I S. 433. 495 Eine solche institutionelle Garantie nehmen etwa an Wacke, in: Neues Beamtentum, S. 152, 165f.; ders., ZBR 1955, 229, 231; Wiehert, DVB1. 1951, S. 36, 37f. 490
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Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm
Bestimmungen, die sich mit Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst beschäftigen.496 Nirgendwo wird jedoch bestimmt, daß Angestellten und Arbeitern ein originärer Wirkungskreis eingeräumt werden muß. Erst damit wäre aber ihre Existenz verfassungsrechtlich garantiert. Auch im übrigen ist keine Tendenz erkennbar, den Aufgabenbereich der Beamten zugunsten der anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes einzuschränken. Insofern scheidet eine Funktionssperre aus.497 Man könnte zwar noch daran denken, das einfache Beamtenrecht zur Beantwortung der Frage nach der Sperrwirkung des Funktionsvorbehalts heranzuziehen.498 Diese Vorgehensweise wäre aber methodisch verfehlt, weil sich die Vorschriften des Beamtenrechtsrahmengesetzes und des Bundesbeamtengesetzes am Grundgesetz zu orientieren haben, nicht aber umgekehrt das Grundgesetz an diesen einfachen Rechtsnormen.499
III. Die teleologische Interpretation Normzweck des Art. 33 Abs. 4 GG sind zunächst Garantie und Schutz der Institution Berufsbeamtentum. 500 Daraus ließe sich ein Verbot der Betrauung von Beamten mit nicht-hoheitsrechtlichen Aufgaben herleiten, wenn andernfalls dieser Zweck gefährdet wäre. Insofern ließe sich argumentieren, nichts gefährde den Bestand einer überlieferten Institution mehr als die Feststellung ihrer Ersetzbarkeit. Deshalb müsse alles vermieden werden, was einem prinzipiellen Nebeneinander von Beamten und Angestellten Vorschub leisten könne. Das Beamtenverhältnis verliere seinen Sinn und damit seine Berechtigung, wenn es für nicht-hoheitliche Aufgaben verwendet werde.501 Dieser - im Kern durchaus treffende - Gedanke kann aber nur dann eine Funktionssperre begründen, wenn das von Art. 33 Abs. 4 GG geschützte Berufsbeamtentum gerade durch die Ausdehnung der Beam496
Vgl. oben Teil 2 C II 4b) (3). Jung, Zweispurigkeit, S. 113 f. 498 Diesen Weg geht Ule, GR IV/2, S. 561, indem er aus § 2 Abs. 2, 3 BRRG, § 4 Nr. 2 BBG den Schluß zieht, Art. 33 Abs. 4 GG umfasse auch die in diesen Vorschriften genannten nicht-hoheitsrechtlichen Aufgaben. 499 Dörr, Abgrenzung, S. 39; vgl. auch Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 426. 500 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 5 a). 501 Grabendorff, in: Weber/Neeße/Baring, Der deutsche Beamte heute, S. 68f.; Quidde, ZBR 1958, 229, 231 führt diesen Aspekt unter dem Eindruck der Diskussion über die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums nach dem Zweiten Weltkrieg an, die 1958 - offensichtlich - noch nachwirkte. Trotz der zwischenzeitlichen Festigung des Berufsbeamtentums hat der Gedanke eine gewisse Aktualität behalten, vgl. dazu Antrag der Fraktion „Die Grünen" zur Abschaffung des Berufsbeamtentums: „Kein Berufsbeamtentum in einem vereinigten Deutschland" vom 01.06.1990, BT-Drs. 11/7328, S. Iff. 497
E. Das Problem der „Funktionssperre"
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tentätigkeit auf nicht-hoheitliche Aufgaben in Gefahr geriete. Selbst wenn aber der Einsatz von Beamten in nicht-hoheitlichen Aufgabenbereichen zu einer „Sinnkrise" führte, würde dies die Berechtigung des Berufsbeamtentums als Institution nicht in Frage stellen. Auf den hoheitlichen Bereich hätte dies keinen Einfluß. So würde z.B. nur deshalb, weil die Deutsche Bahn AG - übergeleitete - Beamte auf nicht-hoheitlichen Stellen beschäftigt, niemand am Sinn der Beamteneigenschaft eines Polizisten zweifeln. Die Institution als solche verlöre nichts von ihrer Akzeptanz und Berechtigung - nur ihre Ausdehnung auf Bereiche, die ebensogut von Angestellten und Arbeitern erfüllt werden können, würde in Frage gestellt. Im übrigen zeigt die Tatsache, daß Art. 33 Abs. 4 GG mit seinen Einschränkungen auch Nicht-Beamten das Tätigwerden im hoheitlichen Bereich ermöglicht, daß das Grundgesetz selbst im Nebeneinander von Beamten und Angestellten keine Gefahr für die Institution des Berufsbeamtentums sieht.502 Der Zweck des Funktionsvorbehalts, das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung personell abzusichern, kann eine Funktionssperre ebenfalls nicht begründen. Denn dieser würde durch den Einsatz von Beamten im nichthoheitlichen Bereich nicht beeinträchtigt. Eine Funktionssperre könnte sich daraus ergeben, daß Rechte und Pflichten des Beamten ihren Ursprung im Sondercharakter der wahrzunehmenden Aufgabe haben.503 Damit könnte der Grund für die Schaffung von Beamtenstellen entfallen, wo ein solcher Sondercharakter der Aufgabe nicht erkennbar ist. Der Einsatz von Beamten bedürfte dann der funktionalen Rechtfertigung. 504 Diese ist außerhalb von Art. 33 Abs. 4 GG nicht gegeben. Zwar trifft die Feststellung zu, daß das Beamtentum seine Rechtfertigung aus der Art der zu bewältigenden Aufgabe bezieht.505 Daraus folgt aber gerade nicht, daß Beamtenstellen nur mit entsprechender Rechtfertigung geschaffen werden dürften, jede Verbeamtung also einer solchen Rechtfertigung zwingend „bedürfte" - gerade dies ist ja die Frage. Zu ihrer Beantwortung müßte auf Sinn und Zweck von Art. 33 Abs. 4 GG zurückgegriffen werden. Da aber - wie eben gezeigt - der Telos des Art. 33 Abs. 4 GG für eine Beschränkung der Beamtenaufgaben auf den hoheitlichen Bereich nichts hergibt, kann auch der Sondercharakter der von den Beamten wahrzunehmenden Aufgaben zur Begründung einer Funktionssperre nichts beitragen.
502
Jung, Zweispurigkeit, S. 116 f. Diesen Ausgangspunkt wählt Dörr, Abgrenzung, S. 39f. 504 Diesen Begriff verwendet auch AK-Schuppert, GG, Art. 33 Abs. 4, 5 Rdnr. 38, der aber gleichzeitig betont, daß Art. 33 Abs. 4 GG kein Funktionsvorbehalt zugunsten von Nicht-Beamten entnommen werden kann. 505 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 5 b). 503
152
Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm
IV. Das Gebot der Verwaltungseffizienz Staatliches Handeln unterliegt dem Gebot der Verwaltungseffizienz, also der Forderung nach optimaler Erfüllung der der Verwaltung durch das Recht vorgegebenen oder zumindest anerkannten Ziele unter möglichst sparsamem und angemessenem Einsatz von sachlichen und personellen Mitteln. 506 Maßgeblicher Bezugspunkt der Relation zwischen Mitteleinsatz und Zweckverwirklichung sind damit stets die materiellen Verwaltungsziele, Verwaltungseffizienz ist als Zielerreichungseffizienz zu begreifen. 507 Bezieht man diesen Aspekt in die Betrachtung der Frage ein, ob Art. 33 Abs. 4 GG eine Funktionssperre bildet, ergibt sich eine weitreichende Wahlfreiheit für die Verwaltung: Wenn sie den Beamten auch bei Tätigkeiten einsetzt, die nicht die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse einschließen, hat dies i.d.R. keine nachteiligen Auswirkungen auf die Verwaltungsziele: Ein Beamter, der etwa mit dem Einkauf von Heizmaterial für die Behörde betraut ist, wird das Verwaltungziel des möglichst sparsamen Einkaufs nicht schlechter erfüllen als ein Angestellter. Anders verhält es sich aber im Bereich der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Verwaltung. Das Rechtsverhältnis des Beamten ist der Flexibilität, die für erfolgreiches Wirtschaften im konjunkturabhängigen Wettbewerb nötig ist, nicht angepaßt. Dienstnehmer mit der Garantie lebenslänglicher Beschäftigung, der Unentziehbarkeit des statusrechtlichen Amtes, einem gesetzlich festgelegten Gehalts- und Laufbahnsystem machen es einem Unternehmen unmöglich, sich den im Konkurrenzkampf ständig wechselnden Lagen anzupassen. Ein Unternehmen, das etwa auch in Zeiten konjunktureller Flaute gezwungen wäre, sämtliche Mitarbeiter zu gesetzlich festgelegten Konditionen weiterzubeschäftigen, könnte sich im Wettbewerb kaum behaupten.508 Der Einsatz von Beamten würde mit dem im erwerbswirtschaftlichen Bereich vorrangigen Ziel der Gewinnerzielung konfligieren und zur Ineffizienz dieses Bereichs staatlicher Tätigkeit führen. 509 Aus dem Grundsatz der Verwaltungseffizienz ergibt sich damit eine Funktionssperre für die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Verwaltung.510
506
Vgl. dazu eingehend oben Teil 2 C II 6b) und c). Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, S. 721. 508 Vgl. dazu oben Teil 2 C IV 4 a). 509 Deshalb ist es auch nichtrichtig,wenn Lehnguth, ZBR 1991, 266, 270 allgemein davon spricht, der Beamtenstatus „schade" im Bereich der nicht-hoheitlichen Aufgaben nicht. 5,0 So auch Isensee, DÖV 1970, 397, 404f. 507
F. Recht auf Verbeamtung
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V. Ergebnis Art. 33 Abs. 4 GG verbietet es nicht, Beamte auch mit der Wahrnehmung nicht-hoheitlicher Aufgaben zu betrauen. Im Bereich der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Verwaltung ist das Rechtsverhältnis des Beamten dagegen inadäquat und führt zur Ineffizienz staatlichen Handelns. Aus dem Grundsatz der Verwaltungseffizienz ergibt sich damit eine Funktionssperre für Beamte im Rahmen erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit der öffentlichen Hand.
F. Der Funktionsvorbehalt und das Recht auf Verbeamtung Wird einem Angestellten dauerhaft eine Funktion übertragen, die mit der Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG verbunden ist, stellt sich die Frage, ob er einen Rechtsanspruch auf Übernahme ins Beamtenverhältnis hat. Ein solcher Rechtsanspruch wäre nur dann gegeben und im Wege der verwaltungsgerichtlichen Klage durchsetzbar511, wenn dem Angestellten ein subjektiv-öffentliches Recht zustünde. Ein solches könnte sich aus der Bestimmung des Art. 33 Abs. 4 GG ergeben.
I. Der Begriff des subjektiv-öffentlichen Rechts Der Begriff des subjektiv-öffentlichen Rechts bezeichnet „die einem Rechtssubjekt in öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingeräumte Rechtsmacht512, mit Hilfe der Rechtsordnung eigene Interessen zu verfolgen". 513 511
Art. 42 Abs. 2 VwGO fordert für die Zulässigkeit der Klage das Vorliegen und die konkrete Möglichkeit der Verletzung eines (subjektiv öffentlichen) Rechts, vgl. dazu stv. für viele Kopp, VwGO, Rdnr. 71. 512 Kritisch zum Kriterium der Rechtsmacht Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 104 ff. m.w.Nachw.; das Merkmal der Rechtsmacht weiterhin benutzend Erichsen, in: ders. (Hrsg)., Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11 Rdnr. 30; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 118; Wolff/Bachof/ Stober, Verwaltungsrecht I, § 43 Rdnr. 12; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rdnr. 2; Sachs, NVwZ 1988, 127, 129; Scherzberg, DVB1. 1988, 129, 131 f. 513 Erichsen (FN 512); vgl. zum Begriff des subjektiv-öffentlichen Rechts auch Schmidt/Aßmann (FN 512), Rdnr. 118ff.; Scherzberg (FN 512); Maurer (FN 512); grundlegend Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 41 ff.; Bühler, Die subjektiven Reche und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung, S. 9ff., 223 ff; ders., Jellinek-GS, S. 269ff.; Bachof, Jellinek-GS, S. 287ff.; einen Überblick über die historische Entwicklung gibt Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 100 ff.
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Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm
Wenn der Bürger danach ein Tun, Dulden oder Unterlassen514 vom Staat nur bei Vorliegen eines solchen subjektiv-öffentlichen Rechts verlangen kann, wird damit zugleich das Bestehen eines allgemeinen Gesetzesvollziehungsanspruchs abgelehnt, wonach jedermann die Befolgung aller normierten Verpflichtungen des Staates verlangen und im Klagewege durchsetzen kann.515 Im Einzelfall ist es jedoch mit z.T. erheblichen Schwierigkeiten verbunden, zu ermitteln, ob und inwieweit eine Norm ein subjektiv-öffentliches Recht einräumt. Während im Privatrecht die Rechtspflicht des einen i.d.R. mit dem Rechtsanspruch des anderen korrespondiert, weil das Privatrecht gerade dem Ausgleich der individuellen Interessen dient, verhält es sich im öffentlichen Recht anders: Die Verwaltung wird im öffentlichen Interesse tätig, wobei nicht ausgeschlossen ist, daß die zugrundeliegenden Rechtsvorschriften nicht zumindest auch Individualinteressen schützen.516
II. Die Bestimmung des subjektiv-öffentlichen Rechts anhand der Schutznormtheorie Um Bestehen und Reichweite eines subjektiv-öffentlichen Rechts zu bestimmen, ist auf die dem Privatrecht entlehnte Schutznormtheorie zurückzugreifen. 517 Danach liegt ein subjektives Recht nur dann vor, wenn eine zwingende, also die Verwaltung zu einem bestimmten Verhalten verpflichtende Rechtsvorschrift nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern zumin514 Die Befugnis, ein Tun, Dulden oder Unterlassen zu verlangen ist als Anspruch eine der drei Erscheinungsformen des subjektiv-öffentlichen Rechts, das auch noch als Herrschafts- und Gestaltungsrecht vorkommt, vgl. dazu Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 43 Rdnr. 5; Bachof (FN 513), S. 287, 293f. Da es in der vorliegenden Untersuchung lediglich um den Verbeamtungsanspruch aus Art. 33 Abs. 4 GG geht, beziehen sich die folgenden Ausführungen zum subjektiv-öffentlichen Recht vordringlich auf seine Erscheinungsform als Anspruch. 515 Wolff/Bachof/Stober (FN 514), § 43 Rdnr. 10; Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11 Rdnr. 30; vgl. auch Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 122. 5.6 Vgl. hierzu stv. für viele Bachof, Jellinek-GS, S. 287, 290; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rdnr. 8. 5.7 Vgl. dazu BVerwGE 92, 313, 317ff.; 72, 300, 310; aus der Literatur stv. für viele Bauer, AöR 113 (1988), 582, 583ff. m.w.Nachw.; Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 111 ff.; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 43 Rdnr. 12ff.; kritisch zur Schutznormtheorie stv. für viele Blankenagel, Die Verwaltung 26 (1993), 1, 4ff. m.w.Nachw.; Alexy, DÖV 1984, 953, 961 f.; Zuleeg, DVB1. 1976, 510, 51 Iff.; zur europarechtlichen Problematik der Vereinbarkeit subjektiv-öffentlicher Gemeinschaftsrechte mit der Schutznormtheorie Ruthig, BayVBl. 1997, 289ff.; Danwitz, DÖV 1996, 481 ff.; zur praktischen Bedeutung der Schutznormtheorie insbesondere im Hinblick auf die Klagebefugnis Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 118 ff.
F. Recht auf Verbeamtung
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dest auch dem Interesse des einzelnen zu dienen bestimmt ist. 518 Dabei liegt die Hauptschwierigkeit in der Beantwortung der Frage, ob die Norm auch bezweckt, Interessen des einzelnen zu schützen.519 Wo dies nicht der Fall ist, kann die Norm dem Bürger zwar Vorteile bringen - es handelt sich dann aber um einen bloßen Rechtsreflex, nicht um ein subjektives Recht.520 Ob ein rechtlich geschütztes Individualinteresse vorliegt, ist anhand einer Auslegung der betreffenden Vorschrift zu ermitteln.521 Im Rahmen der Schutznormtheorie ist bei der Auslegung einer Norm zunächst auf den Wortlaut zurückzugreifen. Wo eine Vorschrift ausdrücklich bestimmte Personen begünstigt522 liegt ein subjektives Recht vor. Wo sie das Vorliegen eines subjektiven öffentlichen Rechts ausdrücklich ausschließt523, ist diese Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren.524 Bringt der Wortlaut kein (eindeutiges) Ergebnis, ist der Wille des historischen Normgebers zu erforschen. Dabei kommt es auf die gegenwärtige Interessenwertung an, nicht auf diejenige bei Erlaß der Norm. 525 Während etwa vor Erlaß des Grundgesetzes anerkannt war, daß die Fürsorgeunterstützung dem Bedürftigen lediglich aus Gründen der öffentlichen Ordnung zu gewähren war, stellte das Bundesverwaltungsgericht bereits 1954 fest, daß aufgrund der gewandelten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse und sozialethischen Wertungen die Fürsorgeregelung vordringlich die Interessen
518
Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rdnr. 8. Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 108. 520 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rdnr. 8; Bachof, Jellinek-GS, S. 287, 297; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 136; Bühler, Jellinek-GS, S. 269, 278 f. 521 BVerwGE 313, 317ff.; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 43 Rdnr. 12; Schmidt-Aßmann (FN 520), Rdnr. 128. 522 § 70 Abs. 1 GewO berechtigt beispielsweise jedermann zur Teilnahme an einer Veranstaltung. 523 § 2 Abs. 3 BauGB normiert etwa, daß auf die Aufstellung von Bebauungsplänen kein Anspruch besteht. 524 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 43 Rdnr. 13ff.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 137, der aber Fälle, in denen der Gesetzgeber ausdrücklich subjektive Rechte ausschließen wollte, unter den Vorbehalt der verfassungskonformen Interpretation oder verfassungsunmittelbaren subjektivrechtlichen Überformung stellt; Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 109 f. 525 Bachof, Jellinek-GS, S. 287, 297; Huber (FN 524), S. 113; Schmidt-Aßmann (FN 524), der eine weitere Auslegung jedoch dann nicht mehr für erforderlich hält, wenn zur Zeit des Normerlasses eine Begünstigungsabsicht bestanden hat. SchmidtAßmann gibt allerdings keine Begründung dafür, warum hier auf den Zeitpunkt des Normerlasses, im umgekehrten Falle dagegen auf die gegenwärtigen Verhältnisse abgestellt werden soll. 519
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Teil 2: Personalwirtschaftliche Verteilungsnorm
des Bedürftigen schützen solle. 526 Im Rahmen der systematischen Auslegung wird das „umgebende Normengefüge" betrachtet. 527 Die teleologische Interpretation fragt danach, ob die Norm nach ihrem objektivierten Zweck den Schutz von Individualinteressen zum Inhalt hat. 5 2 8
III. Die Anwendung der Schutznormtheorie auf Art. 33 Abs. 4 GG Um ein subjektiv-öffentliches Recht begründen zu können, müßte Art. 33 Abs. 4 GG eine zwingende Rechtsvorschrift sein, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch demjenigen des auf einer „Beamtenstelle" eingesetzten Angestellten zu dienen bestimmt ist. Art. 33 Abs. 4 GG verpflichtet die Verwaltung zu einem bestimmten Verhalten, nämlich zur Verwendung von Beamten für die Erledigung ständiger Aufgaben, die mit hoheitsrechtlichen Befugnissen verbunden sind. Eine zwingende Rechtsvorschrift liegt damit vor. 5 2 9 Fraglich ist allerdings, ob die Norm auch den Schutz des Angestellten vor einer Nicht-Verbeamtung bezweckt. Der Wortlaut gibt insofern nichts her. Weder legt er ein subjektiv-öffentliches Recht 526 BVerwG, NJW 1954, S. 1541 f. m.w.Nachw. Heute ist die Fürsorge als Sozialhilfe in § 4 Abs. 1 BSHG eindeutig als subjektiv-öffentliches Recht ausgestaltet und wird in der Literatur als „Musterbeispiel" für ein subjektiv-öffentliches Recht genannt, das sich bereits aus dem Wortlaut ergibt, vgl. etwa Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rdnr. 9; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 43 Rdnr. 13. 527 So die Bezeichnung Schmidt-Aßmanns, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 139 für die systematische Auslegung. 528 Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 112. Im Rahmen der systematischen Interpretation wurde von der Rechtsprechung früher darauf abgestellt, ob die Norm einen fest „abgrenzbaren Kreis der Betroffenen" benennt, vgl. dazu BVerwGE 27, 29, 31 ff.; 32, 173, 175; 41, 58, 63; 52, 122, 129; 62, 243, 247; 65, 313, 320; 66, 307, 308; vgl. dazu auch Marburger, Gutachten C für den 56. Deutschen Juristentag, S. C 21. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (DVB1. 1987, 476, 477; BVerwGE 94, 151, 158) kommt es nicht mehr darauf an, ob eine Norm einen geschützten Personenkreis räumlich abgrenzt, noch darauf, ob sie in ihrer vollen Reichweite auch dem Schutz individueller Interessen dienen soll. Zu fragen ist vielmehr, ob sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen läßt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet. Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts betrifft aber vordringlich Dreiecksverhältnisse, während es im Falle des Art. 33 Abs. 4 GG lediglich um die zweiseitige Beziehung zwischen Angestellten und Dienstherrn geht, vgl. dazu Blankenagel, Die Verwaltung 26 (1993), S. 1, 3. 529 Vgl. dazu oben Teil 2 B. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß eine Verbeamtung nur „in der Regel" zu erfolgen hat. Dies bedeutet lediglich, daß der Umfang des subjektiven Rechts insoweit eingeschränkt ist. Ein Angestellter könnte folglich mit einer Klage auf Verbeamtung von vornherein nur durchdringen, wenn das Regel-Ausnahme-Verhältnis des Art. 33 Abs. 4 GG durchbrochen wäre.
F. Recht auf Verbeamtung
157
nahe, noch schließt er es aus. Der Wille des historischen Normgebers ging nicht dahin, dem Angestellten ein Recht auf Verbeamtung zu geben.530 Da es aber nicht vordringlich auf die Wertung des Gesetzgebers zum Zeitpunkt des Normerlasses, sondern auf die gegenwärtige Interessenbewertung ankommt, könnte ein Wandel der Verhältnisse zur Annahme eines Schutznormcharakters führen. Die tatsächlichen Verhältnisse haben sich jedoch seit Erlaß des Grundgesetzes nicht derart verändert, daß die Einräumung eines subjektiv-öffentlichen Rechts nötig erschiene. Insbesondere die von vielen Seiten531 kritisierte Nichtbeachtung von Art. 33 Abs. 4 GG kann hier nicht herangezogen werden: Die Nichtbeachtung einer Rechtsvorschrift kann und soll zu Sanktionen durch die dazu berufenen Stellen, im Falle der Verwaltung etwa der Aufsichtsbehörden, führen. Ein subjektives Recht kann daraus nicht entstehen. Andernfalls gäbe man der Praxis die Befugnis, durch gesetzeswidriges Verhalten dort ein subjektives Recht einzuräumen, wo es der Gesetzgeber vermeiden wollte.532 Aus der systematischen Einordnung des Art. 33 Abs. 4 GG in den zweiten Abschnitt des Grundgesetzes, der sich mit dem Bund und den Ländern befaßt, läßt sich aufgrund des fehlenden Ordnungszusammenhangs zwischen den einzelnen Bestimmungen dieses Abschnitts weder für den Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" 533, noch für die Frage des subjektiven Rechts etwas entnehmen. Insbesondere kann nicht argumentiert werden, die WRV habe die Beamtenartikel im 2. Hauptteil „Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen" eingeordnet, während Art. 33 im Grundgesetz gerade nicht im I. Abschnitt „Die Grundrechte" stehe.534 Abgesehen davon nämlich, daß Grundrechte zwar subjektive Rechte sind535, der Begriff des subjektiven Rechts aber nicht auf Grundrechte beschränkt ist, erklärt sich 530
Wacke, in: Neues Beamtentum, S. 152, 154. Vgl. stv. für viele Huber, Die Verwaltung 29 (1996), 437, 456; Wussow, RiA 1980, 68, 69 f., der die Erlasse verschiedener Landesministerien zitiert, mit denen die nachgeordneten Behörden auf ihre Pflichten aus Art. 33 Abs. 4 GG hingewiesen wurden. 532 Deshalb ist das Argument Isensees, HVerfR, § 32 Rdnr. 52, die Einräumung eines subjektiven Rechts könne dazu beitragen, Art. 33 Abs. 4 GG mit den notwendigen Sanktionen zu versehen und so seine Wirksamkeit sichern, abzulehnen. 533 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 4b) (1). 534 Dies tut aber Thieme, Aufgabenbereich, S. 26. 535 Stv. für viele Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rdnr. 10; Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 115 ff.; Pietzcker, Bachof-FS, S. 131, 138 f. geht davon aus, daß Grundrechte subjektive öffentliche Rechte sind oder daß solche Rechte jedenfalls aus ihrer Verletzung entstehen. Zurückhaltend gegenüber einer Subjektivierung der Grundrechte Heinz, DÖV 1987, 851, 852; vgl. dazu auch Stem, Staatsrecht III/1, S. 540ff. Zur Annahme, Grundrechte könnten im Verwaltungsrecht nur ausnahmsweise unmittelbar herangezogen werden, Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 113 ff. 531
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Teil 2: Personal wirtschaftliche Verteilungsnorm
die Einordnung des Art. 33 daraus, daß er ursprünglich als Teil der Normativbestimmungen der Länder gedacht war. 536 Subjektive Rechte sollten damit nicht ausgeschlossen werden, wie Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG beweist. Darin wird explizit ausgesagt, daß auch Art. 33 GG (subjektive) Rechte enthält. Andererseits kann aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG nicht geschlossen werden, daß auch Art. 33 Abs. 4 GG ein solches Recht ist - denn welche Bestimmungen des Art. 33 GG gemeint sind, sagt Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG gerade nicht. Abzulehnen ist die Ansicht, die in bezug auf Art. 33 Abs. 4 GG ein subjektiv-öffentliches Recht deshalb verneint, weil ein anderes Ergebnis dem beamtenrechtlichen Grundsatz537 widerspräche, daß es keinen Anspruch auf Ernennung gibt. 538 Denn zum einen kennt dieser Grundsatz auch Ausnahmen539, zum anderen ist der methodische Ansatz verfehlt: Die Frage, ob Art. 33 Abs. 4 GG ein subjektives Recht auf Verbeamtung verleiht, ist nicht durch Rückgriff auf den genannten Grundsatz zu entscheiden. Vielmehr gäbe es diesen Grundsatz nicht, wenn ein Angestellter aus Art. 33 Abs. 4 GG einen Anspruch auf Verbeamtung ableiten könnte. Im Rahmen der teleologischen Auslegung bleibt zu prüfen, ob Art. 33 Abs. 4 GG nach seinem objektivierten Zweck den Schutz des auf einer Beamtenstelle eingesetzten Angestellten zum Inhalt hat. Art. 33 Abs. 4 GG garantiert die Institution des Berufsbeamtentums. Dahinter steht die Überlegung, daß das Berufsbeamtentum eine stabile Verwaltung sichern, einen ausgleichende Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften darstellen540 und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung personell absichern soll. Alle diese Zielsetzungen dienen der Sicherung einer ordnungsgemäßen Verwaltung und dem Schutz der Allgemeinheit, nicht dem Individualinteresse des einzelnen Bediensteten, einen Rechtsstatus zu erhalten, der seiner Verwendung entspricht.541 Dagegen kann auch nicht 536
Kirchhof, Hoheitsrechtliche Befugnisse, S. 43 FN 210. Vgl. dazu § 5 Abs. 1 und 2 BBG, § 3 Abs. 1 Satz 1 BRRG; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, Rdnr. 6, 27. 538 So Otto, ZBR 1956, 233, 242 f. 539 So etwa, wenn der Vorbereitungsdienst allgemeine Ausbildungsstätte i.S.d. Art. 12 Abs. 1 GG ist, oder nach 5jähriger Dienstzeit als Beamter auf Probe; vgl. dazu und zu weiteren Ausnahmen umfassend Battis, BBG, § 8 Rdnr 19. 540 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 5b) (3) (a) (aa). 541 So auch die ganz h.M.; vgl. stv. für viele Bachof, Jellinek-GS, S. 298; Hamann/Lenz, GG , Art. 33 Anm. 4; von Mangoldt/Klein, GG, S. 801; Thieme, Aufgabenbereich, S. 26; ders., Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes; S. 56; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 40; Ule, GR IV/ 2, S. 559; Stern, Staatsrecht I, S. 348; Ruland, ZRP 1983, 278 ff. sieht zwar den Funktionsvorbehält als ,justitiabel" an, konstruiert den von ihm befürworteten Verbeamtungsanspruch aber im Ergebnis aus Art. 33 Abs. 2 GG; ΑΚ-Schuppert, GG, Art. 33 Abs. 4, 5 Rdnr. 37; Dörr, Abgrenzung, S. 25; aus der Rechtsprechung 537
F. Recht auf Verbeamtung
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eingewandt werden, bei einer Verfassungsnorm, die zwar primär öffentlichen Belangen gewidmet sei, faktisch aber auch private Belange schütze, spreche die Vermutung für das subjektive Recht des Geschützten.542 Denn eine solche Vermutung besteht eben dann nicht mehr, wenn sie - wie hier durch Auslegung der Norm widerlegt wurde.
IV. Ergebnis Art. 33 Abs. 4 GG dient nicht dem Individualinteresse des einzelnen Bediensteten, einen seiner Verwendung entsprechenden Rechtsstatus zu erhalten. Art. 33 Abs. 4 GG begründet damit kein subjektiv-öffentliches Recht des Angestellten, der dauerhaft hoheitsrechtliche Befugnisse wahrnimmt, verbeamtet zu werden.
ί
BVerfGE 6, 376, 385; VGH Mannheim, NJW 1980, 1868 (dazu im Hinblick auf das fehlerfreie Ermessen Skouris, NJW 1981, 2727, 2728 ff.); BVerwG, NVwZ 1988, 523; dagegen wohl nur Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 52. Fischbach, DÖV 1951, 453, 455 spricht zwar von einer Pflicht des Dienstherrn, einen Angestellten zum Beamten zu ernennen, wenn er hoheitsrechtliche Befugnisse i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG wahrnimmt. Im Gegensatz zu Maunz, ebenda, ist daraus aber nicht zu entnehmen, daß Fischbach einen Anspruch des Angestellten auf Verbeamtung bejaht. Zu der Frage, ob der Pflicht des Dienstherrn ein Individualanspruch des Angestellten korrespondiert, äußert sich Fischbach gerade nicht. 542 So aber Isensee (FN 541).
Teil
3
Art. 33 Abs. 4 GG und das Recht der Europäischen Union1 A. Die Problemstellung Art. 39 [ex 48] EGV garantiert die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Europäischen Union. Dies blieb für das nationale öffentliche Dienstrecht nicht ohne Auswirkungen: Nachdem der Europäische Gerichtshof entschieden hatte, daß diese Regelung auch den nationalen öffentlichen Dienst und hier insbesondere auch die Beamten erfaßt, und dabei betonte, daß die Ausnahmebestimmung des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV eng auszulegen sei, zeigte sich ein Widerspruch zwischen dieser Rechtsprechung und deutschem Recht: Wenn nämlich einerseits die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Daueraufgabe in der Regel Beamten zu übertragen war, andererseits die Möglichkeit, Beamter zu werden, von der deutschen Staatsangehörigkeit abhing, konnten Ausländer im Ergebnis keine Stellen besetzen, mit denen solche hoheitsrechtlichen Befugnisse verbunden waren. Denn der Begriff der „öffentlichen Verwaltung" in Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV, für die die Freizügigkeitsregel nicht gilt, war und ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes enger als derjenige der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG. Ein Teil der Literatur2 und der Rechtsprechung3 zieht daraus die Konsequenz, Art. 33 Abs. 4 1 Vgl. zur Bezeichnung „Recht der Europäischen Union" bzw. „EU-Recht" auch für das Recht der Europäischen Gemeinschaften trotz der fehlenden Verschmelzung zwischen der Europäischen Union und den Europäischen Gemeinschaften Streinz, Jura 1998, 57, 59 ff. 2 Dörr, Abgrenzung, S. 80; ders., EuZW 1990, 565, 571; Goerlich/Bräth, DÖV 1987, 1038, 1049; so wohl auch Wagner, DVB1. 1989, 277 f.; diese Möglichkeit ausdrücklich erwähnend, ihr aber kritisch gegenüberstehend Putzhammer, RdJB 1989, 157, 167; ebenso Edelmann, Die Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 EWGV, S. 114ff. 3 LAG Hannover, NVwZ-RR 1995, 584: „Der nach der Rechtsprechung des EuGH eng geführte Bereich der »öffentlichen Verwaltung4 des Art. 48 IV EWGV und der Bereich, in dem in der Bundesrepublik Deutschland Beamtenstellen begründet werden müssen, sind miteinander in Ubereinstimmung zu bringen mit der weiteren Folge, daß die europäische Begrenzung nationaler Regelungskompetenz für EUAusländer und Inländer gleichermaßen gilt. Der Beamtenstatus kann beiden Gruppen nur für eine Beschäftigung in der »öffentlichen Verwaltung4 i.S. von Art. 48 IV
Β. Die Freizügigkeitsregelung
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GG müsse gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt werden. Das Ergebnis zur Auslegung der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG müßte danach modifiziert werden. Zur Beantwortung der Frage, ob eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des Funktionsvorbehalts notwendig ist, soll zunächst Art. 39 [ex 48] EGV erläutert und die Rechtsprechung des EuGH dazu nachvollzogen werden. Danach wird dargelegt, warum die bis zum Inkrafttreten des Zehnten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 20.12.19934 bestehende Rechtslage in Deutschland nicht ausreichte, um dieser Rechtsprechung Genüge zu tun. Im Anschluß sollen Grundlagen und Auswirkungen einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung erörtert werden. Da eine solche nur erwogen werden müßte, wenn es keinen anderen Weg gäbe, Europarecht und nationales Recht zu harmonisieren, werden schließlich die Möglichkeiten einer Harmonisierung ins Blickfeld rücken. Dabei ist insbesondere zu untersuchen, ob der vom deutschen Gesetzgeber eingeschlagene Weg, den Zugang zum Beamtenverhältnis auch EU-Ausländern zu eröffnen, ausreicht, das Spannungsverhältnis zwischen Art. 39 [ex 48] EGV und deutschem Recht zu beheben.
B. Die Freizügigkeitsregelung des Art. 39 [ex 48] EGV Die in Art. 39 [ex 48] EGV verankerte Freizügigkeit ist ein Unterfall des in Art. 3 lit. c) angestrebten allgemeinen und freien Personenverkehrs, gehört zu den Grundfreiheiten des Gemeinsamen Marktes und wird deshalb als Grundrecht verstanden.5 Der Auftrag des Art. 39 [ex 48] Abs. 1 EGV, die Freizügigkeit bis spätestens 31.12.1969 herzustellen, wurde mit Ausnahme der VO 1251/70 vom 29.06.19706 über das Verbleiberecht durch den Erlaß aller wesentlichen Ausführungsbestimmungen termingerecht erfüllt. 7 Der EuGH hat Art. 39 [ex 48] EGV unmittelbare Wirkung zuerkannt.8 Damit sind die nationalen Behörden verpflichtet, dieses Grundrecht EWGV und damit nur in den genannten Fällen klassischer hoheitlicher Tätigkeit im Bereich der Eingriffsverwaltung »abverlangt4 werden." 4 BGBl. I S. 2136. 5 Vgl. etwa Bleckmann, EuGRZ 1981, 257, 258. Die Freizügigkeitsverordnung 1612/68, ABl. L 257, S. 2 bezeichnet in ihrer Präambel Art. 39 [ex 48] EGV selbst als „Grundrecht der Arbeitnehmer". 6 ABl. L 142, S. 24. 7 Vgl. dazu Randelzhofer, in: Grabitz, Kommentar zur Europäischen Union, Art. 48 Rdnr. 1. 8 Erstmals in der Rs. 167/73 („Kommission ./. Französische Republik"), Slg. 1974, 359, 371; später etwa in den Rs. 41/74 („Van Duyn ./. Home Office"), Slg. 11 Strauß
162
Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
der EU-Bürger zu wahren, sämtliche entgegenstehenden Bestimmungen des nationalen Rechts, auch des Verfassungsrechts9, sind nicht mehr anzuwenden.10 Nach Art. 39 [ex 48] Abs. 3 EGV umfaßt die Freizügigkeit der Arbeitnehmer das Recht aller Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten, sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben, sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen, sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben sowie nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates unter Bedingungen zu verbleiben, welche die Kommission in Durchführungsverordnungen festlegt. Allerdings sind Beschränkungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit möglich. Gem. Art. 39 [ex 48] Abs. 2 EGV ist jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen abzuschaffen. Sämtliche Forderungen von Art. 39 [ex 48] EGV gelten aber nicht für die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung (Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV).
L Die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts Wäre das Gemeinschaftsrecht auf den öffentlichen Dienst gar nicht anwendbar, würde sich die Frage nach den Auswirkungen der Freizügigkeitsregelung auf Art. 33 Abs. 4 GG gar nicht stellen. Von einer solchen fehlenden Anwendbarkeit ging der VGH Mannheim in seinem Urteil zum Fall „Lawrie-Blum ./. Baden-Württemberg" aus.11 Unter Berufung auf das zum Berufssport ergangene Urteil Walrave des EuGH, wonach Tätigkeiten nur insoweit dem Gemeinschaftsrecht unterfielen als sie einen Teil des Wirtschaftslebens ausmachten12, verneinte der VGH die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts für den öffentlichen Schuldienst. Eine Tätigkeit mache 1974, 1337, 1347; RS 36/75 („Rutiii ./. Minister des Inneren"), Slg. 1975, 1219, 1230; Rs. 48/75 („Royer"), Slg. 1976, 497, 512; Rs. 118/75 („Watson und Beinum"), Slg. 1976, 1185, 1197. 9 Zum Vorrang des Europarechts auch gegenüber dem nationalen Verfassungsrecht vgl. schon Rs. 6/64 („Costa ./. ENEL"), Slg. 1964, 1251, 1269f.; aus der Literatur stv. für viele Geiger, EGV, Art. 5 Rdnr. 34; Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rdnr. 852. 10 Rs. 167/73 („Kommission ./. Frankreich"), Slg. 1974, 359, 371; vgl. dazu auch Schlußanträge des Generalanwalts Mayras in der Rs. 149/79 („Kommission ./. Belgien"), Slg. 1980, 3881, 3908. 11 VGH Mannheim, NJW 1982, 543f.; näher zum Fall „Lawrie-Blum ./. BadenWürttemberg" unten Teil 3 Β IV 2d).
Β. Die Freizügigkeitsregelung
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nicht schon deshalb einen Teil des Wirtschaftslebens aus, weil sie sich als entgeltliche Arbeits- oder Dienstleistung darstelle. Vielmehr sei das öffentliche Schulwesen weder Gegenstand der Wirtschaftspolitik noch Teil des Wirtschaftslebens, sondern Subjekt der Bildungspolitik, die dem Marktgeschehen fernstehe. 13 Die Argumentation des VGH Mannheim war angesichts der Walrave-Entscheidung des EuGH nicht haltbar. Danach genügt für die Zugehörigkeit zum Wirtschaftsleben bereits die Entgeltlichkeit14, so daß auch Tätigkeiten auf kulturellem, sportlichem, wissenschaftlichem oder karitativem Sektor darunterfallen können. Diese Rechtsprechung des EuGH leuchtet schon deswegen ein, weil sich für den Dienstleistungserbringer die Verwertung seiner Arbeitskraft als Teil des Wirtschaftslebens unabhängig davon darstellt, ob Dienstherr bzw. Arbeitgeber selbst am Wirtschaftsleben teilnehmen.15 Im übrigen wäre es nicht einzusehen, warum die Mitgliedstaaten Beschäftigungsverhältnisse im Verwaltungsbereich von der Freizügigkeit des Art. 39 [ex 48] Abs. 1-3 EGV ausgenommen haben sollten, wenn der EGV ohnehin nur die Wirtschaft „im engeren Sinne" beträfe. 16 Durch das Kriterium der Entgeltlichkeit werden zwar die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes unzweifelhaft vom EGV erfaßt, weil diese für ihre Arbeitsleistung ein Entgelt in Form von Lohn oder Gehalt beziehen. Beim Beamten könnte es indes an der Entgeltlichkeit fehlen: Der Sonderstatus zu seinem Dienstherrn schließt eine Bezahlung im herkömmlichen Sinne aus. Der Beamte erhält kein Entgelt als Entlohnung, sondern wird mit einem angemessen Unterhalt für seinen lebenslangen Dienst alimentiert.17 Allerdings ist die Alimentation nach modernem Verständnis trotz ihres Herkommens eine Gegenleistung dafür, daß der Beamte dem Dienstherrn seine ganze Persönlichkeit zur Verfügung stellt. Sie basiert 12 Rs. 36/74 („B.N.O. Walrave und L.J.N. Koch ./. Association Union Cycliste Internationale, Koninklijke Nederlandsche Wieiren Unie und Federacion Espanola Ciclismo"), Slg. 1974, 1405, 1418. 13 VGH Mannheim, NJW 1982, 543, 544. 14 Rs. 36/74 („B.N.O. Walrave und L.J.N. Koch ./. Association Union Cycliste Internationale, Koninklijke Nederlandsche Wieiren Unie und Federacion Espanola Ciclismo"), Slg. 1974, 1405, 1418. 15 Generalanwalt Lenz im Schlußantrag zu Rs. 66/85 („Lawrie-Blum ./. BadenWürttemberg"), Slg. 1986, 2121, 2133. 16 Schotten, Die Auswirkungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf den Zugang zum öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. 39f.; Hörne, Der Vorbehalt des Art. 48 IV EWGV, S. 15; Ziekow, DÖD 1991, 11, 13; Karpenstein, Constantinesco-GS, S. 377, 381 f.; Steindorff, NJW 1982, 1902, 1904. 17 Vgl. zum Alimentationsprinzip allgemein Leisner, ZBR 1998, 259ff.; Thiele, DÖD 1997, 1, 4f.; Merten, ZBR 1996, 353, 354ff.; zu den historischen Hintergründen umfassend Till, Die Entwicklung des Alimentationsprinzips, S. 131 ff.; zur Bedeutung des Alimentationsprinzips vgl. oben Teil 2 C II 5 b) (3) (a) und (b) (aa).
11*
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
gem. § 18 BBesG auf einer funktionsgerechten Besoldung, so daß ihr Unterschied zur Entlohnung des Arbeitnehmers - gemeinschaftsrechtlich nur unerheblich ist.18 Die Alimentation hat damit den Charakter einer entgeltlichen Arbeitsleistung19, das Gemeinschaftsrecht ist auf den gesamten öffentlichen Dienst anwendbar.
II. Der Begriff des „Arbeitnehmers" Mit der Feststellung, daß der EGV auch für Tätigkeiten in der öffentlichen Verwaltung gilt, ist noch nicht gesagt, daß die Freizügigkeit auch alle Bediensteten in diesem Bereich erfaßt. Vielmehr bedarf der Begriff des „Arbeitnehmers" in Art. 39 [ex 48] EGV näherer Eingrenzung. Nach deutschem Recht stehen Beamte in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, das sich vom Arbeitnehmerverhältnis der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst wesensmäßig unterscheidet.20 Die Beamten würden danach von vornherein nicht von Art. 39 [ex 48] EGV erfaßt. Eine Auslegung nach nationalen Rechtsvorschriften lehnt der EuGH indes ab. Der Arbeitnehmerbegriff sei ein solcher des Gemeinschaftsrechts.21 Das wesentliche Merkmal eines Arbeitsverhältnisses sei der Umstand, daß jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisungen Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.22 Bereits vorher hatte der EuGH festgestellt, daß es 18
Rösing, Beamtenstatut und Europäische Gemeinschaften, S. 44. Rösing (FN 18), S. 44f.; Goerlich/Bräth, DÖV 1987, 1038, 1044; keine Unterschiede zwischen Gehalt und Alimentation machend auch Fischer, NWVB1. 1989, 117, 118; Becker, Europäisches Gemeinschaftsrecht und deutsches Berufsbeamtentum, S. 250. 20 Nämlich durch das besondere Band an Pflichten und Rechten, das diese Bediensteten mit ihrem Dienstherrn verbindet; vgl. dazu oben Teil 2 C II 5 b) (1); vgl. auch § 5 Abs. 2 ArbGG: „Beamte sind als solche keine Arbeitnehmer." 21 Rs. 75/63 („Unger ./. Bedrijfsvereniging voor Detailhandel en Embachten"), Slg. 1964, 379, 395 ff.; Rs. 152/73 („Sotgiu ./. Deutsche Bundespost"), Slg. 1974, 153, 162ff.; Rs. 53/81 („Levin ./. Staatssecretaris van Justitie"), Slg. 1982, 1038, 1049. 22 Rs. 66/85 („Lawrie-Blum ./. Baden-Württemberg"), Slg. 1986, 2121, 2144. Die gleiche Auffassung vertrat die Kommission (ebenda, 2130) im Fall einer Studienreferendarin, wobei bemerkenswert ist, daß hier die Arbeitnehmereigenschaft bejaht wurde, obwohl nach nationalem Recht die Anwärterbezüge nicht Gegenleistung für die Dienstleistung sind, sondern der Sicherung des Ausbildungszwecks dienen (vgl. dazu BVerwG, DVB1. 1985, 742, 744). Daß auch auf der Grundlage einer gemeinschaftsrechtlichen Sichtweise die Interpretation des EuGH nicht zwingend ist, zeigen im übrigen die Bedenken des BVerwG, das das Verfahren LawrieBlum ausgesetzt und dem EuGH vorgelegt hatte. Zwar teilte es den gemeinschaftsrechtlichen Ausgangspunkt des EuGH, wollte aber bei der Auslegung auch den Rechtszustand in den Mitgliedstaaten zur Zeit des Abschlusses des EWG-Vertrages 19
Β. Die Freizügigkeitsregelung
165
mangels jeglicher Unterscheidung in Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV dafür egal sei, ob ein Arbeitnehmer als Arbeiter, Angestellter oder Beamter beschäftigt werde.23 Für eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs spricht insbesondere die Tatsache, daß bei einer nationalen Sichtweise die Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Freizügigkeit vereitelt würde. Denn ohne Kontrolle durch die Gemeinschaftsorgane bestünde die Möglichkeit, den Inhalt des Begriffs einseitig durch nationale Rechtsvorschriften festzulegen und zu ändern, so daß jeder Staat bestimmte Personengruppen dem Schutz des Art. 39 [ex 48] EGV entziehen könnte.24 Auch die VO 1612/6825 läßt sich für diese Ansicht fruchtbar machen: In Art. 7 Abs. 1 wird darin normiert, daß ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ist, nicht anders behandelt werden darf als die inländischen Arbeitnehmer. Daraus folgt, daß nationale Regelungen für den Arbeitnehmerbegriff nicht ausschlaggebend sein können. Denn die Vorschrift ergibt nur dann einen Sinn, wenn ein Arbeitnehmer in allen Mitgliedsstaaten gleichermaßen als Arbeitnehmer anerkannt ist.26
III. Der Vorbehalt des Art. 39 [ex 48] Abs. 3 EGV Nach Art. 39 [ex 48] Abs. 3 EGV kann die Freizügigkeit aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit beschränkt werden. Dieser Vorbehalt gilt anders als der des Abs. 4 nicht nur für die Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung, sondern für alle Arbeitnehmer. Aus der berücksichtigt wissen. Auch damals sei die Unterscheidung zwischen Beamten und Arbeitnehmern im deutschen Recht schon bekannt gewesen, so daß - die Richtigkeit der Ansicht des EuGH unterstellt - zumindest in der deutschen Fassung des Vertragstextes statt des Begriffes der „Arbeitnehmer" diejenigen des „Bediensteten" oder des „nicht selbständig Erwerbstätigen" gewählt hätten werden müssen; dies auch deshalb, weil die grundsätzliche Einbeziehung der Beamten einen sehr viel intensiveren Eingriff in die innerstaatliche Rechtsordnung bedeutet hätte als die Erstreckung der Freizügigkeit auf Dienstnehmer mit privatrechtlichem Arbeitsvertrag. Für die Auffassung des BVerwG spricht auch die Entschließung des Europaparlaments aus dem Jahre 1972 (ABl. C 10, S. 4 f.), wonach das Kapitel „Die Arbeitskräfte", in den Art. 39 [ex 48] EGV eingebettet ist, ausschließlich für Tätigkeiten im „Lohn- oder Angestelltenverhältnis" gelten solle. Der EuGH ist dieser Argumentation aber nicht gefolgt. 23 Rs. 152/73 („Sotgiu ./. Deutsche Bundespost), Slg. 1974, 153, 163. 24 Rs. 75/63 ("Unger ./. Bedrijfsvereniging voor Detailhandel en Ambachten), Slg. 1964, 379, 396; Rs. 53/81 („Levin ./. Staatssecretaris van Justitie"), Slg. 1982, 1035, 1049. 25 ABl. L 257 (1968), S. 4. 26 Goerlich/Bräth, DÖV 1987, 1038, 1042; Rösing, Beamtenstatut und Europäische Gemeinschaften, S. 39.
Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
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systematischen Stellung der Vorschrift ergibt sich, daß nur die in Abs. 3 genannten Rechte beschränkt werden dürfen. Der EuGH läßt folgerichtig Maßnahmen, die gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot des Art. 39 [ex 48] Abs. 2 EGV oder gegen Art. 7 EGV gerichtet sind, nicht zu. So hat er es etwa als unzulässig erklärt, eigenen Staatsangehörigen, die Wehrdienst abgeleistet haben, Vergünstigungen zu gewähren, EU-Ausländern mit Wehrdienst im Heimatland aber nicht.27 Ein Mitgliedstaat darf die räumliche Bewegungsfreiheit eines EU-Ausländers nach Art. 39 [ex 48] Abs. 3 EGV nur dann einschränken, wenn er eine solche Maßnahme auch gegen einen eigenen Staatsangehörigen ergreifen kann.28 Einschränkungen der Freizügigkeit aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit können damit lediglich zu einem Einreiseverbot, der NichtVerlängerung der Aufenthaltserlaubnis und zur Ausweisung führen. Art. 39 [ex 48] Abs. 3 EGV bietet aber keine Handhabe dafür, EU-Ausländern den Zugang zum öffentlichen Dienst allgemein oder zu einer bestimmten Position innerhalb des öffentlichen Dienstes zu verwehren.29
IV. Die Ausnahmeregelung des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV 1. Die Sichtweise der Mitgliedstaaten Bei einer ersten Betrachtung des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV könnte man zum Ergebnis gelangen, daß die Freizügigkeitsregel des Art. 39 [ex 48] Abs. 1-3 EGV für den öffentlichen Dienst keine Rolle spielt. Schließlich soll die Regelung danach keine Anwendung finden „auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung." Die historische Auslegung30 würde dieses Ergebnis stützen. Die Mitgliedstaaten hatten sich angesichts der bestehenden, zum Teil verfassungsrechtlich vorgebenen31 Rechtslage, daß nur eigene 27
Rs. 15/69 („Ugliola"), Slg. 1969, 363. Rs. 36/75 („Rotiii"), Slg. 1975, 1219, 1230. 29 Dörr, Abgrenzung, S. 56. 30 Diese soll allerdings nach Ansicht der Kommission und des Generalanwalts in der Rs. 2/74 („Reyners ./. Belgien"), Slg. 1974, 631, 642, 666 ausgeschlossen sein, weil die Unterzeichner des Vertrages den Rückgriff auf die Vertragsmaterialien bewußt hätten ausschließen wollen. Daß die Behauptung, die Nichtberücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Vertragsvorschriften entspreche dem vermuteten Willen der Vertragsschöpfer (so Bleckmann, NJW 1982, 1177, 1778) nicht richtig ist, beweist schon der Umstand, daß sich die Mitgliedstaaten wiederholt auf ihren Willen bei Vertragsschluß berufen haben, so z.B. Belgien in Rs. 149/79 („Kommission ./. Belgien"), Slg. 1980, 3881, 3887; ebenso die ihr als Streithelfer beigetretenen Regierungen. 31 Vgl. zur verfassungsrechtlichen Verankerung des Staatsangehörigkeitserfordernisses in den Mitgliedstaaten der EU Niedobitek, in: Magiera/Siedentopf, S. 11, 33 f. 28
Β. Die Freizügigkeitsregelung
167
Staatsangehörige in diesem Bereich verwendet werden durften, vor dem Zwang schützen wollen, auch Personal mit ausländischer Staatsangehörigkeit einstellen zu müssen.32 Noch 1980 vertrat deshalb die Bundesrepublik die von allen Mitgliedstaaten geteilte33 Rechtsauffassung, der Vorbehalt des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV sei eine aus der Souveränität der Mitgliedstaaten folgende Befugnis, die inhaltlich nicht durch den EGV determiniert sei.34 Deshalb, so die französische Regierung, müsse die Abgrenzung des Bereichs der öffentlichen Verwaltung Vorrecht des einzelnen Mitgliedstaates bleiben.35 Damit gingen die Regierungen davon aus, daß es sich hier um eine institutionelle oder organisatorische Bereichsausnahme handelt, die jeden bei der öffentlichen Verwaltung Beschäftigten, also sowohl Beamte, als auch Angestellte und Arbeiter unabhängig von deren konkreter Tätigkeit, erfaßt. 36 2. Die Rechtsprechung des EuGH a) Sotgiu ./. Deutsche Bundespost
Die erste Entscheidung zu Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV fällte der EuGH am 12.02.1974.37 Dieses Verfahren, das eine unterschiedliche Handhabung der Trennungsentschädigung zwischen inländischen und ausländischen Arbeitnehmern der Deutschen Bundespost zum Inhalt hatte, brachte für den Begriff der „öffentlichen Verwaltung" erste Erkenntnisse. Der EuGH stellte klar, daß die Unterscheidung zwischen Arbeitern, Angestellten und Beamten für Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV unerheblich sei. Zwar erteilte er der institutionellen Sichtweise durch die Feststellung eine Absage, die Vorschrift ermögliche Beschränkungen für EU-Ausländer nur bei „gewissen Tätigkeiten" in der öffentlichen Verwaltung.38 Eine Definition des Begriffs der „öffentlichen Verwaltung" glaubte sich der EuGH aber ersparen zu können: Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV betreffe ausschließlich den Zugang zu Beschäftigungen in der öffentlichen Verwaltung. Eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitskräfte in bezug auf Entlohnung oder sonstige Arbeitsbedingungen sei damit von vornherein nicht zu rechtfertigen.
32 33 34 35 36 37 38
Hillgruber, ZBR 1997, 1. Hillgruber (FN 32). Vgl. Rs. 149/79 („Kommisson ./. Belgien"), Slg. 1980, 3881, 3894. Vgl. Rs. 149/79 (FN 34), 3897. So schon Nicolay sen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 107. Rs. 152/73 („Sotgiu ./. Deutsche Bundespost"), Slg. 1974, 153ff. Rs. 152/73 (FN 37), 162 f.
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union b) Kommission ./. Belgien
Eindeutiger als im Fall „Sotgiu ./. Bundespost" äußerte sich der EuGH in der Rechtssache „Kommission ./. Belgien". Er interpretierte die Ausnahmebestimmung des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV wieder funktional und stellte auf die jeweils wahrgenommene Funktion ab. Dies entspricht einer weitverbreiteten Meinung in der Literatur, wonach Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV Ausländer lediglich von bestimmten staatlichen Tätigkeiten fernhalten will. 39 In diesem Verfahren - Belgien hatte den Besitz der belgischen Staatsangehörigkeit u.a. zur Voraussetzung für die Einstellung von Lokomotivführern in der Ausbildung und Säuglingsschwestern gemacht - berief sich das Gericht in einem Zwischenurteil - der in diesem Zusammenhang wohl meistdiskutierten Entscheidung40 - auf die nützliche Wirkung einer funktionalen Begrenzung für die Integrationsziele der Gemeinschaft. Durch die Bestimmung seien nur diejenigen Stellen von der Freizügigkeit ausgenommen, „die eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung solcher Aufgaben mit sich bringen, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet sind." Nur hier sei eine besondere Verbundenheit zwischen Bedienstetem und Staat sowie ein gegenseitiges Rechte- und Pflichtenverhältnis nötig, das der Staatsangehörigkeit zugrunde liege. Da die Träger hoheitlicher Befugnisse in den einzelnen Mitgliedstaaten auch wirtschaftliche und soziale Aufgaben übernommen hätten, würden andernfalls zahlreiche Stellen der Anwendung der Grundsätze des Vertrages entzogen und je nach den Unterschieden in der jeweiligen Organisation des Staates und bestimmter Bereiche des Wirtschaftslebens Ungleichheiten zwischen Mitgliedstaaten geschaffen. 41 Im Endurteil vom 26.02.198242 stellte der EuGH fest, daß „Leiter der technischen Kontrolle", „Hauptkontrolleure", „Arbeitskontrolleure", „Inventarkontrolleure" und „Nachtwächter" eine Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung i. S. d. Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV ausübten. Nicht vom Vorbehalt dieser Vorschrift umfaßt seien aber die gesamten im Streit befindlichen Stellen bei den belgischen Eisenbahngesellschaften (so etwa Lokomotivführer, Rangier-, Lade-, Gleisbau- und Stellwerkarbeiter) und zahlreiche Stellen der Kommunen (so etwa Schreiner, Gärtnereigehilfen, Krankenschwestern, Säuglings- und Kinderschwestern sowie Aufseher). Bei diesen 39 Stv. für viele Weber/Eschmann, JuS 1992, 497, 500; Dörr, ZTR 1991, 226; vgl. auch Wölker, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/ EGV, Bd. 1, Art. 48 Rdnr. 116. 40 Home, Der Vorbehalt des Art. 48 Abs. 4 EWGV, S. 21. 41 Rs. 149/79 („Kommission ./. Belgien"), Slg. 1980, 3881, 3901. 42 Rs. 149/79 („Kommission ./. Belgien"), Slg 1982, 1845ff.
Β. Die Freizügigkeitsregelung
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Positionen, so der EuGH ohne nähere Begründung, seien die im Zwischenurteil aufgestellten Kriterien nicht erfüllt. 43 c) Kommission ./. Frankreich
Vier Jahre nach dem Fall „Kommission ./. Belgien" befaßte sich der EuGH wiederum mit Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV. Die Kommission hatte gem. Art. 169 EGV Klage gegen Frankreich erhoben, weil nach französischem Recht nur eigene Staatsangehörige in Dauerplanstellen für Krankenpfleger und Krankenschwestern an öffentlichen Krankenhäusern eingewiesen und zu Beamten auf Lebenszeit ernannt werden konnten.44 Dabei bestätigte der EuGH seine Rechtsprechung, daß Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV funktional auszulegen ist und wies auf die bereits entwickelten Kriterien zum Begriff der „öffentlichen Verwaltung" hin. Krankenschwestern und -pfleger könnten danach nicht unter diesen Vorbehalt fallen. Zwar hatte das Gericht dies bereits explizit im Vertragsverletzungsverfahren gegen Belgien festgestellt, doch gewann die Entscheidung als klares Bekenntnis zur bisherigen Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt Bedeutung, daß das Urteil in dieser Sache heftiger Kritik ausgesetzt gewesen und von zahlreichen Regierungen nicht beachtet worden war. 45 d) Lawrie-Blum ./. Baden-Württemberg
Trotz einer bereits relativ umfassenden Kasuistik hatte sich der EuGH noch nicht dazu veranlaßt gesehen, näher darzulegen, was unter den Kriterien der „hoheitlichen Befugnisse" und der „Verantwortung für die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates" zu verstehen war. Dies holte er im Fall „Lawrie-Blum" - wenn auch nur sehr bruchstückhaft - nach: Eine mit einem Deutschen verheiratete Britin hatte nach dem Examen für das höhere Lehramt, das sie in Deutschland abgelegt hatte, die Zulassung zum Vorbereitungsdienst beantragt. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, daß sie dazu in ein Beamtenverhältnis berufen werden müßte, was aber aufgrund ihrer britischen Staatsangehörigkeit nicht möglich sei. Der EuGH legte seiner Entscheidung wiederum den Ausgangspunkt zugrunde, daß eine Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung nur in Frage komme, wenn die entsprechende Stelle mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und der Wahrnehmung solcher Aufgaben betraut sei, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates gerichtet sind. Zwar 43
Rs. 149/79 (FN 42), 1852. Rs. 307/84 („Kommission ./. Frankreich"), Slg. 1986, 1725 ff. 45 Vgl. dazu die Stellungnahme des Generalanwalts Mancini, Rs. 307/84 (FN 44), 1727 f. 44
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
begnügte er sich mit der Feststellung, diese Voraussetzungen lägen bei Lehramtsbewerbern nicht vor, ohne unter die von ihm entwickelten Kriterien zu subsumieren. Das Gericht betont aber, die Ausnahme des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV müsse „sehr eng" verstanden werden46 und sich auf das beschränken, was zur Wahrnehmung der Interessen der Mitgliedstaaten „unbedingt erforderlich" sei. Der Begriff des „Hoheitlichen" wird insofern präzisiert, als das Gericht sich im Ergebnis vorbehaltlos der Auffassung des Generalanwalts Lenz anschloß, im Schulwesen könnten nur diejenigen Tätigkeiten dem Vorbehalt unterfallen, die etwas mit der grundlegenden pädagogischen Orientierung des Unterrichts, dessen allgemeiner Ausgestaltung oder der Aufstellung der Grundsätze für die Notengebung und Erteilung von Zeugnissen zu tun hätten. Die Erteilung des Unterrichts dagegen, die die Funktion des „normalen" Lehrers kennzeichne, sei insgesamt auch dann keine hoheitliche Tätigkeit, wenn damit Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Disziplin, die Erteilung von Einzelnoten oder die Verhängung einzelner Disziplinarmaßnahmen verbunden seien. Solche Maßnahmen machten nämlich nicht den Kern der Lehrtätigkeit aus, sondern stellten allenfalls Begleitmaßnahmen zum Unterricht dar, „denen neben der eigentlichen pädagogischen Tätigkeit des Lehrer bzw. des Studienreferendars nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt."47 Mit der Entscheidung, die Tätigkeit von Studienreferendaren unterfalle nicht der Ausnahme des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV, war eine bedeutsame Weichenstellung verbunden: Auch die Tätigkeit der Lehrer - in Deutschland die „klassischen Beamten"48 - konnte danach nicht mehr als „hoheitlich" i.S.d. Europarechts gesehen werden. Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV ist nach der Rechtsprechung des EuGH damit nur auf Schul- und Fachleiterstellen anwendbar, die mit Tätigkeiten verbunden sind, die die grundlegende pädagogische Orientierung des Unterrichts, dessen allgemeine Ausgestaltung sowie die Aufstellung der Grundsätze für die Notengebung und die Erteilung von Zeugnissen zum Inhalt haben.49 e) Kommission ./. Italien
Im Urteil vom 16.06.1987 präzisierte der EuGH die von ihm aufgestellten Kriterien weiter.50 Die Kommission hatte ein Vertragsverletzungsver46
Rs. 66/85 („Lawrie-Blum ./. Baden-Württemberg"), Slg. 1986, 2121, 2147; vgl. auch die Schlußanträge des deutschen Generalanwalts C. O. Lenz, ebenda, 2134 f. 47 Rs. 66/85 (FN 46), 2136. 48 Vgl. zur Verbeamtungspflicht für Lehrer eingehend oben Teil 2 C V. 49 Rs. 66/85 („Lawrie-Blum ./. Baden-Württemberg"), Slg. 1986, 2121, 2135. 50 Rs. 225/85 („Kommission ./. Italien"), Slg. 1987, 2625 ff.
Β. Die Freizügigkeitsregelung
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fahren eingeleitet, weil ein italienisches Gesetz über die Neuordnung der öffentlichen Körperschaften und des Beschäftigungsverhältnisses des Personals51 bestimmte, daß den beim Nationalen Forschungsrat52 beschäftigten Inländern Dauerplanstellen zuzuweisen waren. Für den Fall fehlender Planstellen sollten sie auf unbestimmte Zeit weiterbeschäftigt werden. Mit ausländischen Bediensteten sollten dagegen nur Zeitverträge geschlossen werden. Der EuGH stellt in seiner Entscheidung fest, allein die Aufzählung der Aufgabengebiete, in denen die Forscher des Instituts tätig seien, sei noch kein Beweis dafür, daß sie „mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse oder der Wahrung der allgemeinen Belange des Staates betraut sind." Als Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung könnten vielmehr nur staatliche Leitungs- oder Beratungsfunktionen in wissenschaftlichen und technischen Fragen angesehen werden. Die Entscheidung ist insbesondere unter dem Aspekt bemerkenswert, daß das Gericht den Vorbehalt des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV auszuweiten und damit die Freizügigkeit einzuschränken scheint, indem es die „hoheitlichen Befugnisse" und die „allgemeinen Belange des Staates" durch das Wort „oder" verbindet. f) Allue und Coonan ./. Universita
degli studi di Venezia
Nach der Entscheidung „Kommission ./. Italien" wurde vielfach angenommen, der EuGH habe sich für eine alternative Anwendung der von ihm entwickelten Kriterien zur Bestimmung des Begriffs der „Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung" entschieden.53 Durch das Vorabentscheidungsverfahren „Allue und Coonan"54 sahen sich dann aber diejenigen bestätigt, 51
Vgl. zu den nationalen Rechtsvorschriften, die Gegenstand der Rechtsprechung des EuGH zur Arbeitnehmerfreizügigkeit waren, jeweils die Sachverhaltsdarstellung der einschlägigen EuGH-Urteile in den Sammlungen. 52 Dabei handelt es sich um ein autonomes Staatsorgan mit eigener Rechtspersönlichkeit, das neben der eigenen Forschung die Koordinierung staatlicher Forschungstätigkeit, die Erstellung technischer Normen und Dokumentationsaufgaben übernimmt, vgl. dazu Eschmann, Die Freizügigkeit der EG-Bürger und der Zugang zur öffentlichen Verwaltung, S. 82 FN 104. 53 So etwa Everling, DVB1. 1990, 225, 229; Dörr, Abgrenzung, S. 66f.; Reppenstedt, Europäische Freizügigkeitsrechte und nationaler öffentlicher Dienst, in: Battis (Hrsg.), Europäischer Binnenmarkt und nationaler öffentlicher Dienst, 1989, S. 45, 56; Eschmann (FN 52), S. lOOf.; vgl. auch Sedemund/Montag, NJW 1988, 601, 607; für eine kumulative Sichtweise etwa Goerlich/Bräth, NVwZ 1989, 330; Wölker, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EGV, Bd. 1, Art. 48 Rdnr. 117; Randelzhofer, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Kommentar zur Europäischen Union, Art. 48 Rdnr. 64. 54 Rs. 33/88 („Allue und Coonan ./. Università degli studi di Venezia"), Slg. 1989, 159 Iff.
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
die eine kumulative Interpretation vertraten: Eine spanische und eine britische Staatsangehörige hatten sich gegen die NichtVerlängerung ihrer befristeten Arbeitsverträge als Fremdsprachenlektorinnen an der Universität Venedig gewandt. Rechtsgrundlage war ein italienisches Gesetz, wonach Verträge mit Fremsprachenlektoren und -lektorinnen fremder Muttersprache auf maximal sechs Jahre begrenzt waren. Der EuGH begnügte sich im Hinblick auf Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV damit, auf seine Entscheidung in der Rechtssache „Lawrie-Blum" hinzuweisen, wo er ausgeführt habe, daß „die Lehrerstellen keine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung solcher Aufgaben mit sich bringen, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet sind, und nicht ein Verhältnis besonderer Verbundenheit des jeweiligen Stelleninhabers zum Staat sowie die Gegenseitigkeit von Rechten und Pflichten voraussetzen, die dem Staatsangehörigkeitsband zugrundeliegen."55 Die Rechtsprechung des EuGH ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Zum einen fällt auf, daß der EuGH hier beide Kriterien wieder mit dem Wort „und" verbindet. Zum anderen führt der Hinweis des Gerichts auf seine Entscheidung im Fall „Lawrie-Blum" zu einer erhöhten Bedeutung des damaligen Urteils. Denn damals ging es nicht etwa um die Beschäftigung von Lehrern allgemein, sondern nur um die von Studienreferendaren. g) Bleis ./. Minister e de l'Education
Nationale
Sollten nach den Entscheidung „Lawrie-Blum" und „Allue und Coonan" noch irgendwelche Zweifel daran bestanden haben, daß Lehrer nicht als Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung i.S.v. Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV anzusehen sind, wurden diese vom EuGH im Urteil vom 27.11.199156 im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens endgültig ausgeräumt. Eine deutsche Staatsangehörige war - obwohl sie den französischen Studienabschluß für das höhere Lehramt erworben hatte - nicht zu einem externen Auswahlverfahren zur Erlangung eines Befähigungsnachweises für das Lehramt an höheren Schulen im Fach „Deutsch" zugelassen worden. Rechtsgrundlage dafür war eine französische Bestimmung, wonach nur Beamter werden konnte, wer die französische Staatsangehörigkeit besaß. Der EuGH begnügte sich mit einer Wiederholung der in der Rs. 149/79 entwickelten Formel und der Feststellung, daß eine Beschäftigung als Lehrkraft für das höhere Lehramt den darin aufgestellten Anforderungen nicht 55
Rs. 33/88 (FN 54), 1609. Rs. C-4/91 („Bleis ./. Minstere de l'Education nationale"), Slg. 1991, I5627 ff. 56
Β. Die Freizügigkeitsregelung
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entspreche. Dafür nahm er Bezug auf die Entscheidungen „Lawrie-Blum" und „Allue und Coonan", wo er bereits entschieden hatte, daß diese sehr engen Anforderungen weder im Fall von Studienreferendaren noch von Fremdsprachenlektoren erfüllt seien. h) Die Entscheidungen vom 02.07.1996
Der EuGH führte seine Rechtsprechung mit drei Urteilen, die jeweils am 02.07.1996 gefällt wurden, weiter. Dabei ging es um Vertragsverletzungsverfahren gegen Belgien57, Luxemburg58 und Griechenland.59 Die Kommission hatte jeweils innerstaatliche Regelungen beanstandet, die für den Zugang zu bestimmten Stellen die Staatsangehörigkeit des entsprechenden Landes zur Voraussetzung machten. In der Rs. C-173/94 handelte es sich dabei um Beschäftigungen in öffentlichen Versorgungseinrichtungen für Wasser, Gas und Elektrizität, in den Rs. C-290/94 und C-473/93 um solche in den Bereichen der Forschung, des Bildungs- und Gesundheitswesens, des Straßen-, Schienen-, See- und Luftverkehrs, des Post-, FernmeldeRundfunk- und Fernsehwesens sowie der Versorgungsdienste für Wasser, Gas und Elektrizität. 60 Der EuGH begnügte sich jeweils mit der Feststellung, daß die Regierungen der beklagten Mitgliedstaaten selbst eingeräumt hätten, daß die fraglichen Stellen im allgemeinen von den spezifischen Tätigkeiten der öffentlichen Verwaltung weit entfernt seien, da sie die vom EuGH aufgestellten Kriterien nicht erfüllten. Die Tatsache allein, daß bestimmte Stellen dem Vorbehalt des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV unterfallen könnten, könne ein so allgemeines Verbot nicht rechtfertigen. Alle Mitgliedstaaten hätten sich damit nicht im Rahmen der Ausnahme des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV gehalten, als sie für sämtliche Stellen in den betroffenen Bereichen ein Staatsangehörigkeitserfordernis aufstellten. Neben der - zu erwartenden - Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung fällt auf, daß der EuGH in diesen Urteilen wieder von seiner Diktion im Fall „Allue und Coonan" abrückt und das Kriterium der „hoheitlichen Befugnisse" mit dem dem der „Wahrung der allgemeinen Belange des Staates" durch ein „oder" verknüpft. Damit kehrte er wieder zu der Ausdrucksweise in der Rs. 225/85 („Kommission ./. Italien") zurück.
57
Rs. C-173/94 („Kommission ./. Belgien"), Slg. 1996,1-3265 ff. Rs. C-473/93 („Kommission ./. Luxemburg"), Slg. 1996, 1-3207ff. 59 Rs. C-290/94 („Kommission ./. Griechenland"), Slg 1996,1-3285ff. 60 In der Rs. C-290/94 (FN 59) ging es zusätzlich um Beschäftigte in Opern und Orchestern. 58
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union i) Das Verhältnis der Kriterien des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV zueinander
Die Rechtsprechung des EuGH ist im Hinblick auf die Frage, ob die Kriterien der „Ausübung hoheitlicher Befugnisse" und „Wahrung der allgemeinen Belange des Staates" kumulativ oder alternativ zu verstehen sind, nicht ganz eindeutig.61 Wäre die alternative Sichtweise richtig, bedeutete dies eine Ausweitung des nationalen Vorbehaltsbereichs, wäre der kumulativen Auffassung der Vorzug zu geben, würde dies zu seiner Verengung führen. Während die Befürworter einer kumulativen Anwendung argumentieren, das Gericht habe sich in mehreren Entscheidungen klar für eine solche Sichtweise ausgesprochen62, weisen die Befürworter einer alternativen Anwendung63 der Kriterien auf den Fall „Kommission ./. Italien" hin, wo das Gericht im Hinblick auf Tätigkeiten im Nationalen Forschungsrat entschieden hatte, die allgemeinen Aufgaben des Forschungsrates seien kein Beweis dafür, daß die Forscher „mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse oder der Wahrung der allgemeinen Belange des Staates betraut" seien.64 Kommission und Generalanwälte interpretieren übereinstimmend kumulativ 6 5 Spätestens seit den Entscheidungen des EuGH vom 02.07.1996 steht fest, daß die Diktion des EuGH zur Lösung des Problems nur wenig beizutragen vermag. Hatte das Gericht zunächst immer beide Kriterien durch ein „und" verbunden, war es in der Rs. 225/85 auf ein „oder" umgeschwenkt, um in der Rs. 33/88 66 wieder zum „und" zurückzukehren. In den jüngsten Urteilen zu Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV hat das Gericht die Verwirrung endgültig perfekt gemacht: In allen drei Vertragsverletzungsverfahren benutzt 61
Vgl. dazu oben Teil 3 Β IV 2 e), β, h). So etwa Schwidden, Ri A 1996, 166, 171; Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 117; vgl. auch Fischer, RiA 1995, 105, 108 f.; Wölker, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EGV, Bd. 1, Art. 48 Rdnr. 117; Randelzhofer, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Kommentar zur Europäischen Union, Art. 48 Rdnr. 64; Lecheler, ZBR 1991, 97, 100; Goerlich/Bräth, NVwZ 1989, 330; Fischer, NWVB1. 1989, 117, 121. 63 Rösing, Beamtenstatut und Europäische Gemeinschaften, S. 305 ff.; Edelmann, Die Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 EWGV, S. 79; Dörr, ZTR 1991, 226, 227f.; ders., EuZW 1990, 565, 569f.; ders., Abgrenzung, S. 66f. 64 Rs. 225/85 („Kommission ./. Italien"), Slg. 1987, 2625, 2639. 65 Generalanwalt Lenz im Schlußvortrag zur Rs. 225/85 (FN 64), 2634; ders. im Schlußantrag zur Rs. 66/85 („Lawrie-Blum ./. Baden-Württemberg"), Slg. 1986, 2121, 2146; Generalanwalt Mancini im Schlußantrag zur Rs. 307/84 („Kommission ./. Frankreich"), Slg. 1986, 1725, 1730; Kommission in Rs. 66/85, ebenda. 66 Rs. 33/88 („Allue und Coonan ./. Università degli studi di Venezia"), Slg. 1989, 1591, 1609. 62
Β. Die Freizügigkeitsregelung
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es die Wörter „und" bzw. „oder" abwechselnd67 - z.T. sogar auf derselben Seite68 - um die Ausübung hoheitlicher Befugnisse sowie die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates miteinander zu verbinden. Die neuesten Entscheidungen lassen damit Raum für völlig unterschiedliche Interpretationen: Die - scheinbar - gleichgültige Verwendung von „und" bzw. „oder" könnte darauf hindeuten, daß der EuGH selbst dieses Wörtern keinerlei Bedeutung beimißt. Andererseits könnte man daraus schließen, daß er sich gerade in dieser Frage nicht entscheiden wollte. Bezieht man den Schlußantrag von Generalanwalt Leger in der Rs. C-473/93 mit ein, könnte man auch zum Ergebnis kommen, das Gericht gehe von einer kumulativen Auslegung aus. Leger hatte betont, das Erfordernis, daß beide Voraussetzungen nebeneinander erfüllt sein müßten, sei trotz der Verwendung des Wortes „oder" in der Rs. 225/85 vom EuGH beibehalten worden. Die Ansicht des Großherzogtums Luxemburg, daß die beiden Voraussetzungen alternativ gälten, sei daher unbegründet.69 Wäre der EuGH anderer Ansicht - so eine mögliche Interpretation - hätte er sich nicht so undeutlich ausgedrückt (wogegen sich natürlich einwenden ließe, dies könne auch gerade das Gegenteil bedeuten). Ob der EuGH mit der parallelen Verwendung der Konjunktionen „und" bzw. „oder" eine bestimmte Intention verfolgt hat, und wenn ja welche, läßt sich also nicht mit Bestimmtheit beantworten. Die Urteile des EuGH aus dem Jahre 1996 bestätigen vielmehr die Feststellung, daß sich aus den Formulierungen in den Entscheidungen des Gerichtshofs keine Klarheit gewinnen läßt.70 Die Literatur hat die Rechtsprechung des Gerichts folglich auch unter teleologischen Gesichtspunken interpretiert. 71 Will man feststellen, ob der EuGH die von ihm entwickelten Kriterien kumulativ oder alternativ anwendet, sind ausschließlich die von ihm gefundenen Ergebnisse zu analysieren. Dabei zeigt sich, daß der EuGH seinen Urteilen eine alternative Sichtweise zugrunde legt: Dafür spricht noch nicht zwingend72, daß in der Rs. 225/85 67 Rs. C-173/94 („Kommission ./. Belgien"), Slg. 1996 1-3265ff.: „oder" auf S. 3282, 3283, 3284; „und" auf S. 3278, 3282. Rs. C-473/93 („Kommission ./. Luxemburg"), Slg. 1996 1-3207 ff.: „oder" auf S. 3262, 3263; „und" auf S. 3250, 3257. Rs. C-290/94 („Kommission ./. Griechenland"), Slg. 1996 1-3285ff.: „oder" auf S. 3329, 3330; „und" auf S. 3319, 3327f. 68 Rs. C-173/94 (FN 67), 3282. 69 Generalanwalt Leger im Schlußvortrag zur Rs. C-473/93 („Kommission ./. Luxemburg"), Slg. 1996 1-3207, 3214. 70 So Schotten, Die Auswirkungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf den Zugang zum öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. 88. 71 Vgl. etwa Fischer, RiA 1995, 105, 108f.; Schotten (FN 70), S. 89; Eschmann, Die Freizügigkeit der EG-Bürger und der Zugang zur öffentlichen Verwaltung, S. lOOff.; Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 117ff. 72 So aber etwa Rösing, Beamtenstatut und Europäische Gemeinschaften, S. 307f.; Eschmann (FN 71), S. 101 vertritt die Ansicht, die Forscher des Nationalen Forschungsrates übten „unstreitig keine hoheitlichen Befugnisse" aus.
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
auch staatliche Leitungs- und Beratungsfunktionen in wissenschaftlichen und technischen Fragen dem Vorbehalt des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV unterstellt wurden. Denn derartige Tätigkeiten lassen sich im weitesten Sinne noch als mittelbare Hoheitstätigkeit einordnen.73 Anders verhält es sich aber mit der Entscheidung in der Rs. 149/79. Darin waren vom EuGH Nachtwächter und Architekten als Beschäftigte in der öffentlichen Verwaltung anerkannt worden.74 Nun mögen Nachtwächter zwar hoheitliche Befugnisse gegenüber Einbrechern wahrnehmen. Allgemeine Belange des Staates sind mit dieser Tätigkeit aber nicht verbunden. Andererseits nehmen Architekten etwa bei der Stadtplanung durchaus allgemeine Belange des Staates wahr, während hoheitliche Befugnisse ihrem Aufgabenbereich fern liegen. Würde der EuGH die von ihm entwickelten Kriterien kumulativ verstehen, hätte er beide Berufsbilder nicht dem nationalen Vorbehalt unterstellt.75 Diese Entscheidung spricht damit gegen alle Versuche einer kumulativen Interpretation. Dies erkennen auch die Vertreter dieser Sichtweise an.76 Wenn trotzdem weiterhin mit dem Argument kumulativ ausgelegt wird, das Urteil resultiere aus Schwierigkeiten, die sich bei der Beurteilung eines nationalen Amtes durch eine international besetzte Spruchkammer zwangsläufig ergäben77, überzeugt dies nicht: Dem Gericht stehen genügend Mittel zur Verfügung, nationale Besonderheiten sachgerecht zu beurteilen. Ergebnisse, die mit der eigenen Ansicht nicht in Einklang stehen, können deshalb nicht einfach mit unspezifierten „zwangsläufigen Schwierigkeiten" erklärt werden. Wenn die Wortwahl des EuGH in der Rs. 225/85 als „sehr mißverständliche Formulierung"78 beklagt wird, liegt das nicht am Gericht, sondern am eigenen Ausgangspunkt: Die Rechtsprechung des EuGH ist nur auf der Basis eines kumulativen Verständnisses der beiden Kriterien mißverständlich, entspricht dagegen aber völlig der alternativen Sichtweise. 73
So etwa Wölker, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EGV, Bd. 1, Art. 48 Rdnr. 117; Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 118. 74 Rs. 149/79 („Kommission ./. Belgien"), Slg. 1982, 1845, 1851. 75 Vgl. stv. für viele nur Schotten, Die Auswirkungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf den Zugang zum öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. 89; Rösing, Beamtenstatut und Europäische Gemeinschaften, S. 307f.; Everling, in: Battis (Hrsg.), Europäischer Binnenmarkt, S. 23, 40; ders., DVB1. 1990, 225, 229; Thiele, DÖD 1990, 229, 234; Battis, PersV 1990, 193, 196f.; Hochbaum, ZBR 1989, 33, 36f.; Förch, NVwZ 1987, 27, 29 FN 18. 76 So etwa Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 119; vgl. auch Wölker, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/ EGV, Bd. 1, Art. 48 Rdnr. 117. 77 Rieckhoff (FN 76). 78 Wölker, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/ EGV, Bd. 1, Art. 48 Rdnr. 117.
Β. Die Freizügigkeitsregelung
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j) Zwischenergebnis
Eine Analyse der Rechtsprechung zur Bereichsausnahme des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV zeigt folgendes Ergebnis: Trotz aller Unklarheiten im einzelnen79 besteht der EuGH auf einer engen Auslegung der Vorschrift, wobei der Begriff der „Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung" im Interesse einer möglichst umfassenden Grundrechtsgeltung einheitlich und ohne Berücksichtigung nationalen Rechts und nationaler Verwaltungsorganisation als Gemeinschaftsbegriff verstanden wird. Als Ausnahme vom Prinzip der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist die Anwendung von Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV auf diejenigen Fälle zu beschränken, die zur Wahrung der Interessen der Mitgliedstaaten unbedingt erforderlich sind. Damit wird Art. 48 Abs. 4 GG nur in Bereichen einschlägig, die ein auf dem Staatsangehörigkeitsband gegründetes besonderes Treueverhältnis des Bediensteten zum Staat voraussetzen.80 Zur Konkretisierung dieser Anforderungen hat das Gericht zwei Kriterien entwickelt: Die unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse sowie die Wahrnehmung allgemeiner Belange des Staates. Beide Voraussetzungen müssen dabei lediglich alternativ vorliegen. Damit interpretiert der EuGH den Begriff der „Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung" nicht institutionell, sondern funktional nach der konkret zu besetzenden Stelle. Die Rechtsprechung des Gerichts ist bisher mehr durch eine umfangreiche Kasuistik als durch eine Subsumtion der im Streit befindlichen Fälle unter die von ihm selbst entwickelten Merkmale gekennzeichnet. Dabei wurde der nationale Vorbehalt des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV u.a. verneint für Lehrer und Studienreferendare, Krankenpflegepersonal und Beschäftigte in zivilen Forschungsbereichen. Bejaht wurde er z.B. für Kontrolltätigkeiten, etwa die eine Nachtwächters, aber auch für staatliche Leitungs- und Beratungsaufgaben in wissenschaftlichen und technischen Fragen.81
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Diese bemängeln stv. für viele Eschmann, Die Freizügigkeit der EG-Bürger und der Zugang zur öffentlichen Verwaltung, S. 86; Schotten, Die Auswirkungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf den Zugang zum öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. 84; Schwidden, RiA 1996, 166, 171; vgl. aber auch Everling, in: Battis (Hrsg.), Europäischer Binnenmarkt und nationaler öffentlicher Dienst, S. 23, 26, 40, der zu bedenken gibt, Widersprüche und Un Vollkommenheiten seien bei 13 Richtern aus zwölf Mitgliedstaaten, die die jeweiligen Traditionen, Wertungen und Methoden der Rechtsordnungen ihrer Herkunftsstaaten in die gemeinsame Willensbildung einbrächten, unvermeidlich. 80 Rs. 149/79 („Kommission ./. Belgien"), Slg. 1980, 3881, 3900. 81 Vgl. dazu umfassend Kathke, ZBR 1994, 233, 237. 12 Strauß
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
3. Die Rechtsprechung des EuGH und Art. 33 Abs. 4 GG a) Die Diskrepanz zwischen nationalem und Europarecht
Die Rechtsprechung des EuGH und die deutsche Rechtsordnung mußten nicht notwendig zueinander in Widerspruch stehen. Nationales und Europarecht hätten sich dann entsprochen, wenn der Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG nach nationalem Recht genauso auszulegen gewesen wäre wie der der „hoheitlichen Befugnisse" im Rahmen von Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV. 82 Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, hätte sich kein Widerspruch ergeben, wenn die in bezug auf das Staatsangehörigkeitserfordernis bestehenden Ausnahmeregelungen des deutschen Beamtenrechts ausgereicht hätten, die Freizügigkeit zu verwirklichen. (1) Die Differenzen zwischen Art. 33 Abs. 4 GG und Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV Angesichts des fast gleichen Wortlauts der Begriffe „hoheitsrechtliche Befugnisse" bzw. „hoheitliche Befugnisse" erscheint eine identische Auslegung nicht von vornherein ausgeschlossen. Unabhängig von der Frage allerdings, wie die vom EuGH entwickelten Kriterien im einzelnen zu konkretisieren sind, interpretiert die in Deutschland h.M. den Begriff der „hoheitsrechtlichen" Befugnisse weiter als der EuGH den der „hoheitlichen Befugnisse" im Rahmen des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV. So nimmt der Lehrer in Deutschland nach h.M. hoheitsrechtliche Befugnisse wahr und unterfällt dem Funktionsvorbehalt.83 Damit ist er zu verbeamten. Der EuGH hat demgegenüber entschieden, daß der „normale" Lehrer keine Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung i.S.d. Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV ausübt. Damit hat er klargestellt, daß er die Tätigkeit des Lehrers weder als die Ausübung hoheitlicher Befugnisse noch als die Wahrnehmung allgemeiner Belange des Staates sieht. Ausnahmen macht das Gericht nur bei den Leitungsfunktionen, die etwa auf Schul- und Fachleiterstellen wahrgenommen werden.84 Der Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG und der der „hoheitlichen Befugnisse" in Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV entsprechen sich damit nicht. 82 Allerdings hätten Verbeamtungen über Art. 33 Abs. 4 GG hinaus dann nur zur Erledigung von Aufgaben erfolgen dürfen, die der Wahrung der allgemeinen Belange des Staates dienen und damit von Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV erfaßt werden, vgl. dazu näher unten Teil 3 Β IV 3d) (1) FN 108. 83 Vgl. eingehend zur Verbeamtungspflicht für Lehrer oben Teil 2 C V. 84 Vgl. dazu oben Teil 3 Β IV 2d).
Β. Die Freizügigkeitsregelung
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(2) Die Ausnahmeregelungen des deutschen Beamtenrechts Trotz einer unterschiedlichen Auslegung wäre kein Konflikt zwischen Europarecht und nationalem Recht entstanden, wenn die Möglichkeit bestanden hätte, EU-Ausländer diskriminierungsfrei zu verbeamten. In das Beamtenverhältnis durften zwar nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 BRRG a.F., § 7 Abs. 1 Nr. 1 BBG a.F. nur Deutsche i. S. d. Art. 116 GG berufen werden. Ausnahmen konnten aber zugelassen werden, wenn für die Gewinnung des Beamten ein dringendes dienstliches Bedürfnis bestand (§ 4 Abs. 2 Satz 1 BRRG a.F., § 7 Abs. 2 BBG a.F.).85 Ein Teil der Literatur nahm an, diese Ausnahmebestimmungen reichten für eine Verwirklichung der Freizügigkeit aus.86 Der Ausnahmegrund des dienstlichen Bedürfnisses ist aber aufgaben-, nicht personenbezogen zu verstehen. Er ist nach seiner Zweckbestimmmung - der optimalen Erfüllung der an den Amtswalter gestellten Aufgabe - kein Instrument zur Integration von Ausländern, die nicht Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU sind.87 Ein „dringendes dienstliches Bedürfnis" wäre nur dann gegeben, wenn es sich um Bewerber mit besonderen, für die zu besetzende Stelle zu fordernden Fachkenntnissen handelt und geeignete deutsche Bewerber mit gleicher Qualifikation nicht vorhanden sind oder für den öffentlichen Dienst nicht gewonnen werden können.88 Ein solches dienstliches Bedürfnis an der Einstellung von Dienstkräften mit anderer Staatsangehörigkeit könnte etwa für Ämter bestehen, deren Klientel sich zu einem großen Teil aus Ausländern zusammensetzt.89 Hier kann es sinnvoll sein, Ausländer ins Beamtenverhältnis zu berufen, weil diese aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit ein besonderen Vertrauensverhältnis zu ihren Landsleuten besitzen.90 Auch dann steht aber das besondere dienstliche Interesse an der Aufgabenerfüllung im Vordergrund, nicht das Bemühen um eine Integration durch Verbeamtung.91 Die Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates rechtfertigte damit ein „dringendes dienstliches Bedürfnis" i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 1 BRRG a.F., § 7 Abs. 2 BBG a.F. nicht. Die Ausnahmebestimmungen des deutschen Beamtenrechts waren kein geeignetes Instrument, um die Freizügigkeit herzustellen. 85 Siehe für wissenschaftliches und künstlerisches Personal auch die Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 3 Satz 2 BRRG. 86 So wohl Meyer, BayVBl. 1990, 97, 98; die damalige deutsche Rechtslage für die Verwirklichung der EG-Freizügigkeit als ausreichend erachtend auch Battis, NJW 1990, 1214. 87 Zängl, in: Weiß/Niedermaier, BayBG, Art. 9 Anm. 7. 88 Zängl (FN 87). 89 Zu denken wäre etwa an Kontaktbereichsbeamte der Polizei, die in Ausländervierteln eingesetzt werden. 90 Vgl. dazu Zängl, in: GKÖD I Κ § 7 Rdnr. 10 lit. c). 91 Zängl, in: Weiß/Niedermaier, BayBG, Art. 9 Anm. 7.
1*
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
(3) Zwischenergebnis Da der Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG nicht mit dem der „hoheitlichen Befugnisse" in der Rechtsprechung des EuGH übereinstimmt, ergab sich ein Konflikt zwischen nationalem und Europarecht. Stellen, die „hoheitsrechtliche Befugnisse" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG mit sich brachten, durften nach deutschem Recht nur mit Beamten besetzt werden. Nachdem der EuGH die Freizügigkeit auch auf Ämter erstreckt hatte, die dem nationalen Funktionsvorbehalt unterfallen, hätten Bewerber aus der EU verbeamtet werden müssen. Dies war aber nicht möglich, weil dafür die deutsche Staatsangehörigkeit Voraussetzung war (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 BRRG a.F., § 7 Abs. 1 Nr. 1 BBG a.F.). Die Ausnahmebestimmungen des deutschen Beamtenrechts, die die Verbeamtung von (EU-) Ausländern ermöglichten, reichten für die Verwirklichung der Freizügigkeit nicht aus. b) Der Vorrang
des Gemeinschaftsrechts
Welche Folgen sich aus einem Widerspruch zwischen nationalem und Gemeinschaftsrecht ergeben, hängt entscheidend vom Verhältnis beider Rechtsordnungen zueinander ab. Nur wenn das Gemeinschaftsrecht Vorrang beansprucht, wird die Konfliktlage aus nationaler Sicht rechtlich relevant. Der EuGH hat zu dieser Frage bereits im Jahre 1964 eindeutig Stellung bezogen. Dem EU-Recht könne wegen seiner Eigenständigkeit keine wie auch immer geartete innerstaatliche Rechtsvorschrift vorgehen. Andernfalls würde ihm sein Charakter als Gemeinschaftsrecht aberkannt und die Rechtsgrundlage der Gemeinschaft selbst in Frage gestellt.92 Dieser Vorrang des Gemeinschaftrechts - so präzisierte das Gericht später - gelte auch gegenüber entgegenstehendem nationalen Verfassungsbestimmungen.93 Im Fall „Simmenthai" erfolgte eine weitere Konkretisierung: Aus dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts folge, daß jede entgegenstehende Vorschrift des innerstaatlichen Rechts ohne weiteres unanwendbar sei und daß ein wirksames Zustandekommen neuer innerstaatlicher Rechtsetzungsakte insoweit verhindert werde, als diese mit Gemeinschaftsrecht unvereinbar seien.94 Das Bundesverfassungsgericht hat die Sichtweise des EuGH im wesentlichen bestätigt. Ausgehend von Art. 24 Abs. 1 GG, der es dem Bund ermöglicht, Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen zu übertragen, hat es festgestellt, daß sich die unmittelbare Geltung des Gemeinschaftsrechts 92 93 94
629 f.
So grundlegend in Rs. 6/64 („Costa ./. ENEL"), Slg. 1964, 1251, 1270. Rs. 11/70 („Internationale Handelsgesellschaft"), Slg. 1970, 1125, 1135. Rs. 106/77 („.Staatliche Finanzverwaltung ./. S.P.A. Simmenthai"), Slg. 1978,
Β. Die Freizügigkeitsregelung
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für die Bundesrepublik Deutschland und sein Anwendungsvorrang gegenüber innerstaatlichem Recht aus dem Rechtsanwendungsbefehl des Zustimmungsgesetzes zum EGV ergibt.95 Dies allerdings nicht unbeschränkt: „Die Vorschrift ermächtigt nicht dazu, im Wege der Einräumung von Hoheitsrechten für zwischenstaatliche Einrichtungen die Identität der geltenden Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland durch Einbruch in ihr Grundgefüge, in die sie konstituierenden Strukturen, aufzugeben ... Dies gilt namentlich für Rechtsetzungsakte der zwischenstaatlichen Einrichtung, die, gegebenenfalls zufolge entsprechender Auslegung oder Fortbildung des zugrundeliegenden Vertragsrechts, wesentliche Strukturen des Grundgesetzes aushöhlten."96 Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts werden z.T. in Anspruch genommen, um eine Verbindlichkeit der Rechtsprechung des EuGH zu verneinen. So wird argumentiert, die weite Interpretation der Freizügigkeit durch den EuGH breche in das Grundgefüge der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland ein, weil sich das Gericht damit der Personalauswahl durch die Mitgliedstaaten bemächtige und so in die staatliche Personalgewalt als den Kern der nationalen Souveränität eindringe.97 Diese Kritik an der Rechtsprechung des EuGH greift indes nicht.98 Die Arbeitnehmerfreizügigkeit zwingt die Mitgliedstaaten nämlich lediglich, EU-Ausländern den Zugang zum öffentlichen Dienst unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländern zu verschaffen. Damit können die Mitgliedstaaten bestimmte Stellen des öffentlichen Dienstes nicht mehr ihren eigenen Staatsangehörigen vorbehalten. Allein darin, daß es einem Mitgliedstaat nunmehr untersagt ist, einen Bewerber nur wegen seiner Staatsangehörigkeit abzulehnen, kann kein Einbruch in das „Herz nationaler Souveränität"99 liegen. Die Staatsangehörigkeit ist schließlich nur ein Kriterium im Rahmen der Personalauswahl.100 Ihm eine derartig überragende Bedeutung beizumessen, verbietet sich im übrigen angesichts der Tatsache, daß es sich bei 95
BVerfGE 73, 339, 374 f. BVerfGE (FN 95), 376. 97 Loschelder, ZBR 1991, 111; Lecheler, BayVBl. 1989, 417, 420; vgl. auch ders., in: Battis (Hrsg.), Europäischer Binnenmarkt und nationaler öffentlicher Dienst, S. 127 ff. 98 Diese Kritik ablehnend Schotten, Die Auswirkungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf den Zugang zum öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. 108ff.; Home, Der Vorbehalt des Art. 48 IV EWGV, S. 150ff.; Rösing, Beamtenstatut und Europäische Gemeinschaften, S. 224ff.; Edelmann, Die Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 EWGV, S. 87 ff.; Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 69 ff. 99 So der Begriff von Lecheler, BayVBl. 1989, 417, 420. 100 Schotten, Die Auswirkungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf den Zugang zum öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. I l l ; Home, Der Vorbehalt des Art. 48 IV EWGV, S. 153 f. 96
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
der Staatsangehörigkeit nicht einmal um einen von der Verfassung in Art. 33 Abs. 5 GG verbürgten hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums handelt.101 c) Die These von der Unbeachtlichkeit kollidierenden nationalen Rechts
Möglicherweise hätte es aber einer Behebung der Widersprüche zwischen Gemeinschafts- und deutschem Recht gar nicht bedurft. Die These von der Unbeachtlichkeit kollidierenden nationalen Rechts102 argumentiert, nach Art. 24 Abs. 1 GG habe das europäische Gemeinschaftsrecht das entgegenstehende innerstaatliche Recht überlagert und verdrängt. Regelungen des deutschen Beamtenrechts, die das Beamtenverhältnis generell nur deutschen Staatsangehörigen öffneten, hätten nicht mehr angewandt werden können. EU-Ausländern habe damit ohne Rücksicht auf ihre fehlende Eigenschaft als Deutsche das Beamtenverhältnis offengestanden. 103 Eventuelle Änderungen des deutschen Rechts als Weg zur Behebung der Widersprüche zwischen den Rechtsordnungen seien lediglich um der Rechtsklarheit willen sinnvoll.104 Selbst Gemeinschaftsrecht entgegenstehendes nationales Verfassungsrecht brauche nicht zwangsläufig geändert zu werden.105 Die These von der Unbeachtlichkeit nationalen Verfassungsrechts übersieht den Umstand, daß aufgrund der Fortgeltung einer gegen den EGV verstoßenden Bestimmung in den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats Unklarheiten entstehen können, selbst wenn diese Vertragsbestimmung in der Rechtsordnung der Mitgliedsstaaten unmittelbar gilt. Die Normadressaten würden dadurch in der ihnen eröffneten Möglichkeit, sich auf das Gemeinschaftsrecht zu berufen, in einem Zustand der Ungewißheit gelassen.106 Mit dem EuGH ist daher davon auszugehen, daß die tatsächlich 101
Dazu, daß es sich bei der Staatsangehörigkeit als Einstellungsvoraussetzung nicht um einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums handelt, vgl. eingehend unten Teil 3 Β IV 3d) (4) (c) (aa). 102 So der Begriff von Hörne, Der Vorbehalt des Art. 48 IV EWGV, S. 170. 103 Lemhöfer, in: Plog/Wiedow/Beck, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz mit Beamtenversorgungsgesetz, § 7 Rdnr. 9. 104 Putzhammer, RdJB 1989, 157, 164.; Brenner, Der Gestaltungsauftrag der Verwaltung in der Europäischen Union, S. 93 spricht zwar ebenfalls von einer Anpassung des nationalen Rechts aus Gründen der Normenklarkeit, räumt aber dieser Anpassung explizit den Vorrang vor einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung ein. 105 Hochbaum, Der Staat 29 (1990), 577, 594 unter Hinweis auf die Entscheidung „Costa ./. ENEL"; Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 143. 106 Rs. 159/78 („Kommission ./. Italien"), Slg. 1979, 3247, 3264; bestätigt in Rs. 168/85 („Kommission ./. Italien"), Slg. 1986, 2945, 2960.
Β. Die Freizügigkeitsregelung
183
bestehenden Diskrepanzen zwischen Gemeinschafts- und nationalem Recht nur mit Hilfe verbindlichen innerstaatlichen Rechts beseitigt werden können, das denselben rechtlichen Rang hat wie die zu ändernden Bestimmungen.107 d) Die Möglichkeiten zur Behebung des Spannungsverhältnisses zwischen Art. 39 [ex 48] EGV und deutschem Recht
(1) Die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG Die Diskrepanz zwischen Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV und nationalem Recht könnte möglicherweise durch eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung von Art. 33 Abs. 4 GG überwunden werden.108 Eine solche gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation würde dazu führen, den Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG so zu definieren wie den der „hoheitlichen Befugnisse" im Rahmen von Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV. Damit wäre der Bereich der öffentlichen Verwaltung, der Beamten vorzubehalten ist, eng zu bestimmen. Dieser Weg wurde nicht nur von der Literatur 109, sondern - in einem Einzelfall - auch von der Rechtsprechung eingeschlagen. In seinem Urteil vom 27.05.1994 hat das Landesarbeitsgericht Hannover entschieden, daß eine enge Auslegung der hoheitsrechtlichen Befugnisse nach dem Grundsatz der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts geboten sei. 110 107
Rs. 168/85 (FN 106), 2961. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß bei einer solchen engen Auslegung von Art. 33 Abs. 4 GG die Dienstherrn nicht frei darin wären, Verbeamtungen über den von Art. 33 Abs. 4 GG gezogenen Bereich hinaus vorzunehmen. Würden nämlich auf vergleichbaren Funktionen Deutsche als Beamte, EU-Ausländer dagegen nur als Angestellte beschäftigt, würde dies einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 39 [ex 48] EGV bedeuten, weil der Angestelltenstatus dem des Beamten nicht gleichwertig ist (vgl. dazu unten Teil 3 Β IV 3 d) (2)). Zu einer vollständigen Beseitigung der Diskrepanzen zwischen nationalem und europäischem Recht müßten deshalb auch § 2 Abs. 2 BRRG und § 4 Nr. 2 BBG dahingehend gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt werden, daß mit Rücksicht auf die Freizügigkeit nur für solche Sicherungsaufgaben Beamtenverhältnisse begründet werden können, die zwar keine hoheitlichen Aufgaben i.S.v. Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV beinhalten, die aber der Wahrung allgemeiner Belange des Staates dienen und deswegen der Bereichsausnahme des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV unterfallen (vgl. dazu Dörr, Abgrenzung, S. 80f.). 109 Dörr (FN 108), S. 80; ders., EuZW 1990, 565, 571; Goerlich/Bräth, DÖV 1987, 1038, 1049; so wohl auch Wagner, DVB1. 1989, 277 f.; diese Möglichkeit ausdrücklich erwähnend, ihr aber kritisch gegenüberstehend Putzhammer, RdJB 1989, 157, 167; ebenso Edelmann, Die Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 EWGV, S. 114 ff. 110 LAG Hannover, NVwZ-RR 1995, 584; vgl. dazu oben Teil 3 A FN 3. 108
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
Die gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation stellt grundsätzlich eine sinnvolle Ergänzung der klassischen Auslegungscanones im Verfassungsrecht dar. 111 Auch das Bundesverfassungsgericht hat schon mehrmals Normen des Völkerrechts, insbesondere der europäischen Menschenrechtskonvention, benutzt, um vergleichbare Normen des Grundgesetzes auszulegen.112 Das Gebot der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung läßt sich aus der in diesen Entscheidungen zum Ausdruck kommenden Tendenz entnehmen, weitestmögliche Harmonie zwischen Völkerrecht und nationalem Recht herzustellen, der Anerkennung des Prinzips der Völkerrechtsfreundlichkeit durch das Bundesverfassungsgericht 113, einer Gesamtschau der Art. 1 Abs. 2, Art. 24, 25, 26 GG sowie dem Umstand, daß sich das Grundgesetz in seiner Präambel ausdrücklich zur europäischen Integration bekennt.114 Es stellt sich jedoch die Frage, ob die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung der Zielrichtung der EuGH-Rechtsprechung überhaupt gerecht wird. Die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 39 [ex 48] EGV will die praktische Umsetzung der Freizügigkeit durch die Mitgliedstaaten gewährleisten. Ein Einbruch in die Organisation der innerstaatlichen Verwaltung oder in die Ausgestaltung des öffentlichen Dienstes ist damit nicht verbunden. Sicherzustellen ist von den Mitgliedstaaten nur, daß EU-Ausländer in nicht-diskriminierender Art und Weise Zugang zu all jenen Stellen des öffentlichen Dienstes erhalten, die nicht als „Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung" i.S.v. Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV angesehen werden können. Die Freizügigkeit ist eine Grundfreiheit der Arbeitnehmer, die den Wirtschaftsverkehr des Binnenmarktes betrifft und deswegen der Kompetenz des Europarechts und damit auch der Organe der EU untersteht. Die Organisation des nationalen öffentlichen Dienstes obliegt dagegen weiterhin den Mitgliedstaaten. Aus dieser Kompetenzabschichtung ergibt sich die Folgerung, daß „ein unmittelbarer Rückschluß von dieser Regelung des EG-Rechts auf Inhalt und Reichweite des auf ganz andersartigen Normzielen beruhenden Funktionsvorbehalts ... nicht in Betracht kommen"115 kann. Würde man die Reichweite des Funktionsvorbehalts in Übereinstimmung mit dem vom EuGH verwendeten Begriff der „hoheitlichen Befugnisse" begrenzen, so würden sich die deutschen Staatsorgane die staatliche Organisationshoheit vom EuGH aus den Händen nehmen lassen.116 Eine gemeinschaftsrechts111
Hesse, Verfassungsrecht, § 2 Rdnr. 71; vgl. dazu auch oben Teil 1 Β I. So z.B. in BVerfGE 31, 58, 67f.; 27, 71, 82; 14, 1, 8. 113 BVerfGE 18, 112, 121. 114 Dörr, Abgrenzung, S. 79. 115 Badura, Gutachten, S. 32; vgl. dazu auch ders., ZBR 1996, 321, 327; ders., Everling-FS, S. 33, 38; Everling, DVB1. 1990, 225, 231. 116 Hillgruber, ZBR 1997, 1, 3; vgl. auch Lecheler, BayVBl. 1989, 417, 420; Loschelder, ZBR 1991, 102, 111. 112
Β. Die Freizügigkeitsregelung
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konforme Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG würde damit zu einer Selbstbeschneidung der nationalen Kompetenzen führen. Eine solche Selbstbeschneidung ist juristisch nur dann nötig, wenn es keinen anderen Weg gibt, nationales und Gemeinschaftsrecht zu harmonisieren. Insoweit sind zuerst die anderen Möglichkeiten der Harmonisierung und der vom deutschen Gesetzgeber eingeschlagene Weg zu untersuchen. Erst wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt bzw. der Weg des deutschen Gesetzgebers nicht ausreicht, wäre eine Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV in Betracht zu ziehen. (2) Die Beschäftigung von EU-Ausländern im Angestelltenverhältnis Eine Möglichkeit zur Harmonisierung von deutschem und EU-Recht bestünde möglicherweise darin, die dem Freizügigkeitsgebot unterfallenden Stellen zwar EU-Ausländern zu öffnen, diese aber nicht zu verbeamten, sondern im Angestelltenverhältnis zu beschäftigen. (a) Die Beschäftigung von Angestellten als Ausnahme von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG
Eine Praxis, die mit der Wahrnehmung von hoheitsrechtlichen Befugnissen betrauten Bediensteten im Angestelltenverhältnis zu beschäftigen, stößt auf verfassungsrechtliche Bedenken. Denn Art. 33 Abs. 4 GG schreibt vor, daß solche Bedienstete Beamte sein müssen. Dies allerdings nur in der Regel, so daß bei Vorliegen eine sachlichen Grundes eine Durchbrechung dieses Grundsatzes möglich wäre. 117 Im Hinblick auf die integrationsfreundliche Haltung des Grundgesetzes, die u.a. in seiner Präambel zum Ausdruck kommt118, vertritt ein Teil der Literatur die Ansicht, daß die durch die Auswirkungen des EU-Rechts auf die nationale Rechtsordnung geschaffene besondere Rechtslage einen solchen sachlichen Grund darstellt.119 Dabei wird aber nicht bedacht, daß das Vorliegen eines sachlichen Grundes allein nicht ausreicht, um eine Ausnahme von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG zu rechtfertigen. Vielmehr muß sich eine solche Aus117 Dies beachtet Hillgruber, ZBR 1997, 1, 5 nicht, wenn er Art. 33 Abs. 4 GG ohne nähere Begründung - als „unüberwindliche Schranke" bezeichnet. 118 Vgl. zur integrationsfreundlichen Haltung des Grundgesetzes oben Teil 3 Β IV 3d) (1). 119 Vgl. dazu Lecheler, ZBR 1991, 97, 101; Edelmann, Die Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 EWGV, S. 108 ff.; Schotten, Die Auswirkungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf den Zugang zum öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. 120.
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
nähme am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen.120 Zwar wäre die Beschäftigung von EU-Ausländern geeignet, EU-Recht und deutsches Recht zu harmonisieren. Doch müßte sie auch erforderlich, also das für die institutionelle Garantie des Art. 33 Abs. 4 GG i.V.m. Abs. 5 GG mildeste von mehreren gleich wirksamen Mitteln sein, um diesen Zweck zu erreichen.121 Wie der deutsche Gesetzgeber aber selbst gezeigt hat, gibt es ein milderes gleich wirksames Mittel um EU-Recht und nationales Recht in Übereinstimmung zu bringen: Die Öffnung des Beamtenverhältnisses für EU-Ausländer.122 (b) Die Beschäftigung von Angestellten und das Diskriminierungsverbot
Ungeachtet der Tatsache, daß eine Durchbrechung des Regel-AusnahmeVerhältnisses des Art. 33 Abs. 4 GG durch die Beschäftigung von EU-Ausländern unverhältnismäßig wäre, könnte sie auch gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 39 [ex 48] Abs. 2 EGV verstoßen. Danach ist die „Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen" geboten. Die Bundesregierung sah in ihrem Bericht vom 23.01.1990123 in einer Beschäftigung im Angestelltenverhältnis keine Diskriminierung: Das Beamten- und das Angestelltenverhältnis seien weitgehend als gleichwertig anzusehen. Diese Ansicht konnte sich auf einen Teil der Literatur stützen.124 Die Annahme, Beamten- und Angestelltenverhältnis seien gleichwertig, ignoriert indes die Rechtsprechung des EuGH. Dieser hatte bereits im Jahre 1986 entschieden, daß die Beschäftigung im Angestelltenverhältnis mit dem Beamtenstatus nicht gleichwertig sei.125 Bei einer Tätigkeit als Krankenpfleger oder Krankenschwester in öffentlichen Krankenhäusern in Frankreich ist danach eine Diskriminierung nur dann nicht gegeben, wenn die in privatrechtlicher Form eingestellten EU-Ausländer einer Regelung unterliegen, die - abgesehen von der Möglichkeit einer Beförderung auf Stellen in der öffentlichen Verwaltung i.S.d. Vertrages - Vergünstigungen und Garantien enthält, die in allen Punkten denen entsprechen, die sich aus dem den 120
Vgl. dazu oben Teil 2 D II und eingehend unten Teil 4 C I 6b) (1). Vgl. zur Erforderlichkeit unten Teil 4 C I 6b) (1). 122 Vgl. dazu unten Teil 3 IV 3d) (4). 123 BT-Drs. 11/6297, S. 9. 124 Vgl. etwa Schotten, Die Auswirkungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf den Zugang zum öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. 130ff.; Edelmann, Die europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 EWGV, S. 105 ff.; Kroppenstedt, in: Battis (Hrsg.), Europäischer Binnenmarkt und nationaler öffentlicher Dienst, S. 45, 55; so wohl auch Kreiner, RiA 1989, 141, 145. 125 Rs. 307/84 („Kommission ./. Frankreich"), Slg. 1986, 1725, 1739. 121
Β. Die Freizügigkeitsregelung
187
französischen Staatsangehörigen vorbehaltenen Beamtenverhältnis ergeben. Dagegen wurde zwar eingewandt, die französischen Angestellten seien gegenüber einem deutschen Bediensteten im Privatrechtsverhältnis erheblich schlechter gestellt. Der EuGH hat aber - gerade unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des Dienstverhältnisses - eine Gleichstellung in „allen Punkten" gefordert. Daß der Angestellte nach deutschem Recht insofern dem Beamten nicht völlig gleichgestellt ist, beweist schon die Tatsache, daß das Beamtenverhältnis Privilegien wie die Lebenszeitstellung oder die Altersabsicherung gegen eine nur geringe vorherige Zahlung einer Sozialabgabe enthält.126 Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Dienstverhältnisse der Beamten und der Angestellten hätten sich faktisch auf wesentlichen Gebieten einander angenähert.127 Denn zum einen besteht diese Annäherung eben nur „auf wesentlichen Gebieten" und nicht auf allen, zum anderen ist nicht vorrangig auf die faktische Situation abzustellen, sondern auf die Rechtslage. Daß diese für die Beamten anders ist als für die Angestellten ergibt sich schon aus Art. 33 Abs. 4 und 5 GG, der den Rechtsstatus des Beamten im Gegensatz zu dem des Angestellten verfassungsrechtlich garantiert. 128 Selbst wenn man in Hinblick auf die Entscheidung des EuGH im Fall „Sotgiu" - danach liegt eine diskriminierende Behandlung dann nicht vor, wenn ein Gesamtvergleich ergibt, daß die von der Freizügigkeitsgarantie profitierenden Personen gegenüber den Inländern insgesamt nicht benachteiligt sind - einen solchen Gesamtvergleich ausreichen ließe, würde dies am Ergebnis nichts ändern. Denn ob das Dienstverhältnis von Beamten und Angestellten „insgesamt" gleichwertig ist, ist eine nicht zu beantwortende Frage. Die Vergeblichkeit eines solchen Vorhabens zeigt die Vorgehensweise Schottens, der einem Beamten in Besoldungsgruppe A 8 mit einem in bezug auf die Vergütungsgruppe gleichwertigen Angestellten vergleicht und einen Netto-Mehrverdienst des Beamten von 446,40 DM ermittelt. Dem stellt er u. a. die erhöhte Pflichtenbindung des Beamten gegenüber, die sich etwa im Streikverbot und der erhöhten Treuepflicht zum Staat manifestiert. 129 Würde man Schottens Vorgehen konsequent zu Ende führen, 126 Vgl. dazu Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 130, der allerdings von einer beitragslosen Altersversorgung der Beamten ausgeht, weil bei Erscheinen seiner Arbeit im Jahre 1993 ein solcher Beitrag noch nicht erhoben wurde; vgl. zur durch Versorgungsreformgesetz 1998 eingeführten faktischen - Beitragspflicht der Beamten für die Altersversorgung oben Teil 2 C II 5 b) (2). 127 So etwa Avenarius, NVwZ 1988, 392f.; vgl. auch Hofmann, ZTR 1992, 54, 55 ff. 128 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 5 b) (2). 129 Schotten, Die Auswirkungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf den Zugang zum öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland, S. 133 ff. Die
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
müßte man alle „Nachteile" des Beamtenverhältnisses einzeln monetär bewerten, um festzustellen zu können, ob sie durch den Besoldungsvorteil von 446,40 DM zumindest im großen und ganzen ausgeglichen werden ein offensichtlich aussichtsloses Unterfangen. (c) Zwischenergebnis
Eine Beschäftigung von EU-Ausländern im Angestelltenverhältnis wäre schon deshalb unzulässig, weil sie als Durchbrechung von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG unverhältnismäßig wäre. Darüber hinaus würde die Beschäftigung von EU-Ausländern im Angestelltenverhältnis gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 39 [ex 48] Abs. 2 EGV verstoßen.130 (3) Die Schaffung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses besonderer Art Verschiedentlich wurde zur Lösung des Konflikts zwischen Gemeinschaftsrecht und nationaler Rechtsordnung die Schaffung eines öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses besonderer Art erwogen.131 Ein solches ist dem deutschen Recht auch nicht fremd, wie die Beispiele der Soldaten, Richter, Notare und Privatdozenten zeigen.132 Die Einführung eines solchen speziellen „EU-Ausländer-Dienstrechts" wäre aber eher Etiketten-Schwindel denn sinnvolle Reaktion auf die EuGH-Rechtsprechung. Denn immer wären die Vorgaben des Europarechts, insbesondere also das Diskriminierungsverbot des Art. 39 [ex 48] Abs. 2 EGV, zu beachten. Damit stünde der deutsche Gesetzgeber in der Pflicht, dieses Rechtsverhältnis in allen Punkten so auszugestalten wie dasjenige der Beamten, modifiziert lediglich durch einen Verzicht auf das Staatsangehörigkeitserfordernis. Insoweit wären die in Ungeeignetheit dieses Vorgehens resultiert im übrigen schon daraus, daß die Vergütungsvorteile des Beamten - wie Schotten selbst beweist - je nach Laufbahngruppe differieren, die Treuepflicht aber unabhängig von der Position des Beamten immer gleich hoch ist, vgl. dazu Maiwald, in: Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Ordner 2, Teil C, § 55 Rdnr. 9. 130 So auch die h.M.; vgl. stv. für viele Hillgruber, ZBR 1997, 1, 5; Schwidden, RiA 1996, 166, 172; Badura, Gutachten, S. 29; ders., Everling-FS, 33, 35 f.; Summer, ZBR 1993, 97; Weber/Eschmann, JuS 1992, 497 501; die Frage im Ergebnis offen lassend etwa Riotte/Fey, NWVB1. 1992, 7, 9; Becker, RiA 1991, 178, 181; Putzhammer, RdJB 1989, 157, 167; Avenarius, NVwZ 1988, 385, 392f. 131 Edelmann, Die Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 Abs. 4 EWGV, S. 112 f.; Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 131 f. 132 Edelmann (FN 131); vgl. dazu auch BVerwGE 49, 137, 142; eingehend zu beamtenähnlichen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des deutschen Rechts Pieck, DÖV 1966, 217ff.
Β. Die Freizügigkeitsregelung
189
diesem Rechtsverhältnis stehenden EU-Ausländer in Wirklichkeit Beamte, deren einziger Unterschied zum „Regel-Beamten" darin bestehen würde, daß sie keine Deutschen sind.133 Erwiese sich ein spezielles „EU-Ausländer-Dienstrecht" damit als inhaltsleer und nur als Scheinalternative zum Beamtenrecht, würde der Ertrag die Mühen der Schaffung eines solchen Rechtsverhältnisses nicht rechtfertigen: Dann liegt es näher, den „normalen" Beamtenstatus durch den Verzicht auf die deutsche Staatsangehörigkeit auch EU-Ausländern zu öffnen. 134 (4) Der Weg des Gesetzgebers: Öffnung des Beamtenverhältnisses für EU-Ausländer Der Gesetzgeber ist keinen der eingehend vorgestellten Lösungwege gegangen. Vielmehr hat er mit dem Zehnten Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 20.12.1993135 das Beamten Verhältnis auch für EU-Ausländer geöffnet. Im folgenden soll untersucht werden, inwieweit damit den europarechtlichen Vorgaben Genüge getan ist. (a) Der Hintergrund
und Verlauf
des Gesetzgebungsverfahrens
Die Rechtsprechung des EuGH brachte den deutschen Bundes- und Landesgesetzgeber in Zugzwang. Da nach geltendem Beamtenrecht die deutsche Staatsangehörigkeit Voraussetzung zur Berufung ins Beamtenverhältnis war, wovon gem. § 4 Abs. 1 Nr. 1 BRRG a. F, § 7 Abs. 1 Nr. 1 BBG a.F. 133
Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 131. Rieckhoff (FN 133), S. 131 f. sieht in der Einführung eines speziellen Rechtsverhältnisses für EU-Ausländer eine verfassungsrechtlich kaum vertretbare Inländerdiskriminierung. Das „Ausländer-Dienstrecht" müsse nämlich privatrechtlich ausgestaltet werden, weil es andernfalls dem beamtenrechtlichen besonderen Treueverhältnis gleichkäme, das der EU-Ausländer eben infolge seiner fehlenden Staatsangehörigkeit nicht erfüllen könne. Würde der EU-Ausländer aber im Angestelltenverhältnis in den Rechtsfolgen wie ein Beamter behandelt, bedeute das einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG. Der ein gleichwertiges Amt bekleidende deutsche Angestellte käme schließlich nicht in den Genuß der Beamtenprivilegien. Diese Argumentation kann aber nicht überzeugen und ist inkonsequent: Zum einen kann man auch von einem EU-Ausländer die spezifische Treuepflicht des Beamten verlangen (vgl. dazu Rieckhoff selbst, ebenda, S. 48 f.), zum anderen ist es nicht statthaft, auf der einen Seite zu behaupten, das „Ausländer-Dienstrecht" laufe „letztlich auf einen lediglich um den Staatsangehörigkeitsvorbehalt gekürzten Beamtenstatus hinaus, der den Namen , Beamtenrecht4 umgeht", auf der anderen Seite aber von einem lediglich privatrechtlichen Arbeitsverhältnis ohne besondere Treuepflicht auszugehen. Denn letzteres wäre dem deutschen Beamten Verhältnis wesensmäßig fremd. 135 BGBl. I S. 2136. 134
190
Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
nur bei Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses abgesehen werden konnte, bestand in Deutschland im Ergebnis eine Zugangsbeschränkung für EUAusländer, die Gemeinschaftsrecht widersprach. Die Bundesregierung sah das noch 1990 anders: Die nationale Rechtsordnung stehe mit dem Freizügigkeitsgebot weitgehend in Einklang, weil bei dringendem dienstlichen Bedürfnis auch Ausländer in das Beamtenverhältnis berufen werden könnten. Einer weitergehenden Öffnung bedürfe es schon deshalb nicht, weil EU-Staatsangehörige ohne weiteres als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst beschäftigt werden könnten. Eine unzulässige Diskriminierung sei damit nicht verbunden. Die beiden Statusverhältnisse seien in sozialer Hinsicht weitgehend als gleichwertig anzusehen.136 In diesem Zusammenhang nannte die Bundesregierung die Zahl von rund 11.000 EU-Staatsangehörigen, die allein in der Bundesverwaltung beschäftigt seien. Nachdem die EG-Kommission 1991 ein Vertrags verletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet hatte - vorausgegangen war eine 1988 von der Kommission initiierte systematische Aktion zur Aufhebung der Beschränkungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, die in den einzelnen Ländern Arbeitnehmern aus anderen Mitgliedstaaten den Zugang zur Beschäftigung in einigen Bereichen der öffentlichen Verwaltung untersagten 137 - , sah man Handlungsbedarf. Vom Innenausschuß ging in den laufenden Gesetzesberatungen zum „Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1991 (Bundesbesoldungs- und -Versorgungsanpassungsgesetz 1991)"138 eine Initiative zur Öffnung des deutschen Berufsbeamtentums für EU-Staatsangehörige aus. Danach sollten in das Beamtenverhältnis nicht nur Deutsche i.S.d. Art. 116 GG berufen werden können, sondern auch Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften. Eine Beschränkung auf Deutsche war aber vorgesehen, „wenn die Aufgaben es erfordern". 139 Nach Ansicht des Bundesrates war dieser Vorschlag nicht nur zu unpräzise. Er wandte sich auch gegen die Eile des Verfahrens, durch die eine Abstimmung zwischen Bund und Ländern und den Gewerkschaften verhindert worden sei. 140 Da sich der Vermittlungsausschuß in dieser Sache nicht einigen konnte, wurde das Gesetz ohne die Neuregelung erlassen.141
136
Vgl. dazu oben Teil 3 Β IV 3d) (2). ABl. Nr. C 72 vom 18.03.1988, S. 2ff.; vgl. dazu eingehend Hochbaum, ZBR 1989, 33 ff. 138 Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1991 (Bundesbesoldungs- und -Versorgungsanpassungsgesetz 1991 - BBVAnpG 91) vom 12.06.1991, BT-Drs. 12/732. 139 Siehe Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses vom 04.11.1991, BT-Drs. 12/1455, S. 25. 140 Anrufung des Vermittlungsausschusses, BT-Drs. 12/1693, S. 3. 137
Β. Die Freizügigkeitsregelung
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Im Hinblick auf das von der Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren 142, legte die Bundesregierung schließlich am 14.08.1992 den Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften" vor. Das Gesetz wurde am 11.11.1993 verabschiedet und trat am 24.12.1993 in Kraft. 143 (b) Das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens
Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 BRRG n.F., § 7 Abs. 1 Nr. 1 BBG n.F. können Deutsche i.S.d. Art. 116 GG sowie Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften zu Beamten ernannt werden. Nach § 4 Abs. 2 BRRG, § 7 Abs. 2 BBG n.F. darf aber dann, wenn die Aufgaben es erfordern, auch weiterhin „nur ein Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes in ein Beamtenverhältnis berufen werden (Art. 48 Abs. 4 EGV)." Durch den Klammerzusatz hat es der Gesetzgeber vermieden, sich auf bestimmte von Deutschen zu besetzende Ämter festzulegen. Damit können § 4 Abs. 2 BRRG, § 7 Abs. 2 BBG in ihrer konkreten Anwendung an die weitere Entwicklung des Gemeinschaftsrechts angepaßt werden.144 Gleichzeitig macht der Rekurs auf Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV deutlich, daß der Bundesgesetzgeber diesen gemeinschaftsrechlichen Vorbehalt in Anspruch nimmt und das Erfordernis der Staatsangehörigkeit nur insoweit aufgeben will, als dies europarechtlich zwingend geboten ist. 145 Da Art. 39 [ex 48] Abs. 2 EGV nicht nur offenkundige Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch mittelbare Diskriminierungen verbietet, mußten auch die nationalen Kriterien der beruflichen Qualifikation überdacht werden. War bisher die Zulassung zu den Laufbahnen (vgl. § 13 Abs. 1 BRRG) an innerstaatliche Bildungsgänge und -abschlüsse gekoppelt, ermöglichte der Bundesgesetzgeber den Zugang zum Beamtenverhältnis nun auch durch den Nachweis einer im Ausland erworbenen gleichwertigen Qualifikation. Nach § 14 c BRRG, § 20 a BBG kann die Laufbahnbefähigung auch aufgrund der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, erworben werden. Voraussetzungen für 141
Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1991 (Bundesbesoldungs- und -Versorgungsanpassungsgesetz 1991 BBVAnpG 91) vom 21.02.1992, BGBl. I S. 266. 142 Schotten, DVB1. 1994, 567, 568. 143 BGBl. I S. 2136. 144 Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 12/ 3791, S. 7 f. 145 Hillgruber, ZBR 1997, 1, 5.
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
die Zulassung zur Laufbahn sind aber die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift. 146 Auch EU-Ausländer müssen gem. § 40 Abs. 1 BRRG bei Berufung in des Beamtenverhältnis einen Diensteid leisten, der eine Verpflichtung auf das Grundgesetz enthält. (c) Die Bewertung der Maßnahmen des deutschen Gesetzgebers
Mit dem Erlaß des Zehnten Dienstrechtsänderungsgesetzes glaubte der Gesetzgeber, den europarechtlichen Vorgaben Genüge getan zu haben. Zu prüfen bleibt, ob die darin ergriffenen Maßnahmen zur Gewährleistung der Freizügigkeit ausreichen, oder ob nicht noch weitere Anstrengungen unternommen werden müssen. Würden die Regelungen des Zehnten Dienstrechtsänderungsgesetzes nicht genügen und könnten diese auch nicht so ergänzt werden, daß sie den europarechtlichen Vorgaben entsprechen, müßte eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG erwogen werden. (aa) Das Staatsangehörigkeitserfordernis und Art. 33 Abs. 5 GG Der Verzicht auf die deutsche Staatsangehörigkeit als Ernennungsvoraussetzung könnte gegen Art. 33 Abs. 5 GG verstoßen, wenn darin ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums zu sehen wäre. 147 Dazu müßte die deutsche Staatsangehörigkeit als Ernennungsvoraussetzung mindestens unter der Weimarer Reichsverfassung als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sein.148 Zur Beantwortung der Frage, ob das Erfordernis der Staatsangehörigkeit mindestens seit Weimarer Zeit als verbindlich anerkannt und gewahrt worden ist, ist ein historischer Abriß nötig: Bereits im Reichsbeamtengesetz von 1873 149 bestimmte § 1, daß Reichsbeamter jeder Beamte sei, der entweder vom Kaiser angestellt oder nach Vorschrift der Reichsverfassung den 146 Die Forderung nach ausreichenden Sprachkenntnissen ist nach Art. 3 Abs. 1 der VO 1612/68, ABl. L 257 (1968), S. 3 zulässig; vgl. dazu auch Rösing, Beamtenstatut und Europäische Gemeinschaften, S. 334 m.w.Nachw. 147 Einen hergebrachten Grundsatz bejahend etwa Hillgruber, ZBR 1997, 1, 5; Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 44ff.; Loschelder, ZBR 1991, 102, 105ff.; a.A. Edelmann, Die Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 EWGV, S. 94ff.; ders., DÖD 1993, 56ff.; Summer, ZBR 1993, 97, 104. 148 Vgl. zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums oben Teil 2 C II 5b) (1) und BVerfGE 8, 332, 343; 15, 167, 195f.; 38, 1, 12; 46, 97, 117; 58, 68, 76f.; 62, 374, 383; 64, 232, 351; 83, 89, 98. 149 Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31.03.1873, RGBl. S. 61.
Β. Die Freizügigkeitsregelung
193
Anordnungen des Kaisers Folge zu leisten hatte. Die deutsche Staatsangehörigkeit war damit nicht Ernennungsvoraussetzung. Daß auch Nichtdeutsche Beamte werden konnten, belegt der Standardkommentar150 von Artur Brand zum Reichsbeamtengesetz. Zu § 19 Abs. 1 Satz 2 RGB, der das Rechtsverhältnis von Reichsbeamten regelte, deren Wohnort sich außerhalb der Bundesstaaten befindet, heißt es dort: „Hat der Beamte keinen deutschen Heimatstaat, d.h. fehlt ihm die Reichsangehörigkeit, so kommt nicht etwa das Recht seines außerdeutschen Heimatstaates, sondern stets das preußische Recht zur Anwendung."151 Auch während der Weimarer Republik war die deutsche Staatsangehörigkeit nicht ErnennungsVoraussetzung: Zwar räumte Art. 128 Abs. 1 WRV nur Staatsangehörigen Gleichheit beim Zugang zu den öffentlichen Ämtern ein. Damit hatten aber Ausländer nur keinen Anspruch auf gleichmäßige Berücksichtigung, ein Zugangshindernis für Ausländer zum Beamtenverhältnis war mit Art. 128 Abs. 1 WRV nicht verbunden.152 Andererseits war in der Weimarer Republik der Zugang von Ausländern zu bestimmten Ämtern von einer Genehmigung abhängig zum Referendariat etwa die der Staatsregierung, zu Bürostellungen die des Fachministers.153 Auch erwarb der Beamte in der Zeit zwischen 1870 und 1945 die deutsche Staatsangehörigkeit i.d.R. durch die Beamtenernennung. Allerdings konnte in die Anstellungsurkunde ein Vorbehalt aufgenommen werden, der diese Rechtswirkung ausschloß.154 Die geschilderte Entwicklung kann nicht zu der Annahme führen, in der Weimarer Zeit oder früher sei ein allgemeiner Grundsatz der Art als verbindlich anerkannt und gewahrt worden, Einstellungsvoraussetzung für das Beamtenverhältnis sei die deutsche Staatsangehörigkeit. Denn es ist etwas anderes, ob man nach der Beamtenernennung die Staatsangehörigkeit erwirbt (diese Folge aber durch einen entsprechenden Vorbehalt vermeiden kann), oder ob schon ein Zugang zum Beamtenverhältnis ohne die entsprechende Staatsangehörigkeit nicht möglich ist. Insoweit ist lediglich eine Tendenz festzustellen, wonach Beamte Deutsche sein oder werden sollten. Einen Grundsatz, nur Deutsche zu ernennen, kannte man nicht. Erst im Jahre 1937 machte der nationalsozialistische Gesetzgeber die Reichbürgerschaft und damit die deutsche Staatsangehörigkeit in § 26 Abs. 1 Nr. 1 des Deutschen Beamtengesetzes (DBG) zur Ernennungsvoraussetzung.155 Daß 150
So Summer, ZBR 1993, 97, 99. Brand, Das Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873, S. 57. 152 Brand, Das Beamtenrecht, § 21 Anm. 1, 6. 153 Brand (FN 152), Anm. 6 m.w.Nachw. 154 Brand (FN 152), Anm. 7. 155 RGBl. I S. 39. Reichsbürger i.S.d. Art. 26 Abs. 1 Satz 1 waren nach § 1 Abs. 1 der ersten Ausführungsverordnung vom 04.11.1935 (RGBl. I S. 1333) zum Reichsbürgergesetz vom 15.09.1935 (RGBl. I S. 1146) die Staatsangehörigen deut151
13 Strauß
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Teil 3: Das Recht der Europäischen Union
die deutsche Staatsangehörigkeit in der Weimarer Republik nicht wesensnotwendig mit der Beamteneigenschaft verbunden war, zeigt im übrigen die Tatsache, daß der Verlust der Staatsangehörigkeit nicht zwangsläufig auch den Verlust der Beamteneigenschaft nach sich zog. 1 5 6 Das Erfordernis der deutschen Staatsangehörigkeit für die Ernennung zum Beamten ist damit kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums i.S.v. Art. 33 Abs. 5 G G 1 5 7 , weil es bereits an der zeitlichen Komponente der Anerkennung und Wahrung während eines traditionsbildenden Zeitraums fehlt. 158
sehen oder artverwandten Blutes. Selbst wenn man entgegen der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts auch das Beamtengesetz von 1937 zum verwertbaren Traditionszeitraum zählen wollte (so etwa Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rdnr. 55), kann man Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 DBG nicht als Argument für den Charakter der Staatsangehörigkeit als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums benutzen. Denn Inhalte dieses Gesetzes mit nationalsozialistischem Gedankengut können auch nach dieser Meinung nicht berücksichtigt werden. Daß Juden trotz ihrer deutschen Staatsangehörigkeit nicht zu Beamten ernannt werden konnten, weil sie nicht „deutschen oder artverwandten" Blutes waren, zeigt, daß in Wirklichkeit nicht auf die Staatsangehörigkeit, sondern auf die Zugehörigkeit zu - angeblichen - Rassen abgestellt wurde; vgl. dazu auch Edelmann, Die Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 EWGV, S. 99; dazu, daß auch schon vor 1933 das Erfordernis der Staatsangehörigkeit von einem Freund-Feind-Denken beherrscht war, das als Inhalt nicht in das vom Grundgedanken der Völkerverständigung getragene Grundgesetz Eingang finden konnte, Summer, ZBR 1993, 97, 103. 156 Brand, Das Beamtengesetz, § 21 Anm. 8. 157 Selbst wenn man aber das Erfordernis der deutschen Staatsangehörigkeit als hergebrachten Grundsatz sehen wollte, wäre die Ausdehnung auf Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der EU kein Bruch, sondern eine zulässige Fortentwicklung, vgl. dazu etwa, Zängl, in: GKÖD, Κ § 7 Rdnr. 7 lit. b); Edelmann, Die Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 EWGV, S. 103 f.; Eschmann, Die Freizügigkeit der EG-Bürger und der Zugang zur öffentlichen Verwaltung, S. 124 ff. 158 So auch Merten, in: Merten/Pitschas/Niedobitek, Neue Tendenzen im öffentlichen Dienst, S. 1, 7 f.; ders, in: Magiera/Siedentopf, Recht des öffentlichen Dienstes, S. 181, 191 f.; Edelmann (FN 157), S. 103; Eschmann (FN 157), S. 123; Müssig/Pohl, RiA 1992, 53, 60; Becker, RiA 1991, S. 178, 181, der davon spricht, es sei „allgemein anerkannt", daß der Staatsangehörigkeitsvorbehalt nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählt; ebenso Everling, DVB1. 1990, 225, 230f.; ders., in: Battis (Hrsg.), Europäischer Binnenmarkt, S. 23, 43; Battis, PersV 1990, 193, 198 f., der darauf hinweist, daß bei einem anderen Ergebnis der Österreicher Adolf Hitler 1932 nicht in ein deutsches Beamtenverhältnis hätte berufen werden können; vgl. auch Summer, ZBR 1993, 97, 99ff.; a.A. Loschelder, ZBR 1991, 102, lOff.; Home, Der Vorbehalt des Art. 48 Abs. 4 EWGV, S. 181 ff.; Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 42.
C. Ergebnis
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(bb) Die Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat »jeder Deutsche ... nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte." Damit ist keine Zugangsbeschränkung für EU-Ausländer zum deutschen Beamtenverhältnis verbunden.159 Art. 33 Abs. 2 GG will jedem Deutschen das angestrebte Amt in gleicher Weise öffnen, ob auch Ausländer derartige Ämter besetzen können, ist nicht Gegenstand der Bestimmung. Sie äußert sich dazu weder positiv noch negativ. Art. 33 Abs. 2 GG enthält damit kein Verbot der Amtsverleihung an EU-Ausländer.160 Eine Kollision mit dem europarechtlichen Gebot der Freizügigkeit liegt nicht vor. 161
C. Ergebnis Die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 39 [ex 48] EGV zwingt nicht zu einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG. Der vom deutschen Gesetzgeber eingeschlagene Weg, den Zugang zum Beamtenverhältnis auch für Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten zu öffnen, reicht aus, um die Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der EU zu gewährleisten und verstößt weder gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums in Art. 33 Abs. 5 GG noch gegen Art. 33 Abs. 2. GG. 1 6 2
159
Zur Unmöglichkeit einer Auslegung von Art. 33 Abs. 2 GG dahingehend, daß nur Deutschen Ämter verliehen werden dürfen, vgl. Summer (FN 158), 104f. 160 Stv. für viele Zängl, in: GKÖD, Κ § 7, Rdnr. 7 lit. c); ders., in: Weiß/Niedermaier, BayBG, Art. 9 Anm. 5 lit. b); Hillgruber, ZBR 1997, 1, 6 f. Fischer, RiA 1995, 105, 109; Eschmann, Die Freizügigkeit der EG-Bürger und der Zugang zur öffentlichen Verwaltung, S. 119. 161 Dagegen wurde von Schotten, DVB1. 1994, 567, 572 eingewandt, in der fehlenden Möglichkeit des EU-Ausländers, eine auf Art. 33 Abs. 2 GG basierende Verfassungsbeschwerde einzulegen, liege eine Diskriminierung, so daß Art. 33 Abs. 2 GG zu ändern sei. Gemeinschaftsrecht gebietet indessen nicht, den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten einen mit der Verfassungsbeschwerde durchsetzbaren verfassungsrechtlichen Zugangsanspruch zu gewähren, vgl. dazu näher Hillgruber, ZBR 1997, 1, 6f.; Platz, EWG-Niederlassungsrecht und individuelle Rechtspositionen, S. 118 f. 162 Dazu, daß die Verbeamtung eines EU-Ausländers auch nicht am hergebrachten Grundsatz der Pflicht zur Verfassungstreue (vgl. dazu eingehend BVerfGE 39, 334, 346 ff.) scheitern kann, Rieckhoff, Die Entwicklung des Berufsbeamtentums in Europa, S. 48 f. 13*
Teil 4
Art. 33 Abs. 4 G G und die Privatisierung von Staatsaufgaben A. Die Problemstellung Über Jahrzehnte hinweg hat der moderne Verfassungsstaat sein Tätigkeitsfeld erweitert und immer mehr Kompetenzen an sich gezogen.1 Diese Entwicklung hat sich mittlerweile umgekehrt, der so entstandene interventionistische Wohlfahrtsstaat2 ist auf dem Rückmarsch. War schon in den 70er Jahren von der beherrschenden Stellung der Themen Privatisierung und Entstaatlichung öffentlicher Dienstleistungen in verwaltungswissenschaftlichen Analysen gesprochen worden3, ist mittlerweile eine Dynamik eingetreten, die die Privatisierung von öffentlichen Aufgaben als das zentrale Gegenwartsproblem der Verwaltung erscheinen läßt.4 Dabei entsteht zuweilen der Eindruck, als hätte „die Wissenschaft vom Staats- und Verwaltungsrecht ... untätig oder doch zu leise am Ufer gestanden und die Dynamik des Stroms unterschätzt."5 Vor diesem Hintergrund erlangt Art. 33 Abs. 4 GG insoweit aktuelle Bedeutung, als er sich als verfassungsrechtliche Grenze der Privatisierung von Staatsaufgaben erweisen könnte. Um dies zu klären, soll zunächst auf die unterschiedlichen Formen der Privatisierung eingegangen werden, um anknüpfend hieran die etwaige Sperrwirkung von Art. 33 Abs. 4 GG zu hinterfragen. Schließlich sollen aktuelle Privatisierungstendenzen anhand der gefunden Vorgaben beurteilt werden.
B. Die Formen der Privatisierung I. Die Notwendigkeit der Begriffsklärung Vor einer näheren Betrachtung des Untersuchungsgegenstandes erscheint es sinnvoll, den Begriff der „Privatisierung" zu klären. Dieser ist nämlich 1 2 3 4 5
Kämmerer, JZ 1996, 1042. Benz, Die Verwaltung 28 (1995), 337, 339. Tiemann, Der Staat 16 (1977), 171. Osterloh, VVDStRL 54 (1995), S. 204, 206. Osterloh (FN 4).
Β. Die Formen der Privatisierung
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keineswegs so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Privatisierung liegt nicht nur vor bei der Überführung bislang staatlich wahrgenommener öffentlicher Aufgaben in die Hände von Privatunternehmen, deren Handlungsmaxime der privatwirtschaftliche Zweck der Gewinnerzielung bildet. Dies ist zwar der Regelfall der sog. „echten" oder „materiellen" Privatisierung. Der Begriff der Privatisierung wird in der Wissenschaft aber auch für Erscheinungsformen staatlichen Handelns in Anspruch genommen, die dieser landläufigen Vorstellung zuwiderlaufen. 6 Der folgenden Darstellung wird die vom neueren Schrifttum 7 verwendete Systematik zugrunde gelegt. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß es einen einheitlichen Privatisierungsbegriff nicht gibt.8
II. Die formelle Privatisierung Die auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene praktizierte formelle bzw. Organisationsprivatisierung bezieht sich lediglich auf die Organisation der staatlichen Aufgabenwahrnehmung. Der Staat entledigt sich also nicht seiner Aufgaben, sondern erledigt sie in privatrechtlicher Form durch die Gründung einer Eigengesellschaft. Rechtsträger, Aufgabenträger und staatlich-öffentliche Verantwortung bleiben gleich.9 Organisationsprivatisierung liegt etwa vor, wenn auf Gemeindeebene Aufgaben der Daseinsvorsorge von privaten Rechtssubjekten erledigt werden, die in Form einer von der Gemeinde beherrschten GmbH oder AG organisiert sind.
III. Die funktionale Privatisierung Die sog. funktionale Privatisierung hat mit der organisationsrechtlichen Privatisierung gemeinsam, daß sich weder Aufgabenzuständigkeit noch 6
Krölls, GewArch 1995, 129, 130. Vgl. z.B. Kutscha, NJ 1997, 393; Schuppert, Staatswissenschaften und Staatspraxis 1994, 54, 543; Schoch, DVB1. 1994, 962; 963 f.; ders., DÖV 1993, 377, 378; Bolsenkötter, DB 1993, 445. 8 Kutscha (FN 7); Schoch (FN 7), 962. Eine z.T. andere Klassifizierung findet sich etwa im neunten Hauptgutachten der Monopolkommission 1990/1991, BTDrucks. 12/3031, Tz. 44; vgl. zu den Formen der Privatisierung auch Röhl, Privatisierung öffentlicher Leistungen, S. 10ff; Gromoll, Rechtliche Grenzen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben untersucht am Beispiel kommunaler Dienstleistungen, S. 141 ff.; Deutscher Städtetag, Möglichkeiten und Grenzen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, S. 9; ÖTV, Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, S. 16 f. Die folgende Systematisierung folgt im wesentlichen der Zusammenstellung Schochs, ebenda, 962 f. 9 Schoch (FN 7), 962; vgl. auch Isensee, ZBR 1998, 295, 303; Scholz/Aulehner, ArchPT 1993, 5, 20. 7
198
Teil 4: Privatisierung von Staatsaufgaben
Aufgabenverantwortung ändern. Sie verbleiben bei der öffentlichen Hand. Während sich aber bei der Organisationsprivatisierung der Staat eines privaten, von ihm selbst errichteten und unter seiner Kontrolle stehenden privaten Rechtsträgers bedient, also lediglich die Rechtsform des Verwaltungshandelns wechselt, überträgt er im Fall der funktionalen Privatisierung die Wahrnehmung der Aufgaben auf ein „echtes" Privatrechtssubjekt.10 Dabei kann es sich um einen Verwaltungshelfer oder Beliehenen handeln. Funktionale Privatisierung durch den Einsatz eines Verwaltungshelfers liegt etwa vor, wenn die Polizei private Abschleppunternehmen beauftragt, verunglückte Fahrzeuge zu bergen.11 Beispiel für eine funktionale Privatisierung durch Beleihung ist die durch das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz (FStrPrivFinG) 12 vom 30.8.1994 eröffnete Möglichkeit, Bau, Unterhaltung und Betrieb von Bundesfernstraßen auf Private zu übertragen, wofür diesen als Gegenleistung gem. § 2 FstrPrivFinG das Recht zur Erhebung von Mautgebühren eingeräumt wird. 13
IV. Die Vermögensprivatisierung Im Rahmen der Vermögensprivatisierung wird Eigentum der öffentlichen Hand auf Private übertragen. Dies betrifft neben Liegenschaften besonders auch die Wirtschaftsunternehmen. 14 Der Bund hat im Zeitraum von 1982 bis Anfang 1994 einschließlich seiner Sondervermögen Beteiligungen für 11,6 Milliarden DM privatisiert. Die Bundesbeteiligungen sanken von 958 auf unter 400. 15 Beispiele sind etwa die Veräußerungen der Industriekonzerne Veba, Viag, Volkswagen und Salzgitter.
10
Vgl. zu diesem Kennzeichen der funktionalen Privatisierung Krölls, GewArch 1995, 129, 138 FN 69. 11 Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 166. 12 BGBl. I S. 2243; vgl. dazu Reidt, NVwZ 1996, 1156; Steiner, NJW 1994, 3150; kritisch Schmidt, NVwZ 1995, 38. 13 Schoch, DVB1. 1994, 962, 974 nennt den Betrieb einer Verkehrsanlage durch den privaten Investor des Projekts gegen eine finanzielle Gegenleistung der Benutzer als Beispiel der funktionalen Privatisierung. Zur funktionalen Privatisierung neigend auch Reidt (FN 12), 1157, der aber darauf hinweist, daß sich die typisierten Modelle der Privatisierung in der Realität vielfach überschneiden und Grauzonen aufweisen. 14 Schoch (FN 13), 962. 15 Bericht der Bundesregierung zur Verringerung von Beteiligungen und Liegenschaften des Bundes vom 25.02.1994, BT-Drucks. 12/6889, S. 1.
C. Art. 33 Abs. 4 GG als Privatisierungsgrenze
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V. Die materielle Privatisierung Im Zuge einer materiellen Privatisierung gibt der Staat ursprünglich von ihm erledigte Aufgaben ab, er entledigt sich dieser Aufgaben vollends. Die öffentliche Hand verzichtet auf weiteres Tätigwerden, sie überläßt es den am Markt Agierenden, ob und wenn ja wie eine vormals staatliche Aufgabe erfüllt wird. 16
C. Art. 33 Abs. 4 GG als Privatisierungsgrenze I. Art. 33 Abs. 4 GG als staatlicher Funktionsvorbehalt 1. Die materielle Privatisierung Wäre der Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG eng auszulegen, verlöre die Frage nach der Wirkung dieser Vorschrift als (materielle) Privatisierungsgrenze an Brisanz: Bei einer Beschränkung der Reichweite des Funktionsvorbehalts auf die unverzichtbaren Staatsaufgaben, in deren Rahmen der Staat ein Wahrnehmungsmonopol beansprucht17, käme Art. 33 Abs. 4 GG kein eigenständiger Gehalt mehr zu. Diese „klassischen"18 Staatsaufgaben sind dem Staat durch das Grundgesetz zur Erfüllung zugewiesen und schon deswegen nicht privatisierbar. 19 Dies gilt etwa für die Selbstorganisation (Art. 20, 38 GG), den Selbstschutz des Staates im Innern (Art. 73 Nr. 10 GG), den Selbstschutz nach außen (Art. 73 Nr. 1, Art. 87 a, 17 a, 53 a, 80 a, 115 a ff. GG), die Außenvertretung (Art. 73 Nr. 1) und das Währungs-, Maß- und Gewichtswesen (Art. 73 Nr. 4 GG). 20 Nach der hier vertretenen Ansicht kommt es aber für die Bestimmung der hoheitsrechtlichen Befugnisse entscheidend auf die Grundrechtsrelevanz staatlichen Handelns an. Da grundrechtsrelevant nicht nur Maßnahmen auf dem Feld der unverzichtbaren Staatsaufgaben sein können, verbietet sich eine Beschränkung des Funktionsvorbehalts auf diesen Bereich. 16
Vgl. dazu Peine, DÖV 1997, 353, 354; Schoch, DVB1. 1994, 962. Vgl. dazu AK-Schuppert, GG, Art. 33 Abs. 4, 5 Rdnr. 36; Isensee, Beamtenstreik, S. 84 ff. 18 Diesen Begriff benutzt Peine, Die Verwaltung 17 (1984), 415, 437. 19 Schmidt, Lerche-FS, 965, 977; Peine (FN 18), der folgerichtig zum Ergebnis, daß Art. 33 Abs. 4 GG in der Privatisierungsdebatte überhaupt keine (eigenständige) Rolle spielt, weil er die Reichweite der hoheitsrechtlichen Befugnisse auf diese „klassischen" Staatsaufgaben beschränkt. 20 Aufzählung nach Peine (FN 18), FN 51. 17
200
Teil 4: Privatisierung von Staatsaufgaben
Zu fragen ist also, inwieweit Art. 33 Abs. 4 GG eine materielle Privatisierungsgrenze bildet. Nach dem Wortlaut des Art. 33 Abs. 4 GG betrifft die Vorschrift die Personalstruktur im öffentlichen Dienst. Insofern wird z.T. die Ansicht vertreten, der Funktionsvorbehalt treffe lediglich Aussagen zum Verhältnis zwischen Beamten und Angestellten bzw. Arbeitern. Für die Frage, welche Aufgaben der Staat wahrnehmen muß, lasse sich die Bestimmung nicht nutzbar machen. Art. 33 Abs. 4 GG begründe keinen „funktionellen Staatsvorbehalt".21 Die Sichtweise der Vorschrift als bloße innerstaatliche Funktionsverteilungsdirektive ist nicht die einzig mögliche. Wenn schon privatrechtlich tätige Bedienstete derartige Verwaltungsaufgaben nicht wahrnehmen dürfen, könnte man daraus schließen, daß dies erst recht für die Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnisse auf Private gelten müsse.22 Die Verfassung ginge damit mittelbar selbst davon aus, daß der vom Funktionsvorbehalt erfaßte Aufgabenkreis vom Staat selbst, also in staatlicher und nicht in privater Zuständigkeit erfüllt werden müsse.23 Die Möglichkeit, Beamte zu ernennen, setzt nämlich eine öffentlich-rechtliche Rechtsform des Dienstherrn voraus. Für die Auslegung von Art. 33 Abs. 4 GG als bloße innerstaatliche Funktionsverteilungsdirektive ist der Wortlaut wenig ergiebig. Einerseits spricht Art. 33 Abs. 4 GG nicht explizit von der Aufgabenverteilung zwischen Staat und Privaten, anderereits läßt sich eine Beschränkung des Regelungsinhalts der Vorschrift auf den Umfang der von Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes wahrzunehmenden Aufgaben dem Wortlaut nicht entnehmen. Aus der Systematik des Gesetzes ergibt sich, daß Art. 33 Abs. 4 GG im Zusammenhang mit Abs. 5 zu sehen ist und Abs. 4 das „Ob", Abs. 5 das „Wie" des Berufsbeamtentums regelt.24 Mit der Übertragung von Hoheitsbefugnissen auf Private bestehen insofern keine Berührungspunkte. Der Entstehungsgeschichte läßt sich ebenfalls kein Argument für diese Ansicht entnehmen. Vielmehr war im Parlamentarischen Rat in bezug auf Art. 33 Abs. 4 GG von Privatisierung nie die Rede, diesbezügliche Probleme spielten keine Rolle 2 5 Sinn und Zweck der Bestimmung sind die 21 So zuletzt Scholz, NJW 1997, 14, 15; vgl. auch ders., Friauf-FS, S. 446f.; Reinhardt, AöR 118 (1993), 617, 620ff.; von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 22ff.; Ossenbühl, VVDStRL 29 (1970), S. 137, 161 f. 22 Vgl. zu diesem Erst-recht-Schluß Krölls, NVwZ 1999, 233, 235; ders., GewArch 1997, 445, 451; Lecheler, ZBR 1980, 69, 71; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 260. 23 So ausdrücklich Lecheler (FN 22), 70 f. 24 Siehe dazu schon oben Teil 2 C II 4 a) (2). 25 Vgl. dazu JÖR, N.F., Bd. 1, S. 314 ff.
C. Art. 33 Abs. 4 GG als Privatisierungsgrenze
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Garantie eines substantiell bedeutsamen Tätigkeitsbereichs für das Berufsbeamtentums sowie die Gewährleistung des Gesetzmäßigkeit der Verwaltung mittels entsprechend qualifizierten Personals.26 Die Garantiefunktion der Vorschrift spricht dafür, Art. 33 Abs. 4 GG im Rahmen der materiellen Privatisierung lediglich für die klassischen Staatsaufgaben Bedeutung zuzumessen: Das Berufsbeamtentum ist nur dann gewährleistet, wenn den Beamten auch ein entsprechender substantieller Tätigkeitsbereich verbleibt. Ein solcher ist schon dann garantiert, wenn dem Staat eine Essentiale an Staatsaufgaben obliegt. Die klassischen Staatsaufgaben würden insofern ausreichen. Die Gewährleistung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung durch das Berufsbeamtentum steht einer darüber hinaus gehenden materiellen Privatisierung nicht entgegen: Wo der Staat sich einer Aufgabe völlig entledigt, „verwaltet" er eben nicht mehr und bedarf insofern auch keines entsprechend qualifizierten Personals. Dieses Ergebnis deckt sich mit der Erkenntnis, daß es angesichts des Fehlens eines abgeschlossenen Kanons von Staatsaufgaben dem Staat selbst vorbehalten bleiben muß, welche Aufgaben er ganz an sich zieht, welche er mit Privaten zusammen erledigt und welche er diesen ganz überläßt.27 Die Allzuständigkeit und die Fähigkeit, seinen Wirkungskreis selbst zu definieren und seine Aufgaben selbst zu wählen, sind Grundeigenschaften des modernen Staates.28 Wäre der oben dargestellte Erst-recht-Schluß richtig,würde man einer „Versteinerung" der staatlichen Aufgaben das Wort reden. Denn in dem Augenblick, in dem der Staat eine Aufgabe zu seiner eigenen gemacht hat, müßte er diese ständig in eigener Regie weiterführen, und zwar auch dann, wenn sich schon längst gezeigt hat, daß die Aufgabenerfüllung durch den Staat nicht mehr sachgerecht ist. Welche Aufgaben solche des Staates sind, und welche Funktionen der Gesellschaft überlassen bleiben dürfen, wird in Art. 33 Abs. 4 GG nicht geregelt, sondern vorausgesetzt.29 Art. 33 Abs. 4 GG knüpft damit an die herkömmliche Einteilung der Staatstätigkeit an, sagt aber nichts darüber aus, wie weit der Aufgabenbereich des Staates auszudehnen ist.30
26
Vgl. dazu oben Teil 2 C II 5 a) und b) (3) (b). Eine Aufgabe wird dann zur staatlichen, wenn sie der Staat nach der jeweils geltenden Verfassungsordnung zulässigerweise für sich in Anspruch nimmt, vgl. dazu von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 15; Ossenbühl, VVDStRL 29 (1970), S. 137, 153; Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 759ff. 28 Scholz/Aulehner, ArchPT 1993, 5, 21; Isensee, HStR III, § 57 Rdnr. 156 ff. 29 Waechter, NZV 1997, 329 im Anschluß an Scholz, NJW 1997, 14, 15. 30 Leisner, DVB1. 1978, 733, 734; Art. 33 Abs. 4 GG im Rahmen der materiellen Privatisierung ebenfalls keine Relevanz zumessend Scholz, Friauf-FS, S. 439, 446. 27
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Teil 4: Privatisierung von Staatsaufgaben
2. Die funktionale Privatisierung Art. 33 Abs. 4 GG kann einer materiellen Privatisierung nicht entgegenstehen, weil andernfalls die Fähigkeit des Staates, jederzeit seinen eigenen Wirkungskreis zu definieren und seine Aufgaben zu wählen, beeinträchtigt wäre. Dieser Gedanke spielt bei der formalen Privatisierung keine Rolle. Die Aufgabe selbst bleibt unabhängig von der Tatsache, daß sie von einem Privaten erfüllt wird, im Verantwortungsbereich der öffentlichen Hand. Ist die Aufgabe aber weiterhin eine solche des Staates, so muß sie dann, wenn ihre Erledigung mit der Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse verbunden ist, gem. Art. 33 Abs. 4 GG von Beamten wahrgenommen werden. Damit könnte zugleich gesagt sein, daß sie nicht auf Private übertragen werden kann. Wenn nämlich schon Angestellte und Arbeiter, die im öffentlichen Dienst stehen, diese Aufgaben nicht erfüllen dürfen, so muß dies erst recht für Private gelten. Dieser Erst-recht-Schluß ist aber nur dann berechtigt, wenn der Schutzzweck des Art. 33 Abs. 4 GG durch die Übertragung von hoheitsrechtlichen Befugnissen auf Private ebenso beeinträchtigt würde wie durch eine entsprechende Aufgabenverlagerung auf Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes. Damit ist zunächst der Schutzzweck von Art. 33 Abs. 4 GG in bezug auf die funktionale Privatisierung zu überprüfen. 31 a) Der institutionelle
Charakter des Funktionsvorbehalts
Der Zweck des Art. 33 Abs. 4 GG, dem Beamtentum einen substantiell bedeutsamen Tätigkeitsbereich zu erhalten, wird bei der Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnisse auf Private ebenso beeinträchtigt wie bei einer Betrauung von Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes mit entsprechenden Aufgaben. Das Ergebnis ist in beiden Fällen dasselbe: Vom Grundgesetz den Beamten vorbehaltene Aufgaben werden von NichtBeamten erfüllt. Der Beamte wird damit aus einem ihm vom Grundgesetz zugewiesenen Tätigkeitsbereich verdrängt, was zu einer Gefährdung des Berufsbeamtentums führt. Dies gilt allerdings nur für eine funktionale Privatisierung im Bereich der „klassischen" Staatsaufgaben. Denn nur insoweit wird die Garantiefunktion des Funktionsvorbehalts relevant.
31
Auf eine Einbeziehung der Ausgleichs- und Stabilisierungsfunktion des Berufsbeamtentums kann im Rahmen der Privatisierung verzichtet werden, weil eine Überführung der Aufgaben der Ministerialverwaltung in private Hände völlig fem liegt.
C. Art. 33 Abs. 4 GG als Privatisierungsgrenze b) Die Schutzfunktion
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des Funktionsvorbehalts
Der Sinn von Art. 33 Abs. 4 GG erschöpft sich nicht in der Gewährleistung eines substantiell bedeutsamen Tätigkeitsbereichs für das Berufsbeamtentum. Vielmehr hat die Vorschrift auch den Zweck, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung personell abzusichern.32 Insoweit entfaltet Art. 33 Abs. 4 GG eine Schutzfunktion zugunsten des Bürgers. Mit hoheitsrechtlichen Befugnissen soll nur betraut werden, wer optimale Gewähr für rechtsstaatlichen Verwaltungsvollzug bietet. Als optimales Exekutivorgan i.d.S. sieht das Grundgesetz den Beamten. Wenn die Verfassung insofern bereits den Einsatz von Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes als nicht adäquat betrachtet, muß dies erst recht für den Privaten gelten. Die besondere Eignung des Beamten für die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse entspringt der besonderen Ausgestaltung seines Dienstrechts. Dieses gewährleistet, daß beim Vollzug grundrechtsrelevanter Maßnahmen die Rechte des Bürgers so weit wie möglich gewahrt bleiben. Wenn sich das Rechtsverhältnis der Angestellten an das der Beamten angenähert hat,33 das Grundgesetz aber trotzdem nach wie vor den Beamten die Erfüllung grundrechtsrelevanter Aufgaben zuweist, ergibt sich daraus, daß auch Private nicht mit solchen Aufgaben betraut werden dürfen. Denn Private stehen zum Staat regelmäßig in einem Verhältnis, das von dem der Beamten in einem viel stärkeren Maße abweicht als das der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst. Hinzu kommt, daß Private weit geringeren Kontroll- und Lenkungsmaßnahmen ausgesetzt sind als die in einem privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehenden Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Letztere sind aufgrund des Direktionsrechts und ihrer fehlenden Selbständigkeit Einflüssen des Staates viel stärker unterworfen als Private. Schließlich spricht für eine Privatisierungsgrenze aus Art. 33 Abs. 4 GG auch der Umstand, daß die Gefahr eines Konflikts zwischen gesetzmäßiger Aufgabenerfüllung und Eigeninteressen bei dem von Gewinnstreben motivierten Privaten höher ist als bei Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes.34 c) Die unterschiedliche Zielrichtung von Funktionsvorbehalt und Privatisierung
Vereinzelt wird die Heranziehung des Art. 33 Abs. 4 GG als Maßstab für die Zulässigkeit von Privatisierungen abgelehnt, weil die Wahrnehmung 32
Vgl. dazu oben Teil 2 C II 5 b) (3) (b). Vgl. dazu oben Teil 2 C II 5 b) (2). 34 Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 267; Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 65. 33
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Teil 4: Privatisierung von Staatsaufgaben
staatlicher Aufgaben durch privatrechtlich Beschäftigte des öffentlichen Dienstes nicht nach denselben Gesichtspunkten beurteilt werden dürfe wie die Privatisierung solcher Aufgaben.35 Der „Verlust an Staatlichkeit", der mit der Aufgabenübertragung an Private verbunden sei, komme bei einer Zugrundelegung des Art. 33 Abs. 4 GG nicht zum Ausdruck.36 Nötig sei ein Rückgriff auf das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip.37 Die Zulässigkeit einer Aufgabenübertragung auf Private kann erst nach einer Abwägung im Einzelfall beurteilt werden.38 Daraus ergibt sich, daß für die Betrauung Privater mit hoheitsrechtlichen Befugnissen i.d.R. höhere Anforderungen zu stellen sind als für die Übertragung auf Angestellte und Angehörige des öffentlichen Dienstes. Insoweit werden beide Fallgruppen eben gerade nicht nach „denselben Gesichtspunkten" beurteilt. Wenn das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip als eigentliche Maßstäbe für die Zulässigkeit der Privatisierung genannt werden, ist dem zuzustimmen. Daß Art. 33 Abs. 4 GG nämlich nur mittels eines Erst-recht-Schlusses für die Problematik herangezogen werden kann, weist darauf hin, daß die Vorschrift keine abschließende Antwort auf die Frage nach der Zulässigkeit der Privatisierung zu geben vermag.39 Gerade weil Art. 33 Abs. 4 GG aber starke Berührungspunkte insbesondere zum Rechtstaatsprinzip besitzt, können die aus ihm entwickelten Grundsätze als Konkretisierung von Teilaspekten dieses Prinzips gesehen werden.40 Damit ist allerdings noch nicht gesagt, daß Art. 33 Abs. 4 GG der alleinige Maßstab für die Privatisierung ist. Vielmehr ist es sachgerecht, sie darüber hinaus auch an Schranken zu messen, die sich aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip ergeben.41 Eine solche Vorgehensweise wählt die h.M. auch.42 So wird auch die Feststellung Jachmanns verstanden werden dürfen, Art. 33 Abs. 4 GG könne nur „als Grobraster einer ersten Vorabprüfung dienen."43
35
Steiner (FN 34), S. 262. Steiner (FN 34), S. 263. 37 Steiner (FN 34), S. 269 f. 38 Vgl. dazu oben Teil 2 D II. 39 Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 67. 40 Vgl. dazu etwa Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, S. 963, die die Zulässigkeit der Aufgabenverlagerung auf Private maßgeblich am „Rechtswidrigkeitsrisiko" mißt, das mit eine solchen Verlagerung zwangsläufig verbunden ist. Dieses Rechtswidrigkeitsrisiko ist nach der hier vertretenen Meinung in die Abwägung einzustellen. 41 Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 67. 42 Vgl. dazu etwa Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, S. 962ff. 43 Jachmann (FN 42), S. 961. 36
C. Art. 33 Abs. 4 GG als Privatisierungsgrenze
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3. Die Vermögensprivatisierung Verkauft die öffentliche Hand Liegenschaften oder von ihr betriebene Wirtschaftsunternehmen bzw. Beteiligungen an solchen Wirtschaftsunternehmen, scheidet eine Privatisierungsgrenze durch Art. 33 Abs. 4 GG von vornherein aus. Mit dem Verkauf von Liegenschaften und dem Betrieb von Wirtschaftsunternehmen bewegt sich der Staat in einem Bereich, in dem keine hoheitsrechtlichen Befugnisse ausgeübt werden.44 Wo aber bereits vor der Privatisierung keine Pflicht zum Einsatz von Beamten besteht, kann diese Pflicht auch nicht durch die Privatisierung derartiger Aufgabenbereiche tangiert werden. 4. Die formelle Privatisierung Art. 33 Abs. 4 GG steht einer formellen Privatisierung nicht entgegen. Da sich der Staat nicht einfach durch den Wechsel der Handlungsform dem Funktionsvorbehalt entziehen kann, gilt dieser auch bei Gründung eines Privatrechtssubjekts. Grundrechtsrelevante Tätigkeiten sind von Beamten zu erfüllen, die dem entsprechenden Privatrechtssubjekt auf der Grundlage von § 123 a Abs. 2 BRRG zuzuweisen sind.45 5. Zwischenergebnis Art. 33 Abs. 4 GG stellt nur insoweit eine Grenze für materielle Privatisierungen dar, als dem Berufsbeamtentum ein substantiell bedeutsamer Tätigkeitsbereich erhalten bleiben muß. Dieser deckt sich mit den Staatsaufgaben, die dem Staat durch das Grundgesetz zur Erfüllung zugewiesen und schon deswegen nicht privatisierbar sind. Über diesen Kernbereich hinaus kommt Art. 33 Abs. 4 GG im Rahmen der materiellen Privatisierung keine Bedeutung zu. Ebenfalls keine Rolle spielt die Norm bei der Vermögensprivatisierung. Soweit die Verpflichtung eingehalten wird, Beamte für die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse einzusetzen, entfaltet Art. 33 Abs. 4 GG für formelle Privatisierungen keine Sperrwirkung. Wechselt der Staat dagegen nicht nur die Rechtsform des Verwaltungshandelns, sondern 44
Vgl. dazu eingehend oben Teil 2 C IV 4. So i.E. auch Huber, Die Verwaltung 29 (1996), 437, 449. Auch Isensee, HVerfR, § 32 Rdnr. 60 betont, daß die formelle Privatisierung an der Geltung des Funktionsvorbehaltes nichts zu ändern vermag. Da er aber § 123 a Abs. 2 BRRG nicht in seine Betrachtung einbezieht, fordert er de lege ferenda eine Erweiterung des gesetzlichen Umfangs der Dienstherrnfähigkeit. Einer solchen Forderung wäre zuzustimmen, hielte man die Überlassung von Beamten an juristische Personen des Privatrechts für unzulässig, vgl. dazu in bezug auf Dienstüberlassungsverträge Lecheler, Verantwortung und Leistung 1989, S. 13 f. 45
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Teil 4: Privatisierung von Staatsaufgaben
überträgt er hoheitsrechtliche Aufgaben auf ein „echtes" Privatrechtssubjekt, muß er Art. 33 Abs. 4 GG beachten, der Angestellte des öffentlichen Dienstes und damit erst recht Private von der Erfüllung dieser Aufgaben ausschließt. Insoweit wird die Vorschrift als Richtschnur für funktionale Privatisierungen relevant. 6. Die Ausnahmetatbestände des Art. 33 Abs. 4 GG Trotz des Charakters des Art. 33 Abs. 4 GG als Grenze für funktionale Privatisierungen wird seine Bedeutung für diese Frage oft mit dem Hinweis relativiert, die Vorschrift enthalte Ausnahmen. Selbst bei der Annahme eines staatlichen Funktionsvorbehalts gelte dieser nur bei „ständigen Aufgaben", und auch dies nur „in der Regel".46 Insoweit stellt sich die Frage, welche Rolle die Ausnahmetatbestände des Art. 33 Abs. 4 GG im Rahmen der Privatisierung spielen. a) Die ständigen Aufgaben
Hoheitsrechtliche Befugnisse sind nur dann von Beamten wahrzunehmen, wenn es sich um eine ständige Aufgabe handelt. Im Hinblick darauf sind bei einer Betrachtung des Art. 33 Abs. 4 GG als Privatisierungsgrenze keine anderen Maßstäbe anzulegen als im Rahmen seiner Funktion als personalwirtschaftliche Verteilungsnorm für den öffentlichen Dienst:47 Art. 33 Abs. 4 GG verlangt bei nicht-ständigen Aufgaben keine Übertragung auf Beamte, weil die Verwaltung nicht gezwungen sein soll, Beamtenverhältnisse auf Lebenszeit für zeitlich begrenzte Funktionen zu begründen.48 Dieser Zweck wird bei Übertragung solcher Aufgaben auf Private genauso erreicht wie bei der Heranziehung von Angestellten des öffentlichen Dienstes. Privatisierungsfähig sind damit zum einen Aufgaben, deren Dauer von vornherein zeitlich begrenzt ist, zum anderen aber auch solche Funktionen, die zwar in gleicher oder ähnlicher Form immer wiederkehren, die aber nur vorübergehend von Privaten wahrgenommen werden sollen. Denkbar wäre dies etwa bei Aufgaben, für deren Erledigung ein sachverständiger Stab im öffentlichen Dienst erst noch aufgebaut werden muß. Auch die vorüberge-
46 Vgl. zu dieser Relativierung stv. für viele Schoch, DVB1. 1994, 962, 969; ÖTV, Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, S. 21 f.; Gromoll, Rechtliche Grenzen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben untersucht am Beispiel kommunaler Dienstleistungen, S. 154 f. 47 Vgl. dazu oben Teil 2. 48 Vgl. dazu oben Teil 2 D I.
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hende Verstärkung der Polizei durch Hilfspolizisten - eine dem deutschen Polizeirecht geläufige Erscheinung49 - gehört hierher. b) Das Regel-Ausnahme-Verhältnis
(1) Die qualitativen Anforderungen an Private Im Regel-Ausnahme-Verhältnis des Art. 33 Abs. 4 GG ist nicht nur eine quantitative Regelung in der Art zu sehen, daß die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse durch Nicht-Beamte insgesamt eine Ausnahmeerscheinung bleiben muß.50 Wäre dies der Fall, spielte die Norm im Rahmen der Privatisierung keine große Rolle. Die hoheitliche Tätigkeit Privater ist auch heute noch die Ausnahme und beschränkt sich auf einzelne Zuständigkeiten, ohne ganze Verwaltungszweige zu erfassen. 51 Ausnahmen von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG haben aber auch qualitativen Anforderungen zu genügen: Sie bedürfen jeweils eines legitimierenden Grundes. Dabei muß jede Ausnahme das Verhältnismäßigkeitsprinzip wahren und damit geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein, also den Grundsatz der Proportionalität52 von Mittel und Zweck wahren. An der Geeignetheit der Übertragung von hoheitsrechtlichen Befugnissen auf Private zur Erreichung des damit verfolgten Verwaltungszwecks (etwa dem der Kostenersparnis) werden kaum jemals Zweifel bestehen. Ungeeignet wäre eine solche Übertragung nur dann, wenn sie „schlechthin ungeeignet"53 bzw. „grundsätzlich ungeeignet"54 wäre. Für die Geeignetheit genügt bereits ein Beitrag zu Zielerreichung.55 Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht die Geeignetheit einer Maßnahme auch nur in wenigen Fällen verneint.56 Nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit ist unter mehreren möglichen, also zur Zweckerreichung gleich geeigneten Instrumenten dasjenige auszuwählen, das die am wenigsten einschneidenden Folgen hat.57 Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Private mit seiner geringeren 49
Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 35. Vgl dazu oben Teil 2 D II. 51 Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 70; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 260f. 52 Vgl. dazu Stem, Staatsrecht III/2, S. 776, 782ff. 53 BVerfGE 19, 119, 126 f. 54 BVerfGE 70, 1, 26. 55 Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rdnr. 59; vgl. auch Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rdnr. 74. 56 BVerfGE 17, 306, 315ff.; 19, 330, 338; 55, 159, 165ff. 57 Vgl. dazu insbesondere im Hinblick auf die Einschränkung von Grundrechten BVerfGE 53, 135, 145f.; 67, 157, 176; 68, 193, 218f.; Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rdnr. 75; vgl. auch Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 19. 50
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Weisungsunterworfenheit, der weniger intensiven Steuerungs- und Lenkungsmöglichkeit sowie seinem Gewinnstreben eine größere Gefahr für eine gesetzmäßige Verwaltung und damit für den Rechtskreis des Bürgers bildet als der privatrechtlich Beschäftigte im öffentlichen Dienst.58 Eine Aufgabenübertragung auf Private ist damit nur dann erforderlich, wenn die Betrauung von Angestellten des öffentlichen Dienstes mit „hoheitsrechtlichen Befugnissen" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG nicht gleich gut zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet ist wie die Übertragung auf Private. Verfolgt die Verwaltung etwa mit der Verlagerung von hoheitsrechtlichen Befugnissen auf Private den Zweck der Kostenersparnis, muß sie zuvor überprüfen, ob nicht eine Betrauung von Angestellten des öffentlichen Dienstes mit den entsprechenden Aufgaben den gleichen Erfolg bringt. Ist dies nicht der Fall, muß unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne eine Abwägung stattfinden, ob die Vorteile der Übertragung auf Nicht-Beamte so gewichtig sind, daß die damit verbundene Einschränkung des Prinzips der Erfüllung hoheitsrechtlicher Befugnisse durch Beamte ausnahmsweise hingenommen werden kann.59 Den größeren Gefahren für eine gesetzmäßige Verwaltung bei einer Übertragung von hoheitsrechtlichen Befugnissen auf Private und damit auch für den Rechtskreis des Bürgers muß ein erhöhtes Maß an Vorteilen entsprechen, die mit der Übertragung verbunden sind.60 Die Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnisse auf Private bedarf damit einer stärkeren Rechtfertigung als die auf Angestellte des öffentlichen Dienstes. (2) Die Gründe für die Aufgabenübertragung auf Private Im Rahmen der Diskussion um die Privatisierung von Staatsaufgaben ist die finanzielle Entlastung der öffentlichen Hand durch die Einschaltung Privater Hauptargument der Befürworter von Privatisierungen.61 Daneben sind aber noch andere Aspekte näher zu beleuchten: Private können in Einzelfällen für die Erledigung bestimmter Aufgaben besser geeignet sein als Angehörige des öffentlichen Dienstes. Schließlich kann ein Grund für die Übertragung staatlicher Aufgaben auf Private darin bestehen, daß eine 58
Vgl. dazu Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 65. Vgl. dazu oben Teil 2 D II. 60 Der Zweck der institutionellen Garantie des Art. 33 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 GG, dem Beamtentum einen substantiell bedeutsamen Tätigkeitsbereich zu erhalten, spielt im Rahmen dieser Abwägung keine eigenständige Rolle mehr, weil dieser Zweck schon durch den quantitativen Aspekt des Regel-Ausnahme-Verhältnisses geschützt wird: Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse durch Beamte muß die Regel bleiben, die Übertragung auf Nicht-Beamte die Ausnahme. 61 Vgl. stv. für viele Haller, DÖD 1997, 97; Krölls, GewArch 1995, 129, 132; Schoch, DVB1. 1994, 962, 965; Tiemann, Der Staat 16 (1977), 171, 173 ff. 59
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Betrauung Privater mit solchen Aufgaben dazu beiträgt, Eingriffe in die Rechte des Bürgers möglichst gering zu halten.62 Zu untersuchen bleibt, ob diese Begründungen für die Rechtfertigung der Aufgabenübertragung auf Private ausreichen. (a) Die bessere Eignung Privater
Es liegt nahe, einen sachlichen Grund für die Aufgabenübertragung auf Private zu bejahen, wenn diese zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe besser geeignet sind als Angehörige des öffentlichen Dienstes. Der Zweck des Art. 33 Abs. 4 GG, den Bürger vor ungerechtfertigten Beeinträchtigungen seiner Rechtssphäre zu schüzten, wird effektuiert, wenn optimal ausgebildete und ausgerüstete Dienstkräfte tätig werden. Beeinträchtigungen infolge mangelnder Kompetenz oder Ausrüstung - man denke etwa an die Geschwindigkeitsmessung durch einen Privaten, der mit den neuesten Geräten ausgestattet ist, die einen Fehler zuungunsten des Verkehrsteilnehmers ausschließen - ließen sich dadurch soweit wie möglich reduzieren. Gegen die Berücksichtigung größerer Sachkunde oder besserer Ausstattung Privater kann indes der Grundsatz der Erforderlichkeit sprechen: Erkennt eine Behörde im Rahmen ihrer Überlegungen, wie sie ihre Aufgaben erfüllen soll, einen Vorsprung von Privaten in bezug auf Sachkunde oder Ausrüstung, ist die Verlagerung der jeweiligen Funktion auf Private nicht die einzige Möglichkeit, die Aufgabenerfüllung zu optimieren. Wo der Verwaltung keine gleich geeigneten Fachkräfte zur Verfügung stehen, muß sie diese einstellen oder ausbilden, wo es dem Staat an geeigneter Ausrüstung fehlt, muß er sie anschaffen. Wäre es anders, könnte Art. 33 Abs. 4 GG praktisch immer unterlaufen werden: Die Verwaltung brauchte nur keine geeigneten Beamten einzustellen oder könnte auf deren Ausbildung verzichten.63 Fehlte es ihr an der entsprechenden Ausrüstung, könnte sie auf deren Anschaffung verzichten, um einen Grund für die Aufgabenverlagerung auf Private geltend machen zu können. Insofern ist bei der Beurteilung der Frage, ob größere Sachkunde bei Privaten oder bessere Ausstattung eine Privatisierung rechtfertigen können, nicht nur auf den vorhandenen Bestand an Personal oder technischen Mitteln abzustellen. Die Verwaltung ist vielmehr verpflichtet, Beamte einzustellen oder auszubilden und entsprechendes Gerät anzuschaffen. Ist dies - wie i.d.R. - möglich, scheidet eine Aufgabenverlagerung mit der Begründung, Private seien besser ausgebildet oder ausgerüstet als der öffentliche Dienst, aus. Nur da, wo dies nicht der Fall ist, ist abzuwägen zwischen dem Interesse an best62 63
Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 87. Bracher (FN 62), S. 84.
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möglicher Aufgabenerfüllung und dem an umfassender staatlicher Kontrolle und Freiheit von Einzelinteressen, wie sie der Einsatz von Beamten gewährleistet.64 Denkbar ist die Berücksichtigung von größerer Sachkunde der Privaten, wenn es der Verwaltung nicht möglich ist, qualifizierte Bewerber zu gewinnen. Dieses Problem stellt sich etwa, wenn die Berufsaussichten in der Privatwirtschaft insbesondere im Hinblick auf die Bezahlung besser sind als im Beamtenverhältnis. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, besitzt die Verwaltung aber auch dann Möglichkeiten, geeignete Bewerber zu gewinnen65: So zollt etwa das Bundesbesoldungsgesetz der Erscheinung Tribut, daß besonders im gehobenen und höheren technischen Dienst die Verwaltung gegenüber der Privatwirtschaft im Wettbewerbsnachteil ist: Das Eingangsamt für Beamte des gehobenen technischen Dienstes ist deshalb A IO 66 , während der gehobene nichttechnische Dienst im Eingangsamt A 9 besoldet wird. 67 § 72 BBesG eröffnet die Möglichkeit, Sonderzuschläge zur RegelBesoldung zu gewähren, wenn die Deckung des Personalbedarfs dies im konkreten Fall erfordert. Gem. § 1 Abs. 1 der aufgrund des § 72 BBesG erlassenen Sonderzuschlagsverordnung68 können derartige Sonderzuschläge Beamte und Soldaten in Verwendungsbereichen erhalten, die aus Arbeitsmarktgründen von dauerndem Personalmangel oder Personalwechsel betroffen sind. Nur dort, wo die Verwaltung trotz des Ausschöpfens derartiger Möglichkeiten keine Bewerber gewinnen bzw. ausbilden kann, vermag die größere Sachkunde die Aufgabenverlagerung auf Private zu rechtfertigen. Wachsen der Verwaltung aufgrund neuer Entwicklungen Aufgaben zu, für die sie bisher noch keine geeigneten Bediensteten zur Verfügung hat, ist die Einschaltung Privater nur bis zur Ausbildung entsprechender Bewerber, also in einer Übergangszeit, möglich.69 Mit der Feststellung, die größere Sachkunde oder bessere Ausstattung Privater allein könne grundsätzlich eine Ausnahme von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG nicht begründen, soll allerdings nicht gesagt werden, dieser Aspekt sei völlig irrelevant. Er läßt sich mittelbar dann in die Diskussion einführen, wenn dem Staat zwar die Gewinnung eigener Bediensteter möglich ist, die Aufgabenerfüllung durch diese aber mehr Kosten verur64
Bracher (FN 62), S. 84. Eine Übersicht über die Maßnahmen des Gesetzgebers geben Scheerbarth/ Höffken/Bauschke/Schmidt, Beamtenrecht, S. 51 f. m.w.Nachw. 66 § 23 Abs. 2 BBesG. 67 § 23 Abs. 1 Nr. 3 BBesG. 68 Verordnung über die Gewährung von Sonderzuschlägen zur Sicherung des Personalbedarfs (Sonderzuschlagsverordnung - SZsV) vom 13.11.1990, BGBl. I S. 2451. 69 So auch Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 84. 65
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sacht als die durch Private. Grund für die Aufgabenübertragung auf Private ist dann jedoch die finanzielle Entlastung des Staates70, nicht die größere Sachkunde oder bessere Ausstattung Privater. Wo der Staat mit eigenen Bediensteten und eigenem Gerät gleich wirtschaftlich arbeitet wie Private, ändert sich nichts daran, daß die größere Sachkunde Privater oder deren bessere Ausstattung eine Ausnahme von Art. 33 Abs. 4 GG nicht rechtfertigen kann. (b) Die finanzielle Entlastung des Staates
Beweggrund für eine Übertragung von staatlichen Aufgaben auf Private ist vordringlich die finanzielle Entlastung des Staates.71 Die Vorhaltung eines Beamtenapparats mit jahrzehntelangen Bindungen zwischen Dienstherr und Dienstnehmer bringt ebenso enorme finanzielle Belastungen für den Staat mit sich wie die Anschaffung und Wartung von technischen Großgeräten, etwa im Bereich staatlicher Überwachungsaufgaben. An der Erforderlichkeit einer Aufgabenverlagerung auf Private bestehen bezüglich der Entlastung des Staates keine Zweifel: Die Aufgabenerledigung durch Angestellte ist nicht kostengünstiger als die durch Beamte.72 Im Rahmen der Frage, ob die Entlastung des Staates die Übertragung von staatlichen Aufgaben auf Private unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne rechtfertigen kann, ist das Gebot der Verwaltungseffizienz zu berücksichtigen: Die öffentliche Hand ist gehalten, ihre Aufgaben möglichst effizient zu erfüllen. 73 Dies spricht dafür, kostengünstiger agierende Private dort in die staatliche Aufgabenerledigung einzuschalten, wo auch ihr Einsatz einen rechtsstaatliche Verwaltung gewährleistet. Dieser Aspekt spielt insbesondere unter dem Gesichtspunkt eine Rolle, daß die dadurch erzielten Einsparungen dazu beitragen können, hoheitsrechtliche Aufgabenerfüllung auf anderen Gebieten zu effektuieren. Werden etwa durch die Übertragung der Überwachung des ruhenden Verkehrs auf Private Personalkosten eingespart, können die so gewonnenen Mittel für die Anschaffung der neuesten Geräte zur Geschwindigkeitsmessung im fließenden Verkehr verwendet werden, die eine Abweichung zuungunsten des Autofahrers vermeiden. Im Rahmen der Gesamtaufgabe „Überwachung des Verkehrs" trägt die teilweise Aufgabenübertragung auf Private damit dazu bei, die Rechtssphäre 70
Vgl. dazu sogleich. Treffend Schuppert, Staats Wissenschaften und Staatspraxis 1994, 541, 546, wonach der „eigentliche ,drive4 der Privatisierungspolitik fiskalischem Kalkül geschuldet" sei; vgl. stv. für viele auch Kutscha, NJ 1997, 393; Krölls, GewArch 1995, 129, 133. 72 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 6d). 73 Vgl. dazu eingehend oben Teil 2 C II 6c). 71
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Teil 4: Privatisierung von Staatsaufgaben
des Bürgers so umfassend wie möglich zu schützen. Dem Schutzzweck des Art. 33 Abs. 4 GG wird damit - zumindest mittelbar - gerade durch die Einschaltung Privater Rechnung getragen. Der Berücksichtigung fiskalischer Gesichtspunkte kann nicht entgegengehalten werden, das Grundgesetz habe sich nun einmal dafür entschieden, hoheitsrechtliche Befugnisse von Beamten ausüben zu lassen. Staatliche Tätigkeit erfordere naturgemäß immer Ausgaben. Wenn Art. 33 Abs. 4 GG trotzdem die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse durch Berufsbeamte fordert, nehme das Grundgesetz die damit verbundenen Belastungen bewußt in Kauf. 74 Dabei würde aber übersehen, daß der Verfassungsgeber in bezug auf den Funktionsvorbehalt selbst fiskalische Überlegungen angestellt hat. Durch die Beschränkung des Beamteneinsatzes auf ständige Aufgaben sollte ein Zwang zur Begründung von Beamtenverhältnissen in den Bereichen ausgeschlossen werden, in denen der Staat nur vorübergehend tätig ist. Dahinter stand die Erkenntnis, daß die Schaffung von Beamtenstellen die öffentlichen Haushalte langfristig belastet. Wenn aber der Verfassungsgeber selbst bei der Formulierung des Art. 33 Abs. 4 GG (auch) von fiskalischen Erwägungen geleitet wurde75, können diese auch im Rahmen der Frage herangezogen werden, welche Aspekte eine Ausnahme von Art. 33 Abs. 4 GG rechtfertigen können.76 (c) Der Schutz der Rechtssphäre des Bürgers
Der Einsatz von Beamten im grundrechtsrelevanten Bereich bietet größtmögliche Gewähr dafür, die Rechtssphäre des Bürgers so weit wie möglich zu schützen. Es sind aber auch Fälle denkbar, in denen die Beleihung Privater diesem Zweck besser gerecht wird. Beispiel hierfür ist die Übertragung von Ordnungsaufgaben auf den Versammlungsleiter gem. § 8 VersG. Hinter ihr steht die Erwägung, daß die Wahrnehmung dieser Aufgaben durch die Polizei77 zu einer stärkeren Beschränkung der Versammlungsfreiheit führen würde als dies bei einer Übertragung auf den Versammlungsleiter der Fall ist. Da er regelmäßig zugleich Veranstalter ist (§ 7 Abs. 2 VersG), wird er bestrebt sein, die Rechte der Teilnehmer so wenig wie möglich einzuschränken. Die Übertragung der Ordnungaufgaben rechtfertigt
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So etwa Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 86. So auch Lindgen, DÖD 1972, 1, 5 f.; siehe auch oben Teil 2 D I. 76 Dies übersieht Haug, NVwZ 1999, 816, 819, der bloße Kostenvorteile für die Begründung einer Ausnahme von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG nicht ausreichen lassen will. 77 Wobei es hier keine Rolle spielt, ob für die Polizei ein Beamter oder Angestellter tätig wird, so daß die Erforderlichkeit ohne weiteres bejaht werden kann. 75
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sich damit aus der Erwartung, daß mit ihr der Freiheitsbereich des Bürgers von Eingriffen so weit wie möglich freigehalten wird. Der Gedanke, grundrechtlich geschützte Lebensbereiche vor staatlicher Einflußnahme so weit wie möglich zu bewahren, wird nicht nur im Versammlungsrecht aktuell.78 Nach verschiedenen Bauordnungen obliegen bauordnungsrechtliche Prüfungsaufgaben mittlerweile privaten Sachverständigen. Hintergrund für die Novellierung der Bauordnungen war das Bemühen, das Baugenehmigungsverfahren zu beschleunigen.79 Hierzu sollte auch die Übertragung der bauordnungsrechtlichen Prüfungsaufgaben auf private Sachverständigen beitragen. Hält man sich vor Augen, daß der Bürger einen Anspruch auf die Baugenehmigung hat, wird deutlich, daß sein Rechtskreis umso weniger beeinträchtigt wird, je schneller die Baugenehmigung erteilt wird. Der Aspekt einer möglichst weitgehenden Freiheit grundrechtlich geschützter Lebensbereiche vor staatlichen Einwirkungen bzw. Reglementierungen wird damit auch dann relevant, wenn durch die Einschaltung von Privaten eine Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens erreicht wird. Der Bürger kommt damit „schneller zu seinem Recht". Allerdings ist die Grundentscheidung des Verfassungsgebers zu berücksichtigen, hoheitsrechtliche Befugnisse i.d.R. nur von Berufsbeamten ausüben zu lassen. Mangelhafte Organisation und dadurch verursachte Zeitverluste können unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit nicht in jedem Fall dazu führen, die entsprechende Aufgabe bzw. Teile von ihr auf Private zu übertragen. Die Verwaltung ist vielmehr verpflichtet, ihr Verfahren so zu gestalten, daß der Rechtskreis des Bürgers auch bei Einsatz der von der Verfassung grundsätzlich vorgesehenen Dienstkräfte nicht mehr als nötig beeinträchtigt wird. Sofern aber trotz entsprechender Anstrengungen die Einschaltung Privater zu einer Verfahrensbeschleunigung führt, stellt dies einen Grund für die Aufgabenübertragung auf Private dar. (3) Die Folgerungen für die Abwägung Durchbrechungen des Regel-Ausnahme-Verhältnisses in Art. 33 Abs. 4 GG sind nur unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips möglich. Dies resultiert aus dem Charakter des Art. 33 Abs. 4 GG als institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums. Insofern muß die Aufgabenübertragung auf Private geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Vor einer Aufgabenübertragung auf Private ist im Hinblick auf die Erforderlichkeit zu untersuchen, ob nicht auch durch die Betrauung von Angestellten des öffentlichen Dienstes der angestrebte Zweck gleich wirk78 79
So aber Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 88. Krölls, GewArch 1995, 129, 133.
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sam erfüllt werden kann. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sind die Gründe, die für eine Aufgabenverlagerung auf Private sprechen, abzuwägen mit den Nachteilen, die sich aus einer solchen Aufgabenverlagerung ergeben. Wird die Privatisierung etwa mit der Entlastung des Staates begründet, ist der wirtschaftliche Vorteil der Aufgabenerfüllung durch Private abzuwägen mit der Gefahr der bewußt oder versehentlich fehlerhaften Anwendung hoheitsrechtlicher Befugnisse durch diesen Personenkreis. Dabei sind insbesondere die Eigeninteressen des Privaten, etwa das der Gewinnerzielung, zu berücksichtigen. Je schwerwiegender die Folgen eines fehlerhaften Einsatzes von hoheitsrechtlichen Befugnissen sind, desto höher muß der mit der Aufgabenverlagerung verbundene Entlastungseffekt für den Staat sein. Ist die Übertragung der Aufgabe mit der Befugnis zur Anwendung von Gewalt gegenüber dem Bürger verbunden, muß auf der anderen Seite die Entlastung des Staates eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben.80 Dabei kann es Aufgaben geben, bei denen eine Erledigung durch Private ganz ausgeschlossen ist. So könnte es z.B. auch ein erheblicher Einspareffekt nicht rechtfertigen, die Aufgaben der Sondereinsatzkommandos der Polizei durch private Sicherheitsunternehmen erfüllen zu lassen. Die Befugnisse solcher Sondereinsatzkommandos, die in besonders gefahrträchtigen Situationen eingesetzt werden, können erhebliche, ζ. T. sogar existenzbedrohende Beeinträchtigungen für den Bürger zur Folge haben.81 Derartige Befugnisse dürfen nur Dienstnehmern übertragen werden, die optimale Gewähr für die Einhaltung aller rechtsstaatlichen Regelungen bieten, also Beamten.
II. Die Bewertung aktueller Privatisierungstendenzen im Bereich der staatlichen Gefahrenabwehr 1. Die Gefahrenabwehr als Privatisierungsgegenstand Der klassische staatliche Aufgabenbereich der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, insbesondere der Gefahrenabwehr, scheint heute zum bevorzugten Gegenstand von Privatisierungsmaßnahmen und -initiativen geworden zu sein.82 In diesem Zusammenhang ist nicht nur die Übertragung technischer Überwachungsaufgaben auf Private zu nennen. Auch im Bereich der Verkehrsüberwachung und sogar im Gefängniswachdienst83 80
Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 86. Man denke etwa an den „finalen Todesschuß" bei bewaffneten Geiselnahmen. 82 Krölls, GewArch 1997, 445. 83 So wurden im März 1996 in zwei Justizvollzugsanstalten des Landes Thüringen zur Überbrückung von Personalengpässen private Sicherheitsdienste herangezogen, vgl. dazu Krölls, GewArch 1997, 445; zu Plänen des nordrhein-westfälischen 81
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sind Privatisierungstendenzen erkennbar. Dabei ist insbesondere die Verkehrsüberwachung durch Private ins juristische Blickfeld geraten.84 2. Die Grundformen der Gefahrenabwehr durch Private Bevor die Gefahrenabwehr durch Private am verfassungsrechtlichen Prüfstein des Art. 33 Abs. 4 GG gemessen werden kann, ist es notwendig, sich vor Augen zu halten, daß eine solche Gefahrenabwehr Privater in unterschiedlichen Erscheinungsformen vorkommt. Insoweit können zwei Grundformen der Gefahrenabwehr durch Private unterschieden werden: Die bloße Zulassung privater Gefahrenabwehr durch den Staat auf der einen Seite, die staatliche Veranlassung von Gefahrenabwehraufgaben auf der anderen. Die folgende Betrachtung beschränkt sich im wesentlichen85 auf eine Untersuchung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. An der Geeignetheit der Privatisierungsmaßnahmen bestehen keine Zweifel, an der Erforderlichkeit i.d.R. ebensowenig: Die mit der Privatisierung hauptsächlich bezweckte Kostenentlastung für den Staat wäre durch den Einsatz von Angestellten des öffentlichen Dienstes nicht zu erreichen. Diese arbeiten nicht kostengünstiger als Beamte.86 a) Die Zulassung privater
Gefahrenabwehr
durch den Staat
Trotz des staatlichen Gewaltmonopols87, wonach nur der Staat physischen Zwang ausüben und jede nicht-staatliche Gewaltanwendung nur aufgrund einer staatlichen Gewaltgestattung erfolgen darf 88, läßt sich seit Jahren ein kontinuierliches Wachstum des privaten Sicherheitsgewerbes beobachten. Statistiken zeigen eindrucksvoll den Aufschwung der Branche: Hatte die Zahl der Unternehmen von 1960 bis 1974 bundesweit annähernd konstant 330 betragen, war ihre Zahl bis 1982 schon auf 564 gestiegen.89 1996 gab es 1400 Unternehmen im Wach- und Sicherheitsbereich mit Justizministeriums, im offenen Strafvollzug künftig auf private Dienstleister zurückzugreifen und die so freigestellten Beamten im geschlossenen Strafvollzug einzusetzen „Die Zeit" Nr. 42/1998, S. 52. 84 Vgl. dazu Steiner, DAR 1996, 272. 85 Sofern die Erforderlichkeit im Einzelfall relevant wird, wird darauf eingegangen, vgl. unten Teil 4 C II 2b) (1) (a) FN 112 und (d) (cc). 86 Vgl. dazu oben Teil 2 C II 6d). 87 Vgl. zum staatlichen Gewaltmonopol umfassend Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol; Schulte, DVB1. 1995, 130, 131 ff.; Jeand'Heur, AöR 119 (1994), 107, 133 ff. 88 Merten (FN 87), S. 56. 89 Jeand'Heur, AöR 119 (1994), 107 FN 1 m.w.Nachw.
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einem Umsatz von 4,5 Milliarden Mark. 90 Im Jahre 1980 hatte er lediglich 1,1 Milliarden Mark betragen.91 Während die Zahl der Polizisten in Bund und Ländern von 1984 bis 1996 lediglich von 194.600 auf 265.000 gestiegen ist, erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten in Wach- und Sicherheitsunternehmen im gleichen Zeitraum von 32.500 auf 112.000.92 Das Sicherheitsgewerbe ist das am meisten diskutierte, aber nicht einzige Beispiel für die Zulassung privater Gefahrenabwehr durch den Staat. Auch die Tätigkeit des Roten Kreuzes oder anderer Hilfsorganisationen läßt sich hier einordnen. Nach Art. 33 Abs. 4 GG ist es dem Staat i.d.R. untersagt, hoheitsrechtliche Befugnisse auf Nicht-Beamte zu übertragen. Daraus ergibt sich, daß die Norm kein verfassungsrechtlicher Maßstab für die bloße Zulassung privater Gefahrenabwehr durch den Staat sein kann. Von einer Übertragung kann nämlich nur dann die Rede sein, wenn der Staat die Gefahrenabwehr durch den Privaten veranlaßt. Hier dagegen ergreifen Private zum Selbstschutz oder zum Schutz anderer Bürger Maßnahmen aus eigener Initiative. Damit handelt es sich nicht um vom Staat übertragene Aufgaben oder Befugnisse. Die Privaten werden vielmehr aus eigenem Recht, nämlich den jedermann zustehenden Notwehr- und Nothilfevorschriften tätig.93 Die Anwendung dieser Rechte bedeutet nicht die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG. b) Die Veranlassung privater
Gefahrenabwehr
durch den Staat
Die Verlagerung von Gefahrenabwehraufgaben auf Private kann auch durch Veranlassung des Staates geschehen. Im wesentlichen94 geht der Staat dabei zwei Wege: Die Beleihung Privater und die Beauftragung von Verwaltungshelfern. (1) Die Beleihung Privater Die Beleihung bildet die klassische Form der Übertragung hoheitlicher Befugnisse zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf Private.95 Beliehene sind Privatpersonen (Einzelpersonen oder juristische Personen des Privatrechts), die mit der hoheitlichen Wahrnehmung 90
„Der Spiegel" Nr. 46/1996, S. 37. Schulte, DVB1. 1995, 130, 131. 92 „Der Spiegel" Nr. 46/1996, S. 37. 93 Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 123. 94 Vgl. zu den noch möglichen anderen Formen staatlich veranlaßter Gefahrenabwehr Bracher (FN 93), S. 151 ff. 95 Krölls, GewArch 1997, 445, 446. 91
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bestimmter Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen betraut sind.96 Es handelt sich bei ihnen zwar um Privatrechtssubjekte, sie können aber in begrenztem Umfang hoheitlich handeln und sind insoweit Teil der mittelbaren Staatsverwaltung. Soweit ihr hoheitlicher Kompetenzbereich reicht, sind sie Verwaltungsträger.97 „Traditionelle" Beleihungen finden sich im Rahmen der Gefahrenabwehr etwa im Verkehrsrecht - man denke an die Flugzeugführer 98 und Beauftragten für Luftaufsicht 99 - sowie im Bereich der technischen Überwachung, wo die Durchführung der Sicherheitsüberprüfung von Kraftfahrzeugen 100 TÜV und DEKRA obliegt. In jüngerer Zeit wurden den traditionellen Beleihungen im Bereich der Gefahrenabwehr neue hinzugefügt. So obliegen nach verschiedenen landesrechtlichen Bauordnungen bauordnungsrechtliche Prüfungsaufgaben neuerdings privaten Sachverständigen.101 Die fortschreitende Entwicklung der modernen Industriegesellschaft hat zu einem „Ozean umweltrechtlicher Vorschriften" geführt. 102 Im Zuge dieser Verrechtlichung von Umwelt und Technik wurden im Immissionsschutz-, Wasser- und Abfallrecht Überwachungsaufgaben auf private Dritte delegiert. § 29 c Abs. 1 Satz 3 LuftVG ermöglicht es, Private mit der Personen- und Gepäckkontrolle auf Flughäfen zu beauftragen. Im Strafvollzug sind Überlegungen im Gange, den Vollzugsdienst zu privatisieren. Nach einem Petitum der Ständigen Konferenz der Innenminister und -Senatoren soll § 26 StVG geändert werden, um private Unternehmen mit der Verfolgung von Verstößen im ruhenden Verkehr beleihen zu können.103 (a) Die technische Überwachung
Die Beleihung mit technischen Überwachungsaufgaben kommt sowohl im Verkehrs- und Bauordnungs-, als auch im Umweltrecht vor. 104 Im Verkehrsrecht ist etwa die Untersuchungspflicht für Kraftfahrzeuge nach § 29 96
Vgl. zu aktuellen Fragen der Beleihungsdogmatik Steiner, Koja-FS, S. 603 ff. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rdnr. 56; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 Rdnr. 2; umfassend zur Beleihung Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private. 98 Vgl. § 29 Abs. 3 LuftVG. 99 Vgl. § 29 Abs. 2 LuftVG. 100 Vgl. § 29 Abs. 2 StVZO. 101 Vgl. etwa Art. 69 Abs. 4 Satz 1 BayBO, § 67 Abs. 4 Satz 1 ThürBO; dazu näher sogleich. 102 Reinhardt, AöR 118 (1993), 617, 618. 103 Vgl. dazu etwa Scholz, NJW 1997, 14 und unten Teil 4 C II 2b) (1) (d). 104 Vorliegend werden nur Beispiele für Beleihungen im Bereich der technischen Überwachung genannt. Eine Behandlung sämtlicher Beleihungen in diesem Bereich ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich. 97
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Teil 4: Privatisierung von Staatsaufgaben
StVZO durch amtlich anerkannte Sachverständige oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr 105 zu nennen. Im Wasserrecht ist der Betreiber einer Anlage zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen i.S.d. § 19g WHG verpflichtet, diese durch zugelassene Sachverständige auf ihren ordnungsgemäßen Zustand untersuchen zu lassen, wenn die Voraussetzungen einer Prüfungspflicht nach § 19i Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 5 WHG vorliegen. Gem. § 40 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG kontrollieren die Beauftragten der Überwachungsbehörden die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen. Beauftragte i. d.S. können auch private Sachverständige bzw. technische Sachverständige sein.106 Im Bauordnungsrecht kann die behördliche Prüfung bestimmter Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen durch die Prüfung eines privaten Sachverständigen ersetzt werden.107 Bei Vorlage einer Bescheinigung durch diesen wird die Rechtmäßigkeit des Vorhabens unwiderleglich vermutet.108 Anhaltspunkte dafür, daß die Gefahr einer fehlerhaften Anwendung hoheitsrechtlicher Befugnisse im Bereich der technischen Überwachung durch Private im Vergleich zur Aufgabenerledigung durch Beamte einen Grad erreichen würde, der ernsthafte Bedenken gegen eine Privatisierung aufkommen lassen würde, sind nicht ersichtlich. So bringt es dem Sachverständigen etwa keine finanziellen Vorteile, wenn er ein Gerät bzw. eine Anlage entgegen den gesetzlichen Bestimmungen als sicher oder unsicher einstuft. Sein Honorar richtet sich nicht nach dem Ergebnis der Prüfung. Selbst dann, wenn die hoheitsrechtlichen Befugnisse tatsächlich fehlerhaft ausgeübt werden, sind die Folgen für den Bürger nicht so einschneidend, daß dies einer Aufgabenübertragung entgegenstehen würde: Zum einen ist mit der technisch-sachverständigen Prüfung keine Gewaltanwendung verbunden109, zum anderen kann der Betroffene dann, wenn Zweifel an der 105 Vgl. hierzu Gesetz über amtlich anerkannte Sachverständige und amtlich anerkannte Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr (Kraftfahrsachverständigengesetz KfSachVG) vom 22.12.1971, BGBl. I S. 2086. 106 Kunig/Paetow/Verstey 1, KrW-/AbfG, § 11 Anm. 10. 107 Vgl. etwa Art. 69 Abs. 4 Satz 1 BayBO, § 67 Abs. 4 Satz 1 ThürBO; in bezug auf Art. 69 Abs. 4 Satz 1 BayBO keine Beleihung annehmend Koch/Molodo wsky/Famers, BayBO, Art. 69 Anm. 7.1. Der Versuch zwischen den beliehenen Prüfingenieuren für Baustatik und den Sachverständigen i.S.d. Art. 69 Abs. 4 Satz 1 BayBO zu unterscheiden, überzeugt indes nicht, vgl. dazu BGHZ 39, 358ff.; BGHZ 49, 108, 113 f. 108 Zur Fiktionswirkung derartiger Bescheinigungen umfassend Jachmann, Die Fiktion im öffentlichen Recht, S. 492 ff. 109 Diesen Aspekt betont auch Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 90. Wenn er als weiteres Argument für die Zulässigkeit einer Aufgabenübertragung auf Private die Möglichkeit des Bürgers anführt, Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Sachverständigen einzulegen, um so die erstrebte Erlaubnis durchzusetzen, kann ihm nicht gefolgt werden. Der Bürger genießt aufgrund Art. 19 Abs. 4 GG umfassenden Rechtsschutz. Rechtsmittel stehen ihm damit in jedem Verfahren zur Verfü-
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Rechtmäßigkeit der Prüfung bestehen, die zuständige Behörde benachrichtigen. Diese wird schon zu Vermeidung von Amtshaftungsansprüchen entsprechende Maßnahmen einleiten.110 Im übrigen kann gerade die Einschaltung Privater im Rahmen der technischen Überwachung dazu beitragen, daß das Verwaltungsverfahren beschleunigt wird und der Bürger so schneller „zu seinem Recht kommt".111 Angesichts der Tatsache, daß die Einschaltung Privater zu einer Verfahrensbeschleunigung und damit zu positiven Effekten für den Bürger führen kann112, andererseits nur geringfügige Nachteile mit einer Privatisierung in diesem Bereich verbunden sind, genügt bereits ein geringer Entlastungseffekt des Staates, um die Aufgabenübertragung zu rechtfertigen. Ein solcher ist gegeben: Weder muß der Staat zur Erledigung dieser Aufgaben langfristige Beamtenverhältnisse eingehen, noch besteht die Notwendigkeit, die nötigen Geräte und Anlagen zu beschaffen. 113 Der Übertragung von Aufgaben auf Private im Rahmen der technisch-sachverständigen Prüfung stehen damit keine Bedenken aus Art. 33 Abs. 4 GG entgegen. (b) Die Fluggast- und Gepäckkontrolle
im Luftfahrtbereich
§ 29 c Abs. 1 LuftVG gibt den Luftfahrtbehörden die Befugnis, Fluggäste einer Durchsuchung zu unterziehen, bevor sie den engeren Sicherheitsbereich des Flughafens betreten dürfen. Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe gung, so daß dieses Argument praktisch immer für eine Privatisierung ins Feld geführt werden könnte. Der richtige Kern des Arguments liegt aber darin, daß bei einer negativen Entscheidung des Sachverständigen die Beschwer für den Bürger i.d.R. nicht wegfällt, so daß ihm die Einlegung von Rechtsmitteln hier den erstrebten Erfolg bringt. Dagegen erledigt sich etwa die Ausübung unmittelbaren Zwanges mit Beendigung der Maßnahme, der Bürger ist auf die Fortsetzungsfeststellungsklage verwiesen. 110 Schadensersatzansprüche gem § 839 BGB, Art. 34 GG sind gegen den beleihenden Verwaltungsträger zu richten, vgl. BGHZ 39, 358, 362; BGH NJW 1973, 458; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 15 ff.; zur Haftung des Staates bei Einschaltung eines nicht beliehenen Privaten vgl. aus neuerer Zeit besonders BGH, NJW 1996, 2431 ff.; Meysen, JuS 1998, 404ff. 111 Vgl. dazu oben Teil 4 C I 6b) (2) (c). 112 Auch wenn im Rahmen der technischen Überwachung die Aufgabenübertragung auf Private neben der Kostenentlastung auch zu einer Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens führen soll, ändert dies nichts an der Erforderlichkeit. Die schnellere Aufgabenerledigung resultiert aus der Ausgliederung aus dem Verwaltungsapparat. Die Annahme, daß der Einsatz von Angestellten des öffentlichen Dienstes zu einer gleich schnellen Bearbeitung führen würde wie der von Privaten, wäre illusorisch. 1,3 Man denke etwa an die finanzielle Belastung durch den Bau von - werkstättenähnlichen - Prüfhallen für die Kraftfahrzeug-Überprüfung.
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kann sich die zuständige Luftfahrtbehörde geeigneter Personen als Hilfsorgane bedienen (§ 29 c Abs. 1 Satz 3 LuftVG). Während dabei in den neuen Bundesländern Beamte des Bundesgrenzschutzes im Einsatz waren, wurden im übrigen Bundesgebiet Privatpersonen als Hilfsorgane i.S.d. § 29c Abs. 1 Satz 3 LuftVG eingesetzt.114 Aufgrund des relativ geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Bürgers durch die Durchsuchung kann man schon daran zweifeln, ob die mit der Durchsuchung verbundenen Befugnisse überhaupt „hoheitsrechtliche" i.S.v. Art. 33 Abs. 4 GG sind. Es könnte sich um eine Bagatellmaßnahme handeln, die nicht grundrechtsrelevant ist. Das Bundesverwaltungsgericht spricht insofern von einem „Eingriff ... der, mag er auch von dem einen oder anderen Fluggast als unangenehm empfunden werden, so geringfügig [ist], daß er den Bereich der Lästigkeit nicht überschreitet, die jedermann im wohlverstandenen Interesse seiner eigenen, aber auch fremden Sicherheit willen hinzunehmen bereit ist." 115 Selbst wenn man aber davon ausgeht, daß der Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 4 GG eröffnet ist, stehen einer Aufgabenübertragung auf Private keine Hindernisse entgegen: Je intensiver sich ein Eingriff auf die Rechtssphäre des Bürgers auswirkt, desto schwerer sind die möglichen Folgen einer fehlerhaften Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse. Weckt die geringe Intensität des Eingriffs bereits Zweifel daran, ob hoheitsrechtliche Befugnisse i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG überhaupt vorliegen, genügen die mit dem Einsatz Privater verbundenen - und wenn auch nur geringen - Einspareffekte, um eine Ausnahme von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG zu rechtfer„ 116 tigen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann dagegen nicht herangezogen werden, um eine generelle Wahlpräferenz zwischen Angehörigen des öffentlichen Dienstes und Privaten ohne Abwägung von Vor- und Nachteilen einer Aufgabenübertragung auf Private zu begründen117. Zwar hat das Gericht festgestellt, der Staat sei „nicht gehalten, jede von ihm als 114
BVerwG, NVwZ 1994, 1102, 1104. BVerwG (FN 114). 116 So i.E. auch Krölls, GewArch 1997, 445, 452; Gramm, Verwaltungs-Archiv 90 (1999), 329, 343, der in Art. 29 c Abs. 1 Satz 3 LuftVG zwar keine ausreichende Beleihungsgrundlage sieht, die Schaffung einer solchen Grundlage aber mit Art. 33 Abs. 4 GG als vereinbar sieht, weil es sich bei der Fluggastkontrolle um „standardisierte Routinetätigkeiten mit geringerer Eingriffsintensität" handle. Mit der gleichen Begründung wird man auch die Aufgabenübertragung auf Angehörige der Bayerischen Sicherheitswacht für zulässig erachten können (vgl. dazu umfassend Spörl, Die Polizei 1997, S. 33 ff.) Denn ihre Befugnisse - Ausspruch von Platzverweisen sowie Anhalten und Identitätsfeststellung von Personen - greifen nur unwesentlich in den Rechtskreis des Bürgers ein (ähnlich Gramm, ebenda, S. 347 f.; a.A. Bull, „Der Spiegel" 1996/Nr. 46, S. 40, 42; zweifelnd in bezug auf die Zulässigkeit der Bayerischen Sicherheitswacht auch Krölls, ebenda, 454). 1,7 So wohl Stober, GewArch 1997, 217, 218. 115
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erforderlich angesehene Maßnahme durch eigene Dienstkräfte zu erledigen."118 Angefügt wurde aber sogleich der Vorbehalt, dies sei nur dann der Fall, wenn „ein engerer Bereich grundrechtlicher Freiheit unberührt bleibt".119 Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist also die geringe Eingriffsintensität. Wird diese in die Abwägung zwischen der Kostenentlastung des Staates und den Gefahren für den Rechtskreis des Bürgers durch die Tätigkeit Privater eingestellt, zeigt sich, daß die Übertragung von hoheitsrechtlichen Befugnissen auf Private im Rahmen von § 29 c Abs. 1 Satz 3 LuftVG verhältnismäßig ist. 120 Für die Annahme, das Bundesverwaltungsgericht befürworte eine generelle Wahlpräferenz zwischen Angehörigen des öffentlichen Dienstes und Privaten, gibt das Urteil nichts her. (c) Die Privatisierung
des Strafvollzuges
Nicht zuletzt im Hinblick auf die Privatisierung von Haftanstalten in den USA, Kanada, Australien, Großbritannien und Neuseeland findet die Idee privater Haftanstalten auch in Deutschland Anhänger.121 Angesichts der immensen Kosten des Strafvollzuges - allein das Land Berlin gab 1997 einen Betrag von 284 Millionen Mark für seine Gefängnisse aus122 erhofft man sich von der Privatisierung der Vollzugsanstalten eine Kostenentlastung für die öffentlichen Haushalte. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß der Strafvollzug ohnehin bereits z.T. privatisiert ist: So können gem. § 154 Abs. 2 Satz 2, § 155 Abs. 1 Satz 2 StVollzG für die Betreuung und Behandlung der Gefangenen Ärzte, Anstaltsseelsorger und Psychologen vertraglich verpflichtet werden. Auch übernehmen private Bildungsträger auf der Grundlage des § 149 Abs. 3 StVollzG Aufgaben im Rahmen der beruflichen Bildung und arbeitstherapeutischen Beschäftigung von Strafgefangenen. Hierbei handelt es sich aber um Tätigkeiten im nicht-hoheitlichen Bereich. Eine Möglichkeit, um auch den hoheitlich-repressiven Bereich des Strafvollzuges, also die mit der Befugnis zur Anwendung unmittelbaren Zwanges123 verbundenen Aufgaben der inneren Bewachung, zu privatisieren, bestünde in der Schaffung eines entsprechenden Beleihungstatbestandes für private Unternehmen, etwa für die Wach- und Schließgesellschaften. Eine derartige Beleihung müßte sich allerdings an Art. 33 Abs. 4 GG messen lassen. 1.8 1.9 120 121 122 123
BVerwG, NVwZ 1994, 1102, 1104. BVerwG (FN 118). So i.E. auch Krölls, GewArch 1997, 445, 452 FN 78. Vgl. „Die Zeit", Nr. 42/1998, S. 52; Krölls (FN 120), 453 f. Vgl. dazu „Die Zeit" (FN 121). Vgl. zum Begriff des unmittelbaren Zwanges § 95 StVollzG.
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Wägt man die Kostenentlastung des Staates mit der Gefahr der bewußt oder versehentlich fehlerhaften Anwendung hoheitsrechtlicher Befugnisse durch Private ab, ergibt sich Folgendes: Selbst wenn private Vollzugsbedienstete genauso qualifiziert ausgebildet würden wie Vollzugsbeamte, könnten die Einsparungen des Staates eine Übertragung von hoheitlichen Aufgaben im Strafvollzug dort nicht rechtfertigen, wo die Bediensteten die Befugnis zur Anwendung unmittelbaren Zwanges haben. Denn der Strafgefangene, der einem besonderen Gewaltverhältnis124 unterliegt, ist gegenüber Maßnahmen der Vollzugsbediensteten besonders empfindlich. Hinzu kommt, daß die hohe psychische Belastung für das Personal der Haftanstalten die Gefahr einer unverhältnismäßigen Anwendung unmittelbaren Zwangs mit sich bringt. 125 Derartige Rahmenbedingungen verlangen nach einem Dienstnehmer, dessen rechtliche Stellung die Voraussetzungen für eine optimale Einhaltung der Grundrechte des Gefangenen schafft. Führt man sich vor Augen, daß zur Anwendung unmittelbaren Zwanges auch die Befugnis zum Schußwaffengebrauch gehört, wird klar, daß solche Befugnisse auch nicht ausnahmsweise auf Private übertragen werden können: Die Gefahr einer fehlerhaften Anwendung hoheitlicher Befugnisse - Maßnahmen von Vollzugsbediensteten können im Einzelfall über Leben und Tod der Strafgefangenen entscheiden - können auch durch hohe Kosteneinsparungen des Staates nicht aufgewogen werden. Eine Übertragung von Aufgaben des hoheitlich-repressiven Bereiches scheidet damit auch als Ausnahme von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG aus.126 (d) Die Privatisierung
der Verkehrsüberwachung
(aa) Die Formen der Verkehrsüberwachung durch Private Die Ständige Konferenz der Innenminister und -Senatoren der Länder hat am 03.05.1996 beschlossen, „daß im Interesse der personellen und wirtschaftlichen Entlastung der zuständigen Behörden die Möglichkeit einer Beleihung privater Unternehmen im Bereich der Verfolgung von Verstößen im ruhenden Verkehr eingeführt werden sollte." Die Konferenz hat deshalb die Bundesregierung darum gebeten, auf eine entsprechende Änderung des § 26 StVG hinzuwirken127, wonach für die Verfolgung von Ordnungswid124
Vgl. zum besonderen Gewaltverhältnis oben Teil 2 C II 5b) (1) FN 197. Vgl. dazu „Der Spiegel" Nr. 5/1999, wonach in der JVA Kassel nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zwei Dutzend Vollzugsbeamte Gefangene nackt Spießruten laufen ließen, wobei „kräftig zugelangt" wurde. Das Beispiel zeigt, daß selbst bei Einsatz von Beamten Übergriffe nicht immer zu vermeiden sind. 126 So im Ergebnis auch Gramm, Verwaltungs-Archiv 90 (1999), S. 329, 343; Krölls, GewArch 1997, 445, 453 f. 127 Zitiert nach Scholz, NJW 1997, 14. 125
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rigkeiten im Straßenverkehr ausschließlich Verwaltungsbehörden zuständig sind. Hintergrund dieser Initiative ist die zunehmende Bewirtschaftung von Parkräumen, wie sie etwa im Berliner Parkraumbewirtschaftungskonzept 128 verwirklicht wurde. Private sollen danach den ruhenden Verkehr überwachen und Parkverstöße an die zuständigen Behörden melden. Diese erteilen auf der Grundlage der von den Privaten ermittelten Daten eine Geldbuße oder ein Verwarnungsgeld (§ 56 Abs. 1 Satz 1 OWiG). Privatisierungstendenzen auf dem Feld der Verkehrsüberwachung sind aber nicht nur im ruhenden Verkehr festzustellen: Private werden auch zur Geschwindigkeitskontrolle eingesetzt. Dabei führen sie die Geschwindigkeitsmessungen selbständig durch, auf der Grundlage dieser Daten erläßt die zuständige Behörde ein Verwarnungsgeldangebot oder eine Geldbuße. (bb) Die Rechtsnatur der Verkehrsüberwachung durch Private Die Privaten sind im Rahmen beider Formen der Verkehrsüberwachung nicht Verwaltungshelfer. Der Verwaltungshelfer unterstützt die Verwaltungsbehörde bei der Durchführung ihrer Aufgaben, wird aber anders als der Beliehene nicht selbständig tätig, sondern erledigt Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der Behörde.129 Sowohl bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs als auch bei der Geschwindigkeitsmessung handeln die Privaten aber nicht ausschließlich nach Weisung der Polizei.130 Gem. § 47 Abs. 1 OWiG unterliegt das Ordnungswidrigkeitenrecht dem Opportunitätsprinzip. 131 Deshalb steht es bei jedem einzelnen Parkverstoß im Ermessen des Feststellenden, Tatumstände als rechtserheblich einzustufen und aufzunehmen oder davon abzusehen.132 Den damit eröffneten Spielraum hat der Private selbständig auszufüllen, so daß bloße Verwaltungshilfe ausscheidet. 133 Bei privaten Geschwindigkeitskontrollen kann die Behörde zwar Zeit und Ort der Messung vorgeben, im Rahmen jeder einzelnen Geschwindigkeitsmessung hat der Private aber auch hier Ermessen auszuüben, insbesondere in bezug auf die Frage, ob eine atypische Situation vorliegt. Selbst wenn dieser Spielraum in der Praxis nicht besonders groß ist, liegt er recht128
Vgl. dazu Scholz (FN 127); zum Schicksal des Gesetzesantrages des Landes Berlin, einen neuen Absatz 2 in § 26 StVG aufzunehmen, wonach die Erforschung von Verstößen im ruhenden Verkehr auch auf Personen des Privatrechts übertragen werden darf, Hommann, DAR 1999, S. 158, 160. 129 Vgl. zum Verwaltungshelfer stv. für viele Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rdnr. 60; Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 162. 130 KG Berlin, NZV 1997, 48, 50. 131 Vgl. dazu Rebmann/Roth/Hermann, Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, § 47 Rdnr. 1 ff.; Göhler, OrdnungsWidrigkeitengesetz, § 47 Rdnr. 1 ff. 132 KG Berlin, NZV 1997, 48, 50; BayObLG, NZV 1997, 486. 133 AG Alsfeld, NJW 1995, 1503, 1506; Nitz, NZV 1998, 11, 14.
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lieh doch vor. Da es sich danach um eine selbständige Tätigkeit handelt, darf sie nicht durch Verwaltungshelfer ausgeübt werden.134 Ist die selbständige Tätigkeit Privater im Rahmen der Verkehrsüberwachung nicht als Verwaltungshilfe zu qualifizieren, kommt eine Beleihung in Betracht. Eine solche bedarf jedoch einer gesetzlichen Grundlage. Das Petitum der Innenministerkonferenz an die Bundesregierung, auf eine Änderung des § 26 StVG hinzuwirken, um die Beleihung privater Unternehmer für die Verfolgung von Verstößen im ruhenden Verkehr möglich zu machen, zielt auf die Schaffung einer solchen Rechtsgrundlage. Auch für den Bereich der Geschwindigkeitsmessung wäre es möglich, die Verwaltung zur Beleihung von Privaten gesetzlich zu ermächtigen. Fraglich ist aber, ob die Schaffung einer Beleihungsgrundlage im Bereich der Verkehrsüberwachung verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist. Abgesehen von möglichen Grenzen der Privatisierung unter dem Aspekt des in Art. 92 GG verankerten absoluten Staatsvorbehalts für Aufgaben der Rechtsprechung - das Ordnungswidrigkeitenrecht könnte seinem materiellen Gehalt nach Strafrecht und Strafprozeßrecht sein und so dem Schutzbereich des Art. 92 GG unterfallen 135 - kommt auch Art. 33 Abs. 4 GG als Privatisierungsgrenze in Betracht. (cc) Die Rechtfertigung einer Beleihung im Bereich der Verkehrsüberwachung Die Erforschung von Tatbeständen des Ordnungswidrigkeitenrechts bildet den Anfang von staatlicher Verfolgung, die in den Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 4 GG fällt. Unabhängig von der Unterscheidung zwischen Kriminalstrafrecht und Verwaltungsunrecht gehört die staatliche Sanktionsgewalt zur Ahndung von Verstößen gegen die Rechtsordnung als Bestandteil des Gewaltmonopols des Staates zum Kernbereich hoheitlicher Staatstätig134
Stober, NJW 1997, 889, 895 f.; AG Berlin-Tiergarten, DAR 1996, 326; a.A. Gramm, Verwaltungs-Archiv 90 (1999), S. 329, 352ff., wonach bei entsprechend engen Vorgaben der beauftragenden Behörde für den Privaten dieser bei der Verkehrsüberwachung keinen eigenen Beurteilungs- und Ermessensspielraum mehr habe. 135 So das AG Berlin-Tiergarten (FN 134), 326 f., weil das Ordnungswidrigkeitenrecht seinem Wesen nach Strafrecht mit einem lediglich geringeren Unwerturteil sei und eine Form der Anwendung von Repressivgewalt gegen einen die Rechtsordnung mißachtenden Täter. Mit dem Bundesverfassungsgericht ist aber davon auszugehen, daß Art. 92 GG nur einen „Kernbereich des Strafrechts" umfaßt (vgl. BVerfGE 22, 49, 78 ff:, insbesondere zur hier vorliegenden Problematik Waechter, NZV 1997, 331; Scholz, NJW 1997, 14, 16). Dieser kann nicht auch das Ordnungswidrigkeitenrecht erfassen. Ansonsten wären nicht nur private, sondern auch polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Ermittlungstätigkeiten mit dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit zu belegen, vgl. dazu auch Nitz, NZV 1998, 11, 14.
C. Art. 33 Abs. 4 GG als Privatisierungsgrenze
225
keit. 136 Da die Privaten im Rahmen der Verkehrsüberwachung selbständig tätig werden und Ermessen auszuüben haben, nehmen sie nicht nur untergeordnete Verwaltungstätigkeiten, sondern hoheitsrechtliche Befugnisse i.S.v. Art. 33 Abs. 4 GG wahr. 137 Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß sich die Tätigkeit des Privaten auf die planmäßige Ermittlung von Ordnungswidrigkeiten beschränkt, während die Verfolgung und Ahndung in staatlicher Hand bleiben: Die Ermittlungen durch den Privaten bilden die entscheidende Grundlage für die hoheitliche Sanktion und unterfallen deshalb - ungeachtet der geringen Grundrechtsrelevanz der Überwachung selbst138 - dem Funktionsvorbehalt.139 Zur Übertragung dieser Befugnisse auf Private bedarf es eines rechtfertigenden Grundes. Ein solcher könnte sich aus der Überqualifikation der Polizeibeamten für derartige Aufgaben oder der personellen und wirtschaftlichen Entlastung der Vollzugspolizei140 ergeben. Wenn in der Literatur z.T. vorgetragen wird, Polizeibeamte erschienen nach ihrer Ausbildung und Befähigung für Aufgaben der Verkehrsüberwachung überqualifiziert 141, kann dies unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit nicht überzeugen. Zum einen bestünde die Möglichkeit, Beamtenverhältnisse des einfachen Dienstes zu begründen, die in bezug auf Ausbildung und Befähigung geringere Anforderungen stellen als dies beim „klassischen" Polizeibeamten des mittleren oder gehobenen Dienstes der Fall ist. Zum anderen spricht der Gesichtspunkt der Überqualifikation nicht zwangsläufig für eine Aufgabenverlagerung auf Private - die Wahrnehmung derartiger Aufgaben durch Angestellte des Staates liegt hier besonders nahe, weil die Polizei diesen Weg seit langem geht.142 Dagegen vermag die personelle und finanzielle Entlastung der Vollzugspolizei eine Aufgabenverlagerung auf Private grundsätzlich zu rechtfertigen. Ist die Erfüllung von Aufgaben der Verkehrsüberwachung durch Private kostengünstiger als die durch Angestellte des öffentlichen Dienstes, sind dem Vorteil der Kostenersparnis die mit der Aufgabenübertragung verbundenen Nachteile gegenüberzustellen. Insofern ergeben sich Bedenken gegen eine Privatisierung der Verkehrsüberwachung: Anders als etwa im Bereich der technisch-sachverständigen Prüfung ist die Gefahr der bewußt 136 Vgl. dazu eingehend Steegmann, NJW 1997, 2157, 2158; Krölls, GewArch 1997, 445, 453. 137 So auch KG Berlin, NZV 1997, 48, 50. 138 Vgl. dazu BayObLG, DAR 1997, 206, 207. 139 Vgl. zur Einbeziehung vorbereitender Tätigkeiten in den Funktionsvorbehält oben Teil 2 C II 5 b) (3) (b) (ee). 140 Steegmann, NJW 1997, 2157, 2159. 141 So z.B. Waechter, NZV 1997, 329. 142 Vgl. dazu Waechter (FN 141), 329, 337. 15 Strauß
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Teil 4: Privatisierung von Staatsaufgaben
oder versehentlich fehlerhaften Anwendung hoheitsrechtlicher Befugnisse auf dem Gebiet der Verkehrsüberwachung durch Private nicht gering einzuschätzen. Zwar ergeben sich aus der Möglichkeit, daß die Privaten nicht über die rechtlichen Kenntnisse verfügen könnten, um die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten in rechtsstaatlicher Weise durchzuführen, keine Hindernisse. Denn die öffentliche Hand kann hier ebenso wie im Bereich der staatlichen Überwachungsaufgaben die Verwendung rechtskundigen Personals durch die Privaten sicherstellen, indem sie entsprechende Ausbildungsnachweise verlangt oder einen staatlichen Zulassungsakt vom Bestehen einer Prüfung abhängig macht. Die Gefahren einer Übertragung von Aufgaben der Verkehrsüberwachung ergeben sich aber aus den unterschiedlichen Zielsetzungen staatlichen und privaten Handelns: Während die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung durch gesetzliche Vorgaben und rechtsstaatliche Verfahrensvorschriften determiniert wird, stehen für private Unternehmen betriebswirtschaftliche Ziele im Vordergrund. 143 Diese Zielsetzung vermag gerade im Ordnungswidrigkeitenrecht die Besorgnis fehlerhafter Anwendung hoheitsrechtlicher Befugnisse zu begründen. Das Verfahren bis zur Erteilung des Verwarnungsgeldangebots beruht letztlich allein auf der Beurteilung von Verhaltensweisen im Verkehr durch den privaten Überwacher. Es liegt in seinem Ermessen, Tatumstände als rechtserheblich einzustufen und aufzunehmen oder davon abzusehen. Bis zur Erteilung des Verwarnungsgeldangebots ist damit der das gesamte Ordnungswidrigkeitenrecht prägende Opportunitätsgrundsatz auf den privaten Ermittler übergegangen.144 Aufgrund der Gewinnorientierung eines privaten Unternehmens ist die Gefahr einer vorrangig einnahmeorientierten Ermessensausübung ungleich größer als bei der Erledigung der Aufgabe durch Bedienstete des Staates. Es ist sogar die Befürchtung angebracht, daß der Angestellte eines privaten Unternehmens sein Ermessen, ob er bestimmte Verkehrsverstöße verfolgt, überhaupt nicht ausüben wird: 145 Er steht nicht nur unter dem Druck seiner privaten Vorgesetzten, sondern ist sich auch darüber im klaren, daß der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens über den Erhalt seines Arbeitsplatzes entscheiden kann. Selbst wenn aber das Ermessen ausgeübt wird und einnahmeorientierte Überlegungen darin „nur" Eingang finden, entspricht dies nicht dem Regelungszweck des Verkehrsordnungswidrigkeitenrechts. Dieser besteht nicht darin, Einnahmen zu erzielen 146 , sondern die Verkehrsdisziplin aufrechtzuerhalten und zu verbes143
Kutscha, NJ 1997, 393, 394. KG Berlin, NZV 1997, 48, 50. 145 Ronellenfitsch, DAR 1997, 147, 148 befürchtet insofern einen „Enscheidungsautomatismus". 146 Siehe dazu auch „Überwachung des fließenden Verkehrs durch private Firmen", Entschließung des Deutschen Verkehrssicherheitsrates e.V., DAR 1997, 34. 144
C. Art. 33 Abs. 4 GG als Privatisierungsgrenze
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sern.147 Einnahmeorientierte Überwachungstätigkeit ist deshalb ermessensfehlerhaft und rechtswidrig.148 In der Literatur wird aus der Gefahr einnahmeorientierter Tätigkeit z.T. der Schluß gezogen, es sei zumindest „äußerst fraglich", ob hinreichende Gründe für eine Aufgabenübertragung auf Private im Bereich der Verkehrsüberwachung vorliegen.149 In der Tat erscheint es zweifelhaft, ob der mit einer Privatisierung verbundene Entlastungseffekt ausreichen kann, die Gefahr bewußt oder unbewußt fehlerhafter Anwendung hoheitsrechtlicher Befugnisse im Wege einer Abwägung zu überwinden. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, daß der Gesetzgeber diese Gefahr durch geeignete Maßnahme wenn auch nicht ausschließen150, so doch reduzieren kann. Die Zielrichtung einer solchen Maßnahme ginge in zwei Richtungen: Zum einen müßte einer einnahmeabhängigen Bezahlung der privaten Überwacher vorgebeugt, zum anderen verhindert werden, daß die beauftragende Behörde zwischen privaten Bewerbern nach dem zu erwartenden Ertrag auswählt und so mittelbar einen Anreiz zu einnahmeorientierter Verkehrsüberwachung gibt.151 Beides ließe sich erreichen, indem man Verwarnungsund Bußgelder unabhängig davon, wer sie erhebt, zweckgebunden für Verkehrssicherheitsmaßnahmen dem jeweiligen Landeshaushalt zufließen lassen würde. 152 Dies würde dazu führen, daß die beauftragenden Verwaltungsbehörden kein Interesse an einer möglichst hohen „Erfolgsquote" des privaten Unternehmens hätten und so weder in die Versuchung einer einnahmeorientierten Bezahlung, noch einer einnahmeorientierten Auswahl der privaten Unternehmen kämen.153 Einer Übertragung der Überwachungstätigkeit auf Private stünden in einem solchen Fall keine entscheidenden Bedenken aus der Gefahr der unrichtigen Anwendung hoheitsrechtlicher Befugnisse mehr entgegen.
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Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, § 47 Rdnr. 15 f. Nitz, NZV 1998, 11, 15; Steiner, DAR 1996, 272, 273; Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, § 26 Rdnr. 2; OLG Stuttgart, DAR 1991, 31, 32; Janker, DAR 1992, 32, 33. Schon deshalb kann die Hoffnung, höhere Einnahmen zu erzielen, nie Grund für die Übertragung der Verkehrsüberwachung auf Private sein (vgl. dazu Steegmann, NJW 1997, 2157, 2159). Ein rechtswidriges Ziel vermag eine Ausnahme vom Grundsatz des Art. 33 Abs. 4 GG nie zu rechtfertigen. 149 Krölls, GewArch 1997, 445, 453; Ronellenfitsch, DAR 1997, 147, 150f. hält sie sogar für verfassungswidrig. 150 Ausgeschlossen ist diese Gefahr nicht einmal bei der Verkehrsüberwachung durch staatliche Stellen, vgl. dazu Krölls (FN 149). 151 Nitz, NZV 1998, 11, 15. 152 So der Vorschlag von Steegmann, NJW 1997, 2157, 2159. 153 Vgl. dazu auch Nitz, NZV 1998, 11, 15. 148
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Teil 4: Privatisierung von Staatsaufgaben
(2) Der Einsatz von Verwaltungshelfern Die öffentliche Hand bezieht Private nicht nur durch Beleihung in die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben ein. Vielfach bedient sie sich auch privater Verwaltungshelfer, die im Unterschied zum Beliehenen aber nicht selbständig tätig werden, sondern Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der jeweiligen Behörde wahrnehmen.154 Insofern kann ein Spannungsverhältnis zwischen Art. 33 Abs. 4 GG und der Übertragung von staatlichen Aufgaben auf Verwaltungshelfer nicht entstehen:155 Die Ausführung bloßer Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der jeweiligen Behörde stellt keine hoheitsrechtliche Tätigkeit i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG dar. 156 So wäre es etwa im Rahmen der Verkehrsüberwachung durch Private ohne weiteres möglich, deren Tätigkeit auf die Bereitstellung der Geräte für die Geschwindigkeitskontrolle zu beschränken, ihnen die Gerätewartung und -reparatur zu übertragen, die Entwicklung von Filmen zu überlassen oder sie zu Verkehrszählungen heranzuziehen.157 3. Ergebnis Im Rahmen der Gefahrenabwehr durch Private sind zwei Grundformen zu unterscheiden: Die bloße Zulassung privater Gefahrenabwehr durch den Staat auf der einen, die staatliche Veranlassung der Erledigung von Gefahrenabwehraufgaben auf der anderen Seite. Art. 33 Abs. 4 GG ist kein verfassungsrechtlicher Maßstab für die bloße Zulassung privater Gefahrenabwehr, da der Staat hier keine hoheitsrechtlichen Aufgaben überträgt: Die Privaten werden aus den jedermann zustehenden strafrechtlichen Notwehrund Nothilfevorschriften tätig. Veranlaßt der Staat die Erledigung von Gefahrenabwehraufgaben durch Private, wird Art. 33 Abs. 4 GG relevant: Im Rahmen der Beleihung sind die Übertragung von technischen Überwachungsaufgaben und die Fluggastund Gepäckkontrolle im Luftfahrtbereich als unproblematisch einzustufen. Dagegen scheitert eine Privatisierung des hoheitlich-repressiven Bereichs des Strafvollzugs an Art. 33 Abs. 4 GG: Die Kostenentlastung des Staates durch den Einsatz Privater vermag die Gefahr der bewußt oder versehentlich fehlerhaften Anwendung hoheitsrechtlicher Befugnisse nicht zu recht154 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rdnr. 60; Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 162. 155 So auch KG Berlin, NZV 1997, 48, 50. 156 Zum Ausschluß bloßer Hilfstätigkeiten aus dem Geltungsbereich des Funktionsvorbehalts vgl. oben Teil 2 C II 5b) (3) (b) (dd); speziell in bezug auf die kommunale Verkehrsüberwachung Peilert, DVB1. 1999, 282, 285. 157 Steiner, DAR 1996, 272, 275.
C. Art. 33 Abs. 4 GG als Privatisierungsgrenze
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fertigen. Eine Verlagerung von Aufgaben der Verkehrsüberwachung auf Private ist unter dem Gesichtspunkt der mit ihr einhergehenden personellen und wirtschaftlichen Entlastung gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber durch geeignete Maßnahmen sicherstellt, daß die privaten Unternehmen weder einnahmeorientiert bezahlt noch ausgewählt werden. Der Einsatz von Verwaltungshelfern kann mit dem Funktionsvorbehalt nicht konfligieren: Die Ausführung bloßer Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der jeweiligen Behörde stellt keine Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG dar.
Teil
Die Bestandskraft des Funktionsvorbehalts A. Die Problemstellung Die Finanznot der öffentlichen Haushalte1 und ein verbreiteter Affekt gegen Institutionen, der sich in allen Lebensbereichen regt2, haben zu einer neuen Legitimationskrise des Berufsbeamtentums geführt. Bestrebungen das Berufsbeamtentum abzuschaffen 3 oder es doch in seinen wesentlichen Strukturprinzipien zu verändern4, steht allerdings die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums in Art. 33 Abs. 4 i. V. m. Abs. 5 GG entgegen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG an der „Ewigkeitsgarantie" des Art. 79 Abs. 3 GG teilhat. Danach ist eine Änderung des Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, unzulässig. Aus der Tatsache allein, daß Art. 33 GG in dieser Aufzählung nicht genannt ist, läßt sich nicht schließen, die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG greife nicht ein. Vielmehr bildet Art. 79 Abs. 3 GG für die Abschaffung des Berufsbeamtentums dann eine Sperre, wenn es unter die in Art. 1 und 20 GG niedergelegten Grundsätze subsumiert werden kann.5
1
Isensee, ZBR 1998, 295, 302ff. Isensee (FN 1), 312. 3 Vgl. dazu Antrag der Fraktion „Die Grünen" zur Abschaffung des Berufsbeamtentums: „Kein Berufsbeamtentum in einem vereinigten Deutschland" vom 01. 06.1990, BT-Drs. 11/7328, S. Iff. 4 Vgl. dazu den Gesetzentwurf des Landes Schleswig-Holstein vom 24.04.1996 zur Änderung des Art. 33 des Grundgesetzes, in Art. 33 Abs. 5 GG die Bezugnahme auf die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu streichen (BT-Drs. 289/96); vgl. auch Minz/Conze, ZTR 1995, 243, 248 f. 5 Stem, Ule-FS, S. 193, 202; von Münch, Studienkommission, Bd. 5, S. 71, 86; Mayer, Studienkommission, Bd. 5, S. 557, 636; dazu, daß eine Abschaffung des Berufsbeamtentums die in Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Föderativprinzipien nicht verletzen würde, Stem, ebenda, 206 ff. 2
C. Bestandteil der „verfassungsmäßigen Ordnung"
231
B. Der Grundrechtscharakter des Art. 33 GG Sieht man trotz der Beschränkung des Art. 79 Abs. 3 GG auf die Artikel 1 und 20 GG die unverbrüchliche Garantie eines materiellen Wertkerns eines jeden Grundrechts durch Art. 1 Abs. 1 und 2 GG geschützt6, könnte Art. 33 GG dann an der Garantie des Art. 79 Abs. 3 GG teilhaben, wenn es sich bei Art. 33 GG um ein Grundrecht handelte. Dagegen spricht aber sowohl der Vergleich mit den entsprechenden Bestimmungen der Weimarer Verfassung, die ausdrücklich im Grundrechtsteil angeführt waren, als auch Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG: Verfassungsbeschwerde kann danach jedermann u.a. mit der Behauptung erheben, in seinen Grundrechten oder in einem Recht aus Art. 33 GG verletzt zu sein. Wäre Art. 33 GG ein Grundrecht, hätte es einer derartigen Regelung in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG nicht bedurft. 7
C. Das Berufsbeamtentum als Bestandteil der „verfassungsmäßigen Ordnung" des Art. 20 Abs. 3 GG Die Möglichkeit einer Abschaffung des Berufsbeamtentums könnte mit dem Argument verneint werden, es gehöre zur „verfassungsmäßigen Ordnung" i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG und sei daher gem. Art. 79 Abs. 3 GG auch nicht im Wege einer Verfassungsänderung zu beseitigen.8 Dabei würde aber übersehen, daß Art. 79 Abs. 3 GG zwar die Bindung von Legislative und Exekutive an die verfassungsmäßige Ordnung für unabdingbar erklärt, nicht aber den Inhalt dieser verfassungsmäßigen Ordnung selbst.9 Ein anderes Ergebnis wäre auch sinnwidrig: Zur verfassungsmäßigen Ordnung i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG gehört der gesamte Normenbestand der Verfassung 10, sie ist „Inbegriff der im GG enthaltenen Bestimmungen".11 Würde man dem 6 So etwa Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 79 Rdnr. 42; vgl. auch Dürig, in: Maunz-Festgabe, S. 41, 45. 7 So auch Stern, Ule-FS, S. 193, 202 f.; Forsthoff, Studienkommission, Bd. 5, S. 17, 39. 8 So etwa Krüger, BayBZ 1950, 173. 9 So schon von Mangoldt/Klein, GG, Bd. III, Art. 79 Anm. VII 3 lit. d) lit. dd) FN 220; zustimmend von Münch, Studienkommission, Bd. 5, S. 71, 82, 86; Stern, Ule-FS, S. 193, 204f. 10 Schnapp, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 20 Rdnr. 35. 11 Herzog, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 20 VI Rdnr. 9; vgl. auch von Mangoldt/ Klein, GG, Bd. 1, Art. 20 Anm. VI 4 lit. e).
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Teil 5: Die Bestandskraft des FunktionsVorbehalts
Berufsbeamtentum einen Bestandsschutz einräumen, nur weil es zur verfassungsmäßigen Ordnung i.S.d. Grundgesetzes gehört, würde man damit zugleich sagen, daß Art. 79 GG sinnlos ist. Eine Verfassungsänderung kann sich naturgemäß nur auf Bestimmungen beziehen, die in der Verfassung enthalten sind - da aber sämtliche Normen der Verfassung zur verfassungsmäßigen Ordnung gehören, könnte das Grundgesetz nie mehr geändert werden. Die Tatsache allein also, daß die Institution des Berufsbeamtentums zur verfassungsmäßigen Ordnung i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG zu zählen ist, garantiert nicht dessen Bestand.12
D. Die Grundsätze des Art. 20 Abs. 3 GG I. Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Ule 13 hat aus der Bindung der vollziehenden Verwaltung an Recht und Gesetz abgeleitet, das Beamtentum könne nicht abgeschafft werden. Alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die öffentliche Gewalt ausüben, seien an Recht und Gesetz gebunden. Da der Begriff der „öffentlichen Gewalt" mit dem der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" gleichzusetzen sei, könne eine an Recht und Gesetz gebundene Verwaltung nicht auf Berufsbeamte verzichten. Denn nur ihr von Unabhängigkeit geprägter Status könne diese Bindung sicherstellen.14 Eine solche Gleichsetzung „hoheitsrechtlicher Befugnisse" mit der „öffentlichen Gewalt" i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG findet indes keinen Anhalt im Grundgesetz. Vielmehr unterwirft Art. 20 Abs. 3 GG jede Tätigkeit der Verwaltung dem Gesetzmäßigkeitsgrundsatz, ohne zwischen hoheitsrechtlichen und nicht-hoheitsrechtlichen Tätigkeiten zu unterscheiden, staatliche Verwaltung ist in all ihren Formen an Recht und Gesetz gebunden.15 Bindet aber das Grundgesetz jegliches staatliche Handeln an Recht und Gesetz, also auch diejenigen Tätigkeiten, die nach dem Grundgesetz selbst von Angestellten zu erledigen sind, ist damit zugleich gesagt, daß die Bindung an Recht und Gesetz den Beamtenstatus nicht erfordert und der Abschaffung des Berufsbeamtentums nicht entgegensteht.16 Dem widerspricht auch nicht die in den vorangegangenen Kapiteln 12 So i.E. auch von Mangoldt/Klein (FN 11), Bd. III, Art. 79 Abs. 3 Anm. VII 3 lit. d) lit. dd) FN 220; zustimmend Stem, Ule-FS, S. 193, 204f.; ähnlich auch Mayer, Studienkommission, Bd. 5, S. 557, 636. 13 Ule, Studienkommission Bd. 5, S. 441, 450ff. 14 Ule (FN 13). 15 Vgl. stv. für viele Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rdnr. 25; Schnapp, in: von Münch/Kunig, Art. 20 Rdnr. 39; Mallmann, VVDStRL 19 (1961), S. 165, 193 f. 16 So i.E. auch von Münch, Studienkommission, Bd. 5, S. 71, 92; Stem, Ule-FS, S. 193, 203.
D. Die Grundsätze des Art. 20 Abs. 3 GG
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herausgearbeitete enge Verbindung zwischen Gesetzmäßigkeitsprinzip und Berufsbeamtentum: Das Grundgesetz sieht den Berufsbeamten als optimalen Garanten dieses Prinzips. Das heißt aber nicht, daß dieses Prinzip schon dann berührt wäre, wenn der Staat darauf verzichtet, es in bestmöglicher Art und Weise zu verwirklichen. Denn von einer „Berührung" i.S.d. Art. 79 Abs. 3 GG kann nur bei prinzipieller Preisgabe eines Prinzips ausgegangen werden.17 Angesichts der rechtlichen Ausgestaltung des Angestelltenverhältnisses, das dem Status des Beamten in vielerlei Hinsicht angenähert ist, kann von einer prinzipiellen Preisgabe dieses Prinzips durch eine Abschaffung des Berufsbeamtentums nicht die Rede sein.18
IL Die Gewaltenteilung Möglicherweise steht einer Abschaffung des Berufsbeamtentums der Grundsatz der Gewaltenteilung - ein tragendes Organisationsprinzip des GG 19 - entgegen20, wonach die gegenseitige Kontrolle und Begrenzung der drei Staatsgewalten Legislative, Exekutive und Judikative zu einer Mäßigung der Staatsgewalt insgesamt führen soll.21 Zum einen könnte man auf dieser Basis damit argumentieren, daß die Abschaffung des Berufsbeamtentums die Exekutive schwächen würde, weil der Beamte das stete Funktionieren der vollziehenden Gewalt gewährleistet, indem er auf die Durchsetzung seiner Rechte im Wege des Arbeitskampfes verzichtet.22 Eine solche Argumentation würde aber verkennen, daß durch die Abschaffung des Beamtentums nicht nur die Exekutive betroffen wäre, sondern auch die anderen Gewalten. Es entspricht nicht der Realität, daß Parlament oder Rechtsprechung ohne Unterbau auskommen könnten.23 Vielmehr stellen 17
BVerfGE 30, 1, 24; 94, 12, 34; 94, 49, 103; Jarass/Pieroth, Art. 79 Rdnr. 5; vgl. auch Brenner, Der Staat 32 (1993), 493, 498ff.; a.A. Lücke, in: Sachs, GG, Art. 79 Rdnr. 24. 18 Dies jedenfalls dann nicht, wenn das Angestellten Verhältnis weiter an das Beamtenverhältnis angeglichen wird, vgl. dazu unten Teil 5 E. Auch von Münch, Studienkommission, Bd. 5, S. 71, 97 geht davon aus, daß auch für diejenigen Bediensteten in der Verwaltung, die nicht im Beamtenverhältnis stehen, Vorkehrungen getroffen werden können, um die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu gewährleisten. 19 So schon BVerfGE 3, 225, 247; noch einmal bekräftigt in BVerfGE 95, 1, 15. 20 So wohl Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, S. 36 ff; ähnlich Merten, ZBR 1999, 1, 10f.; ders., in: Merten/Pitschas/Niedobitek, S. 1, 27f., wonach infolge der unabdingbaren Funktion des Berufsbeamtentums für die Gewaltenteilung zwar nicht das „Berufsbeamtentum in all seinen Erscheinungen", aber doch seine wesentlichen Grundsätze änderungsfest sind. 21 BVerfGE 95, 1, 15; 9, 268, 279; 3, 225, 247; vgl. umfassend zur Gewaltenteilung Herzog, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 20 V. 22 So wohl Leisner, Die Grundlagen des Berufsbeamtentums, S. 37, 39 f. 23 So aber Leisner (FN 22), S. 36.
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Teil 5: Die Bestandskraft des FunktionsVorbehalts
Beamte sowohl im Bereich der Legislative als auch in dem der Judikative das Funktionieren dieser Gewalten sicher.24 Zum anderen liegt der Schluß nahe, daß bei einer Abschaffung des Berufsbeamtentums mit seiner gesicherten Rechtsstellung der Einfluß des von den Parteien dominierten Parlaments auf die Exekutive zunehmen würde, so daß es zu einer Kräftverschiebung zwischen Legislative und Exekutive kommen würde.25 Eine solche Kräfteverschiebung würde indes einer Streichung der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums nicht entgegenstehen. Das Gewaltenteilungsprinzip gewährleistet lediglich die Gewaltenteilung als solche, nicht aber die Gewichtsverteilung innerhalb der Gewalten.26
III. Die Volkssouveränität Einer Abschaffung des Berufsbeamtentums könnte das Prinzip der Volkssouveränität entgegenstehen, wonach alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG). 27 Bedenken bestehen unter diesem Gesichtspunkt zunächst insoweit, als bei einer Ersetzung der Beamten durch Angestellte die Kompetenz zur Regelung des öffentlichen Dienstes, die bisher im Bereich der Beamten beim Gesetzgeber lag, völlig auf die Tarifvertragsparteien verlagert werden würde.28 Selbst wenn man darin aber eine Tangierung des Prinzips der Volkssouveränität sähe, würde dies die Sperrwirkung des Art. 79 Abs. 3 GG nur dann auslösen, wenn dadurch dieses Prinzip prinzipiell preisgegeben würde. Davon kann hier nicht die Rede sein: Bei einer durchgehenden Besetzung des öffentlichen Dienstes mit Angestellten wäre zwar die Regelungskompetenz des Parlaments in Hinblick auf den öffentlichen Dienst insgesamt entfallen. Dies macht aber nur einen kleinen Teil der Gesamt-Regelungskompetenz des Parlaments aus, dem trotzdem
24
In diese Richtung auch von Münch, Studienkommission, Bd. 5, S. 71, 91. Vgl. dazu eingehend oben Teil 2 C II 5 b) (3) (a) (aa). 26 Forsthoff, Studienkommission, Bd. 5, S. 17, 40; Mayer, Studienkommission, Bd. 5, S. 557, 637. Selbst wenn man mit Merten, ZBR 1999, 1, 5 annähme, der Grundsatz der Gewaltenteilung wolle auch die Gewichtsverteilung zwischen den Gewalten gewährleisten (vgl. dazu auch BVerfGE 95, 1, 15), wäre damit noch nicht gesagt, daß die Abschaffung des Berufsbeamtentums gegen diesen Grundsatz verstoßen würde. Auf den unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung entscheidenden Posten in den Ministerien müßten beim Fehlen eines Beamtentums Angestellte eingesetzt werden, deren Rechtsstellung der des Beamten weiter angeglichen werden könnte, vgl. dazu unten Teil 5 E. 27 Vgl. zum Prinzip der Volkssouveränität umfassend Herzog, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 20 II Rdnr. 33 ff. 28 So Kölble, 48. DJT, S. Ο 93 f. 25
D. Die Grundsätze des Art. 20 Abs. 3 GG
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ein substantieller Entscheidungsspielraum erhalten bliebe.29 Das Prinzip der Volkssouveränität fordert nicht einen totalen Bestandsschutz für gesetzgeberische Aktivitäten.30 Möglicherweise könnte durch eine Abschaffung des Berufsbeamtentums das Prinzip der Volkssouveränität berührt werden, weil ein Beamtentum, dem der Arbeitskampf verwehrt ist, die Durchsetzung des Volkswillens am besten sicherstellt.31 Aus einer solchen Argumentation würde aber folgen, daß in all jenen Verwaltungsfeldern, die von Angestellten und Arbeitern besetzt sind, das Prinzip der Volkssouveränität verletzt wäre. Eine solche Folgerung verbietet sich jedoch angesichts der Tatsache, daß das Grundgesetz selbst davon ausgeht, daß bestimmte staatliche Aufgaben von Angestellten und Arbeitern zu erfüllen sind.32 Dem Prinzip der Volkssouveränität kann man im Hinblick auf die Struktur des öffentlichen Dienstes lediglich das Erfordernis entnehmen, daß die staatlichen Amtswalter, gleichgültig wo sie im einzelnen tätig sind, individuell ausgewählt werden und ihre Berufung in einer ununterbrochenen Legitimationskette auf das Volk zurückführen können.33 Die danach erforderliche - mittelbare - Einsetzung durch das Parlament ist sowohl bei Beamten als auch bei Angestellten und Arbeitern gegeben.34
IV. Das Sozialstaatsprinzip Sieht man im Beamtentum einen unverzichtbaren Garanten für den Sozialstaat35, müßte man seine Abschaffung wegen eines Verstoßes gegen das Sozialstaatsprinzips36 ablehnen. Unabhängig davon aber, welche Pflichten man dem Staat im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip im einzelnen 29
Das Verbleiben eines solchen substantiellen Entscheidungsspielraum bejahend sieht auch Stern, Ule-FS, S. 193, 205 f. das Demokratieprinzip durch die Abschaffung des Berufsbeamtentums als nicht verletzt an. 30 Von Münch, Studienkommission Bd. 5, S. 71, 97. 31 Vgl. dazu Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, S. 14. 32 Dies folgt schon aus Art. 33 Abs. 4 GG, der einen Zwang zur Übertragung von hoheitsrechtlichen Befugnissen nur bei Vorliegen einer ständigen Aufgabe, und auch dann nur als Regel vorsieht. 33 Herzog, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 20 II Rdnr. 52 f. 34 Nämlich durch den in individueller Personalentscheidung berufenen Bundeskanzler (Art. 63 GG), der seinerseits die einzelnen Bundesminister individuell beruft (Art. 64 Abs. 1 GG), die ihrerseits selbst weitere Amtswalter berufen, die diese Legitimationskette bis nach „ganz unten" fortführen. Auf Landesebene gilt dies entsprechend. 35 So etwa Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, S. 46 ff. 36 Vgl. zum Sozialstaatsprinzip umfassend Herzog, in: Maunz-Dürig, Art. 20 VIII Rdnr. 1 ff.
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Teil 5: Die Bestandskraft des FunktionsVorbehalts
auch auferlegen mag, enthält es jedenfalls keine Vorschriften darüber, mit welchen Bediensteten er diese Pflichten zu erfüllen hat.37 Die Rolle des Beamtentums beschränkt sich im Hinblick auf den Sozialstaat im wesentlichen darauf, Recht und Gesetz streng objektiv und ohne sachfremde Erwägungen zu vollziehen.38 Dafür prädestiniert die Rechtsstellung des Beamten diesen zwar in besonderer Weise. Von einer Berührung des Sozialstaatsprinzips kann aber angesichts der Angleichung der Rechtsstellung des Angestellten an die des Beamten, die gegebenenfalls weiter fortzuführen wäre39, nicht gesprochen werden.40 Auch wenn man aus dem Sozialstaatsprinzip folgern wollte, Aufgaben der Sozialhilfeverwaltung müßten jederzeit erfüllt werden41, kann daran eine Abschaffung des Berufsbeamtentums nicht scheitern. Denn es ist zwar richtig, daß Beamte insofern durch das Streikverbot die Kontinuität der Aufgabenerfüllung gewährleisten. Die Forderung nach einer jederzeit unbedingten Aufgabenwahrnehmung läßt sich aber nur darauf stützen, daß die jeweiligen Adressaten auf die Sozialleistungen existenziell angewiesen sind. Wo ein solches Angewiesensein vorliegt, ist jedoch auch dem Angestellten im öffentlichen Dienst der Streik verwehrt: Ein Streik wäre hier im Hinblick auf die existenziellen Folgen für den Bürger unverhältnismäßig.42 Aus dem Sozialstaatsprinzip kann damit kein Verbot abgeleitet werden, das Beamtentum abzuschaffen. 43 37
Stem, Ule-FS, S. 193, 205; von Münch, Studienkommission, Bd. 5, S. 71, 90; Mayer, Studienkommission, Bd. 5, S. 557, 636. 38 Vgl. dazu Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, S. 48 f. 39 Vgl. dazu sogleich. 40 Vgl. zur Angleichung der Rechtsverhältnisse zwischen Beamten und Angestellten oben Teil 2 C II 5 b) (2). 41 So etwa Leisner, Grundlagen der Berufsbeamtentums, S. 48. 42 Vgl. dazu Isensee, Beamtenstreik, S. 73 ff., insbes. S. 77; eingehend zu den Grenzen der Streikfreiheit im öffentlichen Dienst durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip Reuss, Ule-FS, S. 417, 427 ff.; aus der Rspr. BAGE 33, 140, 174; 48, 195, 205f. Nach Scholz sollen Angestellte, die hoheitsrechtliche Befugnisse i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG wahrnehmen, ebenso wie Beamte einem Streikverbot unterliegen (ders., in: Maunz/Dürig, GG, Art. 9 Rdnr. 379; ähnlich auch Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, § 40 VI 7 lit. d)). Abgesehen davon aber, daß dies der Rspr. des BVerfG widerspricht (vgl. dazu BVerfGE 88, 114, wonach das Streikrecht für Angestellte grundsätzlich auch im hoheitlichen Bereich besteht), kann auch die Begründung dafür nicht überzeugen: Allein die Tatsache, daß sich das Streikverbot für Beamte nur aus den Aufgaben rechtfertigen läßt, die diese zu erfüllen haben, kann nicht zu einer Erstreckung des Arbeitskampfverbotes analog Art. 33 Abs. 5 GG auf Angestellte führen. Konsequenterweise müßte man bei diesem Ausgangspunkt nämlich sämtliche Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums - die sich ja ebenfalls nur aus dessen besonderem Aufgabenbereich rechtfertigen lassen - auch auf Angestellte anwenden, wenn diese eigentlich Beamten vorbehaltene Aufgaben erfüllen. Damit wäre aber im Ergebnis eine Rückkehr zum Standpunkt des Reichsgerichts verbunden, wonach bereits die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben für den Beamtenstatus konstituierend sei.
E. Ergebnis
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E. Ergebnis Art. 79 Abs. 3 GG steht der Abschaffung des Berufsbeamtentums nicht entgegen. Rechts- und Sozialstaat, Gewaltenteilung und Volkssouveränität erfordern nicht zwingend den Berufsbeamten heutiger Prägung. Damit ist aber nicht gesagt, daß die öffentliche Verwaltung in beliebige Hände gelegt werden könnte: Elemente des Berufsbeamtentums wie etwa die Verpflichtung zur politischen Neutralität und die Stabilität des Beschäftigungsverhältnisses müßten auch den Status der Nachfolger des Berufsbeamten kennzeichnen. Eine öffentliche Verwaltung, die ihr Handeln ausschließlich nach parteipolitischen Erwägungen ausrichten würde und deren Bedienstete jederzeit mit ihrer Entlassung rechnen müßten, stünde sachfremden Einflüssen schutzlos gegenüber. Daß eine solche Verwaltung nicht mehr in der Lage wäre, die Bindung an Recht und Gesetz zu gewährleisten, bedarf keiner näheren Begründung. Nicht umsonst verfügen alle Staaten der EU über eine Gruppe von Bediensteten, die auf politische Neutralität verpflichtet sind und deren Dienstverhältnis von einer gewissen Dauerhaftigkeit gekennzeichnet ist.44 Auch der öffentliche Dienst in den USA, der mit dem zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingeführten Beute- oder „Spoils"-System45 Gegenentwurf zum beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzip war, ist mittlerweile durch starken Kündigungsschutz geprägt.46 Unterstehen wesentliche Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums dem Schutz des Art. 79 Abs. 3 GG, ist damit zugleich gesagt, daß zwar das Berufsbeamtentum als solches, nicht aber der Kern seiner hergebrachten Grundsätze, insbesondere die Stabilität des Dienstverhältnisses, die politische Neutralität, das Streikverbot für bestimmte47 Aufgabenbereiche, das Erfordernis fachlicher Vorbildung sowie die wirtschaftliche Absicherung des Beamten, abgeschafft werden kann. Ein neues Dienstrecht könnte insofern zwar den Typ eines Amtswalters schaffen, der nicht mehr Beamter im 43
Vgl. dazu nur Stern, Ule-FS, S. 193, 205. Vgl. dazu oben Teil 1 Β III und IV. 45 Das Spoils-System sah die Ersetzung der jeweiligen Bediensteten einer Verwaltungseinheit durch Parteigänger des jeweiligen Wahlsiegers vor. Befähigte öffentliche Bedienstete konnten damit jederzeit ersetzt werden. Einen Rechtsanspruch auf Verbleib im öffentlichen Dienst konnte es im Rahmen eines solchen Systems naturgemäß nicht geben, vgl. dazu eingehend Weber, ZBR 1989, 65, 71 ff.; ideiner, RiA 1989, 241, 242ff.; Schoonmaker, in: Lückerath (Hrsg.), Berufsbeamtentum und Beamtenorganisationen, S. 95, 108 ff. 46 Höfling, in: BK, Art. 33 Abs. 1 bis 3, Rechtsvergleichende Hinweise, Anm. 2. 47 Eines Streikverbots bedürfte es in den Bereichen nicht, die keine stetige Aufgabenerfüllung verlangen, vgl. dazu oben Teil 2 C II 5 b) (3) (c). Insoweit gehört das generelle Streikverbot nicht zum Kern der hergebrachten Grundsätze im hier beschriebenen Sinne. 44
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Teil 5: Die Bestandskraft des Funktionsorbehalts
heutigen Sinne wäre, etwa weil sein Dienstverhältnis nicht mehr öffentlichrechtlich, sondern privatrechtlich begründet würde.48 Der Gesetzgeber müßte dann aber tragende Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums in arbeitsrechtliche Formen „gießen". Grundlage hierfür könnten die Regelungen des Rechts der Angestellten im öffentlichen Dienst sein, das ohnehin durch eine starke Angleichung an das Beamtenrecht gekennzeichnet ist. Außer einem neuen Etikett für einen im wesentlichen gleichen Sachverhalt wäre damit aber für die Gegner des Berufsbeamtentums nicht viel gewonnen.49
48
Vgl. dazu Summer, ZBR 1999, 181, 188f. So i.E. auch Merten, ZBR 1999, 1, 10f.; ders., in: Merten/Pitschas/Niedobitek, Neue Tendenzen im öffentlichen Dienst, S. 27f.; Stem, Ule-FS, S. 193, 210ff. Es ist dann nur noch eine Frage des Standpunkts, ob man den in einem solchen Dienstverhältnis stehenden Amtswalter als „Beamten" bezeichnen will. 49
Teil
Zusammenfassende Thesen und Schlußbetrachtung A. Zusammenfassende Thesen I. 1. Das Berufsbeamtentum heutiger Prägung ist weder überkommenes Relikt einer feudalen Gesellschaft noch „Überbleibsel aus der Zeit des Obrigkeitsstaates". Vielmehr ist es in seinen Grundzügen ein Produkt der Aufklärung, das trotz patriarchalischer Reminiszenzen, die in Begriffen wie „Treue" und „Hingabe" mitschwingen, nicht zuvörderst ein Herrschaftsinstrument des Monarchen, sondern „eine rechtliche und faktische Form der Verselbständigung der Staatsgewalt vom unbedingten monarchischen Willen" darstellte. Die im 18. und 19. Jahrhundert geschaffenen persönlichen Garantien des Beamten waren Rechte gegen den Monarchen, die es dem Beamten ermöglichten, sich in einer gewissen Unabhängigkeit dem Dienst am Staate zu widmen. Insofern waren die Beamten dem Monarchen zwar in Treue und Hingabe verbunden, dies aber lediglich im Hinblick auf dessen Rolle als „erster Diener des Staates". Die Bindung an Verfassung und Gesetz wurde im konstitutionellen Staat zum eigentlichen Inhalt des Beamtentums. Die rechtliche Sonderstellung des Beamten erlaubte es ihm, die Rechte der Bürger gegen den Monarchen bzw. dem hinter ihm stehenden Staat zu schützen. An diese Idee des Berufsbeamtentums als „Hüter des Rechtsstaats" knüpfte der Verfassungsgeber des Jahres 1949 bewußt an. I. 2. Nahezu alle Mitgliedstaaten der EU kennen die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnissen. Dabei ist die Dauerhaftigkeit ein typisches Merkmal des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, obwohl z.T. auch die privatrechtlichen Dienstverhältnisse auf Dauer angelegt sind. Die Verpflichtung zur Neutralität gilt in allen Staaten der EU für alle öffentlichen Bediensteten. Das Streikrecht ist lediglich in Deutschland und Dänemark auf die privatrechtlich Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung beschränkt. Einschränkungen des Streikrechts in den übrigen Ländern knüpfen nicht an die Rechtsstellung der Bediensteten an, sondern an die jeweils ausgeübte Funktion. Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG für Angehörige des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, stellt eine singuläre Erscheinung dar. Eine Bestimmung, wonach es privat-
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Teil 6: Schlußbetrachtung
rechtlichen Bediensteten verwehrt ist, hoheitsrechtliche Befugnisse bzw. Aufgaben wahrzunehmen, kennt kein anderes EU-Land. II. 1. In einem „öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis" i.S.v. Art. 33 Abs. 4 GG stehen nur Berufsbeamte und Soldaten, nicht Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes. II. 2. Art. 33 Abs. 4 GG ist als unmittelbar geltender Verfassungsbefehl an alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit Dienstherrnfähigkeit zu verstehen, hoheitsrechtliche Befugnisse auf Berufsbeamte zu übertragen. II. 3. a) Dem Wortlaut von Art. 33 Abs. 4 GG ist für die Auslegung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" nur insoweit ein Ergebnis zu entnehmen, als die Hilfsgeschäfte der Verwaltung, bei denen kein Überund Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürger vorliegt, nicht dem Funktionsvorbehalt unterfallen. II. 3. b) Die historischen Hintergründe legen sowohl im Hinblick auf die weite Rechtsprechung des Reichsgerichts zu den Beamtenaufgaben, von der bei der Schaffung des Art. 33 Abs. 4 GG ersichtlich abgewichen werden sollte, als auch im Hinblick auf Art. 148 Abs. 1 DBG den Schluß nahe, daß der Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" weder die Fiskal- noch die Leistungsverwaltung, sondern nur die Eingriffsverwaltung erfassen sollte. Die Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG spricht dafür, den Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" auf die Eingriffsverwaltung zu beschränken und lediglich aus traditionellen Gründen die Tätigkeit der Lehrer und Hochschullehrer einzubeziehen. II. 3. c) Die systematische Auslegung vermag zur Bestimmung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" nichts beizutragen. II. 3. d) Die Reichweite des FunktionsVorbehalts ergibt sich vordringlich aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Aus dem institutionellen Charakter von Art. 33 Abs. 4 GG, der auf den Schutz des Berufsbeamtentums abzielt, lassen sich Argumente sowohl für eine enge Auslegung, die nur die Eingriffsverwaltung umfaßt, als auch für eine weite Interpretation gewinnen, die den Aufgabenbereich des Berufsbeamtentums über die Eingriffsverwaltung hinaus ausdehnen würde. Eine Bestimmung des Aufgabenbereichs des Berufsbeamtentums erlaubt der institutionelle Charakter des Art. 33 Abs. 4 GG damit nicht. Die Reichweite des Funktionsvorbehalts läßt sich aber aus dem in Art. 33 Abs. 5 GG normierten Rechtsverhältnis entnehmen, dem die Berufsbeamten unterliegen. Die Verankerung der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums im Grundgesetz kann nicht „zweck"-los gewesen sein, vielmehr läßt sich die besondere Pflichtenbeziehung des Beamten zum Staat und umgekehrt nur aus den Aufgaben rechtfertigen, die der Beamte zu erfüllen hat.
Α. Zusammenfassende Thesen
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Trotz der Angleichung der Rechtsverhältnisse der Beamten und Angestellten zeigt sich, daß die verfassungsrechtlich garantierten Strukturprinzipien des Beamtenverhältnisses den Beamten für gewisse Aufgaben besonders qualifizieren: Zum einen macht ihn die wirtschaftliche Absicherung im Rahmen des Alimentationsprinzips und die Anstellung auf Lebenszeit zu einem ausgleichenden und stabilisierenden Faktor im politischen Kräftespiel. Dieser Aspekt führt zu einer Verbeamtungspflicht in den Ministerien sowohl bei den Amtswaltern, die den Kontakt zwischen Gubernative und Exekutive vermitteln, als auch im Bereich der ihnen zuarbeitenden bzw. der ausführenden Funktionen. Zum anderen bietet das Beamtenverhältnis optimale Gewähr für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidungen. Besondere Bedeutung kommt der Rechtmäßigkeit staatlicher Entscheidungen dann zu, wenn sie Grundrechtsrelevanz entfalten. Insofern ist der Aufgabenbereich des Beamten danach zu bestimmen, ob staatliches Handeln grundrechtsrelevant ist oder nicht. Zur Beantwortung der Frage nach der Grundrechtsrelevanz ist darauf abzustellen, ob staatliches Handeln eine Erheblichkeit erreicht, die eine besondere Schutzbedürftigkeit beim Bürger auslöst. Wann ein solche Erheblichkeit vorliegt, läßt sich nicht abstrakt festlegen. Entscheidend kommt es hierbei auf die Intensität der Einwirkung auf den Rechtskreis des Bürgers an. Hinreichend intensiv sind dabei Eingriffe des Staates in Freiheit und Eigentum des Bürgers, die im Wege unmittelbaren Zwanges durchgesetzt werden können, also diejenigen Maßnahmen, die die Eingriffsverwaltung kennzeichnen und auf die z.T. auch die Leistungsverwaltung zurückgreift. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Staat auf den Einsatz von Befehl und Zwang angewiesen ist oder ob er dazu nur befugt ist. Das Kriterium der Intensität zeigt, daß sich der Geltungsbereich des Funktionsvorbehalts auch auf Teile der Leistungsverwaltung erstreckt, die nicht mit Befehl und Zwang vorgehen können: Je existenzieller einer Leistung für den Bürger ist, desto intensiver wird durch die Entscheidung über Gewährung oder Nichtgewährung auf seine Grundrechte eingewirkt und desto nötiger ist die Besetzung entsprechender Stellen mit Beamten. Da intensiv auch all jene Maßnahmen sind, die eine individuelle Langzeitwirkung entfalten, insbesondere solche mit tendenziell irreversiblem Charakter, läßt sich die Leistungsverwaltung auch unter dem Aspekt der Langzeitwirkung nicht generell aus dem Funktionsvorbehalt ausklammern: So zwingt etwa die Verweigerung eines Studienplatzes den Bewerber i.d.R. zu einer beruflichen Umorientierung, die Auswirkungen auf sein gesamtes weiteres Leben hat. Bloße Hilfsdienste, rein mechanische Arbeiten und künstlerische Tätigkeiten erfaßt der Funktionsvorbehalt nicht, weil die besondere Rechtsstellung des Beamtenverhältnisses hier überflüssig ist. Eine Beschränkung des Funktionsvorbehalts auf den nach außen hin die Entscheidung treffenden 16 Strauß
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Teil 6: Schlußbetrachtung
Amtswalter ist nicht möglich, weil formale und materielle Entscheidungskompetenzen oft auseinanderfallen. II. 3. e) Die Bedeutung einer Aufgabe für den Staat kann zur Bestimmung des Aufgabenbereichs des Beamten nur wenig beitragen. Außer einem gewissen Kernbereich staatlichen Handelns, der unabhängig von politischen Richtungswechseln für den Staat besonders bedeutsam ist und für den deswegen der einem Streikverbot und einer besonderen Treuepflicht unterliegende Beamte besonders prädestiniert ist, läßt sich der Gesichtspunkt der Bedeutsamkeit für den Aufgabenbereich des Beamten nicht fruchtbar machen: Das Kriterium der Bedeutsamkeit unterliegt kurzfristigen inhaltlichen Änderungen und ist deshalb für die abschließende Beantwortung der Frage, auf welchen Positionen staatliche Dienstnehmer auf Lebenszeit verpflichtet werden müssen, ungeeignet. II. 3. f) Der Gesichtspunkt der Effizienz der Verwaltung vermag für die Bestimmung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" keine Erkenntnisse beizutragen, die über die aus dem Rechtsverhältnis des Beamten abgeleiteten hinausgehen: Verwaltungseffizienz ist als Zielerreichungseffizienz zu begreifen, so daß effizient derjenige Dienstnehmer arbeitet, dessen Rechtsverhältnis ihn zur optimalen Erfüllung der jeweiligen Verwaltungsziele befähigt. Eine eigenständige Ableitung des Aufgabenbereichs des Beamtentums ist mit dieser Feststellung nicht verbunden. II. 4. a) Der Staat ist beim Handeln in Privatrechtsform in seinem Ziel der Privatwirtschaft nicht angepaßt und im Gegensatz zu Privaten unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Die Tatsache, daß der Staat nicht öffentlich-rechtlich handelt, schließt das Vorliegen „hoheitsrechtlicher Befugnisse" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG nicht aus. II. 4. b) Grundrechtsrelevante Tätigkeiten im Bereich des Verwaltungsprivatrechts sind von Beamten auszuführen. Das vom Wortlaut des Art. 33 Abs. 4 GG vorausgesetzte Subordinationsverhältnis zwischen Staat und Bürger ist hier unabhängig von der Tatsache gegeben, daß die Verwaltung dem Bürger formell im Verhältnis der Gleichordnung gegenübertritt. Dieser ist den Regelungen des Leistungserbringers, auf den er existenziell angewiesen ist, nicht weniger unterworfen als staatlichen Maßnahmen in der Eingriffsverwaltung. Würde man ein Subordinationsverhältnis nur bei Handeln in öffentlich-rechtlicher Form bejahen, würde man der Verwaltung die Möglichkeit einräumen, durch die Wahl der Rechtsform über die Reichweite des Funktionsvorbehalts selbst zu bestimmen. Der Erstreckung des Funktionsvorbehalts auf die Leistungsverwaltung steht auch nicht die fehlende Dienstherrneigenschaft von Privatrechtssubjekten entgegen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts, die sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben einer Eigengesellschaft bedienen, trifft die Verpflichtung, ihre Beamten
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der Eigengesellschaft auf der Grundlage des § 123 a Abs. 2 BRRG zuzuweisen. II. 4. c) Der hier alsrichtigerkannte Ausgangspunkt der Grundrechtsrelevanz staatlicher Tätigkeit führt zu einer Verbeamtungspflicht auch in dem Bereich der Hilfsgeschäfte der Verwaltung, in dem der Staat ein übermächtiger und allein in Frage kommenden Auftraggeber ist. Im Rahmen der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand ist der Beamtenstatus dagegen inadäquat. Der Funktionsvorbehalt erstreckt sich damit nicht auf dieses Feld staatlichen Handelns. II. 5. Lehrer an öffentlichen Schulen sind zu verbeamten, weil sie „hoheitsrechtliche Befugnisse" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG ausüben. Die Tätigkeit des Lehrers ist dazu geeignet, erheblich in den Grundrechtssphäre des Schülers einzugreifen und kann das weitere Leben des Schülers entscheidend prägen. Selbst wenn man die Eingriffsbefugnisse des Lehrers auf den Schulleiter verlagerte, würde dies an der Verbeamtungspflicht für den Lehrer nicht ändern, weil eine Reduzierung des Funktionsvorbehalts auf den Dienstnehmer, der nach außen hin die Entscheidung verantwortet, nicht möglich ist. Im übrigen zeigt auch das Beispiel der Lehrer, daß eine Abgrenzung der Reichweite des Funktionsvorbehalts nach den Begriffen „Eingriffsverwaltung" bzw. „Leistungsverwaltung" nicht erfolgversprechend ist: Maßnahmen im schulischen Bereich sind oft Eingriff und Leistung zugleich. Die Verbeamtungspraxis in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg·^Vorpommern und Schleswig-Holstein ist verfassungswidrig. II. 6. Nicht-Beamten kann die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse übertragen werden, wenn es sich um nicht-ständige Aufgaben handelt. Solche liegen vor, wenn ihre Dauer von vornherein zeitlich begrenzt ist oder ihre Erfüllung nur vorübergehend von Nicht-Beamten übernommen wird. Hoheitsrechtliche Befugnisse müssen aber auch bei Nicht-Vorliegen dieser Voraussetzungen nur in der Regel von Beamten wahrgenommen werden. Solange die von Art. 33 Abs. 4 GG geforderte Regel eingehalten wird, können hoheitsrechtliche Befugnisse auch auf Nicht-Beamte übertragen werden. Aus dem Charakter von Art. 33 Abs. 4 GG als Einrichtungsgarantie der Verfassung folgt aber, daß sich derartige Maßnahmen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen müssen. II. 7. Art. 33 Abs. 4 GG verbietet es i.d.R. nicht, Beamte auch mit der Wahrnehmung nicht-hoheitlicher Aufgaben zu betrauen. Im Bereich der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Verwaltung ist das Rechtsverhältnis des Beamten dagegen inadäquat und führt zur Ineffizienz staatlichen Handelns. Aus dem Grundsatz der Verwaltungseffizienz ergibt sich damit eine Funktionssperre für Beamte im Rahmen erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit der öffentlichen Hand. 16*
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II. 8. Art. 33 Abs. 4 GG dient nicht dem Individualinteresse des einzelnen Bediensteten, einen seiner Verwendung entsprechenden Rechtsstatus zu erhalten. Die Vorschrift begründet damit kein subjektiv-öffentliches Recht des Angestellten, der dauerhaft hoheitsrechtliche Befugnisse wahrnimmt, verbeamtet zu werden. III. 1. Die Rechtsprechung des EUGH zu Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV zwingt nicht zu einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des Funktionsvorbehalts. Trotz aller Unklarheiten im einzelnen besteht der EuGH auf einer engen Interpretation des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV, wobei der Begriff der „Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung" im Interesse einer möglichst umfassenden Grundrechtsgeltung einheitlich und ohne Berücksichtigung nationalen Rechts und nationaler Verwaltungsorganisation als Gemeinschaftsbegriff verstanden wird. Die Anwendung von Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV ist als Ausnahme vom Prinzip der Arbeitnehmerfreizügigkeit auf diejenigen Fälle zu beschränken, die zur Wahrung der Interessen der Mitgliedstaaten unbedingt erforderlich sind. Damit wird Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV nur in Bereichen einschlägig, die ein auf das Staatsangehörigkeitsband gegründetes besonderes Treueverhältnis des Bediensteten zum Staat voraussetzen. Zur Konkretisierung dieser Anforderungen hat das Gericht zwei Kriterien entwickelt: Die unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse sowie die Wahrnehmung allgemeiner Belange des Staates. Beide Voraussetzungen müssen dabei lediglich alternativ vorliegen. Damit interpretiert der EuGH den Begriff der „Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung" nicht institutionell, sondern funktional nach der konkret zu besetzenden Stelle. Die Rechtsprechung des Gerichts ist bisher mehr durch eine umfangreiche Kasuistik, als durch eine Subsumtion der im Streit befindlichen Fälle unter die von ihm selbst entwickelten Merkmale gekennzeichnet. Dabei wurde der nationale Vorbehalt des Art. 39 [ex 48] Abs. 4 EGV u. a. verneint für Lehrer und Studienreferendare, Krankenpflegepersonal und Beschäftigte in zivilen Forschungsbereichen. Bejaht wurde er z.B. für Kontrolltätigkeiten, etwa die eine Nachtwächters, aber auch für staatliche Leitungs- und Beratungsaufgaben in wissenschaftlichen und technischen Fragen. III. 2. Da der Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Art. 33 Abs. 4 GG nicht mit dem der „hoheitlichen Befugnisse" in der Rechtsprechung des EuGH übereinstimmt, ergab sich ein Konflikt zwischen nationalem und Europarecht. Stellen, die „hoheitsrechliche Befugnisse" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG mit sich brachten, durften nach deutschem Recht nur mit Beamten besetzt werden. Nachdem der EuGH die Freizügigkeit auch auf Ämter erstreckt hatte, die dem nationalen Funktionsvorbehalt unterlagen, hätten Bewerber aus der EU verbeamtet werden müssen. Dies war
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aber nicht möglich, weil dafür die deutsche Staatsangehörigkeit Voraussetzung war. Die Ausnahmebestimmungen des deutschen Beamtenrechts, die die Verbeamtung von (EU-)Ausländern ermöglichten, genügten für die Verwirklichung der Freizügigkeit nicht. ΙΠ. 3. Der vom deutschen Gesetzgeber eingeschlagene Weg, den Zugang zum Beamtenverhältnis auch für Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten zu öffnen, reicht aus, um die Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der EU zu gewährleisten und verstößt weder gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums in Art. 33 Abs. 5 GG noch gegen Art. 33 Abs. 2 GG. IV. 1. Art. 33 Abs. 4 GG stellt nur insoweit eine Grenze für materielle Privatisierungen dar, als dem Beamtentum ein substantiell bedeutsamer Tätigkeitsbereich erhalten bleiben muß. Dieser deckt sich mit den Aufgaben, die dem Staat vom Grundgesetz zur Erfüllung zugewiesen und schon deshalb nicht privatisierbar sind. Über diesen Kernbereich hinaus kommt Art. 33 Abs. 4 GG im Rahmen der materiellen Privatisierung keine Bedeutung zu. Ebenfalls keine Rolle spielt Art. 33 Abs. 4 GG bei der Vermögensprivatisierung. Soweit die Verpflichtung eingehalten wird, Beamte für die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse einzusetzen, entfaltet Art. 33 Abs. 4 GG für formelle Privatisierungen keine Sperrwirkung. Wechselt der Staat dagegen nicht nur die Rechtsform des Verwaltungshandelns, sondern überträgt er eine hoheitsrechtliche Aufgabe auf ein „echtes" Privatrechtssubjekt, muß er Art. 33 Abs. 4 GG beachten, der Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes und damit erst recht Private von der Erfüllung dieser Aufgaben ausschließt. Insoweit wird die Norm als Richtschnur für funktionale Privatisierungen relevant. IV. 2. Durchbrechungen des Regel-Ausnahme-Verhältnisses in Art. 33 Abs. 4 GG sind nur unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips möglich. Dies resultiert aus dem Charakter der Vorschrift als institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums. Insofern muß die Aufgabenübertragung auf Private geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Vor einer Aufgabenübertragung auf Private ist im Hinblick auf die Erforderlichkeit zu untersuchen, ob nicht auch durch die Betrauung von Angestellten des öffentlichen Dienstes der angestrebte Zweck gleich wirksam erfüllt werden kann. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sind die Gründe, die für eine Aufgabenverlagerung auf Private sprechen, abzuwägen mit den Nachteilen, die sich aus einer solchen Aufgabenverlagerung ergeben. Wird die Privatisierung etwa mit der Entlastung des Staates begründet, ist der wirtschaftliche Vorteil der Aufgabenerfüllung durch Private abzuwägen mit der Gefahr der bewußt oder versehentlich fehlerhaften Anwendung hoheitsrechtlicher Befugnisse durch diesen Personenkreis. Dabei sind insbesondere die Eigeninteressen des Privaten, etwa das
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Teil 6: Schlußbetrachtung
der Gewinnerzielung, zu berücksichtigen. Je schwerwiegender die Folgen eines fehlerhaften Einsatzes von hoheitsrechtlichen Befugnissen sind, desto höher muß der mit der Aufgabenverlagerung verbundene Entlastungseffekt für den Staat sein. Ist die Übertragung der Aufgabe mit der Befugnis zur Anwendung von Gewalt gegenüber dem Bürger verbunden, muß auf der anderen Seite die Entlastung des Staates eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben. Dabei kann es Aufgaben geben, bei denen eine Erledigung durch Private ganz ausgeschlossen ist. So könnte es z.B. auch ein erheblicher Einspareffekt nicht rechtfertigen, die Aufgaben der Sondereinsatzkommandos der Polizei durch private Sicherheitsunternehmen erfüllen zu lassen. Die Befugnisse solcher Sondereinsatzkommandos, die in besonders gefahrträchtigen Situationen eingesetzt werden, können erhebliche, z.T. sogar existenzbedrohende Beeinträchtigungen für den Bürger zur Folge haben. Derartige Befugnisse dürfen nur Dienstnehmern übertragen werden, die optimale Gewähr für die Einhaltung aller rechtsstaatlichen Regelungen bieten, also Beamten. IV. 3. Im Rahmen der Gefahrenabwehr durch Private sind zwei Grundformen zu unterscheiden: Die bloße Zulassung privater Gefahrenabwehr durch den Staat auf der einen, die staatliche Veranlassung der Erledigung von Gefahrenabwehraufgaben auf der anderen Seite. Art. 33 Abs. 4 GG ist kein verfassungsrechtlicher Maßstab für die bloße Zulassung privater Gefahrenabwehr, da der Staat hier keine hoheitsrechtlichen Aufgaben überträgt: Die Privaten werden aus den jedermann zustehenden strafrechtlichen Notwehr- und Nothilfevorschriften tätig. Veranlaßt der Staat die Erledigung von Gefahrenabwehraufgaben durch Private, wird Art. 33 Abs. 4 GG relevant: Im Rahmen der Beleihung sind die Übertragung von technischen Überwachungsaufgaben und die Fluggast- und Gepäckkontrolle im Luftfahrtbereich als unproblematisch einzustufen. Dagegen scheitert eine Privatisierung des hoheitlich-repressiven Bereichs des Strafvollzugs an Art. 33 Abs. 4 GG: Die Kostenentlastung des Staates durch den Einsatz Privater vermag die Gefahr der bewußt oder versehentlich fehlerhaften Anwendung hoheitsrechtlicher Befugnisse nicht zu rechtfertigen. Eine Verlagerung von Aufgaben der Verkehrsüberwachung auf Private ist unter dem Gesichtspunkt der mit ihr einhergehenden personellen und wirtschaftlichen Entlastung gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber durch geeignete Maßnahmen sicherstellt, daß die privaten Unternehmen weder einnahmeorientiert bezahlt noch ausgewählt werden. Der Einsatz von Verwaltungshelfern kann mit dem Funktionsvorbehalt nicht konfligieren: Die Ausführung bloßer Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der jeweiligen Behörde stellt keine Ausübung „hoheitsrechtlicher Befugnisse" i.S.d. Art. 33 Abs. 4 GG dar. V. Art. 79 Abs. 3 GG steht der Abschaffung des Berufsbeamtentums nicht entgegen. Rechts- und Sozialstaat, Gewaltenteilung und Volkssouve-
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ränität erfordern nicht zwingend den Berufsbeamten heutiger Prägung. Damit ist aber nicht gesagt, daß die öffentliche Verwaltung in beliebige Hände gelegt werden könnte: Elemente des Berufsbeamtentums wie etwa die Verpflichtung zur politischen Neutralität und eine gewisse Stabilität des Beschäftigungsverhältnisses müßten auch den Status der Nachfolger des Berufsbeamten kennzeichnen. Unterstehen wesentliche Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums dem Schutz des Art. 79 Abs. 3 GG, ist damit zugleich gesagt, daß zwar das Berufsbeamtentum als solches, nicht aber der Kern seiner hergebrachten Grundsätze, insbesondere die Stabilität des Dienstverhältnisses, die politische Neutralität, das Streikverbot für bestimmte Aufgabenbereiche, das Erfordernis fachlicher Vorbildung sowie die wirtschaftliche Absicherung des Beamten, abgeschafft werden kann. Ein neues Dienstrecht könnte insofern zwar den Typ eines Amtswalters schaffen, der nicht mehr Beamter im heutigen Sinne wäre, etwa weil sein Dienstverhältnis nicht mehr öffentlichrechtlich, sondern privatrechtlich begründet würde. Der Gesetzgeber müßte dann aber tragende Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums in arbeitsrechtliche Formen „gießen". Grundlage hierfür könnten die Regelungen des Rechts der Angestellten im öffentlichen Dienst sein, das ohnehin durch eine starke Angleichung an das Beamtenrecht gekennzeichnet ist. Außer einem neuen Etikett für einen im wesentlichen gleichen Sachverhalt wäre damit aber für die Gegner des Berufsbeamtentums nicht viel gewonnen.
B. Schlußbetrachtung Die Untersuchung der Frage, welche Bedeutung Art. 33 Abs. 4 GG heute noch zukommt, hat gezeigt, welch wichtige Rolle das Berufsbeamtentum für eine rechtsstaatliche Verwaltung im pluralistischen Staat spielt. Die Zuweisung von hoheitsrechtlichen Befugnissen an diese Gruppe des öffentlichen Dienstes rechtfertigt sich aus der Erwartung, daß der Beamte mit der ihm eigenen Unabhängigkeit die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung optimal zu verwirklichen vermag. Das in dieser Arbeit gezeichnete Bild vom Beamten als „Hüter des Rechtsstaats" mag bisweilen zu positiv erscheinen. In der Tat wäre es lebensfremd zu glauben, die rechtliche Unabhängigkeit des Beamten könne bereits per se eine rechtsstaatliche Verwaltung garantieren. Es liegt am Charakter oder - um ein heute unmodernes Wort zu benutzen - am Ethos des einzelnen Beamten selbst, ob er die Erwartungen erfüllt, die die Väter und Mütter des Grundgesetzes in das Berufsbeamtentum gesetzt haben. Das in Art. 33 Abs. 5 GG garantierte besondere Rechtsverhältnis des Beamten eröffnet ihm aber jedenfalls die Möglichkeit, ohne Furcht vor Repressionen nach einem solchen Ethos zu handeln.
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Teil 6: Schlußbetrachtung
Der hier vorgestellte Entwurf des Beamten ist der des Grundgesetzes wenn die Verwaltungswirklichkeit anders aussieht, etwa weil weniger Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten für Beförderungen ausschlaggebend sind als die Willfährigkeit gegenüber der jeweils herrschenden Partei - eine Erscheinung, die unter dem Begriff der „Ämterpatronage" negative Publizität erlangt hat1 - stellt dies nicht die Institution des Berufsbeamtentums in Frage. Vielmehr müssen die Parteien sich den Vorwurf gefallen lassen, mit der verfassungswidrigen Bevorzugung linientreuer Gefolgsleute die Axt an die Grundlagen einer rechtsstaatlichen Verwaltung zu legen. Vor diesem Hintergrund darf sich der Gesetzgeber nicht wundern, wenn seine im Namen des Leistungsprinzips durchgeführten Reformen des Beamtenrechts - man denke etwa an die Vergabe von Spitzenämtern nur noch auf Zeit2 oder auf Probe3 - argwöhnisch betrachtet werden.4 In einem politischen Klima, das es zuläßt, die Vergabe von Spitzenpositionen auf Zeit mit dem Argument zu rechtfertigen, so manchen Beamten möge man mitunter „nicht mehr leiden"5, besteht zu solchem Argwohn Anlaß.
1
Wobei die Bezeichnung „Ämterpatronage" nicht völlig korrekt ist, weil es nicht nur partei-, sondern auch verbandspolitische Ämterpatronage gibt (Battis, BBG, § 8 Rdnr. 4); vgl. im übrigen stv. für viele Eschenburg, Ämterpatronage; Wichmann, Parteipolitische Patronage; Wassermann, NJW 1999, 2330ff.; Leuze, DÖD 1994, 125, 132ff.; von Arnim, PersV 1988, 21 ff. Neßler, RiA 1997, 157, 160 zieht aus der Zunahme der Ämterpatronage den Schluß, „daß die Institution »unabhängiger Beamter1 mehr und mehr zur Fiktion wird." 2 Vgl. dazu § 12 b BRRG, eingefügt durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) vom 24.02.1997, BGBl. I S. 322. 3 Vgl. dazu § 12 a BRRG, eingefügt durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) vom 24.02.1997, BGBl. I S. 322. 4 Merten, ZBR 1999, 1, 8f.; ders., in: Merten/Pitschas/Niedobitek, Neue Tendenzen im öffentlichen Dienst, S. 9ff.; Isensee, ZBR 1998, 295, 309; insbesondere in bezug auf die Vergabe von Leitungspositionen auf Zeit Summer, ZBR 1997, 119ff.; Leisner, ZBR 1996, 289, 290ff.; Günther, ZBR 1996, 65, 71 f.; die Gefahren für eine unparteiische Verwaltung dagegen ignorierend Beus/Bredendiek, ZBR 1997, 201, 203 f. 5 So die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis laut „FAZ" vom 23.03.1996, S. 1.
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Belgien 49, 52, 168 f., 173
Abwägung 147, 204, 208, 213, 220f., 227, 236, 247
Berlin (siehe auch „West-Berlin") 221 - Parkraumbewirtschaftungskonzept 223
Ämterpatronage 248 Alliierte 43 f. ALR 32 f. Angestelltenvorbehalt (siehe „Funktionssperre")
Bestandskraft des Funktionsvorbehalts 230 ff. Boten 111 Brandenburg 23, 117, 134
Angleichung des Angestellten- und Beamtenrechts 50, 91 ff., 119
Bremen 44
Aufklärung 31,36,47,239
Bundeswehr (siehe auch „Soldaten") 57
Auftragsvergabe 67, 132 Ausgleichsfunktion 93 f., 95 ff., 112 Auslegung - dynamische 85, 87 - gemeinschaftsrechtskonforme 161, 165, 183 ff., 192, 195, 244 f. - historische 65, 69ff., 85, 149, 155, 157, 166, 240, - Methodik 64 f. - nach dem Wortlaut 55, 57, 64 ff., 73, 84f., 126, 131 f., 148f., 155f., 178, 200, 240, 242 - systematische 64, 75 ff., 149 f., 156 ff., 240 - teleologische 64, 79, 85 ff., 118, 150 f., 156, 158 f., 175 Baden 44 Baden-Württemberg 162, 169 Bayerische Hauptlandespragmatik 32 f., 36 Bedeutung der Aufgabe 112 ff., 120, 242 Beleihung (siehe „Privatisierung")
Bundesinnenminister 135
Dänemark 49,51,54,239 Daseinsvorsorge (siehe auch „Leistungsverwaltung") 108, 125 ff., 197 DDR 46 DEKRA 217 Dienstherrnfähigkeit/-eigenschaft 61, 127 ff., 240, 242 Dienstüberlassungsvertrag 128 Dienst- und Treueverhältnis 21, 23, 53 f., 55 ff., 73, 94, 99, 240 Dirigent 111 Diskriminierungsverbot 186 ff. Drittes Reich (siehe auch „Nationalsozialisten") 42 f. Effektivität (siehe „Verwaltungseffizienz") Effizienz (siehe „Verwaltungseffizienz") Eigengesellschaft (siehe auch „Daseinsvorsorge") 127 ff., 133, 197, 243
Sachwortverzeichnis Eingriffsverwaltung 61, 67, 72, 75, 77f., 81, 83ff., 102ff., 107ff., 118f., 124, 132, 140f., 240ff. Einheit der Verfassung 65,114 Einnahmeorientierte Ermessensausübung 226ff., 246 Entscheidungsferne 110 ff. Entstehungsgeschichte (siehe auch „Auslegung, historische") 56, 64 f., 69, 73 ff., 98, 144, 149, 200, 240 Erst-recht-Schluß 200ff., 204 Erwerbswirtschaftliche Betätigung 62, 121, 123ff., 129ff., 133, 152f., 243 Ewigkeitsgarantie 24, 230 Exekutive (siehe auch „Vollziehende Gewalt") 59, 68, 94, 96, 116, 119, 124, 231, 233, 241
279
Gepäckkontrolle (siehe „Privatisierung") Gesetzmäßigkeit der Verwaltung 34, 44, 98 ff., 108, 110, 136, 143, 151, 158, 201, 203, 232f. Gewaltenteilung 233 f., 237, 246 Gewaltenverschränkung 94 Griechenland 49, 52 f., 173 Großbritannien 48, 51 f., 221 Grundrechte - Fiskalgeltung 123 f. - mittelbare Drittwirkung 124 Grundrechtsbindung der öffentlichen Hand 122 ff. Grundrechtsrelevanz 104 ff., 112 f., 119, 122, 130, 133, 135 f., 143, 199, 225, 241, 243
Fernsprechvermittlungsdienst 111
Gubernative (siehe auch „Regierung") 93, 95 f., 119, 241
Fernstraßenbau (siehe „Privatisierung")
Hausmeister 111
Finanzielle Entlastung des Staates 208, 21 Iff., 225
Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums 25 f., 76f., 88 ff., 92, 245 - Alimentationsprinzip 33, 90f., 93, 99, 119, 163 f., 241 - Besonderes Gewaltverhältnis 89 - Fachliche Vorbildung 90, 99 f., 237 - Funktionsvorbehalt 77 f. - Hauptberuflichkeit 44, 90f. - Laufbahnprinzip 41, 90ff., 99 ff., 130, 191 - Lebenszeitprinzip 32, 35, 50, 90ff., 99, 109, 114, 134, 142, 169, 187, 206, 237, 241 f. - Leistungsprinzip 38,90,117,195, 248 - Neutralität 51, 54, 90, 94, 97, 101, 237, 239, 247 - Staatsangehörigkeit 160, 181 f., 192 ff., 245 - Streikverbot 51 f., 54, 76 f., 90, 92, 95, 101, 112, 120, 187, 236f., 239, 242, 247
Fiskalverwaltung 61 f., 67, 75, 83, 121 f., 129, 240 Flucht ins Privatrecht 122 Fluggastkontrolle (siehe „Privatisierung") - Formenfreiheit der Verwaltung 127 Frankreich 49, 52f., 169, 186 Freizügigkeit, europäische 22, 161 ff., 171, 177 ff., 184 f., 187, 190, 192, 195, 244 f. Frühliberalismus 34 ff., 39, 44 Funktionsgarantie (siehe „Funktionssperre") Funktionssperre 23, 148 ff., 243 Gefahrenabwehr (siehe „Privatisierung") Gemeinwohl 29, 32, 58 ff., 103, 125 f.
280 -
Sachwor
Treuepflicht 35, 39f., 90ff., 94, 112f., 187, 242 Unentziehbarkeit des statusrechtlichen Amtes 99 Verschwiegenheit 90 f.
Mecklenburg-Vorpommern 22 f., 134, 138, 141, 243 Ministerialdirektoren 96 Ministerialdirigenten 97
Hessen 44
Ministerialräte 97
Hilfsgeschäfte der Verwaltung 62, 67, 69, 121, 123, 131 ff., 240, 243
Ministerien 49, 96 f., 119, 241
Hilfstätigkeiten 63, 78, 111, 119, 223, 228 f., 241, 246 Hochschullehrer 75, 85 ff., 136 FN 436, 240 Inadäquanz des Beamtenverhältnisses 131, 152, 243 Infrastruktur 62 Inkompatibilität 82 f. Instandsetzungsarbeiten 111 Institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums 21, 39, 45, 76, 86 ff., 92, 118, 135, 144ff., 149, 186, 202, 213, 230, 245 Intensität einer staatlichen Maßnahme 106ff., 119, 220f., 241 Irland 58, 51 f. Italien 49, 51 f., 170f., 173f. Judikative 68, 233 f. Kraftfahrer 111 Künstlerische Tätigkeiten 111, 119, 241
Nationalsozialisten (siehe auch „Drittes Reich") 40 ff. Negativer Funktionsvorbehalt (siehe „Funktionssperre") Nichtbeachtung des Funktionsvorbehalts 58 ff., 157 Nicht-ständige Aufgaben (siehe auch „Ständige Aufgaben") 142 f., 147, 206, 243 Niederlande 49, 52 ff. Obrigkeitliche Aufgaben/Funktionen 64, 68 ff., 102, 149 Obrigkeitsstaat 36 ff., 47, 99, 239 Öffnung des Beamtenverhältnisses für EU-Ausländer 189 ff. Österreich 33, 37, 54 Offenbach 118 Opportunitätsprinzip 223 Orchestermusiker 111 Organisationsprivatisierung (siehe „Privatisierung")
Legislative 68, 94, 231, 233 f.
Parlamentarischer Rat 44 f., 66, 69, 71, 75, 85, 102, 104, 133, 144, 149, 200
Lehrer 22f., 47, 74f., 85f., 117f„ 133 ff., 170, 172, 177 f., 240, 243 f.
Parteien 38, 40, 79, 93, 234, 248
Leistungsverwaltung 62 ff., 68, 71 ff., 103 f., 108, 119 ff., 132, 140f., 240 ff.
Pensions-Normale 33
Luxemburg 49, 5Iff., 173, 175 Mechanische Arbeiten 63 f., 111, 119, 241
Paulskirchenverfassung 70 Politica methodice digesta 28 f., 36 Politische Beamte 96 f. Portugal 49 Preußen 30ff., 36 ff., 43, 70 f., 193
Sachwortverzeichnis Privatisierung - Beleihung 198, 212, 228, 216 ff., 246 - Fernstraßenbau 198 - Fluggast- und Gepäckkontrolle 219ff., 228, 246 - Gefahrenabwehr 23, 107, 214ff., 246 - Organisations- 197 f. - Strafvollzug 217, 221 f., 228, 246 - Technische Überwachung 214, 217, 228, 246 - Verkehrsüberwachung 214f., 222ff., 246 - Verwaltungshelfer 198, 216, 223 f., 228 f., 246
Schauspieler 111 Schleswig-Holstein 117, 134, 138, 141, 243 Schulleiter 23, 117, 134, 137 ff., 141, 170, 178, 243 Schutznormtheorie 154 ff. Service public 53 Sine-qua-non-activities 112 Sinn und Zweck (siehe auch „Auslegung, teleologische") 79, 85 ff., 118, 151, 200f., 240 Soldaten (siehe auch „Bundeswehr") 49, 56 f., 188, 210, 240
Professoren (siehe „Hochschullehrer")
Soldatenkönig 30
Puttkammer'sche Beamtenreform 37
Sondereinsatzkommandos 214, 246
Recht auf Verbeamtung (siehe „Subjektiv-öffentliches Recht")
Sowjetische Besatzungszone 46
Rechtsstaatsprinzip (siehe auch „Gesetzmäßigkeit der Verwaltung") 104, 204
Sozialliberale Koalition 45 Sozialstaatsprinzip 235 f.
Rechtsvergleich 48 ff.
Spanien 5Iff.
Rechts weggarantie 105
Spitzenpositionen - auf Probe 248 - auf Zeit 248
Reform des öffentlichen Dienstes (siehe auch „Studienkommission") 22, 30f., 37, 45, 91, 128, 248
281
Sozialhilfe 62, 101, 103, 108, 236
Spoils-System 237
Regel-Ausnahme-Verhältnis 143 ff., 185 f., 207 ff., 213 f., 245 f.
Staatsaufgaben 23 f., 107, 197, 199 ff., 205, 208
Regierung (siehe auch „Gubernative") 37, 39, 43, 45, 93 ff., 113, 116f., 135, 167, 169, 173, 186, 190f., 193, 222 ff.
Staatsfunktionäre 46
Reichsgericht 71, 73, 75, 240 Remonstrationspflicht 92, 98 f.
Ständige Aufgaben (siehe auch „Nichtständige Aufgaben") 206, 212
Rheinland-Pfalz 44
Strafvollzug (siehe „Privatisierung")
Rüstung 67, 132
Streitstand zum Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" 61 ff.
Saarland 44
Studienkommission 22, 45
Sachsen 134, 137, 141, 243 Sachsen-Anhalt 134, 141, 243
Staatssekretäre 96 Stabilisierungsfunktion 95 ff., 112
Studienreferendare 170, 172f., 177, 244
282
arverzeichnis
Subjektiv-öffentliches Recht 153 ff., 244
Verwaltungseffizienz 114 ff., 120, 152f., 241, 242f.
Subventionen 62, 104, 108, 121, 125
Verwaltungshelfer
Technische Überwachung (siehe „Privatisierung") Territorialstaat 28 ff. Thüringen 134 TÜV 217
(siehe „Privatisierung") Verwaltungsprivatrecht 120 ff. Volkssouveränität 234 f., 237, 246 f. Vollziehende Gewalt (siehe auch „Exekutive" und „Regierung") 93 f., 98, 116, 124, 232 f. Vorbereitende Tätigkeiten 111 f.
Überqualifikation von Polizeibeamten 225
Vorrang des Gemeinschaftsrechts 180 ff.
Umkehrschluß 148 USA 221,237
Weimarer Republik 26, 38 ff., 70, 77 f., 192 ff.
Verbindlichkeit des Funktionsvorbehalts 57 ff.
Wesentlichkeitstheorie 110
Verfassungsmäßige Ordnung 90, 231
Wiedervereinigung 22, 46, 133
Verhältnismäßigkeit (siehe auch „Abwägung") 144 ff., 186, 207 ff., 243, 245
Wohlerworbene Rechte 39, 41
Verkehrsüberwachung (siehe „Privatisierung")
West-Berlin (siehe auch ,3erlin") 44
Wohlfahrtsstaat 196 Württemberg-Baden 44, 72 Württemberg-Hohenzollern 44