Frutolfs und Ekkehards Chroniken und die anonyme Kaiserchronik 3534743415, 9783534743414


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German Pages 407 [418] Year 1972

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Table of contents :
Front Cover
Titel
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
Frutolf von Michelsberg
I. Biographisches
II. Die Weltchronik
1. Entstehungszeit und zeitlicher Umfang. Aufbau und Quellen. Charakter der Chronik
2. Überlieferung und Fortwirken der Chronik
3. Zur Ausgabe und Übersetzung
Ekkehard von Aura
I. Biographisches
II. Das Werk
1. Die Vita Burchardi
2. Die Chronik. Ihre Rezensionen und deren Überlieferung
a) Rezension I
b) Rezension II
c) Rezension III
d) Rezension IV
e) Zur Ausgabe
Kaiserchronik
Zur Überlieferung und zur Ausgabe
Bisherige Ausgaben, deutsche Übersetzung und wichtigere Literatur
Texte und Übersetzung
Frutolfi chronica
Ekkehardi chronica
Recensio I
Recensio II
Anonymi chronica imperatorum
Ekkehardi chronica
Recensio III
Recensio IV
Namenverzeichnis
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Frutolfs und Ekkehards Chroniken und die anonyme Kaiserchronik
 3534743415, 9783534743414

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AUSGEWÄHLTE QUELLEN ZUR DEUTSCHEN GESCHICHTE DES MIT TELALTERS FREIHERR

VOM

STEIN-GEDÄCHTNISAUSGABE

In Verbindung mit vielen Fachgenossen herausgegeben von Rudolf Buchner

Band XV

FRUTOLFI ET EKKEHARDI CHRONICA NECNON ANONYMI CHRONICA IMPERATORUM

e codicibus ediderunt FRANZ-JOSEF SCHMALE et !RENE SCHMALE-OTT

1972

W I S S E N S C H AFTLI C H E B U C H G E S ELL S C H AFT D A R M S TA D T

FRUTOLFS UND EKKEHARDS CHRONIKEN UND DIE ANONYME KAISERCHRONIK

Übersetzt von

FRANZ-JOSEF SCHMALE und

IRENE SCHMALE-OTT

1 972

WISSE NSCHAFTLICHE BUCHGESELLSCHAFT DARMSTA D T

0 Bestellnummer:

1429

Schrift: Monotype Modern-Antiqua, Serie l

C

1972

by Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt

Satz: Dr. Alexander Krebs, Hemsbach/Bergstraße Druck und Einband: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt Printed in Germany

ISBN 3-534-014: 29-4 Elektronisch ist folgende Ausgabe erhältlich: eBook (PDF): ISBN 978-3-534-74341-4

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort

IX

Einleitung . .... .......... ............ . Frutolf von Michelsberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Biographisches .. II. Die Weltchronik. . . . .. . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 . Entstehungszeit und zeitlicher Umfang. Aufbau und Quellen. Charakter der Chronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Überlieferung und Fortwirken der Chronik . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zur Ausgabe und Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ekkehard von Aura . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I . Biographisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 . Die Vita Burchardi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Chronik. Ihre Rezensionen und deren Überlieferung . . . . . . a) Rezension I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rezension II . .................. c) Rezension III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rezension IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zur Ausgabe . ......... Kaiserchronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Überlieferung und zur Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 16 18 19 19 31 31 32 33 34 34 36 38 39 43

Bisherige Ausgaben, deutsche Übersetzung und wichtigere Literatur . . . .

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Texte und Übersetzung Frutolfi chronica . . . . . . . . . . . . . Ekkehardi chronica . . . . . . . . . . Recensio I . . . . . . . . . . . . . . . Recensio II . Anonymi chronica imperatorum Ekkehardi chronica . . . . . . . . . . Recensio III . . . . . . . . . . . . . . Recensio IV . . . . . . . . . . . . . .

1 4 4 7

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47 123 124 206 211 267 268 334

Namenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

379

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VORWORT Die Ausgabe der in diesem Band vereinigten Abschnitte der Chroniken Frutolfs von Michelsberg, Ekkehards von Aura und der früher für die Rezension C von Ekkehards Werk gehaltenen anonymen Kaiserchronik ist aus der Arbeit an der kritischen Edition dieser Quellen für die Monu­ menta Germaniae Historica erwachsen. Die Texte entsprechen der in Kürze zu erwartenden kritischen Ausgabe und bieten damit zum ersten Mal ein genaues Bild der authentischen Gestalt der genannten Werke, so­ weit sie hier veröffentlicht werden. Infolgedessen war es allerdings wenig sinnvoll, die Seitenzählung der bisher einzigen, aber weitgehend verfehl­ ten Ausgabe von Georg Waitz in MG. SS. 6 zu verzeichnen, wie es sonst in dieser Reihe üblich ist. Dennoch kann die vorliegende Ausgabe ohne Bedenken, da die Texte als solche identisch sein werden, neben der zukünf­ tigen kritischen Edition verwendet werden, wenn statt auf Seiten auf Berichtsjahre verwiesen wird. Die Herausgeber sind nach vielen Jahren gemeinsamer Arbeit an die­ sen Chroniken nicht mehr in der Lage, ihre jeweiligen Anteile genau abzugrenzen, und tragen daher für Einleitung, Text und Übersetzung gemeinsam die Verantwortung. Dem Präsidenten der Monumenta Ger­ maniae Historica, Herrn Prof. Dr. Herbert Grundmann ( t), danken sie auch an dieser Stelle für sein Einverständnis mit diesem Vorabdruck. Franz-J osef Schmale

lrene Schmale-Ott

EINLEITUNG Im Jahre 1099 beendete der Mönch Frutolf, Prior des Klosters Michels­ berg bei Bamberg, eine Weltchronik, die hinsichtlich ihres Umfangs und des darin verarbeiteten Stoffes als bedeutendstes Werk der Weltge­ schichtsschreibung im Mittelalter betrachtet werden darf. Sie wurde in der Folgezeit zur Grundlage zahlreicher weiterer Chroniken, wenn auch nicht in ihrer originalen Gestalt ; denn wenige Jahre nach der Fertig­ stellung geriet ein anderer, der spätere Abt Ekkehard von Aura, an das Originalexemplar der Chronik, die damals noch nicht außerhalb des Klosters Michelsberg verbreitet worden war, änderte und tilgte zum Teil den vorgefundenen Text und setzte ihn bis zum Anfang des Jahres 1 106 fort. Ekkehard hat die Chronik in der von ihm veränderten Form dann noch mehrfach bearbeitet und erweitert, zuletzt bis zum Jahre 1 1 25, und in dieser Gestalt hat sie ihre größte Verbreitung gefunden und bedeuten­ den Einfluß auf andere Weltchronisten ausgeübt. Da Frutolf seinen Namen nicht genannt hatte und auch Ekkehard nur aus in einigen wenigen Handschriften überlieferten Widmungsbriefen als Verfasser zu erkennen war, blieb nicht nur das originale Werk Frutolfs ünbekannt, sondern auch Ekkehards Bearbeitung und Fortsetzung bis ins vorige Jahrhundert meist anonym. Die einen sahen in dem Geschichts­ werk eine Münsterschwarzacher Chronik, da zahlreiche Handschriften Münsterschwarzacher Lokalzusätze aufweisen und die Münsterschwarza­ cher Klosterüberlieferung von einem Chronicon Maius zu berichten weiß\ oder es galt als originaler Bestandteil der Chronik Burchards von Ursperg - beziehungsweise seines Fortsetzers Konrad von Lichterrau -, der es als ganzes seinem eigenen Werk einverleibte 2• Demgegenüber war es ein erheblicher Fortschritt, als Georg Waitz im Jahre 1837 zu dem Schluß kam, Ekkehard von Aura sei der Verfasser dieser oft überlieferten und wiederverwendeten Chronik von der Erschaffung 1 Vgl. dazu zuletzt A. Wendehorst, Zur Münsterschwarzacher Geschichts­ schreibung im Mittelalter, DA 16 (1960) 224ff. 2 Burchardi praepositi Urspergensis chronicon, ed. 0. Holder-Egger u. B. v. Simson, MG. SS. rer. Germ. ( 2 1916).

2

Einleitung

der Welt bis zum Jahre 1 1253• Seine Ergebnisse legte er nicht nur wenige Jahre später seiner Edition zugrunde 4, sie blieben auch für mehr als ein halbes Jahrhundert maßgebend. Im einzelnen glaubte Waitz aus den verschiedenen Überlieferungen schließen zu können. daß Ekkehard im Laufe der Zeit fünf verschiedene Rezensionen seines Werkes angefer­ tigt habe. Die erste Redaktion A sah Waitz in dem ursprünglichen Fru­ tolf-Text, dessen letzte Jahresberichte Ekkehard ausradiert hatte, die aber in einer früheren Michelsherger Teilabschrift erhalten waren. Als Redaktion B bezeichnete Waitz den in Frutolfs Autograph von Ekkehard bearbeiteten und bis 1 106 fortgesetzten Text ; als Fassung C galt ihm eine im Auftrag Kaiser Heinrichs V. geschriebene und bis 1 1 14 reichende Chronik, die in dem Widmungsbrief für Heinrich als Kaiserchronik bezeichnet wird und die bis 1 106 als leicht veränderter und ergänzter Aus­ zug aus B betrachtet werden kann, wobei die in B gegen Heinrich IV. gerichtete Tendenz in eine diesem Herrscher gegenüber positivere Haltung verändert wurde. Da die Jahresberichte von 1 107 bis 1 1 1 2 völlig, die von 1 1 1 3 und 1 1 1 4 wenigstens teilweise mit den entsprechenden Jahresberich­ ten der bis 1 125 reichenden Ekkehard-Überlieferungen identisch sind, meinte Waitz auch in diesem Werk eine von Ekkehard selbst verfertigte Rezension seiner Chronik sehen zu müssen. Wenn auch alle sonstigen Überlieferungen bis zum Jahre 1 1 25 reichen, so glaubte Waitz dennoch - zum Teil mit Recht -, auch hierbei noch wei­ tere Rezensionen konstatieren zu können. Aus einem in einer Handschrift erhaltenen Widmungsbrief an den Abt Erkembert von Corvey geht her­ vor 6, daß Ekkehard um 1 1 1 6/17 dem befreundeten Abt zur Vorbereitung auf eine Pilgerfahrt ins Heilige Land ein Exemplar seiner Chronik über­ sandte, das in vielem offenbar C nahestand und das Waitz als Rezension E bezeichnete. In dem Text einer anderen Handschrift, der weitgehend mit E übereinstimmt, bis 1 125 reicht, aber aufgrund einiger Lesarten­ unterschiede älter als E zu sein schien, erkannte Waitz die Überlieferung einer seit 1 106 kontinuierlich bis 1 1 25 geführten Fortsetzung, die er Redaktion D benannte. Eine letzte Redaktion B * sah er schließlich in einer reichüberlieferten Version der Chronik, die ebenfalls mit dem Jahr 1 1 25 endete, aber gegenüber D und E wieder stärker auf den Text von B zurückgriff. 3 G. Waitz, De Chronici Urspergensis auctore, fontibus et auctoritate 1 (Berlin 1836). ' Ekkehardi Uraugiensis chronica, ed. G. Waitz, MG. SS. 6 (1844) lff. Vgl. zum Folgenden auch die Einleitung zur Ausgabe von Waitz, ebd. lff. 5 Siehe unten S. 270.

Einleitung

3

Die unterschiedlichen, zum Teil sogar sich völlig widersprechenden politischen Tendenzen der einzelnen Fassungen boten zweifellos Schwie­ rigkeiten. Nahm der Verfasser in A eine konservative, eher für Heinrich IV. günstige Haltung ein, so schien er in B zu einem entschiedenen Gegner de s Kaisers geworden zu sein, was man mit einer Wandlung durch die Teil­ nahme am ersten Kreuzzug erklären zu können glaubte. In C dagegen war das Urteil über diesen Herrscher wiederum erheblich gemildert, angeblich aus Rücksicht auf Heinrich V., während D, E und B * erneut von der in B zum Ausdruck kommenden Einstellung bestimmt waren. Der Verfasser mußte sich also geradezu wie ein Chamäleon gewandelt haben. So unwahrscheinlich das auch sein mochte, angesichts der text­ kritischen Ergebnisse von Waitz, die noch G. Buchholz zu unterbauen unternahm 6, schienen Zweifel nicht angebracht. Grundsätzlich neue Ergebnisse, die die bis dahin geltende Ansicht um­ stürzten, brachte erst im Jahre 1896 eine Untersuchung von Bresslau 7• Vereinzelte Nachrichten des 12. Jahrhunderts nannten einen Frutolf als Verfasser einer Weltchronik. In einem alten Michelsherger Bibliotheks­ katalog wurde für die Zeit um die Wende vom 1 1 . zum 12. Jahrhundert der Prior Frutolf als Schreiber zahlreicher Handschriften, darunter auch eines Liber chronicorum, genannt 8, von denen einige sich noch unter den erhaltenen Bamberger Handschriftenbeständen nachweisen ließen. Ein Vergleich dieser von Frutolf geschriebenen Codices mit der Handschrift der Fassung B in Kombination mit den sonstigen Nachrichten erbrachte den eindeutigen Beweis, daß der Te xt der Originalhandschrift der Chronik in der Hauptsache - heute bis zum Anfang des Jahresberichtes zu 1098, ursprünglich bis zum Jahre 1099 von Frutolf ge schrieben, dieser also der eigentliche Verfasser der Weltchronik ist, die von Ekkehard nur bear­ beitet und fortgesetzt wurde. Inzwischen konnte noch eine weitere Korrektur vorgenommen und auch die sogenannte Redaktion C Ekkehard abgesprochen werden9• Der handschriftliche Befund - Waitz hatte fälschlich angenommen, die Hand­ schrift der Fassung C sei von Ekkehard geschrieben -, die B völlig -

6 G. Buchholz, Ekkehard von Aura (1888). 7

H. Bresslau, Baroberger Studien, NA 21 (1896) 197 ff.

8 Zuerst bei H. J. Jaeck - J. Heller, in Beiträge zur Kunst- und Literatur­ geschichte 3. Heft (Nürnberg 1822) XIXff. ; ebenso bei H. Bresslau, Baroberger

Studien S. 141 ff. und in Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz 3,3 (1939) 357 ff. 8 I. Schmale-Ott, Die Rezension C der Weltchronik Ekkehards, DA. 12 (1956) 363 ff.

4

Einleitung

entgegengesetzte Tendenz und ein gänzlich anderer Stil beweisen, daß C eine zwar weitestgehend auf B beruhende, aber seit etwa 1096 selbständige Kaiserchronik ist, die ihrerseits später wieder von Ekkehard benutzt wurde. Darüber hinaus ergeben sich auch bei einer erneuten Untersuchung der Handschriften der für Ekkehard noch verbleibenden Rezensionen B, B *, D und E beträchtliche Modifikationen der bis heute geltenden Anschau­ ungen. Auf diesen seit Waitz wesentlich veränderten Einsichten, die im einzelnen noch näher dargelegt werden, beruht die folgende auszugsweise Edition der Chroniken Frutolfs, Ekkehards und der anonymen Kaiser­ chronik. FRUTOLF VON MICHELSBERG I.

BIOGRAPHISCHES

Da Frutolf, der bedeutendste der hier zu behandelnden Chronisten, fast völlig hinter seinem Werk zurücktritt und niemals über sich selbst spricht außer bei kritischen Auseinandersetzungen mit seinen Quellen, ist seiner Chronik nur sehr wenig über s eine Person zu entnehmen und auch das wenige nur indirektl0• Aus der gelegentlich oberdeutschen Schreibweise für Orts- und Personennamen kann man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf bayerische Herkunft schließen. Ebenso mag man die relativ zahlreichen Nachrichten über Ereignisse im Regensburger Raum in dieser Richtung auswerten, falls das nicht damit zusammenhängt, daß das Kloster Michelsberg um die Jahrhundertwende unter Äbten stand, die vorher Mönche in St. Emmeram in Regensburg gewesen waren und dem Chronisten möglicherweise Regensburger Quellen zugänglich machten. Über das etwaige Geburtsdatum läßt sich keine Aussage machen, dagegen ist in zwei Michelsherger Nekrologien der 1 7 . Januar 1103 als Todesdatum überliefert 11, wobei der eine Eintrag Frutolf zu­ gleich als Priester bezeichnetl2• Über Frutolfs Stellung und Tätigkeit im Kloster gibt der schon erwähnte Michelsherger Bibliothekskatalog des Priors Burchard aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts einige Auskünfte 13• Danach muß Frutolf 10 Zu Frutolf vgl. H. Bresslau, Bamberger Studien 197 ff. ; M. Manitius, Ge­ schichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 3 (1931 ) 550 ff. ; W. Watten­ bach R. Holtzmann, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2 (Neu­ bearbeitung 1967) 491 ff., 3 (1970) ; I. Schmale · Ott, Frutolf von Michelsberg, 11 Ph. Jaffe, Bibi. rer. Germ. 5, 564. Verf. Lex. 5, 240ff. 13 Bresslau S. 146 ff. n. 3. 12 Ebd. S. 567. -

Frutolf

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Prior des Konvents gewesen sein und sich vornehmlich der Vermehrung der Bibliotheksbestände gewidmet haben. Burchard nennt insgesamt fünfzehn, zum Teil recht umfangreiche Werke, die Frutolf geschrieben oder kopiert haben soll, von denen wenigstens das eine oder andere noch erhalten ist. Dabei stand ihm offenbar ein Mönch namens Thiemo zur Seite. Denn auch dieser wird von Burchard als Schreiber zahlreicher Handschriften genannt14, von denen einige mit den bei Frutolf angeführ­ ten identisch sind. Daß man daraus nicht auf mehrfache Abschriften der­ selben Werke schließen muß - wie man einmal gemeint hatl5 -, daß viel­ mehr die doppeltgenannten Werke nicht von Frutolf, sondern auf dessen Veranlassung von Thiemo geschrieben wurden, ist eine einleuchtende jüngere Vermutung 1s. Unter den Abschriften Frutolfs und auch Thiemos überwiegen Werke musikalischen, astronomischen und mathematischen Inhalts. Offensicht­ lich richtete sich sein Interesse also vorwiegend auf die Fächer des Quadri­ vium, dem auch die Chronographie, die Weltgeschichtsschreibung, als eine besondere Form der Komputistik zuzurechnen ist. Bei einer Durch­ sicht der Michelsherger Bibliothekskataloge gewinnt man den Eindruck, daß die Klosterbibliothek überhaupt erst durch Frutolf mit Werken die­ ser Art versehen wurde, und so ist es vielleicht nicht abwegig anzunehmen, daß er zugleich als Lehrer des Quadrivium im Kloster tätig war. Dafür könnte auch sprechen, daß der Kanoniker Heimo von St. Jakob in Bam­ berg, der eine Schrift "Chronographia seu de dec ursu temporum" geschrie­ ben hat, Frutolf als magistrum nostrum bezeichnetl7• Frutolf hat wahrscheinlich nicht nur eine Weltchronik verfaßt, sondern wohl auch noch das eine oder andere weitere Werk. Insgesamt hat man ihm noch drei Schriften zuweisen wollen, aber mit einiger Sicherheit läßt sich nur ein Breviarium de musica für ihn in Anspruch nehmen. Ein sol­ ches erwähnt nicht nur Burchard in seinem Bücherkatalog unter den von Frutolf geschriebenen Handschriften 18, auch Wolfger von Prüfening, der früher sogenannte Anonymus Mellicensis, rühmte Frutolf außer als

14 Ebd. S. 147 n. IV. 15 So Bresslau S. 156. 16 0. Meyer, Weltchronistik und Computus im hochmittelalterlichen Bam­

berg, Jb. f. fränk. LF. 19 (1959) 248 Anm. 20. 17 Chronographia seu de decursu temporum (ed. ab anno 1 106), MG. SS. 10, lff. ; einzelne Texte auch bei Jaffe, Bibi. rer. Germ. 5, 537 ff. Vgl. vor allem auch Th. von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik bis in das Zeit­ 18 BreBBlau S. 147 n. III, 10. alter Ottos von Freising (1957) S. 175ff.

6

Einleitung

Verfasser einer Weltchronik als Musiker19• Tatsächlich ist auch in einer Handschrift des 12. Jahrhunderts 20 und in einer j üngeren Abschrift ein Breviarium erhalten, das einen Tonarius in Hexametern enthält, zu dessen Anfang sich ein Frutolf als Verfasser nennt21• Grundsätzliche Bedenken, in diesem Breviarium das Werk Frutolfs zu sehen, bestehen nicht, zumal offensichtlich alle in dieser kompilatorischen Schrift verwendeten Quellen in den Baroberger Bibliotheken vorhanden waren. Wesentlich ungewisser ist Frutolfs Verfasserschaft bei zwei anderen Werken, die man ihm hat zuschreiben wollen. Unter den heutigen Baro­ berger Handschriften 22 ist ein Liber de divinis officüs erhalten, der zwei­ fellos von der Hand Frutolfs geschrieben ist. In Burchards Bücherver­ zeichnis wird eine solche Schrift zwar nicht erwähnt, wohl aber ein Liber qui dicitur Pan 23, den Bresslau mit dem Liber de divinis officiis identifi­ zieren wollte. So plausibel das auch ist, zumal wenn Burchards Verzeich­ nis der von Frutolf geschriebenen Codices vollständig ist, so fehlen doch alle eindeutigen Hinweise darauf, daß Frutolf auch der Autor ist ; daß die von Bresslau genannten Quellen dieser Kompilation in Bamberg zur Zeit Frutol f.s und auch lange danach offensichtlich nicht vorhanden waren - sie werden in keinem der zahlreichen mittelalterlichen Bibliothekskata­ loge Bambergs genannt - spricht eher dagegen. Ebenso unsicher ist Frutolfs Autorschaft bei einem letzten Werk, d as man ihm hat zuweisen wollen. In einer Breslauer Handschrift 24 unbe­ kannter Herkunft wurde eine Schrift entdeckt, die am Schluß als F ortolfi rytmimachia bezeichnet ist25• Es ist dies eine Anleitung zu einem Brett­ spiel mit Zahlensteinen und könnte daher in den Bereich des Quadrivium, des von Frutolf bevorzugten Wissenschaftsbereiches, fallen ; auch der Name Fortolfus darf ohne Bedenken als synonym mit Frutolfus gelten. Ebenso sind die wenigen vom Herausgeber namhaft gemachten Quellen 18 Anonymus Mellicensis (Wolfger von Prüfening), De scriptorihuB ecclesia2° Cod. lat. Mon. 14 965. sticis, ed. E. Ettlinger, S. 91 c. 103. 21 C. Vivell, Frutolfi Breviarium de musica et Tonarius, SB. Wien 188/2 ( 1919) 26 ff. Zu den Handschriften Ders., Das Breviarium de musica des Mönchs Frutolf von Michelsberg, Stud. u. Mitt. z. Gesch. d. Benediktinerordens 34 ( 1913) 4 1 3 ff. 22 Der Codex E. V. 13 ; vgl. Bresslau S. 223 f. Zu der Hs. vgl. Leitschuh23 Bresslau S. 146 n. III, 7. Fischer, Katalog I, 1, 283. 24 Stadtbibliothek n. 54, früher Rehdingerianus S. I. 4.5. 2 5 Herausgegeben von R. Peiper, Fortolfi Rythmimachia, Abh. z. Geschichte der Mathematik ( Zs. f. Math. u. Physik 25 [1880] Supplementheft z. hist.­ lit. Abt.) 169 ff., zur Hs. S. 210f. =

Frutolf

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in Bamberg vorhanden gewesen, doch sind diese so weit verbreitet - etwa Boetius -, daß daraus keine sicheren Schlüsse gezogen werden können. Da der mathematische Charakter der Schrift und ihre Sprache im Ver­ gleich mit der Weltchronik oder den etwaigen sonstigen Schriften Fru­ tolfs keine stilistischen Anhaltspunkte für seine Verfasserschaft bieten und Burchard in seinem Verzeichnis ebensowenig eine derartige Abhand­ lung unter den von Frutolf geschriebenen Codices nennt wie irgendeiner der sonstigen Baroberger Bibliothekskataloge, läßt sich letzten Endes kein Beweis für Frutolf als Verfasser führen. Über die zeitliche Reihenfolge dieser Schriften ist keine Aussage zu machen. Man kann lediglich annehmen, sollte Frutolf ihr Autor sein, daß sie alle vor der Weltchronik entstanden, da diese sicher sein letztes Werk war und ihn bis kurz vor seinem Tode beschäftigte. II. DIE WELTCHRONIK 1. E nt s t e h u n g s z e i t u n d z e i t l i c h e r U m f a n g. A u fb a u u n d Q u e ll e n. C h a r a k t e r d e r C h r o n i k An zwei Stellen seiner Chronik weist Frutolf auf deren Entstehungszeit hin. Im Anschluß an Ausführungen über den hl. Petrus spricht er von den Schwierigkeiten, angesichts der widersprüchlichen Quellenaussagen zu einer eindeutigen Papstliste zu kommen, die er nach bestem Wissen bis zum Jahre 1099 geführt habe 26• Läßt diese Zeitangabe auch einen späte­ ren Abschluß der Chronik zu, da 1099 der letzte von Frutolf erlebte Papst­ wechsel stattfand, so sagt er eindeutiger bei der Thronbesteigung König Heinrichs IV. , die er zum Jahre 1057 berichtet, dieser habe im 42. Jahr regiert, als die Chronik abgefaßt wurde 27• Bei genauer Rechnung würde diese Angabe auf das Jahr 1098 führen, da ja das Jahr 1057 bereits als erstes Regierungsjahr mitgezählt werden müßte. Das aber stünde in ein­ deutigem Widerspruch zu dem früheren Datum, so daß Frutolf durch einen naheliegenden Rechenfehler auf das 42. Regierungsjahr gekommen sein dürfte, indem er nämlich 1057 von 1099 subtrahierte und die Diffe­ renz irrtümlich als Ordnungszahl bezeichnete. Das schließt natürlich nicht aus, daß der Schluß der Chronik, eben der Jahresbericht zu 1099, 18 Vgl. MG. SS. 6, 100 Z. 31 ; F.-J. Schmale, Zur Abfassungszeit von Frutolfs Weltchronik, 102. Bericht des hist. Ver. Bamberg ( 1 966) 81 ff. 17 Siehe unten S. 72 Z. 30.

Einleitung

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erst im Jahre 1100 niedergeschrieben wurde. Ebenso ist anzunehmen, daß die Arbeit an einem so umfangreichen Werk, die Kombination eines so reichen Quellenmaterials, wie es Frutolf tatsächlich verwertete, mehrere Jahre in Anspruch nahm und der Beginn des ganzen Unternehmens schon einige Zeit vor 1099 anzusetzen ist. In einer Teilabschrift der Chronik 28, die noch die originalen, von Ekke­ hard später im Autograph ausradierten und durch einen eigenen Text ersetzten letzten Jahresberichte enthält, finden sich auch noch kurze Berichte zu den Jahren 1100 und 1101. Bresslau nahm daher an28, daß Frutolf seine Chronik bis 1101 fortgesetzt habe, zumal er aus einem Ver­ gleich von Frutolfs Autograph und der Abschrift sicher errechnen zu können glaubte, daß nur ein Text mit Einschluß der Jahresberichte zu 1100 und 1101 den gesamten Raum der Rasur ausgefüllt haben könnte. Wenn in der Abschrift Marginalien zu den letzten beiden Berichten die Jahre der Weltära angeben, so glaubte Bresslau Spuren entsprechender Marginalien an den nach seiner Berechnung zu erwartenden Stellen auch im Autograph wiederfinden zu können. Nun nehmen zwar gleiche Texte im Autograph und in der Abschrift nicht stets den gleichen Raum ein, so daß jede bloße Berechnung fragwürdig ist, aber irgend etwas scheint auch im Autograph im Anschluß an den Jahresbericht zu 1099 noch gestanden zu haben. Ob das die Berichte zu 1100 und 1101 der Abschrift waren, ob das, was dort noch stand, von Frutolfs Hand geschrieben war, bleibt aber sehr unsicher. Gegen eine Fortführung der Chronik über 1099 hinaus spre­ chen Frutolfs Zeitangaben sowie der Umstand, daß weder die noch zu besprechenden, unmittelbar von Frutolf abhängigen Quellen, noch Ekke­ hard, der die von ihm ausradierten Frutolf-Texte vollständig in seinen eigenen wiederaufnahm, irgendwelche Beziehungen zu diesen beiden Jahresberichten aufweisen. Schließlich widerspricht es Frutolfs Gepflogen­ heit, die Jahre der Weltära anders als von 50 zu 50 oder 100 zu 100 Jahren anzugeben. Wenn, wie es der Fall zu sein scheint, am Ende des Jahres­ berichtes zu 1099 ein ungerades Jahr der Weltära (5061) angegeben war, so ist das eigentlich nur anläßlich des Abschlusses der ganzen Chronik zu erwarten ; es wäre aber ganz ungewöhnlich gewesen, wenn Frutolf dann auch zum nächstfolgenden Jahr eine entsprechende Angabe gemacht hätte. Frutolf ist der erste mittelalterliche Chronist, der tatsächlich die gesamte im Mittelalter zugängliche Geschichte von der Erschaffung der Welt an bis auf seine eigene Gegenwart beschreibt und chronologisch genau zu ordnen sucht. Wichtigste Orientierungshilfe war ihm dabei die 2&

In der Handschrift Karlsruhe 504; vgl. unten S. 17.

20 Studien S. 2 1 1 ff.

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Chronik des Hieronymus, der die Weltchronik des Eusebius ins Lateinische übersetzt, bearbeitet und bis in die eigene Zeit (378) fortgeführt hatte30• Dieses Werk, das von Ninus an die Weltgeschichte an Hand von verglei­ chenden Herrschertabellen der Reiche der Juden, Assyrer, Sycionier usw. bis hin zu denen des Römischen Reiches Jahr für Jahr ordnete, entsprach offenbar am stärksten Frutolfs eigenen Vorstellungen, die auf größte Stoffülle und ein durchgehendes annalistisches Schema zielten ; denn ob­ gleich ihm aus den Beständen der Michelsherger Kloster- und der Bam­ berger Dombibliothek auch die Chroniken des Isidor von Sevilla und des Beda zur Verfügung standen, folgte er diesen gerade nicht. Zwar boten diese im Gegensatz zu Hieronymus echte Weltgeschichte, da sie von Adam ausgingen, aber sie waren doch wesentlich beschränkter insofern, als sie nicht alle Reiche berücksichtigten, den Stoff nicht streng annali­ stisch ordneten und daher nur geringe Möglichkeiten boten, weiteres Quellenmaterial zeitlich richtig einzufügen. Nur für die Zeit vor Ninus, für die Generationen von Adam bis Ninus, vertraute sich Frutolf daher ihnen ausschließlich an, um sie dann nur noch wie jede andere beliebige Quelle mitzuverwerten. Das ist nämlich einer der wesentlichen Unter­ schiede etwa zu der gleichzeitigen Weltchronik des Sigebert von Gem­ bloux, daß Frutolf nicht nur den Hieronymus fortsetzen wollte, sondern auch dessen Chronik nur als eine, wenn auch die wichtigste Quelle verwer­ tete, sich im übrigen aber bemühte, sie mit Hilfe der Heiligen Schrift, des J osephus Flavius, Orosius, Augustinus, Frechulf von Lisieux und anderer zu bereichern. Dennoch überwiegt bis etwa zur Gründung Roms tabella­ risches Zahlenmaterial ; von dieser Zeit an wird der berichtende Text immer umfangreicher. Zu den bisher schon genannten Quellen treten nun zahlreiche weitere wie Jordanes, Paulus Diaconus' Historia Romana und verschiedene anonyme römische Geschichten. Das Gerüst aber bildet nach wie vor Hieronymus, mit dessen Ende Prosper Tiro sowie dessen Fortsetzungen, zu denen noch weitere Quellen hinzugezogen werden. Mit dem Ende der spätantiken Chroniken stehen Frutolf sodann Annalen­ werke zur Verfügung wie das Chronicon Wirziburgense, die ebenfalls weit­ gehend Jahr für Jahr berichtende Historia miscella, die Karolingischen Reichsannalen. Für das ausgehende 9. und für einige Partien des aus­ gehenden 10. und des beginnenden 1 1 . Jahrhunderts hat er streckenweise dagegen keine andere Quelle mehr als das Chronicon Wirziburgense, so daß er oft nichts anderes mehr als nur noch die bloßen Regierungsjahre

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Migne, PL. 27 ; J. K. Fotheringharn (London 1923).

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bieten kann. Das gilt gelegentlich auch noch für das 1 1 . Jahrhundert bis nahe an die eigene Gegenwart heran, wenn auch mit etwa dem Jahre 1000 das selbständig Berichtete zunimmt, also das, was auf keine erhaltene Quelle mehr zurückgeführt werden kann. Woher Frutolf seine Quellen und Nachrichten für das 1 1 . Jahrhundert bezog, läßt sich zum erheblichen Teil noch erschließen. Den Grundstock bildet auch hier das sogenannte Chronicon Wirziburgense 31, das in Wirk­ lichkeit eine in Bamberg spätestens Anfang der neunziger Jahre des 1 1 . Jahrhunderts entstandene Bearbeitung der Reicherrauer Kaiserchronik32 ist. Diese wohl auch für das 1 1 . Jahrhundert mehr als dürftige Bamberger Kompilation konnte Frutolf einmal mit einigen Bamberger Lokalnach­ richten über die Gründung des Bistums und des Klosters Michelsberg, über das Todesdatum der Kaiserin Kunigunde sowie mit Hilfe einiger in Bamberg überlieferter Urkunden und Briefe anreichern. Einen verhält­ nismäßig großen Raum nehmen sodann Berichte über Geschehnisse inner­ halb des bayerischen, besonders des Regensburger Gebietes ein, die in ihrer Formulierung gelegentlich mit St. Emmeramer Notizen oder den Annales Altahenses maiores auffallend übereinstimmen. Man kann daher sicher sein, daß Frutolf einiges Material, das heute als verloren gelten muß, aber auch in anderen Quellen wie den Niederaltaicher Annalen benutzt wurde, aus Regensburg, genauer vielleicht aus St. Emmeram erhalten hat. Zieht man all das von Frutolfs Text ab, so bleibt nur mehr verhältnismäßig wenig übrig, was man auf seine persönliche Kenntnis zurückführen kann. Da im übrigen die Jahresberichte aus dem von ihm selbst erlebten Zeitraum kaum umfangreicher sind als in anderen Epochen, für die ihm ausreichende Quellen zur Verfügung standen, ist es sicher, daß dem Chronisten nicht die Geschichte der eigenen Zeit Hauptanliegen war, sondern die gleichmäßige Beschreibung der Weltgeschichte, wobei sein Horizont, je näher er der eigenen Gegenwart kam, irrfolge der Quellen­ lage allerdings mehr und mehr und fast zwangsläufig auf den engeren fränkisch-bayerischen Raum eingeschränkt wurde. Frutolf hat seinem Werk keinen eigenen Titel gegeben, sondern den der Chronik des Hieronymus, wie ihn diese in einigen Überlieferungen führt33• 31 Als Ekkehardi chronicon Wirziburgense hg. v. G. Waitz, MG. SS. 6, 1 7ff. Neu hg. auf Grund aller bisher bekanntgewordenen Handschriften von H.-J. Beyer in einer ungedruckten Magisterarbeit, Das Chronicon Wirziburgense (Bochum 1967). 32 Unter dem Titel Chronicon Suevicum universale teilweise ed. H. Bressla:u, MG. SS. 13, 61 ff. ; vollständig bei Chr. Urstisius, Germaniae Hist. illustrium 33 Vgl. Fotheringharn S. 5. Anm . auctorum 1 (1585) 229 ff.

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Ihr entnahm er auch die Vorrede und sämtliche Herrschertabellen. Aber mit dieser Anlehnung an Hieronymus, mit der Übernahme von dessen annalistischem Schema und mit der Verwertung eines außerordentlich um­ fangreichen anderweitigen Quellenmaterials ist Frutolfs Chronik noch nicht ausreichend gekennzeichnet. Es wurde schon gesagt, daß diese wei­ ter zurückgreift als Hieronymus und dessen zum größten Teil nur aus Zahlen bestehende Chronik mit zahlreichen anderen Nachrichten ergänzt wurde. Aber auch darüber hinaus nimmt Frutolf noch wichtige Änderun­ gen vor, die über den Zeitraum von Hieronymus' Chronik durchgehalten und damit zu individuellen Charakteristika werden, wenn letzten Endes auch sie ebenfalls auf Anregungen seiner Quellen zurückgehen. Als erste Eigenart mag hier eine Reihe von chronologischen Systemen genannt werden. Das sich über die ganze Chronik erstreckende System, das von Beda übernommen wurde, ist die Weltära, die Frutolf allerdings von der vierten aetas ab - darüber weiter unten noch mehr - um 10 Jahre niedriger ansetzt als Beda, da dieser der Hebraica veritas, Frutolf aber der von Hieronymus für seine Tabellen angewendeten Zählweise der Septua­ ginta folgt. Innerhalb der Weltära gibt es sodann zahlreiche weitere Sy­ steme, die entweder mit einem bestimmten Zeitpunkt beginnen und dann durchlaufen - so die Jahre seit der Gründung Roms, die Olympiaden, die Jahre nach Christi Geburt, die Indiktionen - oder aber auch Systeme, die nur für bestimmte Epochen gelten : Jahre seit der Verheißung ab Abra­ ham (nach Hieronymus), Jahre seit der Errichtung des Tempels in Jeru­ salem, Jahre seit der Zerstörung des Tempels, Jahre seit der Wiedererrich­ tung des Tempels. Zeigt sich daran insgesamt Frutolfs chronologisches Interesse, das er mit anderen Zeitgenossen teilt, so wird aus den die jüdische Geschichte berücksichtigenden Zählungen bereits die Bedeutung sichtbar, die er dem Volk der Juden beimißt und die sich noch in einer anderen Abweichung von Hieronymus kundtut. Im Gegensatz zu diesem werden in den Herr­ schertabellen bei Frutolf nämlich stets die j üdischen Väter, Richter, Könige, Hohen Priester bis hin zu den Makkabäern zuerst genannt, so daß diesen gewissermaßen die weltgeschichtliche Führungsrolle zukommt, bis sie vom Römischen Reich abgelöst werden, das bis auf die eigene Gegen­ wart als einziges Reich übrig bleibt, zuletzt unter den karolingischen, ost­ fränkischen und deutschen Herrschern, und neben dem - anders als etwa bei Sigebert von Gembloux - offensichtlich kein Reich mehr Erwähnung verdient. So könnte man mit Recht sagen, daß hierdurch die gesamte Weltgeschichte gewissermaßen zweigeteilt wird in einen ersten Abschnitt, der von der Geschichte des j üdischen, des Auserwählten Volkes beherrscht

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wird, und in einen zweiten Abschnitt, die Geschichte des Römischen Rei­ ches. Zweierlei ist dabei noch zu betonen und unterstreicht diese Beob­ achtung : bei der Geschichte keines Volkes wurde mehr kritisches Bemü­ hen aufgewandt, und nirgends wurden die Quellen sprachlich stärker ver­ ändert als bei der Geschichte der Juden, und die Anfänge des Römischen Reiches treten durch eingehende Darstellung deutlicher hervor als die Begründung des Christentums und der Kirche ; denn Christi Geburt und Tod werden nur innerhalb der betreffenden Jahresberichte und durch eine Häufung von Datierungsmerkmalen herausgehoben. Die wichtige Rolle der Juden und des Römischen Reiches tritt inner­ halb von Frutolfs Chronik allerdings nur als Faktum auf, sie wird nicht spekulativ ausgedeutet. Das gilt ebenso von der weiteren Einteilung der Weltgeschichte in die sechs Weltalter, die Frutolf aus Bedas Chronik kannte, und vor allen Dingen von der Translation der Weltreiche. Die Translation, die aus der Chronik des Frechulf von Lisieux übernommen wurde, wird jedesmal deutlich hervorgehoben, etwa bei der Ablösung der Assyrer durch die Meder, der Meder durch die Perser, der Perser durch Alexander, aber auch hier fehlt jede symbolhafte Ausdeutung. Was man in dieser Hinsicht aus dem gleichen Stoff machen konnte, hat ein halbes Jahrhundert später Otto von Freising in seiner Historia de duabus civi­ tatibus gezeigt. Diese Beschränkung auf das rein Faktische wird noch stärker bewußt, wenn man sich vergegenwärtigt, daß Frutolf Augustinus' De civitate Dei ausgiebig benutzte, mit keiner Andeutung aber auf dessen geschichtstheologische Ideen einging, also nicht etwa die Geschichte der Juden mit der Civitas Dei in Beziehung setzte. Was die Ordnung des Stoffes angeht, tritt schließlich ein weiteres Merk­ mal schon rein äußerlich deutlich hervor : Das annalistische Schema wird immer wieder von umfangreichen Zusammenfassungen unterbrochen, die Ereignisse eines größeren Zeitraumes in chronikalischer Manier darstellen. Zwei Gruppen derartiger Berichte lassen sich feststellen, die Volksge­ schichten und die Charakteristiken der Kaiser des Römischen Reiches jeweils zu Beginn ihrer Regierungszeit. Man hat gemeint, es sei Frutolf eben verschiedentlich unmöglich gewesen, den Stoff seiner Quellen auf einzelne Jahre zu datieren und entsprechend zu verteilen. Das ist aber nur zum Teil richtig ; denn das gilt nicht von den Herrscherviten, deren Inhalte oft genug noch in den entsprechenden Jahresberichten wiederholt werden. Hier scheint Frutolf vielmehr etwas systematisch ausgebaut zu haben, was er in einzelnen Quellen bereits vorfand. Schon bei Hieronymus wird zn Beginn der Regierungszeit eines Herrschers j eweils deren Dauer angegeben, und schon in diesem Abschnitt seiner Chronik macht Frutolf

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gelegentlich zusätzliche summarische Angaben, vor allem etwa bei den j üdischen Königen. Stärker ausgeprägt fand er das gleiche System bei J ordanes, Paulus Diaconus und in der Historia miscella. So weit diese Quellen reichten, konnte er sich daran halten ; nur für die letzten von ihm behandelten Jahrhunderte fehlten ihm oft derartige Vorlagen, deshalb konnte er hier nur mehr den Stoff, den er in den von ihm benutzten Anna­ len in den einzelnen Jahresberichten fand, am Beginn der Regierungszeit eines Herrschers in Auszügen zusammenfassen. In diese Kategorie der Herrschercharakteristiken ist auch noch das lange Exzerpt aus Einhards Vita Karoli Magni zu rechnen, das aber schon den Übergang zu der zwei­ ten Gruppe der nichtannalistischen Berichte bildet. Der erste Bericht, der das annalistische Schema durchbricht, ist die Geschichte Alexanders des Großen, dessen Herrschaft vorübergehend alle bis dahin bestehenden Reiche in einem einzigen Weltreich zusammen­ faßte, mit Ausnahme des entstehenden Römischen Reiches, das sich in die­ ser Zeit auf seine endgültige Rolle vorzubereiten beginnt. Ein zweites Mal wird das Darstellungsschema in der Spätantike unterbrochen, um die nun zu geschichtlicher Bedeutung heranwachsenden Germanen einzuführen. Die Kämpfe der römischen Kaiser mit den Germanen geben den Anlaß, die Geschichten der Franken nach dem Liber Historiae Francorum, die Geschichte der Goten, dann der Ost- und Westgoten nach Jordanes unter Heranziehung des Orosius, und schließlich auch die der Hunnen einzu­ fügen. Diese Völker bilden von nun an einen festen Bestandteil der römi­ schen Geschichte. Ein neuer, über den Umfang der sonstigen Herrscher­ charakteristiken hinausgehender Haltepunkt ist die Geschichte Karls des Großen, mit dem das Kaisertum an die Franken übergeht, und ein letzter die Geschichte der Sachsen nach Widukind und Richer, mit denen die ostfränkisch-deutschen Stämme das Kaisertum übernehmen. Man sieht, daß Frutolf diese Einschübe, mögen sie auch noch so sehr von rein äußer­ lichen Umständen bestimmt sein, doch an wichtigen und charakteristi­ schen Stellen seiner Chronik einfügt und mit ihrer Hilfe ein weiteres Mal den Stoff der Weltgeschichte gliedert. Allerdings ist auch das nicht der allein ausschlaggebende Gesichtspunkt. Frutolf ist durchaus Schriftsteller und Erzähler, der Geschichte auch der Unterhaltung wegen und aus Freude am Stoff schreibt. Bei der Geschichte Alexanders des Großen sagt er zweimal ausdrücklich, daß er sie, auch wenn vielleicht nicht alles wahr sei, zur Unterhaltung des Lesers dennoch berichten wolle. Dem entspricht es völlig, daß er auch bei den Volksgeschichten- auffällig vor allem etwa bei der Langobarden- und Sachsenerzählung - gerade das Sagenhafte aus seinen Vorlagen herauszieht, daß er offensichtlich mit Genuß Schlachten

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schildert oder mit Vorliebe Anekdoten mitteilt. So zum Beispiel bei der Geschichte des Kaisers Justinus II., für dessen Regierungszeit er aus dem umfangreichen Bericht der Historia miscella allein eine Anekdote über einen Schausteller mit einem klugen Hund der Erwähnung für wert befindet. Lassen sich die hier angeführten Beobachtungen auch nicht alle unter einen Nenner bringen, so darf man doch das Fazit ziehen, daß Frutolf sein ganzes Werk sehr bewußt gestaltet hat, daß man ihm also Unrecht täte, wollte man ihn als bloßen Kompilator bezeichnen, und daß er mit Vorrang politische Welt- und nicht Kirchengeschichte geschrieben hat. Selbst wenn im Mittelalter politische Welt und Kirche nicht zu trennen sind, so liegt in Frutolfs Chronik dennoch das Schwergewicht auf dem Politischen. Zwar werden die Päpste regelmäßig verzeichnet, aber großer Raum wird ihnen nicht gewährt, und zusammenhängende Charakteristi­ ken erhält keiner von ihnen. Eindeutig liegt die Führung bei den Königen und Kaisern. Auch der Investiturstreit vermag diese Grundhaltung nicht zu ändern. Frutolf räumt diesen Vorgängen erheblichen Platz ein, hat also wohl etwas von deren Bedeutung erkannt, aber weder wird er jemals gegen die Päpste polemisch, auch gegen Gregor VII. nicht, noch scheint er andererseits daran zu zweifeln, daß Heinrich IV. im Recht war. Schließlich muß noch etwas über Frutolfs Arbeitsweise gesagt werden ; das führt uns zu einer weiteren Charakteristik des Chronisten. Mehrfach wurde schon auf die große Zahl der von Frutolf verwerteten Quellen hin­ gewiesen ; alles was die Baroberger Bibliotheken ihm boten, zog er heran, um seine Weltgeschichte möglichst stoffreich zu machen. Oft werden für das gleiche Ereignis zwei, drei und noch mehr Quellen verwertet, selbst dann, wenn diese alle voneinander abhängig sind. So ist zum Beispiel in vielen Fällen Orosius der Erstinformant der spätantiken-frühmittelalter­ lichen Geschichtsschreibung ; seine Nachrichten wurden von J ordanes in seine Romanica übernommen, aus dieser schöpfte Paulus in seiner Ro­ mana und daraus wieder die Historia miscella. Das mußte wegen des fast gleichbleibenden sprachlichen Gewandes wohl auch für Frutolf durch­ schaubar sein, und dennoch kompiliert er seine eigenen Notate aus allen genannten Quellen, bald dieser, bald j ener ein abweichendes oder zusätz­ liches Wort entnehmend. Bemühte er sich so, alle seine Gewährsleute, die ihm vielleicht gerade deshalb, weil sie einer vom anderen die gleiche Nach­ richt übernahmen, die Wahrheit zu verbürgen schienen, zu Wort kommen zu lassen, so band er sich andererseits doch nicht sklavisch an die sprach­ liche Formulierung seiner Vorlagen, sondern faßte geschickt breiter Er­ zähltes unter Verwendung des vorgefundenen Wortbestandes zusammen,

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tauschte Worte gegen Synonyma aus, verbesserte die Consecutio tempo­ rum oder veränderte auch einmal eine Partizipialkonstruktion in einen abhängigen Satz und umgekehrt. Am wenigsten griff er bei Orosius ein, der seinem Sprachgefühl wohl am meisten entsprach, und bei annalisti­ schen Werken ; direkte Reden wurden gar nicht verändert. Eine Eigen­ tümlichkeit Frutolfs ist es schließlich auch, Quellen oft nicht unmittelbar, sondern mittelbar auszuschreiben. Stellen aus Augustins Gottesstaat wer­ den vielfach aus Frechulfs Chronik übernommen, vielleicht weil hier bereits das weltgeschichtlich Wichtige aus einem umfangreichen, nicht immer chronologisch vorgehenden Werk ausgewählt zu sein schien ; denn eine besondere Vorliebe für irgendeinen seiner Informanten aus Bprach­ lichen oder inhaltlichen Gründen besaß er offensichtlich nicht. Wenn man überhaupt eine unterschiedliche Wertung seiner Quellen bei Frutolf fest­ stellen will, dann allenfalls die, daß er rein annalistischen Quellen den Vorzug vor anderen gab und ihnen auch sprachlich fast wörtlich folgte, weil diese seinem chronographischen Interesse am stärksten entgegen­ kamen. Die Heranziehung zahlreicher Quellen für die Darstellung desselben Faktums führte zwangsläufig zur Offenlegung ihrer Widersprüche . Hierin ist der Grund für Frutolfs bemerkenswerte Ansätze zur Kritik an der Überlieferung zu suchen, die er mit durchaus ansprechenden Mitteln durchzuführen suchte. Allerdings sind die diesbezüglichen Möglichkeiten eines mittelalterlichen Historikers äußerst beschränkt. In den meisten Fällen war er auf die jeweils eine ihm zugängliche Handschrift mit all ihren Fehlern angewiesen. Eindeutige methodische Mittel, den Wert einer Quelle zu bestimmen, besaß er kaum, zumal man das grundsätzliche Ver­ trauen in die überkommene Literatur zu berücksichtigen hat, das für das Mittelalter ja weithin eine unreflektierte Selbstverständlichkeit ist. So blieb Frutolf oft nichts anderes übrig, als die Quellenaussagen nebenein­ ander zu stellen, auf die in ihnen enthaltenen Widersprüche hinzuweisen und dem Leser die Entscheidung zu überlassen. Mehrfach machte er sich aber auch davon frei, zum Beispiel bei unterschiedlichen Angaben von Zahlen, und folgte seiner eigenen Berechnung, etwa bei der Zählung der Päpste. Das konnte allerdings sogar dazu führen, daß er in einigen Fällen, in denen ihm nur eine einzige Quelle vorlag, deren Angaben bewußt änderte. Immer aber bleibt Frutolfs Kritik auf die Sache beschränkt ; persönliche Kritik an dem Handeln der Personen sucht man vergeblich. Im Rahmen der Möglichkeiten des Mittelalters stellt Frutolf alles in allem gewiß einen Höhepunkt der Geschichtsschreibung dar, wenn man diese einmal einschränkend als Darstellung der nicht selbst erlebten

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Vergangenheit versteht. Umfassende Verwertung des erreichbaren Quellen­ materials, sinnvolle, von Spekulationen freie, vielmehr von den Fakten her bestimmte Gliederung des Stoffes, Bemühen um genaue Datierung des Geschehens, Offenlegung der Widersprüche in den Quellen und kritische Auseinandersetzung zeichnen ihn in gleicher Weise aus. So ist bei nähe­ rem Zusehen trotz des selbstverständlich weithin kompilatorischen Cha­ rakters der Chronik dennoch ein Werk entstanden, das überall die Per­ sönlichkeit des Chronisten verrät, ohne daß dieser jedoch j emals die dem Historiker gebotene Zurückhaltung aufgäbe. 2 . Ü b e r l i e fe r u n g und F o r t w i r k e n der C h r o n i k Die wichtigste Überlieferung der Chronik stellt die Handschrift der Jenaer Universitätsbibliothek Bose q. 19 dar ( = A). Der heute aus 199 Folien bestehende Pergamentcodex im Quartformat trägt auf fol. 1 einen mittelalterlichen Besitzvermerk : Codex monasterii sancti Michaelis in monte prope Babenberg, war also Eigentum des Klosters Michelsberg, ist dann aber um 1 650 von dem Jenaer Gelehrten Andreas Bose erworben worden und so an seinen heutigen Standort gekommen. Die Handschrift ist von zwei Händen geschrieben, deren erste die Frutolfs ist - seit der Untersuchung von Bresslau kann daran überhaupt kein Zweifel mehr bestehen 34 - und heute bis fol. 184r reicht, ursprünglich aber noch bis fol. 186v 9. Zeile von unten ; wahrscheinlich endete damit zunächst auch die Handschrift. Heute ist jedoch der frühere Text ab fol. 1 84v vollständig radiert, und von hier bis zum Ende sind die Blätter von einer zweiten Hand beschrieben worden, die schon vor fol. 184r gelegent­ lich korrigiert, geändert und ergänzt hat. Diese zweite Hand ist sicher die des Autors dieses Textes, also die Ekkehards von Aura. Ekkehard hat wohl auch die aus 9 Folien bestehende letzte Lage der Handschrift angefügt. Frutolf hat seinen Text außerordentlich sauber und fast fehlerfrei geschrieben, Korrekturen gleich welcher Art sind selten. Das könnte ver­ muten lassen, A sei bereits eine Reinschrift, aber das ist sicher ebenso­ wenig richtig wie die gegenteilige Annahme, sie sei Konzept. Lücken, die gelegentlich durch einwandfrei als Nachträge erkennbare Nachrichten ausgefüllt wurden, und einige Korrekturen stellen es sicher, daß wir es mit Frutolis Arbeitsexemplar zu tun haben. Soweit sein Text vornehmlich einer Quelle folgte, bei den Tabellen des Hieronymus etwa, war ein sofortiger " Studien S. 197 ff.

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Eintrag gewiß nicht schwierig. Kompliziertere Textpartien, die aus zahlreichen verschiedenen Vorlagen zusammengearbeitet wurden, setzen allerdings einen weiteren Arbeitsgang voraus. Es muß angenommen wer­ den, daß Frutolf solche Stellen auf Wachstafeln konzipierte und dann erst übertrug. An zwei Stellen, bei der Wiedergabe der Stammbäume der Karolinger und der Liudolfinger, ist die Handschrift durch Federzeich­ nungen geschmückt, die im ersten Fall Arnulf und Begga, im zweiten Fall Liudolf darstellen. Leider ist die Handschrift heute stark verstümmelt und der Text Fru­ tolfs dadurch nicht mehr ganz im Original überliefert. Ausgehend von der heutigen - neuzeitlichen - Folienzählung fehlen nach fol. 60 zwei Blätter, nach fol. 86 wahrscheinlich 12 oder 13 Quaternionen, i:J.ach foll. 87, 91, 102 j e ein Blatt, nach fol. 1 63 ein Quaternion, nach fol. 181 nochmals 1 Blatt ; insgesamt ist also mehr als ein Drittel des ursprünglichen Frutolf-Textes verlorengegangen, sicher schon bevor der Codex seinen heutigen Einband erhielt und bevor Bose ihn erwarb. Diese Lücken können heute nur mehr mit Hilfe der Ekkehard-Überlieferung geschlossen werden. Günstiger ist die Situation bei dem Textverlust, der durch Ekkehards Rasur entstan­ den ist. Noch bevor Ekkehard Frutolfs Chronik zu bearbeiten und fortzusetzen unternahm, wurde im Kloster Michelsberg eine Abschrift der Schluß­ partien, beginnend mit dem Jahresbericht zu 1057, angefertigt, die in der Bammelhandschrift Karlsruhe, Landesbibliothek 504, früher Durlach 36 t ( K) erhalten ist 36• Der Pergamentcodex im Quartformat zählt 197 Folien und hat nach einem Eintrag auf fol. 153' (codex sancti Michaelis mona­ sterii prope Babenberg) ebenfalls dem Bamberger Kloster gehört. Die Handschrift, die gewiß erst nachträglich aus von verschiedenen Händen geschriebenen Teilen zusammengestellt wurde, enthält ausschließlich Literatur zum Quadrivium, darunter die von Frutolfs Helfer Thiemo geschriebene Musica Bernonis, und kann als Schulbuch für die entspre­ chenden Fächer betrachtet werden. In ihm findet sich auf fol. 171 bis 186v ein anonymes Annalenwerk von Erschaffung der Welt bis zum Jahr 1057, das sogenannte Chronicon Wirziburgense, das praktisch auf fol. 187 bis 197v, allerdings mit einer neuen Lage beginnend und von einer anderen Hand geschrieben, durch den Frutolf-Text von 1057 bis 1099, =

35 Vgl. zu dieser Handschrift und ihrem Inhalt : Die Handschriften der groß. herzoglichen Badischen Hof- und Landesbibliothek 4, Die Karlsruher Hand­ schriften, bearb. v. W. Brambach (1896) 92 ff. ; H. Bresslau, Bamberger Studien S. 266 ff. ; 0. Meyer, Manuscripta Bambergensia disiecta I, 93./94. Bericht d. Hist. Ver. Bamberg (1956) 272 f; ders., Weltchronistik S. 248 f.

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nebst zwei weiteren schon erwähnten kurzen Berichten für die Jahre 1100 und 1101 fortgesetzt wird. Beide Teile zusammen können als ein für Unter­ richtszwecke zusammengestelltes Annalenwerk von Erschaffung der Welt bis 1101 betrachtet werden. Die Abschrift des Frutolf-Textes ist in den Partien, die im Autograph erhalten sind, außerordentlich genau und zuverlässig. Daraus kann man die Sicherheit gewinnen, daß das auch für die durch Ekkehard im Auto­ graph ausradierten Teile gilt, für die K die einzige, aber durchaus Ver­ trauen erweckende Überlieferung darstellt. Über die Jahresberichte zu 1100 und 1101 wurde bereits oben gesprochen36• Sonstige Überlieferungen der originalen Frutolf-Chronik scheint es nicht gegeben zu haben. Eine in einem Prüfeninger Bücherverzeichnis genannte Handschrift der Chronica Froutolfi. 37 ist dennoch mit größter Wahrscheinlichkeit eine Kopie der ältesten Fassung der Ekkehard-Chro­ nik gewesen 38 ; immerhin muß damals noch Frutolf als der eigentliche Autor bekannt gewesen sein. Ebenso dürfte ein in einer Comburger Ur­ kunde von 1320 genannter Liber Frithulfi. de diversis hystorüs, in dem K. 0. Müller ein Frutolf-Exemplar sehen wollte 39, in Wirklichkeit keine Frutolf-Handschrift gewesen sein. Die Namensform Frithulfus kann nicht ohne weiteres mit Frutolfus gleichgesetzt werden, sondern erinnert eher an Frechulph von Lisieux, für den die Namensform Fric(h)ulfus im Mit­ telalter gut überliefert ist. Entsprechend der außerordentlich geringen Zahl der Handschriften ist Frutolfs unmittelbare Wirkung gering geblieben, sie beschränkt sich zu­ nächst ganz auf Ekkehard von Aura und sein Werk. Durch diesen hat Frutolfs Chronik dann allerdings weiteste Verbreitung gefunden ; im ein­ zelnen wird darüber aber weiter unten zu handeln sein. 3. Z u r A u s g a b e u n d Ü b e r s e t z u n g

Zweifellos wäre eine vollständige Ausgabe von Frutolfs Chronik ange­ sichts ihres Charakters und ihrer Bedeutung für die weitere mittelalterliche 38 Siehe oben S. 8. 87 Monumenta Boica 13 (1777) 138. 38 Vgl. Bresslau S. 219 Anm . 2.

ae K. 0. Müller, Ein Bücher- und Kirchenschatzverzeichnis der würzburgi­ schen Benediktinerabtei Komburg von 1320, Herbipolis Iubilans, 1200 Jahre Bistum Würzburg, Festschrift zur Säkularfeier der Erhebung der Kiliansreli­ quien, Würzburger Diözesangeschichteblätter 14/15 (1952) 309 ff.

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Geschichtsschreibung auch in dieser Reihe nicht unberechtigt, aber sie würde zum größten Teil doch nur dem vorwiegend historiographisch Interessierten dienlich sein. Berücksichtigt man überdies ihren Umfang sowie den Umstand, daß sie in den älteren Partien weithin nur aus Tabel­ len mit Herrscherjahren besteht, und schließlich die technischen Schwie­ rigkeiten, in diesem Rahmen die komplizierte Arbeitsweise Frutolfs un­ mittelbar zur Anschauung zu bringen, dann erscheint es berechtigt, sich hier auf eine Teiledition zu beschränken. Sie umfaßt den Schluß der Chro­ nik vom Regierungsantritt Kaiser Heinrichs II. (1002) an, von dem an Frutolf zunächst vereinzelt, dann aber in zunehmendem Maße selbständig berichtet. Der Text beruht auf dem Autograph A, soweit er dort erhalten ist, der Text der letzten beiden Drittel des Jahresberichts zu 1098 und der des Berichts zum Jahre 1099 dagegen auf der Abschrift K. Stillschwei­ gende und vom Verfasser angegebene Entlehnungen aus anderen Quellen werden durch Anmerkungsziffern eingerahmt. Dabei bleiben Abweichun­ gen Frutolfs von seinen Vorlagen, soweit es sich nur um sprachliche Änderungen handelt, unberücksichtigt. Verweise auf andere Quellen, die mit "Vgl. " eingeleitet werden, bezeichnen keine Abhängigkeit, son­ dern sind Hinweise auf sprachlich ähnliche Berichte in anderen zeitge­ nössischen Quellen, die gemeinsame Benutzung verlorener Quellen ver­ muten lassen. Die Übersetzung wurde völlig neu angefertigt.

EKKEHARD VON AURA I. BIOGRAPIDSCHES Anders als Frutolf hat sein Fortsetzer Ekkehard, der spätere Abt des mainfränkischen Klosters Aura, mit leidenschaftlicher Anteilnahme die Geschichte seiner eigenen Zeit geschrieben und an manchen wichtigen Ereignissen unmittelbar teilgenommen. Seine zahlreichen Hinweise auf eigenes Miterleben und eigene Erfahrungen erlauben es, seinen Lebens­ weg genauer zu verfolgen als den Frutolfs, und die Neigung zu Urteilen und Stellungnahmen gegenüber Geschehnissen und Menschen sowie per­ sönliche Interjektionen gewähren im Vergleich zu seinem Vorgänger einen direkteren Zugang zu seinem Denken und Fühlen. lnfolge der Ergebnisse der j üngeren Forschung hat man sich heute allerdings ein weitgehend anderes biographisches Bild des Chronisten zu machen, als es noch etwa von R. Holtzmann oder auch eineinhalb Jahrzehnte später gezeichnet

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wurde. Weder die von Trithemius beigebrachten Nachrichten40, daß Ekke­ hard einmal Domschalaster in Worms und Mönch in Hirsau gewesen sei und eine Schrift Laterna monachorum ad imitationem Boetü gemino stilo, das heißt in einer Mischung aus Metrum und Prosa, geschrieben habe, noch die Schlüsse, die man seit Waitz aus den irrigen Ansichten über den Chronisten Ekkehard gezogen hat, können heute für eine Biographie ver­ wendet werden. Andererseits stehen diesen "Verlusten" neue Erkennt­ nisse gegenüber, die aus zusätzlichen Nachrichten sowie aus einer genau­ eren Betrachtung von Ekkehards Werk gewonnen werden können. Auch bei Ekkehard fehlt jede direkte Nachricht oder eigene Aussage über seine Herkunft, dennoch bietet er in seiner Chronik einige wichtige Anhaltspunkte. Neigte man früher dazu, für Ekkehard rheinfränkische Herkunft anzunehmen, so ist heute mit größerer Sicherheit an bayerische Abstammung zu denken. Während der rheinfränkische Raum in seiner Darstellung nicht nennenswert hervortritt, zeigt Ekkehard eine ver­ gleichsweise intime Kenntnis bayerischer Vorgänge. Als er sich 1 101 ins Heilige Land begab, schloß er sich der Kreuzfahrergruppe unter Herzog Welf von Bayern an, und die einzige Notiz über Ekkehard, die außerhalb seines literarischen Werkes überliefert ist, bezeichnet ihn als Mönch von Tegernsee 41• Von größtem Gewicht für diese Frage sind aber wohl einige Stellen in der Chronik, die bisher überhaupt noch nicht in diesem Zusam­ menhang beachtet worden sind. Zum Jahre 1102 verzeichnet Ekkehard den Tod des ehemaligen bayeri­ schen Pfalzgrafen und Markgrafen von Kärnten Aribo 42 ; zum Jahre 1 104 schildert er ausführlich den Mord an dem Grafen Sigehard, einem Ver­ wandten des eben genannten .Aribo, ebenso den Tod des Grafen Boto, eines Bruders des Aribo, dessen Schenkungen für das Kloster Theres und Bestattung daselbst erwähnt werden 43• Daran schließt sich sodann eine Genealogie des Hauses der Aribonen an, dem auch die soeben behandelten Personen entstammen ; dabei werden charakterisierende Nachrichten über einzelne Familienmitglieder eingeflochten, und vor allem wird die Verwandtschaft der j üngsten Generation der Aribonen mit der sächsischen Sippe der Immedinger, eines Zweiges der Familie "Herzogs" Widukind, '0 loharmes Trithemius, Armales Hirsaugienses, Opera Historica 1 ( 1 601) 278, 344, 366, 390 und Chronica Hirsaugiensis, ebd. 2, 100 . Vgl. dazu G. Waitz in MG. SS. 6, 1 m. Anm. und Wattenbach-Holtzmann 2, 498 ; I. Schmale-Ott, Verf. Lex. 5 ; zu den neuen Ergebnissen I. Schmale-Ott, Zs. f. bayer. LG. 34 4 1 MG. Neer. 3, 140 ; K. Hallinger, Gorze-Kluni 1, 350. passim. 42 Vgl. unten S. 182 Z. 3 f. 43 Vgl. unten S. 184 ft'.

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hervorgehoben. Ja, so sagt Ekkehard44, noch viel könnte man davon erzählen, wenn der Charakter des Werkes das nicht verbiete. Damit wird die vorhergehende Passage bereits als gewissermaßen aus dem Rahmen einer Chronik fallend gekennzeichnet, und das ist durchaus zutreffend, verlangt aber eben deshalb nach einer Erklärung. Unabweisbar erscheint zumindest die Annahme, daß nur ein bayerischer Stammesangehöriger ein solches Interesse an den Aribonen und eine zugleich so intime genea­ logische Kenntnis von ihnen besaß. Man darf und muß vielleicht sogar noch einen Schritt weiter gehen und als letzten Grund vermuten - erin­ nert sei vergleichsweise an die ausführliche Erwähnung der eigenen Familie durch Hermann den Lahmen in dessen Chronik -, daß Ekkehard selbst zu den Aribonen in einer verwandtschaftlichen Beziehung stand. Dann erschiene nicht nur die Erwähnung der reichen Dotierung des Klosters Theres durch den Aribonen Boto und seine babenbergische Gemahlin Judith in einem anderen Licht, sondern, um das schon vorweg­ zunehmen, vor allem wäre Ekkehards spätere Berufung zum Abt des Klosters Aura, das wie Theres auf ehemaligem popponischen Besitz gegründet wurde, vielleicht weniger zufällig, als man bisher annehmen mußte ; sie wäre vielmehr als Folge seiner Zugehörigkeit zu den Aribonen zu betrachten, und Ekkehard müßte dann in die Nähe des Grafen Boto gebracht werden. Wie die Dinge nun einmal bei dem Fehlen j eder weiteren direkten Nachrichten stehen, wird man in dieser Frage nicht über Vermutungen hinauskommen, sicher ist aber wohl in jedem Fall, daß Ekkehard edel­ freier Herkunft war 45• Seine Zugehörigkeit zum Konvent des bedeutenden Klosters Tegernsee setzt adelige Abstammung einigermaßen zwingend voraus. In die gleiche Richtung weist seine relativ schnelle Ernennung zum Abt von Aura durch Bischof Otto von Bamberg und sein noch zu betrachtender häufiger Aufenthalt in der engsten Umgebung Heinrichs V. Wann Ekkehard Mönch wurde und ins Kloster Tegernsee eintrat, ist nicht sicher zu bestimmen, man könnte in seinem Werk allerdings Anzei­ chen dafür sehen, daß das erst nach seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land geschah. Wenn nämlich Ekkehard im Jahresbericht zu 1099 einen u Vgl. unten S. 188 Z. 8 f. '5 Auffallend ist jedenfalls, daß Ekkehard bei fast allen Personen, die er

namentlich aufführt, eine Bemerkung zu ihrer Herkunft macht, wobei die Erwähnung hochadliger Herkunft immer mit dem Akzent besonderer Verehrung versehen ist, hinter der sogar Frömmigkeit oder Bildung in untergeordnete Posi­ tionen rücken ; von Ministerialen ist dagegen in eher abschätzigem Sinn die Rede.

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Priester G. erwähnt, der "nun zusammen mit uns als Mönch für den Erst­ lingswurf eines Esels Christus ein Schaf leistet" 46, so muß sich das nicht nur auf den Priester G. allein beziehen, sondern kann auch eine entspre­ chende Konversion bei Ekkehard selbst andeuten. Einen ähnlichen Schluß möchte man aus dem Stil seiner Chronik ziehen. Ganz offensichtlich sind Ekkehards Lateinkenntnisse zumindest in der ersten Fortsetzung von Frutolfs Werk, verglichen etwa mit denen Frutolfs selbst oder denen des anonymen Verfassers der Kaiserchronik, nicht die besten. Die Ausdrucks­ weise ist häufig dunkel, die oft langen Perioden sind undurchsichtig, und es kommen daneben zahlreiche eindeutige grammatische Verstöße vor, die auch innerhalb des Mittellateins als Fehler bezeichnet werden müssen. Außerdem ist Ekkehards Latein literarisch ausschließlich an der Bibel orientiert, eine klassische oder auch patristische Reminiszenz sucht man vergebens. Das spricht eher gegen eine gute und langjährige Ausbildung, wie sie das kulturell damals hochstehende Kloster Tegernsee seinen Mön­ chen vermittelt haben dürfte, wenn diese ihm schon als Kinder oder Jugendliche übergeben worden waren. Es bleibt höchstens noch die Frage, ob Ekkehard vor seinem Eintritt in Tegernsee Laie oder Priester war ; zu beantworten ist sie indessen nicht mit voller Sicherheit. Immerhin kann er seine Lateinkenntnisse nicht erst nach seiner Rückkehr vom Kreuzzug erworben haben, wenn er schon 1 102 bei seinem Aufenthalt in Rom die Beschlüsse der Fastensynode zu registrieren, bereits 1 105 Frutolfs Chro­ nik fortzusetzen in der Lage war und 1 106 als Teilnehmer der Gesandt­ schaft Heinrichs V. nach Rom bestimmt wurde. All das setzt noch nicht zwingend seine vorherige Zugehörigkeit zum Klerikerstand voraus, Bil­ dung konnte auch ein Laie erwerben, wie sie ja von Ekkehard selbst aus­ drücklich bei den Grafen Boto und Aribo hervorgehoben wird, legt eine solche Annahme aber doch nahe. Zusammenfassend läßt sich folgendes sagen : Spätestens um 1080, eher noch etwas früher (Teilnahme am Kreuzzug, seit 1 108 als Abt von Aura vorgesehen) muß Ekkehard geboren sein. Sicher . war er bayerisoher und edelfreier Herkunft, möglicherweise verwandt mit den Aribonen oder noch genauer mit dem Grafen Boto. Um 1102/03 dürfte er als Mönch in das Kloster Tegernsee eingetreten sein ; ob er vorher Kleriker oder Laie war, bleibt eine offene Frage 47• '6

Vgl. unten S. 142 Z. 17. Die Zugehörigkeit zum Klerikerstand ist wohl doch das Wahrscheinlichste. Die geistige Welt Ekkehards, von der noch die Rede sein wird, entspricht mehr der eines GE>istlichen denn der eines Laien. Vor allem in der Erzählung über seine Fahrt in das Heilige Land findet sich kein Hinweis darauf, daß Ekkehard '7

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Größere Gewißheit über Ekkehards Lebensweg gewinnt man erst vom Jahre 1 101 an, in dem sich der Chronist den deutschen Kreuzfahrern unter Herzog Welf von Bayern anschloß 48• Der große Erfolg der Kreuz­ zugspropaganda in Frankreich, die Nachricht von der Eroberung Jerusa­ lems, vor allem aber die Zeichen, die Ekkehard zum Teil selbst beobachtet zu haben glaubte und die er insgesamt in bedeutsamer Häufung berichtet, haben den leidenschaftlichen, erregbaren und zu heftigen Reaktionen neigenden Mann veranlaßt, die Fahrt nach Jerusalem anzutreten. Er zog mit dem Heer auf dem Landweg bis Byzanz, schiffte sich dann aber ein und erreichte im August Joppe. Von dort aus muß er auch Jerusalem besucht haben, wo er ein Buch mit der bisherigen Geschichte des ersten Kreuzzuges zu lesen Gelegenheit hatte, dem er die ei�e oder andere Nachricht für seinen eigenen Bericht verdankte. Er erlebte hier und kurz danach wieder in Joppe ein solches Massensterben unter den Christen, daß er ihm selbst kaum entrinnen zu können glaubte. Schließlich wurde er noch mit vielen anderen Pilgern und Kreuzfahrern in der Hafenstadt durch die Seldschuken eingeschlossen, bis diese durch König Balduin von Jerusalem geschlagen und zur Flucht gezwungen wurden. Am 24. Sep­ tember verließ er wiederum zu Schiff das Heilige Land, erreichte zu Beginn der Karwoche des Jahres 1 102 (30. März - 5. April) Rom und hörte am Gründonnerstag (3. April) in der Lateranbasilika Papst Paschal li. die Bannsentenz gegen Heinrich IV. verkünden 49• Wenn auch manches dafür spricht, daß Ekkehard nun nach seiner Rückkehr unter dem Eindruck seiner Pilgerfahrt und des Romaufent­ haltes Mönch in Tegernsee wurde, hört man Genaueres über den Lebens­ weg doch erst wieder seit dem Aufstand Heinrichs V. gegen seinen Vater. Ende des Jahres 1 104 ,während Heinrich IV. das Weihnachtsfest in Mainz feierte, begab sich sein Sohn nach Bayern, um mit den bayerischen Für­ sten ein Bündnis gegen den Vater zu schließen und dann von dort aus das Reich zu gewinnen. Zusammen mit dem bayerischen Anhang zog Hein­ rich V. deshalb nach Sachsen, und in Nordhausen konnte er am 29. Mai eine gutbesuchte Synode abhalten, auf der er die sächsisch.e Anerkennung gewann. An ihr nahm auch Ekkehard teil 50, und es ist daher zu vermuten, daß er bereits in Bayern zu dem jungen König gestoßen war und ihn nach etwa aktiv an den Kämpfen teilgenommen hat. Die nahe Bekanntschaft mit einigen Klerikern, die Ekkehard erwähnt (vgl. unten S. 176 Z. 32), weist eben­ falls eher auf Zugehörigkeit zu diesem Stand hin. 48 Vgl. unten S. 1 64 ff. zum J. l lOI. 50 Vgl. z. J. 1 105 unten S. 190 Z. 25. " Vgl. unten z. J. 1 102, S. 180.

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Sachsen begleitet hatte. Seine eigene religiöse Haltung, sein römisches Erlebnis und das ausdrückliche Bemühen Heinrichs V., seine Reform­ gesinnung zu demonstrieren, scheinen den auf seiten der Reformkirche stehenden Mönch Ekkehard für den rebellischen König gewonnen zu haben, so daß er ihm nun mit einer ähnlichen Begeisterung folgte, wie sie ihn einige Jahre zuvor in den Orient geführt hatte. Er scheint auch danach noch lange Zeit in der Umgebung des Königs verblieben zu sein. Sein Bericht über den Zug Heinrichs V. von Sachsen nach Mainz, Würzburg und Nürnberg, über Ereignisse während dieses Zuges und über die folgende Auseinandersetzung zwischen dem Kaiser und seinem Sohn in und vor Regensburg ist so ausführlich selbst in Einzelheiten, daß man nur anneh­ men kann, Ekkehard erzähle hier selbst Erlebtes. Daß das auch für den Rest des Jahres 1 105 noch gilt, ist unwahrscheinlich. Seine Mitteilungen über den Mainzer Hoftag, auf dem Heinrich IV. abgesetzt wurde, enthal­ ten, ohne daß man sie als spärlich bezeichnen könnte, weniger Einzelheiten als vergleichsweise die Berichte über Nordhausen und Regensburg. Da er aber kurz darauf an der in Mainz beschlossenen Gesandtschaft nach Rom teilnahm, hatte er genügend Möglichkeiten, das zu erfahren, was er berichtet. Spätestens in die Zeit zwischen den Vorgängen bei Regensburg und dem Mainzer Hoftag muß Ekkehards Bekanntschaft mit Bischof Otto von Bamberg und sein Aufenthalt auf dem Michelsberg fallen, dessen Konvent er indessen als Benediktiner von Tegernsee selbst niemals angehört haben kann. Die erste Fortsetzung von Frutolfs Chronik durch Ekkehard in dem Baroberger Autograph ist bis zum Beschluß über die Gesandtschaft geführt, die im Februar nach Rom gehen sollte. Deshalb muß Ekkehard wohl im Jahre 1105 nach Bamberg gekommen sein. Ob das die bloße Folge einer Zufallsbekanntschaft war oder ob nicht vielmehr eine Empfehlung Heinrichs V. vorausging, in dessen Umgebung Ekkehard sich lange aufge­ halten hatte, muß grundsätzlich offen bleiben, doch ist das letzte wahr­ scheinlicher. Der Umzug des Tegernseer Mönches auf den Michelsberg, kurz darauf die Teilnahme an einer königlichen Gesandtschaft wohl in der unmittelbaren Begleitung des Bischofs Otto, wiederum wenig später die Ernennung zum Abt des neu gegründeten Aura, all das scheint doch eher darauf hinzudeuten, daß Ekkehard einen hohen Gönner besaß und schon damals an eine entsprechende Versorgung gedacht war. Die Zeit seines ersten Baroberger Aufenthalts nutzte er, wie schon angedeutet, für die Fortsetzung von Frutolfs Chronik. Daß er dabei, abgesehen von eini­ gen kleineren echten Richtigstellungen, damit begann, Frutolfs Berichte ab 1098 zu tilgen, darf ihm kaum, wie das gelegentlich geschehen ist, zum

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Vorwurf gemacht werden. Denn Frutolf hatte zu 1098 aus zweiter Hand - aufgrund eines Kreuzfahrerbriefes - über den Verlauf des Kreuzzuges berichtet, darüber aber war Ekkehard teils aus eigenem Erleben, teils aus der Kreuzzugsgeschichte, die er in Jerusalem gelesen hatte, wesentlich besser informiert als Frutolf. So war es nur zu natürlich, daß er die Ge­ schichte des Kreuzzuges, der für ihn einen ganz anderen Erlebniswert besaß als für Frutolf, neu zu schreiben suchte. Dabei ging es weniger um irgendeine tendenziöse Kritik als vielmehr um größere Ausführlichkeit, denn Ekkehard hat in seinem eigenen Bericht jede Zeile Frutolfs zum größten Teil sogar wortwörtlich mitverwertet. Im Februar 1 106 51 reiste er, wie schon gesagt, nach Rom zusammen mit Otto von Bamberg und den übrigen Gesandten Heinrichs V. In Trient wurden sie indessen von Anhängern Heinrichs IV. um die Mitte der Fastenzeit (Ende Februar/Anfang März) aufgehalten, bis Herzog Welf von Bayern sie wieder befreite. Während einige Teilnehmer, darunter Otto von Bamberg, nun illre Reise zum Papst fortsetzten, kehrte Ekke­ hard mit den anderen nach Deutschland zurück. Sein weiterer ausführli­ cher Bericht, manche Wendung und einige Einzelheiten, die wahrschein­ lich nur Anwesenden bekannt werden konnten, lassen vermuten, daß er sich unmittelbar an den Hof König Heinrichs V. begab und hier verblieb, bis er im Oktober 1 106 wiederum einer deutschen Gesandtschaft zuge­ teilt wurde, die die Synode von Guastalla besuchte 52• Die letzten zwei Jahre hatte Ekkehard sich also meist im Zentrum der Ereignisse befunden und war sogar zeitweise an nicht unwichtigen Aufga­ ben, den beiden Gesandtschaften, beteiligt ; seine persönliche Stellung und Rolle im Kreis um Heinrich V. darf man also sicher nicht unter­ schätzen. Sie bestätigt vielmehr die oben geäußerten Vermutungen über seine Herkunft. Nun aber scheint er sich zunächst einmal aus dem Ge­ triebe zurückgezogen zu haben und wieder auf den Michelsberg gegangen zu sein. Denn aus einem Brief an Heinrich V. geht hervor 63, und es wird &1

Vgl. z. J. 1 106 unten S. 276 Z. 27. Vgl. den erweiterten Bericht zum Jahre 1 106 in der Rezension III, unten s. 292 z. 27. 63 Vgl. Ekkehards Rezension Il, S. 206 ff. Der hochgestimmte Ton dieses Briefes, ebenso die Tatsache, daß alle Wirren als vergangen bezeichnet werden, Heinrich IV. überhaupt nicht mehr erwähnt wird, machen deutlich, daß dieser Widmungabrief nach dem Tod des Kaisers geschrieben ist. Daß der Jahresbericht zu 1 106 in dieser Rezension II, für die dieser Brief Zeuge und einziger Überrest ist, in allen Einzelheiten mit dem in den Rezensionen III und IV identisch ist, kann mit Bestimmtheit verneint werden. 62

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durch die Überlieferung bestätigt, daß Ekkehard dem König spätestens 1 107 ein Exemplar von Frutolfs Chronik und seiner eigenen Fortsetzung, die er nun wahrscheinlich bis zum Ende des Jahres 1 106 führte, überge­ ben hat. Dieses muß natürlich im Jahre 1 107, und zwar auf dem Michels­ berg, angefertigt worden sein, und die Arbeit daran hat sicher den größten Teil des Jahres in Anspruch genommen. Dann aber stellte er, entgegen früherer Ansicht, seine Tätigkeit als Chronist für eine Reihe von Jahren ein - darauf ist später noch zurückzukommen -, andere Dinge nahmen ihn nun erst einmal in Anspruch. 1 108 nämlich gründete Bischof Otto von Bamberg auf früher poppolisehern und Schweinfurter, dann bambergi­ schem Besitz das in der Würzburger Diözese gelegene Kloster Aura, des­ sen erster Abt Ekkehard werden sollte 64• Die bisherige Ansicht, Ekkehard habe auch in den folgenden Jahren kontinuierlich an seiner Chronik gearbeitet, kann heute nicht mehr auf­ recht erhalten bleiben. Die Berichte für die Jahre 1 107 bis 1 1 1 1 sind näm­ lich - wie später noch im einzelnen zu begründen sein wird - ursprüngli­ cher Bestandteil der sogenannten Rezension C, das heißt der anonymen Kaiserchronik, und daher nicht von Ekkehard verfaßt, sondern von die­ sem nur in die späteren Chronikfassungen übernommen. Damit entsteht nun zwar eine gewisse Lücke in seiner Biographie, diese kann aber durch einige neue, wenn auch ganz anders geartete Ergebnisse wieder ausgefüllt werden. Man hat die Vermutung geäußert, daß Ekkehard sich in den Jahren, in denen sein 1 1 1 3 geweihtes Kloster errichtet wurde, vorübergehend in Würzburg aufgehalten habe 55, in dessen Diözese das entstehende Kloster lag, und wo er diesem räumlich näher war als in Bamberg. Man darf in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, daß Ekkehard ja keinem bestimmten Konvent mehr angehörte und daher seinen Aufenthalt frei wählen konnte, solange sein Kloster noch nicht eingerichtet war. Wenn man den Würzburger Aufenthalt allerdings aus der Rezension C erschloß56, in der dem Bischof Erlung von Würzburg ein unverhältnismäßig großer Raum gewährt ist, kann dieses Argument jetzt nicht mehr verwendet werden ; es gewinnt aber später unter einem etwas anderen Blickwinkel noch einmal Bedeutung. Jetzt ist vielmehr ein Würzburger Aufenthalt, und zwar im Kloster des hl. Burchard, einwandfrei dadurch gesichert, 54 Über Aura zuletzt Handbuch der Hiat. Stätten Deutschlands 7 ( 2 1965) 54. 55 Wattenbach-Holtzmann 2, 501 ; F.-J. Schmale, Die Glaubwürdigkeit der

jüngeren Vita Burchardi, Jb. f. fränk. LF. 19 ( 1959) 50. 56 So bei Wattenbach-Holtzmann a. a. 0.

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daß ein früher falsch zugewiesenes Werk, die Bearbeitung und Erweite­ rung der älteren Vita Burchardi, ihm mit guten Gründen zugeschrieben werden konnte 67• Als Dank für die genossene Gastfreundschaft hat er es dem Abt Pilgrim und dem Konvent gewidmet. Da er in diesem gar nicht so kleinen und historisch wichtigen Werk neben der älteren Burchardsvita auch zahlreiche weitere Quellen aus der Tradition des Bistums und des Klosters verwertete, das bis ins 10. Jahrhundert Kanonikerstift und als solches mit der Bischofskirche fest verbunden gewesen war, ist ein län­ gerer Aufenthalt in St. Burchard vorauszusetzen. Dafür kommen aber nur die Jahre vor der Vollendung von Aura, also zwischen 1 108 und 1 1 13 in Frage. Als Autor hat Ekkehard in dieser Zeit also nicht an seiner Chro­ nik, sondern an einem hagiographlachen Werk gearbeitet. Erst äußere Umstände haben ihn um 1 1 15, spätestens 1 1 1 6 erneut historiographlach tätig werden lassen. Damals schrieb er eine Rezension (III) seiner Chronik, für die er jetzt auch die inzwischen erschienene Chro­ nik Sigeberts von Gembloux und die Kaiserchronik heranzog und für die seine Verfasserschaft eindeutig gesichert ist 58, j ene Rezension nämlich, die Ekkehard für den Abt Erkembert69 von Korvey auf dessen Wunsch hin80 anfertigte und spätestens 1 1 17, d. h. bevor Erkembert in diesem Jahr eine Reise ins Heilige Land antrat81, durch den Prior Amel von Aura überreichen ließ B2• Eben diese für Erkembert bestimmte Chronik beweist auch, daß Ekke­ hard erst j etzt wieder zur Feder griff. Schon Waitz hatte festgestellt, da_ß diese Fassung der Rezension C besonders nahestehe 83, die in ihrer ältesten Form 1 1 1 2 vorgelegen haben muß und in Würzburg aufbewahrt wurde. Seitdem diese als anonyme Kaiserchronik gesichert ist64, die bis 1 1 06 das Werk Frutolfs und Ekkehards benutzte und diese sodann selbständig fort­ setzte, kann die Wiederkehr dieser Jahresberichte in Ekkehards Chronik von 1 1 1 7 nur bedeuten, daß dieser neben Frutolfs Werk und seiner eigenen Fortsetzung bis 1 106 nun auch die Kaiserchronik heranzog, die er dann wieder erst ab 1 1 1 2 selbständig fortsetzte. Für die Jahre 1 107 bis 1 1 1 1 besaß er also keine eigenen Aufzeichnungen. Mit dieser Chronik für den Abt Erkembert enden die Nachrichten über Ekkehard fast völlig. Zwar hat er seit 1 1 1 6 Jahr für Jahr die Chronik bis 67 Schmale, Glaubwürdigkeit S. 45 ff. 58 Die für Abt Erkembert bestimmte Chronik ( Rezension III). 58 Über diesen vgl. zuletzt W. Stüwer, in Kunst und Kultur im Weserraum 80 Vgl. unten S . 268 Z. 14 f. 800-1600 1 (1966) 1 1 . 1 62 81 Annales Mildesheimenses z. J. 1 1 17. Vgl. unten S. 270 Z. 6 ff. 63 u I. Schmale-Ott, Die Rezension C, S. 363 ff. MG. SS. 6, 1 1 Z. 20. =

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zum Tode Heinrichs V. (23. Mai 1125) fortgesetzt, aber Hinweise auf die eigene Person sucht man vergebens. Nur seinen Todestag verzeichnet ein Michelsherger Nekrolog noch zu einem 23. Januar unbekannten Jahres66. Das kann frühestens das Jahr 1 126 gewesen sein, doch schließt das seinen Tod in einem späteren Jahr nicht aus, da der Abschluß der Chronik viel­ leicht eher durch das Ende der Regierungszeit Heinrichs V. als durch den eigenen Tod bedingt ist. Die Revision des bisherigen biographischen Bildes hat einige Konse­ quenzen für die Frage nach der geistigen Welt Ekkehards. Insgesamt stellt sich Ekkehard in dieser Hinsicht eindeutiger dar als früher. Nach den überholten Ergebnissen von Waitz hatte man zunächst annehmen müssen, daß Ekkehard ein wankelmütiger, die Fahne gewissermaßen nach dem Wind hängender, seine Meinung je nach Lage grundsätzlich ändern­ der Mann gewesen sei : Seiner politisch-religiösen Einstellung nach wäre er demnach zunächst konservativ, königstreu und kaum von den Reform­ bestrebungen seiner Zeit beeinflußt gewesen, hätte sich dann nach dem Kreuzzug völlig gewandelt und Front gegen Heinrich IV. zugunsten des Rebellen Heinrich V. gemacht, wenig später (Rezension C) sein Urteil über den verstorbenen Kaiser erneut gründlich revidiert, wäre 1 1 1 6 zu seiner früheren Ansicht über diesen zurückgekehrt und schließlich zu einer abschätzigen Ansicht auch über Heinrich V. gekommen. Seitdem indessen Bresslau die eigentliche Weltchronik bis 1097 als Werk Frutolfs erkannt hat und vor rund einem Jahrzehnt die Rezension C als die Kaiser­ chronik eines Anonymus erwiesen wurde, ist die bisherige Vorstellung über die geistige Haltung Ekkehards weitgehend zusammengebrochen. Über das historische Weltbild Ekkehards in einem Sinne, wie diese Frage bei Frutolf zu behandeln war, läßt sich im Grunde wenig sagen, da der Abt von Aura uns in seinem Werk, wie es sich j etzt darstellt, ausschließ­ lich als Chronist der eigenen Zeit begegnet. Es ginge zu weit, wollte man unterstellen, daß er die gleichen historischen Vorstellungen besessen haben müsse wie Frutolf, da er doch dessen Chronik den verschiedenen Fassungen seiner eigenen "Zeitgeschichte" voranstellte. Wir besitzen allenfalls einen winzigen Ansatzpunkt für diese Frage in seinem Wid­ mungabrief an Abt Erkembert, in dem er erwähnt, er habe die übersandte Chronik in fünf Bücher eingeteilt, wobei das Ende des ersten durch die Gründung Roms, das des zweiten durch die Geburt Christi, das des 85 MG. Neer. 3, 140. Diese Nachricht ist zuverlässiger als die, die Ussermann (Episcopatus Wirci.burgensis S. 418) beibringt, wonach Ekkehard an einem 20. Februar gestorben sein soll (Jaffe, Bibi. 5, 568).

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dritten durch die Herrschaft Karls des Großen, das des vierten durch die Herrschaft Heinrichs V. bestimmt werde. Diese Einteilung lehnt sich insofern an die Gliederung Frutolfs an, als sie ebenfalls die Bedeutung des Römischen Reiches hervorhebt, betont aber andererseits im Gegensatz zu Frutolf deutlicher die Geburt Christi als historisch relevantes Faktum, versieht die Herrschaft Karls des Großen mit einem stärkeren welthisto­ rischen Akzent und verleiht der eigenen Zeit ein im Rahmen der Welt­ geschichte fast unangemessenes Gewicht. Diese beiden Gliederungen las­ sen sich also von der Gründung Roms an nicht mehr zur Deckung bringen. Wenn anders als für Frutolf die Geburt Christi ein markantes Datum wird, so zeigt das, daß für Ekkehards Geschichtsbild das Christentum, der eigene Glaube, unmittelbarer prägend ist, als das bei Frutolf festzu­ stellen war. Gläubigkeit bestimmt aber auch den Standpunkt, von dem aus er die Geschichte seiner eigenen Gegenwart schreibt. Im Grunde ist über Ekke­ hard schon fast alles, sicher aber das Wichtigste gesagt, wenn man ihn als einen durch und durch religiösen Menschen bezeichnet. Was er erlebt und was in seiner Zeit geschieht, wirkt alles auf seine Religiosität ein, wird in sie integriert oder von ihr aus abgewiesen und verurteilt. Seine leichte Erregbarkeit, seine Leidenschaftlichkeit und seine starke Gefühls­ betontheit sind entweder Ursache dieser Haltung oder sie unterstützen diese. Es würde zu weit führen, in diesem Rahmen alle dafür bezeichnen­ den Stellen anzuführen, verwiesen sei aber etwa auf die erhaltenen Briefe an Abt Volmar von Hirsau 66, Abt Erkembert von Korvey87 und auf den Widmungsbrief an Heinrich V.68 sowie auf die zahlreichen Interjektionen, auf seine Klagen über die Zustände in der Kirche, sein Urteil über Hein­ rich IV. , seine Bewunderung für dessen Sohn Konrad, ganz abgesehen von den Wunderzeichen, die er so zahlreich berichtet und die ihn stets tief beeindruckten. Unglücksschläge - Hungersnöte, Krankheiten, Un­ wetter, militärische Niederlagen - empfindet er tief, ebenso uneinge­ schränkt gibt er aber seinen glücklichen Gefühlen bei siegreichen Schlach­ ten, bei der Erhebung Heinrichs V., bei der Wiederherstellung des Frie­ dens zwischen Kirche und Reich Ausdruck. Stets aber ist es für ihn zwei­ felsfrei, daß in ihnen Gottes Wille unmittelbar deutlich wird. Damit kehren wir zu dem entscheidenden Charakteristikum Ekke­ hards, seiner Religiosität, zurück, von der letzten Endes seine konkreten Gefühlsäußerungen, Ansichten und Urteile abhängen. Sie bedarf allerdings 88 Trithemius, Armales Hirsaug. 1, 390 f. ; auch bei Waitz MG. SS. 6, 2 f. 8 7 Siehe unten S. 268. 88 Siehe unten S. 206. Anm . 16.

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einer kurzen Kennzeichnung. Sie ist in ihrem Kern naive und unreflek­ tierte, aber tiefe und stets zum Ausdruck drängende Gläubigkeit, die - soweit es Ekkehard als Historiker betrifft - in Gott den stets unmittel­ bar tätigen Herrn der Geschichte sieht und das im konkreten Geschehen aufzuzeigen sucht. Darin unterscheidet er sich deutlich von dem kühle­ ren, reservierten und objektiven Frutolf. Aus dem gleichen Grund ist er auch mit einem moralischen Urteil über Personen im Guten wie im Bösen schnell bei der Hand. Die gewissermaßen konservative und für das Mittel­ alter fast zeitlos typische Frömmigkeit und Gläubigkeit erfährt aller­ dings eine zeitgebundene Akzentuierung. Sie ist zugleich so entschieden an der Einheit mit der Römischen Kirche und dem Papsttum orientiert, daß das Handeln aller Personen, besonders das der Könige und Bischöfe, immer dann negativ beurteilt wird, wenn sie sich nicht in der Einheit mit dem Papst befindeh oder gegen die Einheit mit dem Papst zu verstoßen scheinen. Ist diese Einheit aber tatsächlich oder angeblich vorhanden und stellt eine Handlung oder ein Verhalten sie nicht ausdrücklich in Frage, dann ist auch Ekkehards Urteil positiv, dann spielen andere Ge­ sichtspunkte oder Grundsätze keine Rolle mehr. Hieraus erklärt sich sein Haß gegenüber Heinrich IV. , seine anfängliche Begeisterung für Hein­ rich V. und seine zuletzt auch diesem gegenüber eher skeptische Haltung. Eine für das Papsttum und den König so entscheidende Frage wie die der Investitur wird dagegen niemals grundsätzlich aufgerollt, und nie nimmt Ekkehard zu diesem Problem eindeutig Stellung. Die Vorgänge von 1 1 1 1 bei dem ersten Romzug Heinrichs V . oder dessen damaliges Verhalten dem Papst gegenüber erfahren kein Wort der Kritik, da das Ergebnis den Frieden zwischen dem Papst und dem Kaiser wiederherstellt. Eine Stel­ lungnahme für die Investiturrechte des Königs darf man indessen daraus nicht ablesen ; denn ebensowenig bedauert Ekkehard die rechtlichen Ver­ änderungen, die das Wormser Konkordat brachte. Auch dieses Ereignis ist letztlich nur deshalb wichtig, weil es Frieden und Eintracht wieder­ bringt. Am deutlichsten wird diese seine Einstellung vielleicht in seinem Bericht über die Lateransynode des Jahres 1 1 12, auf der sich Paschal 11. wegen des Vertrages von Ponte Mammolo schärfsten, bis zum Vorwurf der Häresie reichenden Angriffen ausgesetzt sah. Ekkehard übernahm aus einer schriftlichen Vorlage kommentarlos die Verwerfung des Investi­ turprivilegs, die in diesem Punkt den Vertrag von Ponte Mammolo für unrechtmäßig erklärte ; mit offensichtlichem Mißfallen berichtet er aber, daß der Erzbischof von Vienne bei dieser Gelegenheit die Exkommuni­ kation Heinrichs V. betrieben und so die Gefahr eines neuerlichen Schis­ mas zwischen Rom und dem Kaiser heraufbeschworen habe.

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Sucht man diese Haltung mit allgemeineren, für Ekkehards Zeit gülti­ gen Begriffen zu kennzeichnen und ihn in eine der damaligen Gruppierun­ gen einzuordnen, so darf man ihn kaum als einen konsequenten Anhänger spätgregorianischer Reform, als papsttreu und antiköniglich, als gegen die laikale Gewalt in der Kirche schlechthin eingestellt bezeichnen. Eben­ sowenig wäre aber auch das Gegenteil richtig. Er ist in keiner Hinsicht Extremist, sondern eher flexibel. Unabdingbar ist nur die Einheit mit dem Römischen Stuhl ; ob sie unter dieser oder j ener Bedingung gewahrt wird, ist keine Grundsatzfrage. Eindeutig ist nur, daß in diesem Verhält­ nis der Papst, der die Kirche repräsentiert, der maßgebende Partner ist und der andere Partner sich nach diesem richten muß. Kritik am Papst­ tum sucht man vergebens. Diese Haltung entspricht insgesamt der der Hirsauer, und als Hirsauer kann und muß auch Ekkehard bezeichnet wer­ den. Wenn die ersten Mönche für Aura aus Hirsau kamen, Ekkehard dem Abt Volmar von Hirsau (1 120-1 156) einen sehr gefühlsbetonten Brief schrieb 69 und darin die Gebetsverbrüderung mit Hirsau betont, und wenn er in entsprechendem Sinn auch an Erkembert von Korvey schrieb, des­ sen Kloster seit 1093 ebenfalls unter hirsauischem Einfluß stand 70, so ist es keine reine Äußerlichkeit oder eine bloß zwangsläufige Folge der Ent­ scheidung des Bischofs Otto von Bamberg, Aura mit Hirsauern zu beset­ zen. Ekkehard hat sich vielmehr mit den Vorstellungen der Hirsauer identifiziert. Ein kleiner Zug mag das bestätigen. Es ist bekannt, daß die Hirsauer Mönche predigend durch das Land zogen und wegen der den Mönchen vielfach bestrittenen Predigttätigkeit mancherlei Kritik erfuh­ ren. Ekkehard dagegen verteidigt in der Vita Burchardi ausdrücklich -das Recht der Mönche auf Predigt 71 und zeigt auch darin seine Zugehörigkeit zu dieser Reformbewegung. II. DAS WERK

1. Die Vita Burchardi

Die früher einem Engelhard - 1 1 68 als Abt von St. Burchard i n Würz­ burg belegt - zugewiesene Schrift konnte vor rund zehn Jahren aufgrund von Datierungsmerkmalen, stilistischen und wörtlichen Übereinstimmun­ gen mit den Briefen und der Chronik Ekkehards, sowie aufgrund von ein­ deutigen Hinweisen auf die Chronik als weiteres Werk des Autors dem Abt 88

71

70 Stüwer a. a. 0. 1 1 . Siehe oben S. 29 Arun. 66. Vgl. Schmale, Glaubwürdigkeit S. 5 1 , auch zum Folgenden.

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von Aura zugeschrieben werden72• Sie muß vor 1130, dem Todesjahr des Empfängers des Widmungsbriefes, des Abtes Pilgrim von St. Burchard, wahrscheinlich aber aus oben bereits genannten Gründen in den Jahren 1 108 bis 1 1 1 3 verfaßt worden sein. Sie ist abgesehen von der Widmung, einem metrischen und einem Prosaprolog in drei Bücher eingeteilt, von denen das erste Burchards Leben bis zur Bischofsweihe, das zweite sein Wirken als Bischof, das dritte über Burchards Nachfolger Megingaud und Bernwelf, die Umwandlung des früheren Stifts St. Andreas in das Bur­ chards-Kloster und die Translation des Heiligen berichtet. Die Vita braucht hier nicht ausführlich behandelt zu werden, aber in zweierlei Hinsicht ist sie auch in unserem Zusammenhang wichtig. Sie liefert einmal Beweise für die geistige Zugehörigkeit Ekkehards zu den Hirsauern, wie soeben schon erwähnt wurde ; zum anderen gibt sie zusätz­ lichen Aufschluß über die Arbeitsweise und die generelle Zuverlässigkeit des Historikers. Für die Vita des im 8. Jahrhundert lebenden Heiligen war Ekkehard natürlich völlig von schriftlichen Überlieferungen abhän­ gig, aber nur ein einziges Stück dieser Überlieferung, nämlich die dem 9. Jahrhundert angehörige ältere Burchards-Vita, ist unabhängig erhalten. Man hat infolgedessen lange Zeit die über die ältere Vita hinausgehenden Nachrichten als unbelegbar in Zweifel gezogen und geglaubt, den Autor der willkürlichen Erfindung überführen zu können, weil er auch die ältere Vita selbst mehrfach erweitert zu haben schien. Eine eingehende Unter­ suchung hat aber gezeigt, daß solche Erweiterungen niemals Fakten betreffen, sondern nur in moralisierenden Betrachtungen oder in stan­ dardisierten und typischen Vorstellungen vom Heiligen überhaupt be­ stehen, die Ekkehard einfügte, die aber die rein sachlichen Mitteilungen nicht tangieren. Daraus konnte der sichere Schluß gezogen werden, daß Ekkehard auch die nicht mehr außerhalb seiner Vita erhaltenen Vorlagen kaum verändert hat und er selbst in bezug auf seine Quellen ein absolut zuverlässiger Berichterstatter ist.

2. D i e C h r o n i k . I h r e R e z e n s i o n e n u n d d e r e n Ü b e r l i e fe r u n g Die ältere, von Waitz begründete Ansicht über Ekkehards Chronik ist bereits oben 73 in den Grundzügen dargestellt worden. Sie wurde in einem 72 F. Bendel, Vita sancti Burkardi (1912) ; die unvollständige Edition von Holder-Egger (MG. SS. 15) ist wegen des besseren Textes ebenfalls heran73 Vgl. oben S. Uf. zuziehen. 0.

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ersten wesentlichen Punkt durch H. Bresslau 74 revidiert, als dieser den Chronisten Frutolf wiederentdeckte, sie erfuhr eine zweite Berichtigung durch die Feststellung, daß die von Waitz als Rezension C bezeichnete Chronik ebenfalls kein Werk Ekkehards ist 76 ; nach einer erneuten einge­ henden Untersuchung des gesamten Fragenkomplexes angesichts der vor­ liegenden Ausgabe ist praktisch überhaupt keines der Ergebnisse von Waitz mehr völlig haltbar. Es ist hier nicht der Ort, dies in allen ßinzel­ heiten darzulegen, die folgenden Ausführungen basieren ebenso wie die Ausgabe selbst bereits auf den neuesten Erkenntnissen. Die wichtigsten Überlegungen und Argumente werden aber j eweils angeführt werden. Insgesamt müssen auch heute noch vier Rezensionen unterschieden wer­ den, die sich jedoch nur noch sehr beschränkt mit denjenigen bei Waitz decken.

a) Rezension I. Das erste historiographlache Erzeugnis Ekkehards ist die bis zum An­ fang des Jahres 1 106 reichende Fortsetzung und geringfügige Überarbei­ tung der Chronik Frutolfs in dessen Michelsherger Autograph. Sie ist 1 105/Januar 1 106 niedergeschrieben, als Ekkehard erstmals nachweislich auf dem Michelsberg weilte 78 , und umfaßt - sieht man einmal von klei­ neren Korrekturen in den älteren Partien der Frutolf-Chronik ab, die indessen auch noch zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen worden sein können - die Jahre 1098 bis 1 106 Januar, als die Gesandtschaft, die Heinrich V. nach der Absetzung seines Vaters nach Rom zu schicken dachte, zusammengestellt wurde. Ekkehard tilgte den auf einer Recto­ seite stehenden Teil von Frutolfs Bericht zu 1098 durch Unterstreichen, radierte von der folgenden Versoseite an den Rest der Frutolf-Chronik aus und begann statt dessen mit dem Jahre 1098 seinen eigenen Bericht. Dabei wurde der gesamte Frutolf-Text wieder mitverwertet, aber insge­ samt durch die ausführliche Darstellung des ersten Kreuzzuges und der auf ihn folgenden Ereignisse im Heiligen Land wesentlich erweitert. Vom Jahre 1100 an ist Ekkehards Text sodann völlig selbständig. Sein Bericht beruht zum größten Teil auf eigenem Erleben und zeichnet sich durch Reichhaltigkeit und Genauigkeit aus. Die Arbeit wurde offensichtlich äußerer Umstände wegen beendet, nämlich dadurch, daß Ekkehard im Februar 1 106 an der erwähnten Gesandtschaft zum Papst teilnahm. 7' Vgl. oben .Anm. 7. 78 Vgl. oben S. 24.

75 Vgl. oben .Anm. 9.

Einleitung

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Diese Rezension entspricht der Waitzschen Rezension B und ist als Autograph Ekkehards in der Frutolf-Handschrift A, UB. Jena Bose q 19 erhalten. Sie muß ebenfalls in der heute verlorenen Prüferunger Hand­ schrift zusammen mit der Frutolf-Chronik als Abschrift des Autographs überliefert gewesen sein 77 ; Zeugnis einer dritten Überlieferung ist die Kölner Königschronik 78, die bis 1 106 größtenteils als Exzerpt aus einer weiteren Abschrift des gesamten Autographs bezeichnet werden muß.

b) Rezension II Nach der Rückkehr von der Synode zu Guastalla fertigte Ekkehard ein Chronik-Exemplar an, bestehend aus der stellenweise korrigierten Chronik Frutolfs bis 1097 und der eigenen Fortsetzung, die in diesem Exemplar aber nun bis zum Ende des Jahres 1 106 fortgeführt wurde. Diese Rezension ist zwar weder erhalten, noch bisher j emals in der Lite­ ratur erwähnt worden, aber mit Sicherheit zu erschließen. Ein Brief Ekke­ hards an Heinrich V.79, der in der für Abt Erkembert bestimmten Rezen­ sion überliefert ist, beweist eindeutig, daß Ekkehard erstens dem jungen König ein Exemplar seiner Chronik gewidmet hat, und daß das zweitens nicht lange nach dessen Regierungsantritt geschah. Spuren dieser Fassung sind auch noch unabhängig von dem Widmungabrief nachzuweisen. So muß sie dem 1 1 1 2 schreibenden anonymen Verfasser der Kaiserchronik vorgelegen haben, der sie bis zum Jahre 1 106 für sein eigenes Werk exzer­ pierte, dem Jahresbericht zu 1 106 in der Fassung Ekkehards80 noch einen kurzen Abschnitt, hauptsächlich über Bischof Erlung von Würzburg, anhängte und sie dann selbständig fortsetzte.

) Rezension III

c

Diese Fassung verdankt ihre Entstehung dem Abt Erkembert von Korvey, der von Ekkehard eine Chronik erbeten hatte. Sie wurde zusam­ mengestellt in den Jahren 1 1 1 6/17, denn 1 1 1 7 unternahm Erkembert, wie 77 Vgl. oben S. 18. 79 Siehe S. 206. 78 Ed. G. Waitz, MG. SS. rer. Germ. (1880). so Dieser Jahresbericht der Rezension li wird kaum ganz identisch gewesen sein mit dem der späteren Fassungen. Er ist ganz offensichtlich nicht unbeein­ fl.ußt geblieben von dem Bericht der Kaiserchronik zum gleichen Jahr.

Ekkehard

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die Hildesheimer Annalen berichten 81, eine Pilgerfahrt ins Heilige Land, und aus Ekkehards Widmungabrief an Erkembert geht hervor, daß diese Pilgerfahrt unmittelbar bevorstand, als der Brief geschrieben wurde 82• Die Rezension III ist diejenige Ausgabe der Chronik, auf die Ekkehard die relativ größte Mühe verwendet hat. Er zog für Erkemberts Exemplar nicht nur seine eigene Chronik in der Rezension II heran, sondern auch die inzwischen vorliegende, weitestgehend auf der Rezension II beruhende Kaiserchronik, von der er nicht nur die Jahresberichte von Ende 1 106-1 1 1 1 einschließlich übernahm, sondern sich auch formal stark beeinflussen ließ. Der Einfluß zeigt sich in mannigfacher Weise. Der Verfasser der Kaiser chronik hatte erstens viele Jahresberichte der Rezension II gekürzt, zahl­ reiche andere aber zugleich durch die Einarbeitung von Nachrichten erweitert, die er der inzwischen erschienenen Chronik Sigeberts entnahm. Diese Veränderungen wurden von Ekkehard weithin akzeptiert, sowohl hinsichtlich der Kürzungen wie auch der Erweiterungen. Er ließ sich sogar anregen, auch seinerseits nochmals Sigeberts Chronik heranzuziehen und ihr noch weitere Stellen zu entnehmen. Außerdem hatte der Autor der Kaiserchronik rigoros alle Partien über den Kreuzzug und die Kreuzfah­ rer eliminiert, von dem Zweck seines Werkes her völlig zu Recht. Ekke­ hard folgte ihm auch darin und kürzte die betreffenden Jahresberichte ebenfalls um die Kreuzzugsnachrichten, faßte diese dann aber zu einem Hierosolymita genannten Buch zusammen und hängte es der eigent­ lichen Chronik an. Diese selbst teilte er in fünf Bücher ein, das fünfte und letzte, dem er den Widmungabrief der Rezension II als Prolog voranstellte, ist ausschließlich der Regierungszeit Heinrichs V. gewidmet. Auch dafür könnte die Kaiserchronik Vorbild gewesen sein, deren drittes Buch eben­ falls ausschließlich die Zeit Heinrichs V. behandelt. Die Kaiserchronik hat Ekkehard mit größter Wahrscheinlichkeit be­ reits in der heutigen, bis zum Jahresbericht 1114 reichenden Gestalt vor­ gelegen. Dennoch zog er es vor, deren Text vom Jahre 1 1 12 an durch einen weitgehend eigenen zu ersetzen. Für das Jahr 1 1 1 2 gab er einen auf Akten beruhenden Bericht über die Lateransynode vom März des Jahres, den Bericht zu 1 1 1 3 überarbeitete er leicht, den zu 1 1 1 4 kürzte er wesent­ lich und ergänzte ihn durch eigene Nachrichten ; ab 1 1 1 5 wurde seine Chronik sodann wieder völlig selbständig. Sie endete in dieser Fassung wahrscheinlich mit dem Jahre 1 1 1 6 . Die Rezension III, von Waitz als Rezension E bezeichnet, ist i n insge­ samt vier Handschriften überliefert, wenn man einmal von einigen 81 Annales Mildesheimenses

z.

J. 1 1 17.

82 Vgl. unten S. 270.

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Einleitung

kleineren Exzerpten absieht : erstens Paris BN. 4889 saec. XII = P (Waitz 1 D1 ) ; zweitens Paris Arsenal 6 saec. XIV, eine Abschrift von P1 = P3 (Waitz D ) ; drittens Berlin 295 saec. XII aus Havelberg = B (Waitz E ) ; 1 2 viertens Paris BN. 4889 A. saec. XIII aus Rastede, Abschrift von B = P2 (Waitz E ). Da P und P Abschriften der erhaltenen Handschriften P1 2 2 3 und B sind, kommen für die Textrekonstruktion nur die beiden letzten in Frage, soweit sie nicht Lücken infolge von Seitenverlusten aufweisen. Wie aus den von Waitz verwendeten Siglen hervorgeht, hatte dieser aller­ dings nur die E-Handschriften als Überlieferung der Rezension III und die D-Handschriften als Zeugen einer weiteren, von ihm als Rezension D bezeichneten Fassung, angesehen, die er aufgrund der Handschriften­ unter�d.üede feststellen zu können glaubte 83• Diese Ansicht ist aber unzu­ treffend. Alle hier genannten Handschriften sind Zeugen der Rezension III : nur sie weisen Sigebert-Zusätze auf, nur sie haben den .Widmungs­ brief an Heinrich V., nur sie bringen die Kreuzzugsgeschichte gesondert, und beiden fehlen in ganz der gleichen Weise die Volksgeschichten und die Vita Karls des Großen : die wenigen Lesartenunterschiede beschränken sich auf ganz normale Varianten. Sie geben in keiner Weise das Recht, zwei verschiedene Rezensionen zu konstatieren, zumal einige Lesarten dadurch bedingt sind, daß weder B noch P die Rezension III in originaler, 1 vielmehr nur in leicht bearbeiteten Abschriften wiedergeben. Der von Waitz angewendete Spaltendruck ist daher völlig irreführend. Beiden Handschriften ist auch gemeinsam, daß sie Ekkehards Chronik bis 1 125 bieten ; ihnen, beziehungsweise ihren Vorlagen hat also nicht nur eine Überlieferung der Rezension III vorgelegen, sondern auch noch eine wei­ tere, die Ekkehards Chronik in der endgültigen bis 1 1 25 reichenden Form enthielt. d) Rezension I V Die Texte, als deren Verfasser Ekkehard bisher feststeht, sind indessen meisttms nicht in Form einer der bisher behandelten Rezensionen über­ liefert, sondern in einer relativ großen Zahl von Handschriften, die fol­ gende Gestalt zeigen : An die bis 1097 reichende Frutolf-Chronik in der von Ekkehard überarbeiteten Fassung des Autographs schließt sich Ekke­ hards erste Fortsetzung an, ebenfalls in der Fassung des Autographs, also einschließlich der Kreuzzugsberichte, jedoch mit dem Jahresbericht zu 1 106 in der vollständigsten Form ; darauf folgen ohne die Zwischenschaltung 83 MG. SS. 6, 15.

Ekkehard

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des Briefes an Heinrich V. die Jahresberichte, die Ekkehard für die Rezension III schrieb, sowie in allen Handschriften übereinstimmende Berichte bis zum Jahre 1 125 einschließlich. Gegenüber diesen von der Erschaffung der Welt an bis 1125 grundsätz­ lich übereinstimmenden Texten - die einzelnen Handschriften zeigen natürlich gelegentlich Lücken - stellen sich zwei Fragen : Erstens, wer ist der Verfasser der bisher noch nicht behandelten Jahresberichte bis 1125 1 Zweitens, wer hat Ekkehards Texte in dieser Form zusammengestellt 1 Hinsichtlich der ersten Frage gilt seit Waitz unangefochten die Mei­ nung, daß Ekkehard der Autor sei. Gleichwohl muß diese Überzeugung begründet werden, denn in keiner der einschlägigen Handschriften wird Ekkehard jemals als Verfasser genannt. So können nur innere Kriterien herangezogen werden, die alle Ekkehards Verfasserschaft auf keinen Fall ausschließen, aber insgesamt eben doch nur im höchsten Maße wahr­ scheinlich machen. Im wesentlichen sind es folgende Beobachtungen : Stets treten diese Jahresberichte nur im Zusammenhang mit den vorher­ gehenden Ekkehard-Texten auf, ihr Verfasser muß im ostfränkischen Gebiet geschrieben und gute Beziehungen zu Bamberg und seinem Bi­ schof Otto gehabt haben, Stil und geistige Haltung unterscheiden sich nicht von der Schreibweise und der Einstellung in den vorhergehenden Jahresberichten. In bezug auf die zweite Frage muß die Antwort - sie hat natürlich auch Rückwirkungen auf die erste Frage - zunächst ganz ähn­ lich lauten ; auch hier fehlt jeder direkte Beweis. Aber die für Ekkehard sprechenden Gründe erscheinen doch sehr massiv ; denn die Zusammen­ stellung einer Fassung aus Elementen aller von Ekkehard selbst verfaß­ ten Rezensionen kann einem anderen als dem Autor selbst kaum zuge­ schrieben werden, zumal sich keine Spur der Rezension III außerhalb des norddeutschen Raumes nachweisen läßt. Wie hat man sich dann aber das Zustandekommen dieser Chronik, die jetzt als Rezension IV zu bezeichnen wäre, zu erklären 1 Waitz hatte sie als B * bezeichnet, weil sie - einmal abgesehen von der Frutolf-Chronik - die Jahresberichte ab 1098 in der Fassung der Rezen­ sion B ( I) und nicht der Rezensionen C, D oder E ( Kaiserchronik und III) biete, und er schrieb in der Einleitung zu seiner Ausgabe, daß in den zu dieser Gruppe gehörenden Handschriften dem Text von B ( I) im Jahre 1125 die Fortsetzung angefügt worden sei 84• Diese Behauptung ist indessen unpräzise, wenn nicht gar irreführend. In Wirklichkeit ist es so, daß hier für die Jahre bis 1 106 der Text der Rezensionen I und II =

=

=

8' Ebd. S. 14f.

38

Einleitung

vorliegt, der nur an einer einzigen Stelle gekürzt erscheint, nämlich in dem Bericht über Heinrichs IV. Sohn Konrad und dessen Gemahlin, weil Ekkehard inzwischen eine Information erhalten hatte, die eine frühere Behauptung hinfällig zu machen schien und die er deshalb auch in dem Michelsherger Autograph ausradierte. Von 1 106 an folgen die Jahres­ berichte der Rezension Ill bis zum Jahre 1 1 1 6, dann schließlich die Fort­ setzung bis 1125. Insgesamt ergibt das eine Fassung, wie man sie für ein Handexemplar voraussetzen müßte, und als Überlieferung des Hand­ exemplars Ekkehards kann man sie daher auch mit Recht bezeichnen, mit einer Einschränkung : Die Rezension IV, das Handexemplar, ist nicht fortlaufend Jahr für Jahr geführt worden, sondern wegen seiner Überein­ stimmungen mit der Kaiserchronik und der Rezension Ill etwa gleich­ zeitig mit der letzten angelegt. Diese letzte Rezension ist in zahlreichen, allerdings nur zum Teil voll­ ständigen Handschriften überliefert, die dem 12. bis 16. Jahrhundert angehören. Sie weisen keine großen Unterschiede mehr auf, lassen sich aber in zwei Gruppen einteilen, die auf zwei verschiedene, sich nicht mehr voll deckende Archetypen zurückgeführt werden können. Die an Hand­ schriften zahlreichere Gruppe enthält in fast allen Exemplaren Nach­ richten über das mainfränkische Kloster Münsterschwarzach, die nicht zum ursprünglichen Text Ekkehards gehören ; diese Codices müssen also von einem Archetypus abgeleitet sein, der dem Kloster Münsterschwarz­ ach gehörte. Unter ihnen sind die Handschriften Leipzig saec. 1 2 = L, Erlangen 406 saec. 12 (ehemals Heilsbronn) = E und Stuttgart 411 saec. 1 2 (ehemals Zwiefalten und Vorlage Burchards von Ursperg) = S die wich­ tigsten und in dieser Reihenfolge besten. Die andere Gruppe wird repräsentiert in den Handschriften B und P1 , die auch die Rezension Ill enthalten. Der Text beruht auf der ersten Gruppe und kann dort als ursprünglich angesehen werden, wo er durch B oder P1 gedeckt ist. Zur Ausgabe Ebensowenig wie Frutolfs gesamte Chronik von Erschaffung der Welt an abgedruckt werden konnte, ist es möglich, noch auch notwendig, den von Ekkehard bearbeiteten Frutolf-Text zu bringen. Die folgende Aus­ gabe setzt daher grundsätzlich erst mit Ekkehards selbständigen Jahres­ berichten ein. Nur soweit er seine Korrekturen im Autograph angebracht hat und diese das 1 1 . Jahrhundert betreffen, sind sie in den Anmerkungen zur Frutolf-Chronik vermerkt.

Kaiserchronik

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Wenn man andererseits Ekkehards Chronik ausschließlich als Fakten­ bericht wertete und als solchen benutzte, genügte es, lediglich die Rezen­ sion IV wiederzugeben. Gerade ein solches Verfahren würde aber der Chronik Ekkehards nicht gerecht ; weder sein literarisches Bemühen in den verschiedenen Rezensionen, noch die wiederholte sachliche Korrek­ tur könnten auf diese Weise ganz deutlich gemacht werden. Hinwiederum verbietet sich auch hier aus äußeren Gründen der vollständige Druck aller Rezensionen, soweit deren Text von Ekkehard selbständig verfaßt ist. Darum wurde folgendes Verfahren gewählt : Die Rezension I wird vom Jahresbericht zu 1098 an in vollem Wortlaut nach dem Autograph wiedergegeben. Von der Rezension II, deren genaue Gestalt nicht eindeu­ tig bestimmt werden kann, wird nur der Widmungabrief an Heinrich V. gedruckt. Aus der Rezension Ill wird neben dem Widmungabrief an Erkembert von Korvey der Text vom Jahre 1 106 an vollständig bis zum Jahre 1 1 1 6 geboten ; aus der Rezension IV dagegen wurden nur die Jah­ resberichte 1117 bis 1 125 ausgewählt, Korrekturen dieser Fassung an den im Autograph enthaltenen Jahresberichten dagegen nur in Anmerkungen gekennzeichnet. Die volle Gestalt dieser Rezension IV von 1098 an ist also durch eine Kombination der Rezensionen I, II, 111 (von 1 106 an bis 1 1 1 6) und IV (von 1 1 1 7 an bis 1125) zu gewinnen. Die technischen Grundsätze der Edition sind die gleichen wie bei der Frutolf-Ausgabe. Die Übersetzung wurde neu angefertigt.

KAISERCHRONIK Es war auf den vorhergehenden Seiten oft von einer anonymen Kaiser­ chronik für Heinrich V. die Rede. Das im Autograph - heute in Cam­ bridge 85 - erhaltene Werk wurde laut Auskunft des Prologs auf Wunsch Heinrichs V. aus anderen Chroniken zusammengestellt und sollte die Geschichte seit Karl dem Großen bis auf die eigene Zeit behandeln. Der Verfasser hielt es jedoch für richtig, etwas früher, nämlich mit der Her­ kunft der Franken zu beginnen, und teilte sein Werk in drei Bücher ein, deren erstes mit "De origine Francorum", deren zweites mit dem Kai­ sertum Karls des Großen, deren drittes mit dem Regierungsantritt Hein­ richs V. beginnt. Da die Texte weitgehend mit denen in Ekkehards Chro­ nik identisch sind und sich hier im wesentlichen dieselben Exzerpte aus

85 Cambridge, Corpus Christi College

n.

373.

40

Einleitung

der Chronik des Sigebert von Gembloux finden wie in der Ekkehard­ Rezension III (Waitz D, E), hielt Waitz diese Chronik ebenfalls für eine Ekkehard-Rezension (C) 88 . Die entschiedene Behauptung von H. Bress­ lau 87, G. Meyer von Knonau88 und später von R. Holtzmann811, die Hand, die den Cambridger Codex schrieb, sei identisch mit der Ekkehards, schien die Ansicht von Waitz endgültig zu bestätigen. Dennoch erwies sie sich als falsch. Eine gründliche Schriftuntersuchung, die erstmalig 1956 durchgeführt wurde, ergab, daß die beiden Hände durchaus verschieden sind 90• Damit wurde das wichtigste Argument für Ekkehards Verfasser­ schaft hinfällig. Die weitere Untersuchung förderte zusätzliche Beweise zutage und eröffnete die Möglichkeit, die bis dahin vorhandenen Wider­ sprüche zu lösen . Der Stil des Autors ist im Gegensatz zu dem Ekkehards stärker vom antiken Latein geprägt, die politische Vorstellungswelt ist am Römischen Kaisertum orientiert, hinter dem kirchliche Gesichts­ punkte zurücktreten, Bischof Erlung von Würzburg wird ausgiebig und rühmend erwähnt, während Ekkehard ihn zunächst kaum zu kennen scheint ; vor allem aber die Schwierigkeiten, die die günstige Beurteilung Heinrichs IV. stets aufgeworfen hatte, wurden damit vollkommen ausge­ räumt und erschienen nicht mehr als ein bloß vorübergehender opportuni­ stischer Gesinnungswandel Ekkehards. Ist diese Chronik, woran nicht mehr zu zweifeln ist, nicht das Werk Ekkehards, so stellt sich erneut die Frage nach dem etwaigen Verfasser. Vieles sprach dafür, daß er in der Umgebung des so oft gerühmten Erlung zu suchen sei, und es wurde daher die Vermutung ausgesprochen, es könne der zeitweilige Würzburger Domscholaster, der Schotte David sein 91, der als Verfasser einer Geschichte des ersten Romzuges erwähnt ist, die auch in der Kaiserchronik und von Ekkehard benutzt wurde. Dabei konnten allerdings einige Ungereimtheiten nicht ganz beseitigt werden, die letzten Endes darauf beruhten, daß die Überlegungen noch mit einer seit 1 106 fortlaufend geführten Rezension D rechneten, die David vorgelegen und aus der er selbst das Exzerpt aus seiner Romzugs­ geschit:hte entnommen haben müßte. Inzwischen ermöglicht die neuerse

MG. SS. 6, 15.

87 In einer Mitteilung an Meyer von Knonau, wiedergegeben an der in Anm. 88

zuerst genannten Stelle. 88 Meyer v. Kn. , Jahrbücher 6, 7 Anm. 1, 281 Anm. 18, 288 f. Anm. 6. 89 Deutschlands Geschichtsquellen 2, 502 Anm. 208. 110 Schmale-Ott, DA. 1 2 , 363 ff. ; zu allem Folgenden vgl. Dies., Zs. f. bayer. 91 DA. 12, S. 379 ff. LG. 34, 423 ff.

Kaiserchronik

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liehe Untersuchung der Chronik Ekkehards, deren Ergebnisse oben dargestellt wurden, noch einige Schritte weiter zu kommen und auch diese Schwierigkeiten zu überwinden. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist der völlige Wegfall der sogenannten Rezension D, der angeblich konti­ nuierlich fortgesetzten Chronik, und die Feststellung, daß der Widmungs­ brief an Heinrich V. zweifelsfrei auf eine dem König kurz nach seinem Regierungsantritt überreichte Fassung schließen läßt. Denn damit ist erst die unbefangene Frage möglich geworden, ob denn wirklich der Ver­ fasser der Kaiserchronik bei den Jahresberichten von 1 107 an aus Ekke­ hard geschöpft haben müsse oder ob das umgekehrte Verhältnis nicht wenigstens als Möglichkeit in Betracht gezogen werden könnte. Tatsäch­ lich öffnet man sich damit erst die Augen für einige Fakten, die in Wider­ spruch zu einer Verfasserschaft Ekkehards stehen. Sie beginnen mit dem Ende des Jahresberichtes zu 1 106 . Ekkehard, der zu 1 105 die Einsetzung Ruotperts anstelle eines "gewissen" Erlung zum Bischof von Würzburg begrüßt hatte 92 , konnte unmöglich schon Ende 1106 schreiben, Erlung, der so lange zu Unrecht entfernt worden sei, sei nun nach dem gerechten Urteil Gottes allen zur Freude inthronisiert worden. Wohl aber paßt eine solche Äußerung zu dem Verfasser der Kaiserchronik. Ähnliche Stellen, die für Ekkehard Stilbrüche wären, finden sich noch häufiger. Mehrfach tritt der römische Reichsgedanke hervor, der bei Ekkehard völlig fehlt ; das Investiturrecht der deutschen Könige wird deutlich herausgestellt und bej aht, auf die alten Rechte und Einrichtungen wird immer wieder verwiesen ; Akten und Briefe werden dagegen nicht aufgenommen, gram­ matische Fehler, wie sie bei Ekkehard immer wieder festzustellen sind, fehlen in den Jahresberichten von 1 107 genauso wie auch sonst in der Kaiserchronik. Das sind einige wichtige, nur in aller Kürze angedeu­ tete Beobachtungen, die eine Verfasserschaft Ekkehards für die Jahres­ berichte der Kaiserchronik ab 1 106 ausschließen, und daraus kann nur der Schluß gezogen werden, daß für diese Teile der anonyme Autor der Kaiserchronik selbständig ist und Ekkehard dessen Werk ausschrieb, als er seine Rezension III für Erkembert von Korvey anfertigte . Natürlich steht damit ebenfalls fest, daß der Anonymus die Romgeschichte Davids exzerpierte und er sie an Ekkehard vermittelte. Gerade aber die Art der Benutzung der Romzugsgeschichte Davids schließt bei genauer Betrachtung - entgegen einer früheren Annahme ­ David als Verfasser der Kaiserchronik aus. Obgleich nämlich alle Fakten

92 Vgl. unten S. 192. Z. 33 f. ; auch zum Folgenden.

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Davids Bericht entnommen sind, unterscheidet sich die Darstellung der Kaiserchronik von diesem in Wortschatz, Stil und Tendenz, wie ein V er­ gleich mit Wilhelms von Malmesbury Erzählung zeigt, in der nach Wilhelms ausdrücklicher Erklärung Davids Text wörtlich wiedergegeben ist. Andererseits weisen Stellen auf einen Verfasser, der der höheren Geistlichkeit angehörte ; dennoch kommt Erlung von Würzburg wegen ausgesprochen panegyrischer Stellen über ihn kaum in Betracht ; sicher aber war der Autor Erlungs Freund. Wie an anderer Stelle 93 ausführlich dargelegt wurde, spricht vieles dafür, daß in Bischof Otto von Bamberg der Verfasser gesehen werden darf. Niedergeschrieben wurde das Werk hauptsächlich in den Jahren 1 1 12/ Anfang 1 1 13, so weit ist nämlich der gesamte Chronik-Text von einer ein­ zigen Hand. Verschiedene Hände schrieben dann den Schluß des Jahres­ berichtes zu 1 1 1 3 und den Bericht zu 1 1 14. Den Prolog, wahrscheinlich nach Fertigstellung des eigentlichen Textes, schrieb wohl der Autor selbst, der sich im übrigen eines oder mehrerer Schreiber bediente. Zur Charakteristik des Gesamtwerkes ist das Wesentliche bereits an verschiedenen Stellen weiter oben gesagt worden. Es ist eine in der Haupt­ sache auf Ekkehard und anfangs stärker noch auf Sigebert von Gem­ bloux fußende Chronik, in der das benutzte Material unter dem Thema "Kaiserchronik" exzerpiert wurde. Sie ist insofern zunächst weitgehend unselbständig, lediglich einige Bemerkungen über die Bedeutung des Kaisertums Karls des Großen und die Verbindung des fränkischen König­ tums mit der Kirche hat der Verfasser hinzugefügt ; doch vom Jahre 1 100 an werden in steigendem Umfang eigene Nachrichten eingefügt. Im Bericht zu 1 105 ist die Vorlage schon so stark überarbeitet, daß man von weitgehender Selbständigkeit sprechen kann ; erst recht gilt das vom Bericht zu 1 106. Von da an ist der Verfasser unabhängig. Die Zielsetzung bestimmt auch den geistigen Gehalt und die politische Vorstellungswelt des Werkes. Sie bewegen sich um die Begriffe Romanum imperium und Teutonicum regnum, und das Werk soll beide Institutionen verherrlichen, deren Vereinigung mit dem Franken Karl begann, und zeigen, wie das Römische Reich durch die deutschen Herrscher ruhmvoll regiert wurde. Dieses Römisch-deutsche Reich ist der von Cicero geforderte, von weisen Herrschern geleitete Staat. Zweifellos ist der Autor klassisch gebildet und dem entspricht auch seine grammatisch reine und überaus klare Sprache, die sich deutlich von der Ekkehards unterscheidet.

83 Zs. f. bayer. LG. 34 (197 1 ) .

Kaiserchronik

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Zur Überlieferung und zur Ausgabe Die Kaiserchronik ist nur i n einer einzigen Handschrift überliefert. Sorgfältige Schrift, Federzeichnungen eines jeden Herrschers vor den Berichten über seine Regierungszeit und eine Miniatur zu Anfang des dritten Buches weisen sie als das für Heinrich V. bestimmte Widmungs­ exemplar aus. Es wird heute in Cambridge (Corp. Christi coll. 373 94) auf­ bewahrt, muß aber nach Ausweis einer dem Codex beigebundenen Tradi­ tionsurkunde aus der Zeit des Bischofs Wolfger (810-832) vorübergehend in Würzburg gelegen haben, sicher noch 1 1 1 6/17, als Ekkehard sie be­ nutzte. Es ist möglich, daß die Handschrift nach dem Tode Heinrichs V. mit seiner Witwe, der Kaiserin Mathilde, den Weg naoh England fand. Zur Ausgabe ist wenig anzumerken. Da sich auch hier ein Abdruck des ganzen Werkes verbietet, wurden aus den früheren Partien nur der Pro­ log und die selbständigen Auslassungen über das Kaisertum Karls des Großen ausgewählt ; vollständig wird die Chronik dagegen vom Jahres­ bericht zu 1095 an bis zum Schluß wiedergegeben. Die Übersetzung wurde von den Herausgebern angefertigt.

84 Vgl. James, Corpus Christi College 2 (1912).

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BISHERIGE AUSGABEN Ekkehardi Uraugiensis chronica, ed. G. Waitz, MG. SS. 6 (1843) 33-2 1 1 (Fru­ tolf), 208-267 (Ekkehards Rezensionen I-IV, 1 106-1 125), 207-248 (Kaiser­ chronik 1095-1 1 14). Ekkehardi Uraugiensis abbatis Hierosolymita, nach der Waitz'schen Recension mit Erläuterungen und einem Anhange hrsg. von H. Hagenmeyer (Tübingen 1877). DEUTSCHE ÜBERSETZUNG W. Pflüger, in Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit (1879) ; 2. Auflage v. W. Wattenbach (1893).

WICHTIGERE LITERATUR H. BreSBlau, Baroberger Studien, Neues Arch. 21 (1896) 139ff. A.-D. von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik bis in das Zeit­ alter Ottos von Freising ( 1957). G. Buchholz, Die Würzburger Chronik, eine quellenkritische Untersuchung (1879). G. Buchholz, Ekkehard von Aura, Untersuchungen zur deutschen Reichs­ geschichte unter Heinrich IV. und Heinrich V. 1 (1888). K. Hallinger, Gorze-Kluny, Studia Anselmiana 22/25 ( 1950/51). M. Manitius, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 3 (1931). 0.

Meyer, Weltchronistik und Computus im hochmittelalterlichen Bamberg, Jb. f. fränk. LF. 19 (1959) 241 ff.

F.-J. Schmale, Zur AbfaBBungszeit von Frutolfs Weltchronik, 102. Bericht d. Hist. Ver. Bamberg (1966) 8l ff.

Literaturverzeichnis

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F.-J. Schmale, Die Glaubwürdigkeit der jüngeren Vita Burchardi, Jb. f. fränk. LF. 19 (1959) 45ff. F.-J. Schmale, Überlieferungskritik und Editionsprinzipien der Chronik Ekke­ hards von Aura, Dt. Arch. 27 (1971). I. Schmale-Ott, Ekkehard von Aura, Verf. Lex. 5 (1955) 188 ff. I. Schmale-Ott, Frutolf von Michelsberg, Verf. Lex. 5 (1955) 240ff. I. Schmale.Ott, Die Rezension C der Weltchronik Ekkehards, Dt. Arch. 12 ( 1956) 363 ff. I. Schmale-Ott, Untersuchungen zu Ekkehard von Aura und zur Kaiserchronik, Zs. f. bayer. LG. 34 (197 1 ) . G. Waitz, Commentationis de chronici Urspergensis prima parte, eius auctore, fontibus et apud posteros auctoritate specimen (Berlin 1836). W. Wattenbach - R. Holtzmann, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittel­ alter 2, Neuausgabe bes. v. F.-J. Schmale (1967), 3 (1970). Zum Kommentar sind stets heranzuziehen die entsprechenden Bände der Jahr­ bücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II., Konrad II., Heinrich III., Heinrich IV. und Heinrich V.

FRUTOLFI CHRONICA

DIE CHRONIK FRUTOLFS VON MICHELSBERG

Anni Heinrici secundi. I. Anno dominicl;) incarnationis millesimo 1. 1, ab Urbe autem condita MDCCLI I . ,

2 Heinricus secundus, primum dux Baioaril;),

deinde Ottone tercio absque fi liis defuncto 3 in regni provectus culmine 4 LXXXIIII. loco ab Augusto regnum accepit et annos

s

XXIII ac menses V regnavit 5, XII annos sub nomine regis, XI dign itate et nomine imperatoris. Hic in regni sede sublimatus, cum Heinricum marchionem aliosque in inicio regni sui sibi resistentes superasset,

ltaliam et Boemiam ac Bolizlaum cum

omni gente

Sclavorum subiugasset 2, 6 data sibi requie a Domino �, considerans

to

se fi lios non habiturum, quippe qui, ut multi testantur, consortem regni Cunigundam nunquam cognovit, sed ut sororem dilexit, Domi­ num bonorum omnium datorem habere delegit heredem sextoque regni sui anno sapienti consilio episcopatum Babenberg in honore sancti Petri sanctique Georgii constituit locumqu e ipsum prediorum

ts

divitiis e t omni ornatus decore, u t inpresentiarum cernitur, copiosis­ sime ditavit. In meridiana quoque parte civitatis monasterium in honore sancti

Stephani protomartyris sub

ordine canonico

con­

struens 7 , ex altera vero, hoc est aquilonari, aliud monasterium sub monachili regula in honore sancti Michahelis archangeli sanctique

20

Benedicti abbatis constituens �, sibi sul;)que civitati supra petram apostolicl;) firmitatis fundatl;) muroque et propugnaculis meritorum san cti G eorgii ceterorum que sanetarum munitl;) ac exornatl;), contra incentivos vitiarum iactatus 9turrim fortitudinis 9 in Stephano et contra refrigerantes flatus illius, qui in aquilone, unde malum omne pand etur,

sedem ponere disposuit, refugium certum in angelico

preparavit presidio, ut a 10dextris et a sinistris iusticil;) armis 10 vallatl;) 1 Das Jahr nach der irrigen Angabe des Chronicon Wirziburgense (im Folgen2-2 Vgl. CW. 4 6./7. 6. 1 002. 3 24. l. 1002. den stets CW) . 5 Richtig wäre 23 Jahre und 2 Monate. s-s Vgl. 4. Esdr. 2, 34.

2s

Regierungsjahre Heinrichs II. 1. Im Jahre seit der Geburt des Herrn 1001 \ seit der Gründung Roms im Jahre 1752, 2gelangte Heinrich II., vorher Herzog von Bayern - Otto III. war kinderlos gestorben 3 -, an die Spitze des Reiches 4 und empfing die 5 Königsherrschaft ; er war der 84. Herrscher seit Augustus und regierte 23 Jahre und fünf Monate 6, 12 Jahre unter dem Titel eines Königs, 11 Jahre in der Würde und unter dem Titel des Kaisers. Als er auf den Thron des Reiches erhöht war und den Markgrafen Heinrich und einige andere überwunden hatte, die ihm zu Beginn seiner Herrschaft wider10 standen, auch Italien, Böhmen und ebenso Bolislaw mitsamt dem ganzen Slawenvolk unterjocht hatte 2 6und ihm vom Herrn Ruhe gewährt war 6, erwählte er im Wissen darum, daß er keine Söhne haben werde - denn, wie viele bezeugen, erkannte er Kunigunde, seine Gefährtin in der Herrschaft niemals, sondern liebte sie wie eine Schwester -, den Herrn, 15 der alle Güter gibt, zum Erben und gründete im sechsten Jahr seiner Herrschaft in weisem Ratschluß ein Bistum in Bamberg zu Ehren des hl. Petrus und des hl. Georg und stattete den Ort selbst mit Grundbesitz und allem geziemenden Zubehör überreichlich aus, wie man noch heute feststellen kann. Überdies errichtete er im südlichen Teil der Stadt ein 20 Monasterium zu Ehren des heiligen Erzmärtyrers Stephan, das er der Kanonikerregel unterstellte 7 ; im anderen, das heißt im nördlichen Teil, gründete er ein weiteres Monasterium zu Ehren des heiligen Erzengels Michael und des heiligen Abtes Benedikt 8, das der Mönchsregel unter­ worfen wurde. Sich und seiner Stadt, die auf dem Felsen apostolischer 25 Unüberwindlichkeit gegründet und durch die Mauer und die Vorwerke der Verdienste des hl. Georg und der übrigen Heiligen befestigt und geziert war, errichtete er auf diese Weise in Stephan 9einen Turm der Stärke 9 gegen den Gluthauch der Laster und eine sichere Zuflucht unter dem Schutz des Engels gegen den erkältenden Hauch desj enigen, der im Norden, von wo 30 alles Übel seinen Ausgang nimmt, seinen Sitz aufzuschlagen beschlossen hat ; auf der 10Rechten und auf der Linken mit den Waffen der Gerechtigkeit 10 wie einem Wall umgeben, sollte so der Widersacher keine Macht über sie 7 Die Gründung erfolgte wahrscheinlich zwischen dem 1 . Nov. 1007 und dem 29. Okt. 1009. 8 1015 durch Bischof Eberhard von Bamberg. v-v Ps. 60, 4. 10-10 2. Cor. 6, 7.

Frutolf

50

in nullo sufficiat insidiator prevalere. Aliis quoque sanctorum locis per regni latitudinem non minus, prout opus erat, munificenti� su� impertivit largitatem,

qu�dam dilapsa

iam in melius restituens

quibusdamque minus subpctebant adiciens. Regis autem frater erat Brun Augustenais sedis episcopus 11, q ui

5

felicibus fratris actibus invidens multas ei adversitatum iniurias in quantum potuit inferebat, et ubi per se non poterat, inferentibus se adiungebat 12 vel alios ad inferendas exhortando stimulos eis inci­ tationis subigebat. Cui frater non solum talionem non reddidit, verum etiam

fraterna

instructus

13 dilectione

omnia

dissimulando

et

10

patienter sustinendo 13 illum 14 bono vincere 14 satagebat. Horum sororem, bon� memori� feminam Giselam, rex Ungariorum qui Stephanus dicebatur

in coniugium expetivit lli, sed eama ducere

non promeruit, donec se christian� religionis rudimenta et sacri bap­ tismatis sacramenta cum omni gente sua suscepturum promisit. Quam

15

pollicitationem ubi rebus perfecit, religiosus Deoque devotus postea in exsecutione bonorum operum permansit, quod divina pietas post mortem eius evidentibus indiciis ad sepulturam eius factis signorum miraculis demonstravit l6 • Rex autem Heinricus, postquam bon� opinionis odorem longe 20 lateque redolere fecerat locumque sibi dilectum cum ceteris mona­ steriis ditando et ornando et excolendo ad perfeeturn adduxerat, divina vocatione 1 7 viam univers� carnis ingressus 17 Deo reddidit animam feliciter, ut credimus, 18 111. Idus lulii 18, anno regni sui XXIIII. , imperii autem XI., vit� vero Lll. 19, 18 sepultusque est Babenberg in

25

epyscopio a se facto in sancti Petri apostoli monasterio 18 • II. Anno Domini millesimo II. 20 Heinricus rex Heinricum marchi­ onem 21 et alios sibi resistentes cum exercitu petit 20•

111. lndictio I. Anno Domini millesimo 111. 20 Heinricus rex ltaliam, Boemiam, Bolizlaum ducem cum omni Sclavorum gente subiugavit20•22• a)

eum A.

11 1006-1029.

12 Brun war z. B. 1003 am Aufstand Heinrichs von Schweinfurt beteiligt. 13-13 Vgl. 1. Cor. 13, 4 ff. 14-14 Rom. 12, 2 1 .

15 996 (vgl. B. H6man, König Stephan I. der Heilige, in der Übersetzung von H. v. Roosz, Breslau 1941, S. 97). 16 Die Heiligsprechung erfolgte am 20. August 1083. 1 7-17 Vgl. 3. Reg. 2, 2. 18-18 Fast wörtlich CW.

30

Heinrich II. 1001-1003

51

finden können. Auch den übrigen Stätten der Heiligen in der Weite des Reiches ließ er - soweit es nötig war - seine reiche Freigebigkeit nicht weni­ ger zukommen ; einige, die ganz darniederlagen, stellte er besser als zuvor wieder her, anderen, die weniger bedürftig waren, gab er noch etwas dazu. s Der Bruder des Königs war Brun, der Bischof von Augsburg 11• Er sah scheel auf die glückvollen Taten des Bruders und fügte ihm, wo immer er konnte, vielerlei Widrigkeiten und Unrecht zu ; und wenn er es selbst nicht konnte, verband er sich mit solchen, die ihrerseits Unrecht taten 12 , oder stachelte andere an, Unrecht zu tun, und wiegelte sie auf diese Weise 10 auf. Diesem aber zahlte der Bruder nicht nur nicht mit Strafe heim ; von brüderlicher 13Liebe geleitet überging und ertrug er vielmehr alles geduldig 13 und suchte ihn so 14durch das Gute zu überwinden14• Deren Schwester Gisela, eine Frau, die in guter Erinnerung ist, erbat König Stephan von Ungarn zur Ehe 16, aber er verdiente nicht eher, sie ts heimzuführen, als bis er versprach, mit seinem ganzen Volk die Grund­ lagen der christlichen Religion und das Sakrament der heiligen Taufe an­ zunehmen. Sobald er dieses Versprechen durch Taten erfüllt hatte, ver­ harrte er fromm und gottesfürchtig in der Ausführung des Guten ; das bewies die göttliche Barmherzigkeit nach seinem Tod durch offenbare 20 Beweise, durch Wunderzeichen, die an seinem Grab geschahen 16 • Nachdem König Heinrich durch sein Wirken seinen guten Ruf weit und breit bekannt gemacht und den geliebten Ort mitsamt den übrigen Monasterien durch Ausstattung, Schmuck und Pflege vervollkommnet hatte, 1 7ging er nach Gottes Willen den Weg alles Fleisches 17 und gab Gott, 25 wie wir glauben, glückselig seine Seele zurück : 18 am 14. Juli, im 24. Jahr seiner Herrschaft, im 1 1 . Jahr des Kaisertums, im 52. Lebensj ahr19 ; begraben wurde er in dem von ihm errichteten Bischofssitz Bamberg, im Monasterium des heiligen Apostels Petrus 18 . 2. Im Jahr des Herrn 1002. 2°König Heinrich greift den Markgrafen 30 Heinrich 21 und die anderen, die ihm widerstehen, mit einem Heer an. 3. Im Jahr des Herrn 1003. König Heinrich unterjochte Italien, Böh­ men und den Herzog Bolislaw mitsamt dem ganzen Volk der Slawen 22 • 19 Hier stimmen die Angaben Frutolfs mit denen des Epitaphs Kaiser Hein­ richs überein (vgl. Pb. Jaffe, Bibi. rer. Germ . 5, 34 n. 1 2 ) . Heinrich II. starb am 13. Juli 1024. 20-20 Von hier ab das meiste wörtlich nach CW., Einzelnachweis nur zum Text. 21 Der Aufstand Heinrichs von Schweinfurt, an dem sich der Babenberger Ernst, Bischof Bruno von Augsburg (s. o. Anm. 12) und der Polenherzog Bole­ slaw beteiligten, brach im Jahr 1003 aus. Auch die folgenden Ereignisse sind in· folge von Frutolfs Chronologie um 1 Jahr zu früh angesetzt. 22 Die hier nur summarisch erwähnten Ereignisse verteilen sich über mehrere Jahre. Heinrich zog 1004 nach Italien, 1005 beschloß er den ersten Polenfeldzug mit dem Frieden von Posen, mit dem 1002 in Regensburg mit Böhmen belehn­ ten Herzog Wlodowej gab es keine Feindseligkeiten.

Frutolf

52

IIII. Anno Domini millesimo IIII. 2 ° Fames magna facta est 20. V. Anno Domini millesimo V. VI. Anno Domini millesimo VI. 20 Epyscopium Babenberg a rege Heinrico constituitur 23, et Eberhardus ibi episcopus preficitur 20• VII . Anno Domini millesimo VII.

s

VIII. Anno Domini millesimo VIII. 20 Brun episcopus 24 ex monacho a Prucis multis suppliciis afflictus et manibus pedibusque abscisis postremo capite plexus Ct)los petiit 2o . VIIII.

Anno

Domini

millesimo

VIIII.

Eberhardus

episcopus

ordinatur 25.

10

X. Anno Domini millesimo X. XI. Anno Domini millesimo XI. XII. Anno Domini millesimo XII. XIII. Anno Domini millesimo XIII. 20 Heinricus Romt) imperiali benedictione coronatur a Benedicto papa 20 • 26 .

ts

XIIII . Anno Domini millesimo XIIII. 20 Ernest dux in venatu occiditur 20 • 2 7 . XV. Anno Domini millesimo XV. XVI. Anno Domini millesimo XVI. 20 Heinricus Wirciburgensis episcopus obiit 2° , zs .

20

XVII. Anno Domini millesimo XVII. XVIII. Anno Domini millesimo XVIII. Indictio I. XVIIII .

Anno Domini millesimo

XVIIII.

20 Benedictus papa

Babenberg veniens t)Cclesiam sancti Stephani dedicavit 20• 29. 20 Eodem anno Werenherus Argentint) episcopus cum Alamannis

25

contra Burgundiones pugnavit et vicit 20• 30. XX. Anno Domini millesimo XX. 20 Terremotus magnus factus est IIII. Idus Mai, feria v 2o. Eo

anno

20 Heribertus

Piligrinus successit 20 , 32.

Coloniensis

archiepiscopus

obiit31.

Cui 30

XXI. Anno Domini MXXI . , Indictione V. , IV. Nonas Novembris, feria V., anno regni gloriosi imperatoris Heinrici secundi XXI . , imperii autem nono, ipso presidente a c disponente Eberhardus primus t)cclesit) Babenbergensis

episcopus

ordinationis SUt) anno XIII. 33

dedicavit t)cclesiam sancti Michahelis in monte in honorem eiusdem 23 I.

November 1007.

35

Heinrich II. 1004-1021

53

4. Im Jahr des Herrn 1004. Es herrscht eine große Hungersnot. 5. Im Jahr des Herrn 1005. 6. Im Jahr des Herrn 1006. Das Bistum Bamberg wird von König Heinrich gegründet 23 und Eberhard als Bischof eingesetzt. 5 7. Im Jahr des Herrn 1007. 8. Im Jahr des Herrn 1008. Bischof Brun 24, vorher Mönch, wurde von den Pruzzen vielen Martern unterworfen und ging in den Himmel ein, nachdem ihm Hände und Füße abgeschnitten und schließlich das Haupt abgeschlagen worden waren. 10 Bischof Eberhard wird eingesetzt 26• 9 . Im Jahr des Herrn 1009 . 1 0 . I m Jahr des Herrn 1010. 11. Im Jahr des Herrn 101 1 . 1 2 . I m Jahr des Herrn 1012. 15 13. Im Jahr des Herrn 1013. Heinrich erhält in Rom von Papst Benedikt die kaiserliche Weihe und Krönung 26• 14. Im Jahr des Herrn 1014. Herzog Ernst wird auf der Jagd getötet 27• 15. Im Jahr des Herrn 1015. 16. Im Jahr des Herrn 101 6. Bischof Heinrich von Würzburg verstirbt 28 • 20 17. Im Jahr des Herrn 1017. 18. Im Jahr des Herrn 1018. Erste Indiktion. 19. Im Jahr des Herrn 1019. Papst Benedikt kommt nach Bamberg und weiht die Kirche des hl. Stephan 29• In demselben Jahr kämpft Bischof Werner von Straßburg mit den 25 Alemannen gegen die Burgunder und siegt 30• 20. Im Jahr des Herrn 1020. Am 12. Mai, einem Donnerstag, ereignet sich ein großes Erdbeben. In diesem Jahr verscheidet Erzbischof Heribert von Köln 31 ; auf ihn folgt Pilgrim 32• 30 21. Im Jahr des Herrn 1021, in der fünften Indiktion, am 4. November, einem Donnerstag, im 2 1 . Jahr des Königturns des ruhmreichen Kaisers Heinrich l i . , im neunten Jahr seines Kaiserturns weihte unter seinem Vorsitz und auf seine Anordnung hin Eberhard, der erste Bischof der Baroberger Kirche, im 13. Jahr 33 seit seiner Ordination die Kirche des 35 hl. Michael auf dem Berg zu Ehren eben desselben heiligen Erzengels 24 Brun von Querfurt starb 1009 den Märtyrertod, Monat und Tag sind um· stritten (9. III. oder 14. li.). 25 Vgl. oben Anm. 23. Die Ernennung erfolgte am 1. Nov. 1007 auf der Synode von Frankfurt, die Weihe erteilte Eh. Willigis von Mainz. 28 14. November 1018. 27 3 1 . Mai 1015. 26 14. Februar 1014. 29 24. April 1020. 30 Nach Hermann v. Reichenau im Jahre 1020. 31 16. März 102 1 . 32 29. Juni 102 1 . 3 3 D a Frutolf das Ordinationsjahr Eberhards i n das Jahr 1009 verlegt (vgl. oben Anm. 25) , zählt er hier folgerichtig da� 13. Pontifikatsjahr statt des 15.

Frutolf

54

sancti archangeli sanctique Benedicti abbatis. Huic igitur consecra­ tioni interfuerunt episcopi multi, scilicet Aribo Mogontinus, qui altare sancti Martini dedicavit, Piligrinus Coloniensis, qui altare sancti Petri consecravit, cum aliis multis. Eundem autem locum inhabitare c�pit primus pater einsdem monasterü Rato 34 anno Domini incar-

s

nationis millesimo XV. , eodemque anno fundamenta ipsius mona­ sterii locata sunt, et secundo anno Heinrici abbatis secundi templum ipsum dedicatum est.

XXII . Olympias CCCCL. Anno Domini millesimo XXII. 20 Heinri­

cus imperator Novam Troiam 35 deditione c�pit, et mortalitas magna

in

10

exercitu facta est. Gebehardus Ratisponensis episcopus obüt 36, pro quo item Gebe­

hardus ordinatur 2o . XXIII. Anno Domini MXXIII. XXIIII. Anno Domini MXXIIII. 37 Heinricus imperator secundus

ts

migravit 37• 36• 39 Luitolfus dux Saxoni� �--------�--�

Otto dux Saxoni�

Brun dux a

Danis occisus

,...----'-1

Heinricus rex I

Heinricus dux

Otto Magnus

Baioari�

imperator

I

Heinricus dux Baioari�

I

Heinricus Babenber-

I I

Baba

I

20

Adelbertus quem Ludewicus decollavit

Otto imperator 25

Otto imperator

gensis dux Baioari�, postea imperator. Cuius uxor Cunigont absque

filiis obüt 39 ,4o.

30

Heinrich II. 1022-1024

55

sowie des heiligen Abtes Benedikt. Dieser Weihe wohnten zahlreiche Bischöfe bei, nämlich Aribo von Mainz, der den Altar des hl. Martin weihte, Pilgrim von Köln, der den Altar des hl. Petrus weihte, samt vielen anderen. Der erste Vater dieses Klosters, Rato 34, begann diesen s Ort im Jahr des Herrn 1015 zu bewohnen, und in diesem Jahr wurden auch die Fundamente des Klosters gelegt ; die Kirche aber wurde im zweiten Jahr Heinrichs, des zweiten Abtes, geweiht. 22. 450. Olympiade. Im Jahr des Herrn 1022. Kaiser Heinrich nimmt Neu Troia 36 ein ; großes Sterben erfaßt das Heer. 10 Bischof Gebhard von Regensburg verstirbt 38 ; an seiner Stelle wird Gebhard II. eingesetzt. 23. Im Jahr des Herrn 1023. 24. Im Jahr des Herrn 1024. 37Kaiser Heinrich II. verscheidet37•38• 39Herzog Ludolf von Sachsen ts

Herzog Otto von Sachsen

Herzog Brun, von den Dänen getötet

�------�- 1

Baba

König Heinrich

�------'-----�

Herzog Heinrich von B•

Kaiser Otto der Große

Herzog Heinrich von Bayern

Kaiser Otto

r

20

I

2s

I

I

Kaiser Otto Heinrich von Bamberg, Herzog von Bayern, später Kaiser. Seine Gemahlin Kunigunde verstarb ohne Nachkommen39•40•

u

Gestorben am 16. Januar 1020.

35 Südwestlich von Foggia. 38 27. März 1023. 37-37 Vgl. CW. 38 13. Juli 1024. 38-38 Wörtlich CW. '0

3. März 1033.

I

Adalbert, den Ludwig enthaupten ließ

56

Frutolf

Anni Chuonradi seeundi. Anno dominic� incarnationis millesimo XXV. , ab Urbe eondita MDCCLXXVI., 41 Chuonradus 41 ex regni primoribus unus, sed regno antea per rebellationem adversus, principibus pro eius electione dissidentibus, Aribone autem Mogontino arehiepiscopo et Eberhardo s Babenbergensi presule sibi faventibus42, LXXXV. loco ab Augusto regnum suscepit43 et 41 annis XV regnavit 41• Sublimatus autem in regni sede eonsilio Brunonis episcopi Augustensis, fratris Heinrici imperatoris, qui semper, ut supra dieturn est 44, felieibus eius invidebat aetibus, Rabenbergensem epyscopatum meditabatur destruere 45, 1 0 quia idem Brun episcopus promisit regin� Gisel� omnia predia hereditario iure ad se pertinentia filio eius Heinrieo contradere. Locus igitur et tempus eonventui statuitur, ubi h�e rex ad certurn perdu­ eatur. Nocte vero, qu� diem precesserat, in qua h�e ventilanda erant, Eberhardus episcopus ad tentorium predieti Brunonis clam accessit 1 5 leetoque eius assidens multa super hae re monendo, obsecrando, memoriam fratris animo ineuleando eum eodem sollicitus egit. Qui ubi iam multa noctis hora transacta recesserat et episcopum pro auditis sollicitatum somnus obpresserat, visus est ei frater suus, imperator Heinrieus, lecto suo asstare faciemque suam barba ex una 20 parte depilata turpatam obiectare. Cui super hac re stupido et ammiranti ac quis tarn temerarios ausus in eum presumeret inter­ roganti : "Tu," ait, "h�c feeisti, qui me et sanctos Dei, quos rebus a Deo mihi eoneessis dotavi, despoliare disposuisti. Cave iam ulterius super hac temeritate, ne incepta luas magna infelicitate." Ad h�e ille 25 expergefaetus ac de visione non parum perterritus membrorum quoque horrore ae tremore non leviter est attactus. Mane autem facto eum diu exspectatus ad eonventum proeerum non veniret, regina pro filio sollieita nunciis missis obnixe rogavit, ut adveniens promissa perficeret. Ille vero affirmabat se tanta infirmitate gravari, 30 ut nee de leeto surgere nee pedem posset quoquam movere. Cumque rogaretur, ut se in lecto ad conventum deportari pateretur, quo vel sie promissio perficeretur, omnino abdicavit 46 seque in Deum 46 et in n-n

Wörtlich CW. Vgl. Bresslau, Jbb. Konrads II. passim.

42 Von einer Unterstützung der Kandidatur Konrads durch Eberhard von

Bamberg berichten andere Quellen nichts. 43 6. (7) 8. September 1024. -

u

Vgl. oben S. 50.

Konrad II. 1025

57

Regierungsjahre Konrads II. Im Jahr seit der Geburt des Herrn 1025, seit der Gründung Roms im Jahr 1776 übernahm 41Konrad 41, einer der Großen des Reiches, der sich allerdings zuvor durch einen Aufstand dem Königtum widersetzt hatte, 5 als 85. Herrscher seit Augustus die Königsherrschaft43 und 41regierte 15 Jahre 41 ; bei seiner Wahl gingen die Meinungen der Fürsten auseinander, aber Erzbischof Aribo von Mainz und Bischof Eberhard von Bamberg traten für ihn ein 42 • Als er indessen auf den Thron des Reiches erhöht war, gedachte er auf den Rat des Bischofs Brun von Augsburg hin - dieser war 1 0 der Bruder Kaiser Heinrichs und hatte, wie erwähnt44, stets scheel auf dessen glückhaftes Handeln gesehen -, das Bistum Bamberg zu zer­ stören 46 ; denn Bischof Brun versprach der Königin Gisela, alle Güter, die ihm nach Erbrecht gehörten, ihrem Sohn Heinrich zu übertragen. Infolgedessen werden Ort und Zeit zu einer Zusammenkunft festgesetzt, 15 auf der dieses Vorhaben zum Abschluß gebracht werden soll. In der Nacht aber, die dem Verhandlungstag voraufging, begab sich Bischof Eberhard heimlich zum Zelt des erwähnten Brun ; er setzte sich an dessen Bett und verhandelte voller Eifer mit ihm, indem er ihn mannigfach wegen dieser Angelegenheit ermahnte, beschwor und ihm die Erinnerung 20 an den Bruder ins Gedächtnis zurückrief. Als er sich zu später Stunde in der Nacht zurückgezogen und den Bischof, der ob des Gehörten bewegt war, ein Traum bedrängt hatte, da schien es diesem, als stehe sein Bruder, der Kaiser Heinrich, an seinem Lager und halte ihm sein Gesicht entgegen, das dadurch entstellt war, daß sein Bart auf einer Seite ausgerissen war. 25 Darüber war er betroffen und verwundert, er fragte, wer sich solche Dreistigkeiten gegen ihn herausgenommen habe, und erhielt zur Antwort: "Das hast Du getan, weil Du mich und die Heiligen Gottes, die ich mit den mir von Gott gewährten Gütern beschenkt habe, zu plündern be­ schlossen hast. Hüte Dich vor weiterer derartiger Dreistigkeit, damit 30 Du das Begonnene nicht mit tiefem Unglück zahlst. " Da erwachte er, das Gesicht versetzte ihn in tiefe Furcht, und kein geringer Schrecken und Zittern ergriffen seine Glieder. Als es Morgen geworden war und er trotz langen Wartens noch immer nicht zur Versammlung der Großen erschie­ nen war, ließ ihn die Königin, besorgt um ihres Sohnes willen, durch 35 Boten inständig bitten, er möge kommen und das Versprechen erfüllen. Er aber behauptete, er sei so schwer krank, daß er sich nicht vom Lager erheben und den Fuß nicht rühren könne. Als man ihn daraufhin bat, er solle sich doch auf seinem Bett zur Versammlung tragen lassen, damit so wenigstens sein Versprechen erfüllt würde, lehnte er das vollends ab und 40 erklärte schließlich freimütig, 46er habe gegen Gott 46, seine Heiligen und 45 Nach Bresslau, Jbb. S. 30f. wird diese Nachricht Frutolfs durch Konrads Verhalten gegenüber dem Bischof von Bamberg bestätigt. u-te Vgl. Exod. 10, 16.

58

Frutolf

sanctos ems et in fratrem suum 46peccasse46 libera tandem voce proclamavit. Sie itaque divina pietas per merita famuli sui, ne spe quam in se posuit fraudaretur, omnia illius prav{l conspirationis machinamenta repressit idque, quod ab eo bene c{lptum est, confirmando semper exinde ad meliora provexit. s Secundo igitur regni sui anno 47 Chuonradus rex filium suum Heinricum regem fecit et ipse Romam pergens imperialem benedictio­ nem accepit47• Post h{lc Knuth regis Danorum filiam nomine Cuni­ gundam filio suo coniunxit 48 seque ad bene agendum studiosius accinxit. In proprio quippe castello Lintburg dicto, ad alios usus 10 quondam sibi grato, monasterium construxit prediorumque copia illud ditans monachorum congregationem sub abbatis provisione illuc introduxit49 ; Spirense quoque epyscopium provehere statuens 60, sed vivendi meta eo usque non pertingens, filio suo Heinrico BU{l voluntatis effectum commisit, quem ipse magnifice C{lpit, sed filius 1s eius item Heinricus magnificentius perfecit. I. Primo itaque Chuonradi regis anno 61 dissensio magna contra eum in regno tumultuatur61, sed divinitus cito sedatur. II. Anno Domini MXXVI. 62 Heinricus Chuonradi regis filius rex efficitur ; Chuonradus vero Romam tendens imperiali benedictione 20 provehitur 62• 111. Anno Domini MXXVII. 63 Brun Augustenais episcopus et Welefo comes predas et incendia inter se conficiunt 63• 1111. Anno Domini MXXVIII. 63 Ernest dux63 Alamannorum 63 et Welefo comes Chönrado imperatori ad deditionem64 veniunt63• 2s V. Anno Domini MXXVIIII. 63 Brun Augustenais episcopus obüt ; cui Eberhardus successit63 • 66• VI. Anno Domini MXXX. 63 Chuonradus imperator Stephanum Pannoni{l regem cum exercitu petit ; interea in Alamannia Ernest dux et Werinherus comes cum aliis multis occiduntur XVI. Kaiendas 30 Septembris 63• VII. Anno Domini MXXXI. 63 Stephanus rex per legatos cum imperatore pacificatur 63• 47-47 Mit geringer Abweichung wörtlich CW. Daher stammt auch die falsche Chronologie. Heinrich wurde im Februar 1026 designiert, 1028 erhoben und gekrönt (Ostern, 14. April). Die Kaiserweihe empfing Konrad am 26. März 1027. 48 Vgl. den Bericht z. J. 1036.

Konrad II.

1025-1031

59

seinen Bruder 46gesündigt'8• So verhinderte das göttliche Erbarmen um der Verdienste seines Dieners willen, auf daß die Hoffnung, die er auf ihn gesetzt hatte, nicht enttäuscht werde, alle Anschläge jener schändlichen Verschwörung ; es bekräftigte das, was von diesem wohl begonnen war, 5 und ließ es von da an immer vollkommener werden. Im zweiten Jahr seiner Herrschaft 47machte König Konrad seinen Sohn Heinrich zum König ; er selbst zog sodann nach Rom und empfing die Kaiserweihe 47• Danach verband er Kunigunde, die Tochter des Dänen­ königs Knuth, seinem Sohn 48 und rüstete sich eifriger zu gutem Handeln. tO In einer ihm gehörenden Burg Limburg, deren er sich einst gerne zu anderem Gebrauch bedient hatte, errichtete er ein Monasterium, stattete es mit zahlreichen Eigengütern aus und führte dort eine Mönchsgemein­ schaft unter Leitung eines Abtes ein 49• Ebenso beschloß-er, den Bischofs­ sitz Speyer zu fördern 60 ; da aber seine Lebenszeit dazu nicht ausreichte, 1 5 vertraute er seinem Sohn Heinrich die Ausführung seines Willens an, die dieser auch großartig begann, dessen Sohn, der ebenfalls den Namen Heinrich trug, aber noch großartiger vollendete. 1 . Im ersten Jahr des Königs Konrad 61erhebt sich große Zwietracht im Reich gegen ihn 61, aber mit Gottes Hilfe wird sie schnell beigelegt. 20 2. Im Jahr des Herrn 1026. 52König Konrads Sohn Heinrich wird König ; König Konrad aber zieht nach Rom und wird durch die Kaiser­ weihe erhöht22• 3. Im Jahr des Herrn 1027. 53Bischof Brun von Augsburg und Graf Welf unternehmen Plünderungszüge und Brandschatzungen gegen ein25 ander 53, 4. Im Jahr des Herrn 1028. Der Alemannenherzog Ernst und Graf Welf ergeben sich dem Kaiser Konrad 54• 5. Im Jahr des Herrn 1029. Bischof Brun von Augsburg stirbt ; auf ihn folgt Eberhard 55• 30 6. Im Jahr des Herrn 1030. Kaiser Konrad greift König Stephan von Ungarn mit einem Heer an. Inzwischen werden in Alemannien Herzog Ernst und Graf Werner zusammen mit vielen anderen getötet, und zwar am 17. August. 7. Im Jahr des Herrn 1031. König Stephan schließt mittels Gesandter 35 mit dem Kaiser Frieden. 48 Vgl. DKII. 216 und Chronicon Suevicum universale (hg. von Bresslau, in Die Werke Wipos MG. SS. rer. Germ. S. 10l f.). 60 Baubeginn wahrscheinlich 1030, Weihe 1061. 51-&1 Vgl. cw. 52-62 Vgl. CW. Zum Inhalt oben Anm . 47. 63 -63 Das Folgende meist wörtlich nach CW., Einzelnachweise nur zum Text. u Juli 1027 in Ulm. ,

66

1029 - 1047.

60

Frutolf

VIII. Anno Domini MXXXII. 53 Ruodolfus rex Burgundi� moriens diadema suum Chuonrado 1mperatori misit53• VIIII. Anno Domini MXXXIII. 6:: Meginbardus episcopus Wirci­ burgenais obüt 66• Chuonradus imperator in hieme Burgundiam petit. Eclypsis solis facta est III. Kaiendas Iulii hora sexta53• Indictio I. 5 X. Anno Domini MXXXIIII. 53 Imperator Franciam petit contra Outonem 67• Item Burgundiam vastat53• XI. Anno Domini MXXXV. 53 Wirbinam castellum68 in confinio Saxoni� positum pagani qui Liutici dicuntur obtinent multis ex 10 Christianis occisis et captis. Quos imperator euro exercitu petit53• XII. Anno Domini MXXXVI. 53 Gebehardus secundus Ratispon� episcopus obiit ; pro quo item Gebehardus tercius successit. Heinrico imperatoris filio Knuth regis Danorum filia coniungitur69• Luitici tributarii facti sunt imperatori. 15 Piligrinus Coloniensis archiepiscopus moritur, pro quo Herimannus60 ordinatur53• XIII. Anno Domini MXXXVII. 63 Chuonradus irnperator Italiam euro exercitu petit et Medioianensem episcopum 61 in custodiam mittit ; qui fuga Iapsus imperatori rebellat. 20 Outo princeps Karoiingorum a Gozeione Lothariorum duce pugna victus fugiensque a quodam milite occiditur53 • 62 • XIIII. Anno Domini MXXXVIII. 53 Stephanus Ungariorum rex religiosus obüt53• XV. Anno Domini MXXXVIIII. Chunigunt irnperatrix 63, mater 25 pauperum, dives ipsa divitem migravit ad Christum V. Nonas Martü. 53Herimannus dux 03 Alemannorum filius Gisil� imperatricis 53 obüt64• Chuonradus imperator obüt li. Nonas Iunü 65 et sepultus est Spir�. Reginboidus Spirensis episcopus obiit III. Idus Octobris. 30 Eciypsis solis facta est XI. Kaiendas Septembris63• Ab inicio anni V.

58 22. März 1034. 57 Graf v. d. Champagn.e ; der Feldzug gehört in das Jahr 1033. 58 Werben bei Osterburg.

Konrad li. 1032-1039

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8. Im Jahr des Herrn 1032. König Rudolf von Burgund übersandte sterbend Kaiser Konrad seine Krone. 9. Im Jahr des Herrn 1033. Bischof Meginhard von Würzburg stirbt 56• Kaiser Konrad zieht im Winter nach Burgund. Am 29. Juni, zur sechsten s Stunde, ereignet sich eine Sonnenfinsternis. Erste Indiktion. 10. Im Jahr des Herrn 1034. Der Kaiser zieht nach Frankreich gegen Odo zu Felde. Er verwüstet ebenfalls Burgund. 1 1 . Im Jahr des Herrn 1035. Die heidnischen Liutizen nehmen die im 10 sächsischen Grenzgebiet gelegene Burg Wirbina 5 8 ein, und viele Christen werden getötet oder gefangengenommen. Der Kaiser greift sie mit einem Heer an. 12. Im Jahr des Herrn 1036. Bischof Gebhard Il. von Regensburg starb ; auf ihn folgt gleichfalls ein Gebhard, der dritte. Die Tochter des IS Dänenkönigs Knuth wird Heinrich, des Kaisers Sohn, ehelich verbunden. Die Liutizen wurden dem Kaiser tributpflichtig gemacht. Erzbischof Pilgrim von Köln stirbt ; an seiner Stelle wird Hermann eingesetzt 59• 13. Im Jahr des Herrn 1037. Kaiser Konrad zieht mit einem Heer nach 20 Italien und schickt den Bischof von Mailand 60 in Gewahrsam ; doch dieser entflieht und erhebt sich gegen den Kaiser. Odo, der Fürst der Karolinger, wird von dem Lothringerherzog Gozelo in einer Schlacht besiegt und auf der Flucht von einem Vasallen getötet 61• 14. Im Jahr des Herrn 1038. Der fromme Ungarnkönig Stephan starb62 • 15. Im Jahr des Herrn 1039. Kaiserin Kunigunde 63, eine Mutter der 25 Armen, selbst reich, geht am 3. März zu Christus, dem Reichen, ein. Der Alemannenherzog Hermann, ein Sohn der Kaiserin Gisela, ver­ stirbt 64. Kaiser Konrad verstarb am 4. Juni 65 und wurde in Speyer beigesetzt. Bischof Reginbold von Speyer verstarb am 13. Oktober. 30 Am 22. August ereignete sich eine Sonnenfinsternis. Jahre seit Erschaffung der Welt: 5000 . 59 60 61

24./25. Aug. ; H. II. 1036- 1056. Aribert wurde in Pavia in Haft gesetzt. In der Schlacht bei Bar im November 1037. 6 2 15. Aug. 1038. 63 Frutolf spricht hier ohne Zweifel von der Kaiserin Kunigunde, der Gemah­ lin Heinrichs II., die am 3. März 1033 gestorben war. Die Nachricht geriet ihm irrtümlich an diese Stelle, weil seine Quelle, das CW, zum 14. Regierungsjahr Konrads den Tod der Königin Kunigunde, der Gemahlin Heinrichs III., ver­ zeichnet. 6 4 Hermann IV. starb am 28. Juli 1038. 6 5 In Nimwegen. Die Beisetzung erfolgte am 12. Juli.

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Frutolf

Anni Heinrici tercü. I. Anno dominic� incarnationis millesimo quadragesimo, ab Urbe autem condita millesimo DCCXCI. Heinricus tercius Chuonradi imperatoris filius, iam dudum patre vivente rex constitutus 66, LXXXVI. loco ab Augusto patri successit et XVII annos 67 regnavit. s Eberhardus primus Babenbergensis episcopus obiit68. li. Anno Domini MXLI. 69 Heinricus rex ducem Poemil;l Fratizlaum bello petüt, sed multis proceribus et militibus in prestructione silv� extra ultraque occisis vel captis, nil69 memoria 69 dignum efficere to potuit. Petrus quoque Ungariorum rex 70 eidem duci contra regem auxilia misit 69. III. Anno Domini MXLII 71• 69 Ungarü quendam Ovonem sibi regem fecerunt et Petrum regem suum expulerunt. Quo profugus et exsul Heinrici regis, cui priori anno rebellavit, gratiam querit et invenit. t s Heinricus rex Boemiam ingressus igne predaque cuncta devastat et rebellem ducem obsides dare ipsumque post se Ratisponam ad deditionem humillimam venire sibique iure iurando fidelitatem ac servicium confirmare coartat. Ovo rex Ungariorum ob susceptum a rege Heinrico Petrum a se 20 expulsum fines Baioari� predis depopulatur, sed magna pars exercitus eius ab Adelberone marchione 72 deletur 69. IIII. Anno Domini MXLIII. 69 Heinricus rex Pannoniam ingressus duas populosissimas civitates evertit 73, plures deditione sibi subiecit. Gisela imperatrix obüt XVI. Kaiendas Martii et sepelitur 2s Spir� 69 , 74. V. Anno Domini MXLIIIJ 76• 69 Heinricus rex iterum Pannoniam invadens satisfactionem et obsides ac munera pacisque confumationem per iusiurandum accipiens discessit ; indeque reversus synodo Con­ stantiensi affuit, ubi cunctis in se delinquentibus debita dimisit 30 omnibusque inimicicüs destructis pacem hactenus inauditam tarn in tota Suevia quam in aliis regni sui provincüs per edictum regi� censur� confirmavit. Dein Agnetem Willihelmi Pictaviensis principis filiam apud Mogontiam ungi faciens in reginam regalibus sibi nuptüs 87 Die falsche Chronologie nach CW. 88 Vgl. den Jahresbericht zu 1026. 88 Am 12. (13.) August d. J. 88-89 Wörtlich CW., Einzelnachweise nur zum Text.

Heinrich 111. 1040-1044

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Regierungsjahre Heinrichs 111. 1. Im Jahr seit der Geburt des Herrn 1040, seit der Gründung Roms im Jahre 1791, folgt Heinrich 111 . , Kaiser Konrads Sohn - schon zu Lebzeiten des Vaters zum König erhoben 66 - als 86. Herrscher seit s Augustus auf den Vater und regiert 17 Jahre 67• Eberhard, der erste Bischof von Bamberg, verstirbt 68. 2. Im Jahr des Herrn 1041 . 69König Heinrich greift Herzog Wratislaw von Böhmen an ; da jedoch viele Große und Vasallen in dem Dickicht des Waldes hüben und drüben getötet oder gefangengenommen werden, 10 vermag er nichts auszurichten, was der Erinnerung würdig ist. Auch der Ungarnkönig Peter 70 schickt dem Herzog Hilfstruppen gegen den König. 3. Im Jahr des Herrn 1042 71• Die Ungarn setzen sich einen gewissen Ovo zum König und vertreiben ihren König Peter. Des Landes flüchtig IS sucht und findet er die Gnade König Heinrichs, gegen den er im Jahr zuvor rebelliert hatte. König Heinrich dringt in Böhmen ein und verwüstet alles durch Brandschatzung und Plünderung und zwingt den aufständischen Herzog, Geiseln zu stellen, persönlich zu ihm nach Regensburg zwecks demütig20 ster Unterwerfung zu kommen und ihm eidlich Treue und Dienstleistung zuzusichern. Der Ungarnkönig Ovo verwüstet durch Plünderung das Grenzgebiet Bayerns, weil Peter, den er vertrieben hatte, von König Heinrich auf­ genommen worden war, doch wird ein großer Teil seines Heeres von zs Markgraf Adalbero 72 vernichtet. 4. Im Jahr des Herrn 1043. König Heinrich dringt in Ungarn ein, zerstört zwei sehr volkreiche Städte 73 und unterwirft mehrere, indem diese sich ihm ergeben. Die Kaiserin Gisela verstirbt am 14. Februar und wird in Speyer 30 beigesetzt 74• 5. Im Jahr des Herrn 1044 76• König Heinrich drang erneut nach Un­ garn ein, erhielt Genugtuung, Geiseln, Geschenke und eidliche Bestätigung des Friedens und zog dann wieder ab ; von dort zurückgekehrt nahm er an einer Synode in Konstanz teil. Dort verzieh er allen, die sich gegen 3S ihn vergangen hatten, ihre Schuld, und nachdem alle Fehden beigelegt waren, verkündete er durch ein Gebot kraft königlichen Banns in ganz Schwaben und in allen anderen Ländern seines Reiches einen Frieden, wie man ihn bis dahin nicht gekannt hatte. Danach ließ er Agnes, die Tochter des Fürsten Wilhelm von Poitiers, in Mainz zur Königin salben 70 1038-1046. Die hier geschilderten Ereignisse gehören in das Jahr 1040. 72 Von der Ostmark. 71 Die Ereignisse gehören in das Jahr 1041 . 73 Nach Hermann von Reichenau z. J. 1042 wohl Hainburg und Preßburg. 7' 1 1 . März. 76 Die folgenden Ereignisse gehören insgesamt in das Jahr 1043.

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Frutolf

apud Ingelenheim copulavit ; unde infinitam histrionum et iocula­ torum multitudinem non solum muneribus, sed etiam cibo potuque vacuam et merentem abire permisit. Luitpoldus marchio Adelberti filius maxima Ungariorum clades immature obüt 7&. s Pestis pecudum maxima, hiems dura fuit et nivosa 69. VI. Anno Domini MXLV. 89 Bnm Wirciburgensis episcopus obüt VI. Kaiendas lunii. Pro quo Adelbero ordinatur. Heinricus rex tercio Pannoniam ingressus Deique favente clementia victor effectus Ovonem cum uxore et filiis ac cognatis , 10 quibus locus fugiendi erat, effugabat, Petrum restituit in regnum subditoque sibi Ungariorum regno cum honore summo revertitur. Gotefridus dux Lothariorum 77 Heinrico regi rebellans, ad dedi­ tionem coactus in castello Gibichenstein usque ad dignam satisfactionem custodit) mancipatur 69. 1s VII. Anno Domini MXLVI. 69 Heinricus rex Italiam ingressus a Romanis pacifice suscipitur, papas tres non digne constitutos synodaliter deposuit et Suidegerum Babenbergensis69 t)Cclesi� secun­ dum 69 episcopum papam constituit 78, a quo ipse et coniunx eius Agnes in sancto dominici natalis die benedictione imperiali subli- 20 mantur. Imperatrix vero Agnes69 inde revertens69 apud Ravennam genuit filiam 79 ; imperator autem per Apuliam multasque provin­ cias feliciter ducens exercitum cum honore magno revertitur. Suide­ gerus papa obiit69 VII. Idus Octobris, 69 pro quo Poppo 69 patriarcha Aquileiensis 69 ordinatur 69 • 80. 2s VIII. Anno Domini MXLVII. 69 Petrus Ungariorum rex a quodam tyranno Pannonico 81 captus et c�catus est ; ille vero, qui eum expulerat, regnare c.t)pit 69. VIIII. lndictio I. Anno Domini MXLVIII. 69 Poppo papa obiit 82 necdum completo anno, ex quo constitutus est ; pro quo Brun, qui et Jo Leo postea dictus est, Tullensium episcopus ordinatur papa 83• 76 Er starb am 9. Dezember 1043 als Markgraf der Grenzgebiete, die den Ungarn im gleichen Jahr wieder abgenommen worden waren. 77 G. war Herzog von Oberlothringen und hatte 1044 den Kampf um die Herrschaft über ganz Lothringen begonnen, im Juli 1045 mußte er sich unter. werfen. 78 Er regierte als Clemens II. vom 24. Dez. 1046 - 9. Okt. 1047. 78 Judith.

Heinrich III. 1045-1048

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und vermählte sich mit ihr in Ingelheim auf einer königlichen Hochzeit ; dort ließ er eine zahllose Menge von Schauspielern und Spaßmachern nicht nur unbeschenkt, sondern sogar ohne Speise und Trank traurig von dannen ziehen. s Markgraf Luitpold, der Sohn Adalberts, ein gewaltiger Ungarnver­ nichter, stirbt allzu früh 7&. Es herrscht eine überaus schwere Viehseuche ; der Winter ist hart und schneereich. 6. Im Jahr des Herrn 1045. Der Würzburger Bischof Brun verstirbt 10 am 27. Mai ; an seiner Stelle wird Adalbero eingesetzt. König Heinrich dringt ein drittes Mal in Ungarn ein ; mit Gottes gütiger Hilfe siegt er, vertreibt Ovo mitsamt seiner Frau, seinen Kindern und Verwandten, die Gelegenheit zur Flucht finden, setzt Peter wieder in die Herrschaft ein und kehrt nach der Unterwerfung des Ungarnts reiches mit höchster Ehre zurück. Der Lothringerherzog Gottfried 77 erhebt sich gegen König Heinrich, wird gezwungen, sich zu ergeben, und wird auf der Burg Giebichenstein bis zur angemessenen Genugtuung in Gewahrsam gehalten. 7. Im Jahr des Herrn 1046. König Heinrich zog nach Italien und wurde 20 von den Römern friedlich aufgenommen ; auf einer Synode setzte er drei Päpste ab, die in unwürdiger Weise zu ihrem Amt gekommen waren, und setzte Suidger, den zweiten Bischof der Baroberger Kirche 7 8 , zum Papst ein ; von diesem wurden er selbst und seine Gemahlin Agnes am Fest der Geburt des Herrn durch die Kaiserweihe erhöht. Die Kaiserin 2s Agnes kehrte von dort zurück und gebar in Ravenna eine Tochter 79, der Kaiser aber führte das Heer glückhaft durch Apulien und zahlreiche andere Länder und kehrte mit großer Ehre heim. Papst Suidger verstarb am 10. Oktober ; an seiner Stelle wurde Poppo, der Patriarch von Aquilej a, eingesetzt 8o. JO 8. Im Jahr des Herrn 1047. Peter, der König der Ungarn, wird von einem ungarischen Tyrannen 81 gefangengenommen und geblendet ; jener aber, der ihn vertrieben hatte, beginnt zu herrschen. 9. Im Jahr des Herrn 1048. Papst Poppo verstirbt 82 , bevor noch ein Jahr seit seiner Einsetzung vergangen ist ; an seiner Stelle wird Bischof J s Brun von Toul, der sich später auch Leo nennt, Papst 83•

80 Poppo, als Damasus II. Papst vom 25. Dez. 1047 - 9. Aug. 1048, war zuvor Bischof von Brixen, nicht Patriarch von Aquileja. 81 Andreas I. (1046 - 1060) aus der Familie der Arpaden, die von Stephan d. HJ. vertrieben worden waren. 82 Vgl. Anm. 80. sa Leo IX., 1048 - 1054.

66

Frutolf

Otto dux Suevorum obüt 84 ; pro quo item Otto comes de Swinfurte surrexit 69. X. Anno Domini MXLVIIII. 69 Heinricus imperator anno imperü sui quarto quasdam Galli� partes invasit contra Gotefridum et Baldewinum 85 duces ; quibus ad deditionem coactis et regno his in 5 partibus pacificato victor cum honore revertitur. Synodus Mogonti� habetur, cui interfuerunt Brun apostolicus et Heinricus imperator 69. XL Anno Domini millesimo quinquagesimo. 69 Ungarii item rebel­ lant. Quibus Gebehardus Ratisponensis episcopus, qui erat imperato- 1 0 ris patruus, obviam veniens vice ipsius imperatoris, in fugam con­ versos non minima eos cede afflixit ; insuper urbem Heimenburg in marcha positam �dificüs restauravit et militari custodia muniri fecit ipseque summa cum pace regressus est 69. XII. Anno Domini MLI. 69 Barto archiepiscopus 69 Mogontinus 69 in 1 5 pace quievit 86 ; cui Luitpoldus Babenbergensis prepositus successit. Heinricus imperator iterum Pannoniam adiens, divisa in duas partes multitudine militum, utrimque regionem ipsam silvis et maxime aquarum collectionibus circumseptam occupans intravit ; sed gens illa durior ceteris cum rege suo dolose agens suaque pariter 20 cum aliis diripiens fame et siti multisque cladibus lassatum impera­ toris exercitum fugiens evasit. Milites autem imperatoris vastata magna parte provinci�, multis insuper inibi occisis, pacifice licet inacte ad propria cum imperatore redierunt 69. XIII. Anno Domini MLII. 87 Imperator iterum Pannoniam petit et 25 inacte redit habens secum in comitatu Brunonem apostolic� sedis presn­ lem87. Qui papa veniens Ratisponam reliquias beati Dionisii martyris, de quibus diu dubitatum est, an ibi haberentur, presentibus Parisio­ rum legatis perspexit ibique tueri probavit 88. Sanctum quoque Wolf­ kangum eiusdem ur bis episcopum de tumulo levavit 89 indeque Baben- 30 berg cum imperatore transiena privilegia eiusdem loci a cancellario suo Friderico 90 , qui sibi postea successit, perspici et coram imperatore populoque pronunciari mandavit suaque auctoritate illa confirmavit 91. Inde simul tendentes in partes Rheno contiguas proximum natale 35 Domini Wormaci� celebrant. 85 Graf von Flandern. 88 1 1 . Juni. 84 7. Sept. 1047. 87-87 Vgl. dazu die fast gleichlautendeNotiz aus St. Emmeram,MG. SS. 15, 1 095 f.

Heinrich III. 1049-1052

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Der Schwabenherzog Otto verstirbt 84 ; auf ihn folgt der Graf von Schweinfurt, der ebenfalls den Namen Otto trägt. 10. Im Jahr des Herrn 1049. Im vierten Jahr seines Kaisertums dringt Kaiser Heinrich im Kampf gegen die Herzöge Gottfried und Balduin 86 5 in linksrheinische Gebiete ein ; er zwingt sie zur Unterwerfung, befriedet das Reich in diesen Gebieten und kehrt in Ehren als Sieger zurück. In Mainz wird eine Synode abgehalten ; an ihr nehmen Papst Brun und Kaiser Heinrich teil. 1 1 . Im Jahr des Herrn 1050. Die Ungarn erheben sich erneut ; Bischof 10 Gebhard von Regensburg, ein Oheim des Kaisers, zieht ihnen an Stelle des Kaisers entgegen und bringt den Fliehenden eine bedeutende Nieder­ lage bei ; außerdem stellt er die in der Mark gelegene Stadt Hainburg durch Bauten wieder her und sichert sie durch eine Besatzung ; dann kehrt er selbst in vollem Frieden wieder zurück. 15 12. Im Jahr des Herrn 1051 . Erzbischof Barto von Mainz entschläft in Frieden 86 ; auf ihn folgt der Bamberger Propst Luitpold. Kaiser Heinrich zog erneut gegen Ungarn ; er teilte das Heer und drang dort ein, wobei er sogar den Landstrich besetzte, der ringsum von Wäldern und vor allem von zahlreichen Gewässern schützend umgeben ist ; jenes 20 Volk, härter als die übrigen, und sein König handelten j edoch listenreich, sie zerstörten ihr Eigentum zusammen mit allem anderen und entkamen dem Heer des Kaisers, das durch Hunger, Durst und zahlreiche Verluste geschwächt war. Die Truppen des Kaisers aber verwüsteten einen großen Teil des Landes, töteten obendrein viele und kehrten unbehelligt, doch 25 ohne Erfolg mit dem Kaiser in ihre Heimat zurück. 13. Im Jahr des Herrn 1052. 87Der Kaiser zog wiederum nach Ungarn und kehrte ohne Erfolg zurück ; in seiner Begleitung befand sich Bruno, der Bischof des apostolischen Stuhles 87• Als der Papst nach Regensburg kam, besichtigte er in Anwesenheit von Gesandten aus Paris die Reli30 quien des heiligen Märtyrers Dionysius - man war lange im Zweifel, ob man sie dort wirklich besäße - und bestätigte, daß sie sich dort befänden 88• Ebenso erhob er die Gebeine Wolfgangs, des Bischofs dieser Stadt 89 ; von dort reiste er mit dem Kaiser nach Bamberg, w o er die Privilegien dieses Ortes von seinem Kanzler Friedrich 90, der ihm später im Amt folgte, 35 prüfen und vor Kaiser und Volk verlesen ließ und sie dann kraft seiner Vollmacht bestätigte 91• Von hier aus begaben sie sich gemeinsam in die rheinischen Gebiete und feierten in Worms das Geburtsfest des Herrn. 88 Frutolfs Erzählung ist die älteste erhaltene Überlieferung der angeblichen Echtheitserklärung dieser Reliquien durch Papst Leo IX. Seine Quelle, die in St. Emmeram zu suchen ist, ist noch nicht eindeutig auszumachen. 89 Bischof von 972 - 31. Okt. 994. Die Erhebung der Gebeine erfolgte am 6. Okt. 1052. 90 F. von Lothringen, als Papst Stephan IX. genannt. 81 Vgl. JL. 4283 vom 6. Nov. 1052.

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Frutolf

XIII. Anno Domini MLIII. 92 Apostolico et imperatore natale dominieuro 92 divino et regio cultu 92Wormaci� agentibus 92, missarum celebratione in sancta die peracta ut oportuit ab apostolico, in sequenti die Luitpoldum Mogontin� sedis archiepiscopum utpote in sua diocesi precipuum huic subrogavit officio. Qui peracta processione s et ubi ad hoc ventum est dicta oratione, postquam se in sua sede loca­ vit, quidam ex diaconibus suis Humbertus nomine, sicut multi ob illius festi venerationem solent, lectionem decantavit. Quod quidam ex Romanis paptJ assistentibus vituperantes et contra papam, quia Romano more ageretur, obiurgantes persuaserunt ei, ut ad eundem 1 0 diaconum mitteret et decantationem interdiceret. Quod cum ille iuvenum more contempneret, iterum mittendo papa interdixit ; qui mox eadem vocis sonoritate, qua prius cantavit, legendo decenter lectionem usque ad finem perduxit. Qua finita papa illum ad se vocavit et quasi pro inob�dienti� contumacia degradavit. Archiepiscopus t s vero misit ad illum, ut suum sibi redderet ministrum. Quod, ubi papa abnuit, pontifex ut erat antiqu� disciplin� licet egre patienter, tarnen interim tacendo sustinuit. Perlecto autem evangelio et decantato offertorio, ubi sancti sacrificii tempus advenit, pontifex in sede sua resedit vere contestans nec se nec alium quempiam completurum illud 20 officium, nisi reciperet processionis su� ministrum. Quod ubi apostoli­ cus intellexit, pontifici cessit reindutumque ministrum continuo remisit. Quo recepto debito se presul iniunxit officio. Qua in re et pontificis auctorit&.s et apostolici consideranda est humilitas, dum et ille officii sui dignitatem defendere contendebat et iste licet maioris 2s dignitatis metropolitano tarnen in sua diocesi cedendum perpendebat. Post htJc 93 apostolicus Romam rediit multis eum diversarum pro­ vinciarum militibus imperiali preceptione et amicorum subventione comitantibus ; et post pascha 94 exercitum ducens per Apuliam contra Nortmannos illius terr� quondam advenas, sed tune possessionum 30 apostolicarum invasores et Romani imperii hostes pugnavit ; et infinita utrobique cede peracta papa cum paucis fugiens absque

92 Vgl. CW. Die anschließende, durchaus glaubhafte Erzählung findet sich nur bei Frutolf, dem sie aber, beachtet man ihre vielen Einzelheiten, wohl schrütlich vorgelegen hat.

Heinrich III. 1053

69

14. Im Jahr des Herrn 1053. 92Papst und Kaiser feierten das Geburtsfest des Herrn in Worms 92 mit Gottesdienst und königlichem Gepränge ; während am Festtag, wie es sich gehörte, der Papst die Messe feierte, bat er am folgenden Tag Luitpold, den Erzbischof des Mainzer Stuhles, s als den Vornehmsten in seiner Diözese um diesen Dienst. Als der Einzug vorüber und es so weit war, daß er, nachdem er das Kirchengebet gespro­ chen, auf seinem Stuhl Platz nahm, sang einer seiner Diakone namens Humbert die Lesung, so wie es viele aus Verehrung gegenüber diesem Fest zu tun pflegen. Das tadelten einige Römer, die dem Papst assistier10 ten ; sie schalten vor dem Papst, daß man nicht nach römischem Brauch verfahre, und bewogen ihn, zu dem Diakon zu schicken und das Singen zu verbieten. ;.Js dieser das nach Art junger Leute mißachtete, verbot es der Papst erneut ; nun las er mit ebenso klangvoller Stimme, wie er vorher gesungen hatte, und beendete würdig die Lesung. Danach rief !S ihn der Papst zu sich und entzog ihm wegen seines trotzigen Ungehor­ sams seine Würde. Der Erzbischof indessen sandte zum Papst, er möge ihm seinen Diener wiedergeben. Als der Papst das ablehnte, ertrug das der Bischof zwar nur mit Mühe geduldig, doch schweigend, denn er war von alter Zucht. Als aber das Evangelium verlesen und das Opfer20 gebet gesungen war und der Augenblick des heiligen Opfers nahte, nahm der Bischof wieder auf seinem Stuhl Platz und erklärte nachdrücklich, daß weder er noch ein anderer das Opfer vollenden würden, falls er den Diener, der mit ihm eingezogen war, nicht zurückerhielte. Als der Papst das vernahm, gab er dem Bischof nach, ließ den Diener wieder ankleiden 25 und schickte ihn sodann zurück. Nun erst widmete der Bischof sich wie­ der dem schuldigen Dienst. An diesem Vorgang ist sowohl die Autorität des Bischofs wie die Demut des Papstes betrachtenswert ; denn jener war bemüht, die Würde seines Amtes zu wahren, dieser aber fand, daß er, obgleich er selbst die höhere Würde besaß, dennoch dem Metropoliten in 30 seiner eigenen Diözese nachgeben müsse. Danach 93kehrte der Papst nach Rom zurück ; dank kaiserlichen Befehls und dank der Unterstützung von Freunden begleiteten ihn zahlreiche Ritter der verschiedenen Länder ; nach dem Osterfest 94 führte er das Heer durch Apulien und kämpfte gegen die Normannen, die einst aus der 35 Fremde in jenes Land gekommen, dann aber in die päpstlichen Besitzun­ gen eingedrungen und Feinde des Römischen Reiches waren. Nach uner­ meßlichen Verlusten auf beiden Seiten zog sich der Papst flüchtend und in geringer Begleitung sieglos zurück ; die tüchtigsten Ritter aus Schwaben

ea-ea zum

Vgl. CW. Das Folgende meist wörtlich nach CW., Einzelnachweise nur u 1 1 . April. Text.

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Frutolf

victoria regreditur, relictis illic Suevorum ac Noricorum militibus optimis, et in urbe Beneventana consedit93, ubi tune Oudalricus96 genere Noricus episcopatum tenuit. XV. Anno Domini MLIIII. 93Religiosus papa Brun qui et Leo gloriose vitam :finivit XIII. Kaiendas Mai 8• 93 et magni:fice 93 sepultus 5 Rom� in �cclesia sancti Petri miraculis claruit. Cuono dux Noricorum96 f�deratis sibi Ungariis graviter rebellat ; item Baldewinus et Gotefridus93, XVI. Anno Domini MLV. 93Leoni pap� Gebehardus qui et Victor93 10 Eihcstatensis episcopus successit97. Adelbertus marchio obüt. Farnes magna fuit93. Heinricus imperator Italiam cum exercitu petens omnia in pace disposuit revertensque neptem suam Beatricem98, matrem Mahthild�, secum duxit indigne eam tractans propter quasdam insolentias eius, 15 quibus vivere consueverat mortuo viro eius Bonifacio duce. 93Welefo dux Carinthiorum obüt 93• 99. 1 Chuono dux antea Noricorum 2 ab imperatore pro per:fidi� su� culpa expulsus in Pannonia male exul obüt. Arnolfo Spirensi episcopo Chuonradus successitl• 3• XVII. Anno Domini MLVI. 1 Herimannus comes 4 orientalium 20 Franeorum obüt VI. Kaiendas Februarü1• Gebehardus Ratisponensis episcopus imperatoris Heinrici patruus, hostis occulte pessimus deprehensus et convictus atque custodi� mancipatus, sed misericorditer tractatus, exilio remittitur et scdi 25 pristin� restituitur6. 1Gotefridus dux6 ad deditionem venitl. 93Magna cedes a Luiticis in Christianos facta est 7, quorum quidam gladio, quidam fugientes in aqua perierunt ; inter quos Willehelmus marchio occiditur. a) Datum in freigelassenem Raum nachgetragen ; nach Lücke von 5 Buchst. getilgtes Kapitelzeichen A. 86 Vgl. Steindorff, Jbb. Heinrichs 111. 2, 463 f. Danach residierte Udalrich etwa seit der Mitte des Jahres 1053 in Benevent. 98 Konrad war schon Anfang des Jahres 1053 abgesetzt worden. 87 Viktor II. wurde zwar schon im September 1054 zum Nachfolger bestimmt, aber erst im April 1055 geweiht.

Heinrich III. 1054-1056

71

und Kärnten ließ er dort und nahm dann seinen Sitz in der Stadt Benevent ; das dortige Bistum hatte damals Udalrich 95 inne, ein Kärntner von Geburt. 15. Im Jahr des Herrn 1054. Der fromme Papst Brun, der sich auch Leo nannte, beend'3te ruhmvoll sein Leben am 19. April ; man setzte ihn s mit allen Ehren in Rom in der Kirche des hl. Petrus bei, und er wurde durch Wunder berühmt. Der Kärntnerherzog Konrad 96 verbündet sich mit den Ungarn und ent­ facht einen schweren Aufstand ; ebenso erheben sich Balduin und Gottfried. 16. Im Jahr des Herrn 1055. Auf Papst Leo folgte Bischof Gebhard von 10 Eichstätt, der sich auch Viktor nannte 87• Markgraf Adalbert verstarb. Es herrscht große Hungersnot. Kaiser Heinrich zieht mit einem Heer nach Italien, ordnet dort alles in Frieden und führt auf dem Rückweg seine Nichte Beatrix 88, die Mutter der Mathilde, mit sich ; er behandelt sie ungnädig wegen ihrer Lebena­ IS gewohnheiten nach dem Tode ihres Gatten, des Herzogs Bonifazius, die der Sitte widersprechen. Herzog Welf von Kärnten verstirbt 99• 1Konrad, der frühere Herzog von Kärnten 2, der vom Kaiser vertrieben worden war, weil er sich der Untreue schuldig gemacht hatte, stirbt 20 elend und außer Landes in Ungarn. Auf Bischof Arnulf von Speyer folgt Konrad 1•3• 17. Im Jahr des Herrn 1056. 1Hermann, Graf der Ostfranken 4, ver­ stirbt am 27. Januar. Bischof Gebhard von Regensburg, ein Oheim des Kaisers Heinrich 25 und im Geheimen der schlimmste Feind, wird ergriffen, überführt und in Gewahrsam genommen ; doch wird er gnädig behandelt, aus dem Exil entlassen und seinem früheren Sitz restituiert 5• 1Herzog Gottfried 6 unterwirft sich 1 • 93Die Liutizen führen einen schweren Schlag gegen die Christen 7, von 30 denen einige durch das Schwert, einige auf der Flucht im Wasser um­ kommen ; unter anderen fällt Markgraf Wilhelm. In dieser Zeit finden viele Fürsten der verschiedensten Länder den Tod ; Hungersnot befällt zahlreiche Landstriche, Armut und Mangel gewinnen überall die Überhand und mancherlei Übel geschieht. 98 Sie war eine Kusine des Kaisers und hatte sich ohne sein Wissen mit dem ihr nahe verwandten Gottfried von Lothringen vermählt. Darauf bezieht sich der Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens. 99 13. Nov. 1055. 1-1 Wahrscheinlich aus dem Chronicon Suevicum universale, der Vorlage von 2 Vgl. oben Arun. 96. CW. übernommen. 3 Bischof von 1056-1060. Arnulf war am 2. Okt. 1055 verstorben. 4 Er ist nicht zu identifizieren. 5 Vgl. zu diesem Bericht die Ann. Altah. z. J. 1055. 8 Genannt der Bärtige, Herzog von Oberlothringen. 7 Bei der Burg Prizlawa nahe der Havelmündung.

Frutolf

72

Hisdem temporibus multi diversarum principes provinciarum perierunt ; fames multas regiones afflixit, egestas et penuria undi­ que prevaluit, multaque mala tune temporis facta sunt. Heinricus imperator pro his rebus cordetenus dolore compunctus infirmari c�pit et perductus ad mortem, sapienti usus consilio, ab omni- s bus quibus potuit veniam petiit, quibusdam predia qu� abstulit restituens, cunctis qui contra eum 93 et regnum 93 culpas dampnabiles fecerunt relaxans ; filium quoque suum Heinricum Romani pontificis cunctorumque pontificum et principum regni electione regem consti­ tuit8. His et aliis prout vit� possibilitas admisit bene dispositis III. 10 Nonas Octobris hanc vitam presentem in Deo finivit93 • 9• Post cuius obitum, quia filius eius Heinricus adhuc puerulus fuit l0, domna Agnes imperatrix mater pueri regnum sub sua cura aliquamdiu tenuit ac sapienter et strenue rexit, donec principes aliqui invidia ducti puerum matri abstulerunt eamque regimine regni abaliena- t s verunt ; quorum numero dominus Anno Coloniensis archiepiscopus se immiscuit, qui puerum in loco qui Werida dicitur navi imponens matri abduxit 11• Quod ille qua intentione fecerit vel qualiter divino iudicio placuerit, discernere non valemus ; multa tarnen incommoda extunc orta et deinceps aucta certurn tenemus. Nam perinde dissen- 20 siones in regno, �cclesi� perturbatio, monasteriorum destructio, clericatus despectio, totius iustici� ac religionis conculcatio et c�pit et permanet. lpsa vero imperatrix rerum permutationes considerans ltaliam se contulit et apud monasterium quod Fruteria dicitur religio­ sam vitam aliquanto tempore duxit ; postea Rom� defuncta et in 2s �cclesia sanct� Petronell� honorifice est sepulta 12. Anni Heinrici quarti. I. Anno Dominic� incarnationis millesimo LVII. 13, ab Urbe autem condita MDCCCVIII. 14 Heinricus 14 quartus, 14 Heinrici imperatoris filius, admodum puer 14 patri succedens 14 regnare c�pit 14 et, quando h�c conscriptio facta est, XLII. anno regnavit l6 LXXXVII. loco ab Augusto. 8 Dies war schon 1053 zu Tribur geschehen, jetzt erfolgte nur eine Bestätigung der Wahl.

JO

Heinrich IV.

1057

73

Kaiser Heinrich, hierüber in seinem Herzen tief und schmerzlich betroffen, begann krank zu werden ; an der Schwelle des Todes befolgte er weisen Rat und erbat von allen, soweit er es konnte, Verzeihung ; eini­ gen gab er den Besitz zurück, den er ihnen abgenommen, und allen, s die gegen ihn oder die Königsherrschaft strafwürdige Schuld auf sich geladen, verzieh er ; seinen Sohn Heinrich setzte er durch die Wahl des römischen Bischofs, aller übrigen Bischöfe und der Reichsfürsten zum König ein 8• Nachdem er dies und anderes, soweit ihm sein Leben dazu noch Möglichkeit ließ, wohl geordnet hatte, beendete er am 5. Oktober 10 das gegenwärtige Leben in Gott 9• Da sein Sohn Heinrich noch ein Kind war 10, hatte nach seinem Hin­ scheiden die Kaiserin Agnes, die Mutter des Knaben, eine Zeitlang die Sorge für das Reich inne und herrschte weise und tüchtig, bis einige Fürsten, vom Neid verleitet, den Knaben von seiner Mutter entfernten IS und sie der Herrschaft über das Reich beraubten ; ihnen gesellte sich der Erzbischof Anno von Köln zu, der den Knaben in Kaiserswerth auf ein Schiff brachte und so der Mutter entführte 11• In welcher Absicht er das tat oder ob Gottes Urteil das billigte, vermögen wir nicht zu entscheiden ; doch halten wir es für sicher, daß seitdem viel Ungemach entstand und 20 zunahm. Denn seitdem begann im Reich Zwietracht, in der Kirche Ver­ wirrung, Verfall der Klöster, Mißachtung der Geistlichkeit, Zerfall von Gerechtigkeit und Frömmigkeit, und sie dauern noch heute an. Die Kaiserin aber begab sich angesichts der veränderten Verhältnisse nach Italien und führte im Kloster Fruttuaria einige Zeit ein Leben nach 2s der Regel ; sie verstarb später zu Rom und wurde in der Kirche der hl. Petronella ehrenvoll beigesetzt 12• Regierungsjahre Heinrichs IV.

30

1. Im Jahr seit der Geburt des Herrn 1057 13, seit der Gründung Roms im Jahr 1808 14begann Heinrich IV., der Sohn Kaiser Heinrichs, ein Knabe noch, als Nachfolger des Vaters zu herrschen ; er regierte, als diese Aufzeichnung erfolgte, im 42. Jahr 16, als 87. Herrscher seit Augustus. 8 Von allen Berichten über den Tod Heinrichs III. steht der Bertholds dem Bericht Frutolfs am nächsten. 10 Er war noch nicht 6 Jahre alt, als der Kaiser starb. 11 Vgl. dazu Ann. Altah. z. J. 1062. 12 Die Kaiserin begab sich Anfang 1063 nach dem genannten Kloster, von dort im gleichen Jahr nach Rom. Sie kehrte noch einigemale nach Deutschland zurück und starb am 14. Dezember 1077 in Rom, wo sie am 5. Januar 1078 in der in St. Peter befindlichen Kapelle der hl. P. beigesetzt wurde. 13 Nach der Chronologie des CW., der Frutolf auch hier folgt. u-14 Das Folgende meist wörtlich nach CW ., Einzelnachweise nur zum Text. 15 1098.

74

Frutolf Agnes imperatrix mater ipsius ducaturn Baioari� suscepit l6• Gebehardus qui et Victor pontifex Romanus multis bene in Ger­

mania aliisque regni Romani partibus pontificum vel principum secularium consilio dispositis Romam cum pace redüt 17 incipiente anni illius quadragesima. Hic etiam 14 eodem anno finivit vitam 18 ;

5

pro quo Fridericus Gotefridi ducis frater iam monachus factus 19 a Romanis pontifex ordinatur 20 et Stephanus appellatur 14. Saxones congregato exercitu gentem efferam Luiticiorum hostiliter invaserunt diversisque malis eam affligentes Roman� ditioni subdiderunt et acceptis obsidibus ac tributis ad propria redierunt. 14Eodem tempore quidam Fridericus et fratres eius 21 in Germani�

10

partibus tyrannidem exercentes contra imperium Romanum ab Agnete imperatrice et principibus regni victi ad deditionem venerunt. Otto de Svinfurte dux Suevorum

IIII. Kaiendas Octobris obüt 14,

et 14 Ruodolfus 14 de Rinveldon qui postea rex esse contendit 14 duca-

15

turn accepit l4 ; quod magnum fuit seminarium earum quibus regnum perturbatur commotionum.

Eundem 22 namque ducaturn vivente

adhuc Ottone duce Heinricus imperator Bcrhtoldo comiti, qui post Carinthiorum accepit ducaturn 23, promiserat eique anulum suum velut huius rei commonitorium dederat ; quem ille diligenter servans 20 post amborum obitum, imperatoris scilicet et ducis, imperatrici Agneti imperium tune disponenti obtulit eamque anulum agnoscentem pro ducatu sibi promisso commonuit. Sed quia predictus Ruodolfus mox post imperatoris obiturn filiam 24 eins Rumoldo Constantiensi episcopo commendatam, utrum consilio raptarn an dolo nescitur, uxorem duxit, 25 recepto iam in gratiam eundem ducaturn illi causa fili� imperatrix dedit, quod animum Berhtoldi non parum commovit. Pro qua com­ motione lenienda ducatus Karinthiorum ei committitur, quem postea filio sno �quivoco ipsius rogatu rex Heinricus commisit, sed post­ modum quorundam instinctu eundem ducaturn Luitolfo consanguineo 30 suo dedit 25 sicque patrem et natum parvipendens offendit. Unde quasi renovata priore iniuria cum Berhtoldus dux permoveretur, omnia consiliarum machinamenta 16 17 19 21

quibus satis pollebat ad hoc

An Weihnachten 1056 auf dem Reichstag zu Regensburg. 18 Am 28. Juli. Am 12. Februar. 2o Am 2.f3. August. Er war Mönch in Monte Cassino. Von Gleichberg.

Heinrich IV. 1057

75

Seine Mutter Agnes übernahm die Herzogsgewalt in Bayern 18 • Der römische Bischof Gebhard, der auch Viktor genannt wurde, kehrte zu Beginn der Fastenzeit dieses Jahres in Frieden nach Rom zurück 17, nachdem er in Deutschland und in den anderen Gebieten des s römischen Königtums mit dem Rat der Bischöfe und der weltlichen Fürsten zahlreiche Angelegenheiten wohlgeordnet hatte. Auch er ver­ starb im gleichen J ahr 18 ; an seiner Statt wurde des Herzogs Gottfried Bruder Friedrich, der inzwischen Mönch geworden war 19, von den Römern als Bischof eingesetzt20, und er nannte sich Stephan. 10 Die Sachsen sammelten ein Heer und griffen das überhebliche Volk der Liutizen an ; sie fügten ihm mancherlei Schaden zu, unterwarfen es so der römischen Herrschaft und kehrten, nachdem sie Geiseln und Tribut empfangen hatten, in ihre Heimat zurück. Zu dieser Zeit ergaben sich ein gewisser Friedrich und seine Brüder 21, IS die in Teilen Deutschlands Gewalt gegen das Römische Reich geübt hatten und von der Kaiserin Agnes und den Reichsfürsten besiegt worden waren. Otto von Schweinfurt, Herzog der Schwaben, verschied am 28. Sep­ tember, und Rudolf von Rheinfelden, der später König zu sein begehrte, 20 erhielt das Herzogtum ; das war eine wichtige Ursache der Unruhen, durch die das Reich später in Verwirrung geriet. Denn 22 dasselbe Herzog­ tum hatte Kaiser Heinrich noch zu Lebzeiten des Herzogs Otto dem Grafen Berthold, der.später das Herzogtum der Kärntner erhielt 23, ver­ sprochen und er hatte ihm seinen Ring gleichsam als Mahnzeichen dafür 25 gegeben ; Berthold bewahrte ihn sorgfältig und legte ihn nach dem Tod der beiden, nämlich des Kaisers und des Herzogs, der Kaiserin Agnes vor, die damals das Reich leitete, und mahnte sie, die den Ring anerkannte, wegen des Herzogtums, das ihm versprochen war. Da aber der erwähnte Rudolf bald nach dem Tod des Kaisers dessen Tochter24, die dem Bischof 30 Rumold von Konstanz anvertraut war, als Gattin heimführte - man weiß nicht, ob er sie auf Rat hin oder mit List entführte -, gab die Kaiserin ihm um der Tochter willen dieses Herzogtum, nachdem er wieder in Gnaden aufgenommen war, was Berthold nicht wenig erregte. Um diese Erregung zu besänftigen, wird ihm das Herzogtum der Kärntner 35 übertragen, das später König Heinrich dessen gleichnamigem Sohn auf seine Bitte hin übergab ; dann aber übertrug er auf Betreiben einiger dieses Herzogtum seinem Verwandten Liutolf26 und beleidigte so Vater und Sohn, da er beide mißachtete. Da nun Herzog Berthold gleichsam durch die Wiederholung früheren Unrechts tief erregt war, wandte er v.

22 Gegen die folgende Erzählung wendet sich 0. Grund, Die Wahl Rudolfs Rheinfelden zum Gegenkönig, Exkurs I, S. 87 ff. 23 Im Jahre 1061. 24 Mathilde. Sie starb 1059 kurz nach der Hochzeit. 25 Erst 1077 nach dem Abfall des älteren Berthold.

76

Frutolf

vertebat, ut ab utroque, id est rege et Rudolfo, se ulcisceretur : ab hoc scilicet, quoniam a ducatu sibi promisso se subplantavit, ab illo vero, quia se accepto privavit. Mult� interim caus�, qu� inconsulte tune gerebantur,

sibi

concurrebant

et

huic

machinationi

occasiones

prebebant 26 : Otto dux Baioariorum deicitur ; Chuonradus genere

s

Suevus a militibus regis interficitur, et quasi a rege iussum sit, ipsi crimen indicitur. Gonspirat igitur Otto in Saxonia, Berhtoldus

in

Suevia, fiunt motus et conventus utrobique, in quibus odia in regem suscitantur et invidi�. Multa quoque interea in regno fiebant, qu� utrosque populos iustis et necessariis ut videbatur causis, ne regi

10

adhererent, avertebant, eoque res perducta est, ut Ruodolfus in dampnationem sui regnum invaderet dominumque suum regem deponere aut interficere quereret. Sed h�c res quem effectum haberet nec rusticos latet. II. Anno Domini MLVIII. 14 Fridericus qui et Stephanus pontifex Romanus

vitam

finivit,

et Alexander 2 7

Lucensis

episcopus

ts

ei

successit 14• Huius tempore Hiltibrandus postea pontifex archidia­ conatus officio functus est 26 Rom�a. III. Anno Domini ML VIIII. IIII. Anno Domini MLX. 14 Luitpoldus archiepiscopus Mogontinus

20

obüt, cui Sigifridus Fuldensis abbas successit 14, qui postea cum aliis contra dominum regem consensit 29• V. Anno Domini MLXI. VI. Anno Domini MLXII. VII . Olympias CCCCLX. Anno Domini MLXIII. lndictio prima.

2s

VIII. Anno Domini MLXIIII. 30 Sigifridus episcopus Mogontiacensis et Guntherus Babenbergensis et Willihelmus Treiectensis aliique quam plures presules vel nobiles multo comitatu Hierosolimam ten­ dentes multas infestationes a barbaris perpessi

sunt tandemque

perventione fruentes optata numero et rebus admodum attenuati redierunt 30 • VIIII . Anno Domini MLXV. 31 Guntherus episcopus Babenbergensis ab Hierosolima rediens in Pannonia moritur perlatusque Baben­ berg ibi sepelitur 31 ; 32 post quem Herimannus ordinatur.

a) Von hier ab sind häufiger Zeilen für Nachträge freigelassen A.

Jo

Heinrich IV. 1058-1065

77

alle Gedankenkünste, an denen er wahrlich reich war, auf das eine Ziel, wie er sich nämlich an den beiden, das heißt am König und an Rudolf, rächen könne : an diesem, weil er ihn um das versprochene Herzogtum betrogen hatte, an jenem aber, weil er ihn des Herzogtums beraubte, 5 das er schon empfangen hatte. Ihm kamen allerlei Dinge, die damals ohne Überlegung geschahen, entgegen und schufen diesem Vorhaben günstige Gelegenheiten 26 : Otto, Herzog der Bayern, wurde abgesetzt ; der Schwabe Konrad wurde von Vasallen des Königs getötet, und das Verbrechen wurde, als sei es auf Befehl des Königs geschehen, diesem angelastet. 1 0 Also verschwören sich Otto in Sachsen, Berthold in Schwaben ; in beiden Gebieten kommt es zu Aufläufen und Zusammenkünften, bei denen Haß und Mißgunst gegen den König geschürt wurden ; überdies geschah vie­ lerlei im Reich, was beide Stämme aus, wie es schien, gerechten und zwingenden Gründen dazu brachte, dem König nicht mehr zu folgen ; 15 schließlich kam es so weit, daß Rudolf zu seinem eigenen Verderben gegen das Reich vorging und seinen Herrn, den König, abzusetzen oder zu töten trachtete. Welchen Erfolg das jedoch hatte, ist nicht einmal den Ungebildeten verborgen. 2. Im Jahr des Herrn 1058. Friedrich, der römische Bischof, der sich 20 auch Stephan nannte, beendet sein Leben ; auf ihn folgt Bischof Alexan­ der 27 von Lucca. Zu seiner Zeit versah Hildebrand, der spätere Papst, in Rom das Amt des Archidiakonats 26• 3. Im Jahr des Herrn 1059. 4. Im Jahr des Herrn 1060. Erzbischof Luitpold von Mainz stirbt ; 25 auf ihn folgt Sigfrid, Abt von Fulda, der später mit den anderen gegen seinen Herrn, den König, Stellung nimmt 29. 5. Im Jahr des Herrn 1061. 6. Im Jahr des Herrn 1062. 7. 460. Olympiade. Im Jahr des Herrn 1063. Erste Indiktion. 30 8. Im Jahr des Herrn 1064. 30 Bischof Sigfrid von Mainz, Gunther von Bamberg, Wilhelm von Utrecht und viele andere Bischöfe und Adlige reisen in zahlreicher Begleitung nach Jerusalem ; sie erleiden mancherlei Feindseligkeiten durch die Barbaren, können sich aber schließlich doch des ersehnten Ziels erfreuen und kehren geschwächt an Zahl und unter 35 Verlust von Hab und Gut zurück 30. 9. Im Jahr des Herrn 1065. 31 Bischof Gunther von Bamberg stirbt auf der Rückreise von Jerusalem in Ungarn und wird nach Bamberg über­ führt und dort begraben 31 ; 32nach ihm wird Hermann eingesetzt. 26 Zu den hier vorweggenommenen Tatsachen vgl. die einzelnen Jahres2 7 Auf Stephan folgte Nikolaus II. und erst 1061 Alexander II. berichte. 2g Vgl. auch den Bericht zu 1072. 28 Seit 1059. 30-30 Fast wörtlich CW. und Chronicon Suevicum universale. 31-31 Vgl. Ann. Altahenses maiores.

Frutolf

78

Gozwinus comes in epyscopio Wirciburgensi tyrannidem exercens a comitibus Adelberonis presulis occisus est32. X. Anno Domini MLXVI. 33 Cometes per totum orbem diu appa­ ruit33. Eodem anno Anglia per Willihelm.um Nortmannicum miserabiliter s aff)icta tandemqua subacta ipse rex eius effectus est. Qui mox omnes pene regni einsdem presules exilio, nobiles vero morti destinavit, mediocres autem suis militibus in servitutem, uxores indigenarum universorum advenis in matrimonium subiugavit. XI. Anno Domini MLXVII. 34 Heinricus rex34 Berhtam Ottonis 10 cuiusdam Italici35 et Adelheid� filiam accepit uxorem 34nuptias celebrans Triburi� 34, Olympias CCCCLXI. XII. Anno Domini MLXVIII. Heinricus rex36 adolescenti� usus libertate Saxoniam solam ex omni Romano imperio c�pit incolere, 1 s principes despicere, nobiles obprimere, inferiores sustollere, venatui, lusibus ceterisque huiusmodi exercitiis plus quam iusticiis faciendis ut incusatus est operam dare, filias illustrium quibuslibet obscure natis coniugare, privata presidia nimirum potentibus regni non satis fidens instituere. His discordi� seminariis contigit regi quam plurimos 20 insidiatores tarn vit� quam regni succrescere. Qui tarnen cum maturi­ tatis necdum plene attigisset annos, erant qui non tarn ipsum quam Adelherturn Premensem archiepiscopum culpandum iudicarent, quod eius consilio h�c omnia ageret. XIII. Anno Domini MLXVIIII. Agnes imperatrix mater regis 2s Heinrici tedio affecta, vel potius divinitus compuncta, ducaturn Baioari� deposuit37 et regni gubernacula p�nitens a contempnens pro Christo Romam se contulit ibique dignis p�nitenti� fructibus mira inserviens humilitate post aliquot annos in Domino presentem 30 vitam finivit b. Anno Domini MLXX. Teti marchio 38 non sine Saxoni� Xliii. principum consilio tyrannidem in partes regias orditur, qu� tarnen mox c�lesti simul et terrena maiestate compescitur, scilicet castellis

a) so A, besser wohl penitus.

b)

danach 1/2 Zeile Rasur A.

Heinrich IV.

1066-1070

79

Graf Gozwin übte Gewalttätigkeit im Hochstift Würzburg und wird von den Gefolgsleuten Bischof Adalberos getötet 32. 10. Im Jahr des Herrn 1066. 33Auf dem ganzen Erdkreis ist lange Zeit ein Komet zu sehen 33• s Im gleichen Jahr wurde England durch den Normannen Wilhelm elend heimgesucht und schließlich unterworfen ; er selbst wurde König. Wenig später schickte er fast alle Bischöfe dieses Reiches ins Exil, den Adel dagegen überantwortete er dem Tod ; die weniger Vornehmen aber gab er seinen Vasallen zu Knechten und die Frauen aller Freien zwang er zur 10 Ehe mit den Landfremden. 1 1 . Im Jahr des Herrn 1067. 34 König Heinrich nimmt Bertha, die Toch­ ter eines gewissen Otto aus Italien 36 und der Adelheid, zur Frau und feiert die Hochzeit in Tribur. 461 . Olympiade. IS 12. Im Jahr des Herrn 1068. Von 36 der Freiheit des Jünglingsalters Gebrauch machend, begann König Heinrich nur noch in Sachsen als ein­ zigem Gebiet des ganzen Römischen Reiches zu wohnen, die Fürsten zu mißachten, den Adel zu unterdrücken, die Niederen zu erheben, sich mehr der Jagd und dem Spiel und anderen derartigen Beschäftigungen 20 als der Rechtsprechung - wie man ihn beschuldigte - zu widmen, die Töchter der Vornehmen mit Männern unbekannter Herkunft zu verhei­ raten und, da er den Großen des Reiches kein genügendes Vertrauen schenkte, Burgbesatzungen aus Eigenleuten einzusetzen. Durch diese Saat der Zwietracht erwuchsen dem König zahlreiche Feinde für Leben 2s und Herrschaft. Da er aber noch nicht völlig die Jahre der Reife erreicht hatte, gab es einige, die meinten, nicht so sehr ihm selbst als vielmehr dem Erzbischof Adalbert von Bremen sei die Schuld daran anzulasten, weil er dies alles auf dessen Rat hin tue. 13. Im Jahr des Herrn 1069. Die Kaiserin Agnes, die Mutter des Königs 30 Heinrich, legte aus Überdruß, oder eher noch aus göttlichem Antrieb, die Herzogsgewalt von Bayern nieder 37 und verzichtete aus Buße und um Christi willen auf die Lenkung des Reiches ; sie begab sich nach Rom, wo sie in bewundernswerter Demut der Buße angemessenen Werken oblag und nach einigen Jahren das gegenwärtige Leben im Herrn beendete. 3S 14. Im Jahr des Herrn 1070. Im Einverständnis mit den Fürsten Sachsens übt Markgraf Dedo 38 gegen königliches Gebiet Gewalt, die indessen bald durch die himmlische und zugleich durch die irdische 33 -33 Vgl. Ann. Altah. und CW. 3 2-3 2 Nicht ganz wörtlich nach dem CW. 34 -3" Wörtlich CW., Einzelnachweise nur zum Text. 35 Markgraf von Turin. Die Hochzeit wurde nach dem Pfingstfest 1066

gefeiert. 38 Vgl. zu den folgenden Ausführungen Berthold und Bernold z. J. 1068. 37 1061. Zu den folgenden Angaben vgl. oben S. 73 Anm. 12. 38 Markgraf der sächsischen Ostmark.

Frutolf

80

Buis Bichilingon et Schidingon 39 militari viro

a

a

rege destructis, filio Buo �que

proprio servo interempto ipsoque communi morte in

brevi finito 40. XV. Anno Domini MLXXI. 41 Otto dux Baioari� ducaturn ami­ Bit41 • 42. Hic itaque Saxo genere, vir amplissim� nobilitatis, prudentia

s

rebusque bellicis perpaucis erat comparabilis et in tanta apud uni­ versos primates excellentia habituB, ut rex, qui iam Saxonibus omnino suspectus et invisus erat, ipsum contra se in regni fastigium elevari posse formidaret, Bi res sua secus cederet. Hinc perversitatis materiam arripienB quidam Egino mediocri loco natus, rebus admodum tenuis,

10

audacia tantum et nequitia satis diffamatus, patrocinantibus sibi quibusdam regis fidelibus curiam irrepsit et magnum illum heroam, qui se nunquam noverat, secum de regis nece tractasse commentus eBt ; Be ipsum etiam, ut mos est, potestati regi� vadem obtulit, quouBque campionis duello cum duce confligens vera comprobaret

ts

qu� retulit. Quid multa 1 Placitis vel colloquiis regalibus uno Mogon­ ti� 4a, altero Goslari�43 condictis Otto cum Eginone, utpote dux cum latrone, primas cum ignobili, congredi contempsit, sua tarnen inno­ centia vel Eginonis improbitas minime latuit. Sie ducaturn Baioari� Otto ut reus maiestatis amisit, quem W elefo quidam illustris et acer

20

atque bellicosus, natu Suevus accepit 44, idque tarn principalis dis­ cordi� semen in perpetuos, heu ! pr�liorum et seditionum, pr�darum et incendiorum, scismatum etiam et heresium atque mortium lamenta­ bileB fructus germinavit atque Buccrevit. XVI. Anno Domini MLXXII . Rex Ottonem usquequaque perse-

2s

cutus46 quam plures munitiones eius destruit, predia vastat et ut vere rei public� hostem omnino eum delere pertractat. Econtra ille militibus electis instructus, ipse . quoque manufortissimus et animo nimis efferatus, quia regiis copiis confligere non poterat, nunc preda nunc fiammis nunc etiam ferro, quacumque Be fors obtulit, suas iniurias

39 Westlich von Scheidungen ; Burgscheidungen am Unterlauf der Unstrut. 40 Nach Lamperts Annalen z.J. 1075 starb er erst in diesem Jahr. U-U

Vgl. cw.

42 1070. Zu Frutolfs ungenauem Bericht vgl. Buchholz, Ekkehard v. Aura

S. 55 ff. Vgl. auch Brunos Buch vom Sachsenkrieg c. 19. Die inhaltliche und manchmal sogar wörtliche Übereinstimmung beider Berichte ist bemerkenswert.

30

Heinrich IV. 1071/1072

81

Majestät unterdrückt wird ; seine Burgen Bleiehingen und Scheidungen 39 werden vom König zerstört, sein Sohn - ebenfalls ein kriegerischer Mann - wird von seinem eigenen Knecht erschlagen, er selbst stirbt bald darauf eines gewöhnlichen Todes 40• s 15. Im Jahr des Herrn 107 1 . 41Herzog Otto verlor die Herzogsgewalt von Bayern 41• 42• Er war von Herkunft ein Sachse, ein Mann von reichstem Adel ; an Klugheit und kriegerischer Tüchtigkeit waren ihm nur sehr wenige zu vergleichen, und bei allen Großen galt er als so überaus hervor­ ragend, daß der König, den die Sachsen schon nur mehr mit Argwohn 10 und Haß betrachteten, die Furcht hegte, er werde gegen ihn auf den Thron des Reiches erhoben werden, wenn seine eigene Sache sich schlecht entwickele. Daher griff ein gewisser Egino - er war von weniger vorneh­ mer Geburt und kaum begütert, nur wegen seiner Frechheit und Nichtswürdigkeit unrühmlich bekannt - zur Verleumdung ; er schlich 1 5 sich, wobei ihm einige aus dem Gefolge des Königs Rückhalt gewährten, bei Hofe ein und erklärte, jener große Held, den er doch gar nicht kannte, habe mit ihm über die Ermordung des Königs verhandelt ; auch trug er sich selbst, wie es Brauch ist, der königlichen Gewalt als Bürgen an, bis er durch einen Zweikampf mit dem Herzog die Wahrheit seines Berichts 20 bewiesen habe. Was weiter ? Otto verschmähte es, mit Egino, oder besser der Herzog mit dem Räuber, der Vornehmste mit dem Unedlen, vor dem Gericht oder auf einer Versammlung des Königs - das eine war in Mainz, die andere in Goslar angesetzt43 - zu kämpfen ; dennoch blieben seine Unschuld und Eginos Nichtswürdigkeit keineswegs verborgen. Wie ein 25 Maj estätsverbrecher verlor Otto so die Herzogsgewalt von Bayern, die der aus Schwaben gebürtige Welf, ein vornehmer und sowohl kluger wie kriegerischer Mann, übernahm 44 ; und der Samen aus solch schwerer Zwietracht sproß und wuchs zu beklagenswerten Früchten dauernder Kämpfe und Aufstände, Plünderungen und Brandschatzungen, Schismen 30 und sogar von Irrlehren und Tod heran. 16. Im Jahr des Herrn 1072. Der König verfolgte Otto unaufhörlich 46, zerstörte mehrere seiner Burgen, verwüstete seine Güter und trachtete, ihn ganz wie einen Feind des Staates völlig zu vernichten. Andererseits bemühte sich dieser - unterstützt von ausgewählten Kriegern, aber auch 35 selbst ungemein tapfer und von überaus grimmigem Sinn -, sich für das ihm angetane Unrecht zu rächen, und zwar, da er sich nicht auf einen Kampf mit dem königlichen Heer einlassen konnte, mal durch Raub und Brand, mal durch das Schwert, je nachdem wie es der Zufall gab . 43 Goslar nach Pfingsten, Mainz am 1. August. u

Welf IV. Ihm wurde das Herzogtum an Weihnachten 1070 in Goslar über'5 Nach Lampert gehören diese Ereignisse in das Jahr 107 1 . tragen. 46 Sie gehört i n das Jahr 1073. Zur Kritik der folgenden Behauptung vgl. Buchholz, a. a. 0. S. 59/60 und Meyer v. Knonau, Jbb. H. IV. 2, Exkurs III S. 863 A. 15.

82

Frutolf

ulcisci satagebat. Ipso denique mediante non cessat gens Saxonum, ut est

animis

acerrima,

coniurationem 46

adversus

regem

unanimi

conspiratione confirmare, accusationes blasphemas et inauditas ad sedem apostolicam in illum referre

sociosque sibi ex omni regno

Teutonico litteris et nunciis assciscere.

Nam primo Sigifridum Mogon-

5

tin� sedis metropolitanum, Adelherturn Wormaciensem, Adelberonem Wirciburgensem, Gebehardum Salzburgensem 17 aliosque quam plures presules indeque per ipsos etiam papam Alexandrum8, ut aiunt, sibi fautores efficiunt. Quidam quoque summ� sanctitatis virum Annonem archiepiscopum Coloniensem coniurationis einsdem con-

10

scium asserunt48 • Quorum insidiis rex territus Saxonia cessit et in aliis regni partibus agendis rebus institit. XVII. Anno Domini MLXXIII. Anno Coloniensis episcopus et Herimannus Babenbergensis Romam missi49 sunt pecuniam qu� regi debebatur congregandi gratia. Qui legatione peracta reversi litteras

15

Alexandri apostolici detulerunt, regem vocantes ad satisfaciendum pro symoniaca heresi aliisque nonnullis emendatione dignis, qu� de ipso Rom� fuerant audita. Post h�c Saxones adiciunt etiam presidia multa construere, necdum enim plures habebat Saxonia munitiones, insuper castella, qu� rex dudum �dificaverat, funditus evertunt, inter qu�

20

precipuum illud castrum, quod Harcesburg 60 dicebatur, diruunt, monasterium et claustrum canonicorum, quod ibi erat, multa furen­ tes audacia solotenus deiciunt ; et quod dictu n efas est, innocentis cuiusdam filii regis ibidem sepulti ossa in contumeliam patris de sepulchro proiciunt.

25

XVIII. Anno Domini MLXXIIII. Beat� memori� 61Alexandro papa defuncto 62 Hiltebrandus,

qui postea Gregorius dictus est 61,

professione monachus et 61 archidiaconus Roman� sedi successit 51 ; sub quo Romana res publica et omnis �cclesia novis et inauditis scismatum

erroribus

periclitari

c�pit.

Qui

cum

absque

regis

consensu solis tauturn Romanis faventibus hunc apicem conscendisset, a) Alexandrum - efficiunt auf Rasur A. 47 Nach Lamperts Aufständischenliste z. J. 1073 gehörten Adalbero und Gebhard nicht zu den Verschwörern. Doch überliefert Bruno, De bello Sax. c. 42, 48 Briefe der Sachsen an Siegfried von Mainz, Adalbero von Würzburg u. a. 4 8 Vgl. Lamperts Annalen z. J. 1073 und Bruno a. a. 0. c. 18.

30

Heinrich IV. 1073/1074

83

Dank seiner Mitwirkung ließ auch das Volk der Sachsen, da es von über­ aus hartnäckiger Sinnesart ist, nicht nach, die Verschwörung 46 gegen den König durch einmütige Absprachen zu festigen, lästerliche und unerhörte Beschuldigungen gegen ihn beim apostolischen Stuhl vors zubringen und durch Briefe und Boten Bundesgenossen im ganzen deutschen Reich an sich zu ziehen. Denn zuerst machten sie Sigfrid, den Metropoliten des Mainzer Stuhles, Adalbert von Worms, Adalbero von Würzburg, Gebhard von Salzburg 47 und viele andere Bischöfe zu ihren Parteigängern und dann vermittels dieser - wie man sagt - auch den 10 Papst Alexander. Einige behaupten, auch Erzbischof Anno von Köln, ein Mann von bewundernswerter Heiligkeit, sei Mitwisser dieser Ver­ schwörung gewesen 48• Erschreckt über ihre Umtriebe wich der König aus Sachsen und widmete sich in anderen Gebieten des Reiches seinen Obliegenheiten. lS 1 7 . Im Jahr des Herrn 1073. Bischof Anno von Köln und Hermann von Bamberg wurden nach Rom gesandt 49, die Gelder, die man dem König schuldete, einzusammeln. Nach Erledigung ihres Auftrags kehrten sie zurück und überbrachten einen Brief des Papstes Alexander, in dem der König aufgefordert wurde, Genugtuung für Simonie und einiges andere 20 der Besserung Bedürftige, das in Rom bekanntgeworden war, zu leisten. Dann gingen die Sachsen dazu über, zahlreiche Befestigungen zu bauen, in Sachsen gab es nämlich noch nicht viele feste Plätze ; außerdem zerstörten sie von Grund auf die Burgen, die der König unlängst hatte errichten lassen. Dabei legten sie auch die wichtige Harzburg 00 nieder, 2s das Münster und das Wohnhaus der Kanoniker machten sie in wilder Raserei dem Erdboden gleich ; sogar, was zu sagen schon Sünde ist, die Gebeine des unschuldigen Königssohnes, der dort begraben war, rissen sie dem Vater zur Schmach aus dem Grab. 18. Im Jahr des Herrn 1074. 51Nach dem Tod Papst Alexanders 62, der in 30 heiligem Andenken steht, folgte auf dem römischen Stuhl der Mönch und Archidiakon Hildebrand, der später auch Gregor genannt wurde 61 ; unter ihm begannen das Römische Reich und die ganze Kirche von neuen und unerhörten schismatischen Wirren erschüttert zu werden. Da er ohne die Zustimmung des Königs, allein durch die Gunst der Römer diesen Thron 49 Eine sonst nirgends überlieferte Nachricht. Nach C. Erdmann, Studien z. Briefliteratur S. 223 f. und Guttenberg, Regesten S. 205 f. n. 407 ist entgegen der älteren Literatur an ihrer Richtigkeit festzuhalten ; doch dürfte diese Reise in das Jahr 1070 gehören. Vielleicht ist auch der im Folgenden erwähnte Brief Alexanders II. , der nicht erhalten ist, hier einzuordnen - Briefe dieses Papstes erwähnen auch Berthold z. J. 1070 und Bernold z. J. 1071 -, vielleicht aber auch nach der Fastensynode von 1073, die die Bannung einiger Ratgeber des Königs wegen Simonie ausgesprochen hatte. 51--lU Vgl. CW. 50 Im Frühjahr 1074.

84

Frutolf

sunt qui illum non canonice constitutum, sed tyrannice papaturn sibimet asseverent usurpasse. Pro qua re et a nonnullis episcopis abdicatus est. Hic regem Heinricum crebris nuncüs et epistolis denuo ad synodalia responsa vocavit.

XVIII!. Anno Domini MLXXV. Heinricus rex manu valida tarn

s

ex Alemannia quam Baioaria et Germania 63 atque Boemia congregata Saxones petit eisque iuxta Unstruot fluvium congreditur 54 et non modica strage utrimque peracta tandem victoria potitus revertitur. Ibi Ruodolfus dux Alemanni� atque B urgundi� 56, qui postea regnum invasit, fortiter cum suis pro rege dimicasse notatus est.

to

56 Herimannus Babenbergensis episcopus ob heresim symoniacam auctoritate Hiltibrandi pap� deponitur, eique Ruotpertus a rege subrogatur 56• 57 Anno Colonicnsis archiepiscopus plenus sanctitatis meritis defunc­ tus est 56 et

in monasterio Sigibergensi 57, quod ipse construxerat, t s

5 7 positus ; cui Hildolfus successit 57•

XX. Anno Domini MLXXVI. Habitum est concilium apud Wormaciam 59, ubi presente rege Heinrico universi pene Teutonici episcopi preter Saxonicos Hiltibrandum papam abdicarunt mittentes ad illu m epistolam, post multas culpationes in illu m iniectas ita conclu-

20

sam 60 : " Quia ergo et introitus tuus tantis periurüs est iniciatus, et �cclesia Dei tarn gravi tempestate per abusionem novitatum tuarum periclitatur, et vitam conversationemque tuam tam multiplici infamia dehonestasti, ob�dientiam, quam tibi nullam promisimus, nec de cetero ullam servaturos esse renunciamus, et quia nemo nostrum, ut tu

2s

publice declamabas, tibi hactenus fuit episcopus, tu quoque nulli nostrum amodo eris apostolicus. " Eodem8 itaque anno circa XVIII. Kaiendas Octobris61 colloquium maximum apud Oppenheim 62 factum est, ubi pene totius regni principes, sed maxime Saxonum et Alemannorum, subiectioni regis a) eodem - maximum auf Rasur A. "1 Dieser war schon am 21. April 1073 gestorben. Ihm folgte einen Tag später Gregor VII. 63 Damit ist die Rhein-Main-Gegend gemeint (vgl. Waitz, VG. 5 2 , 136 ; M. Lugge, Gallia und Francia, Bonner Rist. Forschg. 15 (1960) 140. u Bei Homburg. 65 Zu diesem Titel vgl. Waitz, VG. 7, 105.

Jo

Heinrich IV. 1075/1076

85

bestiegen hatte, behaupteten manche, er sei nicht kanonisch zu seinem Amt gekommen, sondern habe das Papsttum mit Gewalt an sich gerissen. Deshalb wurde er von einigen Bischöfen für abgesetzt erklärt. Den König Heinrich forderte er mehrfach durch Boten und Briefe erneut auf, s sich vor einem geistlichen Gericht zu verantworten. 19. Im Jahr des Herrn 1075. König Heinrich zog mit starker Truppen­ macht, die er aus Alemannien und Bayern, aus Germanien 63 und Böhmen zusammengezogen hatte, gegen die Sachsen und wurde an der Unstrut mit ihnen handgemein 04 ; nach schweren Verlusten aufbeiden Seiten errang 10 er schließlich einen Sieg und kehrte zurück. Dort soll auch Rudolf, der Herzog von Alemannien und Burgund 66, der später das Reich an sich zu reißen suchte, mitsamt seinen Mannen tapfer für den Königgekämpft haben. 06Bischof Hermann von Bamberg wird von Papst Hildebrand wegen Simonie abgesetzt ; an seiner Stelle setzt der König Ruotpert ein 46• 1s 67Erzbischof Anno von Köln, reich an Verdiensten der Heiligkeit, verstirbt 68 und wird im Kloster Siegburg, das er selbst errichtet hatte, beigesetzt ; auf ihn folgt Hildolf67• 20. Im Jahr des Herrn 1076. In Worms wurde ein Konzil abgehalten 69, auf dem in Gegenwart des Königs Heinrich alle deutschen Bischöfe außer 20 den sächsischen Papst Hildebrand für abgesetzt erklärten und ihm einen Brief schickten, den sie nach zahlreichen Anschuldigungen gegen ihn folgendermaßen schlossen 60 : "Da also dein Amtsantritt mit solchem Unrecht begann und die Kirche Gottes durch deine mißbräuchlichen Neuerungen so schwer erschüttert wird und du außerdem dein Leben 2s und deinen Wandel durch mannigfache Schande entehrt hast, weisen wir es von uns, dir in Zukunft jemals den Gehorsam zu erweisen, den wir dir niemals versprachen ; und da dir, wie du öffentlich erklärtest, bisher keiner von uns als Bischof galt, wirst du ab jetzt auch für keinen von uns als Papst gelten." 30 Im gleichen Jahr wurde um den 14. September 6 1 eine bedeutende Versammlung in Oppenheim 62 abgehalten, auf der fast alle Reichs­ fürsten, vor allem aber die der Sachsen und Alemannen, dem König 56-56 Vgl. CW. Am ähnlichsten im Wortlaut ist Bertholds Bericht zu diesem Jahr ; auch Bernold berichtet in ähnlichen Worten über den Bischofswechsel auf dem Bamberger Stuhl. Rupert wurde am 30. Nov. eingesetzt. 57-57 Fast wörtlich CW. 58 Am 4. Dez. ; Hildolf trat am 6. März 1076 die Nachfolge an. Vgl. zu diesem Passus auch Berthold und Bernold z. J. 1075. 59 Die Versammlung tagte am 24. Januar. 60 Gedruckt in MG. Dt. Ma. 1, 65 ff. Anhang A. ; Cod. Udalr., ed. Eccard, 61 Nach Lampert am 16. Oktober. 1 7 1 n. 62 ; ed. Jaffe, 103 n. 48. 62 Der König war in Oppenheim, während sich die Fürsten in Tribur ver­ sammelten.

86

Frntolf

renunciabant causam pretendentes, quod a duobus iam apostolicis vocatus ad satisfactionem non venisset et pro hoc contemptu senten­ tiam excommunicationis in Romana synodo a papa accepisset, cum ipse tarnen inauditus et absens fuisset. Hac commotione coactus rex Romam humiliter utpote veniam ab apostolico postulatums inimicis

5

non sperantibus tetendit inventoque papa in opido Canusino 63 ibi per triduum ante portam castri deposito omni regio cultu discalciatus et laneis indutus perstitit ; nec prius cum multo fletu apostolic� miserationis auxilium et consolationem implorare destitit,

quam

omnium qui ibi aderant precibus et lacrimis intercedentibus, laxato

10

tandem anathematis vinculo, in communionis gratiam et sinum matris �cclesi� receptus est, acceptis ab eo 63 correctionis in futurum vit� su� 63 securitatibus 63 multis. Inter h�c qu� gesta sint totus iam mundus sui commotione testatur. consilio

Sed

quia

quidem

dicunt

Ruodolfum i n regno

ipsius

sublimatum,

pap�

auctoritate

et

15

quidam vero negant

Heinricum regem ab eo fuisse excommunicatum, eiusdem pap� dicta

qu�dam

super

his

potissime

non

incongruum

videtur

annotare. Ait enim in quadam epistola ad univeros Teutonici regni principes missa 64 : "Audivimus quosdam inter vos de excommuni-

20

catione, quam in regem fecimus, dubitare ac querere, utrum iuste excommunicatus sit an iniuste. Ammonuimus eum, ut p�nitentiam ageret de factis suis ; verum ipse indigne ferens se a quoquam repre­ hendi, non solum a perpetratis ad emendationem revocari non potuit, sed ampliori furore correptus non prius cessavit, donec omnes fere

25

Itali� episcopos, in Teutonicis vero partibus quotqnot potuit, circa fidem Christi naufragare fecit, dum eos beato Petro et apostolic� sedi debitam ob�dientiam et honorem a domino nostro lesu Christo concessum ahnegare fecit. Pro his illum causis, primum videlicet, quod ab eorum communione, qui pro sacrilegio et reatu symoniac�

30

heresis excommunicati sunt, se abstinere noluit, deinde quod pro criminosis actibus p�nitentiam non dico suscipere, sed nec promittere voluit, synodali iudicio eum excommunicavimus. " ltem i n alia epistola post datam reconciliationem 65 : " Solam, " inquit, " e i communionem reddidi, non tarnen i n regno, a quo eum 63-63

Gregors VII. Reg. IV, 1 2 a mit geringen Veränderungen.

35

Heinrich IV. 1076

87

die Unterwerfung aufkündigten, obgleich er als Abwesender nicht ge­ hört worden war ; als Grund brachten sie vor, daß er bereits von zwei Päpsten aufgefordert worden sei, Genugtuung zu leisten, er aber nicht gefolgt und wegen dieser Mißachtung auf einer römischen Synode vom s Papst gebannt worden sei. Unter dem Zwang dieses Aufstands zog der König demütig nach Rom, um entgegen der Hoffnung seiner Feinde vom Papst Verzeihung zu erbitten. Und als er den Papst in Canossa fand, 63harrte er drei Tage ohne jeden königlichen Aufwand, mit bloßen Füßen und in wollenen Gewändern vor dem Tor der Burg aus. Er ließ nicht eher 1 0 ab, unter vielen Tränen die Hilfe und den Trost päpstlichen Erbarmens zu erflehen, als bis er dank der Bitten und Tränen aller Anwesenden vom Bann gelöst und in die Gemeinschaft und den Schoß der Mutter Kirche wiederaufgenommen wurde, nachdem er zahlreiche Sicherheiten geleistet hatte, in Zukunft sein Leben zu bessern 63• 1s Inzwischen bezeugt die ganze Welt durch ihre Erregung das Gesche­ hene. Da aber einige behaupten, kraft Vollmacht und auf den Rat dieses Papstes hin sei Rudolf im Reich erhöht worden, andere aber abstreiten, daß Heinrich von ihm exkommuniziert worden sei, scheint es angebracht, einige Worte des Papstes, vor allem über diese Geschehnisse, anzuführen. 20 In einem Brief an alle Fürsten des deutschen Reiches sagt er nämlich 64: "Wir haben vernommen, daß einige unter Euch Zweifel wegen der Exkommunikation des Königs hegen und fragen, ob er zu Recht oder zu Unrecht exkommuniziert worden sei. Wir ermahnten ihn, Buße für seine Taten zu leisten, er aber litt es nicht, von jemandem getadelt zu werden, 2S und so konnte er nicht einmal von dem schon Begangenen zur Besserung zurückgerufen werden ; vielmehr ließ er sich zu weiterer Raserei hinreißen und gab nicht eher nach, als bis er fast alle Bischöfe Italiens und auch in Deutschland möglichst viele im Glauben an Christus scheitern machte, als er sie dem hl. Petrus und dem apostolischen Stuhl den schuldigen 30 Gehorsam und die von unserem Herrn J esus Christus zugestandene Stel­ lung verleugnen ließ. Aus diesen Gründen, das heißt zunächst, weil er die Gemeinschaft mit denjenigen nicht aufgeben wollte, die wegen gottes­ lästerlicher und ketzerischer Simonie exkommuniziert waren, sodann, weil er für die verbrecherischen Handlungen nicht etwa keine Buße auf 3S sich nehmen, sondern auch nicht versprechen wollte, haben wir ihn nach dem Urteil der Synode exkommuniziert." Ebenso sagt er in einem anderen Brief, nachdem er ihm die Wieder­ aufnahme in die Gemeinschaft gewährt hatte 66: "Ich gewährte ihm nur die Gemeinschaft, aber ich habe ihn nicht wieder in die Königswürde

u

JL. 4999 ; Codex Udalrici, ed. Eccard, 146 n. 146. So nach dem Protokoll der römischen Fastensynode vom 7. März 1080 ; vgl. Gregors VII. Reg. VII, 14 a ; Codex Udalrici, ed. Eccard, 146 n. 146. e&

88

Frutolf

in Romana synodo deposueram, restauravi. " Et quibusdam inter­ positis : " Episcopi", inquit, " et principes ultramontani, audientes

illum non servare, quod michi promiserat, quasi desperati de eo sine consilio meo elegerunt sibi Ruodolfum in regem. " XXI. Annoa Domini MLXXVII. Ruodolfus indigena Suevi�, qu� s regalis omnino stemmatis est aliena, mediantibus Sigefrido metro­ politano et Adelberone Wirciburgensi episcopo, Berhtolfo quoque duce Carinthi� ac predicto Ottone aliisque nonnullis principibus, in presentia quorundam Roman� sedis legatorum66 non voluntarie annuen­ tium apud Forhcheim in regem elevatur 67•

A quibus etiam deductus 1 0

Mogontiam in media quadragesima XII. Kaiendas Aprilis 68 a Sigifrido episcopo in regem ungitur. Ubi eodem die pessimo auspicio sedicione facta 69 multa turba vulgi c�sa est ab eins militibus ; unde vulgus accensum in ipsos exarsit magnisque ictibus multos obtruncans ceteros in curtcm palatü fugavit ipsasque regias �des incendere voluit, nisi 1s quod episcopus Sigifridus pro veloci discessione Ruodolfi. obsidem se interposuit. lta Ruodolfus et cuncti qui euro eo venerunt eiecti sunt ; ipse quoque Sigifridus episcopus magnis blasphemiis eliminatus Mogontiam non intravit amplius. Collecto dehinc a Saxonia exercitu copioso Ruodolfus Wirciburgenses Heinrico regi fidem servantes et 20 tarn episcopum suum Adelberonem quam se contempnentes obsedit 70 ; sed iam diversis machinis ad urbis obpugnationem instructis terrore Heinrici regis circab Kaiendas lulii ab Italia reversi 71 inacte regreditur. Heinricus autem rex Alamanniam euro exercitu petit 72 ibique quendam ex indigenis Hugonem 73 aliosque sibimet inibi rebelies non sine

magna

einsdem provinci�

vastatione

debellat.

2s

Berhctoldus

autem de Zaringon 74 dux quondam Carinthi� in quodam oppido suo Lintperg 71i naturaliter munito positus, dum videret ex arbitrio regis impune cuncta vastari, pre dolore animi dicitur eo morbo, quem medici frenesin vocant, occupatus fuisse septemque diebus postea superstes multa amenti� verba quasi delirans

protulisse

sicque

vitam finisse 76• a) Anno - indigena auf Rasur A.

b)

circa - inacte re- auf Rasur A.

'6 Anwesend waren der römische Diakon Bernhard und der Abt von St. Vik6 7 15. März 1077. tor in Marseille, Bemhard. 18 Die Krönung war am 26. März (VII. Kalenden) ; vielleicht liegt hier nur ein Schreibfehler Frutolfs vor, denn die Angabe "Mittfasten" stimmt.

30

Heinrich IV. 1077

89

eingesetzt, deren ich ihn auf einer römischen Synode entkleidete." Und etwas weiter unten sagt er : "Als die Bischöfe und Fürsten Deutschlands hörten, daß er das nicht leisten wollte, was er mir versprochen hatte, da verzweifelten sie an ihm und wählten sich - ohne meinen Rat 3 Rudolf zum König. " 2 1 . I m Jahr des Herrn 1077. Rudolf, gebürtig aus Schwaben, das keiner­ lei Verbindung mit dem Stammbaum der Könige besitzt, wird unter Mitwirkung des Metropoliten Sigfrid, des Bischofs Adalbero von Würz­ burg, sowie Herzogs Berthold von Kärnten und des oben erwähnten 10 Otto und weniger anderer Fürsten in Gegenwart einiger Legaten des Römischen Stuhles 66, die nur ungern zustimmen, in Forchheim zum König erhoben 67• Sie geleiteten ihn sodann nach Mainz, und hier wurde er zu Mitt­ fasten am 2 1 . März 68 von Bischof Sigfrid zum König gesalbt. Hier erhob sich am gleichen Tag - ein äußerst schiechtes Vorzeichen - ein Aufruhr 68, bei 15 dem zahlreiches Volk von seinen Vasallen niedergehauen wurde ; daher ent­ brannte das Volk in Wut gegen sie selbst, erschlug mit gewaltigen Hieben viele und zwang den Rest zur Flucht in den Hof des Palastes ; es wollte sogar die Gebäude, die dem König gehörten, anzünden, doch Bischof Sigfrid ver­ bürgte sich mit eigener Person für den schnellen Abzug Rudolfs. So wurden 20 Rudolf und seine gesamte Begleitung vertrieben ; auch Bischof Sigfrid wurde unter lauten Schmährufen hinausgedrängt und hat Mainz nicht mehr betre­ ten. Rudolf sammelte sodann ein zahlreiches sächsisches Heer und belagerte die Würzburger 70, die dem König Heinrich die Treue bewahrten und ihren Bischof Adalbero ebenso wie ihn mißachteten ; er hatte schon verschie25 dene Vorrichtungen zur Eroberung der Stadt bauen lassen, als er sich aus Angst vor König Heinrich, der um den 1 . Juli aus Italien zurückgekehrt war 71, ohne Erfolg zurückzog. König Heinrich aber zog mit einem Heer nach Alemannien 72, um einen gewissen Hugo 73, der diesem Stamme angehörte, sowie einige andere 30 Aufständische zu bekämpfen, wobei er dieses Land schwer verwüstete. Berthold von Zähringen 74, der frühere Herzog von Kärnten, saß in seiner durch die Natur befestigten Stadt Limburg 75 ; als er sah, wie nach dem Willen des Königs alles ungestraft verwüstet wurde, soll er vor Schmerz von der Krankheit befallen worden sein, die die Ärzte Wahnsinn nennen, 35 und nach sieben Tagen, während deren er wie im Delirium irre Worte hervorbrachte, das Leben geendet haben 76• 88 Zur Kritik dieses Berichtes vgl. Buchholz, Ekkehard von Aura S. 69 ft'.

7° Im August des Jahres. 71 Heinrich befand sich schon etwa 2 Wochen nach Ostern wieder in Regensburg. 72 Im November 1078. 73 Graf von Tübingen ; vgl. auch Berthold z. J. 1079. 74 Herzog Berthold I., gen. mit dem Barte. Vgl. auch oben S. 74 f. Anm. 22. 76 Bei Weilheim (vgl. E. Heyck, Die Geschichte der Herzöge von Zähringen, 78 5. oder 6. November 1078. 1891, S. 92 A. 308).

Frutolf

90

In ea expeditione Uto Trevirarum archiepiscopus defunctus

est77•

XXII. Anno Domini MLXXVIII. Heinricus rex properanti contra se cum multo exercitu Ruodolfo iuxta Strovi occurrit 78, initoque pr�lio non pauci ex his atque illis prosternuntur, ac incerta fit victoria utrisque certatim fugientibus ad propria. Ubi a vulgaribus hominibus

s

Wecil Magadeburgensis archiepiscopus in fuga occiditur sive, ut quidam dicunt, suspenditur ; Magnus dux 79 despoliatur, Herimannus comes eiusdem Magni patruus et Adelbertus Wormaciensis episcopus comprehensi ac plurimi de militibus Saxonicis turpiter sunt inter­ empti. Ex parte quoque regis Heinrici Poppo 80 vir mire fortis occubuit.

10

Indictio I . XXIII.

Anno Domini MLXXVIIII.

Iterum bellum fi t inter

Heinricum et Ruodulfum 81 in loco qui dicitur Fladehcheim, hieme nimis aspera, ubi in primo congressu Saxones terga vertunt. Ibi dux Boemi� Fratizlaus regalem lanceam Ruodolfi adeptus est 82, qu� exinde

1s

permissione regis Heinrici semper quemvis illius gentis ducatu in­ signem in omni festiva processione precedit. At rex Heinricus propriis castris redditus de armigeris quos reliquerat pene nullum invenit ; una quippe ex legionibus Saxonum in primo congressu pugnam dese­ rens, quia obscurus erat aer, furtim castra regis invasit multosque

20

pueros comprehendens strangulabat eos multaque abradens spolia fugam iniit. Rex autem dimisso exercitu in orientalem Franciam cum paucis divertit. XXIII!. Anno Domini MLXXX. 83 Cum apud Brixinam Noricam triginta episcoporum conventus necnon et optimaturn 84 exercitus

zs

non solum Itali�, sed et Germani� iussu regis Heinrici congregaretur, factus est omnium consensus adversus Hiltibrandum papam cogno­ minatum Gregorium septimum, quem pseudo-monachum totiusque vesani� pestiferum principem et precipue sanct� Roman� sedis inva­ sorem affirmantes ab apostolica sede depellendum quamvis absentem düudicabant 83 et Wigpertum Ravennensem archiepiscopum 85 ipsi subrogandum eligebant. Huius decreti conclusio h�c est : 86 " Quia" , inquiunt, " illum constat non a Deo electum, sed a se ipso

in fraude ac pecunia impudentissime obiectum, qui �cclesiasticum 77 Bei der Belagerung von Tübingen am 1 1 . Nobember 1078. 78 Am 7. August 1078 bei MeHrichstadt an der Streu. 78 Herzog von Sachsen.

JO

Heinrich IV.

1078-1080

91

Auf diesem Feldzug starb Erzbischof Udo von Trier 77• 22. Im Jahr des Herrn 1078. König Heinrich traf an der Streu 78 auf Rudolf, der mit einem zahlreichen Heer gegen ihn heranzog ; der Kampf begann, und auf beiden Seiten fielen nicht wenige ; der Sieg blieb unent5 schieden, da beide schleunigst in die Heimat flohen. Dabei wurde Erz­ bischof Werner von Magdeburg von gemeinen Leuten auf der Flucht ge­ tötet oder, wie einige sagen, erhängt, Herzog Magnus 79 wurde ausgeplün­ dert, Graf Hermann, der Oheim des Magnus, und Bischof Adalbert von Worms wurden gefangengenommen, und zahlreiche sächsische Krieger 10 gingen schimpflich zugrunde. Auf seiten König Heinrichs fiel Poppo 80, ein bewundernswert tapferer Mann. Erste Indiktion. 23. Im .Jahr des Herrn 1079. Bei Flarchheim kam es im harten Winter erneut zur Schlacht zwischen Heinrich und Rudolf81 ; die Sachsen wandten sich beim ersten Treffen zur Flucht. Dabei errang der Herzog 15 Wratislaw von Böhmen Rudolfs Königslanze 82, die seitdem mit Erlaubnis König Heinrichs stets jedem, der mit der Herzogsgewalt über jenes Volk ausgezeichnet ist, bei jedem feierlichen Auftreten vorangeht. König Heinrich j edoch fand nach dem Rückzug in sein eigenes Lager kaum noch einen einzigen seiner Knappen, die er dort zurückgelassen hatte : eine Abteilung 20 der Sachsen, die beim ersten Handgemenge den Kampf verlassen hatte, war - die Luft war völlig verfinstert - heimlich in das Lager des Königs ein­ gedrungen und hatte zahlreiche Knappen aufgegriffen, sie erhängt, reiche Beute gemacht und war dann geflohen. Daraufhin entließ der König das Heer und entwich mit geringer .Begleitung nach Ostfranken. 25 24. Im Jahr des Herrn 1080. 83Als in Brixen in Bayern 30 Bischöfe und eine bedeutende Anzahl Fürsten aus Reichsitalien und Deutschland auf Befehl König Heinrichs eine Zusammenkunft abhielten 84, wurde allgemeine Übereinstimmung gegen Papst Hildebrand, auch Gregor VII. genannt, erzielt : · sie erklärten ihn für einen falschen Mönch und ver30 derbenbringenden Urheber aller Raserei, vor allem aber für einen Invasor des römischen Stuhles und fällten in seiner Abwesenheit das Urteil, daß er vom apostolischen Stuhl zu vertreiben sei 83 ; zugleich wählten sie Erzbischof Wibert von Ravenna 86 an seiner Stelle zum Papst. Der Schluß dieses Dekretes lautet: 35 "86Es steht fest, daß jener nicht von Gott erwählt wurde, sondern sich selbst durch Gewalt, Betrug und Geld auf die schamloseste Weise so

Poppo von Henneberg. Die Schlacht fand am 27. Januar 1080 statt. 82 Eine nur bei Frutolf zu findende Nachricht. 83 -8 3 Zum Teil wörtlich nach dem Dekret der Synode von Brixen {Codex Udalrici, ed. Eccard, 174 n. 164 ; ed. Jaffe, Bibi. rer. Germ. 5 n. 64). 84 Am 25. Juni. 85 Als Gegenpapst nannte er sich Clemens III. 84 - 86 W örtlich nach dem Dekret der Brixener Synode ; vgl. Anm. 83. 81

Frutolf

92

subvertit ordinem, qui christiani imperii perturbavit regnum, qui regi katholico ac pacifico corporis et anim� intentat mortem, qui periurum defendit regem, qui inter fratres scandala, inter coniuges divortia et quicquid quieti inter pie viventes starevidebatur, concussit : nos auctore Deo congregati in unum, legatis ac litteris freti decem et novem epis- s coporum die sancto preteriti pentecostes 87 Mogonti� congregatorum contra eundem Hiltibrandum procacissimum sacrilegia ac incendia predicantem, periuria et homicidia defendentem, katholicam et apostolicam fidem dea corporea et sanguine Domini in questionem ponentem, heretici Berengarü antiquum discipulum, divinationum 10 ac somniorum cultorem, manifestum nicromanticum b' phytonico spiritu laborantem et idcirco a vera fide exorbitantem, iudicamus canonice deponendum et expellendum, et nisi ab ipsa sede his auditis descenderit, in perpetuum condempnandum. Facta sunt autem h�c VII. Kaiendas lnlii feria quinta, indictione 1 s tercia "c, 86• Scripsit post h�c Anshelmus Lucensis episcopus epistolam ad eundem "Tigpertum, in qua illum prevaricatorem ac superbum cogno­ minat, inter alia subinferens : 88 "Ut ergo de beato Gregorio patre nostro dicam, quod de Cornelio scripsit beatus Cyprianus : Factus est 20 episcopus de Dei et christi eins iudicio, de clericorum pene omnium, et ut verius dicam, omnino omnium testimonio, de plebis, qu� tune aderat, suffragio, de sacerdotum antiquorum et bonorum virorum collegio, cum nemo ante se factus esset, cum Alexandri locus, id est, cum locus Petri et gradus sacerdotalis kathedr� vacaret. Quo occupato 2s et de Dei voluntate atque omnium nostrum consensu ordinato, quis­ quis iam episcopus voluerit fieri, foras fiat necesse est, nec habet �cclesiasticam ordinationem, qui �cclesi� non tenet unitatem. Quis­ quis ille fuerit, licet multum de se iactans, sibi plurimum vendicans, prophanus est, alienus est, forus est, et cum post primum secundus 30 esse non possit, quisquis post unum , qui solus debet esse, factus est, iam non secundus ille , sed nullus est" 88• H�c priori sententi� 89 valde

a) auf Rasur A. b)

c)

nicromaticum A. auf Rasur A.

Heinrich IV. 1080

93

aufdrängte, er, der die kirchliche Ordnung verkehrte, der Verwirrung über die Königsherrschaft des christlichen Reiches brachte, der den Tod des katholischen und friedfertigen Königs an Leib und Seele beabsichtigte, einen eidbrüchigen König verteidigte, Zwietracht unter die Einträchtigen s säte, Streit unter die Friedfertigen, Ärgernis unter die Brüder, Scheidung unter die Ehegatten, und der alles, was es an Ruhe unter fromm Leben­ den zu geben schien, erschütterte. Deshalb sind wir auf Gottes Geheiß zusammengekommen, im Vertrauen auf die Gesandten und die Briefe der 19 Bischöfe, die am vergangenen Pfingstfest 87 in Mainz versammelt waren, 10 und haben gegen den unverschämten Hildebrand, der Kirchenschändung und Brand predigt, Meineid und Mord verteidigt, den katholischen und apostolischen Glauben in bezug auf Leib und Blut des Herrn in Frage stellt, ein alter Schüler des Ketzers Berengar ist, Weissagungen und Träume erwiesenermaßen verehrt, die Schwarze Kunst mit Hilfe eines Orakel1 5 geistes betreibt und infolgedessen vom rechten Glauben abweicht, das Urteil gefällt, daß er nach kanonischem Recht abzusetzen und zu ver­ treiben sei und in Ewigkeit verdammt sein soll, wenn er nicht auf diese Kunde hin von diesem Sitz herabsteigt. Dies geschah am 25. Juni, an einem Donnerstag, in der dritten 20 Indiktion" 86• Danach schrieb Bischof Anselm von Lucca einen Brief an Wibert, in dem er diesen als pflichtvergessen und vermessen bezeichnet und unter anderem Folgendes sagt : "88Um also von unserem seligen Vater Gregor zu sprechen, so wurde er - wie der hl. Cyprian über Cornelius schrieb 25 Bischof nach dem Spruch Gottes und seines Gesalbten, unter der Zeugenschaft fast aller, oder um es richtiger zu sagen, überhaupt aller Kleriker, mit der Stimme des Volkes, soweit es anwesend war ; er gehörte dem Kollegium der alten Priester und rechtschaffenen Männer an, und niemand wurde vor ihm erhoben, vielmehr war der Platz Alexanders, 30 das heißt der Platz Petri und die Stufen des geistlichen Thrones, frei. Wer, als er ihn eingenommen hatte und nach dem Willen Gottes und mit unser aller Zustimmung eingesetzt war, da noch Bischof werden wollte, mußte es notwendigerweise außerhalb der Kirche werden, und der hat kein kirchliches Amt inne, der nicht in der Gemeinschaft der Kirche 35 steht. Wer er auch gewesen sein mag und wenn er auch viel Aufhebens von sich macht und sich vieles anmaßt, er ist ein Laie, er ist ein Fremd­ ling, er steht draußen ; und da es außer dem Ersten keinen Zweiten geben kann, ist jeder, der nach dem einen, der der Einzige sein muß, geworden ist, schon nicht mehr ein Zweiter, sondern ein Niemand" 88• Dieses, dem 40 früheren 89 durchaus entgegengesetzte Urteil schrieb Bischof Anselm, ein 87 Am 3 1 . Mai. 88-88 Entnommen dem Liber contra Wibertum, in MG. Lib. de lite 1, 521 Z. 88 Dekret der Brixener Synode. 31-41.

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Frutolf

contraria scripsit Anshelmus episcopus, vir literis apprime eruditus, ingenio acutissimus, facundia precipuus, et quod omnibus maius est, in Dei timore et sancta conversatione nominatissimus, adeo ut tarn in vita quam post mortem referatur miraculis clarus 90• His ita gestis rursus inter Heinricum regem et Ruodolfum geritur 5 bellum iuxta fiuvium Ellestram, in quo idem Ruodolfus cecidit 91, sed a suis Mersiburg vivus delatus et in brevi defunctus, honorifice ibidem est humatus. Fertur tarnen in extremis positus et abscisam dextram intuitus ad episcopos, qui forte aderant, graviter susspirans dixisse 92 : "Ecce 1 0 h�c est manus, qua domino meo Heinrico fidem sacramento firmavi ; ecce ego iam eius regnum et vitam derelinquo presentem ; videte, qui me solium eius conscendere fecistis, ut recta via me vestra monita sequentem duxissetis. " Hoc etiam pr�lio e x parte regis Heinrici Ratpoto comes 93 regi 1 5 satis fidus interiita . XXV. Anno Domini MLXXXI. Rex Heinricus Italiam cum exer­ citu petit Romamque perveniens in vigilia pentecostes94 resistente sibi Hiltibrando papa cum Romanis ante castellum sancti Petri castra posuit95, ubi etiam crebris per biennium incursibus urbanorum 20 infestatus parva manu multa viriliter peregit. Monasterium Babenbergense crematur in vigiliis pasch� 96• Saxones et Alamanni ad colloquium venientes in orientalem Fran­ ciam 97 non sine magna clade eiusdem provinci� redierunt. Bellum in orientali Baioaria inter Chuonradum 98 ducis Boemi� 25 fratrem et Luitpoldum marchionem commissum est IIII. Idus Mai. Item aliud inter Alamannos et Baioarios Ill. Idus Augusti99 iuxta Danubium apud Hohcstein, ubi palatini comitis Chuononis 1 filius Chuono occisus est. XXVI. Anno Domini MLXXXII. Herimannus 2 quidam vir pre- 30 potens ac nobilis ex Germania a Saxonibus et Alamannis rex a) danach P/, Zeilen freigelassen A. 110 Vgl. dazu die Vita s. Anselmi ep. Lucensis auctore Bardone, MG. SS. 12, c. 32 ff. Anselm starb 1086. 91 Am 15. Oktober. Vgl. Brunos Buch vom Sachsenkrieg c. 121 ff. 92 Kritisch Buchholz a. a. 0. S. 76f. sa 9' Am 22. Mai. Graf von Cham-Kastl.

Heinrich IV. 1081/1082

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von Grund auf gelehrter Mann, ein scharfer Geist, von außerordentlicher Redegewandtheit und - was mehr als alles ist - weit und breit so bekannt als gottesfürchtiger Mann von heiligmäßigem Lebenswandel, daß man von ihm berichtet, er habe sich ebenso zu Lebzeiten wie nach seinem s Tod durch Wunder hervorgetan 90• Danach kam es erneut zwischen König Heinrich und Rudolf an der Elster zur Schlacht, in der Rudolf fiel 91, aber von seinen Leuten noch lebend nach Merseburg gebracht wurde ; kurz danach verstarb er und wurde dort ehrenvoll beigesetzt. Es wird aber berichtet, daß er zu den 1 0 Bischöfen, die zufällig anwesend waren, unter schweren Seufzern, als er in den letzten Zügen lag und seine abgeschlagene Rechte betrachtete, gesagt haben soll 92: "Seht, das ist die Hand, mit der ich meinem Herrn Hein­ rich unter Eid Treue zugesichert habe ; seht, schon verlasse ich sein Reich und das gegenwärtige Leben ; nun seht zu, ob ihr mich, die ihr mich 15 seinen Thron besteigen ließet und der eurem Geheiß folgte, den rechten Weg geführt habt". In dieser Schlacht fiel auf seiten König Heinrichs Graf Rapoto 93, der dem König sehr ergeben war. 25. Im Jahr des Herrn 108 1 . König Heinrich zieht mit einem Heer 20 nach Italien und gelangt am Vorabend von Pfingsten 94 nach Rom ; da Papst Hildebrand ihm zusammen mit den Römern Widerstand leistet, schlägt er sein Lager vor der Burg von St. Peter auf96 ; zwei Jahre lang setzen ihm die Bewohner der Stadt durch häufige Überfälle zu, während er mit kleiner Schar zahlreiche mannhafte Taten verrichtet. Das Baroberger Münster brennt am Vorabend von Ostern ab 96• 25 Sachsen und Alemannen kommen zu einer Unterredung nach Ost­ franken 97 und kehren unter schwerem Schaden für das Land zurück. Im östlichen Bayern findet am 12. Mai ein Gefecht zwischen Konrad 98, dem Bruder des Herzogs von Böhmen, und Markgraf Luitpold statt. Ein anderes Gefecht fand am 13. August 99 zwischen Alemannen und 30 Bayern an der Donau bei Höchstedt statt ; dabei fiel Konrad, der Sohn des Pfalzgrafen Konrad 1 • 26. Im Jahr des Herrn 1082. Ein gewisser Hermann 2, ein mächtiger und edler Mann aus dem rechtsrheinischen Land, wird von Sachsen 95 Vgl. ergänzend und berichtigend zu Frutolfs Bericht Bonizo, Liber ad amieuro IX, Lib. de lite 1, 613f. Nach ihm stand das Lager des Kaisers auf den neronischen Wiesen. 96 Am 3. April. 97 Im Juni ; Anfang August wurde in OchsenfurtJMain Hermann als Gegen­ könig aufgestellt. Davon berichtet Frutolf im nächsten Jahresbericht. 98 Konrad, Markgraf von Mähren, Bruder des Böhmenherzogs Wratislaw, kämpfte am 12. Mai 1082 bei Mailberg gegen den Markgrafen der Ostmark 99 Am 1 1 . August. 1 Konrad von Vohburg, Pfalzgrafvon Bayern. Luitpold. 2 Vgl. oben Anm. 97.

Frutolf

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constituitur. Cui cum suis in partibus, hoc est in Lotharingia vel Ger­ mania, nemo bellicis in rebus atque divitiis posset �quiperari, sumpto regis nomine tarn suis quam alienis c�pit in brevi despectus haberi. XXVII. Anno Domini MLXXXIII. Herimannus cum paucis orientalem Franciam hostiliter invadit, et per eandem parlern visus s est quasi equitum discurrens exercitus, quorum tarnen vestigia nullomodo poterant agnosci. Heinricus rex pascha celebravit3 apud sanctam Rufinam moxque Romam tendens castra posuit ubi et prius ad occidentalem partem castelli sancti Petri, captaque 4 est urbs IIII. Nonas Iunü, feria sexta 10 ante octavam pentecostes. Hoc tempore Hiltibrandus papa in castello Crescentii 5, quod vulgo domus Theoderici appellatur, inclusus exspec­ tabat eventum rei. Rex vero in Palatino monte 6 munitionem insti­ tuens non paucos, quos in presidio posuerat, ingravescente super eos �statis insueto fervore amisit, sed et alios de exercitu multos t s eadem mortalitas absumpsit. Eodem tempore legati Grecorum venerunt, munera multa et magna in auro et argento vasisque ac sericis afferentes. Romani autem viginti obsides regi dantesa ex nobilibus pe­ tierunt diem constitui, in quo papa et omnes senatores venirent in 20 presentiam eius. Qui diem statuens Kaiendas Novembris 7 ipse ad montana conscendit intrante luiio ibique commorans usque ad statutum tempusb Romam rediit, sed papa in presentiam eius non venit. Unde Romani commoti manus regi dederunt, Hiltebrandum vero papam unanimiter abdicarunt. Qui occulte fugiens Saiernam 2s secessit ibique ad diem mortis su� permansit. Eodem anno Weiefo Baioariorum antea dux Augustam civitatem summo mane intravit Sigifrido episcopo vix evadente ; Wigoidum quendam eiusdem Ioci canonicum intronizavit8• I. XXVIII. Anno Domini MLXXXIIII. Heinricus nataie Do- 30 mini Rom� apud sanctum Petrum ceiebravit, circa Kaiendas vero a) danach fehlt 1 Blatt A, Text ergänzt aus K.

b)

fehlt K, ergänzt aus Ekkehard.

3 9. April. ' Nur die Leostadt. Zum Tag, nach Bernold und anderen der 3. Juni, vgl. 5 In der Engelsburg. Meyer von Knonau, Jbb. 3, 475 Anm. 12.

Heinrich IV. 1083/1084

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und Alemannen zum König gemacht. Während sich ihm in seinem Gebiet, das heißt in Lothringen und im rechtsrheinischen Land, niemand als Krieger oder an Reichtum vergleichen konnte, beginnen nach Annahme des Königstitels binnen kurzem seine eigenen Leute ebenso s wie die fremden, ihn zu mißachten. 27. Im Jahr des Herrn 1083. Hermann dringt mit wenigen Leuten als Feind in Ostfranken ein ; durch das gleiche Gebiet sieht man so etwas wie ein Heer von Reitern hindurchziehen, die jedoch keinerlei Spuren hinterlassen. 10 König Heinrich feierte das Osterfest in Santa Rufina 3 ; bald darauf zog er wieder nach Rom, schlug sein Lager wie früher westlich der Burg von St. Peter auf, und am 2. Juni, am Freitag vor der Oktav von Pfingsten wurde die Stadt genommen 4• Währenddessen erwartete Papst Milde­ brand, eingeschlossen in der Burg der Crescentier 6, die das Volk Haus des IS Theoderich nennt, den Ausgang der Sache. König Heinrich indessen errichtete auf dem Palatin 8 eine Befestigung und verlor zahlreiche Leute, die er dorthin als Besatzung gelegt hatte, als die für sie ungewohnte Sommerhitze aufstieg ; aber auch viele andere aus seinem Heer raffte dieses Sterben hinweg. 20 Um diese Zeit trafen griechische Gesandte ein, die zahlreiche und bedeutende Geschenke aus Gold und Silber, an Gefäßen und Seidenwaren brachten. Die Römer aber gaben dem König 20 vornehme Geiseln und baten, einen Tag festzusetzen, an dem der Papst und alle Senatoren vor ihm zs erscheinen sollten. Er setzte als Termin den 1. November 7 und begab sich Anfang Juli ins Gebirge und verweilte dort bis zum festgesetzten Zeitpunkt, an dem er nach Rom zurückkehrte ; doch der Papst erschien nicht vor ihm. Darüber erregt, reichten die Römer dem König die Hand und sagten sich einmütig von Papst Hildebrand los. Dieser floh heimlich JO nach Salerno und blieb dort bis zu seinem Tod. Im gleichen Jahr dringt Welf, der frühere Herzog von Bayern, bei Morgengrauen in Augsburg ein, während Bischof Sigfrid kaum entkom­ men kann, und inthronisiert einen gewissen Wigold, einen Augsburger Kanoniker 8• 3S 1 . 2 8 . Im Jahr des Herrn 1084. Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn zu Rom in St. Peter ; um den 1 . Februar zog er nach Campanien 8 Nicht auf dem Palatin, den Heinrich gar nicht besetzt hatte, sondern auf dem Hügel Palatiolus. 7 Nach Bernolds Bericht zu diesem Jahr trat die Synode Mitte November zusammen. Zu den Verhandlungen vgl. Buchholz a. a. 0. S. 81 ft'., ebenso zum folgenden Jahresbericht. Frutolfs Nachrichten zu 1083 gehören zum Teil in das Jahr 1084. 8 Vgl. zu dieser Nachricht, die wahrscheinlich in den Anfang des Jahres 1084 gehört, Meyer v. Knonau, Jbb. 3, 574ff. mit Anm . 62.

Frutolf

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Februarü in Campaniam transiens ipsam et magnam Apuli� partem c�pit. Post h�c per legatos Romanorum rogatus, ut pacificus rediret, Romam redüt et ad portam Lateranensem castra ponens omnesa dediticios accepit ipsisque petentibus, ut, quia Hiltibrandus ab ipsis abdicatus aufugerat, Wigpertum Ravennatem feria VP. ante diem palmarum multis stipatus cum magna gloria intravit ducens secum predictum episcopum. Qui sequenti dominica per multos pontifices apostolico nomini dicatus nomenque Clementis 10 accipiens reverenter est inthronizatus. A quo rex cum regina Berhta in sancta dominica pasch� imperiali benedictione sublimatus est11• Post h�:Jc imperator Heinricus de Italia digrediens 12 Augustam civitatem ab Alamannis invasam obsedit et c�:Jpit 1s. Defuncto Sigifrido archiepiscopo Mogontino 14 Wecil successit.

s

10

Anni imperii Heinrici quarti. 11. XXVIIII. Anno Domini MLXXXV. Sinodus Mogonti�:J 1 s habetur 15, cui interfuit imperator, ubi presentibus legatis Romano­ rum 16 omnes episcopi rebelies imperatori deponendi iudicantur, ceteri vero anathemate condemnantur. Ibi etiam communi consensu atque consilio constituta est pax Dei17. Non multo post substitutis ab imperatore per parrochias abdicatorum presulibus in locum Adel- 20 beronis Megenhardus conversatione probabilis, litteris etiam et ingenio atque facundia nulli pene secundus, Wirciburgensi �:Jcclesi�:J presul ordinatur 1s. Recepto iam a Saxonibus pacifice imperatore Heinrico 19 quidam marchio Eggibertus imperatoris etiam consanguineus, armis stren- 25 nuus et animosus atque ditissimus, iterum in Saxonia contra impera­ torem tyrannidem suscitavit 20• Qua cognita imperator in Franciam propere rediit.

a) omnesque K. e

In dem Brief Heinrichs IV. an Theoderich v. Verdun (hg. von C. Erdmann, MA. 1, 27 n. 18) ist der 2 1 . März als Einzugstag angegeben, doch stim1° Clemens III. men Wochentag und Datum bei Frutolf überein. 11 A m 3 1 . März. 12 Heinrich räumte Rom vor den Normannen. 13 Vgl. den Jahresbericht zu 1083. Die Einnahme geschah am 6.f7. August.

MG. Dt.

Heinrich IV. 1085

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und nahm dieses Gebiet sowie einen großen Teil Apuliens ein. Dann baten ihn die Römer durch Gesandte, er möge in Frieden nach Rom zurück­ kehren, und er tat so ; bei der Porta Lateranense schlug er das Lager auf und nahm die Übergabe der Römer entgegen, und da sie selbst baten, s er möge ihnen Bischof Wibert von Ravenna zum Papst geben - denn Hildebrand war geflohen, nachdem sie ihm abgeschworen hatten -, zog er am 22. März 9, dem Freitag vor Palmsonntag, in zahlreicher Begleitung und mit großen Ehren ein ; mit sich führte er den genannten Bischof. Am folgenden Sonntag erhielt dieser durch zahlreiche Bischöfe die Papstt o würde, wobei er den Namen Clemens 10 annahm, und wurde mit aller Ehrerbietung inthronisiert. Von ihm wurden der König und die Königin Bertha am heiligen Osterfest durch die Kaiserweihe erhöht 11 • Anschließend verließ Kaiser Heinrich Italien 12 und belagerte die von den Alemannen besetzte Stadt Augsburg und nahm sie ein 13• ts Nach dem Tod Erzbischofs Sigfrid von Mainz 14 folgt Werner. Die Kaiserjahre Heinrichs IV. 2. 29. Im Jahr des Herrn 1085. In Mainz wurde in Gegenwart des Kaisers eine Synode abgehalten 16 • In Anwesenheit von römischen Ge­ sandten 1 6 wurde das Urteil gefällt, daß alle Bischöfe, die sich gegen den 20 Kaiser empörten, abgesetzt werden sollten ; die übrigen aber wurden mit dem Bann belegt. Ebenfalls wurde dort auf gemeinsamen Rat und Beschluß ein Gottesfriede verkündet 1 7• Wenig später wurden vom Kaiser in den Diözesen der abgesetzten Bischöfe neue bestellt ; an Stelle Adalberos wurde Meinhard - ein Mann von rechtschaffenem Lebenswandel, der an 2s Bildung, Geist und Redegewandtheit kaum hinter jemandem zurück­ stand - zum Bischof der Würzburger Kirche eingesetzt 18• Nachdem Kaiser Heinrich in Frieden von den Sachsen aufgenommen worden war 19, entfachte Markgraf Ekbert, ein Verwandter des Kaisers, ein waffenerprobter, beherzter und überaus reicher Mann, neuerdings 30 in Sachsen einen Aufstand gegen den Kaiser 20• Der Kaiser zog sich, sobald er davon erfahren hatte, eilends nach Franken zurück. 14 17. Februar ; sein Nachfolger trat sein Amt erst nach einer längeren Sedis15 In der 2. Woche nach Ostern am 20. April. vakanz Anfang Oktober an. 18 Hugo der Weiße, Johannes von Porto und der ehemalige Kanzler Gre­ gors VII. Petrus. 17 Vgl. J. Gernhuber, Die Landfriedensbewegung in Deutschland bis zum Mainzer Reichslandfrieden von 1235 (1952). 18 Meinhard, zuvor Domecholaster in Bamberg, wurde am 25. Mai d. J. 18 Anfang Juli. ordiniert. 20 Zu Ekbert und seinem Aufstand vgl. Meyer v. Knonau, Jbb. 4, 53 f. mit Anm . 99.

Frutolf

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Eodem anno condicto tarn ab inimicis quam amicis imperatorisa colloquio in Thuringia in loco qui Bergbach b 21 dicitur convenie­ bant 22 ex utraque parte quicumque sapientissimi de optimatibus iudicabantur, canonum auctoritate probaturi, cui parti iusticia faveret ; imperatore tarnen absente, sie enim ipse consensit. Electis s igitur satis litteratis et eloquentibus viris, hinc Wecelone Moguntino, illinc Gebehardo Salzburgensi archiepiscopis disputatio cepta est. Mfir­ mat Gebehardus proponente hoc prius W ezelone imperatorem nonc iniustoc iudicio tarn regno quam communione apostolici sententia pri­ vatum ; econtra Wecil dominum suum preiudicium non minus a papa 10 quam a pr�ncipibus passum contendit, dum ipso apud Canusinum in satisfactione posito, immo iam a papa in communionem recepto alterum super se regem elevarent. Adiecit etiam idem Mogontinus, quod imperator diu iam a Saxonia depulsus et regnandi copia etiam ab illa dissensione, qutl ante Ruodolfum facta prescribitur, spoliatus 1 5 nec vocari nec iudicari nec damnari canonice debuisset 23 ; hoc Gebe­ hardus improbare nitens asserit neminem per hoc divinis absolutum legibus, si forte sua qualibet re familiari fuerit spoliatus, quanto­ minus rex, qui Saxonia, qutl non suum dumtaxat predium, sed Domini sit regnum, qui Daniele 24 vel ipso rege Nabuchodonosor teste cuicum- 20 que voluerit dat illud ; cum etiam ante amissam Saxoniam prius ab Alexandro, dchinc ab Hiltibrando vocatus satisfacere contempsisset. Sie itaqued utrimque parte sua favente ac acclamante discessum est. Notum tarnen est, quod eandem sententiam adversarii imperatoris tanto insequebantur Ztllo, ut habito postmodum in Quitilingoburg 25 25 concilio, ubi Otto episcopus Ostiensis interfuit legatus Hiltibrandi paptl, ipsamque nimium ventilantes• heresim Wecilonis ipsumque, quodf dictu nefas est, heresiarchum appellarent, contra fidem scilicet illum dogmatizasse culpantes, quod, quamdiu quis suis spoliatus sit rebus, divinis non subiaceat legibus. Jo a) fehlt K, ergänzt aus Ekkehard.

c) so Ekkehard-Hss., iusto K.

b)

so K.

d) ita K, itaque Ekkehard.

e) hiermit setzt A wieder ein. f) quod - est in A durch Ekkehard getilgt, in K überliefert.

21 22

An der Werra, gegenüber Gerstungen. 20. Januar.

Heinrich IV. 1085

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Im gleichen Jahr wurde von Freunden und Feinden des Kaisers ein Gespräch in Berka 21 in Thüringen ausgemacht, und von beiden Seiten kamen dort die Fürsten, die man für die weisesten hielt, zusammen 22, um auf Grund des Kirchenrechts zu prüfen, auf welcher Seite das Recht 5 sei ; j edoch in Abwesenheit des Kaisers, so nämlich hatte er selbst zuge­ stimmt. Man wählte gebildete und redegewandte Männer, für die eine Seite Erzbischof Werner von Mainz, für die andere Seite Erzbischof Gebhard von Salzburg, und das Streitgespräch begann. Gebhard erklärt, was Werner zuvor behauptet hatte, daß der Kaiser nicht infolge eines 1 0 ungerechten Urteils nach dem Spruch des Papstes die Königsherrschaft und die Gemeinschaft mit der Kirche verloren habe ; Werner dagegen vertrat die Meinung, sein Herr habe Unrecht weniger vom Papst als von den Fürsten erlitten, als diese, während er sich in Canossa aufhielt, um Genugtuung zu leisten, ja vom Papst sogar wieder in die Gemein15 schaft aufgenommen war, einen anderen zum König über sich erhoben. Außerdem erklärte der von Mainz, daß der Kaiser, der schon längst aus Sachsen vertrieben und der herrscherliehen Machtmittel infolge des Abfalls, der noch vor Rudolf geschah, beraubt war, nach kanonischem Recht weder zitiert noch gerichtet, noch verurteilt hätte werden dürfen 23• 20 Gebhard bemühte sich, das als unrichtig zu erweisen ; er versicherte, niemand stehe etwa deshalb nicht mehr unter dem göttlichen Gesetz, weil er zufällig seines Eigentums beraubt sei, noch weniger aber der König ; denn Sachsen sei nicht sein Eigengut, sondern Reich des Herrn, der es nach dem Zeugnis Daniels 24 und sogar des Königs Nachuchodonosor 25 gibt, wem er es geben will ; außerdem habe er es schon vor dem Verlust Sachsens, .obgleich zunächst von Alexander, sodann von Hildebrand zitiert, verschmäht, Genugtuung zu leisten. So ging man schließlich, während beide Seiten nur die eigene Partei begünstigten und ihr zustimmten, auseinander. 30 Es ist aber bekannt, daß die Gegner des Kaisers jene Meinung voller Eifer verfolgten. Nach einer Versammlung in Quedlinburg 26, an der auch Bischof Otto von Ostia als Legat des Papstes Hildebrand teilnahm und auf der sie diese Meinung gründliehst erörterten, bezeichneten sie diese als die Irrlehre des Werner und ihn selbst, was zu sagen Unrecht ist, als 35 Irrlehrer ; sie beschuldigten ihn nämlich, er habe die dem Glauben wider­ sprechende Lehre verkündet, daß j emand, der seines Eigentums beraubt sei, nicht den göttlichen Gesetzen unterstehe. 23 Frutolfs Vorlage für dieses Streitgespräch ist nicht nachzuweisen. Vgl· jedoch den Liber de unitate ecclesiae conservanda Il c. 18 (a. a. 0. S. 234), Ber· nolds Bericht z. J. 1085 und das Schreiben des päpstlichen Legaten Otto v. Ostia über die Versammlung von Gerstungen·Berka bei Giesebrecht, Ge· 24 Vgl. Dan. 1, 2. 2, 37. 5, 18. schichte der deutschen Kaiserzeit 3, 1264. 25 Die Beschlüsse der Synode, die vom 20.-26. April tagte, in MG. Const. 1, 652 n. 443. Auch Bernold berichtet sehr ausführlich darüber.

Frutolf

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Hiltibrandus papa qui et Gregorius VII. apud Salernam 26 moritur, et ibidem in �cclesia 27 sepelitur. Cui Northmannorum et Mahthildis illius potentissim� per Italiam femin� cunctorumque eiusmodi sectarn emulantium assensu Desiderius cardinalis Romanus et abbas Cassi­ nensis, verus Christi famulus, licet multum corde simul et corpore s renitens substituitur 28, sed cum infirmitate gravi laborans ad sum­ mum hunc apicem invitus, immo captivus proveheretur, precibus obtinuit, ut infra non multos dies ex hac vita tolleretur. Post h�c per eosdem electores et ordinatores Otto a episcopus Ostiensis eidem officio delegatur b ; hocque c defuncto Urbanus 29 quidam in eadem 10 sede ab his ordinatur c. III. XXX. Anno Domini MLXXXVI. Heinricus imperator Saxo­ niam vastat. Wirciburg a Saxonibus et Alamannis obsidetur 30 • Ad quam liberandam imperator copiosum tarn peditum quam equitum congregat exercitum pugnaque iuxta Bleihcfelt commissa digreditur 1 s absque victoria 31• Mox urbe ab hostibus capta32 episcopus Adelbero introducitur, relictoque cum eo militari presidio ad propria quisque proficiscitur. Sed paulo post eadem urbs ab imperatore recipitur, expulsoque Adelberone cum suis Meginhardus restituitur. IIII. XXXI. Anno Domini MLXXXVII. Herimannus falso regis 20 nomine deposito permissione 33 imperatoris ad propria reversus post paucos dies in cuiusdam oppidi obsidione interiit34• V. XXXII. Anno Domini MLXXXVIII. Berhta imperatrix obiit et Spir� sepulta est 36. Buggo Halberstatensis episcopus occiditur Goslari�. zs Augusta urbs insidiis Suevorum in c�na Domini capta secunda feria pasch� destruitur 36, et Sigifridus eiusdem urbis episcopus custodi� mancipatur. Wigoldus vero invasor eiusdem �cclesi� intra paucos dies moritur37• a) folgt predictus v. d. Hd. Ekkehards A. b) folgt mutatoque Romano more vocabulo Urbanus appellatur v. d. Hd. Ekkehards auf Rasur A. c) hoc - ordinatur nur K, durch Rasur getilgt A.

28

Am 25. Mai. der Kathedralkirche.

27 In

Heinrich IV. 1086-1088

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Papst Hildebrand, oder auch Gregor VII. , starb in Salerno 26 und wurde dort in der Kirche 27 beigesetzt. Dank der Zustimmung der Normannen sowie der Mathilde, jener in Reichsitalien überaus mächtigen Frau, und aller Anhänger dieser Sache wurde Desiderius, Kardinal der römischen s Kirche und Abt von Monte Cassino, ein wahrer Diener Christi, einge­ setzt 28, obwohl er sich von Herzen und nach Kräften entschieden dagegen sträubte ; da er aber schon als Schwerkranker und gewissermaßen unwil­ lig, ja geradezu als Gefangener zur höchsten Würde gelangte, wurde ihm auf sein Bitten hin gewährt, schon nach wenigen Tagen aus diesem Leben 10 hinweggenommen zu werden. Danach übertrugen dieselben, die ihn gewählt und eingesetzt hatten, dieses Amt dem Bischof Otto von Ostia ; nach dessen Tod wurde von ihnen ein gewisser Urban 28 auf demselben Stuhl inthronisiert. 3. 30. Im Jahr des Herrn 1086. Kaiser Heinrich verwüstet Sachsen. 1 s Würzburg wird von Sachsen und Alemannen belagert 30. Um die Stadt zu entsetzen, sammelt der Kaiser ein großes Heer von Fußvolk und Rittern und rückt nach einer Schlacht bei Pieichfeld ohne Sieg wieder ab 31. Die Stadt wird bald darauf von den Feinden genommen 32 und Bischof Adalbero wieder eingeführt ; nachdem man eine Besatzungstruppe bei 20 ihm zurückgelassen hat, zieht jeder wieder in seine Heimat. Wenig später gewinnt jedoch der Kaiser die Stadt zurück, Bischof Adalbero wird mit den Seinen vertrieben und Meginhard wieder eingesetzt. 4. 31 . Im Jahr des Herrn 1087. Hermann legt den falschen Titel eines Königs ab und kehrt darauf mit Erlaubnis des Kaisers 33 auf seine Güter 2s zurück ; wenige Tage später fällt er bei der Belagerung einer Stadt 34• 5. 32. Im Jahr des Herrn 1088. Die Kaiserin Bertha verstirbt und wird in Speyer beigesetzt 35. Bischof Burchard von Halberstadt wird in Goslar getötet. Die Stadt Augsburg wird am Gründonnerstag von den Schwaben 30 eingenommen und Ostermontag zerstört 36, Sigfrid, der Bischof der Stadt, wird in Gewahrsam geführt. Wigold dagegen, der Eindringling in diese Kirche, verstirbt innerhalb weniger Tage 37. 28 Als Viktor III. war er, entgegen der Darstellung Frutölfs, Papst vom 24. Mai 1086 - 16. September 1087. 28 Bischof Otto von Ostia ist identisch mit Urban li., wie schon Ekkehard in 30 Im Juli. Frutolfs Autograph berichtigend feststellte. 31 Am 1 1 . August. Vgl. auch Bernolds Bericht zu diesem Jahr. 32 Am 12. August. 33 Dies berichtet nur Frutolf (vgl. Meyer v. Knonau, Jbb. 4, 221 Anm . 45). 3' Am 28. September 1088. 35 Sie starb am 27. Dezember 1087. 38 Die Einnahme der Stadt erfolgte am 13., die Zerstörung am 17. April. 37 Am 1 1 . Mai.

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Frutolf

38 Meginhardus episcopus Wirciburgensis obiit39 ; cui Emehardus successit38 vivente adhuc Adelberone. Wecil archiepiscopus Mogontinus obiit 40 ; cui Ruothardus successit. VI. XXXIII. Anno Domini MLXXXVIIII. Otto Ratisponensis episcopus moritur41 ; pro quo Gebehardus adolescens constituitur. s Imperator nuptias42 Coloni� celebravit, quondam Utonis marchio­ nis viduam43, Ruscorum regis :filiam, ducens uxorem. Post h�c congregato exercitu oppidum quoddam marchionis Eggiberti in Thuringia positum nimis firmum, Gliche dictum, obsedit44• In vigilia vero natalis Domini, dominico scilicet die, cum magna pars 1 0 primaturn ob diem festurn iam abiret, Eggibertus suis consulens audacter imperatorem invadit et naviter primo resistentem tandem cedere compellit. Ibi Burchardus Losann� episcopus, qui ea die sacram imperatoris lanceam ferebat, occisus est. VII. XXXIIII. Anno Domini MXC. Heinricus imperator Italiam 1 s rursus ingreditur ibique fere per septem annos moratur45• Predictus Eggibertus a quibusdam imperatoris fidelibus in quodam molendino pausandi gratia deprehensus turpiter occubuit46• Adelbero Wirciburgensis de sede sua iam diu depulsus47 in Baioaria 20 moritur48 ibique in monasterio suo Lambahc sepelitur. VIII. XXXV. Anno Domini MXCI. Visi sunt per multas regiones vermiculi nimis ignoti non longe a terra volantes, hoc est, ut vel manu vel virga tangi possent, grossitudine quidem muscis �quales, sed longitudine satis deductiores, quorum tam infinitus extitit exer­ citus, ut unum pene miliarium in latitudine, duo vel tria in longitudine 2s viderentur occupare, densitate vero sua ipsam solis lucem terris negare. Per quam prodigiosam visionem illam, qu� post quadriennium facta est, Hierosolimam tendentium profectionem quidam inter­ pretati sunt figurari. VIII!. XXXVI. Anno Domini MXCII. Pestilentia magna facta 30 est hominum atque pecudum a . a) danach P/3 Zeilen frei A.

38-38 Wahrscheinlich nach CW. 38 Am 20. Juni ; Emehard folgte erst über 1 Jahr später, am 25. Juli 1089. 40 Am 6. August ; Ruthard folgte nach fast einjähriger Sedisvakanz am 41 Am 6. Juli. 25. Juli 1089.

Heinrich IV. 1089-1092

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38Bischof Meinhard von Würzburg verscheidet 38 ; ihm folgt Emehard 38, während Adalbero noch lebt. Erzbischof Werner von Mainz verstirbt 40 ; auf ihn folgt Ruthard. 6. 33. Im Jahr des Herrn 1089. Bischof Otto von Regensburg stirbt41 ; s an seiner Stelle wird Gebhard, ein noch junger Mann, eingesetzt. Der Kaiser feierte Hochzeit zu Köln 42 ; er heiratete die Witwe des Mark­ grafen Udo, die Tochter des Königs der Russen 43. Anschließend sammelte er ein Heer und belagerte Gleichen in Thüringen 44, einen überaus festen Ort des Markgrafen Ekbert. Am Heiligen Abend aber, einem Sonntag, 10 als ein großer Teil der Fürsten wegen des Festtages schon abzog, beriet sich Ekbert mit den Seinen, griff den Kaiser kühn an und zwang ihn, obgleich dieser zunächst tapfer widerstand, zu weichen. Dort wurde Bischof Burchard von Lausanne getötet, der an dem Tag die Heilige Lanze des Kaisers trug. IS 7. 34. Im Jahr des Herrn 1090. Kaiser Heinrich rückt erneut in Italien ein und bleibt dort fast sieben Jahre 46. Der oben erwähnte Ekbert wird bei einer Mühle, wo er sich ausruhen wollte, von einigen Leuten des Kaisers aufgegriffen und stirbt eines schimpflichen Todes 40• 20 Adalbero von Würzburg, seit langem von seinem Sitz vertrieben 47, stirbt in Bayern 48 und wird dort in seinem Eigenkloster Lambach beigesetzt. 8. 35. Im Jahr des Herrn 109 1 . In vielen Gegenden erschienen völlig unbekannte kleine Würmer, die niedrig über dem Boden flogen, so daß man sie mit der Hand oder einer Rute berühren konnte ; sie waren etwa 2S so dick wie Mücken, aber um einiges länger. Ihrer waren so unendlich viele, daß sie etwa eine Meile in der Breite und zwei oder drei in der Länge zu bedecken schienen, und zwar so dicht, daß sie sogar das Sonnen­ licht von der Erde abhielten. Einige deuteten das so, daß durch diese ungeheuerliche Erscheinung der Zug nach Jerusalem versinnbildlicht 30 werde, der vier Jahre später stattfand. 9. 36. Im Jahr des Herrn 1092. Eine große Seuche herrscht unter Menschen und Vieh. '2 Zum Datum, das vor dem 14. August anzusetzen ist, vgl. Meyer v. Knonau, Jbb. 4, 252 Anm. 10. '3 Frutolfs Angaben sind hier etwas ungenau. Eupraxia (Praxedis, Adelheid) war die Witwe Heinrichs, des Markgrafen der sächsischen Nordmark - sein Vater war der von Frutolf genannte Udo - und die Tochter des Großfürsten Usevolod von Kiew. " Die Belagerung von Gleichen, einer südwestlich von Erfurt gelegenen Burg des schon erwähnten Ekbert II. (vgl. oben S. 99 Anm. 20), begann am 14. August 1088. '5 Heinrich kehrte nach Ostern 1097 nach Deutschland zurück. && Zu seinem Ende vgl. Meyer v. Knonau, Jbb. 4, 293 Anm. 36. u Am 6. Oktober 1090. '7 Vgl. oben zum Jahre 1086.

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Frutolf

X. XXXVII. Anno Domini MXCIII. Fratislaus dux Boemi�49 in venatu repente cadens de equo subitanea morte obiit50• Chuonradus imperatoris filius et Berht� imperatricis patri rebellaase infamatur. Visus est splendor quidam quasi facula volans per aerem ab oriente s in occidentem. Eclypsis solis facta est VIIII. Kaiendas Octobris61 hora tercia, et mortalitas magna subsecuta est. Indictio prima. XI. XXXVIII. Anno Domini MXCIIII. �cclesia mortalitate immensa incredibiliter vastata est, insuper pestilentia, turbinibus, 1 0 imbrium inundationibus diversisque cladibus nimiurn afflicta. XII. XXXVIIII. Anno Domini MXCV. Ladizlaus rex Pannoni� misericordi� operibus plenus vitam finivit62 in Domino. Luitpoldus quoque marchio necnon Heinricus palatinus comes obierunt 63• 1s XIII. XL. Anno Domini MXCVI. Welefo dux antea Noricus, qui ab imperatore iam dudum abiuraverat et ob id ducaturn per­ diderat, in gratiam eius rediit ducatumque recepit64• Signum in sole apparuit V. Nonas Martii feria secunda incipientis quadragesim�. Diversa quoque prodigia mundus parturisse ubique 20 referebatur. Mox ex omnibus pene terr�, sed maxime ab occidentalium regnorum partibus tam regum et nobiliurn quam etiam vulgi utrius­ que sexus innumerabiles turm� armata manu Hierosolimam tendere c�perunt, excitati scilicet in zelurn frequentibus nunciis super obpres­ sione dominici sepulchri ac desolatione omniurn a �cclesiarum, quas 2s gens ferocissima Turicorum per aliquot annos suo subactas dominio inauditis calamitatibus iam iamque deleverat. Quibus, ut dieturn est, subvenire statuentes sicut diversis agminibus, ita diversis et incertis plerique ducibus properabant. Primi namque Petrum 66 quendam monachum sequentes, quem tarnen postea multi hypocritam fuisse Jo dicebant, ad XV estimati, per Germaniam 56 indeque per Baioa­ riam atque Pannoniam pacifice transiebant ; quam plurimi vero a) folgt orientalium v. d. Hd. Ekkehards A.

'8 Wratislaw war schon 1085 auf der Synode zu Mainz von Heinrich IV. zum 51 So auch Bernold z. J. 1093. König erhoben worden. 60 Am 14. Januar.

Heinrich IV. 1093-1096

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10. 37. Im Jahr des Herrn 1093. Herzog Wratislaw von Böhmen 48 fällt während der Jagd plötzlich vom Pferd und ist sofort tot 50• Konrad , ein Sohn des Kaisers und der Kaiserin Bertha, wird bezich­ tigt, sich gegen den Vater erhoben zu haben. s Es wird beobachtet, wie ein Glanz gleich einer Fackel von Ost nach West durch die Luft fliegt. Am 23. September 61 ereignet sich um die dritte Stunde eine Sonnen­ finsternis ; darauf folgt große Sterblichkeit. 1 1 . 38. Im Jahr des Herrn 1094. Durch ein ungeheures Sterben wird 10 die Kirche unglaublich verwüstet und zudem von Seuche, Stürmen, Überschwemmungen infolge Regen und von verschiedenen Kriegen heimgesucht. 12. 39. Im Jahr des Herrn 1095. König Ladislaw von Ungarn, reich an Werken der Barmherzigkeit, beendet sein Leben 62 im Herrn. 1s Ebenso sterben auch Markgraf Luitpold und Pfalzgraf Heinrich 63• 13. 40. Im Jahr des Herrn 1096. Welf, der frühere bayerische Herzog, der schon vor einiger Zeit vom Kaiser abgefallen war und deshalb die Herzogsgewalt verloren hatte, kehrte in die Huld Heinrichs zurück und emp fing erneut die Herzogsgewalt 64• 20 Am 3. März, einem Montag, zu Beginn der Fastenzeit, erschien ein Zeichen in der Sonne. Überall wurde auch erzählt, die Welt habe ver­ schiedene Ungeheuer geboren. Bald zogen aus allen Teilen der Erde, vor allem aber der westlichen Königreiche, zahllose bewaffnete Scharen von Königen, Adligen und gemeinem Volk beiderlei Geschlechts in Rich2S tung Jerusalem, leidenschaftlich aufgewühlt durch zahlreiche Botschaften über die Bedrängnis des Heiligen Grabes und die Verwüstung aller der­ jenigen Kirchen, die das wilde Volk der Türken vor einigen Jahren seiner Herrschaft unterworfen und durch unerhörte Beschwernisse all­ mählich zerstört hatte. Um ihnen, wie gesagt, zu Hilfe zu kommen, 30 zogen die meisten in verschiedenen Gruppen und ebenso unter verschie­ denen und unzuverlässigen Führern los. Die ersten, ungefähr 15 000 , folgten einem gewissen Mönch Peter 66, den allerdings später viele als Heuchler bezeichneten, und zogen friedlich durch Germanien 68, Bayern und Ungarn ; sehr viele wurden aber auch zu Schiff auf der Donau oder zu Fuß durch 62 Er starb am 29. Juli 1095 ; 1192 wurde er von Papst Coolestin 111. heilig­ gesprochen. 63 Markgraf Luitpold II. starb am 12. Oktober, Pfalzgraf Heinrich von Lothringen, seit 1090 Reichsverweser, am 12. April. 6' Vgl. Bernold z. J. 1095. 65 Peter von Amiens. Zu ihm H. Hagenmeyer, Peter der Eremite (1879). Zum ganzen Bericht vgl. folgende Werke : R. Röhricht, Geschichte des ersten Kreuzzuges (1901) ; F. Duncalf, St. Runciman, in A History of the Crusades, ed. K. M. Setton 1 (1958) 253-308. 68 Vgl. oben S. 84 Anm . 53.

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navali per Danubium vel per Alamanniam pedestri itinere, aliique ad XII per Saxoniam atque Boemiam a quodam presbitero Folcmaro, itemque nonnulli a Gotescalco presbitero per orientalem Franciam ducti sunt. Qui et ipsi nefandissimas Iud�orum reliquias, ut vere intestinos hostes �cclesi�, per civitates quas transibant aut omnino s delebant aut ad baptismatis refugium compellebant, quorum tarnen plurimi sicut canes ad vomitum postea retro rediebant. Quod a quo Dei iudicio actum sit aut qualiter ei placuerit, ipsi relinquendum erit. Illi autem viatores plurimis exinde manubiis onusti Ungariam attingentes, quibusdam sedicionibus, ut videbatur, indigenis invisi 1 0 facti, re autem vera facultatum suarum abundantia eosdem semi­ barbaros in avariciam accendentes, iussu regis eorum Colomanni 67 dolis potius quam armis capti, plurimi morte multati, pauci armis et rebus nudati b, fugam pro maximo lucro reportabant ; quamvis et amplissima utriusque multitudo a quodam Emichone viro militari t s seducta, vel potius ut Israheliticus quondam exercitus spiritu forni­ cationis decepta 68, paucis sibi Pannoni� ingressum in presidio Miesen­ burg obstantibus, fuga nemine persequente repatriaverit. Eclypsis lun� facta est VI. Idus Augusti, Iuna XIII!. XIII!. XLI. Anno Domini MXCVII. Heinricus imperator ab 20 Italia rediens Ratisponam Baioari� c urbem venit ibique aliquamdiu moratus Iud�is, qui baptizari coacti sunt, legibus d suis uti, utc ferturc, concessit 69• Interea Gotefridus dux Lotharingi�, vir genere, armis et ingenio clarissimus, qui priori anno cunctis qu� posaidebat in precium redactis, 2s milit.ibus copiosis fideque non modica instructus, iter per orientalem Franciam fecerat neque ipsis ab Ungaria fugientibus territus, sed tarn imperatoris Heinrici quam regis Colomanni permissione Pannonias Bulgariamque permearat, Constantinopolitano f�deratur impera­ tori 60 eiusque presidiis fultus Romaniam 61 attigit ibique sociatis sibi 30 a) quod - relinquendum erit durch Unterstreichen von Ekkehard getilgt A. b) nuda- auf Rasur A. c) auf Rasur A.

d) c)

über legibus - uti in A von Ekkehard übergeschrieben : iudaizandi ritum. später von Ekkehard getilgt A.

57 1095 - 1 1 1 6 ; vgl. H6man, Geschichte des ungarischen Mittelalters (1940) S. 318ff., F. Duncalf a. a. 0. S. 265.

Heinrich IV. 1097 ; 1. Kreuzzug

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Alemannien, wieder andere, etwa 1 2 000, von einem Priester Folkmar durch Sachsen und Böhmen, und einige von dem Priester Gottschalk durch Ostfranken geführt. In den Städten, die sie durchzogen, vernich­ teten sie die verruchten Überreste der Juden als die in Wahrheit inneren s Feinde der Kirche entweder völlig oder zwangen sie, in der Taufe Zu­ flucht zu suchen ; die meisten von ihnen kehrten jedoch später, wie die Hunde zum Erbrochenen, wieder zum früheren Glauben zurück. Ob dies nach dem Urteil Gottes geschah oder ob ihm das gefiel, muß ihm selbst überlassen bleiben. Als die Teilnehmer des Zuges, von denen die meisten 1 0 seitdem reiches Gepäck mitführten, Ungarn erreichten, erregten sie, wie es schien, durch einige Gewalttaten den Haß der Bewohner, in Wahr­ heit aber durch ihren Reichtum die Habsucht der Halbbarbaren ; auf Befehl ihres Königs Koloman 57 wurden sie mehr durch List als Gewalt gefangengenommen, viele wurden getötet, nur wenige konnten unter lS Verlust ihrer Waffen und ihrer Habe als höchsten Gewinn die Flucht erreichen ; eine große Menschenmenge beiderlei Geschlechts wurde auch von einem Mann aus dem Ritterstand namens Emicho verführt, oder besser gesagt, wie einst das israelitische Heer durch den Geist der Unzucht getäuscht 68 ; als ihr einige wenige, die Wieselburg besetzt hielten, beim 20 Eintritt in Ungarn Widerstand leisteten, flüchtete sie in ihre Heimat zu­ rück, ohne daß sie j emand verfolgte. Am 8. August, im 14. Mondjahr, ereignet sich eine Mondfinsternis. 14. 41 . Im Jahr des Herrn 1097. Kaiser Heinrich kehrte aus Italien zurück und kam in die bayerische Stadt Regensburg ; dort blieb er eine 2s Weile und gestattete, wie berichtet wird, den Juden, die man zur Taufe gezwungen hatte, den Gebrauch ihres eigenen Gesetzes 59• Herzog Gottfried von Lothringen, ein Mann gleich berühmt durch Herkunft, kriegerische Tüchtigkeit und Verstand, hatte im Jahr zuvor seinen gesamten Besitz zu Geld gemacht und mit zahlreichen Rittern, 30 von tiefem Glauben erfüllt, den Weg durch Ostfranken genommen ; er ließ sich auch von den Flüchtlingen aus Ungarn nicht abschrecken, sondern zog mit Erlaubnis sowohl Kaiser Heinrichs wie auch König Kolomans durch Ungarn und Bulgarien, verbündete sich mit dem Kaiser von Konstantinopel 60 und erreichte, gestützt auf dessen Truppen, 3S Rum 81 ; dort vereinigte er sich mit den Heeren Siziliens und Griechenlands, 58 Vgl. Os. 4, 12. 59 Vgl. dazu zuletzt G. Kisch, Forschungen zur Rechts- und Sozialgeschichte

der Juden in Deutschland während des Mittelalters (Zürich 1955) S. 57 ; hier auch die ältere Literatur. 80 Nach F. L. Ganshof bedeutete dies die Ablegung eines Lehenseids (Melan­ ges P. E. Martin, 1961, 49 ff.) ; vgl. auch J. Ferluga, La ligesse dans l'Empire byzantin, Recueil de travaux de !'Institut d' Etudes byzantines 7 ( 1961) 97 ff. 81 Das Sultanat von Rum (Ikonium) in Anatolien.

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tarn Sicili� quam Greci�, Danorum, Northmannorum ceterorumque transmarinorum exercitibus, immo universorum Christum colentium nationum auxiliis, frequenti congressu barbaros atterere c�pit tandemque Romania subacta 8 Antiochi� resedit b &2• Heinricus imperator Mogonti� cum principibus colloquium de pace s habuit circa Kaiendas Decembris et natalem Domini apud Argen­ tinam celebravit. Cometes apparuit. Eo anno �stas fertilissima, hiems vero lenis et pestilens fuit ; imbrium 10 et fluminum inundationes nimis increverunt. XV. XLII. Anno Domini MXCVIII. Inquisitione facta Mogonti� ab imperatore de facultatibus lud�orum interfectorum 63 inter ceteros qui eas rapuerunt quidam ex consanguineis archipresulis64 incusati sunt. Quos cum imperator perquireret nec in presentiam eius veni­ rent, pontifex causam eorum defendere volens, sed non valens indi- t s gnatione permotus ex urbe discessit et Thuringiam cum eis se contulit, quasi suis in hoc melius prospecturus et ex vicinitate imperatori rebellium quendam ei terrorem illaturus sicque commotionis su� vindictam exacturus. Extiterunt autem qui dicerent etiam ipsum pontificem multam partem de pecuniis invasis accepisse et idcirco 20 defensioni ceterorum tanto studio cor apposuisse 65• Jmperatorc vero pontifice sedem suam tarn stolide linquente omnes epyscopü reditus diversasque agendarum rerum amministrationes suis usibus adiecit, fugacium quoque possessiones publicari m�niaque dirui precepit, sicque presul, dum aliis prospicere quodam fastu inconsulte medi- 2s tatur, ipse sicut et antecessor66 eius circumvagus multis commo­ ditatibus privatur. Welefo Baioariorum denuo dux67 filios suos 68 et ipsos rebellare temptantes grati� imperatoris reconciliavit et uni eorum ducaturn post se committi impetravit. 30

b) so K, consedit durch Korrektur Ekkehards A. ) imperator privatur von Ekkehard durch Unterstreichen getilgt A. c a) auf Rasur A.

Heinrich IV. 1098

lll

denen der Dänen, Normannen und der übrigen, di e j enseits des Ozeans wohnen, und den Hilfstruppen aller christlichen Völker und rieb in zahl­ reichen Gefechten die Barbaren auf; schließlich unterwarf er Rum und schlug sein Lager in Antiochia auf12• s Kaiser Heinrich hatte Anfang Dezember mit den Fürsten ein Gespräch über den Frieden und feierte in Worms das Geburtsfest des Herrn. Ein Komet erschien. In diesem Jahr war der Sommer äußerst fruchtbar, der Winter dagegen mild und reich an Krankheiten ; es gab überaus schwere Überschwemmun10 gen durch Regenfälle und Flüsse. 15. 42. Im Jahr des Herrn 1098. In Mainz ließ der Kaiser eine gerichtliche Untersuchung über das Vermögen der getöteten Juden durchführen83 ; unter denen, die es geraubt hatten, wurden auch einige aus der Verwandt­ schaft des Erzbischofs 64 beschuldigt. Als der Kaiser nach ihnen forschte, 1s sie j edoch nicht vor ihm erschienen, wollte der Bischof ihre Sache ver­ teidigen ; da er j edoch dazu nicht in der Lage war, verließ er voll Erbitterung die Stadt und begab sich mit jenen nach Thüringen, um hier besser für die Seinen sorgen und in Nähe der Aufständischen gegen den Kaiser diesem Gewalt antun zu können und so Rache für das zu nehmen, 20 was ihn erregte. Es gab allerdings auch einige, die sagten, auch der Bischof selbst habe sich einen großen Teil des geraubten Geldes angeeignet und deshalb mit solchem Eifer sein Herz an die Verteidigung der übrigen gehängt 85• Da der Bischof aber so töricht seinen Sitz verließ, schlug der Kaiser alle Einkünfte des Bistums und die Verwaltung der verschiedenen 2s Geschäfte den eigenen Nutzungsrechten hinzu, ließ die Besitzungen der Flüchtigen einziehen und die Mauern einreißen ; während der Bischof so in unüberlegtem Hochmut für andere zu sorgen dachte, verlor er selbst ebenso wie sein Vorgänger 80 als Heimatloser viele Annehmlichkeiten. Welf, neuerlich Herzog der Bayern 87, versöhnte seine Söhne 88, als sie 30 selbst einen Aufruhr anzuzetteln suchten, in Gnaden mit dem Kaiser und erreichte, daß nach ihm einem von ihnen die Herzogsgewalt über­ tragen werden sollte.

82 Die Unterwerfung Rums fällt in den Juni/Juli 1097, im Oktober war Gott­ fried in Antiochia. 83 Zu der im Mai angeordneten Untersuchung vgl. Aronius, Regesten zur Geschichte der Juden im fränkischen und deutschen Reich 1 (1887) 94f. n. 205 ; Kisch a. a. 0. ; Meyer von Knonau, Jbb. 5, 29 Anm. l l . 86 Vgl. Ps. 61, l l u. ö. 8 4 Ruthard. 88 Sein Vorvorgänger Sigfrid. 87 Vgl. oben z. J. 1096 S. 106. 88 Welf V. und Heinrich d. Schwarze. Die Aussöhnung fand in Worms statt (vgl. Meyer v. Knonau, Jbb. 6. 227), die Nachfolge wurde für Welf V. gesichert.

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69 Gotefridus a 69 dux ceterique in itinere et studio supradicto consociati, 69 cum Nicea capta 70 discederent, plus quam CCC armatorum habebant. Et licet h�c tanta multitudo universam Romaniam occupare, ßumina epotare, segetes omnes una die depascere posset, tanta tarnen plenitudine conduxit vi� necessaria s Deus, ut de ariete nummus, de bove vix duodecim acciperentur. Preterea etsi principes et reges Sarracenorum contra eos surrexerunt, Deo tarnen volente facile victi et conculcati sunt. Ob h�c itaque feliciter acta, quia quidam intumuerunt, opposuit eis Deus Antio­ chiam urbem humanis viribus inexpugnabilem, ubi per novem menses 1 0 detentos in obsidione einsdem ita eos humiliavit, ut omnis superbi� illorum tumor desideret. Igitur sie eis humiliatis, ut in toto exer­ citu vix centum boni equi reperirentur, aperuit Deus copiam su� benedictionis et misericordi� eosque in civitatem induxit71 atque Thurcos et eorum omnia potestati horum tribuit. Cumque et h�c 1 s quasi viribus suis acquisita obtinerent nec Deum, qui eisb h�c con­ tulerat, digne magnificarent, tanta Sarracenorum multitudine obsessi sunt, ut de civitate nullus ex tanta turba egredi auderet. Preterea fames in civitate ita convaluerat, ut vix ab humanis dapibus se aliqui continerent. Longum est enarrare miserias, qu� in civitate fuere. 20 Respiciens autem Dominus populum 72, quem tarn diu ßagellaverat, benigne consolatur, ac primo quasi pro satisfactione tribulationis lanceam suam, qua in cruce vulneratus est 73, munus non visum a tempore apostolorum, pignus victori� illis obtulit ; deinde corda hominum adeo animavit, ut illis, quibus egritudo vel fames ambulandi 2s vires denegaverat, arma sumendi et viriliter contra hostes dimicandi virtutem infunderet. Deinde cum triumphatis hostibus fame et tedio exercitus deficeret Antiochi�, maxime propter discordias principum,

a)

Gotefridus - qui eis (Z. 16) von Ekkehard durch Unterstreichen getilgt A. von hier ab Frutolfs Text durch Rasur von Ekkehard getilgt A, der weitere Text nach K. b)

1098 ; I. Kreuzzug

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811 Als Herzog Gottfried und die übrigen, die mit ihm auf dem Zug und im gleichen Bestreben verbündet waren, Nicäa eingenommen hatten 70 und von dort weitermarschierten, zählten sie mehr als 300 000 Krieger. Und wenn eine solche Menge auch ganz Rum besetzen, die Flüsse auss trinken und alle Saat an einem Tag abweiden konnte, so führte Gott ihr das Lebensnotwendige dennoch in solcher Fülle zu, daß für den Wid­ der nur eine, für ein Rind nur 12 Münzen genommen wurden. Und wenn sich auch die Fürsten und Könige der Sarazenen wider sie erhoben, so wurden sie nach dem Willen Gottes leicht besiegt und zerschmettert. 10 Weil alles so glücklich verlief, wurden einige überheblich, da stellte ihnen Gott Antiochia entgegen, eine für menschliche Kräfte unüberwindliche Stadt ; hier hielt er sie neun Monate bei der Belagerung fest und demütigte sie so, daß ihnen Hochmut und Aufgeblasenheit vergingen. Schließlich waren sie so gedemütigt, daß es im ganzen Heer kaum mehr 100 gute !S Pferde gab ; da aber öffnete Gott ihnen die Fülle seines Segens und seines Erbarmens und führte sie in die Stadt 7 1 und gab die Türken und all ihre Habe in ihre Gewalt. Da sie es jedoch besaßen, als hätten sie es mit eigener Kraft erworben, und Gott, der es ihnen gegeben hatte, nicht entsprechend verherrlichten, wurden sie von so vielen Sarazenen 20 belagert, daß niemand aus der großen Schar die Stadt zu verlassen wagte. Außerdem wuchs der Hunger in der Stadt derart, daß sich einige kaum der Menschenfresserei enthielten. Es würde zu weit führen, das Elend in der Stadt zu schildern. Der Herr aber schaute auf das Volk 72, das er so lange gegeißelt hatte, und tröstete es in seiner Güte ; gleichsam 2S als Wiedergutmachung für die Bedrängnis gab er ihnen zuerst als Unter­ pfand des Sieges seine Lanze, mit der er am Kreuz verwundet worden war 73, ein Geschenk, das man seit der Zeit der Apostel nicht mehr gesehen hatte ; darauf erfüllte er ihre Herzen mit solchem Mut, daß die, denen Krankheit und Hunger die Kraft zu gehen genommen hatten, die Stärke 30 erhielten, die Waffen zu ergreifen und mannhaft gegen die Feinde zu kämpfen. Da Hunger und Überdruß das Heer in Antiochia schwächten, vor allem aber infolge der Zwietracht unter den Fürsten, zogen sie nach dem Sieg über die Feinde nach Syrien, eroberten die sarazenischen Städte eu Frutolf gibt hier (bis S. 1 1 6 Z. 35) mit geringfügigen Änderungen den im September 1099 verfaßten Brief der Kreuzfahrer an den Papst wieder und zwar in der Fassung, wie sie der Codex Udalrici überliefert (E 235, Jaffe, Bibi. rer. Germ. 5, 176ff. n. 92 ; gedruckt bei H. Hagenmeyer, Die Kreuzzugsbriefe aus den Jahren 1088-1100, Eine Quellensammlung zur Geschichte des ersten Kreuz­ zuges, Innsbruck 1901, S. 167 ff. n. 18) ; vgl. H. Hagenmeyer in Forsch. z. dt. Gesch. 13 (1873) 400 ff. zum VerfaSBer und zur Echtheit des Briefes. 70 Die Stadt fiel am 19./20. Juni 1097. 71 Am 3. Juni 1098. 72 Vgl. Exod. 23, 13 und öfter. 73 Dazu H. Hagenmeyer, Die Kreuzzugsbriefe . . , S. 152, Anm . 37. .

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Frutolf

in Syriam profecti Barram et Marram 74 urbes Sarracenorum ex­ pugnaverunt et castella regionis obtinuerunt. Cumque ibi moram disposuerunt, tanta fames in exercitu fuit, ut corpora Sarracenorum iam fetentium a populo christiano sint comesta. Deinde cum divino nutu in interiora Hyspani12 75 progrederentur, largissimam atque 5 misericordem et victoriosissimam manum omnipotentis patris secum habuerunt. Etenim cives et castellani regionis illius, per quam proce­ debant, ad eos cum multis donariis legatos premittebant, parati servire et oppida sua reddere. Sed quia exercitus non multus erat, et in Hierusalern unanimiter festinabant, acceptis securitatibus 10 tributarios eos fecerunt, quippe cum una de civitatibus, qu12 in mari­ timis illis sunt, plures homines haberet, quam in exercitu christiano fuissent. Cumque auditum esset Antiochi12 et Laodici12 et Rohas, quia manus Domini esset cum eis qui abierant, plures de exercitu, qui ibi remansit, consecuti sunt eos apud Tyrum. Sie itaque Deo 1 5 conviatore et cooperatore usque ad Hierusalern 76 pervenerunt. Cumque in obsidione illius multum laboraret exercitus, maxime propter aqu12 inopiam, habito concilio episcopi et principes circinan­ dam esse civitatem nudis pedibus predicaverunt, ut ille, qui pro hominibus eam in humilitate ingressus est, per humilitatem istorum 20 pro se ad iudicium de suis hostibus faciendum illis eam aperiret. Placatus itaque hac humiliatione Dominus octavo post humiliationem illorum die civitatem eis tradidit, eo videlicet die, quo primitiva ecclesia inde abiecta fuit, cum festurn de dispersione apostolorum a . multis fidelibus celebratur 77• De hostibus vero ibi repertis quid actum 2s sit, si quis nosse querit, sciat, quia in porticu qu12 dicitur Salomonis et in templo eius victores equitaba.nt in sanguine Sarracenorum usque ad genua equorum. Deinde cum ordinatum esset, qui civitatem retinere debuissent 78, et alii amore patri12 et pietate parentum suorum redire voluissent, nunciatum est eis, quod rex Babiloniorum 79 Ascalo- 30 nam venisset cum innumerabili multitudine paganorum ducturus Francos, qui Hierosolimis erant, in captivitatem et expugnaturus Antiochiam, sicut ipse dixerat ; aliter autem Dominus de his statuerat. Itaque cum in veritate [comperissentt hi, qui Iherosolimis erant, exercitum Babiloniorum Ascaloni12 esse, contenderunt obviam illis , 35 a) fehlt K, ergänzt aus Ekkehard.

1098 ; 1. Kreuzzug

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Barra und Marra 74 und besetzten die Burgen des Landes. Als sie dort einen Aufenthalt einlegten, entstand eine solche Hungersnot im Heer, daß die Christen Leichen von Sarazenen aßen, die bereits in Verwesung übergingen. Von dort rückten sie auf Gottes Geheiß in das Innere lsphas hans vor, und die freigebige, erbarmende und siegreiche Hand des all­ mächtigen Vaters war mit ihnen. Denn die Bürger und Burgleute der Gegend, die sie durchzogen, schickten ihnen Boten mit zahlreichen Ge­ schenken und waren bereit, ihnen zu dienen und ihre Städte zu über­ geben. Aber das Heer war nur klein und strebte einmütig nach Jerusalem ; 10 daher ließen sie sich Sicherheiten geben und machten sie tributpflichtig ; denn eine einzige Küstenstadt hatte mehr Menschen als im ganzen christ­ lichen Heer waren. Sobald man in Antiochia, in Laodicea und in Rohas vernahm, die Hand des Herrn sei mit denen, die weitergezogen waren, folgten ihnen viele aus dem Heer, das dort zurückgeblieben war, nach ts Tyrus nach. So gelangten sie nach J erusalem 76, und Gott war ihr Weg­ genosse und Helfer. Da das Heer bei der Belagerung mancherlei Mühsal erlitt, vor allem wegen des Wassermangels, hielt man Rat, und die Bischöfe und Fürsten verkündeten daraufhin, man müsse die Stadt mit bloßen Füßen umschreiten, auf daß j ener, der um der Menschen willen in Demut 20 in sie eingezogen sei, durch ihre Demut um seinetwillen ihnen die Stadt öffne zum Gericht über seine Feinde. Durch diese Demut ließ sich der Herr besänftigen und übergab ihnen am achten Tage nach ihrer Demüti­ gung die Stadt, an dem Tag, an dem die Urkirche von dort vertrieben wurde und von vielen Gläubigen das Fest der Zerstreuung der Apostel 2s gefeiert wird 77• Wenn jemand wissen möchte, was mit den Feinden in der Stadt geschah, so höre er, daß die Sieger in der Säulenhalle Salomons und in seinem Tempel bis zu den Knien der Pferde im Blut der Sarazenen ritten. Als entschieden war, wer in der Stadt zurückbleiben sollte 78, und die anderen aus Liebe zum Vaterland und aus Anhänglichkeit gegen30 über ihren Eltern zurückkehren wollten, wurde gemeldet, der König von Babyion 79 sei mit zahllosen Heiden nach Askalon gekommen, um die Franken in Jerusalem in Gefangenschaft zu führen und Antiochia zu erobern ; so hatte er selbst gesagt, der Herr aber hatte es anders beschlos­ sen. Sobald die, die in Jerusalem geblieben waren, mit Sicherheit erfahren 3S hatten, daß das babylonische Heer in Askalon sei, zogen sie ihm entgegen, 74 Kefr el Bava und Ma'arrat an Nu'aman (vgl. Hagenmeyer a. a. 0. S. 157 75 D. h. Isphahan (ebd. S. 159 Anm 10). Anm 5. 6). 77 .Am 15. Juli. 78 .Am 7. Juni 1099. 78 Herzog Gottfried als Beschützer des Hl. Grabes und .Arnulf, Kaplan Roberts von der Normandie, als Patriarch. 79 Die .Angabe ist ungenau. Der Kalif Mustaali von Kairo entsandte den Emir .Al .Afdhal mit dem Heer gegen Jerusalem (vgl. Hagenmeyer a. a. 0. s. 174 Anm 8). .

.

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116

Frutolf

relictis sarcinis et infirmis suis in Hierusalern cum presidio. Cumque exercitus horum et hostium se circumspexissent, Christiani genibus ßexis Deum invocarunt, ut qui in aliis necessitatibus suis legem Christi­ anorum confirmaverat, in presenti bello confractis viribus paganorum et diaboli regnum Christi et �cclesi� a mari usque ad mare usque-

s

quaque dilataret. Nec mora ; clamantibus ad se Deus affuit atque tantas audaci� vires ministravit, ut, qui eos in hostem currere videret, fontem aqu� viv� sitientem cervum segnem adiudicaret, miro vide­ licet modo, cum in exercitu christiano non plus quam quinque milia equitum et XV peditum fuissent, et in exercitu hostium centum 10 milia equitum et CCCC peditum s o esse potuissent. Tune mirabilis in servis suis Deus apparuit, cum, antequam confligerent, pro solo impetu eorum hanc multitudinem in fugam convertit et omnia eorum arma diripuit ita, ut, si deinceps istis repugnare vellent, non haberent arma, in quibus sperarent. De spoliis vero non est querendum, quan-

1s

turn captum sit, ubi thesauri regis Babiloni� occupati sunt. Ceci­ derunt ibi plus quam centum milia Maroruma gladio ; timor autem

illis tantus erat, ut in porta civitatis ad II suffocati sint ; de his vero,

qui in mari interierunt, non est numerus ; spineta etiam ex ipsis mul­ tos obtinuerunt. Pugnabat certe orbis terrarum pro christianis, et nisi 20 spolia castrorum de ipsis multos detinuissent, pauci de tanta mul­ titudine hostium essent, qui de bello renunciare potuissent. Pridie autem quam bellum fieret, multa milia camelorum et boum et ovium c�pitb exercitus. Cumque iussu principum populus hec dimisisset ad pugnam progrediens, mirabile dictu, multas et multiplices turmas

2s

fecerunt cameli, similiter autem et boves et oves. Hec autem animalia ita comitabantur exercitum, ut cum stantibus starent, cum pro­ cedentibus procederent, cum currentibus currerent. Nubes etiam ab estu solis Christianos defendebant et refrigerabant. Celebrata itaque victoria reversus est exercitusHierusalem, et relicto ibi duce Gotefrido

30

Reginm.unt comes sancti Egidii81 et Ruotpertus comes Nortmanni� 82 et Ruotpertus comes Flandri� 83 Laodiciam reversi sunt ; ibi classem Pisanorum et Boemundum 84 invenerunt. Cumque archiepiscopus Pisanus 85 Boemundum et alios cum eo discordantes concordare fecisset, Reginm.undus pro Deo et pro fratribus regredi disposuit 69• a) vel

b)

BO

armatorum a. R. K.

K.

3S

1098 ; 1. Kreuzzug

117

Gepäck und Kranke jedoch ließen sie mit einer Besatzung i n Jerusalem zurück. Als sich die beiden Heere erblickten, riefen die Christen knie­ fällig Gott an, er, der in ihren anderen Notlagen das Gesetz der Christen bestätigt hatte, möge auch in dieser Schlacht die Kraft der Heiden und s des Teufels brechen und die Herrschaft Christi und der Kirche von Meer zu Meer und überallhin ausbreiten. Was weiter ? Gott stand denen bei, die zu ihm riefen, und verlieh ihnen die Kraft solcher Kühnheit, daß, wer sie gegen den Feind anrennen sah, einen Hirsch, der begierig nach einem Quell lebendigen Wassers dürstet, für phlegmatisch gehalten hätte ; es 1 0 war wie ein Wunder, denn das christliche Heer zählte nicht mehr denn 5000 Ritter und 1 5 000 Mann zu Fuß, das feindliche Heer dagegen wohl bei 100 000 Rittern und 400000 Mann Fußvolk 80 • Wunderbar erwies sich Gott damals an seinen Dienern, da er allein durch deren Ansturm, noch bevor man handgemein wurde, so viele in die Flucht schlug und ihnen 1! alle Waffen nahm, daß sie, falls sie ihnen danach Widerstand leisten wollten, keine Wehr besaßen, auf die sie hätten vertrauen können. Nach der Menge der Beute braucht man erst gar nicht zu fragen, da dort die Schätze des Königs von Babyion erobert wurden. Mehr als 100 000 Maren [oder Bewaffnete] fielen durch das Schwert, und solche Furcht hatte sie 20 ergriffen, daß bei 2000 im Hafen der Stadt den Tod fanden, zahllos auch diejenigen, die im Meer zugrunde gingen ; ebenso hielt Dornengestrüpp viele fest. Wahrhaftig der ganze Erdkreis focht für die Christen. Und wenn die Beute im Lager nicht viele aufgehalten hätte, wären nur wenige aus der großen Zahl der Feinde übriggeblieben, die von dem Kampf 2s hätten berichten können. Am Tag vor der Schlacht jedoch hatte das Heer viele tausend Kamele, Rinder und Schafe erbeutet, und als das Volk zum Kampf auszog und diese auf Befehl der Fürsten laufen ließ, da bildeten - es klingt wie ein Wunder ! - die Kamele und ebenso die Rinder und Schafe zahlreiche und vielfältige Scharen. Diese Tiere aber begleiteten JO das Heer, blieben stehen, wenn es stehenblieb, gingen vor, wenn es vor­ ging, und liefen, wenn es lief. Ebenso schützten Wolken die Christen vor der Sonnenhitze und verschafften Kühlung. Das Heer feierte den Sieg und kehrte dann nach Jerusalem zurück ; hier blieb Herzog Gottfried, während Graf Raimund von St. Gilles 81, Graf Robert von der Normandie 82 3S und Graf Ro bert von Flandern 83 nach Laodicea zurückgingen ; hier fanden sie die Flotte der Pisaner und Boemund 84• Als der Erzbischof von Pisa 86 Boemund und die anderen, die mit ihm stritten, versöhnt hatte, entschloß sich Raimund, um Gottes und seiner Brüder willen zurückzukehren 69 ; 80 Die Zahlen sind hier wie im Folgenden nicht wörtlich zu nehmen, doch bezeichnen sie das Kräfteverhältnis wohl einigermaßen zutreffend (Hagen­ meyer a. a. 0. S. 176 Anm. 19). 82 Der Sohn Wilhelms d. Eroberers. 81 Graf v. Toulouse. 85 Daimbert. 84 Fürst von Tarent. 83 Robert d. Jüngere.

118

Frutolf

Magna vero multitudo, ut supra dieturn est, ad patriam remeare contendit ; ceteri, qui remanserunt, terram Deo disponente hactenus in pace obtinuerunt. X VI. XLII. Anno Domini MXCVIIII. Heinricus imperator natale Domini Coloni� celebravit, in epiphania vero Aquisgrani filium suum s iuniorem Heinricum quintum regem fecit, reprobato maiore filio Chuonrado 86, quem prius coronavit. Post hec Baioariam tendens eundem filium, quem regem constituit, his qui prius non affuerunt, ut regem illum haberent, commendavit. Inter hec palatinus comes Ratpoto 87 et patruelis eius Oudalricus 88, 1 0 quem multum divitem appellabant, defuncti sunt. Imperator vero natale apostolorum 89 Babenberg agens de con­ servanda fideliter pace multum obtestando commonuit 90 illarum partium principes, et ut latrocinantes furtisque studentes absque retractione persequendo dampnarent, sub iurisiurandi sacramento t s constrinxit, advocatis quoque, ne sub se alios advocatos in depre­ dationem populi et �cclesiarum constituerent, funditus interdixit, sed boc preceptum, heu, parum convaluit, quia principes turmis militum carere nolentes, quas talibus maxime beneficiis sibi conciliaverunt, mox imperatore discedente solito et antiquato more 20 usi sunt. Capta est Hierusalern a Christianis Idus Iulii feria VI. Chuonradus Treiectensis episcopus his diebus a suis occisus est91• Heremannus Coloniensis archiepiscopus obiit 92• Urbanus papa obiit93, cui Pascalis successit, adhuc vivente papa 2s Wigperto, qui et Clemens. Anni ab initio mundi VLXa . XVII. XLIIII. Anno Domini MC. Heinricus imperator natale Domini Spir� celebravit et in epiphania Fridericum Babenbergensem canonicum adhuc adolescentem Coloni� archiepiscopum designavit. 30 Qui ordinatus est in festivitate sancti Martini94 die dominica. Wigpertus papa qui et Clemens dictus est obiit95•

a) Hiermit dürfte Frutolfs Text geendet haben ; die folgenden beiden Jahres­ berichte schließen sich in K noch an.

Heinrich IV. 1099 (-1 100)

119

die große Masse, wie erwähnt, machte sich auf den Heimweg, die Zurück­ bleibenden aber besaßen nach Gottes Willen das Land in Frieden und besitzen es bis heute. 1 6 . 43. Im Jahr des Herrn 1099. Kaiser Heinrich feierte das Geburtsfest 5 des Herrn in Köln ; an Erscheinung aber machte er in Aachen seinen jüngeren Sohn Heinrich V. zum König unter Zurückweisung seines älteren Sohnes Konrad 86, den er früher gekrönt hatte. Danach zog er nach Bayern und legte allen, die früher nicht dabei gewesen waren, ans Herz, seinen Sohn, den er zum König erhoben hatte, 10 als König anzuerkennen. Inzwischen verstarben Pfalzgraf Rapoto 87 und sein Oheim Udalrich 88 der Reiche. Das Apostelfest 89 feierte der Kaiser in Bamberg ; beschwörend mahnte er die Fürsten dieser Gegend, getreu den Frieden zu bewahren eo, und 15 verpflichtete sie unter Eidschwur, Räuber und Diebe ohne Nachsicht zu verfolgen und zu verurteilen ; den Vögten verbot er ein für allemal, Untervögte zur Ausbeutung des Volkes und der Kirchen einzusetzen. Aber dieses Gebot richtete wenig aus, da die Fürsten nicht auf ihr krie­ gerisches Gefolge verzichten mochten, das sie sich meist durch derartige 20 Lehen verschafften, und sobald der Kaiser abzog, verfuhren sie nach gewohnter alter Weise. Jerusalem wurde am Freitag, dem 15. Juli, von den Christen genommen. Bischof Konrad von Utrecht wurde in diesen Tagen von seinen Leuten getötet 91• Erzbischof Hermann von Köln verstarb 92• 25 Papst Urban verstarb 93 ; auf ihn folgte Paschal, noch zu Lebzeiten Papst Wiberts, der auch Clemens genannt wird. Jahre seit Erschaffung der Welt : 5060. 1 7 . 44. Im Jahr des Herrn 1 100. Kaiser Heinrich feierte das Geburts30 fest des Herrn in Speyer ; an Epiphanie bestimmte er den Bamberger Kanoniker Friedrich, einen noch j ungen Mann, zum Erzbischof von Köln ; dieser wurde am Fest des hl. Martin 94, einem Sonntag, ordiniert. Papst Wibert, der auch Clemens genannt wurde, verstarb 96• 86 Konrad war schon am 10. Mai 1098 auf dem Reichstag zu Mainz der Königskrone verlustig gegangen, die er am 30. Mai 1087 empfangen hatte. 87 Von Regensburg. 88 Von Passau. Beide starben am Ostertag 1099 ( 10. April) in Regensburg. 88 Peter und Paul (29. Juni). 110 Vgl. dazu Meyer v. Knonau, Jbb. 5, 66 zu Anm. 12. 81 Am 13. April. 82 Am 22. November. 83 Am 29. Juli. u Am 1 1 . November. Den Gratulationsbrief der Baroberger Kanoniker siehe bei Jaffe, Bibi. rer. Germ. 5, 185 f. n. 85 Er starb am 8. September in Civita Castellana.

1 20

Frutolf ( ? )

Anni ab initio VLXI.

XVIII. XLV. Anno Domini MCI. Heinricus imperator natale Domini Mogonti{l plUJ'imis convenientibus celebravit. Egilbertus Trevirorum archiepiscopus et Liemarus Premensis archiepiscopus obierunt96• Heinricus comes de Lintpurg rebellavit, sed obsessis et destructis castellis suis in deditionem venit.

s

Heinrich IV. 1 101

s

121

Jahre seit Erschaffung der Welt : 506 1 . 18. 4 5 . I m Jahr des Herrn 1 1 01 . Kaiser Heinrich feierte das Geburts­ fest des Herrn in Mainz in Anwesenheit vieler. Erzbischof Egilbert von Trier und Erzbischof Liemar von Bremen verstarben 116• Graf Heinrich von Limburg erhob sich, unterwarf sich aber, nachdem seine Burgen belagert und zerstört worden waren.

81 Am 3. (5.) September ; am 16. Mai.

EKKEHARDI CHRONICA

DIE CHRONIK EKKEHARDS VON AURA

[RECENSIO I.] 1XIII•. XL. Anno Domini MXCVI. Welefo dux antea Noricus, qui ab imperatore iarn dudum abiuraverat et ob id ducaturn per­ diderat, in gratiarn eius rediit ducatumque recepit. Signum in sole apparuit V. Nonas Martii feria secunda incipientis s quadragesim�. Diversa quoque prodigia rnundus parturisse ubique referebatur. Mox ex omnibus pene terr�, sed rnaxime ab occidentalium regnorum partibus tarn regum et nobilium quarn etiarn vulgi utrius­ que sexus innumerabiles turm� arrnata rnanu Hierosolimarn tendere c�perunt, excitati scilicet in zelum frequentibus nunciis super ob- 10 pressione dominici sepulchri ac desolatione omnium 1 orientaliurnb 1 �cclesiarum, quas gens ferocissima Thuricorurn per aliquot annos suo subactas dominio inauditis calamitatibus iam iarnque deleverat. Quibus, ut dieturn est, subvenire statuentes sicut diversis agminibus, ita diversis et incertis plerique ducibus properabant. Primi namque t s Petrum quendarn rnonachum sequentes, ad XV estimati, per Ger­ rnaniarn indeque per Baioariarn atque Pannoniarn pacifice transiebant ; quarn plurimi vero navali per Danubium vel per Alarnanniarn pedestri itinere, aliique ad XII per Saxoniarn atque Boerniarn a quodarn presbitero Folcrnaro, iternque nonnulli a Gotescalco presbitero per 20 orientalern Franciarn ducti sunt. Qui et ipsi nefandissimas Iud�orum reliquias, ut vere intestinos hostes �cclesi�, per civitates quas transibant aut omnino delebant aut ad baptisrnatis refugium com­ pellebant, quorum tarnen plurimi sicut canes ad vomitum postea retro rediebant. Illi autern viatores plurimis exinde rnanubiis onusti 2s a) In den Jahresberichten zu 1096. 1097. 1098 stimmt Ekkehards Text völlig mit dem Frutolfs überein bis auf einige Auslassungen, die Ekkehard im Auto· graph Frutolfs durch Unterstreichung getilgt hat, und einige wenige Ergän· zungen. b) über der Zeile von E. nachgetragen A.

[ERSTE FASSUNG]

s

10

IS

20

25

113. 40. Im Jahr des Herrn 1096. Welf, der frühere bayerische Herzog, der schon vor einiger Zeit vom Kaiser abgefallen war und deshalb das Herzogtum verloren hatte, kehrte in die Huld Heinrichs zurück und empfing erneut die Herzogsgewalt. Am 3. März, einem Montag zu Beginn der Fastenzeit, erschien ein Zeichen in der Sonne. Überall wurde auch erzählt, die Welt habe ver­ schiedene Ungeheuer geboren. Bald darauf zogen aus allen Gebieten der Erde, vor allem aber der westlichen Königreiche, zahllose bewaffnete Scharen von Königen, Adligen und gemeinem Volk beiderlei Geschlechts in Richtung Jerusalem, leidenschaftlich aufgewühlt durch zahlreiche Botschaften über die Bedrängnis des Heiligen Grabes und die Verwüstung aller orientalischen Kirchen, die das wilde Volk der Türken vor einigen Jahren seiner Herrschaft unterworfen und durch unerhörte Beschwernisse allmählich zerstört hatte. Um ihnen, wie gesagt, zu Hilfe zu kommen, zogen die meisten in verschiedenen Gruppen und ebenso unter verschiedenen und unzuverlässigen Führern los. Die ersten, ungefähr 15 000 , folgten einem gewissen Mönch Peter und zogen friedlich durch Germanien, Bayern und Ungarn ; sehr viele wurden aber auch zu Schiff auf der Donau oder zu Fuß durch Alemannien, wieder andere, etwa 1 2 000 , von einem Priester Folkmar durch Sachsen und Böhmen, und einige von dem Priester Gottschalk durch Ostfranken geführt. Sie ver­ nichteten in den Städten, die sie durchzogen, die verruchten Überreste der Juden als die in Wahrheit inneren Feinde der Kirche entweder völlig oder zwangen sie, in der Taufe Zuflucht zu suchen ; die meisten von ihnen kehrten j edoch später - wie die Hunde zum Erbrochenen - wieder zum früheren Glauben zurück. Als die Teilnehmer des Zuges, von denen die

1-1

Wörtlich Frutolfs Text mit einigen Auslassungen ; für den Kommentar vgl. oben S. 106-1 10 mit Anm. 54-68 ; Einzelnachweise nur zum Text.

126

Ekkehard I

Ungariam attingentes, quibusdam sedicionibus, ut videbatur, indi­ genis invisi facti, re autem vera facultatum suarum abundantia eosdem semibarbaros in avariciam accendentes, iussu regis eorum Colomanni dolis potius quam armis capti, plurimi morte multati, pauci armis et rebus nudati, fugam pro maximo lucro reportabant ; quamvis et amplissima utriusque multitudo a quodam Emichone viro militari seducta, vel potius ut Israheliticus quondam exercitus spiritu fornicationis decepta, paucis sibi Pannoni� ingressum in presidio Miesenburg obstantibus, fuga nemine persequente repatriaverit. Eclypsis lun� facta est VI. Idus Augusti, luna XIIIJ.l

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10

XIIII. XLI. Anno Domini MXCVII. 1 Heinricus imperator ab Italia rediens Ratisponam Baioari� urbem venit ibique aliquamdiu moratus Iud�is, qui baptizari coacti sunt l, iudaizandi ritum 1 concessit. Interea Gotefridus dux Lotharingi�, vir genere, armis et ingenio clarissimus, qui priori anno cunctis qu� posaidebat in precium redac- 1 5 tis, militibus copiosis fideque non modica instructus, iter per orien­ talem Franciam fecerat neque ipsis ab Ungaria fugientibus territus, sed tarn imperatoris H�inrici quam regis Colomanni permissione Pannonias Bulgariasque permearat, Constantinopolitano f�deratur imperatori eiusque presidiis fultus Romaniam attigit ibique sociatis 20 sibi tam Sicili� quam Greci�, Danorum, Northmannorum ceterorum­ que transmarinorum exercitibus, immo universorum Christum colen­ tium nationum auxiliis, frequenti congressu barbaros atterere c�pit ; tandemque Romania 1 occupata, in 1 Antiochi� 1 consedit obsidio. 1 Heinricus imperator Mogonti� cum principibus colloquium de pace 25 habuit circa Kaiendas Decembris et natalem Domini apud Argen­ tinam celebravit. Cometes apparuit. Eo anno �stas fertilissima, hiems vero lenis et pestilens fuit ; imbrium et fl.uminum inundationes nimis increverunt l. 30 XV. XLII. Anno Domini MXCVIII. 1 Inquisitione facta Mogonti� ab imperatore de facultatibus Iud�orum interfectorum inter ceteros qui eas rapuerunt quidam ex consanguineis archipresulis incusati sunt. Quos cum imperator perquireret nec in presentiam eius venirent, pontifex causam eorum defendere volens, sed non valens indignatione

35

Heinrich IV. 1096-1098

127

meisten seitdem reiches Gepäck mitführten, nach Ungarn kamen, erreg­ ten sie, wie es schien, durch Gewalttaten den Haß der Bewohner, in Wahr­ heit aber durch ihren Reichtum die Habsucht der Halbbarbaren ; auf Befehl ihres Königs Koloman wurden sie mehr durch List als Gewalt s gefangengenommen, viele wurden getötet, nur wenige konnten unter Verlust ihrer Waffen und ihrer Habe als höchsten Gewinn die Flucht er­ reichen ; eine große Menschenmenge beiderlei Geschlechts wurde von ei­ nem Mann aus dem Ritterstand namens Emicho verführt, oder besser gesagt, wie einst das israelitische Heer durch den Geist der Unzucht geto täuscht ; als ihr einige wenige, die Wieselburg besetzt hielten, beim Eintritt in Ungarn Widerstand leisteten, flüchtete sie in ihre Heimat zurück, ohne daß sie jemand verfolgte. Am 8. August, im 14. Mondjahr, ereignete sich eine Mondfinsternis. 14. 41 . Im Jahr des Herrn 1097. Kaiser Heinrich kehrte aus Italien zurück und kam in die bayerische Stadt Regensburg ; dort blieb er eine Weile und gestattete den Juden, die man zur Taufe gezwungen hatte, nach jüdischem Ritus zu leben. Herzog Gottfried von Lothringen, ein Mann gleich berühmt durch Herkunft, kriegerische Tüchtigkeit und Verstand, hatte im Jahr zuvor 20 seinen gesamten Besitz zu Geld gemacht und mit zahlreichen Rittern, erfüllt von tiefem Glauben, den Weg durch Ostfranken genommen ; er ließ sich auch von den Flüchtlingen aus Ungarn nicht abschrecken, sondern zog mit Erlaubnis sowohl Kaiser Heinrichs wie auch des Königs Koloman durch Ungarn und Bulgarien, verbündete sich mit dem Kaiser 2s von Konstantinopel und erreichte, gestützt auf dessen Truppen, Rum ; dort vereinigte er sich mit den Heeren Siziliens und Griechenlands, denen der Dänen, Normannen und der übrigen, die jenseits des Ozeans wohnen, sowie den Hilfstruppen aller christlichen Völker und rieb die Barbaren in zahlreichen Gefechten auf; schließlich unterwarf er Rum und belagerte 30 Antiochia. Kaiser Heinrich hatte Anfang Dezember mit den Fürsten ein Gespräch über den Frieden und feierte in Worms das Geburtsfest des Herrn. Ein Komet erschien. In diesem Jahr war der Sommer äußerst fruchtbar, der Winter dagegen 35 mild und reich an Krankheiten ; es gab überaus schwere Überschwemmun­ gen durch Regenfälle und Flüsse. ts

40

15. 42 . Im Jahr des Herrn 1098. In Mainz ließ der Kaiser eine gericht­ liche Untersuchung über das Vermögen der getöteten Juden durchführen ; unter denen, die es geraubt hatten, wurden auch einige aus der Verwandtschaft des Erzbischofs beschuldigt. Als der Kaiser nach ihnen forschte, sie jedoch nicht vor ihm erschienen, wollte der Bischof ihre Sache ver­ teidigen ; da er dazu jedoch nicht in der Lage war, verließ er voll

128

Ekkehard I

permotus ex urbe discessit et Thuringiam cum eis se contulit, quasi suis in hoc melius prospecturus et ex vicinitate imperatori rebellium quendam ei terrorem illaturus sicque commotionis su� vindictam exacturus. Extiterunt autem qui dicerent etiam ipsum pontificem multam partem de pecuniis invasis accepisse et idcirco defensioni ceterorum tanto studio cor apposuisse. Welefo Baioariorum denuo dux filios suos et ipsos rebellare temptantes grati� imperatoris reconciliavit et uni eorum ducaturn post se committi impetravit l.

s

Anno Domini MXCVIIII. 1 Heinricus imperator natalem Domini 1 0 Coloni� celebravit, in epyphania vero Aquisgrani filium suum iuniorem Heinricum quintum regem fecit, reprobato maiore filio Chtinrado, quem prius coronavit l. Chunradus vero causam rebellationis su� paucis tantum sibique familiarissimis in regno detegens, assumpto quodam ex ordine mini- t s sterialium patris �que Chtinrado 2 nomine, forti admodum et prudenti viro, per quasdam Itali� partes et nomen et dignitatem regis annis fere VIIII obtinuit, tantum indolis su� per orbem Romanum diffundens interim odorem, ut nemo religiosus, nemo sapiens in ipso salutem rei public� constituendam fore dubitaret. Erat enim vir per omnia catho- 20 licus et apostolic� sedi subiectissimus, plus religioni quam fascibus vel armis deditus, fortitudine tarnen et audacia satis et supra in­ structus, lectioni quam lusibus vacare malebat, miseris omnimodis, sed precipue militibus inopia strictis compassione et misericordi� fructu proximus 3 fiebat, nemini contemptum, nemini vim, nemini 2s preiudicium intendens, omni person� omnique conditioni fuit affabi­ lis, indeque non inmerito Deo et hominibus semper extitit amabilis. C�libatus pudorem perpetualiter servare cum proposuisset, coactus tarnen a suis filiam Rtitkeri 4 ducis Sicili�, famosissimi pene nostrorum 2 Buchholz S. 132 möchte diesen Konrad mit einem Conradus comes iden­ tifizieren, den Gaufred Malaterra in der Historia Sicula (Muratori, SS. rer. ltal. 5, 598) als Unterhändler bei der Werbung um die Hand der Tochter Rogers I. von Sizilien für König Konrad erwähnt. Dem steht Ekkehards Behauptung ent­ gegen, Konrad sei ein Ministeriale gewesen ; Malaterra müßte dann schon aus dem Ministerialen einen Grafen gemacht haben. Vgl. zuletzt W. Holtzmann, Maximilla regina, soror regis Rogerii, DA. 19 (1963) 143 11'., bes. 15911'.

1099 ; Abfall Konrada

5

10

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Erbitterung die Stadt und begab sich mit jenen nach Thüringen, um hier besser für die Seinen sorgen und in Nähe der Aufständischen gegen den Kaiser diesem Gewalt antun zu können und so Rache für das zu nehmen, was ihn erregte. Es gab allerdings auch einige, die behaupteten, auch der Bischof selbst habe sich einen großen Teil des geraubten Geldes angeeig­ net und deshalb mit solchem Eifer sein Herz an die Verteidigung der übrigen gehängt. Welf, neuerlich Herzog der Bayern, versöhnte seine Söhne, als sie selbst einen Aufruhr anzuzetteln suchten, in Gnaden mit dem Kaiser und erreichte, daß nach ihm einem von ihnen die Herzogsgewalt übertragen werden sollte.

Im Jahr des Herrn 1099. Kaiser Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Köln ; an Erscheinung dagegen machte er in Aachen seinen j üngeren Sohn Heinrich V. zum König unter Zurückweisung seines 15 älteren Sohnes Konrad, den er früher gekrönt hatte. Konrad aber entdeckte den Grund seines Aufstandes nur ganz wenigen engen Vertrauten im Reich ; er zog einen von seines Vaters Ministerialen, der gleichfalls Konrad hieß 2, einen sehr tapferen und klugen Mann, an sich und hatte in einigen Teilen Reichsitaliens fast neun Jahre den 20 Titel und die Würde eines Königs inne ; in dieser Zeit verbreitete er den guten Ruf seines Charakters im ganzen römischen Erdkreis in einem Maße, daß kein frommer und kein weiser Mann daran zweifelte, daß das Heil des Staates auf ihn zu gründen sei. Er war nämlich ein durch und durch katholischer und dem Apostolischen Stuhl äußerst ergebener Mann, 25 der mehr der Religion als dem Regierungsgeschäft und den Waffen zu­ neigte ; obgleich hinreichend tapfer und kühn und sogar mehr als das, widmete er sich dennoch lieber der Lektüre als Spielereien ; allen Armen, vor allem aber in Not befindlichen Rittern, wurde er durch Mitleid und Erbarmen zum Nächsten 3 ; niemandem erwies er Verachtung, niemandem 30 tat er Gewalt, niemandem Unrecht, zu allen Personen jeglichen Standes war er freundlich ; nicht unverdient war er daher Gott und den Menschen stets liebenswert. Er hatte sich vorgenommen, für immer ehelos zu blei­ ben, wurde jedoch von den Seinen veranlaßt, die Tochter des Herzogs Roger von Sizilien 4, des wohl berühmtesten Mannes unserer Zeit, zur

a Vgl. Luc. 10,36. ' Der Name der Tochter des Grafen, nicht wie Ekkehard sagt : Herzogs, Roger I. von Sizilien ist von W. Holtzmann a. a. 0. eruiert worden. Sie hieß Maximilla und war zur Zeit ihrer Vermählung mit Konrad etwa fünf Jahre alt.

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Ekkehard I

temporum viri, duxit uxorem, cuius tarn caste usus est coniunctione, ut vix crederetur eam unquam cognovisse. Qu�a tarnen turturina nihilominus predita fide secundos ultra detestabatur amplexus adeo, ut post ablatum tantum corpori suo caput reliquum vit� su� tempus labori consecraverit sexagesimi fructusa 6• Legale illud preceptum6 : s "Turpitudinem patris tui non revelabis " ! itemque : 7 "Honora patrem tuum ! " murmur, quod per totum Romanum imperium patris sui mores laniabat quodque ipsum sibi offens� patris ac su� illo disces­ sionis causa extitit, auribus propriis nunquam patiebatur inferri, semper illum dominum suum et c�sarem vel imperatorem cognominans, 10 universos a palatio patris adventantes sub appellatione conservorum, licet infimos, sociali benivolentia tractans. Preter animi virtutes morumque compositionem corpore fuit apprima decorus ac statura procerus. Eodem anno Gotefridus dux, Reginmundus comes sancti Egidii, 1s Rupertus comes Normanni�, Rupertus comes Flandrensis 8 cum tur­ barum copiis, quibus preerant, multa usque [Hierusalemb] difficultate pertingunt, 1111. iam anno postquam in eandem militiam pro crucifixo sibi Christo tanti se bellatores sponte crucifixerunt. Reliqua enim multitudo preter eos, qui cum Boimundo Antiochi� consederant vel 20 cum Baldewino Rohas abierant, Laodici� Tyroque remanserant, per diversas circumquaque regiones dispersi erant. Hic de militi� vel expeditionis eiusdem causa non tarn humanitus quam divinitus ordinata fert animus �stuans aliqua prescriptis adicere, maxime ob imprudentium, immo impudentium quorundam redar- 2s gutionem, qui vetusto semper errore contenti novitatem hanc iam senescenti et prope intereunti mundo pernecessariam ore tcmerario presumunt reprehendere, ipsi Epicureo more voluptatum 9 latam quam artam9 divin� servitutis 9 viam9 amplectentes, appetitum mundi prudentiam, contemptum eius stulticiam, hoc est carcerem patriam, 30 10 tenebras lucem, malum bonum 10, mortem vitam, proh pudor ! corde cecissimo considerantes. Lenocinatur eis in hoc et audaciam huiusmodi subministrat depravata iam undique, sed maxime partibus in istis rerum vertigo, ubi sapientia pre omnibus invisa, virtus omnis a - a) Durch Rasur getilgt A. b) Fehlt A, aus Rec. IV ergänzt.

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Gattin zu nehmen, mit der er eine so keusche Ehe führte, daß man kaum glaubte, er habe sie j emals erkannt. Nichtsdestoweniger verschmähte sie in taubenhafter Treue eine zweite Ehe so sehr, daß sie, nachdem ihrem Leib ein solches Haupt genommen war, den Rest ihres Lebens der Arbeit s sechzigfältiger Frucht weihte 6• Gemäß der Vorschrift des Gesetzes 6 : "Du sollst deines Vaters Schande nicht enthüllen! " und der anderen 7: "Ehre deinen Vater! " ließ er es niemals zu, daß man seine eigenen Ohren mit dem Gerücht behelligte, das den Lebenswandel seines Vaters im ganzen Römischen Reich verächtlich machte und das ihm selbst 10 Ursache für den Widerstand gegen den Vater und des Abfalls von ihm war ; vielmehr nannte er ihn stets seinen Herrn und Cäsar, beziehungsweise Kaiser ; wer vom Hofe des Vaters kam und sich dessen Diener nannte - selbst die niedrigsten -, behandelte er mit freundschaftlichem Wohl­ wollen. Außer Geistesgaben und Charakter besaß er eine schöne Gestalt ts und war hoch gewachsen. Im gleichen Jahr gelangten Herzog Gottfried, Graf Raimund von St. Gilles, Graf Robert von der Normandie und Graf Robert von Flandern s mit ihren Truppen nach mancherlei Schwierigkeiten nach Jerusalem ; es war im vierten Jahr, seitdem so bedeutende Krieger 20 für diese Heerfahrt für Christus, den für sie Gekreuzigten, das Kreuz freiwillig genommen hatten. Das übrige Volk war ringsum über die verschiedenen Landstriche verstreut, abgesehen von denen, die mit Boemund in Antiochia saßen oder mit Balduin nach Rohas abgezogen oder in Laodicea und Tyros zurückgeblieben waren. 2s An dieser Stelle drängt das brennende Herz, über die Ursache dieser Heerfahrt, die nicht von Menschen, sondern von Gott angeordnet war, einiges dem soeben Geschriebenen hinzuzufügen, vor allem wegen der Anschuldigungen seitens einiger Törichter, ja Schamloser, die, stets zufrieden mit dem alten Irrtum, dieses Neue, das einer alternden und 30 beinahe zugrunde gehenden Welt dringend vonnöten ist, mit vermessenem Geschwätz zu tadeln sich herausnehmen ; sie, die selbst nach der Weise Epikurs den 9breiten Weg der Begierden dem schmalen Weg 9 gött­ lichen Dienstes vorziehen und in ihrer Herzensverblendung, o Schmach !, das Begehren nach der Welt für Klugheit, deren Verachtung für Torheit, 3S das heißt, den Kerker für das Vaterland, 10die Finsternis für Licht, das Schlechte für gut l0, den Tod für das Leben halten. Dabei kommt ihnen zustatten und verleiht ihnen eine derartige Kühnheit j ene durch und 5 Dieser Passus ist von Ekkehard später getilgt worden, weil er der irrtümli­ chen Meinung war, die Witwe Konrads habe König Balduin I. von Jerusalem geheiratet, wie er in seiner Hierosolymita berichtet. Vgl. Matth. 1 3,23. 6 Vgl. Lev. 18, 7. 7 Exod. 20, 12. 8 Zu den Fürsten oben S. 1 16 Anm . 81 -83. U-U Vgl. Matth. 7' 14. 10-10 Is . 5, 20. -

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est odiosa, religio despicitur, humilitas conculcatur, astutia prima­ turn prestat, vicium amorem conciliat, crudelitas timorem, superbia imperat honorem. Nos autem in Domino tantum confidentes nec presentibus, sed futuris inhiantes, ac licet spectatores pigri, fautores tarnen benivoli, laudemus eosdem nostri temporis viros gloriosos, s qui vicerunt regna mundi, qui relictis propter pium ovis centesim� quesitorem11 coniugibus ac liberis 12, regnis et divitiis posuerunt animas suas in manibus suis13, 14 zelo zelantes pro Domino Deo exer­ cituum 14, utraque condigne armati fortitudine regis sui c�lestis ineuntes servitium. 10 Tempore Heinrici IIII. Romani et Alexii Constantinopolitani principis 16 iuxta presagium evangelicum 16 surrexit undique gens contra gentem et regnum adversus regnum, et terr�motus magni erant per loca et pestilenti� et fames terroresque 17 de c�lo et signa magna 17, et quia iam in omnes gentes evangelica tuba 18 iusti iudicis 19 t s adventum preconabatur, ecce etiam totum circumquaque mundum signa prophetata portendentern universalis �cclesia contemplatur. lam Hierosolima Sarracenis civibus possessa Babyloni�, qu� nunc sedes est regni �gypti� 20, serviebat, iam tenuis in ea christian� pro­ fessionis religio cotidiano se tributo redimebat. Bethlehem, domus 20 panis angelorum 21, stabulum facta est armentorum, univers�que circumcirca �cclesi� per omnia ludibriis numeroso annorum circuitu subiacebant paganorum. Orto interea bello sorte miserabili inter Christianos orientales 22, id est Grecos et Armenios, Armenii utpote regnis et numero pauciores 2s affines asciscunt sibi de Persia bellatores inclyt� fam�, Thurcos, quorum auxilio sedata iuxta placitum suum seditione dimiserunt eos ad propria nimis alleetos terrarum ipsarum copia et fertilitate. Qua de re inito post annos aliquot consilio emerserunt ab aquilonali plaga de terra Gorrizana 23, qu� plus hominum quam victuum fertilis esse narra- 30 tur, prescriptorum paganorum copi� mult�, qu� sub IIII sultanis n

18 12 Vgl. Luc 23, 46. Vgl. Matth. 19, 29. Vgl. Luc. 15, 4 ff. 15 Alexios I. Komnenos ( 1081-1 1 18). 3. Reg. 19, 10.14. 17-17 18 Apoc. 13, 13. Vgl. Matth. 24, 7; Luc. 21, 10; Mare. 18, 8. 1s 18 Vgl. 2. Tim. 4, 8. Vgl. Matth. 24, 31 ; Apoc. 8, 2 ff. 20 Im Folgenden bezeichnet Ekkehard Ägypten, bzw. Kairo stets als Babylon. 21 "Brothausen". Hebr. Bethlehem

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durch schlechte, zwar überall, aber besonders in diesem Land sich breit machende Verkehrung der Dinge, bei der die Weisheit von allen scheel angesehen wird, j ede Tugend verhaßt ist, Religion verachtet, Demut mit Füßen getreten wird, Torheit Vorrang gewährt, das Laster Liebe verschafft, Grausamkeit über die Furcht, Hochmut über die Ehre herrscht. Wir aber, die wir allein auf Gott vertrauen und nicht dem Gegen­ wärtigen, sondern dem Zukünftigen uns widmen, sind zwar nur armselige Zuschauer, aber wenden ihnen doch unsere Gunst und unser Wohl­ wollen zu und loben diese ruhmreichen Männer unserer Zeit ; sie siegten über die Reiche der Welt ; um dessen willen, der besorgt das eine Schaf von hundert suchte 11, verließen sie Frauen und Kinder 12, Herrschaft und Reichtum ; sie legten ihre Seelen in seine Hände 13 und 14voller Eifer für Gott, den Herrn der Heerscharen 14, nahmen sie, würdig gerüstet mit doppelter Tapferkeit, den Dienst ihres himmlischen Königs auf sich. Zur Zeit des römischen Kaisers Heinrich IV. und des Kaisers von Konstantinopel Alexius 16 erhoben sich nach der Weissagung des Evan­ geliums 16 überall Volk gegen Volk und Reich gegen Reich, große Erd­ beben ereigneten sich verschiedenen Orts, auch Seuchen, Hunger, Schrecken 17vom Himmel und große Zeichen 17 ; und da bereits bei allen Völkern die Posaune aus dem Evangelium 18 die Ankunft des gerechten Richters 19 verkündete, siehe ! , da warf auch die allgemeine Kirche einen Blick auf die gesamte Welt im Umkreis, die die prophezeiten Zeichen aufwies. Schon war Jerusalem, bewohnt von sarazenischen Bürgern, Babyion untertan, das nun Sitz des ägyptischen Reiches 20 ist ; schon kaufte sich die christliche Religion in ihrer Schwachheit durch täglichen Tribut frei. Bethlehem, die Wohnung des Brotes der Engel 21, war zu einem Viehstall geworden, und alle Kirchen ringsum waren seit einer Reihe von Jahren völlig den Gelüsten der Heiden unterworfen. Als irrfolge eines unglücklichen Schicksals zwischen den Christen des Orients, das heißt zwischen Griechen und Armeniern, Krieg ausbrach 22, verbündeten sich die Armenier als die Geringeren an Macht und Zahl mit Kriegern von bedeutendem Ruf aus dem benachbarten Persien, nämlich mit den Türken. Als die Unruhen dank deren Hilfe zu ihrer Zufriedenheit beigelegt waren, entließen sie jene in ihre Heimat ; Reichtum und Fruchtbarkeit dieser Länder übten jedoch auf diese einen überaus großen Reiz aus. Nach einigen Jahren hielten sie deshalb Rat, und dann brachen von Norden her aus dem Land Gorrizim 23, das an Menschen reicher als an Lebensmitteln sein soll, zahlreiche Scharen der erwähnten Heiden hervor ; unter vier Sultane - so pflegen sie nämlich ihre Fürsten zu 22 Zu den Kämpfen Byzanz' mit seinen Nachbarn im 1 1 . Jahrhundert vgl. A History of the Grusades 1, 177 ff. 23 Wohl Khorezm, s. des .Aralsees, am Westufer des Oxos.

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divis� - sie enim satrapas suos nominare solent , uni tantum Persico imperatori pene divini cultus more subiecti per Armeniam indeque Capadociam totamque Romaniam 24 atque Siriam diffusi sunt. Primo quippe Niceam 26, catholic� quondam fidei turrim firmissimam, expugnant trucidatis in ea Christianis, quos ceperant, Solomanum 26 s quendam de suis tyrannum cum presidiis locant, universas circumquaque regiones usque ad paludem sive sinum maris, qui brachium sancti Georgü dicitur 27, funditus devastantes nulli anim� christian�, nulli �cclesi� vel monasterio, immo nec ipsis sanctorum 10 imaginibus parcentes. Vidimus enim et adhuc videre miserabile spectaculum est in semi­ dirutis partium illarum oratorüs ipsam Salvatoris nostri eiusque gloriosissim� genitricis seu quorumlibet electorum picturas truncatis naribus vel auribus, manibus vel pedibus desolatarum �cclesiarum quodammodo luctum visibiliter pretendere divinique iudicü super se ts vigilantem virgam plagis quasi semper recentibus ostentare. His te gladiis, o nobilissima Constantinopolis, nec regis tui tutavit mille­ formis astutia 28, nec civium populositas innumera, non te frequ�ntia nundinarum vel infinita congeries auri redemit, non te Waringorum, non te Thurcopolorum tuorum vel Pincinatorum 29 classiumve multi- 20 tudo defendit ; solum tibi stagni predicti intersticium presidio fuit, immo sola te Creatoris operatio munivit. Subiacuit furoribus citis prepotens quondam Antiochia, et ne multis morer, dextras dederunt tota simul Siria atque Palestina. Igitur terra repromissionis 30 subacta mater nostr� redemptionis ac 2s fidei Hierusalern duplici captivitatis iugo gravatur31, solamen tarnen erat utique perparvulum, quod opprimentium se Sarracenorum Thur­ cis multo turpior plebs �qua sorte multatur. Posito inibi sultano militibusque numerosis ad instaurandum antemurale, quod hactenus cernitur, aliave qu�libet �dificia destruuntur illa, qu� extra civitatem 30 erant, monasteria ; Domini vero sepulchrum qu�stus dumtaxat gratia intemeratum relinquitur, templum Domini famosissimum et nulli, -

:w.

Iconium.

25 Noch vor dem Regierungsantritt des Alexius (April 1081) war die Stadt

von Nikephoros Botaniates, der gegen Kaiser Michael VII. rebellierte, Suleiman und seinen Truppen überlassen worden. 2s Vgl. vorige Anm.

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nennen - aufgeteilt, dem einen persischen Kaiser in fast göttlichem Kult untertan, breiteten sie sich über Armenien und von dort aus über Kappa­ dozien und ganz Rum 24 und Syrien aus. Zunächst eroberten sie Nizäa26, einst ein fester Turm des katholischen Glaubens, und töteten alle Christen, 5 deren sie habhaft wurden ; sie legten Truppen unter einem der Ihren, unter dem Tyrannen Suleiman 26, dorthin und verwüsteten ringsum gründ­ lich alle Gebiete bis an den Sumpf oder den Meerbusen, der Arm des hl. Georg heißt27, und verschonten keinen Christen, keine Kirche, kein Kloster, ja nicht einmal die Bilder der Heiligen. 10 Wir sahen nämlich, und es ist noch heute ein trauriges Schauspiel, wie in den halbzerstörten Kirchen jenes Gebietes die Bilder selbst unseres Erlösers und seiner glorreichen Mutter oder auch die Auserwählter durch Beschädigung an Nasen und Augen, Händen und Füßen die Trauer der verwüsteten Kirchen gewissermaßen sichtbar machen und durch 15 gleichsam immer neue Schläge zeigen, daß die Geißel des göttlichen Gerichts über ihnen wacht. Vor diesen Schwertern, edelstes Konstanti­ nopel, schützte dich weder die tausendfältige List deines Königs 28, noch das zahllose Volk deiner Bürger, weder die zahlreichen Märkte, noch die schier unermeßliche Anhäufung von Gold kauften dich los ; weder die 20 große Zahl der Waräger noch die der Türken, noch die der Petscherregen 29, noch die der Schiffe verteidigten dich ; allein das dazwischen liegende genannte Gewässer war dein Schutz, nur das Wirken deines Schöpfers war dir Schutzwall. Diesem Ansturm unterlag das einst mächtige Antiochia, und, um mich 25 nicht länger mit Einzelheiten aufzuhalten, ganz Syrien und zugleich Palästina versprachen Treue. Als also das Land der Verheißung 3o unterworfen war, wurde Jerusalem, die Mutter unserer Erlösung und unseres Glaubens, durch ein doppeltes Joch der Knechtschaft bedrückt31 ; demgegenüber war es nur ein sehr 30 geringer Trost, daß das Volk seiner Bedränger, der Sarazenen, das noch schändlicher ist als die Türken, durch das gleiche Schicksal bestraft wurde. Nachdem in der Stadt ein Sultan eingesetzt und zahlreiche Sol­ daten dorthin verlegt waren, wurden die Klöster außerhalb der Stadt niedergerissen, um eine Vormauer, die man noch heute sehen kann, und 35 einige andere Gebäude zu errichten ; das Grab des Herrn indessen blieb der Steuer wegen verschont ; der berühmte Tempel, der - wie ich meine 2 7 Dardanellen, Marmarameer und Bosporus. 28 Alexius galt unter den Kreuzfahrern als verschlagener und treuloser Bun­

desgenosse. 1111 Im byzantinischen Heer dienten Söldner aus allen Völkern von West­ europa bis Asien. ao Vgl. Hebr. 1 1 , 9. 31 Jerusalem wurde 637 von den Sarazenen, 1070 von den Türken und 1098 erneut von den Sarazenen genommen.

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ut arbitror, humani operis structur� comparandum 32 sacrileg� paganorum religioni reservatur, tant�que semper apud illos habebatur venerationi, ut numquam illud nisi nudis et lotis pedibus intrarent, nullum vero de Christianis, quos utique maxime immundos iudicabant, per tot annorum curricula tarn Sarracenorum quam Thurcorum tem- s pore vel intra atrium ingredi permitterent. Cum ergo victores idem nunc armis, ut res poscebat, insudarent, nunc lusibus ac delicüs, utpote a glarea ieiuna in terram maxime fructiferam transplantati sibimet indulgerent, in illorum servitio qu� tormenta, quas cruces quasve per omnia miserias superstites Christi- t o col� paterentur, vix cuilibet inexperto credibile est ; per legat,iones tarnen frequ�ntissimas et epistolas etiam a nobis visas33 universalem �cclesiam �cclesi� Hierosolimitan� in presidium lugubriter inclamantes adverti facile potest. Predictus etiam Alexius imperator Constani­ politanus super eiusdem barbaris predonibus per maiorem iam regni t s sui partem diffusis non paucas epistolas Urbano pap� direxit 34, quibus in defensionem orientalium �cclesiarum se non sufficere deplo­ ravit 36 obtestans totum, si :fieri posset, occidentem, qui iam ex integro christiana professione censeretur, sibi in adiutorium advocari, pro­ mittens per se cuncta necessaria preliaturis terra marique ministrari. 20 Inde commotus apostolicus et omnis �cclesia Romana generale concilium in Hispani� con:finio vel, ut quidam dicunt, Parisii con­ gregari fecit36, quo etiam ipse laborioso nimis itinere perveniens innumeris, qui ibidem convenerunt, populis diversorumque regnorum legatis universa, qu� prescripta sunt, et multo ampliora ore facundis- 2s simo declamavit 37. Mox tot milibus in lacrimas resolutis, variarum quoque linguarum planctibus in altum levatis in hoc eis doctor egregius remissionem omnium condonat peccatorum 38, si renunciatis omnibus, qu� possi­ debant, crucem post Christum unanimiter portantes 39 periclitantibus 30 32

Nach Hagenmeyer S. 77 Anm. 13 die Omarmoschee (Felsendom) . Vgl. Hagenmeyer, Kreuzzugsbriefe ; Ekkehard könnte außer dem gefälsch­ ten Brief des Kaisers Alexius (S. unten Anm. 35) auch noch den Brief des Patri­ archen Dagobert von Jerusalem (Hagenmeyer XXI, S. 176 ff.) an die Gläubigen in Deutschland, vielleicht auch den einen oder anderen Papstbrief gekannt haben. Vgl. auch U. Schwerin, Die Aufrufe der Päpste zur Befreiung des Heili­ gen Landes von den Anfängen bis zum Ausgang lnnocenz' VI., Hist. Stud. 301 , 1937. 33

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mit keinem menschlichen Bauwerk vergleichbar ist 32, wurde der gottes­ lästerlichen Religion der Heiden vorbehalten, doch genoß er so große Verehrung, daß sie ihn stets nur mit bloßen und gewaschenen Füßen betraten, den Christen aber erlaubten sie während so vieler Jahre, sowohl s zur Zeit der Sarazenen wie der Türken, nicht einmal den Zutritt zum Vor­ hof, weil sie diese für ganz besonders unrein hielten. Welche Marter, welches Kreuz, welche Drangsal ganz allgemein die übriggebliebenen Christen in ihrer Knechtschaft erduldeten, während die Sieger bald Krieg führten, wenn es erforderlich war, bald sich dem 10 Spiel und dem Genuß hingaben, zumal sie von kärglicher Scholle in äußerst fruchtbares Land übergesiedelt waren, das ist für j emanden, der es nicht selbst erfahren hat, kaum zu glauben ; doch kann man das leicht durch die zahlreichen Botschaften und Briefe erfahren, die auch wir gesehen haben 33 und die voller Trauer die allgemeine Kirche zum Schutz ts der Kirche von Jerusalem aufriefen. Auch der erwähnte Kaiser Alexius von Konstantinopel schickte an Papst Urban nicht wenige Briefe 34 wegen der barbarischen Räuber, die bereits den größeren Teil seines Reiches überflutet hatten ; darin beklagte er 35, nicht genügend Kräfte für die Verteidigung der orientalischen Kirchen zu besitzen ; er beschwor ihn, 20 nach Möglichkeit den gesamten Westen, der schon ganz und gar durch das christliche Bekenntnis bestimmt wurde, zu seiner Hilfe aufzurufen, und versprach, seinerseits den Kämpfenden alles Notwendige zu Lande und zu Wasser zur Verfügung zu stellen. Bewegt beriefen der Papst und die ganze Römische Kirche ein allgemeines 25 Konzil an der Grenze von Spanien oder, wie einige sagen, in Paris ein 36 ; auch er selbst kam auf einem überaus mühsamen Weg dorthin und erläu­ terte mit beredtem Mund dem zahlreichen Volk, das sich dort eingefunden hatte, und den Gesandten der verschiedenen Reiche alles, was soeben berichtet wurde und noch vieles mehr 37• 30 Bald brachen Tausende in Tränen aus, und in verschiedenen Sprachen erhoben sich die Klagen zum Himmel ; ihnen allen gewährte der erhabene Lehrer Nachlaß der Sünden 38 für den Fall, daß sie unter Aufgabe ihres ganzen Besitzes einmütig das Kreuz nach dem Vorbild Christi trügen 39 at

Vgl. A History of the Crusades I , 227 ff.

35 Zu dem angeblichen Brief des Alexius E. Joranson, The Spurious Letter

of Emperor Alexius to the Court of Flanders, Am. Hiat. Rev. 55 (1950) 8l l ff. 36 Gemeint ist das Konzil von Clermont im November 1095 ; Ekkehard kannte also den Konzilsort nicht. 37 Vgl. dazu Fulcher von Chartres, Gesta Franeorum Iherusalem peregrinan­ tium, ed. H. Hagenmeyer (1913) I, 3 S. 131 ff. 38 Die Privilegien für die Kreuzzugsteilnehmer bei Mansi, Concilia 20, 815ff. ; 21, 284. 3 u Vgl. Matth. 10, 38 u. öfter.

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conchristianis ferrent auxilium. Qua sponsione arrectis animis omnium designata sunt ad presens in Domini miliciam circiter CM virorum, ex Aquitania scilicet atque Normannia, Anglia, Scotia et Hibernia, Britannia, Galicia, W asconia, Gallia, Flandria, Lotharingia c�teris­ que gentibus christianis, quarum nunc minime occurrunt vocabula. s Crucis signaculum in vestibus idem vere crucifer exercitus ob mortificationis preferebat commonitorium, credens in hoc iuxta visionem Magno quondam Constantino revelatam ab inimicis crucis Christi se triumphaturum. Mira autem et inestimabili divinitatis dispensatione tot Christi mem- 1 0 bra linguis, tribubus et nationibus differentia subito in unum Christi caritate conglutinati coaluerunt corpus, uno omnes Christo rege, sed singulis singul� gentes procurat� ducibus, Gotefrido scilicet Lotharin­ giensi suisque fratribus Baldewino 40 et Eustatio 41, Ruperto Flandren­ si42, item Ruperto Normannico, Regimundo comite de sancto Egidio, 1 s Hugone 43 fratre Philippi regis Galli� c�terisque einsdem industri�, nobilitatis atque fortitudinis bellatoribus. Quibus omnibus venerand� sanctitatis et sapienti� virum Hademarum episcopum 44 prefatus apostolicus prefecit, cui et ligandi solvendique potestatem 45 a beato Petro Roman� sedi hereditatam sua vice semper exercendam concessit 20 insignitumque c�lestis militi� stigmate exercitum apostolica bene­ dictione consignans condicto ab universis tempore profectionis ipse cum non modica einsdem expeditionis turma ltaliam rediit46• Legatis denique singulis ad propria reversis pervagata cis citraque mox orbem cunctum h�c fama commovit, insuper, quod dictu mirabile 2s est, ipsum oceani Iimitern velocitate consueta supervalans insulanorum etiam classibus maria ipsa in c�lestis regis miliciam redundare fecit. Nam, ut verissime comperimus, tarn ignotos effudit oceanus populos, cuius non dicam mores et habitus, sed ne loquelam quisquam huius litoris habitator vel de ipsis marinariis agnosceret ; rursumque alios, 30 quibus nihil preter panem et aquam in usu victus esset ; itemque quosdam, quibus argenturn pro ferro in omnibus suis utensilibus esset. 40 Balduin von Boulogne, 1098-1 100 Grafvon Edessa, 1 100-1 1 1 8 König von Jerusalem. n Eustach III. von Boulogne war der älteste der drei Brüder.

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und ihren in Not befindlichen Mitchristen Hilfe brächten. Infolge dieses Versprechens erhoben sich die Herzen aller, und etwa 100 000 Mann wur­ den auf einmal für das Heer Christi bezeichnet, aus Aquitanien und der Normandie, aus England, Schottland und Irland, aus der Bretagne, 5 Galicien, Gascogne, Gallien, Flandern, Lothringen und den übrigen christlichen Völkern, deren Namen j etzt gar nicht alle einfallen. Als ein Heer, das in Wahrheit das Kreuz trug, hatte es auf seinen Gewändern das Zeichen des Kreuzes als Mahnung des Todes, im Glauben daran, daß es gemäß der Erscheinung, die Konstantirr der Große einst 10 hatte, über die Feinde des Kreuzes Christi triumphieren werde. Durch die wunderbare und unwägbare Anordnung Gottes wuchsen so viele Glieder Christi, verschieden nach Sprache, Stämmen und Völkern, plötzlich in gemeinsamer Liebe glühend, zu dem einen Körper Christi zusammen, alle unter dem einen König Christus, die einzelnen Völker 15 jedoch unter einzelnen Führern, nämlich unter Gottfried von Lothringen und seinen Brüdern Balduin 40 und Eustach 41, Robert von Flandern 42, Robert von der Normandie, Graf Raimund von St. Gilles, Hugo 43, dem Bruder König Philipps von Frankreich, und den übrigen ebenso tüchtigen, adligen und tapferen Kriegern. An ihrer aller Spitze stellte der erwähnte 20 Papst den Bischof Ademar44, einen bewundernswert heiligmäßigen und weisen Mann ; ihm gestattete er, die Gewalt zu binden und zu lösen 45, die der hl. Petrus dem Römischen Stuhl hinterlassen hat, stets an seiner Statt auszuüben ; dem Heer, das mit dem Zeichen der himmlischen Heer­ schar gezeichnet war, gab er den apostolischen Segen und kehrte dann, 25 nachdem alle die Zeit des Abmarsches ausgemacht hatten, mit einer ansehnlichen Abteilung dieser Kreuzfahrer nach Italien zurück 46• Sobald die einzelnen Gesandten in ihre Heimat zurückgekehrt waren, verbreitete sich diese Kunde bald überall und bewegte den ganzen Erd­ kreis ; darüber hinaus, was geradezu wunderbar klingt, überflog sie in 30 gewohnter Schnelligkeit sogar die Grenze des Ozeans und ließ die Meere selbst für die Heerschar des himmlischen Königs sich über und über mit den Flotten der Inselbewohner füllen. Denn wie wir zuverlässig erfuhren, ergoß der Ozean so unbekannte Völker, daß kein Küstenbewoh­ ner und selbst keiner von den Seefahrern deren, ich möchte nicht sagen, 35 Sitten und Bräuche, sondern nicht einmal deren Sprache kannte ; andere wiederum, denen nichts außer Brot und Wasser zum Leben diente ; ebenso solche, die bei allen Gebrauchsgegenständen Silber statt Eisen verwendeten. 42 43 44 '5

Zum Folgenden oben S. 1 16 und Hagenmeyer, Hierosolymita S. 97 ff. Graf von Vermandois. von Le Puy, Legat des Papstes für den Kreuzzug. Vgl. Matth. 18, 18. " August 1096.

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Hinc et undecumque augebatur cotidie circumcirca signatorum numerus et, ut prelibavimus, in huiusmodi expeditionem totus fervet, totus concutitur vel potius transformari videbatur mundus. Francigenis occidentalibus facile persuaderi paterat sua rura relin­ quere, nam Gallias per annos aliquot nunc seditio civilis, nunc fames, s nunc mortalitas nimis afflixerat, postremo plaga illa, qu� circa Nivalensem sanct� Gerdrudis �cclesiam 47 orta est, usque ad vi� desperationem terruerat. Erat autem huiusmodi: Tactus quisquam igne invisibili quacumque corporis parte tarn diu sensibili, immo incomparabili tormento etiam inremediabiliter ardebat, quousque vel to spiritum cum cruciatu vel cruciatum cum ipso tacto membro amitteret. Testantur hoc hactenus nonnulli manibus vel pedibus hac pena truncati. Reliquarum nationum plebes vel person� ali� preter apostolicum edictum prophetis quibusdam inter se nuper exortis seu signis c�lestibus ac revelationibus ad terram se repromissionis ts vocatas, ali� se quibusvis incommoditatibus ad talia vota compulsos• fatebantur ; magna quippe pars eorum cum coniugibus ac prole tota­ que re familiari onusti pro:ficiscebantur. Orientallbus autem Francis, Saxonibus et Thuringis, Baioariis et .Alamannis h�c bucina minime insonuit propter illud maxime scisma, 20 quod inter regnum et sacerdotium a tempore .Alexandri48 pape usque hodie tarn nos Romanis quam Romanos nobis invisos et infestos iam, heu! confirmavit. Inde est, quod omnis pene populus Theutonicus in principio profectionis huius causam ignorantes per terram suam transeuntes tot Iegiones equitum, tot turmas peditum totque catervas 2s ruricolarum, feminarum ac parvulorum quasi inaudita stulticia delirantes subsannabant, utpote qui pro certis incerta captantes terram nativitatis vane relinquerent, terram repromissionis incertam certo discrimine appeterent, renunciarent facultatibus propriis, inhiarent alienis. Sed quamvis nostra gens c�teris multo sit insolentior, respectu 30 tarnen miserationis divin� inclinatur tandem ad verbum eiusdem renunciationis furor Theutonicus, a comeantium scilicet turbis rem ad integrum edoctus. Preterea signum in sole, quod prescriptum est48, visum multaque, qu� tarn in aere quam in terris protenta apparuerunt, ad huiusmodi 3S a)

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A.

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Von hier und überall her vermehrte sich täglich ringsum die Zahl der Gezeichneten, und, wie wir sagten, die ganze Welt war entflammt für diese Heerfahrt, wurde erschüttert, oder besser, schien umgestaltet zu werden. Die Westfranken ließen sich leicht gewinnen, ihr Land zu verlassen ; s denn seit Jahren suchten Bürgerkrieg, Hungersnot und Sterblichkeit Frankreich schwer heim, und zuletzt hatte sie die Plage, die bei der Kirche der hl. Gertrud zu Nivelles 47 zuerst auftrat, in solchen Schrecken versetzt, daß sie am Leben verzweifelten. Es verhielt sich aber folgender­ maßen : Befallen von einem unsichtbaren Feuer, brannte man an irgend10 einem Teil des Körpers so lange unter schwerer, ja unvergleichbarer Qual und unheilbar, bis man entweder das Leben und damit diese Marter oder diese Marter zusammen mit dem befallenen Glied verlor. Es sind noch heute einige bekannt, die durch dieses Leiden an Händen oder Füßen verstümmelt sind. Die Völker der übrigen Nationen und andere 15 Personen erklärten, abgesehen von dem Erlaß des Papstes seien sie durch Propheten, die unter ihnen aufstanden, durch himmlische Zeichen und Erscheinungen zum Land der Verheißung gerufen worden, andere dagegen sagten, sie hätten sich durch irgendwelche ungünstigen Um­ stände zu solchen Gelübden veranlaßt gesehen ; denn ein großer Teil 20 von ihnen machte sich mit Frauen und Kindern und seiner ganzen Habe auf den Weg. Den Ostfranken dagegen, den Sachsen, Thüringern, Bayern und Ale­ mannen drang diese Posaune kaum ins Ohr ; es lag vor allem an dem Schisma zwischen der königlichen und der geistlichen Gewalt, das seit der 25 Zeit Papst Alexanders 48 bis heute uns den Römern und ebenso die Rö­ mer uns verhaßt und zu Feinden gemacht hat. Daher hat fast das gesamte deutsche Volk zu Beginn dieses Zuges in Unkenntnis über dessen Ursache alle die, die durch sein Land zogen, die Reiterscharen, das Fußvolk, die Bauern, Frauen und Kinder als in einem unerhört törichten Wahn befan30 gen verhöhnt, weil sie Ungewisses an Stelle der Gewißheit auf sich nahmen, in leerem Wahn das Land ihrer Geburt verließen, ein ungewisses Land der Verheißung mit eindeutigem Risiko erstrebten, sich von ihrem Eigen­ tum lossagten und fremdem nachjagten. Aber wenn unser Volk auch viel überheblicher ist als die übrigen, so beugte sich dennoch das deutsche 35 Ungestüm, da Gottes Erbarmen verheißen war, dem Wort dieser Bot­ schaft, von den vorüberziehenden Scharen über den Sachverhalt völlig belehrt. Außerdem regten das erwähnte 48 Zeichen an der Sonne und vieles Be­ deutsame in der Luft und auf der Erde nicht wenige zur Teilnahme an, die

47 Südlich von Brüssel. Zu der ignis sacer, - divinus, - persicus oder - inferna­ lis genannten Krankheit Hagenmeyer, Hierosolymita S. 105 Anm. 6. 48 Alexander II. (1061-1073). 4e Vgl. den Bericht z. J. 1096.

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exercicia non paucos antea torpidos excitaverunt. E quibus aliqua hic interseri duximus utilissimum, cuncta vero longissimum. Nam et nos cometem in plaga meridiana stantem 50 suumque splendorem in obliquum gladii more protendentem tune circa Nonas Octobris vidimus. Anno vero post h�c III. stellam aliam in oriente locum suum 5 longo interstitio saltibus mutantem VIa . Kalendasa Martiia con­ speximus, nubes quoque Sanguineas tarn ab occidente quam ab oriente surgentes sibique invicem in c�li centro concurrentes rursumque mediis fere noctibus a septentrione igneos exurgere splendores ; plerumque etiam faculas per aerem volitantes vidisse nos testibus 1 0 plerisque comprobamus. Non multo ante hos annos quidam venerabilis vit� presbiter nomine Suiggerus cuiusdam diei hora fere nona duos equites conspexit con­ currentes in aere diuque concertantes, alterum, qui et crucem non modicam ferebat, qua percutere videbatur, in altero victorem existere. 1 5 Eodem tempore G . presbiter, qui nunc sub monachica professione nobiscum pro primogenitis asini debitum ovinum Christo persolvit 61, hora quadam meridiana cum duobus comitibus in silva deambulans gladium mir� longitudinis venti vertigine, ignotum unde levaretur, in sublime deferri vidit et, quousque visum altitudo celeret, tarn 20 fragorem auribus quam metallum oculis discrevit. Referebant aliqui, qui in equorum pastibus vigilabant, civitatis se speciem in aere vidisse, diversas etiam turbas diversis ad eam partibus tarn equ�stri quam pedestri itinere properantes perspexisse. Nonnulli etiam crucis signaculum sibimet in frontibus vel vestibus 25 sive in quolibet corporis loco divinitus impressum ostendebant 62 ipsoque se stigmate ad eandem Domini militiam prescriptos credebant. Item aliis subita mentis mutatione compunctis vel visione nocturna edoctis predia resque familiares distrahere signumque mortificationis 63 vestibus assuere placuit, et in his omnibus ultra quam credi potest 30 catervatim currentibus ad �cclesias populis novo ritu gladios cum fustibus et capsellis sacerdotalis benedictio dispertivit. Quid referam temporibus ipsis mulierem quandam duobus annis continuis impregnatam tandemque dirupto utero :filium loquentem fudisse ; itemque infantulum per omnia bimembrem, alterum vero 35 a) über der Zeile nachgetragen A.

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zunächst unbeeindruckt geblieben waren. Es scheint uns nützlich, einige von diesen Zeichen hier anzuführen ; sie alle zu nennen, würde zu weit führen. Auch wir sahen nämlich um den siebten Oktober einen Kometen im Süden stehen 60, dessen Glanz sich schräg wie ein Schwert erstreckte ; s im dritten Jahr danach erblickten wir am 24. Februar im Osten einen anderen Stern, der seinen Standort nach langem Stillstehen in Sprüngen veränderte ; ebenso sahen wir von Westen wie von Osten blutigrote Wolken aufsteigen, die sich in der Mitte des Himmels trafen ; jeweils um Mitternacht hinwiederum erhob sich im Norden feuriger Glanz ; ebenso 1 0 bezeugen wir mit zahlreichen Gewährsleuten, mehrfach Fackeln durch die Luft fliegen gesehen zu haben. Wenige Jahre zuvor sah ein Priester Suigger, ein Mann von verehrens­ würdigem Lebenswandel, eines Tages um die neunte Stunde, wie zwei Reiter in der Luft zusammenstießen und lange miteinander käm pften ts und wie schließlich der eine, der ein ziemlich großes Kreuz trug, mit dem er zuzustoßen schien, über den anderen siegte. Ein Priester G., der nun als Mönch mit uns zusammen Christus das an Stelle der Erstgeburt des Esels geschuldete Opfer eines Schafes dar­ bringt 61, ging eines Mittags mit zwei Begleitern im Wald spazieren, da20 bei sah er, wie ein erstaunlich langes Schwert durch einen Wirbelwind - man weiß nicht, woher er kam - aufwärts davongetragen wurde, und bis die Höhe es dem Blick entzog, nahm er mit den Ohren das Klirren und mit den Augen das Metall wahr. Einige berichteten, sie hätten, als sie bei den weidenden Pferden wach2S ten, in der Luft eine Stadt gesehen und beobachtet, wie verschiedene Scharen zu Pferd und zu Fuß von verschiedenen Seiten her zu der Stadt zogen. Einige erklärten auch, daß ihnen von Gott das Zeichen des Kreuzes auf die Stirn, auf die Kleider oder sonst eine Stelle des Körp ers auf30 geprägt worden sei 62, und sie glaubten sich durch dieses Zeichen für das Heer des Herrn verpflichtet. Wieder andere gaben infolge eines plötzlichen Sinneswandels oder eines nächtlichen Gesichtes ihre Güter und ihr ganzes Hauswesen auf und hefteten an ihre Kleider das Zeichen des Todes 63 ; überdies lief das Volk 3S in unglaublichen Scharen zu den Kirchen, und nach einem neuen Brauch verteilte man vom Priester geweihte Schwerter, Stäbe und Kästchen. Soll ich weitererzählen, daß in dieser Zeit eine Frau zwei Jahre lang schwanger war und endlich, als ihr Leib sich öffnete, einen Sohn gebar, der sprechen konnte ; daß ein Kind, das alle Glieder doppelt hatte, 51 Vgl. Exod. 34, 19. 60 Vgl. auch Sigebert z. J. 1097. 62 Auf die häufige Erwähnung dieser Stigma.tisierung verweist Ha.genmeyer, Hierosolymita. S. 1 1 7 Anm. 31. u Vgl. 2. Cor. 4, 10.

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capite bino, agnellos quoque aliquos binis capitibus exortos fuisse, pullos etiarn equarurn dentes rnaiores, quos equinos vulgo appellarnus quosque nonnisi trimis caballis natura concedit, in ipso partu protulisse 1 His et huiusrnodi signis tota creatura in Creatoris se rnilitiarn cohor- s tante nil rnoratur inimicus ille c�teris etiarn dormientibus sernper pervigil bono illi semini zizania sua superserninare 64, pseudoprophetas suscitare 66, dominicis excercitibus falsos fratres 66 et inhonestas ferninei sexus personas sub specie religionis 67 intermiscere, sicque per aliorum hypocrisin atque rnendacia, per aliorurn vero nefarias pollutiones 10 Christi greges adeo turpabantur, ut iuxta boni pastoris vaticinium etiarn electi in errorern ducerentur 68• Inde fabulosum illud confictum est de Karolo Magno quasi de rnortuis in idipsum resuscitato, et alio nescio quo nihilorninus redivivo, fribolurn quoque illud de ansere quasi dominarn suarn deducente, t s rnultaque id genus. Idern tarnen seductores, quernadmodum singuli suis a fructibus sint cogniti69, quornodo veste sub ovina lupi sint denotati60, hi potis­ sirne, qui ex illis adhuc supersunt, licet ut perquirantur, scilicet quo portu iuxta promissum suurn absque navigio rnare transierunt, qui- 20 bus preliis vel locis rnultos paganos parva rnanu straverint, quas eorum rnunitiones ilico ceperint, quave postrerno parte rnurorurn Hierusalern castra posuerint et c�tera, nihilque habentes quia res­ pondeant, tarn de oblationibus fidelium per hypocrisin susceptis, quarn de cesis ob rapinarn quas seduxerant turbis, propriaque rnaxime 2s apostasia, necesse est, ut p�nitentiarn agere cogantur. Narn, ut prelibatum est 61 , plebs Folcrnarurn per Boemiarn sequens cum apud Nitrarn, Pannoni� civitatern, seditione concitata partim captivitate, partim ferro disperisset, paucissimi qui rernanserant adhuc testari solent, quod crucis signurn super se c�litus apparens ab 30 imminente eos nece liberasset. Gotesesleus vero, non verus, sed falsus Dei servus, postquarn non sine darnno orientalis Noric� Ungariarn cum suis intravit, ammiranda fals� religionis specie rnunitionern in arce quadarn constituere 62 et in 55 Vgl. ebd. 24, 24 u. ö. " Vgl. Matth. 13, 24.25. 58 Vgl. Matth. 24, 24. 57 Vgl. 2. Tim. 3, 5. ae Vgl. Gal. 2, 4; 2. Cor. l l , 26. 80 ebd. 7, 15. n Vgl. Matth. 7, 16.

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ein anderes mit zwei Köpfen und auch einige Lämmer mit zwei Köpfen geboren wurden, und daß die Füllen der Stuten so große Zähne, wie wir sie im Volksmund Roßzähne nennen und die die Natur nur dreijährigen Pferden gibt, schon bei der Geburt vorwiesen 1 5 Während sich durch diese und ähnliche Zeichen die ganze Schöpfung zur Teilnahme an der Heerschar des Schöpfers anfeuerte, zögerte jener Feind, der stets wacht, auch wenn die übrigen schlafen, keinen Augen­ blick, unter die gute Saat sein Unkraut zu säen 54, falsche Propheten zu erwecken 55 und unter die Heere des Herrn falsche Brüder 56 und ehrlose 10 Weiber unter dem Vorwand der Frömmigkeit 57 zu mischen ; so wurden durch die Heuchelei und die Lügen der einen, durch die abscheuliche Befleckung der anderen die Herden Christi derart beschmutzt, daß nach der Weissagung des guten Hirten auch die Auserwählten in Irrtum fielen 58• 15 So wurde j ene fabelhafte Geschichte über Karl den Großen erdichtet, der zu eben diesem Zweck angeblich von den Toten wieder auferweckt wurde, und über einen anderen, ich weiß nicht wen, der ebenso wieder lebte, oder auch j ene abgeschmackte Geschichte von der Gans, die angeb­ lich ihre Herrin geleitete, und noch vieles dieser Art. 20 Obgleich die einzelnen Verführer an ihren Früchten 59 und unter dem Schafskleid als Wölfe zu erkennen sind 60, sollte man diejenigen, die von diesen noch übriggeblieben sind, befragen, von welchem Hafen aus sie denn gemäß ihrem Versprechen ohne Schiff das Meer überquerten, in welchen Schlachten und an welchen Orten sie denn mit einer nur 25 kleinen Schar zahlreiche Heiden niederstreckten, welche von deren Befestigungen sie dort einnahmen, an welcher Seite der Mauern von Jerusalem sie schließlich das Lager aufschlugen, und so weiter ; da sie keine Antwort darauf haben, müssen sie notwendigerweise Buße tun für die Gaben der Gläubigen, die sie durch Heuchelei erhielten, ebenso 30 wie für die Scharen, die sie verführt hatten und die wegen ihrer Räube­ reien umgekommen waren, vor allem aber für ihren eigenen Abfall vom Glauben. Als der Haufe, der wie erwähnt61, Folkmar durch Böhmen folgte, bei der ungarischen Stadt Neitra während eines Aufstandes teils durch 35 Gefangennahme, teils durch das Schwert umkam, blieben nur einige wenige übrig, die noch heute zu bezeugen pflegen, daß das am Himmel erscheinende Zeichen des Kreuzes sie vor dem drohenden Untergang bewahrt habe. Gottschalk aber, kein wahrer, sondern ein falscher Knecht des Herrn, 40 drang unter mancherlei Schäden für das östliche Bayern in Ungarn ein und begann dann unter dem Anschein bewundernswerter, aber falscher Frömmigkeit in einer Burg einen festen Stützpunkt einzurichten 82 und, e1

Vgl. oben S. 108.

82

Nicht zu lokalisieren.

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•ps1s locatis presidiis per reliquum vulgus Pannonias circumcirca vastare cepit. Quo nimirum oppido ab indigenis sine dilatione capto turba multa trucidata atque captivata grex reliquus dispersus63, ipseque mercennarius 64, non pastor, turpiter fugatus est. Surrexit etiam diebus ipsis quidam vir militaris, comes tarnen par- s tium illarum, qu� circa Renum sunt, Emicho nomine 66, dudum tyran­ nica conversatione nimis infamis, tune vero velut alter Saulus 66 revelationibus, ut fatebatur, divinis in huiusmodi religionem advo­ catus, fere XII signatorum sibimet usurpans ducatum ; qui nimirum per civitates Reni, Moeni quoque atque Danubü deducti execrabilem 1 0 Iudeorum quocumque repertam plebem zelo christianitatis etiam in hoc deservientes aut omnino delere aut etiam intra �cclesi� satagebant compellere sinum. Ad confinia quoque Pannoniarum innumeris iam utriusque sexus copiis cum pervenissent 67 multiplicati, regnum ipsum, quod scilicet t s partim paludibus, partim silvis cingitur, per obfirmata presidia. vetatur ingredi ; fama quippe Colomanni68 regis iam pereulerat aures inter paganorum et Ungariorum necem nihil apud Teutonicas differre mentes. Qua de re munitionem Misenburg per VI ebdomadas ex­ pugnantes plura inibi patiuntur incommoda ; inter qu� etiam, quis 20 illorum sub nomine regis Pannoniarum potiretur terris, civili stultis­ simaque quatiuntur discordia. Itaque obpugnatione insudantes ultima, iam muris interruptis, iam fugientibus oppidanis iamque indigenarum exercitu vastante propria ßammis miro Dei omnipotentis nutu victor peregrinorum 2s exercitus terga nihilominus vertit relictisque suppellictilibus nil quisque preter miseram animam emolumenti reportavit. Sie nimirum, sie nostr� gentis homines 69 zelum Dei, sed non secundum scientiam Dei habentes 69, quippe qui in militia, quam in liberandis christianis Christus providerat, alios vicissim Christianos persequi ceperant, 30 miseratione divina fraterno sanguine repressi Ungarii quoque liberati sunt ; h�cque est causa, qua quidam simpliciores fratres, utpote rem ignorantes, scandalizati totum huius profectionis conatum vanum atque fribolum, ipsi nimis preproperi iudices, interpretati sunt. ea

Vgl. Matth. 26, 31 u. ö. Vgl. loh. 10, 12. 85 Graf von Leiningen. u

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nachdem er dort für eine Besatzung gesorgt hatte, mit dem übrigen Volk Ungarn ringsum zu verwüsten. Als aber dieser feste Platz von der Bevölkerung unverzüglich eingenommen wurde, viele den Tod fanden oder in Gefangenschaft gerieten und der Rest der Herde zerstreut war 63, s da suchte er selbst, ein Mietling 64, kein Hirt, sein Heil in schimpflicher Flucht. Auch stand in j enen Tagen ein Haudegen namens Emicho 66 auf, ein Graf im Rheinland, seit langem verrufen ob seines gewalttätigen Lebens­ wandels ; wie ein zweiter Saul 66, durch göttliche Offenbarungen, wie er 10 sagte, zu solcher Frömmigkeit bewogen, riß er nun die Führung über fast 1 2 000 Kreuztragende an sich ; diese wurden durch die Städte an Rhein, Main und Donau geführt, und wo sie das verdammenswerte Volk der Juden antrafen, da bedienten sie sich ihres christlichen Eifers dazu, es entweder völlig zu vernichten oder es in den Schoß der Kirche zu treiben. ts Als sie dann, durch eine unzählbare Menge Volks beiderlei Ge­ schlechts vervielfacht, an die Grenze von Ungarn kamen67, wurde ihnen der Eintritt in das Reich, das teils von Sümpfen, teils von Wäldern umgeben ist, durch Grenzwachen verweigert ; denn König Koloman 88 war die Kunde zu Ohren gekommen und hatte ihn gewarnt, 20 daß die Deutschen keinen Unterschied zwischen der Vernichtung der Heiden und der Ungarn machten. Als sie daher die feste Wieselburg sechs Wochen lang bestürmten, erlitten sie dort mancherlei Ungemach ; unter anderem stritten sie höchst töricht untereinander darüber, wer von ihnen sich unter dem Namen eines Königs der Ungarn des Landes bemäch25 tigen sollte. Als sie sich um die endgültige Eroberung mühten, die Mauern schon gebrochen waren, die Bürger flohen und das ungarische Heer das Eigen­ tum den Flammen preisgab, da wandte sich nach dem wunderbaren Willen Gottes das siegreiche Heer der Fremden dennoch zur Flucht ; 30 das Gepäck wurde zurückgelassen, und außer dem armseligen Leben brachte keiner etwas zurück. Die Menschen unseres Volkes 68besaßen zwar den Eifer für Gott, aber nicht nach der Weisheit Gottes 88 ; denn auf der Heerfahrt, die Christus zur Befreiung der Christen bestimmt hatte, hatten sie begonnen, statt dessen andere Christen zu verfolgen ; durch das 35 Erbarmen Gottes wurden sie, als das Bruderblut floß, zurückgedrängt, die Ungarn aber befreit ; das ist der Grund dafür, daß einige einfältigere Brüder, die die Sache nicht durchschauten, Ärgernis nahmen, das ganze Kreuzzugsunternehmen voreilig verurteilten und es für eitel und vermes86

D. h. wie der Apostel Paulus vor seiner Bekehrung. Bei Wieselburg. es Dazu Frutolf, oben S. 108. 88 -89 Vgl . Rom. 10, 2. 87

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10 Paleis tamen ex area dominiea huiusmodi• ventilabro deeussis vidim.us grana triticea naturalis soliditatis gravitate perdurantia 70, Gotefridum scilieet e�terosque prenominatos vere dominic� militi�a duces 71, eum suis singuli super omnem stellarum dispositionem spe­ eiosis eastris ab universis quas pertransibant gentium principibus s paeem ae favorem, humilitatis atque karitatis exemplo ut vere Christi diseipuli eonsequentes, donee diversis itinerum diffieultatibus Bul­ garia permeata Constantinopolitanas attigerant arees 72. Legim.us Iherosolim� libellum 73 a loeo presenti totam huius histori� seriem diligentissim.e prosequentem plurim.osque populi Dei per trien- 10 nium Iabores in cap� Hierusalern letissim.a vietoria coneludentem. Quapropter nos hine iam pauea de pluribus assignamus, videlieet quod fietis omnino benefieiis Alexius imperator tantos sibim.et heroas amicaverit, postea vero sacramentis extortis 74, ne regno suo vim. inferrent, eonstrinxerit, quamvis eonstet, quod, dum moram ibidem 1s prim� qu�queb eohortes alias adventantes expectando facerent, dolis eos interfecisset, nisi Gotefridi ducis sollertia super gregem Domini 76 eautius vigilasset. Testantur seditionem ipsam suburbana, qu� tune destruxit, pons, quem expugnavit. Quid multa 1 Per duorum fere mensium spaeium novitios in dies suscepit exercitus Bizantium, 20 e quibus tandem absque vulgi, parvulorum ae mulierum incredibili multitudine reeensita sunt 000 76 pugnatorum. Porro cohortes Pe­ trum seeut� iussu Alexii dudum transposit� paganis fuerant iam ludibrio faet�. Motis itaque eastris Niceam applieuerunt, quam fugato predieto 2.5 Solomano 77 principe expugnantes eaptam im.peratoris presidiis tra­ dunt 78 ; sie enim saeramenta firmaverant 79, ut urbes quasque suo imperio detraetas pristin� ditioni, si vineerent, redderent ipsique vieissim. tam armis quam stipendiis regiis infra metam eandem se 30

foveri non dubitarent. a-a) - modi - militi� am Rand A.

b) über der Zeile A.

70-?0

71 Vgl. oben S. 131. 72 Weihnachten 1096. Vgl. Matth. 3, 12. 73 Diese Quelle konnte bisher nicht identifiziert werden ; die These von Hagen­

meyer, es handle sich um die anonymen Gesta Francorum, läßt sich nicht halten. Vgl. Schmale-Ott, Zs. f. bayer LG. 34, 421 Anm. 39. " Alexius verlangte von den Kreuzfahrern einen Lehnseid, gegen den sich Gottfried lange wehrte.

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sen erklärten. 70Während die Spreu durch diese Wurfschaufel aus der göttlichen Tenne hinausgeworfen wurde, sehen wir die Weizenkörner infolge ihrer natürlichen Beständigkeit ausdauern 70, nämlich Gottfried und die erwähnten übrigen Führer der Heerschar des Herrn, die j eder eins zelne mit seinen Leuten 71 - ihre Heerlager waren schöner anzuschauen als die Ordnung der Sterne - von den Fürsten aller Völker, deren Länder sie durchzogen, durch das Beispiel ihrer Demut und Liebe, wie es wahren Jüngern Christi ziemt, Frieden und Wohlwollen erlangten ; nachdem sie unter verschiedenen Schwierigkeiten Bulgarien passiert hatten, erreichten 10 sie schließlich die Türme von Konstantinopel 72• In Jerusalem lasen wir ein Büchlein 73, das von diesem Augenblick an die ganze Geschichte sehr genau verfolgt und die zahlreichen Mühsale des Gottesvolkes während dreier Jahre mit dem freudigen Sieg bei der Ein­ nahme Jerusalems beschließt. Deshalb zeichnen wir aus dem Vielen nur IS einiges Wenige auf, nämlioh daß der Kaiser Alexius sich solche Helden mit scheinbaren Wohltaten zu Freunden machte, sie nachher aber unter erzwungenen Eiden verpflichtete 74, nicht mit Gewalt gegen sein Reich vorzugehen ; gleichwohl steht es fest, daß er, als die ersten Abteilungen sich in Konstantinopel aufhielten, um die anderen Ankömmlinge zu 20 erwarten, sie alle mit List getötet hätte, wenn nicht Herzog Gottfried mit Sorgfalt und Vorsicht über die Herde des Herrn 75 gewacht hätte. Dieses Zerwürfnis bezeugen die Vorstädte, die er damals zerstörte, und die Brücke, die er eroberte. Was weiter ? Fast zwei Monate lang nahm das Heer bei Byzanz täglich neue Zuzügler auf, so daß es abgesehen von der 2s zahllosen Menge gemeinen Volks, von Kindern und Frauen, auf 300 000 78 Kämpfende geschätzt wurde. Die Scharen Peters, die man auf Befehl des Alexius längst übergesetzt hatte, waren den Heiden ein Spott geworden. Schließlich brachen sie auf und wendeten sich nach Nizäa ; sie schlugen den schon erwähnten Fürsten Suleiman 77 in die Flucht, dann nahmen sie 30 die Stadt ein und übergaben sie den Truppen des Kaisers 78 ; sie hatten nämlich geschworen 79, die Städte, die seiner Gewalt entzogen waren, im Falle der Eroberung der früheren Herrschaft zurückzugeben ; die Griechen sollten sie ihrerseits mit Waffen und Lieferungen auf des Königs Kosten in gleichem Maße unterstützen. 75 Vgl. 1. Petr. 5, 2. Von den Mordanschlägen des Kaisers gegen Gottfrieds Leute reden auch die anonymen Gesta (ed. Hagenmeyer III, 5), doch wissen sie nichts von der Zerstörung der Vorstädte. 78 Diese Zahl nennt auch der von Frutolf und Ekkehard herangezogene Brief der Kreuzfahrer. 77 Vgl. oben S. 134 Anm. 25, doch handelt es sich hier um den Sohn des oben genannten Suleiman. 78 Die Stadt fiel mit byzantinischer Hilfe am 19. Juni 1097 und wurde dem 78 Vgl. oben Z. 14. byzantinischen Admiral Butunites übergeben.

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Inde per regnum Constantini80, terram utique opulentissimam, progredientes mare contingunt Rusci� 81• Sicque, ut epistola docet a. Ruperto comite82 delata 83, euro 84tanta alimentorum abundantia. militiam suam Christus deduxit, ut aries nummo, bosque siclo veniis��

s

"Preterea " , inquit86, "quoties reges vel principes Sarracenorum consurrexerunt in nos, Deo volente facile victi et conculcati sunt. Ob h�c itaque feliciter acta, quia quidam intumuerant, opposuit eis Deus urbem Antiochiam humanis viribus inexpugnabilem86, ubi per VIIII menses eos detentos87 in obsidione eiusdem ita humiliavit, ut to omnis superbi� illorum tumor desideret. Igitur eis sie humiliatis, ut in toto exercitu vix C equi boni reperirentur, aperuit illis Deus copiam su� benedictionis et misericordi� et induxit eos in civitatem atque Turcos et omnia eorum potestati horum tradidit. Cumque et h�c quasi viribus suis acquisita obtinerent nec Deum, t s qui h�c contulerat, digne magnificarent, tanta Sarracenorum multi­ tudine obsessi sunt 88, ut de civitate nullus ex tanta turba egredi auderet. Preterea fames in civitate ita convaluerat, ut vix ab inhuma­ nis dapibus ae aliqui continerent. Longum est enarrare miserias, qu� in 20 civitate fuere. 89 Respiciens autem Dominus populum89, quem tam diu :fl.agella­ verat, benigne consolatur90 ac primo quasi pro satisfactione tribula­ tionis lanceam suam, qua in cruce vulneratus est91, munus non visum a tempore apostolorum, pignus victori� illis obtulit, deinde corda illorum adeo animavit, ut etiam, quibus egritudo vel fames ambulandi 2s vires denegaverat, arma sumendi et viriliter contra hostes dimicandi virtutem infunderet. Triumphatis itaque hostibus cum fame et tedio exercitus deficeret Antiochi�, maxime propter discordias principum92, in Syriam profecti 80 Herrscher in Cilicien aus der armenischen Dynastie der Roupeniden. Den Weg über CHioien nahm zuerst Tankred, ihm folgte Balduin von Boulogne. 81 Vielleicht ein Mißverständnis Ekkehards ; eher ist an Marasim (Marasch) zu denken, da diese Stadt die letzte Station vor Antiochia war. 82 Graf Robert von Flandern. st-st Vgl. Frutolf, oben S. 1 12. 83 Hagenmeyer, Kreuzfahrerbriefe 169 ff. 85 Der Brief auch bei Frutolf oben S. 1 12-1 18. Ekkehards Text weicht geringfügig davon ab, aber eher auf Grund von willkürlichen Änderungen als auf Grund einer zusätzlichen Textvorlage.

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Von dort zogen sie durch das Reich Konstantins 80, ein überaus wohl­ habendes Land, und erreichten das Meer bei Ruscia 81. Wie aus einem Brief hervorgeht, den der Graf Rupert82 überbrachte 83, 84führte Christus seine Heerschar unter solchem Überfluß an Lebensmitteln, daß ein Widder s nur einen Groschen, das Rind aber nur einen Sekel kostete 84. "Außerdem", so sagt er 86, "so viele Könige und Fürsten der Sarazenen auch gegen uns aufstanden : da es Gott so wollte, wurden sie leicht besiegt und zerschmettert. Weil alles so glücklich verlief, wurden einige überheblich ; da stellte Gott ihnen Antiochia entgegen, eine für mensch10 liehe Kräfte uneinnehmbare Stadt 88 ; hier hielt er sie neun Monate lang bei der Belagerung fest87 und demütigte sie derart, daß ihnen Hochmut und Aufgeblasenheit vergingen. Schließlich waren sie so gedemütigt, daß es im ganzen Heer kaum mehr hundert gute Pferde gab ; da aber öffnete Gott ihnen die Fülle seines Segens und seines Erbarmens und führte IS sie in die Stadt und gab die Türken und deren ganze Habe in ihre Gewalt. Da sie es j edoch besaßen, als hätten sie es mit eigenen Kräften erworben, und Gott, der es ihnen gegeben hatte, nicht entsprechend verherrlichten, wurden sie von so zahlreichen Sarazenen belagert88, daß niemand aus der großen Schar mehr die Stadt zu verlassen wagte. Außerdem wuchs der 20 Hunger in der Stadt derart, daß sich einige kaum unmenschlicher Speisen enthielten. Es würde zu weit führen, das Elend in der Stadt zu schildern. 89Der Herr aber schaute auf das Volk 89, das er so lange gegeißelt hatte, und tröstete es in seiner Güte 90: gleichsam als Wiedergutmachung für die Bedrängnis gab er ihnen zuerst als Unterpfand des Sieges seine Lanze, 2s mit der er am Kreuz verwundet worden war 91, ein Geschenk, das seit der Zeit der Apostel nicht mehr gesehen worden war ; daraufhin erfüllte er ihre Herzen mit solchem Mut, daß die, denen Krankheit und Hunger die Kraft zu gehen genommen hatten, die Stärke erhielten, die Waffen zu er­ greifen und mannhaft gegen die Feinde zu kämpfen. Da Hunger und Überdruß das Heer in Antiochia schwächten, vor allem 30 aber wegen der Zwietracht unter den Fürsten 112, zogen sie nach dem Sieg über die Feinde nach Syrien, eroberten die sarazenischen Städte Barra 88 Zu den Befestigungen, zu denen 400 Türme gehörten, vgl. A History of the Grusades 1, 308. 87 Am 20. Oktober 1097 hatten die Kreuzfahrer das Territorium von Antio­ chia betreten, am 3. Juni 1098 fiel die Stadt. 88 Am 5. Juni erreichte ein sarazenisches Entsatzheer unter Kerbogha die Stadt. 89-89 Vgl. Exod. 33, 13. uo Vgl. Is. 12, 1 u. ö. 91 Zur Auftindung der angeblichen Lanze Runciman, in A History of the Grusades 1, 320ff. 92 Der Streit ging um den Besitz der Stadt Antiochia, die Boemund für sich beanspruchte.

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Barram et Marram 93 urbes Sarracenorum expugnaverunt et castella regionis obtinuerunt. Ubi cum moram disposuissent, tanta fames in exercitu fuit, ut corpora Sarracenorum iam f�tentium a populo christiano comesta sint. Inde cum divino nutu in interiora Hyspani� 94 progrederentur, s largissimam atque misericordem et victoriosissimam manum omni­ potentis patris secum habuerunt. Etenim cives et castellani regionis illius, per quam procedebant, ad eos cum multis donariis legatos premittebant, parati servire et oppida sua reddere. Sed quia exercitus non multus erat, et in Hierusalern unanimiter festinabant, acceptis 10 securitatibus tributarios eos fecerunt, quippe cum una de multis civitatibus, qu� in maritimis illis sunt, plures homines haberet, quam in exercitu christiano fuissent. Cumque auditum esset Antiochi� atque Laodici� et Rohas 95, quia 96manus Domini esset cum eis 96, plures de exercitu, qui ibi remanserat, consecuti eos sunt apud Tyrum. 1s Sie itaque Deo conviatore et cooperatore usque ad Hierusalern pervenerunt 97• Cuius in obsidione cum laborarent, maxime propter aqu� inopiam, habito concilio episcopi et principes circinandam esse civitatem nudis pedibus predicabant, ut ille, qui pro nobis in humilita­ te eam ingressus est, per humilitatem istorum pro se ad iudicium de 20 suishostibusfaciendum illis eam aperiret. Placatus itaquehac humilitate Dominus octavo post humiliationem illorum die civitatem eis tradidit, eo videlicet die, quo primitiva �cclesia inde abiecta fuit, cum festurn de dispersione apostolorum a multis fidelibus celebratur " 98• Inter h�c minime pretereundum videtur, quod, dum exercitus in 2s obsidione Antiochi� moraretur l, pavore perculsis universis per orientem nationibus, discurrentibus ab omni parte orbis terrarum missis et exploratoribus, aliis pacem, aliis bella machinantibus, etiam Babylonici regis 2 legati conventui principum se presentes exhibent inter alia pollicentes, si victis Antiocenis etiam Thurcos de Hieroso- 30 lima pepulerint, dominum suum fratrem et amicum cum universis Sarracenis habeant ; ut enim presciptum est3, Iudeam euro Hierusalern totaque Palestina iam olim Thurci Sarracenis abstulerant. Hac de 83

Al-Bara wurde im Oktober erobert, Ma'arrat an Nu'man im Dezember. Wahrscheinlich Isphahan, ein Gebiet jenseits des Euphrat, wonach eine Brücke über den Orontes benannt wurde, die die Kreuzfahrer benutzten. Dort lagen die Festungen Apamea und Chalcidica. 84

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und Marra 13 und besetzten die Burgen des Landes. Als sie dort einen Aufenthalt einlegten, entstand eine solche Hungersnot im Heer, daß das Christenvolk Leichen von Sarazenen verzehrte, die bereits in Verwesung übergingen. s Von dort rückten sie auf Gottes Geheiß nach Isphahan 94, und die frei­ gebige, erbarmende und siegreiche Hand des allmächtigen Vaters war bei ihnen. Die Bürger und Burgleute der Gegend, durch die sie zogen, schickten ihnen nämlich Gesandte mit zahlreichen Geschenken und waren bereit, ihnen zu dienen und ihre Städte zu übergeben. Aber das Heer 10 war nur klein und strebte einmütig nach Jerusalem ; deshalb ließen sie sich Sicherheiten geben und machten sie tributpflichtig ; unter den vielen Städten an der Küste hatte schon eine allein mehr Menschen, als das christliche Heer zählte. Sobald man in Antiochia, Laodizäa und Rohas 96 hörte, daß 96die Hand des Herrn mit ihnen sei 96, kamen ihnen viele aus IS dem Heer, das dort zurückgeblieben war, nach Tyrus nach. So gelangten sie nach Jerusalem 97, und Gott war ihr Weggenosse und Helfer. Als sie dann bei der Belagerung große Mühsal erlitten, vor allem wegen des Wassermangels, hielt man eine Versammlung ab, und die Bischöfe und Fürsten verkündeten, man müsse die Stadt mit bloßen 20 Füßen umschreiten, auf daß jener, der um unseretwillen in Demut in sie eingezogen sei, durch ihre Demut um seinetwillen ihnen die Stadt öffne zum Gericht über seine Feinde. Durch diese Demut ließ sich der Herr besänftigen und übergab ihnen am achten Tag nach ihrer Demütigung die Stadt, an dem Tag, an dem die Urkirche von dort vertrieben wurde 25 und von vielen Gläubigen das Fest der Zerstreuung der Apostel gefeiert wirdu 98. Dabei muß aber noch berichtet werden, daß damals, als das Heer Antiochia belagerte 1, alle Völker des Orients von Schrecken ergriffen waren und aus allen Teilen der Erde Gesandte und Kundschafter herbei30 eilten ; die einen, um den Frieden, die anderen, um den Krieg zu betreiben ; auch Gesandte des babylonischen Königs 2 wurden bei den versammelten Fürsten vorstellig und versprachen unter anderem, ihr Herr würde mit allen Sarazenen ihr Bruder und Freund sein, falls sie nach dem Sieg über Antiochia auch aus Jerusalem die Türken vertrieben ; denn, wie schon 35 erwähnt 3, hatten einst die Türken Judäa mit J erusalem und ganz Palästina den Sarazenen abgenommen. Deshalb wurden, nachdem man Sicherheit

95 Edessa. 96 -9 6 Vgl. Luc. 1, 66. 97 Am 7. Juni erblickten die Kreuzfahrer erstmals die Stadt. 1 2 1 . Oktober 1097 - 1. Juni 1098. 98 15. Juli. 2 Babyion Kairo (vgl. oben S. 132 Anm. 20), Kalif war zu dieser Zeit =

Mustaali.

3

Siehe oben S. 134.

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causa securitate accepta non pauci lectissimorum militum Babyloniam diriguntur 4, quorum fortitudine, proceritate, habitu et incessu omni­ que elegantia attoniti barbari Francos - sie enim universos occidenta­ les populos nominare solent - plus quam homines, id est deos, esse fatebantur affirmantes omnino non esse mirum, quod huiusmodi 5 bellatores totum affectarent sibi subicere mundum. lnito denique consilio rex Babyloni� Hierusalern obsidet ostensisque legatis Francis se f�deratum affirmat, quorum gladiis, si sibi civitatem non traderent, ipsos tradendos minitat. His itaque dolis rex barbarus non suo, sed Franeorum timore civitatem receptam 6 dimissis cum suis omnibus 10 Thurcis omni conatu, machinis atque militibus contra Christianorum adventum premunivit ; sicque factum est, ut Hierusalern bis uno caperetur anno, primo a Sarracenis, dein a Francis. 6 De hostibus vero ibi repertis quid actum sit, si quis nosse querit, sciat, quia in porticu qu� dicitur Salomonis et in templo 7 eius victo- 1 5 res equitabant in sanguine Sarracenorum usque ad genua equorum. Deinde cum ordinatum esset, qui civitatem retinere deberent, et alii amore patri� �t pietate parentum suorum redire voluissent, nunciatum est eis, quod rex Babyloniorum 8 Ascalonam venisset cum innumera­ bili multitudine paganorum ducturus Francos, qui Hierosolimis 20 erant, in captivitatem et expugnaturus Antiochiam, sicut ipse dixerat ; aliter autem Dominus de his statuerat. Itaque cum in veritate com­ perissent hi, qui Hierosolimis erant, exercitum Babyloniorum Ascalone esse, contenderunt obviam illis relictis sarcinis et infirmis suis in Hierusalern cum presidio. Cumque hostium exercitum conspexissent 25 innumerabilem, genibus flexis Deum invocaverunt, ut qui in aliis sibi necessitatibus semper affuerat, in presenti bello confractis viribus paganorum et diaboli regnum Christi et �cclesi� a mari usque ad mare usquequaque dilataret. Nec mora ; clamantibus ad se Deus affuit9 atque tantas audaci� vires ministravit, ut, qui eos in hostem currere 30 videret, fontem aqu� viv� sitientem cervum 10 segnem adiudicaret, miro videlicet modo, cum in exercitu christiano non plus quam V milia equitum et XV peditum fuissent, et in exercitu hostium centum • Die Gesandtschaft der Kreuzfahrer wurde nach Kairo entsandt, um mit dem Kalifen ein gemeinsames Vorgehen gegen die Türken in Palästina herbei· zuführen. Die Namen der Gesandten bei Hagenmeyer, Hierosolymita S. 169 Anm. 12. Nicht der Kalif, sondern ein Emir führte das Heer.

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erhalten hatte, zahlreiche auserwählte Ritter nach Babyion gesandt4 ; ihre Tapferkeit, hochragende Gestalt, Haltung, Auftreten und überhaupt ihre Vornehmheit setzten die Barbaren in Staunen, so daß sie meinten, die Franken - so nämlich pflegen sie die Völker des Westens insgesamt zu s bezeichnen - seien eher Götter als Menschen, und versicherten, es sei kein Wunder, daß derartige Krieger sich die ganze Welt zu unterwerfen trachteten. Der König von Babyion hielt also Rat und belagerte sodann Jerusalem, und indem er die Unterhändler zeigte, suchte er den Bewohnern zu beweisen, daß er mit den Franken im Bunde sei, und er drohte, sie 10 deren Schwertern auszuliefern, falls sie ihm die Stadt nicht übergäben. Mit solchen Ränken, nicht weil man ihn, sondern weil man die Franken fürchtete, nahm der Barbarenkönig die Stadt ein 6 und sicherte sie nach dem Abzug aller Türken auf j ede Weise durch Vorrichtungen und Trup­ pen gegen den Anmarsch der Christen ; so geschah es, daß Jerusalem in ts einem Jahr zweimal erobert wurde, zuerst von den Sarazenen, darauf von den Franken. 6Wenn j emand wissen möchte, was mit den Feinden in der Stadt geschah, so höre er, daß die Sieger in der Vorhalle des Salomon und in dessen Tempel 7 bis zu den Knien der Pferde im Blut der SaTazenen ritten. 20 Als entschieden war, wer die Stadt halten sollte, und die anderen aus Liebe zur Heimat und aus Anhänglichkeit gegenüber ihren Eltern die Rückkehr antreten wollten, wurde ihnen gemeldet, der König von Baby­ Ions sei mit einer zahllosen Menge Heiden nach Askalon gekommen, um die Franken in Jerusalem in Gefangenschaft zu führen und Antiochia zu 2s erobern ; so hatte er selbst gesagt, der Herr aber hatte es anders beschlos­ sen. Als daher diejenigen, die in Jerusalem waren, mit Sicherheit erfahren hatten, daß das Heer der Babyionier in Askalon sei, zogen sie diesem entgegen, Gepäck und Kranke j edoch ließen sie mit einer Besatzung in Jerusalem zurück. Als sie des zahllosen feindlichen Heeres ansichtig 30 wurden, riefen sie kniefällig Gott an, er, der ihnen in anderen Notlagen stets beigestanden hatte, möge in dieser Schlacht die Macht der Feinde und des Teufels brechen und die Herrschaft Christi und der Kirche von Meer zu Meer und überallhin ausbreiten. Was weiter ? Gott stand denen bei, die zu ihm riefen 9, und gab ihnen solche Kraft und Kühnheit, daß, 35 wer sie gegen die Feinde anrennen sah, einen Hirsch, der nach dem Quell lebendigen Wassers dürstet l0, für phlegmatisch gehalten hätte ; es war wie ein Wunder, denn das christliche Heer zählte nicht mehr als 5000 Ritter und 15 000 Mann zu Fuß, das feindliche aber wohl bei 100000 Rittern und 8-6 Frutolf, oben S. 1 1 6-1 1 8 Z. 3. 5 Im August 1098. 7 Auf dem Platz des salomonischen Tempels war die Al Aqsa-Moschee errich­

tet worden. 8 Siehe oben Anm. 4. 9 Vgl. Luc. 18, 7.

10

Vgl. Ps. 41, 1 ; Num. 20, 6; Ier. 2, 13.

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milia equitum et CCCC 11 peditum esse potuissent. 12 Tunc mirabilis in servis suis Deus apparuit l2, cum antequam confligerent, pro solo impetu eorum hanc multitudinem in fugam convertit et omnia eorum arma diripuit ita, ut, si deinceps istis repugnare vellent, non habereut arma, in quibus sperarent13• De spoliis vero non est qu�rendum, s quantum captum sit, ubi thesauri regis Babyloni� occupati sunt. Ceciderunt ibi plus quam centum milia Maurorum gladio ; timor autem illis tantus erat, ut in porta civitatis ad duo milia suffocati sint ; de his vero, qui in mari interierunt, non est numerus, spineta etiam ex ipsis multos obtinuerunt. Pugnabat certe orbis terrarum pro Christianis, et 10 nisi spolia castrorum de ipsis multos detinuissent, pauci de tanta multi­ tudine hostium essent, qui de bello renunciare potuissent. Pridie autem quam bellum fieret, multa milia camelorum et boum et ovium cepit exercitus. Cumque iussu principum populus h�c dimississet pugnam progrediens, mirabile dictu, multas et multiplices turmas fecerunt t s cameli, similiter autem et boves et oves. H�c autem animalia ita comitabantur exercitum, ut cum stantibus starent, cum procedenti­ bus procederent, cum currentibus currerent. Nubes etiam ab �stu solis Christianos defendebant et refrigerabant. Celebrata itaque victoria reversus est exercitus Hierusalem, et 20 relicto ibi duce Gotefrido Reginmunt comes sancti Egidii et Rutpertus comes Normanni� et Ruotpertus comes Flandri� Laodiciam 14 reversi sunt ; ibi classem Pisanorum et Boimundum invenerunt. Cumque archiepiscopus Pisanus 15 Boimundum et alios cum eo discordantes concordare fecisset, Reginmundus pro Deo et pro fratribus regredi 2s disposuit l6, magna vero multitudo, ut supra dieturn est, ad patriam remeare contendit ; c�teri, qui remanserunt, terram Deo disponente hactenus in pace obtinuerunt 6• Dux quoque magnanimus et cui vix quisquam in religione compara­ bilis inveniatur, parva licet manu fultus17 magna qu�que cepit in 30 Domino attemptare, reliquias gentilium quacumque remanentes 11 Die Zahlenangabe ist nicht wörtlich, sondern nur als Ausdruck der Über12- 12 Vgl. Ps. 67, 36. legenheit des ägyptischen Heeres zu verstehen. 13 Das ägyptische Heer wurde am 12. August bei Askalon vernichtend geschlagen. 1 4 Boemund war in Antiochia zurückgeblieben und versuchte zu der Zeit, als die Kreuzfahrer nach Hause zurückkehren wollten, die Hafenstadt Latakia, das

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400000 Mann Fußvolk 11• 12Wunderbar erwies sich Gott damals an seinen Dienern 12, da er, noch ehe es zum Kampf kam, durch deren bloßen Ansturm so viele in die Flucht schlug und ihnen sämtliche Waffen nahm, so daß sie, falls sie jenen danach noch Widerstand leisten wollten, keine Wehr mehr s besaßen, auf die sie hätten vertrauen können 13• Nach der Menge der Beute braucht man erst gar nicht zu fragen, da dort die Schätze des Königs von Babyion erobert wurden. Mehr als 100 000 Mauren fielen dort durch das Schwert ; solche Furcht hatte sie ergriffen, daß bei 2000 im Hafen der Stadt den Tod fanden ; zahllos auch diejenigen, die im Meer 10 umkamen, ebenso hielt Dornengestrüpp viele fest. Wahrhaftig, der ganze Erdkreis focht für die Christen ! Und wenn die Beute im Lager nicht zahlreiche Christen aufgehalten hätte, wären nur wenige aus der großen Zahl der Feinde übriggeblieben, die von dem Kampf hätten berichten können. Am Tage vor der Schlacht jedoch hatte das Heer viele tausend IS Kamele, Rinder und Schafe erbeutet. Als das Volk zum Kampf auszog und sie auf Befehl der Fürsten laufen ließ, da bildeten - es klingt wie ein Wunder - die Kamele und ebenso die Rinder und Schafe zahlreiche und vielfältige Scharen, und die Tiere begleiteten das Heer, blieben stehen, wenn es stehenblieb, gingen vor, wenn es vorging, und liefen, wenn es 20 lief. Ebenso schützten Wolken die Christen vor der Sonnenhitze und ver­ schafften Kühlung. Das Heer feierte den Sieg und kehrte dann nach Jerusalem zurück ; hier blieb Herzog Gottfried, während Graf Raimund von St. Gilles, Graf Robert von der N ormandie und Graf Robert von Flandern wieder nach 2s Laodicäa 14 zogen ; hier fanden sie die Flotten der Pisaner und Boemund. Als der Erzbischof von Pisa 16 Boemund und die anderen, die mit ihm strit­ ten, versöhnt hatte, entschloß sich Raimund, um Gottes und seiner Brü­ der willen zurückzukehren 18 ; dagegen machte sich nun die große Masse, wie oben gesagt, auf den Heimweg ; die Zurückbleibenden aber besaßen JO nach Gottes Willen das Land in Frieden und besitzen es bis heute 8• Der hochherzige Herzog dagegen, und man kann kaum jemanden finden, der ihm an Frömmigkeit gleichkommt, begann, wenn auch nur auf eine kleine Truppenmacht gestützt 17, Großes im Herrn zu unternehmen : Er verfolgte überall die Reste der Heiden, legte Besatzungen an ge­ JS eignete Plätze, das seit langem zerstörte Joppe und den dortigen längst

alte Laodicea, das dem byzantinischen Kaiser gehörte, in seine Gewalt zu brin­ gen. Davon konnten ihn die nachstehend genannten Kreuzfahrer abbringen. 1s Dagobert (Daimbert). 18 Eindeutiger als bei Frutolf und hier bei Ekkehard spricht der Brief der Kreuzfahrer von der Absicht Raimunds, nach Jerusalem zurückzukehren. 17 Mit Tankreds Truppen zusammen verfügte Gottfried über etwa 300 Ritter und 2000 Mann zu Fuß.

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persequi, presidia locis oportunis instituere, loppen diu destructam portumque ibi iam diu desolatum renovare, �cclesias dirutas, quantum potuit, reparare, cenobitas alibi congregare, donaria multa tarn monasterüs quam hospitali, quod nunquam defecerat in Hierusalern 18, devotissime conferre. Pacem firmissimam euro Ascalonitis atque s Damascenis gratia commertiorum habuit, nostr� gentis milites pre cunctis a bellatoribus honoravit, feritatemque illorum suavissima urbanitate gallicis caballariis commendans invidiam, qu� inter utros­ que naturaliter quodammodo versatur, per innatam sibi utriusque lingu� peritiam mitigavit. 10 Hoc anno 19 Chunradus Traiectensis episcopus a suis occisus est. Herimannus Coloniensis episcopus obiit l9, cui Fridericus successit. 19 Rapoto palatinus comes et Oudalricus comes, patruelis eius, quem multum divitem dicebant, defuncti sunt 19• Dum enim imperator euro principibus colloquium Ratispon� haberet 20 , mortalitas subito exorta t s prenominatos duos magnates, d e inferioribus vero quam plures absumpsit, per civitates quoque atque regiones non modicam vulgi stragem fecit: Farnes etiam improvisa multis locis invaluit. 19 Urbanus papa obüt l9• Hic super �cclesiarum hactenus heu ! ma­ nente commotione concilia multa congregavit, multa etiam decreta 20 promulgavit ; inter qu� etiam convocatis ad Placentinam civitatem CC fere patribus 21 Heinricum imperatorem tarn a se quam a prede­ cessoribus suis communione privatum declaravit, maxime regina A., ipsius cesaris uxore, astante multaque nefanda in illum ad aures totius synodi testificante. Sed antequam ex hac vita migraret 22, 2s spiritu instructus divino Rainerum cardinalem de sancto Clemente, sanct� conversationis et boni testimonii abbatem, nobilem Romanum, designavit 23 in regimen apostolicum eligendum ; quem etiam reve­ lationibus alüs insuper denotatum universa Romana �cclesia pastorem sibi consecrat 24, licet invitum, Paschalern appellans euro. 30 Anno Domini MC. Sub Gotefrido duce Hierosolimitanam �cclesiam defensante conventus ingens factus est in Hierusalern 25 ab omnibus a) Danach fehlt ein BI. A, ergänzt aus Rec. IV. 18 Das seit Karl d. Gr. bestehende Pilgerhospital, das Keimzelle der Johanni20 Ostern (10. April) 1099. 1�-19 Vgl. Frutolf, oben S. l l8. ter wurde. 21 Das Konzil begann in der ersten Märzwoche des Jahres 1095.

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verlassenen Hafen erneuerte er, stellte Kirchen und Geistlichkeit, soweit es in seinen Kräften stand, wieder her, bildete Mönchsgemeinschaften und übertrug den Klöstern und dem Hospital, das schon immer in Jerusalem bestanden hatte 18, ehrerbietig zahlreiche Schenkungen. Mit s denen von Askalon und Damaskus hielt er des Handels wegen dauerhaften Frieden, die Ritter unseres Volkes zeichnete er vor allen anderen aus ; indem er auf feine Art deren Kühnheit den französischen Rittern empfahl, besänftigte er, da er von Kindheit an beide Sprachen beherrschte, die Eifersucht, die zwischen beiden gewissermaßen von Natur aus besteht. 10 In diesem Jahr 19wurde Bischof Konrad von Utrecht von seinen eigenen Leuten ermordet. Bischof Hermann von Köln starb 19 ; auf ihn folgte Friedrich. 19Pfalzgraf Rapoto und sein Oheim väterlicherseits, Graf Udalrich, den man den Vielreichen nannte, starben 19• Als der Kaiser in Regensburg 1s eine Zusammenkunft mit den Fürsten hatte 20, raffte nämlich ein plötz­ liches Sterben die beiden genannten Großen und zahlreiche Geringere hin, ebenso auch eine Menge Volkes in den Städten und auf dem Land. An vielen Orten brach unvorhergesehen Hungersnot aus. 1 9Papst Urban starb 19• Dieser hielt wegen der Unruhe in der Kirche, 20 die - leider ! - bis heute andauert, zahlreiche Konzilien ab und verkündete ebenso zahlreiche Dekrete ; unter anderem rief er etwa 200 Väter in der Stadt Piacenza zusammen 21 und erklärte, daß er ebenso wie seine Vorgän­ ger Kaiser Heinrich von der Gemeinschaft ausschließe ; vor allem die Königin Adelheid, die Gemahlin des Kaisers, die ebenfalls anwesend war, 2s brachte vor den Ohren der genannten Synode viel Verabscheuungswürdi­ ges gegen ihn vor. Bevor aber Urban aus diesem Leben schied 22, be­ zeichnete er, von göttlichem Geist erleuchtet, den Kardinal Rainer von S. Clemente, einen Abt von heiligmäßigem Lebenswandel und gutem Leu­ mund, einen vornehmen Römer, als denjenigen, der zur apostolischen 30 Herrschaft erwählt werden sollte 23 ; dieser wurde auch durch andere Offenbarungen benannt, und die ganze Römische Kirche weihte 24 ihn sich, obgleich er widerstrebte, unter dem Namen Pascha! zum Hirten. Im Jahr des Herrn 1 100. Unter Herzog Gottfried, der die Kirche von Jerusalem verteidigte, fand eine große Versammlung in Jerusalem statt26, 22

Am 29. Juli 1099. Von dieser Designation berichtet Ekkehard allein. Da auch Pascha! sich nicht darauf beruft, ist die Nachricht zweifelhaft. Pascha! war, bevor ihn Gregor VII. zum Kardinalpriester von S. Clemente ernannte, Mönch, nicht Abt gewesen. Er war auch nicht Römer, sondern stammte aus der Romagna (Bieda 2 4 14. August. di Galeata). 25 Zum Weihnachtsfest 1099 kamen Boemund und Balduin zusammen mit Bischof Daimbert von Pisa nach Jerusalem. Der Patriarch Arnulf wurde abge­ setzt und Daimbert trat an seine Stelle. 23

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qui sunt in oriente Christicolis, maximeque qui vel Antiochi� vel in Syria, Rohas vel Palestina resederaut peregrinis, in tantum, ut in ipsis nativitatis dominic� festis quam plures regionibus adiacentibus consecrarentur episcopi, versis in hystorias visibiles eatenus mysticis prophetiis : "Surge et illuminare Hierusalern ! ' ' 26 et : , ,L�tare Hierusalern s et diem festurn agite omnes, qui diligitis eam ! " 27 etc. Incalescente post h�c �state corrumpitur per Palestinam aer cadaverum f�tore. Sunt etiam, qui dicant fontes a barbaris infectos veneno vel cisternas occisorum sanie ; unde exorta pestilentia multos ex nostris, utpote sub aere peregrino militantes, occidit ; inter quos ipsum totius �cclesi� 10 catholic� lacrimis plangendum Gotefridum populo Dei, quem paterna sollicitudine curabat, materna pietate fovebat, nirnis immature subtraxit. Uno tantum anno populo Dei prefuit, languore superatus producto XV. Kaiendas Augusti 28plenarn fide 28 bonisque operibus presentem in Christo vitam finivit. Exceptis sive tacitis cunctis qui- t s bus pollebat virtutibus tanta se mansuetudine coniunxerat tarn indi­ genis quam comperegrinis, ut vix adverteretur, Francisne plus plan­ geretur quam Syris vel Grecis. Ante montern Calvari�, in vestibulo Golgothan� �cclesi� extat eius mausoleum lapide Pario constructum. Hoc ternpore Baldewinus 29 comes in Rohas, qu� est civitas inclita, 20 irnmo regio et pars Arrneni�, consederat, principatum iam gentis illius consecutus, defuncto scilicet interim grandevo seniore illo christianissimo, qui se ab Antiochia sibi in propugnatorem assciverat multaque prelia naviter gerentern etiam in filium et heredem adopta­ verat30. A diebus quippe antiquis semper inpugnata nunquam manum 2s dederat urbs illa ampla paganis, eo quod rnuris ultra hurnani operis qualitatem firmis, fluvio quoque intra ebulliente, omni etiam situ naturali populique et victuum muniatur fertilitate. Non est operis huius vel temporis litteris tradere, quotiens ibidem parva manu vir predictus grandem multitudinem barbarorum straverit, nonnunquam 30 etiarn victus vicerit, arnisso exercitu alium ab Antiochi� obsidio conduxerit, postremo falso sibi federati cuiusdam Thurci, Baiduc nornine 31, dolis sernet expedierit, ipsurnque cornprehensurn necaverit ; 28-28 Act. 6, 5. 2 7 Vgl. Is. 66, 10. 26 Is. 60, 1 . 29 Balduin von Boulogne, der Bruder Gottfrieds, hatte 1098 den ersten Kreuz­

fahrerstaat gegründet, die Grafschaft Edessa, und hatte sich dann am Kreuz­ zug nicht mehr beteiligt.

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an der alle Christen teilnahmen, sowohl die im Orient lebenden, wie vor allem auch die Pilger, die sich in Antiochien oder in Syrien, in Rohas und in Palästina niedergelassen hatten ; am Fest der Geburt des Herrn wurden dabei zahlreiche Bischöfe für die umliegenden Gebiete geweiht, 5 und in sichtbares Geschehen wurden so die geheimnisvollen Prophezeiun­ gen gewandelt : "Erhebe dich und entzünde dein Licht, Jerusalem ! " 26 und : "Freue dich, Jerusalem, und feiert ein Fest alle, die ihr es liebt! " 27 und so weiter. Als dann der Sommer kam und die Hitze zunahm, wurde die Luft über Palästina vom Gestank der Kadaver verdorben. Manche behaupten 10 auch, die Barbaren hätten die Quellen mit Gift und die Brunnen mit dem verdorbenen Blut der Gefallenen infiziert. So entstand eine Seuche, die viele der Unseren, die ja unter fremdem Himmel kämpften, hinraffte ; unter anderem entriß sie viel zu früh Gottfried, den die Kirche mit Tränen beklagen muß, dem Volke Gottes, für das er mit väterlichem Eifer sorgte 15 und das er mit mütterlicher Zärtlichkeit liebte. Nur ein Jahr stand er an der Spitze des Volkes Gottes ; überwältigt von einer längeren Krank­ heit, beendete er am 18. Juli in Christus sein gegenwärtiges Leben 28voller Glauben28 und guter Werke. Ü bergeht man einmal mit Schweigen alle seine sonstigen Vorzüge, an denen er wahrlich reich war, so hatte er durch 20 seine Güte sowohl die Bewohner des Landes wie die Mitpilger sich in einem Maße verbunden, daß kaum zu sagen war, ob ihn die Franken mehr beklagten oder die Syrer und Griechen. Am Kalvarienberg, in der Vor­ halle der Kirche von Golgatha, steht sein Grabmal aus parisehern Stein. Zu dieser Zeit saß Graf Balduin 29 in Rohas, einer berühmten Stadt, die 25 zugleich ein Gebiet und Teil von Armenien ist, und hatte die Herrschaft über jenes Volk. erlangt, nachdem nämlich der hochbetagte allerchrist­ lichste Herr verstorben war, der ihn von Antiochia als Verteidiger zu sich gerufen und den in vielen Kriegen erfahrenen Helden sogar als Sohn und Erben adoptiert hatte 30• Von altersher stets bestürmt, hatte diese 30 große Stadt sich doch niemals den Heiden ergeben ; denn sie wurde durch Mauern fester als Menschenwerk, durch einen Fluß, der durch die Stadt tost, durch ihre gesamte natürliche Lage und durch ihren Reich­ tum an Bevölkerung und Lebensmitteln geschützt. Es liegt nicht im Rah­ men dieses Werkes und der zur Verfügung stehenden Zeit aufzuzeichnen, 35 wie oft der erwähnte Mann dort mit einer Handvoll Kriegern eine große Menge Barbaren niederstreckte ; manchmal siegte er selbst noch als Besiegter, als er ein Heer verloren hatte, führte er ein anderes von den Belagerungstruppen vor Antiochia heran ; den Ränken eines Türken namens Balduk 31, der sich mit ihm in trügerischer Absicht verbündet 30 Der Armenier Toros von Edessa hatte Balduin adoptiert und war von die­ sem bei einem Volksaufstand, bei dem Toros umkam, im Stich gelassen worden. 31 Balduk war Emir von Samosata und Balduin von Anfang an feindlich gesinnt. Daß Balduin ihn besiegte und tötete, berichtet sonst nur noch Albert von Aachen.

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qu�J omnia seribere volentem prius tempus deseret quam materia. Audito tarnen obitu fratris Gotefridi Baldewino iuniori32, eognato suo, eivitatem et populum eommittit, ipseque euro CCC fere viris Hierosolimam tendit, insidiantium sibi paganorum milia delusit, eon­ greditur, vieit, onustusque spoliis euro triumpho Hierusalern intra- s vit 33• Rogatus et eollaudatus ab omnibus, ut prineeps esset eorum, pe­ tieioni eonsensit ; nee multo post inelinans eaput suum super dominiei sepulehri tumbam ipsius se servituti perpetualiter subiugavit. Post h�Je, quo maior paganis Christianorum timor ineuteretur, die pente­ eostes per legatum apostolie�J sedis34 aeeepta regali benedietione to eoronatur. Deinde Assur35 et Cesaream eivitates maritimas debellavit, eesisque qui inibi erant Sarraeenis, regnum suum regis Babyloni�J dampno dilatavit. Wigbertus Ravennensis arehiepiseopus, qui super Hiltibrandum­ Gregorium positus Clemens papa dietus est, obüt36, vir utique satis t s ingenio, faeundia, nobilitate person�Jque reverentia elarus, nee Roma tune nee Ravenna bene usus, et qui super unum papam viventem, quamvis eoaetus 37, ut aiunt, aseendit, ipse tres sibimet alternatim sueeedentes supervixit 38, extorris utraque sede, Rom�J et Ravenn�J, malens, ut ab ipsius ore didieimus, apostoliei nomen nunquam 20 suseepisse. Anno Domini MOL Cünradus rex adoleseens VIIII. postquam a patris palatio diseesserat anno, Mathildis39, magn�J illius et nobilissim�J et, ut quidam dieunt, religios�J femin�J sieut sanguine ita et eontubernio eoniunetus et in rebus per Italiam disponendis tarn 2s illius quam domni apostoliei eeterarumque Deuma timentium perso­ narum eonsilio semper usus, immaturo preventus oeeasu plena :fide et bona eonfessione a regno transitorio ad �Jternum ereditur regnum migrasse 40• Sunt etiam qui veneno euro dieant interisse 41• Testari a)

Hier setzt A wieder ein.

32 Balduin von Brügge, sein Neffe. 33 Im November des Jahres. 3' Balduin wurde am 25. Dezember 1 100 von dem Patriarchen Daimbert von

Jerusalem in Bethlehem gekrönt, nicht von dem päpstlichen Legaten Mauritius von Porto. Ekkehard hat später im Hierosolymita das falsche Datum weg­ gelassen .

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hatte, entzog er sich mit List, ließ ihn ergreifen und töten ; wer das alles beschreiben wollte, dem würde es eher an Zeit als an Stoff mangeln. Als er die Kunde vom Tod seines Bruders Gottfried vernahm, vertraute er Stadt und Volk seinem Verwandten Balduin dem Jüngeren 32 an und zog s mit etwa 300 Mann nach J erusalem ; Tausende von Heiden, die ihm auf­ lauerten, täuschte, bekämpfte und besiegte er, und beladen mit Beute zog er unter Triumph in Jerusalem ein 33• Als man ihn bat und alle zustimm­ ten, daß er ihr Fürst sein möge, gab er sein Einverständnis ; wenig später beugte er sein Haupt über dem Grab des Herrn und unterwarf sich ihm 1 0 zu ewiger Knechtschaft. Damit den Heiden noch größere Furcht vor den Christen eingeflößt würde, wurde er an Pfingsten durch den Legaten des Apostolischen Stuhles 34 zum König geweiht und gekrönt. Sodann führte er gegen die Küstenstädte Assur 36 und Cäsarea Krieg ; er tötete die sara­ zenischen Einwohner und erweiterte sein Reich zum Schaden des Königs 1s von Babylon. Erzbischof Wibert von Ravenna, der gegen Hildebrand-Gregor ein­ gesetzt worden war und als Papst Clemens genannt wurde, verstarb 38 ; er war ein durch Klugheit, Beredtheit, Vornehmheit und ehrfurcht­ heischende Persönlichkeit glänzender Mann, der indessen weder in Rom 20 noch Ravenna sein Amt gut versah ; er stieg, wenn auch gezwungen 37 - wie man sagt -, gegen einen lebenden Papst auf und überlebte drei Päpste 38, die aufeinanderfolgten, während er von beiden Sitzen, Rom und Ravenna, ausgeschlossen war und lieber, wie wir ihn selbst sagen hörten, niemals den apostolischen Titel angenommen hätte. Im Jahr des Herrn 1 101 . Der junge König Konrad hatte während seiner Regierung in Reichsitalien stets von dem Rat der Mathilde 39 - sie war eine große und hochedle Frau, die, wie einige sagen, nach der Regel lebte und ihm durch Blutsverwandtschaft und nahen Umgang verbunden war - sowie des Papstes und der übrigen Gottesfürchtigen Gebrauch 30 gemacht ; nun aber ging er im neunten Jahr der Trennung von seinem Vater unerwartet, gläubig und nach guter Beichte aus dem vorüber­ gehenden Reich in das ewige Reich ein, wie man wohl glauben darf40• Manche behaupten auch, er sei durch Gift umgekommen 41• Anwesende 2s

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Arsuf, südl. von Caesarea. Am 8. September in Civita Castellana. Vgl. Chronicon monasterii Casinensis 3, 50 (MG. SS. 7, 741). Gregor VII., Viktor III. und Urban li. Markgräfin von Toskana. to Konrad starb am 27. Juli in Florenz, nachdem er im Frühjahr 1093 von seinem Vater abgefallen war. Vgl. Frutolf oben S. 106. u Zu diesem Gerücht vgl. Meyer v. Kn., Jbb. 5, S. 147 Anm . 66.

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solent qui aderant in brachio corporis exanimi crucis signaculum subito exortum se vidisse ipsasque eius exequias quibusdam miraculis honorificatas fuisse42• Visus est a nostro quodam familiari ab occidente in orientem volans 5 ignis ad instar non modic� civitatis. Vermiculorum quoque, quos papiliones a similitudine tabemacu­ lorum vocant, exercitus incredibilis multitudinis per III continuos dies quasi a Saxoni� finibus in Baioariam volabat. Mox profectio populosa, et qu� pene priori posset numero dum­ taxat �quari, subsequitur, qu� post auditas ultra apern res 10 Hierosolim� proapere gestas a residuis totius occidentis gentibus, maxime ab his, quorum prius votis timor vel diffidentia, inopia vel inbecillitas obstiterant, denuo parabatur. Primum ab episcopis Mediolanensi, Papiensi c�terisque Longobardorum populis ad L milia signatis, deinde a diversarum provinciarum Theutonicis, post- 1 s remo ab Aquitanicis, quibus Willihelmus Pictaviensis43 preerat, preter vulgus ad XXX loricatis. Longobardorum plebes permissu Heinrici ducis Carinthia 44 permeata dum post Ungros tergo relictos in Burgari� 45 civitatibus hiemarent, numero rarescere ceperunt tandemque Constantinopolim pervenientes46 in alteram ripam 20 illud enim beneficium maledictus Alexius peregrinis accelerare solet - transposit� sunt, immo paganorum sagittis exposit�. Thurci enim explorata Longobardorum inertia stipularum eos terebant more, in tantum ut exercitus Theutonicus, qui eadem via subsecutus circa Iunii Kaiendas ad eandem metropolim pervenit, quid de precedentibus 25 se gestum sit, nullo modo, utpote nullo superstite de Romania redeun­ te 47 posset investigare. Ab ingressu quippe vel prima civitate Bul­ gari� usque ad sedem Alexii semper nobis eius pacifici nuncii occurre­ bant, qui tarnen aliquando nos precedentes vel comitantes favillarum evanescentium more disparebant. Militum etiam suorum, quos 30 Pincinatos vocitant, exercitus nunc nobis a tergo damnum intulit, nunc a latere vim inferre, nunc a fronte directa acie manum conferre, nunc per noctes castra irrumpere disposuit, semper tarnen nobis per XX dies vicinus et infestus fuit, donec statione fruentes prenominata -

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Vgl. ebd. S. 148. Als Wilhelm IX. seit 1086 Herzog von Aquitanien.

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bezeugen immer wieder, sie hätten beobachtet, wie auf dem Arm des entseelten Körpers sofort das Zeichen des Kreuzes erschienen und sein Begräbnis durch einige Wunder verherrlicht worden sei 42• Von j emandem, der zu unserem Haus gehört, wurde ein Feuer in Gestalt s einer ziemlich großen Stadt beobachtet, das von West nach Ost flog. Ein unglaublich großes Heer von kleinen Insekten, die wegen ihrer Ähnlichkeit mit Zelten Falter genannt werden, flog drei Tage lang aus dem sächsischen Gebiet nach Bayern ein. Kurz darauf folgte ein volkreicher Heereszug, der sich an Zahl fast 10 den früheren vergleichen könnte ; er wurde nun, da man vernommen hatte, daß die Dinge in Jerusalem über Erwarten gut verlaufen seien, von den Völkern des Westens vorbereitet, die zunächst zurückgeblieben waren, vor allem von denen, deren Teilnahme zunächst Furcht und Miß­ trauen, Mangel und Schwäche im Wege gestanden hatten : Zuerst von den 1s Bischöfen von Mailand, Pavia und den übrigen Lombarden, etwa 50 000 mit dem Kreuz Bezeichnete, danach von Deutschen der verschiedenen Länder, schließlich auch von Aquitaniern unter Wilhelm von Poitiers 43, außer dem Volk etwa 30000 Gepanzerte. Die Lombarden durchzogen mit Erlaubnis des Herzogs Heinrich Kärnten 44 ; nachdem sie Ungarn 20 hinter sich gelassen hatten, verblieben sie den Winter über in den Städten Bulgariens 46, und dort begann ihre Zahl dahinzuschwinden ; als sie endlich nach Konstantinopel gelangten 46, wurden sie sogleich - diese Wohltat pflegte der vermaledeite Alexius den Fremden nämlich möglichst schnell zu erweisen - auf das andere Ufer übergesetzt und den zs Pfeilen der Heiden ausgesetzt. Sobald die Türken nämlich die Untauglich­ keit der Lombarden erkannt hatten, droschen sie diese wie Stroh, so daß das deutsche Heer, das denselben Weg nahm und Anfang Juni bei der Hauptstadt anlangte, nicht mehr erfahren konnte, was mit seinen Vor­ gängern geschehen war ; denn kein Überlebender kehrte mehr aus Rum zu30 rück 47• Vom Eintritt in Bulgarien oder von der ersten Stadt in Bulgarien an bis zum Sitz des Alexius kamen uns ständig dessen Friedensboten entgegen, die uns eine Weile voranzogen oder uns begleiteten, dann aber verschwanden, wie Asche verweht. Seine Truppen, die sie Petscherregen nennen, bedrängten uns bald im Rücken, bald versuchten sie, von der 3S Flanke auf uns einzudringen, bald im Frontalangriff mit uns handgemein zu werden, bald bei Nacht das Lager zu überfallen ; stets aber waren sie uns zwanzig Tage lang nah und beunruhigten uns, bis wir uns während " 1090-1122 Herzog von Kärnten. 45 Das lombardische Heer war also schon im Herbst des Jahres 1 100 aufge­ brochen. 48 Im Frühjahr 1 101. 4 7 Zur Differenzierung dieser Ansicht Hagenmeyer, Hierosolymita S. 229 ft'. Anm. 13.

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cum turma Welfonis 48 ducis exercituque Willihelmi diversis quo­ que cotidie confl.uentibus copiis per dies XV ad C congregabamur. E quibus omnibus singularum turmarum principes Alexius more suo sub appellatione filiorum suscepit eisdemque post manus acceptas sacramentaque firmata sicuti prioribus exercitibus munera dispertivit, s pauperibus vero extra civitatem elemosinam largiri mercatumque pa­ rari precepit. Nam obsistente suspicione paucissimis personis et ipsis precio furtimque cuiusquam urbis vel castri sive munitionis per totum imperium eius permittebatur ingressus. Qua etiam causa dum Willihelmus cum exercitu per mediam Adrianopolim, qua regia 10 strata ducit, transire prohiberetur, Aquitani mox genitali tumes­ centes fastu simbola conclamant, suburbana succendunt, civitatem invadunt, cuius oppugnationi dum acriter insistunt, Pincinatorum exercitum, qui semper, ut premissum est, iter ipsum iussu c�saris observat, a tergo suscipiunt ; quibus congressi multos sternunt, multos 1 5 amittunt, tandem via dudum contempta vadunt. Igitur totus ille tantusque populus per Romaniam iter dirigere disponebat, necessaria sibi quisque per deserta coemebat ; ultra brachium illud maris, quod sancti Georgii dicitur, tarn compulsi quam voluntarii transvehimur, sed cotidiani principum conventus, cotidiana etiam ipsorum cum 20 imperatore colloquia quem finem sint habitura, penduli nimis operi­ mur. Sed ecce subito murrnur exoritur invisum imperatorem Thur­ corum potius quam Christianorum parti favere exploratisque, qu� circa nos erant, frequentibus illos contra nos nunciis animare. "Hic est", inquiunt, "perfidus ille Alexius, qui domino suo Michaheli49 2s per quorundam Alamannorum conducticiorum auxilium depulso imperium eius usurpavit ipsosque sui sceleris cooperatores exilio damnatos necari fecit ; nuncque se tanti facere dicit Francos cum Thurcis preliantes, quanti canes se invicem mordentes". Cum autem navigia quisquam conducere temptaret, audivit c�sarem insidias 30 peregrinis etiam in mari posuisse multasque dudum eodem facinore naves eum submersisse50• Quapropter omnes eum maledicebant et anathematizabant, omnes illum lingu� non imperatorem, sed tradi­ torem appellabant. Incredibile memoratu est et ad recordandum expertis horribile, quanta in nostro, hoc est Germanico, collegio, 35 u Welf IV., Herzog von Bayern. Ekkehard war also mit einer kleineren Abteilung, nicht mit dem Hauptheer Welfs nach Konstantinopel gezogen.

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des Aufenthaltes bei dem genannten Ort mit der Schar Herzogs Welf48 und dem Heer Wilhelms und weiteren Gruppen, die täglich dazu stießen, vereinigten und innerhalb von fünfzehn Tagen auf 100 000 Mann anwuch­ sen. Von den vielen Angehörigen der einzelnen Gruppen empfing Alexius s die Fürsten, die er nach seiner Gewohnheit als Söhne bezeichnete ; nach dem Empfang von Handschlag und Eidesleistung, wie das auch bei den früheren Heeren der Fall gewesen war, ließ er Geschenke verteilen, für die Armen aber ließ er außerhalb der Stadt Almosen verteilen und einen Markt einrichten. Denn aus Argwohn wurde im ganzen Reich nur sehr 10 wenigen Personen, und auch diesen nur gegen Geld und verstohlen, der Eintritt in eine Stadt, eine Burg oder eine Befestigung gestattet. Deshalb wurden auch Wilhelm und sein Heer daran gehindert, durch Adrianopel zu ziehen, durch das die Heerstraße hindurchführt ; die Aquitanier aber in der ihnen eigenen hochfahrenden Art empörten sich, erhoben den ts Schlachtruf, setzten die Vorstädte in Flammen und griffen die Stadt an ; während sie diese heftig bestürmten, wehrten sie zugleich das Heer der Petsehenagen im Rücken ab, das - wie gesagt - auf Befehl des Kaisers stets den Zug beobachtete ; mit ihnen handgemein geworden, erschlugen sie viele, verloren auch selbst zahlreiche Leute und zogen endlich auf dem 20 nun schon verhaßten Weg weiter. Das ganze zahlreiche Volk beschloß, den Weg durch Rum zu nehmen, und j eder kaufte, was er für den Marsch durch die Wüste benötigte ; halb gezwungen, halb freiwillig setzten wir über den Meeresarm, der Arm des hl. Georg genannt wird, während wir mit Hangen und Bangen warteten, welches Ergebnis die täglichen Zusam2S menkünfte der Fürsten und deren tägliche Verhandlungen mit dem Kaiser haben würden. Doch plötzlich erhob sich das Gerücht, der verhaßte Kaiser neige eher den Türken als den Christen zu und ermutigte sie, nach Auskundschaftung unserer Lage, durch häufige Boten gegen uns. "Das ist", so war zu hören, "dieser treulose Alexius, der mit Hilfe einiger 30 deutscher Söldner seinen Herrn Michael vertrieb '9 und dessen Reich an sich riß, dann aber die Helfer seines Verbrechens mit dem Exil bestrafte und sie töten ließ ; und nun sagt er, er lasse die Franken so mit den Türken kämpfen, wie sich Hunde gegenseitig zerreißen." Als aber j emand eine Flotte zusammenzustellen versuchte, vernahm er, der Kaiser habe den 3S Pilgern auch auf dem Meer Hinterhalte gelegt und durch diese Übeltat schon zahlreiche Schiffe versenkt 60• Deshalb verdammten und verfluch­ ten ihn alle und nannten ihn in sämtlichen Sprachen nicht mehr Kaiser, sondern Verräter. Es klingt unglaublich und denen, die es selbst erlebt haben, ist es noch in der Erinnerung schrecklich, wie groß in unserer 40 deutschen Gruppe, der kleinsten von allen, die Verwirrung war, als man '8 Nicht Michael, sondern dessen Nachfolger Nikephoros III. Botaniates ( 1078-1081) war von Alexius gestürzt worden. 50 Auch dieser Verdacht war unbegründet.

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quod omnibus erat rarius, tune fuerit titubatio, dum videres patrem a filio, fratrem a germano, socium ab amico multo amarius quam mors separat cum vita separari, altero terr�, altero se committente mari, rursumque quosdam post appensum naulum, post unam vel II in navi transactas noctes resumpta suppellectili ad litus cum ingenti s damno prosilire, redemptis precio ampliori, quos nuper distraxerant, equis ad necem fugiendo mortem properare. Nos quoque eadem animi mutatione diu multumque vexati tandem inter eos, qui se salo credere presumpserant, divina miserias nostras gubemante clementia Ioppe portum post VI ebdomadas attigimus 61, benedictus per omnia 1 0 Iesus Christus ! Porro exercitus universalis ab imperatore CCC Thurcopolis, qui legiones apto itinere deducerent, acceptis contra Nicomediam vertitur, indeque Romaniam declinans ad aquilonalem plagam contra terram Chorizanam, qu� Thurcorum est patria, convertitur. Loca quippe 1 s Romani�, qu� circa stratam publicam erant, periurus Alexius deva­ staverat, dum nostris in Antiochia dudum obsessis62 auxilium ferre non auderet, ut iuraverat, suspectus scilicet extunc tarn Francis quam Thurcis. Insuper milicia h�c nomen sibi facere in gentibus quemadmodum anterior proposuit, sed ut rei probavit eventus, divin� 20 id predestinationi non complacuit. Nam ante paucos dies idem pagani in Longobardorum, ut premissum est, vix tepido sanguine hebetatos antea gladios duraveraut indeque animati tarn infinit� multitudini bellatorum resistere presumebant. Non multo plus quam IIII erant milia Thurcorum, qui tarnen ipsi electi et equis velocissimis, armis 2s telisque ac sagittandi peritia nimis instructi fortunam suam seu virtutem ignoti exercitus experiri potius explorando quam aperte congrediendo veniebant. Unde inprimis latrocinantium more vulgus extremum diripere, post h�c capere vel cedere, deinde per competa precurrentes incendio vel quocumque molimine pabula prevastare, 30 aliquando etiam per iunceta vel carecta gradientem exercitum tota die ßammis vel fumo vexare, nonnumquam fontes vel cistemas ob­ durare, a locis tutioribus telis infestare, per noctes nunc hac nunc illa castrorum parte irrumpentes cunctis inquietudinem inferre. Inter h�c tarnen omnia numquam acie directa, numquam fronte aperta more 3s preliantium congrediebantur, sed resistentibus cedebant, insequ�ntes fugiebant, revertentes denuo subsequuntur. Si miserias illas omnibus

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sah, wie der Vater vom Sohn, der Bruder vom Bruder, der Freund vom Freund im Leben bitterer getrennt wurden, als der Tod sie scheidet, wie der eine sich dem Land, der andere dem Meer anvertraute, wie andere dagegen Schiffsgeld bezahlten und eine oder zwei Nächte auf dem Schiff 5 verbrachten, ihr Gepäck dann aber wieder an sich nahmen, unter sehr großem Verlust wieder ans Ufer sprangen und nun zu einem höheren Preis die Pferde, die sie neulich losgeschlagen hatten, zurückkauften, um dem Tod zu entfliehen und dem gewaltsamen Untergang entgegen­ zueilen. Auch wir selbst wurden durch die gleiche Unentschlossenheit 10 lange und schwer gequält, aber da die göttliche Güte unser armseliges Geschick lenkte, erreichten wir endlich zusammen mit denen, die sich dem Meer anzuvertrauen gewagt hatten, nach sechs Wochen 51 den Hafen von Joppe ; gepriesen in allem sei J esus Christus ! Sodann wandte sich das Hauptheer - der Kaiser hatte 300 Turkopolen 15 zur Verfügung gestellt, die die Truppen einen geeigneten Weg führen sollten - nach Nikomedien ; von dort nahm es Richtung auf Rum und zog sodann nördlich gegen das Land Gorrizim, die Heimat der Türken. Die Städte in Rum, die an der Heerstraße lagen, hatte der meineidige Alexius verwüsten lassen ; dagegen hatte er es nicht gewagt, den Unsrigen Hilfe 20 zu schicken, wie er geschworen hatte, als sie Antiochia belagerten 52 ; seit­ dem beargwöhnten ihn Franken wie Türken gleichermaßen. Dieses Heer wollte sich einen Namen unter den Völkern machen gleich dem früheren, aber wie der Ausgang bestätigt, gefiel das der göttlichen Vorsehung nicht. Denn wenige Tage zuvor hatten die Heiden, wie erwähnt, ihre vorher 25 stumpfen Schwerter in dem eben noch warmen Blut der Lombarden gehärtet ; dadurch ermutigt wagten sie es, diesen zahllosen Kriegern Widerstand zu leisten. Kaum mehr als 4000 Türken, aber ausgesuchte Leute auf sehr schnellen Pferden und außerordentlich geschickt im Um­ gang mit Waffen, Geschossen und im Bogenschießen, rückten heran, 30 um ihr Glück, beziehungsweise die Tüchtigkeit eines unbekannten Heeres, mehr durch Auskundschaften als im offenen Kampf, zu erproben. Des­ halb plünderten sie zuerst nach Räuberart das Volk am Schluß des Hee­ res, nahmen es dann gefangen oder töteten es ; sodann ritten sie über Seitenwege voraus und vernichteten durch Brand oder auf andere Weise 35 das Futter, zuweilen auch quälten sie das Heer, wenn es durch Binsen oder Ried dahinzog, den ganzen Tag durch Feuer oder Rauch ; zuweilen machten sie Quellen oder Brunnen versiegen, von gesicherten Stellen aus belästigten sie das Heer mit Geschossen, bei Nacht brachen sie bald in diesen, bald in j enen Teil des Lagers ein und beunruhigten alle. Bei 40 alledem kämpften sie niemals in direkter Schlacht, niemals offen nach Art der Krieger ; sie wichen vielmehr zurück, sobald sie Widerstand fanden, flohen vor Verfolgern und folgten erneut, wenn diese umkehrten. 51 Wahrscheinlich Mitte August. 52 Diese Bemerkung bezieht sich auf den ersten Kreuzzug.

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miserüs miserabiliores stilo prosequi plene temptamus, possibilitatem simul et modum excedimus ; ubi turpiter tot nobiles, per inopiam tot divites, sine ferro tot fortes occubuisse referimus, dum domino servus presens, locupleti pecunia sufficiens minime quivit subvenire, nec forti licuit pugnare. Loca quippe eadem erant arta 63, invia atque 5 inhabitabilia, hostibus cognita, nostris ignota, qua tantum Dei populum Alexii traditoris incarcerabant machinamenta. Quid moror 1 Sie per dies pene XX quasi signum ad sagittas expositi, sie cotidie tamquam oves occisionis estimati, tandem in extrema iam sorte positi nemorum se saltibus noctu tradunt, morosam, sed certarn 1 0 sibi mortem accelerare satagunt, quamvis paucissimis fuga quic­ quam emolumenti contulerit, preter quod omnium ultima fata tardantia consummavit. Nam de tarn innumero populo Dei, heu ! heu ! non credimus mille viros remansisse, quos postea vix ossibus herentes Rodo, Papho 64 c�terisque portubus, raros autem etiam 1 5 Ioppe vidimus ; e quibus Bernhardus 66 comes e t Heinricus comes Ratisponensis 66 Hierosolim� obierunt, dux vero Waiulfus revertendo moriens Papho est humatus 67• Inter Iongissimam cruciatuum suorum hystoriam, quam hic texere nec ipsa compendiosi huius operis pro­ prietas permittit, de nostratibus archiepiscopum Salzburgensem T. 66 20 captum, marchisiam N. 69 trucidatam, II Brunones canonicos 60, no­ biles viros, inedia sitique defecisse referebant ; de Latinis vero prin­ cipibus Willihelmum 61, Regimundum 62, Stephanum 63 c�terorumque aliquam partem superesse dicebant. Dum h�c ita geruntur, nec his qui in Iudea sunt Christianis 25 parcitur, sed tarn ab Ascalonitis atque Damascenis cotidiana latrocinia quam a Babyloniis bella parantur. Post Mai quippe Kaiendas non longe a Rama 64 castra metatus est Babylonicus exercitus, contra quem aciem direxit rex Balduvinus suos hortatus, ut sicut ante paucos dies per Dei gratiam parva manu multam de Jo Arabia predam tulerant, ita nunc hostium multitudini non cedant. "Illorum", inquit, "damno vivamus aut periculo moriamur ! Ecce .53 Nach Hagenmeyer, Hierosolymita S. 246 Anm. 36 handelt es sich um das Bulgar dagh, südöstl. Eregli. 5' Hafen an der Westküste Cyperns. 55 Nicht zu identifizieren. 58 Sohn des Burggrafen Heinrich II.

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Wenn wir diese Mühsal, die schlimmer war als j ede andere Mühsal, vollständig zu beschreiben versuchten, würden wir Möglichkeit und Maß überschreiten, falls wir nämlich berichteten, wie viele Adlige schimpf­ lich, wie viele Reiche durch Mangel, wie viele Tapfere ohne Schwert s umkamen, während dem Herrn nicht einmal ein anwesender Diener, dem Reichen nicht einmal eine ausreichende Geldsumme helfen konnte und es dem Tapferen nicht vergönnt war zu kämpfen. Die Stätten, wo die Ränke des Verräters Alexius das zahlreiche Volk Gottes einkerkerte, waren eng 63, unwegsam und unbewohnbar, den Feinden bekannt, den 10 Unseren unbekannt. Was weiter 1 Fast zwanzig Tage lang den Pfeilen wie eine Zielscheibe ausgesetzt, waren sie täglich wie Opferlämmer ; endlich, als sie sich schon in aussichtsloser Lage befanden, vertrauten sie sich bei Nacht den Gebirgswäldern an und suchten den langsamen, doch sicheren Tod zu beschleunigen, wenn schon die Flucht den wenigsten ts einen anderen Nutzen brachte, als daß sie das noch zögernde letzte Schicksal aller vollendete. Wir glauben nämlich nicht, daß von dem zahl­ losen Volk Gottes mehr als 1000 Männer übrigblieben, die wir später bis auf die Knochen abgemagert in Rhodos, Paphos 64 und den anderen Häfen, einige wenige auch in Joppe, gesehen haben ; von ihnen starben 20 Graf Bernhard66 und Graf Heinrich von Regensburg 56 in Jerusalem, Her­ zog Welf dagegen verschied auf der Rückreise und wurde in Paphos bei­ gesetzt 67. Aus der langen Geschichte ihrer Martern, die hier darzulegen die Eigenart dieses zusammenfassenden Werkes nicht gestattet, berichteten sie, daß aus der Zahl unserer Leute Erzbischof Thiemo 68 von Salzburg 2S gefangen, die Markgräfin N 69. erschlagen worden, zwei Kanoniker namens Bruno 60, vornehme Männer, infolge Hungers und Durst verstorben seien ; von den lateinischen Fürsten aber - so sagten sie - hätten Wilhelm 61, Raimund 62 und Stephan es und von den übrigen ein Teil überlebt. Während dies geschah, blieben auch die Christen in Judäa nicht ver30 schont ; die Bewohner von Askalon und Damaskus waren täglich auf Räubereien und die Babyionier auf Krieg aus. Nach dem ersten Mai schlug das babylonische Heer unweit von Rama 64 sein Lager auf; König Balduin stellte ihm seine Truppen entgegen und ermahnte die Seinen : Wie sie wenige Tage zuvor durch Gottes Gnade mit einer kleinen Schar 35 zahlreiche Beute aus Arabien geholt hätten, so sollten sie auch nun der Menge der Feinde nicht weichen. "Zu ihrem Verderben", so sagte er, 57 Er starb am 8. oder 9. November, nachdem er noch Jerusalem besucht hatte ; seine Gebeine wurden nach Kloster Weingarten überführt. 5s Über ihn und seinen Tod vgl. Meyer v. Kn. 5, 143. 59 Wahrscheinlich die Markgräfin Ida von der Ostmark, die zu Herzog Welfs Begleitung gehörte. 110 Nicht zu identifizieren. 82 Graf von Toulouse. 81 S. oben S. 164 Anm. 43. ea Graf von Blois. " Ramla, zwischen Jerusalem und Joppe.

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bellum, o boni milites, quod olim. optavim.us, pro quo patriam, parentes pacemque contempsimus. Porro pro Christi hereditate contra invasores Sanct� Terr� predonesque alienigenas pugnare honestum est, vincere tales nequaquam incertum, mori gloriosum. Illis patria ministrat fugam, nobis exilium victoriam. Comprobemus s iam, quod ipsi exprobrant, Francos mortem non timere, immo Christi peregrinos aut in Christo vincere aut pro Christo mori velle ! " Talia multa postquam peroravit arrectis suorum animis miro Dei omni­ potentis nutu ingens Sarracenorum populus uni tantum vel paulo plus legioni 65 nostratum cessit adeo, uti ne congredi quidem 10 presumerent, sed post transactos aliquot in eadem statione dies turpiter et inacte redirent. Rursum circa Kaiendas Septembris, quo scilicet tempore Christianorum, quos ante memoravimus 66, adventan­ tium fama Babyloni� regna terruerat, inito consilio preoccupare nostram, hoc est universorum, qui tune in Iudea vel in cunctis finibus 1 s illis reperirentur, interneeiern disponebant missisque epistolis Damas­ co, Tripoli, Gibel c�terisque barbaris civitatibus adversus nomen christianitatis se invicem qualicumque pacto confortabant. Egressus itaque XL milia exercitus67 de Babylone primum ad optinendam Ioppen tendens non longe ab Ascalone sumptis nimirum inde sociis 20 consedit. Balduvinus vero rem non ignorans suos undique, hoc est ab Hierusalem, Nicopoli 68, monte Thabor, Ebron, Cesarea et Assur, in Ioppen, ubi tune non parva manebat peregrinorum turba, convo­ cavit. Vidimus hisdem diebus tantam mortalitatem, quam etiam vix zs evasimus, in populo grassari, ut ad CCC cadavera singulis diebus Hierosolim� exportata numerarentur ; Ioppe vero ingens campus intra paucos dies tumulis occuparetur. Denique cuiusdam diei69 hora III. precedente regem ligno dominic� crucis, quad anno priori terra diutissime absconditum Syri quidam G. duci demonstra- 30 verant 70 , extra civitatem Ioppen totius populi conventus est factus, iussuque regis Arnoldus 71 quidam honorabilis et bene literatue 85 Die Zahl ist sicher nicht genau zu nehmen, sondern drückt nur die geringe Stärke des christlichen Heeres aus. 88 Das Pilgerheer, zu dem auch Ekkehard gehörte. 17 Auch diese Zahl ist nicht wörtlich zu nehmen ; Fulcher gibt 32 000 Mann an. es D. h. Emmaus.

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"wollen wir leben, zu ihrem Untergang wollen wir sterben! Dies ist der Krieg, meine tapferen Krieger, den wir einst wünschten, für den wir Heimat, Eltern und Frieden aufgaben. Es ist eine Ehre, für das Erbe Christi gegen die Eindringlinge des Heiligen Landes und die fremden s Räuber zu kämpfen ; solche Leute zu besiegen ist keineswegs ungewiß, zu sterben ist ruhmreich. Ihnen legt das Vaterland die Flucht nahe, uns die Ferne der Heimat den Sieg. Wir wollen beweisen, was sie selbst behaupten, daß die Franken den Tod nicht fürchten, daß sie vielmehr als Pilger Christi entweder in Christus siegen oder für Christus sterben 10 wollen." Nachdem er noch vieles dieser Art gesagt hatte, wich vor dem beherzten Mut seiner Leute nach dem wunderbaren Willen des allmäch­ tigen Gottes das unzählbare Volk der Sarazenen vor wenig mehr denn einer Legion86 der Unseren zurück ; ja sie wagten nicht einmal mehr zu kämpfen, sondern blieben nur noch wenige Tage in dem Lager und zogen IS sich dann schimpflich und ohne Erfolg zurück. Um den ersten September, als das Gerücht von der Ankunft der Christen, die wir vorhin erwähn­ ten 88, die Reiche Babyloniens erneut in Schrecken versetzte, berieten und beschlossen sie unseren Untergang, das heißt aller derjenigen, die sich damals in Judäa und all j enen Gebieten befanden ; sie sandten also Briefe 20 nach Damaskus, Tripolis, Gibelet und in die anderen Barbarenstädte und bestärkten sich gegenseitig durch ein Bündnis gegen die Christen. Infolge­ dessen rückte ein Heer von 40 000 Mann 67 von Babyion ab, um zunächst Joppe zu besetzen ; es nahm von überallher Bundesgenossen auf und lagerte dann in der Nähe von Askalon. Balduin aber durchschaute das 2s Vorhaben und rief seine Leute von Jerusalem, Nikopolis 88, vom Berg Tabor, von Ebron, Cäsarea und Assur in Joppe zusammen, wo sich damals eine ansehnliche Schar von Pilgern aufhielt. In diesen Tagen erlebten wir, wie ein solches Sterben - auch wir ent­ gingen ihm kaum - unter dem Volk wütete, daß bei 300 Leichen Tag 30 für Tag aus Jerusalem hinausgetragen wurden ; in Joppe aber war in wenigen Tagen ein riesiges Feld von Gräbern bedeckt. Schließlich wurde eines Tages 89 um die dritte Stunde außerhalb der Stadt Joppe eine Ver­ sammlung abgehalten, bei der dem König das Kreuzesholz des Herrn voranzog, das lange in der Erde verborgen war, bis es einige Syrer im 3S vorigen Jahr dem Herzog Gottfried zeigten 70 ; auf Befehl des Königs nahm ein gewisser Arnold 71, ein ehrenwerter und gebildeter Kleriker, inmitten

89 Am 6. September, am 7. fand die Schlacht statt. 70 Ein Teil des Kreuzes, das der Legende nach von der Kaiserin Helena auf­

gefunden worden war . 71 Identisch mit dem meist Arnulf genannten ersten lateinischen Patriarchen von Jerusalem, der Dagobert weichen mußte, von l l 12 - 1 1 1 8 aber erneut Patriarch war ; in der Zwischenzeit war er Archidiakon des Hl. Grabes.

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clericus sie in medio concilii est exorsus : 72 "Beata gens, cuius est dominus Deus eius, populus quem elegit 72• Vos, o fratres karissimi, gens estis illa beata, illa gens sancta, vos estis populus ille Christi hereditatis 73, 74populus acquisitionis 74, qui 76relictis omnibus 75, patria, parentibus et rebus crucem cotidianam post Christum tulistis 76, s vos corpora vestra pro Christo ad supplicia tradidistis. Vos pugnasse videmini, sed Christus vestro voluntarie sibi sacrificato sanguine vestrorumque fratrum et commilitonum preciosa morte locum sancti­ ficationis su� dignatus est mundare, 77 civitatem requiei 77 su� Hierusalern voluit post tarn annosa spurcissim� gentis vincula per 10 vestram devotam servitutem expedire. ,H�c', inquit Deus, ,requies mea in seculum seculi ; hic habitabo, quoniam elegi eam' 78• Contra quam divina sponsione nobis inditam spem, ecce paganorum Iiter� Dei nutu ante diem hesternam comprehensis legatis ablat�, vati­ cinata perhibentes d�monia, nos illorum preliis hoc anno delendos, 1 s Hierusalern funditus destruendam, et quod etiam omnibus nefandis hor­ ribilius est dictu, ipsam dominici et gloriosi sepulchri petram crusta­ tim confiingendam sicque camelis ad mare delatam in remotissimo et quod nunquam a Christianis rescisci possit pelago submergendam esse. Unde quid facto opus sit, o Christicol�, videte ; quem finem h�c 20 tanta presumptio tandem sit habitura, perpendite ! " Plura disputare volentem mox clamor interstrepens compescit, et quasi ex uno ore vox unanimis singulorum insonuit: "Res", inquiunt, "in articulo posita est ; breve et quoddammodo succinctum est consilium nostrum pro Christo Christique legibus et sanctis nostris aut dimicandum zs fortiter aut moriendum turpiter aut gloriose mori et vivere �ternaliter instat aut turpissime cedere et brevi turpique vita perpetuam mortem comparare restat. Sed nec temporaliter nec �ternaliter vivere liceat, quem contra tarn profanam, tarn blasphemam paganorum audaciam pugnare non libeat ! " Protinus ante crucem reparationis nostr� 30 confessione peccatorum unanimi humiliatione facta ac post dietarn indulgentiam ab apostolico legato 79, qui tune forte aderat, bene­ dictione accepta Domini inclamantes adiutorium castro sunt alacres redditi ; indeque summo mane ad VII peditum milleque equites 80 72-72 Ps. 32, 12. 74-74 1. Petr. 2,9. 78 Vgl. Luc. 9, 23.

73 Vgl. Rom. 8, 17. 75-75 Luc. 5, 1 1 . 7 7 Vgl. Ps. 131, 14.

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der Versammlung folgendermaßen das Wort: "72Selig das Volk, dessen Herr sein Gott ist, selig das Volk, das er erwählte 72. Ihr, liebe Brüder, seid jenes selige Volk, jenes heilige Volk ; Ihr seid jenes Volk des Erbes Christi 73, "das Volk, das besitzen wird 74 ; Ihr, 75die Ihr alles verlassen habt 75, s Heimat, Eltern und Habe, die Ihr Tag für Tag Christus das Kreuz nach­ tragt 76 und für Christus Euer Leben dem Untergang weihtet. Ihr wart es, die zu kämpfen schienen, aber Christus ließ sich herab, durch Euer Blut, das Ihr ihm aus freiem Willen opfertet, und durch den kostbaren Tod Eurer Brüder und Mitstreiter den Ort der Heiligung zu reinigen ; Jeru10 salem, 77die Stadt seiner Ruhe 77, wollte er durch Euren ergebenen Dienst nach so vielen Jahren, die es in den Fesseln eines schändlichen Volkes lag, befreien. ,Dies', so spricht Gott, ,ist der Ort meiner Ruhe in Ewig­ keit ; hier will ich wohnen, denn ihn habe ich mir erwählt '8.' Gegenüber dieser Hoffnung, die uns durch göttliches Versprechen zugesichert wurde, IS schaut den Brief der Heiden an, der nach dem Willen Gottes den Boten, die man vorgestern aufgriff, abgenommen wurde ; er enthielt die teuf­ lische Weissagung, wir müßten in diesem Jahr durch ihren Kampf ver­ nichtet, Jerusalem müsse völlig zerstört und - selbst Gottlose schreckten davor zurück, solches zu sagen - der Fels des glorreichen Grabes des 20 Herrn müsse Stück für Stück zerschlagen, auf Kamelen zum Meer geschafft und an völlig entlegener Stelle im Ozean versenkt werden, wo er niemals mehr von den Christen heraufgeholt werden könnte. Seht daher zu, Ihr Christen, was getan werden muß ; erwägt, welches Ende diese Anmaßung haben soll ! " Als er noch mehr sagen wollte, unter25 brach ihn ein mächtiges Geschrei und brachte ihn zum Schweigen, gleich­ sam wie aus einem Munde erklang einmütig die Stimme aller: "Die Sache", so riefen sie, "ist entschieden ; kurz und gewissermaßen bündig ist unser Rat: Entweder für Christus, das Gesetz Christi und für unsere heiligen Rechte tapfer zu kämpfen oder schimpflich zu sterben ; entweder steht 30 uns bevor, glorreich zu sterben und ewig zu leben oder es bleibt uns, voller Schande zu weichen und nach einem kurzen und schändlichen Leben den ewigen Tod zu gewinnen. Aber weder in der Zeit noch in Ewig­ keit darf leben, wer gegen diese unheilige und gotteslästerliche Frechheit der Heiden nicht kämpfen mag." Darauf bekannten sie vor dem Kreuz 3S unserer Erlösung einmütig und in Demut ihre Sünden, und nachdem die Lossprechung erfolgt war und sie vom päpstlichen Legaten 79, der zufällig anwesend war, den Segen empfangen hatten, kehrten sie heiter und die Hilfe des Herrn anrufend ins Lager zurück ; sodann wurden am frühen Morgen etwa 7000 Mann zu Fuß und 1000 Ritter so ausgewählt, die sich 78 Ps. 131, 14.

78 Mauritius. Fulcher, der an der Schlacht teilnahm, spricht von nur 260 Rittern und 900 Mann zu Fuß. 80

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recensiti periculo sunt ingenti cum gaudio magno presentati. Visa igitur statione barbarorum, mirabile dictu, tanta fervescere eeperunt fide, ut unusquisque se solum tot legiones sternere posse non dubitaret ; indeque eontigit, ut dum per unum pene miliarium in­ ordinate eurrendo minus eaute se hostibus infundunt, prima eohors s a latere invasa ilico tota rueret. Qua de re Balduvinus efferatus animo tanto illos equitum impetu involat, ut, quamvis idolorum responsis de vietoria eertifieati aerius quam antea unquam resisterent, sieut eera a faeie ignis ante ipsum liqueseerent. Referebat mihi venerabilis abbas Gerhardus 81, qui tune erueem dominieam semper lateri regis 10 eontiguus preferebat, numquam se tantam nivis vel pluvi� quantam tune telorum eontra regem volare densitatem vidisse ; at post ligni preeiosi intuitum nullum ex hostibus telis se vel armis, sed universos fug� presidio se eommississe. Itaque post vietoriam a Deo, 82 eui non est differentia salvare vel in multis vel in paueis 82, sibi eoneessam, t s interim dum eastra predamque diripiunt hostium, nuneius adest missus a Ioppitis, qui eivitatem terra marique dieeret obsessam. Mox onusti spoliis, reliquis vero ineendio traditis nobis, qui iam portis intus obstruetis a terra equitibus multis, a mari vero XLII navibus rostratis eingebamur, in auxilium quantotius properant ; postque tot 20 hostium ineursus tantasque penuri� pestilenti�que miserias festurn nativitatis Dei genitrieis 83, quod ipsa die eum merore e�pimus, maximo nos tripudio eomplere faciebant. Sequenti die multam nobis abun­ dantiam frumenti eunetorumque vietualium eum peregrinis fratribus ad XII estimatis naves XXX deferebant ; quas dum hostium elasses 2s invadere niterentur, mira Dei potentia per virtutem sanet� erueis, qu� dum nil earnalis adiutorü de eivitate eonferri posset, in altum eeontra iubente rege levabatur, adeo repressit, ut nullo eonatu vel arte remigandi de loeo moveri vel unam de tot navibus posse, tarn pagani quam ehristiani populi nimis mirarentur. 30 Neque hoc silentio pretereundum, quod eodem anno ibidem eognovimus eontigisse, venerabili Herimanno presbitero 84, qui tune in monte Oliveti eonversabatur, in h�e verba referente : 81 Welcher Träger dieses Namens hier gemeint ist - ob der Abt von Schaff­ hausen oder der Leiter des Johanniterordens oder der Abt und Erzbischof vom Berg Tabor -, ist schwer auszumachen. Jedenfalls hat Ekkehard ihn persönlich gekannt.

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der ungeheueren Gefahr mit großer Freude darboten. Als sie des Lagers der Barbaren ansichtig wurden, da begannen sie - es klingt wie ein Wun­ der! - mit solchem Vertrauen erfüllt zu werden, daß kein einziger zweifelte, er könne allein so viele Legionen niederstrecken. So kam es, daß die ganze s erste Abteilung, da sie ungefähr eine Meile ohne Ordnung und wenig vorsichtig gegen die Feinde anstürmte, von der Flanke angegriffen und aufgerieben wurde. Da ergrimmte Balduin in seinem Herzen und er drang nun in einem so ungestümen Reiterangriff auf sie ein, daß sie, obgleich sie durch die Antworten ihrer Götter siegessicher geworden waren und 10 heftiger als j emals zuvor Widerstand leisteten, vor ihm dahinschmolzen wie das Wachs angesichts des Feuers. Der verehrungswürdige Abt Ger­ hard 81, der damals das Kreuz des Herrn stets an der Seite des Königs trug, erzählte mir, er habe niemals Schnee oder Regen in solcher Dichte fliegen sehen, wie damals die Geschosse auf den König ; aber nach dem Anblick t s des kostbaren Holzes habe keiner der Feinde mehr zu den Geschossen oder Waffen Zutrauen gehabt, vielmehr hätten alle insgesamt Rettung in der Flucht gesucht. Nachdem ihnen Gott, 82für den es keinen Unter­ schied macht, durch viele oder wenige Rettung zu schaffen 82, solchen Sieg geschenkt hatte und sie nun das Lager der Feinde plünderten, erschien 20 ein Bote aus Joppe und berichtete, die Stadt werde zu Lande und zu Wasser belagert. Sie beluden sich mit Beute, übergaben alles übrige den Flammen und eilten uns möglichst schnell zu Hilfe ; denn wir wurden bereits, nachdem die Tore innen verrammelt worden waren, zu Lande von zahlreichen Reitern, zu Wasser dagegen von 42 Schiffen belagert. 2s So ließen sie uns nach so manchem feindlichen Angriff und solcher Mühsal durch Mangel und Seuche das Fest der Geburt der Gottesgebärerin 83, das wir an diesem Tag mit Trauer begannen, mit größtem Jubel beenden. Am nächsten Tag brachten uns 30 Schiffe überreichlich Getreide und Lebensmittel ; mit ihnen kamen rund 1 2 000 Pilgerbrüder. Als die 30 feindliche Flotte sie anzugreifen suchte, zwang Gottes wunderbare Macht sie durch die Kraft des heiligen Kreuzes nieder ; da ihnen nämlich aus der Stadt keine menschliche Hilfe gebracht werden konnte, wurde es auf Befehl des Königs hoch aufgerichtet, und nun konnte durch keine An­ strengung und durch keine Ruderkunst auch nur mehr ein Schiff von der 3S Stelle bewegt werden ; darüber erstaunten Heiden und Christen sehr. Es soll auch nicht verschwiegen werden, was, wie wir erfahren haben, in demselben Jahr dort geschah und was der ehrwürdige Priester Hermann 84, der sich damals auf dem Ölberg aufhielt, folgendermaßen berichtete : "Am

82-82 1 . Reg. 14, 6 u. ö. 83 8. September. " Vermutungen zur Identifizierung dieses Hermann bei Hagenmeyer, Hiero­ solymita S. 277 Anm. 4.

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"Die", inquit, "sacratissimi sabbati85, quo secundum antiqu� misericordi� Domini paraclysin baptismate iam consecrato 86 Iumen de c�lo nobis ministrari devoti nimis expectabamus, usque ad vesperam orationibus solitis institimus ; tuncque propter peccata nostra desiderato dono c�lesti, quod etiam in conspectu gentium olim s Christiani ante nos semper suscipere solebantB7, omnimodo frustrati absque omni festiv� synaxis officio noctem illam dominic� resurrec­ tionis lugendo tantum et merendo transegimus. Summo autem mane 88 cum l�taniis a sepulchro Domini nudipedes processimus ingressique templum Domini, quo scilicet loco, id est montem Moria in area to Areuna, David 89 in maxima exauditurn tribulatione cunctosque exaudiendos, qui ibidem corde devoto oraverint, Salomoni90 promis­ sum legimus ; mox post preces lacrimasque, ne nos deserendo Christus nomini suo blasphemiam inter gentes prepararet91, fusas necdum atrium illud famosum egredimur, et ecce digna concrepantia, t s Iaudes altisonas in occursum nobis ab his qui remanserant reboantes audimus ; intrantes vero �cclesiam prenominatam lampades II c�litus incensas gaudio immenso repleti conspicimus. Quid plura 1 A baptismi officio, quo pridie cessaveramus, incipientes totum servitutis nostr� pensum Domino dudum subtractum usque ad miss� 20 completionem l�tissima devotione persolvimus ; nobis quoque egressis inter missam Syrorum, qui semper post nostrum egressum eodem psallere choro solent, lampades ali� divinitus accenduntur, ante vesperas vero et inter ipsas vespertinas Iaudes usque ad XVI huius­ modi Iumina visibilit.er ampliantur, sicque contigit, ut pauci intra 2s Hierusalern seu Christiani seu pagani reperirentur, qui tam evidentem Christi potentiam se non vidisse testarentur." Anno Domini MOlL Imperator Heinricus habito cum principibus colloquio 92 Romam se profecturum ac generale concilium circa Februarii Kaiendas inibi convocaturum condixit, quatinus tam sua quam domni apostolici causa canonice ventilata catholica inter regnum et sacerdotium confirmaretur unitas, qu� tot annis 85 20. April 1 101. 88 Gemeint sein muß die Weihe des Taufwassers in der Karsamstagsliturgie. 87

Vgl. Hagenmeyer, Hierosolymita S. 276 Anm. lff.

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KarsamstagS&", so sagte er, "an dem wir, weil der barmherzige Gott schon früher diesen Trost gewährte, nach der Tauffeier 86 in großer Ehr­ furcht darauf warteten, daß uns das Licht vom Himmel erscheine, beteten wir inständig bis zur Vesper die gewohnten Gebete ; doch wegen unserer s Sünden bemühten wir uns damals vergeblich um das ersehnte himmlische Geschenk, das sogar im Angesicht der Heiden einst die Christen vor uns immer zu empfangen pflegten 87, und ohne jeden feierlichen Gottesdienst brachten wir die Nacht der Auferstehung des Herrn ausschließlich mit Trauer und Klagen zu. Am frühen Morgen 88 aber zogen wir unter Litaneien 10 und barfüßig vom Grab des Herrn fort in den Tempel des Herrn auf dem Berg Moria, auf dem Grundstück des Orna, wo, wie wir lesen, David 89 in größter Bedrängnis erhört und Salomon 90 verheißen wurde, daß alle erhört würden, die dort mit ehrfürchtigem Herzen beteten. Hier baten wir unter Tränen, Christus möge uns doch nicht zu einer Lästerung seines IS Namens bei den Heiden machen 91, indem er uns verlasse, und bald darauf, wir waren noch in der berühmten Vorhalle, siehe, da hörten wir uns zum Zei­ chen laut tönende Lobeshymnen derjenigen, die zurückgeblieben waren, uns entgegenhallen, und als wir dann in die erwähnte Kirche eintraten, wurden wir mit übergroßer Freude zweier Lampen gewahr, die vom Himmel 20 her angezündet worden waren. Was weited Angefangen von der Tauffeier, bei der wir am Vortage aufgehört hatten, erfüllten wir mit freudigster Ehrerbietung den gesamten uns obliegenden Dienst, der Gott so lange vorenthalten war, bis zum Ende der Messe ; als wir hinausgegangen waren, wurden während der Messe der Syrer, die stets nach unserem Auszug in 2s demselben Chor zu feiern pflegen, andere Lampen auf übernatürliche Weise entzündet, vor der Vesper aber und während der Hymnen in der Vesper wurden diese Lichter sichtbar bis auf sechzehn vermehrt ; so kam es, daß es in Jerusalem nur wenige Christen oder Heiden gab, die behaup­ teten, sie hätten die so offensichtliche Macht Christi nicht gesehen". 30

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Im Jahr des Herrn 1 1 02. Kaiser Heinrich hatte eine Unterredung mit den Fürsten 82 und kündete daraufhin an, er werde nach Rom gehen und dort für den 1 . Februar ein allgemeines Konzil einberufen, damit daselbst seine Sache und die des Papstes nach kanonischem Recht erör­ tert und dann die Einheit zwischen der königlichen und der geistlichen Gewalt, die so viele Jahre gespalten war, wieder gefestigt würde. Es steht aber fest, daß er weder gemäß dieser Entscheidung selbst kam, noch dem 88 Vgl. 2. Reg. 24, 1 6 ff. 88 Am 21. April. 81 Vgl. Rom. 2, 24. Vgl. 3. Reg. 9, 1 ff. 82 Die Versammlung fand in Mainz an Weihnachten 1 101 statt ; doch scheint sich Ekkehards Bericht auf den Hoftag am Weihnachtsfest 1 100 zu beziehen, der die von Ekkehard genannten Themen behandelte. Vgl. Meyer v. Kn. 5, 131 ff. 110

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scissa permansit. Constat tarnen nec ipsum iuxta placituro venisse nec nuncia dignitati apostolic� subiectionem profitentia misisse. Nec hoc latet, quod alterum papam ipsi domno Paschali superponere, si fieri posset, conatus sit nec profecerit. Transacta post h�c media quadragesima 93 convenientibus universis s Apuli�, Campani�, Sicili�, Tuscani� totiusque simul Itali� presulibus, ultramontanorum autem quam plurimorum patrum legatis synodus magna Rom� est habita, ubi preter antiqua patrum instituta more solito reverenter confirmata etiam sepedictum nostri temporis scisma inter precipuas hereses computatur ac perpetuo euro suis auctoribus 10 atque sequacibus anathemate huiusmodi subscripta professione condemnatur: "Anathematizo omnem heresim et precipue eam, qu� staturo pre­ sentis �cclesi� perturbat, qu� docet et astruit anathema contemp­ nendum et �cclesi� ligamenta spernenda esse. Promitto autem t s ob�dientiam apostolic� sedis pontifici domno Paschali eiusque successoribus sub testimonio Christi et �cclesi� affirmans, quod affirmat, et dampnans, quod dampnat sancta et universalis �cclesia." Ibi etiam quam sententiam in imperatorem vel patriciuro Romanuro Heinricuro idem apostolicus Paschalis promulgaverit, nos quoque 20 inter innumeras diversarum gentium catervas proxima c�na Domini94 in �cclesia Lateranensi ab ipsius ore didicimus, nimirum postquam VIII. Kaiendas Octobris maris fluctibus Ioppe traditi Rom� sumus per Christi gratiam predicta maiori ebdomada96 introducti. "Quia", inquit, "96tunicam Christi scindere 96, id est 2s �cclesiam rapinis et incendiis devastare, luxuriis, periuriis atque homicidiis commaculare non cessavit, primo a bea� memori� Gre­ gorio papa 97, deinde a sanctissimo viro Urbano 98 predecessore meo propter suam inob�dientiam excommunicatus est atque condempna­ tus ; nos quoque in proxima synodo nostra iudicio totius �cclesi� 30 perpetuo euro anathemati tradidimus. Id notum volumus omnibus et maxime ultramontanis esse, quatinus ab ipsius se contineant ini­ quitate. " Hartwicus Magdeburgensis archiepiscopus obiit99, v ir per multa laudabilis, maxime tarnen popularis et �cclesi� cui preerat utilitati- 3S bus multuro insudans dilatandis, pro scismate quoque sepedicto resarciendo inter utramque partem mediator infatigabilis.

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Papst eine Botschaft schickte, in der er seine Unterwerfung erklärte. Ebensowenig ist es verborgen, daß er einen Gegenpapst gegen den Herrn Pascha! aufzustellen versuchte, jedoch ohne Erfolg. Nach Mittfasten 93 kamen alle Bischöfe aus Apulien, Kampanien, Sizis Iien, Toskana, auch aus ganz Reichsitalien und von den meisten Vätern nördlich der Alpen Gesandte zusammen und hielten in Rom eine große Synode ab ; abgesehen davon, daß man nach gewohnter Weise die alten Satzungen der Väter bestätigte, wurde auf ihr auch das oft erwähnte Schisma unserer Tage unter die hauptsächlichsten Irrlehren gerechnet 10 und mit seinen Urhebern und Anhängern durch die Unterschrift unter folgende Erklärung mit dem ewigen Fluch belegt: "Ich verfluche jede Irrlehre, besonders aber die, die gegenwärtig den Zustand der Kirche verwirrt, die lehrt und versichert, das Anathem sei zu verachten und um das, was die Kirche gebunden habe, brauche man sich !S nicht zu kümmern. Ich verspreche dagegen dem Bischof des Apostolischen Stuhles, dem Herrn Pascha!, und seinen Nachfolgern Gehorsam und rufe Christus und die Kirche zu Zeugen an und bekräftige, was die Heilige und Allgemeine Kirche bekräftigt, und verurteile, was sie verurteilt." Den Spruch, den Papst Pascha! dort gegen den Kaiser und römischen 20 Patricius Heinrich verkündete, vernahmen wir inmitten unzähliger Scharen verschiedener Völker am Gründonnerstag 94 in der Laterankirche aus seinem eigenen Mund ; denn nachdem wir uns am 24. September in Joppe eingeschifft hatten, gelangten wir in der Karwoche 95 durch die Gnade Christi nach Rom. "Da er", so sagte der Papst, "nicht aufhörte, 96das 2S Gewand Christi zu zerreißen 96, das heißt, die Kirche durch Raub und Brandstiftung zu verwüsten, durch Zügellosigkeiten, Meineide und Mord zu beschmutzen, wurde er zuerst von dem seligen Papst Gregor 97, sodann von dem heiligmäßigen Urban 98, meinem Vorgänger, wegen seines Unge­ horsams exkommuniziert und verurteilt ; auch wir übergaben ihn auf 30 unserer letzten Synode nach dem Urteil der ganzen Kirche auf immer dem Bann. Dies sei nach unserem Willen allen, besonders denen nördlich der Alpen bekannt, auf daß sie sich von seiner Sünde fernhalten." Erzbischof Hartwig von Magdeburg verstarb 99 ; er war ein höchst lobenswerter Mann und beim Volk außerordentlich beliebt ; er bemühte 3S sich sehr, die Einkünfte der Kirche, der er vorstand, zu verbessern, und war unermüdlich als Vermittler zwischen den beiden Parteien tätig, um das oft erwähnte Schisma zu beseitigen. 93 Nach dem 12. März 1 102. Ekkehard hat den Schluß der Synode noch mit9' 3. April. erlebt. 95 30. März 5. April. An der Fastensynode selbst hat Ekkehard also nicht 98-98 loh. 19, 23.24. teilgenommen. 97 Auf den Fastensynoden der Jahre 1076 und 1080. 99 Am 17. Juni. 98 Am 8. April 1089 erneuerte Urban II. den Bann. -

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Rutpertus episcopus Babenbergensis obüt l, cui per imperatorem Heinricum Otto cancellarius eius substituitur, vir, ut creditur, bene religiosus. Aerbo iam grandevus, nobilis de Carinthia princeps et quondam palatinus in Baioaria comes, migravit in Domino 2• Commissum est etiam prelium a Balduvino et his qui secum erant s Hierosolimitis contra infinitam Sarracenorum multitudinem 3 ; ubi dum inconsiderate res agitur, circumventi sagittariorum numerositate nostri, utpote iam admodum pauci facti, intra muros civitatis Rama, qu� vicina erat, cedere compelluntur, rex vero cum tribus, ut aiunt 4, equitibus evasit. Barbari autem cum plures lapidibus castri videren- 10 tur, in brevi universa m�nia demoliuntur captisque ac cesis universis quos invenerant ipsos captivos cum nuncüs victori� su� Babilonem premittunt 6, castra autem sua securiter et quasi iam terram illam gladüs acquisitam possessuri interim, donec nuncü regis sui redeant, in campestribus illis ponunt. Sed non cessit eis impune victoria illa, t s non sua virtute, sed divina dispositione in his, quos ipse non terras ultra, sed paradysum voluit incolere conquisita. Nam tercia die 8 Baldwinus superveniens cum exercitu copioso, quem prius expectasse debuerat, tanta illos proterit internetione, ut nec libuerit nec pro­ fuerit vicisse. Novum autem illum exercitum tarn Reginmundus 7 20 a Tripoli, quam nuper devicerat 8, quam ab Antiochia Dankeradus 7 ducebat ; nam suus avunculus Boimundus ante biennium a Thurcis dolo captus Antiochi� sibi principatum dimiserat9• Anno Domini MCIII. Heinricus imperator nativitatem Domini Mogonti� celebrans filio suo Heinrico regi rerum summam dimis- zs surum seque sepulchrum Domini visitaturum 10 per Emehardum 11 episcopum publice predicari fecit ; indeque favorem maximum tarn

1 Am 1 1 . Juni. 2 Er war 1055 wegen Hochverrats abgesetzt worden ; vgl. unten z. J. 1 104. 3 Das genaue Datum ist nicht zu rekonstruieren ; nach Fulcher nach Mitte Mai. ' Wer hier Ekkehards Gewährsmann war, ist nicht auszumachen. In jedem Kreuzzugsbericht werden die Flucht des Königs und die Anzahl der Begleiter anders geschildert. 5 D. h. nach Kairo. e Diese Zeitspanne dürfte zu kurz sein. 7 Die Hilfeleistung dieser beiden Fürsten ist ein Irrtum.

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Bischof Rupert von Bamberg verstarb 1 ; an seiner Stelle setzte Kaiser Heinrich seinen Kanzler Otto ein, einen, wie man glaubt, recht frommen Mann. Der schon hochbetagte Erbo, der edle Fürst von Kärnten und frühere Pfalzgraf von Bayern, verschied im Herrn 2• s Balduin und diejenigen, die mit ihm in Jerusalem waren, schlugen eine Schlacht gegen unzählige Sarazenen 3 ; da man jedoch unbedacht handelte, sahen sich die Unsrigen von zahlreichen Bogenschützen um­ geben, und da sie schon auf nur mehr wenige zusammengeschmolzen waren, mußten sie in die Mauern der in der Nähe gelegenen Stadt Rama 10 fliehen, während der König Init drei Rittern, wie man sagt 4, entkam. Da mehrere auf den Zinnen der Burg gesehen wurden, zerstörten die Barbaren in kürzester Zeit die ganze Mauer ; nachdem sie alle, die sie darin antrafen, gefangengenommen oder niedergemacht hatten, schickten sie die Gefan­ genen mit Siegesboten nach Babyion voraus 6 ; in der Zwischenzeit aber, IS bis zur Rückkehr der Boten ihres Königs, schlugen sie im vollen Gefühl der Sicherheit und als wären sie schon die Besitzer des Init dem Schwert eroberten Landes, ihr Lager im offenen Feld auf. Doch nicht ungestraft :fiel ihnen dieser Sieg zu, den sie nicht durch ihre Tüchtigkeit, sondern nach göttlicher Fügung über die errungen hatten, die Gott' nicht länger 20 die Erde, sondern das Paradies bewohnen lassen wollte. Denn am dritten Tag 8 kam Balduin Init einem zahlreichen Heer, das er erst hätte erwarten sollen, über sie und brachte ihnen eine solche Niederlage bei, daß es ihnen weder gefiel noch nützte gesiegt zu haben. Das neue Heer aber führten Raimund 7 von Tripolis, der diese Stadt kürzlich erobert hatte &, und Tan25 kred 7 von Antiochia herbei ; dessen Oheim Boemund war zwei Jahre zuvor von den Türken durch eine List gefangen worden und hatte ihm das Fürstentum Antiochia hinterlassen 9• Im Jahr des Herrn 1 1 03. Kaiser Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Mainz und ließ durch Bischof Emehard 11 öffentlich bekannt30 machen, er werde seinem Sohn, König Heinrich, alle Gewalt überlassen und das Grab des Herrn besuchen 10 ; dadurch erlangte er hohe Gunst 8 Tripolis fiel erst im Jahre 1 109, wurde aber schon seit 1099/1100 durch Rai­ mund belagert, der auch 1 105 während der Belagerung verstarb. Sicher handelt es sich hier also nicht um die Einnahme von Tripolis, sondern höchstens um einen der auch sonst belegten Teilerfolge Raimunds vor Tripolis. 9 Boemund I. von Tarent war im Jahre 1 100 in türkische Gefangenschaft geraten, 1 103 aber nach Zahlung eines hohen Lösegeldes wieder freigelassen wor­ den und nach Antiochia zurückgekehrt, wo sein Neffe Tankred die Regentschaft übernommen hatte. 10 Vgl. dazu Heinrichs IV. Brief an Abt Hugo von Cluny (MG. Dt. MA. 1 , 34f. n. 31 ; Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe 1 2 , 1 0 1 n . 3 1 ) . n von Würzburg.

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vulgi quam principum et clericorum regnique totius acquisivit multos­ que e diversis regni partibus ad eiusdem itineris comitatum se pre­ parare voto ipso succendit. Cuno 12 filius Ottonis ducis 13 de magnis principibus unus et cui nihil in omni rerum humanarum dignitate supra, natu scilicet, s literarum etiam scientia, fortitudine atque divitüs satis prepollens, elegantia atque facundia bonis omnibus amabilis et affabilis, quorun­ dam funestorum hominum conspiratione noctu, dum iter ageret, invaditur et interimitur, ingentem relinquens nobilibus regni luctum simul et suspitionem, dum ab infimis in summos tanta scelera presu- to muntur. Ante triennium quippe Heinricus Crassus, eiusdem Cuononis germanus et natu senior, dum in Fresi12 marcham cui preerat res acturus proficiscitur, a vulgaribus Fresonibus, quibus dominationis su12 iugum grave fuit, obsequium spectans insidiis vallatur ; re quoque t s cognita fugiens ad mare vulneratur a nautis simul et suffocatur 14• Huius tanti viri, qui nimirum totius Saxoni12 principatum secundus a rege gerebat, interitus ab universo regno Teutonico graviter fere­ batur, isque, ut diximus, dolor nunc fratris eius Cunonis nece duplicatur. 20 Heinricus marchio 16, vir sui temporis in Saxonia prepotentissimus, obüt. Anno Domini MCIIII. Heinricus imperator natalem Domini Ratispon12 celebravit. Cumque ibidem aliquandiu moraretur, orto quodam prius murmure inter Baioari12 principes, eo quod Saxones 2s vel Franci familiarius illic et honorabilius quam indigen12 ab impera­ tore tractarentur, Sigihardus comes 16, qui huiusmodi suspitionem maxime notabat, cepit imperatori paulatim invisus haberi, propter hoc autem maxime, quod ipse solus pre cunctis qui tune aderant principibus abundantiori militum copia adducta ad resistendum se, 30 si forte de curia quicquam secus cederet, videbatur communisse. Diebus post h12c aliquot exactis, cum iam securior factus idem comes suorum turmas defl.uere permississet, excitatur in illum con­ spirantibus tarn urbanis Ratisponensibus quam diversarum partium 12 Graf von Beichlingen. 1 3 von Nordheim.

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beim Volk, den Fürsten, den Geistlichen und im ganzen Reich, und er veranlaßte durch seine Erklärung viele Menschen aus den verschiedenen Teilen des Reiches, sich bereit zu machen, ihn auf diesem Weg zu beglei­ ten. s Konrad 12, der Sohn Herzogs Otto 13, einer der großen Fürsten, der mit allem, was dem Menschen zur Würde gereicht, ausgezeichnet war, durch Geburt, Bildung, Tapferkeit und Reichtum hervorragend, durch vornehmes Wesen und Beredsamkeit allen Rechtschaffenen liebenswert und angenehm, wurde bei Nacht von einigen verbrecherischen Menschen, 10 die sich verschworen hatten, unterwegs überfallen und erschlagen ; er hinterließ bei allen Vornehmen des Reiches größte Trauer und zugleich Mißtrauen, da sich die niedrigsten Leute solche Verbrechen gegen die höchsten herausnahmen. Drei Jahre zuvor wurde Heinrich der Fette, der ältere Bruder dieses ts Konrad, als er sich auf einem Zug in die ihm unterstehende friesische Mark befand, um dort einige Angelegenheiten zu erledigen, von einigen Friesen aus dem gemeinen Volk, die das Joch seiner Herrschaft be­ schwerte, hinterhältig umzingelt, während er Gehorsam erwartete ; als er seine Lage erkannte und zum Meer floh, wurde er von Seeleuten ver20 wundet und dann erdrosselt 14• Der Tod dieses Mannes, der über ganz Sachsen als zweiter nach dem König herrschte, wurde vom ganzen deut­ schen Reich als schwer empfunden, und dieser Schmerz wurde nun, wie gesagt, durch den Mord an seinem Bruder Konrad verdoppelt. Markgraf Heinrich 15, der mächtigste Mann seiner Zeit in Sachsen, 2s verstarb. Im Jahr des Herrn 1 104. Kaiser Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Regensburg. Während er sich dort eine Weile aufhielt und die bayerischen Fürsten schon länger darüber murrten, daß er die Sachsen und Franken freundlicher und ehrenvoller behandele als die 30 Bewohner des Landes, begann er, den Grafen Sigehart 16, der darüber den stärksten Unwillen äußerte, mit Argwohn zu betrachten ; das geschah vor allem deshalb, weil dieser allein mehr Krieger mit sich führte als alle damals anwesenden Fürsten und sich für den Fall, daß vielleicht von seiten des Hofes etwas Übles geschähe, zum Widerstand gerüstet zu 3S haben schien. Als der Graf sich nach einigen Tagen sicherer fühlte und seinen Scharen die Erlaubnis gegeben hatte abzuziehen, verschworen sich die Bürger von Regensburg und verschiedene Ministerialen und entfachten gegen ihn einen wütenden Aufstand ; der Aufruhr konnte auf keine Weise, a

Das war im Frühjahr 1 101 geschehen, also zwei Jahre zuvor. von Meissen und der Lausitz, mit der Witwe Heinrichs des Fetten ver­ mählt. 11 von Burghausen aus dem Geschlecht der Aribonen. 15

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ministerialis ordinis hominibus seditio furibunda, qu� nullo modo, vel ipso imperatoris filio interveniente, sedari potuit, donec ab hora diei tercia usque ad horam nonam in hospicio obsessus tandemque fractis foribus ipse prius confessione facta, sumpto etiam dominici sacramenti viatico capite truncatus occubuit. De quo scelere super- 5 sedemus plura referre, presertim cum adhuc ultiones c�teraque mala sequ�ntia versentur in oculis, et quem sint finem habitura, nequeamus scrre. His tarnen exceptis undique terra satis quievit17 pace simul et fertilitate necnon aeris qualitate corporumque sanitate delectabiliter 10 iocundata. Nonnulli etiam palmati de Hierosolima redeuntes Acris, qu� et Accaron, a nostris expugnatam nunciant, alia quoque preter h�c non pauca, qu� multam nobis l�ticiam ministrarent, fausta super 15 Hierosolimitan� �cclesi� statu narrant. Boto comes cognomento Fortis, illius Aerbonis, cuius superins mentionem fecimus 18, germanus 19 iam plenus dierum 19 non Ionge a Ratispona defunctus est 20 et ad monasterium Tharisiense 21, quod ipse suis opibus atque prediis large ditaverat, delatus ibique humatus. Hi duo fratres, Aerbo scilicet et Boto, paterno de 20 sanguine Noric� gentis antiquissimam nobilitatem trahebant, illius nimirum famosi Aerbonis posteri, quem in venatu a visonta bestia confossum vulgares adhuc cantilen� resonant, Hartwici, palatini comitis filii, qui germanus fuit illius Sigihardi 22, qui Sigihardum genuerat Ratispon� peremptum. Maternum vero illis erat stemma 25 de Saxonia Immidingorum tribus egregia, qu� et Ottonum inclyt� stirpi traditur vicina. Nam eiusdem Immid his verbis Saxonum hysto­ ria meminit 23 : "Erat", inquit, "clara et nobilissima ac singularis prudenti� regina, Mahthildis scilicet, magni Ottonis mater, filia Theodorici, cuius fratres erant Witukind, Immid et Reginbern. 30 Reginbern autem ipse erat, qui pugnavit contra Danos multo tempore Saxoniam vastantes vicitque illos, liberans patriam ab illorum incur­ sionibus usque in hodiernum diem. Et hi erant stirpis magni ducis Witukindi, qui bellum potens gessit contra magnum Karolum per XXX ferme annos. " Quorum, ut diximus, clarissimorum principum 35 semine nobilis Friderun, Aerbonis et Botonis mater, a Retingo filio Botonis, filii Retingi de secundo Botone nati, procreatur ; qu� post

1 104 ; die Aribonen

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auch nicht als des Kaisers Sohn zu vermitteln suchte, beigelegt werden ; von der dritten bis zur neunten Tagesstunde wurde der Graf in seiner Herberge belagert und als endlich die Tore aufgebrochen waren, fand er den Tod durch Enthauptung, nachdem er gebeichtet und die s Wegzehrung durch das Sakrament des Herrn erhalten hatte. Mehr wollen wir von diesem Verbrechen nicht berichten, zumal die Rache dafür und die weiteren daraus folgenden Übel sich noch heute vor unseren Augen ab­ spielen und wir nicht wissen können, welches Ende sie nehmen werden. Abgesehen davon war es jedoch überall im Lande ruhig 17 ; Frieden und 1 0 Fruchtbarkeit herrschten, auch Luft- und Gesundheitszustand waren erfreulich günstig. Ebenso berichteten einige, die mit Palmen geschmückt aus Jerusalem zurückkehrten, Akra, das auch Akkon heißt, sei von den Unsrigen erobert worden ; sie erzählten zu unserer nicht geringen Freude auch sonst man­ ts cherlei Günstiges über den Zustand der Kirche von Jerusalem. Graf Boto der Starke, der Bruder des oben erwähnten Erbo 18, starb 19:in der Fülle seiner Tage 19 in der Nähe von Regensburg 20 ; er wurde zum Kloster Theres 20 übergeführt, das er selbst aus seinen Mitteln und Gütern reich beschenkt hatte, und dort beigesetzt. Diese beiden Brüder, Erbo 20 und Boto, stammten väterlicherseits aus ältestem bayerischen Adel ; sie waren die Nachkommen jenes berühmten Erbo, von dem Volkslieder noch heute erzählen, daß er auf der Jagd von einem Bison durchbohrt wor­ den sei ; sie waren Söhne des Pfalzgrafen Hartwig, des Bruders jenes Sige­ hart 22, dessen Sohn Sigehart in Regensburg getötet wurde. Mütterlicher2S seits stammten sie aus dem hochadligen sächsischen Geschlecht der Immi­ dinger, das dem berühmten Geschlecht der Ottonen verwandt sein soll. Diesen Immid erwähnt die Geschichte der Sachsen mit folgenden Wor­ ten 23: "Die berühmte, hochedle und einzigartig kluge Königin Mathilde, die Mutter Ottos des Großen, war die Tochter Dietrichs, dessen Brüder 30 Widukind, Immid und Reginbern waren. Derselbe Reginbern kämpfte gegen die Dänen, die lange Zeit Sachsen verwüsteten, besiegte sie und befreite das Vaterland bis auf den heutigen Tag von deren Einfällen. Sie alle waren aus dem Geschlecht des großen Herzogs Widukind, der fast dreißig Jahre lang machtvoll Krieg gegen Karl den Großen führte". 3S Aus dem Samen dieser hochberühmten Fürsten stammt, wie gesagt, die edle Friderun, die Mutter des Erbo und des Boto, die Tochter des Reting, des Sohnes Botos, dessen Vater wiederum Reting, der Sohn 18 Vgl. oben z. J. 1 102. Wohl in Auswirkung des Mainzer Landfriedens. 2o Monat und Tag sind unbekannt. Ekkehards Intere11se an der Familie der Aribonen oben S. 20 f. 22 Ein Flüchtigkeitsfehler Ekkehards ; der Bruder Hartwigs hieß Friedrich, wie Ekkehard auch in den späteren FaBBungen der Chronik schreibt. 23 Widukinds Sachsengeschichte I, 31 mit einigen AuslaBBUngen. 17

19-19 Vgl. Gen. 25, 8. 21 bei Würzburg. Zu

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mortem Hartwici etatim viduitatis velamine consecratur, adhuc Aerbone parvulo, Botone impregnata posthumo. Quorum utrumque literis et armis atque rebus satis profecisse cognovimus ; attamen Botonem, sicuti corpore proceriorem et elegantiorem, ita rebus beilleis prestantiorem atque famosiorem, totius pene Germani� s atque Itali� testatur populus. Pannonia vero tarnen illum ac tantum se fatetur aliquando sensisse 24, ut is vere de gigantibus antiquis unus apud illo s credatur fuisse. De quo plura referre copia subpeteret, si compendiosi huius operis propositum non vetaret. loharmes Spirensis episcopus tactus ulcere quodam circa verenda, 1 0 de quo etiam allqua notabilia diffamabantur, longe deficiens infirmi­ tate humatur in civitate ipsa 26• Cuonradus adolescens 28, filius Beatricis marchisi� 27, postquam spretis literarum studiis , quibus apprime inbutus erat, armis operam dedit, iuxta Christi presagium 28, quia gladium accepit, gladio periit. 1 s Nec multo post etiam ipsa Beatrix obüt et iuxta patrem suum Ottonem ducem castello Suinfurti sepulturam accepit. Circa solstitium aestivale commutato in tempestatem aere decidisse fertur inter grandinum lapides in pago Wirciburgensi tant� magni­ tudinis glacies, qu� in 1111 divisa totidem hominibus importabilis 20 videretur. In episcopio vero Spirensi sanguis ex panibus fluere visus necnon et in lenticularum edulio prodigiose repertus civile, immo intestinum bellum portendere secundum antiquam hystori� Roman� similitudi2s nem coniciebatur29• Anno Domini MCV. Dum imperator Heinricus natalem Domini Mogonti� celebrat, Heinricus filius eius, nominis illius quintus rex dictus, rebellationem adversus patrem in Baioaria parat, machinan­ tibus scilicet Diotpaldo marchione30, Berngero comite31 et Ottone32, 24 Diese Bemerkung bezieht sich auf Botos Taten im Ungarnkrieg 1060. 25 Am 26. Oktober. Als treuer Anhänger des Kaisers war er im Bann und deshalb wohl bösen Verdächtigungen ausgesetzt. Er wurde in dem von ihm gegründeten Kloster Sinsheim beigesetzt. 2e Dieser Konrad ist nur aus dieser Stelle bei Ekkehard bekannt. Vielleicht hat er sich durch seinen Familienbesi�z in Aura das Mißfallen Ekkehards zuge­ zogen.

Aufstand Heinrichs V. 1 105

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eines zweiten Boto war ; sie nahm sofort nach dem Tod Hartwigs den Witwenschleier, als Erbo noch ein kleines Kind war, während Boto erst nach dem Tode des Vaters geboren wurde. Beide machten in der Bildung, der Waffenkunst und bei den ihnen obliegenden Aufgaben s ansehnliche Fortschritte, wie wir wissen ; wie das Volk fast ganz Deutsch­ lands und Italiens bezeugt, war Boto dennoch sowohl stattlicher an Gestalt und von vornehmerem Auftreten als auch in den Waffen der tüchtigere und berühmtere. Urigarn aber bekennt, ihn einst als einen Mann von solcher Größe verspürt zu haben 24, daß man bei ihnen glaubt, 10 er sei wahrhaftig einer der Riesen der Vorzeit gewesen. Von ihm wäre noch eine Menge zu berichten, wenn es das Vorhaben dieses zusammen­ fassenden Werkes nicht verbieten würde. Bischof Johannes von Speyer, über den merkwürdige Gerüchte in Umlauf waren, wurde von einem Geschwür an der Scham befallen ; ts nach langer Krankheit verstarb er und wurde in Speyer beigesetzt 25• Konrad 26, der Sohn der Markgräfin Beatrix 27, ein junger Mann, der von Jugend auf in den Wissenschaften unterrichtet worden war, diese aber verschmähte und sich dem Waffenhandwerk widmete, kam gemäß Christi Wort 28, weil er das Schwert genommen hatte, durch das Schwert 20 um. Wenig später verstarb auch Beatrix und wurde in der Burg Schwein­ furt neben ihrem Vater, Herzog Otto, beigesetzt. Um die Sommersonnenwende entstand ein Unwetter, und im Umland von Würzburg sollen Hagelkörner von solcher Größe heruntergekommen sein, daß sie selbst in vier Teile geteilt nicht von ebenso vielen Männern 2s getragen werden konnten. Im Hochstift Speyer sah man Blut aus Broten fließen, ebenso fand man es unnatürlicherweise auch in Linsengerichten und nahm nach dem alten Vorbild der römischen Geschichte an, daß das einen Bürgerkrieg ankündige 29• 30

Im Jahr des Herrn 1 105. Als Kaiser Heinrich das Geburtsfest des Herrn in Mainz feierte, traf sein Sohn Heinrich, der fünfte König seines Namens, in Bayern Vorkehrungen für einen Aufstand gegen den Vater, und zwar auf Betreiben des Markgrafen Diepold 30, des Grafen Bernger 31 und eines Adligen Otto 32, der ihm mütterlicherseits verwandt war ; auf ihren 2 7 Witwe des Markgrafen Heinrich vom Nordgau, Tochter Ottos von Schwein28 Vgl. Matth. 26, 52. furt, Herzogs von Schwaben. 29 Ekkehard spielt hier auf eine Erzählung an, die Frutolf zum Jahre 659 ab Urbe condita nach der Historia Miscella gibt und in der ähnliche Vorzeichen auf die Schrecken des Bürgerkrieges hindeuten. 30 von Vohburg, Sohn des Markgrafen Diepold vom bayerischen Nordgau, Neffe des Bischofs Gebhard von Konstanz, des päpstlichen Legaten in Deutsch­ 31 von Sulzbach. 3 2 Wohl der Graf von Kastl-Habsberg. land.

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quodam nobili viro sibique materna stirpe cognato, quorum consilio et adiutorio ante paucos dies a patris latere discesserata. Primo quippe heresim prescriptam 33 anathematizans apostolic� sedis ponti­ fici debitam profitetur obedientiam34 indeque f�deratis sibi Noricis principibus atque ab Alemannia necnon orientali Francia nonnullis s nobilibus ad Saxones convertitur. A quibus honorifice susceptus et in Quitilingeburg pascha celebrans35 in brevi universis Saxoni� civitati­ bus potitus et optimatibus est dignitate regia satis honoratus. Consilio tarnen atque ministerio Ruthardi Mogontini atque Gebehardi Con­ stantiensis episcopi, responsalium scilicet domni Paschalis pap�, to totam Saxoniam Roman� �cclesi� communioni reconciliavit36, epi­ scopis vero atque clericis conventum generalem in villam regiam, qu� Northusun dicitur, IIII. Kaiendas Iunii37, ubi super �cclesiastic� institutionis iam depravata disciplina tractaretur, indixit. In quo concilio super sententiis instantibus patrum decretis primo relectis, ts qu�que poterant ad presens laudabiliter corrigebantur, qu�dam vero, qu� et graviora videbantur, ad apostolicam audientiam differebantur. Symoniaca quippe heresis patrum consuetudine condempnata, Ny­ cholaitarum quoque fornicaria commixtio ibidem est ab omnibus abdicata ; ieiunium mensis Marciib prima ebdomada quadragesim�, 20 ieiunium vero mensis Iunii in ipsa ebdomada pentecostes Romano more celebrandum a prescriptis presulibus apostolica auctoritate indicitur, et pax Dei confirmatur ; his vero, qui a pseudoepiscopis fuerant consecrati, per catholicam manus impositionem reconciliatio proximo ieiunio danda forec promittitur. Vidimus inter h�c, quod 2s silentio preterire non possumus, regem Heinricum non modicam bon� indolis spem magna simul humilitate et auctoritate coram omni­ bus pretendentem. Nam cum servorum Dei conventui nonnisi vocatus interesse vellet - ingens enim ibi cum episcopis et clericis etiam abbaturn atque 30 monachorum �cclesiasticam sitiens unitatem turba confluxerat -, tandem in abiecto productus habitu locoque stans editiori omnibus

a) danach Tintenwechsel A. b) danach Lücke von 4 Buchst. A. c)

über d. Zeile nachgetragen A.

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Rat und mit ihrer Hilfe hatte er sich wenige Tage zuvor von der Seite des Vaters entfernt. Zunächst verurteilte er die oben genannte 33 Irrlehre und versprach dem Bischof des Apostolischen Stuhles den schuldigen Gehor­ sam 34, danach schloß er ein Bündnis mit den bayerischen Fürsten s und einigen Adligen aus Alemannien sowie Ostfranken, und von dort begab er sich zu den Sachsen. Er wurde ehrenvoll von ihnen aufgenom­ men und feierte in Quedlinburg das Osterfest 36 ; nach kurzer Zeit war er Herr aller Städte Sachsens und wurde von den Großen mit königlichen Ehren bedacht. Mit Rat und Hilfe der Bischöfe Ruothard von Mainz to und Gebhard von Konstanz, der Stellvertreter des Herrn Papstes Paschal, führte er ganz Sachsen in die Gemeinschaft der Römischen Kirche zu­ rück 36 ; die Bischöfe und die Geistlichkeit lud er für den 29. Mai 37 zu einer allgemeinen Synode im Königsort Nordhausen ein, hier sollte über die ver­ derbte Kirchenzucht verhandelt werden. In Hinblick auf die anstehenden ts Beschlüsse las man auf diesem Konzil zunächst einmal die Anordnungen der Väter vor und besserte sodann lobenswerterweise, was man im Augenblick bessern konnte, während einige schwererwiegende Fälle dem Papst vorgelegt werden sollten. Die Irrlehre der Simonie wurde nach der Gewohnheit der Väter verurteilt, ebenso erteilten alle der Unzucht 20 der Nikolaiten eine Absage ; kraft apostolischer Vollmacht erklärten die erwähnten Bischöfe, daß nach römischem Brauch das Märzfasten in der ersten Woche der Fastenzeit, das Junifasten in der Pfingstwoche zu bege­ hen seien, außerdem wurde ein Gottesfrieden festgesetzt ; denen, die von falschen Bischöfen geweiht worden waren, versprach man, sie würden 25 an den nächsten Fasttagen durch die Handauflegung katholischer Bischöfe die Gemeinschaft mit der Kirche zurückerhalten. Dabei sahen wir, was wir nicht verschweigen dürfen, wie König Heinrich durch seine große Demut und sein Ansehen zugleich nicht geringe Hoffnung auf gute Anlagen bei allen erweckte. 30 Denn obgleich er der Versammlung der Diener Gottes nur auf deren ausdrücklichen Wunsch beiwohnen wollte - mit den Bischöfen und Geistlichen war eine riesige Menge von Äbten und Mönchen dort zusam­ mengeströmt, die nach der Einheit der Kirche dürsteten -, erneuerte er schließlich, während er in schlichtem Gewand auf erhöhtem Platz stand, 3S allen gemäß den Verfügungen der Könige voller Einsicht ihre Gesetze 33 Ein Hinweis auf die Verhandlungen und Bestimmungen der Fastensynode 34 In bezug auf die lnvestiturfrage. 35 Am 9. April. von 1 102. 38 D. h. die von Kaiser Heinrich eingesetzten Bischöfe Friedrich von Halber­ stadt, Udo von Hildesheim und Heinrich von Paderborn wurden durch Ruthard ihrer Ämter enthoben. 37 Das Datum ist irrig. Die Versammlung begann am 21. Mai. Das Pfingst­ fest, 28i29. Mai, feierte Heinrich V. nach Ekkehards eigenen Worten in Marse­ burg.

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iuxta principum decreta suas Ieges atque iura rationabiliter inno­ vavit ; si qua vero irrationabilia rogabantur, mira ac ultra suos annos prudenti responsione et avita magnanimitate confutavit, in omnibus bis et sibimet miro modo servans adolescenti� verecundiam et Christi sacerdotibus dignam exhibens reverentiam. Inter h�c obortis lacrimis s ipsum regem c�li cunctamque c�li militiam testabatur se nulla regnan­ di cupiditate paternum sibi regimen usurpare neque dominum et patrem suum a Romano deponi imperio exoptare, immo debitam pertinaci� et inob�dienti� eius semper compassionem exhibere ; sique sancto Petro suisque successoribus lege christiana subici velit, to sive regno cedere sive serviliter ipsi se subesse promisit. Quod auditum omnis multitudo collaudans lacrimas simul et preces tarn pro patris conversione quam pro filii prosperitate fundere cepit voce magna "Kyrie eleyson" declamans. Eadem hora 38 Uto Hildinesheimensis et Heinricus Padrebrunnenais ac Fridericus Halberstatensis presules t s vestigiis metropolitani prostrati ipsius atque regis astantis totiusque presentis �cclesi� testimonio apostolic� se dedunt ob�dienti�. Quorum etiam commissa apostolico nihilominus iudicio reservantur sub officü sui tantum suspensione. His rite dispositis rex idem pentecosten Merseburg celebrans 20 Heinricum Magdeburgensi �cclesi� dudum designatum archiepi­ scopum, sed ab imperatoris fidelibus repulsum, consecrari fecit39 nec multo post expeditionem contra Mogontiam movit40 expulsum inibi pontificem41 restituturus, patre intra muros rem expectante cum non parva militum turba nonnullisque non tarnen sibi sat 2s fidis principibus. Sicut autem istis Rheni interfl.uentia naviumque subtractio urbis aditum denegabat, ita illis sacramentorum tarn filio quam patri factorum consideratio parricidale bellum inter­ dicebat. Plura tarnen hinc et inde nuncia navigabant, multa consilia communes regni proceres inter se trutinabant, patre regni divisionem 30 et hereditari� successionis confirmationem pollicente, filio vero nil nisi apostolic� subiectionis et �cclesiastic� unitatis efficientiam ex­ postulante. Sie inacte discedens Wirziburg devenit, Errolongum quendam, quem dudum Emehardo defuncto presulem imperator

38 Vgl. dazu oben Anm . 36.

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und Rechte ; wenn aber etwas Unvernünftiges gefordert wurde, so wies er das in bewundernswürdiger und über seine Jahre hinaus kluger Ant­ wort und in ererbtem hohen Sinn zurück ; in allem bewahrte er für sich selbst in wunderbarer Weise die Bescheidenheit des j ungen Mannes und s erwies den Priestern Christi die angemessene Ehrerbietung. Dabei rief er unter Tränen den König des Himmels selbst und die ganze himmlische Heerschar zu Zeugen an, daß er nicht aus Herrschsucht die Herrscher­ gewalt des Vaters an sich reiße und keineswegs wünsche, daß sein Herr und Vater des Römischen Reiches verlustig gehe, daß er vielmehr dessen 10 Halsstarrigkeit und Ungehorsam stets das schuldige Mitleid entgegen­ bringe ; für den Fall aber, daß dieser sich nach dem christlichen Gesetz dem hl. Petrus und dessen Nachfolgern unterwerfen werde, versprach er, ihm im Reich Platz machen und untertänig dienen zu wollen. Das fand den Beifall der ganzen Menge, und unter Tränen und Gebeten sowohl ts für die Bekehrung des Vaters wie für das Glück des Sohnes rief sie mit lauter Stimme : "Kyrie eleison" . Zur gleichen Stunde 38 warfen sich die Bischöfe Udo von Hildesheim, Heinrich von Faderborn und Friedrich von Halberstadt dem Metropoliten zu Füßen ; vor ihm und dem König sowie der ganzen anwesenden Kirche als Zeugen verpflichteten sie sich 20 zum Gehorsam gegenüber dem Papst. Ihre Vergehen wurden jedoch nichts­ destoweniger dem Gericht des Papstes vorbehalten, unter gleichzeitiger Suspension von ihrem Amt. Nachdem dies alles wohlgeordnet war, feierte der König Pfingsten in Merseburg und ließ Heinrich, den seit langem designierten, aber von den 2s Anhängern des Kaisers zurückgewiesenen Erzbischof von Magdeburg wei­ hen 39 ; kurz daraufunternahm er einen Zug gegen Mainz 40, um hier den ver­ triebenen Bischof 41 wieder einzusetzen ; dort wartete sein Vater zusammen mit einer ansehnlichen Kriegsschar und einigen, ihm allerdings nicht völlig treuen Fürsten innerhalb der Mauern die Sache ab. Ebenso wie ihnen 30 aber der Rhein und der Entzug von Schiffen den Zugang zur Stadt ver­ wehrten, verbot jenen die Erwägung, sowohl dem Sohn wie dem Vater Eide geleistet zu haben, einen Vatermörderischen Krieg. Jedoch gingen zahlreiche Botschaften über das Wasser hin und her, und auch die Fürsten pflogen oft gemeinsamen Rat untereinander, während der Vater eine J S Teilung der Königsherrschaft und die Zusicherung der erblichen Nach­ folge versprach und der Sohn nichts außer der Verwirklichung der kirch­ lichen Einheit und der Unterwerfung unter den Papst forderte. So zog er schließlich ohne Erfolg von dannen und gelangte nach Würzburg, wo er einen gewissen Erlung, den der Kaiser vor einiger Zeit nach dem 38 Die Konsekration des seit 1 102 Designierten erfolgte im Juni in Goslar, die Einführung in seinen Sprengel am 1 1 . Juni. 40 Am 24. Juni stand er der Stadt gegenüber am östl. Rheinufer. 41 Ruthard. Zu seiner Vertreibung vgl. Frutolf zum Jahr 1098.

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designaverat42, expellens Rutpertum, eiusdem �cclesi� prepositum et tarn prius quam tune a clero et populo electum 43, per predictum archiepiscopum Ruthardum inthronizavit 44 ; sicque �cclesia eadem apostolic� communioni reconciliata ac securitate ab urbanis accepta 46 dimissis Saxonibus ipse cum Baioariis ad obsidium castelli Norinberc s conversus illudque post duos vel amplius menses prospere capiens 46 soluto exercitu Ratispon� se contulit. Quem pater e vestigio sub­ sequ�ns 47 Errolonguma fugato Rutperto restituit indeque omnia, qu� fautorum erant filü, devastans tandem faventibus sibi dolis Ratisponensium filium urbe fugavit. Qua residens presulem eidem 10 kathedr� quendam adolescentulum nomine Oudalricum 48 prefecit, exercitum undecumque congregavit, progressusque marcam Diotpaldi per Boemic� gentis maxime crudelitatem devastavit 49. Nec plus una cum suo domino regii morantur milites, conventum usquequaque facere, c�sarianis a tergo flammis predaque vicem reddere, postremo 1 s cum X elect� iuventutis 60 in V Iegiones dispertitis congressum expetere. Iam castris in contrarium positis, spectaculo nimis horri­ bili ! ,per triduum continuum ex una ripa Regini fluminis imperatoris, ex altera regis volitabant signa ; iam frequentia grassabantur in ipso fluminis alveo duella, inter qu� et Hartwicus 51 comes ex parte 20 imperatoris occubuit, nec paucos ex utraque parte Martis sors anceps absumpsit. Attamen die, qu� generalem certissime con­ gressionem precedebat52, principes, qui capita roburque utriusque videbantur exercitus, pacificis invicem concessis colloquiis post morose ventilatam inter se belli presentis causam tandem divino, 2s ut creditur, edocti spiritu parum iustici� parumque emolumenti tarn duro tamque periculoso inesse negocio unanimi consideratione cQnferebant ; indeque nimirum fratribus, id est populo utraque parte christiano, parcendum, immo parricidali pugna cessandum pari voto iudicabant. Rex etiam adolescens, dum iam, ut diximus, per 30 a) folgt wirziburgensibus, durch Unterstreichen getilgt A. '2 Emehard war am 27. Februar 1 105 gestorben, und Heinrich IV. hatte seinen Kanzler Erlung zum Bischof eingesetzt. 43 Diese Darstellung der Vorgänge findet sich- nur bei Ekkehard. 64 In der ersten Julihälfte. 45 Der Sicherheitseid der Würzburger Bürger ist im Codex Udalrici erhalten (Jaffe, Bibi. rer. Germ. 5, 230).

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Tod Emehards designiert hatte 42, vertrieb und Ruotpert, den Propst dieser Kirche, den Geistlichkeit und Volk schon früher und nun noch einmal erwählt hatten 43, durch den erwähnten Erzbischof Ruothard in­ thronisierte 44 ; nachdem er so diese Kirche in die Gemeinschaft mit dem s Apostolischen Stuhl zurückgeführt und von den Bürgern Sicherheit erhalten hatte46, entließ er die Sachsen und wandte sich mit den Bayern der Belagerung der Burg Nürnberg zu ; nach zwei oder mehr Monaten nahm er sie glücklich ein 48, löste das Heer auf und begab sich nach Regens­ burg. Der Vater folgte ihm auf dem Fuß 47 ; er vertrieb Ruotpert und gab 10 den Würzburgern Erlung wieder zum Bischof, sodann verwüstete er alles, was den Anhängern seines Sohnes gehörte, und vertrieb schließlich mit Hilfe der verräterischen Regensburger den Sohn aus der Stadt. Hier blieb er eine Weile ; er machte einen jungen Mann namens Udalrich 48 zum Bischof dieses Sitzes und sammelte ein Heer von überallher ; dann rückte ts er ab und verwüstete die Markgrafschaft Dietbalds, vor allem mit Hilfe des grausamen Böhmenvolkes 48• Nun zögerten auch die Krieger des Königs zusammen mit ihrem Herrn nicht mehr länger, sich überall zu sammeln, den Kaiserlichen vom Rücken her durch Brandschatzung und Plünderung mit gleicher Münze heimzuzahlen und schließlich mit 10000 Kriegern 60 20 in fünf Abteilungen die Schlacht zu suchen. Schon waren die Lager einander gegenüber aufgeschlagen - ein schreckliches Schauspiel ! - und wehten drei Tage lang ununterbrochen auf dem einen Ufer des Regen die Feldzeichen des Kaisers, auf dem anderen die des Königs ; schon fanden häufig Zweikämpfe im Flußbett statt, bei denen Graf Hartwig 61 von der 2s Partei des Kaisers fiel und das wechselnde Schicksal des Krieges auf beiden Seiten manchen dahinraffte. Jedoch an dem Tag vor dem mit Sicherheit bevorstehenden Kampf62 begannen die Fürsten, die die mächtig­ sten Häupter der beiden Heere zu sein schienen, miteinander Friedens­ gespräche ; sie erörterten lange untereinander die Ursachen des gegen30 wärtigen Krieges und begegneten sich schließlich - wie man glaubt, belehrt vom Geist Gottes - in der einmütigen Überlegung, daß in einem so harten und gefahrvollen Unternehmen wenig Gerechtigkeit und Erfolg sei ; deshalb kamen sie zu dem übereinstimmenden Urteil, daß man die Brüder, das heißt das Volk, das ja auf beiden Seiten aus Christen bestand, 3S schonen und überhaupt von einem Vatermörderischen Krieg Abstand nehmen müsse. Wenn auch schon, wie wir sagten, der blutige Mars mit den Zähnen zu knirschen begonnen hatte, da auf beiden Seiten die u

Wohl Ende September. Kaiser Heinrich verließ Mainz erst Anfang August. u Nicht näher bekannt. '9 Unter Führung von Herzog Boriwoi. 50 Diese Zahl dürfte wieder einnlal zu hoch gegriffen sein. 62 Die folgende Darstellung ist völlig tendenziös. n Graf von Bogen. n

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ordinatas om.ni parte acies Mars cruentus cepisset frendere, 63 commotis visceribus super63 patre suo lugubriter fertur inclamasse 54: "Grates", inquit, "o boni commilitones, affectui circa me vestro summopere refero ; unicuique vestrum par pari referre, si res exegerit, non abnuo ; nemo tarnen in hoc me sibi velit vel credat fore f�deratum, 5 ut dominum et patrem meum per se glorietur occisum vel unquam estimet occidendum. Ego quidem christianis mihi legibus subarratum regnum ut heres et successor augusti tenere, si tarnen rerum om.nium dominatori complacuerit, cupio, parricida vocari vel esse nolo. Quodsi pater meus apostolic� se subiecerit ob�dienti� iugo, ego mox in his, 10 qu� sua dumtaxat mihi clementia concesserit, contentus ero ; interim me non impugnatorem esse patris, sed paterni regni propugnatorem noveritis." Vesperaseente itaque iam die cessere loco regi� phalanges imperatori� maiestati se reverentiam exhibere clamantes. Imperator autem dum in castris de crastino certior conflictu dispo- 1 5 nit nec pugnam nec pugnandi votum principibus esse per Boemi� ducem marchionemque Liupaldum 66 contra apern audivit. Qui mox animo consternatus supplex illorum adiutorium petit nec impetrat ; instructus etiam secretis fi.lii nunciis suorum conspirationem adversus se factam latenter e castris cum paucis admodum viris subtrahitur, 20 sicque divina dispositione uno salvo multorum qui fundendus crede­ batur sanguis salvatur. Nam protinus, ut imperatoris absentia totis undiqueversum castris innotuit, unusquisque propria repetere, maxim� noctis opac� latibulo divertendi securitatem ministrante contendit. At rex dum disturbatis inimicis ad libitum frui posset, parcere quam 2s persequi deliherans civitatem ob dati prius f�deris defectum austeriori nimirum pacto sibi confirmat, Hartwicuma virum utique probatum catholicum atque nobilem 66 abdicato Oudalrico ibidem inthronizata, presules etiam quosdam ac principes patern� militi� intra murum repertos sibi conciliat moxque Franci� redditus eodem propinavit 30 calice perfidis sibi Wirciburgensibus. Inter h�c predictus Errolongus 67, a - a) am

Rande A.

u-53 Vgl. 3. Reg. 3, 26. 5' Diese angebliche Rede gibt recht gut die Motive wieder, die Heinrich V.

vorschob, um seinen Abfall vom Vater als bittere Notwendigkeit hinzustellen, zu glorifizieren und damit die Anhänger des Kaisers ebenfalls zum Verrat zu bewegen.

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Schlachtreihen geordnet waren, soll doch auch der junge König53 im Innersten bewegt über 53 seinen Vater voll Trauer gesagt haben54: "Meine tapferen Gefährten ! Höchsten Dank sage ich Euch für Eure Zuneigung zu mir ; ich werde nicht anstehen, j edem von Euch Gleiches mit Gleichem s zu vergelten, wenn es erforderlich sein sollte ; dennoch möge niemand wünschen oder glauben, ich wäre mit ihm dazu verbündet, auf daß er sich rühme, durch ihn sei mein Herr und Vater getötet worden, oder damit er jemals meine, er müsse getötet werden. Ich möchte als Erbe und Nachfolger des Kaisers ein Reich innehaben, das mir nach christlichen to Gesetzen untertan ist, wenn es dem Herrscher aller Dinge so gefällt ; ich möchte wahrhaftig nicht Vatermörder heißen oder gar sein. Wenn mein Vater sich gehorsam dem Joch des Papstes unterwirft, werde ich sogleich mit dem zufrieden sein, was er mir in seiner Güte gewähren wird ; bis dahin, sollt Ihr wissen, will ich nicht den Vater bekämpfen, ts sondern die väterliche Herrschaft verteidigen." Als der Tag zur Neige ging, gaben die Truppen des Königs daher ihre Stellung auf und erklärten, sie wollten der kaiserlichen Majestät ihre Ehrerbietung erweisen. Der Kaiser aber traf im Lager in der Gewißheit des morgigen Kampfes seine Anordnungen ; dann hörte er durch den Herzog von Böhmen und 20 den Markgrafen Leopold 55, daß es entgegen seiner Hoffnung bei den Fürsten keinen Kampf und auch keine Entscheidung für einen Kampf gäbe. Bestürzt bat er daraufhin flehentlich um ihre Hilfe, erhielt sie aber nicht ; als er dann auch noch durch geheime Boten seines Sohnes unter­ richtet wurde, daß die Seinen sich insgeheim gegen ihn verschworen 25 hätten, entwich er heimlich und mit nur wenigen Männern aus dem Lager, und so wurde nach dem Willen Gottes durch die Rettung des Einen das Leben vieler, deren Blut man vergießen zu müssen glaubte, gerettet. Denn als das Verschwinden des Kaisers in allen Lagern ringsum bekannt wurde, strebte jeder in die Heimat zurück, wobei man sich der Sicherheit be30 diente, die das bergende Dunkel der vollen Nacht gewährte. Obgleich der Kö­ nig nun die Zerstreuung der Feinde nach Belieben hätte ausnützen können, entschloß er sich doch zu schonen statt zu verfolgen ; wegen des Bruchs des früheren Bündnisses sicherte er sich die Stadt durch einen strengeren Vertrag und inthronisierte nach Absetzung Udalrichs den Hartwig, einen 35 durch und durch rechtschaffenen katholischen und adligen Mann 58 ; ebenso gewann er einige Bischöfe und Fürsten aus dem Heer des Vaters, die er innerhalb der Mauern antraf, zu Bundesgenossen ; dann kehrte er nach Franken zurück und gab den untreuen Würzburgern denselben Kelch zu trinken. Der oben genannte Erlung 57, der sich dort den Bischofs55

von der bayerischen Ostmark. Dompropst von Magdeburg ; noch im Jahr zuvor vom Kaiser als Erz­ bischof von Magdeburg vorgesehen, war er von Anhängern Heinrichs V. gefan57 S. oben S. 192 ff. gengenommen worden. 58

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qui presulis inibi nomen usurpaverat, spe frustratus concepta Rüt­ perto sede cedens regi deditur et ex hoc inter suos capellanos �que fidelis estimatur. Audiens interim rex patrem suum apud Wigpertum quendam illustrissimum et prudentem virum, qui partibus in illis, quas Borabi s inhabitant, principabatur, esse repertum 68 usque ad Rhenum illi ducaturn - hoc enim per legatos ipse supplicabat - administrari permisit 59 ; ne tarnen aliquo illius inibi infestaretur molimine, mature Wirciburg digressus non Ionge a Spira prescriptum fiumen non sine periculo transfretavit moxque civitate ipsa patrisque ibidem recon- 10 ditis thesauris potitus 60 virum sapientem et nobilem ac pro sanct� conversationis fama morumque dignitate omnibus sanum sapientibus amabilem, Gebehardum Herisaugiensem abbatem 61, prefecit Spirensi­ bus episcopum. His etiam diebus venerabilis Rüthardus archiepiscopus a Thuringia, qua per annos VIII tyrannicam declinaverat rabiem 62, t s presidio catholicorum principum deductus maximo nobilis Mogonti� tripudio kathedr� su� restituitur 63 sicque tarn populum quam eierum apostolic� reconcilians �cclesi� ab universis non solum ut pater iam grandevus, sed etiam velut ex mortuis redivivus omnimodis excolitur. Rebus igitur circa Rhenum compositis Burgundiam rex 20 Heinricus convertitur 64, sed revocatus fidelium suorum nunciis machinamenta patris, qu� Sigifridi comitis 65 auxilio moliebatur, mira velocitate prevenit. Nam illum Mogontiam tendentem atque colloquium curiale, quod ab universis regis principibus super presenti negocio condictum in natali Dominico expectabatur, impedire temp- 2s tantem 66 Bing� circa Idus Decembris repperit67, ore ad os de ana­ thematis vinculo c�terorumque insolenter in rem publicam commis­ sorum ordine quidem prepostero, sed necessarie commutato filius patrem commonuit, ob�dienti� debitum, si resipiscere dumtaxat dignetur, repromisit. Senior has et huiusmodi quam plures sententias 30 58 Der Kaiser war von Regensburg aus nach Böhmen geflohen, und Boriwoi hatte ihn zu Wipert von Groitzsch, seinem Schwager, geleitet, der den Kaiser seinerseits durch Sachsen geleitete. Ende Oktober erreichte Heinrich Mainz. 59 An dieser Stelle muß ducatus "Geleit" (conductus) und nicht "Herzogtum" bedeuten. 80 Am 31. Oktober. 61 Aus dem Hause der Grafen von Urach, seit 1. August 1091 Nachfolger des 12 Vgl. oben S. 126 ff. Abtes Wilhelm von Hirsau.

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titel angeeignet hatte, nun aber seine Hoffnung getäuscht sah, machte den Sitz für Ruotpert frei, ergab sich dem König und gehörte seitdem in Treue zu dessen Kaplänen. Inzwischen vernahm der König, man habe seinen Vater bei Wipert s angetroffen 58, einem erlauchten und klugen Mann, der in den von den Sorben bewohnten Gebieten die Herrschaft innehatte, und er erlaubte ihm - darum hatte dieser nämlich selbst durch Gesandte gebeten -, dem Kaiser Geleit bis an den Rhein zu geben69 ; damit er aber nicht durch irgendein Unternehmen seines Vaters in Würzburg in Schwierigkeiten 10 geriete, verließ er die Stadt beizeiten und überschritt nicht ohne Gefahr unweit Speyer den genannten Strom ; kurz darauf bemächtigte er sich der Stadt und der Schätze des Vaters so, die er dort vorfand, und gab den Speyrern einen weisen und adligen Mann, den Abt Gebhard von Hirsau 81, zum Bischof; dieser stand im Rufe eines heiligmäßigen Lebenswandels, ts und alle Wohlmeinenden fanden ihn ob der Würde seines Charakters liebenswert. In diesen Tagen wurde auch der verehrungswürdige Erz­ bischof Ruothard aus Thüringen, wohin er für acht Jahre vor der tyran­ nischen Wut entwichen war 82, unter dem Schutz der katholischen Fürsten herausgeführt und unter unendlichem Jubel des edlen Mainz wieder 20 auf seinen Bischofsthron gesetzt 83 ; so vereinigte er Volk und Geistlichkeit wieder mit der Apostolischen Kirche und wurde von allen und auf j ede nur mögliche Weise nicht allein als hochbetagter Vater, sondern sogar wie ein von den Toten Auferstandener verehrt. Nachdem König Heinrich die Angelegenheiten in der Rheingegend geordnet hatte, wandte er sich 2s nach Burgund64 ; er wurde jedoch von Boten seiner Getreuen zurück­ gerufen und kam so mit staunenswerter Schnelligkeit den Anschlägen des Vaters zuvor, die dieser mit Hilfe des Grafen Siegfried 86 ins Werk setzte. Der Kaiser wollte nämlich nach Mainz eilen, um den Hoftag zu verhin­ dern 88, den alle Fürsten wegen der augenblicklich schwebenden Fragen 30 anberaumt hatten und der für das Geburtsfest des Herrn erwartet wurde ; der König traf ihn um den 13. Dezember in Bingen &7, und in umgekehr­ ter, aber notwendigerweise veränderter Ordnung mahnte der Sohn den Vater mündlich wegen des Kirchenbannes und der übrigen ungewöhn­ lichen Vergehen gegen das Gemeinwesen und versprach den schuldigen 3S Gehorsam, sobald der Kaiser nur zur Vernunft zu kommen geruhe. Der Ältere indessen verschob diese und andere derartige Angelegenheiten 83 Heinrich IV. hatte zuvor Mainz verlassen und in Köln Zuflucht gesucht. " Wohl ein Irrtum Ekkehards ; in Lothringen und im Elsaß waren einige Streitfälle zu erledigen. 85 Pfalzgraf bei Rhein 81 Die Darstellung ist völlig tendenziös. 87 Vielmehr am 20. Dezember gegenüber von Koblenz. .

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ad audientiam optimaturn et senatus consultum instanti curi� distulit, sicque comitatus uterque pacificus ad invicem pariter contra sepedic­ tam se metropolim 68 convertit. Inter h�c aliqua, qu� huic pacto pacique non convenirent, dum per occultos nuncios patrem conari filio fideles denotarent, visum est eisdem, ut pater separatum cum 5 suis in castello 69 quodam tutissimo principum conventum expectaret, presertim cum presules Mogontinus atque Spirensis c�terique qui aderant intra nuper reconciliatas suas �cclesias communicationem illi prestare se non posse publice reclamarent. His ita dispositis, custo­ dibus quoque, qui ne novi quicquam ab ipso vel ad ipsum procederet, 10 adhibitis rex Mogontiam publico conventui principum occurrit, sed vulgaris inde stulticia patrem a filio dolo captum et custodi� manci­ patum circumquaque diffamavit 70• Hoc anno Baldwinus rex Ascalonem a mari copiosissima classium multitudine, a terra vero non parvo cingens exercitu, 1 5 tributarium sibi fieri longa obsidione coegit 71• Post aliquot vero menses LM Sarracenorum improvise se invadentium virtus divina ante ipsum IIII tantummodo milium manibus stravit 72, quodam scilicet ammirat�, qui secundus a rege Babyloni� videbatur, capto, altero inter c�teram multitudinem occiso 73, Christi clementia pere- 20 grinis suis apud Antiochiam, Syriam, Palestinam totamque per Asyam prosperante eorumque servitute barbaricas circumquaque spurcicias eliminante invidus et occultus eatenus �cclesi� persecutor Alexius diu teetarn su� perfidi� toxicatam rabiem evaginat, Thurcis, quibus iam nulla vel rara in oriente regnandi spes remanserat, se 25 tutissime conciliat 74 et, o turpissimum facinus !, Niceam, quam olim fidei nostr� turrim dudumque multo Christianorum sanguine com­ paratam prescripsimus, Solomani tyranni filiis reddidit, custodias ad prohibendum transitum peregrinis terra marique constituit, Babyloni­ cum regem contra nostros frequentibus nunciis animavit. Cuius 30

88 Böckelheim. Mainz. Vgl. die Briefe Heinrichs IV. nn. 37-39. 7 1 Balduin hatte im Mai 1 104 Akkon, nicht Askalon, wie Ekkehard hier irrig berichtet, mit Hilfe einer genuesischen Flotte erobert. 88

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bis zur Verhandlung durch die Fürsten und deren Beschluß auf dem bevorstehenden Hoftag, und so wandten sich beide mit ihrer Begleitung in gegenseitiger friedlicher Gesinnung gemeinsam zu der oft genannten Metropole68• Unterdessen meldeten dem Sohn einige Getreue, der Vater s suche vermittels geheimer Boten einiges in die Wege zu leiten, was diesem Vertrag und dem Frieden nicht entspreche, und es schien ihnen richtiger, daß der Vater allein mit den Seinen in einer absolut sicheren Burg 81 die Fürstenversammlung abwarte, zumal die Bischöfe von Mainz und von Speyer, sowie die übrigen Anwesenden öffentlich geltend machten, ihm 10 in ihren erst kürzlich wieder versöhnten Kirchen keine Gemeinschaft gewähren zu können. So geschah es denn auch, und nachdem Wachen aufgestellt worden waren, damit nichts Unvorhergesehenes durch ihn oder in bezug auf ihn geschehe, eilte der König nach Mainz zu dem Fürstentag ; die Torheit des gemeinen Volkes aber verbreitete überall das falsche JS Gerücht, der Vater sei mit List vom Sohn gefangengenommen und in Gewahrsam gebracht worden 70. In diesem Jahr machte König Balduin nach langer Belagerung Askalon tributpflichtig ; er hatte die Stadt zu Wasser durch eine zahlreiche Flotte, zu Lande aber durch ein ansehnliches Heer eingeschlossen 71• Wenige 20 Monate später unternahmen unerwartet 50000 Sarazenen einen Überfall, doch die Macht Gottes streckte sie durch die Hand von nur 4000 Rittern vor ihm nieder 72, wobei wunderbarerweise ein Emir, der der zweite nach dem König von Babyion war, gefangengenommen, ein anderer inmitten der übrigen Menge getötet wurde 73. Während Christus in seiner Güte seinen 2s Pilgern in Antiochia, Syrien, Palästina und ganz Asien bei allem Glück verlieh und mit ihrer Hilfe überall ringsumher die Schändlichkeiten der Barbaren ausrottete, offenbarte der neidische und daher geheime Ver­ folger der Kirche Alexius die lange verborgene giftige Wut seiner Treu­ losigkeit. Er verband sich aufs engste mit den Türken 74, die bereits gar 30 keine oder doch nur mehr geringe Hoffnung auf Herrschaft im Orient besaßen, übergab - o schändliche Tat! - den Söhnen des Tyrannen Soleiman Nizäa, das wir früher als Turm unseres Glaubens bezeichneten und das vor einiger Zeit durch das Blut vieler Christen erkauft worden war, stellte Wachen auf, die den Pilgern zu Wasser und zu Lande den 3S Weg verlegen sollten, und stachelte durch häufige Boten den babyloni­ schen König gegen die Unsrigen auf. Die Antiochener jedoch kaperten die 72 Die Schlacht fand am 31. August bei Rama statt ; die Zahlenangaben Ekke­ hards sind wiederum phantastisch. Nach Fulcher standen 15 000 Ägypter 500 Rittern und 2000 Mann zu Fuß bei den Franken gegenüber. 73 Ein Emir, der Befehlshaber von Akkon, war 1 104 in fränkische Gefangen­ schaft geraten ; ein anderer Emir, der Befehlshaber von Askalon, war in der Schlacht von 1 105 gefallen. Dies mag Ekkehard erfahren haben. " Diese und die folgenden Behauptungen sind völlig aus der Luft gegriffen.

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classes contra Anthiocenos directas ipsi bello ceperunt 76 et in confusionem Alexü nasis atque pollicibus omnium abscisis unam de scafis inde onerantes huiusmodi pulmentum eidem regi, multorum milium homicid�, transmiserunt. Boimunt 76 quoque iam trienni captivitate per divinam solutus providentiam Italiam navigio venit s ibique classes fabricari constituens ipse usque ad Hispani� regna peragrare cunctamque quam posset militiam quocumque pacto contra tyrannum prescriptum cepit congregare. Fridericus dux obüt 77, vir prudentia, moribus et nobilitate satis clarus, sed clarissimo et singularis ac incli� fam� Adelheid� 78, fili� 10 scilicet imperatoris, matrimonio et ex eadem mir� indolis prole deco­ ratus. Pridie ante vigiliam nativitatis Christi visus est ab occidente tantus inter sidera ignis fl.ammare, ut solis iubar crederetur, si in orientis ts esset parte. Anno Domini MCVI. Mediante Heinrico iuniore tantus apud Mogontiam factus est in natali dominico totius regni Teutonici conventus, quantus per multa annorum curricula nusquam est visus. Referunt 79 enim qui aderant LII ibi tune optimates vel eo amplius affuisse, adeo ut solus dux Saxoni� Magnus nomine, 20 quem iam gravior �tas impediebat, notaretur defuisse. lbi super­ venientes apostolic� sedis legati, episcopus scilicet Albanus cum Constantiensi, sententiam anathematis in Heinricum seniorem dieturn imperatorem a tot sibi succedentibus apostolicis sepius sepiusque promulgatam scriptis simul et dictis testificantes universam 2s multitudinem, immo totam toto orbe diffusam �cclesiam ab eius communione Christi et beati Petri auctoritate multis iam annis sequestratum confirmabant. Qua de causa dum ipse se de castello quo manebat Mogontiam exhibere temptaret, principes propter cavendum tumultum vulgi su� potius quam filii parti favere solentis 30 ipsi lngilenheim occurrerunt tandemque generali illum circumvenien­ tes consilio usque ad reatus confessionem satisfactionisque professio­ nem perducunt. Cui cum legati communionem seu p�nitenti� modum ·

?5 Daß die Aktionen des Kaisers Alexius nicht gegen die Gesamtheit der Kreuz· fahrer gerichtet waren, sondern gegen die beständige Ausweitung der Herrschaft Antiochia auf Kosten des byzantinischen Reiches, hat Ekkehard in seiner Vor· eingenommenheit gegenüber Alexius sicher nicht gesehen.

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Schiffe, die gegen sie ausgelaufen waren 76, und zur Beschämung des Alexius schnitten sie allen die Nasen und die Daumen ab, beluden eins von den Booten damit und schickten diese Zukost eben diesem König, diesem Mörder so vieler Tausender! Auch Boemund 76 wurde durch die göttliche s Vorsehung aus dreijähriger Gefangenschaft befreit und kam zu Schiff nach Italien ; er veranlaßte dort den Bau einer Flotte und reiste selbst bis in die Königreiche Spaniens, um durch verschiedene Verträge ein möglichst großes Heer gegen den erwähnten Tyrannen zu sammeln. Herzog Friedrich verstarb 77, ein Mann berühmt durch Klugheit, Charak10 ter und Adel ; besonders berühmt aber durch eine hervorragende Ehe mit Adelheid 78, der Tochter des Kaisers, einer Frau von einzigartigem und weitbekanntem Ruf, und durch eine Nachkommenschaft von wunder­ baren Anlagen, die aus dieser Ehe hervorging. Am Heiligen Abend sah man im Westen inmitten der Sterne ein solches IS Feuer aufflammen, daß man es für den Sonnenaufgang gehalten hätte, wenn es im Osten gewesen wäre. Im Jahr des Herrn 1 106. Auf Betreiben Heinrichs des Jüngeren fand am Geburtsfest des Herrn eine Zusammenkunft des ganzen deutschen Reiches in Mainz statt, wie man sie in dieser Größe lange Zeit nicht 20 mehr erlebt hatte. Teilnehmer berichten 79, 52 Fürsten oder gar noch mehr seien anwesend gewesen, als einziger habe Herzog Magnus von Sachsen gefehlt, den sein beschwerliches Alter verhinderte. Auch die Legaten des Apostolischen Stuhles, der Bischof von Albano zusammen mit dem Bischof von Konstanz, kamen dorthin ; sie bestätigten den Bannspruch, 2S der gegen den älteren Heinrich, den sogenannten Kaiser, nacheinander von so vielen Päpsten immer und immer wieder schriftlich und mündlich öffentlich verkündet worden war ; ebenso bezeugten sie, daß alle, die ge­ samte über den ganzen Erdkreis ausgebreitete Kirche durch die Vollmacht Christi und des hl. Petrus schon viele Jahre lang von der Gemeinschaft 30 mit ihm getrennt seien. Während er selbst deshalb versuchte, von der Burg aus, in der er weilte, nach Mainz zu gelangen, gingen ihm die Fürsten nach Ingelheim entgegen, um einen Volksaufstand zu verhindern, da die Menge mehr der Partei des Vaters als der des Sohnes zuneigte ; sie sprachen ihm zu und veranlaßten ihn schließlich auf allgemeinen Rat hin, seine 35 Schuld zu bekennen und Genugtuung zu versprechen. Da die Legaten

71

Vgl. oben S. 182 Anm. 9. von Schwaben ; er starb am 21. Juli. 78 Richtig Agnes. 78 Ekkehard war also nicht selbst anwesend, aber da seine Gewährsleute sicher Anhänger Heinrichs V. waren, darf seine Darstellung als die offizielle königliche Version der Vorgänge von Weihnachten 1 105 betrachtet werden. 77

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absque generalis synodi et apostolic� discussionis censura reddere ad presens non possent, ipse partis utriusque consiliis annuens regalia vel imperialia insignia, crucem scilicet et lanceam, sceptrum, globum atque coronam, filii potestati tradidit 80, prospera illi imprecans, illum primatibus multo fl.etu commendans et extunc iuxta summi sacerdotis s totiusque �cclesi� decreta su� consulturum anim� promisit. Hoc ordine Heinricus illius nominis quintus, primum a patre, deinde ab uni­ versie Germani� principibus in regem iam secundo electus 81, ab aposto­ licis quoque legatis per manus impositionem catholice confirmatus, acceptis tam ab episcopis quam laicis iuxta morem patri� sacramentis 10 regnare cepit LXXXVIII. loco ab Augusto, L. patris sui anno, ab Urbe condita MDCCCLVII. anno, ab origine mundi VLVIII., dominic� vero incarnationis, ut dieturn est, MCVI. anno. Relatis igitur coram rege cunctisque totins Germani� optimatibus et presulibus omnique clero simul et populo legationibus Roman� sedis t s super �cclesiarum regni istins commaculatione diversa et inveterata, econtra emendatione ab universie unanimiter promissa placuit tam regi quam primoribus ad sanctam matrem Romanam �cclesiam tantos ac tales a partibus istis legatos transmitti 82, qui et de obiectis rite rationem reddere et de incertis sagaciter investigare ac per omnia 20 utilitatibus �cclesiasticis sapienter consulere sint idonei. Separantur in hoc opus viri spiritu sapienti� pleni, dignitatibus, natalibus et elegantia seu divitiis precipui nullaque secundum Deum sive seculum venera­ tione indigni, a Lotharingia Bruno Trevirensis, a Saxonia Heinricus Magdaburgensis, a Francia Otto Babenbergensis, a Baioaria Eber- 2s hardus Eihstatensis, ab Alemannia Gebehardus Constantiensis, a Burgundia Curiensis, nonnulli etiam nobiles de latere regis laic� professionis, idqne inter c�tera suscipiunt in mandatis, ut, si fieri possit, domni apostolici presentiam cisalpinis partibus impetrent exhiberi. 30

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ihm im Augenblick die kirchliche Gemeinschaft und das Maß der Buße nicht ohne Urteil einer allgemeinen Synode und des Papstes gewähren konnten, stimmte er dem Rat beider Seiten zu und übergab die könig­ lichen und kaiserlichen Insignien, nämlich Kreuz und Lanze, Zepter, s Weltkugel und Krone in die Gewalt des Sohnes 80 ; er wünschte diesem Glück, empfahl ihn unter zahlreichen Tränen den Fürsten und versprach, von nun an gemäß den Verfügungen des Papstes und der ganzen Kirche für seine Seele zu sorgen. So begann Heinrich, der fünfte dieses Namens, zunächst vom Vater, sodann ein zweites Mal von allen Fürsten 10 Deutschlands zum König gewählt 81, nach katholischer Weise gestärkt durch die Handauflegung der päpstlichen Legaten, nach Entgegennahme der Eide sowohl der Bischöfe wie der Laien gemäß der Sitte des Vater­ landes zu herrschen, als 88. Herrscher seit Augustus, im 50. Regierungs­ jahr seines Vaters, im 1857. Jahr seit der Gründung Roms, im 5058. Jahr lS seit Erschaffung der Welt, im Jahr seit der Geburt des Herrn, wie gesagt, 1 106.

Nachdem vor dem König, allen Fürsten und Bischöfen ganz Deutsch­ lands, sowie vor dem gesamten Klerus und Volk Botschaften des Römi­ schen Stuhles über die verschiedenen und alteingewurzelten Beeinträch20 tigungen der Kirchen dieses Reiches vorgebracht worden waren und alle einmütig ihre Ausmerzung versprochen hatten, gefiel es dem König und den Fürsten, zur heiligen Mutter der Römischen Kirche auch ihrerseits Gesandte zu schicken 82 ; sie sollten der Zahl und Art nach geeignet sein, über die Vorwürfe ordnungsgemäß Rechenschaft zu geben, noch offene 25 Fragen klug zu erforschen und in allem zum Nutzen der Kirchen weise zu raten. Zu diesem Zweck wurden Männer auserwählt, vom Geist der Weisheit erfüllt, hervorragend durch ihre Würde, Herkunft, vornehmes Auftreten und Reichtum, sowohl vor Gott wie vor der Welt jeder Vereh­ rung würdig, und zwar aus Lothringen Bischof Bruno von Trier, aus 30 Sachsen Heinrich von Magdeburg, aus Franken Otto von Bamberg, aus Bayern Eberhard von Eichstätt, aus Alemannien Gebhard von Konstanz, aus Burgund der Bischof von Chur, ebenso einige vornehme Laien aus der Umgebung des Königs ; unter anderem erhielten sie den Auftrag, sie sollten nach Möglichkeit zu erreichen suchen, daß der 3S Papst persönlich über die Alpen komme.

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Die Insignien wurden auf Burg Hammerstein verwahrt.

81 Am 6. Januar 1099 war Heinrich in Aachen feierlich zum König gewählt

worden, bei dem Vorgang am 5. Januar in Mainz wird es sich wohl um die feier­ liche Inthronisation gehandelt haben. 81 Auch Ekkehard gehörte zu dieser Gesandtschaft ; vgl. unten S. 276.

[RECENSIO II. EPISTOLA DEDICATORIA AD HEINRICUM V. 1] Anreis tuis, o rex in eternum victure, temporibus ego tantillus homuncio Ekkihardus post annosas miserias redditus ac post deßorata diversorum chronographorum opuscula, ab ipso temporum exordio s temporum decursus ferentem carinam per multimodas Charibdis atque Scille comminationes tandem gloriosi tui imperü iam portui delatam speculando ultra omnem humane estimationis modum letifica­ tus, non inconvenienter, ut arbitror, stilo libertatis premium, quod oppido iam lassus exoptat, denego ; immo ipsum tuis amodo preconüs to pro viribus ac ultra vires inserviturum, quamdiu his regitur artubus, devotissime subiugo. Quidni 1 Te quippe multis iam in tristicia seden­ tis, domine gentium, ploratibus a patre spiritum tandem et vix impe­ tratum caput, non immerito quodque catholicum et orthodoxum einsdem ecclesie membrum quocumque prevalet favore prosequitur, t s tibi Romanus a pulvere iam expergiscens orbis a mari usque ad mare, immo totus a solis ortu usque ad occasum mundus inenarrabili tri­ pudio congratulatur. In te 2 suscitatum David germen insturn 2 universa sanum sapientia corda speculantur ; sed precipue Deo servien­ tium persone undique prorumpentes e latibulis 3 lumen te sibimet in 20 tenebris exortum 3, divina quedam de te presagia conferentes, 1 Die zweite Fassung von Ekkehards Chronik ist nicht erhalten, doch kann sie mit Sicherheit erschlossen werden, einmal weil sie der Verfasser der Kaiser­ chronik für Heinrich V. benutzt haben muß, zum zweiten aus dem hier wieder­ gegebenen Widmungabrief an Heinrich V. Dieser Brief ist zwar nur als Prolog zum fünften, die Zeit Heinrichs V. umfassenden Buch der Rezension 111 von Ekkehards Chronik erhalten, kann aber sicher nicht mit dieser Rezension gleichzeitig entstanden sein ; denn seinem ganzen Inhalt nach gehört er in die Anfangszeit der Regierung Heinrichs V. - Der genaue Umfang der zweiten Fas­ sung kann allerdings nicht mit Sicherheit bestimmt werden. Sehr wahrscheinlich

[ZWEITE FASSUNG. WIDMUNGSBRIEF AN HEINRICH. Vl]

In deinen goldenen Zeiten, mein König - mögest du in Ewigkeit leben! -, sehe ich, Ekkehard, ein unbedeutender und kleiner Mensch, s nach j ahrelanger Not wieder Erträge und ebenso, daß nun nach glanz­ losen Werken verschiedener Geschichtsschreiber das Fahrzeug, das vom Beginn der Zeit an den Ablauf der Zeiten trägt, durch die vielfältigen Bedrohungen der Charybdis und der Scylla hindurch endlich zum Hafen deiner ruhmreichen Herrschaft gelangt ist ; das freut mich über jedes 10 menschliche Maß , und deshalb verweigere ich in, wie ich glaube, nicht unangemessener Weise dem Griffel den Preis der Freiheit, den der schon völlig Erschöpfte ersehnt ; in aller Ergebenheit stelle ich ihn dir zur Verfügung, nur deinem Ruhm soll er nach Kräften und noch darüber hinaus dienen, so lange er von diesen Gliedern gelenkt wird. Wie denn !S nicht ? Du bist j a, Herr der Völker, das Oberhaupt, das die reichen Tränen des Trauernden endlich vom Vater des Lebens erlangten ; darum schließt sich dir mit Recht j edes katholische und rechtgläubige Glied der Kirche mit allem Wohlwollen an ; sich aus dem Staub erhebend wünscht dir der ganze römische Erdkreis von Meer zu Meer, ja die ganze Welt vom Auf20 gang der Sonne bis zum Untergang in unsagbarem Jubel Glück. Die Herzen aller Weisen sind auf dich, 2den wieder auferweckten gerechten Sproß Davids2, gerichtet ; vor allem aber die Diener Gottes, die überall aus ihren Verstecken kommen, sehen in dir 3das Licht, das ihnen in der Finsternis aufging3, sie erzählen von göttlichen Weissagungen über dich enthielt sie den gesamten Jahresbericht zu 1 106, wie er aus den späteren Fas· sungen bekannt ist, aber möglicherweise doch mit geringen Abweichungen ; denn er enthält in der überlieferten Fassung Partien, die ihrem gedanklichen Inhalt nach eher als Eigengut der Kaiserchronik zu betrachten sind und viel· leicht von Ekkehard für seine späteren Rezensionen übernommen worden sind. Da mit dieser Möglichkeit gerechnet werden muß, sie aber im Augenblick noch nicht sicher zu verfizieren ist, schien es richtiger, den Jahresbericht zu 1 106 erst im Zusammenhang mit den späteren Fassungen zu bringen und hier nur den Widmungabrief wiederzugeben. a-a 2- 2 Vgl. Ierem. 23, 5. Vgl. Ps. 1 1 1 , 14.

Ekkehard. li

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4tempus iam venisse miserendi4 sui testantur, de tua indole quid iustum audire vel sanctum sancte quevis anime sui erga Christum regem servitü fructum esse confidenter arbitrantur. Beata erit et ultra ipsas avite materneque stirpis magnificentias gloriosior pro­ ducetur etas tua, si mansionem in augustissimo tuo pectore fecerit spiritus 5, quem die noctuque universa Deo placentium tibi exoptant et imprecantur vota.

,_,

Vgl. Ps. 101, 14.

s

Widmung an Heinrich V.

s

209

und bezeugen, 4schon sei die Zeit des Erbarmens über sie gekommen", und alle Frommen glauben zuversichtlich, es sei die Frucht ihres Dienstes gegenüber Christus, dem König, von dir Gerechtes und Gottgefälliges zu hören. Glücklich sei dein Zeitalter und ruhmreich möge es noch über die Größe des großväterlichen und mütterlichen Geschlechtes hinausgeführt werden, wenn sich in deinem erhabenen Herzen der Geist eine Wohnstatt bereitet 6, den Tag und Nacht die Gebete aller Gott Wobigefälligen erbitten und erßehen.

' Vgl. loh.

14,

23.

ANONYMI CHRONICA IMPERATORUM HEINRICO V. DEDICATA

ANONYME KAISERCHRONIK FüR HEINRICH V.

Incipit prologus sequentis chronici operis Quamlibet rem publicam testatur Tullius felicem fore, si vel a sapientibus regatur aut eos, qui eam rexerint, studere contingat sapienti�, eine qua ipsam fortitudinem constat usque ad nomen temeritatis degenerare.1 Nos igitur impensius c�teris gentibus debe- s mus gratias Deo referre, quoniam sedatis procellis, quibus hactenus quatiebamur, princeps magn� sapienti� magnaque pollens stren­ nuitate ad gubemandum Romanum imperium emicuit, cui Dei dispositione univeraus orbis tarn Romanus quam Teutonicus gaudet omni nisu applaudere, videlicet Henricus quintus rex et quartus 10 imperator, vir compositus multiplici virtute, ferox in bello, pius et mansuetus in pace. Cum igitur ipse resplendeat velut coruscans lucifer splendore sapienti� et redoleat omni boni odoris suavitate, dignatus est nostr� parvitati precipere, ut colligat sibi chronicum opus a temporibus Karoli Magni usque ad sua tempora servando 1 5 ubique veritatem istori�. Quod opus recipere cum nostra recusaret imperitia, nos tarnen compulit deducere ad aliquem effectum sua auctoritas et benivolentia. Habes igitur, serenissime imperator, amministrante caritate chroni­ cum opus excerptum non nostra, set veterum chronographorum 20 auctoritate utinam non indignum, ne dicam oculis imperatoriis, set aaltim minimis lectoribus tu� curi�. Cum igitur tota intentio huius libri tarn Romani imperii quam Teutonici regni deserviat honori, quorum regnorum coniunctio cepit a Karolo Francigena, necessarium duximus tarn nobilissim� gentis, que habilis inventa est ad pro- 25 creandos dominos Roman� potenti�, altius originem repetere et sie per antiquissim� nobilitatis generationes usque ad eundem Karolum narratione deducta, qualiter ipse capesseret rem publicam labefactam et qualiter deinde Romanum imperium per successiones regum istius gentis excellentissime gubemaretur, ceteris chronicis relationibus Jo

Vorwort zur folgenden Chronik

Tullius bezeugt, wie glücklich der Staat ist, wenn er von Weisen regiert wird oder seine Regenten sich um Weisheit bemühen ; ohne sie entartet selbst Tapferkeit zur Vermessenheit.1 Daher müssen wir mehr s als andere Völker Gott danken, daß nun, da die Stürme sich gelegt haben, die uns schüttelten, ein Fürst voller Weisheit und Tüchtigkeit hervor­ getreten ist, um das Römische Reich zu regieren, nämlich Heinrich, der fünfte König und vierte Kaiser seines Namens, ein Mann von vielfältiger Tugend, unbändig im Krieg, gütig und milde im Frieden, dem der ganze 10 römische und deutsche Erdkreis dank Gottes Fügung voll Freude von ganzem Herzen Beifall zollt. Während er selbst wie der schimmernde Morgenstern vom Glanz der Weisheit leuchtet und süßen Wohlgeruch verbreitet, geruhte er unserer Wenigkeit aufzutragen, ihm eine Chronik zusammenzustellen von der Zeit Karls des Großen an bis zu seiner eigenen ts Zeit und dabei stets auf die geschichtliche Wahrheit zu achten. Als wir wegen unserer Unerfahrenheit diese Aufgabe zurückwiesen, zwang uns seine Würde und seine Gnade, sie dennoch auszuführen. Halte also, durchlauchtigster Kaiser, in Wohlwollen dieses Geschichts­ werk, diesen Auszug, der nicht auf unserer Glaubwürdigkeit beruht, 20 sondern auf der der alten Geschichtsschreiber, nicht .für unwürdig - ich möchte nicht sagen - der Augen des Kaisers, sondern wenigstens der geringsten Leser an deinem Hof. Da es die einzige Absicht dieses Buches ist, der Ehre des Römischen Kaisertums und des Deutschen Reiches zu dienen, deren Vereinigung bei dem Franken Karl begann, schien es uns 2s notwendig, zunächst noch einmal den Ursprung des hochedlen Volkes vorzutragen, das für geeignet befunden wurde, die Herren über die römi­ sche Macht hervorzubringen, und so die Erzählung durch die Geschlechter ältesten Adels hindurch bis zu dem genannten Karl zu führen und in angemessener Kürze unter Ausschluß weiterer geschichtlicher Über30 lieferungen bis hin zur Gegenwart darzulegen, wie dieser sich des erschüt­ terten Staates annahm und wie danach das Römische Reich durch die einander folgenden Könige aus demselben Volk aufs vortrefflichste 1

Zum Problem der hier behaupteten Cicero-Benutzung wird in der Einleitung zur kritischen Ausgabe in MGH. SS. 33 Stellung genommen werden.

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Kaiserchronik II

exclusis, competenti brevitate usque ad h�c tempora digerere. Primus igitur liber ab origine Franeorum per regum eiusdem gentis tempora discurrit. Secundus liber ab imperio Karoli Magni cunctorum succes­ sorum eius regimina actusque breviter atque annos includit. Tercius autem liber orditur acta atque agenda huius quinti Henrici, que utinam non possent terminari aliquo fine aut saltem terminentur post multa curricula annorum in bona et Deo bene complacita senectute !

Exa quo Bizantium Traci� civitas a magno Constantino in novam ampliata et in regiam urbem est exaltata et, translata in illam omnis Roman� dignitatis gloria, in sedem Romani imperü dedicata et nova Roma est appellata, evolutis annis circiter CCCCLXVIII, diviso a Constantinopoli Romano imperio, Karolus Magnus primus ex regibus Franeorum imperio Romano sublimatur, imperavit annis XIIII. Cuius meritis et virtutibus atque prudentia regnum Franeorum sanct� Roman� �cclesi� dispositio divina in tantum coniunxit, uti aliunde quam ex eadem gente sibimet augustos creari fas non sit.

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1s

1 Anno Domini millesimo XCV. Ladizlaus rex Pannoni� miseri­ cordi� operibus plenus vitam finivit in Domino. Luitpoldus quoque marebio necnon Heinricus palatinus obierunt. Anno Domini millesimo XCVI. Welefo dux antea Noricus, qui ab 20 imperatore iam dudum abiuraverat et ob id ducaturn perdiderat, in gratiam eius rediit ducatumque recepit. Signum in sole apparuit V. Nonas Martii, feria II. incipientis XL. Diversa quoque prodigia mundus ubique parturisse referebatur. Aeclypsis lun� facta est VI. Idus Augusti, luna XIIII. Mox ex omnibus 2s pene terr�, sed maxime ab occidentalium regnorum partibus, tarn regum et nobilium quam etiam vulgi utriusque sexus innumerabiles turm� armata manu Hierosolimam tendere ceperunt, excitati scilicet in zelum frequentibus nunciis super obpressione dominici sepulchri a) Dieser Ab schnitt steht gewissermaßen als Vorrede vor dem zweiten Buch und wird hier wiedergegeben, weil er das Hauptthema der Chronik noch einmal formuliert. Der erste Satz ist Sigebert z. J. 801 entnommen.

Widmung und Thema

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gelenkt wurde. Das erste Buch durchläuft also vom Ursprung der Franken an die Zeit der Könige dieses Volkes. Das zweite Buch umfaßt vom Kaiser­ tum Karls des Großen an in Kürze die Herrschaft aller seiner Nachfolger, ihre Taten und Regierungsjahre. Das dritte Buch dagegen erzählt die Taten und Aufgaben dieses fünften Heinrich ; möchten diese niemals ein Ende finden oder möchten sie doch wenigstens erst nach vielen Jahren enden, in frischem und Gott wohlgefälligem Alter.

Seitdem Byzanz in Thrakien von dem großen Konstantirr zu einer neuen Stadt erweitert und zur königlichen Stadt erhoben und seitdem 10 sie, nachdem der ganze Ruhm der römischen Würde dorthin übertragen war, zum Sitz des Römischen Kaisertums bestimmt und das Neue Rom genannt wurde, waren rund 468 Jahre vergangen, als sich das Römische Kaisertum von Rom trennte und Karl der Große als erster der fränkischen Könige durch das Römische Kaisertum ausgezeichnet wurde und als 1s solcher dann 14 Jahre herrschte. Wegen seiner Verdienste, seiner Tugenden und seiner Klugheit wurde das Reich der Franken nach Gottes Willen so eng mit der Römischen Kirche verbunden, daß es wider gött­ liches Recht wäre, sich Kaiser aus einem anderen Volk als diesem zu geben. 20

l lm Jahr des Herrn 1095. König Ladislaus von Ungarn, reich an Werken der Barmherzigkeit, beendete sein Leben im Herrn. Auch Markgraf Luitpold und Pfalzgraf Heinrich starben.

Im Jahr des Herrn 1096. Der frühere bayerische Herzog Welf, der schon vor einiger Zeit vom Kaiser abgefallen war und deshalb das 2s Herzogtum verloren hatte, kehrte in die Huld Heinrichs zurück und empfing erneut die Herzogsgewalt. Am 3. März, einem Montag zu Beginn der Fastenzeit, erschien ein Zeichen an der Sonne. Überall wurde auch erzählt, die Welt habe ver­ schiedene Ungeheuer geboren. Am 8. August fand eine Mondfinsternis 30 statt, im 14. Mondjahr. Bald darauf zogen aus allen Teilen der Erde, vor allem aber denen der westlichen Königreiche, zahllose bewaffnete Scharen von Königen, Adligen und gemeinem Volk beiderlei Geschlechts in Richtung Jerusalem, leidenschaftlich aufgewühlt durch zahlreiche Botschaften über die Bedrängnis des Heiligen Grabes und die Verwüstung

1-1 Wörtlich aus Ekkehard II (I) zum gleichen Jahr entlehnt. Zum Kommentar zu den Jahresberichten 1095-1 106 vgl. den Kommentar zu den entsprechenden Berichten bei Frutolf (1095) oben S. 106 und bei Ekkehard I oben S. 124ff.

216

Kaiserchronik li

ac desolatione omnium orientalium �cclesiarum, quas gens ferocissima Thuricorum per aliquot annos suo subactas dominio inauditis cala­ mitatibus iam iamque deleverat. Quibus, ut dieturn est, subvenire statuentes sicut diversis agminibus, ita diversis et incertis plerique ducibus properabant l. De qua profectione plura referre supersedemus, quia, sicut res tanta exigit, elegantia inde scripta sufficienter alias habemus 2• 1 Anno Domini millesimo XCVII. Heinricus imperator ab Italia rediens Ratisponam Baioari� urbem venit ibique aliquandiu moratus ludeis, qui baptizari coacti sunt, iudaizandi ritum concessit. Heinricus imperator Mogonti� cum principibus colloquium de pace habuit circa Kaiendas Decembris. Cometes apparuit. Eo anno �stas fertilissima, hiems vero Ienis et pestilens fuit, imbrium et fl.uminum inundationes nimis increverunt.

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Anno Domini millesimo XCVIIP. 3 Dum imperator de facultatibus 1 s Iudeorum interfectorum Mogonti� perquireret et tarn pontifex quam eius consanguinei de eisdem pecuniis culparentur, commotus presul Thuringiam se cum suis contulit. Heinricus vero episcopii reditus suis usibus universaliter adiecit, fugatium quoque possessiones publicari m�niaque dirui precepit 3• 20 4Welefo Baioariorum denuo dux filios suos et ipsos rebellare temp­ tantes grati� imperatoris reconciliavit et uni eorum ducaturn post se committi impetravit4• 4 Anno Domini millesimo XCVIIII. Heinricus imperator natalem Domini Coloni� celebravit, in epyphania vero Aquisgrani filium suum iuniorem Heinricum regem fecit 4• Eodem anno Dominus noster Ihesus Christus civitatem requiei su� Hierusalern fidelibus suis aperuit et eliminatis per magnitudinem potenti� su� paganorum spurciciis liberum christian� devotionis ritum misericorditer inibi restauravit.

2s

30

Heinrich IV. 1097-1099

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2s

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aller orientalischen Kirchen, die das wilde Volk der Türken vor einigen Jahren seiner Herrschaft unterworfen und durch unerhörte Beschwer­ nisse allmählich zerstört hatte. Um ihnen, wie gesagt, zu Hilfe zu kommen, zogen sie meistens in verschiedenen Heerhaufen und unter verschiedenen und unsicheren Führern dahin 1. Wir sehen da von ab, von diesem Zug mehr zu berichten, da wir, wie es auch eine so große Sache erfordert, genügend andere gut geschriebene Schriften darüber besitzen2• 1Im Jahr des Herrn 1097. Kaiser Heinrich kehrte aus Italien zurück und kam in die bayerische Stadt Regensburg ; dort blieb er eine Weile und gestattete den Juden, die man zur Taufe gezwungen hatte, nach jüdischem Ritus zu leben. Kaiser Heinrich hatte Anfang Dezember mit den Fürsten ein Gespräch über den Frieden. Ein Komet erschien. In diesem Jahr war der Sommer äußerst fruchtbar, der Winter dagegen mild und reich an Krankheit ; es gab überaus schwere Überschwemmungen durch Regenfälle und Flüsse. Im Jahr des Herrn 1098 1• 3Als der Kaiser in Mainz Nachforschungen über das Vermögen der getöteten Juden anstellte und ebenso der Bischof wie seine Verwandten wegen dieses Geldes beschuldigt wurden, begab sich der Bischof mit den Seinen erbittert nach Thüringen. Hein­ rich aber nahm die gesamten Einkünfte des Hochstiftes in eigenen Ge­ brauch und ließ die Besitzungen der Flüchtigen einziehen und die Mauern niederreißen 3• 4Welf, neuerlich Herzog der Bayern, versöhnte seine Söhne, als sie selbst einen Aufstand anzettelten, in Gnaden mit dem Kaiser und erreichte, daß nach ihm einem von ihnen die Herzogsgewalt übertragen werden sollte.

Im Jahr des Herrn 1099. Kaiser Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Köln, an Erscheinung dagegen machte er in Aachen seinen 30 jüngeren Sohn Heinrich zum König 4• In demselben Jahr öffnete unser Herr Jesus Christus Jerusalem, die Stadt seiner Ruhe, für seine Gläubigen, vertrieb durch seine Macht die Greuel der Heiden und stellte in seiner Barmherzigkeit die freie Aus­ übung der christlichen Frömmigkeit wieder her.

2 Wohl ein Hinweis auf Ekkehards Rezension II (I) mit den Kreuzzugs­ berichten. 3-3 Leicht gestrafft, aber fast wörtlich aus Ekkehard II (I) zum gleichen Jahr. ,_, Wörtlich Ekkehard II (I) zum gleichen Jahr.

218

Kaiserchronik II

4 Cuonradus Traiectensis episcopus a suis occisus est, Herimannus Coloniensis episcopus obiit, cui Fridericus successit. Rapoto palatinus comes et Oudalricus comes patruelis eius, quem multum divitem dicebant, defuncti sunt. Dum enim imperator cum principibus colloquium Ratispon� haberet, mortalitas subito exorta 5 prenominatos duos magnates, de inferioribus vero quam plures ab­ sumpsit, per civitates quoque atque regiones non modicam vulgi stragem fecit. Farnes etiam inprovisa multis locis invaluit. Urbanus papa obiit. Hic super �cclesiarum commotione concilia multa congregavit, multa etiam decreta promulgavit. Sed antequam 1 0 ex hac vita migravit, spiritu instructus divino Rainerum cardinalem de sancto Clemente, sanct� conversationis et boni testimonii abbatem, nobilem Romanum, designavit in regimen apostolicum eligendum, quem etiam revelationibus aliis insuper denotatum universa Romana �cclesia pastorem sibi consecrat licet invitum, Paschalern appellans 1 5 eum 4• 4 Anno Domini millesimo C. Sub Gotefrido duce Hierosolimitanam �cclesiam defensante conventus ingens factus est in Hierusalern ab omnibus, qui erant in Oriente, christicolis, maximeque qui vel Antiochi� vel in Syria, Rohäs vel Palestina resederant peregrinis, 20 in tantum ut in ipsis nativitatis dominic� festis quam plures regionibus adiacentibus consecrarentur episcopi versis in hystorias visibiles eatenus mysticis prophetiis : "Surge, illuminare Hierusalem", et "L�tare Hierusalern et diem festurn agite omnes qui diligitis eam" 25 et c�tera. Incalescente post h�c �state corrumpitur per Palestinam aer cada­ verum f�tore. Sunt etiam qui dicant fontes a barbaris infectos veneno vel cisternas occisorum sanie, unde exorta pestilentia multos ex nostris utpote sub aere peregrino militantes occidit, inter quos ipsum totius �cclesi� catholic� lacrimis plangendum Gotefridum populo Dei, 30 quem paterna sollicitudine curabat, materna pietate fovebat, nimis inmature subtraxit. Uno tantum anno populo Dei prefuit, languore superatus producto XV. Kaiendis Augusti plenam fide bonisque operibus presentem in Christo vitam finivit. Ante montem Calvari� in vestibulo Golgothan� �cclesi� extat eius mausoleum lapide Pario 35 constructum 4.

Heinrich IV. 1099/1 100

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4Bischof Konrad von Utrecht wurde von seinen eigenen Leuten er­ mordet. Bischof Hermann von Köln starb, auf ihn folgte Friedrich. Pfalzgraf Rapoto und sein Oheim väterlicherseits, Graf Udalrich, den man den Vielreichen nannte, starben. Als der Kaiser in Regensburg 5 eine Zusammenkunft mit den Fürsten hatte, raffte nämlich ein plötzliches Sterben die beiden genannten Großen und zahlreiche Geringere hin, ebenso auch eine Menge Volks in den Städten und auf dem Land. Vielerorts entstand unvorhergesehen Hungersnot. Papst Urban starb. Dieser hielt wegen der Unruhe in der Kirche 10 zahlreiche Konzilien ab und verkündete ebenso zahlreiche Dekrete. Bevor er aber aus diesem Leben schied, bezeichnete er, vom göttlichen Geist belehrt, den Kardinal Rainer von S. Clemente, einen Abt von heiligmäßigem Lebenswandel und gutem Leumund, einen vornehmen Römer, als denjenigen, der zur apostolischen Herrschaft erwählt werden 15 sollte ; dieser wurde auch durch andere Offenbarungen benannt, und die ganze römische Kirche weihte ihn sich unter dem Namen Pascha! zum Hirten, obgleich er widerstrebte. Im Jahr des Herrn 1 100. Unter Herzog Gottfried, der die Kirche von Jerusalem verteidigte, fand eine große Versammlung in Jerusalem statt, 20 an der alle Christen des Orients teilnahmen, vor allem die Pilger, die in Antiochien, in Syrien, in Rohäs und in Palästina zurückgeblieben waren ; am Fest der Geburt des Herrn wurden dabei zahlreiche Bischöfe für die umliegenden Gebiete geweiht, und in sichtbares Geschehen wurden so die geheimnisvollen Prophezeiungen gewandelt: "Erhebe dich und 25 entzünde ein Licht, Jerusalem !", und: "Freue dich, Jerusalem, und feiert ein Fest alle, die ihr es liebt!" und so weiter. Als dann der Sommer kam und die Hitze zunahm, wurde die Luft über Palästina vom Gestank der Kadaver verdorben. Manche behaupten auch, die Barbaren hätten die Quellen mit Gift und die Brunnen mit dem 30 verdorbenen Blut der Gefallenen infiziert. So entstand eine Seuche, die viele der Unseren, die ja unter fremdem Himmel kämpften, hinraffte ; unter anderen entriß sie viel zu früh Gottfried, den die ganze Kirche mit Tränen beklagen muß, dem Volke Gottes, für das er mit väterlichem Eifer sorgte und das er mit mütterlicher Zärtlichkeit liebte. Nur ein 35 Jahr stand er an der Spitze des Volkes Gottes ; überwältigt von einer längeren Krankheit beendete er am 18. Juli in Christus sein gegenwärtiges Leben voll Glauben und guter Werke. Am Kalvarienberg, in der Vorhalle der Kirche von Golgatha, steht sein Grabmal aus parisehern Stein 4•

220

Kaiserchronik II

Cui Baldiwinus frater eius succedens 6 4per legatum apostolic� sedis accepta regali benedictione coronatur 4 et exinde tarn 6 aoptimi militis quam pii defensoris officio 6 a bella Domini indefesse preliatur. 4 Wigbertus Ravennensis archiepiscopus, qui super Hiltibrandum­ Gregorium positus Clemens papa dictus est, obiit, vir utique satis ingenio, facundia, nobilitate person�que reverentia clarus, nec Roma tune nec Ravenna bene usus, et qui super unum papam viventem, quamvis coactus, ut aiunt, ascendit, ipse tribus sibimet alternatim succedentibus supervixit, extorris utraque sede, Rom� et Ravenn�, malens, ut ab ipsius ore didicimus, apostolici nomen numquam suscepisse 4•

s

10

4 Anno Domini millesimo CI. Cuonradus rex adolscens VIIII. postquam a patris palacio discesserat anno, Mahthildis magn� illius et nobilissim� et, ut quidam dicunt, religios� femin� sicut sangui­ ne ita et contubernio coniunctus et in rebus per ltaliam disponendis t s tarn illius quam domni apostolici c�terarumque Deum timentium personarum consilio semper usus, inmaturo preventus occasu plena fide et bona confessione a regno transitorio ad �ternum creditur regnum migrasse. Sunt etiam qui veneno eum dicant interisse. Testari solent qui aderant in brachio corporis exanimi crucis signaculum subito 20 exortum se vidisse ipsasque eius exequias quibusdam miraculis honorificatas fuisse 4. Nec immerito. 6 Tantum quippe indolis su� per orbem Romanum diffuderat odorem, ut nemo religiosus, nemo sapiens in ipso rem publicam constituendam fore dubitaret. Erat enim vir per omnia catholicus et apostolic� sedi subiectissimus, plus religioni quam 2s fascibus vel armis deditus, fortitudine tarnen et audacia satis et super instructus lectioni quam lusibus vacare malebat, miseris omnimodis, sed precipue militibus inopia strictis compassione et misericordi� fructu proximus fiebat, nemini contemptum, nemini vim, nemini preiudicium intendens, omni person� omnique conditioni fuit affabilis 30 indeque non inmerito Deo et hominibus semper extitit amabilis 6• Iuxta 6 legale illud preceptum : "Honora patrem tuum !" murmur, quo plerique patris sui mores laniabant quodque ipsum sibi offens� patris ac su� ab illo discessionis causa extitisse putatur, auribus propriis nunquam patiebatur inferri, semper illum dominum suum JS et c�sarem vel imperatorem cognominans, universos a palatio patris

Heinrich IV. 1 100/1 101

s

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Auf ihn folgte sein Bruder Balduin 6 ; 4er wurde vom Legaten des Apostolischen Stuhles zum König geweiht und gekrönt 4 und führte uner­ müdlich die Kriege des Herrn 68 als vorzüglicher Ritter und frommer Verteidiger ia . 4Erzbischof Wibert von Ravenna, der gegen Hildebrand-Gregor ein­ gesetzt worden war und als Papst Clemens genannt wurde, verstarb ; er war ein durch Klugheit, Beredtheit, Vornehmheit und ehrfurcht­ heischende Persönlichkeit glänzender Mann, der indessen weder in Rom noch Ravenna sein Amt gut versah ; er stieg, wenn auch gezwungen wie man sagt -, gegen einen lebenden Papst auf und überlebte drei Päpste, die aufeinanderfolgten, während er von beiden Sitzen, Rom und Ravenna, ausgeschlossen war und lieber, wie wir ihn selbst sagen hörten, niemals den apostolischen Titel angenommen hätte.

-

Im Jahr des Herrn 1 101 . Der j unge König Konrad hatte während seiner Regierung in Reichsitalien stets von dem Rat der Mathilde - sie war eine große und hochedle Frau, die, wie einige sagen, nach der Regel lebte und ihm durch Blutsverwandtschaft und vertrauten Umgang verbunden war - sowie des Papstes und der übrigen Gottesfürchtigen Gebrauch gemacht ; nun aber ging er im neunten Jahr der Trennung von seinem 20 Vater unerwartet, gläubig und nach guter Beichte, aus dem vorüber­ gehenden Reich in das ewige Reich ein, wie man wohl glauben darf. Manche behaupten auch, er sei durch Gift umgekommen. Anwesende bezeugen immer wieder, sie hätten beobachtet, wie auf dem Arm des entseelten Körpers sofort das Zeichen des Kreuzes erschienen und sein 2s Begräbnis durch einige Wunder verherrlicht worden sei4• Und das nicht unverdient. 6ln dieser Zeit verbreitete er den guten Ruf seines Charakters im ganzen römischen Erdkreis in einem Maße, daß kein frommer und kein weiser Mann daran zweifelte, daß das Heil des Staates auf ihn zu gründen sei. Er war nämlich ein durch und durch katholischer und dem Apostoli30 sehen Stuhl äußerst ergebener Mann, der mehr der Religion als dem Regierungsgeschäft und den Waffen zuneigte ; obgleich hinreichend tapfer und kühn und sogar mehr als das, widmete er sich dennoch lieber der Lektüre als Spielereien ; allen Armen, vor allem aber in Not befindlichen Rittern, wurde er durch Mitleid und Erbarmen zum Nächsten ; niemandem 3S erwies er Verachtung, niemandem tat er Gewalt, niemandem Unrecht, zu allen Personen jeglichen Standes war er freundlich ; nicht unverdient war er daher Gott und den Menschen stets liebenswert. Gemäß der Vor­ schrift des Gesetzes : "Ehre deinen Vater !" ließ er es niemals zu, daß man seine eigenen Ohren mit dem Gerücht behelligte, das den Lebenswandel 40 seines Vaters im ganzen Römischen Reich verächtlich machte und das ihm selbst Ursache für den Widerstand gegen den Vater und des Abfalls lS

5 Vgl. Ekkehard II (I) z. J. 1 100. 8 Ekkehard II (I) Anfang des Berichts

oa

z.

Vgl. Sallust, Cat. 60,4. J. 1099.

Kaiserchronik li

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adventantes sub appellatione conservorum licet infimos sociali benivolentia tractans. Preter animi virtutes morumque compositionem corpore fuit apprime decorns ac statura procerus 6• 7 Visus est a nostro quodam familiari ab occidente in orientem volans ignis ad instar non modic� civitatis. Vermiculorum quoque, quos papiliones a similitudine tabernacu­ lorum vocant, exercitus incredibilis multitudinis per IIII continuos dies quasi a Saxoni� finibus in Baioariam volabat. Mox profectio populosa et qu� priori posset numero dumtaxat �quari subsequitur, qu� post auditas ultra spem res Hierosolim� prospere gestas a residuis totius Occidentis gentibus maxime ab his, quorum prius votis timor vel diffidentia, inopia vel imbecillitas obstiterant, denuo parabatur 7• De cuius rei eventu alias plenius scripturn habemus s.

5

10

9 Anno Domini millesimo CII. Imperator Heinricus habito cum 15 principibus colloquio 9 tractare cepit, si :fieri posset, 9Romam se circa Kaiendas Februarii profecturum, quatinus tarn sua quam domni apostolici causa canonice ventilata catholica inter regnum et sacer­ dotium unitas con:firmaretur9• Ipso autem aliis negocüs impedito, 9 transacta media quadragesima convenientibus universis Apuli�, 20 Campani�, Sicili�, Tusci� totiusque simul Itali� presulibus, ultra­ montanorum autem quam plurimorum patrum legatis synodus magna Rom� est habita, ubi preter antiqua patrum instituta more solito reverenter confirmata etiam sepedictum nostri temporis scisma inter precipuas hereses computatur ac perpetuo cum suis auctoribus 25 atque sequacibus anathemate huiusmodi subscripta professione condempnatur: "Anathematizo omnem heresim et precipue eam, qu� statum presentis �cclesi� perturbat, qu� docet et astruit anathema contempnendum et �cclesi� ligamenta spernenda esse" ; 9 et c�tera. 9 Ruotpertus episcopus Babenbergensis obüt. Cui per imperatorem 30 Heinricum Otto cancellarius eius substituitur, vir9 per omnia 9bene religiosus9 et precipue domno imperatori super omnes et pre orunibus usque ad mortem etiam non sine magnis periculis fidelissimus. 9 Hartwigus Magdeburgensis archiepiscopus obüt9• 7-7

Ekkehard li (I).

Heinrich IV. 1 101/1 102

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von ihm war ; vielmehr nannte er ihn stets seinen Herrn und Caesar, beziehungsweise Kaiser ; wer vom Hofe des Vaters kam und sich dessen Diener nannte - selbst die Niedrigsten -, behandelte er mit freundlichem Wohlwollen. Ganz abgesehen von den Tugenden seines Herzens und s seinem Charakter war er von durchaus schöner Gestalt und hochgewach­ sen 8. 7Von einem, der zu unserem Haus gehört, wurde ein Feuer in Gestalt einer ziemlich großen Stadt beobachtet, das von West nach Ost flog. Ein unglaublich großes Heer von kleinen Insekten, die wegen ihrer 10 Ähnlichkeit mit Zelten Falter genannt wurden, flog drei Tage lang aus dem sächsischen Gebiet nach Bayern ein. Kurz darauf folgte ein volkreicher Heereszug, der an Zahl den früheren fast verglichen werden könnte ; er wurde nun, da man vernommen hatte, daß die Dinge in Jerusalem über Erwarten gut verlaufen seien, von 1s Völkern des Westens vorbereitet, die zunächst zurückgeblieben waren, vor allem von denen, deren Teilnahme zunächst Furcht und Mißtrauen, Mangel und Schwäche im Wege gestanden hatten 7• Über den Ausgang dieser Sache besitzen wir eine andere und vollständigere Schrift 8• 9lm Jahr des Herrn 1 102. Kaiser Heinrich hatte eine Unterredung mit den Fürsten und begann zu verhandeln, um nach Möglichkeit um den 1 . Februar nach Rom zu gehen, damit dort seine Sache und die des Papstes nach kanonischem Recht erörtert und dann die Einheit zwischen der königlichen und der priesterlichen Gewalt bekräftigt werde. Dieses Vorhaben wurde j edoch durch andere Geschäfte verhindert, und nach 2s Mittfasten kamen in Rom alle Bischöfe aus Apulien, Kampanien, Sizilien, Tuscien und auch aus ganz Reichsitalien zusammen, von den meisten Vätern aus den Gebieten nördlich der Alpen dagegen Gesandte, und sie hielten in Rom eine große Synode ab ; abgesehen davon, daß man nach gewohnter Weise die alten Satzungen der Väter ehrfürchtig bestätigte, 30 wurde auf ihr auch das ofterwähnte Schisma unserer Tage unter die hauptsächlichsten Irrlehren gerechnet und mit seinen Urhebern und Anhängern durch die Unterschrift unter folgende Erklärung mit dem ewigen Fluch belegt: "Ich verfluche jede Irrlehre, besonders aber die, die gegenwärtig den Zustand der Kirche verwirrt, die lehrt und versichert, 3S das Anathem sei zu verachten und um das, was die Kirche gebunden habe, brauche man sich nicht zu kümmern ;" und so weiter. Bischof Ruotpert starb ; an seine Stelle setzte Kaiser Heinrich seinen Kanzler Otto, einen in allem sehr frommen Mann 9, der dem Herrn Kaiser selbst unter großen Gefahren mehr als alle und vor allen bis zum Tode 40 höchst getreu war. 1Bischof Hartwig von Magdeburg starb 9• 20

a

Siehe oben Anm. 2 . Ekkehard I I (I) i m entsprechenden Jahresbericht.

8-8

224

Kaiserchronik II

10 Anno Domini millesimo CHI. Imperatore Heinrico nativitatem Domini Mogonti� celebrante 10 ac necessaria qu�que super regni statu cum principibus tractante subito rumor forte divulgatur imperatorem 10 Heinrico filio suo rerum summam dimissurum seque sepulchrum Domini visitando 10 pro peccatis suis Christo satisfactu- 5 rum. Unde et nonnulli 10cum maximo favore ad ipsius se preparavere comitatum. Cuono filius Ottonis ducis, de magnis principibus unus et cui nihil in omni rerum humanarum dignitate supra, natu scilicet, lite­ rarum etiam scientia, fortitudine atque divitiis satis prepollens, ele- 1 0 gantia atque facundia bonis omnibus amabilis et affabilis, quorundam funestorum hominum conspiratione noctu, dum iter ageret, invaditur et interimitur, ingentem relinquens nobilibus regni luctum simul et suspitionem, dum ab infimis in summos tanta scelera presumuntur. Ante triennium quippe Heinricus Crassus, einsdem Cuononis 1 5 germanus et natu senior, dum in Fresi� marcham cui preerat res acturus proficiscitur, a vulgaribus Fresonibus, quibus dominationis su� iugum grave fuit, obsequium spectans insidiis vallatur ; re quoque cognita fugiens ad mare vulneratur a nautis simul et suffocatur. Huius tanti viri, qui nimirum totins Saxoni� principatum secundus 20 a rege gerebat, interitus ab universo regno Teutonico graviter fere­ batur, isque, ut diximus, dolor nunc fratris eius Cuononis nece dupli­ catur. Heinricus marchio 10 de Iliburg, 10 vir sui temporis in Saxonia 25 prepotentissimus, obiit 10 • 11 Anno Domini millesimo CIIII. Heinricus imperator natalem Domini Ratispon� celebravit. Cumque ibidem aliquandiu moraretur, orto quodam prius murmure inter Baioari� principes eo, quod Saxones vel Franci familiarius illic et honorabilius quam indigen� ab imperatore tractarentur, Sigihardus comes, qui huiusmodi suspitionem notabat maxime, cepit imperatori paulatim invisus haberi, propter hoc autem maxime, quod ipse solus pre cunctis qui tune aderaut principibus abundantiori militum copia adducta ad resistendum se, si forte de curia quicquam secus cederet, videbatur communisse. Diebus post h�c aliquot exactis cum iam securior factus idem comes suorum turmas deßuere permisisset, excitatnr in illum conspirantibus

JO

35

Heinrich IV. 1 1 03/1 104

225

10 1m Jahr des Herrn 1 103. Als Kaiser Heinrich das Geburtsfest des Herrn in Mainz feierte 10 und mit den Fürsten einige dringende Angelegen­ heiten bezüglich des Zustandes des Reiches verhandelte, wurde plötzlich und ohne erkennbaren Anlaß das Gerücht verbreitet, der Kaiser 10wolle 5 seinem Sohn Heinrich die volle und höchste Gewalt übertragen und das Grab des Herrn besuchen, um Christus für seine Sünden Genugtuung zu leisten. Daher bereiteten sich einige unter größter Zustimmung darauf vor, ihn zu begleiten. Konrad, der Sohn Herzogs Otto, einer der großen Fürsten, der mit 10 allem, was dem Menschen zur Würde gereicht, ausgezeichnet war, durch Geburt, Bildung, Tapferkeit und Reichtum hervorragend, durch vornehmes Wesen und Beredsamkeit allen Rechtschaffenen liebenswert und angenehm, wurde bei Nacht von einigen verbrecherischen Menschen, die sich verschworen hatten, unterwegs überfallen und erschlagen ; 15 er hinterließ bei allen Vornehmen des Reiches größte Trauer und zugleich Argwohn, da sich die niedrigsten Leute solche Verbrechen gegen die höchsten herausnahmen. Drei Jahre zuvor wurde Heinrich der Fette, der ältere Bruder dieses Konrad, als er sich auf dem Zug in die ihm unterstehende friesische Mark 20 befand, um dort einige Angelegenheiten zu erledigen, von einigen Friesen aus dem gemeinen Volk, die das Joch seiner Herrschaft beschwerte, hinterhältig umzingelt, während er Gehorsam erwartete ; als er seine Lage erkannte und zum Meer floh, wurde er von Seeleuten verwundet und dann erdrosselt. Der Tod dieses Mannes, der als zweiter nach dem König 25 über ganz Sachsen herrschte, wurde vom ganzen deutschen Reich als schwer empfunden, und dieser Schmerz wurde nun, wie gesagt, durch den Mord an seinem Bruder Konrad verdoppelt. Markgraf Heinrich von Eilenburg, der mächtigste Mann seiner Zeit in Sachsen, verstarb 10. 111m Jahr des Herrn 1 104. Kaiser Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Regensburg. Während er sich dort eine Weile aufhielt, begann er, da die bayerischen Fürsten schon länger darüber murrten, daß er die Sachsen und Franken freundlicher und ehrenvoller behandele als die Bewohner des Landes, den Grafen Sigehart, der darüber den stärksten 35 Unwillen äußerte, mit Argwohn zu betrachten ; das geschah vor allem deshalb, weil dieser allein mehr Krieger mit sich führte als alle damals anwesenden Fürsten und sich für den Fall, daß vielleicht von seiten des Hofes etwas Übles geschähe, zum Widerstand gerüstet zu haben schien. Als der Graf sich nach einigen Tagen sicherer fühlte und seinen 40 Scharen die Erlaubnis gegeben hatte abzuziehen, verschworen sich die 30

1o-1o Vgl. Ekkehard II (I) zum entsprechenden Jahresbericht. 11-11 Ekkehard II (I) zum entsprechenden Jahresbericht.

Kaiserchronik II

226

tam urbanis Ratisponensibus quam diversarum partium ministerialis ordinis hominibus seditio furibunda, qu� nullo modo, vel ipso impera­ toris filio interveniente, sedari potuit, donec ab hora diei tercia usque ad horam nonam in hospitio obsessus tandemque fractis foribus ipse prius confessione facta, sumpto etiam dominici sacramenti viatico

5

capite truncatus occubuit. Cuonradus adolescens, filius Beatricis marchisi�, postquam spretis literarum studiis, quibus apprime eruditus erat, armis operam dedit, iuxta Christi presagium, quia gladium accepit, gladio periit. Nec multo post etiam ipsa Beatrix obiit.

10

In episcopio Spirensi sanguis ex panibus fl.uere visus necnon et in lenticularum edulio prodigiose repertus civile immo intestinum bel­ lum portendere secundum antiquam histori� Roman� similitudinem coniciebatur 11 • Anno Domini millesimo CV. Heinricus rex adolescens magnanimi-

15

tate tactus innata cepit e x laboribus multis licet bene providi patris sui, simul etiam ex frequentibus corporis eius molestiis fortun� volubilitatem rerumque varietatem prospicere, precavensque,

ne

forte inopinatus patris obitus se nondum amicis vel militibus plene instructum vel etiam bellicis in rebus specialiter glorificatum reperiens

20

aliquam sibi regnandi scrupulositatem pareret, non contentus palatio paterno nec communi licet per omnia augustissimo convictu in Baioariam se contulit ibique principibus illis, quorum aliquos matern� stirpis propinquitas attraxerat 12, foederatus per se ipsum iam 12 a rei public� consulere 12 a ut rex et regis filius institit. 13 Primo itaque per

25

Gebehardum Constantiensem episcopum tune temporis responsalem Paschalis pap� Roman� sedi per debit� ob�dienti� professionem unitur, indeque assumptis nonnullis Noricis necnon ab Alemannia vel orien­ tali Francia quibusdam nobilibus ad Saxones convertitur. A quibus honorifice susceptus et in Quitilingeburg pascha celebrans in brevi universis Saxoni� civitatibus potitus et ab optimatibus est dignitate regia satis honoratus 13• Sunt qui dicant ipsum discidium industria ipsius

imperatoris,

cuius

circumspectioni

vix

quisquam posset

�quari, provisum, quatinus simulata discordia illa m partem regni, 1 z Vgl. dazu Ekkehard II (I) z. J. 1 105, oben S. 190.

30

Heinrich IV. 1 104/1 105

227

Bürger von Regensburg und verschiedene Ministerialen und entfachten gegen ihn einen wütenden Aufstand ; dieser konnte auf keine Weise, auch nicht als des Kaisers Sohn zu vermitteln suchte, beigelegt werden ; von der dritten bis zur neunten Tagesstunde wurde der Graf in seiner s Herberge belagert, und als endlich die Tore aufgebrochen waren, fand er den Tod durch Enthauptung, nachdem er gebeichtet und die Weg­ zehrung durch das Sakrament des Herrn erhalten hatte. Konrad, der Sohn der Markgräfin Beatrix, ein junger Mann, der von Jugend auf in den Wissenschaften unterrichtet worden war, diese aber 10 verschmähte und sich dem Waffenwerk widmete, kam gemäß Christi Wort, weil er das Schwert genommen hatte, durch das Schwert um. Wenig später verstarb auch Beatrix. Im Hochstift Speyer sah man Blut aus Broten fließen, ebenso fand man es unnatürlicherweise auch in Linsengerichten und nahm nach dem 1 5 alten Vorbild der römischen Geschichte an, daß das einen Bürgerkrieg ankündige 11. Im Jahr des Herrn 1 105. Der j unge König Heinrich, angerührt von der ihm angeborenen Hochherzigkeit, begann auf Grund der zahlreichen Bedrängnisse seines an sich sehr klugen Vaters und zugleich auf Grund 20 von dessen häufigen körperlichen Beschwerden die Wandelbarkeit der Fortuna und die Veränderung der Dinge vorauszusehen ; um zu verhüten, daß vielleicht der unverhoffte Tod des Vaters ihn noch ohne Freunde und Vasallen und noch ohne besonderen Kriegsruhm fände und so ein gewisses Bedenken gegen ihn als Herrscher entstünde, gab er sich nicht 25 mit dem väterlichen Palast zufrieden und einem, wenn auch durchaus erhabenen Zusammenleben, sondern ging nach Bayern ; hier verband er sich mit j enen Fürsten, von denen einige die Verwandtschaft mit der Familie seiner Mutter auf seine Seite gezogen hatte 12, und bestand darauf, schon j etzt wie ein König und der Sohn eines Königs 1 2 a für den Staat zu 2 30 sorgen 1 8 • 1 3Zunächst vereinte er sich durch Bischof Gebhard von Kon­ stanz, den damaligen Stellvertreter Papst Paschals, mit dem Römischen Stuhl, indem er den schuldigen Gehorsam versprach ; danach wandte er sich zusammen mit einigen bayerischen, alemannischen und ostfränkischen Adligen zu den Sachsen. Er wurde vbn diesen ehrenvoll aufgenommen, 35 feierte in Quedlinburg das Osterfest, war nach kurzer Zeit Herr aller Städte Sachsens und wurde von den Großen mit königlichen Ehren bedacht l3• Es gibt einige, die sagen, diese Zwietracht sei durch die Bemühung des Kaisers selbst, mit dessen Umsicht sich kaum j emand vergleichen könne, geplant worden, um durch diesen scheinbaren 40 Streit jenen Teil des Reiches, der vom Vater abgefallen war, listigerweise 12 a Cicero, De divin. II, 15.

13-13

Vgl. Ekkehard II (I)

z.

entsprechenden Jahr.

228

Kaiserchronik II

qu� a patre deficiebat, in filii traheret artificiose contubernium, scilicet ne locus ullus vel copia foret adversariis sibi caput aliud facere veraciter inimicum. Nos tarnen divina procul dubio dispensatione totum id gestum credimus remque ipsam Deo annuente ex fructu bono comprobabimus. Nam literis domni Paschalis pap� instructus 14 5 atque 15 consilio et ministerio Ruothardi Mogontini atque Gebehardi Constantiensis episcopi totam Saxoniam Roman� �cclesi� communioni reconciliavit, episcopis vero atque clericis conventum generale in villam regiam, qu� Northusum dicitur, IIII. Kaiendas Iunii, ubi super �cclesiastic� institutionis iam depravata disciplina tractaretur, 1 0 indixit. In quo concilio super sententiis instantibus patrum decretis primo relectisa qu�que poterant ad presens laudabiliter corrigeban­ tur, qu�dam vero, qu� et graviora videbantur, ad apostolicam audien­ tiam differebantur. Symoniaca quippe heresis patrum consuetudine condempnata, Nycholaitarum quoque nefaria commixtio ibidem est 1 5 ab omnibus abdicata ; ieiunium Marcii ebdomada I. quadragesim�, ieiunium vero mensis Iunii in ipsa ebdomada pentecostes Romano more celebrandum a prescriptis presulibus apostolica auctoritate indicitur, et pax Dei confirmatur. Vidimus inter h�c, quod silentio preterire non possumus, regem Heinricum non modicam bon� indolis 20 spem magna simul humilitate et auctoritate eoram omnibus preten­ dentem. Nam cum servorum Dei conventui non nisi vocatus interesse vellet - ingens enim ibi cum episcopis et clericis etiam abbaturn atque monachorum �cclesiasticam sitiens unitatem turba confl.uxerat -, tandem in abiecto productus habitu locoque stans editiori omnibus 25 iuxta principum decreta suas leges atque iura rationabiliter inno­ vavit ; si qua vero irrationabilia rogabantur, mira ac ultra suos annos prudenti responsione et avita magnanimitate confutavit, in omnibus his et sibimet miro modo servans adolescenti� verecundiam et Christi sacerdotibus dignam exhibens reverentiam. Inter h�c obortis lacrimis 30 ipsum regem c�li cunctamque c�li militiam testabatur se nulla regnan­ di cupiditate paternum sibi regimen usurpare neque dominum et patrem suum a Romano deponi imperio exoptare, immo debitam pertinaci� et inob�dienti� eius semper compassionem exhibere, sique sancto Petro suisque successoribus lege christiana subici velit, s1ve 35 a) relictis C.

1 105 ; Aufstand Heinrichs V.

229

auf die Seite des Sohnes zu ziehen ; dann nämlich würde es den Gegnern an Gelegenheit und Mitteln fehlen, sich ein anderes und wahrhaft feind­ liches Oberhaupt zu schaffen. Wir aber sind der Ansicht, daß dies alles ohne Zweifel auf göttliche Anordnung hin geschah, und geben auf Grund s der guten Frucht mit Gottes Zustimmung dazu unseren Beifall. Durch Briefe des Herrn Papstes Paschal unterwiesen14 und 16mit Rat und Hilfe der Bischöfe Ruothart von Mainz und Gebhard von Konstanz führte er ganz Sachsen in die Gemeinschaft der Römischen Kirche zurück ; die Bischöfe und die Geistlichkeit lud er für den 29. Mai zu einer allgemeinen 10 Synode im Königsgut Nordhausen ein, hier sollte über die verderbte Kirchenzucht verhandelt werden. Im Hinblick auf die anstehenden Beschlüsse las man auf diesem Konzil zunächst einmal die Anordnungen der Väter vor und verbesserte sodann lobenswerterweise, was man im Augenblick bessern konnte, während die schwerer wiegenden Fälle dem " Papst vorgelegt werden sollten. Die Irrlehre der Simonie wurde nach der Gewohnheit der Väter verurteilt, ebenso erteilten alle der Unzucht der Nikolaiten eine Absage ; kraft apostolischer Vollmacht erklärten die erwähnten Bischöfe, daß nach römischem Brauch das Märzfasten in der ersten Woche der Fastenzeit, das Junifasten in der Pfingstwoche zu bege20 hen seien, außerdem wurde ein Gottesfrieden festgesetzt. Dabei sahen wir, was wir nicht verschweigen dürfen, wie König Heinrich durch seine große Demut und sein Ansehen zugleich nicht geringe Hoffnung auf gute Anlagen bei allen erweckte. Denn obgleich er der Versammlung der Diener Gottes nur auf deren ausdrücklichen Wunsch beiwohnen wollte - mit den 2S Bischöfen und Geistlichen war eine riesige Menge von Äbten und Mönchen dort zusammengeströmt, die nach der Einheit der Kirche dürsteten -, erneuerte er schließlich, während er in schlichtem Gewand auf erhöhtem Platz stand, allen gemäß den Verfügungen der Könige voller Einsicht ihre Gesetze und Rechte ; wenn aber etwas Unvernünftiges gefordert 30 wurde, so wies er das in bewundernswürdiger und über seine Jahre hinaus kluger Antwort und in ererbtem hohen Sinn zurück ; in allem bewahrte er für sich selbst in wunderbarer Weise die Bescheidenheit des jungen Mannes und erwies den Priestern Christi die angemessene Ehrerbietung. Dabei rief er unter Tränen den König des Himmels selbst und die ganze 3S himmlische Heerschar zu Zeugen an, daß er nicht aus Herrschsucht die Herrschergewalt des Vaters an sich reiße und keineswegs wünsche, daß sein Vater des Römischen Reiches verlustig gehe, daß er vielmehr dessen Halsstarrigkeit und Ungehorsam stets das schuldige Mitleid entgegen­ bringe ; für den Fall aber, daß dieser sich gemäß dem christlichen Ge40 setz dem hl. Petrus und dessen Nachfolgern unterwerfen werde, versprach 1 ' Vgl. Meyer v. Kn., Jbb. 5, 2 1 5 f mit Anm. 8. 15-1 5 Mit einer Auslassung wörtlich Ekkehard II (I) zum entsprechenden

Jahr.

230

Kaiserchronik li

regno cedere sive serviliter ipsi se subesse promisit. Quod auditum omnis multitudo collaudans lacrimas simul et preces tarn pro patris conversione quam pro filii prosperitate fundere cepit, voce magna "kyrieleyson" declamans. Eadem hora Outo Hildinesheimensis et Heinricus Padrebrunnensis ac Fridericus Halberstatensis presules s vestigiis metropolitani prostrati ipsius atque regis astantis totiusque presentis 42cclesi42 testimonio apostolic42 se dedunt ob42dienti42. Quorum etiam commissa apostolico nihilominus iudicio reservantur, sub officii sui tantum suspensione. His rite dispositis rex idem pentecosten Merseburg celebrans 10 Heinricum Magdeburgensi 42cclesi42 dudum designatum archiepisco­ pum, sed ab imperatoris fidelibus repulsurn consecrari fecit ; nec rnulto post expeditionern contra Mogontiarn rnovit expulsurn inibi pontificern restituturus, patre intra rnuros rern expectante curn non parva rniliturn turba nonnullisque non tarnen sibi sat fidis principibus. 1 5 Sicut autern istis Rheni interfluentia naviurnque subtractio urbis aditurn denegabat, ita illis sacramentorurn tarn filio quarn patri factorurn consideratio parricidale bellurn interdicebat. Plura tarnen hinc et inde nuncia navigabant, rnulta Consilia cornrnunes regni proceres inter se trutinabant, patre regni divisionern et hereditari42 20 successionis confirmationern pollicente, filio vero nil nisi apostolic42 subiectionis et 42cclesiastic42 unitatis efficientiarn expostulante. Sie in8 nocte8 discedens Wirciburg devenit ibique extra civitatern castra posuit. Successerat eodern anno defuncto Ernehardo episcopo 16 vir singularis probitatis et eximi42 prudenti42 Babenbergensis 42cclesi42 25 canonicus Erlungus, qui a viro scolasticissirno Meginhardo, avunculo scilicet suo, eiusdern sedis dudurn episcopo, diligentissime educatus et apprime liberalibus disciplinis instructus, ob farn42 su� bonurn odorern de claustro Babenbergensi · in palatiurn assumptus cancellarii per aliquot annos strenue rexerat officiurn, indeque tarn cleri quarn populi 30 consensu Wirciburgensem sortitus est episcopatum. Is virtutern boni operis perseverantiarn esse considerans rnaluit, quandoquidern necdurn erat consecratus, loco cedere quarn ab irnperatore, cui eatenus inde­ fessa sinceritate servierat, vel rninima infidelitate notari. Quo ce­ dente rex Ruotperturn eiusdern 42cclesi42 prepositurn 16 per predicturn 3S a) inacte Ekkehard.

1 105 ; Aufstand Heinrichs V.

231

er, ihm im Reich Platz machen und untertänig dienen zu wollen. Das fand den Beifall der ganzen Menge, und unter Tränen und Gebeten sowohl für die Bekehrung des Vaters wie für das Glück des Sohnes rief sie mit lauter Stimme : "Kyrie eleison". Zur gleichen Stunde warfen sich s die Bischöfe Udo von Hildesheim, Heinrich von Faderborn und Friedrich von Halberstadt dem Metropoliten zu Füßen ; vor ihm und dem König sowie der ganzen anwesenden Kirche als Zeugen verpflichteten sie sich zum Gehorsam gegenüber dem Papst. Ihre Vergehen wurden j edoch nichtsdestoweniger dem Gericht des Papstes vorbehalten unter gleich1 0 zeitiger Suspension von ihrem Amt. Nachdem dies alles wohlgeordnet war, feierte der König Pfingsten in Merseburg und ließ Heinrich, den seit langem designierten, aber von den Anhängern des Kaisers vertriebenen Erzbischof von Magdeburg weihen ; kurz darauf unternahm er einen Zug gegen Mainz, um hier den vertrie15 benen Bischof wiedereinzusetzen ; dort wartete sein Vater zusammen mit einer ansehnlichen Kriegsschar und einigen, ihm allerdings nicht völlig treuen Fürsten innerhalb der Mauern die Sache ab. Ebenso wie ihnen aber der Rhein und der Entzug von Schiffen den Zugang zur Stadt verwehrten, verbot j enen die Erwägung, sowohl dem Sohn wie dem Vater Eide geleistet 20 zu haben, einen vatermörderischen Krieg. Jedoch gingen zahlreiche Botschaften hin und her, und auch die Fürsten pflogen oft gemeinsamen Rat untereinander, während der Vater eine Teilung der Königsherrschaft und die Zusicherung der erblichen Nachfolge versprach und der Sohn nichts außer der Unterwerfung gegenüber dem Papst und der Verwirk25 lichung der kirchlichen Einheit forderte. So zog er in der Nacht von dannen, gelangte nach Würzburg und schlug dort außerhalb der Stadt sein Lager auf. Auf den verstorbenen Bischof Emehard 15 war im gleichen Jahr der Kanoniker der Bamberger Kirche Erlung gefolgt, ein Mann von einzigartiger Rechtschaffenheit und überragender Klugheit ; er war von 30 dem hochgelehrten Meinhard, seinem Oheim, unlängst Bischof desselben Sitzes, aufs sorgfältigste erzogen und von Grund auf in den freien Künsten unterrichtet und dann wegen seines guten Rufs aus dem Bamberger Stift an den Hof geholt worden ; hier versah er tüchtig einige Jahre das Amt des Kanzlers und erlangte dann mit Zustimmung von Klerus und Volk 35 das Bistum Würzburg. In der Erwägung, daß die Tugend des guten Werkes die Standhaftigkeit ist, wollte er lieber, zumal er noch nicht geweiht war, den Platz räumen, als dem Kaiser gegenüber, dem er bis dahin unermüdlich und aufrichtig gedient hatte, auch nur im geringsten untreu erscheinen. Er machte also Platz, und der König 16inthronisierte

1 8-18 Ekkehard II (I) zum entsprechenden Jahr.

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Kaiserchronik II

archiepiscopum Ruothardum inthronizavit, sicque �cclesia eadem apostolic� communioni reconciliata ac securitate ab urbanis accepta, dimissis Saxonibus ipse cum Baioariis ad obsidium castelli Norinberc conversus illudque post duos vel amplius menses proapere capiens soluto exercitu Ratispon� se contulit. Quem pater e vestigio sub- s sequens Erlungum Wirciburg fugato Ruotperto restituit, indeque omnia, qu� fautorum erant :filii, devastans tandem faventibus sibi dolis Ratisponensium :filium urbe fugavit. Qua residens presulem eidem kathedr� quendam adolescentulum nomine Oudalricum pre­ fecit l6. Gebehardus 17 quippe, qui locum ill ic pastoris per annos XVI 10 miserabiliter occupaverat, eodem anno a quodam, quem nimis into­ lerabiliter iniuriabat, proprio milite trucidatus duplo plangendus decesserat. 18 Congregato itaque undecumque exercitu c�sar progres­ sus marcham Diotpaldi per Boemic� gentis maxime crudelitatem devastavit. Nec plus una cum suo domino regii morantur milites, t s conventum usquequaque facere, c�sarianis a tergo fl.ammis predaque vicem reddere, postremo cum decem milibus elect� iuventutis in quinque Iegiones dispertitis congressum expetere. lam castris in contrarium positis spectaculo nimis horribili per triduum continuum ex una ripa Regini fl.uminis imperatoris, ex altera regis volitabant 20 signa, iam frequentia grassabantur in ipso fl.uminis alveo duella, inter qu� non paucos ex utraque parte Martis sors anceps absumpsit. Attamen die, qu� generalem certissime congressionem precedebat, principes, qui capita roburque utriusque videbantur exercitus, paci­ ficis invicem concessis colloquiis post morose ventilatam inter se belli 2s presentis causam, tandem divino, ut creditur, edocti spiritu, parum iustici� parumque emolumenti tarn duro tamque periculoso inesse negocio, unanimi consideratione conferebant indeque nimirum fratri­ bus, id est populo utraque parte christiano parcendum, immo parri­ cidali pugna cessandum pari voto iudicabant. Rex etiam adolescens 30 dum iam, ut diximus, per ordinatas omni parte acies Mars cruentus cepisset frendere, commotis visceribus super patre suo lugubriter fertur inclamasse : "Grates", inquit, "o boni commilitones, affectui circa me vestro summopere refero unicuique vestrum par pari referre, 1 7 Gebhard IV. wurde 1089 von Heinrich IV. eingesetzt. 1 8-18 Das Folgende meist wörtlich Ekkehard II (I) zum entsprechenden Jahr,

Einzelnachweise nur zum Text.

1 105 ; Aufstand Heinrichs V.

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durch den erwähnten Erzbischof Ruothart den Propst der Würzburger Kirche Ruotpert ; nachdem er so diese Kirche in die Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhl zurückgeführt und von den Bürgern Sicherheit erhalten hatte, entließ er die Sachsen und wandte sich mit den Bayern s zur Belagerung der Burg Nürnberg ; nach zwei oder mehr Monaten nahm er sie glücklich ein, löste das Heer auf und begab sich nach Regensburg. Der Vater folgte ihm auf dem Fuß ; er verjagte Ruotpert und gab den Würzburgern wieder Erlung zum Bischof, verwüstete sodann alles, was den Anhängern seines Sohnes gehörte, und vertrieb schließlich mit Hilfe 10 der verräterischen Regensburger den Sohn aus der Stadt. Hier blieb er eine Weile und machte einen Jüngling namens Udalrich zum Bischof dieses Sitzes 16• Gebhard17 aber, der dort sechszehn Jahre lang die Stelle des Hirten sehr schlecht versehen hatte, wurde im gleichen Jahr von einem seiner eigenen Vasallen, den er in unerträglicher Weise beleidigt hatte, ts erschlagen und verstarb als ein doppelt Beklagenswerter. 18 Der Kaiser sammelte sodann von überallher ein Heer ; dann rückte er ab und ver­ wüstete die Markgrafschaft Dietbalds, vor allem mit Hilfe des grausamen Böhmenvolkes. Nun zögerten auch die Krieger des Königs zusammen mit ihrem Herrn nicht mehr länger, sich überall zu sammeln, den Kaiser20 liehen vom Rücken her durch Brandschatzung und Plünderung mit gleicher Münze heimzuzahlen und schließlich mit 10000 Kriegern in fünf Abteilungen die Schlacht zu suchen. Schon waren die Lager einander gegenüber aufgeschlagen - ein schreckliches Schauspiel! - und wehten drei Tage lang ununterbrochen auf dem einen Ufer des Regen die Feld2S zeichen des Kaisers, auf dem anderen die des Königs ; schon fanden häufig Zweikämpfe im Flußbett statt, bei denen das wechselnde Schicksal des Krieges auf beiden Seiten manchen dahinraffte. An dem Tag jedoch vor dem mit Sicherheit bevorstehenden allgemeinen Kampf begannen die Fürsten, die die mächtigsten Häupter der beiden Heere zu sein schie30 nen, miteinander Friedensgespräche ; sie erörterten lange untereinander die Ursachen des gegenwärtigen Krieges und begegneten sich schließlich - wie man glaubt, belehrt vom Geiste Gottes - in der einmütigen Über­ legung, daß in einem so harten und gefahrvollen Unternehmen wenig Gerechtigkeit und Erfolg sei ; deshalb kamen sie zu dem übereinstimmen3S den Urteil, daß man die Brüder, das heißt das Volk, das ja auf beiden Seiten aus Christen bestand, schonen und überhaupt von einem vater­ mörderischen Krieg Abstand nehmen müsse. Wenn auch schon, wie wir sagten, der blutige Mars mit den Zähnen zu knirschen begonnen hatte, da auf beiden Seiten die Schlachtreihen geordnet waren, soll doch auch der 40 junge König im Innersten bewegt über seinen Vater voll Trauer gesagt haben : "Meine tapferen Gefährten ! Höchsten Dank sage ich Euch für Eure Zuneigung zu mir ; ich werde nicht anstehen, jedem von Euch Gleiches mit Gleichem zu vergelten, wenn es erforderlich sein sollte ; dennoch möge niemand wünschen oder glauben, ich wäre mit ihm dazu

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Kaiserchronik II

si res exegerit, non abnuo ; nemo tarnen in hoe me sibi velit vel eredat fore f�deratum, ut dominum et patrem meum per se glorietur oeeisum vel unquam estimet oeeidendum. Ego quidem Christianis mihi legibus subarratum regnum ut heres 18 patrum meorum 18 et sueeessor augusto­ rum, si tarnen dominatori rerum omnium eomplaeuerit l8, iure gentium s possidere 18eupio, parrieida vero voeari vel esse nullatenus volo. Quod si pater meus apostolie� 18, quod nimirum in eausa est, 18 se subieeerit ob�dienti� iugo, ego mox in his, qu� sua dumtaxat mihi clementia eoneesserit, eontentus ero. Interim me non impugnatorem patris, sed paterni potius regni propugnatorem esse noveritis. " lnterea 1 0 vesperaseente iam die 18 redduntur eastris 18 phalanges regi�, imperator vero dum18 quasi 18 de erastino eertior eonßietu18 suos instruit, 18 nee pugnam nee pugnandi votum 18 vel fas ibi esse a 18 prineipibus audivit. lnstruetus etiam seeretis filii nuneiis eonspirationem a suis adversum se faetam, e eastris latenter eum paueis subtrahitur, sieque divina 1 5 dispositione uno salvo multorum qui eredebatur fundendus sanguis salvatur. Nam protinus ut imperatoris absentia totis undiqueversum eastris innotuit, unusquisque propria repetere prout nox eoneessit opaea eontendit. At rex, dum disturbatis adversariis ad libitum frui posset, pareere quam persequi deliherans eivitatem ob dati prius 20 f�deris defeetum austeriori nimirum paeto sibi eonfirmat. Hart­ wieum virum utique probatum eatholieum atque nobilem abdieato Oudalrieo ibidem inthronizat, presules etiam quosdam ae prineipes patern� militi� sibi eoneiliat moxque Franei� redditus eodem propinavit ealiee perfidis sibi tune Wireiburgensibus. 25 Inter h�e predietus Erlungus, qui 18 presulatum inibi ab imperatore suseeperat, fortun� rotam ut vir prudens et diseretus indignando eon­ siderans 18 regi Ruotpertum restituenti deditur et ex hoe inter suos eapellanos18, utpote longe ante notissimus, magno et speeiali honore traetatur. 19 Post h�e ad Spiram perveniens Gebehardum 30 Hirsaugiensem abbatem eonstituit ibi episeopum. Ruothardum quo­ que per annos VIII kathedra sua pulsum nobili Mogonti� restituit sieque tarn populum quam eierum illum apostolie� eommunioni reeoneiliavit. lnde Burgundiam eonversus fidelium suorum nuneiis revoeatur 35 sieque Sigefridi eomitis quedam fraudulenta preveniens maehinamen­ ta, quibus euriale illud colloquium, quod ab universis regni principibus

1 105 ; Aufstand Heinrichs V.

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verbündet, auf daß er sich rühme, durch ihn sei mein Herr und Vater getötet worden, oder damit er j emals meine, er müsse getötet werden. Ich möchte als Erbe meiner Väter und Nachfolger der Kaiser ein Reich innehaben, das mir nach christlichen Gesetzen untertan ist ; wenn es dem s Herrscher aller Dinge so gefällt, möchte ich es nach Völkerrecht besitzen, aber ich möchte nicht ein Vatermörder heißen oder gar sein. Wenn mein Vater sich gehorsam dem Joch des Papstes unterwirft, was der Haupt­ streitpunkt ist, werde ich sogleich mit dem zufrieden sein, was er mir in seiner Güte gewähren wird ; bis dahin, sollt Ihr wissen, will ich nicht den 10 Vater bekämpfen, sondern die väterliche Herrschaft verteidigen." Als der Tag schon zur Neige ging, zogen die Truppen des Königs sich auf das Lager zurück. Während nun der Kaiser, gleichsam des morgigen Kampfes gewiß, seinen Leuten Anweisungen gab, hörte er von den Fürsten, daß es keinen Kampf und keine Entscheidung für den Kampf und kein 15 Recht zu einem Kampf gebe. Als er überdies auch noch durch geheime Boten seines Sohnes davon unterrichtet wurde, daß die Seinen sich gegen ihn verschworen hätten, verließ er in geringer Begleitung heimlich das Lager ; und so wurde nach dem Willen Gottes durch die Rettung des Einen das Leben vieler, deren Blut man vergießen zu müssen glaubte, 20 gerettet. Denn als dann das Verschwinden des Kaisers in allen Lagern ringsum bekannt wurde, strebte ein jeder in die Heimat zurück, wie es die dunkle Nacht ermöglichte. Obgleich der König nun die Zerstreuung der Feinde nach Belieben hätte ausnützen können, entschloß er sich doch zu schonen statt zu verfolgen ; wegen des Bruchs des früheren Bündnisses 25 sicherte er sich die Stadt durch einen strengeren Vertrag und inthroni­ sierte nach Absetzung Udalrichs den Hartwig, einen durch und durch rechtschaffenen katholischen und adligen Mann ; ebenso gewann er einige Bischöfe und Fürsten aus dem Heer des Vaters zu Bundesgenossen ; dann kehrte er nach Franken zurück und gab den ihm früher untreuen Würz30 burgern denselben Kelch zu trinken. Dabei ergab sich Erlung, der vom Kaiser das dortige Bischofsamt empfangen hatte, jetzt aber als kluger und verständiger Mann mit Unbehagen das Rad der Fortuna erkannte, dem König - der Ruotpert wieder einsetzte -, und wurde seitdem unter dessen Kapläne eingereiht l8 35 und mit großen und besonderen Ehren bedacht, da er schon vorher sehr bekannt war. 19Dann gelangte er nach Speyer und setzte dort den Abt Gebhard von Hirsau als Bischof ein ; ebenso führte er Ruothart, der acht Jahre lang von seinem Sitz vertrieben war, in das edle Mainz zurück und vereinigte so Volk und Klerus wieder mit der apostolischen Gemeinschaft. 40 Von dort wandte er sich nach Burgund, wurde aber von Boten seiner Getreuen zurückgerufen ; so kam er gewissen betrügerischen Machen ­ schaften des Grafen Siegfried zuvor, durch die dieser zusammen mit dem 19 -1 9

Vgl. Ekkehard li (I) zum entsprechenden Jahr.

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Kaiserchronik III

super presenti negocio condictum erat, impedire cum imperatore conari dicebatur, patrem suum Bing� circa Idus Decembris repperit, ore ad os de his, qu� emendatione digna videbantur, ordine quidem prepostero, sed necessarie commutato filius patrem commonuit, ob�dienti� debitum, si tarnen ipse idem Deo non abnuerit, persolvere s repromisit. Senior has et huiusmodi quam plures sententias ad audien­ tiam optimaturn et senatus consultum instanti curi� distulit, sicque comitatus uterque pacificus ad invicem pariter contra sepedictam se metropolim convertit. Inter h�c aliqua, qu� huic pacto pacique non convenirent, dum per occultos nuncios patrem conari filio fideles 10 denotarent, visum est eisdem, ut pater separatim cum suis in castello quodam tutissimo principum conventum expectaret. His ita dispositis, custodibus quoque, qui, ne novi quicquam ab ipso vel ad ipsum proce­ deret, adhibitis rex Mogontiam publico conventui principum occurrit, sed vulgaris inde stulticia patrem a filio dolo captum et custodi� 1 s mancipatum circumquaque diffamavit 19• 20 Pridie ante vigilias nativitatis Christi visus est ab occidente tantus inter sidera ignis flammare, ut solis iubar crederetur, si in orientis esset parte. Fridericus dux, vir prudentia, moribus et nobilitate satis clarus, 20 sed clarissimo et singularis ac inclit� fam� Agnete 21 , fili� scilicet imperatoris, matrimonio et ex eadem mir� indolis prole decoratus obüt 20 • Cuius ducaturn Fridericus filius eius maior natu et adhuc puer 22 suscipiens magno sibique condigno est apud avunculum suum 2s regem honore et amore semper habitus. Explicit liber secundus.

Incipit liber tercius Anno dominic� incarnationis millesimo CVI. 23 Mediante Heinrico iuniore tantus apud Mogontiam factus est in natali dominico totins regni Teutonici conventus, quantus per multa annorum curricula nusquam est visus. Referunt enim qui aderant, LII optimates ibi tune vel 20-20 Wörtlich Ekkehard li (I)

zum

entsprechenden Jahr.

30

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Kaiser - wie man sagte - den Hoftag, den alle Fürsten des Reiches we­ gen der schwebenden Fragen anberaumt hatten, zu verhindern suchte, und traf seinen Vater um den 13. Dezember in Bingen ; in umgekehr­ ter, aber notwendigerweise veränderter Ordnung mahnte hier mündlich s der Sohn den Vater wegen der Dinge, die der Ausmerzung zu bedürfen schienen, versprach aber, den schuldigen Gehorsam zu erweisen, falls der Vater sich nicht von Gott abwenden werde. Der Ältere indessen verschob diese und andere derartige Angelegenheiten bis zur Verhandlung durch die Fürsten und deren Beschluß auf dem bevorstehenden Hoftag, und so 10 wandten sich beide mit ihrer Begleitung in friedlicher Gesinnung gegen­ einander gemeinsam der oft genannten Metropole zu. Unterdessen meldeten dem Sohn einige Getreue, daß der Vater vermittels geheimer Boten einiges in die Wege zu leiten suche, was diesem Vertrag und dem Frieden nicht entspräche, und es schien ihnen richtiger, daß der Vater 1s allein mit den Seinen in einer absolut sicheren Burg die Fürstenversamm­ lung abwarte. So geschah es denn auch, und nachdem Wächter aufgestellt worden waren, damit nichts Neues durch ihn oder in bezug auf ihn ge­ schähe, eilte der König nach Mainz zu dem Fürstentag ; die Torheit des gemeinen Volkes aber verbreitete überall das falsche Gerücht, der Vater 20 sei mit List vom Sohn gefangen und in Gewahrsam gebracht worden 19. 20Am Heiligen Abend sah man im Westen inmitten der Sterne ein solches Feuer aufflammen, daß man es für den Sonnenaufgang gehalten hätte, wenn es im Osten gewesen wäre. Herzog Friedrich verstarb ; dieser Mann glänzte durch Klugheit, 25 Charakter und Adel und war ausgezeichnet durch eine hervorragende Ehe mit Agnes 21, der Tochter des Kaisers, einer Frau von einzigartigem und berühmtem Ruf, und die Nachkommenschaft, die aus dieser Ehe hervor­ ging, war von wunderbaren Anlagen 20• Sein Herzogtum erhielt sein ältester Sohn Friedrich, der allerdings noch ein Knabe war 22, und der König, sein 30 Oheim, begegnete ihm stets mit großer Liebe und Ehre, wie sie ihm ge­ bührte. Schluß des zweiten Buches. Drittes Buch 35

Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1 106. 23Auf Betreiben Heinrichs des Jüngeren fand am Geburtstag des Herrn eine Zusammenkunft des ganzen Deutschen Reiches in Mainz statt, wie man sie in dieser Größe lange Zeit nicht mehr erlebt hatte. Teilnehmer berichten, 52 Fürsten 21 Der Verfasser der Kaiserchronik hat im Gegensatz zu Ekkehard II (I) den richtigen Namen, allerdings auf Rasur, eingesetzt. 22 Herzog Friedrich II. war 15 Jahre alt.

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Kaiserchronik III

eo amplius affuisse, adeo ut solus dux Saxoni� Magnus nomine, quem iam gravior �tas impediebat, notaretur defuisse. lbi supervenientes apostolic� sedis legati, episcopus scilicet Albanus cum Constantiensi, sententiam 23 apostolici pastoris, qu� domnum imperatorem de multis transgressionibus incusabat, 23 scriptis simul et dictis 23 in medium s proferebant. 23 Qua de causa dum ipse se Mogontiam de castello quo manebat exhibere temptaret, principes propter cavendum tumultum vulgi su� potius parti quam filü favere solentis ipsi lngilenheim occur­ runt tandemque generali illum circumvenientes consilio usque ad satisfactionis professionem perducunt. Cui euro legati absolutionem 10 seu penitenti� modum absque generalis synodi discussione et aposto­ lic� sedis censura se reddere non posse perhiberent, ipse partis utrius­ que consiliis annuens regalia vel imperialia insignia, crucem scilicet et lanceam, sceptrum, globum atque coronam filii potestati tradidit prospera illi imprecans, illum primatibus multo fletu commendans et t s extunc iuxta summi sacerdotis totiusque �cclesi� decreta su� consul­ turum anim� promisit. Hoc ordine Heinricus illius nominis quintus primum a patre, deinde ab universis Germani'il principibus in regem iam secundo electus, ab apostolicis quoque legatis per manus impositionem catholice confir- 20 matus, acceptis tarn ab episcopis quam laicis iuxta morem patri� sacramentis regnare cepit LXXXVIII. loco ab Augusto, L. regni patris sui anno, ab Urbe condita millesimo DCCCLVII., ab origine mundi VLVIII., dominic� vero incarnationis, ut dieturn est, millesimo CVI. anno. 2s Relatis igitur coram rege cunctisque totius Germani� optimatibus et presulibus omnique clero simul et populo legationibus Roman� sedis super �cclesiarum regni istius commaculatione diversa et inve­ terata et econtra emendatione ab universis unanimiter promissa, placuit tarn regi quam primoribus ad sanctam matrem Romanam 30 �cclesiam tantos ac tales a partibus istis legatos transmitti, qui et de obiectis rite rationem reddere et de incertis sagaciter investigare ac per omnia utilitatibus !ilCclesiasticis sapienter consulere sunt idonei. Separantur in hoc opus viri spiritu sapienti� pleni, dignitatibus natalibus et elegantia seu divitiis preclari nullaque secundum Deum 3S sive seculum veneratione indigni, a Lotharingia Bruno Trevirensis, a Saxonia Heinricus Magadeburgensis archiepiscopi, ab orientali

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oder gar noch mehr seien anwesend gewesen, als einziger habe Herzog Magnus von Sachsen gefehlt, den sein beschwerliches Alter verhinderte. Auch die Legaten des Apostolischen Stuhles, der Bischof von Albano zusammen mit dem Bischof von Konstanz, kamen dorthin und vers kündeten inmitten der Versammlung mündlich und schriftlich den Spruch des Apostolischen Hirten, der den Kaiser zahlreicher Überschreitungen beschuldigte. Während dieser selbst deshalb versuchte, von der Burg aus, in der er weilte, nach Mainz zu gelangen, gingen ihm die Fürsten nach Ingelheim entgegen, um einen Valksaufstand zu verhindern, da die Menge 1 0 mehr der Partei des Vaters als der des Sohnes zuneigte ; sie sprachen ihm zu und veranlaßten ihn schließlich auf allgemeinen Rat hin, Genugtuung zu versprechen. Da die Legaten ohne Verhandlung auf einer allgemeinen Synode und ohne Urteil des Apostolischen Stuhles ihn weder lossprechen noch ihm das Maß der Buße angeben konnten, stimmte er dem Rat beider lS Seiten zu und übergab die königlichen beziehungsweise kaiserlichen Insignien, nämlich Kreuz und Lanze, Zepter, Reichsapfel und Krone, in die Gewalt des Sohnes ; er wünschte diesem Glück und empfahl ihn unter zahlreichen Tränen den Fürsten ; schließlich versprach er, von nun an gemäß den Vorschriften des höchsten Bischofs und der ganzen Kirche für 20 seine Seele zu sorgen. So begann Heinrich, der fünfte dieses Namens, zunächst vom Vater, sodann ein zweites Mal von allen Fürsten Deutschlands zum König gewählt, nach katholischer Weise gestärkt durch die Handauflegung der päpstlichen Legaten, nach Entgegennahme der Eide sowohl der Bischöfe 2s wie der Laien gemäß der Sitte des Vaterlandes zu herrschen, als 88. Herrscher seit Augustus, im 50. Regierungsjahr seines Vaters, im 1857. Jahr seit der Gründung Roms, im 5058 . Jahr seit Erschaffung der Welt, im Jahr seit der Geburt des Herrn, wie gesagt, 1 106. Nachdem vor dem König, allen Fürsten und Bischöfen ganz Deutsch30 Iands sowie vor dem gesamten Klerus und Volk Botschaften des Römi­ schen Stuhles über die verschiedenen und alteingewurzelten Beeinträchti­ gungen der Kirchen dieses Reiches vorgebracht worden waren und alle einmütig ihre Ausmerzung versprochen hatten, gefiel es dem König und den Fürsten, zur heiligen Mutter, der Römischen Kirche, auch ihrerseits 3S Gesandte zu schicken ; sie sollten der Zahl und Art nach geeignet sein, über die Vorwürfe ordnungsgemäß Rechenschaft zu geben, noch offene Fragen klug zu erforschen und in allem dem Nutzen der Kirchen weise zu raten. Zu diesem Zweck wurden Männer auserwählt, vom Geist der Weisheit erfüllt, hervorragend durch ihre Würde, Herkunft, vornehmes 40 Auftreten und Reichtum, sowohl vor Gott wie vor der Welt j eder Ver­ ehrung würdig, und zwar aus Lothringen Erzbischof Bruno von Trier, aus Sachsen Erzbischof Heinrich von Magdeburg, aus Franken Otto von 23-23 Mit geringen Änderungen Ekkehard li (I, III) zum gleichen Jahr, Einzelnachweise nur zum Text.

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Francia Otto Babenbergensis, a Baioaria Eberhardus Eistatensis 23, uterque designatus pontifex, 23ab Alemannia Gebehardus Constantien­ sis 23 aliique nonnulli presules, plerique 23 etiam nobiles de latere regis laic� professionis, idque 23 precipuum 23 inter c�tera suscipiunt mandata, ut si fieri possit23, per illos 23 impetrata domni apostolici s cisalpinis partibus exhibeatur presentia. Sie nimirum, sic 23 per viscera misericordi� Dei nostri tanto nobis oriente lucifero 23 per tot iam annos obnubilata lux23 splendescere 23 cepit23 �cclesiastica et, ut breviter plurima concludam, capessente rem publicam ac Romanam defensante kathedram Heinrico speciali 10 totins orbis ßori universa circumquaque eliminantur ad purum scis­ matum scandala, scissa Christi resarcitur tunica, electis bonis in �cclesi� vasa mali proiciuntur pisces de Petri sagena. 24 Porro proceres iam dicti dum e suis singuli partibus in valle Tri­ dentina convenientes apud einsdem nominis civitatem, id est Tri- t s dentum, pernoctarent, quidam Adelbertus adolescens, partium tarnen illarum quodam insignis comitatu, summo mane super ipsos utpote inermes et peregrinos cum civibus armatis irruit, spoliat, capit, custo­ diQ tradit idque sibi per legationes domini sui 24 imperatoris 24 deman­ datum comprobat. At Iesus, qui semper prope est se invocantibus et 20 his iuxta, qui tribulato sunt corde, repente super eosdem stultissimos tantorum magnatum captivatores Welfonem ducem Noricum quasi gladium limatum de vagina sua eduxit, qui tercia superveniens die manu valida clusas obstructas effregit, Gebehardum virum per omnia landabilern constitutum a rege nostro Heinrico Tridentin� �cclesi� 2s presulem, quem numquam se suscepturos cives illi conspiraverant, recipi coegit, ipsum quoque Adelherturn suique sceleris complices adeo perterruit, ut eductos quos clauserant principes ipsumque castellum novo episcopo redderent, ipsi insuper nudipedes ab his quos affli30 xerant veniam postularent. Tune etiam a prima ebdomada quadragesim�, qua et mediante h�c passi sumus, cometem immensi fulgoris per duas septimanas con­ speximus ; revertentes quoque tarn pauperes quam divites non sine proprio singuli dampno regem nostrum Heinricum quiddam infor­ tunii perpessum a rebellantibus sibi nonnullis per Alsaciam sedi- 3S tiosis fama sinistra percepimus 24 ; in Lotharingia quoque 26 Hein­ ricum ducem et episcopum Leodiensem Otbertum contra regem se

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Bamberg, aus Bayern Eberhard von Eichstätt, beides designierte Bischöfe, aus Alemannien Gebhard von Konstanz, ebenso einige vornehme Laien aus der Umgebung des Königs ; unter anderem erhielten sie den Auftrag, sie sollten nach Möglichkeit zu erreichen suchen, daß der Papst persönlich s über die Alpen komme. So begann durch die innigste Barmherzigkeit unseres Gottes, während uns ein solcher Morgenstern aufging, das so viele Jahre umwölkte Licht der Kirche zu leuchten 23, und um vieles kurz zusammenzufassen : Als Heinrich, diese vorzügliche Blüte der ganzen Welt, den Staat übernahm 10 und den Römischen Stuhl verteidigte, da wurden ringsum alle Ärger­ nisse der Schismen völlig beseitigt, wurde das zerrissene Gewand Christi wieder genäht, und die schlechten Fische wurden aus Petri Netz geworfen, indem in der Kirche gute Männer erwählt wurden. 24Als die genannten Großen einzeln aus ihren j eweiligen Gebieten im t s Tal von Trient zusammenkamen und in der gleichnamigen Stadt, nämlich Trient, übernachteten, da überfiel ein junger Mann namens Adalbert, der j edoch durch den Besitz einer Grafschaft in jenen Gebieten aus­ gezeichnet war, zusammen mit bewaffneten Bürgern die unbewaffneten Pilger, raubte sie aus, nahm sie gefangen, setzte sie in Haft und erklärte, 20 dies sei ihm durch Botschaften seines Herrn, des Kaisers, aufgetragen. Aber Jesus, der denjenigen immer nahe ist, die ihn anrufen, und besonders denen, die bedrängten Herzens sind, schickte plötzlich über die Toren, die so große Herren gefangengenommen hatten, den Bayernherzog Welf, wie man ein Schwert aus der Scheide zieht. Er kam am dritten 2s Tag mit einer starken Mannschaft und brach die versperrten Zugänge auf. Er zwang die Bürger, Gebhard - einen durch und durch löblichen Mann, den unser König Heinrich als Bischof für die Tridentiner Kirche bestimmt hatte - anzunehmen, obgleich sie sich verschworen hatten, ihn niemals aufzunehmen ; ebenso versetzte er Adalbert und seine Spießgesellen 30 dermaßen in Schrecken, daß sie die eingesperrten Fürsten freiließen, sie mitsamt der Burg dem neuen Bischof übergaben und überdies barfuß diejenigen, die von ihnen bedrängt worden waren, um Verzeihung baten. Damals erblickten wir auch von der ersten Woche der Fastenzeit an, in deren Mitte wir dies erlitten, zwei Wochen lang einen Kometen von JS außergewöhnlichem Glanz. Als wir, sowohl Arme als Reicb.e, nach Hause zurückkehrten, keiner ohne eigenen Verlust, vernahmen wir durch schlim­ me Kunde, daß unserem König Heinrich gewisses Unglück widerfahren war von seiten einiger aufständischer Rebellen im Elsaß 24 ; ebenso daß in Lothringen 26Herzog Heinrich und Bischof Otbert von Lüttich sich gegen 24-24 Wörtlich nach Ekkehard II (III) mit einigen Auslassungen, Kommentar bei Ekkehard III, unten S. 276 ff. 2> -25 Vgl. Ekkehard II (III) ebd.

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armare Coloniamque, Iuliacum atque Bunnam, qu� et Verona, c�teraque cis ac citra Rhenum oppida ad resistendum se pre­ parare 25. 26 C�terum rex Heinricus divina roboratus confidentia, dum quasi partes inimicas humiliaturus Leodium, habitaturus inibi paschalern 5 curiam convertitur, post festurn Palmarum Coloni� cedentibus hosti­ bus satis iocunde celebratum, moto comitatu 26 "rursum fortun� rotam sinistrorsum sibi volvi persentit ; dum nimirum inconsultius res agitur, dum ipse iuvenili succensus animositate parva licet manu curiam condictam hostibus invitis adire conatur 26a. Premissis itaque 10 trecentis viris, qui pontem super Mosam fl.uvium loco qui dicitur Wegesaz constructum observarent - nam omnes eiusdem fl.uminis transitus hostes interruperant -, dum rex in palatio Aquisgrani cenam Domini celebrat, dux Heinricus cum exercitu regios ad pontem invadit milites naviterque resistentes arte quadam equitandi, qua 1 5 gens illa plus c�teris utitur, in latiora deductos ampliori multitudine cingit, opprimit, sternit atque capit, nonnullos etiam cadentes fl.uvius voravit. Videres fortissimos Machabeos in bello catholic� pacis post stragem plurimam apostatic� genti illatam fide magna et l�ticia suas animas Christo pro se passo commendantes ac huiusmodi pro transitu 20 priorum delietarum veniam in eadem indulgenti� die se consecutos invicem consolantes. His 26 b fortun� fallaciis 26 b , immo summi dispo­ sitione iudicis, mens scismaticorum tumescere nec tarnen orthodo­ xorum spes decrescere cepit. Rex enim inter ipsa paschalia festa, qu� tune pro eventu rei Bunn� celebrabat, Heinricum ducem iudicio opti- 25 matum 26 b reum maiestatis et hostem rei public�26 b ducatu privat ac generalem expeditionem contra Lotharingiam accepto a principibus sacramento per totum regnum indicit et preparat. Mense dehinc Iunio fere mediante cum XX milibus pugnatorum Coloniam Agrippinam obsedit, sed cum esset iam vallis et propugnaculis 30 ac militibus copiosis omnique repugnandi genere permagnifice munita, III aut IIII ebdomadas ibidem 26c casso pene labore consumpsit, ex­ cepto quod, ut fieri solet, iuventus utpote mor� impatiens nonnumquam pro muris concurrens ludo crudeli fugat alterutrum vel sternit 26c. 2e-2e

Mit einigen Abweichungen Ekkehard II (III) zum gleichen Jahr. 2e a-2e a Vielleicht Eigengut des Anonymus ; vgl. Sailust, Cat. 42, 1 . 26 b -2e b Diese Wendungen sind wahrscheinlich Eigengut des Anonymus.

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den König bewaffneten und Köln, Jülich und Bonn, das auch Verona heißt, und weitere Städte zu beiden Seiten des Rheins sich auf Wider­ stand einrichteten 25. 28Als aber König Heinrich, gestärkt im Vertrauen auf Gott, sich nach s Lüttich wandte, um das feindliche Gebiet gewissermaßen zu demütigen und dort an Ostern einen Hoftag zu halten, bekam er, nachdem er in Köln, von wo die Feinde wichen, recht frohgestimmt den Palmsonntag gefeiert und seine Begleitung sich entfernt hatte, 26a erneut zu spüren, wie das Rad der Fortuna sich zu seinem Unglück drehte ; diese Sache 1 0 wurde nämlich ziemlich unüberlegt betrieben, da er in j ugendlichem Über­ schwang mit einer nur kleinen Schar gegen den Willen der Feinde zum an­ gekündigten Hoftag zu gehen versuchte 26a . Er schickte daher 300 Männer voraus, die die Maas-Brücke bei Vise bewachen sollten, alle anderen Flußübergänge hatten die Feinde nämlich zerstört ; während indessen ts der König in Aachen den Gründonnerstag beging, überfiel Herzog Heinrich die königlichen Vasallen bei der Brücke mit einem Heer, verleitete die sich tapfer Wehrenden durch ein Reitermanöver, auf das sich jenes Volk besser als andere versteht, in die Ebene, umzingelte sie hier tnit einer überlegenen Schar, bedrängte sie, streckte sie nieder 20 und nahm sie gefangen ; einige stürzten auch in den Fluß und ertranken. Hier hätte man die tapferen Makkabäer sehen können im Kampf für den katholischen Frieden, wie sie nach erheblichen Verlusten für dieses abtrünnige Volk mit großer Zuversicht und Freude ihre Seelen Christus empfahlen, der für sie gelitten hatte, und sich gegenseitig damit trösteten, 2s daß ihnen an diesem Tag der Vergebung für ihre früheren Sünden Verzeihung gewährt werde. 26bDurch diese Täuschungen der Fortuna 26b, oder besser durch die Anordnung des höchsten Richters begann den Schismatikern der Kamm zu schwellen, den Rechtgläubigen j edoch nicht die Hoffnung zu schwinden. Der König sprach nämlich während des Osterfestes, das er 30 damals der Umstände wegen in Bonn feierte, dem Herzog Heinrich, den die Fürsten als 26 Majestätsverbrecher und Staatsfeind 26b verurteilt hatten, das Herzogtum ab und ließ sodann im ganzen Reich, nachdem er von den Fürsten einen Eid empfangen hatte, einen allgemeinen Feldzug gegen Lothringen ansagen und vorbereiten. 35 Etwa Mitte Juni belagerte er mit 20 000 Kriegern Köln ; aber da es mit Wällen und Vorwerken, zahlreichen Kriegern und jeder Art von Ver­ teidigungswerk vorzüglich ausgestattet war, verlor er dort drei oder vier Wochen in fast nutzloser Anstrengung ; 26c nur die Jugend, wie es so geht, stieß ungeduldig wegen der Verzögerung bisweilen vor den Mauern zusam40 men und j agte sich gegenseitig in blutigem Spiel in die Flucht oder tötete 2e c-2sc

VI, 424.

Wahrscheinlich Eigengut des Anonymus ; vgl. Lucan II, 663 u. ebd .

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lbi etiam Dietericus comes regi fidelissimus infirmitate pressus com­ muni fine migravit, vir utique nobilissima Saxonum stirpe progenitus et tarn omnigentl religioni quam catholictl defensioni non mediocriter deditus, literis etiam non minime instructus 26• Tunc 27 quoque temporis cum pater regis Leodio moraretur - nam s Leodienses illi antiquo affectu fideliter adherebant -, crebra hinc, crebra inde nuncia vel litertl discurrebant. Inter qutl dum nihil minus expectaretur, imperatoris egrotatio postque brevem languorem obitus eius in castris diffamatur. Referunt qui aderant bona illum confessione nec sine magna fiducia finem vit� fecisse rebusque suis per omnia 1 0 dispositis, nuncüs quoque tarn ad apostolicum pontificem quam ad :filium regem destinatis sumpto viatico velut obdormiens expirasse. Annis L Romani imperii gubernacula tenens Romanis nunc volun­ tarüs pie consuluit, nunc ingratis et regnum Teutonicum humiliare nitentibus necessario restitit, vir strenuus et bellicosus, omni persontl, t s omni tltati omnique rei sibi congrua impendere solitus et vix quic­ quam ignorare passus. More patris sui clericos et maxime literatos adherere sibi voluit hosque honorifice tractans nunc psalmis, nunc lectione vel collatione sive scripturarum ac liberalium artium inqui­ sitione secum familiarius occupavit. 28 Pluribus etiam testibus appro- 20 bare poterimus, quod nemo nostris temporibus natu, ingenio, forti­ tudine et audacia, statura quoque totaque corporis elegantia fascibus aptior videretur imperialibus 28• Pre omnibus regni sui tlCclesiis Spiram maxime coluit eamque regio et mirifico opere et honore ampliavit, ibi etiam nunc iuxta maiores suos presente filio suo cunctisque regni 2s principibus honorifice humatus 29 requiescit. 30 Post htlc ebdomada quarta mensis Octobris actum est concilium generale in provincia Longobardia super ripam Padi fl.uminis, loco qui Warstallis dicitur ; ubi presidente vere apostolico viro Paschali secundo coram multitudine maxima tarn laicorum quam clericorum, 30 qui diversorum regnorum vel tlCclesiarum legationibus fungebantur, presentibus etiam legatis domini regis, multa sunt, prout canonica 27 In den folgenden Sätzen der Kaiserchronik wird deren Gegensatz zu Ekke­ hard besonders deutlich. 28-28 Dieser Satz steht auch bei Ekkehard, allerdings mit einem folgenden Konditionalsatz mit negativem Sinn. Es ist nicht auszuschließen, daß dieser Satz ursprünglich nicht Eigengut Ekkehards ist, sondern von ihm aus der

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einander 28c. Dort erkrankte auch Graf Dietrich, der dem König treu er ­ geben war, und ging den Weg alles Irdischen ; er war ein Mann aus vor­ nehmstem sächsischen Geschlecht, von überdurchschnittlicher Hingabe an die Religion und an die Verteidigung der Rechtgläubigkeit und auch nicht s wenig gebildet28. Als 27 der Vater des Königs damals in Lüttich weilte - denn die Lütticher hielten in alter Anhänglichkeit treu zu ihm -, gingen häufig Boten und Briefe hin und her. Während man nichts weniger erwartete, wurden im Lager die Erkrankung des Kaisers und nach kurzer Schwäche sein Tod 10 gemeldet. Anwesende berichten, daß er nach guter Beichte und mit großem Vertrauen sein Leben beschloß und nachdem er über seine Habe vollständig verfügt und Boten zum Papst wie zu seinem Sohn, dem König, gesandt, die Wegzehrung empfangen und so, als schlafe er ein, seine Seele ausgehaucht habe. Fünfzig Jahre lang führte er das Ruder des lS Reiches, gewissenhaft sorgte er für die Römer, wenn sie willig waren, den undankbaren j edoch, die die deutsche Königsherrschaft demütigen wollten, widerstand er, wie es notwendig war ; er war ein tüchtiger und kriegerischer Mann, der jeder Person, jedem Alter, jeder Angelegenheit das ihr Zustehende zuzumessen gewohnt war, und litt es kaum, etwas 20 nicht zu wissen. Nach der Art des Vaters wollte er Kleriker und vor allem gebildete um sich haben, und er behandelte sie ehrenvoll und beschäftigte sich in vertrautem Umgang mit ihnen, bald bei Psalmengebet, bald bei der Lektüre, im Gespräch oder bei der Befragung über die Heilige Schrift und die Freien Künste. 28 Durch mehrere Zeugen könnten wir auch beweisen, 2� daß zu unserer Zeit niemand nach Herkunft, Verstand, Tapferkeit, Kühn­ heit, Gestalt und Schönheit des Körpers besser für die kaiserliche Würde geeignet war 28• Vor allen anderen Kirchen seines Reiches sorgte er ganz besonders für die von Speyer und stattete sie königlich und wunderbar durch Bau- und Kunstwerk aus ; in Gegenwart des Sohnes und aller 30 Fürsten des Reiches ehrenvoll bestattet29, ruht er dort nun bei seinen Vorfahren. 30Danach wurde in der vierten Oktoberwoche ein allgemeines Konzil in der lombardischen Provinz am Ufer des Po in Guastalla abgehalten ; den Vorsitz führte der in allen Dingen wahrhaft apostolische Paschal l i . , 3S anwesend war eine große Zahl von Laien und Klerikern als Gesandte der verschiedenen Reiche und Kirchen, auch Abgesandte König Heinrichs waren anwesend ; wie es nach den Canones recht und billig war, wurde Kaiserchronik übernommen wurde ; denn der vollständige Jahresbericht zu 1 106 aus Ekkehards Feder ist uns nur in Rezensionen überliefert, deren Ent­ stehung nach der Niederschrift der Kaiserchronik liegt. 29 Am 7. August 1 1 1 1 . 30-30 Mit geringen Änderungen und unter Weglassung des päpstlichen Dekrets aus Ekkehards Bericht zum gleichen Jahr.

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dictabat �quitas, de inimici zizanüs evulsa, pluraque pistici seminis plantaria profundins inserta, structur� super arenam posit� destru­ untur, tutissim� munitionis propugnacula per �cclesias �dificantur. Nam cum in eadem dominica, qu� erat XII. Kaiendas Novembris, quosdam presules per se ipsum consecrasset, enarrare longum est, 5 quam indefesse prudens et fidelis ille summi patrisfamilias dispensator conservos suos verbi Dei tritico lautissime cotidie reficeret, pseudo­ episcopos deponeret, catholicos constitueret, archiepiscopis pallia, monasteriis privilegia concessit, presentes ovium Christi pastores mellifluis alloquiis, absentes paternis commonitoriorum literis in- 10 struxerit, quedam olim abscisa membra �cclesi� iterum incorpora­ verit, qu�dam etiam, qu� insanabilia videbantur, anathematis absci­ sione truncaverit ; super ordinationibus autem temporibus scismatis factis, unde permaxim� ventilabantur questiones, decretum discre1s tione maternorum viscerum artificiose medicatum promulgavit30• 31 His et huiusmodi super �cclesiam divini luminis orientis auror� iocunditati splendoribus, quia nimirum taudem venerat tempus miserendi eius, pariterque apostolicis macti benedictionibus ad sua quique convertuntur ; nos vero, id est Alpium transcensores, speciali quodam pre cunctis efferebamur tripudio, eo quod certi essemus 20 domni apostolici profectionem sie fuisse dispositam, quatinus iter nostrum quam mature subsequens natalem Domini Mogonti� cele­ braturus esset, presente cum universis regni principibus novo rege nostro Heinrico a1 • Hoc anno dux Saxoni� Magnus obiit32, pro quo Lotharius surre- 25 xit33• Item Outo marchio de Saxonia obiit34• Ruotpertus Wirci­ burgensis episcopus, dum tendit ad concilium, in eundo defungitur 35• Quo decedente dominus Erlungus tam a clero quam a populo Wirci­ burgensium ut 36 verus pastor36 sibimet dudum iniuste ablatus, sed iusto Dei iudicio rursum oblatus, summopere postulatur, concessus- 30 que tam ab rege quam a papa per legatos Roman� sedis magna ex­ pectatione et incredibili totius civitatis ac multorum populorum tripudio susceptus nimis honorifice inthronizatur. Anno Domini millesimo CVII. Rex Heinricus natalem Domini Ratispon� celebravit presentibus scilicet legatis domni apostolici Paschalis, cuius adventum ipse iam aliquandiu apud Augustam

35

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viel Unkraut des Feindes ausgerissen und viel Saatgut tiefer eingepflanzt, was auf Sand gebaut war, wurde zerstört, und einige Vorwerke wurden in den Kirchen zu ganz sicherem Schutz gebaut. An diesem Sonntag, dem 21 . Oktober, weihte der Papst persönlich einige Bischöfe ; es wäre s weitläufig zu erzählen, wie unermüdlich jener kluge und getreue Ver­ walter des höchsten Hausvaters seine Mitdiener mit dem Weizen des Wortes Gottes täglich aufs köstlichste labte, falsche Bischöfe absetzte, rechtgläubige einsetzte, Erzbischöfen Pallien gewährte und Klöstern Privilegien, die anwesenden Hirten der Schafe Christi mit honigfl.ießen10 den Worten, die abwesenden mit väterlichen Mahnschreiben unter­ richtete, einige früher abgeschnittene Glieder der Kirche von neuem eingliederte, einige jedoch, die unheilbar schienen, mit dem Schnitt des Bannes abtrennte. Bezüglich der zur Zeit des Schisma erteilten Weihen, worüber sehr viele Fragen erörtert wurden, veröffentlichte er ein Dekret, IS das durch seine mütterliche Klugheit höchst heilsam war 30. 31Durch diese Ereignisse und derartigen Glanz göttlichen Lichtes, das wie die Morgenröte über der Kirche aufging, erfreut, weil endlich die Zeit gekommen war, sich ihrer zu erbarmen, kehrten alle beschenkt mit dem apostolischen Segen in ihre Heimat zurück. Wir aber, die wir die 20 Alpen überstiegen hatten, wurden vor allem durch die Freude erhoben, daß wir die Gewißheit gewannen, die Reise des Herrn Papstes sei so geplant, daß er so früh wie möglich folgen und das Geburtsfest des Herrn zusammen mit unserem neuen König Heinrich und allen Reichsfürsten in Mainz feiern werde 31, 2s In diesem Jahr starb Herzog Magnus von Sachsen 32, an seine Stelle trat Lothar 33. Auch Markgraf Udo von Sachsen starb 34. Bischof Ruotpert von Würzburg starb auf dem Weg zum Konzil 35, Nach seinem Tod erbaten Klerus und Volk von Würzburg Herrn Erlung, der ihnen so lange zu Unrecht entzogen, aber nach Gottes gerechtem Urteil nun wieder gegeben 30 wurde, mit höchstem Eifer als 36 wahren Hirten 36 ; er wurde vom König und vom Papst gewährt und durch Legaten des Römischen Stuhles, nachdem er mit großer Erwartung und unter unglaublichem Jubel der ganzen Stadt und vielen Volks empfangen worden war, höchst ehrenvoll inthronisiert. 3S

Im Jahr des Herrn 1 107. König Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Regensburg in Anwesenheit von Legaten des Herrn Papstes Paschal, dessen Ankunft er schon eine Zeitlang bei Augsburg, der Hauptstadt 31 -31 Ekkehard II (III) zum gleichen Jahr. 32

Am 23. August.

33 von Süpplingenburg, der spätere König. u Am 2. Juni. 35 Dazu vgl. den Bericht z. J. 1105, oben S. 230, ebenso zum Folgenden. - Von

hier an bis zum Bericht über das Jahr 1 1 1 1 einschließlich ist die Kaiserchro­ nik selbständig und Vorlage für die späteren Fassungen von Ekkehards Chronik. 38 -38 Vgl. loh. 10, 12.

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Alemanni� metropolim c�terasque superiores partes prestolatus fuerat. Ille vero suorum consiliis quasi proterviam Teutonicorum declinans, maxime propter seditiosum quendam tumultum, qui sibi Veron� hospitanti dudum occurrerat, insuper suggerentibus quibusdam, quod non facile gens nostra decretum illud recipiat, quod quamlibet s asa �cclesiasticam investituram laicis a manibus36a accipi vetat, necnon et animosum cor regis adolescentis, quod nondum per omnia dominico iugo 37 sit habile ; h�c, inquam, multaque id genus 38vir Dei38 per­ cepta considerans et necdum sibi ostium Germanicis in partibus aperturn esse cum gemitu pronuncians profectionem suam cum 1 0 Hispaniarum legatis per Burgundiam ad Gallias convertit et natalis dominici gaudium sua presentia Cluniacensibus multum ampliavit. Inde secedens ab universis finium illarum �cclesiis ut vere Christi discipulus et apostolorum vicarius ingenti honore suscipitur, digna reverentia tractatur, non aliter quam legifer de c�lo missus auditur. t s Sie itaque per menses aliquot ut 39 fidelis dispensator et prudens39 cotidianam sollicitudinem omnium �cclesiarum gerens tandem circa ascensionem Domini40 concilium non modicum apud Trecas habuit 41, ubi inter multa, qu� pro tempore et necessitate corrigenda correxit, sententiam de libera pastorum electione et de cohercenda laicorum 20 in �cclesiasticas dignitates presumptione iuxta predecessorum suorum decreta promulgavit. At rex Heinricus peragratis Saxoni� finibus, postquam paschale festurn Mogonti� actum 42, eidem se concilio vicinum, non tarnen presentem cum nonnullis episcopis et optimatibus exhibuit43, cum 2s quibus etiam inito consilio legatos honorabiles ad apostolicum trans­ misit4', per quos tarn ipsi quam univers� synodo potestatem con­ stituendorum episcoporum privilegiis apostolicis Karolo imperatori concessam 45 notificarent. Super qua questione, quia in alieno regno quicquam diffiniri utpote Romano iam incipiens potiri sceptro 30

se a-se a

Vgl. Sigebert z. J. 1 1 1 1 .

37 Vgl. Matth. 1 1 , 29. 30. 38-38 Luc. 12, 42.

38-ss

lud. 13, 6 u. ö.

'° Christi Himmelfahrt fiel in diesem Jahr auf den 23. Mai. Wie die folgende Bemerkung, Heinrich habe sich in der Nähe der Versamm­ lung aufgehalten - er begab sich nach Verdun - zeigt, hat der Verfasser die n

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Alemanniens, und den übrigen oberdeutschen Landesteilen erwartet hatte. Auf den Rat seiner Umgebung hin wich j ener aber gleichsam der Unverschämtheit der Deutschen aus, vor allem wegen eines Aufruhrs, der j üngst in Verona, wo er sich aufgehalten hatte, gegen ihn ausgebrochen 5 war, aber auch weil ihm einige einredeten, unser Volk würde nur schwer­ lich jenes Dekret aufnehmen, das jede 36a kirchliche Investitur von Laien­ hand 36a verbietet, und daß außerdem das leicht erregbare Herz des j ungen Königs sich noch nicht ganz und gar in das Joch des Herrn 37 füge ; dies, sage ich, und vieles andere dieser Art, was er vernommen hatte, erwog der 10 38 Mann Gottes 38 und ließ mit Bedauern vermelden, der Zugang zu den deutschen Reichsteilen stehe ihm noch nicht offen, und er wandte sich mit den spanischen Gesandten durch Burgund nach Frankreich und vermehrte durch seine Gegenwart die Weihnachtsfreude der Cluniazenser beträcht­ lich. Als er von dort wegging, wurde er von allen Kirchen dieses Gebietes 15 als wahrer Jünger Christi und Stellvertreter der Apostel mit höchsten Ehren aufgenommen, mit der schuldigen Ehrfurcht behandelt und ange­ hört wie ein vom Himmel gesandter Gesetzgeber. So trug er einige Monate lang als 39kluger und getreuer Verwalter39 die tägliche Sorge für alle Kirchen, schließlich hielt er in den Tagen um Christi Himmelfahrt 40 ein 20 gar nicht kleines Konzil bei Troyes ab 41 ; unter dem vielen, was ent­ sprechend der Zeit und der Notwendigkeit zu verbessern war und was er entsprechend verbesserte, verkündete er dort auch eine Verfügung über die freie Wahl der Hirten und die Einschränkung der Anmaßung der Laien bei kirchlichen Würden gemäß der Dekrete seiner Vorgänger. 25 König Heinrich aber durchzog Sachsen, beging 42 das Osterfest in Mainz und zeigte sich dann zwar nicht auf, aber in der Nähe dieses Konzils zusammen mit einigen Bischöfen und Großen 43 ; als er sich mit diesen beraten hatte, schickte er ehrenwerte Abgesandte 44 zum Papst, durch die sie ihm selbst und der gesamten Synode zur Kenntnis bringen wollten, 30 daß Kaiser Karl durch päpstliche Privilegien die Macht eingeräumt worden sei 45, die Bischöfe einzusetzen. Weil Heinrich als angehender Römi­ scher Kaiser nicht duldete, daß über diese Frage in einem fremden Reich

Synode von Troyes mit der etwas früheren zu Chälons verwechselt, auf der eine deutsche Gesandtschaft anwesend war, die den Standpunkt Heinrichs in der Investiturfrage darlegte. In Troyes hat keine deutsche Abordnung mehr teil­ genommen. Vgl. Meyer v. Kn. 6, 45 ff. ; die Beschlüsse der Synode von Troyes MG. Const. 1 , 566 f. n. 396. 4 2 14. April. 43 Heinrich hielt sich mit großem Gefolge in Verdun auf. u Zu diesem Irrtum vgl. oben S. 248 Anm. 41. 4 5 Es handelt sich um das gefälschte Privileg Hadrians I., MG. Const 1, 659 f. n. 444 .

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Heimicus non patitur, inducitl sibi totum sequentis anni spacium Romam veniendi et eandem causam generali concilio ventilandi conceduntur46. Tune etiam nonnullos nostrates episcopos, eo quod eidem concilio non intererant, of:ficü suspensione domnus papa multa­ vit47, quos tarnen non multo post satisfacientes clementer absolvit. 5 Rursum necdum humilitatem quam quesivit Germanicis in cordibus invenire se satis conquestus nos nequaquam, ut proposuerat, visitare, sed :finibus Italicis se comitatumque suum disponit referre. Quo licet morose perveniens tantis Romani tarn cleri quam populi tripudüs suscipiebatur acsi de mortuis redivivus crederetur. 10 Rex vero orientalibus redditus colloquium Ratispontl cum Baioarüs habuit48, in quo expeditionem versus Flandriam contra Ruotpertum instituit. Qua circa Octobrem mota terram rebellium ingressus non sine gravi exercitus sui dispendio per unum et amplius mensem vastat, donec per internuncios res ad proximam curiam dilata litem separat. 1 5 Anno Domini millesimo CVIII. Rex Heimicus Mogontitl natalem Domini celebrans49 presciptum Ruotpertum in gratiam recepit 50• Eo tempore orta simultate inter Colomannum regem Pannonitl germanumque eius vocabulo Almum 61, eo quod uterque sibi potius regiam competere dignitatem iure gentis illius contenderet, spoliatus 20 tarnen rebus quam ducatu, quo inter Ungros clarus et, ut decuit fratrem regis, a rege secundus claruit, Almus regem Heimicum adiit et in auribus totius senatus haut secus quam ille quondam Hiemsalis germanus Atherbal 62 miserias suas deplorans Romani imperii magni­ :ficentiam in compassionem et defensionem sui flectere curavit. His 2s querelis motus rex Heimicus, insuper etiam quod idem Colomannus :fines regni nostri scilicet in locis maritimis invaserit 63, Ungariam exercitu petit, sed preparatis multiformiter adversarüs maximeque per obstructa fluminis undique vada post morosam et cassam obsidionem castri Bresburg 64 Ma infecto negotio 64" redit. 30 48 Dieser Beschluß gehört zur Synode von Troyes. &7 Vgl. dazu Meyer v. Kn. 6, 5l ff. '8 Der König hatte nur die Absicht, verwirklichte sie aber nicht.

'9

Aachen, nicht Mainz. Der Friedensschluß· mit Robert war sofort nach den Kämpfen erfolgt. 51 Vgl. Meyer v. Kn. 6, 8l ff., auch zum Folgenden. 50

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etwas entschieden werde, wurde ihm ein Aufschub gewährt, gemäß dem er innerhalb des nächsten Jahres nach Rom kommen und auf einem allgemeinen Konzil diesen Rechtsstreit erörtern sollte 46• Damals bestrafte der Herr Papst auch einige unserer Bischöfe mit der Suspendierung von s ihrem Amt 47, weil sie an dem Konzil nicht teilgenommen hatten ; nicht viel später jedoch gewährte er ihnen gütig Verzeihung, da sie Genugtuung leisteten. Wiederum beklagte er sich sehr, daß er die Demut, die er suchte, in den Herzen der Deutschen nicht finden und uns auf keinen Fall besu­ chen könne, wie er sich vorgenommen hatte ; er beschloß vielmehr, mit 10 seiner Begleitung nach Italien zurückzukehren. Als er dort mit Verzö­ gerung anlangte, wurde er vom römischen Klerus und Volk mit solchem Jubel empfangen, als sei er von den Toten lebend zurückgekehrt. Als der König in die östlichen Reichsteile zurückgekehrt war, hielt er mit den Bayern in Regensburg einen Hoftag ab 48, auf dem er einen 1s Kriegszug nach Flandern gegen Ruotpert festsetzte. Dieser Feldzug begann etwa im Oktober ; der König drang in das Gebiet der Rebellen ein und verwüstete es mehr als einen Monat lang, nicht ohne schweren Verlust für das eigene Heer, bis schließlich die Verschiebung der Angelegenheit auf den nächsten Hoftag, die durch Unterhändler zustande kam, den 20 Hader beendete. Im Jahr des Herrn 1 108. König Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Mainz 49 und nahm den oben genannten Ruotpert wieder zu Gnaden an 60• In dieser Zeit brach Feindschaft aus zwischen König Coloman von Un2S garn und seinem Bruder Almus 51, weil jeder von beiden darauf bestand, daß ihm nach dem Recht jenes Volkes eher die Königswürde zukomme ; Almus verlor seine Besitzungen und sein Herzogtum, das ihm unter den Ungarn Ansehen und, wie es sich für den Bruder eines Königs gehörte, den zweiten Platz nach dem König verschafft hatte ; er begab sich zu König 30 Heinrich und beklagte nicht anders als einst jener Bruder Hiempsals, Atherbal 62, vor dem ganzen Senat sein Unglück, und es gelang ihm, das erhabene Römische Reich zum Mitleid und zu seiner Verteidigung zu bewegen. Durch diese Klagen veranlaßt zog König Heinrich nach Ungarn, zumal Coloman die Grenzgebiete unseres Reiches an den Küsten an3S gri:ff 5 3. Aber man bereitete ihm vielfältige Widrigkeiten, vor allem durch die Zerstörung aller Furten des Flusses, und nach einer langen und ver­ geblichen Belagerung der Festung Preßburg 54 kehrte er unverrichteter­ dinge 54 a heim. 52 Sallust, Iug. 14, 1 .

68

Vermutlich handelte e s sich u m Küstenstriche der Mark Istrien.

5' Die Belagerung begann am 29. September, der Rückzug des Heeres ist in den Oktober zu setzen. 54 a Sallust, Iug. 58,7.

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Anno Domini millesimo CVIIII. Rex Heinricus natalem Domini Mogonti� celebrat et paulo post Franconefurt conventu procerum habito Sigifridum palatinum comitem 65 apud Wirciburgensem epi­ scopum custodi� deputavit, eo quod - prodente Heinrico prius duce Lotharingi� 68, iam in gratiam regis recepto - in necem et regnum eins insurgere consiliatus sit. Ibi etiam deposito Gotefrido Fuldensium abbate Wolfhelmum eis preficit ex eadem congregatione. Post h�c ad Poloniam gentem longinquam movit exercitum 67 multoque ibi atque diutino desudans labore diu negatum a terra illa tributi exegit debitum. Ruothardus Mogontinus archiepiscopus obiit 68•

s

10

Anno Domini millesimo CX. Heinrico rege natalem Domini Baben­ berg celebrante nuncüs excitatur inopine sinistris Werinherum 69 Bragam, Boemi� metropolim, cum exercitu occupasse ac ducaturn illius gentis contra regis voluntatem sibimet usurpasse. Qui mox 1 s efferatus animo principes sibi fidelissimos illo cum manu valida premisit, qu� mire et velociter prosperata civitatem cum hostibus intra deprehensis capit regique pedetemptin subsequenti cum triumpho occurrit. In epiphania Domini60 Ratispon� colloquium cum principibus 20 faciens animi sui propositum eis aperuit, scilicet quod transalpinis partibus se exhibere vellet, quatinus et benedictionem imperialem a summo pontifice Romana, qu� caput mundi 60 a est, in urbe perciperet et latas Itali� provincias in societatem regni Germanici fraterna pace et iusticiis ac legibus antiquis componeret, insuper ad omnia, qu� 2s defensio posceret �cclesiastica, ad nutum patris apostolici se promptum demonstraret. Arrectis animis omnium ad votum pie providi consulis et indubitati iam patri� amatoris vir esse non crederetur, si quis a tarn virilis negocii consortio se subtrahere conaretur. Itaque sacra­ mento nimis voluntario 61 confirmatis in id ipsum qui aderant, rex 30

55

von Lothringen ; er war einer der treuesten Anhänger Heinrichs IV. gewesen.

68 Ehemals Herzog von Niederlothringen, Siegfriede wegen 1099 als Pfalz­

graf und 1 106 von Heinrich V. als Herzog abgesetzt, inzwischen wieder zu Gnaden gelangt. 67 Nach Mitte August. Zu dem ergebnislosen Feldzug Meyer v. Kn. 6, 96 ft'.

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Im Jahr des Herrn 1 109. König Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Mainz und kurz darauf hielt er in Frankfurt einen Hoftag mit den Großen ab und überantwortete Pfalzgraf Sigfrid 66 der Haft beim Bischof von Würzburg, weil er den Plan ausgeheckt habe, den König zu s töten und sich gegen seine Herrschaft zu erheben -, dies hatte der frühere Herzog Heinrich von Lothringen 56 verraten, der vom König wieder zu Gnaden aufgenommen war. Dort setzte er auch Gottfried, den Abt der Mönche von Fulda ab, und stellte Wolfhelm an ihre Spitze, der aus dem gleichen Konvent kam. Danach zog er nach Polen 57, einem weitentfernten 10 Volk, und nachdem er sich dort lange Zeit sehr abgemüht hatte, zog er den von diesem Lande lange verweigerten schuldigen Tribut ein. Erzbischof Ruthard von Mainz starb 08• Im Jahr des Herrn 1 1 10. Als König Heinrich das Geburtsfest des Herrn in Bamberg feierte, wurde er unvermutet von schlimmen NachI S richten aufgestört, nämlich daß Werner 69 Prag, die Hauptstadt Böhmens, mit einem Heer besetzt und sich die Herzogsgewalt über j enes Volk gegen den Willen des Königs angemaßt habe. Voll Zorn schickte er rasch seine treuesten Fürsten mit einer starken Truppe dorthin voraus, die wunderbar und rasch Erfolg hatte, die Stadt samt den Feinden, die in 20 ihr ergriffen wurden, nahm und dem König, der auf dem Fuß folgte, im Triumph entgegenzog. Am Fest der Erscheinung 60 des Herrn hielt Heinrich zu Regensburg einen Hoftag mit den Fürsten und eröffnete ihnen seinen Entschluß, in die j enseits der Alpen gelegenen Gebiete ziehen zu wollen, um vom 2s Papst in der Stadt Rom, die das Haupt der Welt 60 a ist, die Kaiserweihe zu empfangen und die weiten Provinzen Italiens in die Gemeinschaft mit dem Deutschen Königreich in brüderlichem Frieden nach altem Recht und Gesetz einzufügen, außerdem um seine Bereitwilligkeit gegenüber dem Willen des Apostolischen Vaters in allen Dingen, die die Verteidigung 30 der Kirche erforderte, zu zeigen. Alle richteten nun ihren hochgemuten Sinn auf den Wunsch des gewissenhaften und vorsorglichen Konsuls, der sein Vaterland unzweifelhaft liebte, und derjenige schien kein Mann zu sein, der versuchte, sich der Teilnahme an einer so männlichen Aufgabe zu entziehen. Nachdem die Anwesenden durch einen freiwilligen Eid 61 58

Am 2. Mai.

69 Damit kann nur Boriwoi gemeint sein, der gegen seinen Bruder Wladislaw

die Waffen ergriffen hatte. 80 Da der Feldzug gegen Böhmen am 1. Januar begonnen hatte, ist es schwer vorstellbar, daß der König am 6. Januar schon wieder in Regensburg war. so a Lucan Il, 655 f. 61 Dazu vgl. L. Weiland, Die Reichsheerfahrt von Heinrich V. bis Heinrich VI., Forsch. z. dt. Gesch. 7, 1 1 7 ff.

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alacer de huiusmodi expeditione per singulas Germani� provincias instanter tractare non cessat, et licet terrente quorundam animos ortu comet� sideris infausti per VI fere mensium inducias, regia munificus liberalitate datis ubique inestimabilis pecuni� stipendiis circa Augustum moveri undique exercitum imperat, aliis secum per s montem Iovis, aliis per vallern Tridentinam Alpes transcendentibus. Providerat autem rex nulli a seculo regum in omni providentia secun­ dus 62, sciens Romanam rem publicam olim non tantum armis quan­ tum sapientia gubernari consuetam 63, se non solum armatis, sed etiam literatis viris necessario muniri, paratis scilicet ad rationem omni 10 poscenti reddendam. Inter quos claruit quidam Scotigena nomine David 64, quem dudum scolas Wirciburg regentem pro morum probitate omnique liberalium artium peritia rex sibi capellanum assumpsit. Hic itaque iussus a rege totam huius expeditionis seriem rerumque in illa gestarum stilo 1 s tam facili, qui pene nihil a communi loquela discrepet, tribus libris digessit, consulens in hoc etiam Ieetoribus Iaicis vel aliis minus doc­ tis 66, quorum h�c intellectus capere possit. Igitur iuxta iam dicti relationem hystoriographi 66 superata nimis laboriose montium asperitate rex cum suis l�tus et incolomis Ebo- 20 reium pervenit, alter vero exercitus captis antea quibusdam castellis apud Viruncalia, uti condictum fuerat, post expugnatam ab ipso Novariam ipsum l�tanter excepit. Paucis ibidem diebus moratus Padum prospere transit, Placenti� castra metatus munera copiosa magnamque fidelitatem a civibus accipiens et per tres septimanas 2s in his partibus commoratus Parmamque perveniens Mahthildem cometissam per internuncios sibi subiectam gratia sua propriisque iusticüs donavit. Post h�c asperrima nimis afflictus hieme montem Pardonis 67 cum maximo exercitus dispendio, rerum et equorum mise­ rabili defectu transcendit, incessanter cadentibus super se iuxta 30 qualitatem illius climatis immensis pluviis, hasque per VII septimanas passi tandem Florentiam nimis afflicti pertingunt instante festo nativitatis Domini. 82 Das gleiche sagt der Verfasser mit etwas anderen Worten über Heinrich IV., 83 Vgl. die Vorrede oben S. 212. oben S. 226. 85 Vgl. die Vorrede oben S. 212. u Vgl. I. Schmale-Ott, DA. l2 ( 1956) 379.

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darauf bestärkt waren, verhandelte der König unermüdlich in den ein­ zelnen Ländern Deutschlands in freudigem Eifer über diese Expedition ; und wenn auch der Aufgang eines Unheil bringenden Kometen, der fast sechs Monate lang zu sehen war, einige Gemüter in Schrecken versetzte, 5 so wurden doch überall mit königlicher Freigebigkeit unermeßliche Geldzuwendungen gegeben ; dann befahl er zum August den Aufbruch des Heeres von allen Orten, wobei ein Teil mit ihm über den Großen St. Bernhard zog, ein Teil die Alpen durch das Tal von Trient über­ querte. Der König aber, dem kein zweiter j emals an Voraussicht zu 1 0 vergleichen 62 war, der auch wußte, daß der Römische Staat einst nicht so sehr mit Waffen als vielmehr mit Weisheit regiert zu werden pfl.egte 63, hatte vorgesorgt und sich nicht nur mit bewaffneten, sondern auch mit gebildeten Männern, wie es notwendig war, umgeben, die bereit waren, j edem Rechenschaft abzulegen, der sie verlangte. 15 Unter diesen zeichnete sich ein Iroschotte namens David 64 aus. Er war früher Leiter der Würzburger Schule, und der König hatte ihn wegen seines rechtschaffenen Charakters und wegen seiner großen Kenntnis in den Freien Künsten zu seinem Kaplan gemacht. Dieser schrieb auf Befehl des Königs den Ablauf und alle Geschehnisse dieses Zuges in drei 20 Büchern in einem so einfachen Stil auf, daß er sich kaum von der Umgangs­ sprache unterscheidet ; so trug er auch für die Leser unter den Laien Sorge und für andere weniger gelehrte Leute 66, deren Verstand dies be­ greifen könnte. Als nun nach dem Zeugnis des genannten Geschichtsschreibers 66 das 25 rauhe Gebirge mühsam überwunden war, gelangte der König froh und unversehrt nach I vrea, das zweite Heer nahm erst einige Burgen und traf dann wie vorgesehen glücklich mit dem König, der Novara erobert hatte, bei Roncaglia zusammen. Er blieb einige Tage dort und überschritt dann mit Erfolg den Po. In Piacenza schlug er das Lager auf und empfing 30 dort von den Bürgern viele Geschenke und den Ausdruck ihrer treuen Gesinnung ; drei Wochen lang blieb er in dieser Gegend, gelangte dann nach Parma und beschenkte die Gräfin Mathilde, die ihm durch Boten ihre Unterwerfung kundgetan hatte, mit seiner Huld und eigenen Gerecht­ samen. Der folgende Winter bedrängte ihn sehr hart, und er überstieg den 35 Monte Bardone 67 unter höchster Anstrengung seines Heeres und unter beklagenswerten Verlusten an Material und Pferden ; denn unaufhörlich prasselten dem dortigen Klima entsprechend unermeßliche Regengüsse auf sie herab ; sieben Wochen lang erduldeten sie dies und gelangten endlich ziemlich mitgenommen unmittelbar vor dem Geburtsfest des 40 Herrn nach Florenz. 18

Der Verfasser folgt Davids Bericht - der sicher die Version des Hofes wie­ dergibt -, den auch Wilhelm von Malmesbury benutzt hat, der sonst aber nicht erhalten ist. 87 Ein Apenninen-Paß, über den der Weg von Norden her in die Toskana führte.

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Anno Domini millesimo CXI. Postquam rex Heinricus rebus per Longobardiam atque Tusciam dispositis apud Florentiam dominic� nativitatis gaudia cum ingenti suorum tripudio et mirando ac eatenus illius patri� civibus nunquam viso decore et honore percelebravit, moto inde versus Ariciam exercitu illoque perveniens a clericis beni- s vole, a civibus subdole recipitur 68, quorum etiam insolentiam postea satis abundeque perdomuit, scilicet civitate illorum cum turribus, quas ad repugnandum regi preparaverant, funditus eversa, �cclesi� tarnen omni sua iusticia, quam idem cives violenter abstulerant, iuxta clericorum petitionem restituta 69• Inde ad Aquampendentem 10 progressus legatos suos dudum ab Aricia missos ab apostolico boni nuncii baiulos reperit remissisque aliis 70 nunciis cum Romanorum 71, qui supplices illic sibi occurrerant, paulatim Sutriam processit. Ibi legati apostolici 72 cum missis regiis advenientes promptum esse papam ad consecrationem et omnem regis honorem et voluntatem, t s si tarnen ipse sibimet annueret libertatem �cclesiarum, laicam ab illis prohibens investituram, recipiendo nihilominus ab �cclesiis ducatus, marchias, comitatus, advocatias, monetas, thelonea c�tero­ rumque regalium qu� possident summam. Prebuit rex assensum, sed eo pacto, quatinus h�c transmutatio firma et autentica ratione, 20 consilio quoque vel concordia totius �cclesi� ac regni principum assensu stabiliretur, quod etiam vix aut nullo modo fieri posse credebatur 73• Qua conventione facta, dimissis legatis et obsidibus utrimque missis rex hilariter ad Urbem properat, domnus autem apostolicus cum omni clero, immo tota Roma se in eius occursum 2s adornat 74• Post h�c, qu� gesta sunt, longissimum est enarrare, utpote quam immensa honorificentia sit receptus et per Argenteam Portam usque ad mediam rotam antiquo Rarnanorum instituto deductus, ibique lectis publice privilegiis, tumultuantibus in infinitum principibus pre 30 �cclesiarum spoliatione ac per hoc beneficiorum suorum ablatione, quam ingenti periculo, quam varia disceptatione tota dies illa con­ sumpta sit et postremo pater apostolicus ab episcopis et aliis fidelibus 88 Zu dem Streit zwischen dem Domstift und der Geistlichkeit vgl. Meyer v.

Kn. 6, 135. Vgl. Stumpf 3045.

eg

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Im Jahr des Herrn 1 1 1 1 . Nachdem König Heinrich in der Lombardei und in der Toskana alles geordnet hatte, feierte er in Florenz die Freuden des Geburtsfestes des Herrn unter ungeheurem Jubel der Seinen und mit einem erstaunlichen und von den Bürgern dieser Stadt s noch nie gesehenen Prunk und Aufwand. Dann brach er nach Arezzo auf, wo er von den Geistlichen wohlwollend, von den Bürgern aber hinter­ hältig aufgenommen wurde 88 ; ihre Unverschämtheit strafte er später überreichlich, denn er zerstörte vollständig ihre Stadt mit den Türmen, die sie zum Widerstand gegen den König hergerichtet hatten ; der Kirche 10 aber gab er auf Bitten der Geistlichen 89 alle Gerechtsame zurück, die die Bürger ihr gewaltsam weggenommen hatten. Von dort zog er nach Acquapendente, wo er die Gesandten vorfand, die er bereits von Arezzo abgesandt hatte und die nun gute Botschaft vom Papst brachten ; er schickte sodann andere Gesandte 70 zusammen mit den Boten der Römer 71, ts die ihm dort unterwürfig entgegengekommen waren, zurück und rückte allmählich auf Sutri zu. Dorthin kamen zusammen mit den königlichen Boten päpstliche Legaten 72, die erklärten, der Papst sei bereit, ihm die Weihe, j ede königliche Ehrung und jeden Wunsch zu gewähren, wenn er ihm selbst die Freiheit der Kirchen zugestehe, die Investitur durch Laien 20 von ihnen fernhalte, wofür er von den Kirchen Herzogtümer, Mark­ grafs/}haften, Grafschaften, Vogteien, Münzen, Zölle und das Gesamt aller Regalien, die sie besäßen, zurückerhalten sollte. Der König gewährte seine Zustimmung, jedoch nur unter der Bedingung, daß diese Änderung durch ein eindeutiges und eigenhändiges Protokoll aufgrund des Rates 2s auch und der einmütigen Gesinnung der ganzen Kirche, sowie der Zustim­ mung der Reichsfürsten festgesetzt würde ; man hielt dies kaum oder überhaupt nicht für möglich 73• Nach dieser Übereinkunft wurden die Gesandten entlassen, man schickte sich wechselseitig Geiseln, und der König eilte froh nach der Stadt ; der Papst aber bereitete sich mit dem 30 gesamten Klerus, ja mit ganz Rom, ihm würdig entgegenzuziehen 74. Was damals geschah zu erzählen, führte allzu weit: Wie er mit unermeß­ licher Ehrerbietung empfangen und durch die Silberne Pforte nach alter Sitte der Römer bis zum mittleren Kreis geführt wurde, wie dort nach der öffentlichen Verlesung der Verträge die Fürsten endlos tobten wegen der 3S Beraubung der Kirchen und dem dadurch bedingten Verlust ihrer Lehen, mit welch ungeheuerer Gefahr, mit welchen verschiedenen Streitereien dieser ganze Tag verging und wie schließlich der apostolische Vater von 70

Ihre Namen MG. Const. 1, 138 n. 84.

71 Ein Sendschreiben an die Römer ebd. S. 134 n. 82. 7 2 Unter Führung des Kardinals Petrus Pierleone. Zum Inhalt, der in der

Kaiserchronik verkürzt wiedergegeben ist, MG. Const. 1, 138 f. n. 85. 73 Vgl. ebd. S. 141 f. n. 90 u. 150 f. n. 100 . 74 Am 12. Februar.

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regis sit custoditus usque ad pacatam et �cclesiasticam consecratio­ nem imperatoris 75, in exemplum patriarch� Iacob dicentis ad angel­ um 76: "Non dimittam te, nisi benedixeris mihi". His ita in dominica quinquagesim� transactis Romani nocte con­ gregati summo mane 77 impetum undique fecerunt in exercitum regis, s adeo ut commissa aliquandiu pugna regem per se ipsum necesse esset exercitui succurrere, quod et impigre fecit et usque ad inclinatam iam diem 77 afortissimi militis et optimi ducis 77 a opus agens Dei gratia suis victoriam, hostibus post multam stragem turpissimam fugam incussit. 10 Post triduum 78 Roma secedens domnum apostolicum secum duxit et eo quo potuit honore tenuit, donec compositis, qu� res poscebat, per regiones negociis, pacatis omnibus adversariis instans pascha non Ionge ab Urbe in castris celebravit 79 ibique sedatis inter ipsum et apostolicum, inter regnum et sacerdotium dissensionibus 1 5 inveteratis80 post octavas pasch� cum nimio populi Romani, immo totius �cclesi� ac in�stimabilis exercitus tripudio ante confessionem sancti Petri Augusti nomen et imperium a Christo, ipse chrismate rite perunctus et sacratus et sub augustissima pompa coronatus susce­ pit81, dato sibi in presenti per manum apostolici sub testimonio 20 astantis �cclesi� privilegio investitur� �cclesiastic� 82, iuxta quod utriusque predecessoribus placuerat et permanere consueverat, cuius inconvulsibilem stabilitatem domnus papa mox sub anathemate confirmabat 83. Sie denique ea die 84gloria in excelsis Deo et in terra pax hominibus bon� voluntatis 84, ut ita dicam, est recuperata, 25 dum tarn inveterata et eatenus incorrigibilia de regno Christi scis­ matum ablata sunt scandala. Nec multo post Heinricus imperatoria munificus liberalitate tarn spirituali patri suo pap� quam singulis eius episcopis cardinalibus clericisque maioribus ac minoribus dona tot, tanta et talia disperti- 30 vit86, ut absentibus omnino incredibile memoratu sit, sicque tarn ab 75 Vgl. Meyer v. Kn. 6, 150 ft'. 7 8 Gen. 32, 26. 77 Am 13. Februar. 77 a Sallust, Cat. 60,4. 78 In der Nacht vom 15. auf den 16. Februar. 78 Unterhalb von Tivoli am Ponte Lucano ; der Papst wurde in Trevi, einer

Burg südöstlich von Subiaco, gefangengehalten.

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den Bischöfen und anderen Getreuen des Königs in Haft genommen wurde bis zu einer friedlichen kirchlichen Salbung des Kaisers 76, nach dem Beispiel des Patriarchen Jakob, der zum Engel sagte 78 : "Ich lasse Dich nicht, Du segnetest mich denn." s Dies war am Sonntag Quinquagesima geschehen ; die Römer scharten sich während der ganzen Nacht zusammen und griffen am frühen Morgen von allen Seiten das Heer des Königs an, so daß der König, als der Kampf schon einige Zeit währte, selbst dem Heer zur Hilfe kommen mußte, was er auch mit Eifer tat ; und bis der Tag sich neigte, vollbrachte er das 10 Werk 77 a eines überaus tapferen Soldaten und des besten Feldherrn 77 a und verhalf mit der Gnade Gottes den Seinen zum Sieg, den Feinden aber nach schwerem Gemetzel zur schimpflichsten Flucht. Nach drei Tagen 78 verließ er Rom und führte den Herrn Papst mit sich ; er hielt ihn so ehrenhaft wie nur möglich bei sich, bis er, nachdem in den 1s einzelnen Gebieten alle erforderlichen Aufgaben erledigt und alle Gegner befriedet waren, das bevorstehende Osterfest unweit der Stadt im Lager feierte 79. Dort wurden die alten Streitfragen zwischen ihm und dem Papst, zwischen der weltlichen und geistlichen Gewalt, beigelegt so, und nach der Oktav von Ostern empfing er unter größtem Jubel des römischen Volkes, 20 ja der ganzen Kirche und des riesigen Heeres vor der Confessio des hl. Petrus von Christus den Namen und die Herrschaft eines Kaisers, indem er, wie es Brauch ist, mit Chrisam gesalbt und geweiht und überaus prunkvoll gekrönt wurde 81. Auch wurde ihm persönlich durch die Hand des Papstes, unter dem Zeugnis der dabei anwesenden Kirche, ein Privi2S leg über die kirchliche Investitur geschenkt 82, so wie es den Vorgängern beider gefallen und gewohnheitsmäßig gegolten hatte ; seine Unabänder­ lichkeit bestätigte der Papst bald unter Androhung des Bannes 83• So wurde endlich an diesem Tage 84 Gott in der Höhe Ehre und auf Erden den Menschen guten Willens Friede 84, um mich so auszudrücken, wieder30 gewonnen, da die alten und bis dahin unverbesserlichen Ärgernisse der Spaltungen vom Reiche Christi genommen wurden. Nicht viel später verteilte Heinrich in kaiserlicher Freigebigkeit seinem geistlichen Vater, dem Papst, den einzelnen Kardinalbischöfen, der höheren und niedrigeren Geistlichkeit so viele und so große Geschenke 3S von solcher Art 86, daß es denen, die nicht dabei waren, unglaublich 80 Im Vertrag von Ponte Mammolo vom 1 1 . April und durch das Privileg Paschals II. vom 12. April (MG. Const. 1, 142 ff. nn. 91-96) . 81 A m 1 3 . April. 82 Das sogenannte Pravileg vom 12. April ; vgl. Anm. 80. 83 Siehe Const. 1, 144 f. n. 96. 8' Luc. 2, 14. 85 Vgl. den Bericht zum Jahre 1 1 14, unten S. 262.

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apostolico quam ab omnibus prospera sibi imprecantibus et nimio amoris vinculo eum aliquandiu deducentibus per Longobardiam ad Alpes indeque ad terras Germanicas feliciter est reversus. Post reditum quoque suum nonnulla tam ab ipso imperatore quam ab episcopis secum comitantibus, qu� corrigenda videbantur, iuxta quod summus pontifex concesserat unicuique vel iniunxerat, ad planum sunt expolita, viciata quoque 88 ad purum excocta 88• Sie Christo respiciente in terram de c�lo sancto suo, sicut ubique devotio et religio christiana, ita etiam rerum prosperitas et copia frugum ac nova circumquaque crescere cepit l�ticia. Habita Mogonti� curia Adelherturn cancellarium suum, dudum ad eandem kathedram electum, baculo et anulo investivit87• Anno Domini millesimo CXII. Sigifridum comitem diutina satis afflictum custodia 88 iuxta principum consilium atque petitionem sibi reconciliatum dimittens 89 benigne tractare cepit, adeo ut eius filium de baptismate susciperet et iniuriarum preteritarum oblivisci se factu­ rum sponderet. Eo tempore predictus Adelbertus designatus Mogontinus pontifex, qui per omnia secundus a rege semper fuerat, sine cuius consilio nihil facere solebat, adversus imperatorem, quod vix quisquam crederet, conspirare cum quibusdam principibus infamatur reque cognita custodi� ab illo traditur Do. Anno Domini millesimo CXIII. Heinricus imperator natalem Domi­ ni Erpesfurt celebravit. Lotharius dux91, Sigifridus predictus92, Ruodolfus marchio 93, Wigbertus senior 94, Fridericus palatinus comes95 et Luodewicus comes96 rebellationem contra imperatorem parant97, quos ipse sine mora cum exercitu petens incendiis et muni­ tionum destructionibus infestare non cessavit, donec ab eius fidelibus Sigifrido perempto 98, Lothario et Ruodolfo reconciliatis, Friderico, Wigberto seniore iuste captis et custo(li� deputatis, fortuna immo Christi gratia rebus finem dedit. 88-88 V gl. Is. 1 , 25. 87 Am 15. August. Auffallend ist der Hinweis auf die Investitur mit Ring und

Stab, die sicher nicht zufällig einzig zu diesem Jahr erwähnt wird. 88 Vgl. den Anfang des Jahresberichts zu 1 109.

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erscheint ; nachdem ihm dann der Papst und alle anderen Glück gewünscht und ihm mit großer Liebe ein Stück das Geleit gegeben hatten, kehrte er durch die Lombardei und über die Alpen glücklich nach Deutschland zurück. s Nach seiner Rückkehr wurde vom Kaiser selbst und auch von den Bischöfen, die ihn begleitet hatten, einiges, was der Verbesserung be­ dürftig erschien, gemäß der Erlaubnis und dem Auftrag des höchsten Bischofs an einen jeden völlig in Ordnung gebracht und Fehlerhaftes bereinigt 86• Während so Christus aus seinem heiligen Himmel auf die 10 Erde herabsah, begannen überall christliche Frömmigkeit und Religion, ebenso aber auch glückliches Gedeihen und Fülle der Feldfrüchte und überall neue Freude zu wachsen. In Mainz hielt er einen Hoftag und investierte seinen Kanzler Adalbert, der schon längst für diesen Sitz erwählt war, mit Stab und Ring 87. Im Jahr des Herrn 1 1 12. Pfalzgraf Siegfried, der durch die lange Haft ziemlich mitgenommen war 88, versöhnte er auf den Rat und die Bitte der Fürsten hin mit sich 89 und entließ ihn ; er begann, ihn so gütig zu be­ handeln, daß er sogar seinen Sohn aus der Taufe hob und versprach, das vergangene Unrecht zu vergessen. 20 In dieser Zeit wurde der schon erwähnte Adalbert, designierter Erz­ bischof von Mainz, der in allem stets der zweite nach dem König gewesen war und ohne dessen Rat dieser nichts zu tun pflegte, bezichtigt, mit einigen Fürsten gegen den Kaiser - was kaum einer glauben konnte zu konspirieren ; nachdem die Sache ruchbar geworden war, ließ er ihn 2s verhaften 90, IS

30

Im Jahr des Herrnl ll3. Kaiser Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Erfurt. Herzog Lothar 91, der erwähnte Siegfried 92, Markgraf Rudolf93, Wipert der Ältere 94, Pfalzgraf Friedrich 95 und Graf Ludwig 96 zettelten einen Aufstand gegen den Kaiser an 97 ; dieser griff sie unverzüglich mit einem Heer an und bedrängte sie unablässig durch Brandschatzung und Zerstörung ihrer Befestigungen, bis von seinen Getreuen Siegfried ge­ tötet 98, Lothar und Rudolf wieder versöhnt, Friedrich und Wipert der Ältere gefangengesetzt worden waren und so Fortuna, oder besser die Gnade Christi, diesen Ereignissen ein Ende setzte. 110 Im Nomber ; vgl. Stumpf 3093. von Sachsen. gz Siehe den vorangehenden Jahresbericht. ga von der sächsischen. Nordma.rk. N Graf von Groitzsch. 8i F gs von Thüringen. riedrich I. Sommerschenburg. 87 98 Am 9. März 1 1 13. Der AufBBta.nd begann schon im Spätherbst 1 1 12.

ag Noch im Jahre 1 1 1 1 .

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Eodem a anno imperator inpatiens aliquid discordi� oriri in regno suo invadit cum exercitu quendam Regenoldum de Munzun 99 sibi repugnantem et bona episcopatuum suorum devastantem, quem aput Bar castellum suum obsedit et eum se et castellum viriliter defendentem virilins ipse c�pit cum multis primatibus einsdem patri� et ipsum castellum igne concremavit.

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Anno Domini MCXIIII. Imperator Henricus natalem Domini Babenberg celebravit dispositis nuptiis suis Magunti� in proxima epiphania. Desponsaverat enim ante triennium Mahtildem 1 filiam Henrici regis Anglorum, virginem moribus nobilem, venustam quoque 1 0 et decoram facie, qu� habebatur decus et gloria tarn Romani imperii quam Anglici regni. Erat enim progenita ex utraque parte ex longa linea magnific� nobilitatis et regalis prosapi�, in cuius loquela et opere 2 resplendebat specimen futur� bonitatis abunde, adeo ut omnibus optaretur Romani imperii heredis mater fore. Ad ipsas quoque 1 5 nuptias 3 tanta convenit multitudo archiepiscoporum, episcoporum, ducum atque comitum, abbaturn quoque et prepositorum atque eruditissimorum clericorum, ut nullus senex illius evi posset reminisci vel aliquo modo adtestari se vidisse vel saltem audivisse tantam multitudinem tantorum primatuum in uno conventu con- 20 venisse. In ipsis enim nuptiis convenerant archiepiscopi V, episcopi XXX, duces V, de quibus dux Boemi� 4 summus pincerna fuit. Corniturn vero et abbaturn atque prepositorum numerus a nullo presenti licet mu1tum sagaci potuit comprehendi. Dona autem, qu� diversi reges atque innumerabiles primates domno imperatori in 25 ipsis nuptiis miserunt vel qu�, ipse imperator ex se innumerabili multitudini ioculatorum et istrionum atque diverso generi diver­ sarum gentium distribuit, quemadmodum nullus camerarius ipsius, vel qui recepit vel qui distribuit, potuit numerare, ita nullus eiusdem 30 imperatoris chronographus potuit litteris comprehendere. Eodema quoque anno in eisdem nuptiis iuraverunt principes expe­ ditionem contra Frisones se facturos in secunda septimana post pente­ costen 5 • Denegaverant enim domno imperatori debitam subiectionem a)

Von hier an andere Hand.

88 Graf von Bar und Mousson (Lothringen) ; er war mit dem Bischof von Ver· dun wegen Metzer Angelegenheiten in Streit geraten.

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Im gleichen Jahr überfiel der Kaiser, der nicht duldete, daß in seinem Reich Zwietracht entstand, mit einem Heer einen gewissen Rainald von Mousson 911, der ihm Widerstand leistete und die Güter seiner Bistümer verwüstete ; er belagerte ihn in seiner Burg Bar und nahm ihn, der sich und die Burg mannhaft verteidigte, mit zahlreichen Großen des Landes noch mannhafter gefangen, während er die Burg selbst einäscherte.

Im Jahr des Herrn 1 1 14:. Kaiser Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Bamberg, nachdem er seine Hochzeit für das Fest der Erschei­ nung in Mainz festgesetzt hatte. Er hatte sich nämlich vor drei Jahren mit 10 Mathilde 1, der Tochter König Heinrichs von England verlobt, einer Jungfrau von adeligen Sitten und von schöner und lieblicher Gestalt, die man für die Zierde und die Ehre des Römischen Reiches und Englands hielt. Sie stammte nämlich beiderseits aus einem seit langem hochadeligen und königlichen Geschlecht, und in ihren Worten und Werken 2 erstrahlte 1 5 das Beispiel zukünftiger überreicher Güte, so daß alle wünschten, sie werde die Mutter des Erben des Römischen Reiches sein. Zu dieser Hoch­ zeit 3 strömte eine solche Menge von Erzbischöfen, Bischöfen, Herzögen, Grafen, Äbten, Pröpsten und hochgelehrten Geistlichen zusammen, daß kein Greis dieses Zeitalters sich erinnern oder auf irgendeine Weise 20 bestätigen konnte, gesehen oder wenigstens gehört zu haben, daß eine so große Schar so bedeutender Großer bei einem Treffen zusammen­ gekommen sei. Bei dieser Hochzeit waren nämlich fünf Erzbischöfe, dreißig Bischöfe und fünf Herzöge anwesend ; unter ihnen war der Herzog von Böhmen 4 der oberste Mundschenk. Die Zahl der Grafen, 25 Äbte und Pröpste dagegen konnte von niemandem, und sei er noch so klug, gezählt werden. Die Geschenke, die die verschiedenen Könige und zahllose Große dem Kaiser aus Anlaß der Hochzeit schickten, sowie die, die der Kaiser seinerseits unter die unzählbar große Menge der Spaß­ macher und Schauspieler und an die verschiedenen Angehörigen der 30 verschiedenen Völker verteilen ließ und die keiner seiner Kämmerer, ob er sie nun empfing oder verteilte, zählen konnte, vermag kein Ge­ schichtsschreiber dieses Kaisers zu verzeichnen. In demselben Jahr, auf eben dieser Hochzeit, beschworen die Fürsten eine Heerfahrt gegen die Friesen in der zweiten Woche nach Pfingsten 6• 1 Sie war im Frühjahr 1 1 10 im Alter von achtJahren nach Deutschland gekom­ men, am Osterfest ( 10. April) hatte in Utrecht die feierliche Verlobung statt­ gefunden. 2 Auf ihre Intervention hin wurde Herzog Gottfried von Niederlothringen 3 Am 7. Januar, einen Tag nach Epiphanie. 1 1 10 begnadigt. ' Wladislaw. Neben ihm waren noch die Herzöge Friedrich von Schwaben, Welf von Bayern, Heinrich von Kärnten und Lothar von Sachsen anwesend. 5 Das Pfingstfest fiel auf den 17. Mai.

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impendere et tributa, qu� iure annuatim debebant persolvere. Nam ex insolentia tumidi et locorum munitione freti dedignabantur alicui domno subici vel alicuius licet valde potentis pr�ceptum exequi. Cum autem veraus illos exercitus c�pisset se movere, Coloniensis archiepiscopus 6 cum quibusdam aliis principibus impedivit iter illius et acriter cum suis civibus et copia militum atque succursu diver­ sorum comitum cepit domno suo imperatori resistere et suos die noctuque vexare. Imperator itaque ex consilio et consensu principum redit Mogontiam 7infecto negotio 7 et frustrato suo suorumque labore. Illi autem, qui hanc rebellionem contra imperatorem machinati fuerant, nullam aliam occasionem habebant, unde ipsum possent accusare, nisi quod testabantur quendam suum ministerialem nimis ferociter dominium in suis partibus exercere 8•

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Diese verweigerten dem Kaiser nämlich die schuldige Unterwerfung und den rechtmäßigen jährlichen Tribut. Frech und aufgeblasen und im Vertrauen auf ihre festen Plätze, verschmähten sie es, sich einem Herrn zu unterwerfen oder dem Befehl irgendeines, und sei er auch sehr mächtig, s zu folgen. Als aber das Heer gegen sie vorzurücken begann, hinderte der Erzbischof von Köln 8 mit einigen anderen Fürsten seinen Weg und unter­ nahm es, zusammen mit seinen Bürgern, einer Menge seiner Vasallen und unter Zuzug verschiedener Grafen seinem Herrn, dem Kaiser, Widerstand zu leisten und dessen Leute bei Tag und Nacht zu beunruhi10 gen. Deshalb kehrte der Kaiser mit dem Rat und der Zustimmung der Fürsten 7unverrichteterdinge 7 nach Mainz zurück ; seine und seiner Anhän­ ger Anstrengung war vergebens gewesen. Jene aber, die diesen Aufstand gegen den Kaiser angezettelt hatten, besaßen keinen anderen Grund zur Anklage, als daß sie erklärten, einer seiner Ministerialen übe allzu 15 streng seine Herrschaft in ihrem Gebiet aus 8•

8 Friedrich. tlber seine Verbindung mit den anderen Fürsten Meyer v. Kn. 6, 298ff. 7 Sallust, Iug. 58,7. 8 Hier bricht die Kaiserchronik unvermittelt ab.

EKKEHARDI CHRONICA

DIE CHRONIK EKKEHARDS VON AURA

[RECENSIO III.] Incipit prologus Christi familie fideli prudentique dispensatori Erkemberto 1 neonon eidem formoso gregi, sub tarn elegante pastore Christi martirum Stephani atque Viti 2 excubias celebranti, frater Ekkehardus cum s ceteris sancti Laurentii 3 pauperibus, si quid valet caritas non ficta3 a tantis pressa ponderibus. En, sarcinis propriis media interim via relictis, impositum nobis ab auctoritate vestra grande videlicet onus, Deo gratias, Christo laudes ! ad metam usque detulimus 4, soli tan­ tum 5 caritati - que cum Deus sit 5, nichil nimirum nequit 6 utrim- to que - digne asscribentes, quod, ipsa manum semper porrigente, tanta tantilli potuimus. Ecce enim diversorum chronograforum series ab exordio mundi breviando decursas, nostrorum temporum fecibus eciam per nostri still supplevimus officium, per hoc ipsum precepti vestri voto, quamvis non absque fame nostre periculo, volentes iam t s esse satisfactum. Igitur ob fastidü remedium V libellis opus ipsum distinguitur. Primus conditione urbis Rome, secundus Christi nati­ vitate, tercius imperio Karoli, quartus illius, qui adhuc superest et quintus Heinricus imperator appellatus est, terminatur. Cuius enim nomini quintum non incongrue librum videbatur inscribi, quem ad 20 arbitrium uniuscuiusque scriptoris constituimus finiri. Addidimus quoque in fine scedule libellum quem Iherosolimitam dicimus et perigrinationis tibimet, o pater venerande, iam divinitus inspirate levamen speciale futurum non ambigimus. Unum est ergo quod votis omnibus exoptamus, quod eciam nostri laboris recompensationem 2s summopere postulamus, quatinus volumen presens nostre servitutis debitum in cenobio Corbeiensi perpetualiter persolvat ac renovate 1 Abt von Korvey ( 1 107-1 128). 2 Klosterpatrone von Korvey.

[DRITTE FASSUNG]

Vorrede Dem getreuen und klugen Verwalter des Hauses Christi Erkembert l und seiner wohlgestalten Herde, die unter einem so trefflichen Hirten s den Märtyrern Christi Stephan und Vitus 2 die Wache hält, wünschen Ekkehard und die übrigen Armen des heiligen Laurentius 3, was unge­ heuchelte Liebe 3 a , bedrängt von solchen Lasten, nur vermag. Während wir die eigene Bürde inzwischen mitten auf dem Wege liegen ließen, haben wir das schwere Werk, das uns euer Geheiß auferlegte - Gott sei 10 Dank und Christus Lob ! - zu Ende gebracht 4 ; allein der 6 Liebe, die, da sie Gott ist 6, auf beiden Seiten fürwahr alles vermag 8, schreiben wir es ge­ rechterweise zu, daß unsere Wenigkeit solches vermochte, weil sie selbst uns stets ihre hilfreiche Hand gewährte. Siehe nämlich, wie wir die Werke verschiedener Geschichtsschreiber, sie kürzend, durchgingen und sie mit !S Hilfe unserer Feder durch die Taten unserer Zeit vervollständigten in dem Wunsch, dies möge eurem Auftrag, wenn auch nicht ohne Gefahr für unseren Ruf, Genüge tun. Um Überdruß zu vermeiden, ist das Werk selbst in fünf Bücher eingeteilt. Das erste findet sein Ende durch die Gründung Roms, das zweite durch Christi Geburt, das dritte durcli das 20 Kaisertum Karls, das vierte durch die Herrschaft dessen, der noch lebt und Kaiser Heinrich V. genannt wird. Es schien passend, mit seinem Namen das fünfte zu bezeichnen, und wir beschlossen, daß es nach dem Ermessen eines j eden Schriftstellers beendet werden möge. Am Ende des Werkchens fügen wir außerdem ein Buch bei, das wir Hierosolimita 2s nennen und das dir, verehrungswürdiger Vater, deine Pilgerfahrt, die dir Gott eingab, sicher erleichtern wird. Eines aber ist es, was wir von ganzem Herzen wünschen und was wir vor allem als Gegenleistung für unsere Mühe erbitten, daß nämlich dieser Band auf ewig die Schuld unserer Ergebenheit im Kloster Korvey zahle und als Denkmal des durch ihn 3 Kloster Aura war dem hl. Laurentius geweiht.

aa Vgl. 2. Kor. 6,6.

' D. h. die Rezension III. 5-5 Vgl. 1. loh. 4, 8; 4, 16.

8 Vgl. 1. Kor. 13.

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Ekkehard III

per se pristine societatis, quam sub sancte memorie patreque dilectissimo Marcwardo 7 consecuti sumus, monimentum in armario sancti Viti pro pauperibus sancti Laurentü posteris pretendat. Ad hec, nimio nec immerito erga reverentiam vestram ferventes affectu caritatis, direximus unanimem nostrum vobisque per omnia nichilominus devotum Amel, priorem nostre congregationis, qui et tibi, pater, ad vestigia Salvatoris tendenti presentialiter nostra vice intimum vale faciat ac inter utramque congregationem mediator notissimus ac testis ydoneus optate fraternitatis nostre ore ad os confirmare sufficiat, et si qua sunt literis neglecta, hinc inde responsa subinferat. Valere vos hic semper et in eternum vivere nos oramus unanimes et sine intermissione.

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Incipit liber quintus Anno Domini MCVP. Mediante Heinrico iuniore tantus apud Mogontiam factus est in natali dominico totius regni Teutonici 1 5 conventus, quantus per multa annorum curricula nusquam est visus. Referunt enim qui aderant LII optimates ibi tune vel eo amplius affuisse, adeo ut solus dux Saxonie Magnus nomine, quem iam gravior etas impediebat, notaretur defuisse. Ibi supervenientes apostolice sedis legati, episcopus scilicet Albanus cum Constantiensi, sententiam 20 anathematis in Heinricum seniorem dieturn imperatorem a tot sibi succedentibus apostolicis sepius sepiusque promulgatum scriptis simul et dictis testificantes universam multitudinem, immo totam toto orbe diffusam ecclesiam ab eius communione Christi et beati Petri auctoritate multis iam annis sequestratam confirmabant. 25 Qua de causa dum ipse se Mogontiam de castello quo manebat exhi­ bere temptaret, principes propter cavendum tumultum vulgi sue potius quam filii parti favere solentis ipsi Ingilenheim occurrunta tandemque generali illum circumvenientes consilio usque ad reatus a ) occurrerunt Rec. IV. 7 Abt von Korvey ( 1081-1 107). Ekkehards Bemerkung über den Bund mit Markward von Korvey kann sich nicht auf eine direkte Gebetsverbrüderung zwischen Korvey und Aura beziehen, da Aura erst 1 108 gegründet wurde, son­ dern höchstens auf eine Verbrüderung zwischen Korvey und Hirsau, in welchen

Widmung. Heinrich V. 1 106

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erneuerten alten Bundes, den wir unter dem selig verstorbenen innigst geliebten Vater Markward 7 eingingen, in der Bibliothek des heiligen Vitus den zukünftigen Armen des heiligen Laurentius ein Andenken bewahre. Außerdem senden wir aus übergroßer Liebe gegen euer Ehrwürden, wie ihr sie aber durchaus verdient, Amel, den Prior unserer Gemeinschaft, der mit uns eines Sinnes, aber nichtsdestoweniger euch zutiefst ergeben ist, er möge dir, Vater, da du zu den Spuren des Erlösers strebst, persönlich an unserer Stelle ein herzliches Lebewohl sagen, als bekannter Mittler zwischen unseren beiden Gemeinschaften und als geeigneter Zeuge der gewünschten brüderlichen Verbindung dies mündlich bestätigen und hier und dort Antwort geben, falls in den Briefen etwas vergessen wurde. Einmütig und ununterbrochen beten wir, daß es euch hier stets wohlergehe und ihr in Ewigkeit das Leben habt.

Fünftes Buch Im Jahr des Herrn 1 106 1• Auf Betreiben Heinrichs des Jüngeren fand am Geburtsfest des Herrn eine Zusammenkunft des ganzen Deutschen Reiches in Mainz statt, wie man sie in dieser Größe seit langem nicht mehr erlebt hatte. Teilnehmer berichten, 52 Große oder gar noch mehr seien anwesend gewesen, als einziger habe Herzog Magnus von 20 Sachsen gefehlt, den sein beschwerliches Alter verhinderte. Auch die Legaten des Apostolischen Stuhles, der Bischof von Albano zusammen mit dem Bischof von Konstanz, kamen dorthin ; sie bestätigten den Bannspruch, der gegen den älteren Heinrich, den sogenannten Kaiser, nacheinander von so vielen Päpsten immer und immer wieder schriftlich 2s und mündlich öffentlich verkündet worden war ; ebenso bezeugten sie, daß alle, ja die gesamte über den ganzen Erdkreis ausgebreitete Kirche durch die Vollmacht Christi und des hl. Petrus schon viele Jahre lang von der Gemeinschaft mit ihm getrennt sei. Während er selbst deshalb versuchte, von der Burg aus, in der er sich aufhielt, nach Mainz zu gelan30 gen, gingen ihm die Fürsten nach Ingelheim entgegen, um einen Valks­ aufstand zu verhindern, da die Menge mehr der Partei des Vaters als der IS

Bund dann seit 1 108 auch das mit Hirsauer Mönchen besetzte Aura einge­ schlossen wurde. Noch näher könnte allerdings der Gedanke liegen, daß Ekke­ hard persönlich in die Korveyer Gebetsgemeinschaft aufgenommen wurde, das könnte dann noch leicht unter Markward geschehen sein, vielleicht 1 105, als Ekkehard sich in Sachsen aufhielt. 1 Kommentar zum ersten Abschnitt des Jahresberichts (bis S. 272 Z. 33) oben S. 202 ft'.

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confessionem satisfactionisque professionem perducunt. Qui cum legati communionem seu penitentie modum absque generalis synodi et apostolice discussionis censura reddere ad presens non possent, ipse partis utriusque consiliis annuens regalia vel imperialia insignia, crucem scilicet et lanceam, sceptrum, globum atque coronam, filii s potestati tradidit, prospera illi imprecans, illum primatibus multo fletu commendans et extunc iuxta summi sacerdotis totiusque ecclesie decreta sue consulturum anime promisit. Hoc ordine Heinricus, illius nominis quintus, primum a patre, deinde ab universis Germanie principibus in regem iam secundo 10 electus, ab apostolicis quoque legatis per manus impositionem catho­ lice confirmatus, acceptis tarn ab episcopis quam Iaicis iuxta morem patrie sacramentis regnare cepit LXXXIP loco ab Augusto, L. patris sui anno, ab Urbe condita MDCCCLVIII. anno, ab origine rnundi VLVIII. , dominice vero incarnationis, ut dieturn est, MCVI. anno. 1 s Relatis igitur coram rege cunctisque totius Germanie optimatibus et presulibus omnique clero simul et populo legationibus Romane sedis super ecclesiarum regni istius comrnaculatione diversa et inveterata et econtra emendatione ab universis unanimiter promissa placuit tarn regi quam primoribus ad sanctarn matrem Romanam 20 ecclesiam tantos ac tales a partibus istis legatos transmitti, qui et de obiectis rite rationem reddere et de incertis sagaciter investigare ac per omnia ecclesiasticis utilitatibus sapienter consulere sint idonei. Separantur in hoc opus viri spiritu sapientie pleni, dignitatibus, natalibus et elegantia seu divitiis preclari nullaque secundum Deurn 2s sive seculum veneratione indigni, a Lotharingia Bruno Trevirensis, a Saxonia Heinricus Magdeburgensis archiepiscopi, ab orientali Francia Otto Babenbergensis, a Baioaria Eberhardus Eistatensis, uterque designatus pontifex, ab Alernannia Gebehardus Constan­ tiensis aliique nonnulli presules, plerique etiarn nobiles de latere 30 regis laice professionis, idque precipuum inter cetera suscipiunt mandati, ut, si fieri possit, per illos impetrata domni apostolici cisalpinis partibus exhiberetur presentia. Sie nimirum, sie per tot iarn annos obnubilata Iux oriri cepit nostris in partibus orthodoxa, depublicatur et ventilatur, diiudicatur et Js a}

LXXXVIII Rec. I, IV.

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des Sohnes zuneigte ; schließlich brachten sie ihn durch allgemeinen Rat dazu, seine Schuld zu bekenRen und Genugtuung zu versprechen . Da die Legaten ihm im Augenblick die kirchliche Gemeinschaft und das Maß der Buße nicht ohne Urteil einer allgemeinen Synode und des Papstes s gewähren konnten, stimmte er dem Rat beider Seiten zu und übergab die königlichen und kaiserlichen Insignien, nämlich Kreuz und Lanze, das Zepter, die Weltkugel und die Krone in die Gewalt des Sohnes ; er wünschte ihm Glück und empfahl ihn den Großen unter vielen Tränen ; schließlich versprach er, von nun an nach den Vorschriften des höchsten 10 Priesters und der ganzen Kirche für sein Seelenheil zu sorgen. Auf diese Weise wurde Heinrich, der fünfte dieses Namens, zuerst von seinem Vater, dann von den gesamten Fürsten Deutschlands zum zweiten Mal zum König gewählt, darauf von den apostolischen Legaten durch Handauflegung nach katholischer Weise gestärkt, und nachdem !S er nach heimischer Sitte von den Bischöfen und Laien den Eid empfangen hatte, begann er zu herrschen : an 82. Stelle seit Augustus, im 50. Jahr der Königsherrschaft des Vaters, im 1858. Jahr seit der Gründung Roms, im 5058 . seit Erschaffung der Welt, im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1 106, wie schon gesagt worden ist. 20 Nachdem nunmehr vor dem König, allen Fürsten und Bischöfen ganz Deutschlands, sowie vor dem gesamten Klerus und Volk Botschaften des Römischen Stuhles über die vielfältige und alteingewurzelte Beflek­ kung der Kirchen dieses Reiches vorgebracht worden waren und alle einmütig ihre Ausmerzung versprochen hatten, gefiel es dem König und 2S den Fürsten, zur heiligen Mutter, der Römischen Kirche, Gesandte zu schicken ; sie sollten der Zahl und ihrem Charakter nach geeignet sein, über die Vorwürfe ordnungsgemäß Rechenschaft zu geben, noch offene Fragen klug zu erforschen und in allem für den Nutzen der Kirchen weise zu sorgen. Zu diesem Zweck wurden Männer auserwählt, vom Geist der 30 Weisheit erfüllt, ausgezeichnet durch Würde, Herkunft, vornehmes Auf­ treten und Reichtum, sowohl vor Gott wie vor der Welt jeder Verehrung würdig, und zwar aus Lothringen Erzbischof Bru no von Trier, aus Sachsen Erzbischof Heinrich von Magdeburg, aus Ostfranken Otto von Bamberg, aus Bayern Eberhard von Eichstätt, beide designierte Bischöfe, aus 3S Alemannien Gebhard von Konstanz und noch einige andere Bischöfe sowie mehrere adlige La�en von seiten des Königs ; unter anderem erhielten sie besonders den Auftrag, nach Möglichkeit einen Besuch des Herrn Pap­ stes in den Ländern diesseits der Alpen zu bewerkstelligen. So begann endlich das Licht der Rechtgläubigkeit, das so viele Jahre 40 verdunkelt gewesen war, auch in unseren Landen wieder aufzugehen. Die Häresie Wiberts beziehungsweise Heinrichs wurde allgemein bekannt­ gemacht und erörtert, verurteilt und widerlegt, sie ging in Verwesung

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convincitur, fetet et respuitur, condempnatur et anathematizatur heresis Wigbertina vel Heinriciana, abdicatis sive fugatis hereticis 2 ca­ tholici kathedris pontificalibus destinantur, e quibus etiam aliqui inter ipsa festa consecrantur3• Denique in tantum divine legis subito zelus efferbuit, ut etiam ipsa cadavera pseudoepiscoporum ab ecclesiis s eliminarentur, quotquot autem ab ipsis erant ordinati, usque ad generalem audientiam ab officiis suspenderentur. lam enim 4 exal­ tatis4 sibi divinitus ecclesia Romana 4 cornibus4 ad 6 incutiendum timorem 6 cunctis usquequaque scismatum membris, etiam capitis ipsius ossa, Wigberti scilicet dicti pape de sepulchro suo, quod per VI 10 iam annos in ecclesia Ravennensi possederat6, proici fecerat uni­ versaque eius instituta ut vere non apostolici sacerdotis, sed ut apostatici invasoris, annullari decreverat. Inter hec Werinherus 7 quidam ex ordine ministerialium regis 8, qui marche, que in partibus est Aquine 9, preerat, quasi heresim ean- ts dem resuscitaturus collectis undecumque per Italiam copiis, corruptis quoque multa pecunia Romanis nonnullis, dum domnus apostolicus Beneventanis immoratur finibus10 , quendam pseudoabbatem de Farfara, proh nefas ! kathedre sancti Petri imposuit11 et ipsum papam cesaris sub vocabulo Silvestri appellari voluit. Qui tarnen post paulu- 20 lum turpiter, ut merebatur, a catholicis eliminatus vesanie sue pre­ mium male conquisiti peiusque dispersi eris retulit damnum preter fidei, quod miser ceco non doluit corde, dispendium. Porro proceres iam dicti 12 dum e suis singuli partibus in valle Tridentina convenientes apud eiusdem nominis civitatem, id est 2s Tridentum, pernoctarent l3, quidam Adelbertus adolescens 14, partium tarnen illarum quodam insignis comitatu, summo mane super ipsos utpote inermes et peregrinos cum civibus armatis irruit, spoliat, capit, custodi� tradit idque sibi per legationes domni sui, Heinrici 2 Unter anderen Erzbischof Friedrich von Köln und Bischof Burchard von Münster. 3 Z. B. Konrad als Erzbischof von Salzburg. ' Vgl. Ps. 88, 18 u. ö. &-5 Vgl. 2. Makk. 12, 22. 8 Wibert war in Civita Castellana begraben und wahrscheinlich schon früher exhumiert worden. 7 Vgl. über ihn J. Ficker, Forschungen zur Reichs- und Rechtsgeschichte 8 Heinrich IV. Italiens 2, 246f.

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über und wurde ausgespien, sie wurde verdammt und in Bann getan ; die Häretiker 2 wurden abgesetzt oder vertrieben, ·rechtgläubige Männer wurden für die Bischofssitze bestimmt, und einige wurden sogar während der Festtage geweiht3• Schließlich entbrannte der Eifer für das göttliche s Gesetz plötzlich so sehr, daß sogar die Leichname der falschen Bischöfe aus den Kirchen entfernt wurden ; diejenigen aber, die von jenen ein­ gesetzt waren, wurden bis zu einer allgemeinen Untersuchung von ihren Amtern suspendiert. Schon hatte nämlich die Römische Kirche, durch göttliche Hilfe aufgerichtet 4, die Gebeine des Hauptes der Schismatiker, 10 des sogenannten Papstes Wibert, aus seinem Grab, in dem er schon sechs Jahre lang in einer Kirche zu Ravenna gelegen hatte 8, herauswerfen lassen, um allen Gliedern der Schismatiker Furcht einzuflößen 6• Auch alle seine Anordnungen hatte sie auszulöschen beschlossen, da sie nicht die eines apostolischen Bischofs, sondern die eines abtrünnigen Eindringlings lS waren. Inzwischen versuchte Werner 7, ein Ministeriale des Königs s, der an der Spitze der Mark von Ankona 8 stand, diese Häresie wiederzubeleben ; er sammelte überall in Italien Truppen, bestach auch einige Römer mit viel Geld, während sich der Herr Papst im Gebiet von Benevent aufhielt 1°, 20 und setzte irgendeinen falschen Abt von Farfa - welch ein Frevel ! - auf den Stuhl des hl. Petrus 11• Und diesen Papst des Kaisers wollte er Silvester genannt wissen! Er wurde jedoch nach kurzer Zeit von den Rechtgläubi­ gen schimpflich vertrieben, wie er es verdiente ; als Lohn für seinen Wahnsinn trug er den Verlust eines schlimm erworbenen und noch 2s schlimmer verbrauchten Vermögens davon, abgesehen von dem Verlust des Glaubens, den der Unglückselige blinden Herzens noch nicht einmal bedauerte. Als die genannten Großen 12 einzeln aus ihren jeweiligen Gebieten im Tal von Trient zusammenkamen und in der gleichnamigen Stadt, nämlich 30 Trient, übernachteten 13, da überfiel ein junger Mann namens Adalbert 14, der j edoch durch den Besitz einer Grafschaft in jenen Gebieten aus­ gezeichnet war, die unbewaffneten Pilger, in Gemeinschaft mit bewaffne­ ten Bürgern, raubte sie aus, nahm sie gefangen, setzte sie in Haft und erklärte, dies sei ihm durch Botschaften seines Herrn, des Exkaisers 3S Heinrich nämlich, aufgetragen. Mit den gewohnten Ränken hatte Heinrich 1

Er war Herzog von Spoleto und Markgraf von Ankona. In Wirklichkeit hielt Pascha! sich zu dieser Zeit in der Leostadt auf. 11 Der am 18. November 1 105 als Silvester IV. zum Gegenpapst Erhobene war Maginulf, Erzpriester von S. Angelo. 12 Die für die Gesandtschaft nach Rom bestimmten Großen ; Ekkehard berichtet als Augenzeuge. 13 In der Nacht vom 3. zum 4. März. u W a.hrscheinlich ein Graf von Tirol. 10

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scilicet a eximperatoris, demandatum comprobat. Artibus quippe solitis idem Heinricus usus clamb qu�relosis �pistolis ac nunciis quascumque poterat regni civitates et provincias impleverat, quibus se vim a principibus passum, immo ab unico filio depulsum imperio deplorabat, regnum in suis miseriis confusum cunctis usquequaque 5 patribus eiusdem fortun� timendum fore premonebat exemplum 16• Qua de causa nullus iam per Italiam liber transitus eisdem patuit legatis. Gebehardus tantum, Constantiensis epispopus, cum suis per occultiores Alpium semitas ingressus Mathildis comitiss�, alterins nimirum Debbor� 16, presidiis apostolicis presentatur vestigiis. Reli- 10 qui, ut diximus, magnates, ut nimirum a stultissimo captivatore deprehensi, tractantur indigne preter Ottonem Habenbergensem epi­ scopum, cui idem Adelbertus, eo quod suus esset miles, parcere coge­ batur. Quo etiam mediante Bruno Trevirensis episcopus et Wibertus comes 17 eo pacto dimittuntur, quatinus eximperatorem cum illo 1 5 pacem facturi conveniant et, quid de reliquis ipse precipiat, relaturi redeant. At Iesus, qui semper 18 prope est omnibus se invocantibus 18 et 19 his iuxta, qui tribulato sunt corde 19, repente super eosdem sibi rebelies Welefonem, ducem Noricum, quasi 20 gladium de vagina sua eduxit20 , qui tercia superveniens die manu valida clusas obstructas 20 effregit. Gebehardum, virum probatum, Tridentin� �cclesi� consti­ tutum a rege catholico novum episcopum, quem nunquam se sus­ cepturos cives ipsi conspiraverant, recipi coegit, ipsum quoque Adel­ bertum suique sceleris complices adeo perterruit, ut eductos quos clauserant principes ipsumque castellum novo episcopo redderent, 25 ipsi insuper nudipedes ab his, quos affl.ixerant, veniam postularent. Tune etiam a prima ebdomada XLme, qua et mediante h�c passi sumus, cometam immensi fulgoris usque ad passionem Domini conspeximus. Revertentes quoque tarn pauperes quam divites non sine proprio singuli damno regem nostrum Heinricum quiddam infortunii perpes- 30 sum a rebellantibus sibi nonnullis per Alsaciam sediciosis fama sinistra percepimus, patrem vero regis non modica sibimet auxilia contra filium attraxisse, hoc est episcopum Leodiensem 21, Heinricum ducem Lothariensium, Coloniam, luliacum, Bunnam, qu� et Verona, c�teraque partis illius oppida, h�cque nonnihil titubationis religioni 35 minabantur catholic�. b) clanculis et B. a) fehlt P.

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nämlich alle erreichbaren Städte und Provinzen des Reiches heimlich mit allen möglichen Klagebriefen und -botschaften überschwemmt ; weinend beklagte er, daß ihm von den Fürsten Gewalt angetan, ja daß er von seinem einzigen Sohn aus der Herrschaft vertrieben worden sei ; in seinem Unglück s sei zugleich das Reich in Verwirrung gestürzt ; alle Väter hätten das gleiche Geschick zu befürchten, warnte er 16• Aus diesem Grunde stand den Gesand­ ten kein freier Übergang nach Italien offen. Nur Bischof Gebhard von Konstanz gelangte mit seiner Begleitung auf verborgenen Alpenpfaden und unter dem Schutz der Gräfin Mathilde, einer wahrhaft zweiten t o Debbora 16, zu den Stätten der Apostel. Die übrigen Großen, die, wie wir sagten, von dem allertörichtsten Häscher ergriffen worden waren, wurden unwürdig behandelt, außer Bischof Otto von Bamberg, den Adalbert schonen mußte, weil er sein Vasall war. Durch seine Vermittlung wurden Bischof Bruno von Trier und Graf Wibert l7 unter der Bedingung entts lassen, daß sie den Exkaiser aufsuchten, um mit ihm Frieden zu schließen ; dann sollten sie zurückkehren, um zu berichten, was er selbst in bezug auf die übrigen befehle. Aber Jesus, 18der denjenigen immer nahe ist, die ihn anrufen 18, und 19 besonders denen, die bedrängten Herzens sind u, schickte plötzlich über die, die wider ihn aufgestanden waren, den Bayernherzog 20 Welf, wie 20 man ein Schwert aus der Scheide zieht20. Er kam am dritten Tag mit einer starken Mannschaft und brach die versperrten Zugänge auf. Er zwang die Bürger, Gebhard, einen bewährten Mann, der von dem rechtgläubigen König über die Kirche von Trient als neuer Bischof gesetzt worden war, und den niemals aufzunehmen die Bürger selbst sich 2s verschworen hatten, wieder anzunehmen. Auch Adalbert selbst und die Komplizen seines Verbrechens versetzte er in solchen Schrecken, daß sie die eingesperrten Fürsten entließen und die Burg selbst dem neuen Bischof übergaben und überdies barfuß diejenigen, die sie bedrängt hatten, um Verzeihung baten. Damals erblickten wir auch von der ersten W oche 30 der Fastenzeit an, in deren Mitte wir dies erlitten, bis zur Passion des Herrn einen Kometen von außergewöhnlichem Glanz. Als wir, sowohl Arme und Reiche, nach Hause zurückkehrten, keiner ohne eigenen Verlust, vernahmen wir durch schlimme Kunde, daß unserem König Heinrich gewisses Unheil widerfahren sei von seiten einiger aufständischer 3S Rebellen im Elsaß, daß der Vater des Königs dagegen erhebliche Hilfe gegen den Sohn gewonnen habe : den Bischof von Lüttich 21, den Lothringerherzog Heinrich, Köln, Jülich, Bonn, das auch Verona heißt, und die übrigen Städte dieser Gegend. Und dies alles bedrohte die Sicherheit der katholischen Religion. 1& Vgl. den unten mitgeteilten Brief Heinrichs IV. an die Fürsten und Bischöfe 1 8 Vgl. lud. 4, 4 ff. des Reichs, der in zwei Fassungen überliefert ist. 1 7 von Groitzsch. 18-18 Vgl. Ps. 144, 18. 20-20 Vgl. 1 . Reg. 1 8-19 Ps. 33, 19. 21 Otbert. 17, 51 .

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C�terum. rex Heinricus divina roboratus confidentia nec mrnus magnanimitate animatus innata, dum. quasi partes inimicas hum.ilia­ turus, Leodiurn paschalern inibi curiarn habiturus convertitur, post festurn palmarurn 22 Coloni� cedentibus hostibus satis iocunde cele­ braturn moto cornitatu rursum fortun� sinistrorsurn sibi rotam 5 volvere 23 sentit, dum nimirum res inconsultius agitur. Nam cognita patris rnachinatione; qui utique se ut 23a vir bellator ab adolescentia sua 23a satis argurnentose per conductas ad civitatem, qua curiam indiotarn prescripsimus, copias resistere parabat, ipse iuvenili ni­ chilominus animositate succensus illo, parva licet manu cinctus, ut 10 ceperat ire, contendit. Qua de re prernissis CCC viris, qui pontern super Masam fluvium loco, qui Wegesaz dicitur, constructurn obser­ varent - nam omnes einsdem fluminis transitus iam hostes inter­ ruperant -, dum rex in palatio Aquisgrani cenam Domini 24 celebrat, dux Heinricus cum exercitu cesariano regios ad pontem invadit 1 5 milites, naviterque resistentes arte quadam equitandi, qua gens illa plus ceteris utitur, in latiora deductos multitudine legionum. cingit, opprimit, sternit atque capit, nonnullos etiam cedentes fluvius vora­ vit. Videres fortissimos Machabeos in bello catholic� pacis post stra­ gern plurimam apostatic� genti illatam fide magna et l�ticia suas ani- 20 mas Christo pro se passo commendantes ac huiusmodi pro transitu priorum delictorum veniarn in eadern indulgenti� die se consecutos invicern consolantes. His fortun� fallaciis, immo surnmi disposicione iudicis, mens hereticorum. tumescere nec tarnen orthodoxorum spes decrescere cepit. Rex enim inter ipsa paschalia festa 25, qu� tune pro 25 eventu rei BunnQ celebrabat, Heinricum. dncem iudicio optimaturn reum maiestatis et hostern rei public� ducatu privat ac generalem expeditionem contra Lotharingiarn accepto a principibus sacramento per totum. regnum indicit et preparat. Quo dehinc superioribus se partibus 26 conferente pater se Coloniensibus reddit et episcopo 27 30 pulso civitatem ipsarn vallis et propugnaculis omnique repugnandi genere permagnifice munivit, deinde Leodiurn se contulit. 22 18. März. 23 Dieses Bild ist kaum Ekkehards Eigengut und wohl eher ursprünglieher Bestandteil der Kaiserchronik, aus der Ekkehard auch für den Jahresbericht zu 1 106 in der heute allein erhaltenen Fassung der Rezensionen III und IV einige Stellen entlehnt haben kann. Vgl. auch oben S. 234, 242 und unten S. 289.

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Gestärkt durch sein Vertrauen auf Gott und nicht weniger durch seine angeborene Seelengröße wandte er sich, gleichsam um die feindlichen Lande zu demütigen, Lüttich zu, um dort an Ostern einen Hoftag abzuhalten ; den Palmsonntag22 hatte er unter recht angenehmen Ums ständen in Köln gefeiert, nachdem seine Feinde gewichen waren ; als er seine Begleitung entlassen hatte, fühlte er wiederum das Glücksrad sich zurückdrehen 23, denn er handelte ziemlich unüberlegt. Als er die Machen­ schaften seines Vaters erkannte, 23 a der kriegerisch, wie er von Jugend auf war 23 a , ganz überlegt Truppen an die Stadt heranführte, für die, wie 10 gesagt, der Hoftag angesagt war, und sich anschickte, Widerstand zu lei­ sten, da entbrannte er selbst in jugendlichem Zorn, und obwohl er nur eine kleine Schar um sich hatte, setzte er den begonnenen Weg fort. Er schickte dreihundert Mann voraus, die die Maasbrücke bei Vise bewachen sollten - alle Flußübergänge hatten die Feinde nämlich schon unterbrochen -, I S und während der König in der Pfalz zu Aachen den Gründonnerstag24 feierte, überfiel Herzog Heinrich mit dem kaiserlichen Heer die Soldaten des Königs bei der Brücke und lockte sie, die mannhaft Widerstand leisteten, durch gewisse Reiterkunststücke, die dieser Volksstamm mehr als andere übt, in die Ebene, umzingelte sie mit zahlreichen Scharen, 20 bedrängte sie, streckte sie nieder und nahm sie gefangen. Einige, die ent­ weichen konnten, verschlang der Fluß. Hier hätte man die tapferen Makkabäer sehen können im Kampf für den katholischen Frieden, wie sie nach erheblichen Verlusten für dieses abtrünnige Volk mit großer Zuversicht und Freude ihre Seelen Christus empfahlen, der für sie gelitten 2S hatte, und sich gegenseitig damit trösteten, daß ihnen an diesem Tag der Vergebung für ihre früheren Sünden Verzeihung gewährt werde. Durch diese Täuschungen der Fortuna, oder besser durch die Anordnung des höchsten Richters, begann den Häretikern der Kamm zu schwellen, den Rechtgläubigen jedoch nicht die Hoffnung zu schwinden; Der König 30 sprach nämlich während des Osterfestes 25, das er damals der Umstände wegen in Bonn feierte, dem Herzog Heinrich, den die Fürsten als Majestätsverbrecher und Staatsfeind verurteilt hatten, das Herzogtum ab und ließ sodann im ganzen Reich, nachdem er von den Fürsten einen Eid empfangen hatte, einen allgemeinen Feldzug gegen Lothringen ansa3S gen und vorbereiten. Während er sich darauf in das oberrheinische Gebiet26 wandte, begab sich der Vater zu den Kölnern, vertrieb den Bischof27 und ließ die Stadt mit Wällen, Schanzen und jeder Art von Verteidigungs­ vorrichtungen bestens befestigen ; dann zog er sich mit seinen Aller­ getreuesten nach Lüttich zurück.

23a -23a

I. Reg. 17' 33. 24 22. März. 28 Nach Mainz.

25 25. März. 27 Friedrich.

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lgitur mense lunio iam fere mediante 28 rex Heinricus cum exercitu copioso, id est XX Coloniam Agrippinam obsedit, sed cum esset, ut dieturn est, multum per omnem modum munita, 111 aut 1111 inibi ebdomadas casso pene labore consumpsit, excepto quod, ut fieri solet, iuventus, utpote mor� impatiens, nonnumquam pro muris 5 concurrens ludo crudeli fugat alterutrum vel sternit. lbi etiam Dieteri­ cus comes 29 regi fidelissimus infirmitate pressus communi fine migravit, vir utique nobilissima Saxonum stirpe progenitus et tarn omnigen� religioni quam catholic� defensioni non mediocriter deditus, literis 10 etiam aliquantum instructus. lnterea regi Heinrico patris legati de Leodio missi presentantur literas tarn sibi quam principibus regni deferentes, quarum exemplar hic inseri non absurdum duximus ob comprobandam scilicet eiusdem viri multimodam tergiversationem, qua se toto vit� su� tempore cunctis sibi resistentibus ficta subiectione eatenus fecisset superio- 1 5 rem 30 : "Heinricus Dei gratia Romanorum imperator augustus episcopis, ducibus, marchionibus, comitibus c�terisque regni principibus gra­ tiam et dilectionem dignantibus eam recipere. Conquerimur Deo omnipotenti et domn� sanct� Mari� et beato Petro, principi aposto- 20 lorum, patrono nostro, et vobis principibus omnibus, quod iniuste et inhumane et crudeliter, confisi in illa fide, de qua dubitare non de­ bueramus, tractati sumus et tarn honore regni quam prediis et omni­ bus qu� habebamus contra divinum et humanum ius ad infamiam et improperium regni ita exspoliati sumus, ut nihil penitus preter 25 solam vitam ndbis relictum sit. Ubi cum ferme omnes essetis, magna pars vestri visa est dolere et tristari, sed, proh dolor ! nihil nobis vestra contulit tristicia, quin de nobis sibi satisfaceret voluntas inimicorum nostrorum odiosa. Et quia cum consilio et rogatu filii nostri fide et securitate vit� et honoris nostri ab eo primum accepta fiducialiter et 30 desideranter Mogontiam in presentiam legati Romani et principum tenderemus, ut eorum dispositione ageremus tarn de statu �cclesi� et honore regni quam de salute anim� nostr�, ipse non est veritus in hac voluntate et obedientia nos contra datam fidem capere et usque ad articulum mortis ferme deducere, non ausi sumus ita nos illi 35 credere, ut iniuriis et contumeliis nos pro voluntate sua sicut prius valeat tractare. Quapropter multum rogamus vos et obnixe precamur,

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Etwa Mitte Juni 28 belagerte König Heinrich mit einem zahlreichen Heer, nämlich 20000 Mann, Köln, aber da es, wie gesagt, auf j ede Art sehr gut befestigt war, verlor .er dort drei oder vier Wochen in fast nutz­ loser Anstrengung ; nur die Jugend, wie es so geht, stieß ungeduldig s wegen der Verzögerung bisweilen vor den Mauern zusammen und j agte sich gegenseitig in blutigem Spiel in die Flucht oder tötete einander. Dort erkrankte auch Graf Dietrich29, der dem König treu ergeben war, und ging den Weg alles Irdischen ; er war ein Mann aus vornehmstem sächsischen Geschlecht, von überdurchschnittlicher Hingabe an die 10 Religion und an die Verteidigung der Rechtgläubigkeit und auch ein wenig gebildet. Inzwischen wurden König Heinrich Gesandte seines Vaters aus Lüttich vorgeführt, die für ihn und die Reichsfürsten Briefe brachten ; ich halte es nicht für abwegig, einen davon hier einzufügen, um die vielfältige lS Wendigkeit dieses Mannes zu charakterisieren, der sich sein ganzes Leben lang seinen Gegnern durch erheuchelte Unterwerfung überlegen gezeigt hatte 30: "Heinrich, durch Gottes Gnade erhabener Kaiser der Römer, entbietet den Bischöfen, Herzögen, Markgrafen, Grafen und den anderen Fürsten 20 des Reiches seine Huld und Liebe, so weit sie diese annehmen wollen. Ich klage vor Gott dem Allmächtigen, meiner Herrin, der hl. Maria, dem hl. Petrus, dem Apostelfürsten und unserem Schutzherrn, und vor euch Fürsten allen, daß wider alles Recht unmenschlich und grausam an uns gehandelt wurde, während wir auf jene Treue bauten, an der wir 2s nicht zweifeln durften, so daß wir unserer Stellung im Reich, der Güter und all unserer Habe wider göttliches und menschliches Recht zum Schimpf und zur Schande des Reiches beraubt wurden, und uns nur das nackte Leben blieb. Damals, ihr wart ja fast alle dabei, schien ein großer Teil von euch voll Trauer und Betrübnis. Aber - o Schmerz 30 nichts brachte uns eure Betrübnis ein, so daß unsere Feinde ihre gehässigen Wünsche an uns befriedigten. Als wir nun auf Rat und Bitten unseres Sohnes, der uns zuvor Treue und Sicherheit für unser Leben und unsere Würde versprochen hatte, voll Zuversicht und Verlangen nach Mainz zum römischen Legaten und den Fürsten zu gelangen suchten, um 3S nach ihrem Plan über die Kirche und die Würde des Reiches und auch über die Rettung unserer Seele zu verhandeln, da scheute er sich nicht trotz dieses unseres Vorhabens und Gehorsams, uns entgegen dem gege­ benen Treueversprechen gefangenzunehmen und an den Rand des Todes zu bringen. Daher wagten wir es nicht, uns ihm so anzuvertrauen, zs

Vielmehr Anfang Juli. Graf Dietrich II. von Katlenburg. Nach anderen Zeugnissen starb er erst in Aachen. 30 Die Briefe Heinrichs IV., hg. v. C. Erdmann, MG. Dt. MA. 1, 61 ff. n. 41 ; Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 12, 134 n. 41. 28

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ut pro timore Dei et honore regni et honestate vestra dignemini studere, quomodo de iniuria in manibus vestris nobis illata per vos possimus recuperare iusticiam. Nos quoque pro consilio vestro et aliorum, qui nos odio non habent, religiosorumque virorum parati sumus tarn filio nostro, si in aliquo euro offendimus, quam alicui in s regno libenter emendare. Preterea sicut domno pap{l in presentia legati sui et vestra ob{ldire parati fuimus, ita et nunc parati sumus ei omnem debitam reverentiam et ob{ldientiam sincero corde et devo­ tione presentialiter exhibere et tarn consilio vestro quam spiritalis patris nostri Hugonis Cloniacensis abbatis aliorumque religiosorum 1 0 virorum de statu {lcclesi{l et honore regni, quantum in nobis est, dis­ ponere. Cum igitur ad h{lc omnia parati simus, rogamus vos et obnixe precamur, quatenus pro Deo et honore regni et vestro instanter mone­ atis filium nostrum, euro secundum prefatam sententiam nulla ei adversum nos residua sit occasio, amodo desistat nos et fideles nostros t s persequi et quiete et pacifice vivere permittat, ut supradicta integre euro tranquillitate perficiantur. Quodsi noluerit, rogamus vos per auctoritatem Roman{l {lCclesi{l, cui nos committimus, et honorema regni, ne super nos et super fideles nostros veniatis, quia manifestum est euro non divin{l legis zelo vel Roman{l {lcclesi{l dilectione, sed 20 concupiscentia regni patre iniuste eo privato hoc incepisse. Apud quem si interpellatio vestra nullaque alia interventio ad presens prodesse poterit, appellamus Romanum pontificem et sanctam uni­ versalem Romanam sedem et {lcclesiam. " Post lectas coram multitudine tarn has quam alias literas 3 1 parum 2s verbis, nihil autem sensu vel intentione prioribus dissonantes, filii tarnen person{l specialiter directas rex Heinricus ex optimaturn consilio Iegationern vicariam patri destinavit, quam tarnen prius publice predicari per Magdeburgensem archiepiscopl,liD Heinricum fecit hocque facto suorum animos secum valde roboravit. Erat autem 30 huiusmodi: "Post inveteratam, id est per annos circiter XL, discissionem imperü Romani, qu{l tarn divinas quam humanas iam pene Ieges abolevit et exceptis mortibus omnimodis, sacrilegüs, periuriis, rapinis et incendüs ipsum regnum nostrum non tantum in solitudinem, 35 a) honore BP.

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daß er uns noch weiterhin nach seinem Belieben mit Schmähungen und Beleidigungen zu behandeln imstande wäre. Darum bitten wir euch viel­ mals und flehen euch inständig an, seid so gut und bemüht euch aus Gottes­ furcht, um der Würde des Reiches und um unseres Ansehens willen s darum, wie wir hinsichtlich des Unrechts, das uns unter euren Händen angetan wurde, Gerechtigkeit erlangen können. Ebenso sind wir bereit, nach euerem Rat und dem derjenigen, die ohne Haß gegen uns sind, so wie nach dem Rat frommer Männer, es wieder gutzumachen, falls wir unseren Sohn oder sonst j emanden im Reich irgendwie verletzt 10 haben. Außerdem sind wir auch jetzt bereit, dem Papst - ebenso wie wir ihm in seines Legaten und euerer Gegenwart zu gehorchen bereit waren sofort j ede schuldige Ehrerbietung und jeden schuldigen Gehorsam mit aufrichtigem Herzen und verehrungsvoll zu erweisen und nach euerem Rat sowie dem unseres geistlichen Vaters, des Abtes Hugo von Cluny, IS und anderer Geistlicher über den Zustand der Kirche und die Würde des Reiches, soweit es an uns liegt, zu befinden. Da wir also zu all dem bereit sind, bitten wir euch und flehen euch inständig an, um Gottes und der Würde unseres Reiches sowie um euerer Würde willen unseren Sohn eindringlich zu ermahnen, von nun an uns und unsere Getreuen - da ihm 20 nach der eben geäußerten Absicht kein Vorwand gegen uns mehr ver­ bleibt - nicht mehr zu verfolgen und ruhig und in Frieden leben zu lassen, damit das Besagte sicher und ohne Störung zu Ende gebracht werden kann. Wenn er aber nicht darauf eingeht, bitten wir euch bei dem Ansehen cler Römischen Kirche, der wir uns anvertrauen, und um der 2s Würde des Reiches willen, nicht über uns und unsere Getreuen herzufal­ len ; denn es ist offensichtlich, daß er nicht aus Eifer für das Gesetz Gottes und aus Liebe zur Römischen Kirche, sondern aus Begierde nach der Herrschaft, die er dem Vater widerrechtlich raubte, all dies begonnen hat.. Wenn euer Dazwischentreten und auch keine andere Fürsprache 30 bei ihm zur Zeit etwas erreichen kann, appellieren wir an den Papst und den heiligen allgemeinen Römischen Stuhl und die Kirche. " Als dieser und der andere Brief31, der sich i m Wortlaut nur wenig, im Sinn und in der Absicht von dem früheren überhaupt nicht unterschied, jedoch ausdrücklich an die Person des Sohnes gerichtet war, vor allen 3S verlesen worden war, schickte König Heinrich auf den Rat der Fürsten hin nun seinerseits eine Botschaft an den Vater, die er j edoch vorher durch Erzbischof Heinrich von Magdeburg öffentlich bekanntgeben ließ ; damit stärkte er die Herzen der Seinen sehr. Er lautete folgendermaßen : "Nach der langen, schon fast vierzig Jahre währenden Spaltung des 40 Römischen Reiches, die die göttlichen und menschlichen Gesetze schon fast ganz ausgelöscht hat und die, nicht zu reden von all den Arten von Totschlag, Sakrilegien, Meineiden, Plünderungen und Brandschatzungen, unser Reich selbst nicht nur in eine Einöde verwandelt, sondern auch zum 31 A.

a.

0.

n. 40.

Ekkehard III

284

sed etiam ad apostasiam catholic� fidei sive in ipsum paganismum propemodum redegit, respiciente tandem suam �cclesiam divina clementia nos eiusdem Christi spons� filii per Spiritum Sanctum in unitatem fidei equanimes resipuimus ipsumque incorrigibile scisma­ tum illorum caput, Heinricum scilicet dieturn imperatorem nostrum, s zelo Dei et apostolic� fidei ob�dientia abdicavimus, catholicum nobis, licet ipsius de semine natum, regem elegimus. Cuius regni principium sui fine� esse conspiciens etiam ipse tamquam voluntarius, sed, ut iam eius fatentur liter�, nimis invitus collaudavit, regalia reddidit, filii curam cum regno nostr� fidei lacrimando commisit, de reliquo se 10 nullam regni pompam, sed anim� potius su� medelam ulterius affecta­ turum spopondit. At nunc ecce pristinis se reddens tergiversationibus preiudicium se passum per orbem terrarum conqueritur ; Gallorum, Anglorum, Danorum c�terarumque finitimarum gentium gladios cordibus nostris infigere meditatur, super illatis etiam iniuriis recu- t s perari sibi iusticiam precatur, consiliis se quoque nostris amodo promtius ob�dire pollicetur, re autem vera solitis argumentis 32 castra h�c Domini32 dispergere, Christi exercitum exarmare conatur et, ut in propatulo est, 33vineam Domini, qu� iam sero fl.orescere c�pit, tam per se singularem utique ferum denuo depascere 33, quam per 34vulpes34, 20 illos nimirum, qui sibi adherent pestilentes homines, 34 demoliri 34 ac per sacrilegia sacerdotum Belial35 anathemati recidivo reddere, immo, quod dictu nefas est, Christum iam iterum in �cclesia sua resurgentem in omnilim cordibus crucifigere meditatur. Quapropter placet tam regi quam universis regni principibus, immo cuncto exer- 2s citui orthodoxo, quo semor idem, ne ulla sibi pateat adversum nos iusta querela, quacumque elegerit securitate , quacumque maluerit statione, coram presenti senatu simul et populo causam suam agat, iusticiam suscipiat, iusticiam et reddat, quatinus ab ortu scismatis omnibus seditionum causis, ac si nil inde iam fuerit diffinitum, undi- Jo que discussis, tarn filio quam patri sua iusticia respondeat, �cclesi� vero regnique status, non ut ipse more suo proponit post Iongas indu­ cias, sed inpresentiarum his controversiis diremptis vacillare desi­ nat. " 82-32

Vgl. Gen. 32, 2. 3, 14. gl. Cant. 2, 15.

33 -33 V gl. Is. 3'- ac V

Heinrich V. 1 106

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Abfall vom katholischen Glauben, ja fast zum Heidentum gebracht hat, blickte endlich Gott in seinem Erbarmen auf seine Kirche, und wir, die Söhne dieser Braut Christi, haben uns durch den Heiligen Geist einmütig zur Einheit des Glaubens bekehrt ; wir haben daher das unverbesserliche s Haupt j ener Spaltungen selbst, nämlich unseren sogenannten Kaiser Heinrich, aus Eifer für Gott und aus Gehorsam gegenüber dem apostolischen Glauben verworfen und uns einen rechtgläubigen König aus seinem eigenen Samen erwählt. In der Erkenntnis, daß der Anfang von dessen Herrschaft das Ende der eigenen sei, stimmte er selbst gleich10 sam freiwillig, jedoch, wie seine Briefe verraten, allzu unwillig zu, gab die Abzeichen der königlichen Würde zurück, vertraute unter Tränen unserer Treue die Sorge für seinen Sohn zugleich mit dem Reich an und gelobte im übrigen, sich fürderhin nicht mehr um das Gepränge des Königtums, sondern mehr um das Heil seiner Seele zu kümmern. Aber siehe da, ts nun gibt er sich wieder mit den früheren Ränken ab und klagt in aller Welt, er erleide Unrecht ; die Schwerter der Franzosen, Engländer und Dänen und der übrigen Nachbarvölker gedenkt er in unsere Herzen zu stoßen, wegen des ihm angetanen Unrechts bittet er, ihm wieder sein Recht zu verschaffen ; er verspricht bereitwillig unserem Rat zu folgen, 20 in Wirklichkeit aber versucht er, mit den gewohnten Betrügereien 32 dieses Lager des Herrn 32 zu verderben und Christi Heer zu entwaffnen ; es ist ganz offenkundig, daß es seine Absicht ist, den 33 Weinberg des Herrn, der spät erst zu blühen begann, einmal allein wie ein wildes Tier von neuem abzuweiden33, zum anderen durch 34 Füchse zu zerstören 34, durch jene 2s verderblichen Menschen nämlich, die ihm anhängen, und durch die Frevel der Baalspriester 35 erneut dem Bannspruch anheim zu geben, j a sogar, was zu sagen schon Sünde ist, Christus, der in seiner Kirche wiederum aufersteht, in den Herzen aller zu kreuzigen. Daher halten es sowohl der König als auch alle Fürsten des Reiches und das ganze rechtgläubige 30 Heer für richtig, daß der ältere Heinrich, um keine berechtigten Klagen mehr gegen uns vorbringen zu können, j ede ihm beliebende Sicherheit erhält und an j edem ihm beliebenden Ort in Anwesenheit der Fürsten und des Volkes seine Sache vertritt, Gerechtigkeit empfängt und Gerechtigkeit gibt, damit alle Ursachen der Aufstände von Ausbruch 3S des Schismas an, so als sei darüber noch nichts entschieden, nach allen Seiten hin erörtert werden und sodann dem Sohn und dem Vater Recht werde, der Zustand der Kirche und des Reiches aber aufhöre zu wanken ; und zwar nicht erst nach einem längeren Zeitraum, wie er selbst es seiner Gewohnheit gemäß vorschlägt, sondern sofort nach Beilegung der 40 Streitpunkte. "

3&

Vgl. 1 . Beg. 2 , 1 2 .

286

Ekkehard 111

Quam legationem proba� singularisque prudenti� person�, Albuinus videlicet ac Richwinus prespiteri36, una cum quibusdam laicali sub habitu viris religiosis tam a rege quam universis principibus, immo toto exercitu susceptam eximperatori sepedicto vix eius presentiam fandique licentiam consecuti, cum retulissent, horribilea memoratu s est, quam ingenti vit� su� periculo per dies VI, eo quod nullomodo eidem 37 conventui malignantium 37 communicare voluerint, indigne tractarentur tandemque ab irruente sibi in eadem qua manebant custodia vulgo liberati absque omni ducatus presidio castris circa Coloniam positis redderentur, id tarnen precipuum inter senioris 10 responsa referentes, quatinus ad presens ab armis discederetur et in futurum super huiusmodi simultatibus curiale colloquium universaliter indiceretur. Auditur preterea, quia Heinricus eximperator et Heinricus exdux exercitum undecumque con:B.ant et adhuc vel semel temptare fortunam t s omnimodis parant. Quapropter universa milicia regis, immo Christi, saltem ferro rebus finem facere deliberans, ne forte, quod certissi­ mum erat, cesarianis urbani38 contra semet auxilio forent, obsidio­ nem solvunt et contra Lotharingiam moti municiones ac c�tera, qu� rebellium erant, interim diripiunt premittentes ad Heinricum 20 seniorem secundos nuncios, qui sibi deliberationem proponerent aut causa pacis pacto prescripto componend� filio ad Aquasgrani pro­ pediem occurrere aut imminens sibi bellum non dubitare. Quibus nimirum legatis custodi� nichilominus traditis ad resistendum omni­ modis, occulte tarnen, preparari molitur, sed dimissos post dies 2s aliquot missos eosdem inopinata et, qua nihil acceptabilius castris illis inferri posset, fama mortis ipsius Heinrici imperatoris subsequi­ tur 39. Miserabile tarnen dictu est tanti nominis, tant� dignitatisb tantique animi virum sub professione christiana mundum tanto tempore lucratum nec ad instar cuiuslibet pauperis defuncti pium vel 30 compassivum luctum a quavia inter tot christianos persona pro­ meruisse, sed potius universorum tam ibidem quam ubivis vere Christianorum corda simul et ora infinito nimis tripudio sui obitus rumore replesse. Non altius concinebat Israel Domino Pharaone demerso 40, nec augustiori ipsi Octaviano sive ullo umquam augustorum Js a) incredibile B.

b)

nobilitatis B.

Heinrich V. 1 106 . Tod Heinrichs IV.

287

Als diese Botschaft vom König, allen Fürsten und dem ganzen Heer entgegengenommen worden war, überbrachten sie Persönlichkeiten von erprobter und außerordentlicher Klugheit, nämlich die Priester Albuin und Richwin 38, sowie einige andere trotz ihres Laienstandes wahrhaft s fromme Männer dem oft erwähnten Exkaiser, konnten jedoch nur mit Mühe zu ihm kommen und die Erlaubnis zu reden erlangen ; es klingt fast unglaublich, wie unwürdig sie unter äußerster Lebensgefahr sechs Tage lang behandelt wurden, weil sie unter keinen Umständen mit dieser 37 Rotte von Bösen 37 Gemeinschaft haben wollten, und wie sie sich schließlich 10 von einem Volkshaufen, der ihr Gefängnis stürmte, befreien konnten und wie sie ohne schützendes Geleit in das Lager bei Köln zurückgeschickt wurden ; als wichtigsten Punkt der Antwort des älteren Heinrich berich­ teten sie j edoch, daß man für den Augenblick die Waffen niederlegen und für die nächste Zeit einen allgemeinen Hoftag über diese anhaltenden IS Spannungen einberufen sollte. Inzwischen hörte man, daß der Exkaiser Heinrich und der Exherzog Heinrich ein Heer aus allen Himmelsrichtungen sammelten und sich auf jede Weise vorbereiteten, ihr Glück noch einmal zu versuchen. Daher erwog die ganze Heerschar des Königs, ja Christi, wenigstens mit dem 20 Schwert den Dingen ein Ende zu bereiten, und damit die Städter 38 nicht den Kaiserlichen gegen sie selbst zu Hilfe kämen, was ziemlich sicher war, brachen sie die Belagerung ab und zogen nach Lothringen ; auf dem Weg zerstörten sie Befestigungen und Besitztum der Rebellen ; an den älteren Heinrich schickten sie zum zweiten Mal Boten, die ihm zu erwägen gaben, 2S entweder zum Zweck eines Friedensschlusses auf Grund des schon beschriebenen Vertrages seinem Sohn nach Aachen entgegenzugehen oder unzweifelhaft mit einem Krieg zu rechnen. Nachdem auch diese Abgesandten in Haft genommen worden waren, begann man, wenn auch heimlich, sich auf jede Weise zum Widerstand zu rüsten. Doch nach 30 einigen Tagen wurden diese Gesandten entlassen, und ihnen folgte die un­ erwartete Kunde vom Tod Kaiser Heinrichs39, und nichts Angenehmeres hätte diesem Lager überbracht werden können. Dennoch ist es höchst bej ammernswert, daß ein Mann so hohen Namens, solcher Stellung und solchen Geistes, der die Welt so lange Zeit unter öffentlichem Bekenntnis 3S zum Christentum beherrscht hatte, sich nicht einmal wie irgendein belie­ biger verstorbener Armer frommer und mitfühlender Trauer auch nur eines einzigen unter so vielen Christen würdig erwies, sondern vielmehr Herz und Mund aller wahren Christen hier und überall durch die Kunde von seinem Tod mit unendlichem Jubel erfüllte. Lauter jubelte nicht Israel 40 dem Herrn, als der Pharao ertrank 40, noch klatschte Rom selbst dem hoch­ erhabenen Oktavian oder jemals irgendeinem Triumph der Kaiser mehr 38 Sonst nicht bekannt. 37 -37 Ps. 63, 3. 38 Der Kaiser starb am 7. August.

as

Die Kölner Bürger.

40 Vgl. Exod. 15, 4.

288

Ekkehard III

applaudebat Roma triumpho ! 41Frenum41 quippe, 41 quod erat in maxillis populorum 41, versum est illis in 41 canticum sicut nox sancti­ fi.cat� sollempnitatis 41• Igitur quia 42 cessante tandem exactore con­ quievit et tributum 42 mox omnes, qui qu�stus dumtaxat gratiam eidem principia eatenus adherendo suas animas venalitati propo- s suerant, deditioni regis simul et communioni catholic� subiciuntur, Leodiensis autem Otbertus c�terique coepiscopantes hac inter c�tera recipiuntur in communionem p�nitenti(l conditione, quo cadaver ipsius excommunicati per se pridie in monasterio tumulatum 43 effoderent et absque ulla sepultur� vel exequiarum communione 1 0 in loco non consecrato deponerent44 comprobantibus his qui aderant archiepiscopis et episcopis, quia quibus vivis (lCclesia non communi­ cat, illis etiam nec mortuis communicare possit. Quo facto paulo post corpus ipsum Spirensi civitati est in sarcofago lapideo regis consensu delatum 45 sicque extra �cclesiam 46 per aliquotb annosb ibidem 1 s permansit inhumatum. Hic finis, hic interitus h(lcque sors ultima Heinrici illo sub vocabulo IIII. Romanorum imperatoris a suis appellati, a catholicis vero, id est cunctis beato Petro suisque successoribus fi.dem et ob�dientiam lege christiana conservantibus archipyrata simul et heresiarcha nec non 20 et apostata persecutorque plus animarum quam corporum competenter dicebatur, utpote qui nec naturalibus nec consuetudinariis contentus sceleribus nova et a seculis inaudita ideoque nonnulla incredibilia excogitasse et exercuisse infamabatur. Qu(l si quis illorum arbitratu, qui tam perperam quam recte ab imperatoribus gesta literis digna 2s iudicant, scribere velit, nos loco cedimus, maxime cum aliqua ex his oblivione potius quam memoria digna non dubitemus. 47 Pluribus autem testibus comprobare poterimus, quod nemo nostris temporibus natu, ingenio, fortitudine et audacia, statura etiam totaque corporis elegantia videretur fascibus imperialibus ipso aptior 47, si tarnen 30 in conflictu viciorum homo non degeneraret vel succumberet inferior. Porro cum non pauci superaint idemque in sublimitatibus constituti, quos operum einsdem viri cooperatio redarguit, unum est, quod, licet

a) folgt tenebrarum B. b) quinquennium Rec. IV.

Heinrich V. l l06. Tod Heinrichs IV.

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Beifall. Denn 41das Zaumzeug an den Backen der Völker41 verwandelte sich für sie 42 in ein Lied wie in der Nacht der heiligen Festesfeier 42• Als der Zwingherr endlich gestorben war, da ruhte auch die Steuer ; bald ergaben sich alle, die des Gewinnes wegen diesem Fürsten bisher anges hangen und ihre Seelen verkauft hatten, dem König und unterwarfen sich der Gemeinschaft der Rechtgläubigen. Auch Bischof Otbert von Lüt­ tich und die übrigen Mitbischöfe wurden unter anderen in die Gemein­ schaft wiederaufgenommen, wobei ihnen als Buße auferlegt wurde, den Leichnam des Exkommunizierten, den sie zuvor im Münster 43 begraben 1 0 hatten, wieder auszugraben und ohne kirchliche Bestattung an einem ungeweihten Ort beizusetzen 44 ; dem stimmten die anwesenden Erz­ bischöfe und Bischöfe zu, weil die Kirche mit denjenigen, mit denen sie bei Lebzeiten keine Gemeinschaft hat, auch nach dem Tode keine Gemein­ schaft haben kann. So geschah es, und kurz darauf wurde sein Leichnam lS mit Zustimmung des Königs in einem Steinsarg nach Speyer gebracht 45 und blieb dort außerhalb der Kirche '6 einige Jahre lang unbestattet. Dies war das Ende, dies der Untergang, dies das letzte Geschick Heinrichs, von seinen Anhängern als vierter Römischer Kaiser dieses Namens bezeichnet ; von den Rechtgläubigen aber, das heißt von allen, 20 die dem hl. Petrus und seinen Nachfolgern Treue und Gehorsam nach christlichem Gesetz bewahren, wurde er treffend Erzpirat, Fürst der Häretiker, Abtrünniger und Verfolger mehr noch der Seelen als der Leiber genannt ; er wurde verdächtigt, ein Mensch zu sein, der sich nicht mit natürlichen und gewöhnlichen Verbrechen zufriedengab, sondern 2s neue und bisher unerhörte und deshalb unglaubliche Verbrechen ersann und ausführte. Wenn einer diese Verbrechen aufschreiben will nach den Grundsätzen derer, die die Taten der Kaiser, gleich ob unrecht oder recht, für aufzeichnenswert halten, dann treten wir zurück, vor allem da wir nicht daran zweifeln, daß einiges davon der Vergessenheit würdiger 30 ist als der Erinnerung. 47 Mit vielen Zeugen aber könnten wir bestätigen, daß in unseren Zeiten keiner durch Geburt, Verstand, Tapferkeit und Kühnheit, an Gestalt und vollendeter körperlicher Schönheit für die kaiserliche Herrschaft geeigneter erschien als er 47, wenn nur im Kampf mit den Lastern der innere Mensch nicht entartet oder unterlegen wäre ! 3S Obgleich nun aber nicht wenige noch übrig sind, zudem in hohen Stellun­ gen, die das Mitwirken an den Taten dieses Mannes schuldig spricht, n -n

42-t2 Is. 30, 28 f. Vgl. Is. 14, 4. Bischof Otbert hatte den Kaiser im Dom zu Lüttich feierlich beigesetzt. " Die Leiche wurde in eine Kapelle außerhalb der Stadt gebracht. '5 Ankunft am 3. September. n In einer ungeweihten Kapelle. '7 -'7 Dieser Satz könnte ursprünglicher Bestandteil der Kaiserchronik sein (fasces imperiales !).

u

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rurniS tirnidi, suggerimus, quatinus ipsurn condernpnationis eius exernplum sibimet in rernedium vertant nec honoris prave consecuti ßorern, sed sernen attendant satiusque ducant rnalis plantariis eradi­ candis48 insudare quarn fructurn inde perpetu� rnortis in futururn carpere. Alioquin desipere nimis est vulnus ferro plenum sanari 5 credere, 49 Deo simul et rnarnrnone deservire velle 49, rnonstrique simile est ex pharisaic� elationis fastigio ipsoque, ut dicunt, rnercede sacrilegiorurn ascenso apostolic� hurnilitatis dignitatern usurpare, ab apostasi� sernine fructurn iherarchi� sperare. H�c hactenus. Deo autern gratias, qui, licet tarde, tarnen permagnifice victoriarn concessit 10 �cclesi� su�, cui etiarn eiusdern Nabuchodonosor quinquagesimurn 60 exactionis annurn60 idern Galileus, qui Iulianurn quondarn vicerat61, vertit in iubeleum 60• Si quis vero tarn zelotes est, cui quasi diern interi­ tus Aman 62 etiarn Heinrici obiturn per �cclesi� posteritatern ignorari non libeat, VII. Idus Augusti hanc esse sciat, quo scilicet die primo 1 5 rnatrern suarn �cclesiarn apud Unstnit invadens 63 innumeras animas ad inferos premisit eadernque die Martis, qua etiarn cuncta sua prelia paganico nimirum auspicio perpetrare consuevit 64• Post h�c ebdornada IIII. rnensis Octobris habitum est concilium generale in provincia Longobardia super ripam Padi ßuminis loco, 20 qui Warstallis nuncupatur 66, ubi presidente vere per omnia apostolico viro Pascali II. corarn rnultitudine maxima clericorum necnon et laicorurn, qui de diversorurn regnorum �cclesiis convenerant, presenti­ bus etiarn legatis dornni Heinrici regis rnulta sunt, prout canonica dictabat equitas, de inirnici zizaniis evulsa 66, multa de structuris 25 super arenam positis destructa 57, plura quoque pistici serninis plan­ taria profundins plantata 66 simul et rigata 68, nonnulla etiarn tutissim� munitionis per �cclesias propugnacula 69 sunt edificata. Narn curn eadern dominica, qu� erat XII. Kaiendas Novernbris, Iuvavensibus Chilnradurn 60, Tridentinis Gebehardurn 61 presules consecrasset, 30 Vgl. Matth. 15, 13. '9-'9 Vgl. Matth. 6, 24. 50 Vgl. Lev. 25, !Off. 51 Anspielung auf das Wort, das der sterbende Julianus Apostata gesagt haben soll : Vicisti, Galilee, vicisti ; vgl. Frutolf z. J. 364. 52 Vgl. Esth. 3 ff. 53 Verwechslung mit der Schlacht von MeHrichstadt am 7. August 1078 ; die Schlacht an der Unstrut war am 9. Juni 1075. 48

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gibt es doch einiges, was wir, wenn auch mit größter Schüchternheit, anfügen möchten, damit sie das Beispiel seiner Verdammung zu ihrem eigenen Heil wenden und ihre Aufmerksamkeit nicht auf die Blüte einer auf unrechte Weise erlangten Ehrenstellung, sondern auf den Samen s richten und es für dienlicher halten, sich damit abzumühen, das Unkraut auszureißen 48 statt später die Frucht des ewigen Todes zu ernten. Im übri­ gen ist es mehr als töricht, eine Wunde, in der das Eisen steckt, für heilbar zu halten, 49 Gott und dem Mammon zugleich dienen zu wollen 49• Unge­ heuerlich aber ist es, von dem Gipfel pharisäischer Überheblichkeit herab 10 und sogar, wie sie sagen, um den Lohn von Sakrilegien sich die Würde apo­ stolischer Demut anzumaßen, vom Samen des Glaubensabfalls die Frucht hierarchischer Stellung zu erhoffen! Dies so weit. Dank aber sei Gott, der, wenn auch spät, so doch überaus herrlich, seiner Kirche den Sieg verliehen hat. Ihr verwandelte der gleiche Galiläer, der einst Julian besiegt hatte 51, 1s das fünfzigste Jahr 50 der Erhebung dieses Nabuchodonosor in ein Jubel­ j ahr 50. Wenn es aber irgendeinen Eiferer gibt, dem es lieber ist, daß die kirchliche Nachwelt den Tod Heinrichs gleichsam als Tag des Untergangs des Aman 52 genau kennt, so möge er wissen, daß es der siebente August war, der Tag nämlich, an dem er zum ersten Mal seine Mutter, die Kirche, 20 an der Unstrut angriff53 und unzählige Seelen in die Unterwelt schickte, und an demselben Tag des Mars, an dem er nach Art heidnischer Au­ spizien alle seine Schlachten zu schlagen pfl.egte 54. Danach wurde in der vierten Oktoberwoche ein allgemeines Konzil in der lombardischen Provinz am Ufer des Po in Guastalla abgehalten 55 ; 2s den Vorsitz führte der in allen Dingen wahrhaft apostolische Pascha! II., anwesend war eine sehr große Zahl von Klerikern, aber auch von Laien, die aus den verschiedenen Kirchen und Königreichen zusammengekom­ men waren ; auch Abgesandte König Heinrichs w aren anwesend ; wie es nach den Canones recht und billig war, wurde viel Unkraut des Feindes aus30 gerissen 56 , vieles, was auf Sand gebaut war, zerstört57, viel Saatgut, das auf den Weg gefallen war, wurde tiefer eingepflanzt 58 und bewässert 58, und einige Vorwerke 59 wurden in den Kirchen zu ganz sicherem Schutz gebaut. An diesem Sonntag, dem 21 . Oktober, hatte er für die Salzburger Kon­ rad 60 und für die Tridentiner Gebhard 61 zu Bischöfen geweiht, und es wäre

54 Das stimmt nur für die beiden eben genannten Schlachten, nicht für die sonstigen. 55 Es fand nach Ekkehard am 21., nach MG. Const. I , 564 ff n. 395 am 22. Oktober statt. Ekkehard nahm persönlich (vgl. unten "Nos autem") daran teil. 5e Vgl. Matth. 13, 28.29. 57 Vgl. ebd. 7, 26. 58 Vgl. ebd. 13, 4. 5g Vgl. I. Kor. 3, 8. 11 Vgl. oben S. 276. 80 Vgl. Cant. 8, 9.

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enarrare longum est, quam indefesse 62 prudens et fidelis ille summi patrisfamilias dispensator62 conservos suos verbi Dei tritico lautissime cottidie reficeret, pseudoepiscopos deponeret, catholicos consti­ tueret, archiepiscopis pallia, monasteriis privilegia concesserit, pre­ sentes ovium Christi pastores mellifluis alloquiis, absentes paternis 5 commonitoriorum litteris instruxerit, qu�dam olim abscisa membra �cclesi� iterum incorporaverit, qu�dam etiam, qu� insanabilia vide­ bantur, anathematis abscisione truncaverit. Super ordinationibus autem temporibus scismatis factis, unde permaxime ventilabantur qu�stiones, decretum discretione maternorum viscerum artificiose 1 0 medicatum in h�c verba promulgavit 63 : "Per multos iam annos regni Theutonici latitudo ab apostolic� sedis unitate divisa est. In quo nimirum scismate tantum periculum factum est, ut, quod cum dolore dicimus, vix pauci sacerdotes aut clerici catholici in tanta terrarum latitudine reperiantur. Tot igitur 1 5 filiis in hac strage iacentibus christiane pacis necessitas exigit, ut super hos materna ecclesie viscera aperiantur. Patrum itaque nostro­ rum exemplis et scriptis instructi, qui diversis temporibus Novatianos, Donatistas et alios hereticos in suis ordinibus susceperunt, prefati regni episcopos in scismate ordinatos, nisi aut invasores aut symoniaci 20 aut criminosi sint probati, in officio episcopali suscipimus. Idipsum de clericis cuiuscumque ordinis constituimus, quos vita scientiaque commendat" 64. His et huiusmodi super ecclesiam divini luminis orientis aurore iocundati splendoribus, 66 quia65 nimirum tandem 66venerat tempus 25 miserendi eius 66, pariterque apostolicis macti benedictionibus ad sua quique convertuntur, nos vero, id est Alpium transcensores, speciali quodam pre cunctis eiferebarnur tripudio, eo quod certi essemus domni apostolici profectionem sie fuisse dispositum, quatinus iter nostrum quam mature subsequens natalem Domini Mogontie cele- 30 braturus esset presente cum universis regni principibus novo rege nostro 66• Hoc anno dux Saxonie Magnus obiit, pro quo Lotharius surrexit. Item Uto marchio de Saxonia obiit, Ruotpertus Wirciburgensis epi­ scopus, dum tendit ad concilium, in eundo defungitur. 67 Quo * 35 82-82 Vgl. Luc . 12, 42. 83 Text auch MG. Const. 1, 565 ft'. n. 395.

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zu weitläufig zu erzählen, wie unermüdlich 82 jener kluge und getreue Ver­ walter des höchsten Hausvaters 62 seine Mitdiener mit dem Weizen des Wortes Gottes täglich aufs köstlichste labte, falsche Bischöfe absetzte, rechtgläubige einsetzte, Erzbischöfen Pallien gewährte und Klöstern s Privilegien, die anwesenden Hirten der Schafe Christi mit honigfließenden Worten, die abwesenden mit väterlichen Mahnschreiben unterrichtete, einige früher abgeschnittene Glieder der Kirche von neuem einverleibte, einige j edoch, die unheilbar schienen, mit dem Schnitt des Bannes ab­ trennte. Bezüglich der zur Zeit des Schismas erteilten Weihen, worüber 10 sehr viele Fragen erörtert wurden, veröffentlichte er ein Dekret folgenden Wortlauts, das durch seine mütterliche Klugheit höchst heilsam war 63: "Seit vielen Jahren schon ist das große Deutsche Reich von der Einheit mit dem Apostolischen Stuhle getrennt. In diesem Schisma nun steckt eine so große Gefahr, daß - wir sagen es nur mit Schmerz - nur noch 1s wenige rechtgläubige Bischöfe und Kleriker in den ganzen weiten Landen zu finden sind. Da in diesem Streit so viele Söhne gefallen sind, erfordert es die Notwendigkeit des christlichen Friedens, daß sich der mütterliche Schoß der Kirche für sie öffnet. Belehrt durch die Beispiele und Schriften unserer Väter, die zu verschiedenen Zeiten Novatianer, Donatisten und 20 andere Häretiker in ihre Reihen aufnahmen, nehmen wir die Bischöfe des genannten Reiches, die während des Schismas eingesetzt wurden, in ihr Bischofsamt wieder auf, es sei denn, sie seien erwiesene Eindring­ linge, Simonisten oder Inkriminierte. Das gleiche bestimmen wir für die Kleriker jeden Ranges, die ihre Lebensführung und ihre Kenntnisse zs empfehlen 64." Durch diese Ereignisse und derartigen Glanz göttlichen Lichtes, das wie die Morgenröte über der Kirche aufging, erfreut, 66 weil endlich auch die Zeit gekommen war, sich ihrer zu erbarmen 66, kehrten alle be­ schenkt mit dem apostolischen Segen in ihre Heimat zurück. Wir aber, 3o die wir die Alpen überstiegen hatten, wurden vor allem durch die Freude erhoben, daß wir die Gewißheit gewannen, die ;Reise des Herrn Papstes sei so geplant, daß er so früh wie möglich folgen und das Geburtsfest des Herrn zusammen mit unserem neuen König und allen Reichsfürsten in Mainz feiern werde &&. Js In diesem Jahr starb Herzog Magnus von Sachsen, an dessen Stelle Lothar trat. Auch Markgraf Udo von Sachsen starb. Bischof Ruotpert

u Das im Anschluß daran verkündete strikte Verbot der Laieninvestitur übergeht Ekkehard. 85-85 Vgl. Ps. 101, 14. 88 Möglicherweise endete hier ursprünglich Ekkehards eigener Jahresbericht zu 1 106. Aufjeden Fall aber ist die Stelle über Erlung als ursprünglicher Bestand­ teil der Kaiserchronik anzusehen ; vgl. oben S. 246.

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decedente domnus Erlungus pridem depulsus summopere tam a clero quam a populo Wirciburgensium postulatur * concessusque tam a rege quam a papa per legatos Romane sedis magna expectatione et incredibili totius civitatis ac multorum populorum tripudio susceptus nimis honorifice inthronizatur 67•

s

68 Anno Domini MCVII. Rex Heinricus natalem Domini Ratispone celebravit presentibus scilicet legatis domni apostolici Paschalis, cuius adventum ipse8 iam aliquandiu apud Augustam Alemanni� metro­ polim c�terasque superiores partes prestolatus fuerat. Ille vero suorum consiliis quasi proterviam Teutonicorum declinans, maxime propter

10

sediciosum quendam tumultum, qui sibi Verone hospitanti dudum occurrerat, insuper suggerentibus quibusdam, quod non facile gens nostra decretum illud recipiat, quod quamlibet �cclesiasticam investi­ turam laicis a manibus 68 8 vetat, necnon et animosum cor regis adole­ scentis, quod nondum per omnia dominico iugo sit habile ; h�c, in-

ts

quam, multaque id genus vir Dei percepta considerans et necdum sibi ostium Germanicis in partibus aperturn esse cum gemitu pronuncians profectionem suam cum Hyspaniarum legatis per Burgundiam ad Gallias convertit et natalis dominici gaudium sua presentia Cluniacen­ sibus multum ampliavit. Inde secedens ab universis finium illarum

20

�cclesiis ut vere Christi discipulus et apostolorum vicarius ingenti honore suscipitur, digna reverentia tractatur, non aliter quam legifer de c�lo missus auditur. Sie itaque per menses aliquot ut fidelis dispen­ sator et prudens cotidianam sollicitudinem omnium �cclesiarum gerens tandem circa ascensionem Domini concilium non modicum

2s

apud Trecas habuit, ubi inter multa, qu� pro tempore et necessitate corrigenda correxit, sententiam de libera pastorum electione et de coercenda laicorum in �cclesiasticas dignitates pres�ptione iuxta · predecessorum suorum decreta promulgavit. At rex Heinricus pera­ gratis Saxoni� finibus, postquam b paschale festurn Mogonti� actum, eidem se concilio vicinum, non tarnen presentem, cum nonnullis episcopis et optimatibus exhibuit, cum quibus etiam inito consilio a) fehlt Rec. IV.

b)

post Rec. IV.

• 8 7 Quo decedente domnus Erlungus tarn a clero quam a populo Wirzibur­ gensium ut verus pastor sibimet dudum iniuste ablatus, sed iusto Dei iudicio rur­ sum oblatus summapere postulatur . . 87 Recensio IV. •

.

JO

Heinrich V. l l07

s

295

von Würzburg starb auf dem Weg zum Konzil. 87 Nach seinem Tod er­ baten Klerus und Volk von Würzburg dringend Herrn Erlung, der zuvor vertrieben worden war ; König und Papst stimmten zu, und er wurde durch Legaten des Römischen Stuhles, nachdem er mit großer Erwartung und unter unglaublichem Jubel der ganzen Stadt und vielen Volks empfan­ gen worden war, höchst ehrenvoll inthronisiert 67•

88 lm Jahr des Herrn 1 107. König Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Regensburg in Anwesenheit der Legaten des Herrn Papstes Pascha!, dessen Ankunft er schon eine Zeitlang bei Augsburg, der 10 Hauptstadt Alemanniens, und den übrigen oberdeutschen Landesteilen erwartet hatte. Auf den Rat seiner Umgebung hin wich j ener aber gleich­ sam der Unverschämtheit der Deutschen aus, vor allem wegen eines Aufruhrs, der jüngst in Verona, wo er sich aufgehalten hatte, gegen ihn ausgebrochen war, aber auch weil ihm einige einredeten, unser Volk 15 würde schwerlich j enes Dekret annehmen, das j ede kirchliche Investitur von Laienhand ss a verbietet, und daß außerdem das leicht erregbare Herz des jungen Königs sich noch nicht ganz in das Joch des Herrn füge ; dies, sage ich, und vieles andere dieser Art, was er vernommen hatte, erwog der Mann Gottes und ließ tnit Bedauern vermelden, der Zugang zu 20 den deutschen Reichsteilen stehe ihm noch nicht offen, und er wandte sich mit den spanischen Gesandten durch Burgund nach Frankreich und vermehrte durch seine Gegenwart die Weihnachtsfreude der Clunia­ zenser beträchtlich. Als er von dort wegging, wurde er von allen Kirchen dieses Gebietes als wahrer Jünger Christi und Stellvertreter der Apostel 2s mit höchsten Ehren aufgenommen, mit der schuldigen Ehrfurcht behandelt und angehört wie ein vom Himmel gesandter Gesetzgeber. So trug er einige Monate lang als kluger und getreuer Verwalter die tägliche Sorge für alle Kirchen, schließlich hielt er in den Tagen um Christi Himmelfahrt ein gar nicht kleines Konzil bei Troyes ab ; 30 unter dem vielen, was entsprechend der Zeit und der Notwendigkeit zu verbessern war und was er entsprechend verbesserte, verkündete er dort auch eine Verfügung über die freie Wahl der Hirten und die Ein­ schränkung der Anmaßung der Laien bei kirchlichen Würden gemäß der Dekrete seiner Vorgänger. König Heinrich aber durchzog Sachsen, 3S hielt das Osterfest in Mainz und zeigte sich dann zwar nicht auf, aber in der Nähe dieses Konzils zusammen tnit einigen Bischöfen und Großen ; als er sich mit diesen beraten hatte, schickte er ehrenwerte Abgesandte

87�7 Vgl. Kaiserchronik, oben S. 246. 88�8 Wörtlich aus den entsprechenden Jahresberichten der Kaiserchronik, oben S. 246 -260 ; ebd. auch der Kommentar. 88 8 Vgl. Sigebert z. J. l l l l .

Ekkehard III

296

legatos honorabiles ad apostolicum transmisit, per quos tarn ipsi quam univers� synodo potestatem constituendorum episcoporum privilegiis

apostolicis

Karolo

imperatori

concessam

notificarent.

Super qua questione, quia in alieno regno quicquam diffiniri utpote Romano iam incipiens potiri sceptro Heinricus non patitur, induci�

s

sibi totum sequentis anni spacium Romam veniendi et eandem cau­ sam generali concilio ventilandi conceduntur. Tune etiam nonnutlos nostrates episcopos, eo quod eidem concilio non intererant, officü suspensione domnus papa multavit, quos tarnen non multo post satisfacientes clementer

absolvit.

Rursum necdum humilitatem,

10

quam quesivit, Germanicis in cordibus invenire se satis conquestus, nos nequaquam, ut proposuerat, visitare, sed finibus Italicis se comitatumque suum disponit referre. Quo licet morose perveniens tantis Romani tarn cleri quam populi tripudiis suscipiebatur, acsi de mortuis redivivus crederetur.

1s

Rex vero orientalibus redditus colloquium Ratispon� cum Baioarüs habuit, in quo expeditionem versus Flandriam contra Rütpertum instituit. Qua circa Octobrem mota terram rebellium ingressus non sine gravi exercitus sui dispendio per unum et amplius mensem vastat, donec

per internuncios res

ad proximam curiam dilata Iitern

20

separat 68• 68 Anno Domini MCVIII. Rex Heinricus Mogonti� natalem Domini celebrans prescriptum Rütpertum in gratiam recepit. Eo tempore orta simultate inter Colomannum regem Pannoni� germanumque eius vocabulo Almum, eo quod uterque sibi potins

2s

regiam competere dignitatem iure gentis illius contenderet, spoliatus tarn rebus quam ducatu, quo inter Ungros clarus et, ut decuit fratrem regis, a rege secundus claruit, Almus regem Heinricum adüt et in auribus totins senatus haut secus quam ille quondam Atherbal miserias suas deplorans Romani imperü magnificentiam in compas-

30

sionem et defensionem sui fl.ectere curavit. His querelis motus rex Heinricus, insuper etiam quod idem Colomannus fines regni nostri, scilicet in locis maritimis, invaserit, Ungariam exercitu petit, sed preparatis multiformiter adversariis maximeque per obstructa fl.umi­ nis undique vada post morosam et cassam obsidionem castri Bresburg pene inacte redit 68•

35

Heinrich V. 1 107/1108

297

zum Papst, durch die sie ihm selbst und der gesamten Synode zur Kenntnis bringen wollten, daß Kaiser Karl durch päpstliche Privilegien die Macht eingeräumt worden sei, die Bischöfe einzusetzen. Weil Heinrich als angehender Römischer Kaiser nicht duldete, daß über diese Frage in 5 einem fremden Reich etwas entschieden werde, wurde ihm eine Frist gewährt, gemäß der er im Laufe des ganzen nächsten Jahres nach Rom kommen und auf einem allgemeinen Konzil diesen Rechtsstreit erörtern sollte. Damals bestrafte der Herr Papst auch einige unserer Bischöfe mit der Suspendierung von ihrem Amt, weil sie an dem Konzil nicht 10 teilgenommen hatten ; nicht viel später jedoch gewährte er ihnen gütig Verzeihung, da sie Genugtuung leisteten. Wiederum beklagte er sich sehr, daß er die Demut, die er suchte, in den Herzen der Deutschen nicht finden und uns auf keinen Fall besuchen könne, wie er sich vor­ genommen hatte ; er beschloß vielmehr, mit seiner Begleitung nach Italien 15 zurückzukehren. Als er dort mit Verzögerung anlangte, wurde er vom römischen Klerus und Volk mit solchem Jubel empfangen, als sei er von den Toten lebend zurückgekehrt. Als der König in die östlichen Reichsteile zurückgekehrt war, hielt er mit den Bayern in Regensburg einen Hoftag ab, auf dem er einen 20 Kriegszug nach Flandern gegen Ruotpert festsetzte. Dieser Feldzug begann etwa im Oktober ; der König drang in das Gebiet der Rebellen ein und verwüstete es mehr als einen Monat lang, nicht ohne schweren Verlust für das eigene Heer, bis schließlich die Verschiebung der Angelegenheit auf den nächsten Hoftag, die durch Unterhändler zustande 25 kam, den Hader beendete. Im Jahr des Herrn 1 108. König Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Mainz und nahm den obengenannten Ruotpert wieder zu Gnaden an. In dieser Zeit brach Feindschaft aus zwischen König Coloman von 30 Ungarn und seinem Bruder Almus, weil jeder von beiden darauf bestand , daß ihm nach dem Recht j enes Volkes eher die Königswürde zukomme ; Almus verlor seine Besitzungen und sein Herzogtum, das ihm unter den Ungarn Ansehen und, wie es sich für den Bruder eines Königs gehörte, den zweiten Platz nach dem König verschafft hatte ; er begab sich zu 3S König Heinrich und beklagte nicht anders als einst jener Atherbal vor dem ganzen Senat sein Unglück, und es gelang ihm, das erhabene Römische Reich zum Mitleid und zu seiner Verteidigung zu bewegen. König Heinrich ließ sich durch diese Klagen bewegen, zumal Coloman die Grenz­ gebiete unseres Reiches an den Küsten angriff, und zog mit einem Heer 40 nach Ungarn. Aber man bereitete ihm vielfältige Widrigkeiten, vor allem durch die Zerstörung aller Furten des Flusses, und nach einer langen und vergeblichen Belagerung der Festung Preßburg kehrte er fast unver­ richteter Dinge heim.

298

Ekkehard III

68 Anno Domini MOVIIII. Rex Heinricus natalem Domini Mogonti� celebrat et paulo post Frankonefurt conventu procerum habito Sigifridum palatinum comitem apud Wirziburgensem episcopum custodi� deputavit, eo quod - prodente Heinrico, prius duce Lotharin­ gi�, iam in gratiam regis recepto - in necem et regnum eius insurgere

s

consiliatus sit. lbi etiam deposito Gotefrido Fuldensium abbate Wolfhelmum eis preficit ex eadem congregatione. Post h�c ad Polo­ niam, gentem longinquam, movit exercitum multoque ibi atque diutino desudans labore diu negatum a terra illa tributi exegit debi­ tum.

10

Ruthardus Mogontinus archiepiscopus obüt 68• 68 Anno Domini MCX. Heinrico rege natalem Domini Babenberg celebrantea nuncüs excitatur inopine sinistris . . . 69 Pragam, Boemi� metropolim, cum exercitu occupasse ac ducaturn illius gentis contra regis voluntatem sibimet usurpasse. Qui mox efferatus animo prin-

1s

cipes sibi fidelissimos illo cum manu valida premisit, qu� mire et velociter prosperata civitatem cum hostibus intra deprehensis capit regique pedetemptin subsequenti cum triumpho occurrit. In epiphania Domini Ratispon� Heinricus colloquium cum princi­ pibus faciens animi sui propositum eis aperuit, scilicet quod transalpi-

20

nis partibus se exhibere vellet, quatinus et benedictionem imperi­ alem a summ o pontifice Romana, qu� caput mundi est, in urbe perciperet et latas Itali� provincias in societatem regni Germanici fraterna pace et iusticüs ac legibus antiquis componeret, insuper ad omnia, qu� defensio posceret �cclesiastica, ad nutum patris apostolici

2s

se promptum demonstraret. Arrectis animis omnium ad votum pie providi consulis et indubitati iam patri� amatoris vir esse non cre­ deretur, si quis a tarn virilis negocii consortio se subtrahere conaretur. Itaque sacramento nimis voluntario confirmatis in idipsum qui aderant rex alacer de huiusmodi expeditione per singulas Germani�

a) Heinricus rex n. D. B. celebrans Rec. IV.

30

Heinrich V. 1 109/1 1 10

s

10

299

Im Jahr des Herrn 1 109. König Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Mainz und kurz darauf hielt er in Frankfurt einen Hoftag mit den Großen ab und überantwortete Pfalzgraf Sigfrid der Haft beim Bischof von Würzburg, weil er den Plan ausgeheckt habe, den König zu töten und sich gegen sein Reich zu erheben, - dies hatte der frühere Herzog Heinrich von Lothringen verraten, der vom König wieder zu Gnaden aufgenommen war. Dort setzte er auch Gottfried, den Abt der Mönche von Fulda ab, und er stellte Wolfhelm an ihre Spitze, der aus dem gleichen Konvent kam. Danach zog er nach Polen, einem weitentfernten Volk, und nachdem er sich dort lange Zeit sehr abgemüht hatte, zog er den von diesem Lande lange verweigerten schuldigen Tribut ein. Erzbischof Ruthard von Mainz starb.

Im Jahr des Herrn 1 1 10. Als König Heinrich das Geburtsfest des Herrn in Bamberg feierte, wurde er unvermutet von schlimmen Nachrichten auf­ gestört, nämlich daß . . . 69 Prag, die Hauptstadt Böhmens, mit einem Heer besetzt und sich die Herzogsgewalt über jenes Volk gegen den Willen des Königs angemaßt habe. Voll Zorn schickte er rasch seine treuesten Fürsten mit einer starken Truppe dorthin voraus, die wunderbar und rasch Erfolg 20 hatte, die Stadt samt den Feinden, die in ihr ergriffen wurden, nahm und dem König, der auf dem Fuß folgte, im Triumph entgegenzog. Am Fest der Erscheinung des Herrn hielt Heinrich zu Regensburg einen Hoftag mit den Fürsten und eröffnete ihnen seinen Entschluß, in die jenseits der Alpen gelegenen Gebiete ziehen zu wollen, um vom 2S Papst in der Stadt Rom, die das Haupt der Welt ist, die Kaiserweihe zu empfangen und die weiten Provinzen Italiens in die Gemeinschaft mit dem Deutschen Königreich in brüderlichem Frieden nach altem Recht und Gesetz einzufügen, außerdem um seine Bereitwilligkeit gegen­ über dem Willen des apostolischen Vaters in allen Dingen, die die Ver30 teidigung der Kirche erforderte, zu zeigen. Alle richteten nun ihren hochgemuten Sinn auf den Wunsch des fromm vorausschauenden Konsuls, der sein Vaterland unzweifelhaft liebte, und der schien kein Mann zu sein, der versuchte, sich der Teilnahme an einer so männlichen Aufgabe zu entziehen. Nachdem die Anwesenden durch einen freiwilligen 3S Eid darauf bestärkt waren, verhandelte der König unermüdlich in den einzelnen Ländern Deutschlands in freudigem Eifer über diese Expedition, ts

18 Die Kaiserchronik hat hier den falschen Namen Werner (Boriwoi) ; offen­ bar hatte der meist sehr sorgfältige Ekkehard Bedenken bei diesem Namen, kannte aber ebensowenig den richtigen und ließ ihn deshalb weg, ohne indessen die Konstruktion zu ändern. Vielleicht hielt er aber auch "Pragam" für den Namen des Aufrührers.

Ekkehard III

300

provincias instanter tractare non cessat, et licet terrente quorundarn animos ortu cornet� sideris infausti per VI fere rnensiurn inducias, regia munificus liberalitate datis ubique inestirnabilis pecuni� stipen­ diis circa Augusturn rnoveri undique exerciturn irnperat, alüs securn per rnontern lovis, aliis per vallern Tridentinarn Alpes transcendenti-

s

bus. Providerat autern rex, nulli a seculo regurn in omni providentia secundus, sciens Rornanarn rern publicarn olim non tanturn arrnis quanturn sapientia gubernari consuetam, se non solurn arrnatis, sed

etiam literatis viris

necessario

rationern omni poscenti reddendarn

rnuniri,

paratis

scilicet

ad

* . Igitur superata nimis labariose

10

montiurn asperitate rex curn suis l�tus et incolornis Eboreiurn pervenit, alter vero exercitus captis antea quibusdarn castellis apud Viruncalia, uti condicturn fuerat, post expugnatarn ab ipso Novariarn ipsum l�tanter excepit. Pancis ibidem diebus rnoratus Padurn pro­ apere transit, Placenti� castra rnetatus rnunera copiosa rnagnamque

1s

fidelitatern a civibus accipiens et per tres septimanas in his partibus cornmoratus Parmamque perveniens Maththildem cometissam per internuncios sibi subiectam gratia sua propriisque iusticüs donavit. Post h�c asperrirna nimis afflictus hierne rnonternque Pardanis curn rnaxirno exercitus dispendio, rerum et equorum rniserabili defectu

20

transcendit, incessanter cadentibus super se iuxta qualitatem illius clirnatis irnmensis pluviis, hasque per VII septimanas passi tandem Florentiarn

nimis

afflicti

pertingunt

instante

festo

nativitatis

Dornini 68• 68 Anno Domini MCXI. Postquam rex Heinricus rebus8 per Longo- 2s bardiarn atque Tusciam dispositis apud Florentiam dorninic� nati­ vitatis gaudia cum ingenti suorum tripudio et mirando ac eatenus illius patri� civibus nunquarn viso decore et honore percelebravit, rnoto inde versus Ariciam exercitu illoque perveniens a clericis beni­ vole, a civibus subdole recipitur ; quorum etiam insolentiarn satis habundeque perdomuit, scilicet civitate illorurn curn turribus, quas ad repugnandurn regi preparaverant, funditus eversa, �cclesi� tarnen a) folgt prospere Rec. IV. * Rec. IV folgt : Inter quos claruit quidam Scothigena, nomine David, quem scolas Wirziburc regentem pro morum probitate rex sibi capellanum assumpsit.

Jo

Heinrich V. 1 1 10/1 1 1 1

301

und wenn auch der Aufgang eines unheilbringenden Kometen, der fast sechs Monate lang zu sehen war, einige Gemüter in Schrecken versetzte, so wurden doch überall mit Königlicher Freigebigkeit unermeßliche Geld­ zuwendungen gegeben ; dann befahl er zum August den Aufbruch des Heeres 5 von allen Orten, wobei ein Teil mit ihm über den Großen St. Bernhard zog, ein Teil die Alpen durch das Tal von Trient überquerte. Der König aber, dem kein zweiter jemals an Voraussicht zu vergleichen war, der auch wußte, daß der römische Staat einst nicht so sehr mit Waffen als viel­ mehr mit Weisheit regiert zu werden pflegte, hatte vorgesorgt und sich 10 nicht nur mit bewaffneten, sondern auch mit gebildeten Männern, wie es notwendig war, umgeben, die bereit waren, j edem Rechenschaft abzulegen, der sie verlangte. Als nun das rauhe Gebirge mühsam überwunden war, gelangte der König froh und unversehrt nach Ivrea, das zweite Heer nahm erst einige 1 5 Burgen und traf dann wie vorgesehen glücklich mit dem König, der Novara erobert hatte, bei Roncaglia zusammen. Er blieb einige Tage dort und überschritt dann mit Erfolg den Po. In Piacenza schlug er das Lager auf und empfing dort von den Bürgern viele Geschenke und den Ausdruck ihrer treuen Gesinnung ; drei Wochen lang blieb er in dieser 20 Gegend, gelangte dann nach Parma und beschenkte die Gräfin Mathilde, die ihm durch Boten ihre Unterwerfung kundgetan hatte, mit seiner Huld und eigenen Gerechtsamen. Der folgende Winter bedrängte ihn sehr hart, und er überstieg den Monte Bardone unter höchster Anstrengung seines Heeres und unter beklagenswerten Verlusten an Material und Pferden ; 25 denn unaufhörlich prasselten dem dortigen Klima entsprechend uner­ meßliche Regengüsse auf sie herab ; sieben Wochen lang erduldeten sie dies und gelangten endlich ziemlich mitgenommen unmittelbar vor dem Geburtsfest des Herrn nach Florenz.

30

35

Im Jahr des Herrn 1 1 1 1 . Nachdem König Heinrich in der Lombardei und in der Toskana alles geordnet hatte, feierte er in Florenz die Freuden des Geburtsfestes des Herrn unter ungeheurem Jubel der Seinen und mit einem erstaunlichen und von den Bürgern dieser Stadt noch nie gesehenen Prunk und Aufwand. Dann brach er nach Arezzo auf, wo er von den Geistlichen wohlwollend, von den Bürgern aber hinterhältig aufgenommen wurde ; ihre Unverschämtheit strafte er überreichlich, denn er zerstörte vollständig ihre Stadt mit den Türmen, die sie zum Widerstand gegen den König hergerichtet hatten ; der Kirche aber gab er auf Bitten der Hic itaque iussus a rege totam huius expeditionis seriem rerumque in illa gesta­ rum stilo tarn facili, qui pene nichil a communi loquela differat, tribus libris digessit, consulens in hoc etiam Ieetoribus Iaicis vel aliis minus doctis, quorum hec intellectus capere possit. lgitur iuxta prescripti testimonium hystoriographi superata . . . ; wie in der Kaiserchronik.

302

Ekkehard III

omni sua iusticia, quam idem cives violenter abstulerant, iuxta clericorum peticionem restituta. Inde ad Aquampendentem progres­ sus legatos suos dudum ab Aricia missos ab apostolico boni nuncü hainlos reperit remissisque aliis nunciis cum Romanorum, qui suppli­ ces illic sibi occurrerant, paulatim Sutriam processit. Ibi legati apo-

s

stolici cum missis regiis advenientes promptum esse papam ad con­ secrationem et omnem regis honorem et voluntatem, si tarnen ipse sibimet annueret libertatem �cclesiarum, laicam ab illis prohibens investituram recipiendo nichilominus ab �cclesiis ducatus, marchias, comitatus, advocatias, monetas, thelonea c�terorumque regalium, qu�

10

possident, summam. Prebuit rex assensum, sed eo pacto, quatinus h�c transmutatio firma et autentica ratione, consilio quoque vel concordia tocius �cclesi� ac regni principum assensu stabiliretur, quod etiam vix aut nullo modo fieri posse credebatur. Qua conventione facta, dimissis legatis et obsidibus utrimque missis a rex hilariter ad

1s

Urbem properat, domnus autem apostolicus cum omni clero, immo tota Roma se in eins occursum adornat. Post h�c, qu� gesta sunt, longissimum est enarrare, utpote quam inmensa honorificentia sit receptus et per Argenteam Portam usque ad mediam rotam antiquo Romanorum instituto deductus, ibique

20

lectis publice privilegiis, tumultuantibus in infinitum principibus pre �cclesiarum spoliatione ac per hoc beneficiorum suorum ablatione, quam ingenti periculo, quam varia disceptatione tota dies illa con­ sumpta sit et postremo pater apostolicus ab episcopis et aliis fidelibus regis sit custoditus usque ad pacatam et �cclesiasticam consecratio-

2s

nem imperatoris in exemplum patriarch� Iacob dicentis ad angelum : "Non dimittam te, nisi benedixeris michi". His ita in dominica XLme transactis Romani tota nocte congregati summo mane impetum undique fecerunt in exercitum regis, adeo ut commissa aliquamdiu pugna regem per se ipsum necesse esset exer-

30

citui succurrere, quod et inpigre fecit et usque ad inclinatam iam diem fortissimi militis et optimi ducis opus agens Dei gratia suis victoriam, hostibus post multam stragem fugam incussit. Post triduum Roma secedens domnum apostolicum secum duxit et eo quo potuit honore tenuit, donec compositis, qu� res poscebat, a) fehlt Rec. IV.

3S

Heinrich V. 1 1 1 1

303

Geistlichen alle Gerechtsame zurück, die die Bürger ihr gewaltsam weg­ genommen hatten. Von dort zog er nach Acquapendente, wo er die Ge­ sandten vorfand, die er bereits von Arezzo abgesandt hatte und die nun gute Botschaft vom Papst brachten ; er schickte sodann andere Gesandte s zusammen mit den Boten der Römer, die ihm dort unterwürfig entgegen­ gekommen waren, zurück und rückte allmählich auf Sutri zu. Dorthin kamen zusammen mit den königlichen Boten päpstliche Legaten, die erklärten, der Papst sei bereit, ihm die Weihe, jede königliche Ehrung und jeden Wunsch zu gewähren, wenn er ihm selbst die Freiheit der Kirchen 10 zugestehe, die Investitur durch Laien von ihnen fernhalte, wofür er von den Kirchen Herzogtümer, Markgrafschaften, Grafschaften, Vogteien, Münzen, Zölle und das Gesamt aller Regalien, die sie besäßen, zurück­ erhalten sollte. Der König gewährte seine Zustimmung, jedoch nur unter der Bedingung, daß diese Änderung durch ein eindeutiges und eigents händiges Protokoll auf Grund des Rates auch und der einmütigen Gesin­ nung der ganzen Kirche, sowie der Zustimmung der Reichsfürsten fest­ gesetzt würde ; man hielt dies für kaum oder überhaupt nicht möglich. Nach dieser Übereinkunft wurden die Legaten entlassen, man schickte sich wechselseitig Geiseln, und der König eilte froh nach der Stadt ; der 20 Papst aber bereitete sich mit dem ganzen Klerus, ja mit ganz Rom, ihm entgegenzuziehen. Was damals geschah zu erzählen, führte allzu weit ; wie er mit unermeßlicher Ehrerbietung empfangen und durch die Silberne Pforte nach alter Sitte der Römer bis zum mittleren Kreis geführt wurde, 2S wie dort nach der öffentlichen Verlesung der Verträge die Fürsten endlos tobten wegen der Beraubung der Kirchen und dem dadurch bedingten Verlust ihrer Lehen, mit welch ungeheurer Gefahr, mit welchen ver­ schiedenen Streitereien dieser ganze Tag verging und wie schließlich der Apostolische Vater von den Bischöfen und anderen Getreuen des Königs 30 in Haft genommen wurde bis zu einer friedlichen kirchlichen Salbung des Kaisers, nach dem Beispiel des Patriarchen Jakob, der zum Engel sagte : "Ich lasse Dich nicht, Du segnetest mich denn." Dies war am Sonntag Quadragesima geschehen ; die Römer scharten sich während der ganzen Nacht zusammen und griffen am frühen Morgen 3S von allen Seiten das Heer des Königs an, so daß der König, als der Kampf schon einige Zeit währte, selbst dem Heer zu Hilfe kommen mußte, was er auch mit Eifer tat ; und bis der Tag sich neigte, vollbrachte er das Werk eines überaus tapferen Soldaten und des besten Feldherrn und verhalf mit der Gnade Gottes den Seinen zum Sieg, den Feinden aber nach 40 schwerem Gemetzel zur Flucht. Nach drei Tagen verließ er Rom und führte den Herrn Papst mit sich ; er hielt ihn so ehrennaft wie nur möglich bei sich, bis er, nachdem in den einzelnen Gebieten alle erforderlichen Aufgaben erledigt und alle Gegner

Ekkehard III

304

per regiones negoeüs, paeatis omnibus adversarüs instans paseha non Ionge ab Urbe in eastris eelebravit ibique sedatis inter ipsum et apostolieum, inter regnum et saeerdotium, dissensionibus inveteratis post oetavas paseh� eum nimio populi Romani, immo totius �eelesi� ae inestimabilis exereitus tripudio ante eonfessionem saneti Petri 5 Augusti nomen et imperium a Christo, ipse erismate rite perunetus et saeratus et sub augustissima pompa coronatus suseepit 68, sieuti * nobis tune inibi presentes affumant, quamvis nonnulli Ionge aliter inde sentiant. Donatus est etiam * 68 in presenti per manum apostoliei sub testimonio astantis �eclesi� privilegio investitur� �eelesiastie�, 10 iuxta quod utriusque predeeessoribus plaeuerat et permanere eonsue­ verat ; euius ineonvulsibilem stabilitatem domnus papa mox sub anathemate eonfirmabat. Sie denique ea die gloria in exeelsis Deo et in terra pax hominibus bon� voluntatis, ut ita dieam, est reeuperata, dum tarn inveterata et eatenus ineorrigibilia de regno Christi seisma- 1s turn ablata sunt seandala. Nee multo post Heinrieus imperatoria muni:fieus liberalitate tarn spirituali patri suo pap� quam singulis eius episcopis eardinalibus clerieisque maioribus ae minoribus dona tot, tanta et talia dispertivit, ut absentibus omnino ineredibile memoratu sit, sieque tarn ab apo- 20 stolieo quam ab omnibus prospera sibi imprecantibus et nimio amoris vineulo eum aliquandiu dedueentibus per Longobardiam ad Alpes, indeque ad terras Germanieas felieiter est reversus. Post reditum quoque suum nonnulla tarn ab ipso imperatore quam ab episeopis seeum eomitantibus, qu� corrigenda videbantur, iuxta 25 quod summus pontifex coneesserat unieuique vel iniunxerat, ad planum sunt expolita, viciata quoque ad purum exeoeta. Sie Christo respieiente in terram de e�lo saneto suo, sieut ubique devoeio et religio christiana, ita etiam rerum prosperitas et eopia frugum ac 30 nova eircumquaque creseere cepit l�ticia ss . Igitur imperator Heinrieus mense Augusto quam plurimos episeopos atque abbates, nonnullos etiam prineipes Spiram eonvocat ; quorum assensu et cooperatione patris sui anniversarium permagnifice eele­ brat. Nam toto quinquennio suspensa eommunio sepultur� 70 et orationum apostoliea auetoritate ab eisdem sacerdotibus, qui et 35 •-*

dato sibi Rec. IV.

Heinrich V. 1 1 1 1

305

befriedet waren, das bevorstehende Osterfest unweit von der Stadt im Lager feierte. Dort wurden die alten Streitfragen zwischen ihm und dem Papst, zwischen der weltlichEm und geistlichen Gewalt, beigelegt, und nach der Oktav von Ostern empfing er unter größtem Jubel des römischen 5 Volkes, ja der ganzen Kirche und des riesigen Heeres vor der Confessio des hl. Petrus von Christus den Namen und die Herrschaft eines Kaisers, indem er, wie es Brauch ist, mit Chrisma gesalbt und geweiht und überaus prunkvoll gekrönt wurde 68, wie uns Teilnehmer berichten, wenngleich einige ganz anders darüber denken. 68Auch wurde ihm persönlich durch 10 die Hand des Papstes, unter dem Zeugnis der dabei anwesenden Kirche, ein Privileg über die kirchliche Investitur geschenkt, so wie es den Vor­ gängern beider gefallen und gewohnheitsmäßig gegolten hatte ; seine Unabänderlichkeit bestätigte der Herr Papst bald unter Androhung des Bannes. So wurde endlich an diesem Tage Gott in der Höhe Ehre und auf 15 Erden den Menschen guten Willens Friede, um mich so auszudrücken, wiedergewonnen, da die alten und bis dahin unverbesserlichen Ärgernisse der Spaltungen vom Reiche Christi genommen wurden. Nicht viel später verteilte Heinrich mit königlicher Freigebigkeit seinem geistlichen Vater, dem Papst, den einzelnen Kardinalbischöfen, 20 der höheren und niedrigeren Geistlichkeit, so viele und so große Geschenke von solcher Art, daß es denen, die nicht dabei waren, unglaublich er­ scheint ; nachdem ihm dann der Papst und alle anderen Glück gewünscht und ihm mit großer Liebe ein Stück das Geleit gegeben hatten, kehrte er durch die Lombardei und über die Alpen glücklich nach Deutschland 25 zurück. Nach seiner Rückkehr wurde vom Kaiser selbst und auch von den Bischöfen, die ihn begleitet hatten, einiges, was der Verbesserung bedürftig erschien, gemäß der Erlaubnis und dem Auftrag des höchsten Bischofs an einen jeden völlig in Ordnung gebracht und Fehlerhaftes 30 bereinigt. Während so Christus aus seinem heiligen Himmel auf die Erde herabsah, begannen überall christliche Frömmigkeit und Religion, ebenso aber auch glückliches Gedeihen und Fülle der Feldfrüchte und überall neue Freude zu wachsen 68• Kaiser Heinrich rief im August mehrere Bischöfe und Äbte und auch 35 einige Fürsten in Speyer zusammen ; mit ihrer Zustimmung und Mithilfe feierte er den Todestag seines Vaters überaus prächtig. Denn die fünf Jahre lang verweigerte kirchliche Gemeinschaft in der Bestattung 70 und im Gebet wurde nun mit päpstlicher Erlaubnis von den gleichen Priestern

70 Vgl. oben S. 288.

306

Ekkehard III

Rom� coram papa penitenti� illius testimonium reddiderant, tune testificantibus conceditur, et quibus nulli unquam imperatorum augustiares impens� sint exequiis, iuxta maiores suos in �cclesia sepe­ litur. 68 Habita post h�c Mogonti� curia Adelherturn cancellarium suum

5

dudum ad eandem kathedram electum baculo et anulo investivit 68• 68

Anno Domini MOXII . Sigifridum palatinum comitem diutina

satis affl.ictum custodia iuxta principum consilium atque petitionem sibi reconciliatum dimittens benigne tractare c�pit, adeo ut eius filium de baptismate susciperet et iniuriarum preteritarum oblivisci se

10

facturum sponderet 68.

Eo 71 tempore domnus apostolicus multas a Romana �cclesia passus est iniurias obicientibus ei, quod contra instituta totius �cclesiastic� disciplin� regem Heinricum, tyrannicum rei public� vastatorem et �cclesiarum destructorem, imperiali benedictione sublimasset, insuper

15

privilegio sacrilego condonasset. lnde coactus in concilio, 72 XV. Kaiendas Aprilis habito Lateranis in �cclesia Oonstantiniana, ultima die concilii facta coram omnibus professione catholic� fidei, ne quis de fide ipsius dubitaret, dixit : "Amplector omnem divinam scripturam veteris et novi testamenti, legem a Moyse scriptarn et a sanctis pro-

20

phetis, amplector IIII evangelia, VII canonicas epistolas gloriosi doctoris beati Pauli apostoli, sanctos universalia concilia sicut IIII

canones apostolorum, IIII

evangelia,

Nicenum, Ephesinum,

Oonstantinopolitanum, Oalcedonense et Antiochenum concilium et decreta sanctorum patrum,

Romanorum pontificum et precipue

25

decreta domni mei pap� Gregorii VII. et beat� memori � pap� Urbani. Qu� ipsi laudaverunt, laudo, qu� ipsi tenuerunt, teneo, qu� confirma­ verunt,

confirmo,

qu� dampnaverunt,

dampno,

qu� repulerunt,

repello, qu� interdixerunt, interdico, qu� prohibuerunt, prohibeo, in omnibus et per omnia et in his semper perseverabo". Quibus

expletis

surrexit

Gerhardus

Engolismensis

30

episcopus,

legatus in Aquitania, et communi assensu domni Paschalis pap� totiusque concilü coram omnibus legit hanc scripturam : "Privilegium illud, quod non est privilegium, sed vere debet dici pravilegium, pro 71 Hier beginnt wieder Ekkehard.s eigene Berichterstattung.

Heinrich V. 1 1 1 1/1 1 12

s

307

gewährt, die auch in Rom vor dem Papst seine Bußfertigkeit bezeugt hatten und auch jetzt bezeugten, und mit Exequien, wie sie erhabener keinem Kaiser jemals gehalten wurden, wurde er in der Kirche neben seinen Vorfahren beigesetzt. 68 Danach hielt er in Mainz einen Hoftag und investierte seinen Kanzler Adalbert, der schon längst für diesen Sitz erwählt war, mit Stab und Ring.

Im Jahr des Herrn 1 1 12. Pfalzgraf Sigfrid, der durch die lange Haft ziemlich mitgenommen war, versöhnte er auf den Rat und die Bitte der 10 Fürsten hin mit sich und entließ ihn ; er begann, ihn so gütig zu behandeln, daß er seinen Sohn aus der Taufe hob und versprach, das vergangene Unrecht zu vergessen 68• In 71 dieser Zeit hatte der Herr Papst viele Ungerechtigkeiten von der Römischen Kirche zu erdulden ; man warf ihm vor, er habe entgegen den ts Satzungen der ganzen kirchlichen Lehre König Heinrich, den tyrannischen Verwüster des Staates und Zerstörer der Kirchen, durch die Kaiserweihe erhöht und ihn darüber hinaus mit einem gotteslästerlichen Privileg beschenkt. Daher legte er auf dem Laterankonzil, 72 das am 18. März in der Konstantinsbasilika abgehalten wurde, am letzten Tage des Konzils 20 gezwungenermaßen vor allen das Bekenntnis seiner Rechtgläubigkeit ab und sagte, damit keiner an seinem Glauben zweifelte : "Ich bekenne die ganze Heilige Schrift des Alten und Neuen Testamentes, das Gesetz, das Moses und die heiligen Propheten aufgezeichnet haben ; ich anerkenne die vier Evangelien, die sieben kanonischen Briefe des glorreichen Lehrers 2s und Apostels, des hl. Paulus, die heiligen Canones der Apostel, die vier allgemeinen Konzilien gleichsam als vier Evangelien, das von Nizäa, Ephesus, Konstantinopel und Chalcedon, und das Konzil von Antiochia und die Dekrete der heiligen Väter, der römischen Bischöfe, vor allem die Dekrete meines Herrn, des Papstes Gregor VII. und des Papstes 3S Urban seligen Angedenkens. Was sie gutgeheißen haben, heiße auch ich gut, was sie gehalten haben, halte auch ich, was sie bestätigt haben, bestätige auch ich, was sie verdammt haben, verdamme auch ich, was sie zurückgewiesen haben, weise auch ich zurück, was sie untersagt haben, untersage auch ich, was sie verboten haben, verbiete auch ich, in allem 40 und durch alles ; und darin werde ich allzeit beharren." Als dies erfüllt war, erhob sich Bischof Gerhard von Angouleme, Legat in Aquitanien, und las unter gemeinsamer Zustimmung des Herrn

72-72

Wörtliche Wiedergabe der Beschlüsse des vom 18.-23. März dauern

den Konzils ; vgl. MG. Const. 1, 57l ff. n. 399.

­

Ekkehard III

308

liberatione captivorum �cclesi� a domno Paschale papa per violentiam regis Heinrici extortum nos omnes in hoc sancto concilio congregati canonica censura et �cclesiastica auctoritate iudicio Sancti Spiritus dampnamus et irritum esse iudicamus et omnino, ne quid auctori­ tatis et ef.ficacitatis habeat, penitus excommunicamus ; et hoc ideo

s

dampnatum est, quia in eo privilegio continetur, quod electus canonice a nemine consecretur, nisi prius a rege investiatur, quod est contra Spiritum Sanctum et canonicam institutionem. " Perleeta carta acclamabant omnes Amen, amen ! Archiepiscopi Iohannes patriarcha Veneticus, Sennes Capuanus 72 et alii fere C episcopi subscripserunt 73 •

10

Ex hac occasione Viennensis archiepiscopus 74 cum suis complicibus novum scisma nostras in partes seminare et gladium anathematis in imperatorem molitur extendere 75, sed quia ceptum eius apostolica indeque omni �cclesiastica auctoritate videbatur carere, parum interim potuit vigere. Attamen eiusdem dissensionis seminario circumquaque

15

c�pit invidi� serpere malum, adeo ut nonnulli quicquam contra rem publicam intentantes huius rei materiam in su� commotionis arripere meditarentur clipeum . Inter quos 76 et predictus Adelbertus designatus Mogonti� pontifex, qui per omnia secundus a rege semper fuerat, sine cuius consilio nichil facere solebat, adversus imperatorem, quod

20

vix quisquam crederet, conspirare cum quibusdam principibus infama­ tur reque cognita custodi� ab illo traditur 76• Moritur his temporibus quidam de Saxoni� principibus nomine Oudalricus 77, Ludewici comitis 78 dudum gener, sed iam propter eins­ dem .fili� repudium invisus. Cuius possessiones predictus Sigifridus 79

25

hereditaria sibi vendicabat successione, sed domnus imperator easdem in ius regni conabatur attrahere. Qu� causa recidiv� discordi� fomitem c�pit ministrare. Nam idem comes priores miserias suas sequentibus exaggerans totam pene Saxoniam, suam videlicet patriam, tantis implevit qu�rimoniis, ut tarn ducem Lotharium 80, quam Rudolfum marchionem,

Fridericum

palatinum

comitem,

73 Vgl. Const. 1 , 572 f. 74 Guido, der spätere Papst Calixt II. 75 Auf der Synode zu Vienne, 16. Sept. 1 1 12. 78-78 Kaiserchronik zu 1 1 12. 77 Graf von Weimar, gest. am 13. Mai.

Wigbertum

atque

JO

1 1 12. Lateransynode

309

Papstes Paschal und des ganzen Konzils vor allen folgendes Schriftstück vor: "Jenes Privileg, das kein Privileg ist, sondern in Wahrheit ein Pravi­ leg genannt werden muß , das sich der Herr Papst Paschal um der Befreiung der Gefangenen der Kirche willen gewaltsam von König Heinrich erpressen s ließ, verdammen wir alle, die wir auf diesem heiligen Konzil versammelt sind, auf Grund des kanonischen Rechts und der kirchlichen Autorität durch das Urteil des Heiligen Geistes und erklären es für null und nichtig und belegen es mit dem Bann, damit es keinerlei Autorität und Wirk­ samkeit habe. Und es wird aus dem Grunde verdammt, weil in diesem 10 Privileg geschrieben steht, daß ein kanonisch Erwählter von niemandem geweiht werden soll, wenn er nicht zuvor vom König investiert ist. Und das ist wider den Heiligen Geist und die kanonische Satzung." Nachdem das Schreiben verlesen war, riefen alle zustimmend : "So sei es, so sei es ! " Die Erzbischöfe Johannes, Patriarch von Venedig, und Sennes von Cats pua 72 und etwa hundert andere Bischöfe unterschrieben 73• Bei dieser Gelegenheit versuchte der Erzbischof von Vienne 74 mit seinen Anhängern, in unserem Land ein neues Schisma zu säen und das Bann­ schwert gegen den Kaiser zu ziehen 76 ; aber da sein Beginnen der päpst­ lichen und daher jeder kirchlichen Autorität offensichtlich entbehrte, 20 konnte er nur wenig ausrichten. Trotzdem begann aus der Saat dieses Streites überall das Übel der Gehässigkeit hervorzukriechen, und zwar so sehr, daß einige, die etwas gegen den Staat zu unternehmen trachteten, eben diese Angelegenheit als Schild für ihr Unternehmen zu ergreifen gedachten. Unter ihnen 7 6 wurde auch der obengenannte Adalbert, 2S designierter Bischof von Mainz, der in allen Dingen immer der zweite nach dem König gewesen war und ohne dessen Rat dieser nichts zu tun pflegte, verdächtigt, mit einigen Fürsten gegen den Kaiser zu konspi­ rieren - was kaum j emand glauben konnte -, und als die Sache ruchbar geworden war, ließ der Kaiser ihn verhaften 7 6 • 30 In dieser Zeit starb einer der sächsischen Fürsten namens Udalrich 7 7, einst Schwiegersohn des Grafen Ludwig78 , ihm aber seit langem wegen der Scheidung von seiner Tochter verhaßt. Dessen Besitzungen eignete sich der schon erwähnte Sigfrid 7e auf Grund erblicher Nachfolge an, aber der Herr Kaiser versuchte, sie in den rechtlichen Besitz des Reiches zu 3S bringen. Diese Angelegenheit begann den Zündstoff für die wiederauf­ lebende Zwietracht zu liefern. Denn der Graf häufte auf seine früheren Übeltaten noch weitere und erfüllte fast ganz Sachsen, sein Heimatland, mit solchen Klagen, daß er sowohl Herzog Lothar 80 als auch Markgraf Rudolf, Pfalzgraf Friedrich, Wipert und Ludwig und einige andere vom

78

von Thüringen.

78

Vgl. den Anfang des Jahresberichts. Zu ihm und den Mitverschworenen oben S. 260 Anm. 91 ff. zum Jahr 1 1 13.

80

Ekkehard III

310

Ludewicum nonnullosque alios ab obsequio traheret imperatoris. Sed et episcopus Halberstatensis 81, necnon Gerthrudis 82, illa prepo­ tens per Saxoniam vidua, violentiam se niehilaminus pati ab imperato­ ris preiudiciis invasione prediorum suorum clamitabant. H�c et his similia scandalorum zizania murrnur infinitum in nuper pacato regno

s

suscitant.

83 Anno Domini MCXIII. Heinricus imperator natalem Domini Erpesfurt celebravit. Illuc cum prescripti Saxoni� principes curiam non adissent, indignatione nimia commotus imperator bona eorum diripi, possessiones incendiis devastari etiam inter ipsa festa precepit, nec multo

10

post castellum apprime muniturn Hornburg84 longa

obsidione delevit. Deinde relictis per presidia fidelibus suis contemp­ tores suos insidüs et CO�lg!essibus affl.ixit ; inter qu� sepedictus Sigi­ fridus palatinus comes, vir nobilissimus et suo in tempore nulli in omni probitate secundus, occubuit85, Wigbertus capitur, Ludewicus ad deditionem compellitur 83 • 86, sicque rebus interim quies, licet

1s

modica, conceditur. 83 Post h�c quidam Reginoldus 87 provinci� Burgundi� comes et, ut aiunt, imperatoris consanguineus tyrannidem iuvenili actus insolentia contra rem publicam orditur ; qui tarnen superveniente sibi cum manu

20

valida Heinrico augusto munitionem, in qua maxime confidebat, Mon­ zun a

ipse captus amisit sicque lite cito dirempta custodi� traditur 83•

Anno Domini MCXIIII. 88 Domnus imperator natalem Domini Babenberg cum summa magnificentia copiosaque principum multitu­ dine celebrat 88, et hoc non simpliciter, quia virum Dei Ottonem

2s

inibi episcopum propter qu�dam iam orientia in regno scandala curiam frequentare rennuentem ex parte suspectum habebat. Ipse vero rebus transitoriis pro conoordia �cclesiastica non parcens bene­ :ficiis indefessis animositatem regis gloriose devicit. 88 Hinc indicto conventu Mogonti� nuptias post epiphaniam Domini augustissime instituit, ubi etiam vix aliquem aut certe nullum de magnatibus a) 81

fehlt B.

Reinhard. Witwe des Grafen Heinrich von Eilenburg, Markgrafen von Meißen und der Lausitz, Schwiegermutter Lothars von Süpplingenburg. 82

30

Heinrich V. 1 1 12/1 1 1 4

s

311

Gehorsam gegen den Kaiser abbrachte. Auch der Bischof von Halber­ stadt 81 und ebenso Gertrud 82, jene in Sachsen übermächtige Witwe, schrien, sie erlitten Gewalt durch die ungerechten Handlungen, die der Kaiser durch den Einfall in ihre Eigengüter begehe. Dieses und ähnliebes Unkraut der Argernisse erregte ein endloses Murren in dem gerade befriedeten Reich.

83 lm Jahr des Herrn 1 1 13. Kaiser Heinrich feierte das Geburtsfest des Herrn in Erfurt. Als dort die genannten sächsischen Fürsten nicht bei Hofe erschienen, war der Kaiser so übermäßig entrüstet, daß er sogar an 10 den Festtagen befahl, ihre Güter zu plündern und ihre Besitzungen durch Brand zu verwüsten, und nicht viel später zerstörte er nach langer Bela­ gerung die schwerbefestigte Hornburg84. Er ließ seine Getreuen als Besatzung zurück und bekämpfte diejenigen, die ihn verachteten, durch Hinterhalte und Gefechte ; dabei fiel der oftgenannte Pfalzgraf Sigfrid, t s ein Mann von höchstem Adel, der in seiner Zeit keinem in irgendeiner Tugend nachstand, Wipert wurde gefangengenommen und Ludwig zur Unterwerfung gezwungen. So kehrte in diesen Dingen Ruhe ein, wenn auch nur mäßige. Danach begann ein gewisser Rainald, Graf des burgundischen Reichs20 teiles und dem Vernehmen nach ein Blutsverwandter des Kaisers, in jugendlicher Unverschämtheit Gewalt gegen den Staat zu üben. Als j edoch Kaiser Heinrich mit einer starken Schar über ihn kam, verlor er die Festung Mousson, auf die er am meisten vertraute, und wurde selbst gefangengenommen ; so wurde der Streit rasch beendet, und er selbst in 2s Haft getan 83•

30

3S

Im Jahr des Herrn 1 1 14. 88 Der Herr Kaiser feierte das Geburtsfest des Herrn in Bamberg mit höchster Pracht und einer großen Zahl von Fürsten 88, jedoch nicht arglos, denn er hegte gewisses Mißtrauen gegen Otto, den Mann Gottes, der dort Bischof war und sich wegen einiger Ärgernisse, die im Reich entstanden waren, weigerte, an den Hof zu kommen. Er aber schonte die irdischen Güter um der kirchlichen Eintracht willen nicht und besiegte durch unermüdliche Wohltaten rühmlich die Erregung des Königs. 88 Dieser sagte sodann von hier aus einen Hoftag zu Mainz an und setzte danach in seiner Erhabenheit die Hochzeit für einen Zeitpunkt nach dem Fest der Erscheinung fest. Dort sollte nach seinem Willen kaum 83-83

Mit leichten Abänderungen aus der Kaiserchronik zum gleichen Jahr.

84 An der Ilse, im Besitz des Bischofs von Halberstadt. 85 Am 9. März. 88 Vgl. Kaiserchronik zu 1 1 13. 87 Vgl. Kaiserchronik, Ende des Berichts z. J. 1 1 13. 88-88 Nur noch inhaltliche Übereinstimmung mit der Kaiserchronik zum

gleichen Jahr.

Ekkehard III

312

abesse voluit ; quorum consilio vel

assensua regis Angli{l filiam

Mathildem nomine dudum desponsatam legitime sibi coniungens regni consortem constituit ss. Deinde contra quosdam in locis palustribus ultra Fresonum insulas habitantes imperator navalem expeditionem multo studio instituit.

s

Quo dum tendit, Coloniam Agrippinam sibi reheHern et in hoc quam plures Transrheninos atque Westfalos consentientes invenit, quorum numerantur

nominatissimi

Fridericus

Coloniensis

archiepiscopus,

Gotefridus dux 89, Heinricus quondam 90 dux et Fridericus de Arnes­ burg. Intermissa itaque profectione manum in hostes presentes

to

extendere cupiens Coloni� partibus assedit, civitati vero mirifice munit� non prevalens regionem circumquaque vastavit tandemque soluto exercitub recidivam expeditionem contra eosdem rebelliones indixit. Qua circa Kaiendas Octobris congregata Friderici posses­ siones aggreditur. Qua undique vastata et in medio regionis illius

ts

castro firmo constructo eoque militibus, armis atque stipendiis m­ structo hieme superveniente ab armis disceditur. Anno Domini MCXV. Considerans imperator Saxoniam manifeste iam a se deficere contra eam ut iratus, ita etiam armatus venit et tarn ex his, quos adduxerat, quam quos inibi sibi voluntarios invenerat,

20

castra non modica instituit. Saxones vero de c periculis suis agi cernen­ tes copias suas e diverso locant non pugnandi contra dominum suum audacia, sed defendendi se necessitate coacti, ut ipsi per internuncios imperatori confirmabant. Cumque per aliquot dies pars utraque alteri minaretur et parceret, quidam vir fortis nomine Hoger 91 , qui dudum

2s

inter multa, qu� bellicose egerat, Sigefridi palatini comitis nece se famosissimum in aula regis effecit 92, assumpta omni electa iuventute, qu� ut ipse mor� fuit inpaciens, Saxones suos nimirum compatriotas audacter invasit93 ipseque leonina ferocitate dirnieans glori� cupidi­ tatem, qua flagrabat, multis secum cadentibus propria morte compro- 30 bavit. Interfuit huic conflictui, immo, ut aiunt, quodammodo prefuit episcopus Halberstatensis Reinhardus, qui dudum ab imperatore

a) consensu B. b) conventu Rec. IV. c)

fehlt Rec. IV.

Heinrich V. 1 1 14/1 1 1 5

313

einer oder überhaupt keiner der Großen fehlen ; denn auf ihren Rat hin und mit ihrer Zustimmung verband er sich die Toch'\ter des Königs von England, Mathilde, die ihm schon länger verlobt wJr, auf rechtmäßige Weise und setzte sie als Teilhaberin des Reiches ein 88• s Danach richtete der Kaiser mit viel Eifer einen Kriegszug mit Schiffen gegen irgendwelche Inselbewohner aus, die noch über Friesland hinaus in sumpfigen Gegenden wohnten. Als er dort hinzog, fand er die Stadt Köln im Aufstand gegen sich und ebenso viele von j enseits des Rheins und aus Westfalen, die mit ihr die gleiche Gesinnung zeigten ; zu ihnen 10 gehörten so wohlbekannte Männer wie Erzbischof Friedrich von Köln, Herzog Gottfried 89, der ehemalige Herzog Heinrich 90 und Friedrich von Arnsberg. Er unterbrach deshalb seinen Zug, denn er wünschte, seine Hand gegen seine gegenwärtigen Feinde auszustrecken, und er lagerte im Gebiet von Köln ; da er aber die bewundernswert befestigte Stadt nicht IS bezwingen konnte, verwüstete er das Umland und sagte schließlich einen neuen Feldzug gegen diese Rebellen an, nachdem er das versammelte Heer aufgelöst hatte. Als sich das Heer am 1 . Oktober gesammelt hatte, griff er die Besitzungen Friedrichs an. Er verwüstete sie rundum und errichtete mitten in seinem Gebiet eine feste Burg, die er mit Soldaten, 20 Waffen und sonstigen Mitteln ausrüstete ; und da der Winter anbrach, wurden die Waffen niedergelegt.

2s

30

3S

Im Jahr des Herrn 1 1 15. Da der Kaiser sah, daß Sachsen schon offenkundig von ihm abfiel, zog er ebenso ergrimmt wie bewaffnet gegen das Land und richtete mit denen, die er mitgebracht und den Freiwilligen, die er im Land gefunden hatte, ein großes Heerlager ein. Die Sachsen aber erkannten, daß ihnen Gefahr drohte und stellten ihm ihre Truppen entgegen, nicht um aus Übermut gegen ihren Herrn zu kämpfen, sondern aus der Notwendigkeit, sich verteidigen zu müssen, wie sie dem Kaiser durch Unterhändler versicherten. Während einige Tage lang beide Seiten einander drohten und schonten, griff ein Held namens Hoger 91, der sich neben anderen kriegerischen Taten durch die Tötung des Pfalzgrafen Sigfrid einen berühmten Namen am Hof des Königs gemacht hatte 92, mit einer ausgewählten Schar junger Leute, die wie er selbst des Abwar­ tens müde waren, die Sachsen, seine Landsleute, kühn an 93 ; er selbst kämpfte mit Löwenkühnheit, seine brennende Ruhmsucht aber bezahlte er mit dem eigenen Tod, und viele fielen mit ihm. An diesem Kampf beteiligte sich auch Bischof Reinhard von Halberstadt, ja er war sogar su

von Niederlothringen. von Lothringen. Dl Graf Hoier von Mansfeld. 92 Siehe oben S. 310 zum J. 1 1 13. 93 Am 1 1 . Februar am Welfesholz. uo

Ekkehard III

314

non modice fuit iniuriatus, qui nimirum suis magnam predicavit iustici� consolationem, imperatoris vero de parte c�sis etiam sepultur� interdixit communionem. Sie domnus imperator non parum amari­ catus ad Rhenum convertitur, Saxonum vero consensus ad resisten­ dum illi magis ac magis roboratur. Ad h�c quendam cardinalem Roma-

s

num nomine Dietericum 94, legatione in Pannonias functum, per nuncios asciscunt, quo etiam prescripti concilü actionem 96 et per ipsam imperatoris excommunicationem predicante 96 tarn archiepis­ copus

Magdeburgensis 97,

quam

c�terarum

�cclesiarum

presules

reconciliationem recipiunt ; sicque scisso iterum regno undique nov�

10

res oriuntur, sie contraria qu�libet in invicem partes utr�que moliun­ tur. Interea directi ab Italia nuncii obiturn illius inclit� Mathildis 98 nunciant eiusque prediorum terras amplissimas hereditario iure posaidendas cesarem invitant. Qua nimirum femina sicut nemo

1s

nostris in temporibus dicior ac famosior, ita nemo virtutibus et religione sub laica professione reperitur insignior. Conventus post h�c imperator amicorum consiliis, immo totius regni compulsus

qu�rimonüs generalem in Kaiendas Novembris

curiam Mogonti� fieri instituit, ubi liberam omnibus audientiam

20

de sibi obiectisa satisfactionem, de suis extraordinarie vel iuveniliter gestis correctionem ad senatus consultum repromisit. Statuto itaque tempore dum ipse Mogonti� presens condictum frustra prestolatur conventum - nam preter paucos episcopos nemo principum adven­ tabat -, Mogontini aptum sibi tempus arridere perpendentes subito

2s

palatium loricati et armati vallant, alü atrium furiose irruentes in turmas et cuneos se glomerant, omnia strepitu, cuncta clamoribus implentes aulicis horribile spectaculum demonstrant. Quid multa 1 Dubium non est, quod, nisi datis ad presens obsidibus �perator ea, qu� sibi imponebantur, facturum se citissime confirmasset, ipsum fortasse palacium cum universorum, qui in eo erant, crudelissima nece illico corruisset. Ita sedato vix militum plebisque ferventissimo

a) subiectis Rec. IV.

30

Heinrich V. 1 1 15

315

dem Vernehmen nach so etwas wie der Anführer, denn er hatte unlängst vom Kaiser nicht geringes Unrecht erlitten ; den Seinen verhieß er den großen Trost der Rechtfertigung, den Gefallenen auf der kaiserlichen Seite verwehrte er sogar das kirchliche Begräbnis. So kehrte der Herr s Kaiser nicht wenig verbittert an den Rhein zurück, während der Ent­ schluß der Sachsen zum Widerstand gegen ihn sich mehr und mehr verstärkte. Dazu riefen sie durch Boten einen römischen Kardinal namens Dietrich 94 herbei, der als Legat in Ungarn gewirkt hatte ; dieser verkün­ dete den Beschluß des obengenannten Konzils 95 und die Exkommuni10 kation Heinrichs 96, der Erzbischof von Magdeburg 97 aber und die Vor­ steher der übrigen Kirchen erlangten die Versöhnung, und so wurde das Reich wiederum zerrissen, überall gab es Neues, und beide Parteien unternahmen Feindseligkeiten gegeneinander. Inzwischen meldeten Boten aus Italien den Tod der berühmten IS Mathilde 98 und luden den Kaiser ein, ihre weit ausgedehnten Eigengüter nach Erbrecht in Besitz zu nehmen. Niemand war zu unserer Zeit reicher begütert und berühmter als diese Frau, niemand aber auch aus dem Laienstand reicher an Tugenden und Frömmigkeit. Auf den Rat seiner Freunde, ja bewogen durch die Klagen des ganzen 20 Reiches, setzte der Kaiser danach einen allgemeinen Reichstag auf den 1 . November zu Mainz fest, wo er allen freies Gehör, Genugtuung für das, was man ihm vorwarf, und Besserung für unrechtmäßige oder in j ugendlicher Unbesonnenheit begangene Taten auf Fürstenbeschluß hin versprach. Während er selbst zur festgesetzten Zeit in Mainz zugegen 2s war und den angesagten Hoftag vergebens erwartete - denn außer einigen wenigen Bischöfen kam keiner der Fürsten -, umzingelten plötzlich die Mainzer gepanzert und gewaffnet die Pfalz, da sie den geeigneten Zeit­ punkt für gekommen hielten ; andere drangen voller Wut in die Vorhalle ein, ballten sich zu Scharen und zu Haufen, erfüllten alles mit Waffenlärm, 30 alles mit Geschrei und boten den Höflingen ein schreckenerregendes Schauspiel. Was weited Wenn der Kaiser nicht sofort Geiseln gestellt und versichert hätte, alles, was man ihm auferlegte, schleunigst zu tun, wäre wohl ohne Zweifel die Pfalz selbst eingestürzt und hätte alle, die in ihr waren, grausam getötet. Als der Kaiser so mit Mühe den rasenden Zorn der

94 Am 1 . September in Braunschweig nachgewiesen ; am 8. September hielt er eine Synode in Goslar ab, auf der sich das hier Berichtete begab. 95 Das Laterankonzil von 1 1 12, auf dem das sogenannte Pravileg annulliert worden wor. " Diese war 1 1 12 von Guido von Vienne und später von Kuno von Preneste, nicht aber von Pascha! ausgesprochen worden. 97 Adelgoz. 98 Am 24. Juli.

316

Ekkehard III

furore cesar ab urbe secessit et iuxtaa placitum tertia diea Adel­ bertum, quem iam per annos tres artissima mancipaverat custodia 99, l vix nimirum ossibus herentemb , 1 cathedr� su� remisit. Hic ergo non multo post sedis apostolic� legato Dieterico se nunciis et literis subiciens ipsum sibi c�terisque non paucis presulibus Coloniam

s

occurrere postulavit, ubi et mandata pap�. qu� ipse detulerit, com­ muniter percipi, et ille suam consecrationem, diu scilicet interclusam, tanta auctoritate consequi possit. Qui conventus instante festo natalis Domini factus est non absque indignatione imperatorisc, qui necdum plene voluntarius erat in consensu einsdem ordinationis.

10

Anno Domini MCXVI. Imperator natalem Domini Spir� cum paucis episcopis et principibus celebrans ea, qu� interim Coloni� gerebantur, graviter tulit. Audivit enim quam plurimos ibi convenisse, non solum metropolitanos, sed etiam alios episcopos vel optimates regni causa precipua verbum excommunicationis in se manifestandi,

1s

quamvis ipse cardinalis, cuius h�c initiabantur auctoritate, i n itinere d iam defunctus illo ad sepulturam potius quam ad actionem delatus esset concilii. Missus tamen ab eo illuc presul Wirziburgensis 2 audien­ tiam vel communionem nonnisi reconciliatus habere meruit, reversus post redditam legationem ei, qui se miserat, denuo communicare

20

rennuit, sed vit� periculo coactus missam coram rege celebravit indeque usque ad mortem contristatus latenter discessit sicque rursum communioni pristin� multis lacrimis reconciliatus ultra cesaris aspectu simul et gratia caruit. Qua etiam commotione succensus imperator ducaturn orientalis

2s

Franci�, qui Wirziburgensi episcopio antiqua regum successione e competebat 3, Chuonrado 4 sororis su� filio commisit ipseque scandala principum declinans in Italiam se una cum regina totaque domo sua contulit ac circa Padum negociis insistens 6 regni legatos ad apostoli­ cum pro componendis causis, qu� iterum regnum et sacerdotium

a - a) post paucos dies Rec. IV.

b)

folgt ut coactus promiserat Rec. IV. regis B. fehlt Rec. IV. e) so alle Hss. statt viell. concessione.

c) d)

JO

Heinrich V. 1 1 15/1 1 1 6

317

Vasallen und des Volkes beschwichtigt hatte, verließ er die Stadt und gab gemäß Beschluß nach drei Tagen Adalbert, den er schon drei Jahre lang in strengster Haft gehalten hatte 99 und der nur noch Haut und Knochen war \ seinem Bischofsstuhl zurück. Dieser unterwarf sich nicht viel später 5 durch Boten und Briefe dem Legaten des Apostolischen Stuhles, Dietrich, den er aufforderte, ihm und den übrigen zahlreichen Bischöfen nach Köln entgegenzukommen, wo man die Befehle des Papstes, die er überbrachte, gemeinsam vernehmen und er selbst seine lange aufgeschobene Weihe mit so bedeutender Unterstützung erlangen könne. Diese Zusammen10 kunft fand kurz vor dem Weihnachtsfest statt, nicht ohne Entrüstung des Kaisers, der seiner Ordinierung nicht ganz freiwillig zugestimmt hatte. Im Jahr des Herrn 1 1 1 6 . Der Kaiser feierte das Geburtsfest des Herrn mit wenigen Bischöfen und Fürsten in Speyer, und es kam ihn hart an, was inzwischen in Köln geschah. Er hörte nämlich, daß nicht nur 15 mehrere Erzbischöfe, sondern auch andere Bischöfe und Große des Rei­ ches dorthin zusammengekommen waren, hauptsächlich um den Bann­ spruch gegen ihn zu verkünden, obwohl der Kardinal selbst, auf dessen Veranlassung dies geschah, schon auf dem Weg gestorben und vielmehr zum Begräbnis statt zur Abhaltung einer Versammlung dort hingebracht 20 worden war. Der Bischof von Würzburg 2, der vom Kaiser dort hinge­ schickt worden war, erlangte Gehör und kirchliche Gemeinschaft, obgleich er noch keine Buße geleistet hatte. Als er nach Abschluß seiner Gesandt­ schaft zurückkehrte, weigerte er sich, wiederum mit dem Gemeinschaft zu haben, der ihn gesandt hatte, aber unter Lebensgefahr gezwungen, 25 feierte er die Messe vor dem König ; danach entwich er heimlich, zu Tode betrübt, und erlangte wiederum unter vielen Tränen die frühere kirch­ liche Gemeinschaft ; des Kaisers Anblick und Gnade entbehrte er seitdem . In Zorn darüber übertrug der Kaiser den Dukat über Ostfranken, der auf Grund einer alten Verfügung der Könige dem Hochstift Würz30 burg zustand 3, dem Sohn seiner Schwester, Konrad 4 ; er selbst begab sich, um den Ärgernissen von seiten der Fürsten auszuweichen, zusam­ men mit der Königin und der ganzen Hofhaltung nach Italien, beschäftigte sich in der Nähe des Po mit den Angelegenheiten des Königreiches 6 und ordnete unterwürfig Gesandte an den Papst ab, um die Rechtsstreitigkeiten 35 beizulegen, die wiederum weltliche und geistliche Gewalt zu verwirren

88

Vgl. oben

z.

J. 1 1 12.

2 Erlung. Vgl. oben S. 1 70 ; vgl. Thren. 4,8. 3 Vgl. Th. Mayer, Fürsten und Staat S. 282 ft'. ' von Staufen, der spätere Konrad III. s D. h. mit der Übernahme der Erbschaft der Gräfin Mathilde.

1-1

318

Ekkehard

III

disturbare eeperunt, supplieiter destinavit. Cuius legationis primaturn abbas Cluniaeensis 6, eonsanguineus, ut aiunt, domni pap� 7, tenuit, qui et inter utramque partem pro eomponendis paeifiee rebus fidelis et inpiger apoerisiarius multis argumentis invigilare studuit. Eodem igitur anno,

qui est XVIII.

ordinationis domni pap�

s

Pasehalis seeundi, II. Nonas Mareü Rom� in sede Lateranensi in �eclesia saneti Salvatoris, qu� appellatur Constantiniana, eelebrata. est synodus universälis eoneilü 8 eongregatis ibidem ex diversis regnis et provineüs episeopis, abbatibus, eatholieis dueibus et eomitibus, legatis universarum provineiarum quamplurimis. Prima itaque die,

to

qu� seeunda erat feria terei� ebdomad� quadragesimalis, inter Medio­ lauenses episeopos Grosulanum et Iordanem, in alterum de invasione, in alterum, quod �eelesi� su� desertor extiterit, ventilata est eontro­ versia. Hane eausam domnus apostolieus eardinalium episeoporum eonsilio traetandam distulit. Sequenti die in eandem eausam plurima

ts

traetata sunt, sed res minimea finita. Quarta vero feria Lueensis episeopus de invasione terr� iuris �eclesi� su� Pisanos impetebat. Eeontra dum Pisanus suos defenderet, inter utramvis partem utrius­ que populi suffragio longo litigio diseeptatur. Tune quidam episeo­ porum de medio eoneilü surgens ita exorsus est : Domnum patrem 20 papam reeordari deeet, quare illius presentis et generalis eoneilü multitudo saneta per omnia perieulorum genera mari terreque eonvenerit invitata ; ibi non de spiritalibus vel �eclesiastieis, sed de seeularibus

ordine

prepostero

traetaturi

negoeüs.

Expediendum

prius, propter quod prineipaliter eonvenerint, ut evidentins per-

2s

noseatur, quid domnus apostolieus sentiat, quidque in �eelesüs suis reversi

predieare

debeant.

Tune

apostolicus

concilii eausam et

anim,i sui intentionem his verbis exposuit : "Postquam 9 Dominus de servo suo fecit, quod voluit9 , et 10 me populumque Romanum tradidit in manus regis 10, videbam eotidie passim fi.eri rapinas et ineendia, 30 eedes et adulteria. H�c et huiusmodi mala cupiebam avertere ab �cclesia et populo Dei, et quod feci, 11 pro liberatione populi Dei feei 11 ; feei autem ut homo, 12 quia sum pulvia et einis 12• Fateor me male a) non Rec. IV. 1 Pontius. Er war schon an Weihnachten Gesandtschaft auserwählt worden.

in Speyer von Heinrich V. für diese

1 1 16. Lateransynode

319

begannen. Das Haupt dieser Gesandtschaft war der Abt von Cluny 8, ein Verwandter des Herrn Papstes 7, wie es hieß. Dieser bemühte sich als getreuer und rastloser Sachwalter mit vielen Erwägungen, die Streitig­ keiten zwischen den beiden Parteien friedlich beizulegen. s In demselben Jahr, im 18. Jahr seit der Ordination Paschals II., wurde am 6. März in Rom im Lateran in der Kirche des Heiligen Erlösers, die die Konstantinische heißt, ein allgemeines Konzil 8 abgehalten ; es ver sammelten sich dort aus den verschiedenen Reichen und Ländern Bischöfe, Äbte, rechtgläubige Herzöge und Grafen und sehr viele Abgesandte aller 10 Länder. Am ersten Tag, am Montag der dritten Fastenwoche, wurde ein Streit zwischen den beiden Mailänder Bischöfen Grosulan und Jordanes erörtert ; der eine galt als Eindringling, der andere als einer, der seine Kirche im Stich gelassen hatte. Diesen Streitfall überließ der Herr Papst den Kardinalbischöfen zur Erörterung. Am folgenden Tag wurde der ts Fall eingehend behandelt, aber nicht zu Ende gebracht. Am Mittwoch beschuldigte der Bischof von Lucca die Pisaner des Einfalls in ein Gebiet, das dem Recht seiner Kirche unterstand. Als der von Pisa dagegen seine Leute verteidigte, gab es zwischen beiden Parteien unter Beifall des Volkes auf beiden Seiten lange Auseinandersetzungen. Da 20 erhob sich einer der Bischöfe aus der Mitte der Versammlung und be­ gann folgendermaßen : Der Vater Papst möge daran denken, zu welchem Zweck diese heilige Versammlung dieses gegenwärtigen und allgemeinen Konzils unter allerlei Gefahren zu Wasser und zu Lande auf die Ein­ ladung hin hier zusammengekommen sei ; hier seien sie nämlich im 2s Begriff, nicht über geistliche und kirchliche Dinge, sondern in umgekehr­ ter Ordnung über weltliche Geschäfte zu handeln. Zuerst müßte das behandelt werden, weswegen man hauptsächlich zusammengekommen sei, damit man deutlicher erkenne, welche Meinung der Papst habe und was man nach der Rückkehr in den Kirchen verkündigen solle. 30 Daraufhin erläuterte der Papst den Gegenstand des Konzils und seine Ansicht mit folgenden Worten : "Nachdem der Herr mit seinem Knecht getan hatte, was er wollte 9, und mich und das römische Volk den Händen des Königs überliefert hatte 1o, sah ich täglich überall Raub und Brand, Mord und Vergewaltigung. Diese und ähnliche Übel wollte ich von der 3S Kirche und dem Volk Gottes abwenden, und was ich getan habe, 11 habe ich zur Befreiung des Vqlkes Gottes getan 11 ; ich habe es als Mensch getan, 12weil ich Staub und Asche bin 12• Ich bekenne, schlecht gehandelt zu haben, 7 Er war mit Calixt II., nicht mit Pascha! II. verwandt.

8 6. bis 1 1 . März 1 1 16. Ekkehards Bericht, der unzweifelhaft auf dem Synodal­

protokoll beruhen muß, ist die Hauptquelle für dieses Konzil. 10-10 Vgl. I. Reg. 9-9 Vgl. Ps. 1 1 3 B, 3. 14, 12. 11-11 Vgl. ludith 12-12 12, 18. Gen. 18, 27.

320

Ekkehard III

egisse, sed rogo vos omnes 13 orare pro me ad Deum, ut indulgeat mihi13. Illud autem malum scriptum, quod in tentoriis factum est, quod pro pravitate sui pravilegium dicitur, condempno sub perpetuo anathemate, ut nullius umquam sit bon� memori�, et rogo vos omnes, ut idem faciatis. " Tune ab universis conclamatum est : 5 "Fiat ! Fiat ! " Bruno autem Signinus episcopus altius exorsus ait : "Gratias agimus omnipotenti Deo, quod domnum Paschalern papam, qui p:resenti concilio presidet, audivimus proprio ore damnantem illu d pravilegium, quod pravitatem et heresim continebat". Ad h�c quidam cavillatorie subiunxit : "Si privilegium illud heresim contine- 10 bat, qui illud fecit, hereticus fuit. " Iohannes autem Caietanus ad hoc commotus Signino respondit : "Tune hic et in concilio nobis audienti­ bus Romanum pontificem appellas hereticum 1 Scriptum, quod fecit domnus papa, malum quidem fuit, sed heresis non fuit. " Et alter quidam adiecit: "Immo nec malum dici debet, quia, si liberare popu- 1 s lum Dei bonum est, quod domnus papa fecit, bonum fuit. Sed liberare populum Dei bonum est auctoritate evangelii , qua precipimur animas quoque pro fratribus ponere 14. " Ad h�c pacientia domni pap� horrendo heresis nomine pulsata8 expergefacta est et manu silentium indicens dissidentium clamores et murmura tali ratione compescuit : "Fratres 20 et domini mei, audite ! �cclesia ista nunquam habuit heresim, immo hic omnes hereses conquassate sunt. Hic Arriana heresis, qu� per CCC fere annos viguit, annullata est. Ab hac sede heresis Euticiana, Sabel­ liana contrita, Fotinus ceterique heretici destructi sunt. Pro hac �cclesia filius Dei in passione sua8 oravit, cum dixit : 15 Ego pro te 25 rogavi, Petre, ut non deficiat fides tua16." Quinta feria papa in concilio non sedit multis et maxime regis negotiis per domnum Clunia­ censem, Iohannem Caitanum et Petrum Leonis et Urbis prefectum c�terosque illius partis fautores impeditus. Sexta feria apostolicus in generalem omnium �cclesiarum causam animum advertit et Iohanne JO Caitano cum Petro Leone c�terisque regis fidelibus 16 in faciem resi­ stentibus 16 predicto Cunoni Prenestino 17 sepius verbum excommuni­ cationis exponere cupienti murrnur huiusmodi verbis et manu ita compescuit : "�cclesia primitiva martyrum tempore ßoruit apud

a) fehlt B.

1 1 16. Lateransynode

321

aber ich bitte euch alle, 13 für mich zu Gott zu beten, daß er mir verzeihe 13• Jenes schlimme Schriftstück aber, das im Lager verfaßt wurde und wegen seiner Verkehrtheit Pravileg genannt wird, verdamme und belege ich mit dem ewigen Bann, damit es bei niemandem in gutem Angedenken 5 sei. Und ich bitte euch alle, das gleiche zu tun." Da tiefen alle : "So geschehe es, so geschehe es !" Bruno aber, der Bischof von Segni erhob seine Stimme lauter und sagte : "Wir danken dem allmächtigen Gott, daß wir den Papst Pascha!, der dieses Konzil leitet, jenes Pravileg mit eigenem Munde haben verdammen hören, weil es eine Verkehrtheit und 10 Häresie enthält." Dann fügte irgendeiner stichelnd hinzu: "Wenn jenes Privileg eine Häresie enthielt, dann ist der, der es erlassen hat, ein Häretiker." Erregt antwortete Johannes von Gaeta darauf dem von Segni : "Du nennst hier und in dieser Versammlung vor unseren Ohren den römischen Bischof einen Häretiked Das Schriftstück, das der Papst 15 verfaßte, war freilich schlecht, aber es war keine Häresie." Und ein anderer fügte hinzu : "Noch nicht einmal schlecht darf man es nennen, denn wenn es gut ist, das Volk Gottes zu befreien, dann ist es gut gewesen, was der Herr Papst getan hat. Das Volk Gottes zu befreien, ist aber gut gemäß der Autorität des Evangeliums, durch die wir gehalten sind, auch unser 20 Leben für unsere Brüder zu geben 14." Aufgescheucht durch den schreck­ lichen Vorwurf der Häresie, gab der Papst seine bisherige Zurückhaltung auf und mit der Hand Schweigen gebietend, besänftigte er das laute Schreien und Tosen der Streitenden mit folgender Erklärung : "Meine Brüder und Herren, hört! Diese Kirche hier hat sich niemals eine 25 Irrlehre zu eigen gemacht ; im Gegenteil, alle Irrlehren wurden hier zerschmettert. Hier wurde die arianische Häresie, die fast 300 Jahre in Ansehen stand, zunichte gemacht. Von diesem Stuhl wurden die Irr­ lehren des Eutiches und Sabellius zertreten, Photinus und die übrig.en Häretiker vernichtet. Für diese Kirche betete der Gottessohn in seinem 30 Leiden, als er sprach 16 : Ich habe für Dich gebetet, Petrus, daß Dein Glaube nicht wanke." Am Donnerstag nahm der Papst nicht an der Sitzung teil, da er durch vielerlei Geschäfte, vor allem solche des Königs, durch den Abt von Cluny, Johannes von Gaeta, Petrus Leonis und den Stadtpräfekten sowie die Fürsprecher jener Partei verhindert wurde. 35 Am Freitag wandte sich der Papst der Hauptangelegenheit aller Kirchen zu, und während Johannes von Gaeta zusammen mit Petrus Leone und den übrigen Anhängern des Königs dem genannten Kuno von Preneste 17, der öfter den Bannspruch aussprechen wollte, ins Gesicht hinein wider­ standen 18, besänftigte er das Murren mit folgenden Worten und einer 40 Handbewegung: "Die frühe Kirche in der Zeit der Märtyrer war groß vor 1a-1a

Vgl. das Confiteor des Mi88&le Romanum. 15-15 18-18 Vgl. Gal . 2, 1 1 . Luc. 22, 32. 17 Vgl. oben Anm. 96, doch hat Ekkehard ihn zuvor noch nicht namentlich genannt. u Vgl. loh. 15, 13.

322

Ekkehard III

Deum et non apud homines. Dein ad fidem conversi sunt reges, imperatores Romani et principes, qui matrem suam �cclesiam sicut boni :filii honestaverunt conferendo �cclesi� Dei predia et allodia, seculares honores et dignitates, regalia quoque iura et insignia, quemadmodum Constantinus ceterique fideles, et c�pit ecclesia fl.orere s tarn apud homines quam apud Deum. Habeat ergo mater et domina nostra �cclesia sibi a regibus sive principibus collata, dispenset et tribuat ea filiis suis, sicut seit et sicut vult." Pravilegium investi­ tur�, quod in tentoriis concessisse videbatur, obliterare volens, iterans sententiam pap� Gregorii VII. investituram �cclesiasticarum to rerum a laica manu rursus excommunicavit sub anathemate dantis et accipientis, cardinalis vero domnus Cuno Prenestinus talem pap� fecit inductionem legationis su� et contra disturbatores presentia negocii competentem : "Domine pater, si tu� placet maiestati, si vere tuus fui legatus et, qu� feci, tibi placent esse rata, in auribus sancti t s huius presentis concilii ore tuo edicito et legationem meam tua aucto­ ritate corrobora, 18 ut sciant omnes, quia tu me misisti. " 18 Ad h�c apostolicus respondens ait : "Vere legatus ex latere19 nostro missus fuisti, et quicquid tu c�terique fratres nostri cardinales episcopi, legati Deia eta apostolorum Petri et Pauli, huius sedis et nostra 20 auctoritate fecerunt, probaverunt, confirmaverunt, ego quoque probo et confirmo, quicquid autem damnaverunt, damno." Et domnus Prenestinus consequenter subiunxit, qualiter pro sedis illius legatione Hierosolimis audierit regem Heinricum post sacramenta obsides et oscula in ipsa beati Petri �cclesia domnum papam tenuisse captum et 2s indigne tractatum, potiora �cclesi� membraa , cardinales videlicet, exutos, tractos et male tractatos, nobiles quoque Romanos occisos et captivos et populi stragem factam audiens ingemuerit et pro huius­ modi facinoribus �cclesi� Hierosolymitan� consilio, zelo Dei animatus, excommunicationis sententiam in regem dictavit 20 et eandem in Gre- 30 cia, Ungaria, Saxonia, Lotharingia, Francia, in V conciliis21 consilio a) fehlt B. 18-18 Vgl. loh. 1 1, 42. 18 D. i. ein mit umfassenden Vollmachten ausgestatteter Legat, der als

unmittelbarer Stellvertreter des Papstes auftritt und deBBen Rechtshandlungen sofortige Wirkung haben, allerdings zur dauernden Gültigkeit der päpstlichen Bestätigung bedürfen, wie sie hier auch von Kuno gefordert wird.

1 1 16. Lateransynode

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Gott und nicht vor den Menschen. Dann bekehrten sich die Könige zum Glauben, die römischen Kaiser und Herrscher, die ihre Mutter, die Kirche, wie gute Söhne ehrten ; sie übertrugen der Kirche Gottes Gut und Eigen, weltliche Ämter und Würden, auch königliche Rechte und 5 Abzeichen, wie Konstantin und die übrigen Gläubigen. Und die Kirche begann zu blühen sowohl vor den Menschen als auch vor Gott. Es besitze also unsere Mutter und Herrin, die Kirche, die Gaben der Könige und Fürsten. Sie teile sie ihren Söhnen aus und zu, wie sie es für richtig hält und will . " Das Pravileg der Investitur, das im Lager gewährt zu sein schien, 10 wollte er tilgen, deshalb wiederholte er die Sentenz Papst Gregors VII. und belegte die Investitur kirchlicher Güter durch Laienhand erneut mit dem Bann, wobei sowohl der Spender als auch der Empfänger gebannt sein sollten. Der Herr Kardinal Kuno von Preneste aber wies vor dem Papst auf sein Legatenamt hin, so wie es gegenüber den Störern ts der gegenwärtigen Aufgabe angemessen war: "Mein Vater, wenn es Deiner Hoheit gefällt, wenn ich wahrhaft Dein Legat gewesen bin und Dir das, was ich getan habe, als richtig erscheint, so verkünde es mit Deinem Munde vor den Ohren dieses heiligen Konzils hier und bestätige meine Legatentätigkeit durch Deine Autorität, 18 damit alle wissen, daß Du 20 mich gesandt hast 18." Darauf antwortete der Papst: "Du bist wahrhaft als unser ,Legat ex latere