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German Pages 600 [604] Year 1965
PELLEGRINI • FRIEDRICH HÖLDERLIN
ALESSANDRO P E L L E G R I N I
Friedrich Hölderlin Sein Bild in der Forschung
WALTER DE G R U Y T E R & C O • B E R L I N
Die italienische Originalausgabe erschien 1956 unter dem Titel „HÖLDERLIN — Storia della Critica" (Florenz, Sansoni). Für die deutsche Ausgabe, die Christoph Gaßner unter freundlicher Mitwirkung des Verfassers übersetzte, schrieb A. Pellegrini die beiden ergänzenden Kapitel „XVI. ,Friedensfeier' — die Krise in der Hölderlin-Forschung" und „XVII. Die neueste Hölderlin-Forschung".
A r d i i v - N r . 45 70 65/1 Copyright 1965 by Walter de Gruyter & Co., vormals G . J . Göschen'sdie Verlagshandlung — J. G u t t e n t a g , Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — K a r l J. Trübner — Veit & C o m p . P r i n t e d in Germany —• Alle Rechte des Nadidrucks, einschließlich des Rechtes der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vorbehalten. Satz und Druck: T h o r m a n n 8c Goetsdi, Berlin 44
Inhalt I. Einführung II. Das Urteil der Zeitgenossen und das Hölderlinbild der Romantik . . III. Die Auseinandersetzung der Hegel-Schule mit Hölderlin. Der neue Aufschwung der Forschung durch Dilthey IV. Der Streit zwischen den Positivisten und dem George-Kreis: Norbert von Hellingrath und seine Hölderlin-Ausgabe V. Ludwig von Pigenot und seine Deutung VI. Hölderlin und der deutsche Idealismus VII. Hölderlin und Hegels Dialektik VIII. Die klas?: '.istische Deutung bei Wilhelm Böhm und die Geistesgeschichte IX. Die V' Jendung der geistesgeschichtlichen Richtung in der HölderlinForsch .ng X. Die phänomenologische Forsdiung XI. Heidegger und Hölderlin X I I . Die existenzialistische Kritik XIII. Die philologische Forschung XIV. Die Stil-Kritik XV. Die ästhetische Forschung XVI. „Friedensfeier" — Die Krise in der Hölderlin-Forschung XVII. Die neueste Hölderlin-Forschung XVIII. Nachwort
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Zeittafel zu Hölderlins Leben Bibliographie Namenregister Verzeichnis der besprochenen Werke Hölderlins Inhaltsangabe
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I. Einführung Fragen der Forschung müssen in ihrem geschichtlichen Zusammenhang erfaßt und gestellt werden — eine neue Deutung kann den Beitrag vorangegangener Arbeiten nicht außer acht lassen; aber gerade im Falle Hölderlins erhebt sich die Forderung nach einer geschichtlichen Darstellung der Forschungs-Ergebnisse mit um so größerem Nachdruck, da sein Werk Anlaß zu den verschiedensten Auslegungen bot, die nicht immer auf die Voraussetzungen einer bestimmten Schule zurückgeführt werden können. Franz Zinkernagels Feststellung im Vorwort zu seiner Ausgabe von H ö l derlins Werken: „an Hölderlin scheiden sich die Geister" 1 , stimmte damals wie heute. Die Mannigfaltigkeit der dem Dichter dargebrachten Deutungen ist ein Echo auf den Widerhall, den Hölderlin im Denken des modernen Menschen gefunden hat, und zeugt von den vielen Möglichkeiten, auf die man die Aufgaben der Forschung betrachten kann; deshalb wirft diese Vielheit von Auslegungen methodologische Fragen der Literatur-Forschung auf. Die bei der Deutung und der kritischen Beurteilung eingenommene Haltung beinhaltet aber auch eine Stellungnahme zur Wertung der Dichtung in bezug auf das menschliche Sein. Die bibliographischen Untersuchungen von Seebaß 2 , historische und kritische Mitteilungen der verschiedenen Herausgeber von Hölderlins Werken, seien dies Zinkernagel oder Norbert von Hellingrath mit seinen beiden Mitarbeitern Seebaß und Ludwig von Pigenot 3 , Friedrich Beißner 4 letzthin oder besonders die Berichte von Arbeiten über Hölderlin, die in erster Linie in der „Deutschen Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte", den „Hölderlin-Jahrbüchern" 5 oder 1
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F. Hölderlin, Sämtliche Werke und Briefe, 5 Bde. Kritisch-historische Ausgabe von F. Zinkernagel. Insel-Verlag, Leipzig 1922. I. Bd.: Einleitung, S. I X . F. Seebaß, Hölderlin-Bibliographie. H . Stobbe-Verlag, München 1922; F. Seebaß, Hölderlins späte Dichtungen in der zeitgenössischen Kritik. In: Zeitschrift für Bücherfreunde, Heft IV (1922), Leipzig; F. Seebaß, Neue Hölderlin-Literatur. In: GermanischRomanische Monatsschrift, 1931. Die große, sechsbändige Ausgabe von Hölderlins sämtlichen Werken, die Norbert von Hellingrath begonnen hatte, wurde nach seinem Heldentode im Ersten Weltkrieg — er war 1916 bei Verdun gefallen — von Seebaß und Pigenot fortgeführt; sie bleibt grundlegend, denn auf diese Ausgabe und ihren geistigen Vater, N . von Hellingrath, geht die Neuentdeckung von Hölderlins Größe zurück, die man vorher nicht voll anerkannt hatte. Stuttgarter Hölderlin-Ausgabe, im Auftrag des Württembergisdien Kultus-Ministeriums hsg. v . Friedrich Beißner. Die Textveröffentlichung ist ein Denkmal zum Ruhme des Dichters und hält sich an eine strenge philologische Methode, um eine endgültige kritische Ausgabe zu erstellen. Die Veröffentlichung umfaßt eine Prüfung aller Lesarten, klärt die Textüberlieferung und gibt außerdem für die Deutung wichtige Hinweise. Adolf von Grolman, Die gegenwärtige Lage der Hölderlin-Literatur. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, 1926, S. 564 ff.; A. Hölderlin
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Einführung
auch anderen Zeitschriften erschienen sind — all diese bibliographischen Darstellungen und Auseinandersetzungen mit der kritischen Hölderlin-Literatur bilden zusammen noch keine Geschichte der Hölderlin-Forschung. Darum hat der Versuch, eine derartige geschichtliche Zusammenfassung zu entwerfen, nur dann eine Daseinsberechtigung, wenn der dem Gestern zugewandte Blick zu einem Verständnis der Umstände verhilft, auf welche Weise sich das Problem der Deutung heute stellt. Die Bekanntschaft und die Auseinandersetzung mit Hölderlins Dichtung breitete sich von Deutschland auf die verschiedenen Länder Europas aus, wobei wir besonders von den in Frankreich und England entstandenen Arbeiten werden sprechen müssen. Aber auch Italien hat einen bemerkenswerten Beitrag geleistet, auf den hinweisen zu müssen — wenn auch nur in einem Uberblick, der keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit erheben möchte — wir uns schon hier genötigt sehen. Besonderes Augenmerk verdient der einführende und biographische Aufsatz zur erläuterten italienischen Versübertragung der Lyrik Hölderlins von Vincenzo Errante 8 , der es dem Leser in Italien ermöglichte, sich eine Vorstellung von den Gedichten Hölderlins zu machen und ihre Entwicklung von den ersten Versuchen bis zu ihrem letzten Ausdrucke zu verfolgen. Unter den Übersetzern von Hölderlins Werk in das Italienische soll ebenso Giosuè Carducci mit seiner Übertragung des Gedichtes „Griechenland" genannt werden; seine weiteren Pläne blieben unausgeführt 7 . Doch bemühten sich verschiedene Gelehrte und Dichter, die erheblichen Schwierigkeiten einer Übertragung von Hölderlins Gedichten zu meistern; wenn wir Carducci und Vincenzo Errante angeführt haben, so müssen wir auch an Italo Maione und seine Übertragung im Anhang zu seinem Hölderlin-Aufsatz, an Lorenzo Bianchi, der sich bei seinen Übersetzungs-Versuchen an die Art und Weise von Carducci hielt, und schließlich an Giorgio Vigolo und Diego Valeri erinnern, die sich, selbst Dichter, an einigen der schwierigsten Dichtungen Hölderlins versuchten und denen es gelang, auch den Geist und die Anregung der Lyrik auszudrücken 8 ;
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von Grolman, Das Hölderlin-Bild der Gegenwart. In: Jahrbuch des deutschen Hochstifts, 1929; Paul Böckmann, Die neue Hölderlin-Literatur. In: Zeitschrift für deutsche Bildung, 1932; Johannes Hoffmeister, Die Hölderlin-Literatur 1 9 2 6 — 1 9 3 3 . In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, Referatenheft 1940, S. 1 0 1 — 1 2 2 . Ferner: Adolf Beck, Das Hölderlin-Bild in der Forschung von 1939 bis 1944. In: Iduna, I. Jg, S. 203. Verlag von J . C. B. Mohr und P. Siebeck, Tübingen 1944; A.Beck, Das Hölderlin-Bild in der Forschung von 1939 bis 1944. I n : „Hölderlin-Jahrbuch", Jg. 1947, S. 190 ff.; A.Beck, Die Hölderlin-Forschung in der Krise 1945—1947. In: „Hölderlin-Jahrbuch" 1 9 4 8 — 1 9 4 9 , S. 2 1 1 ; A. Beck, Das neueste Hölderlin-Schrifttum 1 9 4 7 — 1 9 4 8 . I n : „Hölderlin-Jahrbuch" 1950, S. 1 4 7 ; A. Beck, Das Schrifttum über Hölderlin 1 9 4 8 — 1 9 5 1 . In: „Hölderlin-Jahrbuch" 1952, S. 126 ff. V. Errante, La lirica di Hölderlin. Principato, Mailand 1940.
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G. Carducci, Opere. Bologna 1 9 0 2 ; Rime e Ritmi, S. 3 4 3 ; ferner: Cataloghi dei manoscritti carducciani. Bologna 1921, I. Bd, S. 4 5 — 5 6 ; II. Bd, S. 215.
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I. Maione, Hölderlin. Turin 1 9 2 6 ; L . Bianchi, Versioni da F. Hölderlin. Bologna 1 9 2 5 ; man vgl. ferner: „Atene e R o m a " , 1 9 2 2 ; „Strenna delle colonie scolastiche bolognesi". Zanichelli, o. O. 1923 und „Di libro in libro", Zanichelli, o. O. 1923. G. Vigolo übersetzte weiter die Elegie „Brot und Wein" in „Circoli", Sept./Okt. 1935, die Hymnen „Am Quell der Donau", „Das himmlische Feuer" und „Der Einzige" in „Meridiano di
Einführung
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zuletzt erwähnen wir noch Leone Traverso, wobei wir seiner italienischen Fassung der großen Hymnen gedenken, mit der eine vollkommene Übereinstimmung im Wortlaut erreicht und die Vielfalt an Bedeutungen und möglichen Auslegungen bewahrt werden sollte 9 . Auch der Roman „Hyperion" wurde mehrmals ins Italienische übersetzt; dabei ist es für uns besonders wichtig, die meisterhafte Übertragung von G. A. Alfero anzuführen. G. Faggin bescherte uns eine gute Übersetzung der Tragödie „Empedokles". Wir beabsichtigen aber hier keinesfalls, alle Versuche, Hölderlins Werk ins Italienische zu übertragen 10 , lückenlos aufzuzählen. Noch größer ist die Zahl der Arbeiten über Hölderlin. Schon 1915 versuchte Aldo Oberdorfer in einem zusammenfassenden Aufsatze, die Art und Weise von Hyperions Pantheismus vor dem Hintergrunde der literarischen Uberlieferung jener Tage darzustellen, wobei er auf die Ähnlichkeiten zwischen Hölderlins EmpedoklesGestalt und Nietzsches Zarathustra hinwies. Hyperions Pantheismus ist „una intelligenza entusiastica del mistero dell'universo, dove l'Uno si risolve nel Tutto" [„ein enthusiastisches Verständnis für das Wunder des Universums, wo sich das Eine im Ganzen auflöst"], schrieb Oberdorfer; und von Empedokles meint er, daß ihn das Gefühl von seiner eigenen Überlegenheit zu jener T a t verleitet habe, die ihn dem Ganzen verbinde — und diese sei der Tod, die Verklärung und die Aufnahme in den Reigen der Götter 1 1 . Seit 1920 beschäftigt sich Alberto Spaini 12 mit der Frage, ob Hölderlin zu den Romantikern zähle oder nicht, und seit damals wird auch auf die Unzulänglichkeiten hingewiesen, die einer derartigen Unterscheidung von Schulen anhaftet: Im Werke Hölderlins drückten sich sowohl seine Zeit, als auch die in ihr bereits enthaltenen Keime zu einer Krise eindeutiger aus, als etwas später bei den Dichtern der Romantik. In dem gleichen Jahre, 1920, hatte Friedrich Seebaß die Beziehungen zwischen Hölderlin und den Romantikern 1 3 untersucht; erst Jahre später deutete Rodolfo Bottachiari, der im Jahre 1943 ein umfangreiches Werk über die Dichtungen Hölderlins 14 veröffentlichte, auf Grund strenger Untersuchungen über das Schaffen des
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R o m a " , April 1937, und „Patmos" in „Poeti antichi e moderni tradotti dai lirici nuovi", II Balcone, Mailand 1945, hsg. v. L. Anceschi und D. Porzio. D . Valeri übertrug das „Schicksalslied", die „Abbitte", „Einst und J e t z t " und „Andenken" in „Meridiano di Roma", Jänner 1937, und „Der Archipelagus" in „II Convegno", März 1938. Hölderlin, I grandi Inni, traduzione di L. Traverso. Im Druck bei Vallecchi, 1955. Hölderlin, Iperione, nella traduzione di G. A. Alfero. Utet, Turin 1944; Hölderlin, Empedokles, nella traduzione di G. Faggin. Lanciano 1936; G. Martegiani übersetzte Stücke des „Hyperion", Lanciano 1911; E. Boriani veröffentlichte eine Auswahl von Hölderlins Liedern, Edizione Orobiche, Bergamo 1941. A. Oberdorfer, L'opera di Hölderlin. In: L a Rivista d'Italia, Heft V I I I vom 31. August 1915. A. Spaini, F. Hölderlin e la scuola romantica. In: „Rassegna Italiana politica e letteraria" vom 31. März 1920.
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F. Seebaß, Hölderlin und die Romantiker. In: Deutsche Revue, X I . I. Märzheft 1920, S. 274 ff.
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R. Bottacchiari, Hölderlin. I n : „La nuova Antologia", August 1 9 4 3 ; R . Bottacchiari, Hölderlin. Perella, Rom 1945.
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Einführung
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Dichters in dem angeführten Bande Hölderlin als einen Vorläufer der R o m a n t i k . Die Beziehungen zwischen Hölderlin und der Entwicklung der deutschen Dichtung in der R o m a n t i k wären es wahrhaftig wert, ausführlich dargestellt zu werden; die Untersuchungen von Seebaß, Walter Rehms Aufsatz über „Brentano und H ö l d e r lin" 1 5 , die Arbeiten von Martin Ninck 1 6 und Helmut Kuhn 1 7 und das Buch von Bottachiari stellen wertvolle Beiträge zur Beantwortung von Fragen dar, die längst einmal systematisch entwickelt werden hätten sollen. Nicht übergangen werden darf wegen seiner treffenden Anmerkungen der Aufsatz, den I t a l o Maione seinen Hölderlin-Übertragungen voranschickte und in dem er das Chorische in Hölderlins Dichtungen unterstreicht; noch bemerkenswerter ist aber die monographische Studie von Amoretti 1 8 , die erste vollständige Darstellung in Italien, die sich auch wegen ihres Reichtumes an literarischen Hinweisen mit Nutzen liest. D e r Dichter erscheint dabei in jener Überlieferung des „Sturm und D r a n g " , in der er wahrhaftig stand, und als Deuter einer geschichtlichen Krise, zu der es durch die Revolution gekommen w a r ; Hölderlins Lebensbahn und der Werdegang seines Schaffens werden mit sicherer H a n d gezeichnet. Ein Meister germanistischer Forschungen in Italien, Giuseppe Gabetti 1 9 , gab wertvolle Hinweise auf Hölderlins Religiosität; er w a r der Ansicht, daß die mythischen Figuren des Dichters jenen Gestalten, die der nordischen Vorstellungswelt teuer waren, näher gestanden seien als den olympischen Gottheiten des Altertumes. H ö l derlin habe ein geistiges Erlebnis durchlaufen, in dem sich sein Dasein mit dem aller Menschen seiner Tage und aller Zeiten vereinigte und ausdrückte; und diese E r f a h rung ließ im Leben der Dichtung eine reine Phantasiewelt auferstehen, in der H ö l derlin den Mythos der Seele entdeckt habe. Gabetti ging folglich auf die Orphik des Dichters ein, der das Leben als eine ewige Pein der Generationen und des Sterbens betrachtete, aus der die Schönheit zuletzt befreie. A u f diese Weise deutete er H ö l d e r lin aber wiederum so, als ob sich seine Problematik in der Schönheit aufhebe; demgegenüber vermochte Lionello Vincenti in seinem Aufsatz über Hölderlins Titanismus nachzuweisen, daß die Anregung des Dichters in einer tiefen Religiosität wurzelt, durch die sich der Titanismus in ein Gefühl der Verehrung für das G ö t t liche wandle und die ästhetische Lösung vom Dichter in einer religiösen Schau überwunden werde 2 0 . Ferner wären noch erwähnenswert: der Hölderlin-Aufsatz von Arturo Farinelli 2 1 und die breit angelegte Untersuchung von Giovanni Necco über Leopardi und H ö l 15
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W. Rehm, Brentano und Hölderlin. In: „Hölderlin-Jahrbuch" 1947. J . C. B. Mohr-Verlag, Tübingen 1948. M. Ninck, Hölderlin — Eichendorff, vom Wesen des Klassischen und Romantischen, N. Kampmann-Verlag, Heidelberg 1928. H. Kuhn, Hölderlin und die Romantik. In: Zeitwende, II. Jg. (1926). G. V. Amoretti, Hölderlin. Bocca, Turin 1926. G. Gabetti, La poesia di Hölderlin. In: II Convegno, November-Dezember 1927 und Jänner 1928. L. Vincenti, II motivo titanico nell'opera di F. Hölderlin. Neu erschienen in: Saggi di Letteratura tedesca. R. Ricciardi, Mailand-Neapel 1953. A. Farinelli, Hölderlin. In: Attraverso la poesia e la vita. Zanidielli, Bologna 1935.
Einfährung
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derlin 22 , in der die beiden Dichter recht glücklich miteinander verglichen werden; weiters die Arbeit von Giuseppe Frizzi 2 3 , der zu zeigen bemüht war, welchen Einfluß Hölderlin auf die zeitgenössische Dichtung in Italien ausübt 24 . Einen äußerst bemerkenswerten Beitrag, der auch die neuesten Arbeiten der deutschen Forschung berücksichtigt, lieferte Ladislao Mittner, zur Zeit der Letzte in der Reihe der italienischen Hölderlin-Forscher 2 5 . Von dieser Arbeit werden wir noch eingehender zu sprechen haben, doch können wir bereits jetzt feststellen, daß Mittner, während er die verschiedene Thematik in Hölderlins Lyrik betonte, ihren dichterischen Wert nachwies und sich dennoch nicht scheute, Unsicherheiten und Brüche aufzuzeigen, wobei er zwischen „poesia" und „non poesia" unterschied. Auch mit dem Aufsatze über Hölderlin und seine K r i t i k e r von Benedetto Croce 2 6 werden wir uns ob der umfangreichen Fragen, die er aufwirft, und wegen der darin enthaltenen Polemik später noch auseinandersetzen müssen; aber schon jetzt kann man feststellen, daß die Arbeiten von Vincenti und Mittner die bemerkenswertesten Beiträge der italienischen Forschung zur Hölderlin-Deutung darstellen.
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G. Necco, Leopardi e Hölderlin. In: Romana, Sept./Okt. 1938, Nov./Dez. 1938 und Jänner 1939. G. Frizzi, F. Hölderlin nel primo centenario della morte. In: Le lingue estere, Sept./Okt. 1943. Man könnte noch an die Ausführungen erinnern von L. Tonelli in dem Bande „L'anima moderna da Lessing a Nietzsche". La Modernissima, Mailand 1925; G. Rodolfo Ceriello, Iperione o della nostalgia. In: Saggi di critica, Neapel 1931. L. Mittner, La lirica di Hölderlin. In: Ambivalenze romantiche, Studi sul romanticismo tedesco. Edizione D'Anna, Messina 1954. B. Croce, Intorno allo Hölderlin e ai suoi critici. In: L a Critica, 39. Jahr, Heft I V vom 20. Juli 1941.
II. Das Urteil der Zeitgenossen und das Hölderlinbild der Romantik Die große Tradition der Hölderlin-Forschung bildete sich allerdings — wie sich von selbst versteht — in Deutschland, dem Heimatlande des Dichters; und jede neue Interpretation muß zunächst einmal diese Tradition von ihren Anfängen an berücksichtigen. Man könnte aber nicht behaupten, daß den ersten von deutschen Zeitungen und Zeitschriften über Hölderlin geäußerten Urteilen eine besondere Bedeutung zukäme 1 , noch konnte von ihnen die Hölderlin-Forschung ihren Ausgang nehmen. Man hat sich vielmehr, wie wir noch zeigen werden, an das Urteil von August Wilhelm Schlegel zu erinnern. Seit dem Tage, da Hölderlin das Haus seiner Mutter verließ, um zunächst in Denkendorf und Maulbronn und dann an der Universität in Tübingen zu studieren, folgte seine geistige Entwicklung mit spontaner Begeisterung als Leitstern der grundlegenden Veränderung des Lebens in jenen Tagen, die sich in der Französischen Revolution am deutlichsten ausdrückte. Die Neigungen des Jünglings wandten sich denen zu, die den revolutionären Anstoß aufgenommen hatten und nun in deutschen Landen verbreiten wollten: unter diesen hat man sich besonders an Schubart zu erinnern, den verfolgten und eingekerkerten Dichter aus Schwaben, den Hölderlin zum Vorbild für die Einheit von Idee und Leben erhob. Von Schubart wurde er zu eigenem Dichten angeregt, von ihm empfing er bei einer Begegnung die erste Weihe für seine Aufgabe als Dichter. Auch Stäudlin und Sinclair, die Freunde aus der frühen Jugendzeit, nahmen an den revolutionären Gedanken teil. Isaac von Sinclair wird später der erste sein, der die unvergleichliche Dichtergröße Hölderlins erkennt, dem er sein Leben lang ein treuer und ergebener Freund bleibt. Die Begeisterung für das Werk Schillers, besonders für seine Jugenddramen wie etwa „Die Räuber", und der Widerhall, den die vom Marquis von Posa in „Don Carlos" ausgedrückten Freiheitsgedanken in der Seele des Jünglings fanden, bestärkten Hoffnungen und Bestrebungen, die Hölderlin schon geformt und ausgedrückt hatte. Die Lebensumstände ermöglichten ihm dann die Begegnung mit den Meistern der deutschen Klassik, mit Schiller und mit Goethe. Und eine Geschichte der Hölderlin-Forschung hat sich notwendigerweise mit den Urteilen zu beschäftigen, die Goethe und Schiller in ihrem Briefwechsel über den jungen Dichter austauschten, auch wenn diese Urteile von besonderen geschichtlichen Gegebenheiten 1
Vgl. die von Norbert von Hellingrath besorgte Hölderlin-Ausgabe, die im V I . Bd, der vornehmlich von Ludwig von Pigenot und F. Seebaß herausgegeben wurde (Berlin 1923), eine umfangreiche Sammlung von Urteilen der Zeitgenossen bietet. Von F. Seebaß vgl. man ferner: Der frühere Hölderlin im Urteil seiner Zeitgenossen. In: Preußische Jahrbücher, 186. Bd (1921) und: Hölderlins Fortleben nach seiner geistigen Ermattung. In: Zeitschrift für Büdierfreunde, N . F., 14. Bd (1922).
Das Urteil der Zeitgenossen
und das Hölderlinbild
der
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und einigen Vorkommnissen in den Beziehungen zu Schiller abhängen. Man könnte anmerken, daß derartige Urteile eher zur Hölderlin-Biographie als in die Geschichte der Forschung gehören. Wenn wir nun aber zu Beginn dieser geschichtlichen Darstellung die Meinung der beiden größten Dichter der deutschen Klassik vorfinden und wenn ihnen die heutige Hölderlin-Forschung nicht beipflichten kann, dann erwächst zunächst die Aufgabe, das Unverständnis seiner beiden größten Vorbilder für den Dichter und die Gründe hierfür zu untersuchen. Die Begeisterung des Jünglings für die Idee der Freiheit und die Dichtung Schillers zählten zu den ersten Gründen des unvermeidlichen Mißverständnisses zwischen dem Meister und dem Schüler, der sich danach sehnte, jene Grenzen zu überschreiten, an denen Schiller schließlich halt gemacht hatte. Die Sehnsucht nach dem antiken Griechentum, bei Schiller zur Klage um das unvermeidliche Vergehen jener Kultur und ihrer Götterbilder und damit zum Gegenstand ästhetischer Betrachtungen geworden, verwandelte sich bei Hölderlin in die gebieterische Forderung nach einer Rückkehr und Wiederbelebung der Götter und einer Erneuerung der Kultur, die für ihn nicht nur das höchste Vorbild war, sondern sich in der Wirklichkeit wiederholen mußte. Zwischen den Meistern der Klassik und Hölderlin öffnete sich der Generationsgegensatz, sei dies durch die verschiedene Einstellung zu den geschichtlichen Fragen ihrer Tage oder durch die Vorstellung vom Wesen der Dichtung und der Aufgabe des Dichters2. Der Jüngling war sich eines wesentlichen Unterschiedes wohl nie ausdrücklich bewußt, und dennoch mußte er den Drang verspürt haben, seine eigene Welt auf seine eigene Art und Weise darzustellen. Goethes Unverständnis und die Entfremdung von Schiller sind Anzeichen eines Abgrundes, der sich zwischen Hölderlin und seiner Zeit auftat und der auch zur Vernachlässigung seines Werkes durch die Zeitgenossen führte. Die Geschichte der Forschung muß das Verhältnis zwischen Hölderlin und den beiden bedeutendsten deutschen Klassikern von allem Anfang an berücksichtigen; das bedeutet aber, daß sie sich ein äußerst schwieriges und ausgeprägtes Problem auferlegt. Die Deutung von Hölderlins Griechentum und seines Humanismus, Hölderlins klassische Schau war grundverschieden von der Auslegung und der Einstellung des durch Goethe und Schiller festgelegten Klassizismus. Und damit nimmt die Geschichte der Forschung von Anfang an eine mehr historische Haltung ein, beabsichtigt sie, das Werk und die Bedeutung des Dichters in Hinblick auf die deutsche Klassik zu deuten, an der er selbst teilnahm. Diese Grundeinstellung und die Deutung werden sich im Laufe der kritischen Darstellung klären, doch ist es notwendig, hierzu einige Hinweise zu geben. Es ist üblich, die Namen jener Philosophen anzuführen, die in das von der deutschen Klassik und dem Idealismus errichtete Gebäude eindrangen und es zerstörten, also: Schopenhauer, Kierkegaard, Nietzsche 2
Vgl. die Dokumentation und ihre Interpretation in: Schiller und die Romantiker, Briefe und Dokumente, hsg. und eingeleitet von Hans H . Bordierdt, Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1948; ferner von K. Hildebrandt, Hölderlin. W. KohlhammerVerlag, Stuttgart 1939, S. 140 ff., w o jedodi die Interpretation bis zur Entstellung verdreht wird.
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Das Urteil der Zeitgenossen
und das Hölderlinbild
der
Romantik
und M a r x ; der erste von ihnen forderte gegenüber dem wirklichkeitsfremd gewordenen Optimismus einen pessimistischen Irrationalismus, die anderen drei bekämpften die idealistische Religion, Moral und Gesellschaftslehre und durchkreuzten sie mit ihrer eigenen Kritik. Nach unserem Dafürhalten muß man aber diesen Namen zunächst den Hölderlins voranschicken, der über die humanistischen Beteuerungen der deutschen Klassik hinausging und ihr gegenüber im eigenen dichterischen und kritischen Werk eine Deutung des Humanismus forderte, in der dieser als die totale Wiedererneuerung der antiken Kultur und Religion erschien. Wie unhistorisch uns heute auch eine derartige Forderung nach dem Wiederaufleben und der Erneuerung einer seit Jahrtausenden vergangenen Zeit erscheint, so bewies sie doch, daß der von der deutschen Klassik ausgebildete Humanismus seine Gültigkeit verloren hatte. Und das Werk Hölderlins, das im 19. Jahrhundert größtenteils vergessen war, mußte dann wieder auftauchen und verstanden werden, als sich die Krise, deren Beginn Hölderlin gesehen hatte, immer mehr vertiefte und schließlich die gesamte humanistische Überlieferung von Jahrhunderten und die Werte der modernen Kultur selbst erfaßte. Der „Sturm und Drang", der Goethes Jugend beseelt und Schillers Jugendwerk genährt hatte, hatte auf dem Gipfel der deutschen Klassik mit der notwendigen A n erkennung der Wirklichkeit seinen Abschluß gefunden. Goethe und Schiller suchten tatsächlich in der Ubereinstimmung mit der Wirklichkeit, in der sie einfach die Gültigkeit der Forderungen des Geistes bestätigten, eine Lösung für den chaotischen Anstoß des „Sturm und Drang" und schufen so die Idealwelt der deutschen Klassik. Hölderlin hingegen wußte sich mit der Wirklichkeit nicht zu versöhnen, besser gesagt, in seinem innersten Wesen w a r keine Möglichkeit für eine solche Versöhnung gegeben; deshalb klammerte er sich mit voller Überzeugung an die Forderung nach einer totalen Erneuerung seiner Zeit. Wenn die Liebe zum antiken Griechentume Hölderlin den Traum von einer Wiederholung dieser Kultur und des Menschenbildes in seinem deutschen Vaterlande vorgaukelte, so riß die Kühnheit solcher Bestrebungen den unvermeidbaren Zwiespalt mit seiner Zeit auf, führte sie zum Mißverständnis zwischen den Führern der deutschen Klassik und ihm, der sich noch immer als deren Schüler fühlte. Es ist wohl nicht unnütz, hier daran zu erinnern, daß seit der Tübinger Studentenzeit Pindar der Dichter ist, dem sich die Liebe des Jünglings am stärksten zuneigt; und den Namen Pindars verband er mit dem Klopstocks, der als erster in Deutschland das Bild des prophetischen Dichters verkörpert hatte. A m Beispiele Klopstocks f a n d Hölderlin wahrhaftig das Bild des antiken Sehers verwirklicht, des Sängers der Helden und der Götter, und auch die angemessene Form des feiernden Gesanges: die pindarische Hymne. W i r wollen nun die Entwicklung der Freundschaft zwischen Schiller und Hölderlin auch deswegen betrachten, weil sie zu den Bestandteilen der Tragödie Hölderlins zählte; dabei ist es nicht unsere Aufgabe, die einzelnen Urteile Schillers zu wiederholen, sondern vielmehr den Verlauf dieser Freundschaft zu zeichnen, die in unserer Geschichte der Hölderlin-Forschung einen wichtigen Platz einnimmt: H i e r beweist sich beispielhaft des Dichters Eigenart und Einsamkeit gegenüber seinen Zeitgenossen.
Das Urteil der Zeitgenossen
und das Hölderlinbild
der
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H . H . Borcherdt hat dem Verhältnis zwischen Hölderlin und Schiller eine eigene Untersuchung gewidmet und darin die Haltlosigkeit der von einigen Forschern erhobenen Anschuldigungen bewiesen 3 . Der junge Hölderlin schrieb im Spätsommer des Jahres 1793, als er dreiundzwanzig Jahre zählte, in einem Brief an den Bruder, wie er in Schillers „Don Carlos" jene Ideale ausgedrückt gefunden habe, die sich in Übereinstimmung mit dem humanistischen Geiste der Zeit und mit der Französischen Revolution in ihm ausgeformt hätten. Die sogenannten „Hymnen an die Ideale der Menschheit" sind offenbar auch im Satzbau eine Nachahmung und „Nachklang" von Schillers Jugendlyrik. Als Hölderlin Schiller kennenlernte, der seinerseits an Frau von Kalb über den guten Eindruck berichtete, den er vom Jüngeren gewonnen hatte, war. sich Hölderlin jedoch der Bedeutsamkeit dieser Stunde der Begegnung mit seinem Vorbilde bewußt; und er ging ernster und würdiger aus ihr hervor. Aber gerade mit dieser Begegnung hob der eigenartige Zwiespalt an: Schillers Geist ließ durch seinen Reichtum den Jüngling Hölderlin die eigene Armut empfinden und weckte in ihm das Verlangen, sich des aufmerksamen Blickes des Meisters würdig zu erweisen; er aber litt unter dem Gefühle seiner Unzulänglichkeit, bis er das schmerzhafte Wort aussprach: „Ich werde nie glücklich sein." 4 Schillers Veröffentlichung der Abhandlung „Über Anmuth und Würde" regte Hölderlin, wie er selbst im Oktober 1794 an Neuffer schrieb, dazu an, einen neuen Aufsatz über ästhetische Gedanken zu beginnen: er fand, daß Schiller nicht allzu weit über Kant hinausgegangen sei, und wollte das wagen, was Schiller nicht gewagt hatte. In dem uns nicht erhaltenen Aufsatze sollte wohl die Gegenüberstellung der platonischen Überlieferung mit den Prinzipien der Erkenntnislehre Kants auf einem anderen als dem von Kant und Schiller beschrittenen Wege zu einer Verbindung des Schönen und des Erhabenen, zu einem Bande zwischen der irdischen Schönheit und der Wahrheit der Idee führen. Als Hölderlin im Spätherbst Schiller in Jena aufsuchte, tat dieser f ü r den Jüngling alles, was in seiner Macht lag; nachdem er f ü r ihn ein Fragment des „Hyperion" und ein Gedicht zum Druck gebracht hatte, veröffentlichte er noch weitere wie „Griechenland" oder „Dem Genius der Kühnheit" und besorgte er Hölderlin Cotta als Verleger f ü r den Roman, an dem der Jüngling gerade arbeitete. Im Brief vom 12. März 1795 an seine Mutter erwähnt er Schillers väterliche Güte. Nach all dem fällt es nicht leicht, Hölderlins Flucht aus Jena und den Abbruch der Beziehungen zu Schiller zu verstehen, obwohl die Flucht durch den ersten Brief Hölderlins nach seiner Abreise an Schiller, sein Schreiben vom 23. Juli 1795 aus Nürtingen, teilweise erklärt wird. Die Bedeutung, die er dem freundschaftlichen Verhältnis zu Schiller beimaß, und dadurch auch der von Schillers Erhabenheit auf ihn ausgeübte Einfluß hinderten Hölderlin daran, sich selbst zu finden und zu behaupten. Die Beziehungen zu Schiller entsprachen keiner Freundschaft zwischen Gleichen, sondern dem Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler; und das innige Gefühl, das Hölderlin an den Meister band, wurde von diesem nicht mit gleicher 3
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Man vgl. die Dokumente-Sammlung in dem o. a. Bande von H . H. Borcherdt, Schiller und die Romantiker. Vgl. den Brief Hölderlins an Schiller, Waltershausen, um Ostern 1794.
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Das Urteil der Zeitgenossen
und das Hölderlinbild
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Stärke erwidert. Man kann also von einer Enttäuschung in dieser Freundschaft sprechen, worunter Hölderlin litt; und das beweisen auch das „Thalia-Fragment" des „Hyperion" und später die endgültige Fassung des Romanes. Hölderlin ist, wie Borcherdt bemerkt 5 , mit einer „Sehnsucht" ins Leben getreten, die sich auch in Gestalten wie Melite und Diotima ausdrückte, und mit einem Verlangen nach Zärtlichkeit, das nie gestillt wurde. Die Freundschaft wurde durch Gegensätze immer mehr belastet, was man ebenso an der Gestalt des Alabanda im „Hyperion" ablesen kann. Die in Hölderlin durch Schillers Gegenwart und das Gefühl, im Leben des Freundes niemals etwas wahrhaft Wertvolles und Wesentliches darstellen, ihm nie ebenbürtig werden zu können, ausgelöste Krise mußte durch den Abbruch der Beziehungen und seine Entfernung gelöst werden. Noch etwas ereignete sich in jener Zeit, ein trauriges Erlebnis, das auch später in den Roman einging: des Jugendfreundes Neuffer Braut starb. Hölderlins Briefe an ihn lassen erkennen, wie sich dieses äußere Ereignis in der Seele des Dichters mit einem Gegenstande seiner dichterischen Phantasie, mit dem Tode Diotimas, eng verband; und die Klage im Brief vom 8. Mai 1795 an Neuffer gilt gleichzeitig sich selbst: Lieber! D u solltest mir heilig sein in Deiner T r a u e r , ich sollte die traurige Verwirrung . . ., die der Schmerz über D e i n Schicksal mir erst recht f ü h l b a r machte oder — ich weiß es selbst nicht — erst bewirkte, ich sollte sie verschweigen v o r D i r . Ich bin ein leidiger Tröster. Ich t a p p e herum in der Welt wie ein Blinder, u n d sollte dem leidenden Bruder ein Licht zeigen, das ihn erfreute in seiner Finsternis.
Das Zusammentreffen des wirklichen Ereignisses mit dem phantastischen Erlebnis kann eine Hilfe sein, wenn man zeigen will, wie das Bild vom Ende Diotimas aus einer Lebenserfahrung Hölderlins aufsteigt, und das Verhältnis von Erlebnis und Dichtung bei ihm erläutern; und daraus läßt sich ableiten, daß dieses Sehnen nach der Katastrophe, das sich im Roman offenbart, in Hölderlins Welt einen wesentlichen Zug darstellt, ein Hauptmotiv, das übrigens Werthers Vorstellung vom Zerbrechen der Ideale an der Wirklichkeit wieder aufnimmt. Das Geschöpf, das den Traum verkörpert und verwirklicht, ist dem Untergange geweiht wie Diotima, und nicht nur Hyperion, auch der Dichter sieht das Erlebnis als ein Zeichen für seine eigene Trennung von der Wirklichkeit an. Man könnte also Schiller nur vorwerfen, daß er von Anfang an Hölderlins Bedeutung und Wert nicht verstanden, ihn als einen Schüler angesehen habe, als der er sich ihm selbst genähert hatte. Mehr aber als durch den in der Freundschaft mit Schiller enthaltenen Gegensatz wurde die Krise in Jena durch den Zusammenprall von Hölderlins eigenen Gedanken, oder besser gesagt: seiner Natur mit den Gedanken Fichtes ausgelöst, dessen Vorlesungen er in Jena besuchte; und aus dieser Auseinandersetzung stieg Hölderlins Welt empor. Zweifellos mußte der erste Plan zum „Hyperion" mit Schillers Gedanken über Kultur und Bildung übereinstimmen, nach und nach entfernte sich aber Hölderlin von Schillers humanistischen Formulierungen. Dazu kamen noch an sich zweitrangige Fragen wie etwa die von Schiller zur Veröffentlichung in dessen Almanach übernommene Aufgabe der 5
H . H . Borcherdt, op. cit., S. 118 ff.
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Übersetzung von Ovids „Phäton"; die Fassung entsprach nicht Hölderlins Geist. Als Mitursachen für den Abschied von Jena können Fichtes Flucht aus der Stadt als Folge von Studentendemonstrationen und das durch Sinclair vermittelte Angebot einer Hauslehrerstelle in Frankfurt Hölderlin beeinflußt haben. Ebenso kann der Wunsch, einige Zeit bei der Mutter und Freund Neuffer in seinem Schmerze nahe zu sein, zu dieser Entscheidung beigetragen haben. Die Folge all dieser Widersprüchlichkeiten war jedoch für Hölderlin ein erstes Ausbrechen seiner Krankheit, ein Zusammenbruch, der seinen damals vorübergehenden Mitschüler Magenau dazu veranlaßte, von Nürtingen zu melden, daß ihm Hölderlin wie ein „lebender T o t e r " erscheine. Kurze Zeit später wird Hölderlin erkennen, daß es ein törichter Irrtum gewesen sei, nach Hause zurückzukehren, wo sich seiner Rückkehr nach Jena tausend Hindernisse in den Weg stellten. Als Hölderlin Schiller in einem Brief vom Juli 1795 die Gründe für seine Abreise aus Jena darlegte, antwortete dieser nicht; vielleicht hatte Schiller beabsichtigt, Hölderlin eine Stelle bei der Zeitschrift „Die H ö r e n " oder beim „Musen-Almanach" anzubieten oder wollte er ihm eine Dozentur an der Universität verschaffen. Monate danach unterbreitete Schiller August Wilhelm Schlegel einen ähnlichen Vorschlag und wenig später Jean Paul. Man kann annehmen, daß Schiller von Hölderlins Gehaben enttäuscht war. In einem zweiten Schreiben aus Nürtingen vom 4. September 1795 bat Hölderlin Schiller wenigstens um eine kurze Antwort; in diesem Briefe steht auch der von Borcherdt mit Recht hervorgehobene Satz: „So eisern mein Himmel ist, so steinern bin ich." Die Klage Hölderlins, er sei „eben kein seltener Mensch", schien seine ganze Tragik gegenüber Schiller zusammenzufassen. Hölderlin wies auch auf Züge einer eigenen Philosophie hin, die vom subjektiven Idealismus Fichtes unabhängig ist; doch diese Andeutungen reichten nicht aus, um Schiller das Gedicht „An die N a t u r " zu erläutern, in dem erstmals der subjektive Idealismus überwunden und versucht worden war, zu einer objektiven Schau zu gelangen und den Zwiespalt zwischen Geist und Natur zu vermeiden, der den eigentlichen Grund für den Gegensatz zwischen Hölderlins „pietas" und Fichtes Denken bildete. Das Gedicht schien Schiller nur ein Widerhall seiner „Götter Griechenlands" zu sein und Wilhelm von Humboldt bestärkte ihn in diesem Glauben; deshalb wurde „An die N a t u r " nicht in den „Musen-Almanach" aufgenommen. Schiller konnte Hölderlins Grunderlebnis nicht verstehen: die volle Einheit mit der lebendigen Natur, die selbst geheiligt ist, an sich besteht, nicht vom subjektiven Ich geschaffen wurde und doch mit dem Geist identisch ist. Aber auch Hölderlin gelangte nun zu einem kritischen Urteil über seinen Meister; bezeichnend ist der Brief vom März 1796 an Neuffer, in dem sich der Satz findet: „Wir werden doch, was wir werden sollen." Der von Schiller im Gedicht „Das Ideal und das Leben" ausgedrückte Gegensatz bot sich Hölderlin ganz anders, da es ihm die Forderung nach einer Einheit von Natur und Geist nun nicht mehr gestattete, die Wirklichkeit mit einem Reich von Ideen zu überwinden, und sich ihm vielmehr die Aufgabe einer Verwandlung des gesamten Lebens in eine Schau stellte, die gleichzeitig objektive und konkrete Wirklichkeit wäre. 1796 schrieb Hölderlin neuerlich an Schiller, und zwar unter dem Vorwande, das
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von ihm zurückgewiesene Gedicht, eben „An die N a t u r " , wieder haben zu wollen; dabei fragte er: „Haben Sie mich aufgegeben?" und setzte hinzu, daß er sich wegen dieser Frage Vorwürfe machen müßte, wäre Schiller nicht der einzige Mensch, „an den ich meine Freiheit so verloren habe . . .". Schiller antwortete am 24. November 1796, jedoch mit einer Kritik an den beiden eingesandten Gedichten „Diotima" und „An die klugen Ratgeber". Das letzte konnte allerdings wie eine offene Polemik gegen Schiller scheinen. Der auf der Höhe seines Schaffens angelangte Dichter entdeckte dem Schüler die Mängel seiner Arbeiten; er bewies damit aber nur, daß er sie nicht verstanden hatte, auch wenn er auf diese Weise eine Zusammenarbeit mit Hölderlin suchte. In einem neuerlichen Briefe vom 20. Juli 1797 mußte Hölderlin also seine Unabhängigkeit erklären, wenngleich er wiederum versicherte: „aber von Ihnen dependier' ich unüberwindlich"; und er übersandte dem Meister den ersten Band des „Hyperion" und die beiden Gedichte „An den Äther" und „Der Wanderer", in denen sich mit dem Schritt zu den antiken Metren der Eigen ton und der neue Stil der Dichtungen Hölderlins ankündigt. Von Goethes Eingreifen auf Grund des Vorschlages Schillers werden wir weiter unten noch sprechen; das Zögern jedoch, mit dem Schiller und Goethe an die Prüfung dieser Gedichte schritten, ist ganz allgemein ein Beweis für den unüberwindlichen Gegensatz der beiden unterschiedlichen Haltungen. Man muß daran erinnern, daß Schiller in seinen Verbesserungsvorschlägen zu den konkreten Bildern Hölderlins beabsichtigte, diese durch Abstraktionen zu ersetzen. In die Dichtung zog aber nun mit Hölderlin — wie Borcherdt bemerkt, dem wir in der kritischen Entwicklung folgen — ein Irrationalismus ein; und dieser bezeichnet eine Revolution in der Poesie, weil die irrationale Darbietung mit einer konkreten, plastischen Schau verbunden ist. Nichtsdestoweniger werden Schillers und auch Goethes Beobachtungen von Hölderlin wenigstens teilweise beherzigt. In dem Gedichte „Die Eichbäume", das später von Schiller in „Die Hören" aufgenommen wurde, läßt sich tatsächlich beobachten, wie Schillers sentimentalische Haltung zu einem plastischen Ausdruck wie bei Goethe geführt wurde. Die Briefe vom August 1797 und vom 30. Juni 1798, alle beide an Schiller gerichtet, verkünden dann ein Programm, das dem der Klassik ähnelt; und deshalb wiederholt Hölderlin immer wieder die Forderung, sich nicht dem Einfluß seines Meisters unterwerfen zu dürfen, Schillers, an den die Briefe sich wandten. Das Mißverständnis war von Schiller und Goethe nicht gewollt. Wenn Hölderlin auch von Voraussetzungen ausging, die denen der beiden Meister der deutschen Klassik glichen, so schuf er dennoch eine grundlegend neue Form in der Dichtung; und das ist die These, die wir schon im Jahre 1921 bei Vietor ausgedrückt finden, als er eingehende Erläuterungen zur Lyrik Hölderlins herausgab. Darum kommt den Versuchen, das Werk Hölderlins völlig der Klassik einzugliedern oder dabei von einem „romantischen Klassizismus" zu sprechen, keinerlei grundlegende Bedeutung zu; statt Fragen der Dichtung zu beantworten, schaffen sie vielmehr Begriff sschemata. Am Ende einer Untersuchung über die Geschichte der Hölderlin-Forschung und zur Klärung der Interpretation des dichterischen Werkes wäre es vielmehr unerläßlich, das Verhältnis zwischen der neuen Dichtungsform bei Hölderlin und im Werk einiger der bedeutendsten Dichter des 19. Jahrhunderts zu prüfen; dabei
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dürfte m a n d a n n nicht v o n Einflüssen und Anregungen sprechen, sondern
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spontanen Übereinstimmungen. W i r wollen nun Goethes U r t e i l über H ö l d e r l i n untersuchen und ergründen, ob das n o t w e n d i g e Mißverständnis des Jüngeren durch den Ä l t e r e n für die Geschichte der H ö l d e r l i n - F o r s c h u n g nur chronikalische Bedeutung h a t oder darüber hinausgeht; und das ist f ü r uns auch insofern wichtig, als Benedetto C r o c e , der große italienische K r i t i k e r , als einziger unserer zeitgenössischen Forscher Goethes U r t e i l über H ö l derlin auch heute noch für gültig anerkannte. In der Studie, a u f die w i r uns hier berufen, bezieht sich C r o c e a u f jene Briefe Schillers und Goethes, in denen sie H ö l derlin e r w ä h n t e n ; z u m besseren Verständnis sei der Abschnitt wiedergegeben, in dem C r o c e , n a d i d e m er sich mit mehreren H ö l d e r l i n - F o r s c h e r n unseres J a h r h u n derts, und besonders mit Dilthey, auseinandergesetzt hatte, ausführte: Gioverebbe in questa indagine, rifarsi al giudizio die delle attitudini poetiche del giovane Hölderlin dettero il Goethe e lo Schiller, al primo dei quali, per udirne quel che gliene paresse, furono sottoposte dal secondo, che aveva l'autore in pratica e protezione, due inni nuovamente composti, e propriamente quelli che si trovano nella raccolta delle poesie coi titoli „An den Äther" e „Der Wanderer". Il Goethe si manifestò „non del tutto sfavorevole" e disse die, se pubblicati nella rivista dello Schiller, avrebbero probabilmente trovato amici nel pubblico; ma notò che nell'uno („Der Wanderer") „il deserto africano e il polo settentrionale non sono dipinti né con intuito sensibile né con quello interiore, e piuttosto sono entrambi presentati col mezzo di negazioni, sicché non contrastano, com'è pure nell'intenzione, con la serena amabile immagine della terra tedesca". „Cosi anche (continuava), l'altra poesia („An den Äther") sembra piuttosto un pezzo di storia naturale die di poesia e mi ricorda quei quadri in cui gli animali tutti sono raccolti intorno ad Adamo nel Paradiso Terrestre. Le due poesie esprimono una dolce aspirazione die si risolve in modi temperati. L'autore ha un sereno sguardo sulla natura, della quale per altro sembra ch'egli abbia conoscenza solo per tradizione". E quanto alla sua impressione circa l'ingegno dell'autore, gli pareva die „nelle sue poesie fossero ingredienti di poeta, ma che da soli fanno alcun poeta"; e che il meglio sarebbe che l'autore „scegliesse un fatto idillico de tutto semplice e lo descrivesse", per vedere „se riesce nel dipingere uomini, che è infine ciò a cui tutto fa capo"®. Lo Schiller rispondeva die anch' egli aveva notato questi difetti, ma die si sentiva impacciato nel giudizio, perchè, „a dirla schietta, nella poesia dello Hölderlin trovava molto della propria forma di altri tempi, e non era la prima volta che l'autore lo ricordava" 7 ; al die l'amico replicava die ben si era accorto di ciò, ma die in questi versi non era né la ricchezza né la forza né la profondità dello Schiller, sebbene tuttavia si raccomandassero per una certa amabilità, intimità e moderazione, onde l'autore meritava die lui, Schiller, gli fosse guida. 8 [Man tut gut, sidi bei dieser Untersuchung der Urteile zu erinnern, die Goethe und Schiller über die dichterische Haltung des jungen Hölderlin abgaben; um zu hören, was er davon halte, wurden Goethe von Schiller, der den Verfasser förderte und schützte, zwei kürzlich verfertigte Hymnen unterbreitet, und zwar jene, die sidi in der Gedichtsammlung unter den Titeln „An den Äther" und „Der Wanderer" finden. Goethe äußerte sich „nicht ganz ungünstig" und meinte, sie würden, wenn man sie in Schillers Zeitschrift veröffentlichte, wahrsdieinlidi Freunde im Publikum finden; dodi 6 7 8
Brief aus Weimar, 28. Juni 1797. Brief vom 30. Juni 1797. Brief vom 1. Juli 1797.
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bemerkte er, daß in der einen („Der Wanderer") „die afrikanische Wüste und der Nordpol weder durch sinnliches noch durch inneres Anschauen gemalt" ist, „vielmehr sind sie beide durch Negationen dargestellt, da sie denn nicht, wie die Absicht doch ist, mit dem heiteren deutsch-lieblichen Bilde genugsam kontrastieren". „So sieht auch das andere Gedicht", fuhr er fort, „mehr naturhistorisch als poetisch aus, und erinnert einen an die Gemälde, wo sich die Tiere alle um Adam im Paradies versammeln. Beide Gedichte drücken ein sanftes, in Genügsamkeit sich auflösendes Streben aus. Der Dichter hat einen heiteren Blidk über die Natur, mit der er doch nur durch Überlieferung bekannt zu sein scheint." Und was nach seinem Eindruck die Begabung des Dichters betrifft, so fand Goethe: „in beiden Gedichten sind gute Ingredienzen zu einem Dichter, die aber allein keinen Dichter machen"; es schien Goethe für Hölderlin am besten zu sein, wenn er einmal ein ganz einfaches idyllisches Faktum wählte und es darstellte", um zu sehen, „wie es mit der Menschenmalerei gelänge, worauf am Ende alles ankommt" 6 . Schiller antwortete, auch ihm seien diese Mängel aufgefallen, er fühle sich in seinem Urteil aber befangen, denn: „Aufrichtig, ich fand in diesen Gedichten viel von meiner eigenen sonstigen Gestalt, und es ist nicht das erstemal, daß mich der Verfasser an mich mahnte" 7 ; worauf der Freund erwiderte, daß er das sehr wohl bemerkt habe, diese Verse aber weder die Fülle, noch die Stärke oder die Tiefe Schillers hätten, obwohl sie sich trotzdem durch eine gewisse Lieblichkeit, Innigkeit und Mäßigkeit empfählen, weshalb es der Verfasser auch verdiene, daß er, Schiller, ihn leite. 8 ]
Croce erinnerte an die Aussagen Schillers und Goethes, um sein eigenes Urteil zu untermauern, und stellt daher für die Hölderlin-Forschung einen Rückfall in ihre Anfänge dar. Wenn aber Goethe glauben konnte, die beiden ihm zur Durchsicht unterbreiteten Gedichte Hölderlins seien nur Versuche einer Naturbeschreibung und idyllische Bilder, wenn ihn dieses Mißverständnis von einem gerechten Urteil abhielt, so bot sich Croce, der 1943 bereits die letzten Hymnen Hölderlins kannte, die Möglichkeit, diese Gedichte in ihrer eigentlichen Bedeutung zu erfassen: als eine Wendung von der persönlichen, subjektiven Eingebung zu einer objektiven Schau, zu einer objektiven Gestaltung der Natur. Schiller hatte Goethe den Namen des Verfassers der Gedichte nicht genannt; und als er dies im Brief vom 30. Juni 1797 nachholte, tat er es mit folgenden Worten: E r hat eine heftige Subjektivität und verbindet damit einen gewissen philosophischen Geist und Tiefsinn. Sein Zustand ist gefährlich, da solchen Naturen so gar schwer beizukommen i s t . . . Ich würde ihn nicht aufgeben, wenn ich nur eine Möglichkeit wüßte, ihn aus seiner eigenen Gesellschaft zu bringen und einem wohltätigen und fortdauernden Einfluß von außen zu öffnen.
Offenbar wurde es für Schiller schwierig, seinen Schützling der Gefahr einer immer rückhaltsloseren Hingabe an das eigene Ich zu entziehen und daher fast unmöglich, von außen auf ihn einzuwirken. Wir wissen heute, daß die Entfremdung von der Wirklichkeit für den Dichter der notwendige Weg war, um jenseits der eigenen Subjektivität zu einer Erfahrung von universaler Bedeutung vorzustoßen, indem er sich einer phantastischen Welt hingab, der er objektiven Wert beimaß, einer Welt, die durch seine Dichtung zur Wahrheit und zum Leben gelangte. Schiller konnte eine derartige Entwicklung nicht verstehen, denn er selbst war gerade dabei, seine Energien der Beherrschung der äußeren Wirklichkeit zuzuwenden, um zu einer umfassenden Harmonie zwischen dem eigenen Wollen und der Wirklichkeit, die er als Notwendigkeit anerkannte, zu gelangen. Man erinnere sich der Sätze des Briefes
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vom 17. August 1 7 9 7 an Goethe; aus ihnen läßt sich erkennen, wie es Schiller sehr wohl verstanden hatte, die tatsächlichen Schwierigkeiten einiger der Vertreter der neuen Generation zu erblicken und aufzufassen, die nicht wußten, wie sie das Ziel ihrer Entwicklung erreichen sollten: das von Schiller und Goethe gesetzte maßvolle Gleichgewicht. Ich mödite wissen, ob diese Schmid, diese Richter, diese Hölderlins absolut und unter allen Umständen so subjektivisch, so überspannt, so einseitig geblieben wären, ob es an etwas Primitivem liegt, oder ob nur der Mangel einer ästhetischen Nahrung und Einwirkung von außen und die Opposition der empirischen Welt, in der sie leben, gegen ihren idealischen Hang diese unglückliche Wirkung hervorgebracht hat. Ich bin sehr geneigt, das letztere zu glauben, und wenn gleich ein mächtiges und glückliches Naturell über alles siegt, so deucht mir doch, daß manches brave Talent auf diese Art verloren geht. Der Unterschied zweier Generationen ist hier bezeichnet; auf die Wirklichkeitsferne der neuen Generation wird hingewiesen. A m 23. August 1797, nachdem Goethe Hölderlin getroffen hatte, den er f ü r einen Schüler des Freundes hielt, schrieb er auf der Reise nach F r a n k f u r t an Schiller, er habe dem Jüngling den R a t wiederholt, sich weniger umfangreichen Kompositionen zuzuwenden, „kleine Gedichte zu machen und sich zu jedem einen menschlich interessanten Gegenstand zu wählen". Von dem jungen Dichter gewann Goethe folgendes Bild: „Er sieht etwas gedrückt und kränklich aus, aber er ist wirklich liebenswürdig und mit Bescheidenheit, ja mit Ängstlichkeit offen." Tatsächlich erleichterte der Jüngling, der dem Meister ängstlich und verschlossen gegenübertrat, nicht das Verständnis, das Goethe aus der Kenntnis der beiden vereinzelten Gedichte nicht gewinnen hatte können; und die persönliche Begegnung besiegelte das Mißverständnis. Für uns ist es aber nun nötig, Croces Aufsatz nochmals zu betrachten und die Schlüsse zu untersuchen, die Croce aus der Uberprüfung von Schillers und Goethes Urteilen zog: Sono giudizi seri e solidi, da intendenti di poesia e di arte, e chi ora legga spregiudicatamente quelle poesie li riscontra veri in ogni punto, come anche deve riconoscersi giusta la riserva circa l'ingegno poetico dello Hölderlin . . . E stato detto che il Goethe e lo Schiller si riferivano allo Hölderlin quale era nel 1797, e non come si venne meglio affermando nelle liriche degli anni seguenti; e che in ispecie il Goethe, non aveva compreso punto quell'anima e quell'ingegno se, qualche mese dopo, conosciutolo di persona, gli ripeteva direttamente il consiglio di provarsi a „comporre piccole poesie, scegliendo un qualsiasi oggetto umanamente interessante" 9 . Il consiglio poteva essere praticamente inefficace e sbagliato (come di solito tutti quelli die si danno, né solo in queste materie), ma ciò non toglie che il Goethe aveva scorto quello die nello Hölderlin mancava; e quanto a tutto l'altro che in lui era, lo Schiller sapeva che „egli aveva una violenta soggettività, alla quale univa un certo spirito e profondità filosofica, e il suo stato era pericoloso perché in tali nature è difficile penetrare", e non sapeva risolvere il dubbio se ciò venisse da qualcosa di originario che era in lui o da circostanze esterne sfavorevoli 10 . Come die sia, né dell'uno né dell'altro c'è notizia che fossero poi 9 10
Vgl. den von uns angeführten Brief an Schiller vom 22. August 1797 aus Frankfurt. Man vgl. die beiden von uns schon angeführten Briefe vom 1. Juli und vom 17. August 1797.
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presi da ammirazione per i posteriori versi dello Hölderlin, che pure non poterono del tutto ignorare. [Das sind ernste und gründliche Urteile von Kennern der Dichtung und der Kunst; und wer heute diese Gedichte unvoreingenommen liest, findet sie in jedem Punkte richtig, wie er auch die Zurückhaltung gegenüber der dichterischen Begabung Hölderlins als gerecht anerkennen muß . . . Es ist behauptet worden, Goethe und Schiller hätten sich auf den Hölderlin von 1797 bezogen und nicht auf den, der in den Gedichten der folgenden J a h r e immer mehr hervortrat; und besonders Goethe habe die Seele und die Begabung nicht genau erkannt, wenn er einige Monate später bei der persönlichen Bekanntschaft Hölderlin ins Gesicht den R a t wiederholte, „kleine Gedichte zu machen und sich zu jedem einen menschlich interessanten Gegenstand zu wählen"». D e r R a t schlag konnte in der Praxis nur wirkungslos und verfehlt sein (wie gewöhnlich alle Ratschläge, die gegeben werden, und nicht nur auf diesem Gebiete); das ändert aber nichts daran, daß Goethe das erkannt hatte, was Hölderlin fehlte; und Schiller wußte, was sonst noch in ihm steckte: „Er hat eine heftige Subjektivität und verbindet damit einen gewissen philosophischen Geist und Tiefsinn. Sein Zustand ist gefährlich, da solchen Naturen so gar schwer beizukommen ist." Doch konnte er seine Unentschiedenheit darüber nicht beseitigen, ob das von Hölderlins innerem Wesen oder von ungünstigen äußeren Umständen käme 1 0 . Wie dem auch sei, so haben wir doch weder von dem einen noch von dem anderen die Nachricht, daß er von Bewunderung über die späteren Verse Hölderlins ergriffen worden wäre, die sie denn dodi nicht völlig übersehen konnten.]
Wenn Croce aber auch diese Urteile wiederholte, so unterließ er es doch, sie anschließend zu beweisen; vielmehr tat er Hölderlins Werk, besonders die Gedichte der zweiten Periode, mit folgenden Worten einfach ab: Per mio conto non voglio sottomettere a una disamina queste poesie della sua seconda età né, guardandole sotto l'aspetto proprio della poesia e dell'arte e della bellezza, continuare la dimostrazione intrapresa dal Goethe e mostrare che, se qua e là vi si trovano alcuni sparsi tratti belli, generalmente sono enfatiche, piene di esclamativi, povere di immagini, senza freschezza, astratte e convenzionali nel linguaggio che adoperano, mal disegnate e talora informi. N o n voglio perché non debbo, e non debbo perché stimo che non vadano giudicate con criterio estetico e che non siano già poesie mal riuscite, deboli e imperfette, ma essenzialmente opere, ancorché in versi e con tutti i pregi di melodia die ai versi dello Hölderlin si attribuiscono, di qualità e natura diversa da quelle della poesia e dell'arte. [Ich für meinen T e i l möchte diese Gedichte der zweiten Periode keiner genauen Prüfung unterziehen, möchte sie nicht aus der allein angemessenen Perspektive der Dichtung, der Kunst und des Schönen betrachten und so die von Goethe begonnenen Bemerkungen fortführen, möchte nicht zeigen, daß diese Gedichte, wenn sich auch hie und da verstreute Schönheiten finden, im allgemeinen übertrieben sind, voll von Exklamationen, arm an Bildern, ohne Frische, in der angewandten Sprache abstrakt und konventionell, schlecht entworfen und zuweilen unförmig. Ich will es nicht, weil idi es nicht muß und ich muß es nicht, weil ich glaube, daß sie nicht nach ästhetischen Gesichtspunkten beurteilt werden sollen und nicht einfach schlecht gelungene, schwache, unvollkommene Gedichte sind, sondern Werke, deren Eigenart und Wesen grundsätzlich von dem der Dichtung und der Kunst verschieden sind, mögen sie auch in Versen und mit all den melodischen Vorzügen abgefaßt sein, die Hölderlins lyrischer Sprache zugeschrieben werden.]
Mit einem solch entschiedenen Einwände zum innersten Wesen von Hölderlins Dichtung werden wir uns dann beschäftigen können, wenn wir in unserer Geschichte 11
V g l . : Ch. D u Bos, Goethe. Edition Corrèa, Paris 1949, S. 156 f .
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der Hölderlin-Forschung auch von der ästhetischen Schule sprechen. Für jetzt genügt der Hinweis, daß die Urteile von Goethe und Schiller nur als Ausdruck eines Generationsunterschiedes und eines Mißverständnisses angesehen werden können, das sich eigenartigerweise in Croces Hölderlin-Arbeiten wiederholt. Vielleicht wäre es nützlich, sich zu erinnern, wie ein anderer unserer zeitgenössischen Gelehrten, Charles Du Bos, über Goethes Verständnislosigkeit Hölderlin gegenüber dachte11. Auch Du Bos bezog sich, auf Goethes Ratschlag, Hölderlin möge kleine Gedichte machen und dazu irgendeinen menschlich anziehenden Gegenstand wählen, im großen und ganzen also die kleine Idylle pflegen; dazu bemerkt er, daß ein derartiger Ratschlag dans le cas de Hölderlin dont trois ans plus tard les Hymnes égaleront ceux de Pindare et dont les poésies lyriques ou épiques joindront le Keats des „Odes" ou ¿ ' „ H y p e rion" . . . équivaudrait à dire à Claudel un moment où il médite l'„Ode sur l'Esprit et l'Eau", de se consacrer de préférence aux „Chansons" de Béranger.
Der französische Forscher stellt, um Goethes Fehler zu veranschaulichen, eine der bedeutendsten Oden Claudels den banalen Liedern Bérangers gegenüber. Nach Du Bos aber war Goethes Irrtum auch dadurch heraufbeschworen worden, daß er eine Vorstellung von der Dichtung hatte, die von der Auffassung, die Hölderlin von seiner eigenen Aufgabe als Dichter hatte, gänzlich verschieden war: Il va de soi qu'il ne s'agit pas ici de l'erreur du génie sur le génie: hélas, elle est courante et peut-être inévitable; ce que je vise c'est par où cette erreur instruit sur Goethe lui-même: jusque de la poésie, où assurément l'inspiration à l'idéal ne suffit pas, mais qui n'en est pas moins le domaine entre tous d'où l'idéal ne saurait être en principe exclu, Goethe au fond souhaiterait l'écarter. 1 2
Der grundsätzliche Unterschied zwischen Goethe und Hölderlin scheint also darin zu liegen, daß jener sich beständig auf die Wirklichkeit bezieht, während sich dieser von ihr gänzlich lossagt, um eine von ihr völlig verschiedene, aber nichts weniger konkrete und an sich absolut gültige Welt zu schaffen, mit der er die Wirklichkeit ersetzt, so daß diese wie einst jene gegenständlich wird. Und weil wir diese unsere Schlußfolgerung für richtig erachten, können wir in unserer Abhandlung mit der Untersuchung weiterer Urteile von Zeitgenossen über Hölderlins Dichtung fortfahren. Es ist noch nicht gebührend betont worden, daß sich schon in den Jahren, die Hölderlin in den Schulen zu Denkendorf und Maulbronn verbrachte, und in der darauffolgenden Tübinger Zeit um den Dichter eine Gruppe von Freunden, Bewunderern und Gefolgsleuten versammelte: Neuffer und Magenau, Seckendorf und Stäudlin, um nicht von den beiden noch jungen Hegel und Schelling zu sprechen; während der Frankfurter Tage Siegfried Schmidt, noch später Landauer und Böhlendorf. Die begeisterten und verehrungsvollen Ausdrücke, mit denen Isaac von Sinclair zu verschiedenen Zeiten in seinen Briefen vom Dichter sprach, wurden von einer ganzen Freundesgruppe um ihn aufgegriffen; sie sahen in Hölderlin einen Meister. Die erste bedeutsame öffentliche Anerkennung des Wertes seiner Dichtung 12
2
Ch. Du Bos, op. cit., S. 157. Hölderlin
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erfuhr aber Hölderlin, wie schon angedeutet, von einem der ersten Führer der Romantik, von August Wilhelm Schlegel, der am 2. März 1799 in der „Jenar Allgemeinen Literatur-Zeitung" wohlwollend von vierzehn in dem von Neuffer herausgegebenen „Taschenbuch für Frauenzimmer" veröffentlichten kurzen Gedichten sprach. Wilhelm Michel meint in seiner Hölderlin-Biographie, das Lob Schlegels „kann als erste Bekundung des besonderen Verständnisses gelten, das die romantische Schule für Hölderlin bereithielt" 1 3 . August Wilhelm Schlegels Besprechung sollte die bezeichnendste Äußerung eines Zeitgenossen über Hölderlin bleiben. Seebaß 14 erinnert an eine Reihe von Zeitschriften aus dem ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, in denen Gedichte und Gedichtfragmente Hölderlins veröffentlicht wurden; und daraus läßt sich ableiten, daß sich die Kritik mit ihnen nicht gerade übermäßig auseinandersetzte. Im „Geist der Journale" 1 5 , wo „Heimkunft" und „Die Wanderung" abgedruckt wurden, steht geschrieben: „Die folgenden Gedichte sind ziemlich prosaisch, und unsere Leser verlieren wenig, wenn wir sie übergehen." Ein anderes Beispiel für eine Rezension lieferte die „Neue Allgemeine Deutsche Bibliothek" 1 6 : „Abgerechnet einige niedliche Kleinigkeiten . . . ist fast alles Übrige poetischer Plunder und theils matter, theils wahrer Unsinn, der besser ungedruckt geblieben wäre." Man muß allerdings erwähnen, daß es auch verständnisvollere Stimmen gab: Die „Erlanger Literaturzeitung" schrieb 17 : . . . mehrere Elegien und eine Ode, „Unter den Alpen gesungen", von Hölderlin. Der ernsten Tiefe und des Leides Gewölke schweben auf dieses Dichters Stirn. Über dem Ringen nur immer das Höchste zu geben, jedem Gegenstand die tiefste Bedeutung abzugewinnen, entbehren oft die Geschöpfe seiner Muse das freundlich gestaltete Leben. Selbst seine heftige Sehnsucht nach einem hochgedachten goldenen Zeitalter berührt mehr den Verstand, als daß sie die Empfindung anspräche, oder lieblich und ergötzend die Phantasie bewegte.
Folgende Besprechung von „Menons Klagen um Diotima"
erschien in den
„Annalen der Literatur und Kultur" 1 8 : Audi Hölderlin, der Verfasser des „Hyperion", hat in elegischen Fragmenten geistvolle Beyträge geliefert, die aber des Fragmentarischen wegen oft an die Unverständlichkeit gränzen. Seine Gedichte haben eine eigentümliche Nuance von Kraft. 13
14
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W. Michel, Das Leben Friedrich Hölderlins. C. Schünemann-Verlag, Bremen, S. 288. Die erste Auflage erschien 1940, die zweite unverändert 1949. Dies ist bis heute das grundlegende Werk über das Leben Hölderlins; es beschließt die hingebungsvollen Hölderlin-Studien Michels. Man muß aber hinzufügen, daß es die Ergebnisse der geschichtlichen Forschungen in den Jahren zwischen den beiden Auflagen ermöglicht hätten, Zusätze und Berichtigung anzubringen, hätte dies der Tod des Verfassers nicht verhindert. Auf alle Fälle kann man jene biographischen Arbeiten, die einer Erhellung der Erlebnisse Hölderlins dienen könnten, heute nodi nicht als abgeschlossen bezeichnen. Man vgl.: F. Seebaß, op. cit., Hölderlins späte Dichtungen in der zeitgenössischen Kritik. I n : Zeitschrift für Bücherfreunde, Heft I V (1922). „Geist der Journale", Leipzig, V I I (1802), S. 16. „Neue Allgemeine Deutsche Bibliothek", Nr. 74, I I (1802), S. 346. „Erlanger Literatur-Zeitung", I I I (1802), S. 399. „Annalen der Literatur und Kultur", München, I I (1803), S. 455.
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Seebaß macht darauf aufmerksam, daß der letzte Satz bemerkenswert ist; er beobachtet, daß der Rezensent außerdem den „Hyperion" kennt und so ziemlich der einzige ist, der ihn schätzt. Aber nicht einmal der in den „Vierteljährlichen Unterhaltungen" erschienene „Archipelagus" 1 ' wurde von der Kritik beachtet. In der Zwischenzeit war die Katastrophe hereingebrochen; außer den SophoklesÜbertragungen wurde nichts mehr veröffentlicht. Bezüglich der „Nachtgesänge" schreibt Seebaß in einer Anmerkung: Meines Erachtens hat Norbert von Hellingrath in dem grundlegenden vierten Bande seiner Ausgabe der Gedichte von 1800—1806 (S. 304 ff.) unwiderleglich die bisher geltende Auffassung, daß die letzten Hymnen in freien Strophen als Nachtgesänge zu gelten hätten, unter richtiger Interpretierung einer entscheidenden Hölderlinschen Briefstelle beseitigt, leider ohne durchgedrungen zu sein. Vor kurzem hat Wilhelm Michel einige gute Bemerkungen zu diesen Gedichten gemacht in der Zeitschrift „Die literarische Gesellschaft" (Hamburg 1919, S. 33 ff., „Bemerkungen über Hölderlins Sprache"). Kehren wir zu unserer Auslese von Rezensionen und Bemerkungen der Zeitgenossen des Dichters zurück; hier die Äußerung der „Neuen Allgemeinen Deutschen Bibliothek" zum Gedicht „Hälfte des Lebens" 20 : Mit dem poetischen Blumenwesen dieses Büchleins sieht es etwas dürftig aus. Wenn man Haugs, Gernings und Starkes kleine Beyträge ausnimmt, so ist das übrige nicht viel mehr als poetischer Phrasenkram und Reimklingklang. In der „Neuen Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste" 21 kann man noch lesen: Für den seltenen Sterblichen, der die neun Gedichte von Hölderlin zu verstehen sich mit Recht rühmen kann, sollte ein staatlicher Preis ausbezahlt werden und wir würden selbst den Verfasser nicht von der Mitbewerbung ausschließen. Nichts erregt mehr Unwillen als Nonsens mit Prätension gepaart. Seebaß ö ibt diese Stimmen ohne Kommentar wieder. Im folgenden Jahre, 1805, ließ sich der Rezensent der „Jenaer LiteraturZeitung" 22 also vernehmen: Den dunklen und höchst sonderbaren Gedichten von Hölderlin wäre ein Commen tarius perpetuus der Göttinger Schule sehr zu wünschen, bey welchem sie sich — da Commentare dieser Art nicht tief einzugehen brauchen — recht wohl befinden würden. Die von Kotzebue und Merkel herausgegebene Zeitschrift „Der Freimüthige" 23 hatte ihrerseits erklärt: „Unter den Gedichten sind neun versifizierte Radotagen von Hölderlin höchst lächerlich." Ganz anders lauten die Worte eines Kritikers der Zeitschrift „Aurora" 24 ; es war Görres, der als erster seine Stimme zur Verteidigung Hölderlins erhob: "
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2*
„Vierteljährliche Unterhaltungen", Tübingen (1804), S. 162. „Neue Allgemeine Deutsche Bibliothek", 97 (1805), S. 73. „Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und freyen Künste", Nr. 67 (1804), S. 336. „Jenaer Literatur-Zeitung", Nr. 104, I (1805), S. 223. „Der Freimüthige", Nr. 179 (1804). „Aurora", Nr. 128 (1804).
Das Urteil der Zeitgenossen
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und das Hölderlinbild
der
Romantik
In den Gedichten im „Taschenbuch f ü r Liebe und Freundschaft" schlägt ein Adler k r a m p f h a f t mit den geknickten Flügeln; die bösen Buben auf den Straßen hetzen ihn und jagen ihn, aber wer seine Zeit kennt und ein Gemüth im Busen hat, sieht trauernd ihm nach, wenn er vorüberflattert und noch immer zur Sonne hinan will. Es k a n n sein, schreibt S e e b a ß in einer A n m e r k u n g , d a ß Görres v o n der tragischen U m n a c h t u n g H ö l d e r l i n s gehört h a t t e u n d d a ß sein U r t e i l v o n M i t g e f ü h l f ü r den Unglücklichen beeinflußt w o r d e n w a r . Ü b e r die K r i t i k an den l e t z t e n Gedichten b e m e r k t S e e b a ß ausdrücklich, d a ß in jenen T a g e n „ H ö l d e r l i n s eigentümliche Sprachkunst s o w i e die T i e f e seiner G e d a n k e n nicht darnach beschaffen w a r , die f ü h r e n d e n R e z e n s e n t e n u n d d a m i t
ein
größeres P u b l i k u m z u g e w i n n e n " . D e r s e l b e n M e i n u n g w a r übrigens schon W e i ß e r , der g e m e i n s a m m i t V o ß u n d a n d e r e n in „Seckendorfs A l m a n a c h " die a n t i r o m a n t i sche B e w e g u n g a n f ü h r t e ; in diesem Stuttgarter A l m a n a c h w a r e n „ D i e H e r b s t f e i e r " , „ D i e W a n d e r u n g " u n d „ D i e N a c h t " veröffentlicht w o r d e n . W e i ß e r äußerte sich in der „ B i b l i o t h e k der r e d e n d e n u n d b i l d e n d e n Künste" 2 5 w i e f o l g t : Poesie enthält dieser „Musen-Almanach" wenig, aber destomehr Reimereien im neuesten Geschmack: denn es scheint, die Verfasser haben noch nicht vernommen, d a ß dieser neueste Geschmack bereits unter die alten Thorheiten gehört. H e r r Hölderlin, der immer aufs Neue, und immer vergeblich sich martert, in seinen Gesängen das Unaussprechliche zu verkünden, eröffnet die Sammlung mit einem Gedichte, „Die H e r b s t f e y e r " . . . H e r r Hölderlin sinkt zuweilen von seiner H ö h e ein wenig herab . . . Kein
größeres
Verständnis
bewies
ein
anderer
Kritiker
in
der
„Leipziger
Literatur-Zeitung" 2 6 : D a ß wir diese Idee . . . zum Eingang der Anzeige des vorliegenden „Musen-Almanaches" gewählt haben, k o m m t freilich daher, weil wir die meisten der sich hier findenden Gedichte f ü r nicht viel mehr als unreife Versuche von Leuten ansehen können, welchen die ersten Elemente der großen Kunst, die sie treiben wollen, noch nicht bekannt zu sein scheinen, wenn sie nicht durch falsche Beyspiele geleitet, sie wieder vergessen haben. Das Letztere d ü n k t uns der Fall zu seyn bey Hölderlin, einem Manne, der durch seine früheren Versuche wirklich zu nicht gemeinen H o f f n u n g e n berechtigte, in den hier mitgeteilten aber so viel Verworrenheit, gesuchtes Dunkel, Kostbarkeit und zugleich Nachlässigkeit in dem technischen Teil der Poesie zeigt, d a ß man durchaus keine Freude bey dem Lesen derselben finden kann. D e n n o c h f e h l t e es nicht g a n z an jenen, w e l c h e die K r a f t v o n H ö l d e r l i n s S c h ö p f u n gen aus der l e t z t e n Z e i t v o r d e m Ausbruche des W a h n s i n n e s verspürten; so f ü h r t S e e b a ß z w e i G e g e n s t i m m e n z u d e n eben a n g e f ü h r t e n K r i t i k e n an. I n der „Jenaer A l l g e m e i n e n L i t e r a t u r - Z e i t u n g " schrieb jener R e z e n s e n t , der H ö l d e r l i n schon 1 8 0 5 e r w ä h n t hatte, folgendes 2 7 : Zuletzt erwähnen wir der wirklich eigenen Elegien von Hölderlin, in welchem ein Nachklang aus Latium und Hellas tönt. T o n und Form und Ausdrude nähert sich jenem alten Styl, der Dichter, dessen poetisches und vorzüglich elegisches T a l e n t schon durch „ H y p e r i o n " beurkundet ist, lebt ganz in jener femden Welt und Sprache der alten 25 26 27
„Bibliothek der redenden und bildenden Künste", II (1807), S. 383. „Leipziger Literatur-Zeitung", 1807, S. 193. „Jenaer Allgemeine Literatur-Zeitung", N r . 120 (1807), S. 352.
Das Urteil der Zeitgenossen und das Hölderlinbild
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Dichtung; daher auch sein Ausdruck oft zu dunkel wird, und es scheint als ob die zarte Bildung seiner Phantasie und die Freiheit der Empfindung sich an der Schwere des Wortes brächen. An der Klarheit der Darstellung fehlt es besonders in der Elegie „Die Herbstfeyer" und in einigen Stellen der zweiten Elegie, „Die Wanderung". Die Sonderbarkeit des Ausdrucks ist zuweilen auffallend, wie z. B. „das scharfe Geschlecht", „die gefährliche Dürre geneset", usw. Die letzte Elegie, „Die Nacht", enthält eine sehr lebendige Schilderung.
Uhland bemerkte zu diesem Urteil in einem Brief an Kölle 2 8 : „Hölderlin ist mit Sinn beurteilt. Dem Innern seiner Poesie widerfährt volles Recht, am Äußeren ist aber einiges getadelt." Zuletzt erinnert Seebaß an Conz, der sich in der „Hallischen Literatur-Zeitung" 2 9 folgendermaßen vernehmen ließ: Von Hölderlin finden sich aus seiner früheren Periode ebenfalls einige glückliche poetische Erzeugnisse, unter denen Rezensent besonders „Die Wanderung" mit reinem Interesse gelesen hat, das nur durch eine Rücksicht getrübt wurde, die er hier nicht andeuten will.
I m großen und ganzen übten die späteren Gedichte Hölderlins, wie Seebaß mit Recht beobachtet, keine „tiefgreifende W i r k u n g " , es sei denn, „auf die J u n g romantiker und die Schwäbischen Dichter" 3 0 . Unsere Aufgabe ist es aber nicht, die verschiedenen Äußerungen und Rezensionen über das W e r k Hölderlins chronologisch aufzuzählen; wir wollen vielmehr nachweisen, daß jenes Verständnis, das in der Folgezeit die R o m a n t i k und besonders die Heidelberger Gruppe für Hölderlin aufbrachte, auch durch den von der literarischen Gruppe um Isaac von Sinclair ausgeübten Einfluß ermöglicht worden w a r ; Sinclair war Diplomat und Minister des Landgrafen von Homburg und allezeit um Hölderlins Ruhm bemüht 31 . Wie wir wissen, war er Hölderlin seit dessen Jenaer Tagen ( 1 7 9 4 ) verbunden; jünger als der Dichter brachte er ihm Freundschaft und Verehrung entgegen und blieb er ihm wandellos treu, half er ihm auf jede Weise. Um ihm nahe zu sein, begab sich der Dichter, als er in seiner schwersten Zeit Diotima und Frankfurt verlassen mußte, nach Homburg; und Sinclair ist es zu verdanken, daß Hölderlin nach dem Friedensschluß von Campoformio im J a h r e 1798 am Kongreß zu R a s t a t t teilnehmen und etwas später, von 1804 bis 1806, zum zweitenmal als Bibliothekar am H o f zu Homburg verweilen konnte. Sinclair w a r den Ideen der Erneuerung und der Freiheit ergeben, die von Frankreich ausgegangen waren; ein Grund für die Freundschaft mit dem Dichter war die Gesinnungsgemeinschaft. Diesen Gedanken blieb Sinclair bis zu seinem Tode treu, so daß sich noch am 15. J ä n n e r 1814 Gentz, der große Mitarbeiter Metternichs, in einem Brief über die revolutionären Erneuerungspläne des „Major Sinkler" am linken Rheinufer besorgt zeigte. Sinclair starb 1815 in Wien während des Kongresses, an dem er als Ver28 29 30
31
Uhlands Briefwechsel, vgl. Hartmann I (1911), S. 34. Der Brief ist vom 9. Juli 1807. „Hallische Allgemeine Literatur-Zeitung", I (1807), S. 622. F. Seebaß sprach auch andernorts von diesem Vorhaben; für uns genügt es aber, auf seine eigenen Aussagen zu verweisen, und zwar in: „Der Schwabenspiegel", Stuttgart, 20. November 1917; „Schwäbische Chronik", 20. März 1920; „Deutsche Revue", März 1920; „Hefte des Philologus", 1921; „Preußische Jahrbücher", 1921. Man vgl.: Käthe Hengsberger, Isaac von Sinclair, der Freund Hölderlins. Berlin 1920.
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Das Urteil
der Zeitgenossen
und das Hölderlinbild
der
Romantik
treter des kleinen Staates von Hessen-Homburg teilnahm; er war noch keine vierzig Jahre alt. Es zählt zu den Aufgaben einer Geschichte der Hölderlin-Forschung darzustellen, wie Sinclair in ihr sein Teil spielen konnte; das Bild, das er sich vom Dichter gemacht hatte, hat er auch tatsächlich an andere weitergegeben; und auf diese Weise bildete sich eine kritische Überlieferung, die in ihren Ursprüngen auf die unmittelbare Anwesenheit und den Einfluß des lebendigen Wortes Hölderlins zurückgeht. Aus dieser Tradition stammten die ersten Hinweise zu einer gültigen Deutung in den Schriften von Achim von Arnim, Clemens und Bettina Brentano, sie führten auch zu dem ersten Gesamtbild von Hölderlins Werk, das Alexander Jung 1848 veröffentlichte. Sicherlich ist es wahr, daß die entgegenkommende Aufnahme, die Hölderlins Werk bei den Heidelberger Romantikern fand, durch die Urteile vorbereitet worden war, die Görres in seiner Zeitschrift „Aurora" zunächst 1804 über die Gedichte und 1805 über den „Hyperion" 32 verbreitet hatte, in der er auch die vom Roman erhobenen Ideale der Freiheit verteidigte. Görres erkannte, welche Energien der Roman wunderbarerweise erwecken konnte und sah seine Bedeutung im Schritt von einem kosmopolitischen und übernationalen zu einem völkischen Ideal, also in der Rückkehr „zum eigenen Volk". In einer Untersuchung dieser Umstände schrieb Lorenzo Bianchi33 über das politische Werk von Görres: „Was Herder theoretisch lehrte, das fand Görres im Roman Hölderlins gestaltet. Von Politik ist er ausgegangen, zur Politik ist er im Alter zurückgekehrt." Die von Görres erbrachte Auslegung hob von allem Anfang an die Bedeutung von Hölderlins Werk für die nationale Bildung seines Volkes hervor; das ist zweifellos gerechtfertigt, wenn die Schriften des Dichters nicht zu einer Art von nationalistischem Evangelium entstellt werden' 4 . Wenn nun aber das Urteil von Görres die Heidelberger Romantiker für das Verständnis von Hölderlins Werk vorbereitet hatte, so trug dazu auch der Umstand bei, daß Sinclair im Jahre 1806 Clemens Brentano und Ludwig Tieck kennenlernte und der damals einundzwanzigjährigen Bettina Brentano begegnete. Wiederholt besuchte Sinclair die Brentanos und Bettina hatte seinen lebendigen Beschreibungen des Dichters und seiner Ansichten über die Dichtung zuzuhören. Wenn auch das später von Bettina Brentano in ihrem Roman „Die Günderode" gezeichnete Bild des 32
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Vgl.: W. Schellberg, Joseph Görres, Ausgewählte Werke und Briefe, München 1911; und die Görres-Biographie dess. Verf., Gilde-Verlag, K ö l n 1926. Ferner vgl. man im VI. Bd der Hölderlin-Ausgabe v o n F. Seebaß, Propyläen-Verlag, Berlin 1923, S. 544. L. Bianchi, Der junge Joseph Görres und Friedrich Hölderlins Hyperion. Weiß'sdie Universitäts-Buchhandlung, Heidelberg 1926. Sehr zutreffend schrieb G. V. Amoretti, op. cit., S. 12: „Additò al suo p o p o l o le vie della rinascita, non della conquista, indirizzò ad una meta ideale, non ad uno scopo terreno." [„Er wies seinem Volke die Wege der Erneuerung, nicht der Eroberung, er hielt sich an ein ideales Ziel, nicht an einen irdischen Zweck."] Man vgl. ferner, was L. Mittner, op. cit., S. 22, dazu sagt: „La poesia è per Hölderlin contemplazione, die teme e fugge l'azione." [„Dichtung ist für Hölderlin Kontemplation; sie fürchtet und flieht die Tat."] U m jedes Mißverständnis v o n Hölderlins Patriotismus auszuschalten, beruft sich Mittner auf den schon angeführten Satz von Amoretti.
Das Urteil der Zeitgenossen und das Hölderlinbild
der
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Dichters phantasievoll ausgeschmückt ist, so läßt sich doch nicht ausschließen, daß die darin enthaltenen wahren Züge von den Gesprächen mit Sinclair herrühren. Es ist wahr, daß sich Bettina für die Gestalt Hölderlins an dessen „Anmerkungen" zu den Sophokles-Übertragungen „König ö d i p u s " und „Antigone" hielt, ebenso wie sie bei Hölderlins Ansichten über die Dichtung teilweise zu einem Mißverständnis gelangte, weil sie sein Bestreben nicht erkannte, Gesetze der Kunst und damit des dichterischen Schaffens niederlegen zu können 3 5 ; trotzdem kann man nicht leugnen, daß Bettinas Beitrag einen ersten angemessenen Versuch darstellt, das Bild des Dichters zu zeichnen, wenn er auch nur dazu nützte, eine Legende zu schaffen; in diesen Seiten wird aber erstmals eine Grundfrage ausgesprochen: Welche Bedeutung und welchen Wert hatte die Sprache für Hölderlin? Eine Uberlieferung, die im Kreis um den Dichter und durch seinen engsten Freund in den letzten Jahren vor dem psychischen Zusammenbruch entstanden war, wurde so durch Bettina Brentano weitergegeben; ihr Beitrag war aber auch durch das Augenmerk hervorgerufen worden, das die Heidelberger Gruppe wiederholt für das W e r k des Dichters bewiesen hatte. Es waren j a von Achim von Arnim, Clemens Brentano und Görres in der „Zeitung für Einsiedler" mehrmals Fragmente aus der Spätzeit Hölderlins veröffentlicht worden; am 20. April 1808 erschien ein Bruchstück von „Der R h e i n " , am 4. und am 11. M a i desselben Jahres zwei Fragmente der H y m n e „Patmos". Achim von Arnim äußerte sich in den „Briefen über das neue Theater" 3 6 und später, in einem Brief vom 2 1 . O k t o b e r 1817 an J a c o b Grimm, besonders wohlwollend über den Dichter. In diesem Schreiben erwähnte er auch seine Absicht, aus Hölderlins „ H y p e r i o n " eine Ästhetik abzuleiten: „diese herrlichste aller Elegien gibt dazu den mannigfaltigsten A n l a ß " 3 7 . Neuerlich forderte Arnim in der Berliner Zeitschrift „Der Gesellschafter" aus dem J a h r e 1818 3 8 , wobei er sich auf Hölderlins Hingabe an die Schönheit berief, . . . die Werke Hölderlins, des großen deutschen Elegikers, von denen der „Hyperion" vergriffen, die einzelnen Gedichte in Zeitschriften zerstreut und mit ihnen untergegangen sind, von sorgfältiger Hand vollständig gesammelt zu sehen. Vollständig müßten sie gegeben werden, weil er nie ein leeres Wort geschrieben, gleich Sterne, mit welchem ihn ein gleiches Geschick traf: daß ihr irdisches Auge die Fülle des angeschauten Lichtes nicht ordnen, ihr liebevolles Gemüth die Kränkungen des Lebens nicht überwinden konnte; so ward den Menschen ihr Geist entzogen, während ihr Leib noch unter ihnen fortlebte.
J a h r e später, 1828, sprach Arnim wiederum vom Dichter, und zwar in seinem im „Berliner Conversations-Blatt" 3 9 erschienenen Aufsatz „Ausflüge mit H ö l d e r l i n " . 35
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Vgl. die Erläuterungen von F. Seebaß zum VI. Bd der Hölderlin-Ausgabe von Hellingrath, Dokumente, S. 543 f. A. v. Arnim, Briefe über das neue Theater. In: Die Wünschelrute, Nr. 26 (1808). Vgl.: R. Steig, Achim von Arnim und Jacob und Wilhelm Grimm. Stuttgart und Berlin, 1804, S. 402. „Der Gesellschafter", Berlin, Nr. 198 f. (1818), S. 791 ff.; man vgl. ferner: A. v. Arnim, Unbekannte Aufsätze und Gedichte, hsg. v. L. Geiger. Berlin 1892. „Berliner Conversations-Blatt für Poesie, Literatur und Kritik", redigiert von F. Förster und W. Häring, Berlin, II. Jg, 1. Heft (Januar 1828), S. 123 f., 126 ff., 130 f., 133—136;
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Der Essay knüpft an die erste Ausgabe von Hölderlins Gedichten 1826 4 0 an; Arnim bemerkt unter anderem, daß die Strafrede Hölderlins gegen die Deutschen im „Hyperion" . . . gewiß ihm selbst noch weher getan hat, als den Lesern, denn er hatte es erlebt, und dieser Zorn über den Untergang aller Herrlichkeit D e u t s c h l a n d s . . . ist eben ein heller Widerschein seiner glühenden Liebe für dieses unglückliche Vaterland.
Unter den Gedichten pries Arnim besonders „Die Herbstfeier" und „Die Wanderung", ferner „Die Nacht", ein Gedicht, das später den Beginn der großen Elegie „Brot und Wein" bildete; weiters besprach er die H y m n e „Patmos", wobei er sich fragte, wie wohl Novalis ein derartiges Thema behandelt hätte. In diesem Aufsatze von Arnim ist aber die Tatsache noch wichtiger, daß er Hölderlins SophoklesÜbertragungen und seinen Bemerkungen über die Tragödie Lob spendete. Dieses Urteil von Achim von Arnim stellte sich der Mißgunst und dem Unverständnis entgegen, das die Zeitgenossen für die Übersetzungen seit ihrem Erscheinen im Jahre 1804 gezeigt hatten 4 1 . Audi Schiller, der nun mit Hölderlin nicht mehr in Verbindung stand und auf dessen Brief vom 2. Juni 1801 gar nicht geantwortet hatte, schloß sich der Ablehnung der anderen an 42 . Nicht weniger tapfer als Arnim verkündigte und verteidigte auch Clemens Brentano den überragenden Wert von Hölderlins dichterischem Werke, durch das er sich so gern beeinflussen ließ und aus dem er einige Themen übernahm, so etwa den Anfang von „Brot und Wein", und dabei versuchte, Rhythmus und Melodie in seine eigene Lyrik zu übertragen 43 . In den Zwanzigerjahren des 19. Jahrhunderts verfaßte Gustav Schwab als Einführung zur Ausgabe von Hölderlins Gedichten einen zusammenfassenden Abriß
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Nr. 31 und 34 (11. und 16. Februar 1828). Im V I . Bd der Hellingrathschen HölderlinAusgabe findet sich auf S. 545 ff. A. v. Arnims Urteil über Hölderlin, das Seebaß wieder drucken ließ. Man vgl. auch die Bibliographie Achim von Arnims von Otto Malion, Berlin 1925; ferner: R . Benz, Die deutsche Romantik. Reclam-Verlag, Leipzig 1937, S. 323 ff. Gedichte von F. Hölderlin, Stuttgart und Tübingen 1826, Cotta'sche Buchhandlung 2 1843; dies ist die Hölderlin-Ausgabe von L. Uhland und G. Schwab. Schwab veröffentlichte auch einiges über Hölderlin in den „Blättern für literarische Unterhaltungen", Nr. 26 f. (Februar 1827). Die Trauerspiele des Sophokles, übersetzt von F. Hölderlin. Frankfurt/Main 1804 bei F. Wilmans, 2 Bde. Die Urteile der Zeitgenossen finden sich bei F. Seebaß, Hölderlins Sophokles-Übertragungen im zeitgenössischen Urteil. I n : „Philologus", N r . 77 (1921), S. 413 ff. Johann Heinrich Voß schrieb an Abeken von Weimar, Juli 1804: „Was sagst Du zu Hölderlins Sophokles? Ist der Mensch rasend, oder stellt er sich nur so, und ist sein Sophokles eine versteckte Satire auf schlechte Übersetzer? Ich habe neulich abends, als ich mit Schiller bei Goethe aß, beide recht damit regaliert. Lies doch den L V . Chor der ,Antigone'. — Du hättest Schiller sehen sollen, wie er lachte; oder ,Antigone', Vers 2 0 : ,Was ist's du scheinst ein rotes Wort zu färben?'. Diese Stelle habe ich Goethe als einen Beitrag zu seiner Optik empfohlen." Vgl.: J . H . Voß, Goethe und Schiller in Briefen, Leipzig 1896; H . H . Bordierdt, op. cit., S. 742; ferner: K . Hildebrandt, op. cit., bezüglich der Beziehungen zwischen Hölderlin und Schiller. Außer den Anmerkungen im V I . Bd, S. 547 ff., der von F. Seebaß besorgten HölderlinAusgabe vgl. man den von uns schon angeführten Aufsatz von W. Rehm, Brentano und Hölderlin.
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v o n Hölderlins Leben und W e r k ; den ersten Versuch, H ö l d e r l i n s Stellung in der Literaturgeschichte zu bestimmen, u n t e r n a h m W o l f g a n g Menzel in seiner „ D e u t schen L i t e r a t u r " 4 4 . M i t kurzen Hinweisen versuchte er, den Dichter in die geschichtliche Entwicklung einzuordnen und e r w ä h n t e dabei seinen Gegensatz z u r Zeit, das Streben nach politischer Freiheit und die Unmöglichkeit für H ö l d e r l i n , in seiner Epoche ein Verhältnis z u r Wirklichkeit und ein M a ß zu finden. D e r Dichter „ f a n d nirgends einen H a l t p u n k t , einen Ausweg aus der erbärmlichen Z e i t " . Seit damals scheint der offene Bruch zwischen dem Dichter und seiner U m w e l t erkenntlich zu sein; Menzel kündigte an, d a ß H ö l d e r l i n s Stern in der Zukunft strahlend aufgehen werde. Anders urteilt M ö r i k e über Hölderlins W e r k ; 1 8 3 2 schrieb er in einem Brief an M ä h r l e n v o n den Schwierigkeiten, die ihm beim Verständnis der Einheit des „ H y p e r i o n " erwüchsen: Lies doch gelegentlich den „Hyperion" wieder! Als ich ihn wieder vornahm, ward ich bei all seiner Herrlichkeit nur umso mehr betrübt durch das unausweichliche Gefühl von Schiefheit im ganzen Sujet, in der Anlage, ja zum Teil in der Darstellung des Hauptcharakters, dem, ansich rein elegisch (wie Hölderlin ihn selbst prädiziert), ganz heterogene Bestrebungen von Größe aufgebürdet werden. Am Ende sieht das Ganze doch nur wie ein rührendes Zerrbild aus: lauter einzelne, unvergleichlich schöne Lyrika, ängstlich auf eine Handlung übertragen. Der Eindruck des Lesers ist der peinlichst-glücklichst-komplizierteste. Man fühlt sich ergriffen, wie mit Götterfingern plötzlich an der leisesten Seelenfaser berührt, kräftig erhoben und dann wieder so krank, pusillanim, so hypochondrisch und elend, daß von dem, was eigentlich der Beruf aller, auch der tragischen Dichtung ist, jede Spur vertilgt wird . . . E i n günstigeres U r t e i l gab B e t t i n a B r e n t a n o in ihrem B r i e f r o m a n „ D i e Günd e r o d e " ab, in dem sie das m e h r oder minder legendäre Bild des Dichters v e r h e r r lichte; manches v o n dem, was sie sagt, ist auch heute noch lesenswert: Die Gedichte, die mir St. Clair von ihm vorlas — zerstreut in einzelnen Kalendern — ach, was ist doch die Sprache für ein heilig Wesen. Er war mit ihr verbündet, sie hat ihm ihren heimlichsten, innigsten Reiz geschenkt, nicht wie dem Goethe durch die unangetastete Innigkeit des Gefühls, sondern durch ihren persönlichen Umgang. So wahr! Er muß die Sprache geküßt haben. — J a , so geht's, wer mit den Göttern zu nah verkehrt, dem wenden sie's zum Elend. 45 B e t t i n a stellte H ö l d e r l i n in der letzten Zeit seines dichterischen Schaffens in H o m b u r g dar. B a l d danach senkte sich die N a c h t über ihn h e r a b : Gewiß ist mir auch bei diesem Hölderlin, als müsse eine göttliche Gewalt wie mit Fluten ihn überströmt haben, und zwar die Sprache, in übergewaltigem raschem Sturz seine Sinne überflutend und diese darin ertränkend; und als die Strömungen verlaufen sich hatten, da waren die Sinne geschwächt und die Gewalt des Geistes überwältigt und ertötet. — Und St. Clair sagt: ja, so ist's, — und er sagt noch: aber ihm zuhören sei gerade, als wenn man es dem Tosen des Windes vergleiche; denn er brause immer in Hymnen dahin, die abbrechen, wie wenn der Wind sich dreht, — und dann ergreife ihn wie ein tieferes Wissen, wobei einem die Idee, daß er wahnsinnig sei, ganz verschwinde, und daß sich anhöre, was er über die Verse und über die Sprache sage, wie 44
45
W . Menzel, Die deutsche Literatur. Stuttgart 1828, 2. Bd, S. 256 ff. Eine Neuauflage erschien 1836 in Stuttgart; hier: 4. Bd, S. 36. V . Errante zitierte einige Abschnitte aus Bettina Brentanos Briefen an ihre Freundin Günderode, in denen sie über Hölderlin spricht (op. cit., S. 60 ff.).
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wenn er nah' dran sei, das göttliche Geheimnis der Sprache zu erleuchten, und dann verschwinde ihm wieder alles im Dunkel, und dann ermatte er in der Verwirrung und meine, es werde ihm nicht gelingen, begreiflich sich zu madien; und die Sprache bilde alles Denken, denn sie sei größer wie der Menschengeist, der sei ein Sklave nur der Sprache, und so lange sei der Geist im Menschen noch nicht der vollkommne, als die Sprache ihn nicht alleinig hervorrufe. Die Gesetze des Geistes aber seien metrisch, das fühle sich in der Sprache, sie werfe das Netz über den Geist, in dem gefangen er das Göttliche aussprechen müsse und solange der Dichter noch den Versakzent suche und nicht vom Rhythmus fortgerissen werde, so lange habe seine Poesie noch keine Wahrheit, denn Poesie sei nicht das alberne sinnlose Reimen, an dem kein tieferer Geist Gefallen haben könne, sondern das sei Poesie: daß eben der Geist nur sich rhythmisch ausdrücken könne, daß nur im Rhythmus seine Sprache liege, während das Poesielose auch geistlos, mithin unrhythmisch sei — und ob es doch der Mühe lohne, mit so sprachgeistarmen Worten Gefühle in Reime zwingen zu wollen, wo nichts mehr übrigbleibe als das mühselig gesuchte Kunststück zu reimen, das dem Geist die Kehle zuschnüre. Nur der Geist sei Poesie, der das Geheimnis eines ihm eingebornen Rhythmus in sich trage, und nur mit diesem Rhythmus könne er lebendig und sichtbar werden, denn diesef sei seine Seele, aber die Gedichte seien lauter Schemen, keine Geister mit Seelen. — Es gebe höhere Gesetze für die Poesie, jede Gefühlsregung entwickle sich nach neuen Gesetzen, die sich nicht anwenden lassen auf andre, denn alles Wahre sei prophetisch und überströme seine Zeit mit Licht, und der Poesie allein sei anheimgegeben, dies Licht zu verbreiten, drum müsse der Geist, und könne nur durch sie hervorgehen. Geist gehe nur durch Begeisterung hervor. — Nur allein dem füge sich der Rhythmus, in dem der Geist lebendig werde! — wieder: — „Wer erzogen werde zur Poesie in göttlichem Sinn, der müsse den Geist des Höchsten für gesetzlos anerkennen über sich und müsse das Gesetz ihm preisgeben; nicht wie ich will, sondern wie du willst! . . ." So könnt ich dir noch Bogen voll schreiben aus dem, was sich St. Clair in den acht Tagen aus den Reden des Hölderlin aufgeschrieben hat in abgebrochnen Sätzen, denn ich lese dies alles darin, mit dem zusammen, was St. Clair noch mündlich hinzufügte. 46 D i e Betonung des W e r t e s der Sprache als Schöpferin des Gedankens, der B e deutung der M e t r i k als Gesetz des Geistes, des R h y t h m u s als Wesen d e r Dichtung und die Anerkennung v o n höchsten Gesetzen der Dichtung — heute erscheinen solche Gedanken nicht mehr ungewöhnlich, denn die Entwicklung der europäischen Dichtung in einem vollen J a h r h u n d e r t h a t zu ihrer Ausformung beigetragen: d a r aus e r k l ä r t sich die heutige A k t u a l i t ä t v o n H ö l d e r l i n s W e r k und die V i e l f a l t k r i tischer Probleme, die es aufwirft. D i e Überlieferung, die durch Sinclair direkt v o m Dichter ausging, zeigt sich uns a u f diese Weise in den Urteilen der H e i d e l b e r g e r R o m a n t i k e r . A b e r auch die erste Ausgabe der Gedichte Hölderlins im J a h r e 1 8 2 6 ging ursprünglich a u f die A n r e g u n gen Sinclairs zurück. 1 8 0 1 h a t t e H ö l d e r l i n den P l a n z u einer Ausgabe seiner Gedichte bei C o t t a gefaßt, doch scheiterten die V e r h a n d l u n g e n ; später h a t t e ihn Sinclair mit dem Verleger W i l m a n s in Verbindung gebracht, der nach der V e r öffentlichung der Sophokles-Übertragungen auch die Gedichte h ä t t e herausbringen können. Als H ö l d e r l i n aber H o m b u r g verließ und nach Tübingen zunächst in eine H e i l a n s t a l t gebracht w u r d e , blieben seine M a n u s k r i p t e bei Sinclair. Dieser v e r handelte 1 8 1 2 mit J o h a n n e s Schulze in Berlin über eine Ausgabe der Gedichte; und
48
B. Brentano, Die Günderode, S. 340 f.
Das Urteil der Zeitgenossen
und das Hölderlinbild
der
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1 8 1 5 , nach dem T o d e Sinclairs, blieb die S a m m l u n g v o n Manuskripten und G e dichten in den H ä n d e n Schulzes. 1 8 2 0 n a h m einer seiner V e r w a n d t e n , der preußische Offizier A . W . v o n Diest, den G e d a n k e n einer Gedicht-Ausgabe erneut a u f ; er w u r d e aber erst 1 8 2 6 durch U h l a n d und Schwab verwirklicht. D i e Herausgeber erklärten im V o r w o r t , sie h ä t t e n alle jene Gedichte weggelassen, die nach ihrer Meinung N a c h a h m u n g e n Schillers seien, und ferner alle jene, in denen sich die Geistesverwirrung des Dichters schon anzeige. F ü r uns ist es nicht wichtig, eine Geschichte der H ö l d e r l i n - A u s g a b e n zu v e r fassen 4 7 ; es genügt, d a r a u f hinzuweisen, d a ß C o t t a 1 8 4 1 den P l a n zu einer umfangreichen Ausgabe wieder aufgriff; diese gab den A n s t o ß z u m ersten Versuch einer umfassenden kritischen Deutung v o n Hölderlins W e r k . I n diesem Z u s a m m e n hang m u ß d a r a n erinnert werden, d a ß C h a r l o t t e von K a l b , die H ö l d e r l i n 1 7 9 4 in Waltershausen beherbergt hatte, a m 2 8 . J ä n n e r 1 8 0 6 an J e a n P a u l folgendes schrieb: Ich las vor einigen Tagen die Briefe von Hölderlin wieder, die drei, so ich mir bewahrte. Einst gab ich sie Ihnen zu lesen. Sie haben sie nicht geachtet, wie ich meine. Dieser Mann ist jetzo wütend wahnsinnig, dennoch hat sein Geist eine Höhe erstiegen, die nur ein S e h e r , ein von Gott belebter haben kann — ich könnte viel von ihm sagen. Der Mann kann es noch weniger ertragen als das Weib, wenn er seinesgleichen um sein Thun nicht findet, aber ein jeder wird arm und ist beklagenswert in der Öde und Leere. Ein Chaos wartet auf die Liebe des Geistes. 48 Als F r a u v o n K a l b so urteilte, w o h n t e Sinclair bei i h r ; ihre H ö l d e r l i n - D e u t u n g w a r also v o n ihm beeinflußt. D i e G e d a n k e n der beiden w u r d e n aber später von einer Freundin C h a r l o t t e v o n Kalbs, v o n C a r o l i n e W o l t m a n n aufgegriffen und wiederholt, als sie a m 3 0 . August 1 8 4 3 unter dem Eindruck v o n H ö l d e r l i n s T o d an A l e x a n d e r J u n g schrieb und a u f die Beziehungen zwischen H ö l d e r l i n , Schiller und C h a r l o t t e v o n K a l b und zwischen W o l t m a n n und Sinclair hinwies; sie ä u ß e r t e : Von diesen Verbindungen her weiß ich, daß Hölderlin eine Heftigkeit der Empfindung beiwohnte, die immer ins Äußerste ging . . . Diese Heftigkeit mordete ihn innerlich. Der gewaltige Zusammenhang seiner Gedanken zerriß; er lebte in heiligem, unschuldvollem Wahnsinn, behütet von Frevel, umgeartet durdi Gemeinheit, sein Leben a u s . . . H ö l derlin wird aufsteigen am literarischen Himmel Deutschlands wie ein Stern, wenn 47
48
Unbedingt vgl. man: F. Seebaß, Zur Entstehungsgeschichte der ersten Sammlung von Hölderlins Gedichten. Schwab. Schillerverein, 23. Rechenschaftsbericht, 1919, S. 13—48; zur Erläuterung sehe man: K . Vietor, Zur Geschichte der ersten Hölderlin-Ausgaben. I n : Deutsche Rundschau, 48. Jg, 8. Heft, und W. Böhm, Hölderlin. M. Niemeyer-Verlag, Halle/Saale 1930, I I , S. 753 ff. Man vgl.: Werner Kirchner, Der Hochverratsprozeß gegen Sinclair: Ein Beitrag zum Leben Hölderlins. Simons-Verlag, Marburg/Lahn 1949; ein in mehrerer Hinsicht bedeutendes Buch, das einerseits beweist, daß man im Falle Hölderlins noch nicht einmal über die zur philologischen Interpretation nötigen vorbereitenden geschichtlichen Studien hinausgelangt ist, das andererseits die Bedeutung der revolutionären Erneuerungs-Gedanken in der gesamten Entwicklung von Hölderlins Denken und Dichten unterstreicht und auch den steten Wechsel zwischen psychisch normalen und anormalen Perioden besonders in den Jahren 1804—06 erklärt, welche die letzte relativ klare Zeit Hölderlins darstellen. Die mit dem der revolutionären Verschwörung angeklagten Sinclair und seinem Prozeß zusammenhängenden politischen und polizeilichen Vorkommnisse wurden für das Wohl des Dichters zur Katastrophe.
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Das Urteil der Zeitgenossen
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Deutschland Dichter von seiner Großartigkeit der Begriffe und Einfachheit des Ausdruckes vertragen kann.
Auf diese Weise reicht die von Sinclair begründete Überlieferung bis zu Alexander Jung, der sich in diesen Jahren dem Studium von Hölderlins Werk gewidmet hatte, das durch die von Christoph Th. Schwab besorgte neue Ausgabe 49 besser bekannt war; und von dem großen Werke, das Alexander Jung 1848 über Hölderlins Dichtung veröffentlichte, kann man wohl sagen, daß es diese Tradition wieder aufgriff und zusammenfaßte. Jungs Budh50, das dem Hegel-Forscher und -Biographen Karl Rosenkranz gewidmet ist, trägt als Motto den Satz von Caroline von Woltmann, den wir zuletzt angeführt haben und der die Aufnahme Hölderlins in den literarischen Himmel Deutschlands verkündete, sobald das Land fähig sei, Diditer von solcher Gedankengröße und von solcher Einfachheit im Ausdrucke zu ertragen. In der Geschichte der Hölderlin-Forschung nimmt Jungs Werk eine bedeutende Stellung ein; seine Deutung war für mehrere Jahrzehnte maßgebend. Über ein halbes Jahrhundert später war sie Gegenstand eines Angriffes von Franz Zinkernagel in seiner umfangreichen Untersuchung über „Die Entwicklungsgeschichte von Hölderlins Hyperion" 5 1 . Zinkernagel begann hier eine Polemik, die er später in der Einleitung zu seiner Hölderlin-Ausgabe fortsetzte. Bereits 1907 schrieb er: Kaum war durch Schwabs Ausgabe der Werke die Dichtung Hölderlins der Welt näher bekannt geworden, als bereits eine zum Buch aufgeschwellte dithyrambische P a raphrase aus der Feder Alexander Jungs das Lebenswerk des Dichters aus aller endlichen Sphäre der Kritik und Forschung heraushob. Mit einer Überschwänglichkeit, die nicht mehr überboten worden ist, wurde Hölderlins tragisches Geschick, dasjenige Land, welches er als seine eigene Heimat erkennt, nicht mehr in der geschichtlichen Wirklichkeit vorzufinden, in allen Tönen besungen. Es wurde die Melodie, von der die Hölderlin-Forschung Jahrzehnte hindurch nicht wieder loskam.
Und Zinkernagel fuhr mit seinen Beobachtungen fort: Nach Jung war es auch Rudolf Haym in seinem für die Geschichte der deutschen Literatur grundlegenden Werk über „Die romantische Schule" 52 nicht gelungen, sich von einem mystischen Hölderlin-Bilde zu lösen; er habe vielmehr Jungs Gedanken wieder aufgenommen. Und diese fanden nach Zinkernagels Meinung bei Norbert von Hellingrath und im Kreis um Stefan George einen neuen und noch überschwenglicheren Ausdruck. Die beiden fast gleichzeitigen Hölderlin-Ausgaben, die eine von Norbert von Hellingrath begonnen und von Seebaß und Pigenot fortgesetzt, die andere zur Gänze von Franz Zinkernagel zwischen 1914 und 1922 besorgt, bezeugen ganz verschiedene Einstellungen zur Forschung: daher die Polemik zwischen ihren Betreuern. Wir werden den Streit von seinen Ursachen her und nach den Grundsätzen der verschiedenen Schulen der Forschung verstehen müssen. 49 50 51
52
Ch. T h . Schwab, F. Hölderlin, Sämtliche Werke. Stuttgart und Tübingen 1846, 2 Bde. A. Jung, F. Hölderlin und seine Werke. Tübingen 1848. F. Zinkernagel, Die Entwicklungsgeschichte von Hölderlins Hyperion. K. J . TrübnerVerlag, Straßburg 1907. R. Haym, Die romantische Schule: Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Geistes. Berlin 1870, 3. Aufl. bei der Weidmann'schen Buchhandlung, Berlin 1914.
III. Die Auseinandersetzung der Hegel-Schule mit Hölderlin Der neue Aufschwung der Forschung durch Dilthey Karl Rosenkranz, dem Alexander Jung sein Buch über das W e r k Hölderlins widmete, hatte 1838 eine Arbeit über die Romantische Schule und 1843 eine Biographie Hegels herausgegeben, die 1844 erweitert wurde und noch immer zu den bedeutendsten Werken über das Leben des Philosophen zählt 1 . Darin setzt sich Rosenkranz mit seines Lehrmeisters Gedanken kritisch auseinander, die auch Alexander Jung als Grundlage für seine Forschungsarbeit anerkannte. In der Arbeit über Ludwig Tieck und die Romantische Schule, in der er die Entwicklung dieser Gruppe verfolgte, versuchte Rosenkranz auch, das Verhältnis zwischen Kunst und Religion festzulegen: Die Kunst wurde also selbst Gegenstand der Andacht. Da sie in der That das Göttliche darstellt, so widerspricht es ihrem Begriffe nicht, religiös gefaßt zu werden; im Gegentheil muß sie eine solche Auffassung fordern. Allein sie geräth in eine schiefe Stellung, wenn die Religion als solche nicht neben ihr ein s e l b s t ä n d i g e s Dasein behaupten soll. Nur einmal in der Weltgeschichte, in Hellas, hat es eine Kunstreligion im absoluten Verstände gegeben. Das Christenthum ist mehr als Kunstreligion. Es verhält sich nicht negativ gegen die Kunst: es läßt sie frei in allen ihren Formen, aber es geht nicht darin auf, sondern immer darüber hinaus; es ist nicht auf der Kunst, sondern seine Kunst ist auf ihm begründet. Als Entwiddungsmoment wird die Kunstandacht innerhalb des Christenthums immer da sein, niemals aber an die Stelle des Glaubens selbst treten können. Nicht die K a l o g a t h i e , sondern die Freiheit durch die Wahrheit sind das Letzte, worauf das Christenthum hinausgeht.
Hierauf wandte er sich Novalis zu, betonte er das Orphische und das Magische in seinem Werk und wies er auf die religiösen Hymnen hin, deren Lauterkeit im Gebete Bewunderung erwecke. Er erinnerte an Hölderlin, den Einzigen, den man Novalis vergleichen könne und der, „in Hellas heimisch", „in den schönsten Metren, die der griechische Geist ersonnen", gedichtet habe, obwohl sein Fühlen „ächt romantisch" gewesen sei. Aber Rosenkranz wies schließlich auch auf Goethe als einen Romantiker hin; in Hinblick auf Hölderlin ist uns seine Annäherung des Dichters an Novalis und die Deutung der Kunst als „Gegenstand der Andacht" wichtig. Hölderlin war also für Rosenkranz der Dichter, der befähigt war, die Sehnsucht nach der vollen Übereinstimmung zwischen Kunst und Religion auszudrücken, die sich in den Tagen von Hellas verwirklicht hatte. 1
K.Rosenkranz, Ludwig Tieck und die romantische Schule. In: Hallische Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst, 1838; man vgl. auch den Neudruck in: Studien, I, S. 192. Ferner vgl. man von dems. Verf.: Aus Hegels Leben, in: Prutz' literarhistorisches Taschenbuch, 1843, und: Georg Friedrich Hegels Leben beschrieben durch Karl Rosenkranz. Berlin 1844.
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Auseinandersetzung
der Hegelschule mit
Hölderlin
Rosenkranz kam in der Hegel-Biographie wiederum auf Hölderlin zu sprechen und wies dabei bereits auf ein Problem hin, das in der Folgezeit Gegenstand von Auseinandersetzungen und Polemiken werden sollte: die Frage nach der gegenseitigen Beeinflussung zwischen Hölderlin, Hegel und Schelling. I m V o r w o r t zur Lebensbeschreibung des Philosophen stellte er fest, daß nicht Hölderlin von Schelling den Pantheismus übernommen, sondern vielmehr Hölderlin selbst diesen Gedanken Hegel und Schelling vermittelt habe: „Schon im Februar 1791 schrieb Hölderlin in Hegels Stammbuch das ,ev y.ai itäv' als ein Symbolum ein." Hölderlin hatte sich dem Studium der griechischen Literatur ergeben und verehrte gemeinsam mit Hegel Sophokles. Menschlichkeit strahlte ihm nur aus dem hellenischen Ideal entgegen, und dieses war die Sonne seines Lebens; mit dem Hellenismus verband sich aber in ihm ein rein deutscher Zug, die romantische Naturvorstellung: Er pries die Einsamkeit der Wälder und der Bergeshöhen, er verherrlichte das Licht als etwas Göttliches und suchte in der „allduldenden N a t u r " Schutz vor den wechselnden Geschehnissen des Lebens und dem wandelbaren „Drang des Menschlichen". Hölderlin gelang es, die in der antiken Ausprägung des griechischen Geistes angetroffene Kultur mit der Gefühls-Innigkeit des Deutschen zu vereinen; und das vollzog er in einer ästhetischen Schau mittels einer dämonischen Vertiefung der AllEinheit. Als er aber aus der geistigen Verzückung wieder erwachte, erschauderte der Dichter vor der Vielfalt der Wirklichkeit: er durfte die Einheit nicht nur in der V e r neinung und als „Verflüchtigung der Unterschiede" fassen, sein Sehnen strebte nach einer positiven Erkenntnis der Einheit, „A D e o Principium". Das Hölderlin gewidmete Gedicht „Eleusis" von Hegel bezeugt ein verwandtes Gefühl und daß das Mystische auch Hegel nicht fremd war. Wissenschaftliche und logische Zucht verhalfen aber Hegel zu einem Sieg über die Gefahr, sich an die Mystik zu verlieren und in ihr aufzugehen. H i e r soll an das abschließende Urteil von Rosenkranz über die wechselseitige Beeinflussung zwischen dem Dichter und seinen beiden Philosophen-Freunden erinnert werden: Ich sehe daher Hölderlin als den prophetischen Menschen an, der unter den Tübinger Studierenden zuerst den Sturm und Drang des Geistes nadi Allheit und Einheit verkündete. Er war Schellings und Hegels dichterische Bevorwortung. Das p a n t h e i s t i s c h e Wesen in ihm ist gewiß nicht erst durch Schelling ihm eingeimpft, da es recht eigentlich seine Individualität constituirte.
M a n wird die engen Beziehungen und die mannigfaltigen Beeinflussungen zwischen dem Dichter und den beiden Philosophen, seinen Mitschülern in den Tübinger Studienjahren, neuerlich durchforschen müssen — das Urteil von Rosenkranz kann dabei aber nicht außer acht gelassen werden; und die Lebensbeschreibung, die Rosenkranz von Hegel entwirft, erlaubt es zu erkennen, wieviel Gemeinsames es zwischen Hegel und Hölderlin auch in der Frankfurter Zeit gab, als der Philosoph erstmals sein System entwarf: etwa die Verherrlichung des Äthers als göttliches Prinzip, die Ankündigung einer neuen Religion, die auch das Christentum umfasse, und eines neuen Gottesreiches. D e r Dichter verkörperte durch sein Erleben eine ganze Welt, die Hegels und Schellings Gedanken durchdrangen, ordneten und in
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der Hegelscbule
mit
Hölderlin
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Zusammenhang brachten. Diese Darstellung des Dichters bestätigte die von Sinclair ausgegangene Überlieferung, zu deren Deuter sich Alexander Jung erhob. Die Bedeutung von Jungs Ausführungen ergibt sich aus der Tatsache, daß er als Erster das Gesamtwerk des Dichters in Betracht zog, wenn auch nur im Rahmen der durch die unvollständige und unzufriedenstellende Ausgabe von 18462 gesetzten Grenzen. Die Deutung wollte einheitlich sein und legte einige Themenkreise fest, welche die folgende Forschung wieder aufnahm und vertiefte. Der Bildungsweg des Dichters wurde von Jung genau bezeichnet: von Klopstock zu Schiller, wobei der Einfluß Rousseaus und der neuplatonischen Gedanken von Hemsterhuys mit verarbeitet wurden. Wie bekannt, lebte der niederländische Philosoph längere Zeit in München und verkehrte er in Münster im Kreise der Fürstin Galitzin, zu dem auch Goethe zählte; Jacobi stand unter dem Einfluß seines mit Anregungen von Shaftesbury 3 vermischten neuplatonischen Ästhetizismus. Jacobis Schrift „Über die Lehre des Spinoza in Briefen an Moses Mendelssohn" aus dem Jahre 1785 gehörte zu jenen Büchern, denen der junge Hölderlin und seine Mitschüler Hegel und Schelling am leidenschaftlichsten zugetan waren; Hölderlin machte sich daraus Notizen und Auszüge, in denen seine Aufnahme spinozistischer Gedanken klar zutage tritt. Jung wies darauf hin, daß die Vorstellung von einer „Weltseele", die sich bei Hemsterhuys vorfindet, die Betonung der Schönheit als ideale Wesenheit und auch die Übernahme eines rousseauschen Deismus Schritte auf Hölderlins Bildungsweg darstellten; und vom Pantheismus des Dichters sagte er, daß er es Hölderlin ermöglichte, das Ganze zur Einheit zusammenzufassen und dennoch darin jedes Einzelne individuell zu unterscheiden. Ferner erwähnte Jung, wie auch Rosenkranz, die Wichtigkeit der pa..'heistischen Schau des Dichters für Hegel und Schelling. Jung stimmte zum Ausgleich der Gegensätze zweier antithetischer Begriffe, dem hegelianischen Dreischritt, zu und stellte fest, daß Hölderlins Platz zwisdien Hegel und Sdhelling sei, mit denen er „die Würdigung des Hellenischen" 4 gemeinsam habe. 2
Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Jung das Urteil der Epoche zusammenfaßte und neu gestaltete, sind einige Arbeiten der Jahre zwisdien 1840 und 1850 besonders bemerkenswert; man vergleiche die folgenden Darstellungen miteinander: Moritz Carrière, F. Hölderlin. In: Das Vaterland, Zeitschrift für Unterhaltung — Literatur, N r . 158—161, 6 — 7 . Juli 1843; Th. Opitz, F. Hölderlin. In: Wiegands Vierteljahrsschrift, II (1844), S. 303 ff.; H . Hettner, D i e romantische Schule in ihrem inneren Zusammenhange mit Goethe und Schiller, 1850.
3
F. Hemsterhuys, geb. am 27. Dezember 1721 in Groningen, gest. am 7. Juli 1790 in Aja; Jansen gab 1792 seine „Oeuvres Philosophiques" neu heraus, doch waren die einzelnen Werke schon weit verbreitet und ins Deutsche übersetzt; besonders erinnerungswert ist der „Lettre de Dioclès à Diotima sur l'Athéisme", in dem .Diotima' der Deckname für die Fürstin Galitzin ist. Von der Bibliographie ziehe man besonders heran: J. Poritzky, Hemsterhuys, seine Philosophie und ihr Einfluß auf die deutschen Romantiker, Berlin 1826. D e r Einfluß v o n Hemsterhuys war redit umfangreich; eine eigene Untersuchung dieses Themas wäre erforderlich. Gerade die Zugänglichkeit und die Weltoffenheit des Philosophen machten ihn zu einem Bindeglied zwisdien den einzelnen Literaturen, auf die sein Ncuplatonismus einwirkte, der eine ständige Unterströmung in der Philosophie und der Literatur der verschiedenen europäischen Länder darstellte.
4
A . J u n g , op. cit., S. 22.
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der Hegelschule
mit
Hölderlin
Tatsächlich verteidigte Jung das Beständige in der in das Christentum aufgenommenen griechischen Überlieferung, auf die man weder verzichten könne noch solle. In dem Gedicht „Eleusis" hatte Hegel gerade dieses Orphische hervorgehoben, an dem Hölderlins Seele teilhatte und das ihn in die Nähe von Novalis rückt; und Jung wies an Hand des „Empedokles" auf das Dazwischentreten des Christlichen hin, das aber nicht nur durch seine „Erscheinung des Göttlichen auf Erden in realer Kunstgestalt" 5 , sondern vielmehr durch die Verherrlichung des Opfers einfließt. Wie er auf philosophischem Gebiete zwischen Hegel und Schelling steht, so tritt Hölderlin in der Dichtung zwischen Goethe und Schiller; wegen des Ausgleiches der Gegensätze und wegen der dichterischen Vollendung kann er nur mit Goethe verglichen werden: „Hölderlin hat in unserer Literatur ein ganz ähnliches Verhältniß zu unserer classischen Periode wie Novalis zur romantischen Schule"6, bemerkt Jung. Wie lebensvoll auch die Erweckung des Griechentumes durch den Dichter war, so fehlt ihm doch, um ein wahrer Grieche zu sein, eines: „die griechische Ironie" 7 , der Sinn für die Beständigkeit der Werte über alles Tragische hinaus; und darum suchte er Zuflucht im Sentimentalischen, das ihn bei „Hyperion" in eine Art von ethischem Quietismus drängte, in den sich der Held des Romanes schickte8. Jungs Kritik an Hyperion, der darauf verzichtet, das antike Freiheitsideal zu verwirklichen, während er sich einer Art Askese hingibt, also seine Kritik am Schluß des Romanes, gehört zu den bemerkenswertesten Zügen seines Beitrages. Wenn auch die Bedeutung der den Roman abschließenden Seiten von der gegenwärtigen Forschung unterschiedlich betrachtet wurde, so hat doch Jung sehr wohl erkannt, wie sich der Roman ein pädagogisches, ein erzieherisches Ziel setzt und wie der Quietismus nicht zu dem in Hölderlin wachen Titanismus paßt; es widerspricht dem Wesen des Helden, „daß der Dichter ihn in eine mönchische Thatlosigkeit der Beschauung versinken läßt" 9 . An ein solches Urteil muß auch erinnert werden, weil es Jungs eigenen Gedanken zuwiderläuft, die anschließend in der Tradition der Forschung zu einem Gemeinplatz wurden. Tatsächlich glaubte Jung, daß Hölderlins eigenartiges Schicksal dadurch bedingt war, daß er nicht jenes Land, das ihm durch die Geburt zur Heimat geworden, also Deutschland, als sein Vaterland anerkannte, sondern sein wahres Zuhause im Griechenland der Antike gefunden hatte, das zu seiner Zeit nicht mehr vorhanden war. Doch wandelte sich die Deutung des Forschers auf diese Weise in die gekünstelte Konstruktion eines romantischen Zwiespaltes zwischen erträumtem Griechentum und erlebtem Deutschland, wobei die Ursache für den Gegensatz des Dichters zu seiner Zeit mißverstanden wurde. Für Jung, der das Ende des Romanes als Ausdruck eines Quietismus sah, wäre es nicht unmöglich gewesen zu erkennen, daß das griechische Ideal im Gegensatz zur modernen Welt und als ihre Ablehnung entworfen war. Der Traum vom idealen Griechentume be5 6 7 8 9
A. A. A. A. A.
Jung, Jung, Jung, Jung, Jung,
op. op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S. S.
21. 9. 8. 79. 79.
Auseinandersetzung
der Hegelschule
mit
Hölderlin
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deutete für den Dichter keine Flucht aus dem Leben, war nicht eine idyllische Schwärmerei, sondern stellte vielmehr eine Polemik gegen die moderne Welt dar und steht zu dieser in einem tragischen Gegensatz. Hyperions Verzicht war folglich ein Hinweis auf die Gültigkeit einer idealen Forderung, die im Leben der Natur enthalten ist und, obwohl sie von der Wirklichkeit Lügen gestraft wurde, dennoch erhoben werden mußte; und wenn das menschliche Leben in seiner Erscheinung entheiligt war, dann wurde die Natur als eine Gottheit verherrlicht und zu einem ewig gültigen Vorbild erhoben: daraus entsprang auch die Forderung nach einer neuen Heiligung des Lebens. So ergibt sich unsere Deutung wie schon anläßlich des Verhältnisses zwischen Goethe, Schiller und Hölderlin aus der Geschichte; und die Auslegung und die Geschichte der Forschung entwickeln sich nebeneinander und gleichzeitig, wobei hin und hin die neuesten Einblicke zur Erklärung der Entwicklung kritischer Gedanken über Hölderlin herangezogen werden. Wir brauchen nicht darauf einzugehen, daß Jung das volle Verständnis für die letzten Hymnen verwehrt war; zu „Patmos" aber bemerkte er, daß ein strenger Kommentar den Beweis dafür erbringen könnte, daß Hölderlin die universelle Bedeutung des Christentumes wenigstens als Dichter erkannt hat; dennoch schloß Jung es aus, daß in dem „vorherrschend antiken" Wesen des Dichters auch mystische und romantische Züge auftreten könnten 10 . Kein geringes Verdienst von Jungs Darstellung ist die entschiedene Betonung der Zugehörigkeit des Dichters zur deutschen Klassik; über einige Gedichte der mittleren Periode gab der Forscher ein Urteil ab, dessen man sich ob seiner einmaligen Vollkommenheit erinnern muß: . . . wiefern er in diesen lyrischen Gedichten Weisen der Sprache anschlägt, v o n denen man sagen möchte, sie seyen in dem deutschen Gemüth, in der deutschen Weltanschauung ewig schon angelegt, sie seyen in ihr bereits vorhanden, er habe diese Gedichte nicht erfunden, er habe sie nur entdeckt. 11
Viele Gedichte Hölderlins „ . . . scheinen nicht g e m a c h t , sondern in der Geisteskultur Deutschlands prädestiniert, wie so vieles von Schiller und Goethe" 12 ; das gilt nicht nur für die Reimgedichte, sondern auch für jene in antiken Metren; Jung erwähnte als Beispiele „Das Schicksal", „Griechenland", „An die Natur" und „Diotima". Über die Prosa des „Hyperion" schrieb er dagegen, daß „der Dichter, ohne ins Plastische überzugehen, aus bloßem Äther und Licht noch Gestalten gewinnt. . .", woraus sich auch eine Eintönigkeit ergibt, die an sich etwas Künstlerisches ist wie die Monotonie des Meeres: „Es ist eben das reine Unendliche, welches sich hier in seinem Element zwar dialektisch bricht. . . , aber in der Bewegung selbst sich überall gleich b l e i b t . . ,"13. Jungs Bemühungen, Gründe für die Krankheit des Dichters ausfindig zu machen, sind für uns belanglos; doch haben wir uns einiger seiner Bemerkungen über das 10 11 12 13
3
A. A. A. A.
Jung, Jung, Jung, Jung,
Hölderlin
op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S.
157. 28. 28. 97 f.
34
Auseinandersetzung
der Hegelschule
mit
Hölderlin
Aufleuchten eines geistigen Funkens an manchen Stellen in den Gedichten aus der Zeit der Umnachtung zu erinnern; „das Licht eines Augensterns, der nicht mehr da i s t . . . wie ja auch Sterne oft nicht mehr da sind, die sich in ihrem Lichtsdheine immer noch markieren" 1 4 . Das und die anderen angeführten Urteile sind Feststellungen von ungewöhnlicher Feinheit, die dennoch für die Hölderlin-Forschung neu und gültiger waren als andere, recht ungenaue Aussagen wie etwa jene, daß die deutsche Seele mit und durch Hölderlin denselben langen Weg beendet habe, den die Geschichte über das Griechentum hinaus mit dem Christentum durchlaufe. Nach Jungs Buch trug David Müller mit seinem Aufsatz aus dem Jahre 1866 15 einiges Neue zur Hölderlin-Forschung bei. Müller unterschied Goethes Vorgangsweise, der sich zu einer Dichtung stets von einem tatsächlich durchlebten Ereignis anregen ließ, so daß alle seine Werke „Gelegenheits-Dichtungen" im höchsten Sinne sind, von Hölderlins Verfahren, der sich nicht auf Tatsachen eines Erlebens berief, sondern auf etwas Beständiges im Denken und Fühlen: „Seine Poesie ist Ausdruck continuirlicher Geistesthätigkeiten und Gemüthsstimmungen." Auf diese Weise betonte er die innere Einheitlichkeit des gesamten Werkes Hölderlins als Darstellung und greifbares Zeugnis einer Idee. Nach Müller verwies Hölderlin sein eigenes Wesen auf die dithyrambische und pindarische Lyrik, deren Beispiel bisher nur Klopstods und an einigen Stellen Goethe gegeben hatten. Diese mächtige Lyrik, die, wie eine Symphonie, ganze Sätze umfaßt, die ein großes Thema durch scheinbare Unterbrechungen und Entfernungen immer wieder zur Einheit und zum Ziele führt, die, mag sie in antiken und in modernen Metren oder sogar in ganz aufgelösten, freien Versmaßen sich bewegen, doch immer rhythmisch streng und formvoll ist, hat wenig Boden bei uns gefunden.
David Müller widmete sein Augenmerk metrischen Fragen, der alkäischen oder sapphischen Strophe und besonders dem Hexameter; er hob hervor, wie in Hölderlins Gedichten diese Metren und der Vers dem Geiste der deutschen Sprache gehorchten. Auch die Alliteration trägt wie in der alten deutschen Dichtung zur Musikalität des Verses bei. Der Forscher untersuchte die Anwendung der Bilder, die sich an eine getreue Wiedergabe der Natur hielten und gleichzeitig symbolischen Wert annehmen; die Natur wird zu einem Symbol für die geistige und göttliche Wirklichkeit. Dieser poetische Symbolismus Hölderlins hängt mit seinem Pantheismus zusammen, dem Glauben an die Himmelsmächte, den alten Vater Okeanos, an Äther als „Weltseele". „So kühn hatte in der Poesie den Pantheismus noch niemand ausgesprochen", bemerkt der Verfasser und fährt fort, daß sich die pantheistische Schau manchmal dem Christentum nähere und mit ihm verschmölze; Hölderlins Dichtung bediene sich schon jener zweideutigen und doppelwertigen Sprache, die nachher Hegel und seine Schule anwendeten. Die Doppeldeutigkeit der Ausdrücke gelangt aber der Dichtung nicht immer zum Vorteil: „Oft erscheint Hölderlin mehr als ein Prophet der Naturphilosophie denn als Dichter"; und die Vorwürfe Müllers richten sich gegen die Unmenge von Philosophemen, die Hölderlins Werke bisweilen so schwer mache. Müller weist 14 15
A . J u n g , op. cit., S. 271. D. Müller, Hölderlin. In: Preußische Jahrbücher, Bd X V I I (1866), S. 548—568.
Auseinandersetzung
der Hegelschule
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Hölderlin
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auch auf die letzten Hymnen hin, erwähnt „Der Rhein", „Andenken" und „Patmos" und findet darin eine „prachtvolle Schilderung, große Symbolik und wunderbare(n) Tiefsinn in einfachster Sprache, aber ein Verirren der Gedanken wie in tropischer Wildniß . . u n d hier ist seinem Verständnis für das Dichtwerk die Grenze gesetzt. Wie wir schon bemerkt haben, behauptete Zinkernagel, daß sich Rudolf Haym in seinem Buche über „Die romantische Schule", das 1870 erschienen ist, an die überaus lobende Deutung von Jung gehalten hat; Hölderlin war zur Legende geworden, zu einem Mythos, während er nach strengen Maßstäben der Literaturgeschichte hätte gemessen werden müssen. Eine Gegenüberstellung von Wilhelm Scherers deutscher Literaturgeschichte, in der Hölderlin mit einem Verweis auf Klopstock und Goethe kaum erwähnt wird 18 , mit den umfassenden Ausführungen Hayms im ersten Kapitel des dritten Buches unter der Überschrift „Ein Seitentrieb der romantischen Poesie", muß Verwunderung erwecken, weil zwei führende Forscher die Bedeutung von Hölderlins Werk für die deutsche Literaturgeschichte so verschieden einschätzten. Es ist wohl wahr, daß Scherer, der Begründer der historischen Schule in der Literatur-Forschung, an anderer Stelle, und zwar in einem seiner „Vorträge und Aufsätze" 17 , Hölderlin eine kurze Arbeit gewidmet hat. Darin hatte er ausgeführt, daß Hölderlin als einem anerkennenswerten Dichter weniger denn ein Dezennium als Schaffenszeit bemessen war, es ihm aber zu sagen gegönnt war, „was kein Anderer so aussprechen konnte". Auch Scherer bemerkte, daß die für Hölderlin und seine Entwicklung brauchbaren Vorbilder in der Lyrik Matthisson, Schubart und vor allem Schiller und in der Prosa Wieland und Heinse waren, während er mit seinen philosophischen Vorstellungen an der Geisteswelt von Hegel und Schelling teilhatte; von Rousseau, aus dem Kant-Studium und von Spinoza übernahm der Dichter ferner die Freiheitsgedanken und die pantheistische Religiosität. Unter den Zeitgenossen hatte Schiller die formalen Mängel und auch die Gefahren erkannt, die Hölderlins Dichtung drohten; Liebe und Schmerz lehrten den Dichter und der einfache, von allem Schmucke befreite Stil nützte des öfteren seinem Werk: „oft ist ihm eine einzige Strophe genug, um eine den ganzen Menschen durchzitternde Empfindung darin niederzulegen. In die wunderbarste Einfachheit des Wortes hüllt sich ihm der tiefe Inhalt." Scherer übernahm genau so, wie siebzig Jahre nach ihm Benedetto Croce, Schillers und Goethes Urteil über den zügellosen Subjektivismus des Dichters: „Es fehlt ihm ganz die derbe Lust an der Wirklichkeit, ohne die kein rechter Poet gedeihen kann"; Hölderlin ist viel eher von der Idee als von der unmittelbaren Schau besessen; es gelingt ihm nicht, den Gedanken durch Bilder auszudrücken. Andererseits bemerkt Scherer, daß Hölderlin selbst seine eigenen Schwächen nicht verborgen waren, daß er wußte, ihm fehlte nicht die Idee, 16
17
3*
W. Scherer schrieb in seiner „Geschichte der deutschen Literatur", 1870, über Hölderlin, sein Erleben und seinen dichterischen Ausdruck u. a.: „Inneres und Äußeres, Seelenleben und Landschaft klangen zusammen; eine klopstockische Anschauung konnte w i e bei Goethe symbolisch werden." W. Scherer, Vorträge und Aufsätze zur Geschichte des geistigen Lebens in Deutschland und Österreich. Weidmann'sche Buchhandlung, Berlin 1874, S. 346—355.
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Auseinandersetzung
der Hegelschule mit
Hölderlin
sondern die Schattierungen des Ausdrucks, jene „mannigfaltig geordneten Töne", die für eine dichterische Gestaltung wesentlich und für ihn so schwer erreichbar seien, weil er davor zurückschrak, das Gemeine und Niedrige im wirklichen Leben zu sehen. „Die gestaltlose Idealität Klopstocks hat sich in Hölderlin fortgesetzt", vermutete Scherer und bezeichnete Hölderlin als einen Pietisten des Pantheismus, dem es gelang, seine eigene Mythologie zu schöpfen, deren höchster Gott Äther sei. Aber auch nach Goethes Urteil kenne er die Natur nur vom Hörensagen, könne er sie überdies aus Mangel an plastischem Sinne weder unmittelbar sehen noch verstehen; vielmehr blieb Hölderlin dem Geiste der Musik treu. Im großen und ganzen ist für Scherer der Gegensatz zwischen Traum und Wirklichkeit der Keim von Hölderlins Erlebnis; und aus ihm entsproß die sentimentalische Grundhaltung. Wohl erwartete Hölderlin von der Dichtung, der Philosophie und der Politik eine Erneuerung des deutschen Lebens, zu der es auch kam, der aber der Dichter fernstand. Auch deshalb nimmt das Thema vom geopferten Helden in Hölderlins Werk so großen Raum ein; und Scherer schließt: „Es gibt auch ein Schlachtfeld des Geistes, ein titanisches Ringen mit hohen Mächten. Auf diesem Schlachtfelde ist Hölderlin gefallen." Bis Haym sind diese Urteile wenig mehr als Gemeinplätze in der HölderlinForschung des 19. Jahrhunderts; schon Jung war über sie hinausgegangen und seine Hinweise auf die Vorbilder in Hölderlins Entwicklung hatten für ihn eine tiefere Bedeutung, als es Scherer wahrhaben wollte. Nicht einmal Hermann Hettner 1 8 gab der Forschung neue Anregungen: Seine Bemerkungen sind allgemein und betonen die Abhängigkeit Hölderlins von Anregungen durch seinen Lehrmeister Schiller; bei „Hyperion" erinnert er an „Werther": „Ohne ,Werther' wäre ,Hyperion' gar nicht denkbar." Weder Scherer noch Hermann Hettner bestimmten Hölderlins Stellung in der Literaturgeschichte, sondern H a y m wies auf die mannigfaltigen Beziehungen, Verhältnisse und Bande zwischen dem Dichter und seinen berühmtesten Zeitgenossen hin, wodurch er auch seine Entwicklung und seinen dichterischen Ausdruck besser verstehen und eher erklären konnte. Schon der Titel des Abschnittes über Hölderlin beweist, wie dem Literarhistoriker die Gestalt des Dichters abgesondert und für sich erschien. Um des Dichters Bildungsweg nachzuzeichnen, wiederholte H a y m Jungs Gedanken, erinnerte er an Rousseau, Klopstock, Schiller und die Verwandtschaft mit Wackenroder und Novalis, suchte er nach Ähnlichkeiten, die den Dichter mit seinen Zeitgenossen wie etwa Friedrich Schlegel verbanden, den die Vorstellung von der Vortrefflichkeit des antiken Griechentumes zum Verständnis für die Geschichte der ästhetischen Erziehung der Menschheit anleitete. Es scheint auf den ersten Blick, daß er mit der romantischen Bewegung nur insofern verwandt sei, als dieselbe in ihrem ersten Stadium, in den Anfängen der Schlegel und zumal des jüngeren der Brüder, gleichfalls auf dem Kultus des Griechentums beruhte. 18 18
19
H . H e t t n e r , Literatur-Geschichte des 18. Jahrhunderts.Braunschweig-Verlag, 1 8 7 6 — 1 8 8 3 . Eine Neuauflage stammt aus dem Jahre 1929; hierin vgl. man den kurzen Aufsatz über Hölderlin auf S. 236 ff. R. Haym, op. cit., S. 374 (III. Bd, Berlin 1914).
Auseinandersetzung der Hegelschule mit Hölderlin
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D e r Hinweis auf Friedrich Schlegel diente dem Literarhistoriker zur Bestimmung des Zieles, nach dem Hölderlin in seinen ästhetischen Forschungen strebte, denen er auf Grund der durch die ästhetischen Schriften von Schiller, wie etwa „Über Anmuth und W ü r d e " , ausgeübten Anregungen oblag. Hölderlins Absicht war es, den unabhängigen Wert der ästhetischen Schau darzustellen; das war aber genau die Aufgabe, der sich Schiller, Humboldt und Friedrich Schlegel auf verschiedene Arten gewidmet hatten, „die Aufgabe der ganzen Zeit, die schließlich in der Ästhetisierung der Logik, der Physik und der E t h i k durch Hegels universalistisches System die kühnste und umfassendste Lösung f a n d " 2 0 . Diese Feststellung darf nicht übersehen werden, denn sie erhellt Hölderlins Stellung in seiner Zeit und die Obereinstimmung zwischen seiner Entwicklungslinie und dem Wege der Kultur in jenem Zeitraum. D e r Dichter durfte das angestrebte Ziel aber nicht spekulativ-begrifflich, sondern mußte es über seine Dichtung erreichen. H a y m konnte folglich ganz entschieden auf eine ästhetische Lösung der Schau des Dichters hinweisen. Bei der Untersuchung des Romans von Hölderlin bemerkte er: „Jener ästhetisch-mystische Pantheismus, jene selig trunkne Hingabe an die N a t u r , in welcher H y p e r i o n nach allem Scheitern seiner praktischen Ideale einen letzten Trost findet, erscheint so als formuliertes Glaubensbekenntnis." 2 1 D a m i t beantwortete H a y m gleichzeitig die von Jung gegen den Schluß des Buches erhobenen Einwände und wies er auf den Ablauf der E r z ä h lung hin, die auf vergangene Erlebnisse verweist, die in der Erinnerung neu durchlebt werden. Hyperion erweckt eine verlorene W e l t zu neuem Leben, das antike Griechentum, von dem die Landschaft in der Gegenwart noch zeugt; die Erinnerung an die untergegangene W e l t verleiht ihr in der Zukunft neues Leben: das, was einst N a t u r gewesen, wird zum Ideal, das sich künftig erfüllt. Hölderlin verlegte mit diesem Sehnen nach einer ästhetischen Lösung der Wirklichkeit ihre Verwirklichung vom Subjekt ins Objekt, womit er Schellings System des transzendentalen Idealismus vorwegnahm. Die ideale Einheit, von der Fichte annahm, daß sie im Subjekt verwirklicht werden könne, wurde für Hölderlin zur Subjekt-Objekt-Einheit im Sein: „Sofort aber verlegt Hölderlin diese höchste Einheit aus dem Ich ins Sein." 2 2 D i e Wendung zur Objektivität, von H a y m zuerst erkannt, wurde zu einem Hauptthema der Hölderlin-Deutung; man muß aber darauf hinweisen, daß sie für H a y m dennoch stets im Rahmen einer ästhetischen Lösung und eines neuplatonischen Mystizismus verweilte. U n d gerade dieser mystische Zug, den Jung verneint hatte, ist der Grund für Hölderlins Vereinsamung in seiner Zeit; und für diese Einsamkeit gibt es auch geschichtliche Ursachen: Es ist die idealistische Entfremdung unsres Volkes von seinen eignen Angelegenheiten, die durch die Beschaffenheit des deutschen Staatslebens bedingte Anteilslosigkeit an aller öffentlichen und nationalen Tätigkeit, was sich in Hölderlin zu hypochondrischen Klagen über die .Barbaren um uns her' zuspitzt. 23 20 21 22 23
R . Haym, R. Haym, R. Haym, R. Haym,
op. cit., op. cit., op. cit., op. cit.,
S. 354. S. 347. S. 356. S. 361.
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Auseinandersetzung
der Hegelschule mit
Hölderlin
Der Angriff gegen die Deutschen im zweiten Buche des „Hyperion" schien H a y m eine Abwandlung des von Schiller in der Einleitung zu den Briefen „Über die ästhetische Erziehung des Menschen" 24 aufgenommenen Themas und seines Echos in Friedrich Schlegels Ausfall gegen die Verwirrung in der modernen Kunst und die Zerrissenheit der modernen Welt zu sein. Um aber die Unvereinbarkeit von Hölderlins Geist mit seiner Zeit besser erläutern zu können, erinnerte H a y m an den „Sturm-und-Drang"-Dichter Lenz; diesem Hinweis kommt eine noch größere Bedeutung zu, als H a y m annahm, weil sich Hölderlin mit unnachgiebiger Beharrlichkeit auf die Grundsätze des „Sturm und Drang" berief und genau die von dieser für die Geschichte des Geistes, der Literatur und des Lebens in Deutschland so grundsätzlich wichtigen geistigen Bewegung begonnene Revolution zu Ende führte. Das Band, das Hölderlin an den „Sturm und Drang" knüpfte und ihn zum Erben dieser geistigen Neuordnung, ja zu dem machte, der aus ihr gleichzeitig die Folgerungen auf ästhetischem Gebiete zog und eine wesentliche Erneuerung des kulturellen und religiösen Lebens forderte, wurde von den jüngsten Forschungen und in erster Linie von Wilhelm Dilthey besser erläutert. In der Zwischenzeit hatten aber die Werke von Jung und H a y m das Urteil der Forschung über Hölderlin tiefgreifend gewandelt. Als Beweis dafür kann die „Geschichte der Literatur" von Johannes Scherr25 angeführt werden, die Hölderlin als einen der größten Lyriker der Weltliteratur verherrlicht und unter anderem ausführt: . . . Hölderlins Jugendgedichte verriethen überall den Einfluß seines Landsmanns Schiller; allein bald erhob er sich zu einer Selbständigkeit und Originalität, welche ihn unzweifelhaft zu den größten Lyrikern der Weltliteratur stellt. Die großartigen H y m nen „An das Schicksal" und an den „Genius der Kühnheit" bilden das würdige V o r spiel zu seinen wunderbar ergreifenden Liedern an „Diotima", wo .befreiet in F l a m men fliegt in Lüfte der Geist uns auf', und zu seinen Oden und Rhapsodien, wo bald ein „göttlicher Wahnsinn" erhaben träumt und schwärmt („Der R h e i n " , „Der blinde Sänger", „Das Ahnenbild", „Dichtermuth", „Unter den Alpen gesungen", „An Eduard"), bald inneren und äußeren Anregungen und Erlebnissen in wenigen Strophen der Stämpel des Idealen aufgedrückt wird („Die Launischen", „Der Zeitgeist", „Der Tod fürs Vaterland", „Die H e i m a t " , „Die Hoffnung", „Die Liebe", „Der Abschied"), bald Naturgemälde mit vollendeter Plastik entworfen werden („Heidelberg", „Der Neckar"). In seiner „Emilie" hat Hölderlin eine poetische Erzählung geschaffen, die ganz eigentümlich in unserer Literatur dasteht; seine Elegien („Menons Klagen um D i o t i m a " , „Die Herbstfeier", „Der Wanderer") athmen das innigste Gefühl; sein schilderndes Gedicht „Der Archipelagus" ist ein unvergleichlicher Triumphgesang auf Hellas, sein Roman „Hyperion" das schönste Klagelied auf den Untergang der hellenischen Welt. Seine Tragödie „Empedokles" blieb leider unvollendet. Unter allen deutschen Dichtern stehen die antiken Rhythmen und Maße Hölderlin weitaus am natürlichsten zu Gesichte; denn er war eine durchaus hellenische N a t u r und seine Lyrik wird durch die geniale A r t und Weise, wie sie das Hellenenthum gleichsam aufs neue schuf, erst in der Zukunft ihre volle und gerechte Würdigung finden. 24
25
F. W . Schiller, Über die ästhetische Erziehung des Menschen. Briefe an den Herzog von Holstein-Augustenburg. Erstdruck in den „ H ö r e n " , 1795. J . Scherr, Allgemeine Geschichte der Literatur, C . Conradi-Verlag, Stuttgart 1887, S. 267 f.
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der Hegclschule
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Hölderlin
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Im Jahre 1870, während Rudolf Hayms großartiges Werk über die Romantische Schule veröffentlicht wurde 26 , entwarf ein junger Philosoph unter dem Titel „Empedokles" ein Drama, welches das Thema der Hölderlinschen Tragödie wieder aufnahm. Die geschichtliche Schule, als deren bedeutsamster Vertreter auf Grund seiner Arbeiten über Hölderlin Zinkernagel angesehen werden muß, gab vor, das Werk des Dichters auf Grund der Einflüsse von Vorgängern oder Zeitgenossen erläutern zu können und hielt es daher für möglich, daß eine Dichtung aus der Vergangenheit und ihrer kulturellen Umwelt heraus verstanden werden könne. Bisweilen kann aber nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft bestimmend sein; und wenn die Hölderlin-Deutung in den letzten Jahrzehnten des 19. und in den ersten beiden des 20. Jahrhunderts völlig neue Wege beschritt, die Handschriften des Dichters wieder aufgesucht wurden und eine gültige Ausgabe der großen Hymnen erschien, auf die Hölderlins Ruhm hauptsächlich zurückgeht, dann geschah all das auch deswegen, weil das Dichterwort im Werk eines anderen Dichters und Philosophen einen Widerhall gefunden hatte, dessen Gedanken mächtig genug waren, auf die Nachwelt tief zu wirken, und der die Wirklichkeitsschau und die Wertvorstellungen der Moderne gestaltete. Hölderlins Werk wurde besser verstanden, nachdem es durch Nietzsche erläutert worden war. Durch die Gedanken und das tragische Erleben des Philosophen erfaßte auch Wilhelm Dilthey Hölderlin tiefer, während Stefan George im Dichter ein Vorbild und einen Verkünder sah. Schließlich erstellte Norbert von Hellingrath, ein Schüler Stefan Georges, in streng philologischer Arbeit das Werk aus Hölderlins dichterisch reifster Zeit, das ein Jahrhundert lang übersehen und als Ausgeburt geistiger Umnachtung abgetan worden war, und veröffentlichte es. Nicht das ist wichtig, was Nietzsche über Hölderlin schrieb 27 , sondern der Umstand, daß er die Grundthemen des Dichters wieder aufnahm: in erster Linie den Traum von einer Erneuerung der Kultur und einem Wiedererstehen der Welt der Antike. Hölderlin hatte Nietzsches Schicksal vorgelebt und in der deutschen Klassik auf einige Themen hingewiesen und sie vorausgenommen, Themen, die bei Nietzsche ihre letzte Entwicklung und ihren Höhepunkt fanden, bei dem Philosophen, mit dem die Philosophie der Romantik abschloß. Hölderlin hatte auf jene Krise der Werte hingewiesen, die Nietzsche später erläuterte; und über den arkadischen 26
72
Hayms Darstellung galt jahrzehntelang als mustergültig und wurde verschiedentlich wiederholt; man vgl. z. B. Georg Brandes, Die romantische Schule in Deutschland. H . Barsdorf-Verlag, Berlin 1909, deren 3. Kapitel, S. 4 8 — 5 3 , Hölderlin gewidmet ist. Brandes bemerkt u . a . : „Die ästhetische Anschauung überwindet für Hölderlin die Grenzen, welche Kant zwischen den Gebieten des Verstandes und der Einbildungskraft gezogen. Als poetisch-philosophische Ekstase, welche zu gleicher Zeit mit Schillers Hellenismus und Sdiellings transzendentalem Idealismus verwandt ist, ist Hölderlins Lehre schon vor der romantischen Periode romantisch." Hölderlins Hellenismus ist nicht heidnisch wie der Goethes oder Schillers; eine christliche Innigkeit offenbart sich in den Gedichten und auch in der Gestalt des Empedokles. Im dichterischen Werke Hölderlins drücken sich Gedanken und Gefühle aus, die später von der Romantik oft übertrieben hervorgekehrt wurden. F. Nietzsche, Unzeitgemäße Betrachtungen. 1873. I — I I I , in der Ausgabe von Kröner auf S. 18 ff., 167 ff. und 228 ff. des II. Bandes.
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der Hegelscbule
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Traum von einem erneuerten Griechentume hinaus drückte der Dichter die Furcht vor einer entheiligten Welt aus, das Sehnen nach einer neuen Offenbarung des Göttlichen, also nach einer neuen Kultur der Menschheit. Eben diese Furcht und dasselbe Sehnen regten vereint mit dem Willen, das Schicksal der Menschheit zu bestimmen, auch das gesamte Werk Nietzsches an. Die Einsamkeit des Hölderlinschen Empedokles, der klagte: Allein zu seyn und ohne Götter, dies, Dies ist er, mein Pausanias, der T o d . . .
war die Einsamkeit Nietzsches; und wie für Empedokles in dem Augenblick, als er sich selbst ein Gott dünkt, das Göttliche nur eine Selbstbespiegelung ist, eine Verdoppelung und damit eine Zerstörung seiner selbst, so sieht sich Nietzsche selbst in seinem Zarathustra wieder und zerbricht er, während er den Blick auf seinen Doppelgänger heftet 28 . Man kann sagen, daß es als eine Folge des von Nietzsche ausgeübten Einflusses zur Vertiefung der Hölderlin-Forschung kam. In der Zwischenzeit waren aber auch die geschichtlichen Studien um den Dichter vorangetrieben worden: Carl L. T . Litzmann gab die erste Sammlung von Hölderlin-Briefen 2 9 heraus, sein Sohn Berthold veröffentlichte neuerlich die Werke des Dichters 30 . Einige Jahre später, 1905, gesellte sich dazu die in wiederholten Neuauflagen bemerkenswert erweiterte Ausgabe von Wilhelm Böhm 3 1 . Der einem der bedeutendsten Gedichte gewidmete Deutungs-Versuch von Emil Petzold 3 2 bezeichnete die Vertiefung der Forschungsarbeiten als Folge der damaligen positivistischen Bemühungen; und schon 1907 erklärte Zinkernagel als Vertreter der geschichtlichen Schule, daß er mit Petzold nicht übereinstimmen könne. Zur wahrhaft wesentlichen Erneuerung der Hölderlin-Forschung kam es aber durch das Werk von Wilhelm Dilthey. Mit der umfassenden Arbeit über Hegels Jugendzeit und mit dem Hölderlin gewidmeten Aufsatze gab er zwischen 28
Einen bemerkenswerten Aufsatz über Hölderlin stellt im Hinblick auf Anklänge an ihn bei Nietzsche folgendes Werk dar: Charles Andler, Nietzsche, Sa vie et sa pensée. Les précurseurs de Nietzsche. Chapitre I I I : Hölderlin. Editions Bossard, Paris 1 1 9 2 0 . Bezüglich stilistischer Ähnlichkeiten zwischen Hölderlin und Nietzsche vgl. man die Arbeit von Hans Werner Bertallot, Hölderlin-Nietzsche. Untersuchungen zum hymnischen Stil in Prosa und Vers. In: Germanische Studien, Heft 141, E. Ebering-Verlag, Berlin 1933. Über stilistische Zusammenhänge zwischen Hölderlin und der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts werden wir in einem eigenen diesem Thema gewidmeten Kapitel sprechen.
28
C. L. T. Litzmann, Neue Mittheilungen über Hölderlin. In: Schnorzs Archiv für Literaturgeschichte, B d X V , S. 61 ff.; von dems. Verf.: Hölderlinstudien. I n : Seufferts Vierteljahrsschrift für Literaturgeschichte, II. Bd, S. 407 ff.; ferner: F. Hölderlins Leben, in Briefen von und an Hölderlin. Berlin 1890.
30
B. Litzmann, Hölderlins gesammelte Dichtung. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1897.
31
F. Hölderlin, Gesammelte Werke: Mit Einleitung und Auswahl seiner Briefe, hsg. v. W . Böhm. E. Diederichs-Verlag, Jena und Leipzig 1905, 3 Bde. E. Petzold, Hölderlins Brot und Wein: Ein exegetischer Versuch. I n : Jahresberichte des K. K. Elisabeth Obergymnasiums zu Sambor in Galizien für die Schuljahre 1 8 9 5 — 1 8 9 6 und 1 8 9 6 — 1 8 9 7 .
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1900 und 1906 eine neue Deutung 33 , welche die Frage nach der Einordnung Hölderlins in die Geschichte der deutschen Literatur und des europäischen Geistes beantwortete, obwohl die damals noch unveröffentlichten großen Hymnen nicht berücksichtigt werden konnten. Diltheys Philosophie entwickelte sich nach der durch Nietzsches Werk heraufbeschworenen Krise in der Philosophie, die sich deshalb auf Hegel besonnen und grundlegend erneuert hatte. Die Vorstellung vom „Erlebnis", auf die Dilthey seine Philosophie baute, stellte eine Weise dar, wie man sich an das wirkliche Ereignis halten und dadurch der abstrakten und daher rein gedanklichen Dialektik entziehen konnte, worin der Hegelianismus geendet hatte 34 . In den „Beiträgen zum Studium der Individualität" 35 betrachtete Dilthey die Kunst als erste Darstellung, als Mittel und Organ zum Verständnis des Lebens. Er führte unter anderem aus: „Die Kunst versucht auszusprechen, was Leben sei. Die ganze Individuation der menschlich-geschichtlichen Welt kommt zuerst in der Poesie zum Verständnis, lange bevor die Wissenschaft sie zu erkennen strebt." Die Kunst wurde als Individuation der geschichtlichen Welt gesehen und dementsprechend wandelte sich die Forschung in eine Untersuchung der Geistigkeit des Dichters und seiner Welt, wurde sie zur „Geistesgeschichte". Man suchte nicht mehr nach ursächlichen Zusammenhängen und wirkungsvollen Verkettungen, um die Dichtung zu erläutern, ja sie schien nicht einmal mehr durch geschichtliche Voraussetzungen bestimmt zu sein; vielmehr sah man in der Dichtung das Mittel zur Entdeckung und zum Verständnis des menschlichen Lebens. Die Psychologie konnte geistige Typen und Vorgänge beschreiben und miteinander vergleichen, aber nur die Kunst konnte sie entdecken und darstellen; und unter allen Künsten konnte gerade die Dichtung Typen und Charaktere nach einer einheitlichen Weltschau vorführen. Die Kunst war wesentlich ein Erfassen und Bezeichnen der Wirklichkeit durch das Erlebnis und lieferte der Wissenschaft und der Geschichte dieses Erlebnis: „Das Herausheben der innersten menschlichen Lebendigkeit in einer geschichtlichen Situation und Gestalt wird aber immer nur 33
34
35
W. Diltheys Interesse an H e g e l zeigte sich schon in den einleitenden Bemerkungen zur Ausgabe der „Briefe v o n und an Hegel". In: Archiv für Geschichte der Philosophie, Jg. 1888, S. 289—299; hierauf in der umfassenden und berühmten Besprechung Diltheys v o n K u n o Fischers Werk über Hegel in der Deutschen Literatur-Zeitung, N r . 1, 1900, und fand ihren eigenständigen Ausdruck in der „Jugendgeschichte Hegels" in den Abhandlungen der königlich-preußischen Akademie der Wissenschaften 1905. Durch seine Studien über Hegels Jugend und seine Freundschaft mit Hölderlin wurde Dilthey zu einem eigenen Aufsatz über den Dichter angeregt, der aus dem Jahre 1906 stammt und in dem Sammelbande „Das Erlebnis und die Dichtung" enthalten ist. Für einen Überblick zur Entwicklung des deutschen Geistes nach Nietzsche vgl. man des Verf. Kapitel „Filosofia tragica" der „Linee di un'interpretazione delle lettere e del pensiero tedesco nel nuovo secolo" in: N o v e c e n t o Tedesco. Principato, Mailand 1942. Zur Deutung v o n Diltheys Ansichten vgl. man die äußerst wichtigen Untersuchungen v o n Carlo Antoni in: D a l l o storicismo alla sociologia. Florenz 1940, S. 31—38. Eine besondere Darstellung v o n Diltheys Grundsätzen in der Kritik bietet die gute Einleitung v o n N . Accolti zur italienischen Ausgabe v o n „Das Erlebnis und die Dichtung": Esperienza vissuta e poesia. Istituto Editoriale Italiano, Mailand 1947. Vgl.: W. Dilthey, Werke, V. Bd, S. 280. Teubner-Verlag, Leipzig—Berlin.
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der Hegelschule
mit
Hölderlin
in der Poesie vollkommen vollbracht werden", bemerkte Dilthey 3 8 . Zweifellos flössen die Umwelt, die allgemeinen Gegebenheiten eines Zeitraumes und einer Generation, die kulturellen Voraussetzungen, das Soziale und Politische in die Gestaltung eines Kunstwerkes ein; dieses faßt aber eine "Weltanschauung zusammen und verwandelt die Schau: „Die Dichtung ist Organ des Lebensverständnisses, der Poet ein Seher, der den Sinn des Lebens erschaut." 37 Eine derartige Vorstellung von der Dichtung erlaubte es, sie in Zusammenhang mit der Geistigkeit und der Entwicklung einer Epoche zu sehen und die kritische Deutung durfte sich nicht nur auf die geschichtlichen Bedingungen und ihre Wurzeln in der Vergangenheit stützen, sondern mußte weiters die Entwicklung des Geistes und der Geschichte auch über die Generation hinaus berücksichtigen, welcher der Dichter angehörte, also den Blick in die Zukunft werfen. Gerne weisen wir darauf hin, daß Dilthey die Kunst und die Dichtung als einen A k t der Freiheit sah, der sich außerhalb aller Bedingtheiten vollzieht. So untersuchte Dilthey die Wichtigkeit von Hölderlins Werk an H a n d seiner geistigen Übereinstimmung mit den Dichtern der Romantik; und es zählt nicht zu den geringsten Verdiensten seiner Darstellung, Hölderlin als einen Vorläufer eingestuft zu haben. Das beweisen seine eigenen Worte: Eine neue Melodie entfaltete sich in diesem musikalischen Genie. Es war eine prophetische Sdiöpfung. In ihr bereitete sidi der rhythmische Stil eines Nietzsche vor, die Lyrik eines Verlaine, Baudelaire, Swinburne, und was unsre neueste Dichtung sucht. Träumend an stillen Bächen, die leise plätschernd den Gesang seiner Seele begleiten, nachzeichnend die ruhigen sanften Linien der süddeutschen Berge und Flüsse in seinen Rhythmen, hat er langsam diese neue Form gefunden. „Wie Jupiters Adler dem Gesang der Musen, lausch' ich dem wunderbaren unendlichen Wohllaut in mir " — »der Melodie des Herzens". 8 8
Eine Frage, die erst Friedrich Beißner, der Herausgeber der monumentalen kritischen Ausgabe von Hölderlins Werken, stellen konnte 39 , hat Dilthey weder erkannt noch formuliert: An welches genaues Gesetz hielt sich diese neue Form der Dichtung? In Diltheys Arbeit drückt sich eine Art ästhetischer Empirismus aus; wie genau er auch forscht, so ist es dennoch bemerkenswert, daß er sich nicht auf die gleichzeitig mit Hölderlin schaffenden oder unmittelbar auf ihn folgenden Dichter bezieht, sondern vielmehr auf die Künstler einer späteren Zeit, die nicht der spontanen Anregung vertrauten, sondern in der Art Baudelaires in der Dichtung eine 36
W . Dilthey, Die geistige Welt: Die Kunst als erste Darstellung der menschlich-geschichtlichen Welt in ihrer Individuation. In: Werke, V. Bd, S. 276, Teubner-Verlag, Leipzig— Berlin.
37
W . Dilthey, Das Wesen der Philosophie: Ihre Stellung in der geistigen Welt. Die Lebensanschauung der Dichter und die Philosophie. In: Werke, V. Bd, S. 394, Teubner-Verlag, Leipzig—Berlin.
38
W.Dilthey, Das Erlebnis und die Dichtung: Lessing, Goethe, Novalis, Teubner-Verlag, Leipzig—Berlin 1 0 1929, S. 351.
Hölderlin.
39
Man vgl.: F. Beißner, Dichterberuf. Vortrag in der Jahresversammlung „Hölderlin-Jahrbuch" 1951. J . C. B. Mohr-Verlag, Tübingen 1951.
1950.
In:
Auseinandersetzung
der Hegelschule mit
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Verfahrensweise und eben eine Gesetzmäßigkeit erblickten 40 . Zu Diltheys Hinweis auf Nietzsche, Baudelaire und Swinburne war es auf Grund einer melodischen Ähnlichkeit und — zumindest teilweise — wegen eines verwandten geistigen Erlebnisses gekommen; weiterhin sprach aber Dilthey nodi von Hölderlins geschichtlicher Stellung und von dem Gegensatze, der sich für ihn zwischen seiner Umwelt und seinem Erleben öffnete 41 : Der Widerstreit zwischen Natur und Konvention steigerte sich damals im Verlauf der gesellschaftlichen Entwickelung. Eine grenzenlose Energie des Willens zum Ideal und zur Freude, ungeheure Forderungen an die Ordnungen der Gesellschaft, ja an die der Natur selber, Sehnsucht in unendliche Fernen und nach unerhörten Glückszuständen breiteten sich in der europäischen Gesellschaft aus. Unendlichkeit ist ein Wort, das für das Gemüth, für seine Zustände, seine Gegenstände als Ausdruck der neuen Art zu fühlen überall dem Leser der Dichtungen und philosophischen Schriften jener Tage begegnet. Die Krise des Geistes als Folge der Französischen Revolution, die Enttäuschung durch die militärische Herrschaft Napoleons und den darauffolgenden politischen Umsturz in Europa fanden auch in der Literatur ihren Niederschlag: Dies waren die historischen Bedingungen, unter denen von Hölderlin bis auf Leopardi geniale Naturen auftraten, die mit einer beinahe pathologischen Reizbarkeit für die Harmonien wie für die Dissonanzen ausgestattet waren, welche die Welt in unserer Seele hervorruft. Lord Byron lebte an den Grenzen von Unbändigkeit und Wahnsinn; Leopardi war durch körperliche Mißgestalt mit der Natur selbst in Widerstreit; Schopenhauer war erblich belastet; und indem in Hölderlin die seelische Reizbarkeit mit der Ungunst seiner Verhältnisse zusammenstieß, ist er demselben Schicksal verfallen wie nach ihm Nietzsche.42 Karl Voßler, der sich auch auf Diltheys kritische Gedanken stützte, erinnerte in seinem Buche über Leopardi an einige Dichter aus der gleichen Zeit, die ihm verwandt zu sein schienen: Wenn man aber weiterhin im Abendland die lyrischen Stimmen belauscht, die beim Übergang der Aufklärung in die Romantik erklingen, so gesellt sich ihm (Leopardi) da und dort ein Sänger zu, den man als melodisch mit ihm verwandt erkennen muß. In Frankreich kann man an André Chénier und Alfred de Vigny denken, in Deutschland möchte ich Hölderlin als seinen echtesten Bruder bezeichnen . . . In ganz Europa hatte der Ausbruch des französischen Umsturzes einen staatlichen und gesellschaftlichen Gegendruck erzeugt, der auf seelischen Jünglingsnaturen, wie diese zwei hochherzigen Denker und Dichter es waren, am schwersten lastete. So sind sie durch Veranlagung und Geschichte bestimmt, in ähnlicher Weise zu leiden, und der Gesang ihres Schmerzes erhebt sich in einem unbewußten Wetteifer und Einklang von keuscher, inniger Schönheit.43 40
41 42 43
Zur Erläuterung der Bedeutung und der Wichtigkeit dieser Erforschung von Baudelaires dichterischer Verfahrensweise auf Grund genauer Berechnungen vgl. man vom Verf. die Arbeit „Baudelaire e la coscienza della missione poetica". In: Rivista di Letterature Moderne, Florenz, Oktober 1950 und Dalla sensibilità al nichilismo, S. 283 ff. Feltrinelli, Mailand 1962. W. Dilthey, op. cit., S. 397. W. Dilthey, op. cit., S. 398. K. Voßler, Leopardi, Heidelberg 21930, ital. Ausgabe Neapel 1925. Ein Kapitel des Buches widmet sich einem Vergleiche zwischen Leopardi und Hölderlin. Die Gegenüber-
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der Hegelschule
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Hölderlin
V o ß l e r erläuterte auch den Gegensatz und den Unterschied zwischen Leopardis Absage, K r i t i k , Skepsis und Verneinung der W e l t gegenüber und Hölderlins H a l tung, der sich in „Ergebenheit" und eher „als ein Frommer, Gläubiger und Stifter einer großen R e l i g i o n " darstellt. Nach V o ß l e r ist Empedokles, der H e l d der Tragödie, das Symbol dieser Religiosität, während sich Leopardis pessimistische Verneinung in Bruto Minore verkörpert. U n d V o ß l e r fährt fort, die geistige Verwandtschaft hervorzukehren, die nichtsdestoweniger die beiden Dichter einander nähere: D i e Verwandtschaft zweier einander völlig unbekannten Dichter einer Zeit und die Ähnlichkeit dieser Dichter mit Musikern einer nachfolgenden Epoche fand eine Rechtfertigung durch die Vorstellung, daß sie alle eine geistige Familie bilden: Es ist die europäische Familie der großen Lyriker des Weltschmerzes, zu der man als entferntere Verwandte noch Byron und Alfred de Vigny und als späte Abkömmlinge vielleicht Wagner und Nietzsche zählen mag. Eine solche Familie wird nicht durch klassische oder romantische, noch romantischklassische Schultradition gebildet. Aus Schulen werden nur selten Familien und lyrische schon gar nicht. Es bedarf gemeinsamer politischer und seelischer Nöte von Völkern und Jahrhunderten, um den Einklang so eigenwilliger und zarter Töne wie Hölderlins und Leopardis Gedichte erfassen zu lernen.
A u f diese Weise wurde der Standpunkt bestimmt, von dem aus Hölderlins Werk betrachtet werden muß; obwohl mit einer geschichtlichen Betrachtung die Aufgaben der Forschung nicht erschöpft sind, wird ein Dichtwerk doch aus ihr heraus erfaßt und kann man auch nicht die idealen Ubereinstimmungen und Beziehungen übersehen, die es erst erlauben, einen Dichter nicht gleichsam abstrakt aus seiner Zeit und aus der Geschichte herauszulösen. D i e Bestimmung der geschichtlichen Lage Hölderlins müßte als eine Voraussetzung für jede Deutung seines Werkes gelten, und das nicht nur durch Hinweise auf die Entwicklung des Dichters an H a n d der Überlieferung der deutschen Klassik, sondern auch in Hinblick auf den Weg des europäischen Geistes und der Dichtung im 19. Jahrhundert. Dilthey wies besonders auf die Kluft hin, die zwischen Hölderlins auf Grund der geschichtlichen Lage erhobenen idealen Forderungen und der Unmöglichkeit ihrer Verwirklichung klaffte. D e r Dichter unterwarf sich folglich dem Erlebnis eines noch tieferen Abgrundes im menschlichen Leben, und zwar der Erkenntnis der göttlichen H a r m o n i e der W e l t auf der einen Seite und ihrer ununterbrochenen tragischen Auflösung auf der anderen. D e r Dichter hielt es für seine Pflicht, diese Erfahrung auf sich zu nehmen; und deshalb schrieb D i l t h e y : „Das Heldengedicht, das er leben und dichten wollte, ward zur Tragödie des Opfers." 4 4 Diltheys Darstellung verfolgt die Entwicklung Hölderlins an H a n d des bereits traditionell gewordenen Weges: Von Klopstock und Schubart zu Schiller ergänzen Anregungen durch den Goethe des „Sturm und D r a n g " und die humanistische
44
Stellung wurde kürzlich in dem schon erwähnten Werke von G. Necco wiederholt: Leopardi e Hölderlin. Man vlg. ferner: R. Bottacchiari, Hölderlin e Leopardi, nel I Centenario della morte del poeta tedesco. In: Bollettino dell'Università di Perugia, 1. August 1943. W.Dilthey, op. cit., S . 3 5 1 .
Auseinandersetzung
der Hegelschule
mit
Hölderlin
45
Tradition in Deutschland ab Winckelmann, die auch durch einen seiner Lehrer, nämlich Philipp Conz am Tübinger Stift, auf Hölderlin gekommen war. Den Stiftsschülern erschien es, als müßten die Französische Revolution, Kants Philosophie und die Dichtung der deutschen Klassik das menschliche Dasein verwandeln; und Hölderlin stand genau so wie seine Mitschüler Hegel und Schelling unter dem Einfluß des von Kant, Schiller und Humboldt ausgeführten Freiheits-Idealismus; dazu begünstigten die Anregungen durch Shaftesburys Piatonismus, und Schillers Philosophische Briefe das Entstehen eines Pantheismus, in dem auch die herkömmliche Religion mit der Naturvorstellung der griechischen Mythen zusammenfloß. Die Vereinigung mit der Natur sowie die Vorstellung von einer Ähnlichkeit zwischen Natur, Menschen, Helden und Göttern waren für den Dichter ein wirkliches Erlebnis, aus dem sich der Gedanke an eine Kunst als Verherrlichung der Schönheit der Welt, der menschlichen Tugenden und schließlich in der Form der Hymne als Verherrlichung des Göttlichen erhob. Diltheys Ausführungen wenden sich besonders den Jugendhymnen zu, die er „Hymnen an die Ideale der Menschheit" nannte; sein Urteil über sie hat bleibenden, endgültigen Wert. Der Roman „Hyperion" wurde in der Überlieferung des deutschen Bildungsromanes gesehen, dessen Geschichte der Verfasser kurz umreißt, wobei er bis zu einer Untersuchung der durch Rousseau auf dieses Gebiet ausgeübten Einflüsse zurückgeht. Der Bildungsroman ist nicht biographisch, sondern enthält vielmehr die Suche nach einem Gesetz für die Entwicklung der Persönlichkeit; Goethes „Meister" war für die deutsche Klassik beispielhaft; er schloß mit der Anerkennung einer Gesellschaft als Ergebnis einer geschichtlichen Entwicklung. Hölderlins Roman aber bedeutete eine Kritik an den Werten, und so sieht Dilthey darin „eine Bildungsgeschichte, in deren Verlauf doch die Kraft des Helden vielmehr zerstört zu werden scheint, die Verkündigung eines künstlerischen Pantheismus, die doch mit der Flucht vor dem Leben und seinem Leiden endet" 45 . Es ist also die Geschichte einer Katastrophe; und wenn Dilthey behauptet, daß Hyperions Erleben die Entwicklung des deutschen Geistes von Goethes „Meister" bis zu Nietzsches „Zarathustra" bezeichnet, können wir daraus ableiten, daß sich im „Hyperion" die Krise ankündigt, die sich später in Nietzsches Werk endgültig ausdrücken wird. Aus dieser Haltung wurde von Dilthey auch die Tragödie „Empedokles" als das Drama des Übermenschen betrachtet. Er sah Hölderlins Werk immer in Zusammenhang mit seiner Zeit und betonte das Prophetische darin, den Unterschied zwischen dem religiösen Fühlen des Dichters und der Aufklärung und gleichzeitig die Verkündigung einer geistigen Welt, die sich im Laufe des 19. Jahrhunderts bilden und festlegen wird. Und nach einer von Rosenkranz begründeten Überlieferung glaubte Dilthey, daß Hölderlins dichterische Anregung auf Schellings und Hegels Gedankengänge einwirkte. Eine Verwandtschaft mit Hegels Überlegungen läßt sich auch aus Hölderlins Ankündigung einer neuen geistigen Welt herauslesen. Hegels Gedanken aber durchdrangen in Wahrheit von sich aus die sich bildende Welt, während ihr Hölderlins Werk fremd blieb; überhaupt gelangte Hegel zu einer Art 45
W. Dilthey, op. cit., S. 398 f.
46
Auseinandersetzung
der Hegelschule
mit
Hölderlin
Übereinstimmung mit seiner Zeit, dodi das ganze Werk des Dichters, besonders die Tragödie, bestätigt seinen unversöhnlichen Gegensatz zu ihr. Nichtsdestoweniger wird Empedokles im zweiten Teil des Dramas zum Verkünder eines neuen Evangeliums, das dem Dichter zu eigen ist; er ist davon überzeugt, daß es zu einer Neuordnung des sozialen Lebens und der Welt kommen müsse, „Er sah, daß dies auf einen großen Glauben gegründet sein müsse, der die Natur, den Menschen und die Gesellschaft innig verbände" 4 6 , wie Dilthey schrieb. Empedokles, dessen Tragödie es ist, der „Hybris" zu unterliegen, „trägt an jener schuldlosen Schuld, welcher nach Hegel die erhabenen tragischen Gestalten der Geschichte unterliegen — Christus, Sokrates" 4 7 . Dilthey hebt in seinen Betrachtungen über Hölderlins Lyrik auch hervor, daß des Dichters Erlebnis immer die Ganzheit seines Daseins und seines Lebens umfaßte; und zwar bot sich ihm in jedem inneren Erlebnis ein allgemeiner Zug des Lebens dar; die Dichtung wurde chorisch. Bei den letzten Hymnen aus der Homburger Zeit, die damals erst bruchstückhaft bekannt waren, verweist Dilthey auf Nietzsches dithyrambische Dichtungen, doch stößt er nicht bis zu einer endgültigen Deutung vor. Sein Aufsatz ermöglichte es aber Friedrich Gundolf, der ihn sich zum Vorbild nahm, die Forschung zu befähigen, das Erlebnis des Dichters dichterisch neu zu beleben; und auf diesem Wege gelangte Gundolf zum ästhetischen Urteile. Der Eindruck, den die Gegenwart eines großen Dichters, Stefan Georges, hervorrief, erlaubte es dem Kreis um ihn, seiner Schule, durch Analogie zu verstehen und das Dichterische zu vertiefen, sei es auch nur dadurch, daß willkürlich einige Züge aus der dichterischen Welt Stefan Georges auf die Hölderlin-Forschung übertragen wurden. Dilthey hatte Hölderlin über Nietzsche erkannt; Friedrich Gundolf und Norbert von Hellingrath hingegen fanden den Weg zu ihm über Stefan Georges Gedichte. Dieser hatte sich aber an der französischen Schule des Symbolismus, an Mallarmé und dem Wandel der Sprache und der dichterischen Formen bei Baudelaire ausgerichtet. Die Schule von Stefan George deutete Hölderlin nach einer Erfahrung, welche die Entwicklung der europäischen Dichtung von der Romantik bis zum Symbolismus umfaßte; und jetzt erst offenbarte sich Hölderlin in seiner ganzen Größe als Verkünder neuer Formen der Dichtung und als Vorbild erhabenster hymnischer Werke. Die Neuausgabe von Hölderlins Schriften, die Norbert von Hellingrath begann, bedeutete recht eigentlich die Entdeckung von Hölderlins wahrer Dichtergröße.
46 47
W . Dilthey, op. cit., S. 434. W . Dilthey, op. cit., S. 435.
IV. Der Streit zwischen den Positivisten und dem George-Kreis : Norbert von Hellingrath und seine Hölderlin-Ausgabe Es ist weder unsere Absicht, den Weg der Hölderlin-Forschung in der Weise zu verfolgen, daß wir alle ihre Beiträge in der zeitlichen Reihenfolge ihres Erscheinens untersuchen, noch wollen wir eine Bibliographie zusammenstellen; wir möchten vielmehr versuchen, zu einer Geschichte der Forschung zu gelangen, zu der nur jene Schriften zählen, die etwas Neues beitrugen, nicht die einfachen Erläuterungen oder Erweiterungen von bereits ausgearbeiteten Interpretationen. Daher können hier zahlreiche Untersuchungen und Arbeiten übergangen werden. Ein wesentliches Thema dieser Geschichte der Hölderlin-Forschung betrifft allerdings die Ausbildung der von der Schule Stefan Georges vorgebrachten Deutung und Zinkernagels Polemik gegen sie, der sich völlig an die Überlieferung der positivistisch-historischen Schule hielt. Wie wir bereits erwähnten, versuchte Zinkernagel schon 1907, als er über die Forschungen berichtete, die ihn zur Entdeckung und Veröffentlichung der sogenannten „Metrischen Fassung" des „Hyperion" geführt hatten, die verschiedenen Entwicklungsstufen von Hölderlins Roman festzulegen; er unterschied dabei die Einflüsse, die nacheinander Schiller, Fichtes Lehre und schließlich die neue philosophische Richtung Schellings auf den Dichter ausübten 1 . Später ließ Zinkernagel in der von ihm besorgten Hölderlin-Ausgabe außer dem endgültigen Wortlaute des Romanes auch die verschiedenen fragmentarischen Fassungen abdrucken, die dem endgültigen Text vorausgegangen waren; er stellte einige Bruchstücke aus der Frankfurter Zeit zu einer Form zusammen, die er die „Lovell-Fassung" nannte, weil sie nach seiner Meinung durch Tiecks „William Lovell" beeinflußt worden war. Die Frage der Entstehung des „Hyperion" und der verschiedenen unvollendeten Fassungen ist seither eingehend behandelt worden. I m Anhange zum zweiten Bande der von Hellingrath begonnenen Hölderlin-Ausgabe veröffentlichte Friedrich Seebaß, der Herausgeber dieses Teiles, der auch den Roman enthält, die verschiedenen fragmentarischen Fassungen, doch ordnete er sie anders als Zinkernagel; auch faßte er die mit der Abfassung und der endgültigen Form des Romanes
1
Man vgl. das o. a. Werk von Zinkernagel, Die Entwicklungsgeschichte von Hölderlins Hyperion. K. J . Teubner-Verlag, Straßburg 1907. Eine von Zinkernagels Auslegung verschiedene und heute nodi aktuelle Untersuchung
der Entstehung
des
Romans
„Hyperion" stammt von Adolf von Grolmann, F. Hölderlins Hyperion. Stilkritisdie Studien
zu
dem Problem
der Entwicklung
dichterischer
Ausdrucksformen,
C.
F.
Müller'sche Hofbuchhandlung m.b.H., Karlsruhe 1919. Man sehe ferner: J . Claverie, L a jeunesse de Hölderlin jusqu'à Hyperion, Paris 1921.
48
Der Streit zwischen den Positivisten
und dem
George-Kreis
zusammenhängenden Fragen zusammen 2 . Es sollen hier nicht die einzelnen Streitpunkte, die zu der Polemik unter den Herausgebern Hölderlins gehören, aufgezählt, sondern nur ihr Hintergrund angedeutet werden. Die historische Schule hielt es für möglich, die Ausformung und Entwicklung eines Dichtwerkes dadurch nachzuzeichnen, daß sie die geschichtliche Lage des Dichters, die literarischen Bedingungen seiner Zeit und die auf ihn wirkenden Einflüsse untersuchte. Deshalb hatte sich Zinkernagel schon 1907 gegen die kritische Überlieferung gewendet, die sich gerade entfaltete und ihren ersten Ausdruck in dem Buche von Alexander Jung gefunden hatte. Diese Richtung versuchte nun, bei Hölderlin die Ursprünglichkeit der dichterischen Schau zu erkennen, durch die der Dichter über seine Zeit hinausreichte; nach Zinkernagel müßte der wissenschaftlichen Literatur-Forschung jedoch eine andere Aufgabe gestellt werden, und zwar, wie er selbst sagt, „zunächst einmal das von außen her Gegebene genauestens festzustellen, um alsdann auf dem Untergrunde des Typischen das mehr oder weniger Individuelle umso schärfer zu erfassen" 3 . Mit diesem Verfahren will man also feststellen, welchen äußeren Einflüssen der Dichter unterlag und in diesen besonders die Züge der Zeit erkennen, um auf diese Weise das mehr oder minder Eigenständige eines Dichtwerkes herauszuarbeiten. Dabei übergeht man aber den Wesenskern der dichterischen Individualität, oder — wenn wir es mit Goethes Worten orphisch ausdrücken wollen — den „Daimon" 4 , jene Geprägte Form, die lebend sich entwickelt,
und verleiht hingegen der „Tyche", den Umständen, unter denen sich die Individualität entwickelt, derartiges Gewicht, daß man dadurch die grundlegende U r sprünglichkeit geradezu verleugnet. Für Zinkernagel ist die dichterische Gültigkeit von Hölderlins Werk nach zwei Seiten hin begrenzt: einerseits durch die Einflüsse, denen der Dichter in einer so überaus reichen Zeit, wie es die Klassik war, ausgesetzt war — andererseits durch den langsamen Verlauf einer Krankheit, die im Wahnsinn endete. Nur ein Werk, das in dem Raum zwischen diesen beiden Endpunkten zur Vollendung gedieh, konnte also für wahrhaft ursprünglich gehalten werden. Es könnte scheinen, als hätte sich Zinkernagel mit seiner Veröffentlichung fast ein ganzes Jahrhundert später wiederum auf die von Uhland und Schwab für die Ausgabe von 1826 aufgestellten Bedingungen stützen wollen. Die Ursprünglichkeit des Dichters wird also nicht als die erste Voraussetzung angesehen; man möchte sie vielmehr dadurch fassen, daß man zunächst alle äußeren Einflüsse auf den Dichter und dann alle durch den fortschreitenden Wahnsinn hervorgerufenen Veränderungen ausschließt. Zinkernagel bestand daher auf der Abhängigkeit des Denkens und Dichtens Hölderlins von Schiller und Winckelmann, vom Studium Kants und der 2
3
4
F. Hölderlin, Sämtliche Werke, II. Bd, besorgt durch F. Seebaß. Propyläen-Verlag, Berlin 1923, S. 4 8 6 — 5 6 8 . F. Hölderlin, Sämtliche Werke und Briefe, I. Bd. Insel-Verlag, Leipzig 1922. (Hsg. v. F. Zinkernagel.) Einleitung, S. I X . Vgl.: J . W. v. Goethe, Gedichte, Gott und Welt, Urworte. Orphisch.
Der Streit zwischen den Positivisten und dem
George-Kreis
49
späteren Wirkung Fichtes5 und schließlich von dem auf ihn durch Schelling mit der Formulierung des objektiven Idealismus ausgeübten Einfluß. Die kritische Tradition hat schon ab Rosenkranz angenommen, Hölderlins dichterische Intuition habe auf die Gedanken seiner Mitschüler Hegel und Schelling eingewirkt; Zinkernagel dreht nun die Abhängigkeit um und leitet die Vorstellungen des Dichters aus den Gedanken der Philosophen ab. Wir wollen weder den Wert des kulturellen Erbes, das sich Hölderlin aneignete, noch die Bedeutung eines Ideenaustausches zwischen dem Dichter und den befreundeten Philosophen schmälern, doch hat Hölderlin das auf ihn überkommene Erbgut an Hand seiner persönlichen Deutung verändert. Und gleicherweise muß man bemerken, daß sich im Dichter der objektive Idealismus, die Verwandlung der Erfahrung des Ichs in die Objektivität des Seins, nicht durch logische Überlegungen vollzog, daß er sich auch nicht an die Ergebnisse von Schellings Denken hielt; das geschah vielmehr über eine innere Erfahrung, die sich in der konkreten Verwirklichung eines Mythos verdichtete, in Diotima menschliche Gestalt annahm. E i n Aspekt von Zinkernagels Deutung verdient jedoch nach unserer Meinung, positiv hervorgekehrt zu werden: die Betonung des steten Bemühens Hölderlins, die Grundsätze dichterischen Schaffens bewußt und streng zu fassen; und wenn auch dieser Zug bereits traditionell war und ihn Zinkernagel als eine Folge von Hölderlins kritischem Philosophieren ansah, so führte die Anerkennung einer „unheimlichen Bewußtheit der künstlerischen Intentionen" 8 beim Dichter von sich aus zu der Forderung, diese Bewußtheit künstlerischer Absichten bei Hölderlin zu untersuchen und darzustellen, auf welche Weise und nach welchen Gesetzen sich die künstlerische Gestaltung bei ihm vollzog. Umso verwunderlicher scheint es, daß Zinkernagel nicht wenigstens auf diesem Wege zu einem Verständnis des tieferen Grundes für den von der George-Schule geschaffenen Hölderlin-Kult gelangte; nicht allein, weil „der kranke Hölderlin in dem Zurückdrängen alles rein Gedanklichen bereits geleistet hatte, was die Moderne vielfach bewußt erstrebt" 7 , sondern weil die Moderne gemeinsam mit Hölderlin nach einem der Dichtung eigenen Gesetz und an Hand des nicht nur von Hölder5
6 7
4
Uber Fichtes Einfluß auf Hölderlin kann man mit N u t z e n erneut die Untersuchung durchlesen v o n Wilhelm Schmidt, Fichtes Einfluß auf die älteren Romantiker. In: Euphorion X X (1913), S. 647 ff., in der darauf hingewiesen wird, daß dieser Beeinflussung ein übertriebener Wert beigemessen wurde und man sich weder zur Erklärung v o n Hölderlins Republikanismus noch seiner Unterstützung der Freiheit auf Fichte zu berufen braucht; der Verf. fährt fort: „Der besondere Einfluß Fichtes auf Hölderlin beschränkt sich also auf jene wenigen Stellen, w o der ,Gott im Menschen*, die nach unendlicher Tätigkeit strebende Kraft des Ich, hervorgehoben wird, und ist selbst hier noch sehr beschränkt durch das Bewußtsein einer fremden Macht, des Schicksals, welches in der fichtesdien Philosophie gar keine Gültigkeit mehr hat." So geschieht es noch im Roman; in der Tragödie „Empedokles" ist aber der Einfluß Fichtes geschwunden und es überwiegen viel eher die Vorschläge Schillers, Rousseaus und der Griechen: „Aus diesen Elementen baute sein Geist sich eine ätherische Welt. Aber er fand aus ihr nicht den P f a d , der ihn zur Wirklichkeit hätte führen können, und ging darum zu Grunde." Vgl.: F. Zinkernagel, Einleitung zur Ausgabe der Werke Hölderlins, S. X X X V . s. o., Einleitung, S. X L I . Hölderlin
50
Der Streit zwischen den Positivisten und dem
George-Kreis
lins hymnischer Dichtung, sondern reichlich später vom französischen Symbolismus gegebenen Beispiels nach einem von den logischen Zusammenhängen des reflektierenden Denkens freien dichterischen Schaffen sucht. U n d man kann keinesfalls der Beobachtung beipflichten, daß es bei Hölderlin erst als eine Folge der K r a n k h e i t zu einem Verzicht auf Logik und Reflexion in der Dichtung kam, da dies eher die Suche und das Finden eines hymnischen Stiles auf Grund der ihm innewohnenden kompositorischen Gesetze bezeichnete; und das beweist ein strenges kritisches Bewußtsein. D e r Verzicht auf ein logisches Verfahren, der sich in den großen H y m n e n ausdrückt, läßt sich in den Gedichten, die Hölderlin in den langen Tübinger Jahren nach dem Ausbruch der Geisteskrankheit schuf, nicht mehr nachweisen; hier kehrt die Dichtersprache, wenn auch in sehr einfacher Form, zu den logischen Zusammenhängen zurück und entwickelt sich nach ihnen, auch wenn sie manchmal darüber hinaus zum intuitiven Schwung der großen Dichtung durchbricht. D i e Hölderlin-Renaissance oder wenigstens eine bessere Kenntnis seiner Werke beginnt eigentlich im J a h r e 1900, als Stefan George und K a r l Wolfskehl ihre Anthologie „Die deutsche Dichtung" 8 veröffentlichten, in der allerdings außer Goethe nur J e a n Paul ein ganzer B a n d gewidmet wurde, während die Auswahl von Hölderlins Gedichten gemeinsam mit Werken von Klopstock, Schiller, Novalis, Brentano, Eichendorff, Platen, Heine, Lenau, Hebbel, Mörike und C . F. Meyer in dem Bande „Das Jahrhundert Goethes" enthalten ist. Bemerkenswert ist das im Vorwort gefällte Urteil, wobei unter den zwölf ausgewählten Dichtern Schiller und Heine als deren belanglosere aufscheinen, während Brentano und Platen mit einer reicheren Auswahl als Hölderlin vertreten sind, dessen volle Bedeutung George noch nicht erfaßt hatte. H i e r ist nicht der O r t , auf Georges dichterisches W e r k einzugehen; für uns genügt der Hinweis, daß George und sein Kreis in ihren Gedanken über die Dichtung die überwiegende Bedeutung der Person, der Individualität des Dichters gegenüber jeder A r t äußerer Bedingtheit betonen. D i e besondere Lage, in der sich George zu seiner Umwelt befand, der Gegensatz und die Spannung zu seinen Zeitgenossen, die noch im Banne des Verismus und des Naturalismus standen, mußten ebenso wie das Vorbild Nietzsches ihn und seinen versammelten Kreis zur Ausschau nach anderen großen Dichtergestalten anregen, die wie er zu ihrer Zeit in Gegensatz standen 9 . 8
Die deutsche Dichtung, hsg. und eingeleitet von Stefan George und K. Wolfskehl. Verlag der Blätter für die Kunst, Berlin 1900—1902. I. Bd: Jean Paul, Ein Stundenbuch für seine Verehrer; II. Bd: Goethe; III. Bd: Das Jahrhundert Goethes.
9
Für eine kritische Würdigung des Werkes von George sehe man auch vom Verf.: Stefan George. In: Die Runde, Berlin 1935; erneut veröffentlicht in „Novecento Tedesco"; ferner in dems. Werke das Kapitel über den Humanismus (S. 203 ff.) und den vom Verf. betreuten und George gewidmeten Band von „Convegno", an dem mitarbeiteten: L. Vincenti, Introduzione all'opera die Stefan George; A. Banfi, Avvicinamento a George; Ernst Gundolf, George e gli antichi; V. Errante und L. Traverso, Versioni poetiche dall'opera di Stefan George. ( = II Convegno, Nr. 9/10, 1937.) Der Beitrag von L. Vincenti wurde später aufgenommen in: Saggi di Letteratura Tedesca, Ricciardi, Mailand-Neapel 1953. Bezüglich der Bibliographie zu George sehe man außer Friedrich Gundolf, George. Berlin 1921; und Friedrich Wolters, Stefan George und die Blätter für
Der Streit zwischen den Positivisten
und dem
George-Kreis
51
Stefan George entdeckte eine Ähnlichkeit zwischen dem notwendigen Antikonformismus zur Zeit in seiner eigenen geschichtlichen Lage und den Gedanken Nietzsches, ging in die Schule Baudelaires und übersetzte die „Fleurs du m a l " ; von Mallarmé übernahm er die Grundsätze für sein eigenes Schaffen. Norbert von Hellingrath ging dann von den Modernen bis zu Hölderlin zurück, in dessen Werk er eine Vorwegnahme der neuen Dichtung und das Vorbild einer großen deutschen Hymnendichtung fand. Darauf war Hellingrath durch die Studien vorbereitet, die er unter Anleitung seiner Universitäts-Lehrer über Georges Verlaine-Ubersetzungen, den Aphorismus bei Nietzsche und die französischen Moralisten ebenso ausgeführt hatte, wie er sich mit den Vorsokratikern und den Gnostikern beschäftigte. Als er die griechischen Tragödien las und sie mit den verschiedenen deutschen Übersetzungen verglich, erkannte er erstmals die Bedeutung von Hölderlins Übertragungen und wurde er angeregt, unter den Stuttgarter Hölderlin-Manuskripten die Pindar-Übersetzungen zu studieren. Seine Bekanntschaft mit dem Werke Stefan Georges und die Lektüre von „Der siebente ring" erlaubten es ihm, den Dichter auch als Priester und Seher zu erkennen; so wurden ihm die späten Hymnen Hölderlins leichter verständlich. Es vollzog sich also bei Hellingrath jener Vorgang, demzufolge wir behaupten, daß nicht die Vergangenheit, die Literatur und die Dichtung um oder kurz vor Hölderlin, sondern die Zukunft, das Folgende, Hölderlins Haltung seinem Werke gegenüber bestimmte; und aus dem Studium der Dichter des französischen Symbolismus und Stefan Georges wurden jene Ausdrucksformen klar, die Hölderlin schon ein Jahrhundert vorher verwendet hatte. Hellingrath verdanken wir tatsächlich die Wiederentdeckung von Hölderlins Werk. Noch 1910 nahm George in die Neuausgabe der Anthologie zur Dichtung der Goethezeit nur ein einziges weiteres Gedicht Hölderlins auf, die erste der späten Hymnen in freien Rhythmen „Wie wenn am Feiertage . . I n z w i s c h e n hatte sich aber auch Friedrich Gundolf dem Studium Hölderlins gewidmet und 1911 eine Deutung des „Archipelagus" gegeben, die nach Petzolds Interpretationsversuch zweifellos das erste wertvolle
die Kunst. Berlin 1930; audi: Jahrbücher für die geistige Bewegung, Berlin 1 9 1 0 — 1 9 1 3 , und unter den jüngsten Werken über den Dichter Claude David, Stefan George, son œuvre poétique, Bibliothèque de la Société des études germaniques, Paris 1952, in dem sich eine umfassende Bibliographie befindet. Die italienische Bibliographie wurde zusammengefaßt in dem Aufsatz von L. Bianchi, Dante und Stefan George. Bologna 1936. Über das Interesse Stefan Georges und seines Kreises für Hölderlin vgl. man: Ernst Bertram, Nietzsche. Berlin 1 9 2 2 ; F. Wolters, Vier Reden über das Vaterland. Breslau 1927 (Hölderlin und das Vaterland, S. 6 1 — 9 8 ) ; M a x Kommereil, Der Dichter als Führer in der deutschen Klassik. Berlin 1928 (Hölderlin, S. 3 9 7 — 4 8 3 ) ; ders., Geist und Buchstabe der Dichtung. V. Klostermann-Verlag, Frankfurt/Main 1944 (Empedokles, S. 3 1 8 — 3 5 7 ) ; ferner von dems. Verf., Dichterische Welterfahrung. V. KlostermannVerlag, Frankfurt/Main 1952 mit zwei Arbeiten über Hölderlin auf S. 1 7 4 — 2 0 4 ; weiter die Arbeiten von N. v. Hellingrath, Hölderlin-Vermächtnis, eingeleitet von L. v. Pigenot. Neudruck bei F. Bruckmann, München 1944; die Dissertation von Wilhelm Adt, Das Verhältnis Stefan Georges und seines Kreises zu Hölderlin. Frankfurt/Main 1934; und die Abhandlung von Edgar Salin, Hölderlin im George-Kreis. H . Küpper-Verlag, Berlin 1950.
4*
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Der Streit zwischen den Positivisten
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Beispiel einer rein ästhetischen Betrachtung eines Hölderlin-Gedichtes darstellt 10 . Friedrich Gundolf knüpfte an die herkömmliche Vorstellung von Hölderlin als dem Sänger Griechenlands an, suchte aber bereits hinter dem Inhaltlichen nach der Bedeutung der Form, das heißt der Dichtung; und er schrieb, daß „ . . . Dichtergedanken keine begrifflichen Schemata sind". Der Hauch, der Pindars Lyrik belebte, strömt uns aus dem Gesang eines deutschen Dichters erneut entgegen; der Forscher muß es begreifen, wie das geschehen konnte. Es ist unwichtig, Hölderlins Gedanken über Griechenland und Germanien, über Natur und Schicksal zu bestimmen; hier handelt es sich um seine dichterische Schau: „dies Gedicht ist gleichsam konzentrisch mit Hölderlins eigener Welt". Diese Beobachtung gilt auch als eine Mahnung an die Forschung, die sie in den folgenden Jahrzehnten aber nicht immer befolgte. Der Grundgedanke in Diltheys Arbeiten, in der Dichtung das Erlebnis des Dichters wiederzufinden, wurde von Gundolf übernommen, der mit dieser Abhandlung über ein Gedicht Hölderlins davon seine erste Probe gab; aber Gundolf wandelte schon hier Diltheys Gedanken ab, denn für ihn konnte jeder Zug des Erlebnisses in der Dichtung nur in seiner ästhetischen Bewältigung aufgefunden und wiedererkannt werden. In den folgenden Jahren sollte Gundolf nach diesen Gesichtspunkten das Werk Stefan Georges und Goethes interpretieren. Sicherlich kannte Gundolf die geschichtlichen und literarischen Voraussetzungen eines Dichtwerkes; und bei Hölderlin umriß er sogar ein weiteres Bild, als es ihm die Überlieferung bot. Wenn Hölderlins Dichtung eine Erneuerung des antiken Griechenland ausdrückte, so sei es nach Gundolfs Erläuterungen unumgänglich zu untersuchen, wie sich diese ideale Wiedergeburt vorbereitet habe; und darum ging der Forscher bis auf Lessing zurück, der noch bei den alten Griechen die Regeln der Dichtung und der Kunst ausgedrückt und mustergültige Werke vorgefunden hatte. Herder hatte aus dieser humanistischen Tradition die Forderung nach einem geschichtlichen Band zwischen dem Dichtwerk, dem Menschen und der Landschaft oder auch „zwischen Natur und Schicksal" gezogen, während man Winckelmann die Entdeckung der griechischen Plastiken und ihre Interpretation verdankte. Dementsprechend hatte Goethe die dichterische Schau als eine Begegnung zwischen Homers Werk und der Plastik ausgerichtet und war er zur Darstellung Iphigeniens gelangt. Nach Gundolf war jedoch für Schiller Griechenland „Gesinnung und Haltung, ja eine Weltanschauung"; wir können sagen: eher ein Begriff als Schau und Bild. Das wesentlich andere aber und die Neuerung, die Hölderlin zur Uberlieferung des deutschen Humanismus beitrug, war eine gleichsam angeborene Vertrautheit mit der griechischen Wirklichkeit: „Ihm ist Hellas a priori gegeben"; und dieses Wissen bildet die Grundlage seines Dichtens. Der Richtigkeit von Gundolfs Behauptungen kann man beipflichten, wenn man hinzusetzt, daß man von jeder großen Dichtung in gleicher Weise sagen kann, die in ihr ausgedrückte Welt sei dem Dichter eingeboren, ihm von vornherein gegeben und Wesen seines Seins. Die Kenntnis der historischen Umstände dient einer Er10
F. Gundolf, Hölderlins Archipelagus. Heidelberg 2 1916. ( = Rede, gehalten am 26. April 1911 zur Erlangung der Venia Legendi an der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg.)
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klärung der Formung und Entwicklung des Dichtwerkes; sein innerster Kern ist aber über alle geschichtlichen Zusammenhänge hinaus wesensgleich mit der Seele seines Schöpfers, kann nicht mit Kausalzusammenhängen erklärt werden. Dichtung ist an sich ein Akt der Freiheit; sie glänzt wohl im Widerscheine ihrer Zeit, wird aber durch sie nicht bestimmt und gilt deshalb über sie hinaus. Auf jeden Fall widersprach Gundolfs Forderung, der dem Dichter ein Wissen a priori zugestand, der These Diltheys, der die Dichtung vielmehr auf ein Erlebnis zurückführte. Gundolfs Versuch erstreckt sich also darauf, die Einmaligkeit des dichterischen Ausdruckes, der von gleicher Art wie jenes Wissen und a priori ist, festzulegen und damit die Forschung über allen Empirismus hinauszuführen. Auf diese Weise erreichte er eine Art Parallelismus zwischen der Vorgangsweise des dichterischen Ausdruckes bei Hölderlin und bei der mythischen und dichterischen Erfahrung im alten Griechentum. Und es ist nicht unnütz, auf dem von Gundolf ausgedrückten Gedanken zu bestehen, daß nämlich Hölderlin die griechische Erfahrung einer fortschreitenden Klärung, eines Weges „aus dunkelstem Rausch zu klarstem Traum", neu vollzogen habe, weil dieser Forderung fernerhin von Forschern widersprochen werden wird, die sowohl die Richtung der Erfahrung, als auch die Bedeutung des Werkes des Dichters umkehren möchten. Das orphische Erlebnis, für das Griechentum wesentlich, war für den Dichter in seinem angeborenen Wissen vorhanden — und deshalb war seine Naturschau nicht wie die Goethes eine Deutung der Landschaft aus einem Seelenzustand, sondern unmittelbare mythische Schau; die antiken Gottheiten lebten nicht aus mythologischen Erinnerungen, sondern als „leibgewordene Kräfte". Die Verkörperung der Naturkräfte in menschlichen oder göttlichen Gestalten war ein Wesensbestandteil des Griechentumes und Gundolf bemerkt: „Ein später Bruder der Hellenen ist hier in einer christianisierten, ja, in einer entgötterten Welt wieder emporgetaucht." Friedrich Gundolf versuchte, die Bedeutung von Hölderlins Orphik zu erläutern; dabei hielt er sich an Georges Lehre und berief sich auf die Grundgedanken des Symbolismus, indem er behauptete, daß Hölderlin „das Sichtbare las als ein Sinnbild des Werdens". In dieser offenkundigen Übernahme von Gedanken, die wohl für Georges Symbolismus ihre Gültigkeit haben, und in ihrer Übertragung auf die dichterische Welt Hölderlins liegt die Grenze von Gundolfs Arbeit. Man muß dagegen einwenden, daß die Orphik in Hölderlins Dichtung eher als durch eine allzu moderne Auslegung der griechischen Orphik an Hand der in der deutschen Klassik sonst lebendigen Strömungen erklärt werden kann, die teilweise von Shaftesbury und von Hemsterhuys ausgegangen sind. Zu jener Zeit war die Wiedergeburt von Hellas ja nicht nur Hölderlins Erlebnis und Thema. Eine ähnliche Wiedererweckung des antiken Griechentumes nach einer formalen Vollendung, die der Dichter außer von der französischen klassischen Überlieferung aus seinem eigenen griechischen U r sprung ableitete, war Gegenstand und Anregung der Lyrik von Chenier; und auch der Italiener Foscolo fand die Anklänge an das Griechentum in seiner eigenen Herkunft. Vicos Philosophie, an der sich Foscolo ausgerichtet hatte, ermöglichte ihm das Verständnis für die Bedeutung und den Wert des antiken Mythos; daraus leitete er eine Erneuerung der Ausdrucksformen für seine Dichtung ab.
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Diese Einwände gegen Gundolfs Deutung haben ebenso für einen Großteil der deutschen Forschungs-Arbeit Gültigkeit, die sich über den von Dilthey gegebenen Hinweis für eine Interpretation des Werkes Hölderlins aus der Sicht der Entwicklung der europäischen Literatur in ihren mannigfaltigen Zügen hinwegsetzt und in einer Verherrlichung Hölderlins in einer Art Abstraktion von den geschichtlichen Gegebenheiten endigt. Derartige Beobachtungen mindern aber weder den Wert von Hölderlins Werk, noch den der kritischen Ergebnisse von Gundolfs Untersuchungen. In „Archipelagus" ist ja wahrhaftig — wie es Gundolf ausdrückt — die antike Stadt, Athen, zeitlos dargestellt, werden Kultur und Leben in Einklang mit der Natur der Landschaft ausgedrückt; die Kriege zwischen Griechenland und Persien, die der Dichter besingt, sind gleichzeitig geschichtliche Tatsachen und ein Ereignis, in dem sich göttliche Kräfte offenbaren; deshalb ist der Gesang ein Gnadenakt. Und an dieser Stelle soll ein Gedanke unterstrichen werden, der zunächst von Gundolf geäußert wurde und für die nachfolgende Forschung recht bemerkenswerte Bedeutung haben, ja (wenn auch unter anderen Voraussetzungen) bis zu Heidegger hin erneut aufgegriffen wird: Hölderlin erlebte in sich eine Welt, in der die Gottheit zugegen war, und erkannte folglich die moderne Welt als entweiht, der göttlichen Werte entleert. Das war das Wesen seiner Tragödie, aus diesem tragischen Erlebnis erhoben sich das Sehnen, die Beschwörung der Rückkehr der Götter und ihrer Auferstehung in der gegenwärtigen Welt und in seinem Vaterlande. Darum ruft der Dichter die antike Vergangenheit an und beurteilt er die Gegenwart; indem er ihre Zukunft verkündet, darum ist ihm die Natur, an sich geheiligt, die Quelle seiner Inspiration: mit dem Preise der Natur beginnt und schließt der Gesang, das Gedicht entwickelt und vollendet sich im Kreise. So erläutert Gundolfs Untersuchung das Verfahren zur Deutung eines Gedichtes Hölderlins, indem er im Dichtwerke nach der vollen ästhetischen Bewältigung des Erlebnisses sucht. Nachdem Norbert von Hellingrath sich ganz seiner Hölderlin-Ausgabe gewidmet und zu seiner Unterstützung Friedrich Seebaß herangezogen hatte, gab er 1913 den fünften Band mit den Übersetzungen heraus, wenig später den ersten mit den Jugenddichtungen und zuletzt, im Juli 1914, erschien der vierte Band, der die großen Hymnen der letzten Homburger Zeit enthält. Stefan George veröffentlichte seinerseits in der zehnten Folge der „Blätter für die Kunst" die Trilogie „Hyperion", zu der eines seiner größten Gedichte zählt; es wurde durch Hölderlin angeregt und Ernst Gundolf sagt darüber, es sei der höchste Ausdruck einer Verwandtschaft, sei diese auch nur eine Art von Sehnen, zwischen der griechischen Seele und Georges Gefühl: Ahnung gesellt midi euch kinder des inselgebiets Die ihr in anmut die tat bilder in hoheit ersannt.. 11
Vgl.: E. Gundolf, George e gli antidii. In: II Convegno, Nr. 9/10, Mailand 1937; es ist der bedeutendste bisher zur Klärung des Verhältnisses zwischen George und den Alten unternommene Versuch.
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Edgar Salin erinnert in der Art eines Vergleiches an Hölderlins Hinweis auf Griechenland: Was ist es, das A n die alten seligen Küsten Midi fesselt, daß idi mehr noch Sie liebe, als mein Vaterland?
Zweifellos hat sich Stefan George für seine drei „Hyperion" genannten Gedichte nicht nur von Hölderlins Roman, sondern auch von einigen anderen seiner Gedichte anregen lassen, besonders von dem bei Salin erwähnten; der Vergleich dient aber auch dem Nachweis, wie verschieden sich die beiden Dichter bei der Beschwörung der Welt der Griechen verhielten. Der Unterschied wird dann durch die von George Hölderlin gewidmete Rede noch betont, die gegen Ende des Jahres 1919 in der elften und zwölften Folge der „Blätter für die Kunst" herausgegeben wurde. Hierin versuchte George, Hölderlin zu seinem Vorläufer zu stempeln; er faßte das religiöse Erlebnis als Verkündigung des neuen Gottes auf, den zu verherrlichen seine, Georges Aufgabe sei. Dabei schrieb er: Mit seinen anfangen gehört Hölderlin in das jahrhundert Goethes; in seinen späteren zumeist jetzt erst zugänglichen oder verständlichen gebilden ist er der Stifter einer weiteren ahnenreihe. 1 2
Die Darstellung setzte mit einem Verweis auf das von Hölderlin angedeutete Verhältnis zwischen Herakles und Christus fort: Er riss w i e ein blitz den himmel auf und zeigte uns erschütternde gegenbilder wie Herakles-Christos: vor seinen weitesten einigungen und ausblicken aber stehen wir noch verhüllten hauptes und verhüllter hände.
Hölderlin ist jener, der „im bunde mit göttern und mächten" steht, seine Aufgabe ist es nicht, Vorbild für das Leben oder Meister der Poesie zu sein, „denn es gilt höheres"; er verleiht der Sprache und damit der Seele eine neue Jugend, er ist der Verkünder der nahen Zukunft Deutschlands, „der rufer des Neuen Gottes". Stefan George hatte bereits sein Werk „Der siebente ring" vollendet, Hölderlins Mythologie konnte ihn nicht mehr beeinflussen. Dem Leser, der auf das Werk der beiden Dichter hingewiesen wird, könnte es auch erscheinen, als seien die Ähnlichkeiten eher äußerlich als im Wesen13. Ein Vergleich der beiden Mythen, Maximins 12
13
Neudruck in: Tage und Taten, 2. erw. Aufl. 1925, und in der endgültigen Ausgabe der Werke im 17. Bd. Man vgl. die Hinweise auf eine Gegenüberstellung Georges mit Hölderlin und die Erkenntnis des grundlegenden Unterschiedes zwischen den beiden bei Claude D a v i d , op. cit., S. 2 6 7 : „Par leur nature, par leur vie, les deux poètes s'opposent. Hölderlin, l'étudiant en Théologie protestante, formé à l'école de Schiller, puis de Fichte, humble jusque dans ses exaltations, solitaire et doutant des vertus de l'Etat, Hölderlin, pour qui l'action n'est guère qu'un moyen d'endormir l'inquiétude, ne ressemble pas à George. Il lui a manqué l'orgueil, la volonté de puissance, la vocation d'un pédagogue ou d'un fondateur d'ordre. Et surtout, pour Hölderlin le monde est une présence: la nature est le séjour des dieux; les fleuves sont réellement — non par métaphore — les véhicules des idées et des révélations; et au dessus de la terre se dresse un ciel que le dieu Ether
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u n d D i o t i m a s , k ö n n t e f e r n e r d a z u dienen, den U n t e r s c h i e d z u kennzeichnen u n d den I r r t u m z u beweisen, d e r in einer A n w e n d u n g v o n G r u n d s ä t z e n u n d Begriffen, die w o h l bei S t e f a n G e o r g e gelten, als i n t e r p r e t a t i v e K r i t e r i e n f ü r
Hölderlins
W e r k läge. W i l h e l m B ö h m 1 4 h a t sehr treffend a u f die U n v e r e i n b a r k e i t der V o r stellungen hingewiesen, die sich die beiden D i c h t e r v o m Griechischen m a c h t e n : Nietzsche hat das Apollinische des griechischen Wesens als einen mühsam errungenen Sieg über asiatische Leidenschaft, wenn nicht gar als einen tragischen Nachglanz ausgebrannter Leidenschaft erkannt. Hölderlin betont hier unzweideutig, wenn er schon die Klassizität der Griechen differenzierter faßte als Schiller und Schlegel, daß dieser Gegensatz im griechischen Wesen um der Humanität willen da ist. E r betont den harmonischen Ausgleich, nicht den theatralischen K a m p f . Diese Annäherung des G ö t t lichen und Menschlichen vollzieht sich im unendlichen Progreß, sie ist niemals Vollendung, höchstens Offenbarung, und alles eigentliche Menschenmaß ist unerträgliche Positivität. Darum darf er die Griechen, vor deren Überschätzung in Masse er sonst warnt, hier rühmen: ,So stellten sie das Göttliche menschlich dar, doch immer mit Vermeidung des eigentlichen Menschenmaßes, natürlicherweise, weil die Dichtkunst, die in ihrem ganzen Wesen, in ihrem Enthusiasmus, wie in ihrer Bescheidenheit und Nüchternheit ein heiterer Gottesdienst ist, niemals die Menschen zu Göttern oder die Götter zu Menschen machen, niemals unlautere Idolatrie begehen, sondern nur die Götter und die Menschen gegenseitig näherbringen durfte . . . ' — Wer ,den G o t t verleiben und den Leib vergotten' will, wird dieser Warnung vor unlauterer Idolatrie eingedenk bleiben müssen. B ö h m s B e m e r k u n g ist auch entscheidend; m a n h a t sich ihrer i m m e r z u erinnern, w e n n m a n sich m i t der D e u t u n g beschäftigt, welche die eifrigsten A n h ä n g e r G e o r g e s H ö l d e r l i n angedeihen ließen. S o schrieb es e t w a F r i e d r i c h W o l t e r s G e o r g e zu, die S c h a t t e n P i n d a r s u n d H ö l d e r l i n s noch e i n m a l beschworen, ihnen neues L e b e n v e r liehen u n d ihren G e s a n g w i e d e r e r w e c k t z u h a b e n : George kündete mit der Berufung des Doppelgestirns Pindar-Hölderlin den neuen kommenden Hymnengesang der Deutschen an. W o kaum noch die Schatten der großen
14
emplit jusqu'aux bords. L'athéisme de George ne laisse subsister que l'homme, pour qui la nature est au plus matière et champ d'action et qui construit un monde par sa seule volonté. George a le droit d'établir selon son gré la lignée de ses ancêtres. Mais entre Hölderlin et lui s'étend un X I X siècle qu'on ne peut effacer et dont il porte l'héritage. Le lyrisme qu'il produit, le salut qu'il propose, sont d'une autre nature." Wenn die Annahme eines Atheismus bei Stefan George zutrifft, kann man sich mit ihr auseinandersetzen; zu diesem Zwecke sehe man des Verf. Interpretation von Georges Religiosität. Bezüglich der Hölderlin-Deutung durch George und seinen Kreis vgl. man noch von L. v. Bertalanffy, D i e klassische Utopie. I n : Preußische Jahrbücher, 1927, S. 3 4 1 — 3 5 7 ; ferner die dem gleichen Thema gewidmete Arbeit von Meta Schubert in: Zeitwende, 1928, S. 537 ff. Letzthin beschäftigte sich neuerlich in einer Untersuchung über Stefan George mit seinem Verhältnis zu Hölderlin C . M . Bowra, The Heritage o f Symbolism. Macmillan, London 1947, wo es heißt: „The trio ,Geist'-Seele-,Leib' were central to George's thought. They were his distinctive contribution to his time. T w o of the three had often enough been found in combination before him in German poetry; Hölderlin, for instance, has ,Geist' and ,Seele', but not ,Leib'; Goethe ,Seele' and ,Leib' but not ,Geist'. George believed in all three and displayed them separately in three worlds of the spirit." W. Böhm, op. cit., I I . Bd., S. 117 f.
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Namen gestanden, hat er sie wieder mit Leben erfüllt und von seinem Blute trinken lassen, daß sie leibhaft unter uns traten. 15
Es mindert weder die geschichtliche Bedeutung von Georges Werk, noch die von ihm ausgegangene Wirkung, wenn man dem widerspricht und feststellt, daß wir die Entdeckung von Hölderlins Größe und die Wiedergewinnung seiner PindarÜbertragung Norbert von Hellingrath verdanken. Ihm sind wir auch für eine völlig neue Deutung von Hölderlins dichterischen Formen und seiner Sprache verbunden. Seine Ausgabe von Hölderlins Werken ist wahrhaft das Ergebnis von Untersuchungen der ursprünglichen und damals noch unveröffentlichten Manuskripte, noch ehe sich Zinkernagel zu seiner Ausgabe anschickte. Zinkernagels Annahme, die von Hellingrath besorgte Veröffentlichung richte sich an einem vorausgesetzten Ästhetizismus Georges aus, trifft überhaupt nicht zu, weil Hellingrath, indem er sich Georges Einstellung und Lehre zu eigen machte, dennoch die Fähigkeit zu kritischer Forschung bewies, die es ihm erlaubte, die Hölderlin-Deutung nicht im Rahmen der George-Schule zu vollziehen. Wiederholt finden sich in den Briefen des jungen Hellingrath Hinweise, an die zu erinnern nur nützlich sein kann; so schrieb er etwa im Frühling 1910 an Friedrich von der Leyen, seinen Universitätslehrer, und äußerte er sich über die von George verkündete Religion folgendermaßen: So meine ich, dürften Sie mir zugeben, daß ich, wenn ich schon an eine religiöse Bewegung glauben muß, mindestens faute de mieux diese wählen mußte. Und mag es, wie soviele Religionen der Kaiserzeit nicht die Lebenskraft haben und nach einer kurzen Blüte still verschwinden und vergessen werden: so wird es, scheint mir, was ihm an Dauer und Breite fehlt, doch den wenigen, die es ergriff, viel gewesen sein.
Die Grenze für die Übernahme von Georges Lehre ist hier ganz klar gezogen18; es ist zweckmäßig, einen Abschnitt aus einem Briefe nachzulesen, den der Jüngling am 24. Mai 1914, am Vorabend des Ersten Weltkrieges, an seine Braut schrieb. Damals hatte er bereits die Handschriften für den vierten Band der Werke Hölderlins zusammengestellt und es waren ihm die Gründe klar geworden, weswegen sich der Dichter von einer Beschwörung des antiken Griechentumes ab- und der Hoffnung auf seine Wiedergeburt im deutschen Vaterlande zugewandt hatte. Es ist nicht ungewöhnlich, in Hellingraths Schriften den Widerhall von Hölderlins Stimme zu vernehmen, hatte er doch die Erfahrung des Dichters durch eine tiefe gefühlsmäßige Verwandtschaft neu erlebt und sich angeeignet: 15
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F. Wolters, Stefan George und die Blätter für die Kunst. G. Bondi-Verlag, Berlin 1930; man sehe auch in der o. a. Dissertation von W. Adt das Kapitel „Der Kreis um H ö l derlin: Das Hölderlinbild in Hellingraths Schriften", in dem die Deutung übertrieben stark der von der George-Schule eröffneten Perspektive unterworfen ist. Auch Wilhelm Adt, op. cit., S. 77, hebt hervor: „Weniger unbedingt, unkomplizierter als Gundolf und Wolters behandelt Hellingrath das Thema der Gottverleibung. Er ist in dieser Hinsicht von Georges zentralem Erlebnis weniger stark beeindruckt, er kennt dieses griechische Ideal nur in der uns verständlicheren Auffassung von Hölderlin her. Daß der Dichter vom Gott erfüllt ist und daß seine Stimme Göttliches kundtut, bei dieser Erkenntnis bleibt er stehen. Hölderlin ist für ihn der mit den Göttern geschwisterlich vertraute Prophet."
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Manchmal kommt mir die Frage: bin ich nicht nur übrig geblieben vom alten Geschlechtadel, heimatlos, weil ich weiß, daß der tot ist? Aber ich werd midi nie ganz in die Gemeinschaft andrer finden können und leb vielleicht deshalb in so ferner Zukunft, daß ich dort Brüder finden kann. Und vielleicht sind wir allein. 17
In seiner Dissertation vom Juni 1910 über Hölderlins Pindar-Übertragungen 1 8 berief sich Norbert von Hellingrath in Hinblick auf die Tradition der HölderlinForschung auf Diltheys Abhandlung und auf das Urteil eines Lesers im Ausland, auf P . Challemel-Lacour 1 9 , den ersten, der die Bedeutung des Dichters erkannt hatte, als dieser in Deutschland noch nicht wiederaufgegriffen worden war 2 0 . Hellingrath schlug vor, bei der Dichtung Hölderlins und Pindars wie in der herkömmlichen 17
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Hellingrath entstammte bekanntlich einer Adelsfamilie, die bis in die Tage von Byzanz zurückreicht; der Gedanke an diese Herkunft aus einer bereits vergangenen Epoche weckte in ihm das Gefühl, nicht der Moderne zuzugehören. Umso stärker war seine Neigung, in der Zukunft zu leben, in der allein er Brüder hätte finden können. Der Widerhall ertönt hier aus den abschließenden Strophen von „Griechenland", wo der Dichter ausdrückt, daß seine Liebe der Menschheit der kommenden Jahrhunderte gälte. N . v. Hellingrath, Pindar-Übertragungen von Hölderlin. — Prolegomena zu einer Erstausgabe. Als Inaugural-Dissertation bei der ersten Sektion der Philosophischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München, X X X Junius M C M X . P. Challemel-Lacour, La poésie payenne d'Allemagne au X I X . siècle, F. Hölderlin. In La Revue des deux mondes, 15. Juni 1867. Der Aufsatz von Challemel-Lacour wird erst dadurch zum Bestandteil der Geschichte der Hölderlin-Forschung, daß sich Hellingrath auf ihn bezieht und aus ihm ein Urteil anführt: „La place de Hölderlin est parmi les grands lyriques, non pas seulement de son pays, mais de tous les temps . . . Il est de la famille des Pindare et des Alcée, gardiens des traditions, interprètes des pensées divines, chantres des puissances d'en haut." Diese Untersuchung, die dadurch, daß sie schon 1867 erschien, auch Hayms Behandlung von Hölderlins Werk vorausging, zeigt wahrhaftig ein scharfes Urteil. Vielleicht als erster unterstrich Challemel-Lacour, daß der Kult der alten Griechen für Hölderlin nidit nur dichterisches Bild oder nur eine These war, die er sich selbst errichtet hatte, sondern eine spontane Uberzeugung, ein Hang. Wenn Goethe anläßlich seines Urteiles über ein Gedicht Hölderlins sagte, daß es ihm mehr von Naturgeschichte als von Dichtung erfüllt zu sein scheine, so bemerkte Challemel-Lacour, daß das, was Goethe „histoire naturelle" nannte, vielmehr sei „la métamorphose la plus hardie de la nature qu'aucun poète moderne ait osée, si toutefois il peut y avoir de l'audace à créer des dieux sans s'en douter." Challemel-Lacour vermutete von da an, daß das deutsche Interesse für die hellenische Kultur auch aus einer Gegenüberstellung mit Deutschland erwacht war, „une nation dispersée et muette en face d'une réligion déclinante et pourtant oppressive, avec une littérature sans action et comme exilée au milieu de la torpeur de l'ignorance générales"; und er betonte, wie sich Deutschlands Erneuerung auch durch die Französische Revolution vollziehen konnte, wie diese auf die Philosophen und den Dichter des deutschen Idealismus wirkte, auf Hölderlin, Hegel und Schelling. Dem französischen Forscher scheint es, als könne man im Werke Hölderlins, besonders im „Hyperion", die ersten Keime von Schellings Philosophie finden, „celle d'un principe qui se développe à la fois dans la nature et dans la pensée et qu'on ne saisit dans sa plénitude qu'en l'élevant au-dessus de ces deux aspects partiels de son développement. On y trouverait aussi, rencontre non moins curieuse, les idées élémentaires que Hegel a déroulées plus tard." Und schließlich schrieb der Kritiker über die Tragödie „Empedokles", daß sich hier die Betonung der orphischen Hymnen mit den Angriffen abwechsle, die an jene des Evangeliums gegen die Pharisäer erinnerten, und daß man hier von einer „tragédie hiératique" sprechen könnte.
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Rhetorik der Antike, von der Dionysos von H a l i k a r n a ß berichtete, zu trennen zwischen
„aQuovia avarega"
und „aQjxovia
y\aie Übereinstimmungen mit Pindar herauszuarbeiten; von der Leyen führte die Worte Georges an, der Hölderlin als denjenigen bezeichnete, der die deutsche Sprache wieder verjüngt habe. Die Ausführungen von der Leyens lassen Hellingrath vor uns auferstehen und bestätigen, daß sein Geschick für immer mit der Gestalt Hölderlins verbunden blieb. Wir hatten wiederholt Gelegenheit gehabt zu erwähnen, wie spärlich noch die Arbeiten über Hölderlins Leben sind. Werner Kirchner gehörte zu den wenigen, die zu diesem Gebiete der Hölderlin-Forschung Wesentliches beitrugen; außer an die Schrift über das Testament der Prinzessin Auguste von Hessen-Homburg müssen wir noch an die Untersuchung über die Prinzessin Amalie von AnhaltDessau und Hölderlin erinnern 4 . Kirchner ist ferner der Verfasser einer Darstellung des Hochverrats-Prozesses gegen Sinclair, von der wir bereits gesprochen haben. Die neue Arbeit bestätigt die Bedeutung von Augustens Testament und die geheime Neigung, die sie für den Dichter empfand. Zu den beiden Huldigungsgedichten, die Hölderlin den beiden Schwestern zugedacht hat, war er durch Sinclair angeregt worden; der Dichter hatte zwar Auguste persönlich gekannt, doch war er Amalien nie begegnet. Kirchner untersuchte auch den Aufbau der Ode an Amalie und entdeckte darin einige Punkte, die auf inhaltliche Besonderheiten hinweisen; das Bild der Prinzessin gibt Gelegenheit zu einer Verherrlichung des Friedens. Ebenso wie durch die beiden Oden an die Prinzessinnen legten sich Hölderlins politische und geschichtliche Gedanken in seinem Gedicht an Sinclair nieder; bemerkenswert ist der Umstand, daß Auguste eine Abschrift der Ode „An Eduard" besessen hat, die sie 1826 mit anderen ungedruckten Gedichten von sich aus für eine geplante Ausgabe von Hölderlins Lyrik anbot. Weiters läßt sich feststellen, daß durch diese Untersuchung die Vorstellung von Sinclair als demjenigen, der als Erster anderen einen Begriff von Hölderlins Größe vermittelte, für uns bestätigt wird. Umfangreiche und gleichzeitig tiefer in Einzelheiten vordringende Arbeiten über Hölderlin und sein Leben wären nicht nur erforderlich, sondern es ist sogar unerläßlich, die Beziehungen zwischen dem Dichter und seiner Zeit klarer herauszuarbeiten, umso mehr, als man zu berücksichtigen hat, welch bedeutsame Rolle die GeschiehtsVorstellung in Hölderlins Gedanken spielte; auch die Frage nach der geschichtlichen Schau in Hölderlins Werk ist noch nicht ausreichend behandelt worden. Ein noch junger Franzose, der starb, ehe er sein Buch veröffentlicht sehen konnte, schrieb eine Abhandlung über die Beziehungen und die ideellen Entspre4
Werner Kirchner, Das Testament der Prinzessin Auguste von Hessen-Homburg (in: „Hölderlin-Jahrbuch" 1951); von dems.: Prinzessin Amalie von Anhalt-Dessau und Hölderlin (in: »Hölderlin-Jahrbuch" 1958/60).
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chungen zwischen Hölderlin und der Französischen Revolution 5 ; darin findet sich die treffende Bemerkung, daß es — wie Delorme es ausdrückte — eine Kernfrage sei, „si l'on veut comprendre Hölderlin tel qu'il f û t . . . et non tel qu'en son contraire trop souvent l'obscurité des commentaires le change"8. Hier tritt nun in der Hölderlin-Forschung offen das Bemühen auf, die Dichtung losgelöst von der Zeit zu betrachten, in der ihr Schöpfer lebte; man übersieht dabei gänzlich, daß Hölderlin eine revolutionäre Erneuerung seiner Epoche wirklich herbeigesehnt hatte. In Deutschland gab es aber keinen Stand, der fähig gewesen wäre, ein solches Erneuerungswerk durchzuführen; die Wünsche des Dichters konnten sich nicht erfüllen. Man kann es auch so ausdrücken: Die Einsamkeit des Dichters war teilweise das Ergebnis politischer Enttäuschung, wenn man diesen Ausdruck im weitesten Sinne gebraucht, d. h. als bewußte Anteilnahme am öffentlichen Leben. Das Verhältnis Hölderlins zur Französischen Revolution ist aber nicht rein äußerlich oder unpersönlich; es handelt sich um eine komplexe Beziehung zwischen dem äußeren Anstoß und einer inneren geistigen Erregung des Dichters. Der Unmut über die Gegenwart bewog Hölderlin, in der Zukunft eine neue Gesellschaft zu fordern; und da es im 18. Jahrhundert keine deutsche Nation gab, wandten sich die Hoffnungen des Dichters seiner Heimat zu, Schwaben, dem von Flüssen durchzogenen, rebenreichen Lande, das ihm stets teuer war. Auch Kirchner hat hervorgehoben, wie Hölderlin das Geschick von Frankreichs Heeren herbeiwünschte, als sie sich anschickten, das Heilige Römische Reich zu bekriegen; und deshalb ist es auch bemerkenswert, wenn Delorme Hölderlins Schriften außer wie gewöhnlich Stellen aus Rousseau auch Helvetius und sogar Saint-Just gegenüberstellt. Die Seele des jungen Dichters war entflammt von derselben Begeisterung, welche die ihm vorausgegangene Generation beseelt hatte und dann vor den Schrecknissen der Revolution zusammengebrochen war. Hölderlin blieb dem revolutionären Geiste treu, den ihm Fichtes Lehre und Hegels Freundschaft bestätigten; und Hegel hatte die Kritik am Christentume bewußt mit dem Kampfe gegen den absoluten Feudalismus verbunden. Der Glaube an das Reich Gottes und die Hoffnung auf eine neue streitbare Kirche, die Hölderlin und seine Tübinger Studiengefährten erfüllten, bleiben im Dichter auch über die gemeinsamen Tage hinaus lebendig; die Freundschaft mit dem revolutionären Ideen ergebenen Sinclair läßt keinen Zweifel über Hölderlins politische Ansichten offen, die unter anderem durch die Tragödie „Empedokles" ausreichend klargestellt werden. Ein Kapitel in dem Buche von Delorme stellt unter dem Titel „Hyperion ou la confession d'un révolutionnaire" wahrhaftig eine Untersuchung der im Roman ausgedrückten Philosphie dar; wir stimmen dem Urteile voll zu: H y p e r i o n est une ,explication' avec la Révolution française: c'est une confession, un bilan, — et malgré les dernières pages, — un appel pour l'avenir. H y p e r i o n ne reçoit son sens que replacé dans l'Allemagne de l'époque post-révolutionnaire. 7 5 6 7
Maurice Delorme, Hölderlin et la révolution française, Editions du Rocher, Monaco 1959. Maurice Delorme, op. cit., S. 7. Maurice Delorme, op. cit., S. 132.
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Delormes Deutung folgt dieser Betrachtungsweise, indem sie zur Erklärung der Gestalt Alabandas die Gedanken Fichtes ebenso wie Grundsätze von Robespierre und Saint-Just heranzieht. Der Verfasser sucht für den „Bund der Nemesis", dem Alabanda angehört, einen Bezug auf echte Erfahrungen, auf geheime StudentenVereinigungen in Jena, mit denen Sinclair wahrscheinlich in Verbindung gestanden hat. Hyperions Problem ist es nach Delorme: „comment atteindre, à partir de l'humanité actuelle, une humanité nouvelle?" 8 Hölderlin verdammt keineswegs die Revolution, obgleich er es für möglich hält, daß man mittels der von den neuen Gegebenheiten geforderten Reformen Ausschreitungen zuvorkommen könnte. Hölderlins Hellenismus wendet sich in „Hyperion" nicht Vergangenem, sondern der Zukunft zu; in diesem Sinne ist auch der Schluß des ersten Teiles des Romanes gestaltet, während der zweite Teil vom Zusammenbruch der Hoffnungen des Dichters handelt; Hyperion wendet sich der T a t zu, denn nur unter politischen Einrichtungen, die fähig sind, die Freiheit zu erhalten, können die höheren Tugenden erblühen. Dies ist ein Schiller gegenüber eigenständiger Gedanke Hölderlins; die politische Revolution geht einer Erneuerung des Geistes und des Herzens voran. Nach Delorme hätte der Dichter eine klare Vorausahnung vom Geschick der Französischen Revolution gehabt, von ihrem Rückzug und ihrem Ende. Und Hyperions Untergang schien ihm analog zum Ausgange der Revolution in Frankreich zu stehen, die ihr letztes Ziel nicht erreicht hatte und auch in Deutschland kein Gegenstück fand. In der Homburger Zeit von 1 7 9 8 — 1 8 0 0 wandten sich Hölderlins Hoffnungen wiederum Deutschland zu, dem nach seinen Vorstellungen nun die Aufgabe der Erneuerung zufiel. Seine Einstellung wurde durch den Verlauf der damaligen Kriege nicht gewandelt; schließlich verherrlicht er in der großen Elegie „Archipelagus" erneut den Glauben an die Freiheit, während in den sogenannten „vaterländischen Gesängen" die revolutionären Gedanken in ein Bekenntnis zu Deutschlands Schicksal münden. Delorme erinnert sich, daß Merlau-Ponty gelegentlich von Hölderlins Radikalismus spricht. Dieser drückte sich nicht in politischer Tätigkeit aus, sondern „ses poèmes ont été des actes: l'adhésion de Hölderlin au principe d'une regénération totale, nécessaire, a été une adhésion du coeur, sans réserve" 9 . Delormes Auslegung scheint uns umso bemerkenswerter, als die deutsche Forschung außer Betracht ließ, welche Aussichten die Zeit dem Dichter besonders in Hinblick auf den Roman „Hyperion" öffnete. Die deutsche Forschung berücksichtigte eingehender Hölderlins Beziehungen zum Griechentum, als zu seiner eigenen Gegenwart. Ein führender Gelehrter auf dem Gebiete klassischer Studien, Werner Jaeger, beschäftigte sich kürzlich mit der Frage, welchen Einfluß die griechische „Paideia" auf die Entwicklung von Hölderlins Griechenbild ausübte 10 . Zweifellos bedeutete das Griechentum für die Maurice Delorme, op. cit., S. 149. ' Maurice Delorme, op. cit., S. 222. 1 0 Werner Jaeger, Friedrich Hölderlins Idee der griechischen Bildung in Erziehung zur Menschlichkeit: die Bildung im Umbruch der Zeit (in: Festschrift für Eduard Spranger, für den 75. Geburtstag, M a x Niemeyer-Verlag, Tübingen 1957). 8
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deutsche Klassik immer wieder eine neue Erfahrung, worin sich das Ideal der reinen Schönheit ausdrückt: „Durch diesen seinen idealhaften Charakter ist das Griechenbild der deutschen Klassik in besonderem M a ß e ausgezeichnet." 11 H ö l d e r lin lernte das Griechentum durch Piaton kennen; Jaeger ergänzt, d a ß das Wissen um das Göttliche, das in einer den Vorstellungen der griechischen Philosophen ähnlichen Schau in jeder Erscheinung des Seins gegenwärtig ist, Hölderlins W i r k lichkeitsschau beseelte; diese Einstellung ermöglichte erst dem Dichter sein W e r k . D i e Erfahrung Hölderlins erfaßte die Gefühlsweise der griechischen Religiosität und belebte sie neu mit der dem Christentum eigenen G l u t ; der Dichter ist davon überzeugt, daß seiner Zeit das Göttliche mangle und daß er selbst einer W e l t entfremdet sei, aus der das Göttliche gewidien ist. Dadurch wird aber auch H ö l d e r lins geschichtliche Aufgabe seiner Zeit gegenüber klarer; Jaeger meint dazu: „ J a , man kann sagen, daß sein D i d i t e r t u m . . . aus dem schmerzlichen Gefühl der A b wesenheit der zu ihm erforderlichen geistigen U m w e l t erwächst." 1 2 H i e r a u f betrachtet Jaeger die Gestalt des Hyperion, der auf Grund eines Anstoßes, der aus seiner Griechensehnsucht aufstieg, sein V o l k erweckt und erzieht: „Hölderlins Verhältnis zu den Griechen nimmt damit die Form eines Bildungsideals an." 1 3 In der V o r stellung des Humanismus aller Zeiten hat die Vergangenheit eine erzieherische und vorbereitende Aufgabe für die Zukunft; durch sein unergründliches Suchen nach den Ursachen, die zu dieser erhabenen Größe führten, geht aber Hölderlin über eine bloße Nachahmung der Antike hinaus. Daraus erwacht die Sehnsucht, diese Erhabenheit in einer verdorbenen und verfallenen Zeit zu erneuern, und ihr gesellt sich das Bewußtsein zu, daß diese G r ö ß e nicht ein Ertrag der Künste, sondern ein Geschenk der N a t u r war. Das durch die Schau des Vergangenen bestimmte Motiv hat in der Dichtung eine jahrtausendelange Tradition und verbindet sich mit dem unsterblichen Thema jeder hellenistischen „Paideia". In Hölderlins W e r k , sei es im „ H y p e r i o n " oder im „Archipelagus", geht die Verherrlichung Athens auf eine Anregung des Idealismus zurück, wird die humanistische Tradition wieder aufgegriffen. I m Gegensatz zu dem Ideale Spartas und zum Preis Athens gewinnt ein platonischer neuen Einfluß, und zwar — wie Jaeger sagt —
Gedanke
„daß die wahre Paideia den
Menschen zu aller Tugend und nicht nur zur Tapferkeit erziehen müsse" 1 4 . Nicht die Staatsreform ist der Grund für die Größe Athens und die „virtus" Griechenlands, sondern beide sind sie nur Ergebnis jener Bildung, die sich im gesamten griechischen Leben ausdrückt. Hyperion führt den Dichter wiederum jener religiösen Aufgabe zu, der nach Herodot H o m e r und Hesiod oblagen, die „den Griechen ihre Götter schufen" 15 , Hölderlin verbindet unter der einheitlichen platonischen Idee von der Schönheit die Mythen der griechischen Religion; aus der Reflexion 11
Werner Jaeger, op. cit., S. 54.
12
Werner Jaeger, op. cit., S. 55.
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Werner Jaeger, op. cit., S. 56.
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Werner Jaeger, op. cit., S. 58.
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Werner Jaeger, op. cit., S. 59.
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über die Ewigkeit des göttlichen Seins erhebt sich für ihn jene Philosophie, die mit der religiösen Anbetung wiederum zu diesem göttlichen Wesen zurückkehrt. Jaeger versteht den R o m a n „ H y p e r i o n " an H a n d dieser „Paideia", zu deren Deuter Hölderlin sich machte; das Bildungsideal ist völlig eins mit der Auslegung und der Wiederbelebung des Griechentumes, welche die beiden Anregungen zu dem Werke waren. Später erstellte Hölderlin mit „Der Archipelagus" „ein einziges Enkomion auf die griechische Areti-Poesie im Sinne der Griechen und Homers, wie Piaton sie versteht: Lobpreisung dessen, was des Preises würdig ist und ihn heischt" 16 . Es erübrigt sich fast darzustellen, wie Jaeger seine Arbeit, die eine K e r n frage der Hölderlin-Forschung wieder aufnimmt, mit der Feststellung schließt, daß sich aus der Unzufriedenheit des Dichters mit einer entheiligten W e l t nicht nur die schöpferische Erinnerung an die ursprüngliche Reinheit erhob, sondern auch der Wille zur Erneuerung; denn, wie es Werner Jaeger ausdrückt, „die Erinnerung, die die Mutter der neun Musen war, ist auch die Quelle aller Erneuerung" 1 7 . An diese so wertvollen Ausführungen Werner Jaegers wollen wir die kurze Untersuchung von W a l t e r Bröcker über Hölderlins Ödipus-Deutung anschließen 18 . Es ist bekannt, wie Hölderlin in 'den „Anmerkungen" zum „ ö d i p u s " auf eine Dialektik zwischen N a t u r und Mensch hingewiesen hat, die von der vollkommenen Vereinigung zur unbegrenzten Trennung schreitet und so den Ablauf des Dramas heraufbeschwört — wie eines Ketzergerichtes, als Sprache für eine Welt, wo unter Pest und Sinnesverwirrung und allgemein entzündetem Wahrsagergeist, in müßiger Zeit, der Gott und der Mensch, damit der Weltlauf keine Lüke hat und das Gedächtnis der Himmlischen nicht ausgehet, in der allvergessenden Form der Untreue sich mittheilt, denn göttliche Untreue ist am besten zu behalten 19 .
D i e „ H y b r i s " , welche ö d i p u s befällt, ergibt sich grundsätzlich aus einer irrigen Deutung des Verhältnisses der Sterblichen zu den Göttern. Aber auch der mittelalterliche Ketzer hatte eine falsche Vorstellung vom Göttlichen; er erhöhte sich zur Einheit mit G o t t , von der jeder andere ausgeschlossen war. Bröcker bemerkt: Das über ihn abgehaltene Gericht demütigt den Ketzer und stellt seinen gehörigen Abstand von Gott wieder her, indem es seine falschen Meinungen mit göttlicher Autorität berichtigt. 20
Auch das Schicksal des ö d i p u s ist ein durch die „ H y b r i s " , die den Helden übermannt, hervorgerufenes Gericht; das Urteil vollzieht sich in dialektischen Schritten: Zuerst glaubt ö d i p u s , Apollo grenzenlos verbunden, seines Willens teilhaftig zu sein; aus dieser Überzeugung kommt es zur „ H y b r i s " und zur unendlichen Trennung: „ ö d i p u s wird von Apollo geschlagen. D a s nennt Hölderlin göttliche Werner Jaeger, op. cit., S. 62. Werner Jaeger, op. cit., S. 62. 18 Walter Bröcker, Zu Hölderlins Ödipus-Deutung. In: Martin Heidegger zum Siebzigsten Geburtstag 26. I X . 1959. Günther Neske-Verlag, Pfullingen 1959. " Walter Bröcker, op. cit., S. 19 f. 20 Walter Bröcker, op. cit., S. 21. 18
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Untreue." 21 Die Haltung des Gottes dem Helden gegenüber wandelt sich, der Gott wird untreu, was wiederum eine Untreue, ja einen Treuebruch des Menschen hervorruft, nach Hölderlin einen heiligen Verrat. Bröcker erläutert, daß der Verrat insofern heilig ist, als er den Weg darstellt, auf dem es jenseits der Trennung zur neuen Vereinigung mit dem Gotte, nun aber rein und wahrhaftig, kommen kann. Nur in dieser zweiten Vereinigung wird Apollo wirklich gewürdigt, denn „die Distanz zwischen Gott und Mensch ist in die Einigkeit des Menschen mit dem Gott mit aufgenommen" 22 . Durch eine derartige schmerzhafte Belehrung geht die Erinnerung an das Heilige nicht verloren; wenn der Gott dem Menschen widerspricht, so bleibt dabei die Erinnerung an das Göttliche gewahrt. Nach Hölderlin wird der Gott dem Menschen dann untreu, wenn dieser ihn vergißt; der Mensch lebt im Augenblick, während Gott „nichts als Zeit ist", wie Hölderlin sagt, und folglich niemals im Augenblick festgelegt, noch vergessen werden kann. Bröcker gibt keine weiteren Erklärungen, doch wird hier der Kern von Hölderlins Betrachtungen über das Göttliche und seiner Auslegung der Ödipus-Tragödie getroffen. Dem können wir hinzufügen, daß Hölderlin den „ödipus Rex" in Hinblick auf eine andere Tragödie deutet, in der Sophokles seine höchsten religiösen Aussagen macht, in „ödipus auf Kolonos". Wir wollen auch darauf hinweisen, daß Bröcker in der gleichen Weise, auf die er ein klärendes Wort zu der religiösen Auslegung der „Friedensfeier" beigebracht hat, mit diesen wenigen Seiten Hölderlins Vorstellung vom Tragischen erläutert. Wenn Jaegers Ausführungen dazu dienten, das Apollinische in Hölderlins Deutung des Griechentumes besser zu erfassen, so erhellen Bröckers Gedanken einen anderen Zug, den wir mit einem schon eingebürgerten Ausdrucke Nietzsches das Dionysische nennen können. Dieser Hinweis auf das Dionysische bei Hölderlin hat für uns nur vergleichende Bedeutung; wir wollen ausdrücklich zwischen Hölderlins und Nietzsches Auslegung der antiken Religiosität unterscheiden. Das scheint aber Rudolf Pannwitz in seiner Arbeit über „Hölderlins Erdkarte" 23 nicht immer mit gleicher Strenge durchgeführt zu haben; er beschäftigt sich darin mit dem Parallelismus zwischen Pindar und Hölderlin und bemerkt, daß Pindar die griechische Religion und Kultur und die Mysterien voraussetzt: „Er meint immer nur, was gegenständlich, auch ohne ihn schon da ist", während dies bei Hölderlin nicht der Fall ist, der sich an eine noch nicht verwirklichte Zukunft wendet; diese Beobachtung ist grundlegend, wenn auch selbstverständlich. Pannwitz sucht aber in seinen Erläuterungen hierauf nach einer Erklärung, welche Vorstellung der Dichter von der Kulturgeschichte hatte und auf welche Weise sie die gesamte kulturelle und religiöse Entwicklung der Menschheit im Morgen- und im Abendland umfasse: „Hölderlin knüpft Christus unmittelbar an Dionysos an, ohne sie zu verschmelzen, und gleitet vom dionysischen Mysterium ins johanneisch-christliche hinüber." 24 In dieser irdischen Landschaft haben Grie21 22 23
24
Walter Bröcker, op. cit., S. 21. Walter Bröcker, op. cit., S. 22. Rudolf Pannwitz, Hölderlins Erdkarte. In: Der Nihilismus und die werdende Welt. Aufsätze und Vorträge. Hans Carl-Verlag, Nürnberg 1951, Rudolf Pannwitz, op. cit., S. 278.
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chenland und Sizilien eine besondere Bedeutung: „Italien ist selbstverständlich da, tritt aber zurück gegenüber Griechenland, Sizilien, die Alpen und Deutschland." 25 Ferner behauptet der Verfasser, daß die grundsätzliche Anregung zu Hölderlins Werk nicht prophetisch ist, sondern vielmehr „eine dichterische Stiftung: die des herorisch-musisch-humanen Kulturreligions-Mysteriums für Deutschland" 26 . Man könnte daraus schließen, daß Hölderlin gerade deswegen einen Höhepunkt der deutschen Klassik bezeichne; wenn aber diese umfassende Schau tatsächlich der des Dichters entspricht, dann führt Pannwitz hier jedoch ein Element ein, und das ist die Betonung des Dionysischen und seiner Erneuerung im „Kulturreligions-Mysterium" Deutschlands. Hölderlin und die deutsche Klassik werden so in einer von Nietzsche geschaffenen Weise betrachtet. In den letzten Jahren wurde das Verhältnis Hölderlins zum Griechentum besonders von Wolfgang Schadewaldt untersucht, von dem wir schon anläßlich der Behandlung seiner Beiträge zu den „Hölderlin-Jahrbüchern", die zu den bedeutendsten der Hölderlin-Forschung des letzten Jahrzehntes zählen, haben sprechen können. Bei Gelegenheit des 60. Geburtstages von Schadewaldt wurden diese und andere seiner Arbeiten von Freunden und Verehrern gesammelt und herausgegeben 27 . Dieser Band enthält auch einige neue Aufsätze, von denen wir jetzt sprechen wollen; unser Anliegen ist es in erster Linie, die Bedeutsamkeit einer Untersuchung hervorzuheben, die Schadewaldt, selbst ein Meister der Übersetzungskunst, Hölderlins Sophokles-Übertragungen gewidmet hat. Die Arbeit ist überreich an genauen philologischen Beispielen und läßt sich nicht zusammenfassen; es ist aber wichtig, darauf hinzuweisen, wie darin der Geist der beiden Sprachen, des Griechischen und des Deutschen, einander gegenübergestellt wird und dieser philologische Vergleich zu einer Erhellung von Hölderlins Griechenbild beiträgt. Besonders hervorzuheben sind in diesen Aufsätzen Schadewaldts philologische Strenge und der Nachweis, wie sich die Philologie auf ihrer höchsten Ebene in Philosophie verwandelt. Die der Tragödie „Empedokles" gewidmete Arbeit ist beispielhaft für das Verfahren des Forschers: Die Gestalt des Helden wird dargestellt, wie sie sich aus der Uberlieferung ergibt; der Verfasser verweist auf die beiden Kräfte, die nach dem alten Philosophen den Kosmos beherrschen: Liebe und H a ß . Schadewaldt führt aus: N u r Übergang ist Tod, nur Auflösung eines Lebendigen Kosmos nur ein periodisch wechselndes Geschehen der Vereinigung und der Trennung, regiert von den beiden Mäditen der L i e b e und des S t r e i t e s. 28
Eine derartige Auslegung entspricht den geschichtlichen Tatsachen und gleichzeitig Hölderlins Deutung; sie führt den antiken Philosophen mit dem modernen Dichter 25 26 27
28
Rudolf Pannwitz, op. cit., S. 280. Rudolf Pannwitz, op. cit., S. 288. Wolfgang Schadewaldt, Hellas und Hesperien: Gesammelte Schriften zur Antike und neueren Literatur — zum 60. Geburtstag von W . Schadewaldt am 15. März 1960 unter Mitarbeit von K. Bartels hsg. von E. Zinn. Artemis-Verlag, Zürich-Stuttgart 1960. Wolfgang Schadewaldt, Die Empedokles-Tragödie Hölderlins. In: „Hölderlin-Jahrbuch" 1 9 5 8 / 6 0 , S. 42 ff.
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zusammen. Hölderlin sah in der Tragödie des Empedokles das ursprüngliche Schicksal des Menschen in der Begegnung mit dem Göttlichen; Empedokles wurde als der unbefleckte H e l d dargestellt, der gleichzeitig schuldig ist. Uns scheint der Hinweis auf Hegels Sokrates-Deutung hier naheliegend, und zwar nicht im Sinne einer Beeinflussung, sondern als eine gedankliche Übereinstimmung zwischen Hegel und Hölderlin. D e r Wert von Schadewaldts Untersuchung liegt darin, daß sie das Entstehen der Tragödie im Inneren des Dichters nachgezeichnet h a t ; der Verfasser sieht als die letzte Fassung des Dramas jene in zwei Akten unter dem Titel „Der T o d des Empedokles" an, die an „ ö d i p u s auf K o l o n o s " von Sophokles anknüpft und auf Hölderlins Vorstellung vom Verhältnis zwischen Mensch und G o t t baut. W i r befinden uns neuerlich in dem von Bröcker für Hölderlins Übertragung von „ ö d i p u s R e x " abgesteckten Rahmen. Schadewaldt meint dazu: Die erreichte Götternähe eines hohen Menschen ist in sich selber, notwendig, tragisch gefährlich, insofern der Mensch, der sich dem Gott in aller Unschuld, vom edelsten Streben ergriffen, nähert, an eben dieser Götternähe verbrennt. 29
Eine solche Auslegung des Bezuges zum Göttlichen verband sich für Hölderlin mit dem Begriffe einer Spannung zwischen — um es in Schellings Terminologie auszudrücken — „Organischem" und „Aorgischem". Schadewaldt beobachtet, daß „Organisches" hier die bewußte Existenz bezeichnet, die Existenz nach bestehenden Ordnungen, Übereinkommen und Überlieferungen, während „Aorgisches" „das unbeschränkte, unbestimmte, flutende, unbewußte, unbegrenzte, göttlich-allgewaltige Leben, wie es aus den Gründen der N a t u r unendlich zeugungskräftig und schaffend w i r k t " 3 0 bedeutet. Diese Untersuchung trägt dazu bei, ausgesprochen ästhetische Fragen der Tragödie zu klären; und nicht grundlos hebt der Verfasser den Wechsel der seelischen Zustände und Töne und den aufgelösten Schlußakkord am Ende der Tragödie hervor. Eine andere Arbeit von Wolfgang Schadewaldt betitelt sich „Hölderlins Weg zu den G ö t t e r n " 3 1 und stellt mit einem goethischen Ausdruck fest, daß in der gesamten Entwicklung des Dichters „der innere lebendige K e r n und die Entelechie seines W e sens" 3 2 beständig bleiben, weil er von Anfang an nach einer neuen Einheitlichkeit des Geistes und nach einer erneuten Heiligung des Lebens auf Grund des Mythos von der Rückkehr der Götter trachtet, der sich schließlich erfüllt. Schadewaldt bezeichnet darin den Weg des Dichters zu den Göttern, auf dem er verschiedene Stufen und „Bildungswelten" durchläuft: aus der Welt des Pietismus und von Klopstock über die Philosophie Kants und Fichtes zu Schiller und zu einer Wiederaufnahme der griechischen Überlieferung von Homer, Piaton, Heraklit, Pindar und Sophokles; seine stete Aufgabe ist aber „ein Sagen dessen, was ist, ein Sagen und Nennen 29 30 31
32
Wolfgang Wolfgang Wolfgang 1955/56. Wolfgang
Schadewaldt, op. cit., S. 51. Schadewaldt, op. cit., S. 52. Schadewaldt, Hölderlins Weg zu den Göttern. In: Schadewaldt, op. cit., S. 174.
„Hölderlin-Jahrbuch"
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der Götter" 33 . Wir hören darin ein Echo von Böckmanns kritischer Deutung, doch unterstreicht Schadewaldt am Bildungswege des Dichters die Offenbarung, die ihm die Liebe gab. Durch sie erkennt Hölderlin, daß unser menschliches Tun und Treiben von den Kräften abhängt, die um uns schweben: und das sind die Götter. Die Gegenwart des Göttlichen ist dem Dichter von Anfang an erfühlbar; aber die Götter offenbaren sich ihm immer mehr als die schicksalsbestimmende Madit. So gelangt er im „Empedokles" zu einem Begriff des Tragischen, demzufolge nicht die Schuld nach Sühne verlangt, sondern vielmehr der Mensch in seiner Unschuld dem Verderben geweiht ist, wenn er die Grenze überschreitet und sich dem Göttlichen zu weit nähert. Auf diese Weise läuft der Weg Hölderlins von einem Punkt an nicht mehr zu den Göttern hin, sondern mit ihnen gemeinsam: „Leben und Tod, Segen und Vernichtung in einem scheint ihm immer mehr das Wesen des Göttlichen zu sein." 34 In Anlehnung an Bröckers Ausführungen können wir ergänzen, daß von dem Augenblick an, als Hölderlins Weg mit den Göttern gemeinsam führt, die „Hybris" ausbrechen kann. Schadewaldt meint, daß sich von nun an Pindar, der weise Verkünder der Musen, für den Dichter zum Vorbild erhebt, während er selbst „zum Verwalter alter heiliger Überlieferungen und zum Deuter des Altgesagten" 35 wird. Dieser Ablauf erklärt es nach Schadewaldt, warum sich der Dichter in der letzten Zeit zum Ausleger und damit zum Übersetzer entwickelte; und erneut weist der Verfasser auf die Sophokles-Übertragungen Hölderlins hin. Schon in den letzten Jahren vor der Verdunklung war Hölderlins Wissen um das Göttliche eine Art tragischer Glaube; so kann der Wahnsinn des Dichters mit der Katastrophe im Leben des tragischen Helden verglichen werden, wenn er sich dem Göttlichen zu weit anvertraut hat, „unschuldig schuldig an dem Göttlichen verbrennt" 36 . Wenn wir nun die verschiedenen Deutungen, die wir zu dem Thema „Hölderlin und das Griechentum" angeführt haben, überblicken — beginnend mit Jaegers Gegenüberstellung zwischen „Paideia" und „Bildung" über Bröckers Ausführungen zu Hölderlins Ödipus-Erklärung bis zu der von Schadewaldt aufgezeichneten Parabel von Hölderlins Weg zu den Göttern — dann können wir in der Grundhaltung der einzelnen Gelehrten Eintracht feststellen. * Der Umfang und die Stärke des von Hölderlin ausgeübten Einflusses wird auch durch den Wandel des philosophischen und theologischen Denkens bestätigt, was darzustellen wir schon Gelegenheit hatten. Wenn sich Dichtung auch auf diesem Gebiete spiegeln kann, dann ist das ein neuer Beweis für die Wirkung der Erfahrung des Dichters. Man darf nicht vergessen, daß seine Schau theoretisch ausgelegt werden kann, indem man sie auf das Gebiet der Philosophie und damit zusammenhängend auch auf die Theologie überträgt. Einerseits ist aber die Forschung bestrebt, Wert auf die Beziehungen Hölderlins zum Griechentum zu legen, andererseits hebt 33 34 35 36
Wolfgang Wolfgang Wolfgang Wolfgang
Schadewaldt, Schadewaldt, Schadewaldt, Schadewaldt,
op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S.
175. 180. 181. 182.
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sie das Christliche in seiner Dichtung hervor; so kann es nicht überraschen, daß sidi auch die Theologen dem Studium seiner Werke zugewandt haben. W i r haben ja schon gesehen, daß Buhr und Przywara in die Auseinandersetzung um die „Friedensfeier" eingegriffen haben; und wie wir von Przywaras umfangreicher Betrachtung über die wiederentdeckte Hymne sprechen mußten, so wollen wir jetzt auf einige Seiten hinweisen, die er Hölderlin gewidmet hat und die sich bis zu dem Versuch ausweiten, die Stellung des Dichters in der Theologie zu bestimmen 37 . Przywara unterstreicht bei Hölderlin die Bedeutung einer johanneischen Inspiration, die man dem Dichter von „Patmos" sicher schwerlich absprechen kann, und erläutert den Unterschied und die Ähnlichkeiten zwischen Hölderlin, Hegel und Schelling besonders in Hinblick auf das Johanneische, das sich in einer lebendigen Erfahrung des Geistes in seinem Wandel und als Sturm und Feuer ausdrückt: „nicht ein Denker-Geist, sondern Creator-Spiritus, Schöpfer-Geist, der über einem ,Wüst und Leer' und ,toten Gebeinen' schöpferisch weht" 3 8 . Auch Heinrich Buhr und Walter Bröcker, deren Arbeiten über die „Friedensfeier" wir bereits kennen, widmeten kürzlich gemeinsam ein Bändchen der Theologie; hierin nahm besonders Buhr neuerlich die Frage nach Hölderlins Theologie auf. In dem gemeinschaftlich verfaßten Vorworte schrieben die beiden: Die Korrektur der theologia crucis durch die theologia spiritus, deren Vorkämpfer Hegel und Hölderlin gewesen sind, ist keineswegs eine abwegige Ketzerei. Ihre Quelle ist das Johannes-Evangelium und ihre feierliche Sanktion der dritte Artikel des Glaubensbekenntnisses. 39
Eine derartige idealistische Auslegung religiösen Glaubens wäre innerhalb der katholischen Dogmatik offenbar unmöglich, in der sich Wandlungen stets nur in Jahrhunderten vollzogen haben; der Protestantismus hingegen sieht so etwas vor und steht dem offen gegenüber. Es ist bekannt, wie sich Rudolf Bultmann letzthin (auch in Gegensatz zu Barth) mit den Grundsätzen der protestantischen Theologie auseinandergesetzt hat; Buhr und Bröcker erkennen ihre Verpflichtungen Bultmann gegenüber an, wobei sie nichtsdestoweniger darauf hinweisen, daß für sie nicht so sehr der Mythos, als vielmehr die kirchliche Metaphysik überwunden ist. Folglich kehren sie zu den Glaubensgrundsätzen des Christentums zurück, zum Glauben an den göttlichen Ursprung alles Seins, an Jesus, den Sohn Gottes, und an den Heiligen Geist. Zur Frage aber, ob Jesus von Gott gezeugt und sein Sohn sei, steuert Buhr Hölderlins Ansicht bei, indem er erklärt, Heidegger habe ihn gelehrt, den Dichter zu lesen; er schließt mit den Worten: „Ich habe von Hölderlin, um es pathetisch zu sagen, gelernt, Lehre zu empfangen für die Theologie, Wahrheit also!" 4 0 37
38 39
40
Erich P r z y w a r a , U m Hölderlin. In: In und Gegen — Stellungnahmen zur Zeit. Glock und Lutz-Verlag, Nürnberg 1955. Erich Przywara, op. cit., S. 141. Walter Bröcker und Heinrich Buhr, Zur Theologie des Geistes. Günther Neske-Verlag, Pfullingen 1960. Das Bänddien enthält folgende Arbeiten: Heinrich Buhr, Hölderlinische Theologie; Walter Bröcker, Die christliche Hoffnung; Walter Bröcker, Mythos und Physik; Heinrich Buhr, Dogma und Wahrheit. Heinrich Buhr, Hölderlinische Theologie., In: Zur Theologie des Geistes, op. cit., S. 15 ff.
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Es ergibt sich hier die Notwendigkeit, aus Heideggers Gleichsetzung von Denken und Dichten die letzte Folgerung zu ziehen: Die Dichtung wird hier tatsächlich in der Art einer Belehrung für die Theologie verstanden und es vollzieht sich die Gleichschaltung der dichterischen und der absoluten Wahrheit mit dem Glaubensgrund, der für den Gläubigen in der theologischen Wahrheit liegt. Die von Hölderlin gewagte Annäherung zwischen Christus und Herakles, Dionysos und Christus, alle drei Söhne Gottes, erscheint auf diese Weise unerwartet im Lichte der christlichen Theologie; und der Theologe bezeichnet diese Angleichung mit einem Worte, das er selbst ein politisches nennt: als Koexistenz. Wenn es aber in der idealistischen und geschichtlichen Schau Hölderlins zu einer Annäherung zwischen Christus und den antiken Göttern kommen konnte, dann scheint es uns trotzdem unmöglich, daß sich das auch im Rahmen der christlichen Theologie vollziehen könne. Dabei möchten wir daran erinnern, daß sich die Kernfrage von Hölderlins Christologie erst dann stellt, wenn der Dichter in „Der Einzige" die Einmaligkeit Christi anerkennt. Ehe wir mit der Besprechung von Buhrs Abhandlung fortfahren, möchten wir jedoch zum Beweise für Heideggers Einfluß auf die Hölderlin-Forschung an einen Aufsatz von Walter Euler 41 erinnern, der sich mit Heideggers Verfahren bei der Hölderlin-Deutung beschäftigt. Einige der darin enthaltenen Beobachtungen sind außerordentlich zutreffend, so etwa die Bemerkung, daß man nicht über die vom Dichter selbst gesetzte Grenze hinaus interpretieren darf. In diesem Zusammenhang erinnert Euler an einen Satz über die „Sonette an Orpheus", den Rilke am 23. April 1923 an seine Frau geschrieben hat: „Wo ein Dunkel bleibt, da ist es von der Art, daß es nicht Aufklärung fordert, sondern Unterwerfung." An anderer Stelle haben wir schon darauf hingewiesen, daß Heideggers Gleichsetzung des philosophischen Gedankens mit der dichterischen Intuition („Das Denken des Seins ist die ursprüngliche Weise des Dichtens." 42 ) einem Reflektieren des Denkens in der dichterischen Intuition entspricht, oder das Dichterwort als Thema und als Vorwand zu philosophischen Überlegungen hernimmt, jedoch keine reine kritische Deutung der Dichtung darstellt. Die Philosophie kennt keine apodiktische Wahrheit wie etwa die Mathematik; es versteht sich aber von selbst, daß sich die Theologie nicht um philosophische Wahrheiten dreht, sondern um solche, die von einer Offenbarung herrühren und die als Glaubensgrundsätze Anspruch auf absoluten Wert erheben. Wir haben gesehen, wie sich Buhr auf Heidegger berief, um von ihm die Gültigkeit der aus Hölderlin gezogenen Lehre auch auf theologischem Gebiete bestätigt zu wissen; damit haben wir aber nicht mehr eine Gleichsetzung nur zwischen Dichten und Denken vor uns, sondern gar zwischen dichterischer und theologischer Wahrheit. Auf theologischem Gebiet entspräche der Anerkennung eines solchen Gedankens die Gleichstellung eines dichterischen Textes mit der Heiligen Schrift, dem Ausdrucke der göttlichen Offenbarung; damit hätte man aber nach unserer Meinung das Gebiet der Theologie bereits verlassen. 41
42
Walter Euler, Zur philosophischen Interpretation dichterischer Texte. In: Agora, eine humanistische Schriftenreihe; Interpretationsprobleme, N r . 5, II. Jg., März 1956.) Walter Euler, op. cit., S. 19 f.
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Wir wollen damit ausdrücken, daß Buhrs Darstellung eine Grundtatsache vernachlässigt: der Hellenismus und der Neuplatonismus, hierauf die Gnostiker und die Kirchenväter, Jahrhunderte menschlichen Denkens von Augustin bis Thomas von Aquin haben es zu ihrer unerläßlichen Aufgabe gemacht, aus dem Erbe der Antike so viel wie möglich in das Christentum aufzunehmen. Und wenn sich Jahrhunderte später im deutschen Idealismus neuerdings die Notwendigkeit ergab, eine Synthese der religiösen, philosophischen und kulturellen Entwicklung des Abendlandes zu erstellen, dann muß darin notwendigerweise die antike Uberlieferung ebenso wie die christliche aufgehen. Das war die grundlegende Einstellung Hölderlins, die ihm von seiner eigenen Philosophie, den mit den Tübinger Gefährten Schelling und Hegel gemeinsamen Gedanken, geboten wurde. Im Durchleben des Religiösen öffnete sich aber für Hölderlin neuerlich der Abgrund zwischen der Welt der Antike und dem Christentum. Die Frage, die Buhr theologisch stellte, ist nach unserem Urteil eher ein geschichtliches Problem, das für Hölderlin zu einem religiösen wurde und als solches seine gesamte Erfahrung durchdringt. Heinrich Buhrs Überlegungen, die uns dann, wenn wir sie theologisch betrachten, recht zweifelhaft erscheinen, können wir hingegen als philosophische Gedankengänge zustimmen, die nichts mit Theologie zu tun haben. Zweckdienlich erinnert Buhr an Bröckers Feststellung: Die als Metaphysik verstandene Theologie hat das Christentum in eine Krise gestürzt. Man muß sich fragen, ob die Theologie nach Kant, der jeder Metaphysik den Boden entzogen hat, nicht zu einer Pseudo-Wissenschaft oder einer Mythologie verstümmelt wurde. Dabei wollen wir gar nicht verheimlichen, daß dies unsere Ansicht ist, und darauf hinweisen, daß schon Pascal die traditionelle Theologie zertrümmert und an ihrer Stelle dem Menschen als Weg zur Wahrheit, auf dem er gleichzeitig die Offenbarung als Voraussetzung anerkennen könne, das Denken im Sinne des Carthesius gewiesen hat; und Pascals Gedanken führten zu keiner neuen Theologie, sondern zu einer Neufassung der religiösen Fragen. Auch Eugen Biser untersucht in seinem Werk „Der Sinn des Friedens"4® Hölderlins Theologie; er bezieht sich wiederum auf die Hymne „Friedensfeier", führt sie zu einer christologischen Lösung und ergänzt mit einigen Hinweisen auf Hölderlins Darstellung Christi und seine Annäherung an Götter und Helden des Altertumes. Um die Vorstellungen des Dichters zu erhellen, beruft sich Biser auf die Geschichte der Christologie, auf Irenäus und besonders auf Justinus, der in seiner Apologie die Söhne von Zeus, Dionysos und Herakles, ausdrücklich Christus gegenüberstellte. Nicht grundlos bemerkt Biser, daß sich bei Hölderlin eine Rückkehr zu lange schon überwundenen Glaubensformen vollzieht. Wir haben ja schon wiederholt — in Zusammenhang mit Buhr und bereits früher — darauf hingewiesen, daß es zur Klärung von Hölderlins religiöser Schau vorteilhaft wäre, sich auf jene Stufen zwischen Heidentum und Christentum zu berufen, die sich in der Gnosis ausdrücken und Teil jener jahrhundertelangen Bemühungen der Mensch43
Eugen Biser, Der München 1960.
Sinn
des
Friedens:
ein
theologischer
Entwurf.
Kösel-Verlag,
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heit waren, die Überlieferung der Antike in das Christentum aufzunehmen. Durch Bisers Bemerkungen über die Verwandtschaft von Hölderlins Schau mit einigen Zügen des Arianismus 4 4 werden wir in unserer Überzeugung noch bestärkt. Besonders gerne ergreifen wir die günstige Gelegenheit, auf die christologischen D a r stellungen in der Basilika von San Apollinare N u o v o in R a v e n n a und auf eine Stelle in Zyprians „ D e dominica oratione" hinzuweisen, wo Christus die wahre Sonne und der wahre T a g genannt wird. Biser beschließt seine Abhandlung mit der Bemerkung, daß sich im Christusbild der letzten H y m n e n Hölderlins für die Deutung des Glaubens Züge einer Christologie finden, die, von der Dogmatik verworfen, doch nun von der dichterischen Schau neu belebt, der theologischen Auseinandersetzung frische Anregungen geben. Ehe wir mit der Betrachtung
der neuesten christologischen Deutungen
der
Hölderlin-Forschung fortfahren, möchten wir in die Abhandlung einen ganz neuen Gesichtspunkt einführen, der nicht religiös im christlichen Sinne, sondern vielmehr mythisch ist. Ulrich H ö t z e r setzt als Motto über eines seiner Bücher, in dem er sich mit der Herakles-Darstellung in Hölderlins Dichtung beschäftigt 45 , ein W o r t von Hofmannsthal, der einmal sagte, man könne im Kunstwerk Inhalt und Form nicht trennen, da die Form Ausdruck des Inhaltes und der Inhalt Wesen der Form sei. Über diese Behauptung, ein Grundsatz der ästhetischen Forschung und offenbar einer der ästhetischen Leitsätze Goethes, setzte sich aber H ö t z e r hinweg; seine Untersuchung blieb im wesentlichen inhaltlich. Die Einstellung, mit der er an Hölderlin herangeht, ist wiederum humanistisch und H ö t z e r betrachtet das Werk „im Zeichen der Wiedergeburt griechischen Lebensgefühls und griechischer Frömmigkeit" 4 6 . Man kann feststellen, daß sich Hötzer an die Ergebnisse der Arbeiten von Walter O t t o hält, bei deren Betrachtung wir Einwände, die antihistorische Haltung betreffend, erheben mußten. Das Bild und der Mythos von Herakles, wie sie die Dichtung Hölderlins darstellt, gehören folglich für H ö t z e r zur umfassenden Erneuerung des griechischen Mythos; zweifellos kann man sich, um das Auftreten von Herakles in den Werken Hölderlins zu verstehen, nicht auf eine literarische Uberlieferung von Wieland oder Goethe berufen, sondern vielmehr auf Pindar. D e r Verfasser möchte aber seine Untersuchungen erweitern und „die genetischen Voraussetzungen (erforschen), aus denen heraus die Gestalt des Herakles zum mythischen Kern von Hölderlins Dichtung w i r d " 4 7 ; und dazu entwickelt er eine Darstellung vom Werden und Wandel des Mythos im Gesamtwerk des Dichters. D i e von Hölderlins Dichtung aufgeworfene Frage nach einem Verhältnis zwischen Mythos und Poesie ist bereits umfassend untersucht worden, doch hat man es bei den verschiedenen Behandlungen unterlassen, zunächst die in Betracht kommen44
Man vgl. den „Excurs über den religionsgeschiditlichen Hintergrund von Hölderlins Hymne .Friedensfeier'" In: Eugen Biser, op. cit., S. 235—240.
45
Ulrich Hötzer, Die Gestalt des Herakles in Hölderlins Dichtung. Freiheit und Bindung. ( = Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte, N. F., Bd. 1.) W. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 1956. Ulrich Hötzer, op. cit., S. 13. Ulrich Hötzer, op. cit., S. 14.
16 47
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Hölderlin
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den Ausdrücke genau zu bestimmen, und zwar in erster Linie wegen der Unsicherheit in der deutschen Forschung in Hinblick auf den eigentlichen K e r n des Dichterischen und das Wesen der Dichtung. W i r wollen aber nicht nochmals auf die diesbezüglichen Auseinandersetzungen eingehen oder Heinz O t t o Burgers Ausführungen über die verschiedenen Betrachtungsweisen der einzelnen literarischen Schulen wiederholen. Auch die mythologische Frage ist nicht klar beantwortet worden, weil man, noch ehe man sich mit dem Verhältnis zwischen Mythos und Dichtung hätte beschäftigen dürfen, den Beziehungen zwischen Mythos und
Geschichte,
Religion und Mythos nachspüren und zu einer gültigen Bestimmung hätte gelangen müssen, von der aus die mannigfaltigen
Zusammenhänge
aufgedeckt
werden
können. Hingegen wurde ein Bezug zwischen Mythos und Dichtung in den Schriften Hölderlins als bewiesen angenommen; man entwarf eine Mythologie Hölderlins, die Dichtung wurde als Schöpferin des Mythos angesehen. M a n vergaß aber bei diesen vielfältigen Hypothesen darauf, daß der Mythos das Ergebnis einer Kollektivseele ist und nicht mit der religiösen Erfahrung eines Einzelnen, sondern einer Gemeinschaft, eines Volkes zusammenhängt. Ulrich H ö t z e r arbeitet sich durch das gesamte W e r k Hölderlins und stellt fest, an welchen Stellen das Bild und der Mythos von Herakles auftreten; zunächst entdeckt er die „platonische H a l t u n g " in der Anregung zu den Jugendhymnen; in ihnen ist Herakles gesehen als das „Urbild der ersten Entwicklungsstufe der Menschheit, die in der Auseinandersetzung mit der Umwelt zum Bewußtsein ihrer eigenen K r a f t und ihres göttlichen Wesenskerns gelangt" 4 8 . In der weiteren E n t wicklung erhebt sich im Zuge einer gewissen „Ichzentrierung" für den Dichter eine neue Frage: Welche Zusammenhänge bestehen zwischen dem
ordnenden
Bewußtsein und der aorgischen N a t u r ? U n d nun erscheinen ihm die Taten des Herakles in einem neuen Lichte, „als heroischer Widerstand gegen das Schicksal" 4 9 . Erst viel später, nach dem „ H y p e r i o n " , wird der Mythos von Herakles wieder neu gedeutet werden. W i r möchten dazu bemerken, daß nach unserem Dafürhalten die mittlere Periode des Dichters, die sich am deutlichsten im R o m a n ausdrückt, von H ö t z e r mißverstanden wird; dies zu beweisen, genügt ein S a t z : „Hyperions Dasein bleibt ein Rausch ohne die bewahrenden Kräfte, und am Ende herrscht die erschütternde Resignation eines am Leben gescheiterten Menschen." 5 0 Wenn Hyperions Leben als eine Niederlage angesehen wird, die in der Resignation endet, dann kann man seinen Abschluß nicht verstehen, den wiedergefundenen Ausgleich mit der N a t u r ; dann ist auch das V o r w o r t zum R o m a n , dem Geschenk an die Liebe der Deutschen, nicht gerechtfertigt. Man könnte vielmehr dem beipflichten, daß d e r Dichter in der Mitte seines Lebens zu einer „Schicksalsfrömmigkeit" gelangt ist, wie es der Verfasser darstellt 5 1 , und daß die Oden der wunderbare Beweis für die Stärke des Dichters sind, das schwere Schicksal auf sich zu nehmen und in die Dichtung 48 49 50 51
Ulrich Ulrich Ulrich Ulrich
Hötzer, Hötzer, Hötzer, Hötzer,
op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S.
28. 35. 55. 58.
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zu übertragen. Hötzer trifft den wahren Grund von Hölderlins Erfahrung, wenn er bei der Ode „Rück-kehr in die Heimath" feststellt, daß sie von einem tiefen Gefühl heiteren Ausgleiches erfüllt ist; dann setzt er hinzu: Unmerklich vollzieht sich hier der Übergang vom Persönlichen zum Überpersönlichen, vom Erlebnis zur E r k e n n t n i s . . . das Ereignis der Heimkehr gewinnt erhöhte Bedeutung als Rückkehr zur Bindung und Geborgenheit des Ursprungs. 5 2
Das Ergebnis dieser Entwicklung sieht man nach Hötzer in „Empedokles"; dem Verfasser scheinen aber weder die Tragödie, noch der Roman oder die Oden zum Ausdruck des innersten Wesens von Hölderlins Erfahrung zu gelangen, sondern erst in den letzten Hymnen stellt sich der Dichter vor, der „nur noch den Ton objektiver Verkündigung" 5 3 kennt. Ulrich Hötzer meint, daß die Gestalt des Herakles erst in dieser letzten Periode zu einem objektiven Mythos wird; diese Objektivität erlaubt es, daß die mythische Deutung der Naturereignisse das Bild des Herakels auch im Schicksal des Rheins durchscheinen läßt, Herakles „wird zum Urbild des harmonischen Ausgleichs von göttlicher Schicksallosigkeit und menschlicher Schicksalsgebundenheit" 54 . Die Darstellung verfolgt so in den großen Hymnen den Mythos von Herakles zunächst als ordnende Macht gegenüber der Gewalt der Titanen und dann in der Annäherung zwischen Herakles und Christus. In diesem Zusammenhange sind einige Bemerkungen hervorzuheben: Das Verhältnis zwischen dem Mythos von Herakles und den Titanen geht auf die antike Mythologie zurück, in der es auch zur Annäherung und Vermisdiung zweier verschiedener Mythen kam, der Titanomachie und der Gigantomachie. Die Herrschaft des Zeus beginnt mit der Niederwerfung von Chronos und der Titanen; der Sieg der olympischen Götter über die Giganten bezähmte den Aufruhr der chthonischen Mädite. In diesem Kampfe war es Herakles, der die Schlacht für Zeus entschied. In Hölderlins Deutung nimmt aber der antike Mythos eschatologische Züge an; hiezu bemerkt Hötzer: Damit aber rückt Hölderlins Mythe von der Epiphanie des Herakles in unmittelbare Nähe der Johanneischen Offenbarung, die ganz ähnliche Züge aufweist. Audi Johannes verkündet die Überwindung höllischer Gewalten durch einen vom Himmel gesandten Engel. 5 5
Mit der Betonung der eschatologischen Erwartung, welche die letzten Hymnen durdizieht, und einer demgemäßen Auslegung des Herakles-Mythos erklärt sich in der Hymne „Der Einzige" leichter die Annäherung von Christus, Dionysos und Herakles. Und der Forscher meint dazu: „Alle drei sind Symbolgestalten des Ausgleichs, des Maßes, der Reinheit und der Versöhnung" 5 6 ; sie sind das Chaos beherrschende und das Sein ordnende Mächte, Halbgötter, Söhne des Höchsten 52
Ulrich Hötzer, op. cit., S. 69.
53
Ulrich Hötzer, op. cit., S. 88.
54
Ulrich Hötzer, op. cit., S. 104.
55
Ulrich Hötzer, op. cit., S. 132.
56
Ulrich Hötzer, op. cit., S. 134.
30*
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und einer sterblichen Mutter. Aber schon bei ihrer gegenseitigen Annäherung wird Christus als andersartig erkannt. Der Verfasser verkündet eine gewagte Auslegung, derzufolge der Dichter als Vorbereiter der neuerlichen Ankunft der Götter Herakles näher als Christus stünde, ja sogar insoferne, als er an des Halbgottes ordnender Kraft teilhat, des Griechengottes Bruder sei. Wir glauben, daß in diese Deutung Hötzers etwas von Nietzsche einfloß, er das Verhältnis zwischen Hölderlin und Herakles in einer Art sieht, die der Haltung Nietzsches zu Dionysos ähnelt; und darum ist sie für uns auf alle Fälle unannehmbar. Erläuternd zu seiner Vermutung stellt er fest: „Es ist des Dichters eigene Haltung, die im mythischen Bild des zur Unsterblichkeit sich emporringenden Herakles schaubar wird" 57 ; hierauf bezieht er sich auf die Ausführungen von einem so tiefen Kenner des Altertumes und Humanisten wie Wilamowitz zum Herakles-Mythos und auf dessen Behauptung, daß ein religiöser Gedanke nur dann verstanden werden könne, wenn man an ihm teilhabe, woraus er ableitet, daß sich Hölderlin den antiken Mythos angeeignet habe: Der Herakles seiner späten Hymnen ist der ,Reiniger' und Wegbereiter, der Überwinder des Chaos, der erste der wiederkehrenden Götter, deren Kommen vorzubereiten Hölderlin als seine höchste und eigentliche Aufgabe angesehen hat. 58
Und damit wird der Mythos an sich genommen, losgelöst von den dichterischen Werten der Schriften Hölderlins, und es wird ihm ideologische Gültigkeit beigemessen. Wir glauben, daß es wieder einmal nötig ist festzustellen, daß die Schau eines Dichters, der einen Mythos als gültig anerkennt, etwas anderes als die philosophischen Überlegungen desselben Dichters über die Mythen ist. Der Mythos, die Quelle der Analogie für den dichterischen Ausdrude und dennoch mit der Analogie völlig vereint, drückt des Dichters Schau und nicht seine Gedanken aus; und um für eine Übertragung des Mythos in philosophische Betrachtungen, was in der Hölderlin-Forschung des öfteren vorkommt, die Grenzen zu ziehen, wäre es vorteilhaft, sich auf Hölderlins Gedanken über die antike Tradition zu berufen und sich jener Briefstellen zu erinnern, in denen er die Alten und die Modernen einander gegenüberstellt und aus denen sich eine Dichtkunst entwickeln kann, eine „Technik" des Dichters: In dieser Dichtkunst betraf die Behandlung des Mythos ein Teilgebiet. Der Aufsatz von Ulrich Hötzer bezieht sich gleichzeitig auf das Griechentum, den Mythos und die Christologie Hölderlins; und hier können wir auf eine Arbeit von Richard Müller verweisen, die dem Fluß-Motiv in der deutschen Klassik und bei Hölderlin gewidmet ist59. Es handelt sich dabei um eine Dissertation, die ursprünglich den Titel „Das Strommotiv in der deutschen Klassik" trug. Hier erkennen wir die Gewohnheit der deutschen Gelehrten, ein Thema aufzunehmen und dessen Geschichte in einer ganzen Epoche, von Dichter zu Dichter, darzustellen; 57 58 59
Ulrich Hötzer, op. cit., S. 141. Ulrich Hötzer, op. cit., S. 143. Richard Müller, Die deutsche Klassik. Wesen und Geschichte im Spiegel des Strommotivs. Bouvier-Verlag, Bonn 1959.
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dabei folgt man einem von Rudolf Unger eingeführten Verfahren, das auf die geistesgeschichtliche Methode zurückgeht. Eine motivgeschichtliche Darstellung kann ein brauchbares Thema für Seminar-Arbeiten abgeben, läßt aber die Tatsache unberücksichtigt, daß das Thema oder das Motiv in der Dichtung nicht etwas ist, was für sich vorkommt, sondern ausschließlich in der jeweils einmaligen Bestimmung, die ihm der Dichter gibt, Bedeutung und Wert gewinnt. Müller verfolgt die Entwicklung und den Wandel des Motives in der Lyrik des 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts bei Klopstock, Goethe und Hölderlin und gewinnt aus dieser Motivgeschichte einen Ausgangspunkt für die Deutung der deutschen Klassik. Der Wert solch einer Annäherung einzelner Dichter ist aber nur mittelmäßig, wenn man sich dabei auf die Zusammenhänge an Hand eines einzigen Motives und auf eine Bestimmung der verschiedenen Weisen beschränkt, auf die der eine oder der andere Dichter das Motiv behandelt hat. Offensichtlich wird ein Gutteil der Arbeit auf Hölderlin verwendet, ohne jedoch die Kernfragen der Hölderlin-Forschung zu erhellen. Um zu verstehen, wie sich im Worte Hölderlins die Wiederbelebung der antiken Erfahrung und das Christentum vermischen, wie der Mythos überhaupt metaphorische Bedeutung annimmt und in dieser Eigenschaft von innen heraus dichterisches Leben entwickelt, ist es nützlich, sich eines kurzen aber inhaltsreichen Aufsatzes von Beda Allemann zu erinnern: „Der Ort aber war die Wüste." 60 Nach seinen Untersuchungen über das Verhältnis zwischen Heidegger und Hölderlin und über die „Friedensfeier" leistete Allemann mit diesen wenigen Seiten einen neuen, sehr wertvollen Beitrag zur Hölderlin-Forschung. Der Titel des Aufsatzes ist einem Satz entnommen, der im Entwurf zur dritten Fassung der Hymne „Der Einzige" steht (V. 74 f.); es handelt sich dabei um ein Strophenenjambement, durch welches das Wort „Wüste" besonders hervorgehoben wird. Der Dichter sucht eine Antwort auf die Einsamkeit, in der Christus zurückgelassen wurde, und Allemann meint: „so soll er nun durdi einen dichterischen Vorgang in die Gemeinschaft der antiken Halbgötter hervorgebracht werden" 61 ; das ist Hölderlins religiöses Grundproblem. Wenn sich für den Dichter das Verhältnis zwischen Christus und den Halbgöttern darauf begründet, daß sie allesamt denselben höchsten Vater haben und dennoch dem Schicksal unterworfen sind, dann war nach Hölderlin die Wüste für Christus jene Stätte, an der sich sein Schicksal vollziehen sollte, bezeichnete die Wüste den Ort seiner Bestimmung. Darum genügt es auch, sich auf den Bericht des Evangeliums über die vierzigtägige Einsamkeit und die Versuchung durch den Satan zu beziehen, denen Christus unterworfen war. Der Verfasser untersucht die philosophische Bedeutung des Wortes „Wüste"; mit Hinweisen auf andere Stellen bei Hölderlin und auf eine Bemerkung in den „Anmerkungen zur Antigonä" führt er aus: 60
61
Beda Allemann, Der Ort aber war die Wüste. Interpretationen eines Satzes aus dem Spätwerk Hölderlins. In: Martin Heidegger zum Siebzigsten Geburtstag, 26. IX. 1959. Günther Neske-Verlag, Pfullingen 1959. Beda Allemann, op. cit., S. 204.
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Hölderlin erläutert hier die Vergleichung der Niobe mit einer Wüste, wie Antigonä sie vornimmt . . . Danach gehört die Wüste zu den Gegenständen, ,die kein Bewußtseyn haben, aber in ihrem Sdiiksaal des Bewußtseyns Form annehmen'." 62
Die Wüste wird also zu einer Metapher für das Schicksal Niobes und folglich auch Antigones. Diese Metapher darf aber nicht rein äußerlich verstanden werden, weil sie sich ja erst aus dem Zusammenhange mit dem Schicksal eines voreinst fruchttragenden und reichen Landes ergibt, das von der Sonne verbrannt und zerstört wurde. Der Wüste und Niobe ist dasselbe Geschick auferlegt, das sich zwischen den beiden Extremen der „Überfruchtbarkeit" und der Trockenheit erfüllt. Hölderlin meint damit das menschliche Schicksal; die zerstörende Gewalt der Sonne muß sittlich verstanden werden; und Allemann schreibt: „die Tötung der Kinder der Niobe geht in Hölderlins Mythologie metaphorisch in die Verwüstung eines allzu fruchtbaren Landes über" 83 . Nach ihm ist die Wüste „der Ort der übermäßigen Einwirkung des Sonnenlichtes und des Göttlichen, das mit seinen Gaben scheinbar zu Diensten steht und damit zugleich Gefahr bedeutet" 64 ; die Wüste ist die Stätte der Versuchung und der „Hybris". Der Forscher ist somit bei der Untersuchung der Bedeutung der in dem Worte „Wüste" enthaltenen Metapher angelangt. Dabei wird es für ihn unumgänglich, ebenso zu betrachten, was für den Dichter das „Schicksal" bezeichnet, indem er auf metaphorischer Ebene die Begriffe „Schicksal" und „Schuld" einführt, die durch die Hybris miteinander verbunden sind. Nach Hinweisen auf verschiedene Stellen in Hölderlins Werk stellt Allemann fest, daß die „Hybris" dort durchbricht, wo die „Maßlosigkeit" ist65; die Metapher erweitert sich, bis sie die Vorstellung von der Versuchung in der Wüste und auch den Begriff des Titanismus und der „Welt" umschließt, die eine menschliche Welt und der Schuld unterworfen ist. Die Antwort auf die Versuchung, die Aufgabe, die das Schicksal jedem auferlegt, der in der Wüste steht, ist für den Dichter „zu ,bleiben*"; und Allemann erläutert: „das h e i ß t , . . . das Maß und die ,unschuldige Wahrheit' zu bewahren" 66 . Diese Aufgabe, das Maß, die Ordnung und die Wahrheit zu erhalten, war aber nicht nur Christus in der Wüste gestellt, sondern ebenso den Helden des Altertums, Dionysos und Herakles. Der Verfasser erinnert dabei wiederum an das in Betracht gezogene Gedicht und bestätigt, daß das, „was .bleibt'... ist die Spur eines Wortes" 67 ; die genügt aber, den geschichtlichen Zusammenhang gegenüber der Unordnung zu sichern. So sind wir über die Deutung einer einzigen zur Bestimmung der erhabensten Eigenschaft der dichterischen Metapher gelangt, und zwar „daß es nichts anderes als die dichterische Metapher (auch hier im tieferen Sinn Hölderlins verstanden) ist, die den Halt gewährt" 68 . 62 63 64 65 66 67 68
Beda Beda Beda Beda Beda Beda Beda
Allemann, Allemann, Allemann, Allemann, Allemann, Allemann, Allemann,
op. cit., op. cit., op. cit., op. cit., op. cit., op. cit., op. cit.,
S. 206 f. S. 207. S. 208. S. 210. S. 211. S. 213. S. 214.
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Die Darstellung schließt mit einigen Zusammenfassungen: Die Versuchung des Heiligen drückt sich in der Verwandlung der Erde in eine Wüste bildlich aus; in der Wüste aber, dort, wo er der größten Gefahr ausgesetzt ist, bewahrt sich auch die Spur eines Wortes und damit das Bewußtsein in Hölderlins Bedeutung des Wortes, von dem Allemann sagt: „Das höchste Bewußtsein ist die reine Präsenz aller poetischen Kräfte in ihrer notwendigen inneren Entgegensetzung." 69 Und weil in der Versuchung Christi eine Dialektik zwischen himmlischer und irdischer Wirklichkeit abläuft, wird es mit der Verwirklichung der Absicht, die das Gedicht von Anfang an verfolgte, möglich, innerhalb desselben Zusammenhanges Christus in die Gemeinschaft der Helden des Altertumes aufzunehmen: „Es geschieht", schreibt Allemann, „in der Metapher des Kleeblattes, zu dem sich, Feldherren und Heroen gleich, die drei Halbgötter vereinigen." 70 Von der Bestimmung des Bildes und der zu dem Worte „Wüste" gehörenden Inspiration aus ist es durch eine Erläuterung der Begriffe „Schicksal", „bleiben" und „Bewußtsein" der Untersuchung des Wertes der Metapher bei Hölderlin nicht nur gelungen, einen Vers Hölderlins zu erklären, sondern auch die Grundlinie der dichterischen und religiösen Schau des Dichters festzulegen 71 . Wir haben gesehen, wie ein Kernproblem der religiösen Schau Hölderlins, die Annäherung Christi an die antiken Gottheiten und seine gleichzeitige Unterscheidung von ihnen, nach verschiedenen Gesichtspunkten entwickelt und betrachtet wurde. Nun wollen wir zu der Frage nach der Christologie des Dichters zurückkehren und uns daher nochmals der bereits erwähnten Studie von Ulrich Häussermann zuwenden, unter deren zusammenfassendem Titel „Friedensfeier" sich eine Untersuchung von Hölderlins religiösen Gestalten und gleichzeitig des Verhältnisses zwischen Mythos und Metapher verbirgt 72 . Eher als um geschichtliche Forschung handelt es sich dabei um eine ästhetische Abhandlung, das heißt: der Verfasser geht von Voraussetzungen der Ästhetik aus, um zu einer Deutung von Hölderlins Religiosität zu gelangen, die er in Hinblick auf die christliche Theologie betrachtet hat. Diese Vorgangsweise scheint manchmal, intuitive Züge anzunehmen; und das, was die Vorzüge dieses Buches ausmacht, ist seine Feinfühligkeit in dichterischen Dingen. „Sagen ist für Hölderlin und seine Frömmigkeit feiern" 7 3 ; aus dieser Feststellung, die an ähnliche Behauptungen Böckmanns erinnert, leitet der Verfasser 69
Beda Allemann, op. cit., S. 216.
70
Beda Allemann, op. cit., S. 216.
71
Zur Klärung des Rhythmusbegriffes in Zusammenhang mit den dichterischen Werten bei Hölderlin vgl. man ferner von dems. Verf.: Ober das Dichterische. Günther NeskeVerlag, Pfullingen 1957, darin bes. S. 31 und S. 4 4 — 5 1 , wo erläutert wird, wie der Rhythmus als das Wesen der Dichterischen die eigentliche Wirklichkeit der Dichtung darstellt. Der Verf. bezieht sich auf Bettina Brentanos Bericht über Hölderlins Äußerungen während des Wahnsinnes und bemerkt: „Radikaler läßt sich das umfassende Wesen des dichterisch-denkerischen Rhythmus nicht aussprechen." (S. 46) Ulrich Häussermann, Friedensfeier: Eine Einführung in Hölderlins Christushymnen. C. H . Bede-Verlag, München 1959.
72
73
Ulrich Häussermann, op. cit., S. 67.
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den Wert ab, den das Dichten als heilige Handlung für Hölderlin hatte. Und er stellt sich sein Thema, die Frage: Was bedeutet für den Dichter das Wort, der Mythos und schließlich das Gebet? Diese Ankündigung verrät bereits eine gedankliche Verwandtschaft zwischen Häussermann und Brémond, der mit seinen Gedanken über „prière" und „poésie" einstmals in Frankreich und ganz Europa großes Echo hervorgerufen hat. Auch der von Guardini durch sein Hölderlin-Buch ausgeübte Einfluß kann auf Häussermanns Arbeit gewirkt haben; und wie wir wissen, sind die Gedanken Böckmanns ebenso wie die kritischen und religiösen Überlegungen Guardinis und selbstverständlich auch Heideggers Hölderlin-Darstellung in einen Großteil der nachfolgenden Hölderlin-Forschung eingedrungen. Häussermann besteht auf dem grundsätzlichen Wert des Wortes als Dichterwort in seinem Gegensatz zur Sprache als Institution; Hölderlins Religionsproblem wird nicht abgesondert, sondern in engem Zusammenhang mit dem Ausdruck des Dichters betrachtet: „Der Dichter ist überhaupt erst da, wo er an die Sprache anstößt", sagt Häussermann; dann fährt er fort: Der Ort des Dichters ist die Spannung, die schöpferisch bebende Spannung zwischen dem schwebenden Geheimnis, das Dichtung zu werden drängt, und der harten Sprache, die sidi für diese Dichtung nur widerspenstig hergibt. In diesem Ringen hat sich der Diditer zu bewähren. Hier wird der Dichter. In den Worten, im Text wird das Dichten des Dichters. 74
Man kann sagen, daß Häussermann Grundsätze und Forderungen für eine Forschung aufstellt, welche die Dichtung als Ausdruck ansieht; und wir glauben, daß gerade diese Aufgabe vollbracht werden muß: „Das wirkliche Wort ist etwas anderes als der Begriff. Er eröffnet, dichtet, deutet." 75 Wenn dem so ist, dann erhebt sich die Frage: Wer spricht also? Das Wort erscheint nicht mehr als übernommenes Erbe, sondern ist neu; das Wort ist Schöpfung; und Häussermann bemerkt: Aus der Verzweiflung der Sprache am Geheimnis und der Ergebung des Geheimnisses in die Sprache entspringt Dichtung. 76
Man muß feststellen, daß sich Häussermann bei seiner Darstellung auf die ursprünglichen Formulierungen des Sprachproblems in den Schriften und Gedanken der Deutschen stützt, außer auf die Hegelianische Ästhetik auf Hamann und Herder; es gelingt ihm, einige Punkte der Übereinstimmung zwischen Hölderlins Ästhetik und den Ausführungen Schellings und Hegels aufzudecken. Die Arbeit nimmt philologische Züge an, die dort berechtigt sind, wo sie die Funktion einiger Wörter erhellt, wie etwa „auch" oder „aber", die im Aufbau von Hölderlins Lyrik eine verbindende oder trennende Aufgabe haben; es wird auch der Zweck jener Wörter erläutert, die Häussermann „aktive Worte" nennt und die uns von anderen her als Leitworte bekannt sind. Weiters haben wir uns mit der Deutung zu beschäftigen, die Häussermann zum Mythos in der Dichtung Hölderlins gibt; es findet sich nämlich bei Häussermann 74 75 76
Ulrich Häussermann, op. cit., S. 73. Ulrich Häussermann, op. cit., S. 75. Ulrich Häussermann, op. cit., S. 76.
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wiederum keinerlei Versuch, genau festzustellen, was ein Mythos ist, weder in Hinblick auf die Religion, noch auf die Geschichte und auf jene Sternstunde im geschichtlichen Bewußtsein der Völker, die dem Mythos entspricht, der als ein kollektives Phänomen und als Ausdruck einer Religiosität angesehen wird. Es ist sonderbar, daß man sich einer Frage wie der nach dem Verhältnis zwischen Mythos und Dichtung nähern kann und dabei die ungeheure Arbeit außer acht läßt, die zu diesem Punkte in jahrhundertelangem Denken beigetragen wurde, das — um es in zwei Namen zusammenzufassen — von Vico bis Kerenyi reicht. So finden sich in Häussermanns Ausführungen wiederum Verwechslungen zwischen Mythos und Dichtung, Mythos und Symbol. Er möchte gerne die Zusammenhänge zwischen Mythos und Erinnerung aufdecken und führt daher die Frage der Zeit in die kritischen Überlegungen ein, wobei er schließlich Rimbaud anführt: „C'est faux de dire: J e pense. On devrait dire: On pense." 77 Der Reichtum an aufgegriffenen Fragen, die eine Beziehung zwischen dem Symbolismus von Rimbaud und Hölderlins Dichtung, zwischen der Bedeutung der Inspiration bei Rimbaud und der religiösen Anregung Hölderlins herstellen wollen, gehört zu den Verdiensten von Häussermanns Arbeit; ihr fehlt es aber offenbar an einer einheitlichen Linie, die Kritik ist fragmentarisch und die Probleme werden nicht genügend tief ausgelotet. Dort jedoch, wo der Verfasser auf das Verhältnis von Hölderlins Religion zum Christentume zu sprechen kommt, gelingt es ihm, einen Gesichtspunkt neu zu beleben, der in den theologischen Abstraktionen unterzugehen drohte, so etwa, wenn von dem Zusammenfall des Monotheismus und des Polytheismus in den gemeinsamen Entwürfen der drei Tübinger Freunde die Rede ist: „Monotheismus der Vernunft und des Herzens, Polytheismus der Einbildungskraft und der Kunst, dis ist's, was wir bedürfen." 78 , schrieb Schelling; und Hegel seinerseits legte größten Wert darauf, daß die herbeigesehnte Religion für alle Götter offen sein müsse und zu einer Harmonie gelange, ,in welcher nicht nur ihr vielseitiges Bewußtsein in Einen Geist, die vielen Lebensgestalten in Ein Leben einklingen, sondern durch welche audi die Scheidewände gegen andere gottähnliche Wesen aufgehoben werden' — wie es der junge Hegel aus dem Geist der drei Freunde entwirft. 79
Es bildete sich also in Hölderlins Schau eine unsichtbare Kirche, ein Chor, in dem sich die Naturgottheiten gemeinsam um Christus als ihren Herrn scharen sollten. Ulrich Häussermann widmet ein volles Kapitel der Untersuchung des Friedensbegriffes in Hölderlins Werk und damit jener Worte, die in Hinblick auf die vom Dichter dem Frieden zugeschriebene religiöse Bedeutung thematischen Wert haben: „Stille", „Einfalt", „Nüchternheit", „Bescheidung", „Freude", „Innigkeit" und alle ihre Ableitungen. Der Verfasser arbeitet die besondere Dialektik heraus, die aus der Sehnsucht nach dem Frieden entsteht, der nur über einen inneren Wider77
Ulrich Häussermann, op. cit., S. 102.
78
Ulrich Häussermann, op. cit., S. 108.
78
Ulrich Häussermann, op. cit., S. 109.
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Spruch und die zur Versöhnung führende Dialektik erreichbar ist. Diese Versöhnung verwirklicht sich nun aber im Bilde des Friedens selbst, der wiederum seinerseits mit Christus völlig eins ist: „Die Dichter sind berufen, den Christus der Welt einzuverleiben" 80 ; und an Hand dieser Überzeugung werden die Erfahrungen Hölderlins über Christus in allen ihren Zügen verstanden, Christus als Sonnengottheit oder als Bruder anderer Geistesmächte, Dionysos und Herakles, „beides, in der Schau des Dichters, entscheidend kosmisch wirkende Kräfte" 81 . Abschließend kommt Häussermann mit seinen Betrachtungen über die christologischen Hymnen Hölderlins zu einer Bestimmung der religiösen Erfahrung, die sidi in diesen Hymnen, besonders in der „Friedensfeier", ausdrückt. Andere Forscher haben Paulus oder die Evangelien angeführt, an die Hölderlin in seinen Hymnen anspielt, doch setzte sich Häussermann nicht nur eine philologische Aufgabe; er erstellt vielmehr eine Art von Parallelismus zwischen dem religiösen Erlebnis des Paulus und der Erfahrung des Dichters. In den Seiten, in denen die Bedeutung des Buches an Hand von Begriffsbestimmungen wie das „Wesen des Geistes", die „Gemeinschaft des Geistes" und die „Stunde des Geistes" zusammengefaßt wird, entwirft der Verfasser keine Theologie, sondern die in den christologischen Hymnen ausgedrückte religiöse Schau und führt er Hölderlins Erfahrung grundsätzlich auf jene Vorstellung vom „Reich Gottes" zurück, in der die Tübinger Genossen übereinstimmten; er deutete sie auf Grund eines Chiliasmus, der dem Reiche des Geistes einen immanenten Wert beimißt. Das ist nach unserem Dafürhalten der Kern jeder Auslegung, und zwar genau so von Hölderlins Dichtung wie des Idealismus Hegels und Schellings. Darum wollen wir an dieser Stelle Häussermann selbst zu Worte kommen lassen: Hegel, Sdielling und Hölderlin — von dem Gedanken der organisch fortschreitenden Offenbarung nicht nur durch Herder belehrt, sondern schon aus dem pietistischen Wurzelgrund durchdrungen, auf das Harmonisch-Versöhnliche nicht nur durch Hemsterhuys gewiesen, sondern aus der ursprünglich christlichen Frömmigkeit ihres Wesens gestimmt, an die klare Spiritualität der ,unsichtbaren Kirche' nicht nur durch Kant und Luther gemahnt, sondern weit mehr noch aus der johanneisch-theosophischen Strömung, an die sie originell anschließen, hingegeben: diese drei entwerfen in ihrer gemeinsamen Frühzeit die Grundzüge des idealistischen Chiliasmus, aus dem dann jeder in seiner Weise später seine Linie weiterentwickelt. Dieser Chiliasmus hat konkrete Züge, ist aber im Grundansatz rein innerlich gerichtet: im wesentlichen geht es um das immanente Reich des Geistes. 82
Wir haben gesehen, wie Bröcker seine philosophische Deutung mit der Feststellung schloß, daß Hölderlin die Wiederkehr des Reiches als eine wirkliche Tatsache ansah, als Erneuerung und Umwandlung der Wirklichkeit. Die theologische Untersuchung Häussermanns schließt mit der Betonung eines der Schau des Dichters durch die Dichtung innewohnenden Reiches des Geistes; für uns ist es hier bedeutsam, in voller Übereinstimmung mit Häussermann die Greifbarkeit dieser Erfahrung herauszustreichen: 80 81 82
Ulrich Häussermann, op. cit., S. 156. Ulrich Häussermann, op. cit., S. 158. Ulrich Häussermann, op. cit., S. 219.
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Es sind keine unbestimmten Träume, keine verschwommenen Gefühle, die Hölderlin dichtet. Es ist Erkenntnis, es ist erfahrene, erlittene Wirklichkeit. 8 3
Wegen dieser Konkretheit und wegen ihres Einwirkens auf die Wirklichkeit berührt das Wesen von Hölderlins religiöser Erfahrung auch noch den heutigen Menschen. Die philosophische Untersuchung Bröckers und die theologische Häussermanns gelangen zu dem gleichen Ergebnis: zu einer Bejahung der Immanenz. Gleichsam als eine Ergänzung zu dem, was wir gerade ausgeführt haben, möchten wir an die kurze Studie „Herz" 84 desselben Verfassers erinnern. Wir haben gesehen, wie hoch Häussermann das einzelne Wort einschätzt, und möchten ganz kurz seinem Verfahren bei der Bedeutungserklärung zum Worte „Herz" im Werke Hölderlins folgen und beobachten, wie der Verfasser danach auf eine synthetische Begriffsbestimmung des Wortes verzichtet. Auf diese Weise schließt der durch die Auslegung eines einzigen Wortes gewonnene Ausblick mit der Darstellung einiger Grundthemen des Dichters und mit dem Hinweis auf einige besonders bezeichnende Wörter, wie in diesem Falle „Mitte", „Gemeinde" oder „Friede"; das Wort fügt sich der Vorstellung der Liebe und der religiösen Schau ein. Häussermann beweist in seiner Abhandlung eine gewisse Zurückhaltung, deretwegen er darauf verzichtet, über die Grenzen hinauszugehen, die er sich selbst gesteckt hat. Das Ergebnis ist aber eine Vertiefung der Wortbedeutung und der in diesem einzelnen Wort enthaltenen Anklänge, so daß der Verfasser berechtigterweise mit den Worten schließt: Man wird einen Sinn dafür bekommen, w i e Hölderlin diditet, indem er die Worte aus ihrer schöpferischen Quelltiefe holt und die in ihnen ruhende Bedeutungs-Energie entbindet. 8 5
Wir haben auf einige Ansichten der Hölderlin-Forschung bezüglich der religiösen Schau und der Christologie des Dichters hingewiesen; so wollen wir diesen Teil unserer Betrachtungen mit einer Bemerkung über eine kurze Arbeit, eine einzige Seite, von Martin Buber abschließen, die ein Wort Hölderlins erläutert 86 . Martin Buber behauptet: „Wir selber sind das Gespräch: wir werden gesprochen"87; das ist unser Sein auf der Welt, das ist das göttliche Geschenk. Die Sprache aber verwirklicht sidi und reichert sich an, wenn sie durch die Entgegennahme des göttlichen Geschenkes unser Eigentum geworden ist; die Sprache, die wir selbst sind, wird hierauf zum Chor. Die Erklärung bemüht sich, Hölderlins religiöse Schau zu verdeutlichen, und Buber erläutert die chorische Bedeutung von Hölderlins Gesang, indem er sich auf die „Friedensfeier" bezieht; er unterstreicht dabei die „ontische Schau" des Dichters, der verkündet, wie sich das Sein „als Gespräch" in das Sein „als Gesang" wandeln muß, in dem alle Spannungen aufgelöst werden: „Erst wenn die, deren Gespräch wir sind, uns singen, sind Wir." 88 83 84 85 88
87 88
Ulrich Häussermann, op. cit., S. 247. Ulrich Häussermann, Herz. In: „Hölderlin-Jahrbudi" 1958/60. Ulridi Häussermann, op. cit., S. 205. Martin Buber, Seit ein Gespräch wir sind. Bemerkungen zu einem Vers Hölderlins. In: „Hölderlin-Jahrbuch" 1958/60. Martin Buber, op. cit., S. 210. Martin Buber, op. cit., S. 211.
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* Die meisten der neueren Beiträge zur Hölderlin-Forschung sind Deutungen und Kommentare zu einzelnen Gedichten.. Diese Vertiefung der Interpretation ist vielleicht das Nützlichste, was man heute anstellen kann, weil sie Forschungen nicht nur über die großen Themen in Hölderlins Dichtung, sondern auch über den Wert und die genaue Bedeutung des einzelnen Wortes oder Ausdruckes erfordert. Solche Arbeiten müssen mit größter philologischer Strenge durchgeführt werden, um zu verhindern, daß die Deutung für den Bearbeiter zu einem Vorwand werde und er aus Hölderlins Werk jene Bedeutungen herauslese, die er vorausgesetzt und in sie hineingelegt hatte. Bei den verschiedenen Auslegungen zur „Friedensfeier" haben wir wiederholt Beispiele für eine derartige Vorgangsweise gefunden; darum kann diese allgemeine Bemerkung hier nicht unangebracht erscheinen. Den Reigen dieser Beiträge zu einzelnen Gedichten wollen wir mit einer schon älteren Analyse von Walter Benjamin 89 eröffnen. Obwohl es sich noch um eine Jugendarbeit handelt, hat Benjamin darin bereits die Forderungen einer methodologischen und philosophischen Grundlage erkannt. Er sprach von einer „inneren Form", welcher der Inhalt des Gedichtes entspricht, und stellte fest, daß der Dichter diese innere Form berücksichtigen muß als „Voraussetzung der Dichtung . . . , als die geistig-anschauliche Struktur derjenigen Welt, von der das Gedicht zeugt" 90 . Hier stoßen wir wiederum auf Diltheys Theorie und auf seine Trennung zwischen der Welt des Dichters und dem Ausdruck, zwischen „Gedicht" und „Gedichtetem"; es braucht nicht wiederholt zu werden, daß diese Unterscheidung bei der ästhetischen Forschung Einspruch hervorrief. Die Deutung der beiden Gedichte „Dichtermut" und „Blödigkeit" will die Gültigkeit der Methode nachweisen; mit dem Hinweis auf den Mythos, der von der Mythologie geschieden wird, wiederholt sich aber die oben für die Dichtung erwähnte Übertragung in Begriffe auch auf diesem Gebiet. Alles in allem möchte der Verfasser bei Hölderlin einen einzelnen Mythos sehen, den er auf den mythologischen Hintergrund der Erfahrung eines Volkes zurückführt. Man muß sich dabei fragen, ob man überhaupt — und besonders im Falle jener Neudeutung, der Hölderlin die antiken Mythen unterzieht — von einem einzigen Mythos sprechen kann; wir glauben vielmehr, daß es sich um wirkliche dichterische Analogien handelt. Ferner erstellt Benjamin in der Schau des Dichters ein Gesetz der Identität (wir würden es ein „Gesetz des Zusammenhanges" nennen): „Kein Element kann irgend beziehungsfrei sich aus der Intensität der Weltordnung, die im Grunde gefühlt ist, herausheben."" Die Grundsätzlichkeit dieser Feststellung scheint einzuleuchten, man kann sich aber fragen, ob es erlaubt ist, eine Identität zwischen Werk und Leben abzuleiten, wie dies der Verfasser wiederholt versichert. Schließlich findet sich aber doch noch eine für die Hölderlin-Forschung wertvolle 89
90 91
Walter Benjamin, Zwei Gedichte von Friedrich Hölderlin. In: Schriften, II. Bd. Suhrkamp-Verlag, Frankfurt/M. 1955. Walter Benjamin, op. cit., S. 375. Walter Benjamin, op. cit., S. 385.
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Beobachtung: „Ist dieses Leben noch das des Griechentums?", fragt Benjamin, und antwortet: So wenig ist es das, wie das Leben eines reinen Kunstwerks überhaupt das eines Volkes sein kann, so wenig wie es das eines Individuums ist und keines als sein eignes, das wir im Gedichteten finden.92
Damit wird die dichterische Einmaligkeit klar unterstrichen; und daraus folgt: Die Betrachtung des Gedichteten aber führt nicht auf den Mythos, sondern — in den größten Schöpfungen — nur auf die mythischen Verbundenheiten, die im Kunstwerk zu einziger unmythologischer und unmythischer, uns näher nicht begreiflicher Gestalt geformt sind. 93
Und hier soll wiederum jene Unterscheidung zwischen Mythos und Dichtung hervortreten, zu der Benjamin gelangt; der Versuch, diese beiden zu trennen, die von der Hölderlin-Forschung immer wieder verwechselt und zusammengefaßt werden, scheint uns in diesen jugendlichen Betrachtungen Benjamins beachtenswert zu sein. Clemens Heselhaus veröffentlichte kürzlich Erläuterungen zu drei einzelnen Gedichten Hölderlins 94 . E r bemerkte, daß der Dichter die antiken Metren entsprechend dem behandelten Thema auswählt und den Vers oder die Strophe in jenen kurzen Arbeiten, die er Oden nannte, alkäisch oder asklepiadisch aufbaute; diese Gedichte fallen in die Frankfurter Zeit und bezeichnen den ersten Höhepunkt in Hölderlins Schaffen. Der Dichter strebte damals nach dem Ziel einer neuen Gegenständlichkeit, die er nun in der Weise der Ode ins Geistig-Sinnhafte entfalten lernt. E r tritt in ein neues Verhältnis zu den Gegenständen und zur Natur. 9 5
Die Gedichte, die Heselhaus in diesen drei Aufsätzen behandelt, fallen alle in das J a h r 1798, auch wenn sie später, gewöhnlich nicht nach 1800, umgestaltet, erweitert oder in eine neue Fassung gegossen wurden. Doch dient der Vergleich zwischen der ersten und den späteren Fassungen eines bestimmten Themas Heselhaus zu einer Erhellung der dichterischen Vorgangsweise. Wir möchten unsererseits hinzufügen, daß man bei Hölderlin die Umgestaltungen oder Überarbeitungen eines Gedichtes nicht nur als Verbesserungen der ersten Fassung betrachten darf, weil sie meistens wahre Neugestaltungen eines verwandten Themas sind; in ähnlicher Weise kann man bei einem Maler beobachten, daß er ein Thema, das er bereits in einem Bilde ausgedrückt hat, wegen einiger ähnlichen und mancher neuen Züge in ein anderes Werk wieder aufnimmt und damit ein neues Gemälde schafft. Die Gefahr einer Deutung liegt darin, daß die übersieht, daß ein bestimmtes Thema nur insofern bedeutsam ist, als es zu dichterischem Ausdrude gelangte; man kann das Thema nicht vom Ausdruck trennen und in begriffliche Worte kleiden; K 93 94
95
Walter Benjamin, op. cit., S. 400. Walter Benjamin, op. cit., S. 400. Clemens Heselhaus, Friedridi Hölderlin: Menschenbeifall. In: Die deutsche Lyrik, Form und Gesdiichte: Interpretationen, hsg. von Benno von Wiese. August Bagel-Verlag, Düsseldorf 1959, Bd. I. Von dems. Verf. vgl. man a. a. O . : Friedrich Hölderlin: Dem Sonnengott; und weiters; Friedrich Hölderlin: Lebenslauf, 1798. Clemens Heselhaus, Friedrich Hölderlin: Menschenbeifall, S. 364.
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diese begriffliche Bestimmung ist eine bloße Abstraktion. So kommt es vor, daß ein Forscher dazu angeregt wird, den gedanklichen Inhalt eines Gedichtes zu betrachten, und dabei gänzlich übersieht, daß nicht der Begriff, sondern die dichterische Analogie und nur sie der Intuition entspricht. Diese Grundsätze gelten auch für die Auslegung der kurzen Oden, selbst wenn man sie als „epigrammatische Oden" abtun möchte, in denen es scheint, als drücke der Dichter einen gedanklichen Lehrsatz aus. Bei tieferem Verständnis erkennt man, daß der dichterische Ausdruck über jeden Konzeptualismus hinausgeht, daß sich in ihm jeder Begriff auflöst. Möchte der Forscher über den dichterischen Ausdruck zu einem Gedankengebäude vorstoßen, widerspricht er damit dem schöpferischen Vorgange des Dichters und kann er höchstens zu psychologischen Ergebnissen gelangen, die mit der Dichtung nichts mehr zu tun haben. Wenn Heselhaus bei dem Gedichte „Menschenbeifall" von „dialektischer Gedankenführung" und von einer „logischen Ordnung der Gedanken" spricht, dann können diese Ausdrücke zu einem Mißverständnis führen. Wir möchten viel eher einer anderen seiner Feststellungen zustimmen: Diese Kurz-Oden laufen nicht auf eine epigrammatische Zuspitzung hinaus; sondern sie gehen von einem Axiom, von einem Proverb, von einer Vorstellung, von einer Situation aus, und sie enden in einer neuen und vertieften Einsicht, in einem Bekenntnis, in einem Zuspruch;96
und ferner: Sie sind in der Tat echte Oden, verkürzt auf eine knappe und spruchhafte Form. Sie ist Hölderlins Mittel, den Lesern wie sidi selbst sein neues Verhältnis zur Welt zu verdeutlichen. 97
Zu „Menschenbeifall" bemerkt Heselhaus mit Recht, daß diese kurze Ode aus einer neuen Lebenslage und aus einem neuen Lebensgefühl in der Frankfurter Zeit hervorgegangen ist. Wir möchten behaupten, daß die Haltung des Dichters der Menge gegenüber polemisch und dem eigenen Ich vergangener Tage gegenüber kritisch ist. Die dichterische Inspiration kehrt zu dem lebendigen Wissen um das Göttliche zurück, was sich bereits in der ersten Strophe mit der Heiligung des eigenen Herzens ausdrückt. Heselhaus meint, daß das Gedicht die Liebe rechtfertigen soll; der Liebende muß sich verantworten, weil ihn die Liebe über das Gewöhnliche erhebt: Die Rechtfertigung wird dadurch gewonnen, daß die Aussonderung in der abschätzigen Wendung gegen die Menge als eine Auserwählung verstanden wird. 98
Der Liebende ist der Verkannte, aber auch der Auserwählte. Heselhaus beobachtet hierauf, wie die „Gedankenführung" „in Entgegensetzungen antithetisch benutzt" 99 wird; daraus erkennt man, daß der Dichter hier nicht Gedanken, sondern gefühlsmäßige Vorstellungen ausdrückt. So entsteht die Einheit von Form und Geist, Metrum und Gedanke, von Geist, Metrum und Gedanke, diese Abwandlung der 96 97 98 99
Clemens Clemens Clemens Clemens
Heselhaus, Heselhaus, Heselhaus, Heselhaus,
op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S.
367. 367. 366. 366.
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rhythmischen Übereinstimmungen, die im Formalen der dichterischen Sprache wiederauferstehen. Nach Heselhaus gibt diese Ode auch ein Beispiel für Hölderlins Neubearbeitung der Identitäts-Philosophie, also des Idealismus; das Göttliche und das Ich werden als identisch einander gleichgesetzt. Die Übereinstimmung zwischen der IdentitätsPhilosophie und dem epigrammatischen Ausdruck der Dichtung, wo sie auf ästhetisches Gebiet übertragen wird, schließt mit der Feststellung, daß sich die Dichtung — wie die Liebe und die Freundschaft — nur aus der Teilnahme am Heiligen und seiner innigen Erfahrung erheben kann: auf diese Weise ist die epigrammatische Ode Ausdruck eines dichterischen Programmes, das Hölderlins reifes Werk vorankündigt. Bei der Deutung der alkäischen Ode „Dem Sonnengott", die Hölderlin am 30. Juni 1798 an Schiller sandte, beschäftigte sich Heselhaus hauptsächlich mit dem dichterischen Aufbau und der Bedeutung der Analogie, wobei er sich auf Hölderlins Behauptungen in seinem kurzen Aufsatz über die Religion stützt; Heselhaus sieht in dieser Ode nach des Dichters eigenen Worten einen Versuch, „,die Feier des Lebens mythisch feiern' zu wollen" 100 . Die Ode ist dreifach, also nach der Dialektik der Identitäts-Philosophie aufgebaut; die drei Schritte vollziehen sich mit der Anrufung der Sonne, der Erde und schließlich des Nebels und des Traumes, die den Menschen im Schlummer umfangen, bis mit der Rückkehr der geliebten Sonne in ihm der Geist und das Leben neu entflammen; Geist und Leben erscheinen als Synonyma, wie es die vorausgesetzte Identität von Natur und Geist verlangt. Heselhaus untersucht mit dieser Darstellung, wie sich die antike Mythologie bei Hölderlin in eine Naturreligion wandelt; zur Erläuterung weist er auf ein anderes Gedicht mit einem ähnlichen Thema hin, auf „Sonnenuntergang". In der Neubearbeitung wird das Problem des Mythos durch eine Verwandlung der visuellen Eindrücke aus „Dem Sonnengott" in akustische gelöst: Zugleich werden durch die Einführung der Metaphern v o m Abendlied des Sonnenjünglings die dritte und vierte Strophe mit dem Bild v o m Saitenspiel überflüssig. 101
Aber noch eine weitere Änderung fällt auf: Der „Götterjüngling" in der ersten Ode ist nun ein „Sonnenjüngling", das heißt die mythologische Darstellung wurde durch ein Naturphänomen ersetzt, das personifiziert und durch die Verehrung, die der Dichter den Naturkräften entgegenbringt, in die religiöse Sphäre erhoben wird. Die Wichtigkeit dieser Beobachtung von Heselhaus für die Deutung der Aufgabe des Mythos und der Naturreligion in Hölderlins Dichtung liegt auf der Hand. Und auch die dritte Auslegung einer Ode Hölderlins durch denselben Verfasser öffnet neue, bedeutende Einblicke. Um die Erwähnung eines Lebensbogens, der zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrt, in der einstrophigen Ode „Lebenslauf" zu erklären, erinnert Heselhaus an ein Werk von Th. G. von Hippel 102 , der wiederum auf die 1725 geschriebenen „Principi di una scienza nuova" von Vico und seine Vorstel100 101 102
Clemens Heselhaus, Friedrich Hölderlin: D e m Sonnengott, S. 370. Clemens Heselhaus, op. cit., S. 374. T h . G. v o n Hippel, Lebensläufe nadi aufsteigender Linie, 1778.
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lung vom Untergang und der Wiederkehr der Götter anknüpft. So wird eine — wenn auch indirekte — Beziehung hergestellt zwischen Vico und Hölderlin, der von jenem das geschichtlich-philosophische Gebäude übernahm, zunächst um sein eigenes Leben zu deuten, aber später, was wir ausdrücklich betonen wollen, auch für die Beurteilung des Werdens in der Geschichte. Wir weisen darauf hin, daß es diese Beobachtung von Heselhaus erlaubt, die Frage nach der Entwicklung der menschlichen Kultur und Religiosität und damit auch Hölderlins Vorstellung vom Ablauf der Geschichte in einer bisher noch nicht durchgeführten Weise zu betrachten; die Deutung des Idealismus Hölderlins wird damit um einen wesentlichen Zug erweitert. Zwei Jahre später, 1800, nimmt der Dichter mit „Lebenslauf" erneut dieses Thema auf und Heselhaus bemerkt: „die Erweiterung zu der vierstrophigen Ode stellt die immanente Deutung dem transzendenten Auftrag gegenüber" 103 . Anstelle des Ichs der ersten Fassung begegnen wir hier dem Wir; die Worte bewahren mehr Distanz, der Blick hat sich geweitet und vertieft. Die Bedeutung der heiligen Nacht wird hervorgehoben; in der Nacht, im Chaos, ahnt man das Vorhandensein der Gerechtigkeit. Heselhaus meint: Die Uminterpretation der dunklen und gefährlichen Nacht in ein heiliges Chaos des Schöpfungsgrundes hat nun zweifellos einen christlichen Sinn, indem die Wendung von den .werdenden Tagen' unmißverständlich an die Genesis erinnert. Ebenso scheint mir, das Insistieren auf die Orkus-Gerechtigkeit einen christlichen Akzent zu tragen (die christliche Hölle schuf und unterhält Gottes Gerechtigkeit). 104
Das ganze Gedicht ist ohne Zweifel vom Geiste des Heraklites erfüllt, doch kann man nach unserer Meinung in der Betonung des Wertes der Erfahrung auch die Entwicklung jenes Gedankens Vicos erkennen, von dem wir anläßlich der ersten Fassung der Ode gesprochen haben. Heselhaus schreibt: „Die Prüfung der Ereignisse und Erfahrungen ist ausdrücklich der Auftrag der Himmlischen an die Menschen." 105 Und daraus erhebt sich das Freiheitsbewußtsein: „Entelechie und Vollendung tauchen also am Ende andeutungsweise auf." 1 0 6 Wenn der Forscher in dem Gedichte christliche Züge entdeckt, kann er mit Recht auf zwei Stellen in den Paulus-Briefen hinweisen, die hier zweifellos ein Echo finden, und schließen, daß das Thema für die Erweiterung der ursprünglichen Ode eine christliche Deutung des Lebens ist. Hölderlin sprach so eines seiner tiefsten Dichterworte über die Bedeutung des Leides in der Welt; durch eine neue Auslegung der Freiheit war er von Dankbarkeit dem Leben gegenüber erfüllt. Diese Kommentare von Heselhaus zu einigen der kurzen Oden Hölderlins zeigen eine Neigung, die wir schon bei anderen Forschern der Nachkriegszeit feststellen konnten, und zwar die Welt Hölderlins christlich auszulegen, ohne ihr die mythische Schau abzusprechen, die darin besteht, daß der Dichter die Naturkräfte und die Natur selbst als heilig erfährt. Der Grund für den Zwiespalt, den wir bei der 103 104 105 106
Clemens Clemens Clemens Clemens
Heselhaus, Heselhaus, Heselhaus, Heselhaus,
Friedrich Hölderlin: Menschenbeifall, S. 377. op. cit., S. 378. op. cit., S. 379. op. cit., S. 379.
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Deutung der neu gefundenen H y m n e „Friedensfeier" unter den Forscher so heftig ausbrechen gesehen haben, ist teilweise auch in dieser neuen Strömung der Hölderlin-Forschung zu suchen. Die Erschütterung des Krieges erlaubt es uns heute, besser zu beurteilen, wie ungeschichtlich eine rein hellenistische Deutung von Hölderlins Dichtung wäre und wie diese von christlichem Fühlen und von christlichen Werten durchdrungen ist. In einem Sammelband, der auch andere Arbeiten über die deutsche Dichtung enthält, legten 1956 Ludwig V o i t , Albrecht Weber und J a k o b Lehmann drei für eine Einführung zur Lektüre Hölderlins wertvolle Aufsätze 1 0 7 vor. Wenn auch der Zweck der Arbeiten mehr pädagogisch ist, so liegt ihr Verdienst doch darin, aus dem Gedichte keine begriffliche Bedeutung abgezogen, sondern die Dichtung innerhalb ihrer Thematik und ihres Ausdruckes betrachtet zu haben. V o i t sieht als Grundlage des Gedichtes das Bild vom Fluß, das von ihm nicht getrennt werden kann, denn „optische (,hell') und akustisdie Eindrücke (,Wort c ) fließen dabei ineinander" 1 0 8 . D e r Strom geht von G o t t aus und endet in ihm, er ist zu einem irdischen Geschick bestimmt, dessen Erfüllung in der Rückkehr zum göttlichen Ursprünge liegt — diese Erläuterung des Bildes ist nicht begrifflich, sondern bezieht sich auf Hölderlins Mythos. D a r u m ist audi Voits Gegenüberstellung zwischen Goethes „Mahomets Gesang" und Hölderlins Gedicht wertvoll, das damit nicht zufrieden ist, „Bild und Gleichnis für den schöpferischen Menschen" zu sein. D e r Bezug auf den Menschen wird hier weder aufgestellt, noch beabsichtigt, denn für Hölderlin ist der Fluß eine lebendige Wirklichkeit, die dem Göttlichen verbunden ist: Strom und Genius sind hier Parallelfälle. Nur insofern vermag uns der Strom freilich a u c h ein Zeichen, eine Mahnung, ein Hinweis auf das Göttliche zu sein, das Strom und Genius verbindet, als eben alles Göttliche untereinander in Wechselbeziehung steht. 10 »
Die Vermenschlichung des Flusses in Hölderlins Gedichten ist wiederum mehr als ein dichterisches Bild, denn der Fluß selbst ist mehr als Materie und selbst beseelt. W i r möchten behaupten, daß darin der eigentliche W e r t von Hölderlins Metaphern liegt: die Metapher selbst ist ein Mythos. Albrecht Webers Aufsatz über „Heimkunft" beschäftigt sich zunächst mit dem Rhythmus und seiner Bedeutung in Hölderlins elegischen Strophen, und zwar sowohl in Hinblick auf den Vers, als auch mit seinem Versiegen, wo es der dich terische Ansturm erfordert; der Verfasser untersucht die Verbalformen und ihre Aufgaben für die dichterische Spannung. Hierauf folgt er der Entwicklung der Bilder und Ausdrücke und versucht, den Aufbau der Elegie in Zusammenhang mit dem Thema der Dichtung zu erläutern, wobei es ihm gelingt, ihr höchstes Sehnen auszudrücken: 107
103 109
31
Ludwig Voit, Hölderlin: Der gefesselte Strom; Albrecht Weber, Friedrich Hölderlin: Heimkunft; Jakob Lehmann, Friedrich Hölderlin: Wie wenn amFeiertage. Alle in: Wege zum Gedicht, Schnell und Steiner-Verlag, München und Zürich 1956. Ludwig Voit, Hölderlin: Der gefesselte Strom, op. cit., S. 160. Ludwig Voit, op. cit., S. 162 f. Hölderlin
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Deswegen solche Bange des Nennenden vor der fortzeugenden Wirkung des Worts . . . Die Gefahr des Selbstverlustes durch Festlegen auf ein einziges geringes Wort, dies Gefühl der Bedrohung des Wesens durch Aussprechen erfährt der Dichter . . . Eine Welt, aufgerufen durch Schweigen, eine Welt lebendigen, göttlichen Geheimnisses wird wach . . . 1 1 0
Das Sein Gottes, das Wunder des Lebens, kann weder ausgesprochen, noch weitergegeben werden; der Dichter muß darum sagen: „Das ist die N o t des Dichters. Das Nennen-müssen mit dem Nicht-nennen-dürfen durch das Opfer seiner selbst zu versöhnen, ist sein Schicksal." 111 J a k o b Lehmann widmet der Deutung von „Wie wenn am F e i e r t a g e . . . " einige Seiten, auf denen etliche der bedeutsamsten Ergebnisse der Hölderlin-Forschung zusammengefaßt werden: so bezeichnet er die Dichung als das ihr selbst gestellte Thema, bezieht er den dreifachen Aufbau von Hölderlins Gedichten auf Pindar und den Chor in der griechischen Tragödie, hebt er schließlich den Wert der Bilder der Nacht und des Tages hervor und beschreibt er klar die Bedeutung des Mythos in Hölderlins Werk, der nicht eine Verzierung, sondern eine erlebte Erfahrung ausdrückt, die immer gegenwärtig ist, so daß dem Dichter selbst Christus als Bote und Bruder der griechischen Götter erscheint. Lehmann beobachtet, daß sich im Gesänge des Dichters, wenn es ihm gelingt, das Heilige zu ergreifen, das Himmel und Erde umfaßt, der Geist verwirklicht, der in allem waltet; und an ihm hat der Dichter teil: Hier in der Seele des Dichters endet die Erschütterung, hört aber nicht auf, sondern wird als Begeisterung bewahrt, hier findet das Heilige sein Ziel. 1 1 2
Die Sprache wird vom Dichter immer mehr geläutert und vereinfacht, was in den letzten Hymnen seinen Höhepunkt erreicht, „um zu reiner, schlackenloser, unmittelbarer Aussage des Geoffenbarten zu kommen" 1 1 3 . Auch die bedeutendsten Hölderlin-Forscher haben sich der Untersuchung einzelner Gedichte gewidmet; das erlaubte ihnen eine genaue Ermittlung der dichterischen Sprache und führte sie über derartige Betrachtungen zur Feststellung von grundlegenden Bedeutungen und Themen. Wir möchten uns nun mit den Deutungen auseinandersetzen, die Wolfgang Kayser der großen Hymne „Stimme des Volks" in ihrer zweiten Fassung 114 und Paul Böckmann der Elegie „Brot und Wein" 1 1 5 gewidmet haben. Kaysers Arbeit ist mustergültig für eine Vorgangsweise, bei der man zur genauen Feststellung des wesentlichen Wertes einiger Wörter gelangt, zu denen unter 110 111 112 113 114
115
Albrecht Weber, Friedrich Hölderlin: Heimkunft, op. cit., S. 179. Albrecht Weber, op. cit., S. 179. Jakob Lehmann, Friedrich Hölderlin: Wie wenn am Feiertage, op. cit., S. 186. Jakob Lehmann, op. cit., S. 187. Wolfgang Kayser, Friedrich Hölderlin: Stimme des Volks. In: Die deutsche Lyrik, Form und Geschichte: Interpretationen, hsg. von Benno von Wiese, August Bagel-Verlag, Düsseldorf 1959, Bd. I. Paul Böckmann, Friedrich Hölderlin: Brod und Wein — an Heinse. In: Die deutsche Lyrik, Form und Geschichte: Interpretationen, hsg. v. Benno von Wiese. August BagelVerlag, Düsseldorf 1959, Bd. I.
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anderen „ B a h n " , „Zeichen", „die H o h e n " und „Sage" zählen, Ausdrücke, die — wie man sagt — als „Leitworte" dienen, indem sie Hölderlins Thematik zusammenfassen, und deren Sinn, obwohl sie in einem größeren Zusammenhange gesehen werden müssen, von der ursprünglichen Wortbedeutung nicht abweicht und nicht erzwungen ist. Hölderlins Bild reichert sich mit in der Vorstellung enthaltenen Anspielungen an und wandelt seine Bedeutung, so d a ß es sich auf den Mythos bezieht. M a n muß darauf hinweisen, daß es dabei zu keiner Scheidung zwischen objektiver Wirklichkeit und dichterischem Ausdruck k o m m t ; das Bild gehört zum Dichterischen. Nicht grundlos spricht Kayser darum von einer Analogie, deren W e r t er noch über den eines Bildes erhöht: Die Analogie besteht nicht zwischen den Strömen und der Stimme des Volkes an sich, sondern in der Gleichheit der Spannung, die der Sprechende zu ihnen empfindet.116
Wenn nun die Analogie in der „Spannung" liegt, d. h. auf die Spannung zwischen dem Dichter und dem Ausdruck bezogen wird, dann ist auch das richtig, was der Verfasser hinzusetzt: Wir erkennen nun schon, daß der Sprechende das Bildliche zwar auch mit den Sinnen erlebt — sonst könnten wir kaum von Bildern sprechen, — zugleich und vor allem aber geistig; 117
das erläutert er folgendermaßen: Der Lauf der Ströme, die er dahineilen sieht, wird ihm zur Bahn, die er sofort im Gegensatz zur eigenen empfindet. Er hat die Durchgeistigung des Gegenständlichen schon vollzogen, bevor er es nennt.. . u s
M a n könnte es nicht besser ausdrücken; und Hölderlins dichterische Vorgangsweise wird innerhalb des Rahmens von Analogie und Bild erklärt. Treffend bemerkt Kayser, daß das Bild und die Analogie schließlich über ihre eigenen Grenzen hinausgehen. U n d während er die verschiedenen Themen der O d e durchgeht, ergänzt er: „Es sind keine bloßen Bilder von ruhenden Gegenständen, sondern Vorgänge." Endlich vereinen sich Bild, Analogie und Thema zu einem einzigen Ausdruck, der für Hölderlin selbst symbolisch für die Dichtung ist: Wir nennen solche Bilder mit einem Hölderlinschen Wort: , Z e i c h e n ' . . . In Hölderlins Dichtung stellt das Zeichen nicht nur eine Kategorie dar, unter der Gegenständlichkeit erfaßt wird; es kann zur inneren Form ganzer Gedichte werden. 119
Kaysers Deutung gelingt es auf diese Weise, wertvolle Hinweise für die Auslegung des gesamten dichterischen Werkes Hölderlins zu geben. Eine grundlegende Klarstellung trifft er zum Beispiel mit der Behauptung, daß sich das Kunstwerk aus der lyrischen Deutung des Themas entwickeln kann, das sich dem Dichter als „Zeichen" anbietet. D e r Begriff des „Zeichens" bleibt auch dann noch erhalten, 116 117 118 118
31»
Wolfgang Wolfgang Wolfgang Wolfgang
Kayser, Kayser, Kayser, Kayser,
op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S.
385. 385. 385 f. 389 f.
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als sich Hölderlins Geist durch die Krankheit auflöst; die Dichtungen dieser Zeit sind „ganz schlichte Nennungen von Zeichen, denen nun alle für Hölderlins Dichtung sonst so charakteristische Ausformung fehlt" 1 2 0 . Diese letzten Werke verkünden „Zeichen", ohne zu versuchen, ihnen eine Bedeutung zu geben. V o n allen Auslegungen einzelner Gedichte Hölderlins trägt die von Kayser die reichsten Früchte; er schließt mit einer Untersuchung der Struktur der Ode und gelangt dabei zu der Feststellung, daß Hölderlin bei der Anordnung dieses einzelnen Gedichtes ganz einfach dem herkömmlichen und für diese Gattung grundsätzlichen Aufbau gefolgt sei, dem Aufbau der Ode. Das Beispiel, das der Dichter vor sich und wiederholt studiert hatte, bis ihm die Abfassung der O d e gelungen war, lieferte tatsächlich H o r a z . D e r Brief vom 4. Dezember 1 7 9 9 an Neuffer, den Kayser anführt und von dem wir wenigstens den letzten Teil wiederholen wollen, enthält hiefür eine entscheidende Äußerung: . . . ich muß erstaunen, wie wir so umherirren mögen, wenn ich den sichern und durch und durch bestimmten und überdachten Gang der alten Kunstwerke ansehe. 121
K l a r ist hier Hölderlins Klassizität bewiesen. Böckmann nimmt eine Betrachtung auf, die schon Petzold in seiner vorbildlich gebliebenen Auslegung von „Brot und W e i n " entwickelt hat, die, obwohl sie schon 1895 erschienen ist, immer noch zu den besten Beispielen der HölderlinDeutung gezählt werden muß. Böckmanns lange Beschäftigung mit Hölderlin und die große Verehrung, die er für den Dichter hegt, drücken sich im tiefen Vordringen und im klaren Ausdruck dieses Kommentars zu einem einzigen Gedichte aus, der dadurch noch bedeutungsvoller wird, daß diese Elegie den reifen Höhepunkt in Hölderlins Entwicklung darstellt. Böckmann erinnert an die Wirkung, die das Gedicht auf die Romantiker der Heidelberger Gruppe übte, spricht von der „Erlebnis- und Stimmungslyrik", die sich am gleichen T h e m a versuchte, und wie die erste Strophe der Elegie aus diesem Geiste heraus verstanden werden könne. E r weist aber darauf hin, daß die „Nacht" in dieser Elegie nur ein Element ist, vielmehr ein „Zeichen", in dem man die Einheit von N a t u r und Geist erkennt; dann fährt er f o r t : Erst damit wird es sinnvoll, daß sidi am Bild der Nacht das Verhältnis zur Natur nicht nur, sondern auch zu Griechenland und seinen Göttern wie zu Christus zu erkennen gibt. 122
D e r Reichtum des Themas wird erst durch die religiöse Haltung in Hölderlins Dichten erreicht, das nach einer besonderen Auslegung die christliche Überlieferung in sich aufnimmt. Tatsächlich ist die Uberschrift auch nicht „Die N a c h t " , wie das der ersten Strophe entspräche, sondern „Brot und W e i n " ; darin sind zwei auf verschiedene Weise geheiligte Bilder enthalten: der G o t t des Weines und der Gott, der B r o t und Wein weihte. Böckmann bemerkt hiezu: 120 121 122
Wolfgang Kayser, op. cit., S. 389. Wolfgang Kayser, op. cit., S. 393. Paul Bödcmann, Friedrich Hölderlin: Brod und Wein, op. cit., S. 399.
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Die Gaben des christlichen Sakraments können mit der griechischen Göttergestalt nur deshalb in eine nächste Nachbarschaft kommen und wechselweise füreinander eintreten, weil beide auf ein Walten des Göttlichen und der Natur bezogen sind. 123
Böckmann hat diese Annahme schon andernorts vorgebracht und man kann sagen, daß sein größter Beitrag zur Hölderlin-Forschung darin besteht, die Beziehungen zwischen den herkömmlichen Religionen und dem Bewußtsein, daß die Natur etwas Göttliches ist, geklärt zu haben. Tatsächlich löste sich für den Dichter der Gegensatz zwischen antiker Mythologie und christlicher Offenbarung mit der Verehrung jener Kräfte, die sich in der Natur ausdrücken und für ihn ein göttliches Zeugnis ablegen. Augenscheinlich ist dies auch der Ursprung des Mythos in Hölderlins Dichtung; wir wollen aber anmerken, daß es sich nicht um eine wirkliche Mythologie, sondern eher um ein System von Analogien handelt, die sich ihrerseits auf die antike Mythologie und die christlichen Mythen beziehen, und zwar immer auf Grund einer außerdogmatischen Deutung, die ein Teil der Schau des Dichters ist. Auch Böckmann stellt hiezu erläuternd fest: Es handelt sich für Hölderlin bei seiner Hinwendung zu Dionysos und der griechischen Götterwelt nicht um die mythologischen Gestalten und Geschichten als solche, sondern um den gegenwärtigen Olymp', wie ihn der Mensch immer noch in Natur und Geschichte erfährt. 124
Es scheint uns, daß dem Dichter die Möglichkeit, sich dem Leser mitzuteilen und mit ihm einen Chor zu bilden, durch den Bezug auf die zeitlos gültigen großen Mythen der Antike oder des Christentumes gegeben ist, die über die uns allen gemeinsam naheliegende Erfahrung von Natur und Geschichte verstanden werden. Aus den grundlegenden Voraussetzungen, nicht nur für ein Verständnis der Elegie „Brot und Wein", sondern des gesamten Werkes von Hölderlin, leitet Böckmann seine Erklärungen zu der Elegie ab, deren Aufbau er Strophe für Strophe untersucht, wobei er in jeder einzelnen auf das Verhältnis und die Ubereinstimmung zwischen den Bildern und der Grundhaltung hinweist. Das Thema der Nacht weitet sich in seiner Bedeutung zur „dürftigen Zeit", der die Götter fern stehen; aber auch sie ist heilig, da aus ihr ein neuer Tag hervorgehen wird, der wiederum durch die Gegenwart der Götter geweiht sein wird. Der Weingott kann als jener gelten, der den Tag und die Nacht versöhnt, doch kündigt sich noch eine andere, ebenfalls versöhnende Gottheit an. Der letzte Ausblick des Gedichtes öffnet sich auf die allumfassende Natur; in Hölderlins Welt ist kein Platz für den Schöpfer Gott, denn im Wandel von lichterfüllten Zeiten zur Herrschaft der Nacht folgen verschiedene Welten und Gottheiten aufeinander: Die griechischen Götter und Christus gehören nicht zu widerstreitenden Glaubenswelten oder mythologischen Systemen, sondern zu einem umfassenden Geschehen und zeugen von der Art, wie sich das Nächtlich-Verborgene dem Menschen zeigt. Das Bild des Abends erhellt das Schicksal des Abendlandes in seinem Verhältnis zu den Göttern. 125 123 124 125
Paul Böckmann, op. cit., S. 401. Paul Böckmann, op. cit., S. 402 f. Paul Böckmann, op. cit., S. 407.
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Aus dem Gegensatze zwischen einer Zeit der Helle, dem Griechentum, und der gegenwärtigen Epoche der Götterferne erhebt sich die Sehnsucht nach dem Dauerhaften, das auf dem Gebiete der Zeit als ein Zusammenfließen von Gewesenem und Seiendem im ewigen Wandel und Werden verstanden werden kann; und das ist für Hölderlin die „Göttersprache". Böckmann löst den Wiederspruch zwischen den beiden Traditionen, zwischen Dionysos und Christus, die dem Dichter zur Verherrlichung der göttlichen Naturkräfte dienen. Von gleicher Wichtigkeit ist die Deutung der „Göttersprache", des „Wechsels und Werdens", dem sidi die Dichtersprache angleichen muß. Deshalb sagt Böckmann, kann der Dichter „seine so christlich geprägte Seele mit der Liebe zu Griechenland in einen tieferen Einklang . . . bringen" 126 . Böckmanns Forschung konzentriert sich auf das, was ihm zu einer Erhellung jedes einzelnen Dichterwortes dient. Man kann also sagen, daß Böckmann gerade umgekehrt wie Kayser in den oben betrachteten Abhandlungen vorgeht. Während dieser von der Erläuterung des einzelnen Wortes zur Bestimmung der Struktur des Gedichtes gelangt, geht jener von allgemeinen Voraussetzungen aus, die aus dem Zusammenhang abgeleitet wurden, um auf Grund einer allgemeinen Einstellung zur Betrachtung von Einzelheiten des Gedichtes zurückzukehren. Alle beiden Vorgangsweisen sind gerechtfertigt. Auf jeden Fall ist es erforderlich, den Wert und die Bedeutung des einzelnen Wortes, das Hölderlin verwendet, in den verschiedenen Satzzusammenhängen festzustellen; darum bezieht sich das Kernstück der Hölderlin-Forschung auf Sprache und Stil des Dichters. In den vorausgegangenen Kapiteln, besonders in dem über die „Stil-Forschung", haben wir gesehen, wie Walter Hof das Beispiel für eine Untersuchungsart gab, die das Verhältnis zwischen Hölderlins ästhetischen Gedanken in den philosophischen Aufsätzen und seinem Stil im dichterischen Ausdruck bestimmen möchte. Maria Cornelissen127 konnte sich dieses Verfahren zum Vorbild nehmen und bei der Deutung einzelner Gedichte anwenden; das unternimmt sie bei der Ode „Chiron" und bei einem ihr wohl verwandten, doch an sich selbständigen Gedichte, „Der blinde Sänger". Die Verfasserin will hierin die Verschiedenheit der Gedanken Hölderlins von denen seiner Studienkameraden Hegel und Schelling nachweisen und die Bedeutung unterstreichen, die für ihn auf Grund einer stets dynamischen Wirklichkeitsauffassung die Vorstellung von einer Metamorphose haben konnte: So ist also erkennbar die Realität dessen, was für Hölderlin ,Reich Gottes* heißt, die Erfahrung einer Dauerrelation zu einem Höheren, das seiner Form und Gestalt nach, der ununterbrochen sich vollziehenden Folge von Metamorphosen im Menschengeist entsprechend, sidi wandelt, das aber, eben als Höheres, das erstrebte Objekt des Geistes unverändert bleibt. 128
Uns nimmt es wunder, daß man aus dieser Dynamik von Hölderlins Gedanken und seiner gleichzeitigen Anerkennung eines absoluten Wertes nicht genau das herausliest, was nicht den Unterschied, sondern vielmehr das Gemeinsame im 126 127 128
Paul Böckmann, op. cit., S. 413. Maria Cornelissen, Hölderlins Ode Chiron. Hopfer-Verlag, Tübingen 1958. Maria Cornelissen, op. cit., S. 6.
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Idealismus von Hölderlin, Hegel und Schelling darstellt; hingegen möchte man humanistische Ideen und allgemeingültige Gesetze als das an Hölderlin Einmalige hervorheben. Cornelissen meint dazu: Hölderlin sucht also mit seinen Bemühungen d a s U r p h ä n o m e n d e r S e l b s t d a r s t e l l u n g v o n M e n s c h s e i n in seinen unerschöpflichen Manifestationsmöglichkeiten aufzufassen und in einer geistigen Hierarchie zu ordnen. 129
U m die Übereinstimmung zwischen den hier Hölderlin zugedachten Bemühungen und Hegels tatsächlichem Idealismus nachzuweisen, genügt es doch wahrhaftig, auf Hegels philosophiegeschichtliche Vorlesungen oder gar auf die „Phänomenologie des Geistes" zu verweisen. H i e r ist es nicht wichtig, auf die Frage nach den Besonderheiten von Hölderlins unabhängigen Gedanken innerhalb des Idealismus einzugehen, deren Eigenständigkeit unbestritten ist, was die Forschung schon umfassend dargestellt hat. D e r A u f satz von Cornelissen hat insofern Bedeutung, als er einige Züge in Hölderlins theoretischen Überlegungen hervorhebt und versucht, nach einem vom Dichter selbst angewandten Verfahren eine Interpretations-Methode auszuarbeiten. Selbstverständlich wird die Vorstellung von der „exzentrischen B a h n " wieder aufgegriffen, die nach Cornelissen als „unter dem Zeichen einer Unstimmigkeit zwischen Subjekt und O b j e k t sich darstellend" 1 3 0 verstanden werden muß. Diese Ansichten werden in Hinblick auf Hölderlins Fragment „Über die Religion" und mit reichlichen Hinweisen auf das V o r w o r t zum „Hyperion" und das Bruchstück von „ H y perions J u g e n d " entwickelt. Schließlich wird der Aufbau von Hölderlins W e l t und Denken als „Prozeß zur Erlangung eines Bewußtseins" gesehen, wobei der R o m a n die „Darstellung dieses Prozesses" wird. Nach der Verfasserin zeigt sich aber dieselbe Dialektik auch in der letzten schöpferischen Zeit des Dichters, bildet sie auch dort seine T h e m a t i k ; das beweist die O d e „ C h i r o n " . D e r zweite Teil dieser Dissertation deutet die O d e „ C h i r o n " , um aus ihr die Belege für die Behauptungen des ersten Teiles zu gewinnen. Offensichtlich wandte man sich hierauf Hölderlins Auffassung vom Mythos zu und der Frage, wie daraus das Bild für eine gegenwartsnahe Darstellung des Mythos hervorgehen konnte. Doch wird ein Dichtwerk auf diese Weise nach philosophischen Voraussetzungen erläutert: Die Situation ist die der Entzweiung des Subjekts und des Objekts, die aber bereits so weit vorgetrieben ist, daß der Moment der Versöhnung unmittelbar daraus hervorbrechen muß. 131
U n d so wird auch eine Regel abgefaßt, derzufolge der Dichter unmöglich lyrische Anregung hätte gewinnen können. W i r meinen damit, daß die Forschung auf diese Weise im Rahmen reflektierender Gedanken bleibt und es ihr nicht gelingt, das Lyrische in der Intuition des Dichters zu erfassen. Cornelissen gelangt bezüglich des Aufbaues der Ode „Der blinde Sänger" zu gültigen Ergebnissen und kann es 129 130 131
Maria Cornelissen, op. cit., S. 9. Maria Cornelissen, op. cit., S. 20. Maria Cornelissen, op. cit., S. 59.
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erklären, wie die folgende Ode, „Chiron", dadurch entstanden ist, daß der Dichter den Mythos vom Zentauren und von Herakles in das Gedicht miteinbezogen hat; dabei bemerkt sie richtig: Wenn Gedicht und Mythos in der Konzeption des Dichters und in der Gestalrwerdung des Gedichts einen gleichsam physischen Organismus bilden, so muß die Interpretation sich um den Sinn des Mythos bemühen, um die Gedichtgestalt erfassen zu können. Im Zusammenhang der Ode „Chiron" aber ist es umgekehrt: das Gedicht erhellt die Bedeutung des Mythos innerhalb des hier gegebenen dichterischen Kosmos. 132
Wir glauben, daß der Mythos innerhalb der Dichtung gleichzeitig exemplarischen und analogen Wert annimmt, weil diese dichterische Welt von der Analogie nicht getrennt werden kann, mit welcher der Dichter die eigene Erfahrung mit der innerlichen Wiederbelebung antiker Mythen vergleicht. Cornelissens Arbeit geht intellektualistisch vor; daher gelangt sie zu einer Erläuterung der philosophischen Bedeutung des Gedichtes — sein poetischer Kern bleibt unangetastet. Audi Schmidlin unterliegt der Versuchung zu philosophieren; in seinem Deutungs-Versuch treten mannigfaltige gedankliche Strömungen hervor 133 . In der „Vorbemerkung" schreibt er, daß die Hölderlin-Forschung vom Dichter so verschiedene Bilder gibt, daß es unmöglich ist, eine Untersuchung auf allgemein anerkannte Grundsätze zu bauen. Ferner beobachtet er, daß der bei der Deutung der Hymne „Friedensfeier" ausgebrochene Gegensatz symptomatisch ist „für die Resultatlosigkeit in der Hölderlinforsdiung" 134 und weist er auf die Schwierigkeiten einer genauen Textauslegung hin, da es nicht zulässig sei, die Worte des Dichters nur in ihrer prosaischen Bedeutung zu erfassen. Schmidlin erinnert hierauf an Mallarmé und schließt, daß heute nichts dringender sei, als die Hölderlin-Forschung von der Religion oder der Religions-Philosophie zu trennen und sich einer rein literarischen Betrachtungsweise zuzuwenden. Diese Voraussetzungen werden aber nach unserem Dafürhalten bereits mißachtet, wenn Schmidlin einen Unterschied zwischen der formalen Analyse und den textlichen Erläuterungen madit und Hölderlins Dichtung von Anfang an außerhalb der literarischen und zeitlichen Umwelt des Dichters behandelt, weil sie „als Schöpfung aus dem Nichts" betrachtet wird und so als etwas, was anders erscheint als die Welt, aus der es hervorgegangen ist. Der Verfasser führt hierauf aus, daß man die verborgenen geschichtlichen und geistigen Voraussetzungen zunächst aus einer Untersuchung von Hölderlins Übertragungen aus dem Griechischen gewinnen müsse. Für uns ist es jedoch selbstverständlich, daß jeder Dichter seine eigene Geschichte hat und in seiner eigenen Tradition steht, die bei Hölderlin ausdrücklich auf das Griechentum und bei seinen Hymnen auf die hymnische Form bei Pindar zurückgeht; und nichtsdestoweniger kann die formale Vollendung der Oden zur Zeit der deutschen Klassik und jener Neuklassik, die sich gegenwärtig in den verschiedenen europäischen Literaturen ausbreitet, nicht erstaunen. Eine Darstellung 132 133
134
Maria Cornelissen, op. cit., S. 73 f. Guido Schmidlin, Hölderlins Ode: Dichterberuf. Eine Interpretation. Francke-Verlag, Bern 1958. Guido Schmidlin, op. cit., S. 8.
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von Hölderlins Dichtung ohne Zusammenhang mit seiner Zeit und ihrer Tradition kann dem Verständnis nicht dienlich sein. Schmidlin betont, daß die Dichtung niemals grundsätzlich prophetisch ist und niemals die Aufgabe hat, die Geschichte zu erklären; wir sehen keinen Grund, diesen Ausführungen nicht zuzustimmen. Hierauf fährt er mit der Bemerkung fort, daß sich die im Dichtwerk enthaltenen geschichtlichen Bezüge in der Gesamtheit des Werkes selbst auflösen; das scheint uns für die Deutung ein verbindlicher Grundsatz zu sein. Und ebenso stimmt auch die Unterscheidung zwischen dem Worte des Mystikers, das belehrend ist, und dem des Dichters, das an sich wertvoll ist und nicht durch die Lehre oder die Belehrung, die man aus ihm gewinnen kann. Die Hinweise im letzten Teile der Arbeit, der sich ausdrücklich „Exkurse" betitelt, auf das Beispiel von Baudelaire und die Überlieferung des Symbolismus in Frankreich wie in Deutschland, um daraus zu schließen, daß Hölderlin ein Vertreter der absoluten Poesie ist, konnten folglich dem Verfasser zu einer Darstellung der Dichtung und des Dichterwortes als unabhängige Werte nützen. Deswegen mußte man aber auch Heideggers Philosophie mit ihrer Gleichsetzung zwischen Dichten und Denken widersprechen. Schmidlin gelingt es nicht, die Unvereinbarkeit von Hegels Ästhetik, die dem Kantischen Autonomie-Begriff verbunden ist, mit Heideggers Gedanken zu erkennen; und bei dem Versuche, die Stellung von Hölderlins Dichtung innerhalb der idealistischen Sprach-Philosophie zu erklären, kehren die Ausdrücke Heideggers wieder. Schmidlin schreibt: Der Frage nach dem Wesen des Seins entspricht das Suchen nach dessen ursprünglichem Namen. Die Aufgabe, den höchsten Namen des Seins neu auszurufen, ist aber verbunden mit der Aufgabe, nachzuweisen, daß dieser Name nicht eine leere Abstraktion ist, sondern in sich die Fülle der Namen alles Seienden begreift. 135
Die Sprache ist rein existenzialistisch und die Folgerung, die der Verfasser daraus zieht, daß der Dichter „die Sprache in ihrer Totalität neu zu schaffen"136 hat, beweist nur, daß der Dichter, jeder Dichter seine eigene Sprache bildet. Sdimidlins Hinweise auf Hamann und Herder, auf die Sprach-Philosophie von Humboldt und Friedrich Schlegel scheinen uns das grundlegende ästhetische Problem zu erhellen, das darin besteht, den Charakter und den Wert der dichterischen Sprache zu umschreiben. Doch fügt Schmidlin hinzu: „Hölderlin hat die Findung des höchsten Seinswortes und damit die Neuschöpfung der Sprache von sich selbst als Dichter gefordert." 137 Wir glauben, daß dies die Aufgabe jedes Dichters ist, doch kann es zu einer erneuernden Sprachschöpfung nur innerhalb einer Tradition kommen. Auf Grund der Anlage seiner Untersuchung mußte Schmidlin damit schließen, daß er das Werk des Dichters als eine mystische Vereinigung ansieht, als das Zusammenfallen der Dichtung mit dem Sein und deshalb ein Aufgehen des Dichters in der obersten Gottheit, im „Höchsten". Daraus ergibt sich, daß sich zwischen dem Dichter und der Gottheit ein Vater-Sohn-Verhältnis entwickelt und der Sohn das Wort des Vaters verkündet; es ist aber offensichtlich, daß, abgesehen von der 135 138 137
Guido Schmidlin, op. cit., S. 12. Guido Schmidlin, op. cit., S. 13. Guido Schmidlin, op. cit., S. 15.
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Vernachlässigung aller formalen Gesichtspunkte, die Untersuchung des Dichtwerkes auf diese Weise in philosophischen Bahnen verläuft. Es scheint uns aber, daß die Absicht zu einer derartigen ästhetischen Lösung der Schau, wie sie sich mit vollem Bewußtsein in Mallarmis Symbolismus ausdrückte und schon in Hölderlins ästhetischen Gedanken ankündigte, vom Verfasser mißverstanden wurde, weil sie vom ästhetischen auf ontologisches Gebiet übertragen wurde; die ästhetische Lösung der Schau wird dadurch zur Verkündigung des absoluten Seins, geht vollkommen im Sein auf. Und angesichts einer derartigen Vorgangsweise bei der Deutung der Dichtung möchten wir uns fragen, ob der Verfasser hier nicht jene existenzialistischen Gedanken, die Barth in der Theologie entwickelt hat, auf literarisches Gebiet überträgt. Das ewige Thema der Dichtung des Abendlandes seit dem Griechentume, die Frage nach der Aufgabe des Dichters, dem „vates" und Deuter des Göttlichen, wird in dieser Auslegung nach Gedanken von Heidegger und Barth ganz neu gesehen; durch die fallengelassene Unterscheidung zwischen Literarischem und Religiös-Philosophischem werden in dieser Untersuchung Barths Ansichten über die Bibel als Wort Gottes auf Hölderlins Schriften angewandt. Das soll nicht heißen, daß nicht einige Züge der Dichtung von dem Forscher erhellt werden, so etwa wo er auf die Vielfalt der Namen hinweist, die der Dichter dem Göttlichen nach seinen verschiedenen Erscheinungsformen und Eigenschaften zulegt. Auch das Kapitel über „Das Wechselverhältnis zwischen dem Dichter und dem Höchsten" ist reich an scharfen Beobachtungen; daraus wollen wir zitieren: im Ruf, dem der Dichter zu folgen hat, ist das Gesetz seines Berufes, die Pflicht seines Amtes schon vorgegeben. Das Dichteramt ist auf diese Weise aller subjektiven Willkür entrückt. 1 3 8
Man kann fortfahren, daß deshalb nicht nur die Aufgabe des Dichters, sondern jedes seiner Worte einem Gesetz gehorcht, das daher ein ästhetisches Gesetz ist; und viele Zweifel läßt eine Behauptung wie die folgende offen: Damit ergibt sich, daß die doppelte Frage nach dem Wesen des Höchsten und des Dichters nur e i n e n Punkt anvisiert: die in zwei Gestalten sich darstellende Person des Höchsten.
Die stets wache „pietas" des Dichters hätte eine derartige Trübung des Unterschiedes zwischen dem göttlichen und dem irdischen Bereiche hintangehalten. Die Ode „Dichterberuf" gehört zu denen, die am besten zum Beweis dessen gedient hätten, was auch wir für richtig halten, und zwar, daß Hölderlin am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts bei seiner Auslegung der Aufgabe des Dichters eine Entwicklung durchlaufen hat, die zunächst von Hamann und der Poetik des „Sturm und Drang" ausgegangen war und schließlich im europäischen Symbolismus ihren Ausdruck gefunden hat. Uni scheint es nun tatsächlich so, daß sich der Dichter bei dieser Aufgabe auf den überlieferten Ablauf seit dem Griechentume stützen konnte, der ihm die Möglichkeit zu einem neuen, klaren und gleichzeitig überwältigenden Ausdruck bot. So, wie der junge Bacchus ein Gott ist 138 138
Guido Schmidlin, op. cit., S. 44. Guido Schmidlin, op. cit., S. 47.
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und ihn die Ufer des Ganges im Triumphe hören und erblicken, so verkündet der Dichter die Aufgabe und den Triumph des schöpferischen Genius, des göttlichen Geistes, der sich im Dichter und durch ihn ausdrückt und bezeugt. Folglich beruft sidi der Dichter auf die Propheten des Morgenlandes, auf die Hymnen der Griechen und die mächtige Stimme des Ewigen, der sich in den Himmelserscheinungen offenbart, und lädt er das undankbare Menschengeschlecht ein, das Göttliche zu erkennen, das Bild des Vaters zu sehen. Darum ist es gut, wenn sich ein Dichter den Menschen zugesellt und ihrem Verständnis nachhilft; die letzte Strophe zeigt schließlich den Menschen in seiner Einsamkeit vor Gott, den Diditer, der durch seine Reinheit geschützt ist und keiner Waffen oder Listen bedarf, bis ihm die Abwesenheit des Göttlichen zu Hilfe eilt. Die Betonung der Einsamkeit und der Verlassenheit bei der Entfernung des Gottes weist auf die Entstehung des Gesanges selbst hin, der eine Anrufung Gottes durch den Dichter darstellt. Die philosophierende Auslegung nützt dort nichts, wo sie nicht das Wesen der Anrufung des Dichters erfaßt, die sich im ganzen Ausdrucke zeigt, in dem der ideologische Gehalt voll aufgeht, um nur mehr Dichtung zu sein. In der Reihe der Deutungen zu einzelnen Gedichten wollen wir besonders auf die eines der bedeutendsten Führer der Hölderlin-Forschung hinweisen, auf Karl Vietors letzte dem Dichter gewidmete Arbeit 140 , dessen Lyrik er schon 1921 in seiner Jugend in einem Buch untersucht hatte, das bis heute zu den schärfsten und besten Betrachtungen über Hölderlins Gedichte zählt. Man muß darauf hinweisen, daß Vietor die Elegie „Menons Klagen um Diotima" auslegt, ohne auf des Dichters mythische Schöpfungskraft zu verweisen, wie es heute ja schon fast ein unumgänglicher Bestandteil aller Arbeiten geworden ist. Wir glauben hingegen, daß man bei der Deutung des dichterischen Werkes nur dann von einem Mythos sprechen kann, wenn man ihn auf das Gebiet der persönlichen Phantasie des Dichters verweist. Diese Verlagerung hat anregende und vergleichende Bedeutung; der Dichter nimmt den Mythos zum Thema, aber seine Welt besteht aus Bildern und Analogien; man kann nicht von einem Schöpfen des Mythos sprechen. Wir wollen nochmals wiederholen und klar feststellen, daß bei Hölderlin ein Verweis auf antike oder christliche Mythen nur dazu dient, auf allgemein Bekanntes hinzuweisen, d. h. auf Vorstellungen, die mitteilbar sind; selbstverständlich hat er mit seiner eigenen Religiosität jene Bilder und Analogien durchdrungen, die für uns dichterische Bedeutung haben; es wäre aber gut, diese Scheidung zwischen Mythos und Dichtung auch -dort aufrecht zu erhalten, wo der Dichter den Mythos in die Dichtung aufnimmt und diese zu einer mythischen Schau führt. Vietor spricht von Symbolen und Gruppen von Symbolen, etwa bei Nacht und Tod, Tag und Licht, das Leben ist: „Diese einfachen Symbolreihen, deren Gegensatz im Schicksal des Dichters seine Einheit hat, geben der Elegie die innere Form." 141 Daraus ergibt sich eine dialektische Bewegung, die nach dem dynamischen 140
141
Karl Vietor, Hölderlins Liebeselegie. In: Geist und Form. Aufsätze zur deutschen Literaturgeschichte. Francke-Verlag, Bern 1952. Karl Vietor, op. cit., S. 268.
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Schema des Gedichtes mit der Synthese schließt. Diese entspricht in der Elegie einer All-Vereinigung, von welcher der Dichter schon im Roman erklärt hatte, daß sie den Gipfel und die Vollendung des Lebens darstellt. Dazu meint Vietor so schön: Zu allem, was Schicksal heißt, sagt Hölderlin ja, indem er es begreift als Herausforderung, unter deren Angriff die Kraft und Freiheit des Menschen sich erst entfaltet. 1 «
Die Annahme des Schidisais wandelt sich aber in eine Bejahung des Leids nach der christlichen Überlieferung: „Im Leid selbst das Lied des Lebens, des göttlichen, guten, zu hören und es zu rühmen, trotz allem, — sagt Vietor (und wir führen seine Worte in ehrenvollem Gedenken an) — diese Versöhnung, solche freie Einstimmung in die Welt auf der höheren Stufe des bewältigten Leidens sucht Hölderlins Elegie zu gewinnen." 143 Die Arbeit wendet sich den grundsätzlichen Themen zu, der Nacht, den lieben Schwänen, der Freude, dem Schicksal. In Übereinstimmung der antiken und der christlichen Überlieferung mit der Welt des Dichters, der schließlich zum Ausgleich zwischen irdischer und himmlischer Vollendung gelangte, zwischen dem Bild der gelassen verliebten Schwäne und dem letzten von einem himmlischen Elysium, verweist Vietor gleichzeitig auf den Apostel Paulus, auf Pindar, Piaton und Hegel. Die Erläuterungen zur Elegie beschwören das notwendige Bild von der Schau des Dichters und beweisen die klassische Geschlossenheit seiner Welt. Ebenso werden Griechentum und Abendland und die gesamte Entwicklung des Dichters bis zum Hinweis auf die großen Hymnen in die Deutung aufgenommen; und der Verfasser kann mit den Worten schließen: Im Mittlertum und Sehertum der Spätdichtung verklingt Hölderlins Liebesklage. Die Entrückungs-Sehnsudit und der Erlösungs-Chiliasmus der Menon-Elegie münden in das Pathos dessen, der seine Person hingegeben hat an den göttlichen Auftrag. 1 4 4
Die philologische und die stilistische Forschung, welche die Dichtung von ihrem eigenen Ausdrucke her öffnen wollen, sind letzthin zu bemerkenswerten Einsichten gelangt. Bevor wir uns einigen der bedeutendsten Beiträge zur Hölderlin-Forschung zuwenden möchten, wie etwa den neuesten Arbeiten von Binder oder dem großen Aufsatze von Lawrence J. Ryan über die Lehre vom Wechsel der Töne, wollen wir noch eine Untersuchung von Bernhard Böschenstein betrachten, der uns eine Deutung von Hölderlins Rhein-Hymne anbietet145. Der Aufsatz beginnt mit methodologischen Vorfragen; der Verfasser bezieht sich auf das Verfahren Staigers, dessen Schüler er war, und auf die philologische Methode Binders. Auf Grund einer Vorgangsweise, deren Grundsätze Staiger in einem seiner wichtigsten Werke, „Die Zeit als Einbildungskraft des Dichters", niedergelegt hat, will Böschenstein 142 143 144 145
Karl Vietor, op. cit., S. 270. Karl Vietor, op. cit., S. 271. Karl Vietor, op. cit., S. 291. Bernhard Bösdienstein, Hölderlins Rheinhymne ( = Zürcher Beiträge zur deutschen Literatur- und Geistesgeschichte, Nr. 16, hsg. v. Emil Staiger.) Atlantis-Verlag, Zürich 1959.
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die Entwicklung der Hymne „Der Rhein" Wort für Wort verfolgen, wobei er als Voraussetzung Hölderlins Grundregeln aus seinen philosophischen Aufsätzen annimmt. Auf diese Weise gelingt es ihm, nicht nur die einzelne Hymne, sondern die Hauptthemen des gesamten Werkes Hölderlins zu deuten. Wir müssen hier eine Aussage Böschensteins festhalten: Ein Verfahren soll erprobt werden, das bei den meisten Dichtern, mit Ausnahme etwa v o n Mallarmé, nur ein Zerrbild der dichterischen Welt darzubieten vermöchte, hier aber .lebendige Verhältnisse' spiegelt. D i e Untersuchung stützt sich für die Mehrzahl der Strophen auf die Deskription einzelner Wortfelder, deren Einheit sie nachzuweisen unternimmt. 14 "
Der Hinweis auf Mallarmé erfolgt nicht zufällig und beweist nicht nur, daß der Verfasser den Zusammenhang erkannt hat zwischen Hölderlins Dichtungslehre und jener während der, wie wir gerne sagen möchten, „zweiten französischen Romantik", also bei Baudelaire und im Symbolismus, sondern Böschenstein hat von den Franzosen auch die Methode übernommen, mit der sie an die Erforschung von Maliarmes Dichtung schritten. Böschenstein entwickelt eine vorbildliche Deutung des Wortes „Gefahr", das zu Beginn der Hymne „Patmos" aufscheint; die Untersuchung der Korrespondenzen führt zu dem Schluß: „Hölderlin kennt nur eine Gefahr, die unbewältigt Gottesnähe." 147 Hierauf knüpft Böschenstein an eine Bemerkung von Schadewaldt, hebt den Wert einiger thematischer Wörter f ü r Hölderlins Dichtung hervor und zeigt, wie man das Wort aus dem Reichtum des Themas, das es umschließt, deuten muß, also an Hand der Korrespondenzen, der Verwendung des Wortes an verschiedenen Stellen und seiner wechselnden Bedeutungen. Die Auslegung jedes einzelnen Wortes muß sich andererseits auf den Wechsel der Töne in Hölderlins Lyrik beziehen; „Ein Wort darf nur im Maße des Gewichts, das es im Gedicht besitzt, dargestellt werden." 148 Auch die in einer Anmerkung festgehaltene Behauptung leuchtet ein: „Das Wort des Gedichts soll ja durch die Eingliederung in das Wortfeld sprechender werden, was die Beschränkung auf die einzige, zentrale Bedeutung eher ermöglicht." Man könnte diese Vorgangsweise so beschreiben, daß kreisförmig um den Hauptsinn eines Wortes die verschiedenen Bedeutungen angeordnet werden, die sich immer auf den Mittelpunkt beziehen; das Wort nimmt im Bedeutungsfeld die führende Rolle ein. Zu den Ergebnissen von Böschensteins Arbeit gehört es auch, die Bedeutung des Ausdruckes „Sprache der Reinsten" erklärt zu haben, der in der Hymne „Der Rhein" vorkommt; dies wird durch Hinweise auf die „Cinquième Promenade" der „Rêveries du promeneur solitaire" von Rousseau erreicht, die Hölderlin als Anregung gedient hatten. Der Verfasser betont darauf, daß es für die Deutung wichtig ist, „sich Hölderlins Perspektive zu eigen zu madien". Wir legen hierauf deswegen Wert, weil es die grundsätzliche Voraussetzung für jede wertvolle philologische Arbeit ist, sich die Haltung des Dichters selbst und nicht einer ihm fernstehenden 146 147 148
Bernhard Böschenstein, op. cit., S. 7. Bernhard Böschenstein, op. cit., S. 10. Bernhard Böschenstein, op. cit., S. 11.
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Philosophie anzueignen; noch braucht man auf einer mehrdeutigen H a l t u n g H ö l derlins in ein und demselben Gedichte zu beharren, außer auf den drei vom Dichter selbst festgelegten Grundtönen; der Wechsel der T ö n e zwischen naiv, heroisch und idealisch ist nur eine Variation innerhalb der gleichen Grundhaltung, die aus der Inspiration des Dichters in die Gesamtschau einfließt. Nachdem Bösdienstein die Methode festgelegt hat, der er sich anvertrauen möchte, betrachtet er jede Strophe und jede Zeile im Einzelnen, um über die K o n k o r d a n z e n zur Schau des Dichters zu gelangen; und so entwickelt sich auf Grund der vollen Geschlossenheit von Hölderlins Kosmos die Deutung der einzelnen H y m n e zu einem Hinweis auf die Grundthemen seines Werkes. Das Verdienst von Böschensteins Untersuchung besteht hauptsächlich in dieser Überprüfung der Bedeutung einzelner Wörter oder thematischer Ausdrücke, weil man nur auf diesem Wege, der auch eine Bestimmung der Ausdruckswerte umschließt, zu dem richtungsweisenden Gesetz von Hölderlins Inspiration vorstoßen kann. D e r Abschluß oder „Überblick" des Buches beschäftigt sich mit den Gegensätzen und der Synthese, die schließlich die Trennung zwischen Himmlischem und Irdischem überwindet, den beiden B e griffen, die „wir im ganzen Gedicht, j a in der ganzen Hölderlinschen Dichtung walten sahen" 1 4 '. U n d auch für die Beurteilung der Metapher in Hölderlins W e r k brachte Böschensteins Arbeit wertvolle Hinweise. D i e Metapher wird dabei nicht insofern betrachtet, als sie als „das Brautfest . . . , der umfassendste Ausgleich der Entgegensetzung ursprünglicher Gotteswelt und sterblicher Menschen weit" 1 5 0 verstanden wird, sondern weil sie mit dem ausdrücklichen Vorgehen des Dichters völlig eins ist — wie es die schon weiter oben behandelte, äußerst wichtige Studie von W a l t e r H o f über Hölderlins Stil als Ausdruck seiner geistigen W e l t nachgewiesen hat. Nicht weniger bemerkenswert als Böschensteins Ergebnisse über die Bedeutung der Metapher ist auch seine Untersuchung des Rhythmus als formendes und aufbauendes Element der H y m n e und der verschiedenen (wir können sagen:) musikalischen Stufen in der Entwicklung des Gesanges. Z u denen, die sich am eingehendsten und mit der umfangreichsten Vorbereitung der Hölderlin-Forschung zuwandten, gehört zweifellos Wolfgang Binder, der in einer seiner letzten Arbeiten mit Recht schrieb: Wenn wir eine Interpretation versuchen, so verfolgen wir zunächst nur den Zweck, einige Verse des späten Hölderlin so genau wie möglich zu verstehen. 151
I n dieser Deutung beschäftigt er sich mit einem unvollendeten W e r k e des Dichters und möchte er die Zeilen dieses Fragmentes voll erfassen. Daher ist es auch richtig, daß er, „wenn nicht ein Gedicht, so doch die Idee eines Gedichtes wiedergewinnen" 1 5 2 möchte; so muß er sich auf alle vaterländischen Gesänge Hölderlins beziehen. 149 150 151
152
Bernhard Böschenstein, op. cit., S. 136. Bernhard Böschenstein, op. cit., S. 138. Wolfgang Binder, Hölderlins Laudes Sueviae. Deutung des hymnischen Entwurfs „Ihr sichergebaueten Alpen". In: Robert Boehringer, eine Freundesgabe. J . C. B. Mohr und Paul Siebecke-Verlag, Tübingen 1957, S. 29 ff. Wolfgang Binder, op. cit., S. 29.
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Schon in der Arbeit über „Hölderlins Odenstrophe", von der wir bereits gesprochen haben, hat Binder Hölderlins Odenstil und seine Entwicklung untersucht, wobei es ihm über eine metrische Analyse gelungen war, die Wurzel für den Aufbau der Dichtung in der Persönlichkeit des Dichters nachzuweisen. Außerdem hatte er die Thematik von Hölderlins vaterländischen Gesängen in der Nürtinger R e d e vom 7. J u n i 1953 behandelt, auf deren Gedanken zu diesem T h e m a wir noch zurückgreifen werden müssen. Binder entwickelte hier hauptsächlich Gedanken und Argumente, die er schon in dem früheren Vortrag über „Sinn und Gestalt der H e i m a t in Hölderlins Dichtung" ausgedrückt hatte. Die Rede erläuterte an H a n d der Darstellung der N a t u r und Deutschlands das Aufgehen der Landschafts- und Gesdiichtsschau und des Mythos in Hölderlins Dichtung. D a s dichterische Heimatgefühl war in Hölderlin besonders in der Fremde erwacht, im Exil, in dem er tatsächlich lebte, als er seiner schwäbischen H e i m a t fern war, dem Lande, in dem er geboren w a r und das seine eigentliche Welt darstellte. Das T h e m a vom Land, wo er geboren, zieht sich durch Hölderlins gesamte L y r i k ; Binder folgerte daraus: „Die Heimat ist also der Raum, sie ist der Urraum H ö l d e r lins . . . Dieser R a u m wird später zum mythischen R a u m . " 1 5 3 F ü r den Dichter ist das Vaterland eine geistige Wirklichkeit: „Sie ist ein geistiges Wesen, das nur ist, wo es geistig vollzogen wird." 1 5 4 ; und in die Geistigkeit aufgenommen, zu einem absoluten W e r t geworden, ist die H e i m a t eine Mittlerin der göttlichen Offenbarung. D e r F o r scher meint dazu: „Es ist wohl kein Zufall, daß D i o t i m a und die H e i m a t ähnliche Äußerungen bei Hölderlin hervorrufen." 1 5 5 I n dieser tiefen und gefühlvollen Untersuchung Binders über die Entwicklung des Vaterlandbewußtseins bei Hölderlin als ein beständiges M o t i v seiner erhabensten Dichtungen, in denen die Wirklichkeit an sich anerkannt und gleichzeitig in eine geistige Schau verwandelt wird, findet sich bereits ein Hinweis auf das der schwäbischen Heimat gewidmete Fragment „Ihr sichergebaueten Alpen . . . " . D i e anfangs erwähnte Arbeit „Hölderlins Laudes Sueviae" entwickelt dasselbe Thema an H a n d einer unvollendeten H y m n e , die der Forscher zu vervollständigen sucht. E r bemerkt dazu: Es wird darum unsere Aufgabe sein, gerade auch das Reale und scheinbar Selbstverständliche auf seine .Bedeutung' zu prüfen, wie wir sie aus dem Sprachgebraudi, den Symbolen und Denkformen des späten Hölderlin erschließen können, und so gleichsam mit ihm das Gegebene geistig wieder zu gewinnen. 156
D e r Versuch sollte also nach Binder einen Beitrag zu dem für die Auslegung der letzten H y m n e n Hölderlins erforderlichen Deutungsverfahren darstellen. Jedermann muß das Wagnis eines solchen Versuches erkennen, der nicht nur auf die Deutung eines Fragmentes abzielt, sondern es sogar zu vervollständigen sucht. D i e Aufgabe ist wohl verschieden von der eines Ergänzens dort, wo es möglich 153
154 155 156
Man vgl. von Wolfgang Binder, Sinn und Gestalt der Heimat in Hölderlins Dichtung. In: „Hölderlin-Jahrbuch" 1954, S. 64 f. Wolfgang Binder, op. cit., S. 73. Wolfgang Binder, op. cit., S. 75. Das Zitat findet sich bei Wolfgang Binder, Hölderlins Laudes Sueviae usw., S. 30.
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scheinen mag, nämlich bei den Dichtern der Antike. Dabei kann man streng philologisch vorgehen und die Philologie wird die Grenzen der Arbeit bestimmen; bei der Vervollständigung einer Hölderlinschen Hymne greift der Forscher aber auf andere, in sich vollendete Gedichte zurück, um aus ihnen eine ideale Auslegung des Bruchstückes abzuleiten. Ein Beispiel für ein derartiges Verfahren haben wir bereits in Beißners Arbeit gefunden, als er die Fragmente und die ersten Entwürfe zur „Friedensfeier" mit der endgültigen Fassung verglich; damals wiesen wir auf die Gefahr hin, daß der Bearbeiter den Worten des Dichters seine eigene Deutung unterlege, die er dann aus dem Dichterwort herausliest. Audi Binder hatte sich, wie wir bei seiner Deutung der „Friedensfeier" gesehen haben, in die gleiche Gefahr begeben, die sich bei der Auslegung von Hölderlins Lob Schwabens nach diesem Verfahren wieder erhob. Man geht dann nicht mehr philologisch vor, wenn es sich nicht mehr darum handelt, die Bedeutung eines Wortes und auch ihren Wandel bei der Verwendnug im jeweiligen Satzzusammenhang festzustellen. Die Wortbedeutung wird durch Hinweise auf Themen oder Mythen des Dichters erfaßt, und obwohl hier Wortbedeutungen festgelegt werden, so werden sie doch in einen um fassenderen Rahmen hineingestellt, in dem die Philologie durch ihre Vielseitigkeit ihres eigenen Charakters verlustig geht. Es ist nicht so, daß dem Forscher keine Deutung gelingt, sondern diese liegt jenseits des Möglichen; über Hölderlins humanistische Schau und den in ihr enthaltenen philosophischen Idealismus schiebt sich der Existenzialismus Heideggers. Die Bezüge auf spätere Hymnen des Dichters erlauben es Binder, das in Betracht gezogene Fragment so lange zu erweitern, bis es den Vorstellungen entspricht, die er sich schon vorher von dem Gedichte gemacht hat und die vielleicht mit der dichterischen Intuition Hölderlins übereinstimmen; das bleibt aber bloße Vermutung. Wir betrachten unseren Hinweis auf die Grenzen, die an sich erforderlichen Grenzen der Philologie, keineswegs als eine Herabsetzung von Binders Arbeit. Wir wollen von einem anderen Aufsatze Binders sprechen, von dem Versuch, das Verhältnis zwisdien „Sprache und Wirklichkeit in Hölderlins Dichtung" 157 zu ergründen. Binder beruft sich auf Hölderlins eigene Worte, daß die Kunst ihren Ursprung in dem Bestreben zu idealisieren und ihren Gegenstand in der Darstellung einer höheren Welt hat, wie es in einem Brief vom 4. Juni 1799 an den Bruder heißt. Folglich behauptet Binder, daß Hölderlin die genaue Naturdarstellung höheren Zwecken dient: „es geht um die Mächte des Orients und Abendlands, um die Versöhnung der griechischen Götter mit Christus oder um die zukünftige deutsche ,Sangart'." 158 Man kann daher bei Hölderlin nicht einfach von einem Realismus sprechen, weil der Dichter vielmehr in seinem Werke „Wirklichkeit erschafft"; die Sprache verleiht dem Ausdruck den Zug des Wirklichen. Diese Behauptungen leuchten ein; die Ästhetik hat entschieden die Grenzen der Sprache als Mimesis überwunden und sich die Vorstellung der schöpferischen Kunst angeeignet. Man kann überhaupt sagen, daß sich die gesamte Ästhetik Höl-
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Wolfgang Binder, Dichtung und Zeit in Hölderlins Werk. Maschinschriftl. Habil. Tübingen 1955. Wolfgang Binder, op. cit., S. 184.
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derlins in diesem Begriffe zusammenfaßt, daß sie bestrebt ist, den autonomen Wert der ästhetischen Intuition klarzustellen. Folglich ist auch Binders Beobachtung selbstverständlich: „Die Wirklichkeit in der Dichtung verwandelt sich in die Wirklichkeit der Dichtung." 159 Dem läßt sich hinzusetzen, daß es auf dem Gebiete der Dichtung, nicht nur in Hölderlins Werk, sondern ganz entschieden in jeder Dichtung, keine andere gültige Wirklichkeit gibt als die Wirklichkeit der Dichtung selbst. Es ist aber offensichtlich, daß mit der Behauptung einer selbständig gültigen Wahrheit und Wirklichkeit der Dichtung diese von der allgemein anerkannten Wirklichkeit geschieden wird; die Trennung ist nach unserem Dafürhalten von Vorteil, will man das eigentliche Problem der Ästhetik fassen. Binder versucht, die im 18. Jahrhundert gültigen Ansichten über die Dichtung darzustellen und so nachzuweisen, was Hölderlin Neues beigetragen habe; er unterstreicht die Anstrengungen des Dichters, das Wort als bloße Darstellung von dem Worte als schöpferischem Zeichen zu trennen. Damit sdieint der Verfasser aber in unseren Augen nichts anderes herauszuarbeiten, als den Unterschied zwischen dem Intellektualismus der Aufklärungs-Dichtung und der Welt der deutschen Klassik. Es ist wahr, daß es Hölderlin nicht nur gelang, eine neue Thematik anzufassen, sondern auch die „Deutung der Wirklichkeit" der Dichtung als Aufgabe zu stellen — das wenigstens in den letzten Hymnen: „nicht ein neues Thema, sondern ein Verfahren, das jede besondere Thematik erst begründet und trägt" 160 . Binder erinnert an die Ästhetik Hegels, Hamanns und Herders und an ihren Grundsatz, wonach der Dichter nicht die Natur nachahmen darf, sondern wie diese im Schöpfungsprozeß fortfahren muß; er setzt hinzu, daß nur „Hölderlins Prinzip des Grundes erklärt, wie sich im Parallelismus des Verfahrens Wirkliches in Dichtung verwandelt" 161 . Wir brauchen nicht weiter darauf einzugehen, daß sich auf diese Weise der Unterschied zwischen dichterischer und zufälliger Wirklichkeit aufhebt; damit sind wir neuerdings bei Heidegger angelangt, für den Dichtung die Wirklichkeit des Wirklichen ist. Binders Arbeit ist reich an Hinweisen auf die Behandlung von Natur und Geschichte, auf das Wort als Offenbarung des Seins, und erinnert an eine Sprachtheorie in Hölderlins Ästhetik. Für diese gibt er Beispiele mit Hinweisen auf die Prosa in „Hyperion" und auf das Drama „Empedokles"; er kommentiert eines der letzten Gedichte, „Hälfte des Lebens", und arbeitet das Thema heraus: Zwei Extremzustände also, die Hölderlin Ewigkeit und Tod oder, radikaler, Sein und Nichts zu nennen pflegt. Zwischen ihnen läge das gewöhnliche Leben, die Zeit, die aus Sein und Nichtsein gemischt ist. 162
Damit schlägt jedoch ein Beispiel für die Verwendung der Sprache in Hölderlins Werk in Philosophie um. Binder ist bemüht, ein einheitliches Forschungsgebäude zu errichten; daraus läßt sich schließen, daß sein entschiedenstes Werk die der Universität Tübingen vorgelegte Habilitationsschrift über „Dichtung und Zeit in Höl158 160 161 192
32
Wolfgang Wolfgang Wolfgang Wolfgang Hölderlin
Binder, Binder, Binder, Binder,
op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S.
186. 188. 188. 199.
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derlins Werk" 1 6 3 ist. Er will darin die Gesetze erforschen, denen Hölderlins Dichtung gehorcht und denen der Aufbau der Gedichte in voller Ubereinstimmung zwischen Poetik und Poesie folgt. Mit diesem, bisher nur in maschiinschriftlicher Fassung zugänglichen Beitrag wird sich nach unserer Meinung die Forschung nicht nur wegen der neuen Erkenntnisse über Hölderlins Dichtung auseinandersetzen müssen, sondern auch als ein Versuch Binders, über den Abgrund zwischen idealistischer und existenzialistischer Tradition hinweg seine philosophischen und ästhetischen Gedanken wiederum zusammenzuführen. Eine Unsicherheit macht sich auch in den philosophischen Ansichten von Werner Krafts Betrachtungen über die Dichtung 164 bemerkbar; wir möchten dabei den Titel seines Werkes anzweifeln, weil die Unterscheidung zwischen Wort und Gedanke wieder einmal zwischen „Gestalt und Gehalt" trennt, was man nach unserem Dafürhalten auf dem Gebiete der Dichtung nicht unternehmen darf. Die in dem Bande vereinten Aufsätze, allesamt reich an Anregungen, sind genau das, was Gide mit dem Worte „pretextes" meinte. Man wird sich aber der Gedanken über verschiedene Themen und Probleme bei Hölderlin erinnern müssen, zum Beispiel an das, was über die „Nüchternheit" und über die Beziehungen und Verhältnisse zwischen Hölderlin, Goethe, Brentano, Nietzsche, Fontane, Dilthey, George und Spengler gesagt wird ebenso, wie an die Exkurse in einigen kleineren Beiträgen, wie etwa in dem Aufsatz über den Reim, weil sie von ungewöhnlicher Lebendigkeit sind. Einige von Krafts Aussagen scheinen den gegenwärtigen Strömungen in der Forschung geradezu zuwiderzulaufen, so etwa, wenn er von Hölderlins Gedicht „Die Eichbäume" sagt: (Es) ist der Gegenbeweis für die wesentlich von George dekretierte Auffassung, die will, daß Hölderlin ein mythischer Dichter sei. Gewiß ist er als ein solcher gescheitert . .
und mit einem Hinweis auf Beobachtungen von Emil Petzold fährt er fort: „Mindestens dieses Gedicht grenzt mit dialektischer Kraft die Ansprüche des Mythus ab." 1 6 5 Ein andermal beruft sich der Verfasser in Zusammenhang mit der Liebe zu Diotima auf Petzold und erläutert hierauf in einem der kürzeren Aufsätze, in „Lebenslauf", die Ode gleichen Titels, wobei er auch die erste Fassung in seine Betrachtungen miteinbezieht; er meint: Es ist eine Bewegung von oben nadi unten, von so elementarer Sturzgewalt, daß sie einem Kataklysma gleichkommt. 186
Von der Abhandlung über den Reim haben wir bereits gesprochen. Die Arbeiten über Hölderlins Dichtungsformen während des Wahnsinnes und die Erläuterungen zu einigen dieser Werke tragen das unleugbare Verdienst, diese letzte Periode von Wolfgang Binder, Dichtung und Zeit in Hölderlins Werk. Maschinenschriftl. HabiL, Tübingen 1955. 164 w e r n e r Kraft, Hölderlin. In: W o r t und Gedanke: Kritische Betrachtungen zur Poesie. Frandce-Verlag, Bern und München 1959. 165 Werner Kraft, op. cit., S. 27. 1 6 6 Werner Kraft, op. cit., S. 32. 163
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Hölderlins Schaffen in ernsthafte Betrachtungen aufzunehmen, während sie von der bisherigen Forschung noch nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Kraft gibt von einem der bedeutendsten Gedichte die Spätzeit, das mit den Worten Wenn aus der Ferne, da wir geschieden sind . . .
beginnt, eine gefühlstiefe Auslegung. D i e L y r i k des Wahnsinns ist bis heute als Dokument betrachtet worden, wobei man geflissentlich übersehen hat, daß sich die Forschung auch ihr zuwenden könnte; einige dieser Gedichte erheben sich zu um so bewundernswerterer poetischer Größe, als sie jenseits einer bewußten Ausarbeitung liegen; die Unmittelbarkeit des Wortes ist in diesem Falle noch Poesie. Auch Winkler widmet einen Aufsatz seines posthum veröffentlichten Werkes 1 6 7 der Erforschung von Hölderlins Spätzeit; seine Beobachtungen sind aber voll von heute bereits überwundenen Fehlurteilen zu den großen Hymnen, deren Wert er wieder einmal in Zweifel zieht, während die Problematik zum Gegensatz zwischen den antiken Götterdarstellungen und dem protestantischen Verzicht auf ein Bildnis Gottes vereinfacht wird, was — wie Winkler meint — „schließlich in einer Wesenlosigkeit Gottes enden mußte" 1 8 8 . Winkler glaubt, daß das Problem an sich unabhängig vom dichterischen Ausdruck verstanden werden könne und daß sich in Hölderlins Geist die Wiederentdeckung der Antike und das Christentum seiner Zeit in seiner Farblosigkeit, Gedanken- und Gefühlsarmut gegenüberständen; der Dichter versuchte, die beiden zu versöhnen, und machte daher Herakles zum Bruder und Dionysos zum Verkünder Christi. Die Versöhnung gelang nicht; sie blieb eine Brücke zwischen zwei verschiedenen Welten, in gewisser Weise eine Brücke außerhalb der Wirklichkeit. Winkler versucht zu erklären, warum Hölderlins Entwicklung durch den Idealismus zu dieser Wirklichkeitsentfremdung führen m u ß t e : Die Wirklichkeit folgte Hölderlin auf dem Fuße, verlangte gewaltsam, angenommen zu werden, brach in seine von Mal zu Mal höher gesteckte hymnische Welt von allen Seiten her ungestalt ein, um ungestalt in ihr liegen zu bleiben.16®
Es scheint unnütz zu sein, in der Betrachtung von Winklers Ausführungen noch weiter fortzufahren, wenn er dem Dichter die Ausdrucksfähigkeit abspricht. U m sein Versagen im Ausdruck zu beweisen, behauptet der Verfasser: „Die S y n t a x verliert ihre Gesetzhaftigkeit. D e r logische B a u des Satzes zerfällt." 1 7 0 Aber gerade dieses Zerbrechen des logischen Aufbaues, um ihn durch analoge Bezüge zu ersetzen, scheint uns einer der wertvollsten Züge in den großen H y m n e n zu sein. Es ergibt sich bei Winkler aber ein Widerspruch zwischen der Verneinung der dichterischen Gültigkeit und einigen grundsätzlichen Forderungen: Lyrik entspringt, indem sie mehr als nur eine Kunstform ist, aus einer bestimmten geistigen Haltung, die sich, wie bei Hölderlin, eine ganz bestimmte Lebensform schafft.171 167
168 188 170 171
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Eugen Gottlob Winkler, Der späte Hölderlin. In: Dichtungen, Gestalten und Probleme. Nachlaß. Günther Neske-Verlag, Pfullingen 1956. E . G . Winkler, op. cit., S.315. E. G. Winkler, op. cit., S. 320. E. G. Winkler, op. cit., S. 324. E. G. Winkler, op. cit., S. 326.
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Die abweisende Kritik an den letzten Hymnen schlägt parodoxerweise dann in Anerkennung um, als Winkler auf die Lyrik des Wahnsinnes zu sprechen kommt; wir haben der Bemerkung nichts hinzuzufügen, daß sich in den letzten Gedichten Wertvolles und zeitweise Ausdrücke finden, die an die Größe des Dichters gemahnen. Eine Anerkennung der Gedichte aus der Spätzeit den großen Hymnen gegenüber kann uns aber offensichtlich nidit überzeugen; auf alle Fälle wollen wir Winkler selbst anführen: (Er) gebraucht gewöhnlich als einfachste und von außen her auferlegte Form einen jambischen, weniger oft trochäischen Vierzeiler. Doch keiner der Verse ist starr. Ein eigentümlich untergründiger, zarter und spiritueller Rhythmus durchlebt ihr festes Gefüge, umfaßt auch die hin und wieder sich einstellenden Unebenheiten des sprachlichen Ausdrucks und wirkt auf sie ein, als stelle er sie in den Dienst einer besonders gesuchten Genauigkeit. 112
Die Seiten, auf denen sich Winkler mit den Werken aus der Zeit des Wahnsinnes auseinandersetzt, sind an seiner Arbeit bemerkenswert; in diesen Gedichten findet sich eine grundsätzliche Bejahung des Lebens in der dem Menschen aufgetragenen Form, eine eigenartige Geistigkeit durchstrahlt die Naturbilder. Zu einem dieser schreibt der Verfasser: Alttestamentarische und antike Lebensluft kommen in diesen Versen, sich gegenseitig mildernd, zu einer v o m Dichter wohl kaum noch beabsichtigten Mischung zusammen. 173
Kürzlich versuchte noch Häussermann, die Gedichte aus dem Wahnsinn zu deuten174; und obwohl er sie als dem Dichter fernstehend betrachtete, bezog er sie dennoch in das Leben und das Werk Hölderlins mit ein. Die kritische Auseinandersetzung mit diesen Werken, die von 1807—1843 reichen, ist bislang, wie schon bemerkt, mäßig geblieben; gewöhnlich hat man an ihnen drei Punkte beobachtet: das ausgesprochen Formale, das Musikalisch-Rhythmische und die Symbole und Bilder. Beißner fällt bereits das Verdienst zu, auf die formale Vollendung der Gedichte aus der Spätzeit hingewiesen zu haben175, während Dietrich Seckel ihren Rhythmus herausarbeitete und darstellte, wie diese Gedichte im Gegensatz zur Spannung und Herbe der letzten Hymnen aus ebenen und einfachen Reimversen zusammengebaut sind176. Andere bemerkten ihren melodischen Zauber, wieder andere verglichen Trakls erste Gedichte mit den letzten Hölderlins, und Wilhelm Michel sah in ihren Bildern eine symbolische Naturdarstellung und sprach von einer „Einlagerung in einen Frieden, in dem geistiger und irdischer Wert sich vollkommen durchdrin172 173 174
175
176
E. G. Winkler, op. cit., S. 335. E. G. Winkler, op. cit., S. 337. Ulrich Häussermann, Hölderlins späteste Gedichte. In: Germanisch-Romanische Monatsschrift, N . F., Bd. X I , Heft 1, Januar 1961. C.Winter Universitätsverlag - Heidelberg 1961. Friedrich Beißner, Zu den Gedichten der letzten Lebenszeit. In: „Hölderlin-Jahrbuch 1947". Tübingen 1948. Dietrich Seckel, Hölderlins letzte Gedichte. In: Der Schatzgräber, Jg. X I , Heft 2, 1931/32.
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gen" 1 7 7 . Winkler jedoch versuchte zu beweisen 178 , wie man in den letzten Gedichten die Lösung eines Geschickes erkennen könne. Ulrich Häussermann hat sich, wie er es gewohnt ist, an das Wort und an die Einzelinterpretation gehalten und vermeidet Verallgemeinerungen; er führt das Gedicht „Der Winter" an, das mit den Worten Das Feld ist kahl . . .
einsetzt, und setzt sich an Hand des Manuskriptes mit dem Text auseinander. Dabei gelangt er über Feststellungen zum Metrum des Gedichtes, zu den Zäsuren, den Reimen und dem Rhythmus und die Betrachtung der einzelnen Verszeilen zu einer Deutung. Das Gewagte an seiner Auslegung wird durch die Hinweise offenbar, mit denen er nicht nur die anderen Gedichte aus dieser Zeit, sondern auch Elegien wie „Brot und Wein" und Hymnen wie „Patmos" miteinbezieht. Auf Grund der vom Verfasser gegebenen genauen Bestimmungen könnte es an Hand anderer Werke des späten Hölderlin eher gelingen, die Haltung des Dichters, „die tiefe Distanz der Betrachtung" 1 7 9 , zu erläutern, wobei Häussermann hinzusetzt: „Zwischen der Welt der Bilder und ihm, dem Schauenden, liegt immer ein Schleier der Fremdheit." 1 8 0 Die Frage nach den Aufgaben des Dichters, die das gesamte Werk Hölderlins durchzieht, kehrt in diesen letzten Gedichten wieder, und der Forscher entdeckt Übereinstimmungen bei Ausdrücken in diesen Werken mit jenen vorausgegangener; um einige dieser Ausdrücke von äußerster Einfachheit zu erläutern, bezieht sich Häussermann auf die platonische und mystische Überlieferung. Das Leben erscheint dem Dichter als „eine Zeichnung aus der Hand Gottes" 1 8 1 ; Gott kennt alles, die Harmonie und den allumfassenden Frieden, während wir den Wegen folgen und innerhalb der Grenzen bleiben müssen, die er uns auferlegt hat, und an den Frieden glauben, den uns die göttliche H a n d weisen will. Lesen wir nach diesen Erklärungen nochmals eines der kurzen Gedichte aus den letzten Tagen Hölderlins, Die Linien des Lebens sind verschieden . . . ,
dann erscheint es uns in einem ganz neuen Lichte. Einige Worte in diesen letzten Gedichten wie „Weg", „Pfad" oder „Steg" wollen das Schicksal bezeichnen; der Weg ist immer eine „Linie des Lebens", ist dem Menschen vorausbestimmt. „So verbinden sich Nüchternheit und ureinfache Frömmigkeit" 1 8 2 , und „Alles Irdische ist Spiegelung" 183 , meint Häussermann. Seine Beobachtungen und seine Analyse dieser Gedichte des Wahnsinns beweisen es, daß diese späte Lyrik aus Hölderlins Werk nicht ausgeschlossen werden darf Man vgl. von Wilhelm Michel, Das Leben Friedrich Hölderlins, und ferner: Hermann Serz, Betrachtungen über einen Vers. In: Die Sammlung, Jg. II, 1 9 4 7 ; Emil Barth, Georg Trakl. In: Die neue Rundschau, Jg. I I L , 1937. 1 7 8 E. G. Winkler, Der späte Hölderlin, op. cit. 1 7 9 Ulrich Häussermann, Hölderlins späteste Gedichte, op. cit., S. 103. lso Ulrich Häussermann, op. cit., S. 104. 1 8 1 Ulrich Häussermann, op. cit., S. 106. 1 8 2 Ulrich Häussermann, op. cit., S. 106. 183 Ulrich Häussermann, op. cit., S. 107. 177
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und als das zuletzt Erreichte Aufklärung verdient. D e r Deutung gelingt es, die darin ausgedrückte tiefe T r a g i k zu erfassen; und der Forscher geht mit seiner Untersuchung noch weiter, indem er wie üblich die thematische Bedeutung einiger W o r t e wie „ K l a g e " , „weilen" u. a. hervorhebt. Die letzte Zeile dieser Gedichte birgt für gewöhnlich ihren reinsten K e r n , „und diese Krönung ist ein Einmünden in das Schweigen, den Frieden und den Geist" 1 8 4 . Während wir die Gültigkeit der Ausführungen von Häussermann anerkennen, möchten wir bemerken, daß gerade in Hinblick auf diese letzten Gedichte von Hölderlin eine Gegenüberstellung mit der dem Dichter vorausgegangenen T r a dition und mit dem Stil der L y r i k zu Beginn des 18. Jahrhunderts nützlich wäre, der sich hierin vielleicht spiegelt, vom geheimnisvollen Versinken eines Sternes erleuchtet, der den Vers und die herkömmlichen Themen zu etwas ganz Neuem emporgeführt hat. * D i e Gegenüberstellung mit anderen Dichtern, die ihm in gewisser Hinsicht ähneln, kann für die Deutung eines Dichters von Nutzen sein; und der Vergleich oder die Gegenüberstellung, hoch geschätzt in der traditionellen Rhetorik, kann als Arbeitsweise auch von der modernen Forschung anerkannt werden, so lange man nicht übersieht, daß letztlich jeder Dichter auf seine Weise einmalig und unvergleichbar ist. I n einer sogenannten Geschichte der literarischen Gattungen lassen sich die Ähnlichkeiten leicht hervorkehren, weil man darin eine Dichtungsart nach ihrer äußeren Erscheinung betrachtet und ihre Entwicklung und ihre Stetigkeit voraussetzt. W i r wollen hier nicht auf die Frage eingehen, ob man literarische Gattungen zu Recht unterscheidet und welcher W e r t einer Gattungsgeschichte zukommt; es genüge die Feststellung, daß eine auf die literarischen Gattungen bauende Forschung notwendigerweise formalistisch sein muß. Oskar Fäh versucht in seiner Arbeit über Klopstock und Hölderlin, den von Klopstocks Odenstrophe und seiner Sprache auf die Odenform bei Hölderlin ausgeübten Einfluß zu erklären 1 8 5 ; mehr als um eine Stil-Forschung handelt es sich in diesem Falle um die von einer literarischen Gattung angenommenen Formen. Eudo C. Mason entwickelte hingegen einen umfangreichen Sprachvergleich zwischen Hölderlin und Novalis 1 8 6 . E r greift dieses T h e m a auf, um Beziehungen und Ähnlichkeiten nachzuspüren, und beschäftigt sich wiederum mit der Frage, ob Hölderlin zur deutschen R o m a n t i k oder zur Klassik gehöre. M a n könnte darauf hinweisen, daß derartige Betrachtungen von vornherein dazu bestimmt sind, im Ungewissen zu verbleiben; Mason übernimmt die Fragestellung aus H a y m s großer geschichtlicher Darstellung der romantischen Schule, ohne zu bedenken, daß diese 1870 geschrieben worden war. V o r einem guten J a h r z e h n t veranlaßt« die sprachliche Ähnlichkeit zwischen Hölderlin und Novalis audi H a n s Peter Jaeger, diesbezüg184 185 1M
Ulrich Häussermann, op. cit., S. 117. Oskar Fäh, Klopstock und Hölderlin: Grenzen der Odenstrophe. Schaffhausen 1952. Eudo C. Mason, Hölderlin und Novalis. Einige Überlegungen. In: „Hölderlin-Jahrbuch" 1958/60.
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lidie Untersuchungen anzustellen, von denen wir schon gesprochen haben; Balthasar wiederum führte seinerseits die Beziehungen zwischen Novalis und Hölderlin auf einen Zwist und eine Verschiedenheit zurück, die er in dem Bilde vom Reiche eines Kindes, das sich gegen die Herrschaft des Jugendlichen anstemmt, zusammenfaßte. Jaeger hingegen sprach von „Intensität und Extensität", „Verdichtung und Verflüchtigung" 187 . Die beiden Dichter begegneten einander Ende Mai 1775 in Jena; alle beide hatten sich zu Beginn Schiller zum Vorbild gewählt. Hölderlin nahm die Bedeutung der Romantik nicht wahr und stand ihr innerlich fern, während er seine idealen Bande zum „Sturm und Drang" aufrecht erhielt. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, wie Mason nachweist, daß Hölderlin Goethe vor der italienischen Reise mehr verehrte als den reifen Dichter. Derartige Urteile Masons beruhen vielleicht auf einer übertriebenen Auslegung, doch kann man diesen eher beipflichten als etwa seinen Versuchen, die Religiosität Hölderlins der von Novalis anzunähern oder dem Vorschlag, die Gefühlsweise, das Liebeserleben oder die Erfahrungen der beiden Dichter einander gleichzusetzen. Wo sich Ähnlichkeiten entdecken lassen, sind sie auf die gleiche Zeit zurückzuführen. Die Arbeit von Armin Renker, der Maurice de Guérin und Friedrich Hölderlin188 miteinander vergleicht, wurde auf Anregung Beißners auch deswegen geschrieben, weil sich noch keine andere kritische Untersuchung mit dem Verhältnis zwischen diesen beiden Dichtern beschäftigt hatte. Dabei muß man sich aber fragen, von welcher Art hier eine Beziehung sein kann, wo die Ausdrucksweise so grundverschieden ist. An Gemeinsamem verbindet die beiden Dichter doch nur die formale Klassizität Guérins, die ihn Chénier und dem Neoklassizismus annähert, während seine Anregung grundlegend romantisch ist. Auch Renkers Darstellung, die Teile aus dem „Journal" von Guérin Briefstellen Hölderlins gegenüberstellt, beweist eher die Verschiedenheit der beiden als eine Ähnlichkeit; und die etwas kränkelnde Delikatesse von Guérins Psychologie kann wahrlich nicht in die Nähe von Hölderlins Erlebnisdichte und seiner umfassenden Weltschau gerächt werden, die gleichzeitig das Phantastische und das Reale umschließt. Der Hinweis auf beiden gemeinsame Themen bleibt äußerlich; zum Beweis sei auf einen Vergleich zwischen den gemeißelten Bildern Guérins und Hölderlins Chiron-Gestalt in der Ode gleichen Namens hingewiesen. Die Reinheit von Maurice de Guérins Stimme gleicht dem hellen Murmeln einer Quelle, doch daraus konnte niemals das überschäumende Leben werden, das Hölderlins Dichtung durchströmt; und wenn Hölderlins Werk von einer dichten Problematik erfüllt ist, was sich im Umfang der Dichtungen spiegelt, so fehlt dem Worte Guérins alles Problematische und damit jeglicher Zauber. Erinnern wir uns seiner Worte: 187
188
Man vgl. Eudo C. Mason, op. cit., S. 75, und ferner: H a n s - U r s von Balthasar, Prometheus. N o v a l i s — Das Reich des Kindes — Hölderlin. D a s Reich des Jünglings. Heidelberg 1947. Armin Renker, La cité intérieure: Maurice de Guérin und Friedrich Hölderlin. HerbertPost-Presse, München 1960.
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Vous savez ce que j'aime dans ma pensée, sous quelles préoccupations je me plais à placer mon esprit: la vie étendue sous les campagnes, des sens tirés au gré de ma fantaisie du nombre infini des apparences, des rapports menés d'un sujet à l'autre non par raisonnement mais par le caprice ou je ne sais quel instinct, enfin, comme ce berger qui voyait les eaux courir dans l'épaisseur du sol comme il eût fait à travers le cristal le plus pur, mon imagination est attentive à mille scènes qui se passent sous l'impénétrabilité de la matière.18*
Ernstere und umfangreichere Betrachtungen fordert das Buch von Herbert Singer über „Rilke und Hölderlin" 180 , ein beeindruckendes Werk der jüngsten HölderlinForschung. Wie wir schon bemerkt haben, ist auch das Thema der gegenseitigen Beeinflussungen ein Liebkind der Rhetorik; darum müssen wir uns davon überzeugen, daß dieses Thema nicht richtig gestellt ist: Wenn der Einfluß nämlich äußerlich ist, dann ist er nicht stark genug und verleitet zu dichterischen Irrtümern; ist er aber tief und innerlich, dann wird er zu einem Grundzuge der Entwicklung des Dichters und gehört somit zur Geschichte seines Lebens, geht er in der neuen Dichterpersönlichkeit auf. Es wäre sehr wichtig gewesen darzustellen, welchen Anteil die Kenntnis von Hölderlins Dichtungen an der Ausformung einiger der grundlegenden dichterischen Themen Rilkes in seiner letzten Entwicklung und daher an seinem höchsten Werke hatte. Das wäre bei einer umfassenden Gegenüberstellung der Welt und der Thematik der beiden Dichter möglich gewesen. In Singers Ausführungen finden sich ein unbeabsichtigter Positivismus und eine „Wissenschaftlichkeit", die seinem Vorhaben nicht nützen; es genüge, seine Feststellung anzuführen: Es ist einer der Leitsätze, die den Gang dieser Untersuchungen bestimmen, daß eine wissenschaftliche Darstellung sich in erster Linie weder an Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen des Lesers noch an seine ästhetischen oder weltanschaulichen Grundsätze zu wenden habe, sondern allein an seine nüchterne Einsicht.191
Ohne auf diese Grundsätze eingehen zu wollen, bemerkt man, daß Singer aus ihnen wieder einmal eine Unterscheidung zwischen formalen und inhaltlichen Fragen, zwischen „primärer und sekundärer Wirkung" ableitet, was der Verfahrensweise ganz sicher nicht dienlich ist; wir möchten behaupten, daß für eine Ergründung des Dichterischen in einem Literaturwerk ein derartiger wissenschaftlicher Positivismus wirkungslos und unangebracht und daß es offensichtlich ist, daß bei einer Untersuchung über Hölderlin und Rilke eben nur das Dichterische zählen kann. Rilkes „Bildungsgeschichte" überzeugt in der Form nicht, in der sie hier geboten wird, weil die Unmenge erwähnter Namen die unwidersprochen vorhandene Einheitlichkeit von Rilkes dichterischer Persönlichkeit keineswegs erläutert. Wo sich die Darstellung jedoch damit zufrieden gibt, Geschehenes objektiv zu berichten, gelangt sie zu brauchbaren Ergebnissen und vermittelt sie neue Erkenntnisse. Nicht anders liegt der Wert der Betrachtungen im zweiten Kapitel, „Rilkes Auseinandersetzung mit Hölderlin", auf der Betonung einiger Verhaltensweisen, mit denen 189 190 1,1
Das Zitat findet sich bei Armin Renker, op. cit., S. 24. Herbert Singer, Rilke und Hölderlin. Böhlau-Verlag, Köln und Graz 1957. Herbert Singer, op. cit., S. 2.
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Rilke die Vorschläge erwidert, die Hölderlins Diditung in ihm angeregt hatte; und man muß dem beistimmen, was Singer sagt: Trotz der Unbeständigkeit des Irdischen, gerade durch ihre Bejahung, ist eine dichterische Existenz möglich, und Hölderlin ist die Gewähr dafür. 1 9 2
Diese von Rilke Hölderlins Erlebnis gewährte Beglaubigung ist wesentlich, denn Rilke hatte sich von Anbeginn seines Schaffens die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Dichter und der Dichtung, also zwischen dem Dichter und dem Göttlichen als dem Anregenden in der Diditung gestellt, dem Göttlichen, das vom Dichter entgegengenommen wird, weil es im Wort seinen Ausdruck findet. Das Verhältnis zu Hölderlin liegt auf der H a n d ; und mit Recht erläutert Singer die Verschiedenheit des Verfahrens. Es wäre möglich, sich Rilke als einen Epigonen Hölderlins vorzustellen, doch müßte man — wie dies ja auch Singer tut — auf dem Unterschied zwischen der vertieften Subjektivität bei Rilke und der völligen Hinwendung an das Objektive bei Hölderlin beharren. Daher ist auch die Deutung des Göttlichen verschieden, dem man sich von entgegengesetzten Seiten nähert: Hölderlin nimmt die deutsche Klassik mit ihrer Vorstellung von der Natur als etwas Heiligem zum Ausgangspunkt, Rilke bezieht sich auf die romantische Subjektivität; und an diesem Punkte muß die Frage nach dem Erbe der Romantik von Novalis bis zu Hofmannsthal im Ausdruck Rilkes berücksichtigt werden. Dieser Unterschied wird noch durch die verschiedene Deutung des Mythos und durch die verschiedenen Aufgaben der Analogie bestätigt. Singer versucht, den Mythos zu definieren; die Absicht muß gelobt werden, weil man es dadurch verhindert, mit unklaren Begriffen zu arbeiten. Ohne uns weiter mit der Definition zu befassen, können wir der Behauptung beipflichten, daß sich im Mythos-Begriff nicht nur ein religiöses Erlebnis und dessen Inhalte oder Gründe ausdrücken, sondern mit ihm auch die wesentlichen Mächte der Natur, Sonne und Meer, und des Menschenlebens, Schicksal und Tod, umfaßt werden, die sich nicht im Erlebnis eines Einzelnen, sondern in der Erfahrung einer Gemeinschaft verkörpern; und Singer bemerkt: „wo das Erlebnis eines einzelnen ausgesagt ist, entsteht kein Mythos" 1 9 3 . Deshalb also, weil Rilkes Erlebnis grundlegend subjektiv ist, erhebt es sich nicht zu einem Mythos, wie man andererseits nach einer treffenden Beobachtung des Verfassers auch im Falle Hölderlins nicht von einem Mythos, sondern eher von einer Metapher sprechen sollte. Wir können aber nicht den Folgerungen zustimmen, die der Forscher aus diesen Voraussetzungen zieht, und zwar: „die Preisung des Kriegsgotts" in Rilkes Gedichten als „eine echte Mythenschöpfung" zur Verherrlichung des Ersten Weltkrieges anzusehen; jedenfalls ist dies die einzige Stelle, wo Rilke ein „gemeinsames Erlebnis seiner Zeit" 1 9 4 aufgreift; es handelt sich höchstens um eine mittelmäßige und allgemein gehaltene Allegorie und sicherlich um keinen Mythos. 192 193 184
Herbert Singer, op. cit., S. 43. Herbert Singer, op. cit., S. 56. Herbert Singer, op. cit., S. 56.
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Wir müssen wieder einmal von der Methode sprechen und stoßen hierbei auf eine neue Bestätigung der Unmöglichkeit und des geringen Wertes solcher Vergleiche zwischen zwei Dichtern. Jeder Dichter ist eine Welt für sich, in sidi abgeschlossen und festgelegt; jeder Zug in dieser Welt ist auf die Gesamtheit seines Erlebens abgestimmt und kann nicht herausgelöst werden. Das einzige, was man vergleichen kann, sind einzelne Erlebnisse, einzelne Dichtwerke, die als abgeschlossene Welten angesehen werden müssen, die sich aber nichtsdestoweniger miteinander teilweise decken können. Mit seiner Feststellung, daß einer der Grundzüge von Rilkes dichterischem Schaffen darin liegt, daß er in seinen Werken keinen gedanklichen Inhalt gestattet, bestätigt Singer unsere Beobachtungen; wenn auch der Versuch gelingen könnte, eine mythische Welt Hölderlins aufzubauen, so wäre das deshalb im Falle Rilkes immer noch unmöglich, für den seine existenzielle Lage jeweils das Thema der Dichtung ist. Weder der Gedanke, noch der Mythos, sondern das Bild ist der Kern, um den sich bei Rilke das Dichtwerk rankt; und die mannigfaltigsten Bilder werden zu Vokabeln, mit denen er sein Erleben ausdrückt: E r ist immerfort auf der Suche nach solchen Vokabeln, nie nach gedanklichen Inhalten . . . Vom Erlebnis über das Bild zum Symbol — das ist der Weg der Verwandlung, den diese Dichtung beschreitet, ein Weg und vielleicht die via regia der Dichtung überhaupt. 195
Diese Beobachtung trifft zu und sie könnte dazu dienen, die in ihrem Wesen subjektive Dichtung (die deshalb in der Überlieferung der Romantik steht) vom Werke Hölderlins zu scheiden, für den nur der Bezug auf Pindar und auf den Gipfel der deutschen Klassik Bedeutung hat. Singer bemerkt, daß in Rilke in den Jahren, die er in der Schweiz verbrachte, durdi Hölderlins Einfluß einige Gedanken lebendig waren, die er aufnahm und verwandelte; das offenbart sich besonders in der Achten Elegie. Diese Elegie, die zu den am schwierigsten zu deutenden gehört, hat „die Frage nach dem Sein des Menschen schlechthin . . ." 196 zu ihrem Thema gewählt; während sich die anderen Elegien um die Liebenden, die Helden oder den Dichter drehen und immer wieder auf ein Selbstgespräch des Dichters zurückgehen, stellt die Achte Elegie ganz allgemein den Menschen dem Tiere gegenüber. Es scheint eigenartig, daß Singer gerade in dieser Elegie eine Beziehung zu Hölderlin fände; dabei vergleicht er die vollkommene Naturzugehörigkeit des kleinen Geschöpfes, des Insekts, bei Rilke mit der spontanen Vereinigung des Menschen mit der Natur, von der Hölderlin, durch Rousseau angeregt, spricht: dem Zustande der Vollkommenheit, von dem der Mensch anfänglich ausgeht, um über die Entfernung aus der Natur neuerdings ganz mit ihr vereint zu werden, wobei er sich nun aber seiner eigenen Entwicklung und seiner Zugehörigkeit zur göttlichen Natur bewußt ist. Singer muß sich, um die Achte Elegie Rilkes zu erläutern, auf die Fragmente von Alfred Schuler beziehen oder auf Kaßner, der in einer seiner dem Dichter gewidmeten Arbeiten 195 196
Herbert Singer, op. cit., S. 66. Herbert Singer, op. cit., S. 67.
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Einspruch dagegen erhob, daß Rilke dem geringen Geschöpf und dem Insekt Glücklichkeit beimaß. Man könnte sagen, daß sich gerade in dieser Verherrlichung der Glückseligkeit des Insektes nicht eine Ähnlichkeit, sondern der größte Gegensatz zu Hölderlin ausdrückt; es genüge, auf Hölderlins Worte hinzuweisen, die Singer anführt: „Wir reißen uns los vom friedlichen sv Kai itav der Welt, um es herzustellen, durch uns selbst." 187 Wichtig ist es jedoch, daran zu erinnern, daß Singer aus dem Vergleiche zwischen der Achten Elegie Rilkes und einem der bedeutendsten Gedichte Hölderlins aus der Frankfurter Zeit, „Der Mensch", einen grundsätzlichen Wandel in Rilkes Schau ableitet. E r schreibt: An die Stelle des am Rande des Bodenlosen ausgesetzten Menschen, der in Grenzsituationen sich vollziehenden Existenz, wie Rilke sie in Malte Laurids gestaltet hat, ist der Mensch als göttliche Mitte und Einheit getreten. Diese Wandlung, von der noch zu reden sein wird, ist durch Hölderlins Weltsicht wenn nicht bewirkt, so mindestens gelenkt und gefördert worden. 1 8 8
Tatsächlich hat auch Kaßner in seiner Arbeit über Rilke, auf die sich Singer beruft 188 , ausdrücklich bestätigt, daß er mit Rilke Gespräche über Hölderlin geführt habe und der Dichter durch die Erkenntnis der Aufgabe, die Erhabenheit in einem Werke zu verwirklichen, gedanklich Hölderlin nahegerückt sei; und Kaßner selbst führt in diesem Zusammenhange die Achte Elegie und sein Motto an, unter das Rilke das Gedicht „Wendung" stellte: „der Weg von der Innigkeit zur Größe geht durch das Opfer." 2 0 0 Die zwei bedeutsamsten Kapitel in Singers Buch tragen die Überschriften „Stilistische Wirkungen" und „Hölderlin und die Welt des späten Rilke". Im ersten von diesen erarbeitet der Verfasser eine zusammenhängende Darstellung von der Entwicklung des Stiles und der grundsätzlichen Themen in Rilkes letzter Periode. Wir meinen, daß eine Übertragung der Poetik und der Ausdrucksmittel des einen Dichters auf einen anderen äußerst fragwürdig ist, wenn es sich nicht einfach um einen Epigonen handelt, was man von Rilke ganz sicherlich nicht behaupten kann. Einige Beobachtungen sind aber doch wertvoll, so z. B. der Hinweis, daß sich Rilke niemals die stilistischen Anregungen des „Hyperion" aneignete, sondern nach seinem Vorbilde Valéry die beiden Gattungen Prosa und Poesie schärfstens auseinanderhielt. Hölderlins Beispiel folgte er jedoch in der Lyrik; und Singer meint, daß „ihm als Vorbild wirklich das elegische Distichon vorschwebte und ein elegischer Hexameter in der Art des Archipelagus.. ." 201 . In diesem Zusammenhange zählt es zu den bemerkenswerten Ergebnissen von Singers Arbeit, daß er hervorgehoben hat, wie Rilke die Ausdrucksmittel nicht nur von Hölderlin, sondern von Klopstock übernahm. Den Beweis für die Gültigkeit von Hölderlins Beispiel 187 188 189
100 201
Herbert Singer, Herbert Singer, Rudolf Kaßner, 1956. Herbert Singer, Herbert Singer,
op. cit., S. 76. op. cit., S. 78. Rainer Maria Rilke — Wie ich ihn sah. In: Die Zeit, 27. Dezember op. cit., S. 75 und S. 78. op. cit., S. 83.
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für Rilke sieht Singer im Wandel seines Stiles nadi 1912, als er sich „eine neue Art der Wortfügung" 2 0 2 aneignete. Schon seit 1911 hat Hellingrath auf die Wichtigkeit der „harten Fügung" bei Hölderlin hingewiesen; der auf Rilke ausgeübte Einfluß kann daher genauer bestimmt werden. Singer bemerkt: während bei Hölderlin ebenso wie bei Rilke die Tendenz zur Verkürzung und Verdichtung zu beobachten ist, bildet die harte Fügung bei Klopstock viel eher ein Mittel, seinen Stil zu festigen. 203
Nach unserer Meinung war das auch Rilkes Anliegen, der zunächst in den neuen Gedichten das ihm von Rodin gegebene Beispiel der Festlegung einer Schau befolgt hatte. Der neue Stil, die „harte Fügung", bot Rilke nicht nur eine Möglichkeit, den thematischen Wert einiger Wörter zu betonen, sondern auch dem Worte Beständigkeit und ein Gewicht zu verleihen, das dem melodischen Strom gegenübertritt, der durch Rilkes Verse fließt, eine Möglichkeit also, die Schau zu festigen und vor einem Aufgehen in Musik zu bewahren. Wieder einmal kann uns ein Vergleich zwisdien Hölderlin und Rilke nicht davon abhalten, die grundsätzliche Unvereinbarkeit ihres Ausdruckes hervorzuheben, auch wenn wir Singers Feststellung bejahen können: Alle Formen der Inversion weisen auf Hölderlin-Einfluß hin. Dagegen ist die Unterbrechung des Satzes durch einfache Interjektionen eine Eigenart Klopstodss; sie ist bei Rilke nicht sehr häufig . . . 2 0 4
Es stimmt, daß Rilke nie so Kühnes wagte wie Hölderlin, als er die grammatikalische Ordnung der Sätze vollkommen auflöste, um sie den Gesetzen der Spannung und des Rhythmus zu unterwerfen; aber auch Rilke neigt dazu, sich von einer streng grammatikalischen Reihenfolge zu lösen: Zuweilen zerbricht auch die Intensität der Aussage bei Rilke das Gefüge des Satzes, und atemlos hervorgestoßene Einzelworte bleiben . . , 205
Diesem Zerbrechen der Sätze steht jedoch das Bestreben gegenüber, mittels der Wiederholung desselben Wortes das gedankliche Band zu festigen; und Singer beobachtet, daß ganze Gedichte Rilkes beherrscht werden von Grundworten . . ., um die sich die Verse gruppieren, oder die wie ein durch viele Verse durchgehaltener Orgelpunkt unter dem Geflecht der Motive und Themen von Zeit zu Zeit hörbar werden. 206
Der Wiederholung kommt hier jene tragende Aufgabe zu, die für Rilkes Stil bezeichnend ist. Andererseits bestimmt die „harte Fügung" grundsätzlich den Rhythmus, so daß man ihn mit dem Hölderlins vergleichen kann. Bei einer Betrachtung der Elegien läßt sich feststellen, daß sich der Rhythmus von den ersten, 202 203 204 205 200
Herbert Herbert Herbert Herbert Herbert
Singer, Singer, Singer, Singer, Singer,
op. op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit., cit.,
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91. 93. 97. 99. 102.
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die in das Jahr 1912 zurückreidien, bis zu den zehn Jahre jüngeren letzten verstärkt und ausprägt, ja daß er auch „härter" wird: „allmählich wird der Rhythmus schwerer, strömender, die Daktylen werden stärker belastet und verlieren das leicht Dahineilende" 207 . Eine Weise, auf die man den Rhythmus unterstreichen kann, ist das sogenannte Enjambement, von dem Rilke wie Hölderlin wiederholt Gebrauch machen; Rilkes stilistische Entwicklung geht aber auch über die Ausdrucksweise und den Rhythmus der Elegie hinaus: Die V. Elegie ist schon in ganz freien Rhythmen geschrieben; sie stellt die letzte Vollendung des elegisch-hymnisdien Stils dar, und ihre Schlußstrophe kann als repräsentatives Beispiel dienen, das die meisten der besprochenen Einzelmerkmale in einem größeren Zusammenhang vereinigt und ihre Wirkung und Bedeutung erkennen läßt.««»
In den „Sonetten an Orpheus" wandelt sich der neue, von Rilke erreichte Stil wiederum — vielleicht unter dem Einfluß der französischen Dichtung — und in seinen letzten Gedichten finden sich weder die .Ausdrucksmittel der „harten Fügung", noch das Enjambement, ja nicht einmal mehr die heftige Dynamik. Zweifellos war es Rilke nur über die Anwendung jener von Hölderlin übernommenen Ausdrucksmittel, die alle von der „harten Fügung" bestimmt werden, möglich gewesen, die Sprache in den letzten Gedichten neu zu meistern und sich ihrer unbeschränkt zu bedienen. Das Kapitel über „Hölderlin und die Welt des späten Rilke" ist nicht nur das abschließende, sondern auch das wertvollste; darin werden die beiden Dichtern gemeinsamen Thesen und ihre verschiedene Haltung herausgearbeitet. Singer geht von einer Betrachtung des schrankenlosen Subjektivismus bei Rilke aus, in dem der Dichter die gesamte Wirklichkeit, Menschen und Dinge, Gedanken und Erlebnisse auf sich selbst bezieht: „Für Rilke ist er selbst, sofern er Dichter ist, seine eigene dichterische Existenz, das Maß aller Dinge." 209 Hier ergibt sich in Hinblick auf eine Äußerung des Dichters die Frage nach der Konzentration Rilkes, der einmal gesagt hat, daß ein Dichter, wenn er „die lebendige Mitte seiner Betätigung" gefunden habe, sidi an sie halten müsse; sie sei die Mitte seiner Welt, von ihr habe er „nie weiter fortzugehen, als bis an die Innenwand seiner still und stetig hinausgetriebenen Leistung"210. Singer sdiließt daraus, daß Rilke auf diese Weise niemals wahrhaftig eine „allgemeine Weltmitte" gefunden habe, der er Maß und Richtung entnahm, „sondern er hat seine eigene Mitte zur Weltmitte gemacht"211. Das ist der wesentliche Punkt in Singers Rilke-Interpretation; er erklärt, daß sich diese Vorstellung einer „Mitte" nicht von Hölderlin herleitet; man könnte darauf hinweisen, daß sie von Kaßner stammt. Mit diesem Gedanken ist in der gesamten deutschen Klassik ein anderer verbunden, den das Wort „Stille" aus207 208 209 210 211
Herbert Herbert Herbert Herbert Herbert
Singer, Singer, Singer, Singer, Singer,
op. op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S. S.
107. 114. 119. 121. 121.
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drückt; es kommt aus dem Pietismus und hatte für die humanistische Einstellung der Klassik von Winckelmann bis Hölderlin grundsätzliche Bedeutung — und R i l k e nimmt es wieder auf. Singer führt einen recht bedeutsamen Brief vom 15. J ä n n e r 1920 an, in dem der Dichter unter anderem schrieb: s o l c h e Stille, sdieint mir, müßt idi ein Jahr lang um mich haben dürfen, um mich selber wieder zu vernehmen, und in meiner Mitte jene kleine Quelle der Erneuerung, die das Geheimnis jedes Lebens ist, und die solange übertönt und getrübt war!212
U n d Singer fügt hinzu, daß der Weg, der R i l k e zur Vollendung der Elegien führen konnte, in diesem Augenblicke mit der Erfahrung der Stille und der zu ihr gehörenden inneren Sammlung beginnt. Ein ähnlicher Begriff ist die „ I n n i g k e i t " ; sie gehört in den „ H e r z r a u m " , in dem die Dinge angenommen werden und wo wir sie uns wahrlich aneignen. Audi die Vorstellung des „Heilens", die bei Hölderlin ebenfalls nicht aufscheint, stammt von Rilke. V o n diesem Punkte aus könnte man Rilkes Beziehungen zur Welt der Antike untersuchen und den Wert, den er einer orphischen Erneuerung beimaß; es ergäben sich hier eher Verbindungslinien zu Bachofen, K a ß n e r und Hofmannsthal als zu Goethe und Hölderlin. D i e Frage nach dem Verhältnis des späten R i l k e zu Hölderlin richtet sich immer mehr auf die Vorstellungen der beiden Dichter v o m Heiligen und schließlich auf ihre Deutung der Aufgabe des Dichters. Zweifellos ist es ein Verdienst Singers, der zu diesem Zwecke die neueste Rilke-Forschung verfolgt, auf die Notwendigkeit hingewiesen zu haben, sich bei R i l k e von der Annahme eines Mystizismus oder einer Religiosität zu befreien; wenn Religion den Glauben an unbezweifelbare Wahrheiten und die Verehrung transzendenter Wesen sowie den Gehorsam ihren Gesetzen gegenüber bedeutet, dann muß man R i l k e vielmehr areligiös nennen. R i l k e steht nicht nur außerhalb jeder Kirche und des Christentumes, sondern ist jeglicher religiösen Gemeinschaft fremd: „er gehört überhaupt zu keiner Mitte, weil er selbst Mitte ist" 2 1 3 ; G o t t besteht für ihn nur als eine Forderung und als ein imaginäres Ziel für den Impuls des Herzens; der Mensch hat G o t t geschaffen und er schöpft, wie R i l k e auch in einem Briefe des Jahres 1910 wiederholt: Oh que je me sais ce matin loin de ces avares qui, avant de prier, demandent si Dieu existe. S'il n'est plus ou pas encore: qu'importe. Ce sera ma prière qui le fera, car elle est toute création telle qu'elle s'élance vers les cieux. E t si le Dieu qu'elle projette hors de soi ne persiste point: tant mieux; on le fera de nouveau, et il sera moins usé dans l'éternité. 214
W i r stehen somit vor einer vollkommenen Verneinung jeglicher Transzendenz, und wenn audi das Erlebnis religiös erscheint, „als tremendum und fascinosum, die Merkmale des religiösen Erlebnisses ( a n n i m m t , ) . . . es ist ein Narzißerlebnis" 2 1 5 . 212 213 214
115
Das Zitat findet sich bei Herbert Singer, op. cit., S. 124 f. Herbert Singer, op. cit., S. 129. R . M. Rilke, Lettres à une amie vénitienne, n° 24, Verona, 5. Jänner 1910; zitiert nach Herbert Singer, op. cit., S. 130. Herbert Singer, op. cit., S. 131.
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So stellt er sich auch die Engel vor, nicht bildlich, sondern als Kräfte, die den Dichter durchdringen und in den Elegien den Tod herbeiführen können. In Rilkes Werk finden sich Anklänge an die religiöse und mythische Welt Hölderlins; doch wann immer man sich der Vorstellung eines radikalen Subjektivismus bei Rilke besinnt, dann genügt dies, um die Grenze zwischen den beiden Erlebniswelten zu ziehen. Für Rilke ist Gott durch und durch Orpheus, der Gott der Lieder, während sich Hölderlin nach einer Rüdekehr der Götter sehnt, nach einer neuen Heiligung des Menschlichen, nach der neuen Kirche. Für Rilke kann da« Ereignis nur „die Vereinigung des wartenden, arbeitenden, von ungestalteten inneren Bildern erfüllten Dichters mit dem Engel der schöpferischen Inspiration" 2 1 6 sein; der Engel ist eine Objektivierung der eigenen dichterischen Schöpferkraft. Die Auslegung von Hölderlins Religion ist bei Rilke, in welch engen Grenzen er sie auch durchführt, ein Vorwand, um die dichterische Forderung zu bestätigen: es gibt auch bei Rilke nichts, was Hölderlins Geistes-Begriff entspräche; und wenn Hölderlin an objektive religiöse Wirklichkeiten glaubt, so erkennt Rilke diese Wirklichkeit in seiner eigenen Seele; wir können sagen, daß er das Objektive in Subjektives verkehrt. Singer schließt seine Behandlung mit einer Gegenüberstellung der verschiedenen Vorstellungen, die Hölderlin und Rilke von der Aufgabe des Dichters haben. Mit Entschiedenheit behauptet Singer von Rilke: wenn die Formen des Göttlichen nur Bildwerdungen von Kräften der Dichterseele sind und auf sie als auf ihren Ursprung und ihre Mitte bezogen sind, so werden sie ihre volle Bedeutung erst vom Dichter her bekommen. 217
Wir müssen diese Feststellung als richtig anerkennen; sie trennt Rilke von Hölderlin und schließt von seiner Welt jene „Hybris" aus, die für Hölderlin so grundlegend ist. Bei Hölderlin ist der Dichter gleichzeitig „Mitte und Mittler", sagt Singer: „er verwandelt und beseelt die Welt, er versammelt die Dinge um sich; und gleichzeitig steht er als Mittler zwischen Menschen und Göttern." 2 1 8 Auch Rilke schreibt dem Dichter eine ausgleichende und vermittelnde Aufgabe zu, doch liegt sie außerhalb jeder Gemeinschaft, ist sie von allen Bindungen gelöst, so daß man nicht mehr sagen könnte, der Dichter stünde zwischen den Göttern und den Sterblichen; er ist vielmehr völlig auf sich selbst gestellt, seine Einsamkeit ist ihm eine Notwendigkeit. Und insofern, als er aus sich und für sich schöpft, kann er den anderen ein Vorbild sein, doch nicht durch die Verkündung irgendeines Gesetzes, sondern durch seine Erfahrung. Ihm steht es nicht zu, der Mittler zwischen den Menschen und den Göttern zu sein, sondern die Wirklichkeit in sich aufzunehmen und zu verwandeln: „Nicht Vermittlung, sondern Verwandlung ist seine Aufgabe." 2 1 9 Wenn die Wirklichkeit nun so aufgenommen und anverwandelt worden ist, dann kann es des Dichters Aufgabe sein, diese Wirklichkeit zu feiern; und die Feier ist ein Mittel zur Verwandlung der Wirklichkeit. Man braucht auch 218 217 218 219
Herbert Herbert Herbert Herbert
Singer, Singer, Singer, Singer,
op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S.
138. 144. 148. 149.
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auf keiner Ähnlichkeit zwischen den Vorstellungen der beiden Dichter von ihren Aufgaben zu bestehen: Hölderlin sieht sie in einem Feiern der Götter, „Rilke rühmt nur ,das Einfache', die schlichten Dinge: aber er r ü h m t sie, er sagt sie so, wie sie selber ,niemals innig meinten zu sein'."220 Die Feier ist eine Verwandlung der Wirklichkeit auf das Gebiet der Seele des Dichters, der an das objektive Vorhandensein des Göttlichen nidit glaubt. Als eine Art Bemerkung oder Erläuterung zu Singers Ausführungen wollen wir uns aber fragen, ob sich der Gegensatz zwischen den beiden Dichtern nicht gerade in dieser Unterscheidung in eine Ähnlichkeit auflöst. Hölderlins Idealismus gelangt zu einer objektiven Bejahung des Göttlichen als Natur und Idee; alle Vergleiche zwischen Hölderlins Größe und den Grenzen, innerhalb deren sich das Lob Rilkes als Diditer erschöpfen muß, außer adit lassend, können wir nur wiederholen, daß auch die Anerkennung eines absoluten Wertes des Subjektes und somit die Annahme einer inneren Wirklichkeit im Subjekt ein Weg zur Bejahung des Absoluten ist. Die neueste Forschung — und mit ihr Singer — spricht dem Mystizismus bei Rilke den Wert ab, berücksichtigt aber nicht, daß sich für Rilke gerade durch den Ausschluß jeglicher Transzendenz und durch die Konzentration auf das Subjekt ein mystischer Weg öffnet, und zwar, wenn wir es so wollen, der Weg der „theologia negativa". Singer schreibt: Bei Rilke ist nun dieser Weg der Verinnerlichung, der zugleich der der Entwirklichung der Außenwelt ist, fast zu Ende gegangen. Von der Außenwelt ist nur noch das Einzelding, das individuum ineffabile geblieben. Alle objektiven Ordnungen, alle Sinnstrukturen sind in das Bewußtsein zurückgenommen — nicht in ein transzendentales Bewußtsein, sondern in das ,Herz', das Zentrum der Personeinheit des Einzelnen. 221
Die Einmaligkeit überschreitet aber sich selbst, wenn sie absoluten Wert annimmt; man muß daher, nach unserer Meinung, für die Deutung von Rilkes Religiosität ein anderes Maß finden: die Überlieferung der Romantik und die Betonung der Ähnlichkeit mit der buddhistischen Mystik. So gesehen geht die dichterische und religiöse Erfahrung Rilkes einigen philosophischen Gedanken der Gegenwart voraus, und zwar nicht nur der Phänomenologie und dem Existenzialismus; und derartige Hinweise bestätigen die Zusammenhänge zwischen der Erfahrung des Dichters und der Geschichte und damit die Gültigkeit des dichterischen Erlebnisses. Singer konnte zu derartigen Ergebnissen nicht gelangen, weil er an das Schema eines steten Vergleiches zweier Dichter wie Hölderlin und Rilke gebunden war, zwischen denen zweifellos Ähnlichkeiten bestehen, die aber zwei verschiedenen Zeiten angehören, so daß Hölderlin, wie Singer übrigens auch bemerkt, in Rilkes Erleben nur ein Motiv darstellen kann, gleichsam eine für seine Sprache notwendige Vokabel: Hier ist das Wesen der Beziehung Rilkes zu Hölderlin aufgezeigt. Hölderlin ist eine solche Vokabel. Er hat die gleiche Lebensintensität wie Rilke, das gleiche dichterische Ingenium, und an ihm macht Rilke sida seine eigenen Probleme sichtbar. Er nimmt 220 821
Herbert Singer, op. cit., S. 152. Herbert Singer, op. cit., S. 170.
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alles auf, was seine Probleme verdeutlichen kann, was als Vokabel seiner N o t dienen kann. Und es ist dabei belanglos, ob es von Hölderlin so gemeint war. 2 2 2
* Auf diese Weise enspricht die gewissenhafte Untersuchung Singers genau den Anforderungen, die man an eine Auslegung Hölderlins oder Rilkes stellen muß. Die Betrachtungen über Ähnlichkeiten oder Unterschiede zwischen Hölderlin und anderen Dichtern wie Klopstock, Novalis, Gu£rin oder Rilke haben uns weitergeführt zur Behandlung der allgemeinen Deutungen, welche die Forschung in den vergangenen Jahren zum Werke Hölderlins vorgebracht hat. Von Mittners umfassender Untersuchung zu sprechen, hatten wir schon anläßlich ihres ersten Erscheinens in italienischer Sprache Gelegenheit gehabt; von anderen allgemeinen Deutungen italienischer Gelehrter wird noch die Rede sein. Vor einigen Jahren erschien Mittners Arbeit auch in deutsch223; diese Ausgabe ist fast vollständig, wenn sie auch an einigen Stellen verkürzt oder gestrafft wurde. Man muß die Bedeutung dieses Versuches, die Entwicklung des Dichters nach ästhetischen Gesichtspunkten zu betrachten, ebenso anerkennen wie den Umstand, daß Mittner damit einen wesentlichen Beitrag zur Frage nach den Themen und der Entwicklung von Hölderlins Dichtung leistete. Walter Killy zeichnete in einem kurzen Büchlein die Entwicklung der deutschen Dichtung von Goethe bis Trakl und Benn 224 ; ein Kapitel darin ist unter dem Titel „Welt in der Welt" Hölderlin gewidmet, der Abschnitt über Goethe trägt hingegen die Überschrift „Das wahre Bild". Goethe wird hierbei innerhalb der Entwicklung der deutschen Literatur als das Muster für die Übereinstimmung zwischen Wahrheit und Bild vorgestellt; man braucht nicht darauf hinzuweisen, wie gefährlich es ist, einen Dichter als Maßstab für das Urteil über andere herzunehmen. Dabei muß man noch anführen, daß in der Bestimmung: „Das wahre B i l d " ein Zusammenfallen der ästhetischen Wahrheit mit der Wahrheit des Seienden ebenso enthalten ist, wie die Überschrift „Welt in der Welt" eine doppelte Schau ausdrückt. Wenn Goethes Welt das wahre Bild ergibt, dann erscheint dem Verfasser jene Welt, die Hölderlin im Rahmen des Seienden errichtet, subjektiv und damit auch nicht wirklichkeitstreu. Daraus ergibt sich für Killy die Unmöglichkeit, in der von Hölderlin erreichten dichterischen Lösung die Umwertung der Subjektivität in eine objektiv wertvolle Schau zu verstehen. Eine Unterscheidung zwischen der Wahrheit des Seienden und der dichterischen Wahrheit, wobei zwischen diesen beiden eine Beziehung errichtet wird, kann für die Forschung nur unter der Annahme der Dichtung als Mimesis Bedeutung haben; und Hölderlins Ästhetik drückt sich gerade im Gegensatz zu dieser Auffassung des 18. Jahrhunderts aus. Doch stoßen wir in der deutschen Forschung immer wieder auf die Unterscheidung zwischen Inhalt und Form — und damit wird das ästhe222 223
224
33
Herbert Singer, op. cit., S. 169. Ladislao Mittner, Motiv und Komposition. Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Lyrik Hölderlins. In: „Hölderlin-Jahrbuch 1957". Tübingen 1958. Walter Killy, Friedrich Hölderlin. In: Wandlungen des lyrischen Bildes. Vandenhoedt und Ruprecht-Verlag, Göttingen 1956. Hölderlin
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tische Urteil abgefälscht. Gerade weil sie nicht geneigt ist, das ästhetische Ausdrucksproblem innerhalb seiner Grenzen zu betrachten, wo sich die Trennung von Inhalt und Form aufhebt, versucht die deutsche Forschung bisweilen, auf philosophische Betrachtungen überzugreifen. Killys Arbeit möchte Hölderlins Naturdeutung nach einer mythischen Schau aufklären, die nicht mit der antiken Mythologie zusammenfällt, auch wenn sie diese zum Vorwand nimmt. Eine Untersuchung der Anmerkungen, die Hölderlin der Übersetzung eines Fragmentes von Pindar anfügte, erlaubt es dem Verfasser klarzustellen, wie die Bilder des griechischen Dichters Hölderlin auf dem Wege zu einer eigenen Deutung des Mythos weiterhalfen; Hölderlins Wort verfügt über die magische Fähigkeit, „urbildliche, mythische Wirklichkeiten zu erspüren, die, lange vergessen oder bloß literarisch geworden, bei ihm neues Leben in eigenen Bildern gewinnen" 225 ; und es liegt auf der Hand, daß sich eine Mythologie auf diese Weise ganz anders als in der Antike ausdrückt. Die Behandlung einiger Züge dieser Mythologie, etwa der mythischen Deutung des Flusses für Hölderlins Dichten, scheint uns in diesem kurzen Auf satze Killys brauchbar und klärend zu sein, obgleich wir uns ähnlicher Hinweise Guardinis erinnern; gleiches ist über die Beziehungen zwischen Körperlichkeit und Geistigkeit in Hölderlins Bildern zu sagen. In Hinblick auf Hölderlins erläuternde Anmerkungen zu dem Fragment von Pindar muß man den Aussagen des Verfassers zustimmen: Hölderlin beabsichtigte nicht, eine Auslegung im eigentlichen Sinne des Wortes zu geben, sondern stützte sich vielmehr auf den gegebenen Text, um aus ihm Bedeutungen abzuleiten, die seiner eigenen Welt und seiner eigenen Sendung entsprächen. So wurde aus Bildern und Analogien ein neues Bedeutungssystem aufgestellt, dessen Wert im Diichterwort enthalten war. Killys Hinweis auf eine ähnliche Vorgangsweise Heideggers wird in unseren Augen auch durch die Tatsache gerechtfertigt, daß Heidegger bei Hölderlin das Vorbild für ein derartiges Verfahren fand; man darf dabei aber nicht vergessen, daß damit, daß die Analogie auf dem Gebiete der Dichtung gilt, noch nicht gesagt ist, daß sie diese Gültigkeit auch für philosophische Gedanken beibehalten kann. „Dieser Vorgang p n e u m a t s i c h e r E x e g e s e wird in der säkularen Geistesgeschichte zum ersten Male bei Hölderlin offenbar." 226 Zur Beobachtung Killys läßt sich anführen, daß sich gerade aus dieser neuen Art der Exegese in Hölderlins Dichtung jenes Analogiesystem entwickelte, das — wie wir schon bemerkten — viel später Baudelaire den Grundpfeiler seines eigenen Dichtens nannte, und das ebenso zur tragenden Säule der europäischen Dichtung wurde. Unsere Behauptung, wie kühn sie auch erscheinen mag, wird durch den analogischen Ablauf von Hölderlins Dichtungen bekräftigt, den aufzuklären Killy gelingt; und wenn der Verfasser immer von einem Mythos spricht, so kann man anmerken, daß sich beobachten ließe, daß der Gehalt des Mythos nach Killys eigenen Beweisen die Analogie ist. Er schreibt: 225 228
Walter Killy, op. cit., S. 33. Walter Killy, op. cit., S. 46.
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So entsteht das System von Zeichen und Beziehungen, in dem trotz der Sinnfälligkeit der Hölderlinschen Bilder gerade im Gegensatz zum antiken Mythos kein objektiver, sondern ein subjektiver wiewohl großartiger Zusammenhang sich spiegelt. 227
Diese Haltung gestattet es K i l l y , auf die „Duineser Elegien" Rilkes und auf das W e r k von T r a k l und K a f k a hinzuweisen und zu schließen: „Hölderlin ist der größte und reinste der modernen Dichter, die den f e s t e n H a l t neu zu fügen unternehmen." 2 2 8 D e r Verfasser beruft sich auf eine angeführte Aussage Friedrich Sdilegels über die Verpflichtung des Diditers, mit seinem W e r k e auf einem festen Boden zu stehen, auf „einem mütterlichen Boden, einem Himmel, einer lebendigen L u f t " . U n d daraus muß man nach unserer Meinung folgern, daß Hölderlin gerade diese Forderung vorbildlich erfüllt hat. Audi Johannes Klein widmet ein Kapitel seiner „Geschichte der deutschen L y r i k " Hölderlin 2 2 9 . E r weist darauf hin, daß es bei Hölderlin keine Flucht vor dem Leben gibt, sondern eher einen Ausgleich zwischen der Geistigkeit und den Mächten, die sich im Leben und in der T a t ausdrücken: „Gerade der Vergleich zwischen Geist und T a t hat Hölderlin oft beschäftigt." 2 3 0 D e r Beitrag von Kleins Arbeit zur Forschung besteht darin, daß er dem Umstände Gewicht beimißt, daß Hölderlin die philosophische Haltung und die Gedanken der Vor-Sokratiker wiederaufgenommen h a t ; das unterscheidet ihn von Goethe und Schiller, die sich, obwohl sie die Verwandtschaft des modernen deutschen Geistes mit dem der V o r - S o k r a t i k erkannt haben, davor hüteten, sie hervorzukehren. Hölderlin steht nach Klein in enger Beziehung zu drei Philosophen, für die Denken und Dichten noch Eines waren: Heraklites, Empedokles und Piaton. V o n deren erstem übernahm Hölderlin nach seinen eigenen Worten die Vorstellung vom „harmonisch-entgegengesetzten Einen" 2 3 1 , also von der Polarität und der Harmonie, die sich aus dem Gegensatz entwickelt; von Empedokles hingegen stammt der Gedanke der vier großen Weltzeiten, die sich aus der Auseinandersetzung zwischen Liebe und H a ß erheben; diese Einstellung drückt der Diditer in den Liedern an Diotima und in der nach dem Denker benannten Tragödie aus. Kleins Ausführungen über die Gedankenwelt von Hölderlin und Empedokles — über die durch die Liebe hervorgerufene ungeteilte Einheit und die vom H a ß verursachte Vereinzelung und über die neue Durchdringung des Gesetzes der Liebe, um wiederum zur Harmonie zu gelangen — gerade diese Bemerkungen treffen für die Deutung von Hölderlins Weltanschauung und seines Glaubens an die Einheit der N a t u r zu und nützen ihr. Schließlich eignete sich Hölderlin von Piaton dessen Sdiönheits- und Idee-Begriff an und seine Vorstellung, daß die Idee in der irdischen Wirklichkeit erscheint. D e r Verfasser schließt, daß Hölderlin, wie tief auch der von K a n t und anderen Denkern des Abendlandes hinterlassene Eindruck gewesen ist, „in der Einheit von denkerischem und dichterischem Erleben . . . auf die genannten Griechen angewiesen (ist)" 2 3 2 . 227 228 229 230 21,1 232
33»
Walter Killy, op. cit., S. 50. Walter Killy, op. cit., S . 5 1 . Johannes Klein, Geschichte der deutschen Lyrik. F. Steiner-Verlag,Wiesbaden 2 1960. Johannes Klein, op. cit., S. 373. Zitiert bei: Johannes Klein, op. cit., S. 374. Johannes Klein, op. cit., S. 374.
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Klein beschäftigt sich hierauf mit den Beziehungen zwischen Klopstock, Schiller, Goethe und Hölderlin und vermerkt, daß Hölderlin, wenn Schiller an das Vorhandensein ewiger Werte, aber nicht an ihre Verwirklichung glaubt, gerade von ihrer Verwirklichung in seinem neuen religiösen Glauben überzeugt sei. Deshalb wird für Hölderlin das Geschichtserlebnis grundlegend und „so vereinigen sich in dem Geschichtserlebnis alle Möglichkeiten des hölderlinsdien Gedichts und seiner Anschauungen " 2 3 S . Die Beziehungen zu Goethe schließlich sind augenfällig, sei dies in der Vorstellung von der Göttlichkeit der Natur oder im Zusammenhang jedes einzelnen Ausdruckes mit der Gesamtschau: „Beiden steht immer das Weltganze vor Augen; ohne diesen Hintergrund dichten sie nicht." 234 Hölderlin geht aber mit seinem Werk über die Vorgänger hinaus, wenn er die Frage nach der geistigen und geschichtlichen Verantwortung des deutschen Volkes gegenüber der gesamten Entwicklung der Kultur im Abendlande von der Antike bis heute und in Zukunft mit einbezieht; das entspricht nach unserem Dafürhalten einem Wandel von Goethes Humanismus in Hölderlins Werk zu einer gleichzeitig in weitem Sinne sittlichen und geschichtlichen Angelegenheit, was schon auf die Philosophie der Krise vorausdeutet; und tatsächlich schreibt Klein: „Eine kulturgeschichtliche wird eine Existenzfrage." 2 3 5 Wenn wir diesen Urteilen noch zustimmend gegenüberstehen, so können wir jedoch Kleins Annahme nicht mehr beipflichten, daß so lange, als Hölderlin wirklich noch Herr seiner selbst ist, die klassischen Formen in seinem Werk vorherrschen und die freien Rhythmen ein Zeichen der Auflösung seiner Persönlichkeit seien. Auf diese Weise würde der Wert der letzten Hymnen verkannt, die zweifellos den Höhepunkt von Hölderlins Schaffen darstellen. Es scheint uns auch notwendig, zwischen der pindarischen Hymnenform und der romantischen Dichtungsart strengstens zu scheiden. Nachdem Klein das Leben Hölderlins kurz gestreift hat, möchte auch er das Werk in drei Gruppen teilen: die Dichtung von Menschenschicksal (vor allem vom Dichter und Liebenden), die Feier der Natur und die Lyrik von Völkerschicksal 236 .
Jenseits der Fragwürdigkeit aller derartigen Unterscheidungen stützt sich die Untersuchung der drei verschiedenen lyrischen Gattungen mehr auf das Inhaltliche als auf Erläuterungen formaler Gesichtspunkte. Eine solche Darstellung kann zweifellos wertvoll sein, doch führt sie uns nicht in den Kern der Dichtung. Die Deutung der Liebeslyrik hebt einige Grundthemen hervor: Leidenschaft und Entsagung sind auf eine Weise eins geworden, die auch bei Goethe nicht vorkommt. Dadurch sind Leidenschaft und Weisheit keine Widersprüche mehr. 237
Weiter wollen wir noch anführen: 233 234 235 236 237
Johannes Johannes Johannes Johannes Johannes
Klein, Klein, Klein, Klein, Klein,
op. cit., op. cit., op. cit., op. cit., op. cit.,
S. 375. S. 375. S. 375. S. 379. S. 391.
Die neueste
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D i e F r a u erscheint als Mitte, als Stellvertreterin des Menschenbildes (wie Goethes Iphigenie). D a m i t w i r d sie H ü t e r i n eines Z u s a m m e n h a n g e s zwischen dem jenseitigen und dem diesseitigen Bereich: sie hat eine religiöse A u f g a b e . Sie ist .göttlich', weil sie g a n z menschlich ist. 2 3 8
Obwohl Klein seine Aufmerksamkeit bisweilen dem Versbau und dem Rhythmus zuwendet, richten sich seine Ausführungen doch nach der geisteswissenschaftlichen Verfahrensweise und versucht er, die Entwicklung des Dichters in ihrem Sinne darzustellen. Bezüglich der großen Hymnen bemerkt er, daß diese Dichtungsart etwas völlig Neues darstellt: K e i n e Gedankendichtung im Sinne Schillers, keine L y r i k in der B e d e u t u n g gestalteten G e f ü h l s , sondern Dichtung als Weissagung und Ö f f n u n g neuer Einsichten, wobei die Sprache dem gewohnten Ausdruck vorauseilt. Sie wird k o m m e n t a r b e d ü r f t i g . 2 3 9
Im Verlauf einer Sichtung der neuesten Hölderlin-Forschung, die auch einer Bestimmung des gegenwärtigen Standpunktes dieser Arbeiten dient, haben wir nacheinander Hölderlins Beziehungen zum Griechentum und die Wirkung von Mythos und Christentum auf sein Werk betrachtet; hierauf folgten wir verschiedenen Deutungen zu einzelnen Gedichten Hölderlins und der Erforschung des Verhältnisses anderer Dichter zu ihm, bis wir schließlich bei der Besprechung einiger Gesamtdeutungen des Werkes angelangt waren. Es scheint uns nun nötig, uns mit den neuesten Ergebnissen der Forschung über die Syntax und den Stil Hölderlins, also über seine Poetik, auseinanderzusetzen. * In einer Aufsatzsammlung zu Ehren von James B o y d veröffentlichte E. L . Stahl einen Beitrag unter dem Titel „Hölderlin's Idea of Poetry" 2 4 0 ; darin geht er von der Tatsache aus, daß Beethoven, Hegel und Hölderlin im gleichen Jahre, 1770, geboren wurden und knüpft daran Überlegungen und Vergleiche in Hinblick auf Hölderlins Ästhetik. Es läßt sich nicht behaupten, daß die Darstellung zu neuen Ergebnissen gelangt, außer vielleicht durch den Hinweis auf Coleridge, an dessen „ l a w of polarity or essential dualism" erinnert wird. Bemerkenswert ist der Versuch, einen Parallelismus in der Entwicklung zwischen der Literatur von Klopstock und Herder bis Hegel und Hölderlin und der Musik aufzustellen, der mit einer Gegenüberstellung der letzten Hymnen Hölderlins und Beethovens neuer Sonatenform endet. Derartige Bezüge und Ähnlichkeiten sind auf die Geschlossenheit der Kultur in ihren verschiedenen Zweigen zurückzuführen. Emmon Werner Bach, ein anderer Gelehrter im Auslande 2 4 1 , beabsichtigt, die Syntax in Hölderlins Werk festzustellen und zielt dabei auf eine Bestimmung der Stilgesetze ab. Der Wechsel der Töne, von dem bereits Meta Corssen und andere 238 239 240
241
J o h a n n e s K l e i n , op. cid., S . 393. J o h a n n e s K l e i n , op. cid., S. 412. E . L . S t a h l , H ö l d e r l i n ' s I d e a of P o e t r y . I n : T h e E r a of G o e t h e : E s s a y s presented to J a m e s B o y d . Blackwell, O x f o r d 1959. E m m o n Werner Bach, Patterns of syntax in H ö l d e r l i n ' s Poems. Diss. ( I V . 119, Bl. 4, maschinschriftl., U n i v e r s i t y of C h i c a g o ) 1959.
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gesprochen haben, wird hier auf syntaktischem Gebiete betrachtet und versucht, das Verhältnis zwischen Syntax und Stil zu erfassen. Die Arbeit dient als ein Zeugnis für die an amerikanischen Universitäten auch unter dem Einfluß von Spitzer entwickelte Stil-Forschung. Umfangreicher ist die Abhandlung von Hans Heinrich Schottmann über „Metapher und Vergleich in der Sprache Friedrich Hölderlins" 242 . Sie stützt sich auf den in der deutschen Forschung gebräuchlichen Begriff des „bildenden Ausdrucks", der als der gegebene Ausgangspunkt für eine Deutung angesehen wird. Diese Tradition geht zurück auf die Untersuchungen und Bemühungen von Oskar Walzel, in der deutschen Forschung formale Werte stärker zu berücksichtigen, oder auf Fritz Strich und seine Betonung des Symboles243; ferner stehen in dieser Überlieferung noch Hermann Pongs244, Emil Ermatinger 245 , Friedrich Kaulbach246 und Hedwig Konrad247, deren verschiedene Beiträge sich mit der Frage nach dem Wert des Bildes als Metapher und Vergleich, also mit der Bedeutung der Analogie im Dichtwerk beschäftigen. Dabei ist es klar, daß derartige Untersuchungen bemüht sein mußten, über das Inhaltliche hinaus zum Dichterischen und zum völligen Aufgehen des Inhaltes in der Form vorzustoßen. In der Einleitung bemerkt Schottmann, daß die Metaphern in einem Werke zum Verständnis der „psychologischen Voraussetzungen im Dichter und damit seine(r) Weltschau''248 dienen können; offensichtlich verfällt man auf diese Weise wiederum in psychologische und inhaltliche Betrachtungen. Der Verfasser betont, wie wichtig es sei festzustellen, wie es dem Dichter gelingt, mittels der Metapher verschiedene Sphären miteinander in Beziehung zu setzen; eine Untersuchung dieser Vorgangsweise könnte uns zur Prüfung formaler Werte führen. Schottmann erkennt auch: „der wahre Dichter erlebt die Welt im Bild, setzt nicht etwa Gedachtes in schmükkende Rede um"249. Wenn dem so ist, dann müßte sich der Deuter insofern an das Bild halten, als es etwas ausdrückt; und so behauptet der Verfasser auch, daß sich das Erlebnis des Dichters in Bildern kundtut und man es nur aus dem Inhalte der Bilder deuten kann; es gibt keinen anderen Bezug, dem man sich anvertrauen könnte. Der Verfasser gelangt zu dem Schluß, eine Art „Bilder-Katalog" des Dichters aufzustellen. Ohne auf methodologische Auseinandersetzungen eingehen zu wollen, möchten wir darauf hinweisen, daß auch eine Überprüfung von Hölderlins Thematik an Hand einer Art von Aufzählung nutzbringend sein kann. Ein guter Teil des Buches 242
243 244
245 246
247 248
249
Hans Heinrich Schottmann, Metapher und Vergleich in der Sprache Friedrich Hölderlins. H. Bouvier-Verlag, Bonn 1959. Fritz Strich, Symbol in der Wortkunst. In: Zeitschrift für Ästhetik, X X I (1927). Hermann Pongs, Das Bild in der Dichtung — Versuch einer Morphologie der metaphorischen Formen, Bd. I. Marburg 1927. Emil Ermatinger, Das dichterische Kunstwerk. Leipzig 1939. Friedrich Kaulbach, Philosophische Grundlegung einer wissenschaftlichen Symbolik. Meisenheim 1954. Hedwig Konrad, Etude sur la Métaphore. Diss. Paris 1939. H. H. Schottmann, Metapher und Vergleich in der Sprache Friedrich Hölderlins. H. Bouvier-Verlag, Bonn 1959, S. 15. H. H. Schottmann, op. cit., S. 17.
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ist daher einer Zusammenstellung gewidmet, die an Hand eines positivistisdi angehauchten Verfahrens die verschiedenen Bedeutungen anführt, die einige Themen und besonders einige Bilder in Hölderlins Werk annehmen; wir finden also Verzeichnisse wie „Gewitter", „Sonne", „Licht", „Feuer", „Rauch", „Tag und Nacht", „Sterne", „Wolke", „Meer", „Strom", „Wasser"; die Pflanzen werden nach ihren Gattungen eingeteilt in Bäume, Blumen, Reben und Wein; an Lebewesen finden sich Tiere, Vögel und die anderen; und der Katalog setzt sich fort, bis er z. B. anführt: „Temperatur", „Regenbogen", „Stoffe", „Schmuck", „Kleidung", „Gegenstände des täglichen Lebens" usw. Man kann sagen, daß der Forscher auf diese Weise zu einer Art nacheinanderreihender Beschreibung von Hölderlins Welt gelangt; vielleicht kann eine derartige Arbeit einmal für ein Hölderlin-Wörterbuch Früchte tragen, doch bleibt man hiemit sicherlich vor den Toren der Dichtung stehen. Der zweite Teil des Buches bemüht sich, den Aufbau der Bilder und die Bedeutung der Vergleiche darzustellen, ihre verschiedenen Arten und wie das Bild mit dem Adjektiv verbunden ist oder es ausdrückt, oder auf welche Weise Wörter wie „gleich" oder „ähnlich" einleitend verwendet werden. Eher als um eine stilistische Untersuchung handelt es sich um eine Betrachtung der äußeren Formen, die der Vergleich annimmt, gleichsam um eine Grammatik des Vergleiches, was an das Verfahren der griechischen Rhetorik erinnert; und auch mit der Metapher beschäftigt man sich in ähnlicher Weise. Während Walter H o f seine Abhandlung über Hölderlins Stil auf eine Philosophie baute, den Idealismus, bezieht sich Schottmann auf eine Rhetorik, nicht aber auf die von Hölderlin verkündete, sondern auf eine gleichsam absolut gesetzte. Nidits desto weniger sind einige Bemerkungen über die Empfindungsfähigkeit und die Geistigkeit Hölderlins der Beachtung wert; von den Beobachtungen über die Beständigkeit einiger Bild-Reihen und ihrem Wandel oder Bestehen durch einige Perioden im Werk des Dichters und von der Betonung der mannigfaltigen, auch gegensätzlichen Assoziationen, die ein Wort hervorruft, läßt sich Gleiches behaupten. Eine Arbeit über Metapher und Vergleich könnte sich zu einer Untersuchung über den Wert von Allegorie und Symbol im Werk eines Dichters erweitern und wandeln. Manfred Windfuhr 2 5 0 fragt sich tatsächlich, „welche Rolle die Allegorie in den einzelnen Abschnitten von Hölderlins Lyrik spielt" 251 , in welchem Verhältnis sie zum Mythos steht und in wieweit Hölderlin die Tradition der Allegorie aufnimmt oder verwandelt. Der Verfasser erkennt, daß Hölderlin an der „theoretischen Abwertung der Allegorie" 2 5 2 teilnimmt, die mit Winckelmann begonnen hatte, obwohl es sein Bestreben gewesen war, die Allegorie in den Mittelpunkt des Kunstschaffens zu rücken. Die klassische Ästhetik scheidet die Allegorie klar von Symbol und Mythos und mißt ihr mindere Bedeutung bei. Überhaupt scheint in Hölderlins Vorstellung vom Mythos, in dem sich geschichtliches mit aufklärendem Denken mischt, für die Allegorie kein Platz zu sein. Auch Hegel und 250
Manfred Windfuhr, Allegorie und Mythos in Hölderlins Lyrik. In: „Hölderlin-Jahrbuch 1957". Tübingen 1958.
251
Manfred Windfuhr, op. cit., S. 164.
252
Manfred Windfuhr, op. cit., S. 160.
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Schelling weisen sie zurück; Hegel sieht in ihr „eine Kluft" zwischen Bedeutung und Bild, so daß sich die Allegorie ihres Wertes begibt. Windfuhr schreibt, daß Hölderlin trotz des gegenteiligen Anscheines in einer gewissen Abhängigkeit von der Allegorie verharrte und in dieser Hinsicht nicht völlig mit der Tradition des 18. Jahrhunderts brach; zum Beweis erinnert er an Walter Hofs Bemerkung zur Dichtung der allerersten Jugendjahre oder zu den allegorischen Bildern in den Tübinger Hymnen und bezieht er sich auf die von uns schon besprochenen Arbeiten von Killy über die „Wandlungen des lyrischen Bildes" und „Bild und Mythe in Hölderlins Gedichten"253, seine Dissertation. Es stimmt, daß sich die pietistische Dichtung des noch jungen Hölderlin an allegorische Darstellungen halten mußte und daß er auch während seiner weiteren Entwicklung in den Jugendhymnen allegorischen Darstellungen abstrakter Ideale verbunden bleibt; bei den Hymnen aus der Tübinger Zeit kann man noch nicht von einer mythischen Synthese sprechen. Unser Augenmerk richtet sich aber auf die späte Entwicklung des Diditers; und dazu bemerkt Windfuhr mit Recht, daß es sich um eine Verwandlung „der Wissenswelt in eine angeschaute Welt der Götter" 254 handelt. Schelling beobachtete, daß in der Religionsgeschichte die Allegorie nach der Zeit der Mythen auftritt; und man kann es so erklären, daß Hölderlin versuchte, von der Allegorie wieder zum Mythos zurückzukehren. Darum entzog er sich in Frankfurt, als er sich seine dichterische Eigenart eroberte, jeglicher Abstraktion; er wollte alles, audi die Allegorie, in einer mythischen Synthese umfassen. Daher kommt es, daß man in einigen Gedichten noch einen allegorischen Ursprung fühlt, während sie sich bereits an H a n d einer mythischen Vision ausdrücken; und das gleiche vollzieht sich bei der mythischen Deutung der Naturkräfte. Auch bezüglich der reinen Lyrik, ja selbst bei einigen der großen Hymnen wie „Am Quell der Donau" oder „Deutscher Gesang", meint Schottmann, daß sie immer die Form der Allegorie von Natur und Idee aufweisen. Gleichermaßen bildet nach dem Verfasser in der „Friedensfeier" das Bild des Friedens oder des Fürsten und der ihm zugeschriebenen Eigenschaften das Beispiel für eine IdeenAllegorie. In den Gedichten aus der Zeit des Wahnsinnes läßt sich die Allegorie viel leichter nachweisen; hier findet sich nicht mehr der Drang, von der Allegorie zum Mythos zurückzukehren. „Hölderlin kann das Getrennte nicht mehr verbinden" 255 , schreibt Schottmann. Diese Arbeit wurde behandelt, weil sie einen zur Bestimmung der dichterischen Werte bei Hölderlin brauchbaren Schritt tut, indem sie dazu dient, die Forschung von der schon gebräuchlich gewordenen Betrachtung der Rhetorik in Hölderlins Hymnen abzulenken. Nicht grundlos vertauscht Ryan die beiden Begriffe Mythos und Metapher, wobei dennoch die strenge Trennung zwischen Allegorie und Metapher erhalten bleibt. Man kann behaupten, daß der Dichter jedesmal, wenn es ihm nicht gelingt, zur Metapher vorzustoßen, auf allegorische Formen zurückgreift, die nicht den Anregungen und Anforderungen seiner Dichtung entsprechen. 253 254
«5
Walter Killy, Bild und Mythe in Hölderlins Gedichten. Diss. Tübingen 1947. Manfred "Windfuhr, op. cit., S. 171. Manfred Windfuhr, op. cit., S. 181.
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Ausführungen über das Verhältnis zwischen Allegorie und Mythos gelten in vordringlicher Weise auf literarischem Gebiete. Es ist aber bekannt, welche Versuche unternommen worden sind, um Wölfflins für die Bildenden Künste verwendete Schemata auf das gänzlich andersartige Gebiet der Dichtung zu übertragen. Jens HofFmann reichert in seiner Arbeit über „Klassik und Manierismus im Werk Hölderlins" 2 5 6 diese Begriffe mit psychologischen Bedeutungen an; so stellt seine Untersuchung auch eher eine Psychologie dar, die über die Sprache gedeutet wird, als die Entwicklung der Dichtung. Man müßte sich tatsächlich fragen, ob die von Hoffmann gegebenen Bestimmungen der Klassik nicht vielmehr geeignet wären, eine bestimmte Art des Klassizismus abzugrenzen; er sieht in der klassischen Kunst eine Weise, die Natur in durchsichtiger Sprache und mit klaren Zügen zu idealisieren. Hoffmann greift auf Ernst Robert Curtius und seinen Begriff des Manierismus zurück, der alle der Klassik widerstrebenden Bewegungen umfaßt; daraus ergibt sich seine Feststellung: M a n i e r i s m u s und K l a s s i k sind die beiden großen Konstanten der europäischen Literaturgeschichte, die beiden Pole, die das historische Feld bestimmen. U n t e r diesem Gesichtspunkt ist die Romantik eine historische Erscheinung manieristisdier Tendenzen. 2 5 7
Somit fällt es leicht, bei Hölderlin von einem formalen Manierismus zu sprechen und auf Grund dieser Deutung in Hölderlins Werk neue Verbindungen und Beziehungen zur Tradition und zu seiner zeitgenössischen Dichtung anzuknüpfen. Es scheint uns, daß es vielmehr nützlicher wäre zu untersuchen, wie seit dem Hellenismus traditionelle Motive sowie Themen und Bedeutungen aus der anakreontischen Dichtung Deutschlands in Hölderlins Werk und besonders in seiner mittleren Periode einen völlig neuen Ausdruck und damit neue Bedeutung annehmen; dabei hätte es genügt, beispielsweise an die kurze Ode „An die Parzen" oder an einige der Gedichte an Diotima zu erinnern. Hoffmann erforscht aber, wie sich der Manierismus schon in der hellenistischen Zeit entwickelte und welche psychologische Bedeutung er in der Literaturgeschichte hat; er bezieht sich auf Zusammenhänge mit dem Pietismus und der von ihm gepriesenen inneren Erleuchtung. Die ästhetische Frage wird in die Religions-Psychologie übertragen, derzufolge der Verfasser die Entwicklung Hölderlins zu betrachten sudit, indem er sidi auf eine Vorstellung bezieht, die er für das „Schlüsselsymbol des M a n i e r i s m u s . . . , das Labyrinth, Urbild eines Erlösungsweges und verborgener Ordnung" 2 5 8 hält. Diesem Symbol steht ein anderes gegenüber, das es wiederum auflöst; es ist Aphroditens Gürtel, „das ,goldene Seil' des Weltzusammenhangs, das Band der Liebe" 2 5 9 . Zur Vorstellung vom Labyrinth gesellt sich die von der exzentrischen Bahn; und dabei bemerkt Hoff mann: „Dem Exzentriker erscheint die Welt als ein La256
Jens Hoffmann, Klassik und Manierismus im W e r k Hölderlins. I n : buch 1 9 5 8 / 6 0 " . Tübingen 1960.
257
Jens Hoffmann, op. cit., S. 161.
258
Jens Hoffmann, op. cit., S. 166.
259
Jens Hoffmann, op. cit., S. 167.
„Hölderlin-Jahr-
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byrinth." 2 8 0 Mit dieser Auslegung erblickt der Verfasser das Grundmotiv des Romanes „ H y p e r i o n " in der „Wanderschaft" und übersieht er folglich völlig die geschichtlichen Voraussetzungen, die Suche und die Sehnsucht nach dem Vaterlande. D e r Manierismus wird nicht ästhetisch im Ausdruck untersucht, wenn man seine Philosophie und seine Metaphysik darstellen möchte; und während man in H ö l derlins W e r k den Zerfall der in der deutschen Klassik erreichten Lösung erblicken könnte — darum kommt es zur Krise — , scheint dies Hoffmann nur ein Weg des Manierismus zu sein. Hölderlins späte Entwicklung wird nicht an H a n d der dichterischen Werte verfolgt, sondern diese gelten vielmehr als Ausdruck der psychologischen Verfassung. Hoffmann spricht von einer Sonnen-Symbolik in den Fragmenten des „Empedokles": Die Betrachtung der Dramen-Fragmente Hölderlins würde erweisen, daß die Gestalt des Empedokles mit wachsender Klarheit aus der identischen Funktion des Dichters und der Sonne entwickelt wird. In diesen Zusammenhang gehört selbstverständlich auch sein Bezug zum Gott des Gewitters. Empedokles wird schließlich als jener erkannt, der tötet und belebt. 261
Zweifellos kann man das Dichtwerk in seinem psychologischen Niederschlag betrachten, doch hat man dabei zwischen Dichtung und Psychologie zu unterscheiden, während Hoffmann versucht, in der Psychologie „die Gegenstellung Hölderlins zum Klassischen" 2 6 2 zu entdecken und ausdrücklich nach einer typologischen Beurteilung von Hölderlins Gedichten drängt. M a n muß unterstreichen, daß eine solche typologische Einteilung für das Verständnis von Hölderlins Dichtwerk völlig wertlos ist. W i r sind davon überzeugt, daß ein Versuch, Hölderlin psychologisch darzustellen, nutzbringend sein könnte; man müßte sich dabei aber formaler Fragen und dichterischer Wertungen vorsätzlich enthalten. Walter H o f wollte seinen grundsätzlichen Ausführungen über Hölderlins Stil einige Bemerkungen anfügen; in dem neuen Aufsatz 2 6 3 beschäftigt er sich mit der späten „Wendung" oder „ U m k e h r " Hölderlins. Während seines ersten Homburger Aufenthaltes, in den Hölderlins Arbeiten an der Tragödie „Empedokles" fallen, beginnt er die Notwendigkeit des Realen, dem er bislang nur rein ästhetisch als der unumgänglichen dunklen Folie des Idealen eine Bedeutung zugestehen konnte, tiefer begreif en. a M
Über das Ästhetische hinaus sei Hölderlin zu einer religiösen Schau und zur E r kenntnis der „Notwendigkeit des R e a l e n " vorgedrungen. Es sei der Hinweis erlaubt, daß es beim Künstler, so er ein solcher ist, innerhalb der Schau selbst zu dieser Erkenntis kommt und sich in diesem Rahmen jene Wendung zum O b j e k tiven vollzieht, die einen Grundzug Hölderlins darstellt. D e r Schritt zu einer religiösen und objektiven Schau führt tatsächlich nicht über die Ästhetik hinaus; 260 261 262 263
264
Jens Hoffmann, op. cit., S. 170. Jens Hoffmann, op. cit., S. 180. Jens Hoffmann, op. cit., S. 189. Walter Hof, Zur Frage einer späten ,Wendung' oder ,Umkehr' Hölderlins. In: „Hölderlin-Jahrbuch 1958/60". Tübingen 1960. Walter Hof, op. cit., S. 121.
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und das gilt umso mehr für jene Überwindung der Gegensätze, die dem Idealismus eignet. Walter H o f wendet sich auch der Frage zu, was die Zeit dem späten Hölderlin bedeutet, und beschäftigt sich nochmals mit der Wendung, von der Wilhelm Michel sprach, einer Wendung auch „von pantheistischer Schwärmerei zur Anerkennung der historischen und persönlichen Gesetzesgottheit" 265 . Es stimmt, daß Hölderlin mit den Erläuterungen zur Sophokleischen „Antigone" die Welt der Antike dem Abendlande und beider Deutung des Tragischen einander gegenüberstellte; damit ergibt sich aber wieder die Frage nach Michels Auslegung der Briefe an Böhlendorf, zu denen er bemerkt: „unsere vaterländische Haupttendenz aber muß die Begeisterung sein, die uns hinwegträgt über die Schranken der angeborenen Nüchternh e i t " 2 " . H o f muß hier zwischen der Bedeutung der beiden Adjektive „vaterländisch" und „nationell" unterscheiden; er neigt dazu, Michels Deutung religiös, christlich zu ergänzen: Das Bild des idealischen Menschen wandelt sich von dem zumindest anfangs noch recht ästhetenhaften, die Erbärmlichkeit seines zerrissenen Zeitalters bejammernden Hyperion zum heilandsmäßigen Empedokles und endlich zum Heiland Christus selbst, der den Streit der Zeit in sich aufhebt und sich dann opfert, damit diese Auflösung allgemein werden könne. Bis zuletzt bleibt aller Brüderlichkeit der idealische Christus, der Versöhnende, den anderen Halbgöttern, dem heroischen Herakles und dem naiven Dionysos, überlegen, wie die Synthesis der Antithesis und der Thesis. 287
Diese Entwicklung führt aber nicht zu einer ausgesprochen christlichen Haltung, was Hofs neue Deutung der Briefe an Böhlendorf bestätigt. Der Verfasser hebt darin den Wert der Synthese hervor, die der Dichter erreicht, so daß er feststellt: Das Fremde ist das Eigene, insofern es vorzugsweise aufgegeben ist, das Eigene ist das Fremde, insofern es als das Gegebene viel weniger bewußt gemacht und bewußt gehandhabt werden kann. Zum Nichtich, dem Fremden, gehört als Mitgabe das, was für uns Aufgabe ist, als Aufgabe das, was für uns Mitgabe ist. 288
So ergibt sich in dieser Dialektik Hölderlins gleichzeitig eine Trennung und eine Annäherung zwischen Griechentum und Moderne, die auf der einen Seite unvergleichbar sind, auf der anderen aber zusammenhängen. H o f meint zu Recht, daß Hölderlin mit seinen Widersprüchen die Wirklichkeit erhaschen möchte: griechisches Pathos ist griechischer Nüchternheit, abendländisches Pathos abendländischer Nüchternheit nicht radikal entgegengesetzt, sie haben Gemeinsames. Und endlich: griechisches Pathos und abendländische Nüchternheit wie auch abendländisches Pathos und griechische Nüchternheit sind einander nur teilweise entgegengesetzt, aber nicht, weil sie etwas Gemeinsames hätten, sondern weil sie teilweise gar nicht vergleichbar sind. 2 "
285
Walter H o f , op. cit., S. 125.
268
Walter Hof, op. cit., S. 128
287
Walter Hof, op. cit., S. 130.
288
Walter H o f , op. cit., S. 135.
289
Walter H o f , op. cit., S. 136 f.
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Die Aufklärung des Gegensatzes zwischen der griechischen und der modernen Weltschau ist das Ergebnis von Hofs Untersuchung; wir können dabei über die Polemik hinwegsehen, die er gegen den von ihm mißbilligten Deutungsversuch Beda Allemanns erhebt, der Hölderlin und Heidegger einander näherbringt oder Hölderlin nach Heideggers Philosophie deuten möchte. In diesem Zusammenhang ist es dennoch vorteilhaft, Hofs Bemerkung zu unterstreichen, daß der späte Hölderlin über die Vorstellung vom Dichter als Mittler des Göttlichen hinausgeht: (da) der Typus des orphischen Naturkünders, von dem noch in der Rheinhymne die Rede ist, immer stärker zurücktritt gegenüber dem guten Ausleger des überlieferten, historisch und positiv gewordenen Göttlichen, von dem der Schluß der Patmoshymne spricht. 270
Hof gelangt so zu der Feststellung, daß Hölderlins Weg in einem reinen geschichtlichen Realismus endet; man hat dabei keine Veranlassung, von einer „radikalen Wendung" oder von einer „Umkehr" zu sprechen, es handelt sich vielmehr um einen gesunden Reifungsvorgang, der, dialektisch zwar, aber doch in einer klaren Richtung fortschreitend, eine bewundernswert reine und bewegende Grundanlage immer klarer, reicher und lebensvoller sich entfalten ließ 2 7 1 .
Diese Behauptungen gelten abschließend für die Deutung, die Walter Hof zu Hölderlins Stil und Dichtung vorgelegt hat; damit ist die Entwicklung klargestellt. Ryans Arbeit über die Lehre vom Wechsel der Töne272 ist der wichtigste in den letzten Jahren erschienene Beitrag zur Hölderlin-Forschung; er beschäftigt sich mit einem Gebiet, auf dessen grundlegende Wichtigkeit Meta Corssen in ihrem bereits behandelten Aufsatze „Der Wechsel der Töne in Hölderlins Lyrik" hingewiesen hat. Über dasselbe Thema sprach H.Brenner im Jahre 1952 273 , und D. Jänig behandelte es 1955 in seiner Dissertation über die philosophischen und ästhetischen Aufsätze Hölderlins 274 ; Binder entwickelte es in seiner Habilitationsschrift, die wir schon angeführt haben, und Walter Hof bearbeitete es in seinem Buch über Hölderlins Stil. Man hat sich also mit der Lehre vom Wechsel der Töne bereits eingehend auseinandergesetzt; das Problem hatte sich notwendigerweise gestellt, als man versuchte, den Aufbau von Hölderlins Dichtung näher zu beleuchten. R y a n aber hat als erster diese Theorie zur Grundlage einer Deutung von Hölderlins Dichtungslehre gemacht, indem er sie nach den vom Dichter selbst verkündeten Grundsätzen untersuchte; und wenn Walter Hof in Hölderlins Werk eine Übereinstimmung zwischen Ästhetik, Poetik und Dichtung feststellt, so hat sie R y a n zunächst im Wechsel der Töne nachgewiesen. 270 271 272
273
274
Walter Hof, op. cit., S. 155 f. Walter Hof, op. cit., S. 158. Lawrence J. Ryan, Hölderlins Lehre vom Wechsel der Töne. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 1960. H. Brenner, „Die Verfahrungsweise des poetischen Geistes." Eine Untersuchung zur Dichtungstheorie Hölderlins. Maschinschriftl. Diss., Berlin 1952. D. Jähnig, Vorstudien zur Erläuterung von Hölderlins Homburger Aufsätzen. Maschinschriftl. Diss., Tübingen 1955.
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Wie wir gesehen haben, hat sich die Hölderlin-Forschung auch unzählige Male der Philosophie und der Theologie des Dichters zugewandt, wobei sie die Gedanken von ihrem Ausdruck trennte und die formalen Werte entweder überging, oder vom Inhalt geschieden betrachtete; wir haben darauf hingewiesen, daß es einem derartigen Verfahren nicht gelingen konnte, zum Innersten des dichterischen Erlebnisses vorzudringen, das nur durch den Ausdruck und das Dichterische in ihm verständlich wird. Andererseits liegt die Gefahr der Stil-Forschung darin, daß sie den Stil als etwas Formales vom Inhalt trennt und sich auf eine formale Ausdrucks-Forschung beschränkt. Darum haben wir die Forderung nach einer LiteraturKritik erhoben, die Form und Inhalt miteinander auszugleichen vermag, ohne sie zu trennen, sondern sie vielmehr gegenseitig durchdringt; die Forschung müßte dabei nach unserem Dafürhalten gleichzeitig das Erlebnis des Dichters auch auf theoretischem und religiösem Gebiete deuten, und zwar insofern, als es sidi im Ausdruck bezeugt; und in diesem Sinne sprachen wir von „ästhetischer Forschung". Ryan will sich mit seinem Aufsatz Hölderlins Dichtungslehre und seinem Stile zuwenden; er geht über beide Gebiete hinaus und es gelingt ihm, die Poetik in eine Ästhetik und die Stilkunde in eine ästhetische Forschung überzuführen. In Wirklichkeit ist das nicht die vom Verfasser verfolgte Absicht, der herauszuarbeiten wünschte, wie Hölderlin für die Dichtung Gesetze aufgestellt hat, um sie wie die alten Griechen zu einem klaren Verfahren und zu einer „mediane" zu machen. Hölderlin suchte diese Gesetze der Dichtung aber nicht außerhalb der Grenze des Geistes; diese waren vielmehr in der idealistischen Einstellung Hölderlins die notwendige Voraussetzung für jene. Hölderlins dichterische Verfahrensweise schloß so mit der Festlegung einer formalen Strenge, die — wie Ryan versichert — in der modernen deutschen Dichtung nichts ihresgleichen hat. Wie schon früher die verdienstvolle Untersuchung von Hof dient auch Ryans Aufsatz der Hölderlin-Forschung, genaue Fragen zu Form und Ausdruck zu stellen; wir möchten hier Ryans eigene Worte anführen: eine Würdigung der Lehre v o m Wechsel der Töne mag dazu dienen, die verbreitete Auffassung v o m seherischen Überschwang Hölderlins auf das rechte Maß zurückzuführen 2 7 5 .
Die genaue Einschätzung der Wichtigkeit dieser Theorie von Hölderlins Dichtungslehre überzeugt davon, die Bedeutung der Gedanken des Dichters über seine eigene Poetik anzuerkennen; sie schenkt Hölderlins Ästhetik und Philosophie die gerechte Aufmerksamkeit, indem sie jenes umfassende Verständnis für den Dichter unterstützt, das tatsächlich das Ziel der Bemühungen ist; die Forschung ist darauf aus, Hölderlin durch Hölderlin zu verstehen, ihn auf sich selbst zu beziehen und in der Deutung keine kritischen oder philosophischen Schemata zu gestatten; in diesem Punkte stimmen wir Ryans Ausführungen voll zu. Nichtsdestoweniger möchten wir darauf hinweisen, daß die Deutung einer Haltung bedarf, die dem Forscher aus seiner Zeit erwächst, so daß die umfassende Auslegung eine letzte Grenze und ein Ziel darstellt, das sich jede Generation unter Berücksichtigung der 273
L. J. Ryan, op. cit., S. 2.
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neuesten Erkenntnisse von neuem stellen muß; wir glauben aber, daß die Ergebnisse von Ryans Forschungen in die Tradition der Hölderlin-Forschung eingegangen sind und auch in Zukunft Gültigkeit haben werden. Es trifft zu, was der Verfasser über Hölderlin sagt, denn die Lehre vom Wechsel der Töne scheint uns nämlich vorzüglich dazu geeignet, sowohl die systematische Anlage seines Philosophierens wie auch die gesetzmäßige Präzision seines Dichtens zu erhellen 276 .
Ryan erklärt von der ersten Seite seines Buches weg, daß es die Theorie vom Wechsel der Töne erfordert, die herkömmlichen Vorstellungen von einer dreifachen Dialektik bei Hölderlin, der noch H o f und Binder gefolgt waren, einer Korrektur zu unterziehen. Wir wollen dazu bemerken, daß die Lehre vom Wechsel der Töne, obwohl sie nicht auf eine idealistische Dialektik zurückgeführt werden kann, auch ein Ausdruck von Hölderlins eigener Dialektik ist; sie stimmt mit der Forderung nach einer dynamischen Schau des Dichters überein und verhilft dazu, in die Regeln der antiken Rhetorik etwas Neues einzuführen, eben eine Dialektik, welche die Rhetorik und die Poetik auf das Gebiet der Ästhetik und der Philosophie überführt. Aus dieser Untersuchung von Ryan ergibt sich nun tatsächlich, daß Epik, Dramatik und Lyrik für Hölderlin drei Kategorien des Geistes sind; andererseits müssen sich aber, wenn in jeder dieser literarischen Gattungen ein bestimmter Ton vorherrscht, auch die anderen Töne gegenseitig beeinflussen und zusammenklingen; und in jedem Dichtwerk drücken sich die drei Töne, naiv, heroisch und idealisch, in ihrem Wechsel und ihrem gegenseitigen Durchdringen aus. Somit haben wir vom Dichter selbst eine Auslegung, daß sich das, was Ryan über die Ilias sagt, „aus der ästhetischen Ganzheit des Werkes selbst begründet" 2 7 7 ; und wir können behaupten, daß die Theorie vom Wechsel der Töne für psychologische Betrachtungen keinen Leitfaden gibt, ja vielmehr an ihrer Stelle eine ästhetische Untersuchung der Züge eines Dichters vornimmt. Es drängt uns, auf die Bemerkung Ryans über die Geschlossenheit des Kunstwerkes hinzuweisen, weil die Berücksichtigung der Einheit und des Zusammenhanges im Werk die für eine ästhetische Forschung notwendige Voraussetzung darstellt. Der erste Teil des Buches umfaßt eine strenge Untersuchung der Entstehung und der Ausbildung der Lehre; es gelingt dem Verfasser, den vollen Zusammenhang zwischen dem philosophischen Gedanken und den Behauptungen in Hölderlins Rhetorik und Poetik nachzuweisen und Regeln aufzustellen, die eine philosophische Grundlage haben. Demgemäß kann der Verfasser nun untersuchen, wie sich diese Regeln in den Oden, Elegien und Hymnen ausdrücken und kommt er zu einer Deutung von Hölderlins dichterischem Werk. In breiterem Rahmen beschäftigt er sich also mit einer echten, interpretativen Überprüfung vieler Gedichte, wobei besonders seine Ausführungen zur Rhein-Hymne bemerkenswert sind, die dann mit Hölderlins eigenen Angaben über das Gesetz, unter dem die Hymne steht, verglichen werden. Der ganze zweite Teil des Werkes ist eigentlich einer Deutung 276 277
L. J . Ryan, op. cit., S. 7. L. J . R y a n , op. cit., S. 13.
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von Hölderlins Gedichten in Hinblick auf den Wechsel der Töne gewidmet: Nidit nur die Hymne an den Rhein, sondern auch „Am Quell der Donau" und „Der Einzige" werden in diesem Sinne erläutert. Andere Gedichte hingegen, wie etwa „Andenken", „Der Ister" und „Mnemosyne", scheinen Ryan einem anderen Ausdruckstypus anzugehören. Tatsächlich halten sich besonders die reifsten Oden und die bedeutendsten unter ihnen gleichsam buchstäblich an die Lehre vom Wechsel der Töne. Ryan gelingt es, im Gedicht eine Übereinstimmung zwischen „Grundton" und „Kunstcharakter" nachzuweisen, in unseren Augen also eine Art von Dialektik im rhetorischen Aufbau jedes einzelnen Gedichtes. Der letzte Teil des Buches bringt unter dem Titel „Die ,nothwendige Gleichheit'" eine Zusammenfassung dieser Übereinstimmung zwischen Poetik und Poesie in Hölderlins Werk. Daraus wird nicht nur eine Deutung des „Hyperion" und des „Empedokles" abgeleitet, sondern auch des Dichters letzte Entwicklung und seine Rückwendung zum Vaterland erklärt: Gerade in dieser Entwicklung Hölderlins kurz vor dem Ausbruch der Geisteskrankheit sieht Ryan den reifsten Ausdruck des Erlebnisses des Dichters, das hiemit seine höchste Fassung in den vaterländischen Gesängen und seine theoretische Festlegung in dem berühmten Brief an Böhlendorf findet. Es sei uns nun mit Rücksicht auf Ryans Ausführungen erlaubt, einige Grundsätze aufzustellen. Wenn Hölderlin von der herkömmlichen Unterscheidung dreier literarischer Gattungen, der epischen, dramatischen und lyrischen, ausgeht, dann überschreitet die Lehre vom Wechsel der Töne diese rhetorische Einteilung, indem sie es zuläßt, daß sich alle drei Töne — entsprechend den drei oben erwähnten Gattung: naiv, heroisch und idealisch — in der Lyrik ausdrücken. In der „Verfahrensweise des poetischen Geistes" wird somit der Vorgang des dichterischen Schaffens erfaßt und wir werden also in ein ästhetisches Problem eingeführt; schließlich wird das Dichten als eine Tätigkeit des Geistes anerkannt, — wie Ryan sagt: das dichterische Schaffen gilt als gesetzlich geordnetes Verfahren, das als geistige Tätigkeit an die Wesensgesetze des Geistes gebunden ist. 278
So sind wir bei der ästhetischen Frage angelangt, die von Kant und Schiller zum Idealismus Schellings und Hegels führt — wie es Hölderlin selbst in seinen Briefen über die ästhetische Forschung ausgedrückt hat. Ferner ist es wichtig, auf den grundlegenden Wert hinzuweisen, den der Dichter der Sprache beimißt. Mit einem Bezug auch auf Binders Arbeit über Poesie und Zeit in Hölderlins Werk bemerkt Ryan, daß Hölderlin die Sprache nicht insofern als wertvoll ansieht, als sie eine Institution darstellt, sondern weil sie mit der Gesamtheit des Geistes in Verbindung steht und als solche das Unendliche im Endlichen erschaubar macht und eine Einordnung der ablaufenden, endlichen Welt in die Unendlichkeit des Werdens gestattet; deshalb steht die Sprache „an der Wende der Zeit" und man kann sagen, daß sie, die Sprache „eine solche Wende bewältigen läßt" 279 . Die literarischen Gattungen nehmen andererseits in der Dichtungslehre Hölderlins eine Beständigkeit wie die drei Schritte in der Dialektik an; sie gehen 278
L. J. Ryan, op. cit., S. 18.
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über die Grenzen einer Dogmatik hinaus, und für Ryan wandeln sich diese drei grundlegenden Gattungen in der Dichtung von Ausdrucksformen in drei dichterische Metaphern. Jede Unterscheidung zwischen Form und Inhalt fällt in ihrer Identität zusammen und — nun mit Ryans eigenen Worten — es vereinigen sich im Gedicht der .Wechsel der geistigen Form' und der .materielle Wechsel' in einem durchgehenden Widerstreit — der aber wiederum die anfängliche Identität erst fühlbar macht. 280
Die Bedeutung von Ryans Arbeit liegt in erster Linie darin, daß er Hölderlins Sprachvorstellung erkannt und dargestellt hat und dadurch die literarischen Gattungen als Metaphern auffaßte; er konnte Hölderlins grundsätzliche Auffassung von „Stoff" und „Form" erklären, deren Einheit aus einem inneren Gegensatz hervorgeht, der die Dialektik des dichterischen Ausdruckes ist. Diese Dialektik vollzieht sich durdi die fortschreitende Entwicklung der drei Töne, wobei sich jeweils der eine von selbst mit dem anderen verbindet; und die Dialektik umschließt so einen inneren Widerspruch. Ohne Ryans durchdringende Darstellung im einzelnen untersuchen zu wollen, möchten wir dennoch ihre Ergebnisse zusammenfassen: Dadurch, daß Hölderlins Dichtung dieses Gesetz vom Wechsel der Töne befolgt, in dem auch die Unterscheidung zwischen Epik, Dramatik und Lyrik, die ursprünglich von den verschiedenen literarischen Gattungen hergeleitet worden war, metaphorische Bedeutung annimmt, schließt sie mit einer genau festgelegten Ausdruckskunst; und, wie Heidegger klar erkannt hat, es kann kein Bild, keine Metapher und kein Wort geben, das im Zusammenhang des Gedichtes nicht eine gedankliche und von innen heraus notwendige Stelle einnimmt und darum gerechtfertigt ist, wenn man das Verfahren und den Aufbau von Hölderlins Dichtung berücksichtigt. Die Stil-Forschung hatte versucht, die Struktur von Hölderlins Lyrik mit Hinweisen auf einen dreifachen Aufbau zu erklären, und sprach von einem Parallelismus zwischen Hölderlins und Hegels Dialektik. Ryans Arbeit über die Lehre vom Wechsel der Töne gibt uns den Schlüssel zum Verständnis der dichterischen Verfahrensweise, doch nicht mehr an Hand einer grundsätzlich gedanklichen Dialektik, sondern nach einer in der Poetik und Rhetorik enthaltenen Dialektik; jedes Gedicht offenbart mit der Aufeinanderfolge der Töne und der Auflösung des unter ihnen bestehenden Gegensatzes einen kreisförmigen Aufbau 281 . Damit stellt sich 279 280 281
L. J. Ryan, op. cit., S. 27. L. J. Ryan, op. cit., S. 32 f. Die alte Vorstellung von Regeln für die Dichtkunst, die noch in der Rhetorik des 18. Jh. gültig war, wandelt sich nun in den Gedanken an ein dichterisches Vorgehen, das gleichzeitig die Einheitlichkeit und die Verschiedenheit auf geistigem Gebiete bestätigt; die Unterscheidung der Gattungen oder Töne wandelt sich in eine Dialektik der drei mit ihnen zusammenhängenden Metaphern. Zur Klärung beziehen wir uns auf die Worte von Ryan: „Dichtung und Philosophie schließen sich also zu einem ähnlichen, um die ,ewige Schönheit' sich drehenden Doppelkreis zusammen wie ihrerseits die göttliche Schönheit und ihre beiden ersten ,Kinder', die Kunst und die Religion." (L. J. Ryan, op. cit., S. 97.) Bei einer Gegenüberstellung der Dialektik Hegels mit der Hölderlins stellt man fest, daß die Kunst, während Hegel insofern, als sie von der
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auch die Frage nach dem Mythos in Hölderlins Dichtung neu, die nun auf ein Verhältnis zwischen den Ausdrucksformen des Mythos und den drei Grundarten der Dichtung baut; der Mythos war für Hölderlin nur ein Weg zur Metapher — im Werk der Reife wird jener durch diese ersetzte. Ryan meint dazu: Alles in allem läßt sich die ,Mythe' oder das .Intellectuell-Historische' w o h l am besten als ein vorläufiger Ausdruck Hölderlins für jene Möglichkeit einer Vermittlung v o n Geist und Stoff auffassen, die er später als ,Metapher' begreift und als solche ausführlich begründet. Es dürfte kein Zufall sein, daß in den späteren und gewichtigeren Abhandlungen der Begriff des Mythischen kaum mehr vorkommt. 2 8 2
Das ist das gleiche, als wollte man sagen: Wenn das Mythische als Anregung gilt, muß man dennoch zwischen Mythos und Dichtung scheiden, weil sich der Mythos im Rahmen der Dichtung in eine Metapher oder — wenn man es so nennen will — in eine Analogie verwandelt. Hölderlin löste so nadi unserer Meinung die alte Rhetorik ein für allemal auf und entkräftigte ihre Unterscheidung von Gattungen; so setzte er der Überlieferung von Regeln der Dichtkunst ein Ende. Die Gattungen und die Regeln ersetzte er durch eine Erforschung der notwendigen inneren Dialektik des dichterischen Schaffensvorganges, die nicht begrifflich, sondern innerhalb der Dichtung selbst erfaßt wird. Den Anfang der modernen europäischen Dichtung, als deren Ausgangspunkt man gebräuchlicherweise Baudelaire und seine Poetik der Analogien ansieht, müssen wir nun ausdrücklich bis zu Hölderlin zurückverlegen, der wahrhaftig den Beginn einer neuen Dichtungslehre bezeichnet. Es sei gestattet, darauf hinzuweisen, daß Ryans Erläuterungen zum Wechsel der Töne in Hölderlins Dichtung wieder einmal unsere in dieser ganzen geschichtlichen Darstellung ausgedrückte Auffassung bestätigen und Hölderlin jene einmalige Stellung in der Geschichte der europäischen Literatur und in der Entwicklung der Poetik zubilligen, die ihm allein gebührt, aber bisher versagt geblieben ist. Die Grenze von Ryans Darstellung ergibt sich aus seinem Thema; er hat im Rahmen der Stil-Forsdiung verweilen wollen. Hölderlin überschritt aber mit der Ausarbeitung einer Ästhetik die Grenzen der Poetik, so daß man nicht mehr von einer Entsprechung zwischen Poetik und Poesie, sondern zwischen Ästhetik und Dichtung sprechen kann. Man könnte sagen, daß Hölderlin in Deutschland jenen Wandel der rhetorischen Begriffe herbeiführte, den Leopardi in Italien vollzog; Leopardi blieb aber innerhalb der Rhetorik. Hölderlin gelangte durch das Verständnis für die Beziehungen zwischen Kant und Schiller über jede Poetik hinaus wahrhaftig zu einer neuen Ästhetik. Im zweiten Teile des Buches „Der Wechsel der Töne in Hölderlins Lyrik" werden aber nicht nur die Übereinstimmungen zwischen der Theorie und ihrer prak-
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Philosophie überwunden und aufgelöst wurde, ihre Ende voraussagt, für Hölderlin nicht in der Philosophie aufgehen kann; vielmehr findet diese in der Dichtung immer neue Anregung. Auch dieser Gedankengang Hölderlins beweist uns sein Bestreben, zu einer Scheidung zu gelangen, die gleichzeitig den Forderungen der Philosophie und der Autonomie der Kunst genüge. L. J. Ryan, op. cit., S. 100. Hölderlin
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tischen Anwendung dargestellt, sondern die einzelnen Gedichte interpretiert, wozu Ryan die bedeutendsten Erkenntnisse der Hölderlin-Forschung heranzieht, auf die auch wir wiederholt hingewiesen haben und die er in seine neue Deutungsweise einarbeitet. Die fortlaufenden Bezüge auf die verschiedenen Interpreten haben nicht so sehr polemische Bedeutung, als sie vielmehr die von den vorausgegangenen Forschungen erreichten Ergebnisse mit einbeziehen. Die eingenommene Haltung und das Bestreben, ihr treu zu bleiben, erlauben es Ryan nicht, mehr als Hinweise, wenn auch in sich zusammenhängende Hinweise auf eine Gesamtdeutung von Hölderlins Schaffen zu geben; nichtsdestoweniger muß man sagen, daß nach dieser Untersuchung über die Lehre vom Wechsel der Töne nun auf Ryan die Aufgabe wartet, eine umfassende Deutung Hölderlins vorzulegen; hierin würde die StilForschung durch eine zusammenfassende ästhetische Darstellung von Hölderlins Entwicklung und Werk überwunden. * Wir haben unsere geschichtliche Darstellung der Hölderlin-Forschung mit einer kurzen Besprechung der dem Dichter in Italien gewidmeten Arbeiten begonnen; es sei gestattet, sie mit einem Hinweis auf die neuesten Untersuchungen und Übersetzungen zu schließen; sie beweisen die Aufmerksamkeit und Verehrung, die dem deutschen Dichter von der italienischen Wissenschaft entgegengebracht werden. 1957 bemerkte Piero Bigongiari in einem Aufsatze, der kürzlich in einem Sammelbande erneut veröffentlicht wurde, daß „il ,luogo' della poesia hölderliniana in Italie é intorno al 1936" 2 8 3 [„Hölderlins Werk um 1936 in Italien heimisch wurde"); auf diesen Zeitpunkt legt sich auch Giuseppe Bevilacqua fest 284 , und zwar gleidi in zwei Besprechungen von Leone Traverso 2 8 5 und in der Rezension der reichen Lyrik-Auswahl von Giorgio Vigolo 286 . Wie Bevilacqua ausführt, wurde genau im Jahre 1936 die Empedokles-Übertragung von G. Faggin herausgegeben und begann damals Vincenzo Errante seinen dreijährigen Vorlesungs-Zyklus über Hölderlin, zu dessen Abschluß er den Band „La lirica di Hölderlin" veröffentlichte, von dem wir schon gesprochen haben und in dem die Übertragung von 80 Gedichten durch einen umfangreichen Kommentar und einen einleitenden Aufsatz über das Leben des Dichters ergänzt wird. In den folgenden Jahren wurden die Werke des deutschen Dichters mehrmals übertragen, und zwar von Giorgio Vigolo, Diego Valeri, Leone Traverso und Gian Franco Contini. In der Betrachtung, auf die wir hingewiesen haben, legte Piero Bigongiari aber besonderes Gewicht auf das Jahr 1936, wobei er ausführte: 883 pietro Bigongiari, Hölderlin e noi. In: Poesia italiana del Novecento. Editore Fabbri, Mailand 1960. Man vgl. in: „Hölderlin-Jahrbuch" 1958/60, Rezensionen: Hölderlin: Inni e Frammenti, a cura di Leone Traverso; Friedrich Hölderlin: Poesie, tradotte da Giorgio Vigolo; von Giuseppe Bevilacqua. S. 223—234. «85 Friedrich Hölderlin, Inni e Frammenti, a cura di Leone Traverso. Zweisprachige Ausgabe bei Vallecdii, Florenz 1955. 288 Friedrich Hölderlin, Poesie, tradotte da Giorgio Vigolo. Neue Sammlung von Übersetzung in zweisprachiger Ausgabe bei Einaudi, Turin 1958. 284
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è intorno al 1936, quando le prime versioni dal poeta del Neckar, appunto di Leone Traverso, cominciarono a circolare dattiloscritte in quel gruppo di amici fiorentino die poi venne a trovarsi implicato, non s u a s p o n t e nè per sua iniziativa, nella grande polemica dell'ermetismo poetico e critico 287 . [es war um 1936, als die ersten Übertragungen des Dichters vom Neckar, die von Leone Traverso, maschinschriftlidi in jener Gruppe Florentiner Freunde zu kreisen begannen, die sich dann — non s u a s p o n t e und auch nicht auf ihre Veranlassung hin — in die große Polemik der dichterischen und kritischen Hermetik verwickelt fand.]
Das Verdienst dieser, nach einem sehr guten Ausdrucke Bigongiaris „trocken" genannten Übertragungen Hölderlins durch Traverso war es, dem in der italienischen Literatur jener T a g e empfundenen Drang nach einer Erneuerung damals entgegenzukommen; und auf diese Weise geschah es, daß Hölderlin einen deutlichen Einfluß auf die gegenwärtige Dichtung in Italien ausübt. Sicherlich dienten die Übertragungen von Errante, Alfero, Valeri, Contini und Giorgio Vigolo, der schon ab 1935 solche veröffentlicht hatte, einer besseren und vertiefteren Kenntnis des Dichters, es war aber dodi Traversos Fassung, die, wie es den jungen Freunden in Florenz erschien, zu denen auch Bigongiari zählte, ihren Forderungen am weitesten entgegenkam und die deshalb, wie Bigongiari bemerkte „ebbe dinanzi a sè la probabilità di una vita più lunga seppur più difficoltosa e pericolosa" 2 8 8 [„die Wahrscheinlichkeit eines längeren, aber auch schwierigeren und gefährdeteren Lebens an sich h a t t e " ] . Den Jünglingen, die nun jene Dichtungen lasen, schien es tatsächlich, daß diese sich „dall'avveramento stesso dell'esistenza" [„aus der wahren Verwirklichung des Seins"] erhoben; und wie die neue Generation italienischer Literaten einen neuen Leopardi entdeckt hatte, così essa vedeva in Hölderlin la rottura di quello stato di equilibrio che aveva amato in Foscolo ma die sentiva di dover rompere per liberare l'energia indiiusa nella parola foscoliana come i fisici nucleari con la materia-energia, al punto della disintegrazione dell'atomo 289 . [so sah sie in Hölderlin den Zusammenbruch jenes ausgeglichenen Zustandes, den sie an Foscolo geschätzt hatte, den sie aber jetzt glaubte, zerbrechen zu müssen, um die in Foscolos Wort eingeschlossenen Kräfte zu befreien, wie es die Kernphysiker bei der Atomzertrümmerung mit der Energie der Materie machten.]
Es schien uns angemessen, einige Stellen aus Bigongiaris Aufsatz anzuführen, dem dokumentarische Bedeutung zukommt. Welche Absichten Traverso mit seinen Übersetzungen verfolgte, erklärte er selbst in der bereits behandelten Untersuchung „Sugli ultimi inni di Hölderlin" [Über Hölderlins letzte H y m n e n ] ; und Bevilacqua erläuterte es vorbildlich in seiner Besprechung. Für jenen Kreis von Schriftsteller und Literaten, dem Traverso angehörte, schien das Problem in einer Befreiung der Dichtung von jeder herkömmlichen Rhetorik und von jeglicher praktischen oder von der Zeit auferlegten Aufgabe zu liegen: Piero Bigongiari, op. cit., S. 233. 288 p ; e r 0 Bigongiari, op. cit., S. 234. 289 p ; e r 0 Bigongiari, op. cit., S. 235.
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wobei sie allerdings kein unbekümmertes Spiel werden sollte, sondern vielmehr ein Mittel, um fundamentale Existenzverhältnisse zu entdecken oder, sagen wir besser, anzudeuten 290 .
Und der Forscher untersuchte, wie es zu einer syntaktisdi erneuerten Sprache kommen konnte, in der das Wort den Pfad zur Intuition weist, wie es Ungaretti schon zwei Jahrzehnte lang vorgezeigt hatte und was die jungen Dichter nach ihrer eigenen Auslegung noch vertiefen wollten. Hölderlin schien, besonders in seinen letzten Hymnen, dafür ein Vorbild zu sein; Traverso wollte mit seiner Ubersetzung zu dieser neuen Sprache beitragen. Die Strenge, mit der er sich an den deutschen T e x t hielt, zwang ihn, von der italienischen Sprache eine ungewöhnliche Geschmeidigkeit zu verlangen. Es kam dazu, daß er Hölderlin nach den gleichen Gesetzen übertrug, die der Dichter für sein eigenes Schaffen aufgestellt hatte; der italienische Übersetzer hielt sich an das Beispiel Hölderlins in seiner Pindar-Übertragung. Dazu bemerkte Bevilacqua: So wurde paradoxerweise eine Übersetzung, die hauptsächlich auf einer ,poética della parola' fundierte, indirekt auch diejenige, der es am besten gelang, die eigenartige Architektonik des späten Hölderlinstils mit all seinen ,inversis sub verbis latitantia' wiederzugeben 291 ;
und wir müssen seiner Behauptung voll zustimmen, daß sich in Traversos Fassung niemals, ja nicht einmal in den Landschaftsschilderungen, impressionistische oder beschreibende Hinweise finden, die nicht mit dem Text des Dichters übereinstimmen würden. Es ist so: „Traverso operiert an den Grenzen der Möglichkeiten der italienischen Sprache" 292 , und wir glauben, man kann ihm dabei keinerlei Vorwurf machen, nicht einmal den, die Sprache gezwungen zu haben, wenn man berücksichtigt, daß er bei der Übertragung eines Dichters von derartigen syntaktischen Schwierigkeiten mit gutem Recht auf sein Beispiel harter Fügungen und zerbrochener Rhythmen zurückgriff, die übrigens bei Dante nichts Ungewöhnliches sind. Bevilacquas Besprechung von Giorgio Vigolos in etwa drei Jahrzehnten herangereiften Übertragungen Hölderlins ist nicht weniger erschöpfend und genau; besonders wollen wir darauf verweisen, wie die Übersetzertätigkeit immer in Zusammenhang mit Vigolos eigenem dichterischen Schaffen betrachtet wird; das Werk sowie der menschliche Werdegang Hölderlins waren für ihn mehr und etwas anderes als die reine Bestätigung einer Poetik, sie besaßen für ihn eine tiefergehende Beispielhaftigkeit: etwa in der Thematik und in der formalen Disziplin; man könnte auch sagen: im Pathos und im Ethos, da dieses für Vigolo hauptsächlich E r ziehung des Ausdruckswillens ist. 293
Wir können also feststellen, daß Hölderlin, während er auf die Florentiner Gruppe anregend für die Entwicklung einer neuen Sprache wirkte, für Vigolo das Vorbild 290 291 292 293
Giuseppe Giuseppe Giuseppe Giuseppe
Bevilacqua, Bevilacqua, Bevilacqua, Bevilacqua,
op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S.
224. 225. 226. 227.
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von einem neuen Dichter vorstellte, sei dies in bezug auf seine Thematik, die formale Beherrschung oder das Ethos in seinen Dichtungen. Und dieser Parallelismus ist kein Ausnahmefall geblieben; die Forderung nach einer neuen Sprache für eine neue Dichtung fand eine Möglichkeit, auch diesem Übersetzerwerk Vigolos ihren Stempel aufzudrücken; Vigolo wandte sich nämlich nicht nur den letzten Hymnen zu, sondern den Gedichten der mittleren Zeit, den Oden und Elegien Hölderlins, und strebte nach einer durchsichtigen, harmonischen Sprache und nach wechselnden Rhythmen, wie es sich in die italienische Überlieferung fügt. Bevilacqua meint dazu: Schweres auszudrücken ohne spürbare Anstrengung, das ist unverkennbar Merkmal eines sprachlichen Werkzeuges, das auf dem Boden einer reifen literarischen Tradition gebildet worden ist. Dieser Boden ist im Falle Vigolos zunächst die italienische Klassik von Petrarca bis Leopardi. 2 9 4
Und nicht grundlos führt Bevilacqua das Urteil von Sergio Solmi aus seiner Einführung zu Quasimodo 295 als einen immer gültigen Maßstab an : L a parola dei classici tornava ad esserci esempio di esattezza leggera e profonda, di modestia e sincerità di confessione, di semplicità folta di echi. [Das W o r t der Klassiker kehrt zu uns als ein Beispiel wieder für eine mühelose und gründliche Genauigkeit, für ein bescheidenes und aufrichtiges Bekenntnis und eine Einfachheit voller Nachklänge.]
Bevilacqua beobachtet in dem Bestreben der italienischen Dichtung, sich vom Vorbild der drei großen Dichter der letzten Jahre, Carducci, Pascoli und D'Annunzio, zu befreien, den gleichen Kampf, den Hölderlin Schiller gegenüber durchstand. Es ist nicht uninteressant, daß Vigolo auf den Einfluß der lateinischen Klassik auf Hölderlins Werk hinwies; er folgt auch mit seinen italienischen Fassungen der Oden und Elegien dieser Überzeugung. Einige Kritiker stellten vielleicht bei den letzten Hymnen eine geringere Worttreue fest, bemängelten, daß die Sprache manchmal prosaisch werde, was jedoch die Gefahr eines deklamatorischen Tonfalles ausschlösse, der aber nach Vigolo Hölderlins Hymnen nicht immer mangelt 2 9 9 ; nichtsdestoweniger hält Vigolo die Hymnen für den Gipfel von Hölderlins Schaffen. Insofern wir von dem Einfluß gesprochen haben, den Hölderlins Dichtung auf die italienische Literatur ausübte, müssen wir den umfangreichen Aufsatz untersudien, den Vigolo seinen Übertragungen vorausgeschickt hat; darin „bekennt (Vigolo) sich selbst zu dieser ,poetica assoluta', die er aus den theoretischen und dichterischen Schriften Hölderlins deduziert und als aktuell verteidigt" 2 9 7 , wie Bevilacqua meint. 294
Giuseppe Bevilacqua, op. cit., S. 229.
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Man vgl. die Einleitung von Sergio Solmi zu Salvatore Quasimodo: Ed è subito sera . . .
298
Man vgl. auch: Ladislao Mittner, Una chiave per Hölderlin. In: Il Mondo, 6. Mai 1958;
Mondadori, Mailand 1942, zitiert bei G. Bevilacqua, op. cit., S. 230. ferner: Guido Schmidlin, Hölderlin in italienischer Sprache. In: Neue Zürcher Zeitung vom 3. Oktober 1958. 397
Giuseppe Bevilacqua, op. cit., S. 234.
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Tatsächlich verwandelt sich die Einleitung zu der italienischen Übertragung unter den Händen Vigolos zur Verkündigung eines dichterischen Programmes, gleichsam zu einem Manifeste der neuen italienischen Dichtung. Ehe wir jedoch Vigolos Ausführungen näher betrachten, wollen wir uns noch einer anderen der jüngsten italienischen Arbeiten zuwenden, auf die hinzuweisen wir bisher noch nicht die Möglichkeit hatten, und zwar der Einführung zu Hölderlins „Hyperion" von Mario Pensa298. Die Frage der gedanklichen Verwandtschaft zwischen Hegel, Schelling und Hölderlin ist von der Forschung schon eingehend behandelt worden; Pensa widmet ihr insofern seine Aufmerksamkeit, als er nachweist, daß die drei Tübinger Genossen auf „la ricerca di una formula dell'Umanesimo tedesco"299 [„der Suche nach einer Formel für den deutschen Humanismus"] waren. Doch wandten sie sich diesem Probleme nicht wie einer kulturgeschichtlichen Frage zu — und deshalb stehen ihre Bemühungen in keinem Zusammenhang mit der Entwicklung der Philosophie der Aufklärung, ja nicht einmal mit dem „Sturm und Drang". Es scheint uns aber, daß der deutsche Idealismus auf diese Weise aus der philosophischen Tradition Europas ausgeklammert wird. Zutreffend sind Pensas Bemerkungen über das Mystische, das zur Erneuerung des Idealismus beitrug; aber dadurch wurde der „rapporto logico di conoscenza" 300 [„logische Zusammenhang des Bewußtseins"] nidit ausgeschlossen. Pensa führt aus : L'uno e il Tutto è dunque l'Essere di fronte a cui Hölderlin, Schelling e H e g e l si sentono posti. La formula dell'Umanesimo germanico dipenderà dalla specie di rapporto, die essi riusciranno a stabilire fra il loro io e questo Essere 301 ; [Das Eine und das Ganze ist folglich das Sein, dem sich Hölderlin, Schelling und Hegel gegenübergestellt fanden. D i e Formel des germanischen Humanismus' wird davon abhängen, welches Verhältnis sie zwischen ihrem Ich und diesem Sein errichten werden;]
und darum untersucht der Verfasser, der sidi dabei auf Hegels Dialektik, Schellings Problem der Objektivität und Subjektivität und die Bedeutung seiner ästhetischen Lösung beruft, wie sich bei diesen beiden der Grundsatz der Identität ausdrückt. Dem steht die besondere Antwort gegenüber, die Hölderlin auf die Frage nach dem Verhältnis des Ichs zum Ganzen gab; und „Hyperion" wäre dann die Darstellung seiner philosophischen Gedanken. Hölderlin eignet die Bestimmung des Ganzen als Schönheit, seine philosophische Rechtfertigung nach einem Gedanken, den er beim Studium Piatons entdeckt hatte, der aber im Wesen des Dichters wurzelt. Eine zyklische Naturschau beherrscht den Roman und begründet auch die rhythmische Prosa, so daß Pensa Hölderlins Werk an die Seite von „De rerum natura" stellt; nach seiner Meinung enthält der Roman gleichzeitig die Gedanken zu einer Natur-Philosophie und Hölderlins Transzendental-Philosophie; die Schönheit ist 298 299 300 301
Mario Mario Mario Mario
Pensa, Pensa, Pensa, Pensa,
Introduzione allo Hyperion. Palumbo, Palermo 1954. op. cit., S. 9. op. cit., S . l l . op. cit., S. 12.
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das transzendentale Ich. Der Kreis, in dem sich die Identität zwischen dem Ich und dem All-Einen verwirklicht, die Vereinzelung des All-Einen im Einen, in sich selbst Geteilten, um mit einer platonischen Versöhnung der Anschauungen der Eleaten und des Heraklites in der Schönheit zur Synthese zurückzukehren — das wäre der Kern von Hölderlins poetisch-philosophischem Bildungs-Roman, der dem Schellings und Hegels zur Seite steht; und das ist, wie Pensa versichert, auch die Formel des „germanischen Humanismus". Aus diesen Voraussetzungen leitet der Verfasser die Entwicklung des Mythos im „Hyperion" ab, nicht von einer logisdien Grundlage, sondern von einem Erlebnis, dessen Wesen die gefühlsmäßige Spannung ist, der Augenblick der vollkommenen Subjekt-Objekt-Einheit, zu der man nicht mit dem Intellekt gelangen kann, sondern die miterlebt werden muß, nicht logisch verstanden werden kann. Die Mythen sind das Abbild des Einen in der Vielfalt; Hölderlin denkt durch sie, nicht begriff lidi; und unter allen im Roman auftaudienden Mythen ist die Landschaft der klarste. Der grundlegende Mythos aber ist Diotima, in der sich der Geist des Dichters abbildet; das Spiegelbild ist der Keim des ganzen Romanes. Das notwendige „Erlebnis" unterscheidet Hölderlin von den beiden befreundeten Philosophen, und Diotima ist in Wahrheit die Seele der Natur und gleichzeitig das Ebenbild des Geistes des Dichters, durch das er sich neuerlich des Grundsatzes von der Identität seiner Gedanken versichern kann. Pensa geht nicht auf die Handlung des Romanes ein und vernachlässigt so auch die Erlebnisse als ihren geschichtlichen Hintergrund; er sieht darin vielmehr eine dialektische Zerrüttung des Ausdruckes und schließlich „il fallimento della parola" 302 [„das Scheitern des Wortes"]. Den Stil des Romanes untersucht er an Hand der Syntax, indem er einen Teil aus „Hyperion" mit Stücken aus „Werther" und „Jacopo Ortis" vergleicht, um seine Annahme zu beweisen: „le parole, scardinate dal loro centro di realtà concreta, scivolano verso un centro di gravitazione che è al di fuori di loro" 303 [„die Worte sind aus dem Zusammenhang mit der Wirklichkeit gerissen und taumeln einem Gravitationszentrum zu, das außerhalb ihrer selbst liegt"]. Der Verfasser schließt mit der Behauptung, daß Hölderlin mit dem Natur-Kreis das Leben des Ichs umfaßt; und Pensa meint, das sei „il grande ed insolubile dramma spirituale di Hölderlin, come di tutto l'idealismo tedesco da Schelling a Nietzsche"304 [„die große und unlösbare geistige Tragödie Hölderlins wie des gesamten deutschen Idealismus von Schelling bis Nietzsche"]. Die Frage des „germanischen Humanismus" scheint sich auf diese Weise nicht zu lösen, weil er auf keinem gesicherten philosophischen Grunde steht; was Hölderlin betrifft, so ist sein Roman als „il doppio fallimento di parola e azione, che è in uno il fallimento del Titanismo" 305 [„das doppelte Scheitern des Wortes und der Tat, das gleichzeitig ein Scheitern des Titanismus ist"] zu betrachten. Hölderlins Titanismus ist schon von Vincenti und anderen untersucht worden, doch schien die Forschung 302 803 304 305
Mario Mario Mario Mario
Pensa, Pensa, Pensa, Pensa,
op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S.
47. 59. 62. 68.
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davon überzeugt zu sein, daß sein Werk darüber hinausginge; Pensas Aufsatz wirft neuerdings Fragen auf, welche die Forschung für bereits erledigt angesehen hatte. Bonaventura Tecchi besprach 1958 in einem Aufsatze, der kürzlich mit anderen seiner Arbeiten zu einem Bande vereint wurde 308 , die Einleitung von Giorgio Vigolo zu seiner Lyrik-Auswahl; darin bekräftigt er unter anderem, daß Vigolos Aufsatz „ripropone il problema dell'interpretazione del grande poeta tedesco non solo in Italia ma, oserei dire, anche in Germania e dovunque si ami la poesia" 307 [„die Frage nach einer Deutung des großen deutschen Dichters nicht nur in Italien neu stellt, sondern — wie ich zu behaupten wagen möchte — auch in Deutschland und wo immer man die Dichtung hochhält"]. Tecchi betont, daß Vigolo den „Archipelagus" und die Elegien den Hymnen vorzieht; auch weist er darauf hin, welch grundlegende Bedeutung Hölderlins Dichtungslehre innerhalb des deutschen Idealismus zukommt und wie Vigolo versucht, zu einer Bestimmung von Hölderlins Ästhetik zu gelangen; auf diese Weise wird Hölderlin zum Vorgänger Hegels gestempelt. Ferner beobachtet Tecchi, während er vom Wandel und Werden, also von der in Hölderlins Dichtung enthaltenen Dialektik, und vom Wechsel der Töne spricht, daß sich in der Beständigkeit der reichhaltigen Gegensätze und im stets abgewandelten Spiel der Töne „una specie di circolarità" [„eine Art von Kreisbewegung"] bildet, die Tecchi auch in Goethes Dichtung nachgewiesen hatte 308 . Er bemerkt ferner noch, daß sich Hölderlin insofern von den Romantikern unterscheidet, als ihm die romantische Ironie mangelt und er nach einer steten Reinigung der Leidenschaft in der Liebe und nicht nach ihrer Verherrlichung strebt; und deshalb hat auch die Einsamkeit eine andere Bedeutung, weil sie dem Gemeinschaftssinn Platz macht, „un banchetto, un convito, quasi un a g a p e " 3 0 9 [„einem Fest, einem Gastmahl, gleichsam einem . a g a p e ' " ] . In der Art eines Kommentares zu Vigolos Ausführungen bestand Tecchi darauf, daß der Schritt von den antiken Gottheiten zu Christus eher eine Ergänzung als eine Umkehr darstellt; und bezüglich Vigolos italienischer Fassung schrieb er, daß sie in der Wort-Wahl und -Stellung, in der Betonung des Verses und der Strophe „alla legge del divenire, dell'alternanza di diversi modi del discorso poetico" [„dem Gesetz des Werdens und des Wandels verschiedener Motive in der Rede des Dichters"] gerecht werden möchte, also dem „fluire della parola in Hölderlin" 310 [„Fließen der Worte bei Hölderlin"]. Wir haben auf Bevilacquas Besprechung hinweisen und an die Arbeit Tecchis erinnern wollen, weil sie beide zum Beweis für die Wichtigkeit von Vigolos Aufsatz dienen; und diesen halten wir gemeinsam mit Mittners Ausführungen gewiß für die wertvollste Hölderlin-Deutung der italienischen Schule. Es drängt uns, darauf aufmerksam zu machen, daß Vigolo mit seiner Darstellung nicht nur eine 306
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Bonaventura Tecdii, Hölderlin nell'interpretazione di Giorgio Vigolo. In: Romantici Tedeschi. Ricciardi, Mailand-Neapel 1959. B. Tecdii, op. cit., S. 187.
Man vgl.: B. Tecdii, Sette liriche di Goethe. Laterza, Bari 1959, S. 81. 309 B Tecchi, Romantici Tedeschi, op. cit., S. 199. 310 B. Tecchi, op. cit., S. 206.
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mit Hölderlins philosophischen und dichterischen Problemen vollkommen übereinstimmende Lösung vorlegt, sondern daß er über die eigentliche Aufgabe des Forschers hinausgegangen ist und gleichsam ein ideales Bild von jenem großen Dichter zeichnet, der unserer Zeit „una nuova speranza nella poesia, non solo sul piano estetica, ma come rigeneratrice spirituale del mondo moderno, come risanatrice della sua crisi"311 [„neues Vertrauen in die Dichtung, nicht nur in ästhetischer Hinsicht, sondern als geistige Erneuerin der modernen Welt und als Heilerin ihrer Krise"] schenkt; und mit diesem Hinweise nähert sich Vigolo unbeabsichtigt jener metakritischen Deutung, die Heidegger von Hölderlin gab. Vigolo setzt sich zunächst mit dem Verhältnis Hölderlins zum Realismus auseinander und erinnert dabei an die Versuche, den Kern des dichterischen Erlebnisses zu erfassen und in ihm den reinen Ausgangspunkt zu erkennen, in den auch das mystische und das religiöse Erlebnis einmünden. Hölderlin bezeichnet den Zusammenfluß dieser beiden Ströme, der Dichtung und der Philosophie; für ihn wird die Dichtung nach „un idealismo poetico assoluto" [„einem absoluten dichterischen Idealismus"], der deshalb erstmals bei Hölderlin als eine „fenomenologia dello spirito poetante" [„Phänomenologie des dichtenden Geistes"] aufgetreten ist, zur „fondazione del mondo nella p a r o l a . . . e diretta manifestazione dell'Essere"312 [„Grundlegung der Welt im W o r t . . . und zum direkten Ausdruck des Seins"]. Für uns ist es hier nicht bedeutsam, uns mit der Richtigkeit dieser Ansicht Vigolos auseinanderzusetzen oder auf die Untersuchung des Parallelismus zwischen dem Dichter und den beiden Philosophen zu verweisen; viel wichtiger ist es, die Bedeutung der dichterischen Intuition Hölderlins als treibende Kraft bei der Entwicklung und Vollendung der philosophischen Systeme von Hegel und Schelling hervorzuheben. Vigolo spricht von Hölderlins „lingua degli dèi" [„Göttersprache"], die von einem „alternarsi e divenire" [„Wandeln und Werden"] gebildet wird; das ist seinem Wesen nach „la ritmica interna della poesia di Hölderlin" [„die innere Rhythmik von Hölderlins Dichten"], in dem sich folglich Subjekt und Objekt, das Ich und das Ganze in stetem Fließen versöhnen; „l'immagine continuamente Riveniente' è sempre soggetta, dopo un breve indugio nella sua identità, al dileguare, al perire, al trapassare nell'altro" 313 [„das beständig werdende Bild ist nach einem kurzen Halt bei seiner Identität immer dem Schwinden, dem Vergehen und dem Übergang in das nächste unterworfen"]. In diesem Rhythmus erkennen wir gleichzeitig die Tragik Hölderlins und, um das Grundthema von Ryan wiederaufzunehmen, den Wechsel der Töne. Wie Hegels Philosophie eine Philosophie der Identität ist, so entspricht die Hölderlins einer poetischen Identität, in der die lebendige Intuition für die Dialektik und damit für den Rhythmus sorgt. In diesem Rahmen gelangt Vigolos Abhandlung zur Lösung von Hölderlins Problematik, der Spannung zwischen Universellem und Individuellem, zwischen 311
312 313
Man vgl. die Einleitung von Giorgio Vigolo zu „Friedrich Hölderlin: Poesie". Einaudi, Turin 1958, S. 69. Giorgio Vigolo, op. cit., S. 14 f. Giorgio Vigolo, op. cit., S. 18 f.
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Organischem und Aorgischem; als H e l d der Tragödie betrachtet er daher den Mythos des Empedokles, darüber hinaus aber noch die neue Erscheinung Christi: Nel più tardo svolgersi della sua vita poetica, quando Hölderlin vedrà riapparire Cristo al convito degli dèi, la sua tragicità si solleverà a una concezione ancora più alta, al nucleo stesso della filosofia cristiano-romantica, ponendo al luogo della morte del singolo, la morte del Dio. 3 1 4 [In der späteren Entwicklung seines Dichterlebens, wenn Hölderlin Christus am Festmahle der Götter wieder erscheinen sehen wird, wird sich seine Tragik zu einer noch höheren Vorstellung erheben, zum Keim der christlichen Philosophie der Romantik, die an die Stelle des Todes des Einzelnen den Tod des Gottes einsetzt.]
Wie schon Tecchi wollen auch wir darauf hinweisen, daß Vigolo auf diese Weise der Forschung das Problem des unlösbaren Gegensatzes zwischen dem Dichter, der sich dem Preise von Mythen und Göttern widmet, und dem Dichter, der Christus anerkennt, entzieht. Gegenüber Hegels Behauptung von der Zweckmäßigkeit alles Wirklichen hebt Vigolo bei der Ähnlichkeit zwischen Hegel und Hölderlin hervor, daß oggi, che molte derivazioni della concezione logica sono giunte all'estremo, noi cominciamo a guardare a Hölderlin, come al poeta dell'altra via che pone la poesia a fondamento del mondo, della vita, della realtà stessa; 315 [wir heute, wo viele Ableitungen von logischen Begriffen bei ihrem Endpunkt angelangt sind, beginnen, Hölderlin als den Dichter des anderen Weges zu sehen, auf dem die Dichtung zur Grundlage der Welt, des Lebens und der Wirklichkeit gemacht wird;]
und er betont die Logik in Hölderlins Poetik, d. i. die Bedeutung des Rhythmus als das Verbindende aller geistigen Fähigkeiten gegenüber der intellektuellen L o gik. W i r wollen nochmals darauf hinweisen, daß diese Vorstellung Hölderlins von der Dichtung als Grundlage der Welt den Gedanken Baudelaires verwandt ist, für den der Dichter der Seher und der wahrhaft Wissende ist, denn er allein erkennt den Aufbau der W e l t als ein System von Analogien. Wenn aber diese Verwandtschaft gesichert ist, dann stimmt es ebenso, daß in Hölderlins Augen die Dichtung jede andere Fähigkeit in sich aufnimmt und so gleichzeitig zur Grundlage der W e l t und zur „affermazione dell'essere a fondamento della poesia" 3 1 6 [„Bejahung des Seins auf der Grundlage der Dichtung"] wird. Es ist offensichtlich, daß sich Vigolos Auslegung hier wieder einmal der Heideggers nähert, doch nun im eigentlichen Sinne Hölderlins. Hölderlins Lehre von der Dichtung ist eine Ästhetik, die das Einmalige der Dichtung und, wie wir sagen können, auch das ästhetische Apriori fordert; die Bedeutung jener „lebendigen Intuition", von der Hölderlin sprach, läßt sich folglich aus der „Begeisterung" ableiten, in der sich die Individualität zur allgemeinen Bedeutung erhebt. Nach Vigolos Worten vollzieht sich in der Begeisterung die Versöhnung der beiden Begriffe 314
Giorgio Vigolo, op. cit., S. 22.
315
Giorgio Vigolo, op. cit., S. 25. Giorgio Vigolo, op. cit., S. 27.
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in quanto l'ispirazione entusiastica è insieme una e m a n a z i o n e della poesia cosmica nell'Io del poeta e una unione mistica dell'Io del poeta col Tutto, la quale infine si ipostatizza nella persona di Christo, conciliatore cosmico, m e d i a t o r D e i 317 . [insofern, als die enthusiastische Inspiration gleichzeitig eine E m a n a t i o n der kosmischen Poesie in das Ich des Dichters und eine mystische Vereinigung des Ichs des Dichters mit dem Ganzen ist, das sich schließlich in der Gestalt Christi hypostasiert, im kosmischen Versöhner, im m e d i a t o r D e i.]
Zur Begeisterung gesellt sich aber auch die Vorstellung vom Tragischen, weil sich das Endliche im Unendlichen befreit; aus dem Fließen, dem Tragischen, erhebt sich der Gedanke vom Maß zum Lyrisdien und hierauf zum Idealen. Es scheint, als ob Vigolo in seinen Ausführungen beständig auf den Wechsel der Töne hinweise, indem er annimmt, daß hierin die Lösung für Hölderlins Problematik liege, ohne daß es ihm jedoch gelänge, die Dialektik in ihr herauszuarbeiten; nichtsdestoweniger erkennt er, daß die rhythmische Lösung dieser Dialektik in einem „cursus" liegt, in dem sich der Augenblick des Betrachtens und der Augenblick der Tat auf die gleiche Weise ausglichen, wie sich der romantische Schwung mit der klassischen Geschlossenheit versöhnte. Nachdem Vigolo Hölderlins Dichtungslehre auf diese Weise dargestellt hatte, wandte er sich, nach seinem eigenen Ausdruck: „la fenomenologia dello spirito poetante" [„der Phänomenologie des dichtenden Geistes"] zu, also einer Untersuchung der bedeutendsten Elegien, weil es ihm schien, daß diese, und besonders „Der Archipelagus", den Höhepunkt und die Vollendung im Aufbau von Hölderlins Dichtungen darstellen: Il passato, il presente ed il futuro vengono assunti in una grande sintesi e articolati in essa come i tre momenti di una triade dialettica, in cui il primo è negato dal secondo, ma ritorna potenziato nel terzo. 3 1 8 [Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges werden in eine große Synthese aufgenommen und in ihr w i e die drei Stufen einer dialektischen Dreiheit ausgedrückt, in der die erste von der zweiten verneint wird, doch auf der dritten potenziert zurückkehrt.]
Man könnte den Aufbau von „Archipelagus" nicht besser erläutern, jener Elegie, in welcher der Dichter eine vollkommene Objektivierung erreichte, wo er nicht die Ereignisse der Perserkriege erzählt, und die nach Vigolos Worten dennoch „un poema poetato dagli elementi, dalle forze cosmiche e storiche che vi si intrecciano" 319 [„ein aus den Elementen, aus den kosmischen und geschichtlichen Mächten, die sich hier gegenseitig durchdringen, zusammengesetztes Gedicht"] ist. Hölderlins Mythologie besteht aus „ipostasi poetiche di enti della Natura o di sfere di rapporti del Vivente" 320 [„poetischen Hypostasierungen von Entitäten der Natur oder Beziehungssphären des Lebendigen"], und dieser Deutung folgend erklärt der Verfasser auch die Hymne „Wie wenn am Feiertage . . u n d die Elegie „Menons 317 318 319 320
Giorgio Giorgio Giorgio Giorgio
Vigolo, Vigolo, Vigolo, Vigolo,
op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S.
35. 41. 42. 42.
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Klagen um Diotima", deren Übereinstimmung mit dem Aufbau der anderen großen Elegie, „Der Archipelagus", er hervorhebt. Andererseits ist dieses Wandeln und Werden, auf das wir hingewiesen haben, das Thema von „Brot und Wein", wo die Entstehung der Weltzeitalter wie ein „alternarsi (Wechseln) die Notte e di Giorno in una rotazione universa" 321 [„Wechseln von Tag und Nacht bei einer Umdrehung der Erde"] gesehen wird; und der göttliche Versöhner zwischen den beiden Gegensätzen ist Dionysos-Christus. Christus erscheint dem Dichter als die höchste Hypostasierung der Begeisterung in der Dichtung; und mit einem kühnen Schritt, der dem Geiste des Dichters entspricht, geht Vigolo noch weiter: die Göttersprache entsteht durch Christus, das Wort, das Verbum. Eine solche Auslegung scheint uns aber umso gefährlicher zu sein, als sie nicht nur über die Grenzen der Dichtung hinausgeht, sondern auch Anlaß zu philosophischen und theologischen Abschweifungen geben kann, von denen wir schon viele Beispiele gesehen haben; und es ist nicht gewiß, ob derartige Ausführungen einem besseren Verständnis von Hölderlins Dichtung dienen. Sicher ist aber, daß die Dichtung für Hölderlin eine Offenbarung des Göttlichen ist und sich die Ankunft der Götter innerhalb der Geschichte vollzieht. Vigolo bestätigt damit eine grundsätzliche Behauptung der Hölderlin-Forschung und fährt fort: Questo senso dell'immanente, del divino che è presente e reale sulla terra, si rafforza sempre di più nell'ultimo Hölderlin, costituendo il carattere principale della sua ,Umkehr', del rivolgimento, della conversione alla terrestrità e all'elemento della patria (Vaterländisches). 322 [Dieser Sinn für das Immanente, das Göttliche, das auf der Erde anwesend und wirklich ist, verstärkt sich im späten Hölderlin immer mehr und stellt den Grundzug seiner Umkehr dar, seiner Rückwendung zum Irdischen und zum Vaterländischen.]
Vigolos Aufsatz faßt in einer neuen Sicht einige der wesentlichsten Ergebnisse der Hölderlin-Forschung zusammen. Auch mit seinen Überlegungen zur Sprache des Dichters bestätigt er gleichzeitig die bedeutendsten Forschungs-Ergebnisse und weist er auf einen noch nicht ausreichend bedachten Umstand hin: Er spricht von Hölderlins Sprache als „un'amalgama biblico-pindarico" [„einem Gemisch aus der Bibel und Pindar"], denn das sprachliche und stilistische Urbild war für Hölderlin doch immer die Heilige Schrift in der Übertragung Luthers mit ihrem theologischen Untergrund; und dazu gesellte sich auch die Latinität, nicht nur aus der Patristik, sondern von den lateinischen Klassikern Vergil und Horaz und besonders — etwa in der dem Archipelagus gewidmeten Elegie — von Lukan. Zu dieser Überlieferung kam noch der Einfluß Goethes; und Vigolo weist recht glücklich auf thematische Übereinstimmungen bei Goethe und Hölderlin hin. Zur Ausbildung der Hymnensprache tritt dann schließlich noch das Griechische hinzu, das sich aus den Studien und den Übertragungen von Pindar und Sophokles ergeben hatte. Vigolo bemerkt dabei, daß dem Dichter aus Schwaben auf sprachlichem Gebiete jene Vereinigung der griechischen Welt mit dem Christentum gelungen war, die zu erreichen 321 322
Giorgio Vigolo, op. cit., S. 44. Giorgio Vigolo, op. cit., S. 48.
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auch in „la conciliazione dialettica o lirico-mitica di Cristo con gli dei"323 [„der dialektischen oder lyrisch-mythischen Versöhnung Christi mit den Göttern"] seine Absicht gewesen war. Diese Beobachtung trifft nicht nur zu, sie entspricht gleichzeitig auch einer Anerkennung der Gültigkeit von Hölderlins Werk, auch wenn sich die dialektische und mythische Vereinigung nicht vollzog; wir können vielmehr sagen, daß dies eine Seite Hölderlins, des Dichters der Krise, ist. Vigolos Aussagen über die Sprache werden durch einige Beispiele und Hinweise auf für den Dichter bezeichnende Stellen, auf seine Ästhetik und auf ein in der Ästhetik wie in der Dichtung vorherrschendes Motiv bewiesen: „l'infinito limitato, legato nel finito"324 [„das begrenzte, an das Endliche gebundene Unendliche"], das Thema, das auch in der Ode „Der gefesselte Strom" beispielhaft bearbeitet wurde. Vigolo wagte es mit seinen Betrachtungen ferner, sich auf Grund seiner Sprachtheorie audi der Beschreibung des Auflösens des Aufbaues der Dichtung mit dem dunklen Auftauchen von nicht mehr beherrschten Analogien zuzuwenden; und wenn wir auch das Fragmentarische einiger der großen Hymnen anerkennen müssen — insofern, als diese Bruchstücke erfüllt von Bedeutungen und Geistesblitzen sind, müssen wir das Urteil von Vigolo annehmen; er spricht von „fermentazioni a n a m n e s t i c h e , autonome e per se stanti, disancorate ed erratiche, dove le improvvise frammentarie insorgenze della memoria si mescolano nel processo delle analogie e delle attrazioni foniche e associative"325 [„Gärungen der Erinnerung, die unabhängig für sich allein dastehen, entwurzelten Findlingen, in denen sich die unvorhergesehenen und bruchstückhaften Brocken der Erinnerung in einem Vorgang dichterischer Analogie, lautlicher und gedanklicher Assoziationen vermischen"]. Nach Vigolo ist es in diesen Fällen die Aufgabe der Forschung, „di mirare alla ricognizione di tali frammenti di memoria, alla identificazione della loro provenienza" 326 [„nach der Erkenntnis solcher Bruchstücke der Erinnerung und der Bestimmung ihrer Herkunft zu trachten"]; er meint, daß sich in früheren Werken oder in der Lektüre des Dichters, in seinen Briefen oder in seinem Leben Hinweise finden können. Uns scheint es jedoch, daß, während einerseits diese Arbeiten für die Kenntnis der Entstehung und der Ausarbeitung selbst einer unvollendeten Hymne nützlich sein können, es andererseits wichtiger ist, ihre Bedeutung und ihren ästhetischen Wert zu bestimmen; wenn sich ein solcher findet, dann ist es zweitrangig, welche genauen Tatsachen oder — mit Vigolos Ausdruck „armonici di memoria" — Grundtöne der Erinnerung dem Dichter aus seinen früheren Werken oder einstmals übersetzten griechischen Texten aufgestiegen sein könnten. Zuletzt wendet sich Vigolo noch einem bekannten und für den Dichter wesentlichen Punkte bei der Übereinstimmung zwischen Griechenland und Germanien zu und erläutert er hauptsächlich das Romantische in dieser Sehnsucht nach dem Griechentume, die wir ungeschichtlich nannten; und Vigolo kommt zu folgender Aussage über den Dichter: 3 3
-
324 325 326
Giorgio Giorgio Giorgio Giorgio
Vigolo, Vigolo, Vigolo, Vigolo,
op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S.
52. 53. 54. 55.
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Egli è l ' i n v e r s o d i u n g r e c o innocentemente calato nel vitale elemento dei suoi istinti e del suo eros . . .; egli sogna la Grecia, come paradiso perduto, come incantevole adolescenza dell'umanità. 327 [Er ist die U m k e h r u n g eines unschuldigen G r i e c h e n , der in das Vitale seiner Instinkte und seines Eros hinabgedrungen i s t . . .; er träumt von Griechenland als dem Verlorenen Paradies, als der berückenden Jugendzeit der Menschheit.]
Die Übertragung des Traumes in die Zukunft schließt den Mythos von einem Deutschland mit ein, in dem das Griechentum wieder aufleben wird. In dieser besonderen Auslegung von Rousseaus Goldenem Zeitalter, das im antiken Griechentum vorausgesetzt wird, sieht Vigolo eine Übereinstimmung mit dem romantischen Seelenzustand und auch mit Hölderlins Titanismus; er führt aus: questa inversione delle epoche, die è poi la causa metafisica della follia del poeta, mette nell'intimo candore della sua p i e t a s un senso di trasgressione, di eresia antistorica come di voler risuscitare i m o r t i . . • 32S ; [diese Umkehrung der Zeitalter, die später der metaphysische Grund für die Geisteskrankheit des Dichters wird, gibt der inneren Unschuld seiner P i e t a s den Anschein einer Übertretung, einer geschichtlichen Irrlehre, als wolle er die Toten erwecken . . . ; ]
hier beschäftigt sich Vigolo wirklich nicht mehr nur mit der Frage von Hölderlins Titanismus, sondern mit einem Irrtum in der Deutung der Geschichte, wenn es nicht so wäre, daß die Vergangenheit von Hölderlin als ein Versprechen für die Zukunft angesehen wird; und gerade hier, jenseits des Titanismus, findet sich nach unserer Meinung das Revolutionäre im Dichter, diese Forderung nach einer vollkommenen Wandlung und Umwertung, worin wir einen Endpunkt seiner Erfahrung sehen, die wie die Entwicklung der nachhegelianischen Philosophie verläuft. Die Annäherung zwischen Griechenland und Germanien, die für Vigolo nur das Ergebnis der philologischen und humanistischen Überlieferung in Deutschland ist, nimmt folglich für uns eine andere Bedeutung an, indem wir eine neue Übereinstimmung zwischen dem Dichter und unserer Gegenwart erblicken. Wenn beim alten Hölderlin neuerlich das Bild Christi erscheint und sich darstellt, dann kann es auch sein, daß sich dies nicht, wie Vigolo meint, durch „un rifluire di motivi contrari" [„ein Wiederauftauchen gegensätzlicher Motive"] in einem geschichtlichen Irrtum des Dichters vollzog, sondern vielmehr deshalb, weil sich in diesem Bilde die oberste Versöhnung der Gegensätze ausdrückt. Und auch Vigolo schreibt dazu: Così nell'inno ,Patmos* rifluiscono, si potenziano, si arroventano, in una apocalisse visionaria, i principali motivi della poetica e della cosmologia hölderliniana, incendiando di un profetico bagliore pentecostale l'occiduo cielo sotto il quale fra poco il poeta stesso tramonterà. 3 2 9 [So fließen in der Hymne .Patmos' die Hauptmotive aus Hölderlins Dichtungslehre und Kosmologie zu einer visionären Apokalypse zusammen, potenzieren sich, beginnen zu glühen und entflammen mit einem prophetischen, pfingstlidien Schimmer den abendlichen Himmel, mit dessen Sonne bald auch der Dichter selbst versinkt.] 327 328 328
Giorgio Vigolo, op. cit., S. 57. Giorgio Vigolo, op. cit., s. Anm. S. 58. Giorgio Vigolo, op. cit., S. 62 f.
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Das Christliche ist also ein Zug in diesem erhabenen Gefühl von etwas Heiligem, das all den positiven und dogmatischen Überstürzungen und Ausformungen vorausgeht, von denen Vigolo spricht; und deshalb findet der Forsdier bei Hölderlin die Einheit des Menschen mit dem Göttlichen, des Endlichen mit dem Unendlichen; und die Frage, die Forschung und Ästhetik an Hölderlin stellen, bezieht sich auf das Verhältnis von Dichtung und Religion. Der Dichter will tatsächlich „riportare la poesia al primo piano delle forze che modificano il corso degli eventi" 330 [„die Dichtung mit jenen Mächten, die den Ablauf der Ereignisse verändern, in die erste Reihe zurückführen"]; und wie Hegel die philosophischen Fragen vollkommen auflöste, so gelangt Hölderlin — nach Vigolos Ausführungen: muovendo dalle stesse premesse, dalla stessa formazione culturale, filosofica, teologica ed estetica, dallo stesso culto per la Grecia, rivissuto in terreno di filosofia germanica e conciliato con la riscoperta romantica del cristianesimo 331 , [indem er von den gleichen Voraussetzungen ausging, von der gleichen kulturellen, philosophischen, theologischen und ästhetischen Umwelt, von der gleichen Verehrung für Griechenland, das im Rahmen der deutschen Philosophie neu erlebt und mit der romantischen Neuentdeckung des Christentums versöhnt wurde,]
zu einer integralen Lösung in der absoluten Poetik, von der Vigolo meint, daß wir ihr heute folgen sollten; sie stellt die neue Hoffnung dar, daß die Dichtung zu ihrer höchsten Aufgabe, dem Heil der gegenwärtigen Krise, zurückkehren werde. Auf diese Weise überschreitet die Untersuchung, auf deren außerordentlichen Ideenreichtum und deren engen Zusammenhang mit den Fragen der HölderlinForschung wir hinweisen wollten, die Grenzen eines Aufsatzes; die Gestalt Hölderlins wird zum Vorbild für den Dichter der neuen Zeit. Wir finden darin wiederum das unbeabsichtigte Zusammenfließen von Vigolos grundsätzlich ästhetischer Forschung mit Heideggers Hermeneutik; die Dichtung wird zur Verkündung, zur Voraussage. * Zum Abschluß unserer Geschichte der Hölderlin-Forschung möchten wir uns der Führung Martin Heideggers anvertrauen und den Dichter nach der letzten Rede deuten, die der Philosoph ihm gewidmet hat; und es freut uns, feststellen zu können, daß diese Rede der Erhabenheit Hölderlins das bisher größte Lob zollt. In dem Kapitel über „Hölderlin und Heidegger" haben wir ausführlich von dem Parallelismus gesprochen, den man zwischen den philosophischen Gedanken Heideggers und Hölderlins Dichtung erstellen kann. Wir schrieben damals, der Philosoph habe erkannt, wie ein Grundgesetz den dichterischen Ausdruck regelt und somit alle Zufälligkeiten ausschließt; es scheint uns, daß dies ein auch für die ästhetische Betrachtung voll gültiger Endpunkt der Überlegungen ist. Damit sind audi jene Deutungen gerechtfertigt, die der Philosoph zu einigen Gedichten Hölderlins vorgebracht hat; diese Ausführungen gelten aber ferner als Unterlagen für die Bestimmung von Heideggers Ästhetik. In der kürzlich veröffentlichten Rede über 330 331
Giorgio Vigolo, op. cit., S. 68. Giorgio Vigolo, op. cit., S. 68.
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„Hölderlins Erde und Himmel" 332 bestätigt der Philosoph die Ergebnisse seiner bisherigen Gedanken über Hölderlin und legt er eine der letzten, unvollendet gebliebenen Hymnen aus, „Griechenland", eines der interpretativen Auseinandersetzungen angemessensten Werke. In den „Vorbemerkungen zu dem Vortrag in München" erinnert Heidegger an ein Wort Kants, der sagte, es sei leicht, etwas zu entdecken, wenn wir bereits darauf hingewiesen wurden, in welcher Richtung wir es zu suchen haben, und bezieht er diese Aussage auf Norbert von Hellingrath: Er hat uns als erster gezeigt, wie man Hölderlin deuten müsse. Heidegger knüpft somit mit seinen Ausführungen ausdrücklich an diese Entdeckung Hölderlins und den neuen Anfangspunkt der Forschung an, die sich mit dem Namen von Hellingrath verbinden. Das bedeutet aber nicht, daß der Philosoph beabsiditigt, einen Beitrag zur Hölderlin-Forschung zu leisten, sich also strengstens auf dem Gebiete literarischer Betrachtungen zu bewegen, da er von Anfang an darauf hinweist, daß Hölderlin weder zum Eigentum der Philologen, noch der Philosophen gestempelt werden könne, ja nidit einmal ein alleiniger Besitz dieser beiden sei; die Frage sei vielmehr, ob wir heute, in unserer geschichtlichen Lage, befähigt seien, an der Dichtung Hölderlins teilzuhaben. Nach Heidegger gibt es überhaupt keinen genau festgelegten Weg, der zur Erhabenheit dieser Werke führt; umso bedeutsamer ist es, daß sich Heidegger auf ein Wort von Valéry beruft, das in unserer Abhandlung wiederholt angeführt wurde; der Hinweis hat den Wert einer Ubereinstimmung mit der Theorie über die reine Dichtung, von der alles ihr Fremde ausgeschlossen wird; zur Erläuterung führt Heidegger ein Stück jener Rede über die Poesie an, die Bettina von Arnim in ihrer „Günderode" Hölderlin in den Mund legt. Von einem Gedichte kann es nach Heideggers genauer Beobachtung keine endgültige Deutung geben, weil der Dichter zu uns über jene Probleme spricht, die wir selbst an seine Dichtung herantragen und die in die Deutung einfließen. Wenn wir aber das aus der Zeit um 1802 stammende Hymnen-Fragment „Griechenland" erläutern wollen, können wir die Voraussetzungen dazu wenigstens in dem gleichzeitigen Brief an Böhlendorf finden. Einige Gedanken daraus kehren in dem Gedicht wieder; und der ganze Brief bezieht sich auf Fragen der Kunst; Heidegger will also einige Züge in Hölderlins Ästhetik erklären, weil diese von sich aus die Deutung der Dichtung erhellt. Der Philosoph stellt drei Tatsachen in den Mittelpunkt seiner Ausführungen: In erster Linie, daß Hölderlin erst jetzt, nach seiner Rückkehr aus Südfrankreich in das Vaterland glaubt, eine bessere Kenntnis des besonderen Wesens der Griechen zu besitzen; ferner, daß der Dichter aus seiner Heimatstadt antwortet, als die Zeit seiner Fahrten zu Ende ist und er sich des Vergangenen und der Reisen in diesem besonderen Lichte erinnert, das ihn in der Heimat umflutet und für ihn Philosophie und Freude bedeutet; und schließlich nimmt sich Heidegger ein Wort Hölderlins über „das Höchste der Kunst" 333 vor. Zur Erläuterung sei ferner nodi 332
333
Martin Heidegger, Hölderlins Erde und Himmel. In: „Hölderlin-Jahrbuch 1958/60". Tübingen 1960. Martin Heidegger, op. cit., S. 22.
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darauf hingewiesen, daß Heidegger annimmt, der Dichter habe jene „vaterländische Umkehr", von der so viel gesprochen wird, bereits vollzogen, als er sich neuerlich Griechenland zuwendet, das für ihn nicht ein hesperisches Land bezeichnet, sondern „das Morgenländische". Wir beabsichtigen nicht, Heideggers Deutungen zu den in Betracht gezogenen Stellen aus Hölderlins Brief an Böhlendorf nachzugehen. Es möge der Hinweis genügen, daß Heidegger auf Hölderlins Piatonismus und seine Vorstellung von der Schönheit hinweist, die echt griechisch mit der Wahrheit zusammenfällt; und darum beschreibt er nicht Hölderlins romantisches Sehnen nach dem antiken Griechentume, sondern vielmehr, wie sich diese antike Welt durch die innere Betrachtung des Dichters neu beleben konnte. Wir wollen damit sagen, daß Heidegger in Gegensatz zu jenen, die in Hölderlin nur das romantische Sehnen nach einem Traum sehen, der sich für ihn als das Griechenland des Altertums darstellt, und ebenso in Gegensatz zu jenen, die vorgeben, in Hölderlin die Wiedergeburt einer griechischen Seele und der griechischen Religiosität zu erblicken, wobei sie grundlegend geschichtswidrige Ansichten auftischen, mit seiner Ausarbeitung jener Deutung, die der Dichter dem antiken Griechentum angedeihen hat lassen, zur Wahrheit vorstößt, wenn er sie sich durch ein wirkliches Erlebnis klarer und verständlicher machte. Nicht anders drückt schon der Hinweis auf das Vaterland, den Geburtsort, in dem sich nun für den Dichter alle heiligen Orte der Erde verkörpern, das religiöse Problem aus, von dem Heidegger meint: „Die Erde ist nur Erde als die Erde des Himmels, der nur Himmel ist, indem er auf die Erde hinabwirkt." 334 Der göttliche Raum, gleichzeitig die Erde, der Himmel und die heiligen, verborgenen Götter — all das ist für den Dichter in der Natur gegenwärtig und erscheint ihm in jenem philosophischen Lichte, das sich schon auf die griechische Erde bezieht, wo die Wahrheit Schönheit ist. So ist der Schritt zum dritten Punkte möglich, zur Betrachtung der Kunst: Die Kunst ist als das zeigende Ersdieinenlassen des Unsichtbaren die höchste Art des Zeichens. Grund und Gipfel solchen Zeigens wiederum entfalten sich im Sagen als der dichtende Gesang." 5
Heidegger bezieht sich auf die alte Vorstellung von der Kunst, um die Dichtung als Grundlage des Seins zu erkennen; daraus leitet er ab, daß der Dichter in seinem Briefe nicht nur von Griechenland spricht, sondern vielmehr von einer Beziehung zwischen Erde und Himmel, von einer Einheit der beiden, des Gottes und des Menschen, von der Einheit des Ganzen, die das Thema der Hymne „Griechenland" ist. Die Deutung des Gedichtes ist einerseits philologisch und geht doch gleichzeitig über die Grenzen der Philologie hinaus; und selbstverständlich hält sich der Philosoph bei der Erläuterung an das Wort des Dichters, um dadurch auch seine eigene Philosophie zu erklären; doch sind seine Gedanken ein Kommentar zum Dichter334 335
Martin Heidegger, op. cit., S. 24. Martin Heidegger, op. cit., S. 24.
35
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wort. Diese Analyse Heideggers liefert das Beispiel für eine existenzialistisdie Hermeneutik, in der jedes einzelne Dichterwort zu seiner ganzen Bedeutung gelangt; und folglich wurde das Thema des Gedichtes in der Verkündigung dieser höchsten Vereinigung gesehen, in jener „Hochzeit von Erde und Himmel, welche die Götter und die Menschen feiern" 336 ; dies ist auch das Thema der „Friedensfeier"; und wie in dieser letzten Hymne ist das große Ereignis, das der Hochzeit vorangeht und eine neue Zeit ankündigt, die Entstehung eines himmlischen Chores, „eine heilige Zahl" : Nur als der Reigen der Himmlischen, die aus ihrem Feuer a u f die Erde und die Irdischen z u tanzen im Gesang, kann der Reigen groß und als der große der aufgehende Anfang des großen Gesdiidts sein.337
Die beständigen Hinweise auf andere Hymnen dienen einer Erläuterung der Interpretation; und diese schließt mit der Verkündigung eines „Kommenden", welches das Griechentum selbst ist: eine neue Zeit. Der Abschluß von Heideggers Deutung führt in das Gebiet geschichtsphilosophischer Gedankengänge; der Philosoph stellt die Frage, ob in diesem Europa noch ein Abendland besteht, wenn bereits die ganze Welt von einer industrialisierten Technik beherrscht wird und auch diese bereits als Planet jenem interstellaren kosmischen Raum angehört, der sich nun den geplanten Taten des Menschen als Aktionsraum anbietet. „Erde und Himmel des Gedichtes sind entschwunden. Wer wagte zu sagen wohin? Das un-endliche Verhältnis von Erde und Himmel, Mensch und Gott scheint zerstört." 338 Wir können vielleicht dagegen sagen, daß dieses Verhältnis zwischen den vier Elementen, von dem Hölderlin spricht, noch nicht erreicht wurde, „noch nie Gegenwart geworden, noch nie als das Ganze gestiftet ins Höchste der Kunst" 339 . Heidegger erinnert an den berühmten Aufsatz von Valéry „La crise de l'esprit", in dem der französische Dichter auf die Gefahr hinweist, wenn Europa entdeckt, was es in Wirklichkeit ist: ein Kap des asiatischen Kontinents, wenn es aufhört zu sein, was es bisher zu sein schien: das Gehirn eines weiträumigen Körpers. Der deutsche Philosoph erhebt in der gegenwärtigen Krise erneut die Frage und wirft ein, daß die Lage der Welt in der Gegenwart („planetarisch-interstellarer Weltzustand") trotz alledem grundlegend „europäisch-abendländisch-griechisch" sei. Wir haben aber auch jenes Sehnen nach dem unendlichen Zusammenhang der Elemente verlernt, von dem Hölderlin schrieb: „Tonlos geht das Geschick den Menschen an — eine rätselhafte Art von Stille. Der Mensch wird sie vermutlich noch lange Zeit hindurch überhören." 340 Und deshalb können wir nicht einmal in der Hymne an Griechenland des Dichters Hinweis auf jenen großen Vorsatz vernehmen, die Einheit der Elemente wiederherzustellen. Der Hymne an Griechenland aus dem Jahre 1802 stellt Heidegger gegen Ende seines Vortrages ein anderes Gedicht unter dem gleichen Titel zur 336 337 338 339 340
Martin Martin Martin Martin Martin
Heidegger, Heidegger, Heidegger, Heidegger, Heidegger,
op. op. op. op. op.
cit., cit., cit., cit., cit.,
S. S. S. S. S.
33. 34. 35. 35. 37.
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Seite, das vom Dichter in der Zeit des Wahnsinnes verfaßt und als D a t u m mit dem 24. Mai eines Jahres versehen wurde, in dem er noch lebte; er unterschrieb es mit dem italienischen Namen, den er in diesen Jahren führte: Scardanelli; und so deutet Heidegger den späten Hölderlin: Das Gedicht nennt ,die alte Sage', das Sichzeigen des großen Anfangs. Dieser ist. Seine Gegenwart west an ,weit umher' um den einen Ort; und dies ,mit Geistigkeit', d. h. mit Göttlichkeit, die selber im Heiligen wohnt. Alle heiligen Orte sind versammelt. 341
An ihrem Ende vertraut sich die Dichtung der Menschheit an; das Wort bezeichnet aber nicht die Menge, die Gesamtheit der Menschen, sondern den Kern des Menschlichen, wie die Freiheit das Wesen des Freien bedeutet: Und neues Leben kommt aus Menschheit wieder . . .
Die Rede zeugt von der Verzweiflung des Philosophen, ist aber gleichzeitig eine Beschwörung des Dichterwortes als Heilbringer, eine Anrufung jenes Chores, von dem Martin Buber in dem kurzen Aufsatz „Seit ein Gespräch wir sind" gesprochen hat. U n d in dieser höchsten Deutung des Wertes des Dichterwortes gipfelt und beschließt sich der gesamte Weg der Hölderlin-Forschung. *
Mit diesen Seiten über die neueste Hölderlin-Forschung haben wir auf die Voraussetzungen zu einer ästhetischen Forschung hinweisen wollen, denn hier zeichnet sich am deutlichsten die Forderung ab, die heute an die Forschung gestellt werden muß: eine Überprüfung der dichterischen Werte und ihre Darstellung im Aufgehen jedes Inhaltes in formalem Ausdruck. Am Ende unserer Arbeit sind wir der Meinung, daß die Geschichte der Hölderlin-Forschung auf diese Weise nicht zu einem zufälligen, sondern zu ihrem wesentlichen Abschluß gelangt ist. Jeder neue Beitrag wird die Fragen der Dichtung nach verschiedenen Gesichtspunkten neu beantworten können, der beständige und unvermeidliche Hinweis auf das Dichterwort und seinen Gehalt bleibt erforderlich. Ebenso unerläßlich ist es, sich dessen zu erinnern, daß die Auslegung eines Dichtwerkes immer ein Ertrag der Begegnung zwischen dem Dichter und dem Forscher, einer Begegnung mit dem Dichter und seiner Arbeit ist — welchen Gedanken Heidegger zum Grundsatz jeder ästhetischen Betrachtung erhoben hat. Auf diese Weise pflegt man einerseits in der Forschung eine Tradition; andererseits sieht sich jede kommende Generation von neuem der Forderung gegenüber, das Wort des Dichters wiederum zu lesen und auszulegen. Jeder neuen Generation antwortet der Dichter auf das Sehnen, mit dem sie sich an ihn wendet; sein unsterblich festgehaltenes Wort beantwortet lebendig und frisch die Fragen dessen, der in ihm das Beständige sudit: Was bleibet aber, stiften die Dichter . . .
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Martin Heidegger, op. cit., S. 39.
XVIII. Nachwort Unsere Grundeinstellung bei der Beschäftigung mit Hölderlin folgt der Forderung nach einer ästhetischen Wertung, die sich, durch die Haltungen der verschiedenen Richtungen jeweils angereichert, immer aufs neue erhob. Die von den mannigfaltigen kritischen Schulen — der positivistischen, geisteswissenschaftlichen und existenzialistisch-hermeneutischen — aufgeworfenen Fragen liefen immer auf das Problem der Bedeutung und des Wertes der Dichtung hinaus. Man kann jedes Thema der Forschung auf diese eine zurückführen, auf die Frage nach dem Wesen und dem Werte der Diditung, also ein ausgesprochen der Ästhetik zugehöriges Problem. Hölderlin gab die Welt des deutschen Idealismus in der intuitiven und dichterischen Erfahrung genau wieder und stellte ihren Zusammenbruch dar, so daß seine Schau mit der neuen Kultur übereinstimmt, die sich gegen Ende der Aufklärung auszubilden begann und mit der sich Schelling, und noch bedeutender Hegel, philosophisch auseinandersetzte. Die von Hölderlins Dichtung ausgedrückten idealen Forderungen galten aber nicht nur für die Kultur, die sich in der Folgezeit aus dem Idealismus entwickelte, sondern fernerhin auch für jene, die sich aus dem Gegensatze zu Hegels Synthese zu formen begann. Wenn die Züge der kulturellen Krise des Abendlandes zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts in denen der heutigen Krise ihre Entsprechung finden, dann gilt die letzte und höchste Forderung des Dichters, die Bestätigung des Wertes der dichterischen Schau an sich, jenseits aller Veränderungen der menschlichen Gesellschaft, jene Verherrlichung der Dichtung, die zum wesentlichen Thema von Hölderlins Gesang erhoben wurde, über alle geschichtliche Begrenzung hinaus — entspricht philosophisch der Forderung nach einem Apriori der ästhetischen Tätigkeit und (im eigentlichen Sinne) einer Bestätigung des autonomen Wertes der Dichtung. Max Rychner erinnerte in seiner Abhandlung über die „Deutsche Welt-Literatur" 1 an das Wort eines modernen Dichters, an Gottfried Benn: „Unsere Ordnung ist der Geist, sein Gesetz heißt Ausdruck, Prägung, Styl. Alles andere ist Untergang." Gottfried Benn, einer der bedeutendsten Dichter, auf die man heute in deutschen Landen hinweisen kann, gewohnt an den kühnsten formalen Gebrauch, so daß jedes geheimste Band zur Überliefrung aufgelöst, zerstört zu sein scheint, steht mit diesem Ausspruche voll und ganz innerhalb der Entwicklung der Dichtungsformen vom „Sturm und Drang" und von der europäischen Vorromantik bis heute und hebt die Tradition nicht auf, sondern deutet sie. In der Ordnung des Geistes, jenseits von jedem Irrationalismus und dennoch seinen Beitrag annehmend, in der Entgegennahme des Gesetzes, das vollkommen eins mit dem dichterischen Ausdruck ist, in der Verehrung der Sprache und in der Vertiefung des heiligen Wertes 1
M. Rychner, Deutsche Welt-Literatur. In: Merkur, Heft 9, 1952.
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des Wortes findet der Dichter die Begegnung und die Koexistenz der Gegenwart mit einer lang verflossenen, altertümlichen Vergangenheit. Max Rychner erläutert: Eben dadurch, daß er seine künstlerische Bewußtheit auf entdeckermutige Weise zum Gegenstand seines Denkens und Dichtens macht, erreicht er die Sphäre, w o der gegenwärtigste Moment und die archaische Frühe sich ineinander spiegeln.
Das Denken über die Sprache sieht Ryncher als einen beständigen Grundzug der Weltliteratur in ihren höchsten Blüten. Benns Wort knüpft an wesentliche Behauptungen einiger der großen Theoretiker moderner Dichtung an und wiederholt sie — es genügt, an Baudelaire und Poe zu erinnern; dieses Wort und Rychners Erläuterungen könnten aber gleicherweise zur Bezeichnung der Ordnung und des Gesetzes von Hölderlins Dichtung bemüht werden, zur Aufklärung des Zusammenfalles von archaischer Vergangenheit, Erfahrung und Mythos mit dem gegenwärtigen Augenblick in der Aussage, dem geschichtlichen und übergeschichtlichen Moment, in dem die Dichtung Zeit und Geschichte überschreitet und ihren ewigen Wert bezeugt. Unser neuerlicher Bezug auf die modernste Dichtung beweist, daß die Deutung von Hölderlins Werk aus der eigenen geschichtlichen Lage angeregt wird, und deshalb eben auch jenseits der Geschichte und über ihr. Das dichterische Werk Hölderlins stellt, wie wir gesagt haben, ein in sich abgeschlossenes poetisches System dar, das über jeden impressionistischen Bezug hinaus dem einzelnen Wort eine entscheidende Notwendigkeit verleiht; und dieser Vorgang entspricht einer objektiven Betrachtung der Wirklichkeit, die in ihrem Zusammenfall mit der platonischen Idee gesehen wird, außerhalb aller von den augenblicklichen Erfahrungen der Inspiration gebotenen Möglichkeiten. Diotima, die Verkörperung einer Welt von Ideen und deren Beschwörung aus einer verlorenen Vergangenheit, die, wieder hervorgerufen, dem Dichter als die zukünftige erscheint, Diotima ist die Wiederbelebung jener Welt in der Gestalt der Geliebten, Vorläufer und Künder einer neuen Erscheinung des Göttlichen. Darum glaubt der Dichter an das Wiederaufleben des antiken Griechentumes in einer neuen Gestalt, in einer erneuerten und neu geheiligten Welt, deren Auftaudien der Umsturz der bestehenden Welt vorangeht; der Vollzug des Zusammenbruches war notwendig, um die neue Vereinigung einzuleiten. Die Vorstellung des Dichters veranlaßte eine Übertragung der Idee in die Wirklichkeit und die Bestimmung eines an sich bestehenden Kosmos in der Weise, wie es Milton und schon früher Dante, Sophokles in den Tragödien und Pindar in den Hymnen vollzogen hatten; und ein solcher höchster Realismus begründet die Klassizität Hölderlins. Die tiefe Verbundenheit mit Pindar und mit dem Chore der Sophokleischen Tragödien besteht in dieser kosmischen Schau; für den griechischen Tragiker oder den olympischen Sänger und später Dante entsprach der Darstellung eines Kosmos seine augenblicklich gegebene Gegenwart. Auch für Miltons Phantasie war die dichterische Schau Sinnbild für eine theologische Wirklichkeit und Zeugnis eines verbreiteten Glaubens, einer „ecclesia" und der geistigen Einheit eines Volkes. Hölderlin stellte, wobei er sich seiner Umwelt entfremdete,
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die Existenz eines Kosmos fest, an den nur er allein glaubte, wandte sich an einen Chor, der ihm nicht antworten konnte, da es ihn nicht gab. Aber gerade in dieser tragischen Erfahrung des Dichters, dem Ergebnis seiner vergeblichen Anrufung des Chores, wurde eben in der ihn umgebenden Einsamkeit die Gegenwart des Gottes hervorgerufen, der vom Dichter in der Ordnung des Geistes, deren Gesetz der Ausdruck ist, im reinen Klange des Wortes und im Stile der Dichtung verehrt werden mußte; deshalb war für Hölderlin wie für Pindar Dichtung religiöse Anrufung, Verherrlichung und heiliges Rituale. In der von uns vorgenommenen Überprüfung der H ö l d e r l i n - K r i t i k haben wir uns auf keinerlei Vorausgesetze Einstellung festgelegt, weder auf eine Philosophie, noch auf eine Theologie des Dichters. Die Dichtung erscheint daher für den Dichter als eine A r t seiner eigenen Bildung, als Werkzeug für die Erforschung der V o r stellung von einer Ordnung des Geistes, zur Ergründung des Göttlichen; und die Dichtung erhebt sich dort, wo der Dichter die Abwesenheit des Göttlichen erkennt und erleidet, sie besteht jenseits dieser Abwesenheit und harrt aus, wo die Heiligkeit verloren ist. Bernard Groethuysen sagte in einigen Seiten, die zu den scharfsinnigsten gehören, die über den Dichter geschrieben wurden 2 , daß sich in Hölderlins Seele eine dem Wirklichen entfremdete Schau ausbildete, eine Welt, die nur in der Dichtung lebt und für ihn eine objektive Wahrheit w a r ; D i o t i m a gab den Beweis für das Leben jener W e l t und gehörte ihr an. Als aber Diotimas Stimme schweigt, als sich der Abgrund öffnet, da muß der Dichter, allein, erkennen „les peurs de la solitude qui se sait et du silence qui s'ecoute.". Von hier geht die Reise in eine W e l t aus, in der alles zum ersten M a l gesehen wird, die nicht mehr den Menschen gehört, in der der Mensch nicht seinen Wohnsitz aufschlagen kann. Die großen Hymnen sind für uns die dichterische Entdeckung dieser PhantasieWelt, welche die vorhandene Erde völlig ersetzte und sich durch Diotimas Teilnahme und Zeugnis in eine dichterische Schau verwandelte. D e r Versuch einer Tragödie, „Empedokles", ist das Zeichen dafür, daß der Dichter eine klare V o r stellung von der Bedeutung seines Wortes hatte; die Tragödie wollte die Einsamkeit des Einzelnen in der Gemeinschaft des Chores lösen. Diese Vereinigung ward nicht gewährt, die Gemeinsamkeit der Gläubigen und der an einem Ritus Teilnehmenden bestand nicht; die Dichtung, welche die Heiligkeit während der Abwesenheit des Göttlichen, der Flucht der Götter, bekräftigte, wandte sich an eine nicht vorhandene Gemeinschaft in einer entheiligten Zeit. D e r Dichter aber mußte von sich gleichermaßen die Anpassung an eine Weltanschauung fordern, deren Vorhandensein durch die Dichtung bewiesen wurde. D i e Teilnahme des Dichters am Leben seiner Zeit vollzog sich durch eine Absonderung von ihr, im Erleiden des Exils. D i e Götter sind nicht mehr im Tempel, sie haben sich verborgen, und die Dichtung erlebt ihre Abwesenheit; sie bezeugt das Göttliche, wo es nicht mehr im Leben vorhanden ist. 2
B. Groethuysen, Mythes et Portraits. Gallimard, Paris 1947. Der Aufsatz mit dem Titel „Hölderlin" wurde vor etwa zwei Jahrzehnten in der Zeitschrift „Commerce" veröffentlicht.
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Die Anrufung des Bildes Christi als jenes, der in der Nacht der Trostlosigkeit die Erinnerung an das Heilige hodihält, darf nicht aus dem Gegensatze zur scheinbaren Ergebenheit an die antiken Götter betrachtet werden, sondern als ein höchster Versuch, über die Trostlosigkeit hinauszugehen. Das Bild des Dichters und des ihm ähnelnden Empedokles richtet sich in der letzten Zeit an jenem aus, das sich der Dichter von Christus ausmalte. I n der W e l t der Verwüstung, aus der die Gottheit sich zurückgezogen hatte, in der Erkenntis der letzten Angst, alles, was heilig war, verloren zu haben, fand der Dichter wieder zu seinem W o r t e ; er opferte sich der übernommenen Aufgabe, das W o r t zu heiligen, das jenseits jedes subjektiven G e fühles und jeder persönlichen Erfahrung im menschlichen Leben das einzige Zeugnis der verlorenen Heiligkeit erbrachte. Diese Erfahrung, die sich in der Gestalt einiger der größten Dichter im vergangenen Jahrhundert wiederholte und zutiefst mit der Geistesgeschichte der modernen Zeit und so mit unserem gegenwärtigen Leben zusammenhängt, durchlebte Hölderlin als erster; in seiner Dichtung vollzog sich dieses Erlebnis, das hier zum vollendeten Ausdrucke reifte; und deshalb wird seine Dichtung von uns heute als so vorbildlich angesehen — und wird sie das auch weiterhin werden.
Zeittafel zu Hölderlins Leben Johann Christian Friedrich Hölderlin wurde am 20. März 1770 in dem Neckarstädtchen Lauffen des Herzogtumes Württemberg geboren. Sein Vater, Heinrich Friedrich Hölderlin (1736—1772), war hier Pastor und auch die Mutter, Johanna Christiane, geb. Heyn, eine Pastorentochter aus Cleebronn. Wenige Wochen nach dem unvorhergesehenen Tode des Vaters durch eine Gehirnblutung wurde 1772 Heinrike geboren, Hölderlins Schwester, der er stets sehr verbunden war. 1774—1776. — Zwei Jahre nadi dem Tode von Hölderlins Vater heiratete seine Mutter den Bürgermeister von Nürtingen, Gock; die Familie begibt sich von Lauffen nach Nürtingen. Aus dieser zweiten Ehe entsproß 1776 Hölderlins Halbbruder Karl Gock, dem der Dichter lebhaft zugetan war, wie der rege Briefwechsel zwischen den beiden beweist. 1779—1783. — Erst vierunddreißigjährig erlag Bürgermeister Gock im M ä r z 1779 den Folgen seines heldenhaften Verhaltens bei einer Überschwemmung; Johanna Christine blieb mit der Sorge um die Erziehung ihrer Söhne allein zurück. Für Friedrich entschied man sich zu einer geistlichen Laufbahn. Hölderlin besuchte die Schule in Nürtingen und wurde von Diakon Köstlin, dem er in aufrichtiger Dankbarkeit ergeben blieb, im Lateinischen unterrichtet. 1784—1786. — Hölderlin tritt in das nahe bei Nürtingen gelegene Seminar zu Denkendorf ein. Aus diesen Jahren stammen bereits die ersten dichterischen Versuche und ein Brief, der erste im Briefwechsel veröffentlichte, in dem der Junge in frühreifer Einsicht dem Diakon Köstlin seine Probleme unterbreitet. 1786—1788. — Im Herbst 1786 übersiedelt Friedrich in das Oberseminar von Maulbronn, dessen strenge Zucht durch die ersten Freundschaften und die Liebe zu Luise, der Base des Mitschülers Immanuel Nast, erträglicher gemacht wird. Luise ist das Gedicht „Stella" gewidmet; hingebungsvolle Studien der Musik und der griechischen Dichter, besonders Pindars; auf die Jugendlyrik wirken Ossian, Young, Klopstock und Schiller ein. 1788—1790. — Hölderlin tritt in das Tübinger Stift über, um seine theologische Ausbildung abzuschließen. Hier trifft er L. Neuffer und R. Magenau, die dem Diditer weiterhin durch Freundschaft und Verehrung verbunden bleiben. Im April 1789 begegnet Hölderlin dem Dichter Schubart; dieses einmalige Zusammentreffen wurde für ihn zur Bestätigung seiner dichterischen Berufung. Des Jünglings Liebe zum antiken Griechentume findet in C. P. Conz, seinem Lehrer am Stift, einen feinsinnigen Berater. Freundschaft mit den Stiftsschülern Hegel und Schelling; gemeinsames Denken und Schwärmen. Die drei Freunde beschäftigen sich mit der Philosophie von Kant, Spinoza, Fichte und Rousseau.
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Leben
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1791—1793. — „Hymnen an die Ideale der Menschheit." Einfluß Schillers. Im Juni 1792 nimmt der Dichter Matthisson Hölderlin wohlwollend auf. Liebe zu Elise Lebret, der Tochter eines Lehrers am Stift. Wissenschaftliche Abhandlungen, u. a. eine „Geschichte der schönen Künste unter den Griechen". 1793—1794. — Durch Vermittlung von G. F. Stäudlin, dem das Gedicht „Griechenland" gewidmet ist, nähert sich Hölderlin Schiller und wird von diesem an Frau von Kalb als Erzieher ihres Sohnes empfohlen. In Waltershausen, dem Wohnorte der von Kalb, entwirft er die erste fragmentarische Fassung des „Hyperion". 1794 begibt er sich mit seinem Schüler nach Jena, wo er wiederholt Schiller sieht; erste Begegnung mit Goethe in Schillers Haus. Aufenthalt mit den von Kalb in Weimar, Verkehr mit Goethe, Herder und Wieland. 1794 erscheint in Sdiillers Zeitschrift „Thalia" das „Hyperion"-Fragment. 1795. — Hölderlin verläßt die Familie von Kalb und richtet sicii in Jena ein; Freundschaft mit Isaac von Sinclair. Überarbeitung und Fortsetzung des „Hyperion". Der Dichter hört bei Fichte, der das Denken und Diditen Hölderlins beeinflußt. Im Juni 1795 plötzlicher Aufbruch nach Nürtingen. Aus diesen Tagen stammt das Schiller gesandte Gedicht „An die Natur". Von Nürtingen begibt sich der Dichter nach Tübingen, um Schelling wiederzusehen, und dann nach Stuttgart, wo er G. Landauer kennt. 1796—1797. — Am Neujahrstag 1796 tritt Hölderlin eine Hauslehrerstelle bei der Familie des Bankiers Gontard in Frankfurt an. Suzette Gontard wird zu seiner Diotima. Die Napoleonischen Kriege veranlassen Gontard, Frankfurt zu verlassen; im Juni 1796 begleitet der Hauslehrer die Familie nach Kassel und weiter nach Bad Driburg. Er lernt hier den Verfasser des „Ardinghello", W. Heinse, kennen. Die Hauptwerke aus Hölderlins Frankfurter Zeit sind: „Hyperion", veröffentlicht bei Cotta in den Jahren 1797—1799, verschiedene Gedichte („Der Zeitgeist" u. a.) und der Plan zur Tragödie „Der Tod des Empedokles". Hegel widmet Hölderlin das Gedidit „Eleusis" und trifft, selbst Hauslehrer bei einer bürgerlichen Familie, den Freund in Frankfurt. Besuch bei Goethe in Frankfurt, wo dieser Hölderlin am 22. August 1797 empfängt. Im Herbst desselben Jahres wird dem Dichter der Aufenthalt im Hause Gontard unerträglich; er flieht zu Sinclair nach Homburg. 1797—1799. — Ein geheimer Briefwechsel und Begegnungen mit Diotima setzen sich auch unter gefährdeten Umständen bis 1800 fort. Die Elegie „Menons Klagen um Diotima". Im Dezember 1797 folgt Hölderlin Sinclair zum Kongreß nach Rastatt, wo er u. a. Böhlendorf begegnet. Günstige Beurteilung einer Reihe von Gedichten Hölderlins durch A. W. Schlegel in der „Jenaer Literatur-Zeitung" des Jahres 1799. Plan zu einer ästhetischen Zeitschrift „Iduna", Entwurf des Programmes; als Mitarbeiter sind u. a. ausersehen: Heinse, Matthisson, Conz und Neuffer; Brief an Sdhiller. In die Zeit des Homburger Aufenthaltes fallen philosophische Aufsätze, der „Grund zum Empedokles" und die Oden. 1800—1801. — Hölderlin begibt sich nach Stuttgart, wo er Privatunterricht erteilt und von Landauer freundschaftlich unterstützt wird. Beendigung der So-
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Zeittafel
zu Hölderlins
Leben
phokles-Ubertragungen, die 1804 bei Wilmans erscheinen. Zu Beginn des Jahres 1801 übernimmt Hölderlin bei der Familie Gonzenbach in Hauptwyl neuerlich eine Hauslehrerstelle, kehrt aber nach drei Monaten zur Mutter nach Nürtingen zurück. Die großen Hymnen, die Elegie „Der Archipelagus" und die Pindar-Übertragungen entstehen. 1802—1804. — Neue Anstellung bei Konsul Meyer in Bordeaux; auch sie wird nach knapp drei Monaten plötzlich aufgegeben. Der Dichter kehrt zu Fuß nach Hause zurück; geistige Umnachtung. In Nürtingen angelangt erholt er sich wieder und verfaßt in diesen Jahren die letzten großen Hymnen: „Patmos", „Der Einzige" und die sogenannten „Nachtgesänge". Veröffentlichung der Sophokles-Übertragungen und der Anmerkungen dazu. 1804—1806. — Im Juni 1804 kommt Sinclair nach Nürtingen und nimmt den Freund mit nach Homburg; hier wird Hölderlin am Hofe des Landgrafen zum Bibliothekar ernannt. Anteilnahme der Prinzessin Auguste am Dichter. Im Jahre 1806 wird Sinclairs Stellung bei Hofe durch einen Prozeß erschüttert; nun selbst belastet und nicht mehr in der Lage, dem noch schwerer erkrankten Freunde zu helfen, bringt er Hölderlin nach Tübingen in eine Pflegeanstalt. In die Homburger Zeit läßt sich das letzte Bruchstück zum „Hyperion" einordnen. 1806—1843. — Nach einem Jahr in der Tübinger Klinik, wo sich der Zustand des Dichters trotz der Behandlung verschlimmerte, vertraut er sich Zimmer, einem bescheidenen Handwerker in Tübingen an. Hier verbringt er seine Zeit mit Flöten- und Klavierspiel, mit Wanderungen und der Abfassung der Gedichte aus der Zeit des Wahnsinns. Besuch von Waiblinger und gelegentlich auch anderer Freunde. Sinclair stirbt 1815 während des Wiener Kongresses. Neuauflage des „Hyperion" 1822, erste Versuche zu einer Gesamtausgabe. Hölderlin stirbt nach 34 Jahren geistiger Umnachtung am 7. Juni 1843 zu Tübingen.
Bibliographie Es ist hier weder beabsichtigt, eine Zusammenstellung aller Hölderlin-Ausgaben, noch die gesamte Sekundär-Literatur anzuführen; wir wollen lediglich auf jene Ausgaben und Veröffentlichungen hinweisen, auf die sich unsere Darstellung bezieht. I.
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ZEITUNGEN
»Annalen der Literatur und Kultur" (1803) „Aurora" (1804) „Archiv für Geschichte der Philosophie" (1888) „Abhandlungen der Königlich-preußischen Akademie der Wissenschaften" (1905) „Atene e R o m a " (1922) „Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur" (1930, 1931) „Atlantis" (1943) „Bibliothek der redenden und bildenden Künste" (1807) „Blätter für literarische Unterhaltungen" (1827) „Berliner Conversations-Blatt für Poesie, Literatur und Kritik" (1828) „Blätter für die Kunst" (1919) „Basler Studien zur deutschen Sprache" (1952) „Blätter für Anthroposophie" (1955) „Belfagor" (1956) „Circoli" (1935) „Christ und Welt" (1956) „Der „Die „Der „Das
Freimüthige" (1804) Wünschelrute" (1808) Gesellschafter" (1818) Vaterland" (1843)
Bibliographie
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„Deutsche Literatur-Zeitung" (1900, 1956) „Die Jahrbücher für geistige Bewegung" (1910, 1913) „Der Schwabenspiegel" (1917) „Die Literarische Gesellschaft" (1919) „Deutsche Revue" (1920) „Deutsche Forschungen" (1921) „Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte" (1922, 1926, 1927, 1932, 1934, 1937, 1938, 1939, 1940, 1943, 1952, 1956) „Der Schatzgräber" (1931, 1932) „Das innere Reich" (1936) „Dichtung und Volkstum" (1936, 1938) „Die Neue Rundschau" (1937) „Die Sammlung" (1947) „Der Brenner (1948) „Der Bund" (1948) „Die neue Zeitung" (1954) „Die Christengemeinschaft" (1955) „Die Drei" (1955) „Die Zeit" (1956) „Erlanger Literatur-Zeitung" (1802) „Euphorion" (1913) „Fontaine" (1945) „Frankfurter Allgemeine Zeitung" (1955) „Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte" (1956) „Geist der Journale" (1802) „Germanische Studien" (1929, 1933) „Germanisch-romanische Monatsschrift" (1931, 1961) „German Life and Letters" (1954, 1955) „Hören" (1795) „Hallische Allgemeine Literatur-Zeitung" (1807) „Hallische Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst" (1838) „Hochland" (1920, 1958) „Hefte des Philologus" (1921) „Hölderlin-Jahrbuch" (1947, 1948—1949, 1950, 1951, 1952, 1953, 1954, 1955—1956, 1957, 1958—1960) „II Convegno" (1928, 1937, 1938) „Iduna, Jahrbuch der Hölderlin-Gesellschaft" (1944) „II Pensiero Critico" (1954) „IlMondo" (1958) „Jenaer Allgemeine Literatur-Zeitung" (1805, 1807) „Jenaer Germanistische Forschungen" (1923) „Jahrbuch des deutschen Hochstifts" (1929) „Jahrbuch der Bayerischen Akademie der schönen Künste" (1951) „Leipziger Literatur-Zeitung" (1807) „La Revue des deux Mondes" (1867) „La Rivista d'Italia" (1915) „La Critica" (1941) „La Nuova Antologia" (1943)
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Bibliographie
„Le Lingue estere" (1943) „La fiera letteraria" (1949) „L'Approdo" (1954) „Letterature Moderne" (1960) „Musen-Almanach" (1796) „Modern Language Notes" (1933) „Meridiano di Roma" (1937) „Modern Language Review" (1943, 1944) „Minerva" (1944) „Mélanges Philosophiques" (1946) „Merkur" (1952,1955) „Neue „Neue „Neue „Neue „Neue
Allgemeine deutsche Bibliothek" (1802, 1805) Bibliothek der schönen Wissenschaften und freyen Künste" (1804) deutsche Forschungen" (1942) Zürcher Zeitung" (1953, 1954, 1955, 1957, 1958, 1959) deutsche Literatur" (1955)
„Prutz' Literarhistorisches Taschenbuch" (1843) „Preußische Jahrbücher" (1866, 1921, 1927) „Philosophische Forschungen" (1926) „Palaestra" (1937) „Poesia" (1946) „Philosophische Rundschau" (1955) „Romana" (1938, 1939) „Rassegna Italiana Politica e Letteraria" (1920) „Rivista di Letteratura Moderna" (1950) „Rivista di Storia e Filosofia" (1951) „Seufferts Vierteljahrsschrift für Literatur-Geschichte" (1889) „Schwäbische Chronik" (1920) „Studi Germanici" (1935) „Scuola e Cultura" (1935) „Schweizer Monatshefte (1945) „Symposion" (1952) „Siculorum Gymnasium" (1953) „Studi Urbinati" (1954) „Stuttgarter Zeitung" (1954, 1955) „Stimmen der Zeit" (1954—1955) „Sinn und Form" (1955, 1962) „Studium Generale" (1955) „Stuttgarter Nachrichten" (1956) „Taschenbuch für Frauenzimmer" (1799) „Trivium" (1944, 1948, 1951) „The Germanie Review" (1946) „Times Literary Supplement" (1956) „Vierteljährliche Unterhaltungen" (1804) „Wiegands Vierteljahrsschrift" (1844) „Wege der Dichtung" (1935)
Bibliographie „Wirkendes Wort" (1955—1956) „Westfälische Zeitung" (1956) „Wort und Wahrheit" (1956—1957) „Zeitung für Einsiedler" (1808) „Zeitschrift für Bücherfreunde" (1922) „Zeitwende" (1926, 1928, 1942) „Zeitschrift f ü r Ästhetik" (1927) „Zeitschrift f ü r Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft" (1928) „Zeitschrift f ü r deutsche Bildung" (1932) „Zeitschrift für deutsche Philologie" (1934) „Zürcher Beiträge zur deutschen Literatur und Geistesgeschichte" (1948) „Zeitschrift f ü r Theologie und Kirche" (1955)
Namenregister Kursive Verweiszahlen beziehen sich nur auf Anmerkungen. Accolti, N. 41 Adt, W. 51, 57 Aeschylos 182 f., 315 Alfero, G. A. 3, 531 Alfieri, V. 145 Allemann, B. 206, 216—226, 228 f., 240, 244, 247, 255, 262, 268, 278, 284 ff., 297 f., 324, 359, 380 f., 383, 386, 389, 392 f., 398, 404, 420 f., 423, 425 f., 428 ff., 434, 436, 438, 469 ff., 524 Amalie v. Anhalt-Dessau 453 Amoretti, G. V. 4, 22, \17, 354 Anceschi, L. 3 Andler, Ch. 40, 127 Angelloz, J . F. 380—383 Antoni, C. 41, 77 ff., 168 Arnim, A. v. 22 ff., 274, 341 Aron, E. 64 Asveld, P. 99, 102 Athanasius 414 Auguste v. Hessen-Homburg 200, 271, 453 Bacchelli, R. 450 f. Bach, E. W. 517 f. Bach, J . S. 331 Bachofen, J . J . 127, 510 Balthasar, H.-U. v. 503 Balzac, H. 139 f. Banfi, A. 50 Barth, E. 501 Barth, K. 252, 462, 490 Bartscher, W. 171 Basler, O. 324 Baudelaire, Ch. P. 42 f., 46, 51, 129, 159, 231, 282, 330, 344, 346, 489, 493, 514, 529, 538, 549 Baumgartner, O. 371 Beck, A. 2, 143—148, 157, 250, 255—258, 314, 318 Beethoven, L. van 315, 517 Béguin, A. 134 Beißner, F. 1, 42, 63, 73, 95, 206, 216, 219, 262, 266, 270—293, 298, 302, 308—311, 318, 320 f., 323, 339, 344, 353 f., 361,
363, 376, 377—381, 383, 385, 387, 389— 397, 400, 403 ff., 407, 409, 415, 417, 420, 422—427, 429 ff., 433 f., 436, 445, 452, 496, 500, 503 Bengel, A. 236, 255, 391 Benjamin, W. 476 f. Benn.G. 513, 548 f. Benz, R. 24 Béranger, J . P. 17 Berger, J . E. 78 Bergson, H. 127, 229 Bertalanffy, L. v. 56 Bertallot, H. "W. 40, 302—305, 316, 330 Bertaux, P. 76, 126—135, 340 Bertram, E. 51, 64, 86 Betzendörfer, W. 77 Bevilacqua, G. 430—433, 530—533, 536 Bianchi, L. 2, 22, 51 Bianquis, G. 128, 134 f. Bielinski,V. G. 136 Bigongiari, P. 530 f. Binder, W. 250, 320 ff., 376, 393, 396 f., 415—418, 427 ff., 436, 445, 492, 494— 498, 524, 526 f. Biser, E. 396, 464 f. Blanchot, M. 268 Bock, E. 395 Böckmann, P. 2, 110, 125 ff., 135, 143, 148, 160, 164—182, 186, 191 f., 197, 225, 227, 231, 235, 250, 253, 257, 297 f., 304, 306, 315, 323, 340, 344 f., 385, 395 ff., 399, 415, 418—423, 425 f., 428 ff., 434, 436, 444 f., 461, 471 f., 482, 484 ff. Böhlendorf, K. U. 17, 95, 115, 218, 244, 248, 275 f., 280, 453, 523, 527, 544 f. Böhm, W. 27, 40, 56, 76, 81, 89, 110, 117— 129,135, 143, 148, 160, 164, 231, 282, 362 Böhme, J . 201, 211, 399 Boileau, N. 135 Bollnow, O. F. 231 Borcherdt, H. H. 7, 9, 11 f., 24, 196 Boriani, E. 3 Böschenstein, B. 492 ff. Bottachiari, R. 3 f., 44, 358
Namenregister Bonari, St. 168 f. Boucher, M. 382 Bowra, C. M. 56 Boyd, J. 517 Brandenburg, H . 127 Brandes, G. 39 Brémond, H . 472 Brenner, H . 524 Brentano, B. v. 22 f., 25 f., 298, 317 fi., 471, 544 Brentano, C. v. 22 fi., 50, 65, 238, 298, 498 Bròcker, W. 376, 392 fi., 397, 401 ff., 410, 415, 425 ff., 447,457 f., 460 fi., 464, 474 f. Brown, M. M. 297 Bruno, G. 64 Buber, M. 475, 547 Biidiner, G. 313 Buddeberg, E. 206, 213—216, 395, 407, 412—415, 422, 425 B u h r . H . 376, 395, 397, 400 ff., 406, 424, 426, 462 ff. Bultmann, R. 462 Burger, H . O. 142 f., 164—167, 237 f., 255, 308 f., 311, 372—375, 398, 423 f., 466 Byron, G. G. 43 f. Canova, A. 385 Carducci, G. 2, 450, 533 Carlyle, Th. 78 Carrière, M. 31 Cassirer, E. 76, 87—92, 100, 112, 118, 129, 164, 168, 323, 353 Ceriello, G. R. 5 Challemel-Lacour, P. 58 Chénier, A. 43, 53, 161, 503 Chiodi, P. 207—211, 217, 222 Claudel, P. 17, 257 Claverie, J. 47, 128 Coleridge, S. T. 346, 517 Contini, G. F. 530 f. Conz, K. Ph. 21, 45 Cornelissen, M. 452, 486 ff. Corssen, M. 243 f., 246 ff., 321 f., 407—412, 415, 417, 517, 524 Cotta, J. F. 9, 26 {., 270 f. Creuzer, G. F. 79 f. Croce, B. 5, 13—17, 35, 99, 110 f., 145, 169, 299, 333—341, 346, 354, 358, 371, 450 Curtius, E. R. 521 Cysarz, H . 131
125,
395,
159, 369,
D'Annunzio, G. 533 Dante, A. 183, 363, 368, 435, 437, 440 f., 447, 532, 549 37
Hölderlin
577
David, C. 51, 55 De Sanctis, F. 231, 346, 369, 450 Delatte, A. 272 Della Volpe, G. 99 Delorme, M. 454 f. Descartes, R. 464 Devoto, G. 295 ff. Diest, A. W. v. 27 Dilthey, W. 13, 38—46, 52 ff., 58, 66, 68, 72, 76—82, 84—87, 90, 92, 97—103, 117, 119, 121 f., 124, 127 f., 137 f., 140, 142, 145 f., 167 ff., 171, 174, 207, 212 ff., 221, 229, 231 f., 254, 298, 303, 323, 336 ff., 367, 369, 476, 498 Dionysos v. Halikarnaß 59, 405 Drees, Th. 250 Du Bos, Ch. 16 f., 67, 128 Einartshausen, K. v. 391 Eckhart, J. 78 f. Eichendorff, J. v. 50, 59 Eliot, T. S. 267 Elster, E. 297 Emerson, R. W. 78 Emmanuel, P. 128 Emmert, E. 275 Empedokles 515 Erdmann, V. 238 Ermatinger, E. 518 Errante, V. 2, 25, 50, 61, 127, 354, 530 f. Euler, W. 463 Faggin, G. 3, 530 Fäh, O. 502 Farinelli, A. 4, 127 Fichte, J. G. 10 f., 37, 47, 49, 55, 62, 65, 77 f., 81, 85, 87 ff., 91, 102, 104, 118 f., 138, 143, 147 f., 174, 177, 234, 292, 325, 342, 347, 365, 386, 454 f., 460 Fischer, K. 41 Fontane, Th. 498 Foscolo, U. 53, 346, 450, 531 Frey, H . 323 f. Frey, Th. 270 Fricke, G. 231 Fries, A. 77 f., 300 Frizzi, G. 5 Gaastra, S. A. M. 126 f. Gabetti, G. 4 Gadamer, H . G. 243 ff. Galatzin, A. A. v. 31 Gentz, F. v. 21 George, St. 28, 39, 46 f., 49—57, 59 ff., 64, 67, 75, 125, 135, 142 f., 147, 159, 173, 184, 245, 266, 329, 420, 452 f., 498
578
Namenregister
Gide, A. 135, 498 Giacchino de Fiore 399 Glockner, H. 97 f. Goethe, J. W. v. 6 ff., 12—17, 24, 29, 31— 36, 39, 44 f., 48, 50, 52, 55 f., 58 f., 67 f., 74, 77 f., 80, 90 f., 100, 104, 118, 121 f., 125 f., 137, 139 ff., 143 ff., 148, 154 f., 158, 170 ff., 174, 178 ff., 182, 196,199, 238, 240, 252, 254, 274 f., 283, 300 ff., 314, 324, 329, 335—339, 347 f., 369, 395, 405, 422, 442, 453, 465, 469, 481, 498, 503, 510, 513, 515 ff., 536, 540 Gogh, V. van 92 Görres, J. 19 f., 22 f. Gottschalk, H. 240, 364 f. Gottsched, J. Ch. 124, 142 Grimm, J. 23 Groethuysen, B. 550 Grolman, A. v. 1, 47, 117 Guardini, R. 95, 164, 166, 179, 181, 183 f., 191—204, 216, 225, 235, 237, 239, 243, 250, 253 f., 256, 258, 266, 313, 323, 340, 350, 357, 364, 398, 402, 472, 514 Guérin, M. de 503, 513 Gundolf, E. 50, 54 Gundolf, F. 46, 50 f . , 52 ff., 57, 67, 88, 121, 138 f., 147, 181, 183, 244, 352 Günther, W. 266 Habetin, R. 301 Haering, Th. 77, 97, 99, 101, 106—110 Hahn, K. J. 396 Hamann, J. G. 125, 451, 472, 489 f., 497 Hamburger, M. 267, 380, 383, 386—389, 393, 423 f., 442 Häny, A. 237, 258 f. Hartmann, N. 292 Häussermann, U. 395 f., 471—474, 500 ff. Haym, R. 28, 35—39, 58, 67, 77, 87, 147, 298, 369, 502 Hebbel, F. 50 Hegel, E. 252 Hegel, G. W. F. 17, 29—32, 34 f., 37, 40 f., 45 f., 49, 58, 68 f., 76—92, 96—112, 116, 119 f. 124 f., 129, 136—141, 143, 146 f., 152 ff., 174, 195, 199, 201, 203, 206, 211 f., 215, 222, 233, 236, 238, 245, 249, 251— 255, 258 f., 277, 292, 324 f., 327 ff., 331, 342, 358, 384, 391, 399, 401 ff., 409, 412, 418 f., 428, 434, 444, 447, 454, 460, 462, 464, 472 ff., 486 f., 489, 492, 497, 517, 519 f., 527 f., 534—538, 543, 548 Hehn, V. 369
Heidegger, M. 54, 164, 183, 205—217, 221 —229, 231 f., 235, 239, 241—245, 248 f., 254, 256, 261, 263, 265 f., 324, 341, 345, 359, 365—368, 371, 403, 462 f., 469, 472, 489 f., 496 f., 514, 524, 528, 537 f., 543— 547 Heine, H. 50 Heinse, W. 35 Hellingrath, N. v. 1, 6, 19, 28, 39, 46 f., 51, 54, 57—64, 66 f., 69, 73, 75, 87, 92, 100, 127, 147, 150, 159 ff., 171 f., 178, 206, 219, 237, 244, 251, 269 ff., 275, 290, 294, 297 f., 312, 315, 317, 321, 330, 355, 362, 391, 405, 407, 409, 420, 437, 452 f., 508, 544 Helvetius, C. A. 454 Hemsterhuys, F. 31, 53, 77, 85, 118, 474 Hengsberger, K. 21 Heraklites 179, 460, 515, 535 Herder, J. G. 22, 52, 61, 85, 103 f., 125, 143, 174, 176 ff., 238, 324, 369, 442, 472, 474, 489, 497, 517 Hermelink, H. 99 Heselhaus, C. 392 f., 421,423, 436,477—480 Hesiod 240, 456 Hettner, H. 31, 36 Heusler, A. 310 Heyer, K. 393 Hildebrandt, K. 7, 24, 110, 136, 142 ff., 147, 164, 166, 364 f. Hippel, Th. G. v. 479 Hitler, A. 61, 142 Hof, W. 306, 324—333, 338, 376, 393 f., 397, 404—407, 415, 421, 427, 436, 486, 494, 519 f., 522—526 Hoffmann, J. 521 f. Hoffmann, W. 270, 393 Hoffmeister, J. 2, 79, 86, 97, 103—107, 109—115, 117, 120, 125, 176, 189, 298, 324 Hofmannsthal, H. v. 159, 465, 505, 510 Homer 52, 74, 122, 244 f., 248 f., 374, 456 f., 460 Horaz 484, 540 Hötzer, U. 465—468 Hübscher, A. 290—294, 298, 345, 353 Hülsen, A. L. 78 Humboldt, W. v. 11, 37, 45, 238, 489 Hyppolite, J . 102 Iwanow, W. 252 f. Jacobi, F. H. 31, 80, 99 Jaeger, H. P. 317 f., 502 f. Jaeger, W. 455—458, 461
Namenregister Jänig, D. 524 Jansen, J. 31 Jaspers, K. 92—96, 173, 184 Jung, A. 22, 27 ff., 31—38, 48, 59, 67, 85, 87, 147, 298, 336, 353 Jung, C. G. 267 Kafka, F. 515 Kalb, Ch. v. 9, 27 Kant, I. 9, 35, 39, 45, 48, 62, 71, 77 f., 80 f., 85, 87, 100, 102, 118, 121, 125, 143 f., 148, 174, 223, 233 f., 325, 327, 346, 365, 451,460, 464, 474,489, 515, 527, 529, 544 Kaßner, R. 202, 250, 506 f., 509 f. Kaufmann, F. W. 230 f. Kaulbach, F. 518 Kayser, W. 306 ff., 482 f., 486 Keats, J. 17, 140, 282, 346 Kelletat, A. 269 Kempter, L. 257 f., 275, 318, 395 ff., 442 Kerenyi, K. 182—185, 205 ff., 214, 285, 377, 379—386, 389, 392 f., 397, 407, 415, 420 f., 434, 473 Kierkegaard, S. A. 7 f., 86, 187, 209—212, 215, 260 Killy, W. 513 ff., 520 Kirchner, W. 27, 453 f. Klage«, L. 127, 237, 319 Klaiber, J. 77 Klein, J. 249, 282, 515 ff. Kleist, H . v. 240 Klopstock, F. G. 8, 31, 34 ff., 44, 50, 59, 69, 141, 158, 165, 174, 279, 281, 298, 302, 314 f., 453, 460, 469, 502, 507 f., 513, 516 f. Kluckhohn, P. 279, 415 Knittermeyer, H . 297 Kohler, M. 269 Kommerell, M. 51, 64, 240—243, 245 Könitzer, W. F. 246 Konrad, H . 518 Kotzebue, A. v. 19 Korff, H . A. 76, 136, 145—160, 197, 253 f., 279, 301, 325, 418 Kraft, W. 319, 498 f. Krieger, R. 302 f., 305, 316, 330 Kuhn, H . 4 Küster, O. 247 Kütemeyer, W. 259 ff. Kutscher, A. 298 Lachmann, E. 255 f., 259, 262, 266, 282, 285 ff., 319, 345, 376, 394 f., 397—400, 404, 421, 423 f., 426 37*
579
Landauer, G. 17, 93, 319, 431 Lange, H . 92 Läubin-Lörrach, H . 251—254 Lehmann, E. 66 f., 127 Lehmann, J. 481 f. Leibniz, G. "W. v. 76, 78 f., 84, 118, 121, 143 Lenau, N . 50 Lenz, J. M. R. 38 Leonhard, R. 135 f. Leopardi, G. 43 f., 140, 198, 282, 287, 289, 346, 349, 363, 374, 450, 529, 531, 533 Lessing, G. E. 52, 80, 99, 369 Leyen, F. von der 57, 452 f. Liegler, L. 321 Litzmann, B. 40 Litzmann, C. L. T. 40 Longhi, R. 169 Löwith, K. 211 f., 217, 221 Lukacs, G. 98, 136—143 Lukan 540 Lukrez 64 Luther, M. 211, 474, 540 Maas, P. 272 Maeder, H . 315—319, 330 Magenau, R. 11, 17 Maione, I. 2, 4 Mallarmé, St. 46, 51, 60, 231, 319, 341, 343, 346, 420, 488, 490, 493 Malion, O. 24 Manzoni, A. 450 Marbe, K. 310 Martegiani, G. 3 Martinetti, P. 143 Marx, K. 8, 136, 212, 215 Mason, E. C. 502 f. Matthisson, F. 35, 119 May, K. 314 Melchinger, S. 393 Menzel, W. 25 Merkel, G. H . 19 Merlau-Ponty, M.-J. J. 455 Meyer, C. F. 50 Michel, W. 18 f., 127, 139, 159—162, 204, 219, 278, 323, 362, 500 f., 523 Miller, R. D. 386 Milton, J. 141, 368, 442, 549 Mitchell, P. M. 267, 297 Mittner, L. 5, 22, 334 f., 341, 346—358, 360 ff., 365, 377, 397, 430, 433 f., 438, 513, 533, 536 Mönnich, W. B. 79 Montaigne, M. 299
580
Namenregister
Montesquieu, Ch. L. 103 Mörike, E. 25, 50, 370 Moroncini, F. 287 Muir, E. 267, 387 Müller, D. 34 f., 336 Müller, E. 77, 117, 275 Müller, G. 338 f . Müller, R. 468 f. Muschg, W. 261 Naef, H . 92 Napoleon Bonaparte 43, 133, 381 ff., 385 f., 388, 393, 400 f., 410, 417, 420 f., 426— 430, 432, 434 Necco, G. 4 f., 44 Neuffer, L. 9 ff., 17 f., 81, 83, 304, 484 Niel, H . 98 Nietzsche, F. W. 7 f., 39—46, 50 f., 56, 71 f., 74 f., 78 f., 122, 125, 127, 138, 144, 147, 151, 173, 178, 184, 190, 198, 204, 212, 215, 220, 299, 303, 305, 342, 364 f., 443 f., 458 f., 468, 498, 535 Ninck, M. 4 Nohl, H . 97, 100 Novalis 24, 29, 32, 36, 50, 77 f., 84, 134, 140, 239, 266, 317 f., 502 f., 505, 513 Obenauer, K. J. 239, 317 Oberdorfer, A. 3 Opitz, Th. 31 Origenes 399, 414 ötinger, F. Ch. 236, 255, 421 Otto, R. 185 Otto, W. F. 146, 181—193, 197, 201, 206, 225, 239, 244, 250, 364 f., 399, 418, 465 Ovid, P. O. N . 11 Pannwitz, Ch. 394, 421 Pannwitz, R. 394, 421, 458 f. Pascal, B. 464 Pascoli, G. 533 Pasquali, G. 272 Pehl, Th. 321 Pellegrini, A. 41, 43, 50, 56, 72, 141, 145, 202, 253, 366 Pensa, M. 534 ff. Peters, F. E. 266 Petersen, J. 366 Petrarca, F. 363, 533 Petsch, R. 169 Petzold, E. 40, 51, 484, 498 Pfeiffer, J. 230 Pigenot, L. v. 1, 6, 28, 51, 61, 63 f., 66—74, 85, 87, 100, 120, 127, 147, 159 f., 190,
262, 285 f., 290, 297, 321, 327, 345, 376, 389—393, 395, 397, 415, 421, 423 Pindar 8, 17, 51 f., 56—60, 70, 131, 133, 180, 182 f., 264, 274—277, 280, 292, 302, 331, 340 ff., 344 f., 358, 387, 405, 420, 434, 452 f., 458, 460 f., 465, 482, 488, 492, 514, 532, 540, 549 f. Platen, A. v. 50, 281 Piaton 80, 89, 122, 143, 148, 179 f., 212, 240, 267, 434, 456 f., 460, 492, 515, 534 Plotin 79, 211 Poe, E. A. 346, 549 Politi, F. 266 Pongs, H . 231, 266, 305, 307, 518 Poritzky, J. 31 Pörschke, K. 319 Porzio, D. 3 Pound, E. 267 Przywara, E. 255 f., 376, 395, 397, 399 ff., 462 Pyritz, H . 272, 287 ff., 356 Quasimodo, S. 533 Racine, J. 135 Rahn, F. 392 f., 421 f. Ranke, F. 261 Read, H . 267 Rehm, W. 4, 24, 231, 236—241, 244, 246, 255, 258, 266, 317, 398 Reinhardt, K. 247 Renker, A. 503 f. Reuschle, F. M. 395 Richter, J. (Jean Paul) 11, 15, 27, 50, 255 Rilke, R. M. 159, 173, 184, 205, 226, 239, 266, 274, 311, 329, 463, 504—513, 515 Rimbaud, J. A. 473 Robespierre, M. de 455 Rodin, A. 508 Rohde, E. 127 Romain, A. 321 Rosenkranz, K. 28—31, 45, 49, 68, 80, 90, 99, 101 f., 147 Rozenzweig, F. 89, 106, 118 Rousseau, J. J. 31, 35 f., 45, 49, 99, 129, 132 f., 138, 146, 153, 175, 188, 350, 454, 493, 506, 542 Rovini, R. 135 Ruprecht, E. 230 f., 235 f. Ryan, L. J. 492, 520, 524—537 Rychner, M. 548 f. Saint-Just, A. 454 f. Saint-Beuve, Ch. A. 128 f.
Namenregister Salin, E. 51, 55, 61 Salzberger, L. S. 267 Santoli, V. 340 Saran, F. 307, 319 Schadewaldt, W . 243 f., 248 f., 459 ff., 493 Schellberg, W. 22 Schelling, F. W. J . 17, 30 ff., 35, 37, 39, 45, 47, 49, 58, 67 f., 76—81, 85—91, 96, 99 f., 102 f., 105 f., 112, 116, 118 ff., 124, 127, 129, 139, 141, 158, 174, 201, 206, 233 f., 236, 238, 249, 251—254, 325, 399, 401 f., 434, 460, 462, 464, 472 ff., 486 f., 520, 527, 534 f., 537, 548 Scherer, W . 35 f., 76, 231, 369 Scherr, J . 38 Schiaffini, A. 299, 333 f. Schiller, H . 270 f. Schiller, J . Ch. F. v. 6—17, 24, 27, 31 ff., 35—39, 44 f., 47—50, 52, 55 f., 62, 69, 78, 80, 87, 90, 109, 111 f., 118, 120, 124 ff., 137, 141, 143 f., 148, 152, 155, 165, 174, 177, 180, 199, 234, 238, 240, 274, 277, 279, 282, 298—301, 310, 314, 316, 324 f., 335 f., 339, 347 f., 369, 382, 455, 460, 479, 503, 515 ff., 527, 529, 533 Schlagdenhauffen, A. 240 Schlegel, A. W . 6, 11, 18, 56, 125, 369 Schlegel, F. 36 ff., 65, 78, 125, 146, 347, 369, 489, 515 Schleiermacher, F. D. E. 77 f., 82, 85 f., 97, 232 Schmid, S. 15, 17 Schmidlin, G. 488 f., 490, 533 Schmidt, W . 49, 297 Schneider, R. 249 Schneider-Herrmann, G. 396 Schopenhauer, A. 7 f., 43, 138 Schottmann, H . H . 518 f. Schröder, H . 275 Schröder, R. A. 160 Schubart, Ch. F. D. 6, 35, 44 Schubert, M. 56 Schuler, A. 506 Schuhes, M. 255 ff. Schulz, R. E. 441—444, 447 Schulze, J . 26 f. Schütz, Ch. G. 393 Schwab, Ch. T h . 28 Schwab, G. 24, 27, 48, 171, 271 Sedsei, D. 269, 273, 302, 306, 308—313, 315, 318, 500 Seckendorf, L. v. 17 Seebaß, F. 1, 3 f., 6, 18—24, 27 f., 47, 54, 61 ff., 66, 251, 253, 270, 290
581
Seidler, H . 306 f. Semler, J . S. 77 Serz, H . 501 Severyns, A. 272 Shaftesbury, A. A. C. 31, 45, 53, 77, 85 Shakespeare, W . 78 Shelley, P . B . 140 Sievers, E. 306 Sinclair, I. v. 6, 11, 17, 21 ff., 25—28, 31, 65, 171, 298, 317, 432, 453 ff. Singer, H . 266, 504—513 Sokrates 69, 103, 460 Solmi, S. 533 Sophokles 19, 23 f., 26, 30, 62 f., 73, 131, 182, 219, 225, 243, 247, 277 f., 286, 315, 452, 458—461, 523, 540, 549 Spaini, A. 3 Spengler, O. 498 Spinoza, B. 35, 79 f., 99, 121, 148 Spitzer, L. 299, 315, 322, 333 ff., 339, 518 Spoerri, T h . 230, 299 Stahl, E . L . 267 f., 517 Stählin, O. 272 Staiger, E. 106, 230—235, 237, 242, 244, 247, 250, 258, 262, 286, 299, 315, 321, 323, 335, 339, 362—371, 417, 445, 492 Stäudlin, G. F. 6, 17 Stauffenberg, K . v. 61 Steig, R . 23 Steinbüchel, T h . 98 Steiner, R. 395 Stendhal 140 Stöber, W. 314 Stoll, R. T h . 261—266, 285, 297, 318, 358 Stolte, H . 250 Strauß, L. 117—120 Strich, F. 169, 518 Strindberg, A. 92 Swedenborg, E. 92 Swinburne, A. Ch. 42 f. Taine, H . A. 128 Tauler, J . 79 Tecchi, B. 348, 536, 538 Thibaudet, A. 128 Thomas von Aquin 257, 464 Tieck, L. 22, 29, 47, 59, 65, 146 Tonelli, L. 5 Tonnelat, E. 128, 135 Trakl, G. 266, 319, 500, 513, 515 Traverso, L. 3, 50, 341—345, 397, 434 ff., 449, 530 ff. Uhland, L. 21, 24, 27, 48, 171
582
Namenregister
Ungaretti, G. 532 Unger, R. 168, 469 Valeri, D. 2 f., 530 f. Valéry, P. 135, 507, 544, 546 Vergil, P. V. M. 385 f., 540 Verlaine, P. 42 Vico, G. B. 53, 346, 450, 473, 479 f. Vietor, K. 12, 27, 62, 64—67, 120, 125, 127, 269 f. 273, 282, 298, 301 ff., 324, 353, 491 f. Vigny, A. de 43 f., 129, 198 Vigolo, G. 2, 530—534, 536—543 Vincenti, L. 4, SO, 179, 237, 354, 358 f., 535 Voit, L. 481 Voß, J. H . 20, 24, 281 Voßler, K. 43 f., 140, 299, 307, 334 f. Wackenroder, W. H . 36 Wagner, R. 44, 144 Wahl, R. 97 Walzel, O. 169, 518 Wasmuth, E. 392 Weber, A. 481 f. Weber, M. 212 Weil, S. 343 Weinheber, J. 173, 266 Weißer, F. Ch. 20 Wendt, K. 300 f.
Wentzlaff-Eggebert, F. W. 243—246 Wieland, Ch. M. 35, 465 Wiese, B. v. 246, 250 f., 482 Wiesmann, L. 237, 261 Wilamowitz, U. v. 468 Wilmans, F. 26, 73, 248, 271, 377 Winckelmann, J. J. 45, 48, 52, 96, 154, 238, 510, 519 Windfuhr, M. 519 f. Winkler, E. G. 398, 499 ff. Winklhofer, A. 255, 376, 397 Wocke, H . 255 Wolfflin, H . 168 {., 232, 367, 521 Wolfskehl, K. 50 Wolters, F. SO /., 56 f., 64 Woltmann, C. v. 27 f. Wordsworth, W. 267 Yeats, W. B. 267 Zagari, L. 436—440 Zak, E. 392 Zinkernagel, F. 1, 28, 35, 39 f., 47 ff., 57, 61 f 6 5 , 67, 75 f., 87 f., 94, 127, 238, 269 ff., 290 Zottoli, A. 349 Zuntz, G. 275 Zweig, St. 336 ff.
Verzeichnis der besprochenen Werke Hölderlins Gedichttitel nach der „Großen Stuttgarter Ausgabe", anderenfalls sind sie in K l a m m e r gesetzt. Abbitte 3 Abendphantasie 62, 281, 353 Als ich ein Knabe war 150 Am Quell der Donau 2, 157 f., 291 ff., 377, 520, 527 An den Aether 12—15, 149, 349 An den Früling 150 Andenken 3, 35, 113, 227 f., 280, 294, 353, 361, 365, 377, 527, 547 An die Deutschen 201, 379, 426 An die Dichter („Wie wenn am Feiertage ...") 291 An die Hof nun g 38 An die klugen Rathgeber 12 An die Natur 11 f., 27, 310, 553 An die Parzen 521 An Eduard 38, 453 An eine Fürstin von Dessau 453 An eine Verlobte 280 An Landauer 319 f. Anmerkungen zu den Übertragungen von Sophokles 277—280, 286, 457 f., 554 Anmerkungen zur Antigonä 162, 218 f., 269 f., 523 An Timmern („Die Linien des Lebens . . .") 501 Ästhetische Fragmente 9, 68 Blödigkeit
320, 476
Brod und Wein 2, 24, 40, 73, 105, 155—158, 178, 188, 200, 202, 260, 262, 274, 280, 413, 482, 484 ff., 501, 540 Buonaparte 383 Chiron 235, 320 f., 486 ff., 503 Das Das Das Das Dem Dem Dem
Ahnenbild 38 himmlische Feuer 2 Schicksaal 27, 38 Werden im Vergehen 327 Allbekannten 382, 417 Genius der Kühnheit 9, 38 Sonnengott 477, 479
Der Abschied 38 Der Archipelagus 3, 19, 38, 51, 54, 73, 155 f., 158, 175, 179, 262, 274, 313, 316, 351 f., 380, 432, 455 ff., 507, 536, 539 f., 554 Der blinde Sänger 38, 241, 320, 486 ff. Der Einzige 2, 158, 202 f., 220, 263 f., 291, 293, 384, 392, 414 f., 463, 467, 469 ff., 527, 554 Der Frieden 281, 431 Der Gang aufs Land 281 Der gefesselte Strom 153, 320 f., 481, 541 Der Herbst („Die Sagen, die der Erde sich entfernen . ..") 362 Der Ister 294, 527 Der Main 149, 311 Der Mutter Erde 133, 291 Der Nekar 38, 62, 149, 158, 311 Der Prinzessin Auguste von Homburg 200, 280, 453 Der Rhein 23, 35, 38, 69 f., 158, 193 f., 225, 232, 246, 260, 283, 291, 293 f., 377, 492 ff., 524—527 Der Tod des Empedokles 3, 32, 38 ff., 44 ff., 58, 62, 65, 72, 84 f., 88, 91, 95, 103 f., 116, 123 f., 130, 138 f., 143, 150 ff., 197 f., 201 f., 204, 217 f., 220, 222, 236, 239— 243, 246, 250 f., 269, 297, 305, 313, 322, 328, 351 f., 387, 408, 454, 459 ff., 467, 497, 515, 522 f., 527, 538, 550, 553 Der Tod fürs Vaterland (Die Schlacht) 38, 153 Der Wanderer 12—15, 18, 38, 149, 155 Der Winter („Das Feld ist kahl. ..") 501 (Der Winter) = Vulkan 150 Der Zeitgeist („Zu lang schon . ..") 38, 384, 553 Des Morgens 62, 281 Deutseber Gesang 520 Dichterberuf 42, 132, 218, 279 ff., 488—491 Dichtermuth 38, 153, 320, 476 Die Eichbäume 12, 149, 498 Die Heimath 38, 150
584
Verzeichnis
der besprochenen
(Die Herbstfeier) = Stutgard 20 f., 24, 38, 155 (Die Jugend) = Als ich ein Knabe war 150 Die Launischen 38 Die Liebe 38 Die Muße 149 Die Nacht 20 f., 24 Die Wanderung 20 f., 24, 157, 291, 377 f. Diotima („Du schweigst und duldest. . .") 33 Diotima, mittlere Fassung („Lange todt und tiefverschlossen . . .") 12 Einst und Jezt 3 Elegien 69, 274 f., 279, 281 f., 289, 292, 294, 298, 310, 316, 321, 339, 533, 536 Emilie vor ihrem Brauttag 38, 319 f. Erläuterungen zu den Übertragungen von Pindar 276 f., 279 f. (Erntezeit) = Mnemosyne 198 Friedensfeier 262, 284 ff., 372—449, 452, 462, 464 f., 469, 471—476, 481, 488, 496, 520, 546 Ganymed 232, 320 f. Germanien 157, 193, 200, 239, 249, 291, 293, 377, 420 Gesang des Deutschen 153, 157 Geschichte der schönen Künste unter den Griechen 553 Griechenland 2, 9, 27, 58, 68, 544—547, 553 Grund zum Empedokles 68, 88, 91, 187, 553 Hälfte des Lebens 19, 497 Heidelberg 38, 62, 151, 158, 174, 190, 235, 353, 361 Heimkunft 18, 155, 200, 227, 481 f. Hymne an den Genius Griechenlands 248 f. Hymnen 3, 14, 17, 35, 46, 62, 69, 82, 84, 103, 115, 130 f., 147, 157—160, 165, 172, 199, 233, 235 f., 248—250, 254 ff., 261 ff., 265 f., 269, 274, 276, 279—284, 289—294, 298, 302—305, 309 f., 313— 316, 319, 321, 329 ff., 338 f., 341, 345 f., 353—360, 365, 387, 398, 418, 429, 442, 446, 465—468, 474, 482, 488, 492, 497, 499 f., 516 f., 520, 532 f., 540 f., 550, 554 Hymnen an die Ideale der Menschheit 9, 45, 121 f., 274, 316, 553 Hyperion 3, 9 f., 17 ff., 22—25, 32 f., 37 f., 45, 47 f., 55, 58, 62, 65, 72, 81, 84—87, 91, 100, 104, 106, 113, 118, 120, 122 f.,
Werke
Hölderlins
130, 132 £., 137—142, 147 ff., 151, 175, 189 f., 196 ff., 202, 236 f., 243, 248, 250, 259 f., 271, 274, 303 ff., 310 f., 313, 350 ff., 380, 416 f., 452, 454—457, 466 f., 487, 492, 497, 507, 522 f., 527, 534 f., 553 f. Hyperion (Thalia-Fragment) 9 f., 81 f., 89, 118, 148, 553 Hyperions Schicksaalslied 3, 359, 386 Ihr sichergebaueten Alpen 494 ff. In lieblicher Bläue 227 Lebenslauf 349, 477, 479 f., 498 Lieder an Diotima 38, 149, 515, 521 Lyrik 2 f., 5, 12, 16, 27 f., 62, 64 f., 88, 127 f., 130, 243, 245 f., 269, 298, 300 ff., 308 ff., 319—322, 341, 346—351, 367 f., 472, 500 ff., 515 ff., 519 f. Mein Eigentum 150 Meiner verehrungswürdigen Grosmutter 262 Menons Klagen um Diotima 18, 38, 116, 152, 274, 279, 319, 352, 491 f., 539 f., 553 Menschenbeifall 477—480 Mnemosyne 150, 284, 294, 360 f., 377, 527 Nachtgesänge 19, 73, 554 Natur und Kunst oder Saturn und 73, 235, 364
Jupiter
Oden 241, 243, 279, 281 f., 289, 292, 298, 310 f., 315 f., 320 f., 338 f., 466 f., 488, 527, 533, 553 Patmos 3, 23 f., 27, 35, 74, 86, 100, 105, 132, 178, 202 f., 258, 263 f., 267, 280, 291, 293 f., 316, 330, 341—345, 352, 354, 357 f., 361, 377, 387, 390, 405, 412 f., 462, 493, 501, 524 f., 542, 554 Phaeton. Nach dem Ovid 11 Philosophische Fragmente 68, 130, 325 Reif sind, in Feuer getaucht. .. (= syne, 3. Fassung) 361 Rousseau 188 Rükkehr in die Heimath 467
Mnemo-
Sokrates und Alcibiades 281 Sonnenuntergang 479 Stella! ach! wir leiden viel! 552 Stimme des Volks 153, 280, 315, 322, 482 ff. Stutgard 20 f., 24, 38, 155, 260, 274
Verzeichnis
der besprochenen
Uber den Unterschied der Dichtarten 321 Über die Verfahrungsweise des poetischen Geistes 187, 277, 327 Über Religion 113, 119, 131, 187, 419, 487 Übertragungen: Ovids „Phäton" 11, Übertragungen: Pindar 51, 57, 171, 274— 277, 291, 302, 452, 488, 514, 532, 540, 554 Übertragungen: Sophokles 19, 23 f., 26, 62, 73, 247 f., 271, 275, 278, 291, 452, 459, 461, 488, 540, 554
Werke
Hölderlins
Unter den Alpen gesungen
585 18, 38, 199, 280
Versöhnender der du nimmer geglaubt 202, 260, 263, 291 Vulkan 150
133,
Wenn aus der Ferne . . . 499 Wie wenn am Feiertage 51, 95, 132, 184, 200, 218, 227, 280, 291, 352, 355, 359, 377, 383, 481 f., 539 f.
Inhaltsangabe I. Einführung
1
Anlaß und Bedeutung einer Geschichte der Hölderlin-Forschung. — Die gegensätzlichen Deutungen und das methodologische Problem. Unterscheidung zwischen bibliographischen Untersuchungen und einer Geschichte der Forschung. — Geschichte der Hölderlin-Forschung und -Deutung. — Der Beitrag
Italiens.
Übersetzungen und Abhandlungen.
II. Das Urteil der Zeitgenossen und das Hölderlin-Bild der Romantik
6
Die Tradition der Hölderlin-Forschung in Deutschland. — Geschichtliche Lage und Entwicklung des Dichters: Schubart. Freundschaft mit Stäudlin und Sinclair. Jugendliche Begeisterung für Schillers Werke. — D e r
Generationsunterschied
und die sich daraus ergebenden verschiedenen Anschauungen. Abwechselnde Beziehungen Hölderlins zu den beiden bedeutendsten deutschen Klassikern. H ö l derlins Stellung innerhalb der deutschen Klassik und die Krise des Idealismus. Hölderlins Bezug auf Klopstock. — Schiller und Hölderlin. Die Obereinstimmung zwischen Schiller und Goethe in ihrem Hölderlin-Urteil und seine geschichtliche Bedeutung. — Die Erneuerung dieses Urteiles durch einen zeitgenössischen Forscher: Benedetto Croce. — Goethes Reise nach Frankfurt im J a h r e 1797 und seine Begegnung mit Hölderlin. Gegenüberstellung von Croces Urteil mit der Auslegung einer Uneinigkeit zwischen Goethe und Hölderlin bei C h . Du Bos. — Der Freundeskreis um Hölderlin. — August Wilhelm Schlegels Urteil über Hölderlins Gedichte. D i e Vielfalt der Urteile über den Dichter in den damaligen Zeitschriften und Tagesblättern. — Isaac von Sinclair, seine Freundschaft mit dem Dichter und der Ursprung einer Tradition in der HölderlinForschung. — D i e Deutung der romantischen Schule: Görres, Chemens Brentano, Achim von Arnim. Gustav Schwabs Einleitung zu seiner Ausgabe von Hölderlins Gedichten. Wolfgang Menzel und seine „Deutsche Literatur". Mörikes Urteil über „Hyperion". Bettina Brentano verweist erstmals auf ein Sprachproblem bei Hölderlin. — Die romantische Schule und die Tradition der HölderlinForschung. — Der Aufsatz von Alexander J u n g (1848) und die Einwände von Franz Zinkernagel (1907).
III. Die Auseinandersetzung der Hegel-Schule mit Hölderlin. Der neue Aufschwung der Forschung durch Dilthey
29
K a r l Rosenkranz weist auf die Frage einer gegenseitigen Beeinflussung zwischen Hölderlin, Hegel und Schelling hin. — Untersuchung von Alexander Jungs E r läuterungen; seine Stellung in der Tradition. Andeutungen einer Stil-Forschung bei David Müller (1866). — Wilhelm Scherer und sein von Rudolf H a y m abweichendes Urteil über Hölderlin. — Rudolf H a y m s Darstellung von Hölderlin in seinem Werke „Die romantische Schule" (1870). H a y m s Bezug auf Friedrich Schlegel. H a y m
verkündet
die „Wendung
zur Objektivität"
in
Hölderlins
Inhaltsangabe
587
Schau. — Hölderlins Stellung in der deutschen Literaturgeschichte nach Johannes Scherr. — Die Erneuerung der Forschung durch Wilhelm Dilthey. Die Philosophie und Ästhetik Diltheys; die „Geistesgeschichte"; Übereinstimmungen zwischen Hölderlin und den Romantikern; Hölderlin als ihr Wegbereiter. Karl Voßler und die Betonung einer Verwandtschaft zwischen Hölderlin und Leopardi. Diltheys Aufsatz in „Das Erlebnis und die Dichtung". — Dilthey und die Entwicklung Friedrich Gundolfs zum Forscher. — Stefan George und die neue Einstellung bei der Hölderlin-Deutung.
IV. Der Streit zwischen den Positivisten und dem George-Kreis: Norbert von Hellingrath und seine Hölderlin-Ausgabe
47
Die positivistischen Forschungen von Franz Zinkernagel; Versuch, des Dichters Eigenständigkeit gegenüber den literarischen Einflüssen und dem Ausbruch der Krankheit darzustellen. Einwände gegen Zinkernagel. — Die Hölderlin-Renaissance durch Stefan George. Die Bedeutung der Herkunft Georges vom französischen Symbolismus; Stefan George und die Entwicklung Norbert von Hellingraths. — Friedrich Gundolf und seine Deutung von Hölderlins Elegie „Der Archipelagus". Der Wert seiner Auslegung und ihre Grenzen. — Das HölderlinBild Stefan Georges; Hölderlin und die Verkündigung des neuen Gottes. — Norbert von Hellingrath: Philologie und Forschung. Der Hinweis auf „harte Fügungen" in Hölderlins großen Hymnen. „Harte und glatte Fügung": der Wert der Unterscheidung zweier Stile und zweier Oberlieferungen. — Die Wichtigkeit der Hölderlin-Deutung von Norbert von Hellingrath. Die von Hellingrath begonnene Ausgabe der Werke Hölderlins, Kritik an ihr und ihrem philologischen Wert.
V. Ludwig von Pigenot und seine Deutung
64
Legenden um Hölderlin; Hölderlin als Banner und Stimme der deutschen Jugend. — Rhetorische Züge in den Deutungen einiger Schüler Georges. — Neue Untersuchungen zu Hölderlins Lyrik von Karl Vietor; die Bedeutung von Vietors Forschungs-Ergebnissen. Emil Lehmann und seine Arbeit über Hölderlin. — Der Versuch einer Verbindung der bisherigen Ergebnisse bei Ludwig von Pigenot. Hinweis auf die geschlossene Entwicklung der Hölderlin-Forschung. Der metaphysische Urgrund von Hölderlins Welt: Philosophie und Mythos; der objektive Idealismus und der Mythos. — Hölderlins Terminologie: Das Beziehungssystem der Ausdrücke untereinander und die Dialektik der dichterischen Verfahrensweise. Hölderlins Entwicklung nach Pigenot: Reflexion und Vision; Beginn der Individuation; die Aufgabe des Dichters. Gegenüberstellung von Pindar und Hölderlin. — Zusammenhänge zwischen Schau und Ausdruck: Andeutungen für eine Stil-Forschung in Hinblick auf die Weltanschauung des Dichters: Bedeutung und Wert des Tragischen. Hölderlins Religion nach Pigenot. — Bei Pigenot treten gedankliche Vorstellungen Nietzsches in der HölderlinDeutung auf. Die Notwendigkeit, zwischen Hölderlins und Nietzsches Vorstellung von der Tragödie zu unterscheiden: Die verschiedene Bedeutung der „Hybris". — Zwei philosophische Richtungen in der Hölderlin-Deutung: idealistisch und irrationalistisch.
VI. Hölderlin und der deutsche Idealismus
76
Die geistesgeschichtliche Methode und Dilthey. Diltheys Arbeiten über den deut-
588
Inhaltsangabe sehen Idealismus. „Die Jugendgeschichte Hegels" und die Beziehungen Hölderlins zu ihm. C. Antoni erläutert das Werk Diltheys. Überprüfung der gegenseitigen Anregung und Beeinflussung zwischen Hölderlin und Hegel. Die neue Auslegung des Christentumes: Beobachtungen und Erläuterungen. — Der mystische Pantheismus Hegels und Hölderlins nach Dilthey; Hegels Theorie über das Leid. Hölderlins Themen: Die Einheit des Ganzen und die Individuation; die „Hybris". Der Begriff der Liebe. — Die unumgänglichen Meinungsverschiedenheiten zwischen Hegel und Hölderlin. — Ernst Cassirer und seine Untersuchung von Hölderlins Stellung im deutschen Idealismus; die mythische Phantasie als Urform des Geisteslebens und Mittel zur Erkenntnis. Fichte und Hölderlin; Einwände Hölderlins gegen Fichtes Subjektivismus. — Schelling und Hölderlin. „Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus"; Untersuchung und Datierung der Schrift; ihre Bedeutung zur Beantwortung der Frage nach den Beziehungen zwischen Hölderlin, Hegel und Schelling. — Die geistige Schau nach Hölderlin. Die tragische Erfahrung des Dichters und die auflösende Vermittlung des Philosophen. — Unterscheidung zwischen logischem Denken und mythischer Schau nach Karl Jaspers. Psychiatrie und Literatur-Forschung; T r e n nung der beiden Forschungs-Gebiete. Hölderlins Wirklichkeits-Verfremdung nach Jaspers. Die mythische Schau und die All-Gegenwart des Göttlichen. — Beobachtungen über Hölderlins Religiosität: mystische Erfahrung und religiöse Tradition; das Einzigartige an Hölderlins mystischem Erlebnis.
VII. Hölderlin und Hegels Dialektik
97
Die Erneuerung der Hegel-Forschung durch Dilthey. — Veröffentlichung der Unterlagen für die Erforschung von Hegels Entwicklung durch Johannes Hoffmeister. Einwände gegen Diltheys Annahme von einem mystischen Pantheismus bei Hegel. — J . Wahl und sein Aufsatz „Le malheur de la conscience dans la philosophie de Hegel". Die Forschungen von T h . Haering: von den Thesen Diltheys Abweichendes. — Die Hegel-Forschung von T h . Steinbüchel, H . Glockner, H . Niel, G. Lukacs, P. Asveld, B. Groce und G. Deila Volpe. — Neue Untersuchung des Verhältnisses Hölderlins zu Hegel auf Grund neuer Ergebnisse der Hegel-Forschung: Der Einfluß von Hölderlins Gegenwart auf Hegel während seines Aufenthaltes in Frankfurt. — Der Geist-Begriff Hölderlins und Hegels. Die christliche Überlieferung und der Idealismus. Die Dialektik Hegels und Hölderlins dialektisches Verfahren beim Dichten. — Die Arbeiten von J . Hoffmeister und T h . Haering über den Parallelismus zwischen Hölderlin und Hegel. Bedeutung und Wert von Hölderlins Philosophieren; Beziehungen zwischen Philosophie und Poesie in seinem Werk. Das Sprachproblem. — Hölderlins Einfluß auf den deutschen Idealismus und die Überbrückung der Subjekt-ObjektSpaltung. — Die „pietas" und die erlösende Kraft der Liebe.
VIII. Die klassizistische Deutung bei Wilhelm Böhm und die Geistesgeschichte
117
Die Deutung der geistesgesdiichtlidien Methode in Böhms Hölderlin-Buch. — Betonung von Hölderlins Rolle für die Entwicklung der Philosophie; die Problematik der deutschen Klassik löst sich in Hölderlins Werk. — Einwände von Ludwig Strauß und Hoffmeister. — Böhms Verfahren bei der HölderlinForschung. Falsche Unterscheidung zwischen philosophischem Inhalt und for-
589
Inhaltsangabe
malen Werten. — Böhms gültige Trennung zwischen Hölderlin und neuromantischen Bestrebungen. Böhms „Hyperion"-Deiutung. — Grenzen von Böhms Deutung des Sprachwertes. Hinweise auf Vietors Arbeiten. — Der Zwiespalt zwischen der irrationalistischen Deutung bei Paul Böckmann und Böhms Interpretation: Die Bedeutung des Streites zwischen Böhm und Böckmann. — Geistesgeschichtliche Deutungen in Italien und Frankreich: Farinelli, Amoretti, Ch. Andler, Claverie, G . Bianquis, P. Emmanuel, Ernest Tonnelat, Pierre Bertaux. — Genauere Untersuchung der Arbeiten von Bertaux.
I X . Die Vollendung der geistesgeschichtlichen Richtung in der Hölderlin-Forschung
137
Die Deutung von Georg Lukäcs. Bedeutung seiner Hinweise und Bezüge auf die europäische Literatur des neunzehnten Jahrhunderts. — Milton und sein Einfluß auf Klopstock. Pietismus und Idealismus. — Kurt Hildebrandt und seine Deutung der Übereinstimmung zwischen Philosophie und Poesie im Werke Hölderlins. — Hildebrandts Versuch, im deutschen Denken zwei Richtungen einander entgegenzusetzen: Hinweise auf Leibniz und Piaton. Hölderlin als Religionsstifter. — Einwände von H . O . Burger und Adolf Bede gegenüber den Ausführungen Hildebrandts. Seine Arbeit über Hölderlin und Goethe. — H . A. Korff und die Geistesgeschichte; die geistige Entwicklung Hölderlins nach Korff. Hölderlin und der „Sturm und Drang". Hölderlin und die deutsche Klassik. Hölderlin und die Romantik. — Der Weg der bei Hegel begonnenen ForschungsRichtung endet mit Korff. Widersprüchliches in den Deutungen der Geistesgeschichte und der George-Schule. Die These vom Wiedererwachen des griechischen Geistes bei Hölderlin. — Die geschichtliche Lage Hölderlins nach Korff und die Auslegung der Krise des Idealismus an H a n d von Hölderlins Erfahrung. Die Überwindung der Krise und die Wendung zur Objektivität. Eine geschlossene Deutung von Hölderlins W e r k bei Korff. — Versuch einer Versöhnung der antiken Gottheiten mit dem Christentum in den letzten Hymnen. Grenzen von Korffs Deutung. — Die Arbeiten von Wilhelm Michel und die Betonung der Sprache bei ihm. Hinweis auf die Wichtigkeit der letzten Hymnen für eine Hölderlin-Deutung. Humanismus und Religiosität bei Hölderlin.
„Hölderlins
abendländische Wendung". Michels Hölderlin-Biographie.
X . Die phänomenologische
Forschung
164
Unterscheidung der Interpretations-Methode Paul Böckmanns von den idealistischen Deutungen. Das Neue bei Paul Böckmann. D i e phänomenologische Deutung und ihre Abweichungen von der ästhetischen Interpretation. — Die von einer irrationalistischen Philosophie angeregte Forschung geht über das Ästhetische hinaus. — Der wesentliche Kern von Böckmanns Deutung;
Hölderlins
Religiosität in Hinblick auf seine Dichtung. Phänomenologische Erklärungen des Religiösen und die mythische Bedeutung der Götter Hölderlins: Mythische Schau und W o r t . — Die Methode von Paul Böckmann, wie sie sich aus seiner „Formgeschichte der deutschen Dichtung"
ergibt.
Seine Methode und das
geistes-
geschichtliche Verfahren. Der Bezug auf Dilthey und die Philosophie von Ernst Cassirer. Wölfflin und seine „Geschichte der Formen". Einfluß auf die Literaturgeschichte. — Goethe und Hölderlin nach Böckmann. Die Bedeutung von Böckmanns Arbeiten für die neue Deutung. Die Geschlossenheit von Böckmanns Forschungen. — Einige Standpunkte Böckmanns in seinen verschiedenen HölderlinAufsätzen. Hölderlins Naturglaube wird als eine Art der mythischen Schau
590
Inhaltsangabe angesehen; eine Mythologie wird ausgeschlossen. Dichtung als ein Feiern der Götter. — Einwände gegen Böckmanns Darstellung. — W . F. Otto und seine Auslegung von Hölderlins religiöser Haltung. Kerényis Erläuterungen zum Werke von W . F. Otto. Übereinstimmendes und Verschiedenes in den Thesen über Hölderlins Religiosität von W . F. Otto und Romano Guardini. Der Beitrag von Kerényi zur Deutung von Hölderlins Religiosität. — Oberprüfung von W . F. Ottos Ansichten über Mythos und Kult. Die Deutung der altgriechischen Religiosität in Hinblick auf Hölderlins religiöse Haltung. W . F. Ottos Arbeiten zur Hölderlin-Deutung. W . F. Otto und die traditionelle Hölderlin-Forschung. — Romano Guardini und die dogmatischen Voraussetzungen seiner Deutung. Die Einmaligkeit des Dichtwerkes und der Wert der Dichtung. Vergleich der Deutungen von P. Böckmann, W . F. Otto und R . Guardini. — Die Verwandlung der Wirklichkeit in einen Mythos. Das Christentum und Hölderlins Eschatologie: Der Mythos von einer neuen Kirche. — Diotima. — Das Dionysische und Hölderlin. Die versöhnenden Gottheiten und Christus. Die „pietas" des Dichters und der Versuch zu einer religiösen Synthese. — Erklärungen und Erläuterungen zu Guardinis Deutung.
X I . Heidegger
und
Hölderlin
205
Karl Kerényi und Heideggers Hölderlin-Bild. Philologie und Hermeneutik. W . F. Otto und Heidegger. Erläuterungen und Erklärungen zu Heideggers Ästhetik nach Pietro Chiodi. — Entwicklung und Wandel der ästhetischen Ansichten Heideggers. Die Offenbarung des Seins im Kunstwerk. Kunst und Geschichte. Grundgedanken von Kierkegaard in Heideggers Ästhetik. Die Bedeutung der Hölderlin-Interpretation für Heideggers Denken. — Einwände gegen Heideggers Ästhetik. Heidegger und die Tradition im Philosophieren der Gegenwart; humanistische Tradition und prophetische Verkündigung. — Erläuterungen zu Heideggers Hölderlin-Deutung. Else Buddeberg. Beda Allemanns Ausführungen über Hölderlin und Heidegger; „Umkehr" und „Kehre". — Philologische Forschung und Hermeneutik. — Beda Allemanns Kommentar zur Tragödie „Empedokles"; „Empedokleisches" und „Königliches" als zwei Pole. Die Rolle des Versöhners ist für den Dichter ausgeschlossen. Grundsätzliche Trennung zwischen Göttlichem und Irdischem. — Die Bedeutung der „Umkehr". Beda Allemanns Polemik gegen die einander widersprechenden Deutungen. Die „Umkehr" als religiöses und damit dichterisches Gesetz. — Die Obereinstimmung von „Umkehr" und „Kehre". — Der Unterschied zwischen Heidegger und Wilhelm Dilthey; Einwände Heideggers und Hegels. Heideggers Problem der Dichtung. Der Abgrund zwischen dem deutschen Idealismus und Heideggers Denken. Hölderlins „Umkehr" als Abkehr von der Transzendentalität des Idealismus. — Heideggers Sprachbegriff und das Verhältnis zwischen Dichten und Denken in Hinblick auf die Sprache. „Das Heilige". — Bedeutung und Bewertung von Beda Allemanns Ausführungen; neue Ausblicke für die Deutung. — Heideggers philosophische Sprache und die Bestimmung der Themen von Hölderlins Dichtungen. — Heideggers Folgerungen und unsere neue Deutung dazu.
X I I . Die existenzialistische
Kritik
229
Heideggers Einfluß auf die Literatur-Forschung; ist eine existenzialistische Forschung möglich? Ruprechts Arbeit über Heidegger und die Literaturwissen-
Inhaltsangabe
591
schafl. — Emil Staiger und seine Schule. D i e Grundlagen von Emil Staigers Interpretation. Staigers Hölderlin-Bild und seine Berechtigung;
Hermeneutik
und ästhetisches Urteil. — Erich Ruprecht und der Versuch, aus Heideggers Gedanken eine Methode für literarische Forschungen abzuleiten. — Hermeneutik und Literaturgeschichte in Walter Rehms Schriften über Hölderlin; Deutung der „Umkehr". — Alfred Schlagdenhauffen und das platonische Erlebnis H ö l derlins. — Hans Gottschalk und seine Darstellung der mythischen Schau des Dichters. — Neue Arbeiten von M a x Kommereil: Geschichte und Mythos. — H . G. Gadamer; Hölderlin und die Antike, Hölderlin und das Zukünftige. G a damers Abhängigkeit von Guardini. Motive der Hölderlin-Forschungen
von
Wentzlaff-Eggebert, Meta Corssen und W . Sdiadewaldt. Ergebnisse. Deutung der „göttlichen Untreue" und der „Umkehr der Zeit" bei Meta Corssen. D i e Deutung der „exzentrischen Bahn" bei W . Sdiadewaldt. — Hölderlin und das Problem der Geschichte. — Hölderlins Christologie. Die Untersuchungen von Friedrich Seebaß, Läubin-Lörrach und Erwin Hegel. Neue Betonung und Deutung von Hölderlins Religiosität im existenzialistischen Denken. — Der T i t a n e n mythos in der Auslegung von Arthur H ä n y . — Hinweis auf Kierkegaard in einem Aufsatz von W . Küteineyer. — Deutung der christologischen Hymnen bei R . T h . Stoll und unsere diesbezüglichen Folgerungen. — Übereinstimmungen zwischen Hölderlins W e r k und der deutschen und europäischen Dichtung im neunzehnten Jahrhundert. Hinweise auf die gegenwärtige Forschung in England und Amerika; Übersetzungen und Aufsätze über Hölderlin. — Ein Urteil von Maurice Blanchot im Geiste von Beda Allemanns Arbeiten.
X I I I . Die philologische
Forschung
.269
Über die Methode der philologischen Forschung. Neuerliche Betrachtung
der
bedeutendsten Ausgaben der Werke Hölderlins. Pläne und Ziele der neuen Ausgabe von Friedrich Beißner. Philologische Forschung und die Methode der Interpretation nach Beißner. — Beißners Arbeiten über Hölderlins Elegie. Sein Aufsatz über Hölderlins Übersetzungen aus dem Griechischen. Die Bedeutung der Pindar-Übertragungen. — Ausdruck der Problematik Hölderlins nach Beißner: „Die abendländische Wendung" in der Deutung von Michel, Beißner und Beda Allemann. — Die Deutung von Hölderlins Oden. — „Dichterberuf".
—
Beißners Untersuchungen zu Hölderlins Metrik und dichterischer Verfahrensweise. Stil, Fragen der Deutung, philologische Wiedererstellung der T e x t e . D e r Unterschied zwischen philologischem Kommentar und deutender
Erläuterung:
Gültigkeit und Grenzen dieser Unterscheidung. — Polemik gegen Beißner und seine Antwort darauf. — Philologie und ästhetische Forschung. —
Veröffent-
lichung und Kommentar der späten Hymnen von Arthur Hübscher. Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen Beißner und Hübscher. —
Hübschers
Bestimmung von Hölderlins dialektischem Verfahren beim Dichten. D e r Aufbau der H y m n e n ; Strophe und Vers; die stilistische Entwicklung. — Zusammenhänge zwischen philologischer und stilistischer Forschung.
X I V . Die
Stil-Kritik
Stil-Forschung
und Stilkunde.
295 Arbeiten
der Stil-Forschung
über
Hölderlins
W e r k . — Die Stil-Forschung in der Tradition der Hölderlin-Forschung. Methoden der Stil-Forschung. Stil-Forschung und Literaturwissenschaft. —
Verglei-
592
Inhaltsangabe chende Stil-Untersuchungen bei Goethe, Schiller, Hölderlin und Nietzsche. Die Erforschung von Sprache und Rhythmus. Die Arbeiten von Rudolf Krieger und H . W . Bertallot. •— Voraussetzungen für eine Untersuchung des Rhythmus. Unterscheidung
zwischen
Rhythmus
und Metrik.
Versuche zur
Bestimmung
einer Typologie des Rhythmus. Dietrich Seckel und seine Untersuchung des Sprachrhythmus bei Hölderlin. H . O . Burger und F. Beißner über Seckeis Darstellung. Unsere Einschränkungen zu Seckeis Verfahren. — Rhythmus und Raumdarstellung: Weitere Forschungen Seckeis. — Stil-Forschung und Geistesgeschichte. H . Maeder: „Hölderlin und das W o r t " . Die „harte Fügung" als Grundlage der Forschungen. — Vergleichende Sprachuntersuchung an Hölderlin und Novalis;
die Dichtersprache und das Unsagbare. Methodologische
Ein-
wände. — Die Erforschung von Hölderlins Metrik; der strophische Aufbau von Hölderlins Oden. — Der Wechsel der T ö n e in Hölderlins L y r i k : die Arbeit von Meta Corssen. —
Stil-Forschung
und Werk-Deutung:
der
erläuternde
Kommentar von H . Frey. — Walter H o f s Forschungen über „Hölderlins Stil als Ausdruck seiner geistigen W e l t " . Die Arbeits-Methode; —
Obereinstimmendes.
Neuerliche Prüfung von Hölderlins Werk aus der Blickrichtung der Stil-
Forschung: Ästhetik, Geschichte und Theologie in Hölderlins Welt. Das „Zwischen". Hölderlins Anschauung vom Tragischen. — Der W e r t der Analogie. Idealistische Dialektik Die
und rhythmische Zusammenhänge
in Hölderlins
„harte Fügung". Einwände gegenüber der Gültigkeit
von
Stil.
Hellingraths
Grundsätzen und Erläuterungen dazu. — Ergebnisse der Stil-Forschung. StilForschung und ästhetische Forschung.
X V . Die ästhetische Forschung
333
Das Verhältnis zwischen Stil-Forschung und ästhetischer Forschung in der literarischen Stilkunde von Leo Spitzer. Seine Schlüsse aus dem Werke von K a r l Voßler und dem Denken von Croce. Spitzers Einfluß auf die Zürcher Schule. — Croce und Hölderlins Dichtung: Unterscheidung zwischen der Methode der ästhetischen Forschung und ihrem Beispiel in Croces Arbeit über Hölderlin.
—
Hinweis auf die Einstellung von Günther Müller. — Gültigkeit und Begrenztheit von Croces geschichtlicher Beurteilung. — Arbeiten von Leone Traverso über Hölderlins W e r k ; Ubersetzung einiger der großen Hymnen, der Fragmente und Erläuterungen zu den verschiedenen Fassungen von „Patmos". — Die HölderlinDeutung Ladislao
Mittners
an H a n d
der ästhetischen
Forschungs-Methode:
Unterscheidung zwischen „poesia" und „non poesia". Die geschichtliche Lage Hölderlins; Hölderlin und Schiller, Hölderlin und Goethe. — Konservativismus und Erneuerungsstreben in Hölderlins W e r k ; „Hyperion", „Empedokles".
—
Erläuterungen zu „Der Archipelagus". — Oden und Elegien. — Die Dialektik der Eingebung und des Maßes. — Hölderlins Dichtung und der Begriff einer „progressiven Universal-Poesie". — Die geschichtlichen und geografischen Anschauungen des Dichters. Der Dichter als Künder des Göttlichen. — Die großen Hymnen. Erläuterungen zu „Patmos". Beobachtungen: Dionysische Inspiration und die „Umkehr". Die „pietas" und das „Zwischen". — Anregungen aus der Erinnerung:
„Mnemosyne"
und „Andenken". Abschließende Würdigung
Mittners Werk. — Emil Staiger und sein Beitrag zur
von
Hölderlin-Forschung.
Notwendigkeit von Einzelerläuterungen zu Hölderlins Dichtwerk. — Stellungnahme zu Guardinis Bemerkungen über eine dionysische
Staigers
Inspiration
593
Inhaltsangabe
Hölderlins; Hölderlin und der Mythos. — Heidegger und Hölderlin: Rückkehr zu einer Literaturbetrachtung ausschließlich auf Grund von Text-Untersuchungen. — Das schillernde Bild literarkritischer Schulen in deutschen Landen; Forderung nach einer neuerlichen Überprüfung der Grundsätze. — W i e kommt es in Emil Staigers "Werk zu diesen Forderungen; Zeit und Einbildungskraft des Dichters; „Die Kunst der Interpretation". — Grenzen der existenzialistischen Hermeneutik und die Notwendigkeit, diese zu überschreiten. — Staigers „kritischer Empirismus". Die Problematik Staigers und der Bezug auf eine ästhetische Forschung auf Grund von Croces Ausführungen. — D i e Kunst als Apriori bei Croce. Das mißverstandene Apriori bei Heidegger. — Neuerliche Bekräftigung der Autonomie der Kunst.
XVI. „Friedensfeier" — Die Krise in der Hölderlin-Forschung
372
Die Ausführungen von H . O. Burger über die methodologische Krise in der Literaturgeschichte. Literaturgeschichte und Kulturgeschichte. — Hölderlins H i n weise für eine Deutung seiner H y m n e „Friedensfeier". Erläuterungen von F. Beißner;
die Betonung der Fragen in Zusammenhang mit dem
„Fürst
des
Fests". — Die Auslegung von K . Kerényi und die Hinweise auf geschichtliche Ereignisse. Die Ansicht von B. Allemann, dem J .
F. Angelloz
beipflichtet.
Kerényis Versuch, die Gültigkeit seiner These auf Grund philologischer Deutungen zu untermauern. H . Hamburger: Seine Übersetzung und Erläuterung zur Hymne. — Die christologische These von L. von Pigenot. Verschiedene Stellungnahmen für und wider Beißners Ausführungen. Die Polemik von W . H o f und W . Binder gegen die These Allemanns. „Der Streit um den Frieden" und die verschiedenen Aspekte der christologischen These. Die Deutung von L . Kempter. —
Konfessionelles und Theologisches bei der christologischen Auslegung der
Hymne. Gültiges an der These von W . Bröcker. Die Erläuterungen zur H y m n e von "W. H o f . Neues zur christologischen These in den Aufsätzen von M . Corssen und E. Buddeberg. — Der erläuternde Aufsatz von W . Binder und sein A b weichen von der christologischen These. D i e Ansichten von P. Böckmann.
—
Grammatikalische Fragen zur Deutung des Bildes vom „Fürst des Fests": G r a m matik und Philologie nach H . O . Burger und F. Beißner. Die öffentliche Diskussion der „Hölderlin-Gesellschaft" über die Deutung der H y m n e am 9. J u n i 1956 in Tübingen. Böckmanns Schlußfolgerung. — L. Mittners Beitrag zur Deutung der H y m n e und die geschichtlichen Forschungen von G. Bevilacqua. Die Erläuterungen von L. Traverso in der Einleitung zu seiner Übertragung der Hymne. Deutung und Übersetzung von L. Zagari. Unser Hinweis: Analogie zu Dantes Bild des „ V e l t r o " . — Mythische Auslegung bei R . E. Schultz. — Unsere Erklärung des Streites um die „Friedensfeier"; Versuch einer Erläuterung des Aufbaues und der Bedeutung der Hymne.
XVII. Die neueste Hölderlin-Forschung
450
Hinweise auf die Ästhetik in Italien. Ein Urteil von R . Bacchelli. — Neuerliche Bemerkungen zur Ausgabe von F. Beißner. Die „Tabellen" von M . Cornelissen. F. von der Leyen und sein Aufsatz über N . von Hellingrath. Die geschichtlichen Forschungen von W . Kirchner. M . Delorme: „Hölderlin et la révolution française." W . Jaeger und Hölderlins Bildungs-Begriff. — W . Bröcker und Hölderlins Deutung des „ ö d i p u s " von Sophokles. R . Pannwitz und sein Hinweis auf 38
Hölderlin
594
Inhaltsangabe Nietzsches Dionysisches. W. Schadewaldts Untersuchungen zur Tragödie „Empedokles" und zu Hölderlins Religiosität. — Hölderlin-Deutung und Theologie: E. Przywara, W. Bröcker, H. Buhr, W. Euler, E. Biser. — Hölderlin und der Herakles-Mythos bei E. Müller. B. Allemann: „Der Ort aber war die Wüste." — Hölderlins Christologie nach U. Häussermann. M. Bubers Anmerkungen zu Hölderlins Religiosität. Deutungen von Hölderlins Lyrik: W. Benjamin, C. Heselhaus, L. Voit, A. Weber, J . Lehmann, W. Kayser, P. Böckmann, M. Cornelissen, G. Sdimidlin, K. Vietor, B. Böschenstein, W. Binder. — W. Binders Aufsatz über das Verhältnis zwischen Sprache und Wirklichkeit in Hölderlins Dichtung. W. Kraft, E. G. Winkler, U. Häussermann, F. Beißner und D. Seckel über Hölderlins letzte Zeit. — Gegenüberstellungen: O. Fäh: „Klopstock und Hölderlin", E. Mason: „Hölderlin und Novalis", A. Renker: „Maurice de Guérin und Hölderlin", H. Singer: „Rilke und Hölderlin". Die Thematik und die dichterische Verfahrensweise Hölderlins nach L. Mittner. Die dichterische Entwicklung Hölderlins in einem Aufsatz von W. Killy und in der „Geschichte der deutschen Lyrik" von Johannes Klein. — Zwei Hölderlin-Forscher in England: E. L. Stahl und E. W. Bach. — „Metapher und Vergleich in der Sprache Hölderlins" von H. H. Schottmann. Das Symbol in der Dichtung nach F. Strich. — Das Bild in der Dichtung bei H. Pongs. Bemerkungen zu Hölderlins Symbolismus und Metaphern: E. Ermatinger, F. Kaulbach, H. Konrad, M. Windfuhr und W. Killy. — Klassik und Manierismus in Hölderlins Werk: die Untersuchung von J . Hoffmann. W. H o f : „Wendung oder Umkehr in Hölderlin." — Das grundlegende Werk von L. J . Ryan: „Hölderlins Lehre vom Wechsel der Töne". — Hinweise auf die neueste Hölderlin-Forschung in Italien: P. Bigongiari, G. Bevilacqua, L. Mittner, M. Pensa, B. Tecchi. Die Ubersetzung der Hymnen und Fragmente von L. Traverso, die Gedichtübertragung von G. Vigolo und seine Einleitung dazu. — Anmerkungen zu einer abschließenden Hölderlin-Darstellung von M. Heidegger. Weg und Ziel von Hölderlins Werk nach Heidegger.
XVIII. Nachwort
548
Positivismus, Geistesgeschichte, existenzialistische Hermeneutik und ästhetische Forschung beschäftigen sich mit Hölderlins Werk. — Das eigentliche Problem von Hölderlins Dichtungen und ihr tieferes Thema. Die geschichtliche Geltung von Hölderlins Dichtwerk. Ein Urteil von Max Rychner. Gedanken über Sprache und Dichtung. Hölderlin und die moderne Dichtung. — Abschließende Hinweise für eine Deutung von Hölderlins Werk.
Zeittafel zu Hölderlins Leben
552
Bibliographie
555
Namenregister
576
Verzeichnis der besprochenen Werke Hölderlins
583
Inhaltsangabe
586
Goethe — Begegnungen und Gespräche H e r a u s g e g e b e n v o n ERNST GRUMACH u n d RENATE GRUMACH
Etwa 12 Textbände u n d 3 Bände mit Quellenverzeichnissen, Registern und Anmerkungen. Band 1: 1749-1776. Groß-Oktav. XVIII, 511 Seiten. 1965. Ganzleinen D M 62,— Band 2: 1777-1786. Im Druck
Der junge Goethe Neubearbeitete Ausgabe in fünf Bänden. H e r a u s g e g e b e n v o n H A N N A FISCHER-LAMBERG
Alle Bände Groß-Oktav in Ganzleinen. Band 1: August 1 7 4 9 - M ä r z 1770. X, 519 Seiten. 1963. D M 3 8 , Band 2: April 1 7 7 0 - S e p t e m b e r 1772. IV, 365 Seiten. 1963. DM 30,— Band 3: September 1772—Dezember 1773. Etwa IV, 480 Seiten. 1965. D M 48,-Band 4: Januar 1774—Dezember 1774. In Vorbereitung. Band 5: Januar 1775 —Oktober 1775. In Vorbereitung.
Goethe und die Antike Eine Sammlung V o n ERNST G R U M A C H
M i t e i n e m N a c h w o r t v o n WOLFGANG SCHADEWALDT.
2 Bände. Mit 17 Tafeln. Groß-Oktav. X V , 1092 Seiten. 1949. Ganzleinen DM 40,—
Walter de Gruyter & Co • Berlin 30
Schillers Weg zu Goethe V o n FRIEDRICH WILHELM WENTZLAFF-EGGEBERT
2., durchgesehene und erweiterte Auflage. Oktav. XII, 338 Seiten. 1963. Ganzleinen DM 1 6 , (Die kleinen de Gruyter-Bände 4)
Das Pathos in Schillers Jugendlyrik Von WERNER KELLER. Groß-Oktav. X , 1 8 0 Seiten. 1964. Ganzleinen DM 2 6 , (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker. Neue Folge Band 15 [139])
Lessing — Sein und Leistung Von O T T O M A N N . 2., neubearbeitete Auflage. Klein-Oktav. 405 Seiten. 1961. Ganzleinen DM 22,—
Hugo von Hofmannsthal — Bibliographie der Kritik 1892-1963 Von H O R S T WEBER. Groß-Oktav. Etwa Ganzleinen. Im Druck
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1965.
Stofi- und Motivgeschichte der deutschen Literatur Eine Bibliographie. Von FRANZ ANSELM SCHMITT. Begründet von K U R T BAUERHORST. 2., neubearbeitete und stark erweiterte Auflage. Groß-Oktav. XVI, 332 Seiten. 1965. Ganzleinen DM 58,—
Walter de Gruyter & Co • Berlin 30