Finale der Vernichtung: Die Einsatzgruppe H in der Slowakei 1944/1945 3534259734, 9783534259731

Im Spätsommer 1944, nach der Landung der Alliierten in der Normandie und der Niederlage der Heeresgruppe Mitte gegen die

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German Pages [362] Year 2013

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Table of contents :
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Titel
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Thema, Fragestellung und Aufbau der Arbeit
Forschungsstand
Quellenlage
1. Vorgeschichte
1.1. Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD
1.2. Entwicklung in der Slowakei bis zum Nationalaufstand 1944
2. Tätigkeit der Einsatzgruppe H
2.1. Struktur der Einsatzgruppe H
2.1.1. Der Chef und sein Stab
2.1.2. Die Kommandos
2.2. Aufstandsbekämpfung
2.2.1. Aufständische und Partisanen
2.2.2. Deutsche Truppen
2.2.3. Niederschlagung des Aufstands
2.2.4. Festnahmen im Rahmen der Aufstandsbekämpfung
2.3. Judenverfolgung
2.3.1. „Judenfrage muss radikal gelöst werden“
2.3.2. Razzien und Festnahmen
2.3.3. Konzentrationslager Sered
2.3.4. Deportationen aus der Slowakei
2.4. Exekutionen auf slowakischem Boden
2.4.1. Erschießungen und Hinrichtungen in Zahlen
2.4.2. Einzelne ausgewählte Exekutionen
2.4.3. Orte der größten Massenerschießungen
2.5. Berichterstattung und Propaganda
2.5.1. Richtlinien und Themen der Berichterstattung
2.5.2. Stimmung der Bevölkerung in den SD-Berichten
2.5.3. Propaganda
2.6. Slowaken als Akteure
2.6.1. Staatsführung
2.6.2. Slowakische Armee und Polizei
2.6.3. Hlinkagarde und POHG
2.6.4. Helfershelfer der Einsatzgruppe H
2.7. Volksdeutsche
2.7.1. Deutsche in der Slowakei – ein Überblick
2.7.2. Deutscher Heimatschutz
2.7.3. Verbrechen an Volksdeutschen
3. Personal der Einsatzgruppe H
3.1. Täter der NS-Zeit
3.2. Biographien des Führungspersonals
3.3. Profil der SS-Führer
3.4. Unterführer und Mannschaften
4. Strafverfolgung nach 1945
4.1. Strafverfolgung in der Tschechoslowakei 1945–1948
4.1.1. Normen, Verlauf und Ergebnisse – Tschechien
4.1.2. Verurteilte Angehörige der Einsatzgruppe H in Tschechien
4.1.3. Normen, Verlauf und Ergebnisse – die Slowakei
4.1.4. Gefällte Urteile in der Slowakei
4.2. Strafverfolgung in der Bundesrepublik
4.2.1. Normen, Verlauf und Ergebnisse
4.2.2. Einsatzgruppenprozesse im Überblick
4.2.3. Silvester Weiß – das einzige Urteil zur Einsatzgruppe H
4.2.4. Eingestellte Verfahren
4.2.5. Anderweitig verurteilte Angehörige der Einsatzgruppe H
4.3. Strafverfolgung in anderen Ländern
4.3.1. Österreich
4.3.2. Polen
4.3.3. Jugoslawien
4.3.4. Frankreich
Schlussbetrachtungen
Danksagung
Anhang
Angehörige der Einsatzgruppe H
Ortsnamen (slowakisch – deutsch)
Abkürzungen
Karte
Quellen- und Literaturverzeichnis
Personenregister
Ortsregister
Informationen Zum Buch
Informationen Zum Autor
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Finale der Vernichtung: Die Einsatzgruppe H in der Slowakei 1944/1945
 3534259734, 9783534259731

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Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart, Bd. 22 Herausgegeben von Klaus-Michael Mallmann und Martin Cüppers

Lenka Šindelářová

Finale der Vernichtung Die Einsatzgruppe H in der Slowakei 1944/1945

Die Veröffentlichung wurde ermöglicht durch die freundliche Unterstützung der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur.

Dissertation der Universität Stuttgart, D 93

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2013 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Covergestaltung: Peter Lohse, Heppenheim Coverbild: Reichsmarschall Hermann Göring und der slowakische Präsident Jozef Tiso im Jägerhof Rominten bei Goldap (Ostpreußen), Ostern 1941. Foto: bpk Berlin Satz: SatzWeise, Föhren Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-25973-1 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-73733-8 eBook (epub): 978-3-534-73734-5

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thema, Fragestellung und Aufbau der Arbeit Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD . . . . . . . 1.2. Entwicklung in der Slowakei bis zum Nationalaufstand 1944 . .

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2. Tätigkeit der Einsatzgruppe H . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Struktur der Einsatzgruppe H . . . . . . . . . . . . . 2.1.1. Der Chef und sein Stab . . . . . . . . . . . . . 2.1.2. Die Kommandos . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Aufstandsbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1. Aufständische und Partisanen . . . . . . . . . . 2.2.2. Deutsche Truppen . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3. Niederschlagung des Aufstands . . . . . . . . . 2.2.4. Festnahmen im Rahmen der Aufstandsbekämpfung 2.3. Judenverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1. „Judenfrage muss radikal gelöst werden“ . . . . . 2.3.2. Razzien und Festnahmen . . . . . . . . . . . . 2.3.3. Konzentrationslager Sered . . . . . . . . . . . . 2.3.4. Deportationen aus der Slowakei . . . . . . . . . 2.4. Exekutionen auf slowakischem Boden . . . . . . . . 2.4.1. Erschießungen und Hinrichtungen in Zahlen . . . 2.4.2. Einzelne ausgewählte Exekutionen . . . . . . . . 2.4.3. Orte der größten Massenerschießungen . . . . . . 2.5. Berichterstattung und Propaganda . . . . . . . . . . 2.5.1. Richtlinien und Themen der Berichterstattung . . 2.5.2. Stimmung der Bevölkerung in den SD-Berichten . 2.5.3. Propaganda . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6. Slowaken als Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1. Staatsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2. Slowakische Armee und Polizei . . . . . . . . . 2.6.3. Hlinkagarde und POHG . . . . . . . . . . . . 2.6.4. Helfershelfer der Einsatzgruppe H . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

2.7. Volksdeutsche . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.1. Deutsche in der Slowakei – ein Überblick 2.7.2. Deutscher Heimatschutz . . . . . . . . 2.7.3. Verbrechen an Volksdeutschen . . . . .

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4. Strafverfolgung nach 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Strafverfolgung in der Tschechoslowakei 1945–1948 . . . . . . 4.1.1. Normen, Verlauf und Ergebnisse – Tschechien . . . . . . 4.1.2. Verurteilte Angehörige der Einsatzgruppe H in Tschechien 4.1.3. Normen, Verlauf und Ergebnisse – die Slowakei . . . . . 4.1.4. Gefällte Urteile in der Slowakei . . . . . . . . . . . . . 4.2. Strafverfolgung in der Bundesrepublik . . . . . . . . . . . . 4.2.1. Normen, Verlauf und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . 4.2.2. Einsatzgruppenprozesse im Überblick . . . . . . . . . . 4.2.3. Silvester Weiß – das einzige Urteil zur Einsatzgruppe H . . 4.2.4. Eingestellte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.5. Anderweitig verurteilte Angehörige der Einsatzgruppe H . 4.3. Strafverfolgung in anderen Ländern . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3. Jugoslawien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angehörige der Einsatzgruppe H . . . . . . . . . . . . . . . . . Ortsnamen (slowakisch – deutsch) . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Personal der Einsatzgruppe H . . . . . 3.1. Täter der NS-Zeit . . . . . . . . 3.2. Biographien des Führungspersonals 3.3. Profil der SS-Führer . . . . . . . 3.4. Unterführer und Mannschaften . .

Schlussbetrachtungen

Abkürzungen Karte

Quellen- und Literaturverzeichnis

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Einleitung Thema, Fragestellung und Aufbau der Arbeit Ende August 1944 wurde im Auftrag des Berliner Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) die Einsatzgruppe H aufgestellt und zusammen mit deutschen Truppen in die Slowakei geschickt. Anlass zur Besetzung des bis dahin vom Krieg weitgehend verschonten „Schutzstaates“ war der Ausbruch des Slowakischen Nationalaufstands, der sich gegen das Dritte Reich und das mit ihm kollaborierende Tiso-Regime richtete. Obwohl der Aufstand offiziell nach zwei Monaten niedergeschlagen war, verblieb die Einsatzgruppe H bis zum Kriegsende in der Slowakei. Ihr vorrangiger Auftrag bestand darin, die „Endlösung der Judenfrage“ in der Slowakei zum Abschluss zu bringen. Deportationen in die Vernichtungs- und Konzentrationslager, öffentliche Hinrichtungen, Massenerschießungen, das Niederbrennen von Gemeinden gehörten seit Spätsommer 1944 zum slowakischen Alltag. Zu Opfern wurden außer Juden auch zahlreiche Roma sowie festgenommene Partisanen und Aufständische. Neben den Aufgaben auf sicherheitspolizeilichem Sektor wurden von der Einsatzgruppe H noch weitere Tätigkeitsbereiche wahrgenommen. So beteiligte sie sich oftmals an offenen Kampfhandlungen und war zudem mit einer regelmäßigen Berichterstattung über jegliches Geschehen in der Slowakei betraut. Sie etablierte sich von Anfang an als einer der wichtigsten Faktoren im slowakischen Staat und griff in nahezu alle seine Bereiche entscheidend ein. Da hierbei der Anschein der Souveränität der Slowakischen Republik nach außen hin aufrechterhalten bleiben sollte, war sie in der Regel bemüht, Kontakte zu einheimischen Stellen zu knüpfen und diese in ihre Arbeit einzubeziehen. Bei ihren Aktionen fand sie unter Slowaken und Volksdeutschen trotz des nahenden Kriegsendes zahlreiche willige Helfershelfer, vor allem aus den Reihen der Bereitschaftsabteilungen der Hlinkagarde (POHG) und des Deutschen Heimatschutzes. Die Einsatzgruppe H war in ihrer Struktur und ihrer Funktion keinesfalls ein Novum auf dem europäischen Kriegsschauplatz. Sie ging zurück auf die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD, die seit 1938 in verschiedenen Ländern Europas tätig waren und deren Angehörige vor allem in Polen und der Sowjetunion zahlreiche Massenverbrechen begingen. Die Einsatzgruppe H bestand aus dem Stab in Bratislava und insgesamt sechs Kommandos, die sich weiter in Teilkommandos bzw. sogenannte Stützpunkte gliederten. Zum Chef wurde der damalige Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD (KdS) in Lemberg, Josef Witiska, ernannt. Auch weitere Angehörige der Einsatzgruppe,

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Einleitung

die sich unter anderem aus den Reihen der Gestapo, der Kriminalpolizei und des SD rekrutierten, wurden in vielen Fällen vor ihrer Versetzung in die Slowakei bei verschiedenen Dienststellen und Einheiten in Osteuropa eingesetzt. Nach Kriegsende blieben die durch die Einsatzgruppe H in der Slowakei begangenen Verbrechen zum großen Teil strafrechtlich ungesühnt. Nur wenige NS-Täter hatten sich nach 1945 vor Gericht zu verantworten, und die Angehörigen der Einsatzgruppe H stellten hier keine Besonderheit dar. Sie fanden zumeist ohne größere Probleme Aufnahme in die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft und wurden nur selten mit ihrer Kriegstätigkeit konfrontiert. In der Bundesrepublik wurden seit den 1960er Jahren zwar mehrere Verfahren zur Einsatzgruppe H eingeleitet, doch ihre Ergebnisse entsprachen im Großen und Ganzen dem allgemeinen Trend auf dem Gebiet der Strafverfolgung von NS-Verbrechen durch die bundesdeutsche Justiz. Die mit unterschiedlicher Gründlichkeit durchgeführten Ermittlungen wurden bis auf eine Ausnahme ohne Anklageerhebung eingestellt. Rechtskräftige Urteile gegen SS-Führer der Einsatzgruppe H wurden ausschließlich wegen außerhalb der Slowakei verübter Taten gefällt oder aber vor Gerichten außerhalb der Bundesrepublik. Die Darstellung der Tätigkeit und des Personals der Einsatzgruppe H sowie der Strafverfolgung ihrer Angehörigen nach 1945 ist von erheblicher wissenschaftlicher Bedeutung. Die in der Slowakei begangenen Verbrechen stehen stellvertretend für die Spätphase der Shoah und zeichnen das Bild einer in den letzten Kriegsmonaten improvisierten, aber dennoch schonungslosen Verfolgung bzw. Vernichtung der slowakischen Juden. Die vorliegende Studie trägt zudem zur Erforschung der Einsatzgruppen als Instrument der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik in Europa bei und bietet einen wichtigen Aspekt der Beziehungen zwischen dem Deutschen Reich und seinem slowakischen „Schutzstaat“. Außerdem stellt sie einen Beitrag zur in den letzten Jahren intensiv betriebenen Täterforschung sowie zur strafrechtlichen Aufarbeitung von NS-Verbrechen in der Bundesrepublik und in anderen Ländern dar. Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, die folgenden drei zentralen Fragen zu beantworten: Wie genau sah die Tätigkeit der Einsatzgruppe H in der Slowakei aus? Wer waren ihre Angehörigen? Wurden die in der Slowakei begangenen Verbrechen nach 1945 strafrechtlich aufgearbeitet bzw. wurden die Angehörigen der Einsatzgruppe H strafrechtlich verfolgt? Entsprechend diesen Themenkomplexen ist die Studie in drei größere Teile – Tätigkeit, Personal und Strafverfolgung – gegliedert. Es erwies sich als sinnvoll, der eigentlichen Untersuchung noch eine Vorgeschichte hinzuzufügen, um die Entstehung der Einsatzgruppe H in einen breiteren Kontext zu bringen. Geboten wird ein Überblick einerseits über die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD sowie andererseits über die Entwicklung in der Slowakei bis zum Spätsommer 1944. Anhand der Literatur werden die an verschiedenen Orten Europas eingesetzten mobilen Sondereinheiten des RSHA und ihre Tätigkeit

Thema, Fragestellung und Aufbau der Arbeit

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umrissen. Danach folgt eine kurze Darstellung der wichtigsten Ereignisse im slowakischen Staat vom März 1939 bis zum Ausbruch des Aufstands, wobei besondere Aufmerksamkeit der Situation der Juden gewidmet wird. An die Vorgeschichte schließt der erste Teil der Arbeit an, der den Schwerpunkt der vorliegenden Studie bildet. In insgesamt sieben Kapiteln wird hier verschiedenen Fragen bezüglich der Tätigkeit der Einsatzgruppe H nachgegangen. Im ersten wird die innere Struktur der Einsatzgruppe anhand einer Beschreibung ihres Chefs und seines Stabes sowie der einzelnen Kommandos und ihrer Stützpunkte untersucht. Da die Einsatzgruppe im Zuge des slowakischen Aufstands entstand, wird im nächsten Kapitel überprüft, in welchem Maße sie sich unmittelbar an dessen Niederschlagung beteiligte und wie die Kampfhandlungen ihre Tätigkeit beeinflussten. Eine Übersicht über die in der Slowakei eingesetzten deutschen Truppen sowie über die Aufständischen und Partisanen wird dieser Fragestellung vorangestellt. Thema des dritten Kapitels ist die Judenverfolgung, wobei zunächst die wichtigsten Rahmenbedingungen nachgezeichnet werden. Anschließend wird untersucht, wie die Einsatzgruppe H bei ihren Aktionen gegen Juden vorging und wie andere Stellen, deutsche und slowakische, auf dieses Vorgehen reagierten. Ausgewählte Razzien und Festnahmen werden beispielhaft angeführt und die Deportationen aus dem Konzentrationslager Sered eingehender beschrieben. Da Juden sowie andere tatsächliche oder vermeintliche Gegner des NS-Regimes auch auf slowakischem Boden ermordet wurden, bietet das vierte Kapitel einen Überblick zu diesen Exekutionen. Die Massenerschießungen mit den meisten Opfern werden dabei genauer geschildert. Mit Berichterstattung und Propaganda folgt ein Kapitel zu einem weiteren wichtigen Tätigkeitsfeld der Einsatzgruppe H. Es geht vor allem um die Frage, wer wem und zu welchen Themen in der Regel zu berichten hatte, ob diese Berichte auch eigene Ansichten und Vorschläge der Einsatzgruppe H beinhalteten und wie sie in einem konkreten Bereich (Stimmung der einheimischen Bevölkerung) aussahen. Im sechsten Kapitel werden die verschiedenen slowakischen Akteure betrachtet. Slowakische Staatsführung, Armee und Polizei sind hier ebenso Thema wie die Hlinkagarde und ihre im September 1944 neu aufgestellten Bereitschaftsabteilungen. Es wird untersucht, wie die Zusammenarbeit mit der Einsatzgruppe H und ihre gegenseitigen Beziehungen in konkreten Fällen aussahen und wer sich bei den Aktionen der Einsatzgruppe als besonders hilfsbereit erwies. Im letzten Kapitel wird dann das Augenmerk auf die Volksdeutschen in der Slowakei gerichtet. Im Mittelpunkt stehen hierbei vor allem zwei Themen, nämlich erstens die Beteiligung des Deutschen Heimatschutzes an den Aktionen der Einsatzgruppe H und zweitens die von Partisanen und Aufständischen an den Volksdeutschen im Spätsommer 1944 begangenen Verbrechen, mit deren Ermittlung und ‚Bestrafung‘ in der Regel die Angehörigen der Einsatzgruppe beauftragt wurden. Somit stehen in diesem ersten Teil primär die Tätigkeit der Einsatzgruppe H

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Einleitung

und das Umfeld, in dem sie wirkte, im Vordergrund. Um die Untersuchung nicht unnötig in die Länge zu ziehen, können einige Aspekte hingegen nur am Rande behandelt werden. So ist es etwa nicht Ziel der hier vorliegenden Arbeit, den militärischen Verlauf des Aufstands oder die allgemeine Entwicklung im slowakischen Staat eingehend zu analysieren. In dieser Hinsicht kann die Studie keinesfalls den Anspruch einer detaillierten Darstellung erfüllen, da eine solche den Rahmen der Arbeit deutlich sprengen würde. Thematisiert werden hier demzufolge vielmehr nur solche Bereiche und Fragen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Tätigkeit der Einsatzgruppe H stehen oder zu interpretieren sind. Der zweite Teil der Arbeit ist dem Personal der Einsatzgruppe H gewidmet. Der Grundgedanke, der sich durch die ganze Studie zieht, war der, dass es sich bei diesem Personal nicht um eine anonyme Masse handelte, sondern dass es konkrete Menschen mit Namen und eigenen Lebensgeschichten waren. Bei der hier beabsichtigten ausführlichen Behandlung der Einsatzgruppe H erschien es deshalb vor diesem Hintergrund als unbedingt notwendig, sich ebenfalls mit ihren Angehörigen näher zu befassen und diese vor allem zu benennen. Im ersten Kapitel wird ein kurzer allgemeiner Überblick über die Täter der NS-Zeit geboten, indem anhand der Erkenntnisse der neueren Täterforschung bestimmte Tätertypen, mögliche Motive sowie verschiedene Interpretationsmuster dargelegt werden. Danach wird das Führungspersonal der Einsatzgruppe H vorgestellt. Es werden die Lebenswege des Chefs und der 13 Kommandoführer aus der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit geschildert und gemeinsame Merkmale hervorgehoben. Im dritten Kapitel wird mittels sozialstruktureller Untersuchungen das Profil der SS-Führer präsentiert, das anhand der Daten von 100 Angehörigen der Einsatzgruppe H mit dem Dienstgrad des Untersturmführers aufwärts erstellt wurde. Eine vergleichbare Analyse für die niedrigeren Dienstränge bietet das nächste Kapitel, wobei jedoch in diesem Fall das Sample auf Grund fehlender Quellen lediglich aus 50 Mann bestand und deshalb vielmehr als Trend zu interpretieren ist. Zum Schluss folgen noch Kurzbiographien von vier ausgewählten Unterführern der Einsatzgruppe, die in verschiedenen Funktionen direkt an der Judenvernichtung in Osteuropa beteiligt waren. Im letzten Teil wird die strafrechtliche Ahndung der Angehörigen der Einsatzgruppe H in der Nachkriegszeit eingehend untersucht. Um diese richtig einordnen und bewerten zu können, erwies es sich als nötig, ebenfalls das entsprechende Umfeld zu skizzieren, das heißt den Verlauf der Strafverfolgung von NS-Verbrechen in den einzelnen Ländern zumindest in Grundzügen zu beschreiben. Im ersten Kapitel wird so die tschechoslowakische Volksgerichtsbarkeit in den Jahren 1945 bis 1948 behandelt. Es werden unter anderem konkrete Fälle von verurteilten Angehörigen der Einsatzgruppe H angeführt und am Rande auch solche Verfahren erwähnt, bei denen es letztendlich zu keinem rechtskräftigen Urteil kam. Im zweiten Kapitel wird ein detailliertes Bild der

Forschungsstand

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Situation in der Bundesrepublik geboten, wobei zunächst die allgemeine Entwicklung auf dem Gebiet der Strafverfolgung und die wichtigsten Prozesse gegen Angehörige anderer Einsatzgruppen geschildert werden. Anschließend folgen eine nähere Beschreibung des einzigen Urteils zur Einsatzgruppe H sowie insbesondere eine Darstellung der übrigen durch die Staatsanwaltschaften eingestellten Verfahren. Kurz angesprochen werden hier zudem Urteile gegen Angehörige der Einsatzgruppe H, die vor bundesdeutschen Gerichten in anderen Ermittlungszusammenhängen gefällt wurden, also nicht das Geschehen in der Slowakei zum Gegenstand hatten. Im Mittelpunkt des dritten Kapitels steht die Strafverfolgung von NS-Verbrechen in Österreich, Polen, Jugoslawien und Frankreich, wo ein Urteil zur Einsatzgruppe H erfolgte bzw. wo vier Kommandoführer wegen außerhalb der Slowakei begangener Verbrechen verurteilt und hingerichtet wurden. Die wichtigsten im Rahmen dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse werden in Schlussbetrachtungen zusammengefasst dargestellt. Im Anhang finden sich unter anderem die Listen von 100 SS-Führern der Einsatzgruppe H sowie von weiteren 50 Angehörigen mit niedrigeren Diensträngen, zu denen die oben erwähnten Analysen durchgeführt wurden. Neben den vollen Namen sind in diesen Listen das Geburtsdatum, der Dienstrang und die Verwendung in der Einsatzgruppe H verzeichnet. Wie bereits angedeutet, war es hier eines der vorrangigen Ziele, die Angehörigen der Einsatzgruppe H zu ermitteln und zu benennen. Sie wurden als konkrete Menschen angesehen und sollen als solche in der vorliegenden Studie auch betrachtet werden. Eine Geschichte der Einsatzgruppe H ohne Nennung ihrer Mitglieder wäre ohne Zweifel unvollständig. Weiter befindet sich im Anhang ein Verzeichnis, in dem alle in der Arbeit erwähnten Orte in der Slowakei mit ihren slowakischen und deutschen Namen vermerkt sind. Im Text wurden, außer in Zitaten, ausschließlich die slowakischen Namen benutzt. Bei weiteren Orten fanden grundsätzlich die in den einschlägigen Quellen enthaltenen Bezeichnungen Verwendung. Zuletzt sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass in der ganzen Arbeit einfachheitshalber die Bezeichnung „Einsatzgruppe H“ bzw. „EG H“ benutzt wird, auch wenn diese mit Wirkung vom 15. November 1944 offiziell in die Dienststelle eines Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) umgewandelt wurde. Nur bei den angeführten Zitaten, die durchgehend in ihrer Originalfassung wiedergegeben sind, wurde das Kürzel „BdS“ belassen. Fremdsprachige Quellen- und Literaturzitate wurden, soweit nicht anders angemerkt, von der Verfasserin ins Deutsche übersetzt.

Forschungsstand Die bislang vorliegenden Veröffentlichungen, in denen die Einsatzgruppe H behandelt wird, sind zahlenmäßig sehr überschaubar. Bei den Beiträgen in deutscher Sprache muss in erster Linie der 1998 in der Festschrift für Hans

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Einleitung

Lemberg erschienene Aufsatz von Tatjana Tönsmeyer erwähnt werden. 1 Auf knapp zwanzig Seiten bietet sie einen soliden Einstieg in die Problematik, indem sie einige der wichtigsten Aspekte darstellt. Anhand der ihr zur Verfügung stehenden Quellen zeichnet sie in groben Zügen das Operationsgebiet der Einsatzgruppe, widmet sich dem Chef der Einheit sowie am Rande der Zusammenarbeit weiterer Stellen und den Reaktionen der einheimischen Bevölkerung. Im Hinblick auf den Umfang des Aufsatzes ist es verständlich, dass Tönsmeyer statt eingehender Ausführungen die von ihr ausgewählten Geschehnisse und Zusammenhänge vielmehr nur andeutet und vor allem auf die Forschungslücken auf diesem Gebiet hinweist. Die bisherige weitgehende Vernachlässigung des Themas der Einsatzgruppe H seitens der deutschen Geschichtsforschung bemängelte auch Konrad Kwiet in seinem im selben Jahr veröffentlichten Beitrag.2 In diesem widmet er sich dem Einsatzkommando 14, schildert die Aufgaben und die Tätigkeit des Kommandos, skizziert seine Angehörigen sowie deren Helfershelfer und nennt einige der größten in der Slowakei begangenen Massenmorde, etwa die in Kremnička und Nemecká. Diese Erschießungen werden auch in einem Beitrag von Gila Fatran behandelt, in dem sich die Verfasserin bemüht, eine Bilanz zur Deportation bzw. Ermordung der slowakischen Juden seit dem Spätsommer 1944 zu ziehen. 3 Zum Personal der Einsatzgruppe H ist festzuhalten, dass auch diesem bislang in der Forschung keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Lediglich dem Führer des Einsatzkommandos 14, Georg Heuser, kam größere Beachtung zu. Jürgen Matthäus zeichnete in zwei Aufsätzen dessen Lebensweg nach, wobei er dessen Karriere sowohl in der NS-Zeit als auch in der Bundesrepublik verfolgt. 4 Die Person Heusers sowie gerade seine Tätigkeit in der Nachkriegszeit werden des Weiteren von Christina Ullrich ausführlich geschildert. 5 Unter 1 Tönsmeyer, Tatjana: Die Einsatzgruppe H in der Slowakei, in: Hösler, Joachim/Kessler, Wolfgang (Hrsg.): Finis Mundi – Endzeiten und Weltenden im östlichen Europa. Festschrift für Hans Lemberg zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1998, S. 167–188. 2 Kwiet, Konrad: Der Mord an Juden, Zigeunern und Partisanen. Zum Einsatz des Einsatzkommandos 14 der Sicherheitspolizei und des SD in der Slowakei 1944/45, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 7 (1998), S. 71–81. 3 Fatran, Gila: Die Deportation der Juden aus der Slowakei 1944–1945, in: Bohemia 37 (1996), S. 98–119. 4 Matthäus, Jürgen: Georg Heuser – Routinier des sicherheitspolizeilichen Osteinsatzes, in: Mallmann, Klaus-Michael/Paul, Gerhard (Hrsg.): Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien, Darmstadt 2004, S. 115–125; Matthäus, Jürgen: „No ordinary Criminal“. Georg Heuser, Other Mass Murders, and West German Justice, in: Heberer, Patricia/Matthäus, Jürgen (Hrsg.): Atrocities on Trial. Historical Perspectives on the Politics of Prosecuting War Crimes, London 2008, S. 187–209. 5 Ullrich, Christina: „Ich fühl’ mich nicht als Mörder“. Die Integration von NS-Tätern in die Nachkriegsgesellschaft, Darmstadt 2011.

Forschungsstand

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den von ihr untersuchten 19 NS-Tätern finden sich neben Heuser darüber hinaus noch weitere vier, die zumindest eine Zeit lang auch der Einsatzgruppe H angehörten (Werner Schönemann, Heinz Tangermann, Rudolf Theimer und Fritz Zietlow). Wenngleich bei Ullrich die Integration dieser Männer in die Nachkriegsgesellschaft im Vordergrund steht, behandelt sie teilweise auch ihre Tätigkeit in der NS-Zeit und erwähnt so am Rande ebenfalls ihren Einsatz in der Slowakei. Vom führenden Personal der Einsatzgruppe H muss noch auf den Führer des Sonderkommandos 7a, Gerhard Bast, hingewiesen werden, zu dem ein Buch seines Sohnes vorliegt. 6 Was die strafrechtliche Verfolgung der Angehörigen der Einsatzgruppe H betrifft, wird diese in der Forschung – abgesehen von den bei Ullrich erwähnten fünf Tätern bzw. einem kurzen Beitrag von Willi Dreßen 7 – kaum erörtert. Eine ähnliche Situation herrscht in der slowakischen Literatur. Auch in dieser erfährt das Thema der Einsatzgruppe H nur eine sehr dürftige Behandlung. Während Stanislav Škorvánek die Einsatzgruppe allein im breiteren Kontext des nach dem Ausbruch des Aufstands eingeführten deutschen Besatzungssystems erwähnt, 8 wird ihre Tätigkeit in weiteren Beiträgen hauptsächlich im Rahmen der seit dem Spätsommer 1944 in der Slowakei begangenen Verbrechen dargestellt. Einen relativ detaillierten Überblick über die „faschistischen Repressalien“ dieser Zeit bietet vor allem ein von Dušan Halaj 1990 herausgebrachter Sammelband, in dem die Ereignisse in der Mittel-, West- und Ostslowakei geschildert werden. 9 Die Autoren der drei Teilstudien stützen sich auf ausgewählte slowakische Quellen und Arbeiten, wobei als zentrales Dokument eine Niederschrift slowakischer Ermittlungsorgane aus der Nachkriegszeit herangezogen wurde, auf dessen Grundlage eine Übersicht über die verübten Verbrechen nach den einzelnen Bezirken und Orten aufgestellt wird. 10 Diese Texte – vor allem der zur Mittelslowakei von Ján Stanislav – finden sich später

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Pollack, Martin: Der Tote im Bunker. Bericht über meinen Vater, Wien 2004. Dreßen, Willi: Der Holocaust in der Slowakei und die deutsche Justiz, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 7 (1998), S. 93–102. 8 Škorvánek, Stanislav: Nacistický okupační systém na Slovensku v období od vypuknutí SNP [Das nationalsozialistische Besatzungssystem in der Slowakei in der Zeit nach dem Ausbruch des Slowakischen Nationalaufstands], in: Zborník Múzea Slovenského národného povstania [Sammelband des Museums des Slowakischen Nationalaufstands] 13 (1988), S. 53–70. 9 Halaj, Dušan (Hrsg.): Fašistické represálie na Slovensku [Faschistische Repressalien in der Slowakei], Bratislava 1990. 10 Prehl’ad masových hrobov a vrážd, ktoré boli prevedené pohotovostnými Einsatzkommandami SIPO a SD na území Slovenska [Übersicht über Massengräber und Morde, die in der Slowakei durch die Einsatzkommandos der Sipo und des SD verübt wurden] (o. D.). AM SNP Banská Bystrica, IX, S 25/78. 7

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in gekürzter Fassung ohne größere Änderungen bzw. ohne weitere wesentliche Forschungsergebnisse in verschiedenen Sammelbänden. 11 Was neuere Studien betrifft, sind in diesem Zusammenhang in erster Linie die Beiträge von Michal Schvarc zu erwähnen. Schvarc beschäftigt sich vorrangig mit der Tätigkeit des SD in der Slowakei 12 und erwähnt auch in seinen weiteren Beiträgen, wie zum Beispiel über den Deutschen Heimatschutz oder über die Massenerschießung von Volksdeutschen in Sklené, zumindest ansatzweise die Einsatzgruppe H. 13 In einem kurzen, zusammen mit Ján Hlavinka verfassten Aufsatz schildert er zudem die Massenerschießung bei Brezno nad Hronom durch das Einsatzkommando 14.14 Bei Schvarc ist hervorzuheben, dass er sich 11 Stanislav, Ján/Mičev, Stanislav: Protižidovské represálie na Slovensku od septembra 1944 do apríla 1945 [Antijüdische Repressalien in der Slowakei von September 1944 bis April 1945], in: Tóth, Dezider (Hrsg.): Tragédia slovenských židov. Materiály z medzinárodného sympózia, Banská Bystrica 25.–27. marca 1992 [Die Tragödie der slowakischen Juden. Materialien des internationalen Symposiums, Banská Bystrica 25.–27. März 1992], Banská Bystrica 1992, S. 195–233; Stanislav, Ján: Represálie v zime 1944–1945 [Repressalien im Winter 1944–1945], in: SNP v pamäti národa, Materiály z vedeckej konferencie k 50. výročiu SNP, Donovaly 26.–28. apríla 1994 [Der Slowakische Nationalaufstand im Gedenken der Nation, Materialien der wissenschaftlichen Konferenz zum 50. Jahrestag des Slowakischen Nationalaufstands, Donovaly 26.–28. April 1994], Bratislava-Banská Bystrica 1994, S. 197–216; Tóth, Dezider: Represálie nacistov a příslušníkov POHG proti židovskému obyvatel’stvu na Slovensku v rokoch 1944–1945 [Repressalien von Nationalsozialisten und Angehörigen der POHG gegen die jüdische Bevölkerung in der Slowakei in den Jahren 1944–1945], in: Zudová-Leškova, Zlatica (Hrsg.): Židé v boji a odboji. Rezistence československých Židů v letech druhé světové války [Juden in Kampf und Widerstand. Der Widerstand tschechoslowakischer Juden in den Jahren des Zweiten Weltkriegs], Praha 2007, S. 105–120. 12 Schvarc, Michal: Z anonymity k oficialite – organizácia Sicherheitsdienstu na Slovensku v rámci Pohotovostnej skupiny H Sipo a SD [Aus der Anonymität zur Offizialität – die Organisation des Sicherheitsdienstes in der Slowakei im Rahmen der Einsatzgruppe H der Sipo und des SD], in: Slovenská republika 1939–1945 očami mladých historikov V. [Die Slowakische Republik 1939–1945 in den Augen junger Historiker V.], Banská Bystrica 2006, S. 83–95 [zit. Schvarc 2006a]; Schvarc, Michal (Hrsg.): Sicherheitsdienst a Slovensko v rokoch 1938–1944. Slovenský štát vo vybraných správach SD od jesene 1943 do septembra 1944 [Der Sicherheitsdienst und die Slowakei in den Jahren 1938–1944. Der slowakische Staat in ausgewählten Berichten des SD von Herbst 1943 bis September 1944], Bratislava 2006 [zit. Schvarc 2006c]. 13 Schvarc, Michal: Heimatschutz – medzi realitou a ilúziou. Organizácia a formovanie nemeckej domobrany [Heimatschutz – zwischen Realität und Illusion. Organisation und Aufbau des deutschen Heimatschutzes], in: Slovenská republika 1939–1945 očami mladých historikov III. [Die Slowakische Republik 1939–1945 in den Augen junger Historiker III.], Trnava 2004, S. 301–326; Schvarc, Michal: Masová exekúcia v Sklenom 21. septembra 1944 v širšom dejinnom kontexte [Die Massenexekution in Sklené am 21. September 1944 im weiteren historischen Kontext], in: Pamät’ národa [Gedächtnis der Nation] 3 (2007), S. 4–13. 14 Schvarc, Michal/Hlavinka, Ján: Masová vražda na poli Krtičná pri Brezne. Jeden zo zločinov Einsatzkommanda 14 koncom roku 1944 [Der Massenmord auf dem Krtičná-Feld

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bei seinen Ausführungen im Unterschied zum Großteil der slowakischen Forschungsliteratur teilweise auch auf deutsche Quellen stützt. Dasselbe gilt für die 2009 erschienene Studie über das Arbeits- und Konzentrationslager in Sered von Ján Hlavinka und Eduard Nižňanský, in der unter anderem die im Herbst 1944 begonnenen Deportationen aus diesem Lager und somit auch die Tätigkeit der Einsatzgruppe H behandelt werden. 15 Die zweite Deportationswelle von Juden aus der Slowakei ist ebenfalls Thema eines kurzen Beitrags von Stanislav Mičev.16 Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Einsatzgruppe H bislang seitens der Geschichtsforschung weitgehend ignoriert wurde. Die wenigen Beiträge zu ihren Aktivitäten – in vielen werden diese eher nur angedeutet – können die Forschungslücke keinesfalls schließen. Es werden mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. So wird nicht gezeigt, wie umfangreich die Kompetenzen und das Tätigkeitsfeld der Einsatzgruppe H in Wirklichkeit waren und welche Ergebnisse und Folgen ihr Einsatz in der Slowakei zeitigte. Bisherige Untersuchungen ihres Personals sind als völlig ungenügend zu bezeichnen. Auch wenn in einigen Beiträgen die Angehörigen – nicht selten mit falscher Schreibweise – genannt werden, fehlen von wenigen Ausnahmen abgesehen Darstellungen ihrer Lebenswege sowie ein umfassenderer Gesamtüberblick zum Personal. Über die Nachkriegsschicksale und die strafrechtliche Verfolgung der Angehörigen der Einsatzgruppe H nach 1945 ist bislang so gut wie nichts bekannt. Um die Tätigkeit und das Personal der Einsatzgruppe H untersuchen zu können, erschien es aus den eben dargelegten Gründen für die vorliegende Arbeit geboten, fast ausschließlich Primärquellen auszuwerten. Bei der Darstellung des Umfeldes, in dem die Einsatzgruppe tätig war und das hier ebenfalls zumindest in seinen Grundzügen zu erläutern ist, verhielt es sich allerdings anders. Dies betrifft vor allem die folgenden vier Themenkomplexe: Entwicklung in der Slowakei 1938 bis 1945, Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD, Täter der NS-Zeit sowie strafrechtliche Aufklärung von NS-Verbrechen in verschiedenen Ländern in der Nachkriegszeit. Zu diesen Themen konnte in der Regel auf zahlreiche Studien aus der Sekundärliteratur zurückgegriffen werden, von denen die wichtigsten im Folgenden kurz genannt seien. Die erste Slowakische Republik gehört in der slowakischen historischen Wissenschaft zu den am meisten behandelten Forschungsgegenständen. Durch die bei Brezno. Eines der Verbrechen des Einsatzkommandos 14 Ende 1944], in: Pamät’ národa [Gedächtnis der Nation] 2 (2006), S. 84–88 [zit. Schvarc 2006b]. 15 Hlavinka, Ján/Nižňanský, Eduard: Pracovný a koncentračný tábor v Seredi 1941– 1945 [Das Arbeits- und Konzentrationslager in Sered 1941–1945], o. O. 2009. 16 Mičev, Stanislav: Druhá vlna deportacií rasovo prenasledovaných občanov Slovenska september 1944 až april 1945 [Die zweite Deportationswelle rassisch verfolgter Bürger der Slowakei, September 1944 bis April 1945], in: Büchler, Róbert/Fatranová, Gila/Mičev, Stanislav (Hrsg.): Slovenskí Židia [Die slowakischen Juden], Banská Bystrica 1991, S. 53–57.

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kommunistische Historiographie wurde das Thema weitgehend instrumentalisiert, weswegen in der Slowakei überwiegend erst nach 1989 Arbeiten entstanden, die heutigen wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. In gewissen Bereichen bestehen bis heute noch Forschungslücken, während in anderen diese bereits geschlossen wurden. So erwiesen sich insbesondere die Arbeiten von Ivan Kamenec, Ján Korček und Martin Lacko für ein Gesamtbild der Entwicklung im slowakischen Staat als hilfreich.17 Einen soliden Überblick zur Situation der Juden, die ausdrücklich berücksichtigt werden muss, bieten vor allem die Studien von Ivan Kamenec und Ladislav Lipscher.18 Darüber hinaus konnte auf zahlreiche Sammelbände 19 und Quelleneditionen zurückgegriffen werden. Von den letzteren sind neben den von Vilém Prečan 1965 und 1971 herausgebrachten Quelleneditionen zum Slowakischen Nationalaufstand 20 in erster Linie die acht 2001 bis 2008 in der Reihe „Der Holocaust in der Slowakei“ erschienenen Bände hervorzuheben. 21 Für eine Gesamtdarstellung des Aufstands und seines militärischen Verlaufs war zudem eine 2009 in Prag veröffentlichte umfassende Studie über die Befreiung der Tschechoslowakei besonders aufschlussreich. 22 Eine detaillierte deutschsprachige Schilderung der Kampfhandlungen sowie 17 Kamenec, Ivan: Slovenský stát 1939–1945 [Der Slowakische Staat 1939–1945], Praha 1992 [zit. Kamenec 1992a]; Korček, Ján: Slovenská republika 1943–1945 [Die Slowakische Republik 1943–1945], Bratislava 1999; Lacko, Martin: Slovenská republika 1939–1945 [Die Slowakische Republik 1939–1945], Bratislava 2008. 18 Kamenec, Ivan: Po stopách tragédie [Auf den Spuren der Tragödie], Bratislava 1991; Lipscher, Ladislav: Židia v slovenskom štáte 1939–1945 [Die Juden im slowakischen Staat 1939–1945], Bratislava 1992. 19 Tóth, Dezider (Hrsg.): Tragédia slovenských židov. Materiály z medzinárodného sympózia, Banská Bystrica 25.–27. marca 1992 [Die Tragödie der slowakischen Juden. Materialien des internationalen Symposiums, Banská Bystrica 25.–27. März 1992], Banská Bystrica 1992; SNP v pamäti národa, Materiály z vedeckej konferencie k 50. výročiu SNP, Donovaly 26.–28. apríla 1994 [Der Slowakische Nationalaufstand im Gedenken der Nation, Materialien der wissenschaftlichen Konferenz zum 50. Jahrestag des Slowakischen Nationalaufstands, Donovaly 26.–28. April 1994], Bratislava-Banská Bystrica 1994. 20 Prečan, Vilém (Hrsg.): Slovenské národné povstanie. Dokumenty [Der Slowakische Nationalaufstand. Dokumente], Bratislava 1965; Prečan, Vilém (Hrsg.): Slovenské národné povstanie, Nemci a Slovensko 1944. Dokumenty [Der Slowakische Nationalaufstand, die Deutschen und die Slowakei 1944. Dokumente], Bratislava 1971. 21 Vgl. vor allem Nižňanský, Eduard (Hrsg.): Holokaust na Slovensku 6. Deportácie v roku 1942, Dokumenty [Der Holocaust in der Slowakei 6. Die Deportationen im Jahre 1942, Dokumente], Bratislava 2005 [zit. Nižňanský 2005a]; Nižňanský, Eduard (Hrsg.): Holokaust na Slovensku 7. Vzt’ah slovenskej majority a židovskej minority (náčrt problému), Dokumenty [Der Holocaust in der Slowakei 7. Die Beziehung der slowakischen Mehrheit zu der jüdischen Minderheit (Problemskizze), Dokumente], Bratislava 2005 [zit. Nižňanský 2005b]; Hradská, Katarína (Hrsg.): Holokaust na Slovensku 8. Ústredňa Židov (1940–1944), dokumenty [Der Holocaust in der Slowakei 8. Die Judenzentrale (1940– 1944), Dokumente], Bratislava 2008. 22 Hrbek, Jaroslav u. a.: Draze zaplacená svoboda. Osvobození Československa 1944–

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eine Beschreibung der einzelnen Einheiten im slowakischen Aufstand bietet Klaus Schönherr. In seinem äußerst gelungenen Beitrag setzt er sich darüber hinaus kritisch mit der lange in der deutschen Geschichtsforschung allgemein als Standardwerk geltenden Studie von Wolfgang Venohr auseinander, indem er auf zahlreiche sachliche Fehler in dessen Arbeit hinweist. 23 Das Buch Venohrs, das 1969 erschien, 24 wird auch von Tönsmeyer dahingehend abgelehnt, dass es eine „Rechtfertigungsschrift für die deutsche Wehrmacht“ sei. 25 Von der weiteren deutschen Literatur sind im Zusammenhang mit der Slowakei die Studien von Jörg K. Hoensch und Johann Kaiser zu erwähnen, sowie von den neueren insbesondere die von Tönsmeyer. 26 Alle haben allerdings gemein, dass sie die Zeit nach dem Ausbruch des Aufstands – die hier vor allem interessiert – nicht thematisieren. 27 Auch in der umfangreichen Literatur zur Shoah findet die Entwicklung in der Slowakei ab Sommer 1944 oder die Einsatzgruppe H wenig Beachtung. Raul Hilberg etwa widmet der Slowakei ab August 1944 in seinem Standardwerk über die „Vernichtung der europäischen Juden“ lediglich drei Seiten. 28 In der 1998 von Eberhard Jäckel, Peter Longerich und Julius H. Schoeps herausgebrachten „Enzyklopädie des Holocaust“ ist zwar der Slowakische Nationalaufstand als ein eigenes Schlagwort verzeichnet, die Ausführungen haben aber kaum neuere Studien berücksichtigt, sodass es unter diesem Stichwort zu mehreren sachlichen Ungenauigkeiten kommt und die Einsatzgruppe H vollkommen unberücksichtigt bleibt. 29 Auch in den auf diesem Gebiet in vielerlei Hinsicht aufschlussreichen Gesamtdarstellungen von Christopher Browning und 1945 [Die teuer erkaufte Freiheit. Die Befreiung der Tschechoslowakei 1944–1945] (Bd. I), Praha 2009. 23 Schönherr, Klaus: Die Niederschlagung des Slowakischen Aufstandes im Kontext der deutschen militärischen Operationen, in: Bohemia 42 (2001), S. 39–61. 24 Venohr, Wolfgang: Aufstand für die Tschechoslowakei. Der slowakische Freiheitskampf von 1944, Hamburg 1969. 25 Tönsmeyer 1998, S. 168, Anm. 4. 26 Hoensch, Jörg K.: Die Slowakei und Hitlers Ostpolitik. Hlinkas Slowakische Volkspartei zwischen Autonomie und Separation 1938/1939, Köln 1965; Kaiser, Johann: Die Politik des Dritten Reiches gegenüber der Slowakei 1939–1945. Ein Beitrag zur Erforschung der nationalsozialistischen Satellitenpolitik in Südosteuropa, Dissertation Bochum 1969; Tönsmeyer, Tatjana: Das Dritte Reich und die Slowakei 1939–1945. Politischer Alltag zwischen Kooperation und Eigensinn, Paderborn 2003. 27 Zur kurzen Darstellung der deutschen Slowakeipolitik ab Spätsommer 1944 vgl. Prečan, Vilém: Die nationalsozialistische Slowakeipolitik und das Tiso-Regime nach dem Ausbruch des Aufstandes 1944, in: Schulin, Ernst (Hrsg.): Gedenkschrift Martin Göhring. Studien zur europäischen Geschichte, Wiesbaden 1968, S. 369–386. 28 Hilberg, Raul: Die Vernichtung der europäischen Juden, Frankfurt/Main 1994. 29 Jäckel, Eberhard/Longerich, Peter/Schoeps, Julius H. (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden, München 1998 (Slowakei, S. 1322–1327 und Slowakischer Nationalaufstand, S. 1327–1329).

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Peter Longerich werden die Ereignisse in der Slowakei nach dem Ausbruch des Aufstands und die Tätigkeit der Einsatzgruppe weitgehend außer Acht gelassen. 30 Diese Studien dienten von daher allein als Hintergrundwissen für das breite Thema der Judenverfolgung und -vernichtung. Ähnlich verhält es sich mit der Literatur zu den Einsatzgruppen. Wie bereits dargestellt, fand die Einsatzgruppe H in der historischen Forschung bislang fast keine Beachtung. In den Übersichtsdarstellungen, so etwa bei Helmut Krausnick, Ralf Ogorreck, Richard Rhodes oder Helmut Langerbein, 31 werden fast ausschließlich die in der Sowjetunion eingesetzten mobilen Einheiten des RSHA behandelt. Ausführliche Fallstudien gibt es zu den Einsatzgruppen A und D, 32 während zu den Einsatzgruppen B und C lediglich kürzere Beiträge vorliegen. 33 Unlängst erschienen Studien zu den Einsatzgruppen in Polen, zum Einsatzkommando bei der Panzerarmee Afrika sowie zu dem in Finnland. 34 Eine komplette Darstellung für die Jahre 1938 bis 1945 sowie detaillierte Untersuchungen weiterer Einsatzgruppen und Einsatzkommandos stehen hingegen weiterhin nicht zur Verfügung. Als Gesamtdarstellung wurde hier hauptsächlich der im Jahr 2000 verfasste Beitrag von Klaus-Michael Mallmann verwendet. 35 Die vorliegende Studie versteht sich in ihrer Ausrichtung auch als Beitrag zu der sich seit den 1990er Jahren in Deutschland etablierenden neueren Täter30 Browning, Christopher R.: Die Entfesselung der „Endlösung“. Nationalsozialistische Judenpolitik 1939–1942, München 2003; Longerich, Peter: Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung, München 1998. 31 Krausnick, Helmut: Hitlers Einsatzgruppen. Die Truppe des Weltanschauungskrieges 1938–1942, Frankfurt/Main 1993; Ogorreck, Ralf: Die Einsatzgruppen und die „Genesis der Endlösung“, Berlin 1996; Rhodes, Richard: Die deutschen Mörder. Die SS-Einsatzgruppen und der Holocaust, Bergisch Gladbach 2004; Langerbein, Helmut: Hitler’s death squads: the logic of mass murder, o. O. 2004. 32 Wilhelm, Hans-Heinrich: Die Einsatzgruppe A der Sicherheitspolizei und des SD 1941/42, Frankfurt/Main 1996; Angrick, Andrej: Besatzungspolitik und Massenmord. Die Einsatzgruppe D in der südlichen Sowjetunion 1941–1943, Hamburg 2003. 33 Gerlach, Christian: Die Einsatzgruppe B 1941/42, in: Klein, Peter (Hrsg.): Die Einsatzgruppen in der besetzten Sowjetunion 1941/42. Die Tätigkeits- und Lageberichte des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD, Berlin 1997, S. 52–70; Pohl, Dieter: Die Einsatzgruppe C 1941/42, in: Ebd., S. 71–87. 34 Mallmann, Klaus-Michael/Böhler, Jochen/Matthäus, Jürgen: Einsatzgruppen in Polen. Darstellung und Dokumentation, Darmstadt 2008; Mallmann, Klaus-Michael/Cüppers, Martin: Halbmond und Hakenkreuz. Das „Dritte Reich“, die Araber und Palästina, Darmstadt 2006; Silvennoinen, Oula: Geheime Waffenbrüderschaft. Die sicherheitspolizeiliche Zusammenarbeit zwischen Finnland und Deutschland 1933–1944, Darmstadt 2010. 35 Mallmann, Klaus-Michael: Menschenjagd und Massenmord. Das neue Instrument der Einsatzgruppen und -kommandos 1938–1945, in: Paul, Gerhard/Mallmann, Klaus-Michael (Hrsg.): Die Gestapo im Zweiten Weltkrieg. „Heimatfront“ und besetztes Europa, Darmstadt 2000, S. 291–316.

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forschung. In dieser werden, wie insbesondere von Klaus-Michael Mallmann und Gerhard Paul ausführlich dargelegt, NS-Täter als für ihr Handeln verantwortliche Menschen mit eigenen Interessen sowie weitreichenden Entscheidungs- und Handlungsspielräumen gedeutet. 36 Den Anstoß zu dieser neuen Interpretation gaben ohne Zweifel die Studien von Christopher Browning und Daniel Jonah Goldhagen. 37 In der Folge wurden dann zahlreiche Sammelbände zu diesem Themenkomplex herausgegeben. 38 Außerdem dürfen die eingehenden Studien von Ulrich Herbert, Jens Banach und Michael Wildt, die mittlerweile als Standardwerke auf dem Gebiet der Täterforschung gelten, in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben. 39 Als hilfreich für die vorliegende Arbeit erwiesen sich des Weiteren eine Darstellung über 380 SS-Führer der Einsatzgruppen von French MacLean sowie die bereits erwähnte Untersuchung von 19 NS-Tätern von Christina Ullrich. 40 Hinsichtlich der strafrechtlichen Verfolgung von NS-Verbrechen in der Bundesrepublik konnte ebenfalls auf eine aufschlussreiche Sekundärliteratur zurückgegriffen werden. Hinzugezogen wurden hier insbesondere die Studien von Adalbert Rückerl, Norbert Frei, Michael Greve und Kerstin Freudiger,

36 Paul, Gerhard: Von Psychopathen, Technokraten des Terrors und „ganz gewöhnlichen“ Deutschen. Die Täter der Shoah im Spiegel der Forschung, in: Paul, Gerhard (Hrsg.): Die Täter der Shoah. Fanatische Nationalsozialisten oder ganz normale Deutsche? Göttingen 2002, S. 13–90 [zit. Paul 2002b]; Paul, Gerhard/Mallmann, Klaus-Michael: Sozialisation, Milieu und Gewalt. Fortschritte und Probleme der neueren Täterforschung, in: Mallmann, Klaus-Michael/Paul, Gerhard (Hrsg.): Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien, Darmstadt 2004, S. 1–32; Mallmann, Klaus-Michael: Dr. Jekyll & Mr. Hyde. Der Täterdiskurs in Wissenschaft und Gesellschaft, in: Mallmann, Klaus-Michael/Angrick, Andrej (Hrsg.): Die Gestapo nach 1945. Karrieren, Konflikte, Konstruktionen, Darmstadt 2009, S. 292–318 [zit. Mallmann 2009b]. 37 Browning, Christopher R.: Ganz normale Männer. Das Reserve-Polizeibataillon 101 und die Endlösung in Polen, Reinbek bei Hamburg 2009; Goldhagen, Daniel Jonah: Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust, Berlin 1996. 38 Gerlach, Christian (Hrsg.): Durchschnittstäter. Handeln und Motivation, Berlin 2000; Paul, Gerhard (Hrsg.): Die Täter der Shoah. Fanatische Nationalsozialisten oder ganz normale Deutsche? Göttingen 2002 [zit. Paul 2002a]; Perels, Joachim/Pohl, Rolf (Hrsg.): NSTäter in der deutschen Gesellschaft, Hannover 2002; Mallmann, Klaus-Michael/Paul, Gerhard (Hrsg.): Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien, Darmstadt 2004; Mallmann, Klaus-Michael/Angrick, Andrej (Hrsg.): Die Gestapo nach 1945. Karrieren, Konflikte, Konstruktionen, Darmstadt 2009 [zit. Mallmann 2009a]. 39 Herbert, Ulrich: Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft, 1903–1989, Bonn 1996; Banach, Jens: Heydrichs Elite. Das Führerkorps der Sicherheitspolizei und des SD 1936–1945, Paderborn 1998; Wildt, Michael: Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes, Hamburg 2008. 40 MacLean, French: The Field Men. The SS Officers Who Led the Einsatzkommandos – the Nazi Mobile Killing Units, Atglen 1999; Ullrich 2011.

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die diese Problematik unter unterschiedlichen Gesichtspunkten betrachten. 41 Eine aktuelle Statistik zu diesem Bereich konnte aus dem Beitrag von Andreas Eichmüller gewonnen werden. 42 Die Prozesse gegen die Angehörigen der Einsatzgruppen wurden unter anderem von Hilary Camille Earl und Bettina Nehmer näher untersucht. 43 Als wesentlich unbefriedigender erwies sich jedoch der Forschungsstand zur Strafverfolgung von NS-Tätern in anderen Ländern. Hier mussten in der Regel einzelne Beiträge aus verschiedenen Sammelbänden herangezogen werden, 44 da einschlägige Detailstudien zu diesem Thema für die jeweiligen Staaten zumeist nach wie vor ausstehen.

Quellenlage Anders als es die mangelhafte Bearbeitung des Themas in der Sekundärliteratur vermuten lassen würde, kann sich eine Studie zur Einsatzgruppe H auf zahlreiche Quellenbestände stützen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde einschlägiges Material in insgesamt 25 Archiven vor Ort gesichtet. Von deutschen Archiven waren dies die Außenstellen des Bundesarchivs in Berlin, Freiburg und Ludwigsburg, das Landesarchiv Berlin, das Politische Archiv des Auswärtigen Amtes, das Archiv des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, das Institut für Zeitgeschichte in München, die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen sowie die Staatsarchive in Hamburg, Freiburg und Oldenburg. In Tschechien wurden das Nationalarchiv, das Archiv der Sicherheitsorgane, das Militärhistorische Archiv, Staatliche Gebietsarchive in Prag und Litoměřice sowie das Archiv der Kanzlei des Präsidenten der Republik besucht, in der Slowakei das Slowakische Nationalarchiv, die Staatlichen 41 Rückerl, Adalbert: NS-Verbrechen vor Gericht. Versuch einer Vergangenheitsbewältigung, Heidelberg 1984; Frei, Norbert: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, München 1997; Greve, Michael: Der justitielle Umgang mit den NS-Gewaltverbrechen in den sechziger Jahren, Frankfurt/Main u. a. 2001; Freudiger, Kerstin: Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen, Tübingen 2002. 42 Eichmüller, Andreas: Die Strafverfolgung von NS-Verbrechen durch westdeutsche Justizbehörden seit 1945 – Eine Zahlenbilanz, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 56 (2008), S. 621–640. 43 Earl, Hilary Camille: The Nuremberg SS-Einsatzgruppen trial, 1945–1958. Atrocity, law, and history, Cambridge 2009; Nehmer, Bettina: Die Täter als Gehilfen? Zur Ahndung von Einsatzgruppenverbrechen, in: Blanke, Thomas (Hrsg.): Die juristische Aufarbeitung des Unrechts-Staats, Baden-Baden 1998, S. 635–668. 44 Kuretsidis-Haider, Claudia/Garscha, Winfried R. (Hrsg.): Keine „Abrechnung“. NSVerbrechen, Justiz und Gesellschaft in Europa nach 1945, Leipzig-Wien 1998; Frei, Norbert (Hrsg.): Transnationale Vergangenheitspolitik. Der Umgang mit deutschen Kriegsverbrechern in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, Göttingen 2006; Halbrainer, Heimo/ Kuretsidis-Haider, Claudia (Hrsg.): Kriegsverbrechen, NS-Gewaltverbrechen und die europäische Strafjustiz von Nürnberg bis Den Haag, Graz 2007.

Quellenlage

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Archive in Bratislava und Banská Bystrica sowie dort ebenso das Archiv des Museums des Slowakischen Nationalaufstands. An Ort und Stelle wurde auch Material im Wiener Stadt- und Landesarchiv, in der Zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz sowie in London in den National Archives und in der Wiener Library genutzt. Durch eine Reihe weiterer Archive wurden der Verfasserin zudem angeforderte Dokumente per Post zur Verfügung gestellt, so zum Beispiel durch das Hessische Hauptstaatsarchiv, das polnische Institut für Nationales Gedenken, das Archiv der Slowenischen Republik, das Depot Central d’Archives de la Justice Militaire sowie das Mährische Landesarchiv in Brünn. Weitere Archive erteilten auf Anfrage wichtige Auskünfte schriftlich. Zu diesen gehörten unter anderem die tschechischen Staatlichen Gebietsarchive in Třeboň, Pilsen und Zámrsk, das Landesarchiv in Opava, die slowakischen Staatlichen Archive in Bytča, Košice, Levoča und Prešov, das slowakische Institut für Nationales Gedenken, das Oberösterreichische Landesarchiv in Linz sowie das Steiermärkische Landesarchiv Graz. Ergänzende Informationen konnten ferner auf demselben Weg zum Beispiel auch von deutschen Standesämtern erlangt werden. Aus dieser Übersicht geht deutlich hervor, dass umfangreiches Material zur Einsatzgruppe H vorliegt und dass dieses an vielen Orten aufbewahrt wird. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Bestände für die vorliegende Arbeit erwähnt und kurz beschrieben. Für die Untersuchung der Tätigkeit der Einsatzgruppe H erwies sich als zentrale Quelle der Bestand R 70/Slowakei im Bundesarchiv in Berlin, der aus beinahe 400 Bänden besteht und das Schriftgut deutscher Stellen zu sämtlichen Vorgängen in der Slowakei in der Zeit von 1938 bis 1945 beinhaltet. Rund die Hälfte dieser Bände erschien relevant für das hier behandelte Thema und wurde aus diesem Grunde gesichtet. Aufschlussreiche Erkenntnisse waren insbesondere aus den regelmäßigen Tätigkeits- und Lageberichten der einzelnen Kommandos sowie aus den Berichten der Einsatzgruppe H an das RSHA oder aus den komplett erhaltenen Wochenbefehlsblättern zu gewinnen. Im Berliner Bundesarchiv gehörten zu den ergiebigsten Quellen des Weiteren die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Berlin Document Center. Zu den einzelnen Angehörigen der Einsatzgruppe H wurden Akten auf mehr als 300 Mikrofilmen ausgewertet. Die wichtigsten Angaben waren hauptsächlich den selbstverfassten, handgeschriebenen Lebensläufen zu entnehmen sowie weiteren Dokumenten zu Beförderungen, Auszeichnungen oder Versetzungen der jeweiligen Person. Der Zugriff auf diese Akten war ausschließlich über die Namen und Geburtsdaten möglich. Auf Grund des Fehlens eines einschlägigen Verzeichnisses mussten die Angehörigen der Einsatzgruppe H zunächst anhand anderer Quellen identifiziert werden. Eine weitere aussagekräftige Quelle für das Forschungsziel stellten erwartungsgemäß die Ermittlungsakten der Zentralen Stelle in Ludwigsburg dar, die an die dortige eigens errichtete Außenstelle des Bundesarchivs übergeben

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wurden. Auch hier musste bei der Recherche mittels der Namen der einzelnen Angehörigen der Einsatzgruppe H vorgegangen werden. Als hilfreich erwiesen sich hierbei die von der Zentralen Stelle angelegten Karteien, noch mehr aber die am Institut für Zeitgeschichte entstandene Datenbank aller seit 1945 von deutschen Staatsanwälten und Gerichten durchgeführten Verfahren zu NS-Verbrechen. Anhand dieser Datenbank konnten einerseits solche Verfahren verzeichnet werden, die die Tätigkeit der Einsatzgruppe H zum Gegenstand hatten, aber andererseits auch jene, in denen die Angehörigen der Einsatzgruppe wegen anderer NS-Verbrechen in der Bundesrepublik rechtskräftig verurteilt worden sind. Die zugehörigen Akten wurden anschließend in Ludwigsburg eingesehen, wobei aufschlussreiche Informationen insbesondere aus den Vernehmungsniederschriften, den Einstellungsverfügungen sowie gegebenenfalls aus den Anklage- und Urteilsschriften gewonnen werden konnten. Dieses Material brachte neben den Daten zu den betreffenden Personen auch gewichtige Auskünfte zur Tätigkeit der Einsatzgruppe H sowie zum Komplex der strafrechtlichen Verfolgung ihrer Angehörigen. Bei ausgewählten Verfahren zur Einsatzgruppe H wurden zudem die Originalakten der Staatsanwaltschaften in den zuständigen Staatsarchiven gesichtet. Komplette Ermittlungsakten standen so im Verfahren gegen Pape (Staatsarchiv Oldenburg), gegen Jaskulsky (Staatsarchiv Freiburg), gegen Rabe u. a. sowie im Verfahren gegen Hersmann und das z.b.V.-Kommando 15 (beide Staatsarchiv Hamburg) zur Verfügung. Nach der Durchsicht dieser Unterlagen wurde darauf verzichtet, Originalakten anderer Staatsanwaltschaften zu weiteren Verfahren heranzuziehen, da sich das in Ludwigsburg aufbewahrte Material für den hier verfolgten Zweck als vollkommen ausreichend erwies. Wichtige Informationen konnten noch in weiteren deutschen Archiven gewonnen werden, wie zum Beispiel aus Entnazifizierungsakten im Landesarchiv Berlin, aus der Korrespondenz des Deutschen Gesandten in der Slowakei im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes sowie aus Rechtshilfeersuchen der Tschechoslowakei im Archiv des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Außer in Deutschland wurde Material zur Einsatzgruppe H in Archiven in vier weiteren Ländern gesichtet. Am ergiebigsten erwiesen sich hierbei die Quellen in tschechischen Archiven. Aufschlussreiche Informationen boten insbesondere verschiedene Unterlagen der tschechoslowakischen Ermittlungsorgane, die mit der Aufklärung der in der Kriegszeit begangenen Verbrechen betraut waren. Im Nationalarchiv in Prag konnten in den Beständen 1075/5 und 850/0/10 umfangreiche Aufstellungen gefunden werden, welche, gegliedert nach den einzelnen slowakischen Bezirken und Orten, die nach dem Ausbruch des Aufstands verübten Verbrechen dokumentieren. Ermittlungsakten zur Einsatzgruppe H finden sich auch bei der „Tschechoslowakischen Regierungskommission zur Verfolgung von nationalsozialistischen Kriegsverbrechern“ und der

Quellenlage

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tschechoslowakischen „Generalprokuratur“. Obwohl diese Bestände noch nicht archivarisch aufbereitet sind, wurde der Verfasserin Einsicht gewährt. Darüber hinaus wurden im Nationalarchiv in mehreren Fonds zahlreiche Dokumente aus der Kriegszeit gesichtet, von denen insbesondere die Berichte des BdS Prag sowie die des Staatsministers im Protektorat Böhmen und Mähren hinsichtlich der Entwicklung in der Slowakei hervorzuheben sind. Ermittlungsakten tschechoslowakischer Behörden sowie Dokumente aus der Zeit vor 1945 finden sich in Prag des Weiteren im Archiv der Sicherheitsorgane. Dort wurden mehr als 350 Bände ausgewertet, die in der Personenkartei anhand der Namen des Führungspersonals der Einsatzgruppe H ermittelt werden konnten. Besonders wertvolle Informationen wurden zum Beispiel in den Beständen 52 (Aussagen von Gestapo- und SD-Angehörigen) und 135 (Verschiedene deutsche Sicherheitsorgane) gefunden. Es handelte sich unter anderem um umfassende Vernehmungsprotokolle von Angehörigen der Einsatzgruppe H in tschechoslowakischer Haft. Im Militärhistorischen Archiv wurde wiederum der Bestand „Slowakische Armee“ durchgesehen, während im Archiv der Kanzlei des Präsidenten der Republik verschiedene Unterlagen bezüglich der Strafverfolgung von NS-Verbrechen ausgewertet wurden. In fünf Staatlichen Gebietsarchiven und zwei Landesarchiven wurden darüber hinaus in den Beständen der zuständigen Volksgerichte Recherchen zu den 100 in der vorliegenden Arbeit untersuchten SS-Führern durchgeführt. In der Slowakei wurde einschlägiges Material im Archiv des Museums des Slowakischen Nationalaufstands in Banská Bystrica gesichtet, wobei wichtige Informationen in der Sammlung „Die Deutschen in der Slowakei 1939–1945“ gewonnen werden konnten. Im Slowakischen Nationalarchiv wiederum wurde unter anderem auf Akten des Innenministeriums zurückgegriffen, in erster Linie aber auf den Bestand „Nationalgericht“. Die umfangreichen Ermittlungsakten aus den Prozessen in den ersten Nachkriegsjahren gegen den Deutschen Befehlshaber und den Deutschen Gesandten in der Slowakei sowie gegen die slowakische Staatsführung, darunter den Staatspräsidenten, erwiesen sich als ergiebige Quelle. Des Weiteren wurden die Unterlagen einzelner slowakischer Volksgerichte aus der Zeit von 1945 bis 1948 herangezogen, die heute in sechs slowakischen Staatlichen Archiven aufbewahrt werden. In den Staatlichen Archiven in Bratislava und Banská Bystrica konnte eine größere Anzahl von Verfahren vor Ort ausgewertet werden, wobei neben denen gegen die Angehörigen der Einsatzgruppe H in vielen Fällen auch jene interessante Erkenntnisse brachten, die gegen Kollaborateure aus den Reihen von Slowaken und Volksdeutschen geführt wurden. In den übrigen vier slowakischen Staatlichen Archiven hingegen blieb die Recherche nach den 100 hier untersuchten SS-Führern nach Auskunft der Mitarbeiter des jeweiligen Archivs ergebnislos. Unterlagen aus strafrechtlichen Verfahren zur Einsatzgruppe H wurden ferner in österreichischen Archiven bearbeitet. In der bei der Forschungsstelle

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Einleitung

Nachkriegsjustiz in Wien entstehenden Datenbank, in der zukünftig sämtliche von österreichischen Volksgerichten durchgeführten Verfahren erfasst werden sollen, konnten wichtige Hinweise zu einzelnen Beschuldigten ermittelt werden. Die einschlägigen Akten waren anschließend entweder in der Forschungsstelle selbst oder im Wiener Stadt- und Landesarchiv zugänglich. Darüber hinaus wurden der Verfasserin Dokumente – Todesurteile gegen einzelne Kommandoführer – aus französischen, polnischen und slowenischen Archiven zur Verfügung gestellt. Abschließend sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass bei allen hier herangezogenen Unterlagen ein äußerst quellenkritischer Umgang geboten war. Dokumente aus der NS-Zeit als auch Strafermittlungsakten der Nachkriegszeit sind unbedingt vor dem Hintergrund ihrer Entstehung und ihrer Intention zu lesen und zu interpretieren. 45

45 Zur Aussagekraft von Berichten aus der NS-Zeit siehe zum Beispiel Longerich, Peter: „Davon haben wir nichts gewusst!“. Die Deutschen und die Judenverfolgung 1933– 1945, München 2006. Zu Akten aus strafrechtlichen Ermittlungen gegen NS-Täter siehe Finger, Jürgen/Keller, Sven/Wirsching, Andreas (Hrsg.): Vom Recht zur Geschichte. Akten aus NS-Prozessen als Quellen der Zeitgeschichte, Göttingen 2009.

1. Vorgeschichte Die Einsatzgruppe H wurde unmittelbar nach dem Ausbruch des Slowakischen Nationalaufstands Ende August 1944 aufgestellt. Um ihre Tätigkeit in der Slowakei bewerten zu können, ist es notwendig, den Kontext, in dem sie entstand und wirkte, bzw. die Vorgeschichte ihrer Gründung kurz zu beschreiben. Im folgenden Kapitel wird deshalb erstens ein Überblick über die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD geboten und zweitens die Entwicklung im slowakischen Staat bis zum Spätsommer 1944 in ihren Grundzügen geschildert.

1.1. Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD Die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD waren spezielle mobile Einheiten, die in den annektierten oder okkupierten Gebieten für die „Gegnerbekämpfung“ zuständig waren. Sie gingen gegen alle Personen vor, die zu Feinden des Nationalsozialismus erklärt worden waren.1 Sie waren ein neues Instrument staatspolizeilichen Vorgehens, dessen Aufgabe in der „Bekämpfung aller reichs- und deutschfeindlichen Elemente in Feindesland rückwärts der fechtenden Truppe“ bestand. 2 Sie agierten parallel zum militärischen Vormarsch, indem sie möglichst dicht hinter der Wehrmacht nachrückten. Sie wurden mit der Überwachung des politischen Lebens und der Sicherstellung von staatlichen Akten beauftragt; ihr vorrangiges Ziel war jedoch die Ermittlung und Ermordung von tatsächlichen oder vermeintlichen Gegnern des NS-Regimes. Angehörige der Einsatzgruppen waren direkt an der massenhaften Ermordung von Zivilisten (insbesondere von Juden) beteiligt, und viele von ihnen wirkten eigenhändig an Massenerschießungen mit. Nach Mallmann waren die Einsatzgruppen „im Koordinatensystem von Vernichtungskrieg und Holocaust die effektivste Mordwaffe vor der Erfindung der Todeslager mit ihrer Kulmination in Auschwitz.“ 3 Die Einsatzgruppen setzten sich aus Einsatz-, Sonder- oder z.b.V.-Kommandos zusammen, die sich weiter in Teilkommandos (sogenannte Stützpunkte) untergliederten. Sie unterstanden dem RSHA, dem sie zu berichten hatten und von dem sie Befehle und Anordnungen bekamen. Das Amt I des RSHA war für die personelle Zusammenstellung dieser speziellen Einheiten verant1

Kwiet 1998, S. 71. Richtlinien für den auswärtigen Einsatz der Sicherheitspolizei und des SD (o. D.). BArch R 58/241. 3 Mallmann 2008, S. 11. 2

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wortlich. Für die höheren Posten wurden für Heydrich bzw. Himmler besondere Listen erstellt, anhand derer sie dann die Einsatzgruppenführer und die Führer der einzelnen Kommandos auswählten. Für die übrigen Angehörigen gab es in der Regel keine förmlichen Richtlinien. Aus den regionalen Gestapo-, Kripound SD-Dienststellen wurden geeignete Männer herausgesucht und zum Einsatz abgeordnet. 4 Hinzu kamen zumeist Angehörige der Ordnungspolizei und der Waffen-SS sowie eine beachtliche Gruppe an Hilfspersonal (Kraftfahrer, Dolmetscher, Funker etc.). Unterstützung gewährte im Notfall die Wehrmacht, häufiger die im Einsatzgebiet lebenden Volksdeutschen und einheimischen Kollaborateure. Beim Führungspersonal der Einsatzgruppen handelte es sich keineswegs um eine Negativauslese. Der Einsatzbefehl ist nicht – wie Wildt in seiner Studie richtig herausstellt – als eine Strafmaßnahme zu verstehen: „In Bezug auf die geforderten Fähigkeiten wie Durchsetzungsvermögen und Verhandlungsgeschick gegenüber den Wehrmachtsstellen, Selbständigkeit in der Entscheidung, wie die zentralen Richtlinien vor Ort umgesetzt werden konnten, und Improvisationsvermögen angesichts nicht zu übersehender Schwierigkeiten und Probleme waren Himmler, Heydrich und die RSHA-Führung mit Sicherheit bemüht, erfahrene und in ihren Augen ausgezeichnete Männer für diese Aufgaben zusammenzustellen.“ 5 Die Befehle aus Berlin enthielten ein hohes Maß an Auslegungsspielraum. Wer als „Partisan“, „Funktionär“, „Kommissar“ oder „Plünderer“ zu bezeichnen war, mussten die Männer vor Ort entscheiden. 6 Nach der Besetzung eines Gebietes wurden die mobilen Einheiten meistens in stationäre Dienststellen des BdS und des KdS umgewandelt. Das Personal der Einsatzgruppen verblieb in der Regel am Ort und wurde diesen neu geschaffenen Stellen zugeteilt. Die tatsächliche Auflösung der Kommandos bzw. der aus ihnen entstandenen Dienststellen kam oft erst mit dem kriegsbedingten Rückzug der deutschen Truppen aus dem besetzten Gebiet. Die Männer wurden entweder zu ihren Heimatdienststellen zurückbeordnet oder blieben weiter im Einsatz und wurden zu anderen Kommandos oder Dienststellen im deutschen Herrschaftsbereich abkommandiert. Zurück blieben ihre Opfer. Die Tätigkeit der Einsatzgruppen ist folglich am besten an deren Zahl zu dokumentieren; die Angaben variieren zwischen 850 000 und 1 300 000 Ermordeten.7 Den überwiegenden Teil der Getöteten bildeten die durch die Angehörigen der Einsatzgruppen und ihre Helfer erschossenen Juden in der Sowjetunion. Doch nicht nur in der Sowjetunion wirkten die Einsatzgruppen der Sicher4

Wildt 2008, S. 548. Ebd., S. 553. 6 Welzer, Harald: Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden, Frankfurt/Main 2006, S. 45. 7 MacLean 1999, S. 11. 5

Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD

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heitspolizei und des SD. Sie bzw. einzelne Kommandos kamen überall in Europa zum Einsatz. Das erste Einsatzkommando wurde bereits im März 1938 aufgestellt und nach Österreich geschickt, um dort im Zuge des „Anschlusses“ einen schnellen Zugriff auf alle „reichsfeindlichen Elemente“ zu gewinnen. Die Sicherheitspolizei (Gestapo und Kriminalpolizei) und der SD agierten noch institutionell weitgehend getrennt, wobei die Aufgabe der Sipo in systematischen Verhaftungen von Emigranten, politischen und kirchlichen Gegnern sowie Juden bestand, während dem SD die Erfassung und Auswertung des staatspolizeilich relevanten Informationsmaterials des Gegners oblag. 8 Mit den gleichen Aufgaben wurden auch die Einsatzgruppen betraut, die bei der Besetzung des tschechoslowakischen Grenzgebietes Anfang Oktober 1938 (Einsatzgruppe Dresden und Einsatzgruppe Wien) bzw. bei der Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren Mitte März 1939 (Einsatzgruppe I mit Sitz in Prag und Einsatzgruppe II mit Sitz in Brünn) eingesetzt wurden. Nach Abschluss der militärischen Operationen verwandelten sich die mobilen Einheiten auf dem besetzten Gebiet in stationäre Dienststellen. Mit den späteren Einsatzgruppen hatten diese Formationen allerdings fast nur den Namen gemein; zur späteren Radikalisierung kam es erst bei Kriegsausbruch. 9 Kurz nach dem militärischen Angriff auf Polen überschritten im Rücken der Wehrmacht auch sicherheitspolizeiliche Einheiten die Grenze. Es waren dies die hierzu speziell aufgestellten Einsatzgruppen I bis V, die jeweils aus zwei bis vier Einsatzkommandos mit bis zu je 150 Mann bestanden. Am 3. September 1939 wurde eine zusätzliche Einsatzgruppe z.b.V. mit vier Polizeibataillonen und einem sicherheitspolizeilichen Sonderkommando in Stärke von 350 Mann gebildet sowie in der zweiten Septemberwoche die Einsatzgruppe VI und das Einsatzkommando 16. Diese Einheiten, die offiziell dem Heer unterstellt waren, aber dennoch direkte Befehle von Himmler bekamen, spannten ein breites Netz über das gesamte besetzte Gebiet, sodass fast jede größere polnische Ortschaft in den Operationsgebieten der Einsatzgruppen lag. Dort ermordeten sie Intellektuelle, Angehörige des katholischen Klerus und Juden, organisierten die systematische Vertreibung der Juden aus den an das Reich angegliederten polnischen Westgebieten und brachten sie in die Ghettos im Generalgouvernement. Es kam zu willkürlichen Erschießungen, Plünderungen und Ausschreitungen gegen die Zivilbevölkerung, wobei die Zahl der Opfer nicht genau festzustellen ist, auf jeden Fall aber „deutlich im fünfstelligen Bereich“ liegen dürfte.10 Nach ungefähr einem Monat im Einsatz erreichten die einzelnen Kom8 Klein, Peter (Hrsg.): Die Einsatzgruppen in der besetzten Sowjetunion 1941/42. Die Tätigkeits- und Lageberichte des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD, Berlin 1997, S. 11 f. 9 Mallmann 2000, S. 293. 10 Mallmann 2008, S. 18 f., 53 u. 88.

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Vorgeschichte

mandos ihre Zielorte und wurden zu stationären Dienststellen umgewandelt. Die offizielle Auflösung der Einsatzgruppen erfolgte am 20. November 1939. Ihre Bedeutung fasst Wildt wie folgt zusammen: „Der ‚Einsatz‘ in Polen markierte ohne Zweifel eine Zäsur. Die Praxis der Einsatzgruppen […] überstieg bei weitem den Terror, den diese Männer zuvor als Stapostellenleiter oder SDFührer praktiziert hatten. Im Herbst 1939 führten die Einsatzkommandos Exekutionen in einem Umfang und in einer Weise durch, die bereits an die späteren Massenerschießungen in den besetzten sowjetischen Gebieten erinnern. In Polen lernten etliche SS-Führer […] in ‚großen Räumen‘ zu denken und zivilisatorische Schranken zu überschreiten.“ 11 Sie waren laut Mallmann „die Weichensteller auf dem Weg in den Rassen- und Vernichtungskrieg“. 12 Dieser Vernichtungskrieg erreichte seinen Höhepunkt in der Sowjetunion. Als am 22. Juni 1941 der Angriff deutscher Truppen begann, folgten diesen vier Einsatzgruppen mit etwa 3000 Mann, die seit Mai in der Grenzpolizeischule Pretzsch und den umliegenden Orten Bad Düben und Bad Schmiedeberg ausgebildet und anschließend auf die vier Gruppen aufgeteilt worden waren. Die Einsatzgruppe A (Sonderkommando 1a, Sonderkommando 1b, Einsatzkommando 2 und Einsatzkommando 3) unter Walter Stahlecker schloss sich der Heeresgruppe Nord an und war für das Gebiet des Baltikums zuständig, die Einsatzgruppe B (Sonderkommando 7a, Sonderkommando 7b, Einsatzkommando 8, Einsatzkommando 9 und Vorkommando Moskau) mit Arthur Nebe an der Spitze folgte der Heeresgruppe Mitte nach Weißrussland, der Heeresgruppe Süd wurde für die nördliche und mittlere Ukraine die Einsatzgruppe C (Sonderkommando 4a, Sonderkommando 4b, Einsatzkommando 5 und Einsatzkommando 6) mit Otto Rasch zugeteilt, und in das Gebiet südliche Ukraine, Bessarabien, Halbinsel Krim und Kaukasien rückte mit der 11. Armee die Einsatzgruppe D (Sonderkommando 10a, Sonderkommando 10b, Sonderkommando 11a, Sonderkommando 11b und Einsatzkommando 12) unter Otto Ohlendorf ein. 13 Im Laufe der Zeit wurden auch hier die mobilen Einheiten in stationäre Dienststellen umgewandelt, je nachdem wie schnell das Gebiet besetzt und die Lage aus deutscher Sicht stabilisiert werden konnte. Das Personal der Einsatzgruppen war äußerst heterogen. Für die Einsatzgruppe A gibt es eine genaue Aufstellung; die insgesamt 990 Mann starke Gruppe (464 Mann im Stab, der Rest auf die vier Kommandos verteilt) setzte sich wie folgt zusammen: 340 Waffen-SS-Angehörige, 172 Kraftfahrer, 133 Ordnungspolizisten,

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Wildt 2008, S. 862 f. Mallmann 2008, S. 99. 13 Klein 1997, S. 23. Außer diesen Kommandos kamen in der Sowjetunion auch zum Beispiel folgende spezielle Formationen zum Einsatz: Einsatzkommando der Sicherheitspolizei und des SD Tilsit, Einsatzgruppe z.b.V. unter Eberhard Schöngarth und für die Spurenvernichtung das SK 1005 unter Paul Blobel. 12

Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD

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93 Dolmetscher, Verwaltungsfachleute, Sekretärinnen, Funker und Fernschreiber, 89 Gestapo-Angehörige, 87 Hilfspolizisten, 41 Kriminalpolizisten und 35 SD-Angehörige. 14 Angehörige der Sicherheitspolizei und des SD waren hiernach nicht einmal 17 Prozent des gesamten Personals. Die Aufgabe, mit der die Einsatzgruppen in die Sowjetunion einmarschierten, bestand in der Ermordung der politischen, sozialen und kulturellen Führungsschicht der Sowjetunion, insbesondere aller Juden in höheren Partei- und Staatspositionen. Kurz darauf wurde diese Vorgabe auf alle wehrfähigen jüdischen Männer ausgeweitet und im Juli 1941, spätestens im August gingen die Einsatzgruppen dazu über, systematisch auch Frauen und Kinder zu erschießen. 15 Ogorreck zufolge wurde den Einsatzgruppen der „Judentötungsbefehl“, also der Befehl zur Ermordung aller jüdischen Bewohner in der Sowjetunion, im August 1941 erteilt. 16 Auch Mallmann geht davon aus, dass der „Endlösungsbefehl“ vor dem Abmarsch aus Pretzsch „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ noch nicht erteilt worden war.17 Die Erschießungen hatten in der Regel ein ähnliches Ablaufschema. Nach der Festnahme wurden die Opfer außerhalb der Ortschaften zu einem abgesperrten Erschießungsort gebracht, wo sie sich nackt ausziehen, ihre Wertsachen abgeben und manchmal sich selbst ein Grab ausheben mussten. Dann hatten sie sich nacheinander vor dem Grab aufzustellen oder hineinzulegen und wurden erschossen. Meistens fanden die Erschießungen in Panzergräben, Steinbrüchen, Schluchten oder an ähnlichen Plätzen statt, die dann leicht mit Erde zugedeckt werden konnten. Danach wurde Schnaps und Essen gereicht, und es musste Meldung erstattet werden. Unterstützung bei diesen Aktionen kam einerseits von Einheimischen, andererseits von anderen bewaffneten Formationen aus dem Reich, meistens von den Polizeibataillonen, nicht selten von der Wehrmacht. Deutsche Militärangehörige hatten sich seit dem Angriff auf Polen zu „Komplizen und aktiven Teilnehmern an Hitlers Neuordnung Europas entwickelt“.18 Nicht Konfrontation zwischen dem Heer und den Einsatzgruppen, sondern Arbeitsteilung untereinander bestimmte das gegenseitige Verhältnis. Auch wenn die Zahl der Opfer in der Sowjetunion nicht genau zu ermitteln ist, wird deutlich, dass das Jahr 1941 für die Einsatzgruppen „den endgültigen Übergang von der Menschenjagd zum Massenmord, vom Eroberungs- zum Weltanschauungs- und Vernichtungskrieg“ bedeutete. 19 Neben den Einsatzgruppen in der Sowjetunion, die zweifellos für die meisten

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Wilhelm 1996, S. 11. Wildt 2008, S. 604. Ogorreck 1996, S. 220. Mallmann 2000, S. 303. Mallmann 2008, S. 91. Mallmann 2000, S. 301.

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Vorgeschichte

Ermordungen verantwortlich waren, und denen in Polen wurden während des Krieges Einheiten der Sicherheitspolizei und des SD überall in Europa tätig. So kam es 1940 zur Aufstellung mobiler Einheiten für die Unterstützung der deutschen Offensive im westlichen und nördlichen Europa, deren Personal sich zumeist aus den jeweils grenznahen Stapo- und SD-Stellen rekrutierte. 20 Für die Niederlande war die Einsatzgruppe I zuständig, für Lothringen die Einsatzgruppe II und für das Elsass die Einsatzgruppe III. Bereits im Sommer 1940 wurden alle in stationäre Dienststellen der BdS mit Sitz in Den Haag, Metz bzw. Straßburg umgewandelt. In Norwegen war seit April 1940 eine Einsatzgruppe mit sechs Einsatzkommandos tätig, während in Frankreich und Belgien lediglich zwei Einsatzkommandos z.b.V. mit ungefähr 25 Beamten zum Einsatz kamen, in Luxemburg wiederum ein Einsatzkommando mit annähernd 80 Mann. Im Falle Großbritanniens blieb es wegen des Scheiterns des Unternehmens „Seelöwe“ letztendlich nur bei der Planung. Aktiv wurde hingegen im Sommer 1941 ein Einsatzkommando im Norden Finnlands, das bis Ende 1942 bestand. 21 Im Juli 1942 bildete sich außerdem ein Einsatzkommando bei der Panzerarmee Afrika, das in Erwartung eines siegreichen Vormarsches nach Ägypten und Palästina mit der „Judenfrage“ im Nahen Osten beauftragt wurde. Da die Panzerarmee aber zum Rückzug gezwungen wurde, kam das Kommando nicht zu seiner dort anvisierten Tätigkeit und wurde später nach Tunis bzw. Korsika verlegt. 22 Auch in Südosteuropa gab es mobile Einheiten des RSHA. Wichtig ist, dass in den Richtlinien für die Einsatzgruppen in Griechenland und Jugoslawien von Anfang April 1941 neben „Emigranten, Saboteuren, Terroristen“ erstmals auch „Kommunisten und Juden“ als Gegner explizit erwähnt wurden. 23 Die Einsatzgruppe Griechenland hatte zwar 1941 noch wegen Personalnot einen eher geringen Einfluss, konnte diesen aber 1943, als Massendeportationen von griechischen Juden bewältigt werden mussten, deutlich steigern. In Jugoslawien etablierte sich eine Einsatzgruppe im April 1941 in Belgrad. Zunächst dem Militärbefehlshaber Serbien unterstellt, wurde sie Anfang 1942 in eine separate BdS/KdS-Struktur unter einem Höheren SS- und Polizeiführer (HSSPF) eingebunden und war als wichtigster Akteur an der Ermordung serbischer Juden

20 Ebd., S. 299 ff. Hier auch die folgende Schilderung über die weiteren Einsatzgruppen, falls nicht anders angegeben. 21 Ausführlich zur Tätigkeit des bis dahin in der Wissenschaft unbekannten „Einsatzkommandos der Sicherheitspolizei und des SD beim Armeeoberkommando Norwegen, Befehlsstelle Finnland“ siehe Silvennoinen 2010. 22 Ausführlich zu diesem Kommando siehe Mallmann 2006. 23 Erlass OKH betr. Regelung des Einsatzes der Sicherheitspolizei und des SD beim Unternehmen „Marita“ und „Fünfundzwanzig“ vom 2. 4. 1941. BArch RH 31 I/v. 23; zitiert nach Mallmann 2000, S. 301.

Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD

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beteiligt. In Kroatien kam die Einsatzgruppe E zum Einsatz, die aus mehreren Kommandos bestand und neben der Partisanenbekämpfung vor allem für die Deportation der dortigen Juden verantwortlich war. Im März 1944 wurde in Mauthausen die Einsatzgruppe F aufgestellt, die sieben Einsatzkommandos und ein Sonderkommando mit Adolf Eichmann an der Spitze hatte und für den Einsatz in Ungarn bestimmt war. In den folgenden sechs Monaten wurden unter Mithilfe der einheimischen Gendarmerie mehr als 400 000 ungarische Juden nach Auschwitz deportiert, wobei der überwiegende Teil von ihnen gleich nach der Ankunft vergast wurde. Die Einsatzgruppe G, die im Juli 1944 in Rumänien für den Einsatz in den siebenbürgischen Karpaten gebildet worden war, musste sich nach dem Sturz des Antonescu-Regimes im August 1944 nach Ungarn zurückziehen und wurde anschließend dem dortigen BdS unterstellt. Im Sommer 1944 wurden weitere Kommandos aufgestellt, so zum Beispiel im August ein hauptsächlich aus Volksdeutschen bestehendes Einsatzkommando z.b.V. in Kärnten und in der Oberkrain sowie im selben Monat eines, das sich vornehmlich aus Angehörigen verschiedener KdS-Dienststellen im Generalgouvernement zusammensetzte und bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstands zum Einsatz kam. Im September war die z.b.V.-Gruppe Iltis mit zwei Kommandos, die überwiegend aus den ehemaligen Angehörigen des Sonderkommandos 1005 inklusive seines Führers Paul Blobel bestand, in den slowenischen Hochalpen tätig. Zu dieser Zeit entstanden zudem mehr als 40 z.b.V.Kommandos, deren Personal sich in der Regel aus den Angehörigen der im Osten sowie im Westen im Zuge des Rückzugs der Wehrmacht aufgelösten Dienststellen rekrutierte. Im Dezember 1944 wurden darüber hinaus noch für die deutsche Offensive in den Ardennen die Einsatzgruppen K und L aufgestellt, wobei die erste aus Euskirchen in den nördlichen Abschnitt vorstieß und die andere aus Cochem in den südlichen Abschnitt einrückte. Da die Offensive jedoch kurz darauf scheiterte, wurden beide Einsatzgruppen Ende Januar 1945 wieder aufgelöst. Die letzten Einsatzkommandos wurden auf deutschem Boden gebildet und waren in den meisten Fällen entscheidend für die dort begangenen Verbrechen am Kriegsende verantwortlich. Zusammenfassend muss gesagt werden, dass die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD eines der brutalsten und zugleich ‚wirksamsten‘ Instrumente im Vernichtungskrieg des Dritten Reiches waren. Auch wenn sie mit verschiedenen Aufgaben beauftragt wurden, bestand ihr vorrangiger Zweck doch darin, die zu Feinden des NS-Regimes erklärten Personen und Personengruppen durch physische Liquidierung zu beseitigen. Angrick erklärt: „Bezüglich der Einsatzgruppen kann man […] anführen, daß im Rahmen militärischer Operationen noch nie zuvor so wenige Menschen willkürlich über das Leben so vieler anderer entschieden, sie ermordet und gequält hatten. Mochten sich die intellektuellen Köpfe dieser Einheiten – vor allem gegenüber der Nachwelt – als Nachrichtenbeschaffer, politische Funktionäre, Sicherheitsbeauftragte und

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Vorgeschichte

weltanschauliche Soldaten des Staatsschutzes verstanden haben, so waren sie doch hauptsächlich und in erster Linie Mörder.“ 24

1.2. Entwicklung in der Slowakei bis zum Nationalaufstand 1944 Am 14. März 1939 wurde die unabhängige Slowakei ausgerufen. Auch wenn das Streben der Slowaken nach mehr Autonomie innerhalb der seit 1918 bestehenden Tschechoslowakei insbesondere in den 1930er Jahren immer deutlicher wurde, muss die tatsächliche Entstehung des neuen Staates unbedingt im Zusammenhang mit den Plänen des Deutschen Reiches gesehen werden. Bereits am 5. November 1937 entwarf Hitler in einer Besprechung gegenüber den Vertretern der Wehrmacht und dem Außenminister die Grundzüge seiner geplanten Expansionspolitik, bei der die Zerschlagung der Tschechoslowakei eines der vorrangigen Ziele ausmachte. 25 Der erste Schritt hierzu war die Unterzeichnung des Münchner Abkommens und des Ersten Wiener Schiedsspruchs im Herbst 1938, in deren Folge die Tschechoslowakei bzw. die Tschecho-Slowakei (offizielle Bezeichnung des Staates nach der Verkündung der slowakischen Autonomie am 6. Oktober 1938) beträchtliche Gebietsverluste hinnehmen musste. 26 So wurden zum Beispiel Gebiete in der Ost- und Südslowakei Ungarn zugesprochen, wodurch die Slowakei etwa ein Fünftel ihrer Fläche und ein Viertel ihrer Bevölkerung verlor. Die Proklamation der slowakischen Eigenstaatlichkeit 1939 erfolgte unter ultimativem Druck des Dritten Reiches. Einen Tag zuvor hatte Hitler dem nach Berlin geladenen früheren slowakischen Regierungschef Jozef Tiso gedroht, dass er das Schicksal der Slowakei den Ereignissen überlasse, was unvermeidbar zur Aufteilung des Landes zwischen Polen und Ungarn geführt hätte. Tiso gab nach und ließ einen Tag später den slowakischen Landtag die Unabhängigkeit ausrufen. 27 Der endgültige Schritt zur Zerschlagung der Tschechoslowakei war die Besetzung ihrer restlichen Teile und die Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren am Folgetag. Das Deutsche Reich beeinflusste nicht die Entscheidung der Slowaken über

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Angrick 2003, S. 731. Hoßbach-Niederschrift vom 5. 11.1937. URL: http://www.ns-archiv.de/krieg/1937/ hossbach/ [zuletzt geprüft am 15.10. 2011]. 26 Das Münchner Abkommen wurde in der Nacht zum 30. September 1938 von den Regierungschefs Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und des Deutschen Reiches unterzeichnet. Der Erste Wiener Schiedsspruch, von den Außenministern des Deutschen Reiches und Italiens beschlossen, war das Ergebnis der Wiener Arbitrage vom 2. November 1938. Suško, Ladislav (Hrsg.): Das Deutsche Reich und die Slowakische Republik 1938– 1945. Dokumente, Band I., Buch 1. Von München bis Salzburg 1938–1940, Dokumente und Essay, Bratislava 2008, S. 89–96 (Dokument 35). 27 Altenhöner, Florian: Der Auslandsnachrichtendienst des SD und die Erklärung der slowakischen Unabhängigkeit am 14. März 1939, in: Zeitschrift für Geschichte 57 (2009), S. 811–832, hier S. 829 f. 25

Entwicklung in der Slowakei bis zum Nationalaufstand 1944

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ihren eigenen Staat, wohl aber den Zeitpunkt für dessen Ausrufung: „Der Zeitpunkt der Entstehung des slowakischen Staates war nicht durch den politischen Willen der HSL’S [Hlinkas Slowakische Volkspartei – L. Š.], des Landtages oder des Regierungschefs bestimmt, sondern durch den Willen des nationalsozialistischen Deutschlands, das Problem der ‚restlichen‘ Tschechoslowakei zu lösen und seine dominante Stellung in Mitteleuropa zu verstärken. Die Entstehung des slowakischen Staates war nur ein sekundärer Ausdruck dieses nationalsozialistischen Strebens.“ 28 Neun Tage später, am 23. März 1939, wurde der „Vertrag über das Schutzverhältnis zwischen dem Deutschen Reich und dem Slowakischen Staat“ unterzeichnet. Der erste Artikel lautete: „Das Deutsche Reich übernimmt den Schutz der politischen Unabhängigkeit des Slowakischen Staates und der Integrität seines Gebietes.“ In weiteren Artikeln wurde festgelegt, dass das Reich an der slowakischen Grenze zu Mähren eine militärisch besetzte Schutzzone errichten könne und dass die „Slowakische Regierung […] ihre eigenen militärischen Kräfte im engen Einvernehmen mit der deutschen Wehrmacht organisieren“ und „ihre Außenpolitik stets im engen Einvernehmen mit der Deutschen Regierung führen“ werde, was im Grunde dem Verzicht auf eine eigene Militär- und Außenpolitik gleichkam. 29 Am selben Tag wurde noch ein „Vertrauliches Protokoll über wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit“ zwischen den beiden Staaten unterschrieben. 30 Auch wenn das Reich der Slowakei einige formale Souveränitätsattribute zugestand, war die Kontrolle auf allen Gebieten zu groß, als dass man von einem unabhängigen und souveränen Staat sprechen könnte. Es lässt sich vor allem auf die außenpolitische Unsicherheit zurückführen, dass die slowakische Regierung sowohl die Vorstellungen als auch die Anweisungen des Reiches stets ohne größere Proteste übernahm. 31 Bei Tiso setzte sich bereits im Oktober 1938 in seinen öffentlichen Reden der Gedanke eines „kleineren Übels“ durch, an dem er faktisch bis zum Kriegsende festhielt. 32 Die Slowakei hatte alle formalen Merkmale eines selbständigen Staates und 28 Nižňanský, Eduard: Dvojnásobné zmocnenie sa vlády na Slovensku v rokoch 1938/39 v porovnaní s „Machtergreifung“ v rokoch 1933/34 v Nemecku [Die zweifache „Machtergreifung“ in der Slowakei in den Jahren 1938/39 im Vergleich mit der „Machtergreifung“ in den Jahren 1933/34 in Deutschland], in: Glettler, Monika/Lipták, L’ubomír/Míšková, Alena (Hrsg.): Nacionálno-socialistický systém vlády. Ríšska župa Sudety. Protektorát Čechy a Morava. Slovensko [Das nationalsozialistische Regierungssystem. Reichsgau Sudeten. Protektorat Böhmen und Mähren. Slowakei], Bratislava 2002, S. 185–211, hier S. 204. 29 Vertrag über das Schutzverhältnis zwischen dem Deutschen Reich und dem Slowakischen Staat vom 18./23. März 1939. Hoensch, Jörg K. (Hrsg.): Dokumente zur Autonomiepolitik der Slowakischen Volkspartei Hlinkas, München-Wien 1984, S. 259 f. 30 Vertrauliches Protokoll über wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Reich und dem Staat Slowakei vom 23. März 1939. Ebd., S. 260 f. 31 Lipscher 1992, S. 36. 32 Nižňanský 2002, S. 210.

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wurde kurz nach ihrer Entstehung durch insgesamt 27 Staaten anerkannt. 33 Auf einer Fläche von 38 055 km2 lebten 2 655 053 Einwohner, von denen 85 Prozent Slowaken waren. Des Weiteren lebten dort 128 000 Deutsche, 89 000 Juden, 65 000 Ungarn und 30 000 Tschechen. 34 Das Gebiet war seit 1940 administrativ in sechs Gaue eingeteilt, die ihren Sitz in Bratislava, Nitra, Trenčín, Banská Bystrica, Ružomberok und Prešov hatten und an deren Spitze ein Gauhauptmann stand. Jeder Gau war zudem in Bezirke unterteilt, die von einem Bezirkshauptmann verwaltet wurden. Diesem unterstand wiederum ein Notar, der staatliche Verwaltungsaufgaben durchzuführen hatte und für vier bis sechs Dörfer, die von je einem Bürgermeister geleitet wurden, bestellt war. 35 Zur Hauptstadt der Slowakei wurde Bratislava erklärt. Am 21. Juli 1939 beschloss der slowakische Landtag das „Verfassungsgesetz über die Verfassung der Slowakischen Republik“. 36 Dieses orientierte sich nach Hoensch „am bürgerlich-demokratischen Verfassungstyp, griff aber auch autoritär-faschistische Ordnungsvorstellungen – Einheitspartei, exzessives Notverordnungsrecht, Streikverbot, Staatsrat – auf und bettete beide Komponenten in eine christlich-soziale Vorstellungswelt ein“. 37 An der Spitze des Staates, dessen offizielle Bezeichnung nun „Slowakische Republik“ lautete, stand der Präsident, der auf sieben Jahre vom Landtag gewählt wurde und neben anderen weitgehenden und sich an autoritären Prinzipien anlehnenden Vollmachten die Funktion des obersten Befehlshabers über das Heer ausübte. Am 26. Oktober 1939 wurde der katholische Priester und bisherige Regierungschef Jozef Tiso 38 einstimmig zum Präsidenten gewählt und verblieb auf diesem Posten bis zum 33 Durch das Deutsche Reich und seine Verbündeten, aber auch zum Beispiel durch Großbritannien, Frankreich, die Sowjetunion oder den Vatikan. Hrbek 2009, S. 222 und Rothkirchen, Livia: The Situation of Jews in Slovakia between 1939 and 1945, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 7 (1998), S. 46–70, hier S. 48. 34 Karcol, Marián: Slovensko v rokoch 1938–1945 [Die Slowakei in den Jahren 1938– 1945]. URL: http://www.muzeumsnp.sk/index.php?a0=historia&a1=vojnove_obd [zuletzt geprüft am 12. 1. 2012]. 35 EG H, Betr.: Ost-Slowakei, Monatsbericht September 1944, Anlage: Verwaltungsaufbau der Slowakei. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 302. 36 Verfassungsgesetz über die Verfassung der Slowakischen Republik vom 21. Juli 1939. Hoensch 1984, S. 262 ff. Hier auch die weiteren Angaben betreffend die Verfassung, falls nicht anders angegeben. 37 Hoensch, Jörg K.: Grundzüge und Phasen der deutschen Slowakei-Politik im Zweiten Weltkrieg, in: Brandes, Detlef/Kural, Václav (Hrsg.): Der Weg in die Katastrophe. Deutschtschechoslowakische Beziehungen 1938–1947, Essen 1994, S. 215–239, hier S. 222. 38 Jozef Tiso (* 13. 10. 1887 Bytča; † 18. 4. 1947 hingerichtet in Bratislava), katholischer Priester und slowakischer Politiker, Parteivorsitzender der HSL’S, ab Oktober 1939 Staatspräsident der Slowakei. Zu Tiso gibt es eine umfassende Sekundärliteratur, vgl. zum Beispiel Kamenec, Ivan: Tragédia politika, kňaza a človeka. Dr. Jozef Tiso 1887–1947 [Die Tragödie eines Politikers, Priesters und Menschen. Dr. Jozef Tiso 1887–1947], Bratislava 1998.

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Kriegsende. Die gesetzgebende Gewalt stand dem Landtag zu, dessen 80 Abgeordnete in allgemeiner, direkter, gleicher und geheimer Abstimmung auf fünf Jahre gewählt wurden. Seine Kompetenzen verlor der Landtag jedoch nach und nach zu Gunsten der Regierung, sodass die Mehrzahl der in der Slowakischen Republik erlassenen Rechtsnormen den Charakter von Regierungsverordnungen besaß. 39 Die Regierung bestand aus acht Ministern und dem Vorsitzenden, die vom Präsidenten ernannt wurden. Den Posten des Regierungschefs hatte von Oktober 1939 bis September 1944 Vojtech Tuka inne. Ein weiteres Verfassungsorgan war der Staatsrat, der sich wie folgt zusammensetzte: sechs vom Präsidenten der Republik ernannte Mitglieder, zehn Mitglieder aus der HSL’S, je ein Mitglied der registrierten Volksgruppen und der Stände sowie der Vorsitzende der Regierung und der Vorsitzende des Landtags. Der Staatsrat hatte hauptsächlich dem Landtag Gesetzesvorschläge zu unterbreiten und dem Präsidenten und der Regierung in politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten Gutachten zu erstatten. Da es sich im Grunde um unverbindliche Empfehlungen handelte, waren die Befugnisse dieses Organs wesentlich beschränkt. Die Verfassung der Slowakischen Republik ist im Großen und Ganzen als rechtsstaatlich zu bezeichnen, jedoch nicht als demokratisch und dies vor allem infolge der verfassungsmäßig festgelegten Staatspartei. In § 58 wurde das politische Monopol der Partei Hlinkas verankert: „Das slowakische Volk nimmt Anteil an der Staatsmacht mittels Hlinkas Slowakischer Volkspartei.“ Nur die nationalen Minderheiten hatten Recht auf eine eigene Partei – am politischen Leben nahmen demnach neben der HSL’S die Deutsche Partei und die Szlovenszkói Magyar Párt (Ungarische Partei in der Slowakei) teil. Die anderen politischen Parteien waren bereits in der Zeit der Tschecho-Slowakei Ende 1938 entweder aufgelöst, verboten (kommunistische, sozialdemokratische und jüdische Parteien) oder aber mit der HSL’S vereint worden. 40 Innerhalb der HSL’S bildeten sich nach und nach zwei Flügel heraus, die um Macht rangen; der vom Parteivorsitzenden und Präsidenten Tiso angeführte konservativ-gemäßigte wollte einen autoritären und klerikalen Ständestaat schaffen, während der radikale mit dem Regierungschef Tuka und dem späteren Innenminister Alexander Mach an der Spitze offen die Ideologie und Praxis des Nationalsozialismus durchzusetzen versuchte. Dennoch bevorzugte Hitler eher den gemäßigten Flügel unter Tiso, von dem er sich eine größere Garantie für die Erhaltung der Stabilität im Staat versprach. 41 Die HSL’S bemühte sich mit ihren Organisationen – der Hlinkajugend und 39 Karcol, Marián: Slovensko v rokoch 1938–1945 [Die Slowakei in den Jahren 1938– 1945]. URL: http://www.muzeumsnp.sk/index.php?a0=historia&a1=vojnove_obd [zuletzt geprüft am 12. 1. 2012]. 40 Nižňanský 2002, S. 191 u. 201. 41 Hrbek 2009, S. 223.

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der Hlinkagarde – das gesamte Leben im slowakischen Staat zu beherrschen. Die Hlinkagarde, die als paramilitärische Parteiorganisation seit Oktober 1938 ein Gegengewicht zu Armee und Polizei bilden sollte, lässt sich als eine chauvinistische und antisemitische Organisation mit faschistischen Merkmalen beschreiben, die für eine engere Anknüpfung der slowakischen Politik an die Politik des Dritten Reiches und für die Etablierung der Ideologie eines slowakischen Nationalsozialismus plädierte. 42 In ihren Reihen vereinigten sich unter der Führung von Alexander Mach 43 slowakische Aktivisten, Anhänger des Nationalsozialismus, antisemitische Radikale, Karrieristen, aber auch etliche Lehrer, Geistliche oder Künstler. Im Juni 1939 zählte sie bereits rund 100 000 Mitglieder. 44 Diese wurden unter anderem mit polizeilichen Aufgaben betraut, wobei es als bewiesen gilt, dass sie sich in zahlreichen Fällen an Gewalttaten an aus politischen und anderen Gründen zu Gegnern des slowakischen Staates erklärten Personen beteiligten, insbesondere auch 1942 an der Deportation von Juden aus der Slowakei. Die Verfolgung von politischen Gegnern gehörte in der Slowakischen Republik aber auch zu den Hauptaufgaben der im Januar 1940 beim Innenministerium errichteten Staatlichen Sicherheitszentrale (ÚŠB). 45 Diese war die höchste polizeiliche Behörde des Staates, der die Funktion einer politischen Polizei zukam, die verschiedene staatliche Sicherheitsaufgaben wahrnahm und teilweise auch als Nachrichtendienst tätig war. Der Institution, die über eine relativ kleine Anzahl von Mitarbeitern (im Jahre 1941 waren es 123) verfügte, waren in nachrichtendienstlichen Belangen und in Staatssicherheitsangelegenheiten die Gau- und Bezirksämter, die Notariate, die Gendarmerie und die Polizei unterstellt. In ihrer Tätigkeit sollte die Sicherheitszentrale in groben Zügen der Gestapo entsprechen, erreichte jedoch nie eine vergleichbare Leistungsfähigkeit. Nach Jablonický habe sie unter Mitarbeit von Gendarmerie und Polizei bis zum Ausbruch des Aufstands im Spätsommer 1944 über 3000 Personen in Konzentrations- bzw. Sicherungslager und über 3500 Antifaschisten in Gefängnisse eingeliefert. 46 42 Sokolovič, Peter: Hlinkova garda 1938–1945 [Die Hlinkagarde 1938–1945], Bratislava 2009, S. 14 f. u. 447 f. 43 Der erste Oberbefehlshaber der Hlinkagarde war Karol Sidor. Im März 1939 wurde er von Alexander Mach abgelöst, der diesen Posten – mit einer kurzen Pause von April bis Juli 1940 – bis zum Ausbruch des Aufstands im Spätsommer 1944 vertrat. 44 Kaiser 1969, S. 598. 45 Ševčík, Jozef: Ústredňa štátnej bezpečnosti – spravodajská služba Slovenskej republiky 1939–1945 [Staatliche Sicherheitszentrale – Nachrichtendienst der Slowakischen Republik 1939–1945]. URL: http://www.absd.sk/ustredna_statnej_bezpecnosti [zuletzt geprüft am 27.1. 2012]. 46 Jablonický, Jozef: Z ilegality do povstania. Kapitoly z občianskeho odboja [Aus der Illegalität zum Aufstand. Kapitel aus dem bürgerlichen Widerstand], Bratislava 2009, S. 129.

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Eine außerordentlich bedeutende Rolle in der Slowakischen Republik spielte von Anfang an die katholische Kirche. Geistliche nahmen wichtige Positionen im politischen Leben des Staates ein: Staatspräsident Tiso war katholischer Seelsorger; weitere Priester waren im Landtag und im Staatsrat tätig, während andere wiederum wichtige Posten auf der Gau- und Bezirksebene einnahmen. 47 Die neue Verfassung berief sich ausdrücklich auf die christlichen-naturrechtlichen Prinzipien als Grundlage des Staates. 48 Der katholische Klerus gehörte zu den tragenden Pfeilern des Regimes. 49 Der „Katholizismus prägte die politische und gesellschaftliche Entwicklung“ des Landes, wobei die katholische Geistlichkeit die Rolle eines Trägers des Nationalgedankens, die in anderen Ländern eher von bürgerlichen Kreisen und Intellektuellen wahrgenommen wurde, einnahm. 50 Laut den Ergebnissen der Volkszählung von 1930 bestand die Bevölkerung slowakischer Nationalität aus über 80 Prozent Katholiken. 51 Es steht außer Frage, dass die katholische Kirche in jeder Hinsicht eine dominante Stellung in der Slowakei innehatte. Die Slowakische Republik war offiziell ein Verbündeter des Deutschen Reiches. Die Slowaken beteiligten sich vom ersten Tag an am Kriegsgeschehen, indem sie ihre Armee nach Polen marschieren ließen. Ihr Beitrag zum deutschen Sieg blieb zwar geringfügig, hatte aber das kurz darauf erfolgende Ende der diplomatischen Beziehungen seitens Frankreichs und Großbritanniens sowie in den 1918 an Polen verlorenen Gebieten gewisse territoriale Zugewinne zur Folge. Am 24. November 1940 unterzeichnete die Slowakische Republik nach Ungarn und Rumänien den Dreimächtepakt, ein Jahr später den Antikominternpakt, und am 12. Dezember 1941 erklärte Regierungschef Tuka Großbritannien und den USA den Krieg. Von Juni 1941 an waren slowakische Soldaten bis zum Kriegsende an verschiedenen Orten Europas ununterbrochen im Einsatz. In den Krieg gegen die Sowjetunion wurden aus der Slowakei annähernd 50 000 Soldaten geschickt, aus denen nach einer Reorganisation Ende 1941 zwei Divisionen aufgestellt und dem deutschen Kommando unterstellt wurden. Beim Vormarsch der Roten Armee wurde die slowakische Armee dann von der Ostfront abgezogen. 52 Der Einfluss des Deutschen Reiches auf slowakische Angelegenheiten vergrößerte sich im Laufe der Zeit. Am 28. Juli 1940 wurde Tiso mit seiner Begleitung nach Salzburg bestellt, wo ihm eine von Hitler gewünschte Regierungs47

Lipscher 1992, S. 222. Brandmüller, Walter: Holocaust in der Slowakei und katholische Kirche, Neustadt/ Aisch 2003, S. 8 f. 49 Lipscher 1992, S. 222. 50 Widmann, Peter: Juden und Judenfeindschaft in der Slowakei. Ein Konferenzbericht, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 7 (1998), S. 13–19, hier S. 13. 51 Brandmüller 2003, S. 8 f. 52 Hrbek 2009, S. 229. 48

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änderung abgerungen wurde. Der bisherige slowakische Außen- und Innenminister Ferdinand Ďurčanský hatte seinen Posten zu Gunsten der radikaleren Politiker zu räumen; erstere Funktion bekleidete von nun an Tuka, die andere Mach. Darüber hinaus wurden nach den Salzburger Verhandlungen deutsche Berater in die Slowakei geschickt und dem neuen Deutschen Gesandten, Manfred von Killinger, unterstellt. Nach Tönsmeyer waren die Berater „entsandt worden, um die slowakische Regierung auf den Kurs der Reichsaußenpolitik zu verpflichten und auf diese Weise eine engere Einbindung des Landes in die deutsche Einflußsphäre Mitteleuropa zu gewährleisten. Dabei sollte zumindest pro forma der Charakter des Schutzstaates nicht verändert werden. ‚Beratungsobjekt‘ waren also slowakische Institutionen, vor allem Ministerien, aber auch die alleinregierende HSL’S und ihre Gliederungen oder die Slowakische Nationalbank.“ 53 Im Einzelnen gab es so deutsche Berater zum Beispiel für die slowakische Polizei, die Propaganda, die Wirtschaft, die Hlinkagarde oder aber auch für die „Judenfrage“. Die Ergebnisse dieser Maßnahmen und des Eingriffs in die slowakische Innenpolitik blieben trotzdem laut Tönsmeyer wegen der begrenzten Handlungsmöglichkeiten der Berater hinter den Erwartungen des NS-Regimes zurück. In ihrer Studie folgerte sie: „Zwar hat der Slowakische Staat in (wehr)wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht sowie im Hinblick auf die ‚Endlösung‘ seinen Beitrag erbracht. Aber er tat es aus freien Stücken bzw. als vertraglich gebundener Verbündeter des Deutschen Reiches.“ 54 Die deutschen Berater spielten demnach in der Slowakei letztendlich nicht jene entscheidende Rolle, die ihnen in Salzburg zugedacht worden war. Die deutsche Slowakeipolitik war selbst nach Salzburg in erster Linie darauf ausgerichtet, die innenpolitische Ruhe im Schutzstaat aufrechtzuerhalten und seine kriegswirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu steigern. 55 Deshalb gab es keine massiven Eingriffe in die Binnenstruktur oder eine Parteinahme in den internen Macht- und Richtungskämpfen, denn „solange der ‚Schutzstaat‘ klaglos seinen wirtschaftlichen und militärischen Kriegsbeitrag leistete und sich zudem bei der ‚Endlösung der Judenfrage‘ zur willfährigen Kollaboration bereit zeigte, gab es für die Reichsregierung keinen Anlaß zur rücksichtslosen Intervention – auch wegen der Gefahr, dadurch eine Destabilisierung des gesamten Systems auszulösen“. 56 Dazu kam, dass der überwiegende Teil der slowakischen Bevölkerung gegenüber seinem neuen Staat zumindest in den ersten Jahren seines Bestehens eine ausgesprochen positive Haltung einnahm. Vom Krieg profitierte die Wirtschaft in hohem Maße, und die Zahl der Arbeitsplätze vergrößerte sich. Auch das Schulwesen, Wissenschaft und Kultur erlebten einen Auf53 54 55 56

Tönsmeyer 2003, S. 312. Ebd., S. 329. Hoensch 1994, S. 230. Ebd., S. 239.

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schwung. In der Armee sowie in anderen Bereichen bot sich die Möglichkeit einer schnellen Beförderung, da wegen der Ausschaltung von Juden und Tschechen viele Positionen frei wurden. Bis zum Spätsommer 1944 herrschte in der Slowakei eine bessere Situation als in den benachbarten Ländern Mitteleuropas. 57 Der Krieg schien sich weit weg abzuspielen, ein Versorgungsmangel war nicht allzu sehr zu spüren und manchen Slowaken und vielen in der Slowakei lebenden Deutschen ging es sogar besser als in der früheren Tschechoslowakei. Man genoss die Errungenschaften des ersten eigenen – scheinbar souveränen – slowakischen Staates. Vollkommen ausgeschlossen von diesen Besserstellungen und besseren Lebensbedingungen war allerdings der jüdische Bevölkerungsteil. Während des Bestehens der Slowakischen Republik kam es zur Liquidierung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte sowie später der Bürger- und Menschenrechte der Juden. Nach Nižňanský bestand in der Slowakei ein „autochthoner nicht rassischer Antisemitismus“, der mehrere Ebenen umfasste: die christliche (Juden hätten Christus gekreuzigt), die nationale bzw. sprachliche (Juden wären keine Slowaken; sie sprächen ungarisch, deutsch, jiddisch), die wirtschaftliche bzw. soziale (Juden hätten die Slowaken ausgebeutet) und die politische Ebene (Juden wären liberal oder links orientiert). 58 Die antisemitische Propaganda führte bereits im November 1938 zu den ersten durch die autonome slowakische Regierung geplanten und organisierten Deportationen, als ungefähr 7500 Juden in das nach dem Wiener Schiedsspruch abzutretende Gebiet ausgewiesen wurden. 59 Einen Monat nach der Entstehung des neuen Staates, am 18. April 1939, wurde eine erste antijüdische Verordnung erlassen, in der die Definition der Juden – und zwar nach konfessionellen Kriterien – kodifiziert wurde. 60 Weitere Verordnungen folgten, sodass die 89 000 in der Slowakei lebenden Juden nach und nach aus dem wirtschaftlichen und öffentlichen Leben ausgesondert wurden. 61 Nach den Salzburger Verhandlungen wurde Ende August 1940 Dieter Wisliceny, ein enger Mitarbeiter von Eichmann, nach Bratislava entsandt und mit der Funktion des deutschen Beraters für die „Judenfrage“ betraut. 62 Kurz da57

Hrbek 2009, S. 224 f. Nižňanský 2005b, S. 8 f. 59 Ausführlich zu diesen Deportationen siehe Nižňanský, Eduard: Die Deportation der Juden in der Zeit der autonomen Slowakei im November 1938, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 7 (1998), S. 20–45. 60 Kamenec 1991, S. 48. 61 Die meisten Juden lebten in den Städten Bratislava (15 102), Nitra (4358), Prešov (4308) und Michalovce (3955). Rothkirchen 1998, S. 50. 62 Dieter Wisliceny (* 13. 1. 1911 Regulowke/Ostpreußen; † 27. 2. 1948 hingerichtet in Bratislava), SS-Hauptsturmführer, ab 1940 „Beauftragter für jüdische Angelegenheiten“ für die Slowakei, Ungarn und Griechenland. Zu seiner Rolle in der Slowakei siehe Hrads58

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rauf entstand das Zentrale Wirtschaftsamt, das nach dem Muster ähnlicher Institutionen in Berlin, Wien und Prag (Zentralstellen für jüdische Auswanderung) gebildet wurde. Zum Chef des Amtes, das ungefähr 140 Angestellte hatte und dem slowakischen Regierungschef unterstand, wurde Augustín Morávek ernannt. Das Amt hatte die Liquidierung und Arisierung jüdischer Geschäfte und Besitztümer zur Aufgabe. Es hatte „alles zu tun, was nötig war, damit Juden aus dem slowakischen Wirtschafts- und Sozialleben entfernt werden und ihr Eigentum in die Hände der Christen übertragen wird“. 63 Das Ergebnis waren 10 025 liquidierte und 2223 arisierte jüdische Betriebe. 64 Zudem wurde dem Zentralen Wirtschaftsamt die neu gegründete „Judenzentrale“ unterstellt, die seit Ende September 1940 als alleinige Vertretung der slowakischen Juden galt. Jeder in der Slowakei lebende Jude musste hier registriert werden und konnte sich zum Beispiel nur mittels dieser Zentrale an öffentliche Ämter wenden. Alle anderen jüdischen Gruppen und Organisationen wurden bis auf die jüdischen Gemeinden verboten, und ihr Eigentum ging in den Besitz der „Judenzentrale“ über. 65 Im Frühjahr 1941 wurden die ersten „Arbeitszentren“ geschaffen, und Anfang Juli führte man eine allgemeine Arbeitspflicht für arbeitsfähige Juden zwischen 18 und 60 Jahren ein. Die größten Arbeitslager gab es in der Folge in Sered, Nováky und Vyhne. Am 9. September 1941 wurde die Verordnung über die Rechtstellung der Juden (sogenannter Judenkodex – Verordnung Nr. 198/1941) erlassen, die in insgesamt 270 Paragraphen die Bestimmungen der seit September 1940 angeordneten antijüdischen Gesetze und Verordnungen zusammenfasste und weiter ausbaute. Sie gehörte neben den Nürnberger Rassegesetzen zu den schärfsten antijüdischen Verordnungen in Europa und gleichzeitig zu den umfangreichsten, die je in der Slowakischen Republik erlassen wurden. So wurde etwa im Kodex neu definiert, wer als Jude zu gelten habe; nicht mehr konfessionelle, sondern rassische Kriterien waren von nun an entscheidend. Jude war jener, der zumindest drei jüdische Großeltern hatte. 66 Von der Herausgabe des Kodex führte ein halbes Jahr später ein direkter Weg zu den Deportationen. Es konnte bis heute nicht ganz eindeutig geklärt werden, auf wessen Initiative diese erfolgten, ob die slowakische Regierung ihrerseits die Verbringung der Juden angeboten hatte oder ob sie lediglich auf eine deutsche Aufforderung positiv eingegangen war. 67 Fest steht, dass zuerst ká, Katarína: Nemeckí poradcovia na Slovensku v rokoch 1940–1945. Prípad Dieter Wisliceny [Die deutschen Berater in der Slowakei in den Jahren 1940–1945. Der Fall Dieter Wisliceny], Bratislava 1999. 63 Kamenec 1991, S. 95. 64 Ebd., S. 105 u. 112. 65 Ebd., S. 97. Ausführlich zur Rolle der „Judenzentrale“ siehe Hradská 2008. 66 Kamenec 1991, S. 125. 67 Als deutsche Initiative werden die Deportation zum Beispiel von Raul Hilberg und

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über den Einsatz von 20 000 arbeitsfähigen Juden verhandelt wurde, während später vom Abtransport aller Juden die Rede war. Die Slowakische Republik wollte vom Reich die Zusicherung haben, dass die einmal aus der Slowakei deportierten Juden später nicht mehr zurückgeschickt werden können und dass das Reich keine Ansprüche auf ihr Eigentum erheben werde. Die slowakische Regierung verpflichtete sich wiederum, dass sie für jeden deportierten Juden den Betrag von 500 RM bezahlen werde. 68 Bereits Anfang 1942 wurden die Juden registriert und später in fünf eigens errichteten Konzentrationszentren (Bratislava, Nováky, Poprad, Sered, Žilina) zusammengefasst. Die Organisation übernahm das Innenministerium (insbesondere dessen XIV. Abteilung und die Gendarmerie), das Ministerium für Verkehr und öffentliche Arbeit, das Verteidigungsministerium, aber auch das Zentrale Wirtschaftsamt, die HSL’S, die Hlinkagarde sowie die Freiwillige Schutzstaffel der Deutschen Paŕ tei. 69 Die Transporte gingen durch Žilina, wurden in Zwardon im Generalgouvernement von den Deutschen übernommen und fuhren dann weiter, nach Auschwitz oder in den Lubliner Distrikt. In jedem Waggon waren 40 Menschen. 70 Der erste Transport mit 1000 Mädchen und jungen Frauen fuhr am 25. März 1942 in Poprad los und traf kurz darauf in Auschwitz ein. Weitere Transporte mit weiblichen und männlichen Jugendlichen folgten, bis am 11. April die Deportationen von ganzen Familien begannen. 71 Bis zum 20. Oktober 1942 wurden insgesamt 57 628 Juden aus der Slowakei deportiert, wobei

Peter Longerich präsentiert, während Ladislav Lipscher und Gila Fatranová die Initiative eher der slowakischen Seite zuschreiben. Hilberg 1994, S. 776 f.; Longerich 1998, S. 491– 493; Lipscher 1992, S. 113 ff. und Fatranová, Gila: K deportáciám slovenských Židov v roku 1942 [Zu den Deportationen slowakischer Juden im Jahr 1942], in: Büchler, Róbert /Fatranová, Gila/Mičev, Stanislav (Hrsg.): Slovenskí Židia [Die slowakischen Juden], Banská Bystrica 1991, S. 29–52, hier S. 39. Vgl. auch Nižňanský, Eduard: Rokovania nacistického Nemecka o deportáciách Židov v roku 1942 – príklad Slovenska, Rumunska a Maďarska [Die Verhandlungen des nationalsozialistischen Deutschlands über die Deportationen der Juden im Jahr 1942 – Das Beispiel der Slowakei, Rumäniens und Ungarns], in: Historický Časopis [Historische Zeitschrift] 58/3 (2010), S. 471–495, hier S. 475 ff. 68 Nižňanský 2005a, S. 55. Das Reich argumentierte damit, dass der Betrag für die „Unterbringung, Verpflegung, Bekleidung und Umschulung“ der Juden nötig sei. In Hinsicht auf die Zahl der deportierten Juden belief sich die Gesamtsumme auf mehr als 28 Millionen RM. Letztendlich wurde allerdings „nur“ etwa 30 Prozent von dieser bezahlt. Lipscher 1992, S. 138 f. Außer Slowaken haben dem Reich für die Deportation der Juden nur noch Kroaten bezahlt und zwar 30 RM für jeden deportierten Juden. Nižňanský 2005a, S. 61. 69 Ebd., S. 37. 70 Ebd., S. 41–43. 71 Longerich 1998, S. 492.

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19 Transporte nach Auschwitz und 38 in den Lubliner Distrikt gingen. 72 Nur 284 dieser Juden überlebten. 73 Am 15. Mai 1942, als die Deportationen bereits im vollen Gange waren, wurde im slowakischen Landtag das Verfassungsgesetz Nr. 68/1942 über die „Aussiedlung“ der Juden verkündet, das die Deportationen für rechtskräftig erklärte, den Betroffenen die slowakische Staatsbürgerschaft aberkannte und ihren Besitz konfiszierte. Ausgenommen von der Deportation waren nach dem Gesetz solche Juden, die vor dem 14. März 1939 zum christlichen Glauben übergetreten oder vor dem 10. Dezember 1941 mit einem nichtjüdischen Partner die Ehe eingegangen waren. 74 Ähnlich mussten auch diejenigen Juden nicht deportiert werden, die eine Aufenthaltsgenehmigung des Staatspräsidenten oder eines Ministeriums erhielten, wobei sich diese Ausnahmeregelung auch auf die jeweilige Familie bezog.75 Im Oktober 1942, als ungefähr zwei Drittel der slowakischen Juden abtransportiert waren, wurden die Deportationen gestoppt. Die Gründe für diese Entscheidung sind bis heute nicht eindeutig zu ermitteln. Es wird über Druck gemutmaßt, der vom Ausland auf die slowakische Regierung ausgeübt wurde, über Proteste aus dem Vatikan oder über eine Bestechung des deutschen Beraters Wisliceny. Dennoch erscheint es am wahrscheinlichsten, dass die Deportationen deshalb eingestellt wurden, da es einfach in der Slowakei niemanden mehr gab, den man abtransportieren wollte. Die Regierung des slowakischen Staates beabsichtigte mit den Deportationen vor allem das Problem der verarmten Juden zu lösen. 76 Die Zahl der bis Oktober 1942 deportierten Juden entsprach nämlich ungefähr der Zahl jener Juden, die infolge der antijüdischen Verordnungen der slowakischen Regierung ihr ganzes Eigentum, ihre Arbeit und ihr Einkommen verloren hatten. Kamenec erklärt, dass die „aus dem wirtschaftlichen Leben ausgegrenzten und auf Unterstützung angewiesenen Juden auf einmal für das Regime zu einer unangenehmen sozialen Belastung wurden, 72 Lipscher 1992, S. 141. Im Lubliner Distrikt kamen die meisten Juden nach Treblinka (34 600) und nach Majdanek (4501). 73 ZSt Ludwigsburg an Tschechoslowakische Regierungskommission zur Verfolgung von nationalsozialistischen Kriegsverbrechern [weiter nur Tsch. Regierungskommission], Betr.: Endlösung der Judenfrage auf dem Gebiet der CSSR, Ludwigsburg 26. 9. 1967. ABS Praha, 325–15–2. 74 Brandmüller 2003, S. 36. 75 Anfang 1944 waren insgesamt 12 812 Personen im Besitz von Ausnahmepapieren (8049 hatten Ministeriumausnahme, 2803 waren getauft, 862 lebten in „Mischehen“, 828 hatten Präsidentenausnahme und 270 waren keine slowakischen Staatsbürger). Fatranová, Gila: Boj o prežitie [Der Kampf ums Überleben], Bratislava 2007, S. 414. 76 Hradská, Katarína: Nemecký poradca a riešenie židovskej otázky na Slovensku [Der deutsche Berater und die Lösung der Judenfrage in der Slowakei], in: Milotová, Jaroslava/ Lorencová, Eva (Hrsg.): Terezínské studie a dokumenty 2002 [Theresienstädter Studien und Dokumente 2002], Praha 2002, S. 283–298, hier S. 290 f.

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von der der Staat nicht wusste, wie sie zu lösen wäre. Gerade in dieser Situation und dieser Zeit kommt von deutscher Seite das Angebot einer massenhaften Aussiedlung der jüdischen Bevölkerung aus dem Gebiet der Slowakei in den ‚Osten‘.“ 77 Durch die Wahrnehmung dieses Angebots wurde die Slowakische Republik der einzige Staat in Mittel- und Südosteuropa, der schon im Jahre 1942 die Deportationen seiner jüdischen Einwohner mit eigenen administrativen und politischen Kräften durchführte. 78 Die Deportation des Großteils der jüdischen Bevölkerung stellte eine „schwere politische und vor allem moralische Hypothek“ für die slowakische Regierung dar, da sie die Zukunft der Slowakischen Republik unzertrennlich an das Schicksal des Dritten Reiches band.79 Mit den Misserfolgen und militärischen Niederlagen des Reiches im Verlauf des Krieges sowie mit der daraus resultierenden immer kleineren Hoffnung auf einen endgültigen Sieg wurden auch die Krise im slowakischen Staat und die Unzufriedenheit bei Teilen seiner Bevölkerung greifbarer. Mitte 1944 begann die deutsche Front auf allen Kriegsschauplätzen nach und nach zusammenzubrechen. Im Juni landeten die Alliierten in der Normandie, nachdem ein paar Tage zuvor Rom eingenommen worden war. An der Ostfront konnte die Rote Armee im Juli bis kurz vor Warschau und nach Ostpreußen vorstoßen. Am 1. August brach der Warschauer Aufstand aus; am 23. August wurde Paris befreit, am selben Tag die Regierung Ion Antonescu in Rumänien gestürzt. Bulgarien und Finnland begannen sich ebenfalls langsam von ihrem Verbündeten abzuwenden. Die Lage änderte sich nun auch in der Slowakei. Die Tätigkeit der Widerstandsgruppen und Partisanen nahm im Sommer 1944 in der Slowakei stark zu, und die Regierung schien nicht imstande, diese zu unterbinden. Präsident Tiso erklärte sich am 24. August im Gespräch mit dem Deutschen Gesandten in Bratislava, Hanns Elard Ludin 80, mit dem sich andeutenden Einmarsch deutscher Truppen einverstanden. 81 Großen Druck übte in dieser Zeit insbesondere Karl Hermann Frank, der Staatsminister in Böhmen und Mähren, aus, da er die Entwicklung in der Slowakei für das Protektorat für entscheidend hielt. In diesem Sinne wandte er sich am 27. August an Himmler: „Die Entwicklung der Lage in der Slowakei gibt zu ernstester 77 Kamenec, Ivan: Neúspešné pokusy o obnovenie deportácií slovenských židov [Erfolglose Versuche einer Erneuerung der Deportationen slowakischer Juden], in: Milotová, Jaroslava/Lorencová, Eva (Hrsg.): Terezínské studie a dokumenty 2002 [Theresienstädter Studien und Dokumente 2002], Praha 2002, S. 299–315, hier S. 300. 78 Ebd., S. 299. 79 Ebd., S. 301. 80 Hanns Elard Ludin (* 10. 6. 1905 Freiburg im Breisgau; † 9. 12.1947 hingerichtet in Bratislava), SA-Obergruppenführer, ab 1941 Deutscher Gesandter in der Slowakei. 81 Hrbek 2009, S. 251 ff. Hiernach auch die weitere Schilderung bis zum Ausbruch des Aufstands, falls nicht anders angegeben.

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Vorgeschichte

Besorgnis Anlaß. […] Die Entwicklung wird in Kürze stärkste Rückwirkungen auf das Protektorat Böhmen und Mähren haben. M. E. muß deshalb sofort gehandelt werden. Die einzig wirksame Gegenaktion besteht im sofortigen Einsatz deutscher Kampftruppen, die jetzt noch mit verhältnismäßig geringen Kräften in der Lage sein würden, Ruhe und Ordnung wieder herzustellen.“ 82 Ende August erreichte die Aktivität der Partisanen ihren Höhepunkt. Den letzten Anlass für das NS-Regime, eine offene militärische Intervention durchzuführen, bot die am 27. August in Turčiansky Svätý Martin durchgeführte Erschießung von Angehörigen einer deutschen Militärmission, die aus Rumänien auf dem Rückweg ins Reich war. Auch Ludin kam nun zu der Überzeugung, dass die Besetzung der Slowakei durch deutsche Truppen die einzige mögliche Lösung sei und teilte dies am 28. August dem Auswärtigen Amt mit: „Auf Grund der am 27. August und heute früh eingegangenen Meldungen über die Partisanenlage suchte ich heute 1 Uhr in Begleitung des Deutschen Generals Staatspräsidenten Dr. Tiso auf. Ich eröffnete ihm, dass die Partisanenentwicklung ein längeres Zuwarten unsererseits nicht mehr erlaube und die sofortige Verlegung deutscher Truppenteile in die Slowakei und ihr Einsatz gegen die Partisanen erforderlich sei. Des weiteren vorschlug [sic] ich ihm, unzuverlässige slowakische Truppenteile sofort zu demobilisieren. Dr. Tiso zustimmte [sic] meinen Vorschlägen im wesentlichen.“ 83 Einen Tag später, am 29. August 1944, begannen deutsche Einheiten mit der Besetzung der Slowakei, während gleichzeitig durch das slowakische illegale Militärzentrum der Aufstand gegen das Dritte Reich und das mit ihm kollaborierende Tiso-Regime ausgerufen wurde. In den folgenden Monaten sollten sich bis zu 50 000 Deutsche und ungefähr 60 000 Soldaten der aufständischen Armee sowie 18 000 Partisanen gegenüberstehen. 84 Für die Slowakei, die bis zu diesem Zeitpunkt „vom Kriegsgeschehen weitgehend verschont geblieben“ war, änderte sich mit dem Eintreffen deutscher Kampfverbände die Situation grundlegend, denn diese „installierten ein Besatzungsregime, beuteten das Land aus und terrorisierten die Bevölkerung“. 85 Die slowakische Staatsführung, namentlich die Regierung und der Staatspräsident, blieb dem Reich treu. Am 29. August forderte der slowakische Verteidigungsminister, General Ferdinand Čatloš, in einer Rundfunkrede Bevölkerung und Soldaten auf, die deutsche Armee freundlich zu empfangen, da diese als Verbündeter eiligst in einer schwierigen Situation den Slowaken zur Hilfe kom82

Frank an Himmler, Prag 27. 8. 1944. NA Praha, 114–11–7. Ludin an das AA, 28. 8.1944. Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik 1918–1945, Serie E 1941–1945, Bd. VIII 1. 5.1944 bis 8. 5.1945, Göttingen 1979, S. 369 (Dokument 185). 84 Halaj 1990, S. 5 und Kováč, Dušan: Dějiny Slovenska [Geschichte der Slowakei], Praha 1998, S. 239. 85 Tönsmeyer 1998, S. 167. 83

Entwicklung in der Slowakei bis zum Nationalaufstand 1944

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me. 86 Am nächsten Abend wandte sich der Staatspräsident an die slowakische Bevölkerung: „Ich erkläre, dass der Einmarsch der deutschen Einheiten in die Slowakei das einzige Ziel verfolgt: das Partisanengesindel in der Slowakei zu liquidieren. Die Deutschen kommen nicht, um die Slowakei zu besetzen, sondern um der Slowakei den Charakter eines friedlichen Volkes, dem slowakischen Staat das Ansehen eines geordneten Staates und den friedlichen slowakischen Menschen die Sicherheit des Lebens und des Vermögens zurückzugeben. Unsere Armee und jeder tapfere Slowake werden die deutschen Einheiten in dieser Absicht unterstützen, damit möglichst bald die Zeit wiederkommt, wenn jeder Slowake in einer friedlichen und geordneten slowakischen Heimat wieder aufatmen darf.“ 87 Nach Tiso ergriff General Augustín Malár das Wort und erklärte gegenüber den slowakischen Soldaten: „Kameraden! Ich spreche zu euch als euer älterer Kamerad und aufrichtiger Freund und als Freund unserer heissgeliebten Slowakei. Wenn ich euch aufrichtig raten kann, dann rufe ich zu euch: ‚Halt, kehrt euch und marschieret zu euren Regimenten zurück!‘“ 88 Da Malár in der slowakischen Armee eine gewisse Autorität und Popularität besaß, waren viele Soldaten durch seine Rede desorientiert, sodass sie sich dem Aufstand letztendlich nicht anschlossen. 89 In Berlin scheint man vom Aufstand und vor allem von dessen Ausmaßen durchaus überrascht worden zu sein. Der SD machte zwar seit 1943 in seinen Berichten auf eine „Verschlechterung der Situation, zunehmende Zerfallserscheinungen und ‚panslavistische‘ Tendenzen sowie steigende Aktivitäten tschechoslowakisch orientierter Kreise und Partisanengruppen“ aufmerksam, doch es sei ihm nicht gelungen, in die Tiefe dieser Vorgänge durchzudringen und den vorbereiteten bewaffneten Aufstand zu enthüllen. 90 Das Interesse des NS-Regimes, den ausgebrochenen Aufstand niederzuschlagen und wieder „Ruhe und Ordnung“ in der Slowakischen Republik herzustellen, war zweifellos sehr groß. Militärische, politische sowie wirtschaftliche Gründe standen dabei im Vordergrund. Darüber hinaus stellte aber der Aufstand für das NS-Regime auch einen günstigen Vorwand dar, die „Endlösung der Judenfrage“ unter eigener Regie zum Abschluss zu bringen. Insbesondere dieser speziellen Aufgabe hatte in der Slowakei eine neu aufgestellte Einheit nachzukommen: die Einsatzgruppe H der Sicherheitspolizei und des SD.

86 87 88 89 90

Rede Čatloš am 29. 8.1944. NA Praha, 2–11–4. Rede Tiso am 30. 8. 1944. NA Praha, 114–11–7. Rede Malár am 30. 8. 1944. Ebd. Hrbek 2009, S. 261. Schvarc 2006a, S. 88.

2. Tätigkeit der Einsatzgruppe H Die Einsatzgruppe H bzw. ihre ersten Kommandos wurden kurz nach dem Ausbruch des Aufstands und dem gleichzeitigen Beginn der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen aufgestellt und mit speziellen Aufgaben in die Slowakei geschickt. Am 31. August 1944 meldete der nach Brünn gekommene Chef des Amtes I im RSHA, Erich Ehrlinger, dass zwei Kommandos für den Einsatz marschbereit seien. 1 Das Eintreffen derselben bestätigte der zum Chef der Einsatzgruppe H ernannte Josef Witiska am nächsten Tag und erläuterte ihren Auftrag: „Die Einsatzkommanden 13 und 14 der Einsatzgruppe H sind heute im Laufe des Tages von Brünn in der Slowakei eingerückt. Kommando 13 hat Aufgabe über Tyrnau nach Neutra vorzustoßen, dort Lage klären und im WaagTal bis Sillein Stützpunkt zu errichten. Kommando 14 besetzt den mittelslowakischen Raum um Rosenberg, Turč. Sv. Martin, Neusohl, Kremnitz, Altsohl und Schemnitz.“ 2 Noch am selben Tag fand zur aktuellen Lage in der Slowakei und zu den zu ergreifenden Maßnahmen in Bratislava eine Besprechung statt, an der neben Ehrlinger und Witiska der Deutsche Befehlshaber in der Slowakei, Gottlob Berger, der Deutsche Gesandte in der Slowakei, Hanns Elard Ludin, der BdS Prag, Erwin Weinmann, der Befehlshaber der Waffen-SS im Protektorat Böhmen und Mähren, Graf von Pückler, der deutsche Berater der Hlinkagarde, Viktor Nageler, und der Leiter der Abteilung III im Stab der Einsatzgruppe H, Herbert Böhrsch teilnahmen. Hier wurden die ersten Schritte festgelegt, mit denen man von deutscher Seite auf die Situation in der Slowakei reagieren wollte. Die Einsatzgruppe H wurde dabei insbesondere im Zusammenhang mit der „Judenfrage“ erwähnt. Im Protokoll der Besprechung vom 1. September wurde ausgeführt: „Die Judenfrage muss radikal gelöst werden. Festnahme der Juden und Verbringung in ein Anhaltslager. Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei und des SD errichtet sofort behelfsmässige Lager. Zur Bewachung ist HG heranzuziehen. Aktion ist mit grösster Beschleunigung zum Anlaufen zu bringen.“ 3 1 Deutsche Gesandtschaft Pressburg, Der Polizeiattaché (gez. Ehrlinger) an Adjutantur des Chefs der Sipo u. d. SD m. d. Bitte um Vortrag beim Chef Berlin, 31. 8. 1944. BArch R 70/Slowakei, 84, Bl. 114. 2 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, Pressburg 1. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 11. 3 Besprechung bei Berger über die Lage und die zu ergreifenden Maßnahmen am 1. 9. 1944. Ebd., Bl. 5–9.

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Somit war die vorrangige Aufgabe der Einsatzgruppe H vom ersten Tag ihres Bestehens an klar: die im Sommer 1944 in der Slowakei nach der ersten Deportationswelle ungefähr 25 000 noch verbliebenen Juden 4 möglichst schnell festzunehmen und die „Endlösung der Judenfrage“ auf slowakischem Gebiet zum Abschluss zu bringen. Außer den sicherheitspolizeilichen Aufgaben hatte sie aber auch die kämpfenden deutschen Einheiten bei der Niederschlagung des Aufstands zu unterstützen und die eroberten Gebiete in jeder Hinsicht zu sichern. Dies bedeutete schwerwiegende Eingriffe in fast jeden Bereich des slowakischen Lebens (Politik, Verwaltung, Polizei, Wirtschaft, Kultur, Bildung etc.). Da hierbei der Schein der Souveränität der Slowakischen Republik nach außen hin aufrechterhalten bleiben sollte, wurde die Bereitschaft zur Zusammenarbeit seitens der slowakischen oder volksdeutschen Stellen außerordentlich begrüßt und gern genutzt. Dies allerdings selbstverständlich nur für den Fall, dass es den deutschen Plänen entsprach und man letztlich der entscheidende Faktor blieb. Eine weitere wichtige Aufgabe, mit der die Einsatzgruppe H beauftragt wurde, war die komplette Berichterstattung über das Geschehen im slowakischen Raum nach Berlin. Alle diese Tätigkeiten und Aspekte werden im folgenden Teil beschrieben. Im ersten Kapitel wird die innere Struktur der Einsatzgruppe H – der Chef mit seinem Stab sowie die einzelnen Kommandos – näher untersucht. Im folgenden Kapitel geht es um die Aufstandsbekämpfung; die Hauptakteure werden kurz vorgestellt, die militärische Niederlage der Aufständischen sowie die in diesem Zusammenhang erfolgten Verhaftungen geschildert. Als nächstes folgt ein Kapitel über die Judenverfolgung, in dem Festnahmen und die Deportationen aus dem Konzentrationslager Sered im Mittelpunkt stehen. Im vierten Kapitel wird eine Übersicht über die Exekutionen, die auf slowakischem Boden durchgeführt wurden, geboten und die größten Massenmorde eingehender analysiert. In der Folge werden unter besonderer Berücksichtigung der Berichterstattung und der Propaganda weitere Tätigkeitsgebiete der Einsatzgruppe H behandelt. In den Kapiteln sechs und sieben werden zuletzt die Einheimischen – Slowaken bzw. Volksdeutsche – genauer betrachtet, wobei vor allem ihre Zusammenarbeit mit der Einsatzgruppe H dargestellt wird.

2.1. Struktur der Einsatzgruppe H Die Einsatzgruppe H wies eine anderen Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD ähnelnde Struktur auf. Sie setzte sich aus Einsatz-, Sonder- und z.b. V.-Kommandos zusammen, die sich weiter in Teilkommandos bzw. Stützpunkte untergliederten. An der Spitze stand der Chef der Einsatzgruppe, der einen relativ großen Stab von Mitarbeitern zur Verfügung hatte.

4

Fatran 1996, S. 119.

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

2.1.1. Der Chef und sein Stab Zum Chef der Einsatzgruppe H wurde Josef Witiska ernannt, der in dieser Funktion bis zum Kriegsende bzw. bis zur Auflösung der Einheit in den letzten Kriegstagen verblieb. Er kam bereits am 1. September 1944 nach Bratislava und wurde ab diesem Zeitpunkt als Chef der Einsatzgruppe H geführt, auch wenn seine offizielle Ernennung durch den Chef der Sicherheitspolizei und des SD Ernst Kaltenbrunner erst zehn Tage später erfolgen sollte: „Aus dienstlichen Gründen entbinde ich Sie mit sofortiger Wirkung von Ihren Dienstgeschäften als Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Lemberg und beauftrage Sie mit der Führung der Einsatzgruppe H in der Slowakei.“ 5 Witiska unterstand direkt dem RSHA und hatte demzufolge nur von diesem Befehle entgegenzunehmen. Trotzdem gab es aber in der Slowakei mehrere Stellen, mit deren Leitern er zusammenarbeiten und verhandeln musste. Lässt man die slowakische Staatsführung einmal beiseite, waren es vor allem der Deutsche Gesandte in der Slowakei Ludin, der seit 1941 diesen Posten bekleidete, sowie Berger (später Hermann Höfle), der mit der neu geschaffenen Funktion des Deutschen Befehlshabers in der Slowakei betraut wurde. Die Mehrgleisigkeit nationalsozialistischer Politik, so wie sie auch an anderen Orten üblich war, machte sich ebenfalls in der Slowakei deutlich bemerkbar. Die Zusammenarbeit zwischen Witiska, Ludin und Berger bzw. Höfle verlief nicht immer konfliktfrei. Witiska nahm regelmäßig an den Lagebesprechungen beim Deutschen Befehlshaber teil. 6 Beide verlangten unter Berufung auf ihre Verdienste bei der Aufstandsbekämpfung „ein weitgehendes Mitspracherecht bei der Festlegung und Durchführung der deutschen Slowakeipolitik unter Ausschaltung der Gesandtschaft“. 7 Doch Ludin ließ sich nicht so leicht brüskieren und war auch weiterhin davon überzeugt, dass vornehmlich ihm die Wahrnehmung der politischen Aufgaben zustehe. Witiska übermittelte Ludins Einstellung in dieser Angelegenheit im November 1944 nach Berlin: „Ihm [Ludin – L. Š.] lege ausserordentlich viel daran, mit SS-Ogruf. Höfle und auch mit der Einsatzgruppe H bestens zusammenzuarbeiten. Es müsse natürlich anerkannt werden, dass er als der Repräsentant des Reiches selbstverständlich in politischen Fragen entscheidend bleiben müsse.“ 8 Die Einsatzgruppe H trat unter dieser Bezeichnung nur bis Mitte November 1944 in Erscheinung. Durch Erlass des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD wurde sie mit Wirkung vom 15. November 1944 in eine BdS-Dienststelle umgewandelt, wobei Witiska beauftragt wurde, die Geschäfte des Befehlshabers 5 Chef der Sipo und des SD, Berlin 10. 9.1944. BArch (ehem. BDC), SSO, Witiska, Josef, 5. 7.1894. 6 Eidesstattliche Erklärung Hans Gmelin, Nürnberg 15. 6. 1948. BArch B 162/1857. 7 Hoensch 1994, S. 238. 8 Witiska, Pressburg 21.11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 157, Bl. 72.

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wahrzunehmen. 9 Im Grunde handelte es sich aber nur um eine Umbenennung – anstatt „Einsatzgruppe H der Sicherheitspolizei und des SD“ lautete nun die offizielle Bezeichnung „Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in der Slowakei“. Auswirkungen, etwa auf die Struktur, das Personal oder die Tätigkeit der Einheit, hatte diese Änderung nicht. Dennoch wurden in dieser Zeit Witiskas Kompetenzen erweitert, da er seitens des Deutschen Befehlshabers mit der Wahrnehmung der Geschäfte eines politischen Referenten beauftragt wurde. Ludin meldete dem Auswärtigen Amt, dass sich Witiska durch diese Regelung ein politisches Tätigkeitsfeld in der Slowakei geschaffen habe und dass sich dadurch die Möglichkeit einer „Doppelgleisigkeit auf politischem Gebiet“ erneut verstärkt habe.10 Alle drei genannten Funktionen – Deutscher Gesandter (Ludin), Deutscher Befehlshaber (Berger, später Höfle) und Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (Witiska) – blieben dennoch nebeneinander bis zum Kriegsende bestehen. Witiska stand ein relativ großer Stab an Mitarbeitern zur Verfügung, der – wie er selbst – im Palisadenweg 42 in Bratislava seinen Sitz hatte. 11 Der Stab der Einsatzgruppe H umfasste mehr als 160 Mitarbeiter und gliederte sich in folgende Abteilungen: – I Personalangelegenheiten und Organisation – II Verwaltung und Organisation – III Sicherheitsdienst – IV Gestapo – V Kriminalpolizei – VI Auslandsnachrichtendienst Die Abteilungen I bis IV hatten zwischen 20 und 30 Mitarbeiter, bei den übrigen beiden nicht so wichtigen Abteilungen waren die Zahlen etwas niedriger. Darüber hinaus gehörten zum Stab ungefähr 45 Männer als Wache, 15 Fahrer, ein Arzt und weitere vier Mitarbeiter für Post, Küche und Gefängnis. 12 Wach9 Erlass des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD vom 28. 11. 1944, zitiert in WBB 13 der EG H vom 2. 12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 304. 10 Ludin an das AA, 17.11.1944. PA AA, R 27813, Handakten Ritter, Slowakei. 11 Die folgende zusammenfassende Schilderung des Stabs der EG H basiert auf einzelnen Angaben aus mehreren Quellen. Als wichtig erwiesen sich dabei vor allem interne Dokumente der EG H wie zum Beispiel verschiedene Geschäftsverteilungspläne (BArch R 70/Slowakei, 302) und manche Nachkriegsaussagen ehemaliger Mitarbeiter (z. B. Vernehmung Helmut Hoppe, 18. 2. 1953. ABS Praha, 135–1–4a.). 12 AM SNP Banská Bystrica, IX, S 69/2001 und S 31/2001; zitiert nach Schvarc, Michal: Pohotovostná skupina H Bezpečnostnej polície a Bezpečnostnej služby. Štruktúra a mechanizmus [Die Einsatzgruppe H der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes. Struktur und Mechanismus] (2010 als Manuskript der Verfasserin zur Verfügung gestellt).

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mannschaft und Fahrer rekrutierten sich zum großen Teil aus Volksdeutschen, die für die Waffen-SS gemustert worden waren. 13 Volksdeutsche, aber auch Slowaken arbeiteten in der Regel ebenfalls als zivile Mitarbeiter, als Dolmetscher oder Schreibkräfte, in den einzelnen Abteilungen. Die Mehrheit der Stabsangehörigen waren Reichsdeutsche oder Österreicher, die aus verschiedenen deutschen Dienststellen in ganz Europa nach Bratislava abkommandiert worden waren. Einzelne Abteilungen gliederten sich weiter in Referate. Die von Sturmbannführer Willi Gindel geleitete Abteilung I – Personalangelegenheiten und Organisation – hatte die folgenden acht Referate: – Ref. I: Inspektion (Aufsicht über alle Angestellten) – Ref. II: Organisation (Errichtung und Auflösung von Dienststellen) – Ref. III: Personalangelegenheiten (Einstellung, Überstellung, Beförderung und Entlassung von Angestellten) – Ref. IV: Haus (Aufsicht über Ordnung und Disziplin im Hause) – Ref. V: Wache (Verteilung der Wache) – Ref. VI: Fahrzeuge (Aufsicht über Chauffeure, Aufteilung der Fahrzeuge und ihr Stand, Beschaffung von Treibstoffen) – Ref. VII: Funk (Einrichtung und Aufsicht über Telefon, Telegraf, Verbindung zu anderen Kommandos bzw. nach Berlin) – Ref. VIII: Fernschreiben (Verbindung zu anderen Kommandos bzw. nach Berlin) Außer diesen Referaten gab es noch die Abteilung Ic, die Feindlageberichterstattung unter Obersturmführer Hans Koenen, später mit Hauptsturmführer Erich Völmle an der Spitze. Diese hatte alle zugänglichen Meldungen über die Situation im Aufstandsgebiet zu erfassen und auszuwerten und nahm deswegen häufig an den Besprechungen mit dem Deutschen Befehlshaber in der Slowakei teil. Die zweite Abteilung des Stabs der Einsatzgruppe H unter dem Hauptsturmführer Ludwig Beckers war für Verwaltung und Organisation verantwortlich und arbeitete in vier Referaten: – Ref. I: Finanzierung (Löhne, Krankenversicherung, Familienzuschüsse der Angestellten, Reisekosten sowie Kasse) – Ref. II: Hausverwaltung (Besorgung von Wohnungen, Aufsicht über die Gebäude, Umbau, Renovierung) – Ref. III: Inventar (Besorgung von Schreibmaschinen, Bürotischen, Papier) – Ref. IV: Versorgung und Verpflegung (Verpflegung für die Kantine) Die Abteilung III – Sicherheitsdienst – unter der Leitung von Hauptsturmführer Herbert Böhrsch gehörte zu den wichtigsten im Stab der Einsatzgruppe H. Ihre Aufgabe umfasste die Feststellung der allgemeinen Lage und Entwicklung 13

Vernehmung Helmut Hoppe, 18. 2. 1953. ABS Praha, 135–1–4a.

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in der Slowakei sowie die hieraus folgende Berichterstattung nach Berlin. 14 Um das RSHA eingehend und laufend unterrichten zu können, wurden regelmäßig umfangreiche Lageberichte aus der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Sphäre erstellt. Das entsprechende Material besorgte sich die Abteilung III durch ihre eigenen Kontakte; hauptsächlich wertete sie aber Berichte der einzelnen Kommandos der Einsatzgruppe H aus und leitete diese in zusammenfassender Form weiter nach Berlin. Themen, über die berichtet wurde, umfassten verschiedene Bereiche, wie deutlich am Aufgabenfeld der einzelnen Referate der Abteilung III zu sehen ist: – Ref. A: Verwaltung, Justiz, allgemeine und politische Angelegenheiten – Ref. B: Volkstum und Volksgruppenfragen – Ref. C: Propaganda, Wissenschaft, Hochschulen, Erziehung, Schule, Volkskultur, Kunst, Presse, Schrifttum, Rundfunk – Ref. D: Wirtschaftsangelegenheiten (Industrie, Landwirtschaft, Handel, Handwerk, Verkehr, Bank- und Finanzwirtschaft, Sozialfragen) – Ref. S: Kartei der Abt. III und Personalangelegenheiten ihrer Angestellten – Ref. G: Gesellschaftlicher Nachrichtendienst Ebenso wichtig wie der SD war auch die Abteilung IV – Gestapo. Mit der Einrichtung dieser Abteilung wurde der Hauptsturmführer Otto Koslowski beauftragt; später bekleidete diesen Posten der Hauptsturmführer Erich Frohwann, ab Januar 1945 dann der Sturmbannführer Hans Dörhage. Die Mitarbeiter kamen vor allem aus der Gestapo und der Kriminalpolizei und waren für die „Gegnerbekämpfung“ zuständig. Nach dem Geschäftsverteilungsplan vom 31. Oktober 1944 gliederte sich die Abteilung IV in sechs Referate mit folgenden Tätigkeitsfeldern: 15 – Ref. 1: a: Kommunismus und Marxismus b: Widerstandsbewegungen aller Richtungen – Ref. 2: a: Sabotage, Attentate, Waffen- und Sprengstoffangelegenheiten b: Fallschirmagenten und Funkangelegenheiten – Ref. 3: a: Spionage-Abwehr, Ausländischer Nachrichtendienst b: Industriesicherung, Abwehrbeauftragte, Werkschutz c: Grenz- und Passwesen d: Kriegsgefangene, Aufständische und Überläufer

14

Ausführlich zur Berichterstattung der EG H siehe Kap. 2.5.1. Geschäftsverteilungsplan der Abteilung IV bei der EG H, gültig ab 1.11. 1944, Pressburg 31. 10. 1944. BStU, MfS, HA XX, 4702, Bl. 53. 15

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– Ref. 4: a: Kirchen b: Juden – Ref. 5: Schutzdienst, slowakische Rechtsparteien, Volksgruppen, Angelegenheiten Reichsdeutscher, einschließlich Wehrmacht – Ref. 6: a: Tagebuch b: Kartei, Auswertung, staatspolizeiliche Überprüfungen c: Personal- und Sachaktenablage d: Schutzhaftangelegenheiten, Fahndungen Des Weiteren gehörte zur Abteilung IV noch ein spezielles Referat, das für den Nachrichtendienst verantwortlich war. Der Leiter, Hauptsturmführer Bernhard Pape, und seine Mitarbeiter hatten zur Tarnung einen vom Stab getrennten Sitz und versahen ihren Dienst ausschließlich in Zivil. 16 Die Aufgabe des Referats N bestand hauptsächlich in Anwerbung und Ausbildung von Agenten sowie in Bearbeitung und Weiterleitung der gewonnenen Informationen. Die Abteilung V – Kriminalpolizei – war im Rahmen der Tätigkeit der Einsatzgruppe H von keiner großen Bedeutung. Sie war der Abteilung IV unterstellt und hatte keinen eigenen Leiter. Auch die Abteilung VI – Auslandsnachrichtendienst – unter dem Hauptsturmführer Otto Heyer spielte offensichtlich keine wichtige Rolle.17 2.1.2. Die Kommandos Die Einsatzgruppe H bestand aus sechs Kommandos. Während die ersten beiden – die Einsatzkommandos 13 und 14 – bereits am 31. August 1944 aufgestellt worden waren, kamen die anderen erst im Laufe der folgenden Monate in die Slowakei, wobei als letztes das z.b.V.-Kommando 27 Ende Januar 1945 dem Chef der Einsatzgruppe unterstellt wurde. Die Kommandos wurden entweder ganz neu aus dem Personal verschiedener Dienststellen für den Einsatz in der Slowakei zusammengestellt oder aber als bereits bestehende Einheit von ihrem bisherigen Einsatzort verlegt. An der Spitze stand ein Kommandoführer, der einen eigenen Stab zur Verfügung hatte, der in seiner Struktur dem der Einsatzgruppe ähnelte; auch hier spielten die Abteilungen III (SD) und IV (Gestapo) die wichtigste Rolle. Die Führer der Kommandos entschieden in der Regel über die Errichtung von einzelnen Stützpunkten, indem sie Teilkommandos in bestimmte Orte abkommandierten. In manchen Fällen wurden noch Nebenstützpunkte gebildet. Angaben zur genauen Personalstärke der einzelnen Komman16

WBB 3 der EG H vom 23. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 304. Zu den Abteilungen V und VI im Stab der EG H ist nicht viel Material überliefert, sodass nur wenige Erkenntnisse über deren Arbeit gewonnen werden konnten. 17

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dos konnten nicht für jeden konkreten Fall ermittelt werden. Im Allgemeinen lässt sich aber sagen, dass ein Teilkommando aus ungefähr 15 bis 25 Mitgliedern bestand, während das eigentliche Kommando, das sich aus den einzelnen Teilkommandos zusammensetzte, etwa 70 bis 150 Angehörige hatte. Die Kommandoführer, ihre Stellvertreter und der jeweilige Sitz des Stabes lassen sich für alle Kommandos der Einsatzgruppe H feststellen. Was die einzelnen Stützpunkte und deren Führer betrifft, ist davon auszugehen, dass die Angaben nicht immer vollständig sind. Fortwährend wurden neue Stützpunkte errichtet und alte aufgelöst, je nachdem, was damals die momentane Situation verlangte. Erkenntnisse hierzu konnten den durch die Einsatzgruppe H selbst verfassten Dokumenten entnommen werden, allen voran den internen Wochenbefehlsblättern ihres Chefs.18 Die ermittelten Orte ergeben vor allem für die westliche und mittlere Slowakei ein enges Netz von Stützpunkten, die mitunter nur wenige Kilometer voneinander entfernt lagen, sodass von einem flächendeckenden Wirkungsbereich der Einsatzgruppe H gesprochen werden muss. Die westliche Slowakei mit der Hauptstadt Bratislava unterstand dem z.b.V.-Kommando 29. Das Sonderkommando 7a bezog zunächst Stellung in einigen Orten am südlichen Abschnitt der Grenze zum Protektorat in der deutschen „Schutzzone“, wurde aber bereits eine Woche später in die nördliche Slowakei verlegt. Nach Ablösung durch das aus der Ostslowakei verlegte z.b.V.Kommando 27 kehrte es in sein ursprüngliches Einsatzgebiet zurück. An diesen Bereich in nordöstlicher Richtung entlang der Waag schlossen die Stützpunkte des Einsatzkommandos 13 an, die in einem weiten Bogen bis in die Kleine Fatra reichten. Aufgeteilt auf viele Stützpunkte, aber dennoch massiert wurde das Einsatzkommando 14 in der zentralen Slowakei, dem eigentlichen Aufstandsgebiet, tätig. Mit der Niederschlagung des Aufstands verschob sich das Einsatzkommando 14 in die Region um Banská Bystrica, wobei einige seiner bisherigen Stützpunkte für beinahe vier Monate durch das erstmalig auf dem slowakischen Schauplatz auftretende z.b.V.-Kommando 15 übernommen wurden. Im Folgenden seien die Kommandos der Einsatzgruppe H – insbesondere ihre Führer und ihre Einsatzorte – einzeln dargestellt. Das Einsatzkommando 13 wurde am 31. August 1944 bei der Staatspolizeileitstelle in Brünn aufgestellt. Der vorgesehene Führer Hans Jaskulsky fiel zunächst wegen Krankheit aus; an seine Stelle trat der Hauptsturmführer Otto Koslowski. Dieser erinnerte sich später wie folgt an seine Ernennung: „Der Amtschef I des Reichssicherheitshauptamtes, SS-Oberführer Ehrlinger, der zur Inmarschsetzung der Einsatzgruppe nach Brünn gekommen war, bestimmte mich zur vertretungsweisen Führung des Einsatzkommandos 13. Nach der 18 WBB 1 bis 29 der EG H (9. 9.1944 bis 24. 3.1945). BArch R 70/Slowakei, 304 und 365 (das letzte WBB der EG H befindet sich in der Signatur 365, alle anderen in der Signatur 304).

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Gesundung von SS-Sturmbannführer Jaskulski sollte meine Ablösung erfolgen.“ 19 Nach der Schilderung von Koslowski wurde er mit dem Kommando von etwa 70 Mann, denen 30 PKWs und einige LKWs zur Verfügung standen, nach Bratislava in Marsch gesetzt, wo er sich in der Kanzlei des Polizeiattachés der Deutschen Gesandtschaft beim bereits dort anwesenden Ehrlinger meldete. Anschließend fuhr er nach Trenčín, wo er den Stab des Kommandos errichtete. Noch im September übergab Koslowski das Kommando an den Sturmbannführer Jaskulsky. Dieser wurde Anfang Dezember 1944 ins Reich zurückbeordert; für die Dauer seiner Abwesenheit übernahm vorübergehend der Hauptsturmführer Lothar Heimbach das Kommando. 20 Im Januar 1945 kam Jaskulsky in die Slowakei zurück und führte das Kommando bis zum Monatsende, als der Sturmbannführer Karl Schmitz mit der Führung betraut wurde. Die Funktion des stellvertretenden Kommandoführers übte Heimbach aus. Das Einsatzkommando 13 war relativ ortsfest, jedenfalls was den Sitz des Stabes betrifft. Dieser befand sich die ganze Zeit über in Trenčín. Stützpunkte wurden nach und nach in folgenden Orten gebildet und von den folgenden Teilkommandoführern geleitet: Nitra (Josef Juritsch), Žilina (Werner Schönemann), Piešt’any (Friedrich Bogendorfer), Turčiansky Svätý Martin (Hans Harms), Považská Bystrica (Joachim Figas), Dubnica nad Váhom (Hans Rimkus), Nové Mesto nad Váhom (Georg Tronnier, später Werner Schönemann), Kremnica (Werner Schönemann) und Bánovce nad Bebravou (Lothar Heimbach, später Helmuth Susemihl). Ende November 1944 errichtete das Teilkommando Žilina einen Nebenstützpunkt in Čadca. Des Weiteren ist bekannt, dass das Kommando Anfang Februar 1945 noch für die Orte Myjava, Púchov und Ilava zuständig war.21 Dem Kommando waren zudem Teile der Kompanien Winter und Streit sowie das Schutzmannschaftsbataillon 23 und das z.b.V.Kommando 34 zugeteilt. 22 Die Auflösung des Einsatzkommandos 13 erfolgte Anfang Mai 1945 in Brünn. Das wichtigste Kommando der Einsatzgruppe H war das Einsatzkomman19

Vernehmung Otto Koslowski, 29. 1. 1947. ABS Praha, 52–52–7. WBB 14 der EG H vom 9.12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 304. 21 WBB 22 der EG H vom 3. 2. 1945. Ebd. 22 In der Kompanie Winter diente „ein kompletter Jahrgang von jungen Kriminalassistenten-Anwärtern, die aus den baltischen Ländern stammten und die zur SD-Führerschule in Fürstenberg abkommandiert und dort von der Schulbank zum Einsatz in die Slowakei versetzt wurden,“ während im Schutzmannschaftsbataillon 23 von der deutschen Ordnungspolizei angeworbene slowakische Hilfspolizisten zusammengefasst waren. Kwiet 1998, S. 74 f. Die Kompanie Streit wurde aus Angehörigen baltischer Länder unter der Führung des Hauptsturmführers Paul Streit gebildet. NA Praha, GP, FGPt 1686/70. Das z.b.V.Kommando 34 wird im WBB der EG H vom Ende November erwähnt: „Die Feldpolizeigruppe 711 ist am 18.11.1944 im hiesigen Raume eingetroffen und führt künftig die Bezeichnung z.b.V.-Kommando 34. Das Kommando ist dem Einsatzkommando 13 unterstellt und in Horna-Suča stationiert.“ WBB 12 der EG H vom 25. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 304. 20

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do 14; es war das Kommando, das in der Slowakei die höchsten Opferzahlen zu verantworten hatte. Wie das Einsatzkommando 13 wurde es bereits am 31. August 1944 in Brünn aufgestellt und einen Tag später mit dem Auftrag in Marsch gesetzt, den mittelslowakischen Raum um Ružomberok, Turčiansky Svätý Martin, Banská Bystrica, Kremnica, Zvolen und Banská Štiavnica zu besetzen. 23 Die Führung des Kommandos übernahm der Hauptsturmführer Georg Heuser, Stellvertreter wurde der Obersturmführer Wilhelm Ramrath; beide verblieben in diesen Positionen bis zum Kriegsende. Das Kommando wurde der Kampfgruppe Schill zugeteilt, mit der es anfangs von Bratislava über Nitra vorstieß. Ein Teilkommando kam mit der Kampfgruppe Schäfer aus Nordungarn über die Donau in Richtung mittlere Slowakei. Ziel war die Eroberung von Banská Bystrica. 24 Diesen Raum, der unter der Kontrolle der Aufständischen stand, erreichte das Einsatzkommando 14 jedoch erst nach zwei Monaten, nachdem der Aufstand niedergeschlagen werden konnte. Bis dahin zeichnete es sich durch eine große Mobilität aus. Der Stab rückte bis Ende Oktober schrittweise Richtung Banská Bystrica vor (mit Sitz in Topol’čany, Bat’ovany, Nemecké Pravno und Prievidza). Stützpunkte wurden für eine längere oder kürzere Zeit in einzelnen Städten errichtet, wobei sich ihre Anzahl und Standorte verhältnismäßig oft änderten. Erst nach der Besetzung von Banská Bystrica und der Ansiedlung des Stabs an diesem Ort trat eine gewisse Stabilität ein. Das Kommando verschob sich in die Mittelslowakei, wobei einen Teil seines bisherigen Operationsgebietes das neu errichtete z.b.V.-Kommando 15 übernahm. Diese Phase dauerte an bis etwa Mitte Februar 1945, als im Zuge des deutschen Rückzugs ein neuer Wirkungskreis des Kommandos der Frontlage gemäß bestimmt werden musste. Der Stab wurde nach Kremnica bzw. später nach Prievidza verlegt; das z.b.V.-Kommando 15 wurde wieder aufgehoben und das Einsatzkommando 14 übernahm seine Stützpunkte. 25 Ostern 1945 wurde die Einheit – nach Aussage ihres ehemaligen Führers – nach Wiener Neustadt verlegt und dort endgültig aufgelöst. 26 Das Einsatzkommando 14 errichtete während seiner Tätigkeit auf slowakischem Gebiet zahlreiche Stützpunkte, Nebenstützpunkte und sogenannte bewegliche Stützpunkte. Alle verschoben sich häufig mitsamt dem Stab entsprechend der Gefechtsentwicklung. 27 So gab es Stützpunkte unter anderem in 23 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STLWien und Brünn, Pressburg 1. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 11. 24 Vernehmung Georg Heuser, Koblenz 19. 7.1974. BArch B 162/9323, Bl. 346–348. 25 Tsch. Regierungskommission, Denkschrift in der Strafsache gegen Angehörige des EK 14, Prag 10. 6. 1977. BArch B 162/18550, Bl. 54–119, hier Bl. 55–58. Nur der Stützpunkt des z.b.V.-Kommandos 15 in Sered mit dem dort angesiedelten Konzentrationslager ging nach seiner Auflösung in die Unterstellung des z.b.V.-Kommandos 29 über. 26 Vernehmung Georg Heuser, Koblenz 19. 7.1974. BArch B 162/9323, Bl. 346–348. 27 ZSt Ludwigsburg, Abschlußbericht – Verfahren gegen Heuser, 4.10.1977. BArch B 162/18585, Bl. 6461–6545, hier Bl. 6465.

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Banská Bystrica (Herbert Deffner, später Johann Wein), Zvolen (Johannes Hossbach), Banská Štiavnica (Hans Gross, später Hans Preyer), Kremnica (Fritz Ramthun), Topol’čany (Walter Gross), Nitra (Heinz Krüger), Handlová (Anton Kandzik), Kostol’any, Nováky, Prievidza, Oslany, Abramová, Rudno, Vyšehradné, Gajdel, Bat’ovany, Žarnovická Huta, Zlaté Moravce und in Svätý Kríž nad Hronom. 28 Einige Stützpunkte bildeten zudem eigene Nebenstützpunkte, so zum Beispiel in Krupina (Andreas Inhofer), Nová Baňa (Otto Mai), Brezno nad Hronom, Lovinobaňa, Bat’ovany, Hlohovec und Handlová. Bewegliche Stützpunkte des Einsatzkommandos 14 waren einerseits der Kampfgruppe Schill, andererseits der Kampfgruppe Schäfer zugeteilt. Darüber hinaus wurden dem Kommando noch weitere verschiedene Formationen zur Verfügung gestellt, wie die bereits erwähnte Kompanie Winter oder das Schutzmannschaftsbataillon 23. 29 Das dritte Kommando der Einsatzgruppe H, das in der Slowakei tätig wurde, war das Sonderkommando 7a. Es war bereits im Juni 1941 aufgestellt und mit der Einsatzgruppe B in die Sowjetunion abkommandiert worden. In die Slowakei kam es – nach Aussagen eines ehemaligen Angehörigen – wie folgt: „Von Augustow zog das SK 7a in die Gegend von Warschau, wo es etwa 4 Wochen Aufenthalt in einem kleinen Schloß hatte. Dort wurde es verladen und kam per Bahn nach der Slowakei.“ 30 Der Chef der Einsatzgruppe H berichtete Ende September 1944: „Am 26. 9. 1944 ist ein Sonderkommando 7a mit dem Sitz in Senica eingerichtet worden. Das Arbeitsgebiet gliedert sich auf in die Bezirke Malacky, Skalica, Senica, Myjava und Modra/Schutzzone ProtektoratsgrenzeWestslowakei.“ 31 Eine Woche später wurde das Kommando in die nördliche Slowakei verlegt und der Stab in Ružomberok eingerichtet. Ende Januar 1945 verschob sich der Stab nach Žilina und kurz darauf wieder zurück nach Senica. Bei Kriegsende gelangte das Kommando nach Brünn, wo es nach einigen Tagen etwa Mitte April 1945 aufgelöst wurde. Ein Teil seiner Angehörigen wurde noch zum Einsatz nach Prag in Marsch gesetzt, während der Rest zu den Heimatdienststellen entlassen wurde. 32 Das Sonderkommando 7a stand in der Slowakei unter der Führung des Sturmbannführers Gerhard Bast, der das Kommando noch während dessen 28

Bei einigen Orten konnte der Führer des Stützpunktes nicht ermittelt werden. Tsch. Regierungskommission, Denkschrift in der Strafsache gegen Angehörige des EK 14, Prag 10. 6. 1977. BArch B 162/18550, Bl. 54–119, hier Bl. 58–59. 30 Vernehmung Johann Hassler, Lindau 25. 5. 1962. Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 317 III, Bü 52, Bd. VIII. Das Dokument wurde der Verfasserin dankenswerterweise von Jana Šplíchalová (Jüdisches Museum Prag) zur Verfügung gestellt. 31 WBB 4 der EG H vom 30. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 304. 32 Vernehmung Johann Hassler, Lindau 25. 5. 1962. Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 317 III, Bü 52, Bd. VIII. 29

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Zugehörigkeit zur Einsatzgruppe B im Juni 1944 übernommen hatte. Seine Stellvertreter waren die Hauptsturmführer Werner Giesel und Robert Klatt. Das Kommando hatte folgende Stützpunkte auf slowakischem Boden: Trstená (Hans Bremer), Turčiansky Svätý Martin (Werner Petzold), Liptovský Svätý Mikuláš (Hermann Amann, später Hans Kussack), Námestovo (Erhard Kemnitz), Gajary (Wilhelm J. Tidow), Myjava, Stará Turá und Gbely. Nach Feststellungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft aus den 1980er Jahren habe das Sonderkommando 7a während seines Einsatzes in der Slowakei aus etwa 70 bis 80 Personen bestanden. Zeitweise sei ihm auch eine Kompanie volksdeutscher Waffen-SS-Angehöriger unter dem Befehl des Untersturmführers Claudius Billerbeck angegliedert worden. 33 Das nächste seit Anfang November 1944 in der Slowakei wirkende Kommando war das z.b.V.-Kommando 15. Ihm wurde ein Teil des bisherigen Operationsgebiets des Einsatzkommandos 14 zugeteilt, das nach der Niederschlagung des Aufstands seinen Sitz nach Westen in die Gegend um Banská Bystrica verlegt hatte. Das im westpreußischen Konitz aufgestellte und von seinem letzten Einsatzort in Slowenien in die Slowakei beorderte Kommando unter dem Sturmbannführer Werner Hersmann und seinen Stellvertretern Hauptsturmführer Heinz Amthor und Untersturmführer Egon Lüdemann hatte seinen Sitz in Nitra und Stützpunkte in folgenden Orten: Topol’čany (Ernst Plieth), Bat’ovany (Arnost Schenk), Bánovce nad Bebravou (Ludwig Hahn, später Alois Gerbrich, später Helmuth Susemihl), Prievidza (Helmut Dannel), Zlaté Moravce (Fritz Zietlow), Hlohovec (Helmuth Susemihl) und im Konzentrationslager Sered. Es war ihm die Kampfgruppe Theimer des Obersturmführers Otto Theimer zugeteilt. Nach dreieinhalb Monaten Tätigkeit wurde im Wochenbefehlsblatt des Chefs der Einsatzgruppe H vom 10. Februar 1945 die Auflösung des Kommandos angekündigt: „Auflösung des S.K. 15: Auf Anordnung des Reichssicherheitshauptamtes wird das S.K. 15 aufgelöst. Den gesamten Raum Nitra mit den dazu gehörenden Stützpunkten übernimmt sofort das E.K. 14.“ 34 Das z.b.V.-Kommando 15 war somit das Kommando, das am kürzesten auf slowakischem Gebiet tätig war und noch vor dem unmittelbaren Kriegsende aufgelöst wurde. Seine Angehörigen wurden zu anderen Dienststellen abkommandiert, der Großteil dann zum Anfang 1945 errichteten z.b.V.-Kommando 43 für den Einsatz im südöstlichen Mähren. 35 33 StA Frankfurt am Main, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Kemnitz und das SK 7a, 20. 7.1984. BArch B 162/9667, Bl. 1047–1062, hier Bl. 1049. 34 WBB 23 der EG H vom 10. 2. 1945. BArch R 70/Slowakei, 304. Die letzten Berichte des z.b.V.-Kommandos 15 stammen vom 13. 2.1945. BArch R 70/Slowakei, 178. 35 So wurde zum Beispiel der ehemalige Stellvertreter des Kommandoführers beim z. b.V.-Kommando 15, Egon Lüdemann, Teilkommandoführer beim z.b.V.-Kommando 43 in Mähren. Urteil Egon Lüdemann, MLS Uherské Hradiště, 28. 5. 1948. ABS Praha, 325–5–1. Siehe Kap. 4.1.2.

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

Im November 1944 nahm in der Slowakei noch ein weiteres Kommando seine Tätigkeit auf, das z.b.V.-Kommando 29. Seinen Sitz errichtete es in der slowakischen Hauptstadt, Stützpunkte in Trnava (Otto Doberschütz), Senica, später dann noch in Modra und im Konzentrationslager Sered. Das Personal stammte – nach Aussage eines ehemaligen Kommandoangehörigen – zum großen Teil von der aufgelösten KdS-Dienststelle Nancy: „Ungefähr im Oktober 1944 wurde die gesamte KdS-Dienststelle aus Nancy nach Wien verlegt, wo wir in einem Hotel untergebracht waren […]. Einige Wochen später wurden wir – es betraf, wenn es mal so gesagt werden soll, wieder die ganze Dienststelle – nach Pressburg umquartiert.“ 36 Weitere Mitarbeiter wurden aber auch vom Stab der Einsatzgruppe H, insbesondere von der Abteilung IV, übernommen. Bei seiner Ankunft in der Slowakei stand das Kommando unter der Führung des Sturmbannführers Franz Hoth. Nach zwei Wochen wurde dieser durch das Reichssicherheitshauptamt „vorübergehend für eine andere Verwendung in Anspruch genommen“, weshalb der Hauptsturmführer Robert Lehmann für die Dauer seiner Abwesenheit die Führung des Kommandos übernahm. 37 Mitte Dezember 1944 wurde Lehmann dann durch den Sturmbannführer Helmut Glaser abgelöst. Glaser und sein Stellvertreter, der Obersturmführer Heinz Pfanner, führten das Kommando bis zu seiner Auflösung in Brünn im April 1945. Das z.b.V.-Kommando 29 war das Kommando mit den wenigsten und zugleich mit den beständigsten Stützpunkten. Da es seinen Sitz in Bratislava hatte, wurden seine Angehörigen hauptsächlich in der slowakischen Hauptstadt mit verschiedenen Aufgaben beauftragt. Das letzte Kommando, das der Einsatzgruppe H unterstellt wurde, war das z.b.V.-Kommando 27. Dieses operierte seit September 1944 in der Ostslowakei und unterstand bis zum Januar 1945 dem BdS für das Generalgouvernement in Krakau. Aufgestellt wurde es wie die Einsatzkommandos 13 und 14 gleich nach dem Ausbruch des Aufstands. Am 31. August 1944 meldete Ehrlinger nach Berlin: „Da Lage Käsmark, Zipser-Neudorf bedenklich, habe ich BdS Krakau Zuführung eines vollen Einsatzkommandos zu 1. Panzerarmee befohlen, die in diesem Raum operiert.“ 38 Noch am selben Tag beorderte der BdS Krakau eine Gruppe unter dem Sturmbannführer Walter Liska nach Kežmarok und eine weitere Gruppe unter dem Hauptsturmführer Rudolf Voigtländer nach Prešov. 39 Ein ehemaliger Kommandoangehöriger schildert seine Ankunft in der Slowakei wie folgt: „In der Nacht z. 1. 9. 1944 kamen wir zur Slowakei. Unsere 36

Vernehmung Christian von Krogh, 17.7. 1973. BArch B 162/9323, Bl. 310 f. WBB 14 der EG H vom 9.12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 304. 38 Deutsche Gesandtschaft Pressburg, Der Polizeiattaché (gez. Ehrlinger) an Adjutantur des Chefs der Sipo u. d. SD m. d. Bitte um Vortrag beim Chef Berlin, 31. 8. 1944. BArch R 70/Slowakei, 84, Bl. 114. 39 StA Hamburg, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Rabe u. a., 27. 12.1970. BArch B 162/16192, Bl. 520–563, hier Bl. 525. 37

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Einheit gelangte über Zacopane nach Käsmark. […] Wir gingen zuerst in eine Kaserne, wo wir die Soldaten entwaffneten. Wir waren dieselbe Einheit unter Dr. Witiska. Dieser kam später zur Hauptstadt nach Pressburg und Nachfolger von Dr. Witiska wurde ein SS-Hauptsturmführer Liska. […] Wir bestanden aus etwa 50 Deutschen und etwa 20 sog. ‚Hiwis‘, die sich grösstenteils aus Russendeutschen zusammensetzten.“ 40 Am 25. September 1944 wurde der Kommandoführer Liska durch den Obersturmbannführer Ludwig Teichmann abgelöst, der auf diesem Posten bis Ende Oktober verblieb. Dann übernahm der Obersturmbannführer Karl Hermann Rabe die Führung des Kommandos: „Auf Anweisung des Reichssicherheitshauptamtes wurde ich […] zum BdS Krakau zur Übernahme eines neuen Kommandos beordert. […] In Krakau wurde mir die Führung des Einsatzkommandos z.b.V. 27 übertragen, dessen Stab in Presov stationiert war. Dort löste ich den SS-Obersturmbannführer Teichmann ab, der meiner Erinnerung nach im Zuge eines SS-gerichtlichen Verfahrens abberufen und nach Berlin beordert wurde.“ 41 Rabe führte mit seinem Stellvertreter, dem Hauptsturmführer Peter Kraus, das z.b.V.-Kommando 27 bis zum Kriegsende. In der Ostslowakei hatte das Kommando, das dort zunächst bis Mitte Oktober 1944 unter der Bezeichnung „Sicherheitspolizei, Einsatzkommando OstSlowakei“ auftrat, seinen Sitz in Kežmarok, später in Prešov. Stützpunkte errichtete es in folgenden Orten: Prešov (Rudolf Voigtländer), Michalovce (Gotthard Schubert), Kežmarok (Elmar Paufler, später Hermann Toelle, später Wolfgang Jagusch), Levoča und Bardejov (beide Hermann Altmann), Spišská Nová Ves (Hermann Altmann, später Heinz Tangermann), Stará L’ubovňa, Poprad und Gelnica. Da es in dieser Zeit dem BdS Krakau unterstellt war, gingen anfangs die Berichte des z.b.V.-Kommandos 27 nach Krakau und erst von dort aus nach Bratislava an den Chef der Einsatzgruppe H „mit der Bitte um Kenntnisnahme“. 42 Erst mit dem Rückzug der deutschen Truppen rückte das Kommando Richtung Westen: „Nachdem Presov am 20. 12. 1944 bombardiert worden war, wobei auch das Gefängnis des Kommandos zerstört wurde, erfolgte die Rückverlegung des z.b.V.-Kommandos 27. Der Stab wurde kurzfristig nach Tatra-Lomnitz in ein Hotel verbracht, in dem er anhand der Dokumente auch noch für den 28. 12. 1944 und den 2. 1. 1945 nachzuweisen ist. Im Januar 1945 wurde er dann über Käsmark nach Rosenberg zurückverlegt und der Einsatzgruppe H unterstellt. Er gelangte in der Folge am 1. 2. 1945 nach Sillein.“ 43 Im Wochenbefehlsblatt vom 27. Januar 1945 meldete der Chef der Einsatzgrup40

Vernehmung Walter Melchior, 26. 5. 1964. BArch B 162/16194, Bl. 763–776. Vernehmung Karl Hermann Rabe, 7. 12.1965. BArch B 162/16190, Bl. 3. 42 Berichte des z.b.V.-Kommandos 27. BArch R 70/Slowakei, 175. 43 StA Hamburg, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Rabe u. a., 27. 12.1970. BArch B 162/16192, Bl. 520–563, hier Bl. 540. 41

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pe H, dass ihm gemäß Weisung des Chefs der Sicherheitspolizei mit sofortiger Wirkung das z.b.V.-Kommando 27 unterstellt worden sei. 44 Dem Kommando wurde für den Wachdienst und für weitere Aktionen die Kompanie Ries zugeteilt. 45 Stützpunkte gab es in folgenden Orten: Považská Bystrica, Bytča, Čadca, Kysucké Nové Mesto, Turčiansky Svätý Martin, Ružomberok und in Proedlitz im Protektorat. Gegen Kriegsende zog sich das Kommando nach Mähren zurück und rückte immer weiter nach Westen, bis es endgültig aufgelöst wurde.

2.2. Aufstandsbekämpfung Der Anlass zur Aufstellung der Einsatzgruppe H war der Ausbruch des Slowakischen Nationalaufstands am 29. August 1944. Auch wenn die Einsatzgruppe H in erster Linie mit anderen Aufgaben beauftragt wurde, beteiligten sich ihre Angehörigen oft auch an direkten Kampfhandlungen und an mit der Aufstandsbekämpfung zusammenhängenden Maßnahmen. Im folgenden Kapitel wird zunächst ein Überblick über die Gegner geboten. Es wird gefragt, wer auf der Seite der Aufständischen und Partisanen und wer auf der deutschen Seite kämpfte bzw. was für Pläne und Ziele die jeweiligen militärischen Führungen hatten. Anschließend werden die wichtigsten Ereignisse und Ergebnisse der Kampfhandlungen erwähnt, wobei die offizielle Niederschlagung des Aufstands Ende Oktober 1944 sowie Aktionen, an denen die Einsatzgruppe H direkt beteiligt war, im Mittelpunkt stehen. Bei den letzteren handelt es sich insbesondere um verschiedene Festnahmen im Rahmen der Aufstandsbekämpfung, wie zum Beispiel die Gefangennahme der militärischen Führung der Aufständischen. 2.2.1. Aufständische und Partisanen Der Slowakische Nationalaufstand war in Europa eines der größten Ereignisse in der Geschichte des bewaffneten Widerstands gegen den Nationalsozialismus und gegen die mit ihm kollaborierenden Regime. 46 In den Reihen der Aufstandsarmee kämpften auf slowakischem Boden rund 60 000 Soldaten, denen nahezu 18 000 Partisanen zur Seite standen. 47 Angehörige 30 verschiedener Na44

WBB 21 der EG H vom 27.1. 1945. BArch R 70/Slowakei, 304. In der Kompanie Ries dienten Angehörige der Waffen-SS. Tsch. Regierungskommission an ZSt Ludwigsburg, Abgeschlossene Ermittlungen betr. z.b.V.-Kommando 27, 11.11.1975. BArch B 162/16194, Bl. 726–753. 46 Halaj, Dušan: SNP a európska rezistencia [Der Slowakische Nationalaufstand und der europäische Widerstand], in: SNP v pamäti národa, Materiály z vedeckej konferencie k 50. výročiu SNP, Donovaly 26.–28. apríla 1994 [Der Slowakische Nationalaufstand im Gedenken der Nation, Materialien der wissenschaftlichen Konferenz zum 50. Jahrestag des Slowakischen Nationalaufstands, Donovaly 26.–28. April 1994], Bratislava-Banská Bystrica 1994, S. 249–271, hier S. 266. 47 Kováč 1998, S. 239. 45

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tionen schlossen sich dem Aufstand an. 48 Die Aufständischen konnten ein Gebiet unter ihre Kontrolle bringen, das sich im Osten bis Levoča, Spišská Nová Ves, Dobšiná, im Westen bis Žilina und Bánovce nad Bebravou, einschließlich eines Teils des Bezirks Zlaté Moravce, und im Norden und Süden bis zu den Staatsgrenzen erstreckte. Es handelte sich dabei um 30 Bezirke auf einem Gebiet von 20 000 km2 mit ungefähr 1,7 Millionen Einwohnern. 49 Das Zentrum lag in Banská Bystrica. Den Kern des bewaffneten Aufstands bildeten Truppen, die seit dem 31. August 1944 offiziell als 1. tschecho-slowakische Armee in der Slowakei bezeichnet wurden. 50 Unmittelbar nach der Entstehung des slowakischen Staates im März 1939 hatten sich in seiner Armee kleine Gruppen gebildet, die sich mit der neuen Republik nicht identifizierten und dieser insbesondere nach dem Feldzug gegen die Sowjetunion Widerstand entgegenbrachten. Ende 1943 verschärfte sich die Oppositionsstimmung in der slowakischen Armee und führte anschließend zur Gründung des illegalen Militärzentrums unter der Führung des Oberstleutnants Ján Golian. 51 Das Militärzentrum begann zusammen mit dem illegalen Slowakischen Nationalrat (SNR), 52 dem sich zur selben Zeit aus bürgerlich-demokratischen sowie kommunistischen Kräften konstituierenden Zentralorgan des slowakischen Widerstands, einen bewaffneten Aufstand im slowakischen Raum vorzubereiten. Das Programm des SNR von Ende 1943, das sogenannte „Weihnachtsabkommen“, beinhaltete insbesondere folgende Punkte: Gemeinsam den Kampf gegen das Dritte Reich und das Tiso-Regime zu führen, zu gegebener Zeit die gesamte (politische, gesetzgebende, ausführende sowie militärische) Macht zu übernehmen und diese bis zu freien Wahlen auszuüben sowie im Einvernehmen mit der tschechoslowakischen Exilregierung in London sowie dem Widerstandszentrum in Moskau vorzugehen. 53 Nach dem Ausbruch des Aufstands übernahm der Slowakische Nationalrat tatsächlich die Macht im Aufstandsgebiet, verkündete die Wiederherstellung der 48

Halaj 1994, S. 262. Vodička, Karel: Die Zigeuner des Monsignore Tiso. Roma-Verfolgung im „Schutzstaat“ Slowakei 1939–1945, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 53/1 (2004), S. 46–82, hier S. 73 f. 50 Die 1. tschecho-slowakische Armee hatte anfangs ungefähr 18 000 Soldaten, nach der Mobilisierung am 5. September 1944 stieg deren Zahl auf 47 000 und später nochmals auf rund 60 000. Kováč 1998, S. 239. 51 Am 23. 3. 1944 wurde Golian von Edvard Beneš mit der kommissarischen Führung der militärischen Operationen in der Slowakei beauftragt. Hrbek 2009, S. 236. Anfang September 1944 wurde Golian zum Oberst bzw. Brigadegeneral befördert. 52 Den bürgerlich-demokratischen Widerstand vertraten im SNR zunächst Jozef Lettrich, Ján Ursíny und Matej Josko, die Kommunistische Partei der Slowakei wiederum Karol Šmidke, Gustáv Husák und Ladislav Novomeský. Später kamen noch der Sozialdemokrat Ivan Horváth und der Unternehmer Peter Zat’ko hinzu. Ebd., S. 235. 53 „Weihnachtsabkommen“ des SNR vom 1943. Prečan 1965, S. 125 f. (Dokument 32). 49

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Tschechoslowakischen Republik sowie den Sturz des Tiso-Regimes und begann weitere Punkte seines Programms umzusetzen. 54 Die 1. tschecho-slowakische Armee, deren Führung am 7. Oktober 1944 von Golian auf den Divisionsgeneral Rudolf Viest überging, war von Anfang an gezwungen, bei ihren Aktionen die Tätigkeit der Partisanen, die insbesondere ab Mitte 1944 aktiv geworden waren, zu berücksichtigen. Während Anfang 1944 in den mittel- und ostslowakischen Bergen einige Partisanengruppen operierten, die vornehmlich aus politisch oder rassisch Verfolgten, aus Deserteuren der slowakischen Armee oder geflohenen Kriegsgefangenen bestanden, wurden seit Ende Juli 1944 vom Hauptstab der Partisanenbewegung in Kiew gezielt Partisanen in der Slowakei eingesetzt. Bis Kriegsende sollen es 53 Gruppen mit insgesamt 1200 Personen gewesen sein. 55 Die Partisaneninstrukteure, die zumeist aus der Sowjetunion stammten, bildeten rasch ein breites Netz von Stützpunkten und knüpften Kontakte zu kommunistischen sowie nichtkommunistischen Sympathisanten. Ohne Rücksicht auf die Nationalität der Kommandanten waren alle Partisanengruppen, die auf slowakischem Boden operierten, ausschließlich sowjetischen Stäben, dem Hauptstab der Partisanenbewegung in Kiew oder dem Partisanenstab der 1. Ukrainischen Front in Lemberg unterstellt. Ihre Aufgabe bestand in der sofortigen Einleitung von aktiven Kampfhandlungen, die sich in erster Linie gegen deutsche Versorgungslinien zur Ostfront richteten (Zerstörung von Brücken, Blockieren von Bahnverbindungen, Überfälle auf Militärtransporte etc.). 56 In einigen Fällen gingen die Partisanen bei ihren Aktionen, insbesondere gegen die Angehörigen der deutschen Minderheit, sehr brutal vor. 57 Fest steht, dass sich die Zusammenarbeit zwischen den Partisanen und der militärischen Führung der Aufständischen von Beginn an sehr problematisch gestaltete: „Die Führer der Partisanengruppen waren nicht bereit, sich der Autorität der slowakischen Organe unterzuordnen, da dies im Widerspruch zu ihren Befehlen stand, nach denen sie die bestehenden Widerstandsorganisationen führen sollten. Darin kann man klar das Bemühen der sowjetischen Organe

54 Der Slowakische Nationalrat erließ in der Zeit vom 1. 9. bis zum 23. 10. 1944 insgesamt 40 Verordnungen. Šutaj, Štefan/Mosný, Peter/Olejník, Milan (Hrsg.): Prezidentské dekréty Edvarda Beneša v povojnovom Slovensku [Die Präsidentendekrete des Edvard Beneš in der Nachkriegsslowakei], Bratislava 2002, S. 24. 55 Slowakischer Nationalaufstand – 60. Jubiläum. URL: http://www.snp.sk/index_ger. php?id=historia [zuletzt geprüft am 18.11. 2011]. 56 Hrbek 2009, S. 249–250. 57 Letz, Róbert: Slovensko v rokoch 1945–1948 na ceste ku komunistickej totalite [Die Slowakei in den Jahren 1945–1948 auf dem Weg zur kommunistischen Totalität], Bratislava 1994, S. 73 f. Zu den durch die Partisanen an den Deutschen in der Slowakei begangenen Verbrechen siehe Kap. 2.7.3.

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erkennen, den Widerstand in der Slowakei zu beherrschen.“ 58 Der Zeitpunkt des Aufstands wurde im Militärzentrum im Hinblick auf den Vormarsch der Roten Armee geplant, sobald sich diese der slowakischen Grenze nähern sollte, hätten ihr zwei ostslowakische Divisionen den Vorstoß in die Slowakei zu ebnen. 59 Zur unmittelbaren Ausrufung des Aufstands sollte es auch im Falle einer Besetzung der Slowakei durch deutsche Truppen kommen. Letztendlich war der Ausbruch des Aufstands jedoch vielmehr die Folge von unkoordinierten Aktionen der Partisanen, die das Militärzentrum zum Handeln zwangen. Der Aufstand wurde verfrüht ausgelöst, was zweifellos einer der Gründe für sein Scheitern war. Wie bereits angedeutet, war der Slowakische Nationalaufstand nicht ausschließlich eine Sache der Slowaken, denn es schlossen sich ihm auch Angehörige anderer Nationen an; auf slowakischem Boden kämpften Tschechen, Russen, Ukrainer, Weißrussen, Franzosen, 60 Ungarn, Polen, Rumänen, Jugoslawen, Italiener, Griechen, Engländer, Amerikaner und andere Gegner des Nationalsozialismus. 61 Zu diesen gehörten auch einige Deutsche aus der Slowakei, hauptsächlich aus dem Hauerland: „Wenn die dort ansässigen Deutschen auch mehrheitlich an der Seite Hitlerdeutschlands standen, so gab es mit den deutsch besiedelten Orten Zeche, Fundstollen (jeweils ca. 1100 Einwohner) und Gaidel (ca. 2200 Einwohner) auch starke kommunistische Hochburgen, die sich aktiv am Slowakischen Nationalaufstand beteiligt hatten und in der Folgezeit eine ca. 100 Mann starke Partisanen-Abteilung bildeten, die den Namen Ernst Thälmanns trug.“ 62 Volksdeutsche an der Seite der Aufständischen wurden auch von der Einsatzgruppe H registriert. Im Tagesbericht vom 12. Oktober 1944 hieß es: „Erstes Auftreten einer 80 Mann starken Bande deutscher Nation in der Westslowakei.“ 63 Am Aufstand beteiligten sich des Weiteren auch zahlreiche Juden. In der 1. tschecho-slowakischen Armee kämpfte zum Beispiel eine Einheit, die aus ungefähr 250 Juden des Ende August 1944 aufgelösten Arbeitslagers in Nováky bestand. 64 Nach Lipscher schlossen sich insgesamt 1566 Juden,

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Hrbek 2009, S. 250. Kováč 1998, S. 234 f. 60 Bei den Partisanen kämpfte zum Beispiel das sogenannte „Bataillon Marschall Foch“, das aus 250 aus deutscher Kriegsgefangenschaft geflohenen Franzosen bestand. StA Koblenz, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Heuser und das EK 14, 29. 2. 1980. BArch B 162/18586, Bl. 6574–6691, hier Bl. 6583. 61 Kováč 1998, S. 239. 62 Klausch, Hans-Peter: Antifaschisten in SS-Uniform. Schicksal und Widerstand der deutschen politischen KZ-Häftlinge, Zuchthaus- und Wehrmachtstrafgefangenen in der SS-Sonderformation Dirlewanger, Bremen 1993, S. 458, Anm. 100. 63 EG H (Ic), Tagesbericht, Pressburg 12.10.1944. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 50. 64 Mlynárik, Ján: Dějiny Židů na Slovensku [Geschichte der Juden in der Slowakei], Praha 2005, S. 298 f. 59

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davon 169 Frauen, den Partisanen an. 65 Da es sowohl in der 1. tschecho-slowakischen Armee als auch bei den Partisanen antisemitische Erscheinungen gab, verheimlichten sie häufig ihre jüdische Identität. 66 2.2.2. Deutsche Truppen Der Ausbruch des slowakischen Aufstands ging einher mit der militärischen Besetzung des slowakischen Gebiets. Nach fünf Kriegsjahren marschierten im Spätsommer 1944 deutsche Truppen mit nach und nach beinahe 50 000 Mann in die Slowakei ein, und der „souveräne“ und „befreundete“ Staat wurde zum Kriegsschauplatz. 67 Das Land wurde in zwei selbständige Militärbereiche geteilt: während die Ostslowakei bereits am 14. August 1944 durch das Oberkommando der Wehrmacht zur Operationszone erklärt und der Heeresgruppe Nordukraine unterstellt worden war, übernahm Himmler und somit die SS die Verantwortung für die geplanten Operationen in der Mittel- und Westslowakei, da dort mit einer schnellen Aktion im Bereich der Partisanenbekämpfung gerechnet wurde. Auch wenn von einer Verbindung der Aufständischen mit der Roten Armee für das Deutsche Reich eine erhebliche Gefahr ausging, erlaubte Ende August 1944 das Kampfgeschehen in Frankreich, auf dem Balkan, in Nordfinnland sowie im Baltikum der Wehrmacht nicht, größere Kräfte zur Besetzung der Slowakei von den übrigen Fronten abzuziehen. 68 Deshalb sollte es ganze zwei Monate dauern und zum Teil schwere Kämpfe erfordern, bis es den deutschen Streitkräften gelang, den slowakischen Aufstand niederzuschlagen und seine Führer festzunehmen. Das vorrangige Ziel der deutschen militärischen Führung war von Anfang an, eine sowjetisch-slowakische Vereinigung zu verhindern, die zu einer Abschneidung der vier Heeresgruppen Nord- und Südukraine sowie E und F vom Reich und den Nachschubverbindungen hätte führen können. 69 Im Mittelpunkt stand für Berlin demzufolge die Verteidigung strategischer Gebiete in der Ostslowakei bzw. die Abwehr der russischen Offensive. So befahl die Heeresgruppe Nordukraine bereits Ende August der ihr unterstellten Armeegruppe Heinrici Vorbereitungen für den Einsatz in der Ostslowakei zu treffen. Es wurden die 357. Infanterie-Division unter Generalmajor Rintelen sowie ein Kampfverband unter der Führung des Oberst Mathias bereitgestellt. Diesem wurde am 3. September noch die Kampfgruppe Schäfer von der 18. SS-PanzerGrenadier-Division „Horst Wessel“ unterstellt. Mit dem Einsatz der Sicherungsbataillone des Korück 531 standen so Ende August 1944 im Operations65 66 67 68 69

Lipscher 1992, S. 211. Fatran 1996, S. 119. Halaj 1990, S. 5. Schönherr 2001, S. 46. Ebd., S. 60. Hiernach auch die folgenden Ausführungen betreffend die Ostslowakei.

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gebiet Ostslowakei „drei Kampfverbände der Wehrmacht in Stärke von jeweils einem verstärkten Infanterie-Regiment bereit, um im Bedarfsfall slowakische Truppen zu entwaffnen sowie die deutsche Hegemonie sicherzustellen“.70 Später kam noch die 154. Reserve-Division hinzu. Eine völlig andere Situation herrschte in der Mittel- und Westslowakei. Gerade diese ist hier von besonderem Interesse, da es sich um den eigentlichen Einsatzraum der Einsatzgruppe H handelte. Den Oberbefehl über die im slowakischen Staatsgebiet westlich der rückwärtigen Operationszone der Heeresgruppe Nordukraine eingesetzten deutschen Verbände übte der „Deutsche Befehlshaber in der Slowakei“ aus. Mit dieser Funktion wurde am 31. August 1944 der SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Gottlob Berger 71 betraut. Nach drei Tagen vermittelte er dem Reichsführer-SS erste Eindrücke von seinem Einsatzort: „Was wir hier jetzt führen ist ein politischer Krieg, ein Revolutionskrieg. Er wird nach anderen Grundsätzen, nach anderen Weisungen durchgeführt, als ein offizieller, oder wie die Herren sagen, fairer Kampf. Es ist darum falsch, wenn man diese Dinge nach militärischen Gesichtspunkten ansieht und dementsprechend Befehle gibt. Ein Revolutionskrieg braucht andere Weisungen. Der Chef des Stabes ist allenfalls Sachberater. Er ist wirklich nicht in der Lage zu führen. Dass es unberufen bis jetzt gut gegangen ist, ist weniger mein Verdienst, als die Feigheit und Kriegsmüdigkeit meiner Kontrahenten. Durch die Berufung, ich bitte das nicht als Eitelkeit aufzufassen, konnte ich die schlimmsten Fehler verhindern und vor allen Dingen die politische Form des Eingreifens festlegen. […] Ich hoffe, dass in 4 Tagen die Angelegenheit beendet ist. Jedenfalls, und das darf ich Reichsführer-SS besonders versichern, danke ich für das mir durch diesen Auftrag gegebene Vertrauen.“ 72 Es ist offensichtlich, dass Berger die Situation weitgehend unterschätzte. Er glaubte, in Unkenntnis der tatsächlichen Lage, dass die Aktionen gegen die deutschen Streitkräfte ausschließlich von Partisanengruppen durchgeführt würden. 73 Berger standen anfangs knapp 9000 Mann zur Verfügung, zusammengefasst zumeist in für diesen Einsatz neu aufgestellten Kampfgruppen. Als erste Einheiten kamen am 29. August die Kampfgruppen Ohlen und Junck, die etwa 3900 Mann hatten und am 5. September zur 178. Division Tatra zusammengelegt wurden. 74 Seit 1. September kämpfte in der Slowakei die über 2000 Mann 70

Ebd., S. 48. Gottlob Berger (* 16. 7. 1896 Gerstetten; † 25.1.1975 Stuttgart), SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS, Chef des SS-Hauptamtes, 31. August bis 20. September 1944 Deutscher Befehlshaber in der Slowakei. Nach Kriegsende im Nürnberger „Wilhelmstraßen-Prozess“ zu 25 Jahren Haft verurteilt, 1951 vorzeitig entlassen. 72 Berger an Himmler, 2. 9. 1944. BArch NS 19/1847, Bl. 26–28. 73 Schönherr 2001, S. 50. 74 Am 21.12. 1944 wurde die Division Tatra in Kampfgruppe Tatra umbenannt, da ihre Stärke nicht der einer Division entsprach. NA Praha, 110–5–47. 71

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starke Kampfgruppe Schill, die in der ersten Hälfte des Augusts 1944 im Protektorat im Auftrag von Karl Hermann Frank aus verschiedenen Einheiten der Waffen-SS und des Heeres, vornehmlich aus Unterführer- und Führerlehrgängen der verschiedenen Truppenschulen, zur Partisanenbekämpfung aufgestellt worden war.75 In den ersten Septembertagen operierten zudem auf slowakischem Boden die Kampfgruppe des Majors Otto Volkmann sowie die Kampfgruppen des Obersturmbannführers Karl Wildner und des Hauptsturmführers Friedrich Wittenmeyer aus der 14. Waffen-Grenadier-Division der SS.76 Bergers Einschätzung, die Situation in vier Tagen unter Kontrolle bekommen zu können, erwies sich als vollkommen unrealistisch. Infolge ausgebliebener eindeutiger Erfolge wurde er am 20. September 1944 durch den SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Hermann Höfle 77 ersetzt.78 Höfle hatte neben der Funktion des Deutschen Befehlshabers in der Slowakei auch die eines HSSPF inne, was allerdings nie öffentlich gemacht wurde, da diese Funktion bis zu diesem Zeitpunkt nur in einem integralen Territorium des Dritten Reiches oder in einem Gebiet mit Okkupationsstatut ausgeübt wurde. 79 Ende September übernahm Höfle zudem die Aufgaben des Deutschen Generals in der Slowakei. Er kündigte am 29. September in seinem Tagesbefehl an: „Als Deutscher Befehlshaber in der Slowakei habe ich am 28. 9. 1944 den Befehl über alle in der Slowakei eingesetzten Truppen des Heeres und der Waffen-SS übernommen.“ 80 Höfle standen nach und nach weitere Einheiten zur Verfügung. Diese arbeiteten eng mit der Einsatzgruppe H zusammen und gingen sowohl gegen die Partisanen als auch gegen die Zivilbevölkerung vor. Am 15. Oktober 1944 meldete der Chef der Einsatzgruppe H die Ankunft einer solchen Gruppe: „Zur Verstärkung ist das Regiment Dirlewanger in Stärke von 4000 Mann mit 2 Batterien in der Slowakei eingetroffen.“ 81 Diese Frontbewährungseinheit der SS, 75 StA Koblenz, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Heuser und das EK 14, 29. 2.1980. BArch B 162/18586, Bl. 6574–6691, hier Bl. 6587. 76 BArch N 756 Nachlass Wolfgang Vopersal, 170b. 77 Hermann Höfle (* 12. 9. 1898 Augsburg; † 3. 12. 1947 hingerichtet in Bratislava), SSObergruppenführer und General der Waffen-SS, ab September 1943 HSSPF Mitte, ab 20. September 1944 Deutscher Befehlshaber in der Slowakei. 78 Höfle erhielt am 18. 9. 1944 folgendes Fernschreiben von Himmler: „Lieber Hoefle. – sie wollen sich dienstag, 19. 9. bei mir in der feld – kommandostelle – einfinden einfachstes gepaeck fuer mehrere wochen mitnehmen. sie uebernehmen kommando als hoeh – ss – u. polizeifuehrer und bevollmaechtigter deutscher general in der slowakei zur befreiung dieses landes.“ Himmler an Höfle, 18. 9. 1944. BArch (ehem. BDC), SSO, Höfle, Hermann, 12. 9.1898. 79 Prečan 1968, S. 379 f. 80 Deutscher Befehlshaber in der Slowakei, Tagesbefehl, Pressburg 29. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 365. 81 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 15. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 55.

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die sich vorwiegend aus Häftlingen aus Konzentrationslagern sowie aus vorbestraften SS-, Polizei- und Wehrmachtsangehörigen rekrutierte, war seit 1940 zur Bekämpfung von Partisanen im Generalgouvernement, in Weißrussland und bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstands eingesetzt worden. Die bis zum Kriegsende zur Division angewachsene Einheit wurde vom SSOberführer Oskar Dirlewanger geführt und war wegen ihrer Grausamkeiten, Plünderungen und Ausschreitungen berüchtigt. 82 In der Slowakei wurden bis zu 6500 Mann eingesetzt; mehr als 50 Prozent waren vorbestrafte Angehörige der Wehrmacht, ungefähr 30 Prozent politische und kriminelle Häftlinge aus Konzentrationslagern und zehn bis 15 Prozent bestrafte Angehörige von Waffen-SS und Polizei. 83 Bei ihrem Einsatz in der Slowakei bestätigte die Brigade Dirlewanger restlos den ihr vorauseilenden Ruf. Eine weitere Einheit, die in der Slowakei mit dem Auftrag der Partisanenbekämpfung eingesetzt wurde, war die Abwehrgruppe 218 („Edelweiß“) unter dem Kommando von Erwein Thun-Hohenstein. Sie unterstand der Frontleitstelle II Süd-Ost, die seit der Übernahme der Abwehr durch die SS im Frühjahr 1944 dem RSHA unterstellt war und später in „SS-Jagdverband Süd-Ost“ umbenannt wurde. Die Abwehrgruppe 218 gehörte zum SS-Jagdeinsatz Slowakei, war organisatorisch aber dem Stab des Deutschen Befehlshabers in der Slowakei zugeteilt. Sie bestand aus einer slowakischen (220 Mann), 84 deutschen (25 Mann), kaukasischen (40 bis 50 Mann) und einer Kosaken-Truppe (45 Mann). 85 Ihre Angehörigen beteiligten sich an Plünderungen und der Niederbrennung slowakischer Ortschaften, nahmen zahlreiche Partisanen sowie Zivilpersonen fest, übergaben diese an die Dienststellen der Einsatzgruppe H oder erschossen sie an Ort und Stelle. Außer „Edelweiß“ gehörte zum SS-Jagdeinsatz Slowakei 82 Benz, Wolfgang/Graml, Hermann/Weiß, Hermann (Hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus, Stuttgart 1998, S. 440. Zur Einheit Dirlewanger gibt es umfangreiche Sekundärliteratur; vgl. zum Beispiel MacLean, French: The cruel hunters. SS-Sonderkommando Dirlewanger – Hitler’s most notorious anti-partisan unit, Atglen 1998; Klausch 1993; Auerbach, Hellmuth: Konzentrationslagerhäftlinge im Fronteinsatz, in: Benz, Wolfgang u. a. (Hrsg.): Miscellanea. Festschrift für Helmut Krausnick zum 75. Geburtstag, Stuttgart 1980, S. 63–83 und Auerbach, Hellmuth: Die Einheit Dirlewanger, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 10 (1962), S. 250–263. 83 Auerbach 1962, S. 258. 84 Kommandeur der slowakischen Einheit der Gruppe „Edelweiß“ war Ladislav Nižňanský, der nach dem Krieg wegen seiner Tätigkeit bei „Edelweiß“ zunächst 1946 durch das Bezirksvolksgericht Bratislava freigesprochen, 1948 durch das Volksgericht Bratislava in Abwesenheit zu fünf Jahren Haft sowie 1962 in Abwesenheit durch das Kreisgericht Banská Bystrica zum Tode verurteilt wurde. ŠA Bratislava, LS Bratislava, Ls 463/48 (Nižňanský). 2005 wurde er in einem Prozess in der Bundesrepublik durch das Landgericht München I mangels Beweisen freigesprochen. Nižňanský verstarb am 23. Dezember 2011 in München. 85 Vernehmung Erwein Thun-Hohenstein, 4. 12. 1945. ABS Praha, 325–54–2.

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auch die SS-Jagdgruppe 232 Slowakei („Jozef“). Ihrem Führer, dem SS-Obersturmführer Walter Pawlowski, standen vier Einheiten zur Verfügung, bei denen sich der Großteil aus einheimischen Volksdeutschen sowie aus den Reihen von Hlinkagarde und Hlinkajugend rekrutierte. Auch sie wurden zur Partisanenbekämpfung eingesetzt und beteiligten sich nicht selten im Rahmen ihrer Aktionen an zahlreichen Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung. 86 Die Slowakei blieb bis Kriegsende besetzt. Der Großteil der deutschen Truppen verließ zwar nach der Niederschlagung des Aufstands Ende Oktober 1944 das Land wieder, manche operierten dort jedoch bis in die letzten Tage. Auch Höfle verblieb bis April 1945 in Bratislava. Er spielte weiterhin eine äußerst wichtige Rolle, indem er die Tätigkeit anderer deutscher Dienststellen sowie des slowakischen Staatsapparates überwachte. Der Chef der Einsatzgruppe H vermerkte Anfang November 1944: „Der Deutsche Befehlshaber ist nicht nur der militärische Befehlshaber, der mit den Mitteln der Wehrmacht, der WaffenSS und der Polizei Ordnung schafft, sondern der auch den politischen Aufstand mit politischen Mitteln zu bekämpfen hat. Daraus ergibt sich, dass sein Auftrag kein einseitig militärischer, sondern ein Gesamtauftrag, somit politischer, ist.“ 87 Neben den militärischen und politischen Aufgaben, die er durch seinen militärischen Stab bzw. in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Gesandten in der Slowakei wahrnahm, pflegte er enge Kontakte zur Einsatzgruppe H und beeinflusste dadurch zudem die sicherheitspolizeiliche Situation im Lande. 88 Auch wenn Witiska in erster Linie direkt dem RSHA unterstand, gab es bestimmte Bereiche, in denen er auf Höfle angewiesen war. Škorvánek beschreibt wie folgt das Verhältnis zwischen Höfle und Witiska: „Der HSSPF war Vorgesetzter in Sachen des Strafrechts, er konnte Strafverfolgungen veranlassen, bestimmte das Schiedsgericht und bestätigte das Urteil. Er konnte allgemein gültige Verordnungen für bestimmte Gebiete erlassen, Inspektionen in den Ämtern des BdS durchführen, initiativ auf Mängel in der Arbeit des SD und der Sicherheitspolizei aufmerksam machen sowie Auszeichnungen verleihen. In Ausnahmefällen, auf Befehl von Himmler, war der HSSPF befugt, direkt dem BdS Befehle zu erteilen und das RSHA davon nur zu informieren. Die Zusammenarbeit des HSSPF mit dem BdS hing von der konkreten Situation sowie meistens auch von ihren gegenseitigen Kontakten ab. Höfle reihte gleich nach seiner Ankunft in der Slowakei den Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD Witiska in seinen Stab als kommissarischen 86

ABS Praha, 325–69–1. Witiska, Pressburg 2. 11.1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 11. 88 Urteil Hanns Elard Ludin und Hermann Höfle, NS Bratislava, 3. 12.1947. SNA Bratislava, NS, A 935. In seiner Vernehmung vom 1. 8. 1946 behauptete Höfle, dass seine Aufgabe eine rein militärische gewesen war, dass ihm die EG H in keiner Hinsicht unterstellt war und er somit keinen Einfluss auf ihre Tätigkeit hatte, was allerdings als Verteidigungsstrategie zu interpretieren ist. ABS Praha, 302–386–7. 87

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Leiter und später als politischen Referenten ein. Auf dieser Grundlage konnte sich eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den zwei entscheidenden NSOrganen in der Slowakei entwickeln.“ 89 2.2.3. Niederschlagung des Aufstands Der Slowakische Nationalaufstand wurde Ende Oktober 1944, zwei Monate nach seinem Ausbruch, niedergeschlagen. Der anfängliche Optimismus und die Überzeugung des Deutschen Befehlshabers in der Slowakei, dass es sich um eine schnelle Aktion im Rahmen der Partisanenbekämpfung handeln werde, erwiesen sich jedoch keineswegs als richtig. Zwar konnte Berger in den ersten Septembertagen etliche Erfolge erzielen, doch in der Folge wurde die Situation immer schwieriger. Am 1. September 1944 fand bei ihm eine Besprechung statt, bei der die ersten Erkenntnisse über die Lage wie folgt geschildert wurden: „Waagtal zwischen Sillein und Tyrnau im wesentlichen in unserer Hand, Zentrum der Aufstandsbewegung die Niedere Tatra mit Banska Bystrica. Slowakische Armee unzuverlässig, unbedingt Sofortmassnahmen notwendig, jedoch Bedacht nehmen, dass keine Möglichkeit besteht, zu Banden überzugehen. Bei Mentalität des slowakischen Volkes zu erwarten, dass ein Grossteil von Bandenangehörigen nach Hause zurückkehrt, sobald deutsche Gegenmassnahmen offensichtlich und den Banden ihre Führungskräfte genommen.“ 90 Einen Tag später berichtete Berger dem Reichsführer-SS begeistert vom Eintreffen deutscher Einheiten in der slowakischen Hauptstadt: „Unsere Jungen rücken in Pressburg ein – Reichsführer, das ist einfach unvorstellbar. Da sind so 2.000 oder 3.000 so Kerle, genau wie mein Wolf, Führer und Unterführer selbstbewusst, stolz, ruhig, durch nichts zu erschüttern, selbstverständlich Blumenmeer von den Volksdeutschen, bei Panzer oder Sturmgeschütz einen Zentner Blumen – Reichsführer, nicht so viel, das nehmen diese Jungen so freudig in Empfang, haben aber den scharfen Blick des Adlers und sind durchaus bereit, eine halbe Sekunde später sauber zu schiessen.“ 91 Die kampflose Entwaffnung der slowakischen Garnisonen in den ersten Septembertagen war einer der entscheidenden Schritte für den erfolgreichen Ablauf der deutschen Operationen. 92 Nach und nach kam es zur Besetzung einzelner Städte und Ortschaften. Am 3. September wurde gemeldet, die Orte Škorvánek 1988, S. 58. Besprechung bei Berger über die Lage und die zu ergreifenden Maßnahmen am 1. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 5–9. 91 Berger an Himmler, 2. 9. 1944. BArch NS 19/1847, Bl. 26–28. 92 Nur die Garnison in Nitra wurde nicht entwaffnet: „Garnison Neutra wurde nicht entwaffnet, hat sich zur Verfügung gestellt. Kommandant hat durch Ortsrundfunk Befehl an die Bevölkerung zur Mitarbeit mit der deutschen Truppe durchgegeben.“ EG H an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, Pressburg 3. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 21. 89 90

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Trnava, Hlohovec und Nitra seien „feindfrei“. 93 Zwei Tage später berichtete Witiska, dass auch Vrútky genommen worden sei, 94 während die Kampfgruppe Schill am selben Tag Topol’čany befreit habe. 95 Nach solchen Rückschlägen in den ersten Tagen konnten die Aufständischen aber neuen Schwung fassen. Die 1. tschecho-slowakische Armee erreichte nach der durch den Slowakischen Nationalrat am 5. September beschlossenen Mobilisierung eine beachtliche Stärke von 47 000 Mann. 96 An manchen Orten entbrannten schwere Kämpfe, mit denen Berger nicht gerechnet zu haben scheint. Die Bilanz der deutschen „Säuberungsaktion“ fiel nach den ersten zehn Tagen trotz anfänglicher Erfolge recht mager aus. Die Verantwortung hierfür trug in erster Linie der Deutsche Befehlshaber, der die Dimension des slowakischen Aufstands völlig falsch eingeschätzt hatte. 97 Auch in den nächsten Tagen kann – infolge erfolgreicher Abwehrkämpfe der Aufständischen – nicht von eindeutigen Fortschritten der deutschen Truppen gesprochen werden. Berger musste, wie bereits erwähnt, am 20. September seinen Posten räumen. Das Vorgehen des neuen Deutschen Befehlshabers unterschied sich von dem seines Vorgängers vor allem darin, dass er eine genaue Operationsplanung unter Heranziehung und Koordinierung aller deutschen Kräfte entwarf. In diesen Tagen rückte die Entwicklung in der Slowakei auch in das Blickfeld Hitlers, der mit Berger und Ludin die Lage im Führerhauptquartier eingehend besprach, wovon eine Meldung der Einsatzgruppe H an das RSHA zeugt: „Der Führer sieht die Gesamtentwicklung im slowakischen Raum als sehr ernst an. Das Bandendreieck St. Martin – Banska Bystrica – Rosenberg (inzwischen gefallen) sei eine ganz besondere strategische Vorbereitung der Sowjets zum Vorstoss gegen den Herzraum des Reiches. Es müsse daher in voller Brutalität zur Freikämpfung des bandenverseuchten Gebietes vorgegangen werden. […] Zur Lösung der Judenfrage erklärte der Führer ebenfalls die Notwendigkeit radikalen Durchgreifens. Man solle sich durch keinerlei Interventionen seitens der slowakischen Regierung beirren lassen. […] Über die Unterrichtung durch den Deutschen Befehlshaber in Pressburg (das Material wird von der Einsatzgruppe geliefert) äusserte der Führer seine Zufriedenheit.“ 98 Der Mangel an regulären Kräften führte dazu, dass zu den Kampfhandlungen häufig auch Teilkommandos der Einsatzgruppe H herangezogen wurden. In den Berichten des Chefs der Einsatzgruppe finden sich dazu mehrere Hin93

Ebd. Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 5. 9.1944. Ebd., Bl. 26. 95 EG H, Lagebericht, Pressburg 6. 9.1944. Ebd., Bl. 27. 96 Hrbek 2009, S. 270 f. 97 Schönherr 2001, S. 51. 98 EG H (III) an RSHA, Betr.: Slowakei – Führeraufträge, 21. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 198, Bl. 96 f. 94

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weise. So meldete er etwa am 17. September, dass seine Kommandos in Ilava eingesetzt würden, weil die Wehrmacht dort keine verfügbaren Kräfte habe. 99 Einen Tag später kündigte er an, dass auch in Nemecké Pravno ein Kommando im direkten Kampf eingesetzt werde. 100 Am 24. September meldete er, dass die Kampfgruppe Schill am Vortag Handlová eingenommen habe und dass daran das Einsatzkommando 14 wesentlichen Anteil gehabt habe.101 Auf das Mitwirken des Einsatzkommandos 13 verwies Witiska in einem Lagebericht von Ende September: „Am 29. 9. 1944 führte EK. 13 gemeinsam mit 2 Kompanien Wehrmacht Unternehmen gegen Banden […] durch. […] Beim Gegner entstandene Verluste sind ausschliesslich durch EK. 13 entstanden.“ 102 Am 7. Oktober wurde berichtet, dass sich die Einsatzkommandos 13 und 14 maßgeblich an der Besetzung von Kremnica, das von der Division Tatra genommen wurde, beteiligt hätten. 103 Diese Zeugnisse von einer Beteiligung der Einsatzgruppe H an offenen Kampfhandlungen sollen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass bereits zu dieser Zeit ihre Tätigkeit auch andere Schwerpunkte umfasste. Zu diesen gehörte vorrangig die „Säuberung der neueroberten Gebiete“, wie im Tagesbericht vom 9. Oktober festgehalten wurde. 104 In der zweiten Oktoberhälfte kam es unter der Führung von Höfle zu einer deutlichen Verbesserung der Lage. Es standen ihm wesentlich mehr Mann zur Verfügung, sodass dem letzten Vorstoß auf das Aufstandszentrum in Banská Bystrica mehr Nachdruck verliehen werden konnte.105 Am 25. Oktober wurde durch die 18. SS-Panzer-Grenadier-Division „Horst Wessel“ Brezno nad Hronom eingenommen. Einen Tag später meldete Witiska: „Heute früh sind unsere Verbände zum konzentrischen Angriff auf Banska-Bystrica und Zvolen angetreten. Zvolen wurde genommen, Verbände im zügigen Vormarsch gegen gesetzte Ziele. Verbände des Gegners zum Teile in Auflösung. Mit schneller Ausräumung des ganzen Gebietes ist zu rechnen.“ 106 Der Stab der Aufständischen zog sich nach Donovaly zurück, von wo aus General Viest den Befehl zur Räumung von Banská Bystrica gab. Die Stadt wurde kampflos am 27. Oktober be-

99 Chef der EG H, Lagebericht 11, Pressburg 17. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 130. 100 Chef der EG H, Lagebericht 12, Pressburg 18. 9. 1944. Ebd., Bl. 135. 101 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 24. 9.1944. Ebd., Bl. 212. 102 Chef der EG H, Lagebericht 24, Pressburg 30. 9. 1944. Ebd., Bl. 281 f. 103 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 7.10.1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 88. 104 EG H (Ic), Tagesbericht, Pressburg 9. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 44. 105 Hrbek 2009, S. 305 ff. Hier auch die folgende Schilderung der letzten Tage des Aufstands, falls nicht anders angegeben. 106 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 26. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 293.

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setzt. 107 Am Folgetag erteilte Viest den unter seinem Kommando stehenden Einheiten den Befehl, den Kampf nunmehr als Partisanen weiterzuführen. Auf der deutschen Seite konnte Witiska weitere Erfolge vermelden, die den letztendlichen Ausgang des Aufstands vorwegnahmen: „Bis auf kleine Widerstandsnester in der Mittelslowakei Aufstand zusammengebrochen. Der Gegner trachtet mit den Resten seiner Kampfgruppen in die Niedere Tatra zu gelangen. Alles übrige in wilder Auflösung. Soldaten legen Uniformen ab und legen Zivil an, um dadurch untertauchen zu können. […] Die Einsatzkommanden, die massgeblich an den Kämpfen und an Erfolgen beteiligt sind, fahnden nach den Verantwortlichen des Aufstandes.“ 108 Der Deutsche Befehlshaber in der Slowakei wandte sich am 29. Oktober mit folgenden Worten an die ihm unterstellten Truppen: „Kameraden der WaffenSS und des Heeres! In harten mehrwöchigen Kämpfen haben die Division Tatra, die Kampfgruppe Schill, die 18. SS-Panzergrenadier-Division (Horst Wessel), die SS-Sturmbrigade Dirlewanger und die Teile der 14. Waffen-GrenadierDivision (galizische Nr. 1) in schneidigem Angriff die tschechoslowakisch-sowjetische Gegenregierung mit ihren Verbänden zerschlagen. Diese Regierung ist, wie nicht anders zu erwarten war, feige geflüchtet. Jetzt gilt es, in rücksichtsloser Verfolgung die Reste des flüchtenden geschlagenen Feindes zu vernichten. Ich spreche Führung und Truppe für die unsere Gesamtlage entscheidend beeinflussenden Erfolge meinen aufrichtigsten Dank und meine vollste Anerkennung aus.“ 109 Eine offizielle Danksagung hinsichtlich der Aufstandsniederschlagung erfolgte ebenfalls seitens der slowakischen Staatsführung. Am 30. Oktober fand in Banská Bystrica ein Staatsakt statt, an dem neben Höfle und Witiska auf deutscher Seite für den slowakischen Staat der Staatspräsident, der Ministerpräsident, der Verteidigungsminister, der Propagandachef, der Stabschef der Hlinkagarde sowie der Führer der deutschen Volksgruppe teilnahmen. Nachdem Staatspräsident Tiso einen Dankesgottesdienst gelesen hatte, hielt Höfle eine kurze Ansprache an die versammelten Einheiten der Kampfgruppen, in der er ihre Leistungen hervorhob und ihnen seinen Dank aussprach. Darauf wandte sich Tiso an die deutschen Truppen: „Deutsche Freunde! Ich begrüße euch auf heimischem slowakischen Boden. Ich grüße euch und danke euch in meinem eigenen Namen und im Namen des slowakischen Volkes für euren Kampf, für eure Treue, für eure großen Opfer, die ihr bei unserer Verteidigung 107 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 27. 10. 1944. Ebd., Bl. 307–308. 108 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 28. 10. 1944. Ebd., Bl. 316. 109 Der Tagesbefehl wurde auch im Wochenbefehlsblatt der EG H veröffentlicht, mit folgendem Zusatz von Witiska: „Ich spreche allen Angehörigen der Einsatzkommandos ebenfalls meinen Dank aus.“ WBB 9 der EG H vom 3. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 304.

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erbracht habt. […] Ehre unserem Beschützer Adolf Hitler, Ruhm seinem Heere, all seinen Mitarbeitern, der Waffen-SS, Ruhm dem hier anwesenden Herrn General und den anderen Divisionsführern, die uns zu Hilfe geeilt sind und die, wie ihr gehört habt, zu uns kamen, um uns erneut einen selbständigen slowakischen Staat zu schaffen.“ 110 Im Anschluss hielt er eine Rede in slowakischer Sprache vor der versammelten Bevölkerung und zeichnete danach zusammen mit dem Deutschen Befehlshaber Männer aus, die sich im Kampf besonders verdient gemacht hatten. Auf sein Schreiben an Hitler erhielt er von diesem am 3. November folgende Antwort: „Euerer Exzellenz danke ich für Ihr Telegramm vom 27. Oktober d. J., in dem Sie Ihrer Freude über die erfolgreichen Kämpfe deutscher und slowakischer Truppen gegen die in das slowakische Staatsgebiet vorgedrungenen tschechischen und bolschewistischen Banden zum Ausdruck bringen. Je grösser die Gefahr scheint, umso entschlossener und unerbittlicher wird unser Widerstand gegen die gemeinsamen Feinde sein. Trotz vorübergehender Rückschläge, die wir erlitten haben, zweifle ich keinen Augenblick daran, dass der Sieg schliesslich auf die Seite des Rechts und damit auf die unsrige fallen wird.“ 111 Nach der Besetzung von Banská Bystrica und dem Rückzug der Aufständischen in die Berge war der organisierte Aufstand faktisch niedergeschlagen. Der Kampf – nunmehr als Partisanenkrieg geführt – dauerte jedoch auch in den nächsten Tagen an. Am 4. November meldete Witiska, dass sich der Rest der führenden Männer der Aufstandsbewegung endgültig im Ďumbier-Massiv festgesetzt habe. Da es gelungen sei, den Schlupfwinkel auszumachen, werde sofort ein Bataillon der Kampfgruppe Schill mit einem seiner Einsatzkommandos die Festnahme durchführen.112 Einen Tag später konnte der Chef der Einsatzgruppe H berichten, dass die meisten Gruppen „in restloser Verfolgung, trotz härtestem Feindwiderstand und Schlechtwetterlage zerschlagen und aufgerieben [wurden] und nahezu ihr gesamtes Material als Beute eingebracht [werden konnte]. Diese Restkräfte setzten sich durchweg aus Tschechen, Russen, Juden und sonstigen landesfremden Legionären zusammen. Sie leisteten überall stärkesten Widerstand im Gegensatz zu slow. Militär, das das Sinnlose des Kampfes sehr rechtzeitig einsah und in grossen Massen in Gefangenschaft ging. In diesen Kämpfen wurden Tschechen, Russen, Juden und sonstige Ausländer ausnahmslos niedergemacht.“ 113 Die deutschen Truppen verblieben auch nach der Niederschlagung des Auf-

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ABS Praha, 301–93–4. Hitler an Tiso, 3. 11. 1944. SNA Bratislava, NS, A 894. 112 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 4. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 24. 113 Witiska an RSHA, STL Brünn, BdS Krakau, Grego Zlin, Pressburg 5. 11.1944. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 81 f. 111

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stands vorerst auf slowakischem Boden. Die Kampfgruppe Schill zum Beispiel operierte im Nordosten von Banská Bystrica an den südlichen Abhängen der Niederen Tatra gegen sich zurückziehende verstreute Partisaneneinheiten.114 Auch die SS-Sturmbrigade Dirlewanger verweilte zunächst weiterhin in der Slowakei und beteiligte sich an der „Partisanenbekämpfung“.115 Ab November 1944 begannen die Deutschen dann aber nach und nach die regulären Einheiten aus der Slowakei abzuziehen. Die militärische Bedeutung des slowakischen Aufstands blieb im Endeffekt gering. Nur für die Entwaffnung der zwei slowakischen Divisionen in der Ostslowakei zog die Wehrmacht Verbände von anderen Fronten ab. Ansonsten wurden für die Aufstandsbekämpfung vielmehr Reserve- und Ersatzeinheiten (Kampfgruppe Schill, 178. Division Tatra) eingesetzt, gegebenenfalls solche Einheiten, die sich gerade in Aufstellung (18. SSPanzer-Grenadier-Division „Horst Wessel“) oder in der Wiederaufstellung nach einem Fronteinsatz (14. Waffen-Grenadier-Division der SS) befanden. Daraus ist zu folgern, dass die Bedeutung des Slowakischen Nationalaufstands vielmehr auf einer politischen und moralischen Ebene lag: „Der Aufstand demonstrierte vor der ganzen Welt, dass sich die Mehrheit des slowakischen Volkes mit dem Tiso-Regime und seiner Bündnispolitik mit dem nationalsozialistischen Deutschland [im Sommer 1944! – L. Š.] nicht identifizierte.“ 116 2.2.4. Festnahmen im Rahmen der Aufstandsbekämpfung Mit der Ankunft der deutschen Truppen in der Slowakei begann sich im sechsten Kriegsjahr auch dort der Terror durchzusetzen und sollte sich noch erheblich in den kommenden Herbstmonaten steigern, insbesondere nach der militärischen Niederschlagung des Aufstands. Mit der Wahrnehmung sicherheitspolizeilicher Aufgaben wurde unmittelbar nach dem Ausbruch des Aufstands die Einsatzgruppe H beauftragt. Unterstützung erwartete man aber auch von den slowakischen Stellen, wie der Chef der Einsatzgruppe ankündigte: „Exekutivmassnahmen sind in erster Linie Aufgaben der slowakischen Exekutive. Ausser im engeren Bandengebiet sind deshalb alle Festnahmen, Sicherstellungen u. dgl. durch die slowakische Polizei zu veranlassen. Wir werden dort exekutiv tätig, wo die slowakische Polizei versagt oder wo besondere deutsche Interessen ein rasches Zugreifen erfordern.“ 117 Nach ein paar Tagen zeigte sich, dass es viele besondere deutsche Interessen gab bzw. dass es oft zum Versagen der slowakischen Polizei kam, denn die Einsatzgruppe wurde immer häufiger 114 ZSt Ludwigsburg, Abschlußbericht – Verfahren gegen Heuser, 4.10.1977. BArch B 162/18585, Bl. 6461–6545, hier Bl. 6467 f. 115 Ab Dezember 1944 wurde die Brigade an die ungarische Front verlegt. StA Koblenz, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Heuser und das EK 14, 29. 2. 1980. BArch B 162/ 18586, Bl. 6574–6691, hier Bl. 6593. 116 Hrbek 2009, S. 309 f. 117 WBB 2 der EG H vom 16. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 304.

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tätig, gewann auf diesem Feld bald die Oberhand und behielt diese bis zum Kriegsende. Die Einsatzgruppe H wurde so eindeutig zur entscheidenden Instanz im sicherheitspolizeilichen Bereich, auch wenn sie sich oft bei ihrer Tätigkeit der Hilfe von anderen Organen und Dienststellen bediente. In einem Bericht von Anfang Oktober 1944 wird ihre Zusammenarbeit mit der Wehrmacht sowie mit den einheimischen Stellen, die zumeist für die Erstellung von Listen Aufständischer zuständig waren, bei den Festnahmen genau dokumentiert: „Nach der Besetzung der Orte südlich von Sillein durch die Wehrmacht erfolgte im Rahmen vorbildlicher Zusammenarbeit die Durchkämmung durch das SD-Kommando. Die vorher zustandegebrachten Listen von Personen, die auf Seiten der Aufständischen gekämpft oder diese unterstützt haben, konnten erfolgreich verwandt werden. Insgesamt wurden ca. 13 000 Männer sicherheitspolizeilich überprüft. 83 Personen wurden festgenommen, die nachweislich auf Seiten der Banditen gekämpft haben.“ 118 Die Angehörigen der Einsatzgruppe H waren nicht nur für „ihre eigenen Gefangenen“ zuständig, sondern auch für die, die von anderen deutschen Einheiten gebracht wurden. Witiska gab im Wochenbefehlsblatt vom 20. Oktober 1944 bekannt, dass der Deutsche Befehlshaber den folgenden von ihm als Entwurf vorgelegten Befehl unterschrieben und allen Wehrmachtsdienststellen zugeleitet habe: „Sämtliche festgenommenen Aufständischen und Banditen sowie verdächtigen Personen sind den Truppen der Einsatzkommanden der Sicherheitspolizei und des SD mit den angefallenen Beweisstücken zur Einvernahme zu übergeben. In einer schriftlichen Meldung sind die Gründe der Festnahme festzulegen. […] Haussuchungen, Festnahmeaktionen, das Ausgeben von Geiseln und die Durchführung von sonstigen polizeilichen Massnahmen sind im Benehmen mit den zuständigen Einsatzkommanden der Sicherheitspolizei und des SD durchzuführen. Im Falle einer augenblicklichen Gefahr für die Sicherheit der Truppe oder in Fällen, die ein sofortiges Eingreifen erfordern, sowie wenn ein Eingreifen der Einsatzkommanden aus räumlichen oder zeitlichen Gründen nicht möglich ist, kann die Truppe solche Massnahmen selbst durchführen. Die Durchführung und ihr Ergebnis ist nachträglich dem zuständigen Einsatzkommando der Sicherheitspolizei und des SD zu melden. Festgenommene sind ihm zu übergeben.“ 119 Für die Festnahmen gab es unterschiedliche Gründe. Bei manchen Personen, wie etwa Juden oder Roma, war nicht mal ein „Vergehen“ nötig, denn diese wurden als Personengruppe a priori als Feinde des Reiches gebrandmarkt, was als Grund für ihre Gefangennahme völlig reichte. Weitere Anlässe für eine Inhaftierung hingen hauptsächlich mit einer Aktivität während des Aufstandes 118 119

EG H (Ic), Tagesbericht, Pressburg 4.10.1944. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 41. WBB 7 der EG H vom 20. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 304.

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zusammen. In vielen Fällen musste gar keine Tat vorliegen; es genügte, wenn man im dringenden Verdacht einer deutschfeindlichen Tätigkeit stand. In einem zusammenfassenden Bericht der Einsatzgruppe H vom 9. Dezember 1944 wurde gemeldet, dass bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt 18 937 Personen festgenommen worden seien. Im Jargon der Einsatzgruppe waren unter ihnen 9653 Juden, 3409 Banden, 2186 Überläufer, 714 Widerständler, 172 Zigeuner und 546 Sonstige. Die restlichen 2257 Festgenommenen waren sofort an Ort und Stelle erschossen worden.120 Wie aus den Berichten der einzelnen Kommandos der Einsatzgruppe H zu sehen ist, beteiligten sie sich alle an den Festnahmen; am aktivsten waren in dieser Hinsicht jedoch eindeutig die Einsatzkommandos 13 und 14. Zu einer Aufstandstätigkeit gehörte neben einer direkten Beteiligung an den Aktionen auch jegliche entdeckte Form von Unterstützung der Aufständischen, wie zum Beispiel Überbringung von Lebensmitteln, Kleidung oder Medikamenten. Auch dies galt als Grund für eine Verhaftung, wie aus dem folgenden Bericht des Chefs des z.b.V.-Kommandos 27 zu sehen ist: „5 Personen, die unterwegs zu den Partisanen mit Lebensmitteln waren, wurden festgenommen.“ 121 Ähnlich erging es solchen Personen, die bei deutschfeindlichen oder defätistischen Äußerungen ertappt wurden: „Am 6. 2. 45 wurden 3 slowakische Staatsangehörige wegen defaitistischer Äußerungen festgenommen.“ 122 Zur Gefangennahme konnten aber auch folgende Gründe führen: „Am 3. 3. 45 erfolgten 4 Festnahmen. In einem Falle handelt es sich um homosexuelle Betätigung eines Slowaken, der sich vermutl. auch an dt. Wehrmachtsangeh. vergangen hat, in den anderen Fällen waren Waffenschmuggel, Verbreitung kommunistischer Flugschriften und Waffendiebstahl an dt. Wh-Angeh. die Gründe zur Festnahme.“ 123 Eine besondere Gruppe von Häftlingen stellten des Weiteren die vom Aufstand zurückkehrenden Männer dar, denen Staatspräsident Tiso in seiner Rede vom 30. August 1944 im Falle ihrer Rückkehr eine Amnestie garantiert hatte. 124 Trotzdem kam es mitunter dazu, dass gerade diese von den Deutschen festgenommen wurden, wie die Einsatzgruppe H Ende September nach Berlin meldete: „Nach einem Bericht der Hlinka-Partei in Čadca wurden am 20. 9. 44 120

EG H (IV L), Pressburg 9. 12.1944. ABS Praha, 302–64–11. Z.b.V.-Kdo. 27 (Rabe), 6. 2.1945. BArch R 70/Slowakei, 179, Bl. 9. 122 EK 13 (Schmitz), 7. 2. 1945. BArch R 70/Slowakei, 176, Bl. 19. 123 EK 13 (Schmitz), 4. 3. 1945. Ebd., Bl. 56. 124 Die Amnestie wurde zweimal verlängert: „Die Amnestie für die Rückkehrer aus den Bandengebieten wurde stillschweigend bis 10. Oktober 1944 verlängert.“ EG H, Lagebericht 28, Pressburg 4. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 34 f. Und eine Woche später: „Die vom Staatspräsident verlautbarte Amnestie für alle Rückkehrer aus dem Aufständischengebiet endet am 15. X. um 12 Uhr.“ Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 12. 10. 1944. Ebd., Bl. 157. 121

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7 Personen, die sich auf Grund der Amnestieerklärung des slowakischen Staatspräsidenten freiwillig der deutschen Wehrmacht stellten, von dieser festgenommen und dem KL „Osvedčim“ /wahrscheinlich Auschwitz/ bei Kattowitz zugeführt. Es besteht die Gefahr, dass dieser Vorfall der Feindpropaganda bekannt wird, und ausgenutzt wird, um die Banden fester zusammenzuhalten.“ 125 Darüber hinaus gab es auch Fälle, bei denen offensichtlich zufällig ausgewählte Personen festgenommen wurden, mit der Absicht, diese gegen gefangene Deutsche oder ihre slowakischen Mithelfer auszutauschen. Ein solches Beispiel aus Brezová pod Bradlom meldete Witiska am 1. Oktober: „Vermisste 26 HG wurden von den Banditen ausgeliefert, nachdem 50 Personen der Ortschaft Brezova als Repressalie festgenommen wurden.“ 126 Die Repressalien standen zumeist in keinem Verhältnis zur ursprünglichen Tat bzw. überstiegen diese weitgehend. Beim Einmarsch deutscher Truppen in Sučany Ende September 1944 warf eine Tschechin eine Handgranate auf die Soldaten, wodurch mindestens zwei Offiziere getötet wurden. Die Reaktion der Deutschen ließ nicht lange auf sich warten. Die Truppe stellte einen Transport von 83 Männern zusammen, die ins Reich abtransportiert werden sollten. Wie schnell und spontan die Reaktion in diesem Fall war, ist daran zu sehen, dass sich – wie in einem Schreiben an das Einsatzkommando 13 mitgeteilt wurde – unter den Festgenommenen 70 Prozent deutschfreundliche Slowaken (auch Gardisten) befunden hätten. 127 Der Chef der Einsatzgruppe H meldete diesen Vorfall dem Deutschen Befehlshaber, der sofort folgende Weisung mit einer genauen Definition des Gegners herausgab: „Bei Anschlägen gegen deutsche Belange durch die Zivilbevölkerung haben sich die notwendigen Gegenmassnahmen nach Möglichkeit nur gegen deutschfeindliche Elemente zu richten. Darunter sind in erster Linie Juden, Tschechen, Kommunisten, Slowaken evangelischen Glaubens zu verstehen. Gegen Deutschland eingestellt ist ferner ein grosser Teil der slowakischen Intelligenz und der Beamten, einschliesslich Gendarmerie. Nach Möglichkeit sind diese Massnahmen durch das der Truppe beigeordnete EK der Sipo und des SD vorzunehmen. Bei der Überprüfung der Personen sind ortskundige Volksdeutsche oder Hlinkagardisten heranzuziehen, Verwaltungsbeamte nur dann, wenn sie zu einer dieser Gruppen gehören.“ 128 Die Festgenommenen wurden in verschiedene Gefängnisse eingeliefert, die in der Regel unter der Leitung der Einsatzgruppe H standen. Über ihre weitere 125 EG H (III A-C) an RSHA (III B und III C), Betr.: Lage in der Slowakei, Pressburg 30. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 293 f. 126 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 1. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 7. 127 EG H (III, Böhrsch) an EK 13, Pressburg 23. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 170, Bl. 11. 128 Deutscher Befehlshaber in der Slowakei, Befehl an die Truppe, 24. 9. 1944. Ebd., Bl. 13.

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Behandlung entschied in den allermeisten Fällen der Führer des jeweiligen Kommandos. Ein ehemaliger Dolmetscher beim Einsatzkommando 13 sagte nach dem Krieg aus, dass der Kommandoführer immer auf der Akte, welche die Vernehmungsprotokolle der Zeugen und des Festgenommenen beinhaltete, vermerkt habe, ob die Person zu erschießen (SB) oder in ein Konzentrationslager zu deportieren (KL) sei. 129 Den Befehl übergab er dem Leiter der Abteilung IV im Stab des Kommandos, deren Angehörigen für die Durchführung verantwortlich waren. 130 Um weitere Erkenntnisse über die Lage der Aufständischen oder auch andere Informationen zu erlangen, wurden die Häftlinge vernommen, wobei nicht selten verschiedene Formen von Folter angewendet wurden. Nur ein Beispiel aus dem Gefängnis in Ružomberok, wo die meiste Zeit das Sonderkommando 7a seinen Sitz hatte, sei in diesem Zusammenhang genannt: „Während der Zeit, wo ich in Haft war, hörte ich im Gefängnis in Ružomberok öfter das Geschrei der Häftlinge, welche die Gestapomänner bei dem Verhör auf die Weise quälten bzw. misshandelten, dass sie in die Zelle einen ausgehungerten Wolfshund hineinliessen. […] Die Gestapomänner benützten zum Quälen auch elektrischen Strom, welchen sie an das Zungenende bzw. an das Geschlechtsglied einschalteten.“ 131 Die Praktiken umfassten ein weitreichendes Spektrum von Foltertechniken; es wurde sowohl physische als auch psychische Gewalt angewendet. Eine wichtige Aufgabe der Einsatzgruppe H bestand in der Festnahme der militärischen Führer des Aufstands. Diese vollzog sich am 3. November 1944, als die Generäle Viest und Golian verhaftet wurden. Nach der Besetzung von Banská Bystrica am 27. Oktober hatten sie sich auf den Gebirgspass Donovaly zurückgezogen und waren am 2. November in die Ortschaft Pohronský Bukovec gelangt. Dort wurden sie einen Tag später von Angehörigen des Einsatzkommandos 14 gefangengenommen und zunächst nach Banská Bystrica, dann nach Bratislava gebracht. Die Nachricht über die Festnahme wurde sofort nach Berlin übermittelt, und es wurden Überlegungen angestellt, wie mit den Generälen zu verfahren sei. Am 4. November wandte sich Himmler in einem Schreiben an den Chef des RSHA Ernst Kaltenbrunner und den Staatsminister im Protektorat Böhmen und Mähren Karl Hermann Frank: „Ich bitte mir Vorschläge zu machen in welcher Weise wir politisch am klügsten die Gefangennahme der tschechoslowakischen Generale Viest und Golian auswerten kön129

Vernehmung Konrad Seidler, 17. 3. 1946. NA Praha, 316–192–1. Prehl’ad masových hrobov a vrážd, ktoré boli prevedené pohotovostnými Einsatzkommandami SIPO a SD na území Slovenska [Übersicht über Massengräber und Morde, die in der Slowakei durch die Einsatzkommandos der Sipo und des SD verübt wurden] (o. D.). AM SNP Banská Bystrica, IX, S 25/78, S. 6. 131 Vernehmung Rudolf Ritter, 26. 2.1975. NA Praha, 316, Pamětní spis SK 7a [Denkschrift SK 7a]. 130

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nen. Ich habe zunächst Befehl gegeben, dass beide durch Pressburg auf einem Lastauto gefahren werden und dann nach Wien kommen. Ich hielt es unter Umständen für gut, wenn einer von den beiden in Prag, der andere in Pressburg gehängt würde, jedoch müssen diese Dinge genaustens überlegt werden. Ich erwarte Ihre gemeinsamen und abgestimmten Vorschläge.“ 132 Wie die einzelnen Vorschläge aussahen und von wem welche kamen, lässt sich nicht mehr genau klären. Letztendlich wurde aber beschlossen, die beiden Generäle nach Berlin zu überführen. Himmler schrieb an Frank, dass er aus Sicherheitsgründen der Überführung dorthin zustimme und dass Höfle „mit seinem Kopf für die sichere Überbringung der beiden nach Berlin“ hafte. 133 Noch in Bratislava wurden Viest und Golian durch Höfle und Witiska verhört. Auch Frank zeigte sich an der Sache äußerst interessiert und eilte aus dem Protektorat heran, um die Gelegenheit wahrzunehmen und die Generäle persönlich zu vernehmen, bevor sie nach Berlin abtransportiert wurden. Dies geschah dann am 9. November, wie dem Tagesbericht der Einsatzgruppe H zu entnehmen ist: „Viest und Golian wurden unter starker Bedeckung mit einem Autobus nach Wien geschafft, von wo sie mit dem Abendschnellzug in einem Sonderwaggon nach Berlin transportiert werden. Das Reichssicherheitshauptamt wurde von der Ankunft verständigt.“ 134 Im Tagesbericht vom folgenden Tag wurde die Übernahme durch das RSHA bestätigt: „Die AufständischenGenerale Viest und Golian wurden heute um 13.00 Uhr dem Reichssicherheitshauptamt in Berlin übergeben.“ 135 Eindeutige Beweise für das weitere Schicksal der Generäle fehlen bis heute. Alles deutet jedoch darauf hin, dass sie im Februar 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg erschossen wurden. 136 Folgenden Angehörigen des Einsatzkommandos 14 wurde von Himmler „für ihr geschicktes schneidiges Verhalten, das zur Gefangennahme der beiden Aufstandsgenerale in der Slowakei führte“, eine besondere Anerkennung ausgesprochen: dem Führer des Einsatzkommandos 14 Georg Heuser, dem Führer der Einheit, die die Festnahme durchführte, Georg Jentsch sowie dem Sturmscharführer Robert Fieck. 137 Des Weiteren nahmen an der Verhaftungsaktion auch einige Volksdeutsche teil, wie der Volksgruppenführer Karmasin dem Deutschen Befehlshaber mitteilte: „Die drei Pressburger Kameraden Ambro-

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Himmler an Kaltenbrunner und Frank, 4.11. 1944. ABS Praha, 301–94–1. Himmler an Frank, 8.11. 1944. Ebd. 134 EG H, Tagesbericht, 9. 11.1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 52. 135 EG H, Tagesbericht, 10. 11. 1944. Ebd., Bl. 60. Mit Golian und Viest wurden dem RSHA auch weitere festgenommene tschechoslowakische Offiziere, zum Beispiel der Oberstleutnant Hynek Souhrada und der Major Jaroslav Krátký, als Führer der Aufständischen überstellt. EG H (IV), 9.12. 1944. ABS Praha, 302–64–11. 136 Halaj 1990, S. 23. 137 WBB 10 der EG H vom 11.11.1944. BArch R 70/Slowakei, 304. 133

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sy, Schmidt und Wenzlik haben nach ihren Aussagen die Gefangennahme der beiden Generäle Viest und Golian durchgeführt.“ 138 Allen drei sowie Jentsch und Fieck wurde das Eiserne Kreuz II. Klasse verliehen. 139 Schmidt erhielt von Höfle folgendes Schreiben: „Lieber Kamerad Schmidt! Für Ihre wertvollen Erkundungsergebnisse, für Ihre mit grossem Geschick angesetzten Massnahmen sowie für Ihr forsches Vorgehen, das mit zur Gefangennahme der beiden Aufstandsgenerale Viest und Golian führte, spreche ich Ihnen meinen besonderen Dank aus.“ 140 Neben der Festnahme der militärischen Führung der Aufständischen beteiligte sich die Einsatzgruppe H ebenfalls an mehreren Aktionen gegen Angehörige von britischen und amerikanischen Militärmissionen, die vom amerikanischen OSS (Office of Strategic Services) bzw. vom britischen SOE (Special Operations Executive) in die Slowakei entsandt worden waren. Die Aufgabe dieser Missionen bestand hauptsächlich darin, einen ausgedehnten Nachrichtendienst zu unterhalten, Informationen über die Stellung der deutschen Truppen zu gewinnen, Verbindungen mit Aufständischen herzustellen sowie früher abgesetzte Fallschirmspringer oder abgeschossene Piloten zu sammeln und aus dem slowakischen Kampfgebiet herauszubringen. 141 Eine der größten Aktionen in diesem Zusammenhang fand am 26. Dezember 1944 statt, als oberhalb der Ortschaft Polomka in der Niederen Tatra 16 Personen verhaftet wurden. Außer zwei Partisanen und drei Angehörigen der 1. tschecho-slowakischen Armee befanden sich unter den Festgenommenen acht Angehörige der amerikanischen Mission „Dawes“ sowie drei Angehörige der britischen Mission „Windproof“.142 Die Festnahme wurde durch die Abwehrgruppe 218 („Edelweiß“) durchgeführt, deren Führer Erwein Thun-Hohenstein – laut seiner späteren Aussage – die Gefangenen in Begleitung von 20 Soldaten zunächst zur Dienststelle der Einsatzgruppe H nach Brezno nad Hronom gebracht habe,143 von wo aus sie dann nach Banská Bystrica und am 29. Dezember nach Bratislava überstellt worden seien. Dort wurden sie vom Chef der Einsatzgruppe H verhört und anschließend auf Befehl Himmlers An-

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Karmasin an Höfle, Pressburg 9. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 370. WBB 10 der EG H vom 11.11.1944. BArch R 70/Slowakei, 304. 140 Höfle an Schmidt, Pressburg 8. 11.1944. SNA Bratislava, NS, A 935. 141 Witiska, Bericht über die Bandenlage im Monat Dezember 1944, Pressburg 7. 1. 1945. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 119 f. 142 Die Mission „Dawes“ wurde vom Leutnant Holt Green geführt, die Mission „Windproof“ vom Major John Sehmer. Ausführlich zu den in der Slowakei eingesetzten britischen und amerikanischen Missionen siehe Downs, Jim: Druhá svetová vojna. Tragédia OSS na Slovensku [Der Zweite Weltkrieg. Die Tragödie des OSS in der Slowakei], Bratislava 2004. 143 Vernehmung Erwein Thun-Hohenstein, 4.12. 1945. ABS Praha, 325–54–2. 139

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fang Januar 1945 nach Mauthausen überführt,144 wo sie kurz nach ihrer Ankunft erschossen wurden. 145 In Mauthausen wurden in den letzten Kriegsmonaten außer den Angehörigen der amerikanischen und britischen Militärmissionen auch weitere politische Gefangene aus der Slowakei, die sich am Aufstand beteiligt hatten, getötet. Am 19. Februar bzw. am 31. März 1945 wurden wegen der vorrückenden Front im Gefängnis des Kreisgerichts in Bratislava, das unter der Kontrolle des z.b.V.Kommandos 29 stand, zwei Transporte mit ungefähr 370 Häftlingen zusammengestellt, die nach Mauthausen gebracht werden sollten. Der erste Transport mit etwa 250 Inhaftierten geriet in der Nähe von Melk in einen Fliegerangriff; mehrere Häftlinge kamen an Ort und Stelle um oder wurden verletzt, sodass letztendlich nur 180 Gefangene nach Mauthausen gelangten, von denen dann 20 sofort in einem Bunker erschossen wurden. Die Häftlinge aus dem Märztransport wurden alle kurz nach ihrer Überführung nach Mauthausen ermordet.146

2.3. Judenverfolgung Am 11. August 1944 übermittelte der Deutsche Gesandte in der Slowakei dem Auswärtigen Amt einen Bericht über die Lage der Juden in der Slowakei. 147 Er teilte mit, dass Ende Dezember 1943 insgesamt 15 300 amtlich registrierte Juden in der Slowakischen Republik gelebt hätten, die meisten von ihnen in der Hauptstadt Bratislava. Der Großteil besitze eine Arbeitsbewilligung von einem der slowakischen Ministerien, die vor dem 14. März 1939 getauften Juden (ungefähr 3200) und die in Mischehen lebenden (ungefähr 1000) wiederum zumeist eine Ausnahmebewilligung des Staatspräsidenten. Hinzuzurechnen seien des Weiteren ungefähr 2000 Juden, die sich nach seinen Erkenntnissen unangemeldet in der Slowakei aufhalten würden.148 Ludin beschwerte sich in seinem Bericht, dass es im Jahre 1943 infolge einer großen Taufbewegung und einer allgemeinen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Juden eine erkennbare „rückläufige Bewegung in der Entwicklung der Judenfrage“ gegeben habe. Das 144 Vernehmung Dieter Wisliceny, Nürnberg 24. 11. 1945. ŠA Bratislava, LS Bratislava, Ls 10/48 (Wisliceny). 145 Die Erschießung in Mauthausen erfolgte auf Befehl des Chefs des RSHA. Dachau Detachment, War Crimes Group, 11. 10. 1946. TNA London, HS 9/1338. 146 Prehl’ad masových hrobov a vrážd, ktoré boli prevedené pohotovostnými Einsatzkommandami SIPO a SD na území Slovenska [Übersicht über Massengräber und Morde, die in der Slowakei durch die Einsatzkommandos der Sipo und des SD verübt wurden] (o. D.). AM SNP Banská Bystrica, IX, S 25/78, S. 43–45. 147 Ludin an das AA, Betr.: Überblick über die Lage der Juden in der Slowakei, Pressburg 11. 8. 1944 und AA, Referat Inland II, Auszug aus einem zusammenfassenden Bericht der Deutschen Gesandtschaft in Pressburg über die Entwicklung der Judenfrage in der Slowakei im Jahre 1943/44. TNA London, GFM 33/856. 148 Nach den Zahlen von Gila Fatran gab es beim Ausbruch des Aufstands im August 1944 insgesamt ungefähr 25 000 Juden auf slowakischem Gebiet. Fatran 1996, S. 119.

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Auswärtige Amt notierte, er habe auf die „Notwendigkeit einer totalen Lösung der Judenfrage hingewiesen“, gleichzeitig aber betont, dass „irgend ein Druck deutscherseits nicht beabsichtigt sei“.149 Nicht einmal drei Wochen nach diesem Bericht sah die Situation der Juden in der Slowakei völlig anders aus. Der Ende August 1944 ausgebrochene Aufstand wurde zum Anlass genommen, die „Endlösung der Judenfrage“ in der Slowakei zum Abschluss zu bringen. Im Unterschied zu den Deportationen von 1942 wurde dieses Mal die Aktion von Anfang an fast ausschließlich von deutschen Stellen organisiert und durchgeführt. Die Hauptrolle spielte hierbei zweifellos die Einsatzgruppe H. Die Slowakei „judenfrei“ zu machen, gehörte seit ihrer Aufstellung zu ihren vorrangigen Aufgaben. Die Juden wurden in das Konzentrationslager Sered in der Nähe von Trnava gebracht und von dort aus zunächst nach Auschwitz, später in die Konzentrationslager im Reich bzw. nach Theresienstadt deportiert. Falls sie den erfolgten Aufrufen zu ihrer organisierten Konzentrierung nicht freiwillig nachkamen, wurden sie mehrheitlich bei verschiedenen Razzien oder aber auf der Flucht gefangengenommen. Bis Kriegsende wurden mehr als 14 000 Juden deportiert oder auf slowakischem Gebiet ermordet. 150 Im folgenden Kapitel wird zunächst der Kontext dargestellt, in dem sich seit Spätsommer 1944 die „Endlösung der Judenfrage“ in der Slowakei abspielte. Es soll der Frage nachgegangen werden, wer die Initiative ergriff, was für eine Stellung die einzelnen Akteure einnahmen und ob es auch Proteste gegen die Wiederaufnahme der Deportationen gab. Anschließend wird geschildert, wie die Einsatzgruppe H bei ihren Aktionen gegen Juden vorging, wobei ausgewählte Razzien und Festnahmen als Beispiele angeführt werden. Zum Schluss folgen eine kurze Beschreibung des Konzentrationslagers Sered und eine Übersicht über die aus der Slowakei bis zum Kriegsende deportierten Juden. 2.3.1. „Judenfrage muss radikal gelöst werden“ Bereits auf der ersten größeren Besprechung beim Deutschen Befehlshaber in der Slowakei am 1. September 1944 wurde Folgendes festgelegt: „Die Judenfrage muss radikal gelöst werden. Festnahme der Juden und Verbringung in ein Anhaltslager. […] Aktion ist mit grösster Beschleunigung zum Anlaufen zu bringen.“ 151 Am selben Tag wiederholte der Chef der Einsatzgruppe H diese Formulierung in seinem Bericht an das RSHA: „Judenfrage muß radikal gelöst

149 AA, Referat Inland II, Auszug aus einem zusammenfassenden Bericht der Deutschen Gesandtschaft in Pressburg über die Entwicklung der Judenfrage in der Slowakei im Jahre 1943/44. TNA London, GFM 33/856. 150 Fatran 1996, S. 119. Die genaue Zahl lässt sich nicht mehr feststellen. Die Angabe von Fatran (14 150) ist als eine nachweisbare Mindestanzahl zu verstehen. 151 Besprechung bei Berger über die Lage und die zu ergreifenden Maßnahmen am 1. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 5–9.

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werden durch Festnahme und Verbringung in Arbeitslager.“ 152 Anhand seiner weiteren Berichte aus den ersten Septembertagen ist ersichtlich, dass die „Judenfrage“ tatsächlich eine prinzipielle Bedeutung besass und dass erste Schritte in diesem Zusammenhang schnellstens unternommen wurden. Am 4. September meldete Witiska, dass „Judenaktionen“ im Anlaufen seien und dass wegen der Unzuverlässigkeit der slowakischen Wachmannschaften sowie des Mangels an Lagern der sofortige Abtransport der Juden aus der Slowakei wichtig sei. 153 Drei Tage später betonte er erneut: „Die Judenfrage nach wie vor grundsätzliche Bedeutung. […] Man will die Juden grundsätzlich los haben und den Grund ihrer Gefährlichkeit ausgeschaltet wissen. […] Da Juden ständig flüchten, wird Regelung der Judenfrage zentral dringend.“ 154 Am 8. September sprach Witiska mit dem slowakischen Ministerpräsidenten und dem Deutschen Befehlshaber. Dieser habe auf seinen Befehl verwiesen, die Judenaktion schnellstens durchzuführen und die festgenommenen Juden in das Lager Sered zu überweisen.155 Im Wochenbefehlsblatt der Einsatzgruppe H vom 16. September 1944 findet sich hinsichtlich der Juden die folgende Passage: „Die Festnahme der Juden erfolgt durch die slowakische Exekutive. Die Festgenommenen werden dem Lager Sered zugeführt, wo sie von slowakischen Organen bewacht werden. Von den EK festgenommene Juden sind der nächsten slowakischen Polizeidienststelle zu übergeben, es wäre denn, dass an einzelnen Juden wegen ihrer Zugehörigkeit zur Widerstandsbewegung oder ihrer nachrichtendienstlichen Tätigkeit ein besonderes Interesse besteht. Die Verbringung der Juden in Lager des Altreiches wird noch geregelt werden.“ 156 Zu dieser Zeit stand also fest, dass die festgenommenen Juden dem Konzentrationslager Sered überstellt und von dort aus weiter transportiert werden sollten. Der hier auf die Tätigkeit der slowakischen Stellen bei den Festnahmen gelegte Nachdruck entsprach nicht der Realität. Bei den sicherheitspolizeilichen Maßnahmen gegen Juden gab ab September 1944 die Einsatzgruppe H den Takt vor. Dies deutet zum Beispiel der folgende Vermerk an: „Von zentraler slow. Stelle ist bisher nichts gegen die Juden unternommen worden. Die bisherigen Festnahmen sind örtliche Aktionen, die offenbar auf deutsche Initiative zurückzuführen sind und die Städte betreffen, in denen sich deutsche Sicherheitspolizei befindet.“ 157 152 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, Pressburg 1. 9.1944. Ebd., Bl. 11. 153 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, Pressburg 4. 9.1944. Ebd., Bl. 22–23. 154 Chef der EG H, Lagebericht 1, Pressburg 7. 9.1944. Ebd., Bl. 34. 155 Witiska beim Ministerpräsidenten Štefan Tiso, Pressburg 8. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 160, Bl. 3 f. 156 WBB 2 der EG H vom 16. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 304. 157 EG H (III, Hoppe), Vermerk zum Lagebericht, Pressburg 12. 9. 1944. BArch R 70/ Slowakei, 194, Bl. 95.

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Auch bei der Überstellung der Juden nach Sered spielte die Einsatzgruppe H offensichtlich die Rolle des Initiators, wie diesem Fernschreiben von Witiska vom 22. September zu entnehmen ist: „Auf hiesige Anregung propagiert Pressburger Judenrat den Pressburger Juden freiwillige Evakuierung in Arbeitslager Sered. Evakuierung bereits im Gange.“ 158 Ende September 1944 wurde über die Situation der Juden in der Slowakei im Auswärtigen Amt in Berlin gesprochen. Der neu ernannte slowakische Gesandte Bohdan Galvánek erklärte gegenüber dem „Judenreferenten“ des Auswärtigen Amtes Eberhard von Thadden, dass „die Judenfrage in der Slowakei radikal gelöst werden müsse. Auch der Präsident Tiso sei sehr verärgert gewesen, als man ihm gemeldet hatte, daß unter den Aufständischen Juden mit Befreiungsgenehmigung des Präsidenten gewesen wären. Privat sei er der Auffassung, daß es in der Slowakei erst Ruhe geben werde, wenn alle Juden ohne jeden Humanitätsdusel rücksichtslos ausgemerzt und abtransportiert seien. Er sei bereit, das Auswärtige Amt in der Judenfrage in jeder Richtung zu unterstützen.“ 159 Der Vorwurf, Juden hätten sich aktiv am Aufstand beteiligt, wurde auch von Himmler bei seinem Besuch in Bratislava am 5. Oktober erhoben. Witiska berichtete hierzu einen Tag später: „Der Reichsführer hatte anlässlich seines gestrigen Besuches Aussprachen mit dem Staatspräsidenten und dem Ministerpräsidenten, in denen er klar zu der Lösung der Judenfrage […] Stellung nahm.“ 160 Die slowakische Regierung radikalisierte nach der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen unter dem Druck der Ereignisse ihre Einstellung gegenüber ihren jüdischen Bürgern. Sie bewertete den Aufstand als ein Werk von „russischen Fallschirmspringern“, Tschechen und insbesondere Juden, die mit Unterstützung von „bolschewistischen Banden“ die Slowakei erobern und sich an allen guten Slowaken bzw. Christen würden rächen wollen.161 In der Presse gab es wieder eine starke antisemitische Propaganda, der nach ein paar Tagen neue antijüdische Verfügungen der Regierung folgten. Dennoch zeigte sich letztere anfangs nicht vorbehaltlos willig, die Deportationen aus der Slowakei wieder aufzunehmen. In ihrem Interesse war vielmehr die Konzentration von Juden in Arbeitslagern auf slowakischem Gebiet, wo man sie isolieren, bewachen und sich ihre Arbeitskraft zunutze machen wollte. 162 In der Regierungssitzung am 2. Oktober wurde beschlossen, dass sich die Regierung in dieser 158 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 22. 9.1944. Ebd., Bl. 188. 159 AA (Inland II, von Thadden), Berlin 27. 9. 1944. PA AA, R 100887, Akten Inland II Geheim, Bd. 205, Die Judenfrage in der Slowakei. 160 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 6. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 77. 161 Kamenec 1991, S. 265 f. 162 Ebd., S. 267.

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Angelegenheit an die zuständigen deutschen Stellen mit der Forderung wenden werde, dass die Juden ihren Arbeitseinsatz ausschließlich auf dem Gebiet der Slowakischen Republik leisten sollten, so wie es mit dem Deutschen Befehlshaber ursprünglich abgesprochen worden war.163 Am 4. Oktober meldete der Deutsche Gesandte dem Auswärtigen Amt, dass sich bei ihm an diesem Tage der slowakische Ministerpräsident über die Deportationen, die ohne eine Verständigung der slowakischen Regierung erfolgen würden, beschwert habe und auf diplomatische Schwierigkeiten, die hieraus resultieren könnten, hingewiesen habe. Ludin habe dem Ministerpräsidenten wie folgt geantwortet: „Ich habe dem Ministerpräsidenten bedeutet, dass m. E. die Judenfrage jetzt auf alle Fälle radikal gelöst werden müsse und er im Falle auswärtiger Proteste einfach darauf hinweisen solle, dass das Reich vom slowakischen Staat eine radikale Lösung verlange. Wir seien in diesem Fall bereit, für die hier getroffenen Judenmassnahmen die Verantwortung zu übernehmen.“ 164 Diese Antwort stieß jedoch auf den Protest des Auswärtigen Amtes; der Leiter des Referats „Inland II“ Horst Wagner befahl am 9. Oktober nach Bratislava: „Vorgesehene Sprachregelung erscheint nicht zweckmässig, da Slowakische Regierung Verantwortung wenigstens mittragen sollte. Da Aufstände in der Slowakei, wie auch Gesandter Galvanek bestätigte, starke jüdische Beteiligung zeigten, ist Slowaken nahezulegen, bei Interventionen unter Hinweis auf jüdische Teilnahme in Aufständen Radikallösung der jüdischen Frage im Interesse Sicherheit Slowakischen Staates als unumgänglich notwendig zu bezeichnen. Juden hätten bisherige entgegenkommende Behandlung mißbraucht. Anheimstelle hinzuzufügen, sofern erforderlich, dass Reich im Zuge der auf Wunsch Slowakischer Regierung erfolgten Partisanenbekämpfung auch eine Hilfe bei Lösung der Judenfrage gewährt habe.“ 165 Wie von der slowakischen Regierung befürchtet, kam es tatsächlich zu Protesten gegen die Wiederaufnahme der Deportationen bzw. gegen die Behandlung der Juden. Die ersten richteten sich an den Vatikan. Am 9. September 1944 wandte sich der Oberrabbiner von Palästina Jitzchak Herzog an den Vertreter des Heiligen Stuhls in Kairo mit der Bitte, „dringendst telegraphisch um Intervention des Heiligen Stuhls zur Rettung des Restes der slowakischen Juden anzusuchen“.166 Auch das Außenministerium der Vereinigten Staaten bat um Intervention des Heiligen Stuhls, um die Deportation der slowakischen Juden zu verhindern. 167 Der vatikanische Geschäftsträger in Bratislava, Giuseppe

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Auszug aus der Regierungssitzung am 2. 10. 1944. SNA Bratislava, NS, A 883. Ludin an das AA, 4. 10. 1944. PA AA, R 100887, Akten Inland II Geheim, Bd. 205, Die Judenfrage in der Slowakei. 165 AA (Inland II, Wagner), Berlin 9. 10. 1944. Ebd. 166 Fatran 1996, S. 109. 167 Ebd. 164

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Burzio, berichtete am 6. Oktober 1944 über die Interventionen, die er vor Ort unternommen habe. Am 22. September habe er bei der slowakischen Regierung interveniert, am 24. und 29. September beim Staatspräsidenten. In seinem Bericht an das Staatssekretariat beklagte er, dass er bei Tiso „kein Verständnis und kein einziges Wort des Mitgefühls mit den Verfolgten gefunden habe, da dieser in den Juden die Ursache alles Schlechten sieht und die Maßnahmen der Deutschen gegen die Juden, die durch die höchsten Kriegsinteressen diktiert werden, verteidige“.168 Ende Oktober 1944 beauftragte der Vatikan Burzio, Tiso mitzuteilen, dass der Heilige Vater zutiefst betrübt sei angesichts der Qual der vielen Menschen, die wegen ihrer Nationalität oder ihrer Rasse zu leiden hätten, was menschlichen Prinzipien und der Gerechtigkeit widerspreche. Der Heilige Vater fordere ihn auf, seine Gefühle und Absichten an seiner Ehre und seinem Gewissen als Priester zu messen. 169 Tiso richtete am 8. November – zu einem Zeitpunkt, als bereits mehr als 7000 Juden aus Sered nach Auschwitz deportiert worden waren – ein Schreiben an Pius XII., in dem er unter anderem erklärte: „Die Gerüchte über gegen die Prinzipien der Menschlichkeit und Gerechtigkeit gerichtete grausame Vergehen der slowakischen Staatsregierung gegen Menschen wegen ihrer Nationalität und Rasse werden von einer uns feindlichen Propaganda übertrieben. […] Dass die Regierung die in der Slowakei überflüssigen Tschechen nach Hause schickt und die Juden zur Arbeit in Deutschland freistellt, was auch mit vielen Slowaken geschah, kann der Regierung nicht zur Last gelegt werden. Die inkriminierten Massnahmen der slowakischen Regierung gegen Tschechen und Juden erfolgten nicht wegen deren Nationalität und Rasse, sondern wegen der pflichtgemässen Verteidigung der Nation gegen seit Jahrhunderten in ihrer Mitte zerstörerisch wirkende Feinde.“ 170 Weitere Proteste kamen aus der Schweiz. Am 24. Oktober übermittelte das schweizerische Generalkonsulat dem slowakischen Außenministerium folgendes Schreiben: „Im Auftrage des schweizerischen Bundesrats gibt sich das schweizerische Generalkonsulat die Ehre, der slowakischen Regierung zur Kenntnis zu bringen, daß die Nachrichten über die in der Slowakei von neuem in die Wege geleitete Verfolgung der jüdischen Bevölkerung in der schweizerischen Öffentlichkeit größte Beunruhigung hervorgerufen haben. Der schweizerische Bundesrat gibt der Befürchtung Ausdruck, daß diese Maßnahmen eine schwerwiegende Belastung in den gegenseitigen Beziehungen der beiden Län-

168 Burzio an das Staatssekretariat, Pressburg 6. 10. 1944; zitiert nach Kamenec, Ivan/ Prečan, Vilém/Škorvánek, Stanislav (Hrsg.): Vatikán a Slovenská republika 1939–1945. Dokumenty [Der Vatikan und die Slowakische Republik 1939–1945. Dokumente], Bratislava 1992 [zit. Kamenec 1992b], S. 196 f. 169 Fatran 1996, S. 110. 170 Tiso an Pius XII., Pressburg 8.11. 1944; zitiert nach Brandmüller 2003, S. 201 f.

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der zur Folge haben könnten.“ 171 Eine Woche später leitete die slowakische Regierung das Schreiben an Ludin weiter, der es dem Chef der Einsatzgruppe H übergab. Witiska fragte in dieser Angelegenheit im RSHA nach und erhielt von dort aus die Anweisung, dass er ungeachtet des schweizerischen Einspruches die Aktionen gegen Juden fortzusetzen habe.172 Anfang November 1944 meldete Witiska nach Berlin, dass sich der Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes, George Dunand, in Bratislava befinde und sich „vornehmlich für die Judenfrage“ interessiere.173 Mitte des Monats wurde der Chef der Einsatzgruppe H konkreter und berichtete, dass Dunand bei Tiso gewesen sei und für die Freilassung von älteren Juden, Kindern aus Mischehen, jüdischen Ärzten und kranken Juden plädiert habe. 174 Auch später versuchte Dunand bei verschiedenen slowakischen und deutschen Stellen für eine bessere Behandlung der Juden zu intervenieren; Resultate dieser Bemühungen blieben allerdings aus. Erfolglos war so zum Beispiel sein Ersuchen an die slowakische Regierung bzw. an Ludin vom Januar 1945, ein Asyl für alte Juden sowie für jüdische Mütter und Kinder errichten zu lassen. Von deutscher Seite wurde ihm erklärt, dass der Durchführung seines Auftrages nicht zugestimmt werden könne, da „gerade die Juden, gleich welches Alters und Geschlechts, sich am Aufstand beteiligt hätten. Ein Asyl würde sicherlich zu einer jüdischen Nachrichten- und Spionagezentrale ausgebaut werden.“ 175 Dass sich Juden am Aufstand beteiligt hätten und deshalb nun scharf gegen sie eingegriffen werden müsse, war auch die Argumentation von Tiso, mit der er am 4. Januar 1945 das Schreiben des schwedischen Erzbischofs Erling Eidem aus Uppsala beantwortete. Dieser hatte sich am 27. November 1944 an den Staatspräsidenten gewandt und darum gebeten, die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, die Juden der Slowakei in ein anderes Land zu überführen, um sie zu retten. 176 Da auch weitere Ersuchen erfolglos blieben, wurden in der Folge Festnahmen und Deportationen von Juden aus der Slowakei fortgesetzt. Auf deutscher sowie auf slowakischer Seite war man zu dieser Zeit, was die Behandlung der Juden betraf, zu keinen Kompromissen oder sogar Zugeständnissen bereit. Der Auftrag war mehr als eindeutig: „Judenfrage muss radikal gelöst werden“.

171 Das Schreiben ist im Bericht von Ludin an das AA vom 11.11. 1944 zitiert. PA AA, R 100887, Akten Inland II Geheim, Bd. 205, Die Judenfrage in der Slowakei. 172 Hierüber berichtet Ludin an das AA am 15. 11. 1944. Ebd. 173 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 2. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 13. 174 Witiska an RSHA (III B), Pressburg 17. 11.1944. Ebd., Bl. 109. 175 Witiska an RSHA (IV), Betr.: George Dunand – Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes in Pressburg, Pressburg 27. 1. 1945. ABS Praha, 135–1–1, Bl. 23 f. 176 Fatran 1996, S. 111.

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2.3.2. Razzien und Festnahmen Die proklamierte radikale Lösung der „Judenfrage“ bedeutete in der Praxis die Verhaftung der Juden und ihre anschließende Deportation aus der Slowakei oder ihre Ermordung auf slowakischem Boden. Die Aktionen begannen unmittelbar nach dem Eintreffen der Einsatzgruppe H bzw. ihrer ersten beiden Kommandos. Im Lagebericht der Einsatzgruppe wurde am 6. September 1944 vermerkt: „Die EK 13 und 14 haben mit Massnahmen begonnen gegen die Juden bezw. führen diese Massnahmen fort.“ 177 Größere Razzien mit zahlreichen verhafteten Juden gab es in den ersten Septembertagen insbesondere in Topol’čany und Trenčín, wo die Einsatzkommandos vorläufig ihre Stäbe errichtet hatten. Am 7. September fanden Festnahmen in Nitra statt, zu denen nähere Erkenntnisse vorliegen. Die Aktion soll mit acht Gruppen zu je drei Mann, nämlich einem Gendarmen, einem Hlinkagardisten und einem Angehörigen des Stützpunktes des Einsatzkommandos 13 in Nitra durchgeführt worden sein. Es wurden 616 Juden festgenommen und in die Lager in Ilava (234) und Sered (382) überführt. Zum Verlauf der Verhaftungen wurde berichtet: „Der Verlauf der Aktion war relativ planmässig; jedoch auch in Neutra waren zu wenig Wachleute und zu wenig Beamte vorhanden, sodass nicht verhindern werden konnte, dass Juden entflohen und sich mit Hilfe anderer Juden oder slowakischer Familien (wahrscheinlich gegen Geldbestechung) versteckt hielten. Die Hlinkagardisten zeigten sich zum Teil gegen Bestechung ebenfalls nicht gefeit. Einige Gardisten waren jedoch sehr aktiv und zuverlässig. […] Stimmungsmässig hat sich die Judenaktion in den unteren Schichten der Neutraer Bevölkerung gut ausgewirkt. Aus ihren Reihen erfolgten viele anonyme und offene Meldungen über Judenverstecke.“ 178 Einige Tage später erfolgte eine ähnliche Aktion gegen Juden in Žilina, wo es einen weiteren Stützpunkt des Einsatzkommandos 13 gab. Dessen Führer, Hauptsturmführer Werner Schönemann, berief für den 11. September eine Versammlung ein, an der Vertreter der HSL’S und der Hlinkagarde, der Bürgermeister, der Bezirksvorsteher sowie der Kommandant der Gendarmerie teilzunehmen hatten. Dort ordnete Schönemann an, dass alle Juden in Žilina und im Bezirk ohne jede Ausnahme am 13. September in irgendeinem geeigneten Gebäude zu konzentrieren seien. Eine Ausnahme sollten nur Ehegatten in gemischten Ehen und Mischlinge bilden. Die Zusammenfassung der Juden habe die Staatspolizei unter Mitwirkung der deutschen Polizei und der Hlinkagarde vorzunehmen und zwar in der Bürgerschule, von wo die Festgenommenen durch die deutsche Polizei abtransportiert würden. Ebenso habe die Bewa-

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EG H, Lagebericht, Pressburg 6. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 27. EG H (III, Nagel), Vermerk, Betr.: Judenaktion, Pressburg 10. 9. 1944. Staatsarchiv Hamburg, 213–12 Staatsanwaltschaft Landgericht – NSG, Sg. 0599/018. 178

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chung des Gebäudes durch die deutsche Polizei zu erfolgen. 179 Weiterhin befahl Schönemann, dass Juden, die sich der Aktion entziehen oder sich verstecken würden, nach ihrer Verhaftung ebenfalls abzutransportieren seien. Die Festnahmen fanden am 13. und 14. September statt, zumeist auf Grund vorher ausgefertigter Verzeichnisse.180 Der erste Transport nach Ilava mit insgesamt 428 Juden verließ Žilina noch am 14. September, der nächste mit 18 Juden am Folgetag. Die weiteren Transporte hatten zunächst das Konzentrationslager Sered zum Ziel. So wurden bis Mitte Januar 1945 insgesamt 895 Juden aus Žilina in 23 Transporten deportiert. 181 Mehr als 700 von ihnen haben den Krieg nicht überlebt; die meisten fanden den Tod in den Gaskammern von Auschwitz. 182 Die größte Razzia gegen Juden wurde Ende September 1944 in der slowakischen Hauptstadt durchgeführt. Der Chef der Einsatzgruppe H berichtete am 20. September über die dort bereits erfolgten Festnahmen und erwähnte hierbei, dass noch größere Aktionen geplant seien.183 Die umfassendste fand in der Nacht zum 29. September statt, als ungefähr 1600 Juden festgesetzt wurden. 184 Witiska meldete noch am selben Tag dem RSHA: „Die Judenaktion erfolgte auf Anordnung der hiesigen Abteilung IV. Es wurden dazu 600 Mann des Heimatschutzes und der HG genommen,185 eine Kompanie Luftwaffe wurde zu Strassensperren eingesetzt. Reichsdeutsche Stellen traten also der Oeffentlichkeit nur gering in Erscheinung. Das Durchgehen des Judenviertels ergab 1000 Festnahmen. Durch Einzelaktionen wurden prominente und auch getaufte Juden zusätzlich festgenommen. Zahl der Festnahmen insgesamt 1600. Die Juden werden heute nach Sered überstellt, und von dort ins KL Auschwitz weitergeStaatspolizeiamt in Žilina, eingelangt 16. 9. 1944 (Abschrift). BArch B 162/1836. Meldung über den Abtransport von Juden – Amtliche Meldung, Žilina 16. 9.1944. BArch B 162/4618. 181 MV SSR, Správa vyšetrovania ŠtB Bratislava – Seznam transportů z Žiliny [Untersuchungsabteilung der ŠtB Bratislava – Transportliste aus Žilina]. AM SNP Banská Bystrica, IX, S 112/85. 182 Halaj 1990, S. 12. 183 Witiska an RSHA, BdS Krakau und Budapest und Prag, SPLS Wien und Brünn, SDLA Wien, 20. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 164. 184 Von 1600 festgenommenen Juden wird in den Berichten der EG H gesprochen. Dieselbe Zahl nennen auch Hlavinka und Nižňanský (Hlavinka 2009, S. 105), während Hafner und Schapira (Hafner, Georg M./Schapira, Esther: Die Akte Alois Brunner. Warum einer der größten Naziverbrecher noch immer auf freiem Fuß ist, Frankfurt 2000, S. 165) und Fatranová (Fatranová 2007, S. 325) die Zahl mit 1800 Verhafteten angeben und Halaj (Halaj 1990, S. 85) und Tóth (Tóth 2007, S. 117) sogar von 3000 Festgenommenen sprechen. 185 Die Dienststelle des deutschen Beraters der Hlinkagarde vermerkte die genaue Zahl der in dieser Aktion eingesetzten Hlinkagardisten aus Bratislava: „Bei der gemeinsam mit der FS und unter verantwortlichen Führung des BDS durchgeführten Judenaktion in der Nacht vom 28. zum 29. 9. 44 wurden von der Pressburger HG-Garnison 337 Gardisten eingesetzt.“ Dienststelle SS-Ostubaf Nageler, Tagesmeldung 19, Pressburg 29. 9.1944. IfZ München, MA 650/1 (4737–4762). 179 180

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leitet.“ 186 Zur Stimmung der Bevölkerung in Bratislava notierte er, dass in volksdeutschen Kreisen und bei der Hlinkagarde die Aktion begeisterte Zustimmung gefunden habe. Auch breite slowakische Schichten würden positiv zu ihr stehen; aus loyal eingestellten Regierungskreisen seien ebenfalls zustimmende Äußerungen erfasst worden. Lediglich die tschechoslowakische Intelligenz und Wirtschaftskreise sowie ausgesprochene Judenfreunde würden die Aktion ablehnen. 187 In einem internen Vermerk der Einsatzgruppe hieß es am 29. September: „Halb Pressburg war heute morgen auf den Beinen gewesen und hat dem Schauspiel der Judenevakuierung wie es in den Meldungen heisst mit offenkundiger Zustimmung zugesehen.“ 188 Im Oktober wurden die Aktionen gegen die Juden fortgesetzt. Die Abteilung IV der Einsatzgruppe H vermerkte in ihrer Tagesmeldung vom 8. Oktober, dass „laufend weitere Schlupfwinkel mit Juden erforscht und festgestellte Juden eingebracht“ worden seien.189 Häufig wurden in den Berichten die Mitwirkung von einheimischen Stellen und die allgemeine Zustimmung der slowakischen Bevölkerung zu den Festnahmen herausgestellt und unterstrichen. Witiska meldete: „Die Hlinka-Garde, der Deutsche Heimatschutz und auch die Bevölkerung beteiligen sich sehr lebhaft an der Festnahme von Juden.“ 190 Die Oberhand behielten die Einsatzgruppe H bzw. ihre einzelnen Kommandos. So wurde etwa über das Sonderkommando 7a berichtet, dass in den ersten Oktobertagen in Zusammenarbeit mit den Gardisten und der slowakischen Gendarmerie 158 Juden festgenommen worden seien. Man beschwerte sich über den Mangel an Mannschaften, weshalb es manchen Juden gelungen sei, sich der Festnahme durch Flucht zu entziehen. Dennoch war man überzeugt, dass die Festnahme auch dieser Juden im Laufe der Zeit möglich sein wird, da „Bevölkerung, Hlinka-Garde und slowakische Gendarmerie aufgefordert wurden, Nachforschungen anzustellen und der hiesigen Dienststelle im Erfolgsfalle Mitteilung zu machen. Darüberhinaus werden bei allen Aktionen des Kommandos die Ortschaften nach versteckten Juden überholt. Die Mitarbeit der HlinkaGarde war überall sehr gut.“ 191 Etwas problematischer schätzte der Führer des z.b.V.-Kommandos 15, Sturmbannführer Werner Hersmann, die Sachlage ein. Er beklagte sich Anfang 186 EG H (III A-C) an RSHA (III B), Pressburg 29. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194. Bl. 276 f. 187 Ebd. 188 EG H (III A-C, Hoppe), Vermerk: Erste stimmungsmässige Auswirkung der Judenaktion, Pressburg 29. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 37, Bl. 170. 189 EG H (IV), Tagesmeldung, Pressburg 8.10.1944. BArch R 70/Slowakei, 197, Bl. 14. 190 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 11. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 147. 191 EG H, Ic an die Abt. IV 4, Betr.: Auszug aus dem Tätigkeitsbericht des SK 7a für die Zeit vom 27. 9. bis 7. 10. 1944, Pressburg 19. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 56.

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November, dass „sich slowakische arische Staatsangehörige immer noch dazu hergeben, flüchtig gewordene Juden meist gegen Entgeld zu beherbergen und diese dem Zugriff der mit der Judenaktion beauftragten Hlinka-Garde zu entziehen versuchen.“ Er habe deshalb angeordnet, die betreffenden Slowaken, die Juden unterstützen, seiner Dienststelle zu überstellen, von wo aus sie einem Konzentrationslager zugeführt werden sollten. 192 Tatsächlich konnte die Unterstützung von Juden aber auch mit dem Tode bestraft werden. So erinnerte sich zum Beispiel ein jüdischer Überlebender, dass bei seiner Verhaftung auch die Leute, die ihn versteckt hatten, mitgenommen worden seien. Nach dem Krieg seien diese in einem Massengrab bei Trenčín identifiziert worden.193 Mitte November verschärften sich die Zustände in Bratislava. Das Notariatsamt rief im Auftrag des slowakischen Verteidigungsministeriums die in der Hauptstadt lebenden Juden auf, sich zwecks Abtransports nach Sered zu melden. In einer Bekanntmachung vom 16. November wurde angeordnet, dass sie sich „aus Rücksichten der öffentlichen Sicherheit“ unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, Beschäftigung und der „wie immer gearteten Bescheinigung slowakischer oder deutscher Amtsstellen oder Organe und ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht, am 20. November 1944, morgens 8 Uhr im Hofe des alten Rathauses am Primatial-Platz“ zu melden hätten, von wo sie in das „Arbeitslager zu Sered evakuiert“ würden. Die Anordnung beziehe sich auch auf die in gemischter Ehe lebenden Juden, sofern die Ehe kinderlos sei oder sofern die Kinder das 18. Lebensjahr erreicht hätten. Die Nichtbefolgung der Verordnung „zieht die Sicherstellung und Zuweisung in das Straflager nach sich“.194 Die Bekanntmachung wurde vor der Veröffentlichung dem Chef der Einsatzgruppe H übergeben, dessen Stab seine Zufriedenheit zum Ausdruck brachte und vermerkte, dass die Anordnung später auf die ganze Slowakei ausgedehnt werde.195 Das gewünschte Ergebnis der Meldeaktion blieb jedoch aus; nur eine geringe Zahl von Juden in Bratislava folgte dem Aufruf und meldete sich. Der Chef des z.b.V.-Kommandos 29, Sturmbannführer Franz Hoth, beschrieb am 23. November den Ausgang der Aktion wie folgt: „Von Sachkennern wird die Zahl der noch im Bereich der Stadt Pressburg anwesenden Juden auf tausend bis zwei192 Z.b.V.-Kommando 15 (Hersmann) an Bezirkshauptmann Fabian in Nitra, Betr.: Beherbergung von Volljuden durch slowakische arische Staatsangehörige, Nitra 6.11.1944. BArch B 162/19059, Bl. 392. 193 USC Shoah Foundation Institute for Visual History and Education, Videotaped interviews, Interview with Egon T. Lansky (code 30741). 194 Haššík an Witiska, Vyhláška na soustředění Židů, kteří bydlí v Bratislavě [Verordnung zur Konzentrierung sämtlicher Juden aus Bratislava], Nov. 1944. SNA Bratislava, NS, A 886. 195 EG H (III, Hoppe), Vermerk, Betr.: Abtransport sämtlicher Juden aus Pressburg, Pressburg 14. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 87.

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tausend geschätzt, von denen sich jedoch am 20. 11. vormittags nur 35 und bis nachmittags insgesamt 58 eingefunden hatten. Die Juden waren zum Teil alte, gebrechliche Leute der unteren Schichten und zum Teil gutsituierte Personen, die mit Taxis ankamen.“ Der Misserfolg der Aktion sei seiner Meinung nach hauptsächlich auf zwei Gründe zurückzuführen: „Erstens war in der Verordnung nichts über die Religionszugehörigkeit gesagt, sodass sich jeder getaufte Jude als Christ betrachten konnte, auf den sich die Bekanntmachung nicht bezog. Zweitens rechnen die Juden bis spätestens in einem Monat mit der Besetzung der Slowakei durch die Bolschewisten. Bis dahin wollen sie sich unter allen Umständen versteckt halten.“ 196 Ein weiterer von Hoth nicht erwähnter Grund mag aber auch gewesen sein, dass im November 1944 viele Juden offenkundig wussten, was sie erwartet hätte, wären sie in deutsche Hände geraten. Die Situation stellte sich jetzt vollkommen anders dar als im Frühjahr 1942, als die erste Deportationswelle von Juden aus der Slowakei begann. Die Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende und die zumindest ungefähre Kenntnis des Schicksals der im Jahr 1942 Deportierten führten dazu, dass sich einige Juden entschlossen, sich nicht zu stellen und sich lieber zu verbergen. Der Weg führte sie zumeist in die slowakischen Berge, wo sie glaubten, nicht aufgespürt zu werden. Das Leben auf der Flucht im Winter im Hochgebirge, mit der ständigen Angst entdeckt zu werden, war gewiss nicht leicht. Eine Überlebende erinnerte sich folgendermaßen an diese Zeit: „Die Deutschen hatten das Dorf und die Umgebung besetzt, trauten sich aber nicht in die Wälder. Unsere Männer gingen oft während der Nacht hinunter zum Dorf und brachten von dort Lebensmittel. So lebten wir in diesem Bunker bis Weihnachten 1944. Dann begannen die Deutschen und die dortigen Faschisten die Wälder ‚durchzukämmen‘. Wir flüchteten höher in die Berge und bauten einen anderen Bunker. Aber auch dort konnten wir nicht lange bleiben, denn die deutschen und faschistischen Patrouillen kamen verstärkt uns nach. Eines Nachts hörten wir plötzlich schiessen. Wir verliessen schnell aber vorsichtig unseren Bunker und sahen, dass ein Bunker, der etwa hundert Meter tiefer unter uns war, von Deutschen und Faschisten umzingelt, beschossen und mit Handgranaten beworfen wurde. So wurden viele Flüchtlinge in den Wäldern erschossen. Wir waren uns sicher, dass unsere Bunker sehr oft verraten wurden.“ 197 Es scheint in der Tat so gewesen zu sein, dass die Festnahmen von Juden häufig auf Grund von Denunziationen erfolgten. Urheber solcher Angaben

196 Z.b.V.-Kommando 29 (Hoth), 23.11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 312, Bl. 8 f. Am 22. November beschwerte sich Witiska auf einer Tagung in Bratislava, dass sich die Juden auf die Aufrufe nicht melden würden und die Judenaktion deshalb „noch monatelang währen“ würde. EG H, Niederschrift der Tagung vom 22. 11.1944. ABS Praha, 144–8–127. 197 Dub, Alice: War experiences with Slovakian partisans. WL London, Eyewitness Accounts, No. 786.

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war zumeist die einheimische Bevölkerung. Ihre Dienste stellten für die Angehörigen der Einsatzgruppe H, die sich erst seit kurzer Zeit auf slowakischem Gebiet befanden und alles andere als ortskundig waren, mit Sicherheit eine große und willkommene Hilfe dar. Auf der anderen Seite gab es aber auch Einheimische, die – trotz drohender Lebensgefahr – bereit waren, den Juden auf der Flucht zu helfen, sei es dadurch, dass sie ihnen Unterschlupf gewährten oder dadurch, dass sie diese mit Lebensmitteln sowie anderen notwendigen Sachen versorgten. So wurden zum Beispiel vom Stützpunkt des Einsatzkommandos 13 in Piešt’any der örtlichen Bezirkshauptmannschaft Mitte November 1944 drei Personen zur Bestrafung übergeben, denen vorgeworfen wurde, Juden versteckt bzw. verpflegt zu haben. 198 Die Verhaftung der Juden wurde in der Regel von den Angehörigen der Einsatzgruppe H vollzogen, häufig mit Unterstützung von Slowaken oder Volksdeutschen. Hierauf folgte zunächst die Verbringung der Festgenommenen in das nächste Gefängnis, das zumeist zu diesem Zweck der Einsatzgruppe H von slowakischen Stellen zur Verfügung gestellt werden musste. Die Häftlinge wurden registriert und in manchen Fällen, wenn man sich versprach, von ihnen den Aufenthaltsort weiterer versteckter Juden zu erfahren, vor ihrem Abtransport nach Sered vernommen. So berichtete zum Beispiel eine Überlebende, dass sie sich beim Verhör nackt ausziehen musste und dann traktiert wurde: „Einer hat genommen meinen Kopf zwischen seine Füße, zwei haben mich geschlagen, bis ich ohnmächtig geworden bin.“ 199 Dann wurde ihr Wasser ins Gesicht geschüttet, damit sie zu sich komme. Sie sollte das Versteck ihres Vaters und ihrer Geschwister verraten. Ähnlicher ‚Vernehmungsmethoden‘ bediente man sich auch in der „Judensammelstelle“, die bei Festnahmen von Juden eine wichtige Rolle spielte. Sie wurde Mitte Oktober 1944 in der Edelgasse in Bratislava eingerichtet, in jenem Gebäude, in dem sich zuvor die mit Beginn des Aufstands aufgelöste „Judenzentrale“ befunden hatte. Die Aufgabe der Sammelstelle bestand in der Suche nach versteckten Juden, ihrer Verhaftung und Überführung nach Sered. 200 Die organisatorische Einordnung der Dienststelle ist nicht eindeutig zu klären; sehr wahrscheinlich ist aber, dass sie durch die Einsatzgruppe H zumindest überwacht wurde. Fest steht, dass wenigstens drei Angehörige vom Stab der Einsatzgruppe H zur „Judensammelstelle“ abkommandiert wurden, während das übrige Personal in Bratislava geborene und zur Waffen-SS oder zum Heimat198 EK 13 (SP Pistyan, Bogendorfer) an die Bezirkshauptmannschaft Pistyan, Betr.: Unterstützung von Juden durch Slowaken, Pistyan 17. 11. 1944. AM SNP Banská Bystrica, IX, S 63/2001. 199 USC Shoah Foundation Institute for Visual History and Education, Videotaped interviews, Interview with Lea Eckstein (code 36381). 200 Tsch. Regierungskommission an ZSt Ludwigsburg, Denkschrift im Verfahren gegen Hauskrecht, 12. 9.1970. BArch B 162/1872.

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schutz eingezogene Volksdeutsche bildeten. Es konnten insgesamt 17 Angehörige ermittelt und identifiziert werden; 201 mehr Mitarbeiter dürfte die Dienststelle nicht gehabt haben. Zum Chef der „Judensammelstelle“ wurde Gustav Hauskrecht ernannt, auch wenn er dies nach dem Krieg in allen seinen Vernehmungen vehement bestritt. Zunächst verweigerte er bei seinen Verhören die Aussage zu allen Fragen, die seine mögliche Anwesenheit oder Tätigkeit in der Edelgasse zum Gegenstand hatten. 202 Später sagte er zwar aus, doch präsentierte er den verhörenden Beamten zum großen Teil vollkommen ersonnene Geschichten. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart war nicht imstande, Gegenbeweise zu erbringen und resümierte deshalb: „Die zeitlich begrenzte Tätigkeit des Angeschuldigten bei der Judensammelstelle und seine häufige Abwesenheit sprechen dagegen, dass Gustav Hauskrecht rechtlich oder auch nur faktisch Leiter der Judensammelstelle war.“ 203 Unberücksichtigt blieb dabei beispielsweise ein persönlicher Brief von Hauskrecht vom März 1945, in dem er sich selbst mit einem gewissen Stolz als Leiter der „Judensammelstelle“ bezeichnete: „Inzwischen habe ich von unserem Volksgruppenführer verschiedene Spezialaufgaben aufgetragen bekommen, wozu ich selbstverständlich Männer benötigte, unter anderen wurde ich zum Leiter der Judensammelstelle /Judenkönig/ ernannt.“ 204 Hauskrecht wurde nie vor Gericht gestellt, auch wenn er für eine Vielzahl von Verbrechen hätte verantwortlich gemacht werden können. In einigen Fällen begingen die Angehörigen der Dienststelle direkten Mord, vielfach prügelten sie ihre Häftlinge bis zur Bewusstlosigkeit. 205 Um ihrem Auftrag nachzukommen, führten sie Kontrollen auf den Straßen durch, bedienten sich 201 Angehörige der „Judensammelstelle“, die vom Stab der EG H abgeordnet wurden: Oscharf Karl Heinrich Ewald (* 20. 5. 1911 Hamburg), Oscharf Heinrich Hahn (* 14. 5. 1906 Wien) und Sscharf Wilhelm Karl Henschel (* 19. 10. 1901 Küstrin). Weitere Angehörige der „Judensammelstelle“ (alle in Bratislava geboren): Rudolf Güssing (* 8. 3. 1917), Martin Halama (* 23. 8. 1899), Gustav Hauskrecht (* 13. 6. 1913), Stefan Huber (* 16. 8. 1907), Robert Kersten (* 15. 3. 1915), Karl Kopcsa (* 15. 6. 1912), Ondrej Kundak (* 17.11.1897), August Leinwandter (* 17. 7. 1907), Jozef Pour (* 30. 9. 1904), Gustav Schwantzer (* 5. 5.1911), Robert Schwantzer (* 9. 8.1913), Hans Seilinger (* 7. 4.1913), Karl Georg Seilinger (* 6.1.1922) und Erich Sirchich (* 26. 5.1910). Die Zusammenstellung wurde hauptsächlich anhand der von der Zentralen Stelle im Rahmen des Verfahrens gegen Gustav Hauskrecht gewonnenen Erkenntnisse erstellt. BArch B 162/1825–1878. 202 Vernehmung Gustav Hauskrecht, 3. 3. 1970. BArch B 162/1863. 203 StA Stuttgart, Antrag auf Außerverfolgungsetzung – Verfahren gegen Hauskrecht u. a., 31. 5. 1972. BArch B 162/1830, Bl. 966–1048, hier Bl. 1047. 204 Hauskrecht an Roman (ein nicht ermittelter ehemaliger Angehöriger der Einsatztruppe der Deutschen Partei), 22. 3. 1945. Ebd., Bl. 938–941. 205 Die Angehörigen der Dienststelle überschritten eigenwillig mit der Ermordung der Verhafteten den „Rahmen der Dienstpflichten“, da die physische Liquidation der Juden vor Ort selbst nicht geplant war. Tsch. Regierungskommission an ZSt Ludwigsburg, Denkschrift im Verfahren gegen Hauskrecht, 12. 9.1970. BArch B 162/1872.

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häufig verschiedener Konfidenten, welche die Verstecke von Juden verrieten, oder versuchten durch Folter von Verhafteten Angaben zu Unterschlupfen zu erhalten. Es konnte festgestellt werden, dass das Prügeln in der Edelgasse „zu den geläufigen Untersuchungsmethoden“ gehörte und dass es unter den Häftlingen der Dienststelle nur wenige gab, die nicht geschlagen wurden. 206 Die Zustände in der „Judensammelstelle“, insbesondere die dort praktizierten Foltermethoden betreffend, werden in Aussagen von zahlreichen Zeugen beschrieben. Mit folgendem Bericht eines Überlebenden, der Anfang März 1945 verhaftet und in die Edelgasse überführt wurde, sei hier nur ein Beispiel für das Prügeln durch die Angehörigen der Dienststelle angeführt: „Der mich würgende [Heinrich] Hahn drückte mich an die Wand, als mich dann die übrigen, einschließlich des Beschuldigten [Robert Schwantzer], begonnen haben zu ohrfeigen, fiel ich zu Boden. Irgendeiner schrie dann, ich solle aufstehen. Als dies geschehen war, gab einer der Genannten, ich erinnere mich nicht mehr wer, den Befehl, dass ich die Hose herunterlassen soll, da packten sie mich und bückten mich über die Lehne des Fauteuils und begannen alle, also auch der Beschuldigte, mich auf den Kopf, den Rücken, die hinteren Körperteile und Füße mit Peitschen zu schlagen und fragten mich nach dem Versteck meines Sohnes, das ich verraten sollte. […] Als sie sahen, dass ich das Versteck meines Sohnes nicht verrate, rief einer von ihnen, dass sie dies doch erfahren werden. Gleich darauf führten sie meine Frau herein. Mich stellten sie zur Seite vom Fauteuil und fragten nach dem Versteck ihres Sohnes. Als sie das Versteck nicht verraten wollte, legten sie sie auf die gleiche Weise über das [sic] Fauteuil und schlugen sie in der gleichen Weise wie mich mit Peitschen, und zwar alle, auch der Beschuldigte. Als ich sah, dass dies menschlich nicht mehr auszuhalten ist, rief ich, sie sollten aufhören, ich verrate das Versteck. So geschah es auch.“ 207 Der dreijährige Sohn wurde aus seinem Versteck in einem Kloster geholt und am 12. März 1945 mit seinen Eltern aus Sered nach Theresienstadt abtransportiert. 208 2.3.3. Konzentrationslager Sered Der Großteil der festgenommenen Juden wurde zunächst in das Konzentrationslager Sered überführt. Der Ort, 15 Kilometer von Trnava entfernt, diente bereits bei den Deportationen 1942 als Konzentrationslager bzw. nach deren Abschluss im September 1942 bis zum Ende August 1944 als Arbeitslager für Juden. 209 Zwischen den zwei Deportationswellen arbeiteten und lebten dort bis

206

Ebd. Vernehmung Adalbert Lemberger, April 1947. BArch B 162/1870, Bl. 1009 f. 208 In Theresienstadt wurden alle drei im Mai 1945 befreit. Für die Mitteilung bedankt sich die Verfasserin bei Daniel Putík. 209 Im Jahre 1942 wurden insgesamt 4463 Juden aus Sered deportiert. Hlavinka 2009, S. 36. 207

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zu 1200 Juden. Sered gehörte mit Nováky und Vyhne zu den größten Lagern solcher Art auf slowakischem Boden. Der Ausbruch des Aufstands Ende August 1944 löste in den Lagern Unruhe und Chaos aus. Die Häftlinge waren sich bewusst, dass sich ihre Situation mit der Besetzung der Slowakei durch deutsche Truppen rapide verschlechtern würde und versuchten deshalb zu fliehen. Die Abteilung 14 des slowakischen Innenministeriums, der die Arbeitslager unterstellt waren, berichtete am 31. August 1944 über Sered, dass die Bewacher des Lagers – slowakische Gendarmen 210 – den Ort verlassen hätten, wonach dort „große Panik ausbrach und die Häftlinge in die Umgebung zu desertieren begannen. Im Lager verblieben lediglich 15 Juden.“ 211 In den ersten Septembertagen wurde das Sereder Lager jedoch wieder schnell in Betrieb genommen. Es wurde beschlossen, dass es als Sammellager für Juden zu dienen habe, von dem aus alle zukünftigen Transporte abgehen sollten. Die Überwachung übernahmen nun deutsche Stellen, wobei zunächst am 12. September 33 Angehörige des volksdeutschen Heimatschutzes in das Lager abkommandiert wurden, um dort die Aufsicht auszuüben. Mit der Leitung des Lagers wurde der 21-jährige Franz Knollmayer beauftragt, zu seinen Stellvertretern wurden Josef Häckel und Ludwig Kubik ernannt. Sie verrichteten ihren Dienst in Sered bis 28. September 1944, dann wurden alle drei verhaftet. Nach einer späteren Aussage von Häckel habe ihre Festnahme damit zusammengehangen, dass sie ihnen „nicht zustehende Geldbeträge vereinnahmt hatten und insbesondere zu jüdischen Mädchen freundschaftliche Beziehungen unterhalten haben.“ 212 Bei diesen von Häckel erwähnten „freundschaftlichen Beziehungen“ dürfte es sich vielmehr um Vergewaltigung der im Lager inhaftierten Jüdinnen durch ihre Bewacher gehandelt haben, wodurch sich die Betroffenen laut NS-Gesetzen der Rassenschande schuldig machten und demzufolge vor Gericht gestellt werden mussten. 213 Der September 1944, als Knollmayer das Lager leitete, galt als Vorbereitungszeit für die Deportationen. In dieser Phase gab es noch keine Transporte in die Vernichtungslager. Im Lager herrschte Improvisation und zum Teil voll210 Die Arbeitslager wurden seit April 1944 durch Gendarmerie bewacht, welche die Hlinkagardisten auf diesem Posten ablöste. Ebd., S. 63. 211 Prezídium MV, Predmet: Bezpečnostné pomery v pracovných táboroch/stredík Židov [Präsidium des MV, Betr.: Sicherheitslage in den Arbeitslagern/-zentren für Juden], Bratislava 31. 8.1944. SNA Bratislava, MV 1939–1945, 581. 212 Vernehmung Josef Häckel, 1. 6. 1982. BArch B 162/18913, Bl. 547. 213 Knollmayer (* 14.11.1922 Bratislava), Häckel (* 1. 2. 1923 Bratislava) und Kubik (* 2. 5. 1921 Bratislava) wurden zunächst im Schloss in Sered inhaftiert, dann nach Bratislava eskortiert und dort im Gefängnis des Kreisgerichts bis zu ihrer Verurteilung in Haft gehalten. Im Februar 1945 überführte man sie nach Dachau, von wo aus sie in den letzten Kriegstagen noch in Marsch gesetzt wurden. Vernehmung Franz Knollmayer, 28. 5. 1946. NA Praha, 316, Pamětní spis A. Brunner [Denkschrift A. Brunner] – 88.

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kommene Willkür. Die Angehörigen der Wachmannschaft folterten die Inhaftierten; in einigen Fällen kam es zu Erschießungen von Häftlingen. 214 Ein ehemaliger Insasse des Lagers erinnerte sich später an folgendes Vorgehen: „Mir ist bekannt, dass im KZ Sered eine solche Praxis eingeführt war, dass – wenn jemand von den konzentrierten Juden aus dem Lager flüchtete und die Gestapo ihn ergriff – diese Person in das Lager zurückgebracht wurde, wo sie zeigen musste, wie sie aus dem Lager entkam; dabei wurde eine jede solche Person erschossen und die Sache wurde so legalisiert, als ob sie bei der wirklichen Flucht aus dem Lager erschossen wäre.“ 215 Die größte Aktion, bei der es mehrere Todesopfer sowie zahlreiche Schwerverletzte gab, fand in der Nacht zum 24. September statt, die später als „Bartholomäusnacht“ bezeichnet wurde. Um zehn Uhr abends wurden alle Insassen des Lagers (unter ihnen Greise, Frauen und Kinder) aufgefordert, sich zwecks eines Nachtappells auf dem Hof einzufinden. Bis drei Uhr morgens mussten sie dann auf dem Hof im Kreis laufen, wobei die Angehörigen des Bewachungspersonals mit Stöcken und Peitschen auf die Masse einschlugen. 216 Die genaue Zahl der in dieser Nacht Ermordeten und Schwerverletzten ist nicht eindeutig festzustellen. Ein Zeuge, der damals in Sered den Dienst als „Judenpolizist“ versah, sagte nach dem Krieg aus, dass von den mehr als 3000 Häftlingen, die am Nachtappell hätten teilnehmen müssen, ungefähr sieben Prozent schwer und weitere sieben Prozent leicht verletzt worden seien und dass er am nächsten Tag beinahe 300 Menschen im Lagerkrankenhaus gesehen habe. 217 Der damalige Hauptarzt in Sered erinnerte sich wiederum, dass ihm in das Krankenhaus zirka 60 bis 68 schwerer oder leichter verletzte Personen eingeliefert worden seien. 218 Die radikale Lösung der „Judenfrage“ in der Slowakei, wie sie insbesondere der Chef der Einsatzgruppe H mehrmals in seinen Berichten ansprach, sollte im Abtransport der Juden in die Vernichtungslager ihren Ausdruck finden. Für diese Aufgabe wurde Ende September 1944 ein erprobter Experte des RSHA, einer der wichtigsten Mitarbeiter Adolf Eichmanns bei der Realisierung der „Endlösung der Judenfrage“, in die Slowakei beordert – der Hauptsturmführer Alois Brunner. 219 Bevor er nach Bratislava abkommandiert und zum Leiter des 214

Nach Fatran wurden bis Kriegsende 44 Juden in Sered ermordet. Fatran 1996, S. 118. Vernehmung Vojtech Kvetňanský, 9.1.1969. NA Praha, 316, Pamětní spis A. Brunner [Denkschrift A. Brunner] – 88. 216 Hlavinka 2009, S. 103 f. 217 Vernehmung Vít’azoslav Gidaly, 16. 5.1946. NA Praha, 316–192–1. 218 Vernehmung Paul Mayer (o. D.). NA Praha, 316, Pamětní spis A. Brunner [Denkschrift A. Brunner] – 88. 219 Alois Brunner (* 8. 4. 1912 Rohrbrunn; † unbekannt), SS-Hauptsturmführer, Mitarbeiter Eichmanns bei der Realisierung der „Endlösung der Judenfrage“ in Wien, Berlin, Griechenland, Frankreich und der Slowakei. Nach dem Krieg tauchte er in Syrien unter. 215

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

Konzentrationslagers in Sered ernannt wurde, hatte er sich seit 1941 an der Organisation und Durchführung der Deportationen von ungefähr 120 000 Juden aus Wien, Griechenland und Frankreich beteiligt. 220 Nach seiner Ankunft in Sered wurden die Deportationen aus der Slowakei sofort wieder aufgenommen und sollten die nächsten sechs Monate bis Ende März 1945 andauern. Der Auftrag, mit dem Brunner in die Slowakei gekommen war, bestand darin, sämtliche Juden aus der Slowakei abzutransportieren. Nicht völlig einwandfrei zu klären ist dagegen sein Verhältnis zur Einsatzgruppe H. Der Leiter der Abteilung IV im Stab der Einsatzgruppe, der Hauptsturmführer Otto Koslowski, sagte nach dem Krieg aus, dass Brunner nach seiner Ankunft in Bratislava bei Witiska erschienen sei und „die Evakuierung der Juden im Auftrage des RSHA“ übernommen habe. 221 Ein weiterer Mitarbeiter des Stabs, der Hauptsturmführer Helmut Hoppe, erinnerte sich in diesem Zusammenhang wie folgt: „Brunner war der Bearbeiter für Judenangelegenheiten. Er war meiner Ansicht nach disziplinär dem BdS unterstellt, sachlich aber nicht. Wenn ich mich nicht irre, dann hieß es, er unterstehe direkt Berlin. Seine Dienststelle befand sich nicht im Palisadenweg [dem Sitz der Einsatzgruppe H – L. Š.].“ 222 In den tschechoslowakischen Ermittlungsakten aus den 1970er Jahren wurde festgehalten, dass Brunners Funktion „als Beauftragter der judenfeindlichen Abteilung des RSHA bei der Einsatzgruppe H bezeichnet werden“ könne. 223 Auf Brunners Stammkarte in seiner SSO-Akte findet sich der Eintrag „abgeordnet Einsatzgr. H“. 224 Es ist anzunehmen, dass Brunner in der Tat direkt dem RSHA unterstand, vor Ort jedoch im gewissen Sinne auf den Chef der Einsatzgruppe H angewiesen war und deshalb eine enge Zusammenarbeit mit ihm anstrebte und praktizierte. Bei der Organisation des Lagers bediente sich Brunner einer bewährten und an anderen ähnlichen Orten üblichen Vorgehensweise. Er führte eine genaue Hierarchie unter den Häftlingen ein und benutzte sie für bestimmte Tätigkeiten im Lager, so zum Beispiel im administrativen Bereich. 225 Die Funktion des Judenältesten, dem ein zwölfköpfiger Judenältestenrat zur Verfügung stand, wurde an Emanuel Kolm übertragen. 226 Für jede Baracke wurde ein Kapo ernannt. Des Weiteren wurde auf Anweisung Brunners ein Jüdischer Ordnungsdienst 220 Ungefähr 50 000 österreichische Juden, 46 000 Juden aus Griechenland und 24 000 aus Frankreich. Mitteilung per E-Mail von Claudia Kuretsidis-Haider (FStN Wien) an die Verfasserin vom 5. 10. 2009. 221 Vernehmung Otto Koslowski, 29. 1. 1947. ABS Praha, 52–52–7. 222 Vernehmung Helmut Hoppe, 3. 4. 1968. BArch B 162/1869. 223 Tsch. Regierungskommission an ZSt Ludwigsburg, Denkschrift in der Strafsache gegen Alois Brunner, 7. 11. 1978. BArch B 162/18911, Bl. 17–31. 224 BArch (ehem. BDC), SSO, Brunner, Alois, 8. 4.1912. 225 Die folgende Schilderung nach Hlavinka 2009, S. 114–116. 226 Kolm wurde nach dem Krieg wegen seiner Tätigkeit in Sered zu sechs Monaten Haft

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(„Judenpolizei“) für das ganze Lager gebildet, zu dessen Aufgaben unter anderem das Zählen der Häftlinge während der regelmäßigen Appelle gehörte. Eine genaue Zahl der „Judenpolizisten“ ließ sich nicht ermitteln; es dürften aber auf jeden Fall mehr als zehn gewesen sein. 227 Einer von ihnen machte nach dem Krieg über seinen Dienst in Sered folgende Aussage: „Ich wurde am 16. September 1944 als eine Person jüdischen Ursprungs in Trnava festgenommen und in das KZ in Sered abgeschleppt, wo ich nach einigen Tagen dem inneren Ordnungsdienst zugeteilt wurde. In diesem Lager blieb ich bis zum 31. 3. 1945, wann ich mit weiteren konzentrierten Personen mit dem letzten Transport von Sered in das KZ in Terezín weggeschleppt wurde. Was meine Eingliederung in den Ordnungsdienst anbelangt, geschah dies nur deshalb, dass meine Gattin Arierin war, und ich habe deshalb diesen Dienst eigentlich verübt, um nicht in andere Lager abgeschleppt zu werden.“ 228 Die Lebensbedingungen in Sered waren für die meisten Häftlinge sehr hart. Gleich nach ihrer Einlieferung in das Lager wurden ihnen das gesamte Geld, der gesamte Schmuck und alle anderen Wertsachen abgenommen. Das Lager an sich war überfüllt, nur unzureichend mit Lebensmitteln versorgt und nicht gegen die Kälte des Winters gerüstet. Hinzu kamen regelmäßige Misshandlungen seitens der Wachmannschaften. Dies verdeutlichen die folgenden Erinnerungen eines früheren Häftlings in Sered: „Es war schliesslich mit gegen 3000 Juden belegt, weit über die Zahl hinaus, die das Lager fassen konnte. In einem grossen Raum, in dem früher 50 Internierte untergebracht waren, befanden sich nunmehr 150 Leute. Die bisher mit 8 Personen belegten Familienbaracken hatten jetzt 20–23 Insassen. […] Jeden Morgen hatten die Lagerinsassen zum Appell anzutreten und wurden dann zur Arbeit eingeteilt. Die Arbeitszeit in den Fabriken und Werkstätten war 10–12 Stunden lang. Die Arbeit selbst war aber nicht allzu schwer. […] Das Leben wäre noch einigermassen erträglich gewesen, wenn wir nicht ständig unter den Quaelereien und Misshandlungen durch die SS-Bewachungsmannschaft zu leiden gehabt hätten. Austeilen von Schlägen war an der Tagesordnung.“ 229 Von Anfang September 1944 bis Ende März 1945 wurden fortlaufend Häftlinge nach Sered gebracht. Die meisten von ihnen gelangten nach den größeren verurteilt. Urteil Emanuel Kolm, OLS Bratislava, 9. 10. 1946. ŠA Bratislava, OLS Bratislava, Tlud 126/46 (Kolm). 227 Aus verschiedenen strafrechtlichen Ermittlungsakten konnten folgende Namen der „Judenpolizisten“ ermittelt werden: Richard Berger, Dezider Frey, Vít’azoslav Gidaly, Hugo Grossmann, Artur Jelínek, Vojtech Kvetňanský, Dezider Quittner, Ladislav Rosenzweig, Vojtech Rosenzweig, Mikuláš Šebesta und Michal Šnap. 228 Vernehmung Vojtech Kvetňanský, Trnava 9. 1. 1969. NA Praha, 316, Pamětní spis A. Brunner [Denkschrift A. Brunner] – 88. 229 Erlebnisse und Beobachtungen des Herrn A. Schweid unter nationalsozialistischer Herrschaft. WL London, Eyewitness Accounts, No. 217.

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

Razzien in den ersten zwei Monaten nach der Besetzung der Slowakei durch deutsche Truppen in das Lager, viele aber auch später und vereinzelt, je nachdem wie sie von den einzelnen Kommandos der Einsatzgruppe H oder auch von anderen Einheiten festgenommen wurden. Anhand der zum Teil erhalten gebliebenen Listen, in denen die Ankommenden registriert wurden, kann die Gesamtzahl der in Sered inhaftierten Personen, zumindest der verzeichneten, festgestellt werden. Der letzte Häftling wurde am 30. März 1945 und somit drei Tage vor der Befreiung des Lagers durch die Rote Armee eingetragen. Seine Karteinummer in den Registrierungslisten lautete 11 719. 230 Zudem sei darauf hingewiesen, dass in Sered neben den Juden und ihren nichtjüdischen Verwandten in einem abgesonderten Teil des Lagers noch etwa 500 bis 600 Aufständische oder ihre Unterstützer gefangengehalten wurden. 231 Daraus ist zu folgern, dass seit September 1944 mindestens 12 200 Häftlinge in Sered inhaftiert waren. Das Lager war jedoch nur eine „Umsteigestation“, nur ein Halt auf dem Weg in die geplante Vernichtung. Die Deportation aller Juden von slowakischem Gebiet war das erstrebte und eigentliche Ziel. 2.3.4. Deportationen aus der Slowakei Am 1. Oktober 1944 kündigte der Chef der Einsatzgruppe H die Wiederaufnahme der Deportationen von Juden aus dem Konzentrationslager Sered an: „Heute wurden ersten [sic] 2000 Juden aus Sered nach Auschwitz transportiert. Am 3. X. sollen die nächsten 2000 Juden transportiert und der Rest von 1600 Juden in einigen Tagen abtransportiert werden.“ 232 Die Einreihung der Inhaftierten in die Transporte erfolgte auf Grund der vorher erstellten Listen. Nicht selten nahm auch der Lagerkommandant an diesem Vorgang teil. Nach Erinnerung eines ehemaligen Häftlings, der im Lager als „Judenpolizist“ den Dienst verrichtete, verlief der Prozess wie folgt: „Ich habe persönlich mehrmals gesehen, wie Alois Brunner Personen jüdischen Ursprungs antreten liess, unter welchen er dann die Personen aussuchte, welche in andere Lager abtransportiert werden sollten. Er machte es so, dass er in der Hand einen Gehstock hatte, welchen er der betreffenden Person hinter den 230 Die Listen der neu registrierten Häftlinge in Sered für den Zeitraum vom 19.11. 1944 bis zum 30. 3. 1945 wurden erst 2008 im Keller des Slowakischen Nationalarchivs gefunden. Der Verfasserin wurde der Zugang zu diesen durch das Slowakische Nationalarchiv nicht ermöglicht. SNA Bratislava, Koncentračný tábor v Seredi 1941–1945, Evidenčné denníky [Konzentrationslager in Sered 1941–1945, Registraturbücher]; zitiert nach Hlavinka 2009, S. 110 f. 231 Tsch. Regierungskommission an ZSt Ludwigsburg, Denkschrift in der Strafsache gegen Alois Brunner, 7. 11. 1978. BArch B 162/18911, Bl. 17–31, hier Bl. 23. 232 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 1.10.1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 7. Der erste Transport verließ Sered bereits am 30. September 1944.

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Hals legte, er zog die Person heraus und schickte sie in den Transport.“ 233 Ein weiterer Häftling, der in der Kartothek des Lagers arbeitete, sagte in diesem Zusammenhang aus, dass Brunner vor der Abfahrt eines jeden Transports der Lagerkartei eigenhändig die Karteikarten der zur Deportation bestimmten Juden entnommen hätte. Die so durch ihn ausgewählten Häftlinge hätten am Hof antreten müssen, wo sie nochmals registriert worden seien, wobei eine Kopie dieser Listen im Lager geblieben und die andere der Eskorte des Zuges übergeben worden sei. 234 Dass Brunner die Deportationen beliebig beeinflussen konnte, ist auch am folgenden Beispiel zu sehen: Nach seiner Ankunft in Bratislava versuchte er die Funktionäre der aufgelösten „Judenzentrale“ zur Mitarbeit zu gewinnen. 235 Als Gisi Fleischmann sein Angebot ablehnte, ließ er sie am 15. Oktober nach Sered deportieren und von dort zwei Tage später nach Auschwitz. 236 In der Deportationsliste soll er zu ihrem Namen die Buchstaben RU („Rückkehr unerwünscht“) nachgetragen haben. Fleischmann sei nach der Ankunft des Transports in Auschwitz bei der Selektion tatsächlich von anderen Häftlingen getrennt und sofort in den Tod geschickt worden. 237 Die Bedingungen in den Deportationszügen waren in den meisten Fällen katastrophal. Die Häftlinge wurden über mehrere Tage lang in geschlossenen Waggons ohne Fenster, in Kälte und zumeist ohne jegliche Versorgung gefangengehalten. Die Güterzüge waren überfüllt, sodass man nicht sitzen konnte, sondern die ganze Fahrt im Stehen absolvieren musste. Ein Überlebender erinnerte sich an hysterische Szenen, da nach seiner Aussage alle gewusst hätten, wohin sie gefahren würden und was mit ihnen passieren werde. 238 Die Anzahl der zwischen September 1944 und März 1945 deportierten Juden aus der Slowakei ist nicht genau zu ermitteln. Auch die genauen Daten und Ziele der Transporte sind nicht in jedem konkreten Fall einwandfrei festzustellen. Die Angaben stützen sich auf mehrere Quellen und weichen demzufolge stellenweise voneinander ab. In Bezug auf Sered wird immerhin als belegt angenommen, dass seit dem 30. September 1944 bis zur Befreiung des Lagers am 2. April 1945 insgesamt elf Transporte mit mindestens 11 500 Häftlingen das Lager verließen. Wichtige Angaben haben in diesem Zusammenhang in erster Linie ehemalige 233 Vernehmung Vojtech Kvetňanský, Trnava 9. 1. 1969. NA Praha, 316, Pamětní spis A. Brunner [Denkschrift A. Brunner] – 88. 234 Vernehmung Alexander Weiss (Gregor), YVA, M 45/940; zitiert nach Hlavinka 2009, S. 123. 235 Die „Judenzentrale“ fungierte bis Ende August 1944 als Vermittler zwischen der jüdischen Bevölkerung und der slowakischen Regierung für die Angelegenheiten der Juden in der Slowakei. Ausführlich zur „Judenzentrale“ in Bratislava siehe Hradská 2008. 236 Ebd., S. 40 f. 237 Hlavinka 2009, S. 124. 238 USC Shoah Foundation Institute for Visual History and Education, Videotaped interviews, Interview with Egon T. Lansky (code 30741).

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Häftlinge geliefert. Einer von ihnen, Alexander Gregor (Weiss), der in der Kartothek des Lagers von September 1944 bis Ende März 1945 arbeitete, sagte Folgendes aus: „Mit Rücksicht auf diese Arbeit bei der Karthotek sind mir manche Sachen bekannt geworden, die ich mir, ohne dass jemand etwas davon gewusst hat, auf kleinen Stücken Papier notiert habe, welche Notizen ich dann stets bei mir getragen hatte, bis zu jener Zeit, als ich vom Konzentrationslager Theresienstadt heimgekehrt war.“ Anhand dieser Notizen erstellte er eine Liste mit einzelnen Terminen von Transporten und der Zahl der Personen in diesen. 239 In ähnlicher Weise hat auch ein weiterer ehemaliger Häftling, Adolf Rosenberg, Notizen über die Transporte verzeichnet. Beide Aufstellungen stimmen, von einigen Ausnahmen abgesehen, im Großen und Ganzen überein: 240 Datum

Rosenberg

Gregor (Weiss)

30. 9. 1944

1860

3.10. 1944

1836

= 3770

10.10.1944

1890

1882

17.10.1944

920

862

2.11.1944

930

920

16.11. 1944

785

782

2./3.12. 1944

742

772

19.12. 1944

944

944

16.1.1945

681

681

9. 3. 1945

549

549

31. 3. 1945

370

370

Insgesamt

11 507

11 532

Nicht allzu differierende Angaben finden sich auch in verschiedenen Berichten der Einsatzgruppe H. Wie bereits erwähnt, meldete Witiska am 1. Oktober 1944, dass in den folgenden Tagen 5600 Juden aus der Slowakei hätten deportiert werden sollen. Dieser Plan wurde dann auch verwirklicht. Witiska konnte zehn Tage später berichten, dass 5581 Juden nach Auschwitz verbracht worden, während 695 noch in Sered verblieben seien. 241 Nach einer Woche erhöhte sich die Zahl der nach Auschwitz Deportierten auf 6513, 242 Mitte November waren 239 Protokoll über die Einvernahme des Zeugen Alexander Gregor am 5. 3. 1970. BArch B 162/1830, Bl. 906–908. 240 Angaben nach Fatran 1996, S. 118. 241 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 11. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 147. 242 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 18. 10. 1944. Ebd., Bl. 227.

Judenverfolgung

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es nach den Angaben der Einsatzgruppe H bereits 8500. 243 Aus dem Dezember 1944 stammen zwei Einträge; im ersten wurde über 8975 in „deutsche KL“ überführte Juden gesprochen, 244 während der Tagesbericht der Einsatzgruppe vom 20. Dezember folgende Notiz enthält: „Bisher wurden 10.223 Juden abtransportiert. Aus Pressburg allein wurden 3.500 Juden herausgeholt.“ 245 Der letzte die Deportationen betreffende Eintrag in den Dokumenten der Einsatzgruppe H, der gefunden werden konnte, ist auf den 7. Februar 1945 datiert und lautete wie folgt: „Durch Sipo 12 000 Juden in KZ verbracht.“ 246 Schaut man sich noch eine andere Quelle an, nämlich das Kalendarium der „Hefte von Auschwitz“, so lassen sich in Bezug auf die im Herbst 1944 aus der Slowakei deportierten Juden weitere Angaben ermitteln. Am 18. Oktober 1944 sollen 5000 Juden aus der Slowakei (Männer, Frauen und Kinder) in den Gaskammern von Auschwitz getötet worden seien. Für den 29. Oktober 1944 ist im Kalendarium ein RSHA-Transport aus Sered verzeichnet, bei dem man nach der Ankunft bis auf sieben alle Häftlinge sofort in den Tod geführt habe. Aus dem Transport vom 3. November 1944 wiederum seien nach der Selektion 509 Männer in das Lager gelangt, während die übrigen vergast worden seien. 247 Am 28. November 1944 wurden auf Befehl Himmlers mit Hinsicht auf den Vormarsch der Roten Armee die Vergasungen in Auschwitz eingestellt. Für die Transporte von Juden, auch für die aus der Slowakei, mussten andere Zielorte bestimmt werden. Die letzten vier Deportationszüge aus Sered gingen so nach Theresienstadt, wobei die ersten zwei, die am 19. Dezember 1944 und am 16. Januar 1945 Sered verließen, unterwegs noch getrennt wurden; nach Theresienstadt gelangten nur Mütter mit Kindern, Alte und Kranke, während Männer nach Sachsenhausen und Frauen ohne Kinder nach Ravensbrück gebracht wurden. In Theresienstadt kamen in den letzten Kriegsmonaten insgesamt 1447 Juden aus Sered an, von denen 1407 dort das Kriegsende und die Befreiung erlebten. 248 Die überwiegende Mehrheit der seit September 1944 aus der Slowakei deportierten Juden verließ das Land in Transporten, die in Sered zusammen243 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 15. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 98. 244 EG H (IV L), Pressburg 9. 12.1944. ABS Praha, 302–64–11. 245 EG H, Tagesbericht, Pressburg 20. 12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 208. 246 EG H (Ic), Funkspruch an Hornisse II, Pressburg 7. 2. 1945. BArch R 70/Slowakei, 351, Bl. 32. In diese Zahl werden offensichtlich alle aus der Slowakei deportierten Juden (nicht nur aus Sered) einbezogen oder aber es handelt sich um eine absichtliche Erhöhung der tatsächlichen Zahl durch die EG H. Nach den Angaben von Rosenberg bzw. Gregor waren bis zu diesem Zeitpunkt „lediglich“ 10 588 bzw. 10 613 Juden aus Sered deportiert worden. 247 Kalendarium der „Hefte von Auschwitz“ von 1944. BArch B 162/1857. 248 ABS Praha, 325–90–1.

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

gestellt wurden und von dort aus abfuhren. Ein geringerer Teil der Deportierten wurde aber auch aus anderen Orten abtransportiert. Da bis heute genaue Erkenntnisse über diese Transporte fehlen bzw. sehr unterschiedlich oder lückenhaft sind, sollen hier nur ein paar kurze Hinweise aus verschiedenen Quellen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, erwähnt werden. Im Kalendarium der „Hefte von Auschwitz“ etwa werden am 1. und 5. September 1944 RSHA-Transporte mit Juden aus der slowakischen Stadt Čadca verzeichnet. 249 Laut Fatran seien aus Čadca ungefähr 400 Juden deportiert worden und weitere 100 in der ersten Hälfte im November 1944 aus Ilava. 250 Weitere Transporte erfolgten aus der Ostslowakei, wo das z.b.V.-Kommando 27 der Einsatzgruppe H zum Einsatz kam. Nach den Ermittlungen der Hamburger Staatsanwaltschaft Ende der 1960er Jahre seien von Anfang September bis Ende Oktober 1944 mindestens 131 Juden in drei Transporten über Zakopane deportiert worden, wobei die ersten zwei Transporte Plaszow bei Krakau und der letzte Auschwitz zum Ziel gehabt hätten. 251 Am 26. November ging ein Transport mit bis zu 1000 Häftlingen über Prešov direkt nach Auschwitz; da aber inzwischen die Vergasungen eingestellt worden waren, sei der Transport nach einigen Stunden Aufenthalt an der Auschwitzer Rampe nach Ravensbrück weitergeleitet worden. 252 In einer Übersicht tschechoslowakischer Ermittler werden außer dem November-Transport noch zwei weitere große Transporte mit mindestens 800 Juden erwähnt, die am 16. Oktober und am 16. Dezember die Ostslowakei verlassen hätten. 253 Eine genaue Zahl aller aus der Slowakei seit September 1944 deportierten Juden lässt sich nicht ermitteln. Zu den mindestens 11 500 aus dem Konzentrationslager Sered Deportierten muss man noch solche hinzurechnen, die aus anderen Orten abtransportiert wurden. Belegbar ist, dass es mehrere solche Transporte gab, wobei die Zahl der Häftlinge allerdings nicht näher zu bestimmen ist. Ebenso fehlen genaue Angaben über die Zahl der nach dem Abtransport Ermordeten bzw. der Überlebenden. Hier ist allgemein davon auszugehen, Kalendarium der „Hefte von Auschwitz“ von 1944. BArch B 162/1857. Fatran 1996, S. 119. In Ilava gab es seit 1939 ein Lager für politische Häftlinge, in das nach dem Ausbruch des Aufstands auch Häftlinge von deutschen Dienststellen gebracht wurden. EG H (III, Böhrsch), Betr.: Laufende Besprechungen mit Stabschef der HG, Kubala, Pressburg 30.12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 160, Bl. 52 f. 251 StA Hamburg, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Rabe u. a., 27.12. 1970. BArch B 162/16192, Bl. 520–563, hier Bl. 529 ff. 252 Hlavinka 2009, S. 125. Bei Fatran wird ein Transport, der im November aus Prešov über Auschwitz nach Ravensbrück gelangte, auf den 20. November 1944 datiert. Fatran 1996, S. 114. 253 Prehl’ad masových hrobov a vrážd, ktoré boli prevedené pohotovostnými Einsatzkommandami SIPO a SD na území Slovenska [Übersicht über Massengräber und Morde, die in der Slowakei durch die Einsatzkommandos der Sipo und des SD verübt wurden] (o. D.). AM SNP Banská Bystrica, IX, S 25/78, S. 66. 249 250

Exekutionen auf slowakischem Boden

105

dass die Mehrheit der nach Auschwitz deportierten Juden sofort in den Tod geschickt wurde, während Juden der späteren Sereder Transporte, so zum Beispiel der letzten vier, die nach Theresienstadt gelangten, in der Mehrzahl überlebt haben. 254 Eine nicht geringe Zahl von Juden wurde darüber hinaus – wie im nächsten Kapitel gezeigt wird – auf slowakischem Boden ermordet.

2.4. Exekutionen auf slowakischem Boden Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in die Slowakei übernahm die Einsatzgruppe H die sicherheitspolizeiliche Kontrolle über das Gebiet. Zu ihren vorrangigen Aufgaben gehörte die Beseitigung bzw. Liquidierung der zum Feind erklärten Personen und Personengruppen. Für die Festgenommenen bedeutete dies in der Regel die Deportation aus dem Land oder aber die Ermordung auf slowakischem Boden. Der Terror breitete sich insbesondere nach der Niederschlagung des Aufstands Ende Oktober 1944 in der Mittelslowakei, in der Umgebung von Banská Bystrica, aus. Öffentliche Hinrichtungen, Massenerschießungen, Deportationen in die Vernichtungs- und Konzentrationslager, das Niederbrennen von Gemeinden und Dörfern gehörten nun zum slowakischen Alltag. Die meisten Aktionen wurden von der Einsatzgruppe H organisiert und häufig unter der Mitarbeit von Einheimischen durchgeführt. Zu den Opfern gehörten vor allem Juden, aber auch zahlreiche Roma sowie festgenommene Partisanen und Aufständische oder ihre Unterstützer. Ihre Schicksale verbanden sich in den letzten Kriegsmonaten und waren nicht mehr voneinander zu trennen; sie alle wurden nach dem Krieg Seite an Seite aus den vielen Massengräbern in der Slowakei exhumiert. Im folgenden Kapitel wird zunächst eine zahlenmäßige Übersicht über die in der Slowakei seit September 1944 Ermordeten geboten. Anschließend werden Beispiele von Exekutionen durch die Angehörigen der Einsatzgruppe H geschildert, insbesondere die größeren Massenerschießungen, bei denen es die meisten Opfer gab. 2.4.1. Erschießungen und Hinrichtungen in Zahlen Vom September 1944 bis zum März 1945 wurden auf slowakischem Boden ungefähr 4000 Menschen ermordet. Genaue Zahlen lassen sich nicht ermitteln. Nach früheren Erkenntnissen wurden in der Slowakei nach Kriegsende 176 Gräber mit insgesamt 3723 Opfern gefunden, von denen 720 Frauen und 211 Kinder waren. Später wurden die Zahlen auf 3956 Opfer in 186 Gräbern he254 Die Behauptung von Schmidt-Hartmann, dass von den 1944 aus der Slowakei deportierten Juden die „Mehrheit“ überlebt habe, ist nicht haltbar. Schmidt-Hartmann, Eva: Tschechoslowakei, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Dimension des Völkermords. Die Zahl der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, München 1991, S. 353–379, hier S. 379.

106

Tätigkeit der Einsatzgruppe H

raufgesetzt. 255 Rund die Hälfte von ihnen waren Juden. 256 Beinahe 90 Dörfer und Gemeinden wurden niedergebrannt. 257 Verantwortlich für den Terror war in erster Linie die Einsatzgruppe H. Nach einer in der Slowakei später erstellten Übersicht über die Massengräber auf slowakischem Boden hatten die einzelnen Kommandos der Einsatzgruppe H folgende Opferzahlen in Hinsicht auf die in der Slowakei Ermordeten zu verantworten: 258 – EK 13: 404 Opfer in 29 Gräbern – EK 14: 2876 Opfer in 66 Gräbern – SK 7a: 202 Opfer in 13 Gräbern – z.b.V.-Kommando 15: 131 Opfer in zehn Gräbern – z.b.V.-Kommando 27: 275 Opfer in 36 Gräbern Würde man die Gesamtzahl der in der Slowakei ermordeten Menschen ermitteln wollen, müsste man zu diesen Zahlen noch die im Konzentrationslager Sered und in der „Judensammelstelle“ in Bratislava Getöteten hinzurechnen, genauso wie die durch andere zur „Partisanenbekämpfung“ eingesetzte Einheiten Umgebrachten. 259 Exakte Angaben lassen sich jedoch, ähnlich wie im Fall der aus der Slowakei deportierten Juden, nicht einwandfrei feststellen. Zahlen der Festgenommenen bzw. der „Sonderbehandelten“ (SB) können in mehreren Berichten der Einsatzgruppe H nachverfolgt werden. Anhand dieser ließ sich für den Zeitraum von Anfang September bis zum 9. Dezember 1944 folgende Tabelle erstellen: 260

255

Halaj 1990, S. 36. Fatran 1996, S. 119. 257 Halaj 1990, S. 3. 258 Prehl’ad masových hrobov a vrážd, ktoré boli prevedené pohotovostnými Einsatzkommandami SIPO a SD na území Slovenska [Übersicht über Massengräber und Morde, die in der Slowakei durch die Einsatzkommandos der Sipo und des SD verübt wurden] (o. D.). AM SNP Banská Bystrica, IX, S 25/78, S. 1 f. 259 Durch die Angehörigen der Abwehrgruppe 218 („Edelweiß“) und ihre Helfer wurden so zum Beispiel am 21.1.1945 wegen der Unterstützung von Partisanen 146 Menschen (davon 56 Frauen und 38 Kinder) in Ostrý Grúň und Kl’ak ermordet und die Dörfer niedergebrannt. Halaj 1990, S. 34. 260 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 24. 10.1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 280. EG H (Ic), Pressburg 11. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 93. EG H (IV L), Pressburg 9.12. 1944. ABS Praha, 302–64–11. Die Bezeichnungen einzelner Gruppen entsprechen den von der EG H benutzten Begriffen. 256

107

Exekutionen auf slowakischem Boden

bis 24. 10.

25. 10.–11. 11.

12. 11. –9. 12.

Insgesamt

Juden

6870

2386

397

9653

Banden

1148

1755

506

3409

Überläufer

1732

110

344

2186

Widerständler

531

91

92

714

Sonstige

148

270

300

718

SB

438

853

966

2257

10 867

5465

2605

18 937

Insgesamt

Ersichtlich ist, dass bis zum 9. Dezember 1944 laut den Berichten der Einsatzgruppe H insgesamt 2257 Personen umgebracht und weitere 16 680 festgenommen wurden. Bei der Zahl der Ermordeten fehlt die Angabe, um welche Personengruppen es sich handelte. Man kann allerdings annehmen, dass auch hier die größte Gruppe die der Juden gewesen war, da diese etwa bei den Festgenommenen nahezu 60 Prozent ausmachten. Die zweithöchste Zahl bei den Verhafteten ist bei den „Banden“ zu verzeichnen, auf die „Überläufer“ und „Widerständler“ folgten. In die Gruppe „Sonstige“ dürften in den meisten Fällen Roma einzuordnen sein. Betrachtet man die angeführten Zahlen im Laufe der Zeit, so wird deutlich, dass die Anzahl der „Sonderbehandlungen“ stets stieg, während die Anzahl der Festnahmen, insbesondere der Juden, nach und nach abnahm. Daraus ist zu folgern, dass organisierte und systematische Erschießungen auf slowakischem Boden vornehmlich erst nach der Niederschlagung des Aufstands Ende Oktober 1944 begannen und zweitens, dass der Großteil der Juden zu diesem Zeitpunkt bereits inhaftiert war. Hinter „Sonderbehandlungen“ verbarg sich in der Regel das Erschießen durch Genickschuss. Es gab aber auch Opfer, die gehenkt, erwürgt, erschlagen, verbrannt oder lebendig begraben wurden. Viele Leichen waren so verstümmelt, dass nach dem Krieg bei der Exhumierung ihre Identität nicht mehr festgestellt werden konnte. Häufig waren an den Leichen Spuren der Gewalt sichtbar – gebrochene Knochen und Schädel, ausgestochene Augen, ausgeschlagene Zähne, herausgerissene Zungen, abgerissene Fingernägel, abgeschnittene Brüste und Finger. 261 2.4.2. Einzelne ausgewählte Exekutionen Die meisten Opfer, die in der Slowakei ermordet wurden, waren Juden. Nachdem die Kommandos der Einsatzgruppe H eine Stadt besetzt und dort einen Stützpunkt errichtet hatten, begannen sie unverzüglich mit der umfangreichen Suche nach Juden. Das Einsatzkommando 14 zum Beispiel nahm kurz nach 261

NA Praha, 1075/5–25, Kremnica.

108

Tätigkeit der Einsatzgruppe H

seiner Aufstellung seine Tätigkeit in Topol’čany auf, sodass es bereits im September 1944 in diesem Bezirk zu massenhaften Verhaftungen von Juden kam. Diese wurden zunächst im Gefängnis des Bezirksgerichts in Topol’čany zusammengefasst, von wo ein Teil später in das Konzentrationslager Sered gebracht wurde. Insgesamt 53 Juden, darunter 24 Frauen und elf Kinder, wurden jedoch am 11. September 1944 in die Gemeinde Nemčice überführt und dort in der Nähe auf dem Felde erschossen und in einem Massengrab begraben. 262 Da sich unter den Getöteten auch vier Monate alte Säuglinge befanden, muss davon ausgegangen werden, dass das einzige Motiv ihrer Ermordung ihre jüdische Herkunft war. 263 In Turčiansky Svätý Martin, wo das Einsatzkommando 13 einen Stützpunkt hatte, wurden wiederum am 3. Oktober 1944 insgesamt 48 Personen wegen ihrer Partisanentätigkeit bzw. wegen der Unterstützung von Partisanen durch Genickschuss hingerichtet. 264 Der Bezirkshauptmann in Turčiansky Svätý Martin ließ kurz darauf, höchstwahrscheinlich im Auftrag deutscher Stellen, eine Verlautbarung mit den 48 Namen der Erschossenen sowie der Begründung ihrer Hinrichtung in der Stadt und deren Umgebung aushängen. In der Bekanntmachung wurde unter anderem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „jedes Auftreten der Banditen und jegliche Unterstützung von diesen, sofort den nächsten deutschen oder slowakischen Stellen zu melden“ seien, wobei die „Nichtbefolgung dieses Befehls als Feindbegünstigung betrachtet und demnach bestraft“ werde. 265 Da sich auch in der Folgezeit und auch an anderen Orten mehrere Fälle solcher „Feindbegünstigung“ ereigneten, hielt es der Chef der Einsatzgruppe H für unerlässlich, sich an den slowakischen Verteidigungsminister zu wenden und von ihm den Erlass einer Verordnung betreffend Unterbindung von Unterstützung der Aufständischen seitens der slowakischen Bevölkerung zu fordern. Ende September 1944 schrieb er: „In letzter Zeit wurden von feindlichen Flugzeugen wiederholt Fallschirmagenten in der Slowakei abgesetzt, die ihren, das Staatswohl schädigenden Umtrieben nachgehen konnten, weil sie bei der Bevölkerung weitgehendst Unterstützung fanden. In keinem Falle wurde bisher eine Anzeige über solche Personen erstattet. In einigen Fällen wurde festgestellt, dass sie von der Bevölkerung sogar beherbergt und ihnen sonstige Hilfe zuteil wurde. Welch grosse Gefahr in der nicht sofortigen Verfolgung solcher terroristischer Elemente liegt, brauche ich nicht auseinanderzusetzen. Es muss

262 Tsch. Regierungskommission, Denkschrift in der Strafsache gegen Angehörige des EK 14, Prag 10. 6. 1977. BArch B 162/18550, Bl. 54–119, hier Bl. 71 f. 263 NA Praha, 316–192–1. 264 Ebd. 265 Bezirkshauptmann in Turčiansky Svätý Martin. NA Praha, 316, Váleční zločinci [Kriegsverbrecher] – 242.

Exekutionen auf slowakischem Boden

109

jedoch auch gegen alle Personen mit schwersten Massnahmen eingeschritten werden, die solchen Elementen Unterschlupf und Hilfe gewähren. Soviel mir bekannt ist, besteht keine gesetzliche Bestimmung, die auf die Unterlassung solcher Anzeigen in Notzeiten die Todesstrafe setzen würde.“ Witiska regte deshalb den Erlass einer solchen Verordnung an und schlug vor, dass sie einen ähnlichen Inhalt wie jene des Reichsprotektors in Böhmen und Mähren vom 3. Juli 1942 haben solle. Er hob vor allem folgende Stelle daraus hervor: „Mit dem Tode wird bestraft, wer eine Person, von der er weiss oder den Umständen nach annehmen muss, dass sie an einem staatsfeindlichen Unternehmen beteiligt ist, beherbergt oder ihr sonst Hilfe leistet oder es unterlässt, der Behörde zur rechten Zeit Anzeige zu machen.“ 266 Todesurteile wegen „Feindbegünstigung“ im Sinne der angeführten Verordnung wurden tatsächlich gefällt und vollstreckt. Im Zuständigkeitsbereich des Einsatzkommandos 13 wurden Ende Dezember 1944 zwei Slowaken (Ondrej Charvát und Stanislav Hlubocký) mit folgender Begründung hingerichtet: „Die vorgenannten Verbrecher haben sich der Feindbegünstigung schuldig gemacht. Sie haben längere Zeit hindurch einen Fallschirmagenten, der mit Sabotageaufträgen in der Slowakei eingesetzt war, beherbergt und mit Zivilkleidern versehen, obgleich sie über die Person und den verbrecherischen Auftrag genau unterrichtet waren. Die Täter haben wissentlich einen bewaffneten Feind des slowakischen Staates unterstützt und dadurch die Sicherheit dieses Staates und das deutsch-slowakische Bündnis gefährdet. Ihr Verbrechen konnte nur mit dem Tode gesühnt werden.“ 267 Der amerikanische Fallschirmagent war James M. Kirchhof, der im November 1944 in der Slowakei in der Nähe von Myjava abgesetzt und von einem slowakischen Partisan (Pavel Haruštiak) zunächst in Lubina, später in Stará Turá versteckt wurde. Anfang Dezember befand sich Kirchhof mit dem Lehrer Ondrej Charvát im Haus des Schullehrers Stanislav Hlubocký, wo sie am 18. Dezember 1944 verhaftet wurden: „The house was surrounded by the Gestapo together with Hlinka guards, Kirchhof, Hlubocký and Charvát being seized by them and taken to Nové Mesto. Towards the end of December all the three of them were transferred to Trenčín, interrogated there and shot by the Gestapo and interred in a mass grave at Brezina near Trenčín on December 28, 1944.“ 268 Noch zwei Wochen später berichtete Witiska von diesem Vorfall und beschwerte sich über die Reaktion der Bevölkerung und der slowakischen Behörden. Er beklagte, dass die Hinrichtung von der 266

Witiska an Haššík, 30. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 138, Bl. 230. EK 13 an die EG H, Betr.: Herausgabe einer Bekanntmachung durch das EK 13, Trentschin 29. 12.1944. BArch R 70/Slowakei, 320, Bl. 194. Der Text der Bekanntmachung wurde vom Bezirkshauptmann in Nové Mesto nad Váhom unterschrieben, verfasst jedoch durch das EK 13. Siehe ebd. 268 Case of James M. Kirchhof, an American air force officer, who was executed by the Gestapo on December 28, 1944, Prague 11.7. 1947. NA Praha, 316–180–1. 267

110

Tätigkeit der Einsatzgruppe H

örtlichen Bevölkerung in Trenčín als Ungerechtigkeit aufgefasst worden sei und zu Beileidsäußerungen geführt habe, ohne dass slowakische Behörden eingeschritten und aufklärend gewirkt hätten. 269 Mit dem Tode wurde auch der bestraft, der es wagte, flüchtigen Juden zu helfen und bei dieser Tätigkeit entdeckt wurde. Ein ehemaliger Angehöriger der Gendarmerie aus Námestovo erinnerte sich später, wie die Angehörigen des dort stationierten Teilkommandos des Sonderkommandos 7a nach versteckten Juden in seinem Bezirk suchten: „Sie benutzten dazu einen Kraftwagen mit einem Lautsprecher, aus welchem sie die Ortsbürger aufforderten, die versteckten Juden auszuliefern, wobei sie drohten, wenn nach dieser Aufforderung die Juden nicht ausgeliefert werden und die Gestapo sie nachher finden wird, dass die ganze Familie, bei welcher Juden versteckt sind, erschossen sein wird.“ 270 Dass es sich um eine ernst gemeinte Drohung handelte, belegt ein Vorfall, der sich Mitte Januar 1945 in der Gemeinde Donovaly ereignete, als bei einer Suchaktion in einem Haus sieben versteckte Juden gefunden wurden. Sie wurden alle zusammen mit der Hausbesitzerin an Ort und Stelle erschossen und das Haus in Brand gesetzt. 271 Von weiteren öffentlichen Hinrichtungen berichtete 1970 der ehemalige Notar von Drietoma Ján Pilko. Am 25. Oktober 1944 habe er öffentlich verlautbaren lassen müssen, dass in einer halben Stunde vier Männer hinter der Ortschaft hingerichtet würden. Geleitet wurde die Exekution von Angehörigen des Einsatzkommandos 13 aus Trenčín, bewacht von Angehörigen der POHG und durchgeführt von zwei Häftlingen aus dem Gefängnis in Trenčín, die später selbst getötet wurden. 272 Wegen Sabotageverdacht und zur Abschreckung wurde des Weiteren am 15. November 1944 der Arbeiter Ján Pätoprstý in den Škoda-Werken in Dubnica nad Váhom 273 öffentlich gehenkt. Insgesamt wurden an diesem Ort, an dem sich der Stützpunkt des Einsatzkommandos 13 unter der Führung des Sturmscharführers Hans Rimkus befand, vom September 1944 bis zum Kriegsende 29 Personen ermordet. 274

269 Witiska an RSHA (III B), nachrichtlich an SD-LA Prag und SD-LA Wien, Betr.: Lage in der Slowakei, Pressburg 11.1.1945. BArch R 70/Slowakei, 315. 270 Vernehmung Štefan Olexa, 20. 11.1974. NA Praha, 316, Pamětní spis SK 7a [Denkschrift SK 7a]. 271 StA Frankfurt am Main, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Kemnitz und das SK 7a, 20. 7.1984. BArch B 162/9667, Bl. 1047–1062, hier Bl. 1053. 272 Vernehmung Ján Pilko, 19. 11.1970. NA Praha, 316, Váleční zločinci [Kriegsverbrecher] – 241. 273 Die Škoda-Werke in Dubnica nad Váhom waren der größte slowakische Betrieb (ca. 24 000 Arbeiter), der für die deutsche Kriegsführung verschiedene Gegenstände produzierte. 274 Tsch. Regierungskommission, Denkschrift in der Strafsache gegen Wolfgang Kotter u. a., 22. 5. 1974. BStU, MfS, HA IX/11, RHE 53/69.

Exekutionen auf slowakischem Boden

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Öfters fanden öffentliche Hinrichtungen von Partisanen statt, so zum Beispiel im Zuständigkeitsbereich des z.b.V.-Kommandos 15. Im Januar 1945 wurden im Gefängnis in Zlaté Moravce, wo ein Stützpunkt unter der Führung des Hauptsturmführers Fritz Zietlow seinen Sitz hatte, die Partisanen Jozef Hudec, L’udovít Miloš, Richard Rosák und Ladislav Oláh erschossen und danach zur Abschreckung am Mast des Ortssenders aufgehängt. 275 Auch ausländische Staatsbürger wurden durch das Kommando hingerichtet: „Bei der Suche nach Partisanen wurden am 26. 1. 45 in Topolcany Cornelius Blom und René Cran entdeckt und an einem Baum gehenkt. Bei einem riss zunächst der Strick, woraufhin er mit einem neuen Strick gehenkt wurde.“ 276 Erschossen wurden auch die Angehörigen der Mission „Amsterdam“, die von der Untergrund-Militärorganisation der Jewish Agency (Hagana) entsandt worden war und die ausschließlich aus Juden bestand. 277 Mit der Führung dieser Mission wurde die in der Slowakei geborene und 1939 nach Palästina emigrierte Chaviva Reik beauftragt. In der zweiten Hälfte des Septembers 1944 wurde sie im Aufstandsgebiet in der Nähe von Banská Bystrica abgesetzt und versuchte dort mit ihren vier Mitstreitern Aktivitäten zur Rettung der slowakischen Juden zu entfalten. Sie planten den Aufbau einer unabhängigen jüdischen Partisaneneinheit, wozu sie ungefähr 40 Juden sammelten und ausbildeten. Nach der Besetzung von Banská Bystrica mussten sie sich jedoch in die Berge zurückziehen, wurden bereits am 31. Oktober gefangengenommen und am nächsten Tag nach Banská Bystrica überführt. Am 20. November wurde Reik zusammen mit anderen Juden in Kremnička erschossen. Ein hartes Vorgehen der eingesetzten deutschen Verbände richtete sich notfalls auch gegen die eigenen Reihen, etwa im Falle der Absetzbewegungen von Angehörigen der Brigade Dirlewanger. Der Deutsche Befehlshaber in der Slowakei berichtete wiederholt, dass die Feldgendarmerie und der Wehrmachtstreifendienst fahnenflüchtige Angehörige der Brigade Dirlewanger festnehmen müssten, die zum Teil ihre Waffen schon verkauft hätten. Ihre Behandlung war ausgesprochen rigoros; der geringste Versuch, sich von der Truppe zu entfernen, wurde mit Erschießen geahndet. 278 Im Bezirk Prievidza, wo unter der Führung des Untersturmführers Helmut Dannel das z.b.V.-Kommando 15 einen Stützpunkt hatte, wurden so im November 1944 insgesamt 69 Angehörige der Einheit Dirlewanger erschossen. 279 Auch einheimische Volksdeutsche blie275 StA München I, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hersmann und das z.b.V.Kommando 15, 4. 8. 1982. BArch B 162/19061, Bl. 873–884. 276 Ebd. 277 Jäckel 1998, S. 1216 f. 278 Auerbach 1980, S. 67 u. 76. 279 MV SSR, Správa vyšetrovania ŠtB, Správa o skončení vyšetrovania [Untersuchungsabteilung der ŠtB Bratislava, Bericht über die Ermittlungsergebnisse], Banská Bystrica 25. 6.1970. NA Praha, GP, FGPt 615/70.

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

ben von den Erschießungen nicht verschont, wie folgender Notiz der Einsatzgruppe H zu entnehmen ist: „3 Volksdeutsche wegen aktiver Beteiligung auf Seiten der Banden liquidiert.“ 280 Eine weitere Opfergruppe, gegen welche die Einsatzgruppe H als solche systematisch vorging, waren Roma. Sie überlebten zwar als ethnische Volksgruppe mit ungefähr 100 000 Angehörigen den Krieg; mehrere hundert von ihnen wurden aber dennoch nach dem Ausbruch des Aufstands umgebracht oder kamen in verschiedenen Lagern ums Leben. 281 Bereits 1939 waren die Roma in der Slowakischen Republik zu „fremden“ Elementen deklariert worden; 282 seit 1941 kam es zur Errichtung von Arbeitslagern, in denen vorerst junge Männer eingesperrt und der Zwangsarbeit unterworfen wurden. Im April 1941 erließ das slowakische Innenministerium eine Verordnung über die „Abänderung der Verhältnisse der Roma“, die eindeutig diskriminierende Maßnahmen – wie zum Beispiel das Verbot des Nomadenlebens, aber auch die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln – umfasste. 283 Dennoch erreichte die Verfolgung der slowakischen Roma ihren Höhepunkt erst im Herbst 1944, als deutsche Truppen die Slowakei besetzten. Gegen die Roma wurde der Vorwurf erhoben, „als Träger von Informationen, als Handlanger des Feindes, die Spionage und nachrichtendienstliche Tätigkeit“ auszuüben. 284 In diesem Sinne berichtete der Chef der Einsatzgruppe H Anfang Oktober 1944: „Zigeunerfrage wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt, da Zigeuner erwiesener Massen Nachrichtenüberbringer zu Aufständischen sind.“ 285 In Dubnica nad Váhom entstand nach einem Beschluss des slowakischen Verteidigungsministeriums vom 2. November 1944 ein „Internierungslager für Zigeuner“. Nach drei Wochen befanden sich dort bereits 315 Insassen, einen Monat später sogar 729, von denen etwa ein Drittel Kinder unter 15 Jahren waren. 286 Die Roma, die interniert werden sollten, wurden zunächst auf Aufforderung der Einsatzgruppe H von den einheimischen Behörden in Listen erfasst. So wandte sich etwa am 29. September 1944 der Führer des Stützpunktes des Einsatzkommandos 13 in Žilina, Hauptsturmführer Werner Schönemann, 280

EG H (Ic), Tagesbericht, Pressburg 23. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 27. Vodička 2004, S. 81. 282 Kwiet 1998, S. 76 f. 283 Úrad splnomocnenca vlády Slovenskej republiky pre rómske komunity [Bevollmächtigtes Regierungsamt der Slowakischen Republik für die Roma-Gemeinschaft] (Homepage). URL: http://www.olaf.vlada.gov.sk/3632/dejiny-romov.php [zuletzt geprüft am 25.11. 2011]. 284 Kwiet 1998, S. 76 f. 285 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 8. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 92. 286 Vodička 2004, S. 71 f. 281

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an die Bezirkshauptmänner in seinem Zuständigkeitsbereich und an den Polizeidirektor in Žilina: „Ich ersuche Sie höflichst, die Zahl aller in Ihrem Bezirk wohnhaften Zigeuner bis zum 10. 10. 1944 festzustellen und mir diese Zahl zu melden. Diese Meldung sollte für jede Gemeinde gesondert zusammengestellt werden.“ 287 Nachdem Schönemann von den einzelnen Bezirkshauptmannschaften die gefragten Listen erhalten hatte, bat er sie in einem weiteren Schreiben, die gemeldeten Roma festzunehmen und dem Lager Dubnica zu überstellen. 288 Nach dem Krieg konnte ermittelt werden, dass mindestens 30 der dort inhaftierten Roma am 23. Februar 1945 in der unmittelbaren Umgebung durch Angehörige des Einsatzkommandos 13 erschossen worden waren. 289 Die meisten Roma-Opfer hatte die Gemeinde Ilija zu verzeichnen. Am 24. November 1944 wurde diese Ortschaft von Angehörigen des Stützpunktes des Einsatzkommandos 14 in Banská Štiavnica, besetzt und alle sich dort befindlichen Roma gefangengenommen. Insgesamt handelte es sich um 109 Personen, von denen 21 Frauen und 69 Kinder waren. Sie wurden zunächst nach Banská Štiavnica, einen Tag später ins Gefängnis des Kreisgerichts in Banská Bystrica überführt. Am 4. Dezember 1944 wurden sie in Kremnička erschossen und in Massengräbern verscharrt. 290 Nur zwei Roma aus Ilija, die sich bei der Aktion außerhalb der Ortschaft befanden, haben den Krieg überlebt. Eine von ihnen sagte 1972 aus, dass „ihre fünf Kinder ermordet worden seien – der 21jährige Julius, der 18-jährige Viliam, die zwölfjährige Gizela, die elfjährige Zuzana und die Tochter Anna mit ihren drei Kindern im Alter von zwei Wochen bis drei Jahren. Ermordet worden seien auch ihr Bruder Štefan mit seiner Frau Pavlína und ihren vier Kindern, ihr jüngerer Bruder Hanzel mit seiner Frau Terezia und ihren zwei Kindern und ihr Vater Jozef.“ 291 Außer in Ilija wurden Verbrechen gegen Roma auch an anderen Orten in der Slowakei verübt. Vodička fasst zusammen: „Zu einer brutalen Verbrennung von Roma kam es in Sväty Kriz nad Hronom und in Cierny Balog, während es 287 EK 13 (SP Sillein, Schönemann) an die Bezirkshauptmänner in Puchov, Pov. Bystrica, Velka Bytca, Kys. Nove Mesto, Cadca, Zilina, an den Polizeidirektor Vojtech Gallas in Zilina, an die Aussenstelle Turc. Sv. Martin, Betr.: Ermittlung der Zahl der Zigeuner, Sillein 29. 9.1944. Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg, F 178/2, 110. 288 EK 13 (SP Sillein, Schönemann) an die Bezirkshauptmannschaft in Velka Bytca, Betr.: Festnahme der Zigeuner, Sillein 22. 11.1944. Ebd. 289 ZSt Ludwigsburg, Abschlußvermerk – Verfahren gegen Jaskulsky, 17. 1. 1973. BArch B 162/9565, Bl. 54–63, hier Bl. 54–56. 290 MV, Správa vyšetrovania ŠtB pre SSR an Generálna prokuratúra SSR Bratislava – Zpráva o skončení vyšetřování s návrhem na konečné opatření v tr. věci spolupachatelství k tr. činu vraždy [Untersuchungsabteilung der ŠtB der SSR an Staatsanwaltschaft der SSR Bratislava – Bericht über die Ermittlungsergebnisse mit Vorschlag zum abschließenden Verfahren in der Strafsache des gemeinschaftlichen Mordes], Bratislava 12. 3.1973. NA Praha, GP, EK 14, Bl. 4554. 291 Ebd., Bl. 4559.

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in Valaska Bela, Tisovec und an anderen Orten Massenerschießungen von Roma-Männern und -Jungen gab. […] Die meisten Roma fanden ihr Ende auf den Hinrichtungsplätzen von Kremnicka und Nemecka, andere wurden in Kovacova, Altsohl, Ilija und Dolny Turcek exekutiert.“ 292 Nach dem Krieg konnten 311 Roma-Opfer identifiziert werden. Von diesen waren zehn Säuglinge, 80 Kinder, 31 Jugendliche, 117 Männer, 62 Frauen, acht Greise und drei Greisinnen. 293 Wie viele Roma insgesamt auf slowakischem Boden ermordet und nach dem Kriegsende nicht identifiziert wurden, konnte bislang nicht genau ermittelt werden. 2.4.3. Orte der größten Massenerschießungen Nach Kriegsende begann man die Opfer zu zählen. An vielen Orten der Slowakei wurden spezielle Kommissionen aufgestellt, die mit den Exhumierungsarbeiten beauftragt wurden. Anhand der Niederschriften über die Exhumierungen und auf Grundlage von weiterem Material erstellten einzelne Bezirke zu ihrem Zuständigkeitsbereich ausführliche Listen von Massengräbern und der in ihnen ermordeten Menschen. Laut dieser Listen gab es auf slowakischem Territorium insgesamt sieben Bezirke, die mehr als 100 Opfer zu verzeichnen hatten. 294 Dabei handelte es sich um Männer, Frauen und Kinder, nicht einmal Säuglinge und Greise blieben verschont. Ungefähr die Hälfte der Getöteten waren Juden, an ihrer Seite befanden sich in den Gräbern aber auch zahlreiche Roma, slowakische sowie ausländische Partisanen oder Soldaten in Uniform. Die meisten Opfer wurden im Bezirk Banská Bystrica exhumiert; laut der erstellten Listen wurden in 17 Gräbern insgesamt 795 Ermordete (471 Männer, 255 Frauen und 69 Kinder) gefunden, von denen die Mehrzahl in Kremnička getötet worden war. Im Bezirk Brezno nad Hronom wurden aus acht Gräbern 545 Opfer exhumiert, die meisten in Nemecká. In Turčiansky Svätý Martin verzeichnete die Kommission 301 Ermordete (210 Männer, 70 Frauen und 21 Kinder) in zwölf Gräbern, von denen mehr als die Hälfte in der Nähe der Gemeinde Dolný Turček vorgefunden wurde. Im Bezirk Zvolen gab es die größten

292

Vodička 2004, S. 76. Nečas, Ctibor: Terorizování Romů od srpna 1944 do března 1945 [Terrorisierung der Roma von August 1944 bis März 1945], in: SNP v pamäti národa, Materiály z vedeckej konferencie k 50. výročiu SNP, Donovaly 26.–28. apríla 1994 [Der Slowakische Nationalaufstand im Gedenken der Nation, Materialien der wissenschaftlichen Konferenz zum 50. Jahrestag des Slowakischen Nationalaufstands, Donovaly 26.–28. April 1994], Bratislava-Banská Bystrica 1994, S. 325 f., hier S. 326. 294 Listen der einzelnen Bezirke sowie weiteres Material siehe Materiály o nacistických zvěrstvech na Slovensku po potlačení SNP z jednotlivých okresů [Materialien zu nationalsozialistischen Gräueltaten in der Slowakei nach der Niederschlagung des SNP nach einzelnen Bezirken] (NA Praha, 316–192–1) und Hlášení bezpečnostních orgánů o zvěrstvech nacistů na Slovensku [Berichte von Sicherheitsorganen über nationalsozialistische Gräueltaten in der Slowakei] (NA Praha, 1075/5–25). 293

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Massengräber auf dem jüdischen Friedhof in Zvolen und in der Gemeinde Kováčová, im ganzen Bezirk 239 Opfer (200 Männer, 30 Frauen und neun Kinder) in zwölf Gräbern. In den letzten drei Bezirken wurden folgende Zahlen verzeichnet: 175 Opfer (128 Männer, 40 Frauen und sieben Kinder) in Bánovce nad Bebravou, 165 (151 Männer, 10 Frauen und vier Kinder) in Prievidza und 101 (42 Männer, 40 Frauen und 19 Kinder) in Topol’čany. Die größte Zahl der Ermordeten gab es in Kremnička, einer Gemeinde ungefähr sechs Kilometer von Banská Bystrica entfernt. Nach der Besetzung von Banská Bystrica Ende Oktober 1944 wurde der Stab des Einsatzkommandos 14 in die Stadt verlegt sowie einer seiner Stützpunkte unter Führung des Obersturmführers Herbert Deffner errichtet. In das dortige Gefängnis des Bezirksgerichts wurden in den folgenden Tagen nach und nach alle in der Umgebung festgenommenen Personen (Juden, Roma, Partisanen und Aufständische) gebracht, wo man über ihr weiteres Schicksal entschied. Bereits am 5. November wurden die ersten Häftlinge zum Erschießungsort nach Kremnička gefahren. Die Erschießungen liefen zumeist nach einem erprobten Schema ab. Als die Lastwagen anhielten, mussten die Häftlinge aussteigen und zu Fuß in die Nähe des Panzergrabens gehen. Dort hatten sie sich mit Gesicht zum Boden hinzulegen und wurden dann in Gruppen zum Panzergraben gebracht, an dessen Rand sie sich hinknien mussten. In dieser Stellung wurden sie durch einen Genickschuss erschossen und fielen mit dem eigenen Körpergewicht in den Graben. Anschließend wurden sie zum Teil mit Erde oder Schnee zugeschüttet. Ihre persönlichen Sachen, die sie vorher abzugeben hatten, wurden verbrannt. Nach den Erschießungen, die in der Regel in den Morgenstunden zwischen halb sieben und halb elf stattfanden, kehrten die Angehörigen des Einsatzkommandos 14 mit ihren Helfern in die Stadt zurück. 295 Am ersten Tag, den 5. November, wurden auf diese Weise schätzungsweise 200 Menschen ermordet. Die nächsten Erschießungen folgten am 20. November, 12. Dezember, 19. Dezember, an einem Tag Anfang Januar 1945, am 5. Februar und an einem Tag Anfang März. Insgesamt wurden 743 Menschen getötet, darunter 280 Frauen und 99 Kinder. 296 Die meisten von ihnen wurden 295 MV, Správa vyšetrovania ŠtB pre SSR an Generálna prokuratúra SSR Bratislava – Zpráva o skončení vyšetřování s návrhem na konečné opatření v tr. věci spolupachatelství k tr. činu vraždy [Untersuchungsabteilung der ŠtB der SSR an Staatsanwaltschaft der SSR Bratislava – Bericht über die Ermittlungsergebnisse mit Vorschlag zum abschließenden Verfahren in der Strafsache des gemeinschaftlichen Mordes], Bratislava 12. 3.1973. NA Praha, GP, EK 14, Bl. 4584. 296 Prehl’ad masových hrobov a vrážd, ktoré boli prevedené pohotovostnými Einsatzkommandami SIPO a SD na území Slovenska [Übersicht über Massengräber und Morde, die in der Slowakei durch die Einsatzkommandos der Sipo und des SD verübt wurden] (o. D.). AM SNP Banská Bystrica, IX, S 25/78, S. 13 f. Halaj nennt für Kremnička etwas abweichende Zahlen: 747 Opfer, davon 211 Frauen und 58 Kinder. Halaj 1990, S. 19.

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nach dem Krieg aus drei Massengräbern exhumiert. Die ersten drei Erschießungen fanden am besagten Panzergraben statt (325 Opfer), die nächsten zwei an einem Ort namens Vyšný potok (93 Opfer) und die letzten zwei im Februar und März 1945 an einem Ort namens Pod stráňou (118 Opfer). 297 Außerdem wurden weitere Leichen aus einzelnen Massengräbern in der Umgebung exhumiert. Lediglich 158 von den insgesamt 743 Getöteten konnten identifiziert werden. 298 An den Erschießungsaktionen in Kremnička nahmen außer den Angehörigen des Stützpunktes des Einsatzkommandos 14 in Banská Bystrica auch zahlreiche Angehörige der slowakischen POHG teil. Sie wirkten hauptsächlich beim Transport der Häftlinge aus dem Gefängnis zum Erschießungsort und als Wache mit, haben jedoch auch in einigen Fällen geschossen. Alexander Lichtneker, ein ehemaliger Angehöriger der 5. Feldkompanie der POHG unter Oberleutnant Jozef Nemsila, sagte später über die Erschießungen vom 20. November 1944 aus. Nach seinen Worten hätte er mit weiteren POHG-Angehörigen eine Gruppe gefangener Roma aus Krupina in das Gefängnis nach Banská Bystrica bringen müssen. Am nächsten Tag, dem 20. November, hätten sie sich dann an den Erschießungen am Panzergraben in Kremnička beteiligt. Lichtneker erinnerte sich, dass während der Erschießungen unter den Häftlingen eine Panik ausgebrochen sei, sodass sich viele von ihnen in die Grube gestürzt hätten, um sich unter den Leichen zu verbergen und auf diese Weise der Erschießung zu entgehen. Die Schützen, unter ihnen auch er selbst, hätten dann wahllos in die Grube geschossen, bis sich nichts mehr bewegt hätte. Nach ihrer Rückkehr nach Krupina bekamen sie Mittagsessen und Schnaps und mussten sich verpflichten, nie etwas davon zu erzählen, was sie erlebt hätten. 299 Weitere Massenerschießungen wurden in einer Kalkbrennerei in der Nähe der Gemeinde Nemecká, etwa 25 Kilometer nordöstlich von Banská Bystrica, durchgeführt. Zwischen dem 4. und 11. Januar 1945 wurden dorthin Häftlinge aus dem Gefängnis des Bezirksgerichts in Banská Bystrica gefahren. In den frühen Morgenstunden hielten mehrere Lastkraftwagen in einer Entfernung von ungefähr fünf Metern zum Kalkofen an, sodass die Häftlinge über einen Steg aus dem hinteren Teil des Fahrzeugs direkt zum Krater des Ofens geführt 297 Ze zápisu exhumační komise v Kremničce [Aus dem Protokoll der Exhumierungskommission in Kremnička]. NA Praha, 316–192–1. 298 Prehl’ad masových hrobov a vrážd, ktoré boli prevedené pohotovostnými Einsatzkommandami SIPO a SD na území Slovenska [Übersicht über Massengräber und Morde, die in der Slowakei durch die Einsatzkommandos der Sipo und des SD verübt wurden] (o. D.). AM SNP Banská Bystrica, IX, S 25/78, S. 13 f. 299 Vernehmung Alexander Lichtneker, 10. 5. 1972. NA Praha, GP, EK 14. In diesem Sinne sagten auch weitere POHG-Angehörige aus, vgl. StA Koblenz, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Heuser und das EK 14, 29. 2. 1980. BArch B 162/18586, Bl. 6574–6691, hier Bl. 6627.

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werden konnten. Nachdem sie sich hinknien mussten, wurden sie durch einen Genickschuss erschossen und stürzten in den brennenden Kalkofen. 300 Es gab Fälle, in denen das Opfer durch den Schuss nicht getötet wurde und bei lebendigem Leibe verbrannte. 301 In den acht Januartagen wurden auf diese Weise mindestens 400 Menschen jedes Alters ermordet, unter ihnen Juden, Roma, Partisanen, slowakische sowie ausländische Aufständische und ihre Unterstützer. 302 Das Schreien der Opfer und den Geruch des brennenden Menschenfleisches habe man weit in der Umgebung hören bzw. riechen können. 303 Die Erschießungen wurden wie im Falle von Kremnička durch das Einsatzkommando 14 bzw. durch seinen Stützpunkt in Banská Bystrica unter der Führung des Obersturmführers Deffner organisiert und unter Mitarbeit einer Truppe der POHG des Oberleutnants Vojtech Hora durchgeführt. Der Betreiber des Kalkofens sagte nach dem Krieg aus, er sei von deutschen Stellen aufgefordert worden, den Kalkofen zu einem ihm zunächst nicht bekannten Zweck freizumachen. Nach Abzug der Deutschen hätte er dann im Ofen Knochenreste, Münzen und andere Gegenstände gefunden, die in die Wand eingebrannt gewesen seien. Ferner sei er am nahe gelegenen Fluss Hron auf erhebliche Mengen von Asche gestossen, die offensichtlich von den Verbrennungen der Leichen stammten. 304 Ein ehemaliger POHG-Angehöriger erinnerte sich daran, dass seiner Einheit befohlen worden sei, den Ofen nach den Verbrennungen sauber zu machen, um so die Spuren der Tötungen zu beseitigen. 305 Die Volksdeutschen und Hlinkagardisten, die sich an der Aktion in Nemecká beteiligt hatten, mussten nach deren Abschluss ein Schweigegebot unterschreiben, in dem sie sich verpflichteten, über die Ereignisse zu niemandem zu sprechen. 306 Die Anweisung wurde durch den Stützpunktführer Deffner unterzeich300

NA Praha, 316–192–1. Vernehmung Ladislav Klinčík und Jozef Pet’ko, 1. 4. 1945. SNA Bratislava, NS, A 895. 302 Wegen der Verbrennungen lässt sich eine genaue Opferzahl nicht feststellen. Hier wird von der Mindestzahl von 400 Opfer ausgegangen, so wie sie etwa in einer Übersicht über die Massengräber auf slowakischem Gebiet festgestellt wurde – Prehl’ad masových hrobov a vrážd, ktoré boli prevedené pohotovostnými Einsatzkommandami SIPO a SD na území Slovenska [Übersicht über Massengräber und Morde, die in der Slowakei durch die Einsatzkommandos der Sipo und des SD verübt wurden] (o. D.). AM SNP Banská Bystrica, IX, S 25/78, S. 14 f. In der Sekundärliteratur findet sich diese Zahl zum Beispiel bei Kwiet 1998 oder Lacko 2008, häufig wird aber auch die Zahl von 900 Opfern genannt, vgl. Halaj 1990, Stanislav 1992, Fatran 1996, Tönsmeyer 1998, Mlynárik 2005, Tóth 2007, Jelínek, Ješajahu Andrej: Dávidova hviezda pod Tatrami. Židia na Slovensku v 20. storočí [Der Davidstern in der Tatra. Juden in der Slowakei im 20. Jahrhundert], Praha 2009 sowie Hrbek 2009. 303 NA Praha, 316–192–1. 304 StA Koblenz, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Heuser und das EK 14, 29. 2.1980. BArch B 162/18586, Bl. 6574–6691, hier Bl. 6628 f. 305 Vernehmung Rudolf Potrok, 19. 5. 1972. NA Praha, GP, EK 14. 306 Erwähnt werden insgesamt 42 solche Schweigegebote mit eigenhändiger Unter301

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

net und hatte mit kleineren Änderungen folgenden Wortlaut: „Ich bin heute von SS-Obersturmführer Deffner ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass ich über die zusammen mit dem Stützpunkt Neusohl in der Zeit vom 4. bis 11. Januar 1945 im Raum Nemecka durchgeführte Aktion zu niemandem sprechen darf. Ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, dass ich dieses Schweigegebot auch gegenüber Kameraden und Vorgesetzten zu beachten habe. Es ist mir weiter eröffnet worden, dass ich die Folgen einer Nichteinhaltung dieser Auflage selber zu tragen habe. Es wurde mir erklärt, dass es sich bei der Aktion um eine Geheime Reichssache handelt, der Begriff ‚Geheime Reichssache‘ ist mir klar gemacht worden. Ich habe dies alles verstanden und verpflichte mich durch meine Unterschrift diese Auflage einzuhalten.“ 307 Am 12. Januar 1945 bedankte sich Deffner persönlich bei seinen Helfern und lobte ihren Einsatz. Den POHG-Angehörigen wurden zudem je nach Verdienst 400 bis 600 slowakische Kronen ausgezahlt. 308 Die Massenerschießungen in Kremnička und Nemecká hatten die meisten Opfer zu verzeichnen. Auch an anderen Orten der Slowakei kam es aber zur systematischen Ermordung vor allem von Zivilisten durch die Angehörigen der Einsatzgruppe H bzw. in ihrem Auftrag. So wurden nach dem Krieg im Bezirk Turčiansky Svätý Martin in der Nähe der Gemeinde Dolný Turček aus einem 19 Meter langen verschütteten Panzergraben 180 Opfer (118 Männer, 48 Frauen und 14 Kinder) exhumiert, von denen nur 80 identifiziert werden konnten. Die Erschießungen hatten am 24. November, 12. und 13. Dezember 1944 und um den 20. März 1945 stattgefunden; durchgeführt hatten sie unter Mitarbeit einheimischer Helfer Angehörige des Stützpunktes des Einsatzkommandos 14 in Kremnica, dessen Leiter der Obersturmführer Fritz Ramthun war. 309 Die Häftlinge waren aus dem Gefängnis des Bezirksgerichts in Kremnica auf Lastkraftwagen zum Erschießungsort gebracht worden, wo sie in den meisten Fällen durch einen Genickschuss getötet und in den Panzergraben geworfen wurden. Die, die noch Lebenszeichen von sich gaben, wurden offensichtlich mit Gewehrkolben totgeschlagen, da man bei einigen Opfern verstümmelte Köpfe und gebrochene Knochen erkennen konnte. 310 Ebenso wurden ausgestochene Augen, herausgerissene Zungen und abgeschnittene Brüste von den Mitarbeitern der Exhumierungskommission ins Protokoll eingetragen. 311 schrift des Beteiligten sowie des Stützpunktführers Deffner. Krajské velitelství státní bezpečnosti v Banské Bystrici [Kreisleitung der Staatssicherheit in Banská Bystrica], 3. 4.1951. ABS Praha, 52–78–5, Bl. 10. 307 Erklärung Johann Kiefer, 19. 1. 1945. BArch B 162/18562, Bl. 2291. 308 Tóth 2007, S. 112. 309 Tsch. Regierungskommission, Denkschrift in der Strafsache gegen Angehörige des EK 14, Prag 10. 6. 1977. BArch B 162/18550, Bl. 54–119, hier Bl. 85 f. 310 NA Praha, 316–192–1. 311 Kremnica, 3. 12. 1947. NA Praha, 1075/5–25, Kremnica. Nach diesem Protokoll hätte

Berichterstattung und Propaganda

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Weitere Erschießungen fanden auf dem jüdischen Friedhof in Zvolen statt, wo Ende Oktober 1944 das Einsatzkommando 14 einen Stützpunkt unter dem Obersturmführer Johannes Hossbach errichtet hatte. Zwischen November 1944 und Januar 1945 wurden in unregelmäßigen Abständen Häftlinge aus dem Gefängnis des Bezirksgerichts in Zvolen in kleineren Gruppen in den frühen Morgenstunden auf den Friedhof gebracht und dort erschossen. Nach dem Krieg wurden auf dem Areal des Friedhofs insgesamt 128 Opfer (86 Männer, 36 Frauen und sechs Kinder) in sechs Massengräbern gefunden, von denen 27 als Juden und 35 als Roma identifiziert wurden. 312 Ein Augenzeuge aus Zvolen, der zu der fraglichen Zeit in unmittelbarer Nähe des Friedhofs wohnte, erinnerte sich später, dass man auf dem Friedhof im November 1944 eine Grube geschaufelt hätte, deren Zweck er ein paar Tage später erfahren sollte. Da habe er kurz vor fünf Uhr morgens Schießen gehört, weshalb er seine Wohnung verlassen habe, um zu schauen, was passierte. Er habe einen großen deutschen Panzerwagen gesehen, der vor dem Friedhof angehalten habe und aus dem jedes Mal zehn bis 20 Menschen, darunter Männer, Frauen und Kinder, ausgestiegen seien. Kurz darauf seien sie durch Genickschuss erschossen und die Leichen in die vorbereiteten Gruben geworfen worden. 313 Die Angehörigen desselben Stützpunktes des Einsatzkommandos 14 beteiligten sich zudem unter Mitarbeit der POHG aus Zvolen sowie der einheimischen Volksdeutschen seit Dezember 1944 an Erschießungen im Wald Boriny in der Nähe von Kováčová. Die Häftlinge wurden dorthin ebenfalls aus dem Gefängnis des Bezirksgerichts in Zvolen gebracht. Nach Kriegsende wurden aus acht Massengräbern insgesamt 105 Opfer (81 Männer, 21 Frauen und drei Kinder) exhumiert, von denen nur 36 identifiziert werden konnten. 314 Unter ihnen waren 13 Juden, aber auch amerikanische Flieger sowie die Leichen von zweijährigen Kindern. 315

2.5. Berichterstattung und Propaganda Wie bisher in der vorliegenden Studie gezeigt, gehörten die radikale Lösung der „Judenfrage“, die Unterstützung der kämpfenden deutschen Einheiten bei der Niederschlagung des Aufstands, sicherheitspolizeiliche Maßnahmen in den besetzten Gebieten und „Sonderbehandlungen“ von zum Feind erklärten Persich das Erschießungskommando fast ausschließlich aus einheimischen Volksdeutschen unter der Leitung von Gabriel Seltsam aus Kremnica zusammengesetzt. 312 Prehl’ad masových hrobov a vrážd, ktoré boli prevedené pohotovostnými Einsatzkommandami SIPO a SD na území Slovenska [Übersicht über Massengräber und Morde, die in der Slowakei durch die Einsatzkommandos der Sipo und des SD verübt wurden] (o. D.). AM SNP Banská Bystrica, IX, S 25/78, S. 18. 313 Vernehmung Juraj Klesniak, 3. 11. 1970. NA Praha, GP, EK 14. 314 Halaj 1990, S. 111 f. 315 NA Praha, 316–192–1.

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

sonen und Personengruppen zu den vorrangigen Aufgaben der Einsatzgruppe H. Darüber hinaus wurden von ihr aber noch weitere Tätigkeitsbereiche wahrgenommen. So wurde ihr Chef kurz nach seiner Ernennung mit der regelmäßigen Berichterstattung über das Geschehen in der Slowakei beauftragt. Am Anfang des folgenden Kapitels wird geschildert, wie diese Berichterstattung auszusehen hatte und zu welchen Themen in der Regel berichtet wurde. Im zweiten Teil des Kapitels wird auf die in den Berichten dargestellte Stimmung der Bevölkerung eingegangen, insbesondere auf die Reaktionen der Einheimischen auf das Vorgehen gegen die Juden. Zum Schluss folgt dann mit der Propaganda ein weiteres Tätigkeitsfeld der Einsatzgruppe H, das hier näher beschreiben werden soll. 2.5.1. Richtlinien und Themen der Berichterstattung Eine ausführliche und regelmäßige Berichterstattung über die Entwicklung in der Slowakei gehörte zu den wichtigsten Aufgaben der Einsatzgruppe H. Ihr Chef kündigte bereits am 7. September 1944 an, dass nach dem Befehl des Reichsführers-SS der gesamte Nachrichtendienst in der Slowakei sofort in seine Hände zu legen sei. 316 Auch wenn die Berichterstattung von mehreren Stellen und Abteilungen von Bratislava her erfolgte, gewann und behielt zweifellos die Abteilung III im Stab der Einsatzgruppe H – der Sicherheitsdienst – die Oberhand auf diesem Gebiet. 317 Dem Leiter der Abteilung, dem Hauptsturmführer Herbert Böhrsch, standen nach und nach bis zu 20 Mitarbeiter in der Abteilung zur Verfügung, die mittels regelmäßig erstellter Lageberichte vor allem das RSHA eingehend und laufend zu unterrichten hatten. Die Mitarbeiter des SD sammelten Informationen über die allgemeine Lage und über die Stimmung der Bevölkerung sowie über die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung im Lande. Sie werteten diese aus und leiteten sie anschließend an die übergeordneten Dienststellen weiter. Informationen und Erkenntnisse gewannen sie aus verschiedenen Quellen, wie etwa aus denen, die der Einsatzgruppe H vom SD-LA Wien übergeben wurden oder aber die sie von anderen reichsdeutschen und volksdeutschen Stellen in der Slowakei oder von den sogenannten Außendienststellen geliefert bekamen. Bei den reichsdeutschen Stellen handelte es sich in erster Linie um die Deutsche Gesandtschaft in Bratislava, bei den volksdeutschen um die zuständigen Organe der Deutschen Partei und bei den Außendienststellen hauptsächlich um die

316 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 7. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 39. Bis zum Ausbruch des Aufstands war für die Berichterstattung über die Slowakei seit September 1941 der SD-LA Wien verantwortlich. Zur Tätigkeit des SD in der Slowakei in den Jahren 1938 bis 1944 vgl. Schvarc 2006c. 317 Zur Struktur der Abteilung III im Stab der EG H siehe Kap. 2.1.1.

Berichterstattung und Propaganda

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Dienststellen Horn, Wilfert, Hofer und Vogl. Da es sich bei allen diesen um deutschfreundlich eingestellte Kreise handelte, sind Zweifel, was die Objektivität der Berichterstattung betrifft, zulässig. 318 Das meiste Material erhielt die Abteilung III von den einzelnen Kommandos der Einsatzgruppe H. Fast jeder Stützpunkt hatte einen oder mehrere SD-Mitarbeiter, die zunächst den SD-Abteilungen in den Stäben der jeweiligen Kommandos berichteten. Hier wurden die Nachrichten ausgewertet und ein zusammenfassender Bericht nach Bratislava gesendet. Die Abteilungsleiter mussten einen Lagebericht erstellen, in dem alle wichtigen Ereignisse des Tages zu verzeichnen waren und der anfangs folgendes Schema aufwies: Feindlage, eigene Lage, Widerstandsbewegung, Juden, Lebensgebiete, Stimmung, öffentliches Leben, Wirtschaft, kulturelle Gebiete, Volksgruppenfragen, Verschiedenes. 319 Im Wochenbefehlsblatt wurde in diesem Zusammenhang weiterhin angeordnet, dass die Meldungen zweimal täglich per Funkspruch durchzugeben seien, wobei das gewünschte Schema zum großen Teil unverändert blieb. 320 Nachdem das Material Bratislava erreicht hatte, begannen sich die Mitarbeiter der Abteilung III im Stab der Einsatzgruppe damit zu befassen. Auch sie werteten dieses zunächst aus und erstellten verschiedene Gesamtberichte. Die Erkenntnisse wurden in der Regel erst in einem von Witiska unterschriebenen „Lagebericht“ zusammengefasst, dann zumeist als „Vermerk zum Lagebericht für den Deutschen Befehlshaber“ und als Fernschreiben an die Gruppe B des Amtes III im RSHA gesendet. Zuletzt wurde ein Blitz-Fernschreiben von Witiska an das RSHA, an den BdS Prag, den BdS Krakau, den BdS Budapest, an die Staatspolizeileitstellen Wien und Brünn sowie an den SD-Leitabschnitt Wien geschickt. Diese vier Berichte wurden meistens innerhalb eines einzigen Tages erstellt und wiesen kaum inhaltliche Differenzen auf. Mit dem 22. November 1944 wurde allerdings die Berichterstattung in dieser Form eingestellt. Witiska teilte eine Woche später mit, dass von nun an der Deutsche Befehlshaber in der Slowakei von ihm täglich über die aktuellen Ereignisse unterrichtet werde und dass von dort aus die Benachrichtigung des Reichsführers-SS über die wichtigsten Vorgänge erfolgen werde. 321 Ein ehemaliger Mitarbeiter in der Abteilung III im Stab der Einsatzgruppe H, Hauptsturmführer Helmut Hoppe, beschrieb später seine Tätigkeit in Bratislava wie folgt: „Eine meiner Hauptaufgaben war, Berichte über SD-nachrichtlich interessante Fälle zu erstellen und zwar aus politischem, wirtschaftli-

318

Lebenslauf Helmut Hoppe. BArch R 70/Slowakei, 340, Bl. 151. EG H, Pressburg 8. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 302. 320 WBB 2 der EG H vom 16. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 304. Das hier angeführte Schema: Feindlage, eigene Lage, Bandenlage, Widerstandsbewegung, Sabotage, Stimmung, Juden, Festnahmen. 321 Witiska an RSHA (IV B 2), 29. 11. 1944. BStU, MfS, HA XX, 4702, Bl. 191. 319

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

chem und kulturellem Bereich. Diese mussten täglich nach Berlin gesendet werden. Eine ähnliche nachrichtliche Berichterstattung machten die Abteilungen Ic und IV, indem sie ihren zuständigen Hauptämtern über Angelegenheiten, die in ihren Zuständigkeitsbereich gehörten, berichteten. Zudem berichtete ich täglich (zusammenfassend dann einmal pro Woche) der Abteilung III B und C [im RSHA – L. Š.] über die Stimmung und Haltung der Bevölkerung. Nicht zuletzt erstellte ich eine Reihe von verschiedenen Berichten zu konkreten Problemen oder Personen, die für das RSHA von Interesse waren oder sein konnten.“ 322 Die Berichte, die an das RSHA gerichtet wurden, mussten in der Regel vom Chef der Einsatzgruppe unterzeichnet werden. Die hierarchische Struktur innerhalb der Einsatzgruppe durfte nicht umgangen werden. So war etwa streng verboten, dass sich die einzelnen Kommandos direkt an Berlin wandten. Im Wochenbefehlsblatt vom 30. September wurde in diesem Zusammenhang von Witiska festgehalten: „Ich habe Veranlassung, darauf hinzuweisen, dass Berichte an das RSHA grundsätzlich von mir unterschrieben werden. Sofern es sich um weniger wichtige und nicht grundsätzliche Angelegenheiten handelt, übertrage ich die Unterschriftsbefugnis auf die Abteilungsleiter. Eine Berichterstattung seitens der Einsatzkommandos unmittelbar an das RSHA untersache [sic] ich hiermit.“ 323 Mitte November wurden die Richtlinien noch einmal präzisiert. Witiska behielt sich ohne jegliche Ausnahmen das Unterzeichen der Berichte und Schreiben an die obersten Reichsbehörden und Parteidienststellen vor. Ausnahmen machte er nur, wenn es sich um kurze Vollzugsmeldungen, unwichtige Rückschriften oder um solche Mitteilungen handelte, die nur für einen einzelnen Referenten oder Sachbearbeiter bestimmt waren. Dann hatten die Abteilungsleiter und der persönliche Referent von Witiska Zeichnungsbefugnis. Zudem unterschrieben sie in eigener Verantwortung auch alle dem Chef vorbehaltenen Schriftstücke, falls dieser nicht anwesend war. 324 Die Themen, über die berichtet wurde, waren recht vielschichtig. Am besten lassen sich diese anhand des vom Chef der Einsatzgruppe für die Lageberichterstattung gewünschten Schemas demonstrieren, das den Kommandos in einem Schreiben vom Januar 1945 bekanntgegeben wurde. Dieses sah wie folgt aus: 325 – Allgemeine Stimmung und Lage: Haltung zur Frontlage und zur politischen Lage, stimmungsmäßige Auswirkung der inneren Sicherheit, Bandenlage, Haltung zur Regierung und zu den staatstragenden Institutionen, Stellung

322

Vernehmung Helmut Hoppe, 18. 2. 1953. ABS Praha, 135–1–4a. WBB 4 der EG H vom 30. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 304. 324 Der Chef der EG H, Geschäftsordnung für die EG H (Gruppenstab), Pressburg 18. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 365. 325 EG H (III A-C) an alle Einsatzkommandos, Betr.: Lageberichterstattung, Pressburg 10. 1. 1945. BArch R 70/Slowakei, 189, Bl. 1–3. 323

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zu den Reichs- und Volksdeutschen sowie zu anderen Volksgruppen, stimmungsmäßige Auswirkung der Versorgungslage. – Öffentliches Leben: Regierungsmaßnahmen und deren Auswirkung, Arbeit der örtlichen Verwaltungsorgane, Arbeit der Justiz und speziell Stellungnahme der Richter und der Bevölkerung zu verschiedenen Problemen, Problem der evangelischen Slowaken, Evakuierungsprobleme, Arbeit und Einfluss der jungen Parteiopposition. – Reichsdeutsche in der Slowakei: Stimmung in reichsdeutschen Zivil- und Wehrmachtskreisen, defätistisches Verhalten, Verhältnis zur volksdeutschen und slowakischen Bevölkerung, Verhältnis einzelner Dienststellen untereinander, Disziplin innerhalb der Einheiten, Strafmaßnahmen, Urteil der Wehrmachtsgerichte, wirtschaftliche Manipulation der Wehrmacht und privater Firmen, Korruptionsfehler. – Deutsche Volksgruppe: Stimmung und Haltung der Volksdeutschen, Verhältnis zur slow. Bevölkerung und zu den anderen Volksgruppen, Einstellung zum Volksgruppenführer, Probleme der örtlichen Volksgruppenführung, Verhältnis zu slow. Stellen, wirtschaftliche Situation, Beseitigung der Aufständischen, soziale Betreuung, Heimatschutz, kulturelle Arbeit, Jugendarbeit, Schulprobleme, Beeinflussung durch fremdvölkische Tendenzen und durch weltanschauliche Strömungen, Evakuierungsprobleme. – Fremde Volksgruppen: Ungarn, Ukrainer, Russen, Tschechen – Stimmung, Haltung und Verhalten. – Kulturelle Lebensgebiete: Hochschulwesen, Verhalten der Studentenschaft, Schanzeinsatz der Studenten. – Wirtschaft: Bank- und Finanzwirtschaft, Verkehrs-, Handels- und Sozialfragen, allgemeine wirtschaftliche Situation. Die Auflistung zeigt deutlich, wie umfangreich die Berichterstattung war und dass sie praktisch sämtliche Gebiete des slowakischen Lebens umfasste. Sie war aber gleichzeitig nur die eine Seite der Tätigkeit der Einsatzgruppe H. Die andere bestand darin, konkrete Lösungen der Probleme vorzuschlagen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Die Einsatzgruppe H engagierte sich in der Slowakei also in verschiedenen Bereichen und versuchte mit zahlreichen Eingriffen in der politischen, wirtschaftlichen sowie kulturellen Sphäre ihr Tätigkeitsfeld ständig zu erweitern. Sie führte die erforderlichen Maßnahmen entweder selber durch oder sie delegierte die Aufgaben weiter, indem sie konkrete Anweisungen an andere Stellen erteilte. Auch wenn die sicherheitspolizeilichen Maßnahmen zweifellos zu ihren Hauptaufgaben gehörten, sollte man keineswegs ohne Berücksichtigung lassen, dass sie auch auf weiteren Gebieten ihre eigene Politik verfolgte und in der Regel auch erfolgreich durchsetzte. In einem Bericht der Einsatzgruppe von Anfang Januar 1945 wurden so zum Beispiel konkrete Vorschläge gemacht, wie das slowakische politische und wirtschaftliche Leben zu aktivieren sei. Demnach müsse eine Straffung der Regie-

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

rung durch eine Verringerung der Ministerien erfolgen. Diese seien dann mit solchen Männern zu besetzen, die „mutig und deutscherseits lenkbar sind und rücksichtslos durchgreifen“. Nötig sei auch eine Verwaltungsvereinfachung, die vor allem durch „Bereinigung des Beamtenkorps durch rücksichtsloses Ausscheiden aller Beamten und Angestellten, welche sich nicht als voll politisch verlässlich erwiesen haben“, zu erreichen wäre. Des Weiteren verlangte Witiska die Ausschaltung aller ungeeigneten Richter aus den politischen Senaten und die Errichtung eines slowakischen Volksgerichtshofs. Alle nicht politisch positiv eingestellten Hochschulprofessoren seien zu entlassen, die slowakische Hochschuljugend wiederum durch Einführung eines Kriegseinsatzes zusammenzufassen. Eine „personelle Bereinigung“ in der slowakischen Arbeiterschaft sei ebenfalls unbedingt durchzuführen. Der legislative Weg sei durch weitgehende Anwendung eines Ermächtigungsgesetzes zu vereinfachen. Alle staatlichen Einrichtungen und wirtschaftlichen Betriebe seien auf einen totalen Kriegseinsatz der Slowakei auszurichten. 326 Bereits im Dezember 1944 berichtete Witiska über ein erfolgreiches Eingreifen seiner Einsatzgruppe in die slowakische Exekutive: „Als neuerlicher Erfolg für unsere Einschaltung zur Aktivierung der Exekutive ist die Herausgabe von 2 Verordnungen durch die slowakische Regierung zu werten.“ Die erste Verordnung richtete sich gegen den unberechtigten Besitz von Waffen, die andere gegen die Unterstützung von Personen, bei denen man „weiß oder voraussetzen kann, dass sie an staatsfeindlicher Tätigkeit beteiligt“ seien. Während bei der ersten Verfügung die Todesstrafe verhängt werden konnte, betrug die Höchststrafe bei der zweiten Verordnung – wie von Witiska mit Bedauern am Rande bemerkt wurde – „nur“ 15 Jahre Zuchthaus. 327 Die einzelnen Kommandos engagierten sich zum Beispiel auch bei der Anwerbung geeigneter Arbeitskräfte und hatten für einen reibungslosen Ablauf bei Schanzarbeiten zu sorgen. 328 Falls Probleme entstanden, waren sie verpflichtet, diese vor Ort zu lösen. Oft wurde beispielsweise gemeldet, dass versucht werde, sich dem Schanzeinsatz zu entziehen. Die Einsatzgruppe H ergriff dann sofort die erforderlichen Maßnahmen, wie etwa am folgenden Vorfall aus dem Zuständigkeitsbereich des z.b.V.-Kommandos 15 zu sehen ist. Dessen Führer, Sturmbannführer Werner Hersmann, beschwerte sich, dass in Sered am 31. Dezember 1944 von den angeforderten 300 Männern nur 75 zum Schanzen angetreten wären. Da die angestellten Ermittlungen ergeben hätten, dass der 326

EG H (III, Böhrsch), Vermerk, Pressburg 3.1.1945. ABS Praha, S-39–1. Witiska, Betr.: Aktivierung der slowakischen Exekutive, Pressburg 19.12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 198, Bl. 154. 328 Anfang Dezember 1944 waren rund 45 000 Mann im Stellungsbau eingesetzt. Es wurden hauptsächlich Panzerhindernisse, Gräben, MG- und Pak-Stellungen fertiggestellt. EG H (III A-C, Witiska) an RSHA (III B), Betr.: Lage in der Slowakei, Pressburg 4. 12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 159. 327

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Bürgermeister, der Notar und der Kreisarzt Schuld an dem Fehlen der Leute gehabt hätten, seien alle drei festgenommen worden. Dem Bürgermeister sei dann die Auflage erteilt worden, dass am 1. Januar 1945 sich 400 Mann zur Schanzarbeit zu stellen hätten, die dann tatsächlich pünktlich um 8 Uhr mit Schanzzeug erschienen seien. Nach Hersmann beweise dieser Vorfall, dass „zum grossen Teil nur unter Anwendung solcher Methoden die Durchführung dieser notwendigen Arbeiten möglich ist“. 329 Direkte Maßnahmen wurden auch in der kulturellen Sphäre ergriffen. Mitte Januar 1945 hatte sich der Deutsche Befehlshaber in der Slowakei an den Chef der Einsatzgruppe mit dem Hinweis gewandt, dass in Buchhandlungen in Bratislava immer noch Werke jüdischer Schriftsteller verkauft würden und dass sofort eine Aktion zu starten habe. 330 Am 24. Januar wurden deshalb durch die Angehörigen des Stabes bzw. des z.b.V.-Kommandos 29 Buchhandlungen und Leihbüchereien nach verbotenem Schrifttum durchsucht. Der Führer des z.b.V.Kommandos 29, der Sturmbannführer Helmut Glaser, erstattete am selben Tag eine Meldung an Witiska, in der er das Ergebnis der Aktion wie folgt zusammenfasste: „Als Gesamteindruck der Überprüfung ergab sich, dass das im Verkauf befindliche verbotene Schrifttum mengenmässig sehr gering ist und dass nirgends böser Wille dafür verantwortlich ist, sondern nur Mangel an Unterrichtung.“ 331 Die verbotenen Schriften seien – wie er weiter berichtete – sofort ausgeschieden und an Ort und Stelle in den Ofen geworfen worden. Aus den hier angeführten Beispielen geht deutlich hervor, dass der Auftrag der Einsatzgruppe H nicht nur darin bestand, über die bestehenden Probleme zu berichten, sondern auch darin, diese möglichst schnell unter Anwendung jeglicher Mittel zu lösen. Keine Rolle spielte dabei, ob es sich um politische, wirtschaftliche oder kulturelle Angelegenheiten handelte. 2.5.2. Stimmung der Bevölkerung in den SD-Berichten Besondere Aufmerksamkeit in der Berichterstattung der Einsatzgruppe H wurde der Stimmung der einheimischen Bevölkerung gewidmet. Bei der Auswertung solcher Berichte muss unbedingt berücksichtigt werden, dass die darin dargestellten Ereignisse und Einstellungen einer eigenen Interpretation der Berichterstatter unterlagen, teils auch absichtlich manipuliert werden konnten. Sie sind keinesfalls als eine Spiegelung der Realität zu verstehen, sondern vielmehr als ein Bild, das die Einsatzgruppe ihren übergeordneten Stellen in Berlin über die Slowakei präsentierte bzw. präsentieren wollte. 329 Z.b.V.-Kommando 15 (Hersmann) an Witiska, Betr.: Schanzarbeiten in Sered, 3. 1. 1945. BArch R 70/Slowakei, 206, Bl. 33. 330 EG H, Pressburg 17. 1.1945. BArch R 70/Slowakei, 107, Bl. 200. 331 Z.b.V.-Kommando 29 (Glaser) an die EG H, Betr.: Ueberprüfung der Pressburger Buchhandlungen und Leihbüchereien nach verbotenem Schrifttum, Pressburg 24. 1. 1945. Ebd., Bl. 201.

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

Ausgesprochen positive Reaktionen seitens der Bevölkerung auf den Einmarsch der deutschen Truppen und die Besetzung des Landes wurden fast ausnahmslos nur in den ersten Tagen verzeichnet. So meldete etwa das Einsatzkommando 14 nach seiner Ankunft in Topol’čany, dass das „Vertrauen zur deutschen Wehrmacht und zum deutschen Volk […] geradezu unbegrenzt“ sei. 332 Drei Tage später berichtete man, die Situation habe sich auch an anderen Orten „seit der Anwesenheit der Deutschen wesentlich verbessert“. Gleichzeitig jedoch wies man darauf hin, dass der Slowake einer starken Hand bedürfe; wenn er diese nicht habe, verfalle er leicht dem feindlichen Einfluss. Das größte Problem wurde darin gesehen, dass man sogar in volksdeutschen und deutschfreundlich eingestellten slowakischen Kreisen den Krieg bereits für verloren halte. 333 In einem Vermerk der Abteilung III wurde am 12. September 1944 festgehalten, dass viele Slowaken zunächst der „Propaganda der Aufständischen“ erlegen seien, sich später jedoch von diesen enttäuscht abgewandt und deshalb das Einrücken der deutschen Truppen begrüßt hätten. Auch wenn sich die Bevölkerung zu der Berichtszeit im Großen und Ganzen in den besetzten Gebieten „loyal und ruhig“ verhalten habe, sei „von allen Kennern der slow. Psyche auf die Labilität des slow. Volkscharakters hingewiesen“ worden und auch darauf, dass „die slow. Bevölkerung, sobald sie sich wieder selbst überlassen ist, bald wieder gegnerischen Einflüsterungen unterliegen wird“. Da eine restlose Beseitigung der gegnerisch eingestellten Elemente nie möglich sein werde, wurde eine „ständige Belegung der befriedeten Gebiete mit kleineren Einheiten deutscher Truppen“ vorgeschlagen, die als Ordnungsfaktoren zu wirken hätten. 334 Mehr deutsche Einsatzkräfte wurden auch zwei Tage später gefordert, da sich die slowakische und deutsche Bevölkerung durch den „geringen Einsatz der deutschen Einheiten unsicher“ fühle. Bemängelt wurde gleichzeitig fehlende Einsatzbereitschaft und Aktivität seitens der slowakischen sowie der deutschen Bevölkerung. Die Ursache hierfür wurde hauptsächlich in der ungenügenden propagandistischen Beeinflussung der Bevölkerung, wie zum Beispiel in der schleppenden und unzureichenden Zufuhr an Zeitungen, gesehen. 335 Wiederholt erwähnt wurde in den Berichten auch der Attentismus seitens der Bevölkerung. Im Lagebericht vom 11. September wurde notiert: „Haltung der slowakischen Kreise nach wie vor in der Hauptsache abwartend.“ 336 Vier Tage später wurde man konkreter: „Nach Meldung der EK tritt nunmehr in den befriedeten Gebieten, nachdem die erste Freude über die Befreiung nachgelas332

EK 14 an die EG H, Topolcany 6. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 189, Bl. 44. EK 14 an die EG H, Topolcany 9. 9.1944. Ebd., Bl. 55–58. 334 EG H (III A, Hoppe), Vermerk, Betr.: Befriedung der vom Feind gesäuberten Gebiete, Pressburg 12. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 84, Bl. 194. 335 EG H (III, Hoppe), Vermerk zum Lagebericht, Betr.: Stimmung, Pressburg 14. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 112. 336 Chef der EG H, Lagebericht 5, Pressburg 11. 9. 1944. Ebd., Bl. 84–86. 333

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sen hat, in stärkerem Masse die Tendenz auf, sich nach keiner Seite hin festzulegen. Man erkennt, dass Deutschland nur schwache Kräfte in der Slowakei einsetzt und glaubt nicht mehr an einen deutschen Sieg, bezw. dass in Kürze Deutschland den slow. Raum doch wieder aufgeben muss.“ 337 Eine ähnliche Einstellung wurde auch im Lagebericht vom 17. September verzeichnet: „Stimmung im wesentlichen weiter unverändert. Zurückhaltende Vorsicht, Furcht vor Exponierung nach irgendeiner Seite, Bevölkerung abwartend und ruhig.“ 338 Die Aussichten auf einen Sieg der Deutschen und ihrer Verbündeten im Krieg wurden immer geringer, was der slowakischen Bevölkerung natürlich nicht verborgen blieb. Weiter zu kämpfen schien mit jedem Tag zweckloser. Ende Oktober berichtete der Chef der Einsatzgruppe H dem RSHA: „Immer mehr Stimmen, auch in volksdeutschen Kreisen, Schluss zu machen, so oder so, da Weiterkämpfen ohnehin keinen Sinn.“ 339 Auch nach der Niederschlagung des Aufstands und der Besetzung des Aufstandszentrums Banská Bystrica blieb man durchaus skeptisch: „Grossteil der slowakischen Bevölkerung von deutscher Niederlage überzeugt, daher durch Einnahme von Neusohl nicht sehr beeindruckt. Stimmung stark deprimiert. Da Schuld an gegenwärtiger kritischer Lage den Deutschen zugeschoben wird und gegnerische Propaganda dies bewusst unterstützt, nimmt deutschfeindliche Stimmung zu.“ 340 Ende November 1944 berichtete Witiska dem RSHA ausführlich über die momentane Lage und Stimmung der slowakischen Bevölkerung. 341 Anfangs hob er die Entwicklung an den Fronten und die Versorgungslage der Bevölkerung als die bestimmenden Faktoren hervor. Anschließend führte er an, dass sich die breiten Massen gegenüber allen Geschehnissen gleichgültig zeigen und ausschließlich an eigene Interessen denken würden. Nach seinen Erkenntnissen fehle den Slowaken ein Gefühl für die Gemeinschaft ebenso wie das Bewusstsein einer „europäischen Zusammengehörigkeit im Kampf gegen den Bolschewismus und die Angloamerikaner“. Weiterhin kritisierte er die allgegenwärtige Tendenz von Regierungskreisen und Staatsbeamten, die Verantwortung auf andere Personen – meistens auf die Deutschen – abzuschieben und schilderte die Praxis wie folgt: „Alles, was gegen die feindlich eingestellten Kreise gerichtet ist, sei von slowakischer Seite unter einem gewissen Zwang durchgeführt, verordnet oder beschlossen worden. Wo die Initiative den slowakischen Stellen selbst überlassen bleibt, geschieht nichts.“ Als Beispiel nannte er in diesem Zusam337

EG H (III C), Vermerk zum Lagebericht, Pressburg 15. 9. 1944. Ebd., Bl. 120. Chef der EG H, Lagebericht 11, Pressburg 17. 9. 1944. Ebd., Bl. 130. 339 EG H (III A-C, Witiska) an RSHA (III B), Pressburg 25. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 284. 340 EG H (III A-C, Hoppe), Vermerk, Betr.: Lage in der Slowakei, Pressburg 27. 10. 1944. Ebd., Bl. 301 f. 341 EG H (III A-C, Witiska) an RSHA (III B und III C), Lage in der Slowakei, 28. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 146–158. 338

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

menhang den Unwillen slowakischer Stellen zur Bestrafung der Aufständischen und ihrer Anführer. Zwei Monate später wurde dem RSHA vom Stab der Einsatzgruppe H ein ausführlicher Bericht mit dem Titel „Ursachen der deutschfeindlichen Einstellung der Slowaken“ zugeschickt. 342 Am Anfang präsentierte man das Problem: „Vielfach erregt es in deutschen Kreisen Verwunderung und Befremden, dass die slowakische Bevölkerung, die ja Deutschland die Selbständigkeit des Staates und einen ungeahnten Wirtschaftsaufschwung verdankt, nicht nur in keiner Weise gewillt ist, Deutschland in seinem Kampfe zu unterstützen, sondern eine alles Deutsche ablehnende bezw. deutschfeindliche Haltung einnimmt.“ Im Folgenden wurden dann im Einzelnen die Ursachen dafür dargestellt. Nach dem Berichterstatter gebe es hierfür weltanschauliche, politische und psychologische Gründe. Zu den ersteren gehörten vor allem die Rassentheorie (Hervorhebung der nordischen Rasse gegenüber allen slawischen Völkern) und die Religionsfrage (negative Einstellung des Nationalsozialismus zur Kirche). Bei den politischen Gründen wurden die Schuld Deutschlands am Ersten Wiener Schiedsspruch, die Unterstützung des „ungarischen Agenten“ Tuka, die Bevorzugung der Ungarn gegenüber den Slowaken sowie deutsche Eingriffe in verschiedene Wirtschaftssektoren genannt. Als psychologische Gründe galten das herausfordernde Verhalten der Volksdeutschen, das herablassende Verhalten der Reichsdeutschen und das geringschätzige Verhalten deutscher Truppen gegenüber slowakischen Soldaten genauso wie das Verhalten deutscher Truppen (zum Beispiel der Brigade Dirlewanger) 343 in der Slowakei. Die allgemein negative Stimmung weiter Teile der Bevölkerung erwies sich als beständig. Pessimismus und Gleichgültigkeit beherrschten weiterhin – zumindest in den Augen der Berichterstatter der Einsatzgruppe H – das Land. Am 2. Januar 1945 meldete so zum Beispiel der Führer des z.b.V.-Kommandos 15, der Sturmbannführer Werner Hersmann, dass die Stimmung „im allgemeinen ausgesprochen negativ und gegen uns eingestellt“ sei. 344 Ähnliche Feststellungen nahmen in den folgenden Monaten noch zu. In fast allen Berichten der Kommandos kam das schwindende Vertrauen der Bevölkerung in den deutschen Sieg zum Ausdruck. Das Sonderkommando 7a machte Anfang März 1945 auf eine allgemeine Lethargie aufmerksam: „Grösster Teil der hies. Bevölkerung steht Kriegsgeschehen weiterhin gleichgültig gegenüber.“ 345 Auch in den Gesamtberichten der Abteilung III im Stab der Einsatzgruppe tauchten

342 EG H (III A-C, Witiska) an RSHA (III B), Betr.: Ursachen der deutschfeindlichen Einstellung der Slowaken, Pressburg 26. 1.1945. BArch R 70/Slowakei, 227, Bl. 400–403. 343 EK 14 (Heuser) an die EG H, Neusohl 30. 12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 97, Bl. 52. 344 Z.b.V.-Kommando 15 (Hersmann) an Witiska, Betr.: Monatliche Lageberichterstattung, 2. 1. 1945. BArch R 70/Slowakei, 189, Bl. 130 f. 345 SK 7a (Klatt), Senica 4. 3. 1945. BArch R 70/Slowakei, 177, Bl. 16.

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Lethargie und Desinteresse auf: „Das slowakische Volk will im Grossen gesehen nur seine Ruhe und zeigt stärkste Kriegsmüdigkeit. In allen Kreisen kann die Ansicht festgestellt werden, dass es dem Slowaken gleichgültig ist, unter welchem Regime bezw. Staat er sein Leben fristet.“ 346 Die Stimmung der Bevölkerung stand zu dieser Zeit vollends unter dem Einfluss der militärischen Lage, wobei dem Vormarsch der Roten Armee die größte Aufmerksamkeit zugewendet wurde. In einem Bericht von Mitte März konstatierte Witiska: „Tatsächlich ist es […] so, dass zumindestens 95 % der gesamten slowakischen Bevölkerung von einer unabwendbaren Niederlage Deutschlands überzeugt sind.“ 347 Einen gewissen Rückhalt konnte die Einsatzgruppe H in den letzten Kriegsmonaten lediglich bei den Volks- und Reichsdeutschen gewinnen. Ihre Haltung fand man zwar im Allgemeinen „fatalistisch, aber nicht ausgesprochen pessimistisch. Man erhofft eine baldige Wende des Krieges, die unter Einsatz neuer Waffen erzwungen wird“. 348 Ein häufiges Thema in den Berichten der Einsatzgruppe H, das hier noch kurz angesprochen werden soll, war die Einstellung und das Verhalten der einheimischen Bevölkerung gegenüber den Juden. Am 6. September 1944 berichtete das Einsatzkommando 14 aus Topol’čany, dass Juden „zum grossen Teil bei der Bevölkerung verhasst“ seien und dass man sie „ganz los sein will oder, wenn das nicht möglich ist, so doch nach dem Grad ihrer Gefährlichkeit ausgeschaltet sehen möchte“. 349 Zwei Tage später, nachdem der Großteil der Juden in Topol’čany und Umgebung verhaftet worden war, schilderte man das Verhalten der Bevölkerung so: „Aus hier vorliegenden Aeusserungen aus der Bevölkerung ergibt sich, dass diese Judenaktionen vom slowakischen Volk mit grösster Zustimmung verfolgt werden. Teilweise hat man geradezu Freudenkundgebungen veranstaltet, als man von der Verhaftung gefährlicher Juden hörte. Aus einem vorliegenden Bericht ergibt sich weiterhin, dass es die einzige Sorge der slowakischen Bevölkerung sei, dass die Deutschen im bezug auf die Juden zu zurückhaltend und vornehm handeln könnten. Es kann der hiesigen Bevölkerung anscheinend nicht schnell genug gehen, bis die Judenfrage radikal gelöst wird. Nach Rücksprache mit den einzelnen Angehörigen des Einsatzkommandos, die Judenverhaftungen durchgeführt haben, konnten diese Stimmen aus der Bevölkerung nur bestätigt werden. Nicht in einem einzigen Falle konnte beobachtet werden, dass sich die Bevölkerung an den Verhaftungen unbeteiligt gezeigt oder sie vielleicht sogar abgelehnt hätte.“ 350

346

EG H (III), Betr.: Lage in der Slowakei, Pressburg 10. 3.1945. BArch R 70/Slowakei,

315. 347 348 349 350

EG H (III, Witiska), Betr.: Lage in der Slowakei, Pressburg 14. 3. 1945. Ebd. EG H (III), Betr.: Lage in der Slowakei, Pressburg 10. 3. 1945. Ebd. EK 14 an die EG H, Topolcany, 6. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 189, Bl. 46 f. EK 14 an die EG H, Topolcany, 8. 9. 1944. Ebd., Bl. 50 f.

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

Auch in einem zusammenfassenden Bericht teilte der Führer des Einsatzkommandos 14, Hauptsturmführer Georg Heuser, mit, dass in seinem Zuständigkeitsbereich die Maßnahmen gegen Juden in der breiten Masse der Bevölkerung großen Anklang gefunden hätten und viele Leute „mit lachenden Gesichtern“ der Vorführung der Juden beigewohnt hätten. Des Weiteren hob er hervor, dass im Allgemeinen Anerkennung geäußert worden sei, und dies vor allem deswegen, da man keinen Unterschied zwischen armen und reichen Juden gemacht habe und weil die Aktionen durch unbestechliche Deutsche durchgeführt worden seien. Die Bevölkerung habe zugegeben, dass es dumm gewesen sei, sich von so wenigen Juden beherrschen zu lassen und habe erklärt, dass die Juden nun in ein Arbeitslager zu kommen hätten. Zum Schluss stellte Heuser fest: „Ein Mitleid mit den Juden war von den Slowaken nur in den seltesten Fällen gezeigt worden. Ein Bedauern nur dort, wo der arische Kaufmann seinen geriebenen Geschäftsfreund einbüsste.“ 351 Anhand dieser Berichte erstellte der Chef der Einsatzgruppe H anschließend Gesamtberichte für das RSHA und andere interessierte Stellen. Am 9. September 1944 meldete er so, dass die Judenaktion „schön“ vorwärts gehe und dass sie von der Bevölkerung und auch von der Geistlichkeit allgemein begrüßt werde. Nach seinen Erkenntnissen werde „eine schnelle radikale Bereinigung der Judenfrage […] allgemein verlangt“. Des Weiteren machte er darauf aufmerksam, dass die katholische Kirche in Topol’čany eine starke antisemitische Grundhaltung zeige und den evangelischen Geistlichen Vorwürfe mache, dass diese nach viel zu kurzer Vorbereitungszeit Juden zu Christen gemacht hätten. 352 Im Lagebericht der Einsatzgruppe wurde in diesem Zusammenhang am nächsten Tag notiert: „Vertreter der kath. Kirche, der Prälat von Topolcany eindeutig antisemitisch, sodass von dieser Seite keine Schwierigkeiten zu erwarten sind. Ev. Kirche bisher den Juden gegenüber entgegenkommend gewesen.“ 353 Auch später verblieb man in der Regel bei diesem Ton der Berichterstattung; negative oder sogar opponierende Einstellungen seitens der Bevölkerung hinsichtlich der Maßnahmen gegen die Juden wurden in den Berichten bis zum Kriegsende nur ganz selten verzeichnet. Sie kamen fast ausschließlich dann vor, wenn in ihrem Kontext die Angst vor dem Kriegsausgang bzw. vor einer eventuellen Rache geäußert wurde. Am 22. Oktober 1944 vermerkte Witiska, dass die andauernden Festnahmen von Juden von der Bevölkerung mit „gemischten Gefühlen“ aufgenommen würden: „Teils Furcht vor Bombardierungen, teils Begeisterung und Vorschlag, nach jedem Luftangriff bestimmte Anzahl von

351

EK 14 an die EG H, Topolcany, 9. 9.1944. Ebd., Bl. 58 f. Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 9. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 76. 353 Chef der EG H, Lagebericht 4, Pressburg 10. 9.1944. Ebd., Bl. 79. 352

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Juden zu erschiessen.“ 354 Einen Monat später meldete der Führer des z.b.V.Kommandos 29, Sturmbannführer Franz Hoth, dass nach einer weiteren Aktion gegen die Juden von slowakischer Seite vereinzelt Befürchtungen geäußert würden, dass sich „die Juden im Falle eines ungünstigen Kriegsausganges für diese Behandlung am slowakischen Volke rächen würden“. 355 Berichte dieser Art sind selbstverständlich mit einem gewissen Quellenvorbehalt zu betrachten, da die Intention des jeweiligen Verfassers berücksichtigt werden muss. Wie aber bereits dargestellt, gab es in der Slowakei einen virulenten autochthonen Antisemitismus, der in der Zuspitzung der Kriegszeit und unter Billigung der deutschen Stellen dazu führte, dass Teile der Bevölkerung sich gegenüber den Juden gleichgültig bzw. vollkommen ablehnend verhielten und so zu Mitwissern sowie in einigen Fällen auch zu Mittätern wurden. Hiervon zeugen mehrere Berichte der Einsatzgruppe H zur aktiven Beteiligung Einheimischer an Maßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung. 2.5.3. Propaganda Ein wichtiges Tätigkeitsgebiet der Einsatzgruppe H war die Propaganda. Bereits eine Woche nach der Ankunft in der Slowakei kündigte ihr Chef an, dass Partisanen einer Beeinflussung durch gute Propaganda zugänglich seien und schlug deshalb folgendes Vorgehen vor: „Die bandenverseuchten Gebiete müssen einer intensiven Propaganda unterworfen werden. Lautsprecherwagen und slow. Propagandisten werden von den Einsatzkommandos gefordert. Auch sollen durch Flugzeuge mit slow. Hoheitszeichen Flugblätter abgeworfen werden. Die Propaganda muss nationalslowakisch sein, denn der Gegner arbeitet mit dem Argument, dass die Slowakei restlos durch die Deutschen vergewaltigt wird und sie für die Freiheit kämpfen. Bei der Propaganda darf deutsches Element wenig in Erscheinung treten. Besonders muss Präsident Tiso herausgestellt werden. Dieser besitzt nach Meldungen aus aufständischen Truppenkreisen starke Autorität. Die Propaganda kann antisemitisch sein. Es herrscht bei den Aufständischen teilweise grosse Opposition gegen die Juden.“ 356 Propagandistische Maßnahmen fielen in die Kompetenz des Referats III C im Stab der Einsatzgruppe H. Hier wurden dafür Vorschläge gemacht und der Einfluss der deutschen und slowakischen Propaganda sowie der Feindpropaganda auf verschiedene Bevölkerungsgruppen untersucht. Eine enge Zusammenarbeit bestand mit dem Propagandaamt der Deutschen Partei und mit dem deutschen Berater beim Slowakischen Propagandaamt. Am 10. Oktober 1944 354 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 22. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 265. 355 Z.b.V.-Kommando 29 (Hoth), 20. 11.1944. BArch R 70/Slowakei, 312, Bl. 3 f. 356 Chef der EG H, Lagebericht 2, Pressburg 8. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 44.

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

gab Witiska einen Verteiler heraus, in dem die Grundlinien der Propaganda genau geregelt wurden: „Alle von der Truppe, den Einsatzkommandos der Sicherheitspolizei und des SD und aus der Bevölkerung erfassbaren sachlichen und organisatorischen Propagandaanregungen sind laufend an III C meiner Dienststelle zu leiten, von wo aus das Material nach Überarbeitung und Zusammenstellung an den Deutschen Berater beim Slowakischen Propagandaamt zur Abfassung der entsprechenden Presseberichte, Maueranschläge usw. weitergeleitet wird.“ 357 Einen Tag später beauftragte der Deutsche Befehlshaber in der Slowakei Witiska offiziell mit der zentralen Überwachung der gesamten Propaganda in der Slowakei. 358 Anfang November 1944 wandte sich Witiska an die ihm unterstellten Stellen und teilte ihnen mit, dass zur Analyse des angefallenen schriftlichen Materials der Aufständischen eine Auswertungsstelle unter der Leitung des Hauptsturmführers Herbert Böhrsch geschaffen werde. Die Stelle setze sich aus Mitarbeitern der Abteilungen III, IV, Ic und IV N sowie der nötigen Anzahl von Dolmetschern und Schreibkräften zusammen und habe die „grosse Aufgabe, das gewonnene Material für propagandistische Zwecke zu verwenden und die Ursachen des Aufstandes sowie die Drahtzieher des Aufstandes festzustellen. Jeder Angehörige der Einsatzgruppe hat mit allen Kräften die Arbeit der Auswertungsstelle zu unterstützen und aktuelles Material möglichst schnell der Auswertungsstelle zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung zu stellen.“ 359 Zu den wichtigsten propagandistischen Maßnahmen, derer sich die Einsatzgruppe H bediente, gehörten öffentliche Kundgebungen und Gottesdienste mit Reden des Präsidenten, von Ministern, Priestern und weiteren führenden Persönlichkeiten, Nachrichten über aufgedeckte Greuel des Gegners, das Nutzen der Aussagen von Festgenommenen, Prozesse gegen die führenden Aufständischen, öffentliche Hinrichtungen, die Anfertigung von Plakaten und Flugblättern als auch Rundfunksendungen und Filmberichterstattung. Auf einige dieser Bereiche wurde bereits in anderem Kontext aufmerksam gemacht – man denke nur an den nach der Niederschlagung des Aufstands in Banská Bystrica stattgefundenen Staatsakt, an die verschiedenen Reden der slowakischen Staatsfüh357 Witiska, Betr.: Propagandalenkung und propagandistische Betreuung in der Slowakei, Verteiler, Pressburg 10. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 364. Außer den Witiska unterstellten Kommandos wurde der Verteiler auch dem deutschen Berater beim Slowakischen Propagandaamt, dem Propagandaamt der Deutschen Partei, dem Heimatschutz und dem Volksgruppenführer zugestellt. 358 Deutscher Befehlshaber in der Slowakei, Betr.: Berichterstattung über Kampfhandlungen im Bandengebiet und Lenkung der Propaganda in der Slowakei, Verteiler, Pressburg 11.10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 94, Bl. 89. 359 Witiska an III A, III L, IV L, Ic, I L, IV N (Pape), EK 13, EK 14, SK 7a, z.b.V.-Kdo. 15 und 29, Pressburg, 1. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 95, Bl. 1. Über die Arbeit dieser Auswertungsstelle wurden keine weiteren Hinweise ermittelt.

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rung oder an die öffentlichen Hinrichtungen. Auch die an den Volksdeutschen begangenen Verbrechen wurden zumeist propagandistisch ausgenutzt. Die Kommandos wurden aufgefordert, laufend nach Bratislava Meldungen über die „Partisanengreul in den Bandengebieten der Slowakei“ zu erstatten, die als „wirksames Propagandamaterial gegen den Bolschewismus weitere Verwendung finden“ sollten. Interesse an solchen Berichten wurde auch vom Reichsaußenminister gezeigt. 360 Was die Feindpropaganda angeht, übergaben die Kommandos dem Stab der Einsatzgruppe häufig jenes propagandistische Material des Gegners, dessen sie habhaft werden konnten. Das Einsatzkommando 14 etwa übermittelte Ende Oktober 1944 ein Flugblatt, das in Handlová verteilt wurde und teilte mit, dass der Verteiler gesucht werde. 361 Wiederholt beschwerte sich der Chef der Einsatzgruppe H über das Abhören feindlicher Sender. Ende Oktober meldete er dem Deutschen Befehlshaber, dass die „feindlichen Rundfunksendungen nach wie vor stärksten Einfluss auf die Stimmungs- und Meinungsbildung in der slowakischen Bevölkerung“ hätten. Er verlangte, dass die slowakische Staatliche Sicherheitszentrale das Abhören der Feindsender zukünftig entsprechend bekämpfe. 362 Auf dem Gebiet der Propaganda wurde die Einsatzgruppe H von verschiedenen Stellen unterstützt. So zum Beispiel aus dem benachbarten Protektorat. Mitte Oktober 1944 informierte der deutsche Staatsminister im Protektorat Böhmen und Mähren den Deutschen Befehlshaber in der Slowakei, dass er eine spezielle Propagandaeinheit unter dem Untersturmführer Adolf Leitgeb habe aufstellen lassen, die in der Slowakei eng mit der Einsatzgruppe zusammenarbeiten werde. 363 Ende Oktober wurde das Einsatzkommando 14 benachrichtigt, dass in seinem Zuständigkeitsbereich um Banská Bystrica eine Staffel unter Leitgeb eine „Propaganda-Sonderaktion in freigekämpften Gebieten“ unternehme. Die Einheit sei direkt der Einsatzgruppe unterstellt und solle unmittelbar nach Beendigung der Kampfhandlungen in die befreiten Städte einrücken und dort unverzüglich ihre Arbeit aufnehmen. Witiska ersuchte alle Stützpunktführer, die Arbeit des Kommandos Leitgeb „in jeder Hinsicht voll zu unterstützen und SS-Ustuf. Leitgeb insbesondere bei Vernehmung von prominenten Gefangenen Zutritt zu gewähren“. 364 360 Verfügung an das EK 13 und 14, Betr.: Berichte über Greuel in den Bandengebieten in der Slowakei, 6. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 94, Bl. 74. 361 EK 14 (Ramrath) an den Chef der EG H, Betr.: Propagandamaterial des Gegners, 22. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 74, Bl. 72. 362 Witiska an Höfle, Betr.: Verbot des Abhörens feindlicher Rundfunksendungen, 22. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 105, Bl. 24. 363 Frank an Höfle, Praha 14.10.1944. Prečan 1971, S. 348 f. (Dokument 179). 364 EG H (III, Böhrsch) an Chef des EK 14 (Heuser), Betr.: Propaganda-Sonderaktion SS-Ustuf. Leitgeb, 25. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 94, Bl. 118.

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

Mitte November 1944 kam noch eine weitere Einheit in die Slowakei, die mit Propaganda beauftragt war: die SS-Standarte Kurt Eggers, Kommando Südost/ Slowakei. 365 Ihr Führer, der Oberscharführer Dr. Hoffmann, begann sofort nach seiner Ankunft in Bratislava neue Mitarbeiter anzuwerben. Es waren in der Regel Intellektuelle oder Studenten aus den Reihen der Deutschen Partei, des Heimatschutzes, der Hlinkagarde oder der Hlinkajugend, die sowohl die slowakische als auch die deutsche Sprache beherrschten, Rede- oder Schreibtalent aufwiesen oder Erfahrungen mit Rundfunk- und Filmtechnik hatten. Das Kommando, das später in Bratislava den Soldatensender „Prinz Eugen“ betrieb, 366 war zunächst dem Chef der Einsatzgruppe H unterstellt und erfreute sich seiner umfangreichen Unterstützung. 367 Ende Januar 1945 übernahm es dann sogar die Führung über alle in der Slowakei eingesetzten Propagandatruppen. 368 Die Einsatzgruppe H war aber auch weiterhin auf dem Gebiet der Propaganda tätig. Anfang März 1945 schlug Witiska dem Deutschen Befehlshaber vor, an deutsche und slowakische Dienstwagen Aufschriften wie „Dem Führer Zeit gewinnen“, „Durchhalten“, „Führer befiehl, wir folgen“ und „Wir siegen doch“ anbringen zu lassen. In den letzten Tagen hätten solche Aufschriften laut den Berichten seiner Kommandos „einen sehr guten Widerhall“ in breiten Bevölkerungskreisen gefunden. 369 Noch Ende März 1945 probierte die Einsatzgruppe neue propagandistische Methoden aus. Witiska gab damals bekannt, dass seine Kommandos bemüht seien, „sicherheitspolizeiliche Überholungsaktionen von Ortschaften mit einer propagandistischen Beeinflussung der einheimischen Bevölkerung zu verbinden“. Die gesamte männliche Bevölkerung der jeweiligen Ortschaft werde zu diesem Zweck in einem geeigneten Raum zusammengefasst, wo der Einsatzführer eine kurze Ansprache halte. Dem Chef der Einsatzgruppe H zufolge habe sich bei diesen Aktionen gezeigt, dass „durch derartige aufklärende und auch das politische Gebiet streifende Hinweise ein grösstmögliches Verständnis für die Arbeit der Sicherheitspolizei geweckt werden kann, und dass man die Arbeit der Sicherheitspolizei im slowakischen

365 Die Einheit wurde 1940 als SS-Kriegsberichter-Kompanie aufgestellt, 1941 wurde sie in SS-Kriegsberichter-Abteilung umbenannt und 1943 in SS-Standarte Kurt Eggers. Ihre Züge waren den kämpfenden Einheiten der Waffen-SS zugeteilt. Potocký, Peter: SS-Standarte Kurt Eggers na Slovensku [SS-Standarte Kurt Eggers in der Slowakei]. URL: http:// www.druhasvetova.sk/view.php?cisloclanku=2007020001 [zuletzt geprüft am 7.1. 2012]. Hier auch die weiteren Hinweise zur Standarte Kurt Eggers. 366 EG H (III C) an RSHA, Betr.: Eröffnung des Kampfsenders „Prinz Eugen“ /Pressburg II/ auf Welle 255, 27. 12.1944. BArch R 70/Slowakei, 362. 367 Hoffmann an Witiska, Pressburg 24. 12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 367. 368 Deutscher Befehlshaber in der Slowakei an die Standarte Kurt Eggers, Betr.: SSOberscharführer Dr. Hoffmann – Übernahme sämtlicher in der Slowakei eingesetzter Prop-Einheiten, Pressburg 31.1.1945. Ebd. 369 EG H (Witiska), Pressburg 6. 3. 1945. BArch R 70/Slowakei, 75, Bl. 116.

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Raum bis zu einem gewissen Grade anerkannt oder zumindest anzuerkennen vorgibt.“ 370

2.6. Slowaken als Akteure Die Einsatzgruppe H verfügte über ein relativ umfangreiches Personal bei ihrem Einsatz in der Slowakei. Dennoch steht außer Frage, dass sie gleichzeitig in mehrfacher Hinsicht auf die Unterstützung von Einheimischen angewiesen war. Da zudem die „Souveränität“ des Landes auch nach dem Ausbruch des Aufstands nach außen hin aufrechterhalten bleiben sollte, war sie bemüht, Kontakte zu slowakischen Stellen zu knüpfen und diese in ihre Arbeit einzubeziehen. Ende September 1944 berichtete der Chef der Einsatzgruppe ausführlich dem Deutschen Befehlshaber in der Slowakei über die bisherige Entwicklung im Land und hob dabei die größten Probleme hervor. Aus seiner Sicht fehle der slowakischen Regierung die innere Geschlossenheit und das Verantwortungsbewusstsein, der Staatsapparat sei infolge mangelnder eigener Initiative und Durchschlagskraft nicht mehr intakt, die Hlinkapartei stagniere vollkommen, die Hlinkagarde befinde sich mitten in einem Regenerationsprozess, und die slowakische Bevölkerung lasse sich in ihrer Masse von den Ereignissen treiben. Witiska resümierte: „Der slowakische Staat ist brüchig geworden. Die fünfjährige, vom Reich stärkstens unterstützte Aufbauarbeit hat nur geringe Früchte getragen.“ 371 Im folgenden Kapitel soll gezeigt werden, inwieweit die Einsatzgruppe H mit ihrer Tätigkeit verschiedene slowakische Stellen beeinflusste, auf welchem Feld die Slowaken als besonders hilfsbereite Akteure auftraten und wie die Zusammenarbeit in konkreten Fällen aussah. Es ist hier nicht das Ziel, die Struktur und die einzelnen Bereiche des slowakischen Staates eingehend zu analysieren, sondern vielmehr zu schildern, was für eine Bedeutung die ausgewählten slowakischen Organe im Kontext der Tätigkeit der Einsatzgruppe H hatten. Am Anfang des Kapitels wird das Augenmerk auf die slowakische Staatsführung gerichtet; die drei Gewalten mitsamt dem slowakischen Staatspräsidenten sind hier ebenso Thema wie die Rolle der katholischen Kirche. Der nach dem Ausbruch des Aufstands neu aufgestellten slowakischen Armee („Domobrana“) sowie dem polizeilichen Sektor des slowakischen Staates ist der daran anschließende Abschnitt gewidmet. Des Weiteren müssen die Hlinkagarde und ihre bewaffneten Einheiten (POHG) in diesem Zusammenhang beschrieben werden, denn gerade aus den POHG vermochte die Einsatzgruppe H in der Regel ihre eifrigsten Helfershelfer zu rekrutieren. Zum Schluss des Kapitels werden 370

Witiska, Lagebericht 19/45, 25. 3. 1945. BArch R 70/Slowakei, 315. EG H (Witiska) an Deutschen Befehlshaber in der Slowakei, Betr.: Übersicht über die bisherige Entwicklung in der Slowakei, Pressburg 26. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 185, Bl. 74–82. 371

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ausgewählte Beispiele einer Beteiligung von Slowaken an den Aktionen der Einsatzgruppe und an den durch sie begangenen Verbrechen geschildert. 2.6.1. Staatsführung Am 5. September 1944, eine Woche nach dem Ausbruch des Aufstands, wurde in der Slowakei eine neue Regierung eingesetzt. Štefan Tiso, ein Cousin dritten Grades des Präsidenten Jozef Tiso, löste den bisherigen Ministerpräsidenten Vojtech Tuka ab und übernahm zugleich das Außen- sowie das Justizministerium. 372 Zum Verteidigungsminister wurde Štefan Haššík ernannt, zum Minister für Unterricht und nationale Aufklärung Aladár Kočiš und zum Minister für Verkehr und öffentliche Arbeit L’udovít Lednár. Keine Änderungen gab es auf den Posten des Innenministers (Alexander Mach), des Finanzministers (Mikuláš Pružinský) und des Wirtschaftsministers (Gejza Medrický). Am 2. September 1944 berichtete der Chef der Einsatzgruppe H, er habe vom Deutschen Gesandten erfahren, die Namensliste der neuen Minister stehe bereits fest. Witiska beklagte sich darüber, dass er nicht im Voraus informiert worden war: „Zu derart eingreifenden grösseren politischen Geschehen müsste ich als Chef der Einsatzgruppe unbedingt Stellung nehmen können.“ 373 In den ersten Septembertagen knüpfte er Kontakte zu den Mitgliedern der Regierung. Am 8. September besuchte er den Ministerpräsidenten und den Verteidigungsminister, die beiden für seine Arbeit offensichtlich wichtigsten Männer. Štefan Tiso soll ihm mitgeteilt haben, er habe vollstes Verständnis für die Tätigkeit der deutschen Sicherheitspolizei. Er habe um eine „faire und kameradschaftliche Zusammenarbeit“ gebeten und versprochen, die Wiedererrichtung des Staates energisch zu unterstützen, bekundete Witiska. 374 Der Deutsche Befehlshaber in der Slowakei war wesentlich skeptischer. Am 7. September äußerte er seine Zweifel hinsichtlich der neuen slowakischen Regierung in einem Brief an Himmler: „Treue im deutschen Sinne gibt es bei diesen Menschen überhaupt nicht, sie sind treu aus Zweckmässigkeit. Eine einzige Ausnahme vielleicht Haššik. Die gesamte Regierung ist ausgesprochen antibolschewistisch, hat aber jeden Glauben an einen Sieg Deutschlands, ja dass das Wort Deutschland überhaupt bestehen bleibt, verloren. Weil wir sie gegen die Bolschewisten schützen, machen sie mit uns.“ 375 Die slowakische Regierung sowie die einzelnen Beamten der Ministerien standen unter Überwachung seitens der Einsatzgruppe H. So wurde etwa Ende Oktober 1944 gemeldet, dass in 372 Štefan Tiso (* 18.10.1897 Bytča; † 28. 3.1959), slowakischer Politiker und Jurist, 1939 bis 1944 Vorsitzender des Hauptgerichts in Bratislava, ab 5. September 1944 Ministerpräsident, Außenminister und Justizminister in der Slowakei. 373 Witiska, Pressburg 2. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 363. 374 Witiska beim Ministerpräsidenten Štefan Tiso, Pressburg 8. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 160, Bl. 3 f. 375 Berger an Himmler, Pressburg 7. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 25, Bl. 209.

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einigen Ministerien noch Juden beschäftigt seien. Als Beispiel wurde das Finanzministerium genannt, wo sechs Juden angestellt sein sollten. Die Einsatzgruppe bat deshalb den Chef des Staatlichen Sicherheitswesens, die „Angelegenheit zu überprüfen und entsprechende Massnahmen zu veranlassen“. 376 Da die formelle Unabhängigkeit der Slowakei nach außen hin gewahrt werden sollte, war die Einsatzgruppe bemüht, ihre Ziele mittels der slowakischen Stellen zu erreichen. So befand etwa das z.b.V.-Kommando 27, dass es zweckmäßig erscheine, den „an sich politisch unzuverlässigen und passiven Behördenapparat in irgendeiner Form zu aktivieren, um ihn für die deutschen Belange einzusetzen und mit der politischen Verantwortung mit zu belasten.“ 377 Dass es sich seitens des Reiches nicht um Empfehlungen, sondern vielmehr um Befehle handelte, deren Erfüllung in der Tat nicht bezweifelt werden konnte, versteht sich vor dem Hintergrund der damaligen Situation von selbst. Als prägnantes Beispiel kann in diesem Zusammenhang das am 9. Oktober 1944 abgeschlossene Abkommen über die Versorgung der deutschen Wehrmacht in der Slowakei angeführt werden, mit dem die slowakische Regierung gezwungen wurde, die Besetzung ihres eigenen Landes zu finanzieren. 378 Die slowakische Regierung blieb bis zum Kriegsende ihrer „Schutzmacht“ treu, auch wenn in den letzten Kriegsmonaten eine gewisse Beunruhigung zu spüren war. Anfang Februar 1945 wurde in einem Bericht der Einsatzgruppe H vermerkt, dass in slowakischen Regierungskreisen eine starke Tendenz zu einer allgemeinen Demission zu bemerken sei. Die Ursache hierfür sah der Berichterstatter darin, dass man unter allen Umständen jeder Verantwortung ausweichen wolle und führte als Beispiel folgende Äußerung des Ministers für Unterricht und nationale Aufklärung an: „Die slowakische Regierung ist jetzt ohne Macht und alles in der Slowakei ist jetzt von den Deutschen abhängig. Deshalb sollen die Deutschen auch für alles, was jetzt und in Zukunft in der Slowakei geschieht, die Verantwortung tragen.“ 379 Auch in weiteren Berichten wurde festgehalten, dass der Regierung jeder Antrieb zur Arbeit fehle und dass sich 376 EG H (III A-C) an den Stabschef der HG und Chef des Staatlichen Sicherheitswesens, Betr.: Beschäftigung von Juden in Ministerien, Pressburg 27. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 224, Bl. 358. 377 Z.b.V.-Kommando 27 (Paufler) an BdS Krakau (Bierkamp), Betr.: Deutsche Politik in der Slowakei, Prešov 8. 12.1944. BArch R 70/Slowakei, 60, Bl. 437–439. 378 Die slowakische Regierung verpflichtete sich durch das Abkommen, der deutschen Wehrmacht die notwendigen Zahlungsmittel in slowakischer Währung und weitere Sachmittel (v. a. Artikel für den Bedarf der Truppenteile, Baumaßnahmen, Immobilien und Wohnräume sowie Verkehrs- und Vermittlungseinrichtungen) zur Verfügung zu stellen. Das Abkommen galt für das ganze Staatsgebiet der Slowakei und trat rückwirkend vom 1. 9. 1944 an in Kraft. EG H (III D, Schönfeld) an das RSHA, Pressburg 27.12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 291, Bl. 258–260. 379 EG H (III G), Vermerk, Betr.: Slowakische Regierung, Pressburg 2. 2.1945. BArch R 70/Slowakei, 228, Bl. 10.

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keiner mehr exponieren wolle. Ein Rücktritt fand jedoch nicht statt. Anfang April 1945, kurz vor der Besetzung der slowakischen Hauptstadt durch die Rote Armee, zog sich die Regierung mit dem Staatspräsidenten in ein Benediktinerkloster in Kremsmünster zurück, wo die Kapitulation unterschrieben wurde und die Slowakische Republik somit faktisch zu existieren aufhörte. Neben der Regierung war in der slowakischen Politik der Staatspräsident einer der wichtigsten Akteure und damit gleichzeitig einer der wichtigsten Partner der Einsatzgruppe H. Laut der Verfassung von 1939 verfügte er über weitreichende Befugnisse; seine faktische Macht lässt sich allerdings nicht allein anhand von Verfassungsgrundsätzen beschreiben. Nicht zu unterschätzen ist in diesem Zusammenhang nämlich die große Beliebtheit und Autorität Jozef Tisos in weiten Teilen der Bevölkerung, die auf der wohlangesehenen Verquickung von Staats- und Kirchenamt gründete. Nach außen wusste Tiso in der Wahrnehmung repräsentativer Aufgaben die Selbstständigkeit des slowakischen Staates zu untermauern. Diese Position führte dazu, dass die Deutschen auch nach dem Ausbruch des Aufstands an ihm festhielten, obwohl er zu keiner Zeit zu den radikalsten Vertretern der nationalsozialistischen Ideologie unter den slowakischen Politikern gehörte. So äußerte sich etwa der Deutsche Gesandte in der Slowakei gegenüber dem Deutschen Befehlshaber und dem Chef der Einsatzgruppe H am 2. September 1944 über den Staatspräsidenten: „M. E. sollte, wenn Slowakei in irgendeiner Form als selbständiger Staat bestehen bleibt, Dr. Tiso von uns unbedingt gehalten werden. Er hat sich menschlich einwandfrei gehalten und ist sicher, durch die schweren Erlebnisse der letzten Tage belehrt, bestrebt, in engster Anlehnung an uns Ordnung zu machen.“ 380 Im Gegensatz zur Regierung und dem Staatspräsidenten wurde der Landtag als legislative Instanz nahezu vollständig aus dem politischen Leben des Staates ausgeschaltet. Seine politische Relevanz und seine tatsächlichen Entscheidungsbefugnisse wurden deutlich verringert. Die Einsatzgruppe H berichtete etwa über die Parlamentssitzung, die am 25. September 1944 stattfand und bei der von den insgesamt 80 Abgeordneten lediglich 29 anwesend waren. Die Sitzung habe im Zeichen eines allgemeinen „Uninteressiertseins“ gestanden, habe 40 Minuten gedauert, und es seien bloß vier Gesetze wirtschaftlicher Natur zur Abstimmung gebracht worden. Von den Regierungsmitgliedern hätten der Ministerpräsident, der Verteidigungs- und der Innenminister gefehlt. 381 Auch in der Folgezeit blieben die Einflussbereiche des slowakischen Landtags weitgehend beschränkt. Ähnlich verhielt es sich mit einem weiteren Verfassungsorgan der Slowakischen Republik, nämlich dem Staatsrat. Da es sich bei seiner Beratungstätigkeit lediglich um unverbindliche Empfehlungen handelte, waren 380

Ludin an Berger und Witiska, 2. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 16. EG H (III C), Vermerk zum Lagebericht für Befehlshaber, Pressburg 26. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 228. 381

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seine Befugnisse seit dem Bestehen des slowakischen Staates wesentlich begrenzt. Was die dritte Gewalt – die Judikative – angeht, stellte diese den labilsten Bestandteil des Regimes dar. Die zivilen und militärischen Justizorgane entzogen sich einer totalen Gleichschaltung und behielten ein gewisses Maß an Unabhängigkeit von der politischen Macht. 382 Die Einsatzgruppe H beschwerte sich in mehreren Berichten über das zu niedrige Maß der verhängten Strafen. Mitte Dezember 1944 informierte Witiska das RSHA, dass im Tatragau für die Unterstützung von Juden und Partisanen lediglich eine Geldstrafe bis zu 5000,Kronen und eine Freiheitsstrafe bis zu 14 Tage stehe, während im Reich wegen desselben Vergehens Todesstrafe verhängt werde. Diese erscheine ihm auch in der Slowakei „zur Einschüchterung an sich feiger Bevölkerung notwendig“, weshalb sein Kommando in Ružomberok in dieser Sache eingeschritten sei. 383 Das größte Aufsehen erregten in diesem Zusammenhang die am 22. Dezember 1944 in Bratislava in Abwesenheit der Angeklagten verhängten Urteile gegen einen der Vorsitzenden des Slowakischen Nationalrats Vavro Šrobár und weitere fünf Anführer der Aufständischen. In ihrem Strafmaß entsprachen sie keineswegs den Vorstellungen der deutschen Stellen. 384 Der Reichsaußenminister wandte sich in dieser Angelegenheit deshalb am 30. Dezember an den Deutschen Gesandten in der Slowakei: „Es ist für uns völlig untragbar, daß in einem Lande, in dem wir mit dem Blute unserer Soldaten die Ruhe und Ordnung wieder hergestellt haben, der Haupträdelsführer der Putschisten zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt wird.“ Er forderte, dass spätestens innerhalb von drei Tagen ein neues Gericht gebildet werde, das Šrobár und die anderen zum Tode verurteile. Ferner bestand er darauf, dass die Richter, die das Urteil vom 22. Dezember ausgesprochen hatten, sofort in ein Konzentrationslager überführt würden. 385 Am 3. Januar 1945 erstattete die Einsatzgruppe H folgende Meldung: „Der Sondersenat des Obersten Gerichtes hat heute die Haupträdelsführer des Aufstandes Šrobar, Ursiny, Lettrich, Zatko, Stefanik und Šol-

382 Hierin ist ein großer Unterschied zu anderen Ländern, die durch die Deutschen besetzt waren oder in denen ein totalitäres faschistisches Regime herrschte, zu sehen. In der Slowakei lebten politische Häftlinge in relativ erträglichen Verhältnissen, und auch das Strafmaß der verhängten Urteile in politischen Prozessen hielt sich meistens in Grenzen. Nach dem Ausbruch des Aufstands schlossen sich zudem viele Mitarbeiter aus dem Justizbereich dem Aufstand direkt an. Kamenec 1992a, S. 122. 383 EG H (III A-C, Witiska) an RSHA (III B), Betr.: Lage in der Slowakei, Pressburg 14. 12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 192. 384 Vavro Šrobár erhielt eine lebenslängliche Freiheitsstrafe, Ján Ursíny wurde zu 30 Jahren, Jozef Lettrich zu 25 Jahren, Peter Zat’ko, Jozef Šoltés und Ivan Štefánik wurden zu je 20 Jahren verurteilt. Jablonický 2009, S. 134. 385 Ribbentrop an Ludin, 30. 12. 1944. PA AA, R 101140, Akten Inland II Geheim, Bd. 449, Berichte und Meldungen zur Lage in der Slowakei, Bd. 2.

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tes in Abwesenheit zum Tode verurteilt.“ 386 Einen Tag zuvor hatte bereits die Staatliche Sicherheitszentrale die Richter, die das erste Urteil fällten, festgenommen und ins Lager nach Ilava gebracht. 387 Die erwähnte relative Unabhängigkeit der slowakischen Justiz hatte selbstverständlich ihre Grenzen. Ein weiterer Aspekt, der hier im Zusammenhang mit der Staatsführung angesprochen werden soll, ist die Stellung der katholischen Kirche im slowakischen Staat. Wie in der Vorgeschichte angedeutet, gehörte der katholische Klerus zu den tragenden Pfeilern des Regimes der Slowakischen Republik. Die ganze innenpolitische Propaganda stand seit je, wie das z.b.V.-Kommando 29 im Februar 1945 konstatierte, unter dem Motto „Wir sind Katholiken und Slowaken“. 388 Die katholische Kirche war mit der Stellung, die ihr im slowakischen Staat zufiel, durchaus zufrieden. Dies führte dazu, dass es in ihren Reihen während des Bestehens des Staates kaum zu widerständischen Aktivitäten kam und dass weder sie als Ganzes noch ihre Angehörigen sich in größerem Maße dem Aufstand, dessen Anführer grundsätzlich für einen geringeren Einfluss der Kirchen im Staat plädierten, anschlossen. Die katholische Kirche ermahnte vielmehr ihre Anhänger, sich zum Regime der Slowakischen Republik loyal zu verhalten. 389 Als negativ wurde allein die allgemeine Einstellung des Nationalsozialismus zur Kirche betrachtet, die dieser zwar anerkannte, ihr aber jede politische Betätigung verbot. Dem Berichterstatter aus dem z.b.V.-Kommando 29 schien es daher selbstverständlich, dass „in der Slowakei, wo Staat gleich Kirche ist, diese Massnahmen des Nationalsozialismus sehr scharf verurteilt werden“. 390 Unter den Religionsgemeinschaften in der Slowakei nahm die katholische Kirche hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Bedeutung und der Gläubigen eindeutig eine dominante Stellung ein. Nach dem Ausbruch des Aufstands verstärkte sich dieses Verhältnis noch mehr. Am Aufstand beteiligten sich prozentual viele Protestanten und waren dadurch für das Regime sowie für die deutschen Stellen in der Folge diskreditiert. Den Gegensatz zwischen Katholiken und Protestanten bezeichnete der Führer des Sonderkommandos 7a als ein Politikum und ergänzte: „Während insbesondere die katholischen Pfarrer zum grössten Teil recht beträchtliche Mitarbeit aufweisen können, ist von Seiten der evangelischen Pfarrer dergleichen nicht bemerkbar geworden.“ Dasselbe gelte nach seiner Meinung auch für die Bevölkerung, da diese häufig durch ihre Pfar-

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EG H, Tagesbericht, Pressburg 3. 1. 1945. BArch R 70/Slowakei, 315. Jablonický 2009, S. 134. 388 Z.b.V.-Kommando 29, Pressburg 19. 2.1945. BArch R 70/Slowakei, 112, Bl. 353 f. 389 Petranský, Ivan A.: Katolícka cirkev na Slovensku a povstanie roku 1944 [Die katholische Kirche in der Slowakei und der Aufstand des Jahres 1944], in: Slovenská republika 1939–1945 očami mladých historikov III. [Die Slowakische Republik 1939–1945 in den Augen junger Historiker III.], Trnava 2004, S. 49–78, hier S. 49, 53 u. 64. 390 Z.b.V.-Kommando 29, Pressburg 19. 2.1945. BArch R 70/Slowakei, 112, Bl. 353 f. 387

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rer beeinflusst sei. 391 Dass die Katholiken viel nachdrücklicher hinter der slowakischen Regierung standen, während die Protestanten in die Opposition gedrängt wurden, lässt sich auch an der Haltung zu den Juden bzw. an der ihnen geleisteten Hilfe in Form von Konversionen festhalten. Der Großteil von diesen fiel nämlich der protestantischen und der griechisch-orthodoxen Kirche zu. 392 Nach einer Aussage eines ehemaligen Angehörigen des Stabs der Einsatzgruppe H habe diese in den kirchlichen Fragen in der Slowakei nicht das Interesse gehabt, etwas zu ändern, sondern habe die Entwicklung der Kirchen in den Händen der slowakischen Regierung belassen. 393 An mehreren Beispielen zur Tätigkeit der Einsatzgruppe ist jedoch zu sehen, dass ihre Angehörigen auch in dieser Sphäre aktiv wurden und konkrete Maßnahmen ergriffen. So meldete etwa bereits am 6. September 1944 das Einsatzkommando 14, dass von ihm eine direkte Verbindung mit dem Erzbischof in Nitra aufgenommen worden sei, weil in Nitra, dem religiösen Zentrum der Slowakei, die Möglichkeit bestehe, religiös auf das ganze Staatsgebiet einzuwirken. Die Besprechung, die am 4. September zwischen dem Hauptsturmführer Georg Jentsch und dem Erzbischof Karol Kmet’ko stattfand, sei „ausserordentlich harmonisch“ verlaufen, und es „kam an keiner Stelle zu einer Meinungsverschiedenheit oder auch nur zu einer Atmosphäre der Zurückhaltung“. 394 Auch später wurde eine aktive und eindeutige Stellung von den slowakischen Bischöfen zum Aufstand verlangt; sie sollten der gläubigen slowakischen Bevölkerung den richtigen Weg zeigen, damit diese nicht in Zweifel gerate. 395 Ab und zu bediente sich die Einsatzgruppe H auch sicherheitspolizeilicher Methoden, um ihre Ziele zu erreichen. Ende Oktober nahm sie den evangelischen Bischof Samuel Štefan Osuský „als bandenverdächtig“ fest, 396 später als weiteren „prominenten Geistlichen“ den evangelischen Bischof Vladimír Pavel Čobrda. 397 Eine ständige Überwachung der Kirchen und die Berichterstattung nach Berlin zu diesen Fragen und über konkrete Vorfälle war eine Selbstverständlichkeit. Ende Januar 1945 beschwerte sich das z.b.V.-Kommando 15, dass der Bürgermeister von Prievidza, ein Pfarrer, eine „judenfreundliche Einstellung“ aufweise. Er sei ständiger Gast bei den reichsten und einflussreichsten Juden von Prievidza gewesen und habe eine ganze Reihe von Juden gegen Zahlung 391 SK 7a (Bast) an EG H (Abt. III), Betr.: Stimmungs- und Lagebericht, 11. 12.1944. BArch R 70/Slowakei, 189, Bl. 11. 392 Hilberg 1994, S. 781. Die katholischen Geistlichen weigerten sich in vielen Fällen Juden zu taufen. Vgl. zum Beispiel Nižňanský 2005a, S. 69. 393 Vernehmung Helmut Hoppe 5.1.1954. ABS Praha, 52–53–2. 394 EK 14 an die EG H, Betr.: Übersicht über die Problemlage im Operationsgebiet, Topolcany 6. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 189, Bl. 45. 395 Petranský 2004, S. 66. 396 EG H (Ic), Tagesrapport, Pressburg 22. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 61. 397 EG H (IV L), Pressburg 9. 12.1944. ABS Praha, 302–64–11.

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größerer Beträge getauft und noch im Januar 1943 jüdische Ehepaare getraut. 398 In einem weiteren Fall äußerte der Führer des Kommandos, Sturmbannführer Werner Hersmann, gegenüber seinem Chef in Bratislava seine Unzufriedenheit mit einem Hirtenbrief der slowakischen Bischöfe, der an Neujahr 1945 verlesen wurde. 399 Dieser habe nach seiner Meinung in keiner Weise den Erwartungen der deutschen Stellen entsprochen und sei so allgemein gehalten, dass „in jedem Falle nur die Kirche als das wahre Heil dieser Welt zu betrachten ist“. Der ganze Brief sei eher ein Aufruf zum Defätismus, denn es sei immer wieder die Rede vom „geduldigen Ertragen aller durch menschliche Schuld hervorgerufenen Leiden und Nöte“, während von einem direkten Aufruf zur Verteidigung des Heimatbodens oder von einem Aushalten an der slowakischen Front überhaupt nichts zu lesen sei. Hersmann resümierte: „Alles in allem ein typisches Beispiel dafür, auf der einen Seite der deutschen Besatzungsmacht ihren Wunsch zu erfüllen, sich aber auf keinen Fall gegen die Feinde des Reichs und der jetzigen Slowakei festzulegen.“ 400 2.6.2. Slowakische Armee und Polizei Die slowakische Armee erwies sich für die im Spätsommer 1944 in die Slowakei einrückenden deutschen Truppen als völlig unbrauchbar. Auch wenn das slowakische Regime fest hinter dem Deutschen Befehlshaber stand, konnte es ihn kaum mit eigenen kämpfenden Truppen unterstützen. Zwei Divisionen der slowakischen Armee waren 1944 außerhalb der Slowakei im Einsatz; zwei weitere, die in der Ostslowakei stationiert waren, wurden unmittelbar nach dem Ausbruch des Aufstands von den Deutschen entwaffnet und sichergestellt. In der West- und vor allem Mittelslowakei schloss sich ein Großteil der slowakischen Offiziere und Soldaten dem Aufstand an. Die slowakische Armee war zersetzt, und bis zum Kriegsende sollte es dem slowakischen Regime nicht gelingen, diese durch eine neu aufgestellte Armee zu ersetzen. Das Ergebnis dieser Bemühungen war die letztendlich über 40 000 Mann starke „Domobrana“, die jedoch vielmehr einen symbolischen Charakter besaß, da mehr als zwei Drittel ihrer Männer unbewaffnet blieben. 401 Die Initiative zur Aufstellung der „Domobrana“ ging auf den neuen Verteidigungsminister Štefan Haššík zurück. 402 Den Kern bildeten die Garnisonen, die dem Regime treu geblieben waren, allen voran die Garnison in Nitra, die 398 Z.b.V.-Kommando 15 (Amthor), Vermerk, Betr.: Pfarrer Schubert, Bürgermeister von Prievidza, 26. 1. 1945. BStU, MfS, HA IX/11, FV 270/68, Bd. 21/2, Bl. 360 f. 399 Petranský 2004, S. 75. 400 Z.b.V.-Kommando 15 (Hersmann) an Witiska, Betr.: Hirtenbrief, 23.12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 112, Bl. 211. 401 Lacko 2008, S. 176. 402 Der bisherige Verteidigungsminister Ferdinand Čatloš stellte sich am 2. 9.1944 als einziger Minister der slowakischen Regierung den Aufständischen zur Verfügung. Davor,

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als einzige nach dem Ausbruch des Aufstands nicht entwaffnet wurde. Das Einsatzkommando 14 meldete am 6. September 1944, dass durch das Verhalten des Kommandanten der Garnison, Major Ján Šmigovský, in Nitra ganz ohne Zweifel ein wertvoller Ansatzpunkt bestehe, um die slowakische Armee wieder aufzubauen. Es solle alles getan werden, um dies zu ermöglichen. Die slowakische Regierung müsse an alle Slowaken appellieren, sich freiwillig der dortigen Einheit anzuschließen. Man könne nämlich nach der Meinung des Berichterstatters „durch das Freiwilligkeitsprinzip den wertvollsten Teil des Volkes in die gegenwärtigen Kämpfe zu aktiver Tätigkeit mit einbeziehen, was für die deutschen Truppen eine wesentliche Entlastung bedeuten würde“. 403 Anfang Oktober 1944 wurde aus Bratislava angekündigt, dass einige Einheiten der slowakischen Armee zur Bandenbekämpfung eingesetzt würden, dass im Rajectal die slowakische Artillerie kämpfe und im Raum Zlaté Moravce die Garnison aus Nitra. 404 Ein paar Tage später berichtete man, dass die neuaufgestellten Bataillone einen guten militärischen Eindruck machen würden und dass der Staatspräsident bei der Vereidigung ein „Festhalten an tradioneller Treue zum Deutschen Reich und einen ehrlichen, heldenhaften Einsatz“ gefordert habe. 405 Die anfängliche Begeisterung und das Lob seitens der Einsatzgruppe H schwanden jedoch langsam in den folgenden Tagen. Anfang November wurde in deren Stab festgehalten, dass die Angehörigen der „Domobrana“ nur durch materielle Vorteile gebunden, ohne geistige Ausrichtung und ohne Ideale seien und dass ihnen die entsprechende Schulung fehle. 406 Mitte November 1944 wurde das Einsatzkommando 14 beauftragt, über das in Banská Štiavnica liegende Regiment der „Domobrana“ einen ausführlichen Bericht zu erstellen, in dem insbesondere Kampfgeist, Kampfkraft, politische Einstellung, Haltung des Offiziers- und Unterführerkorps zu berücksichtigen seien. 407 Der Führer des Einsatzkommandos 14 antwortete am 24. November, dass das Bataillon in Banská Štiavnica zwar einen äußerst guten Eindruck mache, dass es aber sehr schlecht mit Waffen ausgerüstet sei. 408 Eine Ausrüstung der „Domobrana“ halte er aller-

am 29. August, hatte er jedoch im Rundfunk noch die einrückenden deutschen Truppen als Verbündete willkommen geheißen. Siehe Kap. 1.2. 403 EK 14 an die EG H, Betr.: Übersicht über die Problemlage im Operationsgebiet, Topolcany 6. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 189, Bl. 45 f. 404 EG H (III A-C, Hoppe) an RSHA (III B), Pressburg 5. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 64. 405 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 8. 10. 1944. Ebd., Bl. 92. 406 EG H (III A-C, Hoppe), Vermerk, Pressburg 6.11.1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 32. 407 EG H (III, Böhrsch) an das EK 14 (SP Schemnitz), Betr.: Domobrana, Pressburg 17. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 138, Bl. 292. 408 EK 14 (Heuser) an die EG H, Betr.: Domobrana, Neusohl 24. 11. 1944. Ebd., Bl. 309.

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dings – wie seinem weiteren Bericht zu entnehmen ist – für ein „gewagtes Unternehmen“, denn „schliesslich könnte die Situation an der Südgrenze der Mittelslowakei einmal bedrohliche Formen annehmen und dann der Fall eintreten, dass die gehegte und gepflegte Domobrana die überlassenen Waffen niederlegt oder gegen die deutschen Truppen richtet.“ Er versprach, von nun an auf die „Domobrana“ das größte Augenmerk zu richten, um einer „Fehlentwicklung noch beizeiten Einhalt gebieten zu können“. 409 Vom Stab der Einsatzgruppe H wurde angeordnet, dass die Kommandos laufend über die „Domobrana“ berichten und gute V-Leute in die Einheiten der slowakischen Armee einbauen sollten. Begründet wurde diese Maßnahme damit, dass sich Meldungen über revolutionäre Stimmungen in der „Domobrana“ mehren würden und insbesondere unter den jüngeren Offizieren und Unteroffizieren eine starke deutschfeindliche Einstellung zu beobachten sei. 410 Das Einsatzkommando 13 vertrat in einem seiner Berichte den Standpunkt, dass die „slowakische Wehrmacht nur unter deutscher Führung und in Deutschland selbst zu einem einigermassen brauchbaren Instrument der Kriegsführung gemacht werden könnte“. 411 Dem RSHA wurde zusammenfassend Ende Januar 1945 berichtet, dass bei der „Domobrana“ sehr schlechte Stimmung herrsche, dass die Truppe meist unbeschäftigt sei und dass sie weder im Kampf noch zum Schanzen eingesetzt werde. Zudem gebe es täglich zahlreiche Desertionen. 412 Mit dem sich nähernden Kriegsende geschah es immer häufiger, dass Slowaken Gestellungsbefehle nicht befolgten. Das Einsatzkommando 13 meldete Anfang Februar, dass die Einberufung slowakischer Wehrpflichtiger bisher ein sehr „unbefriedigendes Ergebnis“ gehabt habe. Als Beispiel wurde die Stadt Bánovce nad Bebravou angeführt, wo von 160 aufgerufenen Wehrpflichtigen lediglich 40 ihrer Gestellungspflicht nachgekommen seien. 413 Ähnliche Vorfälle notierte auch das z.b.V.-Kommando 29. Es wurde auf gemeinsame Razzien der Hlinkagarde und der slowakischen Polizei hingewiesen, bei denen nach Slowaken gesucht würde, die dem Gestellungsbefehl nicht Folge geleistet hätten. Am 13. Februar sollten aus diesem Grunde 45 Mann festgenommen werden. 414 Wie zu sehen ist, gehörten die slowakische Armee bzw. die „Domobrana“ keines-

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EK 14 (Heuser) an die EG H, Neusohl 11.12. 1944. Ebd., Bl. 310. EG H (III A-C, Hoppe) an die EK 7a, 13, 14, 15 und die Außendienststellen Horn, Hofer, Wilfert, Betr.: „Domobrana“, 20. 11.1944. Ebd., Bl. 294. 411 EK 13 an die EG H (III), Trentschin 22. 1. 1945. BArch R 70/Slowakei, 139, Bl. 47. 412 EG H (III A-C, Witiska) an RSHA (III B), nachrichtlich an SD-LA Prag und SDLA Wien, Betr.: Lage in der Slowakei, Pressburg 25. 1. 1945. BArch R 70/Slowakei, 315. 413 EK 13 (SP Bánovce) an EK 13 (Schmitz), Betr.: Einziehung der slowakischen Jahrgänge 1935–44, 3. 2. 1945. BArch R 70/Slowakei, 139, Bl. 68. 414 Z.b.V.-Kommando 29, Lageberichterstattung, Pressburg 15. 2. 1945. BArch R 70/Slowakei, 149, Bl. 105. 410

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falls zu den Bestandteilen des slowakischen Staates, auf die sich die deutschen Stellen ohne Weiteres hätten verlassen können. Etwas hilfsbereiter und einsatzfreudiger erwiesen sich zumindest teilweise die slowakischen sicherheitspolizeilichen Organe. Diese wurden nach dem Ausbruch des Aufstands aus der Kompetenz des Innenministeriums ausgegliedert und dem Ministerium für nationale Verteidigung bzw. dem neuen Verteidigungsminister Štefan Haššík unterstellt. Unter dem Ministerium wurde ein Staatssekretariat für das Sicherheitswesen geschaffen, dem alle sicherheitspolizeilichen Organe (Staatssicherheit, Polizei, Gendarmerie, aber auch die Hlinkagarde) unterstanden. Zum Chef wurde auf Anweisung des Deutschen Befehlshabers Otomar Kubala 415 ernannt, der zugleich den Posten des Stabschefs der Hlinkagarde innehatte. 416 In der Besprechung bei Berger am 1. September 1944, an der unter anderem auch der Chef der Einsatzgruppe H teilnahm, wurden noch weitere Maßnahmen für den Polizeisektor erörtert. Geeignete Nachfolger für die zu den Aufständischen geflüchteten „Verräter“ (zum Beispiel der Kommandeur der Gendarmerie) oder für die wegen Unzuverlässigkeit Entlassenen oder Pensionierten (zum Beispiel der Leiter der Kriminalzentrale) mussten festgelegt werden. 417 Kubala wurde beauftragt, die Geschäfte sofort zu übernehmen und die einzelnen Reviere der Polizei in Bratislava durch verlässliche Hlinkagardisten zu besetzen. Des Weiteren soll ihm von Berger eine enge Zusammenarbeit mit der Einsatzgruppe H befohlen worden sei. 418 In den Berichten der Einsatzgruppe H finden sich mehrere Hinweise auf die Arbeit der slowakischen Polizei und die von ihren Angehörigen eingenommene Haltung. Mitte September 1944 wurde aus Bratislava die Meldung erstattet, dass fast sämtliche Beamten der politischen Abteilung der slowakischen Staatspolizei partisanenfreundlich eingestellt seien. Da eine ähnliche Situation auch bei der Kriminalpolizei herrsche, könne man sagen, dass die Einstellung der slowakischen Polizei im verstärkten Maße ausgesprochen deutschfeindlich sei. Zudem müsse man annehmen, dass die Polizisten in einigen Fällen die Partisanen sogar aktiv unterstützen würden. 419 Am 17. September wurde im Lagebe415 Otomar Kubala (* 26. 1. 1906 Lakšárska Nová Ves; † 28. 8. 1946 hingerichtet in Bratislava), Angehöriger des rechten Flügels der HSL’S, ab September 1944 Stabschef der Hlinkagarde und Staatssekretär für das Sicherheitswesen in der Slowakei. 416 I. zvláštní odbor MV, Archivní a studijní ústav – Zpráva o činnosti ÚŠB v době tzv. Slovenského státu [I. Sonderabteilung des MV, Archiv- und Studieninstitut – Bericht über die Tätigkeit der ÚŠB in der Zeit des sog. Slowakischen Staates], 12. 7.1957. ABS Praha, Z-6–304. 417 Besprechung bei Berger über die Lage und die zu ergreifenden Maßnahmen am 1. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 5–9. 418 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, Pressburg 1. 9.1944. Ebd., Bl. 12. 419 Bericht über die Einstellung der USB, Kriminalpolizei und Sicherheitswache, zur momentanen Lage in der Slowakei, Pressburg 14. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 30, Bl. 55.

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richt der Einsatzgruppe ein Beispiel der Unterstützung von Juden durch slowakische Polizeistellen vermerkt: „Von den slowakischen Polizeistellen wird Bereinigung der Judenfrage glatt sabotiert. Anlässlich der Gross-Razzia am 11. 9. wurde eine Anzahl Juden von Polizeibeamten vorher gewarnt, sodass bei dieser Aktion, die in erster Linie gegen die Juden gerichtet war, kein einziger Jude aufgegriffen wurde.“ 420 Über einen ähnlichen Vorfall berichtete der Chef der Einsatzgruppe am 28. September. In der am 19. September durchgeführten Razzia sei kein einziger Jude aufgegriffen worden, weil in den Nachmittagstunden desselben Tages einige Polizeibeamte „ein jüdisches Geschäft nach dem anderen abliefen, um die Juden von dem Vorhaben der Polizei zu verständigen“. Witiska bat den Deutschen Befehlshaber um sein Einverständnis, die zuständigen Polizisten „wegen staatsfeindlicher Haltung und Feindbegünstigung“ festnehmen zu dürfen. Zum Schluss seiner Meldung führte er an, er betrachte „loyale Haltung und korrekte Diensterfüllung für das mindeste, was man von slow. Polizeibeamten verlangen muss, und halte es für notwendig, dass diesen von vornherein klar gemacht wird, dass bei Verletzung dieser Voraussetzungen energisch eingegriffen wird“. 421 Festnahmen slowakischer Polizisten waren keineswegs eine Einzelerscheinung. Ende Dezember wurden in Bratislava der stellvertretende Polizeidirektor und 16 Beamte der Polizeidirektion verhaftet, da sie Reisepässe für Juden hatten ausstellen lassen. 422 Bis Ende Januar 1945 wurden in dieser Angelegenheit weitere 49 Beamte stark belastet. 423 Eine ähnliche Situation herrschte auch bei der slowakischen Gendarmerie. Am 4. September 1944 meldete Witiska nach Berlin, die Gendarmerie, die seit längerer Zeit ohne Kommando sei, befinde sich in Auflösung, und es bestehe deshalb große Gefahr, dass sie zum Gegner übergehe. 424 Einen Tag später ergänzte er, dass die Gendarmerie in manchen Gebieten in Gänze verschwunden sei. 425 Mitte September wurde dann vermerkt, dass in den Berichten der Einsatzkommandos und der Vertrauensmänner immer wieder die Unzuverlässigkeit des größten Teiles der slowakischen Gendarmerie betont werde. Die Mehr420 Chef der EG H, Lagebericht 11, Pressburg 17. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 131. 421 EG H (III A-C, Witiska) an Höfle, Betr.: Polizeidirektion, Pressburg 28. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 29, Bl. 175. 422 EG H (III D), Betr.: Verhaftung von Polizeiangestellten, Pressburg 11.1.1945. BArch R 70/Slowakei, 227, Bl. 165. 423 EG H (III A-C, Witiska) an RSHA (III B), nachrichtlich an SD-LA Prag und SDLA Wien, Betr.: Lage in der Slowakei, Pressburg 25. 1. 1945. BArch R 70/Slowakei, 315. 424 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, Pressburg 4. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 22 f. 425 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 5. 9.1944. Ebd., Bl. 26.

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heit soll, falls sie dazu Gelegenheit gehabt habe, zu den Aufständischen übergelaufen sein. 426 Der Führer des Einsatzkommandos 13 machte in seinem Zuständigkeitsbereich folgende Feststellungen: „Nach hier vorliegenden Berichten und Erfahrungen ist die slowakische Gendarmerie – und z. T. auch die Polizei – weitgehend unzuverlässig. […] In vielen, jedoch zahlenmässig noch nicht nachweisbaren Fällen sind Polizisten und Gendarmen zu den Banden übergewechselt. Das Gros der Polizei- und Gendarmeriebeamten verhält sich abwartend und bemüht sich, weder auf der einen, noch auf der anderen Seite unangenehm aufzufallen. Nur ein verschwindend kleiner Bruchteil setzt sich für die Belange des slowakischen Staates ein.“ 427 Im Oktober 1944 bekam die Gendarmerie einen neuen Kommandanten. Zu diesem wurde Timotej Ištók ernannt. Von der Struktur her waren dem Oberkommando in Bratislava Gebietskommandos mit je vier bis sieben Bezirkskommandos nachgeordnet, von denen jedes wiederum sechs bis zwölf Posten umfasste. Neu waren die Bereitschaftsabteilungen der Gendarmerie (POŽ), die in Bratislava, Banská Bystrica (später nach Hlohovec versetzt) und Trenčín aufgestellt und unmittelbar dem Oberkommando unterstellt wurden. 428 Die ungefähr 70 Mann starken Einheiten setzten sich hauptsächlich aus Absolventen der Gendarmerieschule sowie rückgeführten Gendarmen aus besetzten Gebieten zusammen. Sie wurden häufig gemeinsam mit den Angehörigen der Einsatzgruppe H und der Hlinkagarde bei den Aktionen gegen Partisanen und Aufständische eingesetzt. Das z.b.V.-Kommando 29 vermerkte: „Wenn HG und Gendarmerie systematisch zur Durchkämmung der Bandengebiete eingesetzt werden, könnten u. U. positive Ergebnisse erzielt und deutsches Blut gespart werden.“ 429 Konkret aber tappte man oft im Dunkeln. Der Führer des Stützpunktes des Einsatzkommandos 13 in Piešt’any etwa, Obersturmführer Friedrich Bogendorfer, verlangte vom dortigen Bezirkshauptmann: „Um mich über die Einsatzfähigkeit der in Ihrem Bezirk stationierten slowakischen Gendarmerie unterrichten zu können, erbitte ich von Ihnen […] ein Verzeichnis über den gegenwärtigen Stand Ihrer einzelnen Gendarmerie-Posten, die Zahl der eingesetzten Gendarmen, die Art ihrer Bewaffnung, genaue Angaben über ihre Zuverlässigkeit, die Namen und näheren Personalien und eine besondere Beurteilung der Zuverlässigkeit des jeweiligen Kommandanten.“ Ferner wies 426 EG H (III A-C), Vermerk, Pressburg 16. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 28, Bl. 75. Von den rund 3600 Gendarmen, die im August 1944 im aktiven Dienst waren, soll fast die Hälfte zu den Aufständischen übergelaufen sein. Dokument ohne Kopfzeile. Ebd., Bl. 148 f. 427 EK 13 (Jaskulsky) an Witiska, Betr.: Unzuverlässigkeit der slowakischen Gendarmerie, Trentschin 23. 9. 1944. NA Praha, 316, Váleční zločinci [Kriegsverbrecher] – 241. 428 SNA Bratislava, NS, A 934. 429 Z.b.V.-Kommando 29, Berichterstattung, Pressburg 20. 3.1945. VHA Praha, Slovenská armáda [Slowakische Armee], 62–36/6.

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Bogendorfer darauf hin, dass die einzelnen Gendarmerieposten dem Bezirkshauptmann laufend über die Aufständischen und deren Tätigkeit zu berichten hätten und dieser dann täglich die Meldungen an ihn weiterleiten müsse. 430 Trotz aller Bemühungen sollte es jedoch den deutschen Stellen bis zum Kriegsende nicht gelingen, die slowakische Gendarmerie als solche für eine uneingeschränkte Zusammenarbeit zu gewinnen. Noch im März 1945 wurde aus Nitra berichtet, dass weiterhin Meldungen über die politische Unzuverlässigkeit der Gendarmen einlaufen würden und dass die Gendarmerie kaum eigene Initiative zeige. 431 Lediglich die nach dem Ausbruch des Aufstands neu aufgestellten Bereitschaftsabteilungen erwiesen sich zumeist als willige Helfershelfer der Einsatzgruppe H bei ihren sicherheitspolizeilichen Aufgaben, wie Witiska im März 1945 mitteilte. 432 Eine enge Zusammenarbeit wurde des Weiteren mit der slowakischen Staatlichen Sicherheitszentrale (ÚŠB) angestrebt. Diese hatte zwar nach dem Ausbruch des Aufstands das Monopol und die führende Stellung auf dem staatssicherheitspolizeilichen Sektor verloren, ihre rund 160 Mitarbeiter griffen aber dennoch weiterhin sehr aktiv in die Vorgänge in der Slowakei ein. 433 Der Leiter der Zentrale stand in enger Verbindung mit dem Polizeiattaché der Deutschen Gesandtschaft, mit der Hlinkagarde sowie mit der Einsatzgruppe H. 434 Die Mitarbeiter der Staatlichen Sicherheitszentrale nahmen ab und zu direkt an Aktionen gegen Partisanen und Aufständische teil, wie zum Beispiel dem folgenden Bericht der Zentrale zu entnehmen ist: „Weitere Organe der Zentrale befinden sich noch auf Dienstreisen in verschiedenen Teilen der Slowakei, wo sie gemeinsam mit den deutschen Sicherheitsorganen sowie mit den Angehörigen der Hlinkagarde die Aufständischen verfolgen.“ 435 In mehreren Berichten der Einsatzgruppe H wird auf die von der ÚŠB durchgeführten Razzien hingewiesen, die meistens in Bratislava und unter Mitarbeit der slowakischen Polizei stattfanden. Am 27. September 1944 seien 1022 Personen kontrolliert und 100 vorgeführt worden. 436 Am 17. Oktober sei eine sechs-

430 EK 13 (SP Pistyan, Bogendorfer) an den Bezirkshauptmann in Pistyan, Betr.: Verzeichnis der im Bezirk Pistyan stationierten Gendarmerie, Pistyan 5.10.1944. AM SNP Banská Bystrica, IX, S 63/2001. Ein ähnliches Schreiben richtete am 26. 10. 1944 auch der Stützpunktführer des Einsatzkommandos 13 in Nitra an den dortigen Bezirkshauptmann. Ebd. 431 Betr.: Gendarmerie, Neutra 13. 3. 1945. BArch R 70/Slowakei, 28, Bl. 146. 432 Witiska an das z.b.V.-Kommando 27 (Rabe), 20. 3. 1945. SNA Bratislava, NS, A 934. 433 Korček 1999, S. 117. 434 Anfang November 1944 wurde der bisherige Leiter Jozef Beňuška von Pavel Denk abgelöst. 435 Bericht ÚŠB vom 30. 10. 1944. ŠA Bratislava, LS Bratislava, Ls 19/48 (Denk). 436 Chef der EG H, Lagebericht 23, Pressburg 29. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 269 f.

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stündige Razzia in Bratislava von der slowakischen Sicherheitszentrale durchgeführt worden, in deren Verlauf Gassen, Gastwirtschaften und Kaufhäuser durchkämmt worden seien, wobei 2540 Personen überprüft und 15 vorgeführt worden seien. 437 Anfang November seien im Auftrag von Kubala durch die Sicherheitszentrale 120 „staatsgefährliche Elemente“ festgenommen worden. 438 Die wohl größte Razzia auf Veranlassung der ÚŠB gegen „unzuverlässige Elemente und Ausländer“ avisierte der Chef der Einsatzgruppe H für den 24. bis 26. November und forderte die ihm unterstellten Kommandos auf, sich „nötigenfalls vermittelnd einzuschalten und über den Erfolg der Razzia zu berichten“. 439 Außer sicherheitspolizeilichen Aufgaben war die Zentrale aber auch im nachrichtendienstlichen Bereich tätig. Sie übermittelte zudem regelmäßig dem Chef der Einsatzgruppe die Lageberichte der einzelnen Bezirkshauptmänner. Mit dem sich nähernden Kriegsende verlor die Staatliche Sicherheitszentrale immer mehr an Bedeutung. Im März 1945 meldete Witiska, dass sie nur noch 70 Angestellte habe, von denen er nur ungefähr 10 Prozent als verlässlich und deutschfreundlich bezeichnete. Er wies gleichzeitig darauf hin, dass Anfang Februar die „gefährlichsten Leute“ durch seine Einsatzgruppe festgenommen worden seien, weshalb er dort „trotz des hohen Prozentsatzes an nicht verlässlichen Leuten, keine ernste Gefahr für die deutschen Interessen“ sehe. 440 Es steht fest, dass die ÚŠB nach dem Ausbruch des Aufstands keineswegs den Einfluss hatte, über den sie seit ihrer Errichtung 1940 verfügt hatte. Dies hing vornehmlich damit zusammen, dass eine Vielzahl ihrer Aufgaben ab dem Spätsommer 1944 von der Einsatzgruppe H und in einem gewissen Maße auch von der Hlinkagarde wahrgenommen wurden. 2.6.3. Hlinkagarde und POHG Da die slowakische Armee und zum großen Teil auch die slowakische Polizei versagt hatten, blieb nach dem Ausbruch des Aufstands die Hlinkagarde die einzige Organisation, auf deren Zusammenarbeit sich das Tiso-Regime bzw. die deutschen Stellen verlassen wollten. Bereits bei der ersten größeren Besprechung beim Deutschen Befehlshaber am 1. September 1944 in Bratislava wurde in dieser Hinsicht Folgendes angekündigt: „Die Hlinka-Garde wird aufgeboten und in Hundertschaften auf die wichtigsten Zentren des Landes auf437 EG H (Ic), Notiz zum Tagesbericht, Pressburg 21.10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 60. 438 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 4. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 24. 439 EG H (III A-C, Witiska) an SK 7a, EK 13, z.b.V.-Kommando 15 und 29, Betr.: Grossrazzia der Staatlichen Sicherheitszentrale am 24., 25. und 26. 11.1944, Pressburg 21. 11.1944. BArch R 70/Slowakei, 67, Bl. 7. 440 EG H (III, Witiska), Betr.: Lage in der Slowakei 17/45, Pressburg 14. 3. 1945. BArch R 70/Slowakei, 315.

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geteilt. Sie wird den Einsatzkommandos der Sicherheitspolizei und des SD angegliedert. Ihr Einsatz wird nicht zentral, sondern örtlich durch die Einsatzkommandos gesteuert.“ 441 Eine enge Kooperation zwischen der Einsatzgruppe H und der Hlinkagarde galt somit von Anfang an als eines der wichtigsten Ziele. Klar war von Anfang an in dieser Beziehung auch die untergeordnete Stellung der Hlinkagarde. Zu ihrem Chef wurde am 7. September 1944 Otomar Kubala ernannt. 442 Unmittelbar nach seiner Berufung begann er mit der Reorganisation der Garde. Neu war vor allem die Aufstellung der POHG, speziellen bewaffneten Einheiten, die in größeren Städten errichtet und den zuständigen Bezirkshauptmännern der Hlinkagarde bzw. deren Hauptkommandantur in Bratislava unterstellt wurden. 443 Die ersten POHG bildeten sich noch im September 1944, weitere – letztendlich gab es 38 solche Einheiten – nahmen ihre Tätigkeit in der Folgezeit auf. Zu ihren Hauptaufgaben gehörte in erster Linie die Unterstützung slowakischer sowie deutscher sicherheitspolizeilicher Stellen bei ihren Aktionen gegen Aufständische, Partisanen und gegen alle anderen durch diese zum Feind erklärten Personen und Personengruppen. 444 Im März 1945 dienten insgesamt 5867 Slowaken in den POHG. 445 Die Gründe für den Eintritt in diese speziellen Einheiten waren unterschiedlich. 446 Erstens befanden sich unter ihren Angehörigen Radikale, für welche die Ideologie der Garde bzw. die nationalsozialistische Gesinnung das Wichtigste war und die mit der Waffe in der Hand für den slowakischen Staat und gegen seine Feinde kämpfen wollten. Zweitens gab es aber auch solche, die in den Reihen der POHG hauptsächlich materielle Vorteile (bessere Besoldung, Bekleidung und mehr Essen) suchten und mit der Idee der Garde eher wenig anzufangen wussten. Manche traten der POHG wiederum deswegen bei, da sie sich dadurch dem Dienst in der slowakischen Armee entziehen wollten. Es war ihnen versprochen worden, dass sie mit den POHG nicht in direkten Kämpfen eingesetzt würden und dass sie den Dienst an ihrem Wohnort verrichten könnten. Ein weiterer Teil der POHG-Angehörigen wurde auf Grund von Einberufungsbefehlen rekrutiert. Dies betraf vor allem Hlinkagardisten oder Reservisten der slowakischen Armee. Ergänzt wurden die Einheiten dann noch durch einige jüngere Angehörige der Hlinkajugend und des Slowakischen Arbeitsdiens441 Besprechung bei Berger über die Lage und die zu ergreifenden Maßnahmen am 1. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 5–9. 442 Sokolovič 2009, S. 391 ff. 443 I. zvláštní odbor MV, Studijní ústav – Zpráva o pohotovostních oddílech HG [I. Sonderabteilung des MV, Studieninstitut – Bericht über die Bereitschaftsabteilungen der HG], 17. 9.1959. ABS Praha, Z-6–338. 444 Urteil Otomar Kubala, NS Bratislava, 24. 8. 1946. ABS Praha, H-537. 445 Sokolovič 2009, S. 438. 446 Gründe vgl. ebd., S. 396–405.

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tes, die sich meistens später im Einsatz durch ihren Enthusiasmus und ihren Kampfwillen auszeichneten. Schon allein anhand der hier kurz dargestellten Beweggründe für den Eintritt in die POHG ist ersichtlich, dass es sich bei den Mitgliedern dieser Einheiten um keine homogene Gruppe handelte. Eine pauschale Beurteilung der ganzen Organisation wäre demzufolge fehl am Platz. Dennoch muss man aber gleichzeitig konstatieren, dass es in den meisten Fällen gerade die Angehörigen der POHG waren, die als Ortskundige zu den eifrigsten Helfershelfern der Einsatzgruppe H gehörten. Außer Nachrichtendiensten beteiligten sie sich häufig an Aktionen gegen Aufständische und Partisanen, an Festnahmen von Juden sowie an einzelnen Hinrichtungen und Massenerschießungen und nahmen somit direkt an einigen seit dem Spätsommer 1944 in der Slowakei verübten Verbrechen teil. Die Zusammenarbeit der Hlinkagarde mit den deutschen Stellen wurde von Kubala am 9. September in seinem ersten Befehl angeordnet und drei Tage später in einem weiteren Befehl erneut betont: „Alle Aktionen der Hlinkagarde müssen im Einvernehmen mit den zuständigen deutschen Militärorganen erfolgen. Eigenständige Aktionen, ohne Wissen der deutschen Stellen oder ohne Befehl des Chefs der Hlinkagarde, also Aktionen auf eigene Faust, werden bei Höchststrafe strengstens verboten.“ 447 Ende des Monats gab der Deutsche Befehlshaber bekannt, dass die Hlinkagarde als Hilfspolizei einsatzmäßig dem Chef der Einsatzgruppe H unterstellt sei. Die ortsansässige Hlinkagarde sei für lokale Sicherungsaufträge dem zuständigen deutschen Ortskommandanten unterstellt. Einsätze außerhalb dieses Bereichs seien ausdrücklich untersagt und könnten nur vom Chef der Einsatzgruppe H befohlen werden. 448 Die Gardisten wurden von der Einsatzgruppe häufig zu Aktionen, insbesondere gegen Juden, hinzugezogen. Am 6. September 1944 berichtete das Einsatzkommando 14 seinem Chef nach Bratislava: „Die bei der Aktion in erster Linie erstrebte Zusammenarbeit mit der Hlinka-Garde hat sich bisher sowohl in Neutra wie in Topolcany als ein voller Erfolg erwiesen. In der Hlinka-Garde befinden sich begeisterungsfähige junge Menschen, die durchaus idealistisch zu denken vermögen und die von einer vorbildlichen Einsatzbereitschaft und Begeisterungsfähigkeit sind.“ Des Weiteren wurde mitgeteilt, dass in Nitra etwa 200 Angehörige der Garde zur Unterstützung der polizeilichen Aufgaben herangezogen worden seien, während in Topol’čany innerhalb von zwei Stunden 36 Mann der Garde mobilisiert und am gleichen Abend für hilfspolizeiliche Zwecke hät447 Befehl der Hlinkagarde Nr. 1/44 und 3/44 vom 9. 9. und 12. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 331, Bl. 1 u. 4. 448 Deutscher Befehlshaber in der Slowakei an Deutschen Gesandten, Deutschen General, EG H, Dienststelle Nageler, im Hause, Thumser, Betr.: Hlinka-Garde, Pressburg 24. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 148, Bl. 201.

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

ten eingesetzt werden können. 449 Über die Teilnahme der Hlinkagarde an Aktionen gegen Juden berichtete ein paar Tage später auch der deutsche Berater für die Hlinkagarde bei der slowakischen Regierung, Obersturmbannführer Viktor Nageler: „In allen Bezirken ausserhalb Pressburg hat die Garde, dort wo sich deutsche Dienststellen befanden, in Zusammenarbeit mit diesen eine Judenaktion durchgeführt. Es wurden sämtliche greifbaren Juden, ausnahmslos ob getauft oder nicht getauft, festgenommen und nach Sered abgeführt.“ 450 Aus Žilina meldete die Hlinkagarde am 20. September, dass bisher 450 Juden festgenommen worden seien und weitere Verhaftungen noch folgen würden. Die Zusammenarbeit mit deutschen Stellen sei – dem Bericht zufolge – vorbildlich. 451 In einem zusammenfassenden an die Einsatzgruppe H adressierten Bericht über die Tätigkeit der Hlinkagarde von Mitte Januar 1945 wurde angegeben, dass bisher unter Mitarbeit der Gardisten 9419 Personen, davon 9250 Juden, sichergestellt worden seien. Man könne deshalb – wie notiert wurde – mit ruhigem Gewissen sagen, dass die Hlinkagarde einen großen Anteil an der Bereinigung der Slowakei habe und dass sie ihre Aufgabe mutig und kompromisslos erfülle. 452 Kompromisslos gingen die Gardisten zumeist auch bei den Verhören vor, um von ihren Häftlingen Informationen zu erhalten. In der Vlčkova Straße in Bratislava wurde die nachrichtendienstliche Abteilung der Hauptkommandantur der Hlinkagarde errichtet, zu deren Aufgabe die Vernehmung gefangengenommener Partisanen und Aufständischer gehörte. Hierbei wurden die Festgenommenen sehr oft brutal gefoltert, in manchen Fällen sogar getötet. 453 Um die Zusammenarbeit zwischen Hlinkagarde und Einsatzgruppe H besser zu koordinieren, wurde ein Verbindungsführer zwischen Kubala und Witiska eingesetzt. Mit dieser Funktion wurde der Leiter der Abteilung III im Stab der Einsatzgruppe, Hauptsturmführer Herbert Böhrsch, beauftragt. 454 Ähnliche 449

EK 14 an die EG H, Topolcany 6. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 189, Bl. 43. Dienststelle SS-Ostubaf. Nageler, Tagesmeldung 8, Pressburg 17. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 148, Bl. 169. 451 Náčelník Hlinkovej gardy v Bratislave, Denné hlásenie č. 8 [Chef der Hlinkagarde in Bratislava, Tagesmeldung 8], Bratislava 20. 9. 1944. SNA Bratislava, NS, A 895. 452 Hlavné velitelstvo HG an Böhrsch, Věc: Činnost II. odd. HVHG [Hauptkommandantur der Hlinkagarde an Böhrsch, Betr.: Tätigkeit der Abt. II der Hauptkommandantur der Hlinkagarde], Bratislava 15.1.1945. BArch R 70/Slowakei, 341, Bl. 152–155. 453 Zu den eifrigsten Mitarbeitern der Dienststelle gehörte Michal Gombárik, der wegen seiner Tätigkeit in der Vlčkova Straße am 19. 12. 1947 in Bratislava hingerichtet wurde. Urteil Michal Gombárik, OLS Bratislava, 15.12. 1947. ŠA Bratislava, OLS Bratislava, Tlud 237/47 (Gombárik). Zu den brutalen Ermittlungsmethoden in der Vlčkova Straße vgl. Lacko, Martin: Vyšetrovacie praktiky POHG na Vlčkovej ulici na prelome rokov 1944/ 1945 [Ermittlungspraktiken der POHG in der Vlčkova Straße an der Jahreswende 1944/ 1945], in: Vojenská história [Militärgeschichte] 2 (2006), S. 87–99. 454 EG H (III A-C, Witiska) an RSHA (III B und III C), Lage in der Slowakei, 28. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 150. 450

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Posten wurden auch auf der örtlichen Ebene bei den einzelnen Kommandos der Einsatzgruppe bzw. bei ihren Stützpunkten eingerichtet. Mehrmals wurde in den Berichten der Einsatzgruppe auf die schwierige Koordination der Aktionen beider Einheiten hingewiesen. Der Führer des Einsatzkommandos 13 verlangte, dass um jeden Preis verhindert werden solle, dass zwei Polizeiinstanzen ohne gegenseitige Abstimmung nebeneinander Aktionen und Maßnahmen durchführen. Seines Erachtens müsse „unbedingt zentral erreicht werden, dass keine slow. Behörde oder Organisation ohne Erlaubnis und Freigabe durch die Einsatzgruppe irgendwelche sicherheitspolizeiliche Funktionen durchführen darf“. 455 Dass es die Einsatzgruppe H sein müsse, die die Oberhand in dieser Sphäre zu behalten habe, betonte der Führer des Einsatzkommandos 13 ebenfalls gegenüber den Bezirkshauptmännern der Hlinkagarde in einer Besprechung am 20. November. Hier führte er an, dass der SD eine alte und bewährte Institution sei, die nicht nur eine lange Tradition habe, sondern auch die nötigen Erfahrungen besitze, und deshalb die Hauptrolle im Befreiungskampf in der Slowakei spielen müsse. Die Hlinkagarde könne zwar auch aus eigener Initiative arbeiten, müsse jedoch darüber jedes Mal im Voraus die zuständigen deutschen Stellen benachrichtigen: „Wenn die Hlinkagarde irgendwelche Maßnahmen ergreifen will, soll sie dies dem Verbindungsführer mitteilen. Dieser informiert dann den SD, der nicht nur Rat, sondern auch eine helfende Hand der Hlinkagarde bieten werde.“ 456 Ende Januar 1945 wurde allen Kommandos der Einsatzgruppe H mitgeteilt, dass Kubala einen Befehl an die Bezirkskommandos und die POHG erlassen werde, um zukünftig alle Reibereien und Missverständnisse bei der Zusammenarbeit zu vermeiden. Die Verfügung wurde mit folgenden Worten eingeleitet: „Deutschland und die Slowakei haben dieselben Feinde an der Front wie im Lande. Um diese wirkungsvoll zu bekämpfen ist engste Zusammenarbeit mit den zuständigen Dienststellen der deutschen Sicherheitspolizei notwendig.“ Insbesondere wurde verlangt, dass den Kommandeuren der deutschen Sicherheitspolizei alle wichtigen Meldungen zur Kenntnis gegeben würden. Gegebenenfalls sollte dann noch je nach konkretem Fall ein gemeinsames Vorgehen vereinbart werden. 457 Beschwerden über die Arbeit der Hlinkagarde wurden seitens der Einsatzgruppe H nur selten vorgebracht. In einigen Fällen geschah dies aber im Zusammenhang mit Aktionen gegen Juden. So wurde gemeldet, dass die von der Hlinkagarde festgenommenen Juden „aller Barmittel, Schmuck, Eheringe, Uh455 EK 13 (Jaskulsky) an EG H (III und IV), Betr.: Beschlagnahme von Radioapparaten von Ausländern, Trentschin 4. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 67, Bl. 36. 456 Bericht über die Besprechung zwischen der Hlinkagarde und dem EK 13, Trenčín 23. 11. 1944. SNA Bratislava, NS, A 922. 457 EG H (III A-C) an alle EKs, Betr.: Zusammenarbeit mit der HG und den slow. Dienststellen, Pressburg 29. 1. 1945. BArch R 70/Slowakei, 227, Bl. 472.

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ren, Kleider u. Wäsche entblösst und nur mit dem, was sie am Leibe hatten, in das Lager Sered eingeliefert“ wurden. Manchmal sei dies sogar mit sichtbaren Spuren von körperlichen Misshandlungen geschehen, da bei den Verhören gegen sie zu scharf vorgegangen worden sei. Des Weiteren wurde berichtet, dass die Gardisten manche Juden nach Bestechung in ihren Verstecken gelassen hätten und dass sie häufig mit Jüdinnen, die für sie Spitzeldienste verrichten, Verhältnisse anfangen würden. Zum Schluss der Meldung wurde deshalb Folgendes verlangt: „Das erstrebte Ziel der Mitarbeit der Hlinka-Garde in Judenangelegenheiten müsste so sein, dass einerseits der gesamte jüdische Personenkreis ohne Rücksicht auf irgendwelche prominente Juden ehest festgenommen wird und die Einlieferung im Lager Sered mit guter Ausrüstung für den weiteren Arbeitseinsatz erfolgt.“ 458 Auch in weiteren Berichten wurde auf diesen Aspekt der Tätigkeit der Hlinkagarde aufmerksam gemacht. Fest steht jedenfalls, dass bei vielen Gardisten, die gegen Juden vorgingen, nicht nur ideologische Beweggründe eine Rolle spielten, sondern dass sie häufig auch die Möglichkeit wahrnahmen, sich an jüdischem Besitz zu bereichern. 459 Im Allgemeinen wurde jedoch die Zusammenarbeit der Hlinkagarde bzw. der POHG durchaus gelobt. Ende November 1944 meldete die Einsatzgruppe H dem RSHA, dass nach den zahlreichen Schulungen, die von SS-Ausbildern geführt worden seien, die Garde über ein politisch und weltanschaulich gut fundiertes Führerkorps verfüge. Mehrere Einheiten der Hlinkagarde würden im „Bandeneinsatz“ stehen, während sich andere Sicherheitsaufgaben zugewandt hätten und Dienst als Zugkontrolle, Hilfsgendarmerie und politische Polizei versehen würden. Die Zusammenarbeit mit den Einsatzkommandos und dem Heimatschutz der Volksgruppe vor allem bei den Judenaktionen und bei anderen größeren Razzien habe sich voll bewährt. Die Hlinkagarde gelte nach den Worten des Chefs der Einsatzgruppe H als „nationalsozialistische und absolut deutschfreundliche Formation“. 460 So verhielt es sich im Großen und Ganzen auch in der Folgezeit. An einer Besprechung Mitte Februar 1945, an der unter anderem der Chef der Hlinkagarde sowie der Chef der Einsatzgruppe H teilnahmen, kündigte der Deutsche Befehlshaber an, er würde „nach wie vor der HG, die er als die einzige Organisation ansehe, die offen und treu mit den Deutschen zusammenarbeite, seinen vollen Schutz“ zukommen lassen. 461

458 Vermerk, Betr.: Vorkommnisse anlässlich Judenfestnahmen durch die Hlinkagarde, Pressburg 18. 1. 1945. BArch R 70/Slowakei, 341, Bl. 156 f. 459 Sokolovič 2009, S. 421 f. 460 EG H (III A-C, Witiska) an RSHA (III B und III C), Lage in der Slowakei, 28. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 150. 461 Besprechung (Höfle, Witiska, Kubala u. a.), Pressburg 13. 2. 1945. BArch R 70/Slowakei, 228, Bl. 264.

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2.6.4. Helfershelfer der Einsatzgruppe H Es muss deutlich gesagt werden, dass die Einsatzgruppe H ohne die Unterstützung ihrer einheimischen Helfershelfer in ihrem Tun nie so ‚erfolgreich‘ hätte sein können. Slowaken (und Volksdeutsche) waren – im Gegensatz zu den eiligst in die Slowakei gerufenen Angehörigen der Einsatzgruppe – ortskundig, kannten die in ihrer Heimat herrschenden Verhältnisse und beherrschten die Sprache. Sie fungierten oft als Informanten und Dolmetscher, beteiligten sich aber auch direkt an verschiedenen sicherheitspolizeilichen Maßnahmen. Einheimische führten, in der Regel unter dem Kommando der Führer der Einsatzgruppe, Aktionen gegen Partisanen, Aufständische und andere zum Feind des slowakischen Staates erklärte Personen durch und wirkten bei ihrer Festnahme sowie bei ihrer Ermordung aktiv mit. Im Folgenden werden einige ausgewählte Beispiele geschildert. Die wichtigste Rolle bei der Unterstützung der deutschen Stellen nach dem Ausbruch des Aufstands spielten ohne jeden Zweifel die Angehörigen der sich seit September 1944 formierenden bewaffneten Einheiten der Hlinkagarde. An den Aktionen beteiligten sich aber auch andere Slowaken, wie zum Beispiel Gendarmen. So konnte nach dem Krieg festgestellt werden, dass die Bereitschaftsabteilung der Gendarmerie aus Bratislava zumindest zwei Operationen gegen Partisanen und Aufständische in den Kleinen Karpaten durchgeführt hatte, während die aus Hlohovec im Februar und März 1945 an mehreren Aktionen teilnahm, bei denen etliche Partisanen getötet oder festgenommen und der Einsatzgruppe übergeben wurden. 462 Das Mitwirken der Gendarmen wird ferner auch durch den folgenden Bericht des Einsatzkommandos 13 bestätigt: „Aktion des Stützpunktes Banovce vom 16. bis 18. 2. 45 zusammen mit slow. Gendarmeriezug. Festnahme von 32 Banditen und Bandenhelfern bei Überholung mehrerer Ortschaften. Sprengung von 2 Bunkern.“ 463 Über eine aktive Beteiligung von slowakischen Polizisten an den Aktionen der Einsatzgruppe H wurde der Staatlichen Sicherheitszentrale Ende Januar 1945 aus Trenčín berichtet. Zusammen mit dem Einsatzkommando 13 sei am 16. und 17. Januar im Bezirk Bánovce nad Bebravou eine Aktion durchgeführt worden, bei der 16 Partisanen gefangengenommen und zwei Häuser, in denen sie sich versteckt hatten, niedergebrannt worden seien. 464 Wie aber erwähnt, waren es hauptsächlich die Angehörigen der POHG, die sich häufig an den Operationen der Einsatzgruppe H aktiv beteiligten. So wirkte die 5. Feldkompanie der POHG unter dem Oberleutnant Jozef Nemsila an 462

SNA Bratislava, NS, A 934. EK 13 (Schmitz), Trentschin 19. 2. 1945. BArch R 70/Slowakei, 176. 464 Okresný úrad v Trenčíne an ÚŠB, Vec: Hlásenie o služobných výkonoch, prevedených spolu s SD [Bezirksamt in Trenčín an ÚŠB, Betr.: Bericht über den zusammen mit dem SD durchgeführten Dienst], Trenčín 27.1.1945. ABS Praha, S/2–291–1. 463

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den Massenerschießungen in Kremnička mit, während sich bei jenen in der Kalkbrennerei in Nemecká eine Truppe der POHG aus Považská Bystrica unter dem Kommando des Oberleutnants Vojtech Hora beteiligte. An diesen zwei Orten wurden zwischen November 1944 und März 1945 mindestens 1143 Menschen umgebracht; es handelt sich um die größten Massenmorde, die während des Kriegs auf slowakischem Boden verübt wurden. Das Kommando bei den Erschießungen an beiden Orten hatte der Führer des Stützpunktes des Einsatzkommandos 14 in Banská Bystrica, Obersturmführer Herbert Deffner. 465 Die Angehörigen der POHG versahen meistens Wachdienste, in manchen Fällen haben sie aber auch eigenhändig getötet. 466 Nicht nur in Kremnička und Nemecká erwiesen sich Slowaken als Helfershelfer. Aus den Lageberichten der POHG in Nové Mesto nad Váhom, die regelmäßig an das Hauptkommando der Hlinkagarde in Bratislava gesandt wurden, wird die Tätigkeit dieser Einheiten sowie ihre Zusammenarbeit mit der Einsatzgruppe H ersichtlich. Am 29. November 1944 wurde mitgeteilt, dass die Angehörigen der POHG erfahren hätten, dass sich in der Gemeinde Kálnica Juden verstecken würden. Es wurde befohlen, diese sofort nach der genauen Feststellung ihrer Unterschlupfe gefangenzunehmen. Einen Tag später wurde gemeldet, dass sich deutsche Stellen an die POHG mit der Anforderung gewandt hätten, sie solle zehn Männer in Zivilkleidern in die Gruppe der Verhafteten einschleusen, um von diesen Informationen über die Aufständischen und Partisanen zu gewinnen. Aus dem Bericht vom Januar 1945 ist des Weiteren zu sehen, dass der dortige Stützpunkt des Einsatzkommandos 13 die Angehörigen der POHG auch für die Durchführung von Festnahmen anwarb. Weitere Angehörige bildeten wiederum die Wachmannschaft, die verhaftete Juden beim Transport in das Konzentrationslager Sered eskortierte. 467 Laut der Aussage des ehemaligen Verbindungsmannes zwischen der Hlinkagarde und dem Einsatzkommando 13 in Nitra waren die Angehörigen der Einsatzgruppe H zum großen Teil auf die Unterstützung der Einheimischen angewiesen. Dabei habe es sich bei den Mithelfern meistens um die in Nitra lebenden Deutschen und die Gardisten bzw. die Angehörigen der POHG gehandelt. Diese hätten gemeinsam mit den Männern des Einsatzkommandos Hausdurchsuchungen durchgeführt und verdächtige Personen festgenommen. Ferner habe das Einsatzkommando aber auch mit anderen staatlichen Stellen zusammengearbeitet, wie zum Beispiel mit dem Bezirkshauptmann in Nitra, 465

Zu den Massenerschießungen in Kremnička und Nemecká siehe Kap. 2.4.3. Prehl’ad masových hrobov a vrážd, ktoré boli prevedené pohotovostnými Einsatzkommandami SIPO a SD na území Slovenska [Übersicht über Massengräber und Morde, die in der Slowakei durch die Einsatzkommandos der Sipo und des SD verübt wurden] (o. D.). AM SNP Banská Bystrica, IX, S 25/78, S. 13 f. 467 POHG in Nové Mesto nad Váhom an HVHG Bratislava, Lageberichte 29.11. 1944, 30. 11. 1944, 19. 1. 1945, 30. 1. 1945 und 17. 2.1945. SNA Bratislava, NS, A 893. 466

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mit dem dortigen Kommandanten der Gendarmerie oder mit den Vertretern der HSL’S. Auch ein Pater aus Nitra sei mehrmals auf der Dienststelle des Einsatzkommandos 13 erschienen. 468 Der Führer des Stützpunktes des Einsatzkommandos 13 in Piešt’any, Obersturmführer Friedrich Bogendorfer, sagte nach dem Krieg aus, dass er einen Nachrichtendienst habe organisieren müssen und sich bei der Erfüllung dieser Aufgabe einer großen Anzahl von volksdeutschen und slowakischen V-Männern bedient habe: „Insgesamt dürften dies etwa 200 Personen gewesen sein, die für mich in obiger Sache im Bereich Pistyan und Umgebung tätig waren. Die von diesen V-Männern gelieferten Informationen und Nachrichten hatte ich nach Brauchbarkeit zu verarbeiten und an den Nachrichten-SD-Mann in Trencin weiterzuleiten.“ 469 Die Zahl von 200 V-Männern für einen Stützpunkt wird zwar höchstwahrscheinlich etwas übertrieben sein, dennoch steht fest, dass die Angehörigen der Einsatzgruppe H häufig die Dienste von einheimischen Auskunftspersonen nutzten. Die meisten Konfidenten werden zur Mitarbeit wohl nicht gezwungen worden sein, wobei neben ideologischen Gründen zweifellos auch materielle Vorteile bei ihrer Entscheidung eine wichtige Rolle gespielt haben dürften. Andere konnten offensichtlich als Angehörige bestimmter Einheiten (vor allem der Hlinkagarde) angeworben werden. Bei manchen wurde wiederum die Mitarbeit ‚erzwungen‘, indem man den Betroffenen vor die Wahl zwischen Konzentrationslager und Dienst für die Einsatzgruppe H stellte. 470 Diese zweite Möglichkeit nennt zum Beispiel ein ehemaliger slowakischer Mitarbeiter des Sonderkommandos 7a in Námestovo: „Am 28. November 1944 kam zu mir Kemnitz [Sturmscharführer Erhard Kemnitz war der Stützpunktführer in Námestovo – L. Š.] mit einem weiteren Gestapoangehörigen, zeigte mir ein Urteil, in dem es hieß, dass ich entweder in ein Konzentrationslager überführt werde oder dass ich 6 Monate als Dolmetscher bei der Gestapo arbeiten solle. Ich habe die Erklärung unterschrieben.“ 471 Auch im folgenden Fall sollte ein Slowake vor die Wahl zwischen Haft und Mitarbeit gestellt werden. Nach dem Krieg ergaben die Strafermittlungen, dass er vom Einsatzkommando 14 festgenommen und ins Gefängnis des Kreisgerichts in Banská Bystrica überführt wurde. Am 27. November 1944 habe er sich verpflichtet, als Fahrer beim Einsatzkommando 14 in Brezno nad Hronom zu arbeiten. Während seiner Dienstausübung als Chauffeur habe er sich mindestens einmal an Erschießungen von Häftlingen beteiligt. So soll er am 12. Dezember in der Nähe von Brez-

468

Vernehmung Karol Kružlík, Levice 22. 12. 1954. ABS Praha, 52–78–5. Vernehmung Friedrich Bogendorfer, 21. 3. 1967. Niedersächsisches Landesarchiv, Staatsarchiv Oldenburg, Rep. 946, Akz. 133, Nr. 31. 470 Vernehmung Adolf Grigár, Bratislava 10.11. 1953. ABS Praha, 52–53–1. 471 Vernehmung Barnabáš Magáth, Praha 9. 10. 1945. ABS Praha, 302–39–6. Nicht ganz auszuschließen ist hier allerdings, dass dies eine Schutzbehauptung von Magáth war. 469

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no nad Hronom zwei Häftlinge eigenhändig erschossen haben. 472 Ein weiterer Slowake sagte nach dem Krieg aus, er habe seit November 1944 als Dolmetscher beim z.b.V.-Kommando 29 gearbeitet. Zunächst habe er Flugblätter übersetzt; kurz darauf sei er jedoch regelmäßig zu den Aktionen gegen Partisanen sowie zu den Verhören der Festgenommenen hinzugezogen worden. Diesen Dienst habe er bis zum März 1945 ausgeübt. 473 Heliodor Gombarčík war einer von denjenigen Slowaken, die wegen ihrer Mitarbeit mit der Einsatzgruppe H nach dem Krieg in der Slowakei durch ein Volksgericht zum Tode verurteilt und anschließend hingerichtet wurden. Gombarčík gehörte zu den eifrigsten Helfershelfern der Einsatzgruppe H und verhielt sich ausgesprochen brutal gegenüber den Häftlingen. Er war seit 1938 Mitglied der Hlinkagarde und wurde als solches kurz nach dem Ausbruch des Aufstands bzw. nach der Ankunft des Einsatzkommandos 13 in Nitra bei diesem eingestellt. Er wurde mit Bewachungsaufgaben beauftragt, arbeitete als Dolmetscher, beteiligte sich aber auch regelmäßig an den Verhaftungsaktionen des Einsatzkommandos, meistens als Begleiter des Hauptscharführers Felix Landau. 474 Später hatte er den Posten des stellvertretenden Leiters im Gefängnis des Kreisgerichts in Nitra inne. In seiner Vernehmung gab Gombarčík an: „Unmittelbar nach meiner Anwerbung im September 1944 nahm ich an den Aktionen gegen Juden teil, und zwar mit der Waffe in der Hand. Aus einer Liste des Bezirksamtes hatten wir die Adressen der Juden, die wir abzuholen hatten. Wir nahmen sie fest und überführten sie nach Sered. Wir suchten aber auch nach solchen Juden, die sich in Verstecken aufhielten, wir verhafteten sie und brachten sie in das Sammellager in Nitra.“ Gombarčík beteiligte sich wiederholt an Misshandlungen von Häftlingen im Gefängnis in Nitra. Nach dem Krieg beschrieb er in seiner Vernehmung detailliert die von ihm und seinen Mitarbeitern angewandten Foltermethoden. So gab er zum Beispiel zu, dass er einen Häftling an einen Haken an die Wand gehängt und mit einer Kerze dessen Füße und das Geschlechtsorgan verbrannt habe. 475

2.7. Volksdeutsche Nach den Ergebnissen der im Dezember 1940 durchgeführten Volkszählung lebten in der Slowakei 130 192 slowakische Staatsbürger, die sich zur deutschen Nationalität bekannten. Im Frühjahr 1945 verblieben auf slowakischem Gebiet 472

Urteil Oskár Bubeň, OLS Brezno, 21. 5. 1946. NA Praha, GP, EK 14, Bl. 3680. Vernehmung Kornel Bauer, 22. 1. 1954. ABS Praha, 52–53–1. 474 Landau gehörte zu den brutalsten Angehörigen der EG H. Ausführlicher zu ihm siehe Kap. 3.4. 475 Vernehmung Heliodor Gombarčík, 8. 4. 1946. ABS Praha, 302–39–6. Gombarčík wurde nach dem Krieg durch das Bezirksvolksgericht in Nitra zum Tode verurteilt und am 8. 2.1947 hingerichtet. Urteil Heliodor Gombarčík, OLS Nitra, 8. 2. 1947. ŠA Bratislava, OLS Nitra, Tlud 28/46 (Gombarčík). 473

Volksdeutsche

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nicht einmal zehn Prozent dieser Zahl. 476 Der Zweite Weltkrieg bedeutete de facto das Ende des Zusammenlebens von Deutschen und Slowaken in diesem Raume. Im folgenden Kapitel wird die Situation der Volksdeutschen in der Slowakischen Republik von 1939 bis 1945 kurz geschildert. Es werden einige wichtige Aspekte erwähnt, vor allem solche, die im direkten Zusammenhang mit der Tätigkeit der Einsatzgruppe H stehen. 477 Auf eine detaillierte Beschreibung der Entwicklung und der Verhältnisse der Volksdeutschen auf slowakischem Boden musste verzichtet werden, da diese den Rahmen der vorliegenden Studie deutlich sprengen würde. Am Anfang des Kapitels wird ein allgemeiner Überblick geboten. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei der Deutschen Partei, der einzigen politischen Organisation der Volksdeutschen in der Slowakischen Republik gewidmet, aber auch der Evakuierung, die seit Ende September 1944 in Gang war und rund zwei Drittel der Volksdeutschen betraf. Anschließend folgen zwei Themen, die unbedingt im Kontext der Einsatzgruppe H zu betrachten sind. Das erste betrifft den Deutschen Heimatschutz, der in den ersten Septembertagen 1944 aus den in der Slowakei lebenden Volksdeutschen aufgestellt wurde und aus dessen Reihen sich zahlreiche willige Helfershelfer der Einsatzgruppe rekrutierten. Beim zweiten Thema geht es um die von Partisanen und Aufständischen an den Volksdeutschen im Spätsommer 1944 begangenen Verbrechen, mit deren Ermittlung und „Bestrafung“ in der Regel die Angehörigen der Einsatzgruppe H beauftragt wurden. 2.7.1. Deutsche in der Slowakei – ein Überblick Die ersten deutschsprachigen Siedler ließen sich in der Slowakei, die damals Teil des Königreichs Ungarn war, im 12. Jahrhundert nieder. Den Höhepunkt erreichte die Besiedlung im 14. Jahrhundert, als dort rund 250 000 Deutsche lebten und damit ein Drittel der Gesamtbevölkerung – meistens der Führungsschicht angehörend – bildeten. 478 Im weiteren Verlauf, später insbesondere infolge der vom ungarischen Staat getragenen Madjarisierungsbestrebungen, veränderte sich weitgehend die Stellung der Deutschen, und auch ihre Zahl ging rapide zurück. Seit dem 19. Jahrhundert lebten höchstens 150 000 Deutsche in der Slowakei, zumeist in den folgenden drei Siedlungsgebieten: in Bratislava und Umgebung in der Westslowakei, im Hauerland in der Mittelslowakei und in der Zips 476 Schvarc, Michal: Straty a obete nemeckej menšiny na Slovensku v rokoch 1939–1945 [Verluste und Opfer der deutschen Minderheit in der Slowakei in den Jahren 1939–1945] (2012 als Manuskript der Verfasserin zur Verfügung gestellt). 477 Die Deutschen in der Slowakei werden häufig als Karpatendeutsche bezeichnet. Im hier vorliegenden Text wird der zeitgenössische Begriff „Volksdeutsche“ als Gegensatz zu „Reichsdeutsche“ bevorzugt. 478 Schvarc 2012. Hiernach auch die weitere Schilderung, falls nicht anders angegeben.

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in der Ostslowakei. Bis zum Ende der Donaumonarchie verstanden sie sich vor allem als Deutschungarn und plädierten nach dem Ende des Ersten Weltkrieges häufig für den Verbleib der Slowakei bei Ungarn. Verbindungen zum Deutschen Reich waren nicht besonders ausgeprägt. Erst nach der Eingliederung der Slowakei in die Tschechoslowakei im Jahre 1918 entstand nach und nach ein deutsches Selbstbewusstsein, das sich dann nach der Entstehung des slowakischen Staates im März 1939 weiterhin festigte und entfaltete. 479 Die Deutschen wurden offiziell slowakische Staatsbürger, bekamen aber als nationale Minderheit laut der neuen slowakischen Verfassung weitgehende Rechte zuerkannt. Politisch aktiv wurden die Deutschen in der Slowakei hauptsächlich in zwei in den 1920er Jahren gegründeten Parteien, nämlich in der Zipser Deutschen Partei und in der Karpatendeutschen Partei (KdP). Die KdP, von Franz Karmasin 480 geführt, schloss 1935 ein Wahlbündnis mit der Sudetendeutschen Partei Konrad Henleins und wurde ihr zwei Jahre später offiziell unterstellt. Beide Parteien wurden von der Prager Regierung während der Münchner Krise im September 1938 verboten, nahmen aber kurz darauf ihre Tätigkeit wieder auf. 481 Nach der Erklärung der slowakischen Autonomie wurde am 10. Oktober 1938 die Deutsche Partei (DP) als Rechtsnachfolgerin der KdP ins Leben gerufen. An ihrer Spitze stand Karmasin, der gleichzeitig zum Staatssekretär des neu errichteten Staatssekretariats für die Belange der deutschen Volksgruppe in der Slowakei ernannt wurde. 482 Die Deutsche Partei blieb bis zum Kriegsende die einzige politische Organisation der Volksdeutschen in der Slowakischen Republik. Im Herbst 1941 hatte sie 60 997 Mitglieder und erfasste damit beinahe die Hälfte der slowakischen Bürger deutscher Nationalität. Nationalsozialistische Ideologie, Führerprinzip und strenge Hierarchie im Aufbau waren ihre charakteristischen Merkmale, 483 das Erreichen einer faktischen sowie rechtlichen Exterritorialität für die deutsche Minderheit wiederum ihr vorrangiges Ziel. Im Einzelnen hatte die Deutsche Partei die Aufgabe, die in der Partei erfassten Deutschen politisch und militärisch nach dem Vorbild der reichsdeutschen 479 Hochberger, Ernst: Einführung in die Geschichte der Karpatendeutschen in der Slowakei. URL: http://www.karpatendeutsche.de/?Geschichte [zuletzt geprüft am 15.1. 2012]. 480 Franz Karmasin (* 2. 9. 1901 Olmütz; † 25. 6. 1970 Steinebach am Wörtsee), Vorsitzender der Deutschen Partei, Staatssekretär für die Belange der deutschen Volksgruppe in der Slowakei und Volksgruppenführer. Nach dem Krieg in Bratislava in Abwesenheit zum Tode verurteilt. 481 Altenhöner 2009, S. 819. 482 Das Staatssekretariat, das direkt dem Ministerpräsidenten unterstand, hatte die Anregungen, Wünsche und Beschwerden der deutschen Volksgruppe den zuständigen staatlichen Behörden und Organen zu übermitteln. Bericht aus dem Jahre 1939 – Deutsche Volksgruppe. BArch R 70/Slowakei, 185, Bl. 11–13. 483 Schvarc 2012. Schvarc stellt allerdings die Frage, inwieweit es der Deutschen Partei wirklich gelungen sei, die nationalsozialistische Ideologie in die Reihen der deutschen Minderheit zu implantieren.

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NSDAP zu erziehen, das wirtschaftliche und kulturelle Leben der in der Slowakei lebenden Deutschen zu fördern und darauf zu achten, dass sie als vollkommen gleichberechtigte Staatsbürger behandelt werden und dieselben Rechte wie die Slowaken genießen. Darüber hinaus hatte sie den Auftrag, über das gesamte politische Leben in der Slowakei zu wachen und die jeweiligen politischen Stimmungen festzuhalten. Sie sollte ferner im Namen der Deutschen Forderungen an die slowakische Regierung stellen und bei der Realisierung derselben aktiv mithelfen. Die benötigten Geldmittel für ihre Tätigkeit bekam sie vor allem von der Berliner Volksdeutschen Mittelstelle zugestellt. 484 Besonderes Augenmerk wurde der Jugend gewidmet; der Jugendorganisation „Deutsche Jugend“ gehörten 1939 rund 15 000 Mitglieder an. 485 Als Parteizeitung wurden der „Grenzbote“ und die „Deutschen Stimmen“ herausgegeben. Die militärische Organisation der Deutschen war die Freiwillige Schutzstaffel (FS), die 1939 zunächst 4604, Mitte 1944 dann 7818 Angehörige hatte. 486 Diese wurden meistens mit Wachdiensten beauftragt, beteiligten sich häufig aber auch an verschiedenen Sicherungsmaßnahmen, so zum Beispiel an den Festnahmen von Juden. Innerhalb der Freiwilligen Schutzstaffel fungierten zudem seit 1939 Einsatztruppen (ET), in denen eine Elite auf den Eintritt in die SS vorbereitet wurde. Berlin übte seit 1942 einen massiven Druck auf die slowakische Regierung aus, damit diese den Pflichtdienst der in der Slowakei lebenden Deutschen in der SS bewillige. Letztendlich setzte sich zwar erst ein freiwilliger Dienst durch, dieser wurde aber von der Deutschen Partei nachdrücklich gefordert. Die bis zu 7000 Deutschen, die sich gemeldet hatten, wurden so zum Beispiel den SS-Panzerdivisionen „Das Reich“ und „Germania“ oder den SS-Totenkopfverbänden für den Wachdienst in verschiedenen Konzentrations- und Vernichtungslagern zugeteilt. 487 Ein Deutscher aus Bratislava, der im Februar 1943 seinen Dienst bei der SS antrat, erinnerte sich später wie folgt an seine Einreihung in den Wachdienst in Auschwitz: „Sogleich führte man uns, […] etwa 175 Leute an der Zahl, aus Bratislava nach Oswiecim in Polen, in das Konzentrationslager in Polen, und zwar in Zivil wo wir am dritten Tag die Militäruniform der SS-Angehörigen erhalten haben.“ 488 Als die Reserven der Freiwilligen erschöpft waren, suchten die reichsdeut484

Die Deutsche Partei. ABS Praha, 135–5–6. Bericht aus dem Jahre 1939 – Deutsche Volksgruppe. BArch R 70/Slowakei, 185, Bl. 11–13. 486 Schvarc 2012. 487 MV London, 4. odbor – studijní oddělení, Studie o Němcích na Slovensku [4. Abteilung – Studienabteilung, Studie über die Deutschen in der Slowakei], London 30. 9. 1944. NA Praha, 836–118–33. Diesem Bericht zufolge wurden Volksdeutsche aus der Slowakei unter anderem in den Lagern Dachau, Buchenwald, Auschwitz oder Mauthausen als Wachmannschaften eingesetzt. 488 Vernehmung Robert Schwantzer, 11. 4.1947. BArch B 162/1870, Bl. 1019. 485

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schen Stellen weitere Möglichkeiten, wie man auch die restlichen Deutschen für die Reihen der Waffen-SS anwerben könnte. Das Ergebnis dieser Bemühungen stellte das am 7. Juni 1944 zwischen dem Reich und der Slowakischen Republik unterzeichnete Abkommen dar, in dem die Wehrpflicht der slowakischen Staatsangehörigen deutscher Volkszugehörigkeit geregelt wurde. 489 Die fast 2000 Deutschen, die 1944 ihren Dienst noch in der slowakischen Armee versahen, sowie die nachfolgenden jüngeren Jahrgänge wurden diesem Vertrag zufolge zur Waffen-SS eingezogen. 490 Der bis zu diesem Datum freiwillige Eintritt in die SS wurde von nun an zur Pflicht. Die neue Regelung brachte tatsächlich die gewünschten Ergebnisse; im Januar 1945 verrichteten insgesamt 8222 Deutsche aus der Slowakei ihren Dienst in der Waffen-SS. 491 Die Pflichteinberufungen stießen jedoch nicht immer auf Verständnis und Interesse. Aus den Berichten der Einsatzgruppe H ist ersichtlich, dass einige Betroffene versuchten, sich durch Flucht zu entziehen. Mit den folgenden Festnahmen wurden in der Regel die Angehörigen der Einsatzgruppe und ihre Helfershelfer beauftragt. So meldete zum Beispiel der Führer des z.b.V.-Kommandos 29, dass am 16. Februar 1945 um 5 Uhr früh in der Nähe von Bratislava eine Aktion nach fahnenflüchtigen Volksdeutschen bzw. solchen, die den Gestellungsbefehl nicht befolgten, durchgeführt worden sei. Außer elf Angehörigen seines Kommandos hätten an der Aktion noch eine Kompanie des Heimatschutzes und eine Kompanie der Feuerschutzpolizei aus Bratislava teilgenommen. Insgesamt seien 148 Personen festgenommen worden, darunter 25 Fahnenflüchtige. 492 Wie zu erwarten war, vergrößerten sich Frustration und Widerwille mit dem sich nähernden Kriegsende bzw. mit der absehbaren endgültigen Niederlage des Deutschen Reiches. Der deutsche Nationalismus war bei den Deutschen in der Slowakei als Folge der geschichtlichen Entwicklung offensichtlich nicht voll ausgeprägt und tief verwurzelt. Einige Deutsche kämpften nach dem Ausbruch des Aufstands an der Seite der Partisanen gegen die in der Slowakei eingesetz489 Abkommen zwischen dem Großdeutschen Reich und der Slowakischen Republik über die Erfüllung der Wehrpflicht slowakischer Staatsangehöriger deutscher Volkszugehörigkeit in der deutschen Wehrmacht – Waffen-SS und über die Erfüllung der Wehrpflicht deutscher Staatsangehöriger slowakischer Volkszugehörigkeit in der slowakischen Wehrmacht vom 7. 6. 1944. NA Praha, 110–10–64. Deutscher Volkszugehöriger war der, der sich bei der letzten slowakischen Volkszählung (1940) als Deutscher bekannte. Zum Dienst der Volksdeutschen in der Waffen-SS vgl. Melzer, Rudolf: Wehrdienst der Karpatendeutschen in der Waffen-SS von 1939 bis 1945, in: Karpaten-Jahrbuch 46 (1995), S. 59–81. 490 Sicherheitsdienst des Reichsführers-SS, SD-LA Prag an das RSHA und den SD-LA Wien, Betr.: Abkommen über die Erfüllung der Wehrpflicht slowakischer Staatsangehöriger deutscher Volkszugehörigkeit in der Waffen-SS, Prag 12. 7. 1944. BArch R 70/Slowakei, 17, Bl. 42. 491 Schvarc 2012. 492 Z.b.V.-Kommando 29 (Glaser), 16. 2. 1945. BArch R 70/Slowakei, 312, Bl. 114 f.

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ten deutschen Truppen, während andere versuchten, um jeden Preis der bevorstehenden Zwangsevakuierung aus der Slowakei auszuweichen. Im Herbst 1944 begann man im Hinblick auf den Vormarsch der Roten Armee mit der Vorbereitung einer totalen Evakuierung der Deutschen aus der Slowakei. Am 27. Oktober 1944 wurde dem Deutschen Befehlshaber folgender Befehl von Himmler übermittelt: „Die Bevölkerung der Oberen und Unteren Zips ist zu evakuieren und im Westteil der Slowakei, tunlichst in der Schutzzone, unterzubringen. Eine Evakuierung in das Reich ist wegen Überfüllung der Quartiere zu vermeiden. Die durchgeführte Evakuierung ist mir zu melden.“ 493 Wie das z.b.V.-Kommando 27 berichtete, hätten bei der Durchführung die Deutsche Partei, der Heimatschutz, die Wehrmacht und die Sicherheitspolizei tatkräftig zusammengearbeitet. 494 Aus der Zips seien neben den etwa 97 Prozent evakuierten Volksdeutschen auch ungefähr 70 Prozent der deutschen Wirtschaftsgüter herausgebracht worden. 495 Ende des Jahres begann die Evakuierung auch aus anderen Gebieten der Slowakei. In einem Gesamtbericht des Chefs der Einsatzgruppe H von Mitte März 1945 wurden folgende Zahlen in Hinsicht auf die evakuierten Volksdeutschen genannt: „Aus der Unterzips etwa 12000, Oberzips etwa 17000, Kreis Kremnitz etwa 16000, Kreis DeutschProben etwa 15000, Kreis Neutra etwa 4000, Kreis Waagtal etwa 1000, Kreis Pressburg-Land etwa 2500, Kreis Pressburg-Stadt etwa 910[0] 496.“ 497 Zusammengerechnet ergab dies 76 600 evakuierte Volksdeutsche. Wie bereits erwähnt, stieß man im Verlauf der Aktionen ab und zu auf den Widerwillen der Volksdeutschen, ihre Heimat und ihr Zuhause zu verlassen. Ende November 1944 berichtete die Einsatzgruppe H nach Berlin, dass bei der Evakuierung zahlreiche Schwierigkeiten auftauchen würden, die „zum Teil in einem natürlichen Anhängen an der Heimatscholle, dann aber auch in einem ungesunden Partikularismus (vornehmlich in der Zips) und in gewissem Sinn auch in einer nicht absoluten deutschen Gesinnung zu suchen“ seien. 498 Später 493 Himmler an Höfle, 27. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 69, Bl. 35. Mitte Oktober 1944 entschied Hitler über die Evakuierung von rund 215 000 Volksdeutschen ins Reich. Es ging dabei um Volksdeutsche aus Rumänien, dem Banat, der Batschka, Siebenbürgen und Syrmien. Die Evakuierung von Volksdeutschen aus der Slowakei wurde nicht als unbedingt notwendig betrachtet. Schvarc 2012. 494 Z.b.V.-Kommando 27 an Witiska, Sillein 1. 2. 1945. BArch R 70/Slowakei, 169, Bl. 41. 495 EG H (III B, Bock) an z.b.V.-Kommando 27, Pressburg 8. 2. 1945. Ebd., Bl. 51. 496 Im vorliegenden Bericht von Witiska wird die Zahl 910 genannt. Aus dem Kontext ist jedoch klar, dass es sich in der Tat um 9100 Evakuierte handeln müsste. 497 EG H (III, Witiska), Betr.: Lage in der Slowakei 17/45, Pressburg 14. 3. 1945. BArch R 70/Slowakei, 315. Eine genaue Zahl der evakuierten Volksdeutschen konnte bislang nicht ermittelt werden. Die Angaben variieren zwischen 70 000 und 120 000 Evakuierten. Vgl. Schvarc 2012. 498 EG H (III A-C, Witiska) an RSHA (III B und III C), Lage in der Slowakei, 28. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 146–158.

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meldete Witiska, dass vor allem in der Unterzips teilweise Zwangsmaßnahmen gegen die Bevölkerung erforderlich gewesen wären, da sich diese gegen die Evakuierung gesträubt habe. 499 Auch wenn sich manche Volksdeutsche der Evakuierung zunächst widersetzten, war letztendlich doch in den meisten Fällen die Angst vor der Roten Armee größer und somit der entscheidende Faktor, weshalb sie ihre Städte und Dörfer verließen. Insgesamt dürften zwei Drittel der in der Slowakei lebenden Volksdeutschen durch die Evakuierung erfasst worden sein. Nach dem Krieg kehrte ein Teil von ihnen in die Slowakei zurück, wurde dann aber 1946 im Rahmen der Aussiedlungsaktionen zusammen mit den Verbliebenen wieder aus der Tschechoslowakei ausgewiesen. Bei der 1950 durchgeführten Volkszählung bekannten sich lediglich 5179 Einwohner in der Slowakei zur deutschen Nationalität. 500 In dieser Hinsicht bedeuteten das Dritte Reich und die sechs Jahre lang existierende Slowakische Republik faktisch das Ende des seit dem Mittelalter währenden Zusammenlebens von Deutschen und Slowaken in diesem Raum. 2.7.2. Deutscher Heimatschutz Am 2. September 1944 wurde durch den Befehl des Deutschen Befehlshabers in der Slowakei der Deutsche Heimatschutz aufgestellt. Alle wehrfähigen Angehörigen der deutschen Volksgruppe vom 16. bis zum 50. Lebensjahr waren durch das SS-Ersatzkommando Slowakei zu erfassen und zunächst in geschlossenen Siedlungsgebieten als Ortswehr einzusetzen. 501 Der Deutsche Gesandte in der Slowakei sowie der slowakische Staatspräsident erklärten sich mit der Anordnung von Berger, der pragmatisch das Potenzial der Volksdeutschen auszunutzen beabsichtigte, einverstanden. 502 Einen Tag später ergänzte Berger seinen Befehl um weitere Einzelheiten. Der Heimatschutz sei unmittelbar ihm persönlich unterstellt, und zum Führer bestimme er den Volksgruppenführer Karmasin, der sofort einen Stab aufzubauen habe. Es seien „sämtliche wehrfähigen Angehörigen der Deutschen Volksgruppe in der Slowakei zu erfassen, laufend auszubilden und für Sicherungs-, Schutz- und Verteidigungsaufgaben örtlich oder beim Vorliegen entsprechender Notwendigkeiten anderweitig einzusetzen“. Uk- oder Zurückstellungen seien bei den Einberufungen nicht zuge499 Witiska an Verbindungsführer der Sipo und SD, Heeresgruppe Süd, HStuf Schneider, Betr.: Evakuierung der Volksdeutschen aus dem slow. Raum, Pressburg 8. 2.1945. BArch R 70/Slowakei, 169, Bl. 47. 500 Karpatendeutscher Verein in der Slowakei (Homepage). URL: http://www.kdv.sk/ KNnaSlov.htm [zuletzt geprüft am 13. 1. 2012]. 501 Deutscher Befehlshaber in der Slowakei, Betr.: Aufstellung des deutschen Heimatschutzes in der Slowakei, Pressburg 2. 9. 1944. ABS Praha, 107–15–2. 502 Schvarc 2004, S. 306. Es sollten auch die in der Slowakei lebenden Reichsdeutschen in den Heimatschutz einberufen werden. Ebd., S. 311.

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lassen. 503 Zum Inspekteur des Heimatschutzes, dem die organisatorische Zusammenfassung und militärische Ausbildung oblagen, ernannte Berger den Obersturmbannführer Hans Thumser. 504 Am 9. Oktober fand in Bratislava eine Besprechung zwischen dem Deutschen Befehlshaber (Höfle), dem Volksgruppenführer und dem Leiter der Berliner Volksdeutschen Mittelstelle, dem Obergruppenführer Werner Lorenz, statt. In einem Bericht des Chefs der Einsatzgruppe H an das RSHA wurden die wichtigsten Ergebnisse dieses Treffens zusammengefasst: Karmasin bleibe weiterhin oberster Kommandeur des Heimatschutzes, durch Thumser erfolge die militärische Ausbildung und durch den Deutschen Befehlshaber die militärische und taktische Führung. Des Weiteren wurde festgelegt, dass die Angehörigen des Heimatschutzes Soldbücher erhalten und in Versorgung und Betreuung der Waffen-SS stehen würden. Sie seien ausschließlich im slowakischen Raum einzusetzen. 505 Zehn Tage später wurde beschlossen, dass der Heimatschutz in Zukunft die Bezeichnung „SS-Heimatschutz“ trägt, um den Führungsanspruch der SS eindeutig festzuschreiben. 506 In einem weiteren Bericht von Witiska an das RSHA von Ende November betonte dieser, dass der Heimatschutz alle waffenfähigen Männer der Volksgruppe ab dem 16. Lebensjahr umfasse, soweit sie nicht bereits in der WaffenSS seien. Der Heimatschutz sei als Schutz- und Ordnungstruppe gedacht und solle in erster Linie nur in der Slowakei selbst eingesetzt werden. Seine Führer und Unterführer seien von der slowakischen Wehrmacht übernommene Offiziere und Unteroffiziere deutscher Volkszugehörigkeit. 507 Weitere Maßnahmen wurden Mitte Januar 1945 erlassen. Laut einem Befehl des Reichsführers-SS seien die Volksdeutschen aus der Slowakei, Jahrgänge 1910 und jünger, sofort für die Waffen-SS freizugeben, während die Angehörigen des Jahrganges 1909 und älter zunächst in der Slowakei zu verbleiben hätten und in den Kompanien des Heimatschutzes zusammenzufassen seien. 508 Laut einer Aufstellung vom Januar 1945 hatte der Deutsche Heimatschutz

503 Berger an Karmasin, Betr.: Aufstellung des Deutschen Heimatschutzes in der Slowakei und straffe Erfassung der wehrfähigen deutschen Männer, Pressburg 3. 9.1944. BArch B 162/1838, Bl. 49 f. 504 Deutscher Befehlshaber in der Slowakei, Betr.: Aufstellung des Heimatsschutzes in der Slowakei, Pressburg 15. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 335, Bl. 5. 505 Witiska an RSHA, BdS Prag und Krakau und Budapest, STL Wien und Brünn, SDLA Wien, Pressburg 9. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 313, Bl. 98. 506 EG H (III), Vermerk, Betr.: Aufstellung von Schutzeinheiten in der Slowakei, Pressburg 19. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 335, Bl. 24. 507 EG H (III A-C, Witiska) an RSHA (III B und III C), Lage in der Slowakei, 28. 11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 314, 146–158. 508 EG H (III B, Böhrsch) an das RSHA, Betr.: Uebernahme des HS in die Waffen-SS, Pressburg 26. 1. 1945. BArch R 70/Slowakei, 227, Bl. 411.

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insgesamt 8116 Angehörige. Von diesen waren 5236 kaserniert, 1289 nichtkaserniert und 1591 zu anderen Einheiten abkommandiert. Bei diesen Abordnungen fiel der Großteil unter das Kommando des Deutschen Befehlshabers; 168 Mann wurden der Stabskompanie in Bratislava zugeteilt, 45 der Einsatzgruppe H, während der Rest anderen auf slowakischem Gebiet eingesetzten Truppen und Verbänden zugewiesen wurde. 509 Ein ständiges Problem für den Heimatschutz stellten die unzureichende Ausrüstung und Bewaffnung seiner Männer sowie ihr relativ niedriger Wehrsold dar. Witiska meldete dem Deutschen Befehlshaber, dass auf diese Missstände in den Berichten seiner Kommandos laufend hingewiesen werde. 510 In einem internen Vermerk der Einsatzgruppe wurde in diesem Zusammenhang festgehalten: „Unmöglichkeit ordentlicher Ausrüstung, Interessenlosigkeit der Pressburger Leitung. Daher Antreten in Civil, Streifendienst in Civil, Disziplinlosigkeit infolge Fehlens geeigneter Strafbestimmungen und Strafmöglichkeiten. Zu schwache örtliche Führung. Vergleich mit schwerbewaffneter und gut ausgerüsteter HG führt zu Gefühl der unberechtigten Zurücksetzung.“ 511 Auf weitere Probleme machte das z.b.V.-Kommando 29 aufmerksam. Nach seinen Feststellungen würden sich einige der zum Heimatschutz bzw. zur Waffen-SS einberufenen Volksdeutschen dieser Pflicht zu entziehen versuchen, indem sie sich vom statistischen Amt bescheinigen lassen würden, dass sie sich bei der 1940 durchgeführten Volkszählung nicht als Deutsche, sondern als Slowaken bekannt hätten. So seien am 13. Februar 1945 insgesamt 30 Personen mit diesem Ansinnen auf das statistische Amt gekommen, unter ihnen auch solche, die – wie das Kommando hervorhob – einwandfrei von deutschen Eltern abstammen würden. 512 Zudem wandte sich das z.b.V.-Kommando 29 an Witiska mit der Bitte, dass dieser seitens des Deutschen Befehlshabers einen Befehl an den Heimatschutz erreichen möge, nach dem die von der Einsatzgruppe H als Schlüsselkräfte bezeichneten Volksdeutschen vom kasernierten Dienst freizustellen wären. Begründet wurde dieses Anliegen damit, dass es in wichtigen slowakischen Ämtern und Betrieben infolge der Einberufungen von Volksdeutschen und der anschließenden Besetzung der Stellen mit Slowaken zu einem Verlust des deutschen Einflusses komme. 513 509 Aufstellung über Stärke der eigenen Einheiten des Deutschen Heimatschutzes und Stärke der Abkommandierungen und Versetzungen zu anderen Einheiten, Januar 1945. BArch R 70/Slowakei, 335, Bl. 105 f. Darüber hinaus waren laut derselben Aufstellung 9059 Volksdeutsche bei folgenden Wehrorganisationen: 8222 bei der Waffen-SS, 292 bei der deutschen Wehrmacht, 511 bei der slowakischen Armee und 34 bei der Organisation Todt. 510 Witiska an Höfle, Pressburg 27. 12.1944. Ebd., Bl. 71. 511 EG H (III A-C, Hoppe), Vermerk, Pressburg 18. 12. 1944. Ebd., Bl. 66. 512 Z.b.V.-Kommando 29 an EG H (III), Februar/März 1945. Ebd., Bl. 137. 513 Z.b.V.-Kommando 29 an EG H (III), Aktenvermerk für Witiska, Pressburg 10. 3. 1945. Ebd., Bl. 133.

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Der Deutsche Heimatschutz wurde mit verschiedenen Aufgaben beauftragt. Zu diesen gehörte außer dem Schutz der deutschen Siedlungsgebiete und der Assistenz bei der späteren Evakuierung der deutschen Bevölkerung hauptsächlich die Unterstützung der in der Slowakei eingesetzten deutschen Einheiten. Angehörige des Heimatschutzes wurden häufig von der Einsatzgruppe H angeworben und haben sich meistens als zuverlässige Helfershelfer erwiesen. In der Regel verrichteten sie ihren Dienst bei der Bewachung von deutschen Objekten oder als Dolmetscher, nicht selten wurden sie aber auch zu sicherheitspolizeilichen Aktionen herangezogen. Hinweise auf die Tätigkeit des Deutschen Heimatschutzes lassen sich in mehreren Berichten der Einsatzgruppe finden. Am 18. September 1944 beschwerte sich Witiska noch in seinem Lagebericht, der Heimatschutz sei „bisher zum ausbildungsmässigen Einsatz kaum herangezogen worden“ und die Männer „sitzen diesweil weitaus grösste Zeit des Tages tatenlos herum oder werden in etwas Sport, Transport von Möbeln und sonstigen unwichtigen Dingen beschäftigt“. 514 Vier Tage später wurde schon vom Führer des Einsatzkommandos 13 gemeldet, dass die Aufstellung des Heimatschutzes in seinem Zuständigkeitsbereich in die Wege geleitet worden sei, wobei Ausbildung und Einsatz durch sein Kommando erfolgen würden. 515 Aus der Folgezeit stammen dann mehrere Berichte mit Hinweisen auf konkrete Einsätze des Heimatschutzes. Anfang Oktober wurde so zum Beispiel in Bratislava folgende Meldung erstattet: „Am 5. 10. 44 in der Zeit von 20.00 Uhr bis 4.00 Uhr wurde eine Judenaktion durchgeführt. An dieser Aktion hat sich nur der Heimatschutz beteiligt. Es wurden 12 Juden eingebracht.“ 516 Außer dieser Aktion beteiligte sich der Heimatschutz aus Bratislava noch an mindestens zwei größeren Razzien gegen Juden in der Hauptstadt; die erste fand in der Nacht zum 29. September statt, die andere zwischen dem 24. und 26. November 1944. 517 In den überwiegenden Fällen wurde die Zusammenarbeit seitens der Einsatzgruppe H durchweg gelobt. Nur ab und zu würde man eine größere Aktivität von den Angehörigen des Heimatschutzes „im Kampf um die Bereinigung der bandenverseuchten Gebiete“ begrüßen, wie das Einsatzkommando 13 Anfang Oktober betonte. Nach den Erkenntnissen des Kommandos beschränke sich die Tätigkeit der Volksdeutschen im Allgemeinen fast ausschließlich auf 514 Chef der EG H, Lagebericht 12, Pressburg 18. 9.1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 135. 515 EK 13 (Jaskulsky) an EG H, Trentschin 22. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 335, Bl. 9. 516 EG H (IV), Judenaktion am 5. 10. 1944, Pressburg 6.10.1944. BArch R 70/Slowakei, 197, Bl. 12. 517 Zur Großrazzia gegen Juden in Bratislava in der Nacht zum 29. September 1944, während der ungefähr 1600 Juden festgenommen wurden, siehe Kap. 2.3.2. Zur Großrazzia am 24. bis 26. November 1944 vgl. EG H (III A-C, Witiska) an RSHA (III B und III C), Lage in der Slowakei, 28. 11.1944. BArch R 70/Slowakei, 314, Bl. 146–158.

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Zubringerdienste für deutsche Stellen. 518 Einen ausführlichen Rapport darüber erstattete am 19. Oktober das Einsatzkommando 13 aus Trenčín. Hierin wurde berichtet, dass sich die Tätigkeit der 119 Mann starken Heimatschutzmannschaft hauptsächlich auf die Durchführung von Streifendiensten erstrecke. Seit Ende September stelle der Standort Trenčín täglich sechs Mann zum Streifendienst, der in Verbindung mit den Männern der deutschen Feldgendarmerie, der slowakischen Gendarmerie und der Hlinkagarde durchgeführt werde. Ein Mann finde zudem beim Einsatzkommando 13 als Dolmetscher Verwendung, zwei bei der Feldgendarmerie. Ferner erhalte in diesen Tagen der Heimatschutz unter der Leitung des Einsatzkommandos 13 Schießunterricht auf dem Militärschießplatz. 519 Auch das Sonderkommando 7a meldete seinem Chef nach Bratislava, dass in seinem Zuständigkeitsbereich der Deutsche Heimatschutz aufgestellt worden sei und dass er sich unter anderem aktiv im Bandeneinsatz betätige. Die Haltung seiner Angehörigen sei einwandfrei und ihre Mitarbeit gebe nach den Worten des Kommandoführers zu keiner Klage Anlass. 520 Aktiv war der Heimatschutz ebenfalls im Zuständigkeitsbereich des Einsatzkommandos 14. Besonders brutal ging dabei vor allem die Einheit von Ján Ceidler aus dem Bataillon Hauerland I, die im Raume von Nemecké Pravno und Gajdel eingesetzt wurde, bei den Aktionen gegen Aufständische und Partisanen vor. 521 Heimatschutzangehörige verrichteten ihren Dienst aber auch in der „Judensammelstelle“ in Bratislava und im September 1944 im Konzentrationslager Sered, wo sie sich an beiden Orten an brutalen Misshandlungen der Häftlinge beteiligten und in einigen Fällen Morde begingen. 522 Es steht fest, dass sich aus den Reihen des Heimatschutzes häufig willige Helfershelfer der Einsatzgruppe H rekrutierten. Dennoch wäre eine pauschale Verurteilung aller seiner Angehörigen sicherlich fehl am Platz. Unter ihnen soll es auch solche gegeben haben, die sich bereit erklärten, Verfolgten oder anderen Menschen in Not zu helfen. 523

518 EK 13 (Jaskulsky) an Witiska, Betr.: Allgemeine Stimmung und Lage, Trentschin 6. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 195, Bl. 4–9. 519 EK 13 an Witiska, Betr.: Stärkemeldung und Tätigkeitsbericht des Heimatschutzes in Trentschin, Trentschin 19. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 335, Bl. 28. 520 SK 7a (Bast) an EG H (III), Betr.: Stimmungs- und Lagebericht, 11. 12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 189, Bl. 12. 521 Schvarc 2004, S. 324 f. Vgl. auch Tsch. Regierungskommission, Denkschrift in der Strafsache gegen Angehörige des EK 14, Prag 10. 6. 1977. BArch B 162/18550, Bl. 54–119, hier Bl. 98. 522 Zur „Judensammelstelle“ siehe Kap. 2.3.2., zum Konzentrationslager Sered siehe Kap. 2.3.3. 523 Schvarc 2004, S. 324 f.

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2.7.3. Verbrechen an Volksdeutschen Der ursprüngliche Anlass zur Aufstellung eines deutschen Heimatschutzes in der Slowakei war der Schutz der deutschen Siedlungsgebiete vor den Angriffen der Partisanen. In der Folgezeit zeigte sich, dass die deutsche Minderheit tatsächlich zur Zielscheibe zahlreicher Gewalttaten wurde. Die Zahl der auf slowakischem Gebiet umgebrachten Volksdeutschen lässt sich bis heute nicht genau ermitteln. Es wird angenommen, dass Partisanen und Aufständische bei ihren Aktionen gegen die Zivilbevölkerung rund 1000 Menschen ermordeten, von denen zweifellos die überwiegende Mehrheit deutscher Nationalität war. 524 Laut den Feststellungen des Volksgruppenführers Karmasin von Mitte Dezember 1944 sollen sogar bis zu 1200 Volksdeutsche ermordet worden sein. 525 Für die Tätigkeit der Einsatzgruppe H sind in diesem Zusammenhang besonders zwei Aspekte von Bedeutung. Erstens waren es häufig die Angehörigen der Einsatzgruppe, die die Verbrechen zu untersuchen hatten, und zweitens wurden sie meistens auch mit der unmittelbaren Durchführung von Vergeltungsmaßnahmen beauftragt. Ein ehemaliger Angehöriger des Sonderkommandos 7a erinnerte sich wie folgt an seinen Einsatz in Ružomberok: „Ich gehörte zu einem Spezialtrupp, der eine Stärke von 10–20 Mann gehabt hat. Wir hatten die Aufgabe festzustellen, wo sich Massengräber von Volksdeutschen, die von den Aufständischen ermordet worden waren, befanden. Die Toten wurden dann von uns ausgegraben und ggfs. die Identität ermittelt.“ 526 Über Vergeltungsmaßnahmen berichtete der Chef der Einsatzgruppe H zum Beispiel in einem Lagebericht Ende September 1944. In diesem wurde vermerkt, dass am 29. September gegen zwei Uhr nachts der Ortsleiter der Deutschen Partei in Myjava von Partisanen aus seiner Wohnung geholt und in der Nähe seines Hauses durch zwei Kopfschüsse getötet worden sei. Witiska kündigte an, dass das Sonderkommando 7a unverzüglich Gegenaktionen einleite. 527 Die meisten Verbrechen an den Volksdeutschen wurden kurz nach dem Ausbruch des Aufstands in der Mittelslowakei, in der Region des Hauerlandes begangen. Auf diesem Gebiet übten Aufständische und Partisanen mehr als einen Monat lang die Kontrolle aus und gingen meist gezielt gegen die deutsche Zivilbevölkerung vor. In einem Befehl aus dem illegalen Militärzentrum vom 524 Karcol, Marián: Slovensko v rokoch 1938–1945 [Die Slowakei in den Jahren 1938– 1945]. URL: http://www.muzeumsnp.sk/index.php?a0=historia&a1=vojnove_obd [zuletzt geprüft am 12. 1. 2012]. Michal Schvarc beziffert die Zahl der Opfer auf ungefähr 900 Volksdeutsche. Hierin seien jedoch die Opfer aus der Zips bzw. aus den Internierungslagern nicht mit eingeschlossen. Schvarc 2012. 525 BdS Krakau an RSHA, EG H und z.b.V.-Kdo. 27, Betr.: Slowakei, Krakau 14. 12. 1944. Prečan 1971, S. 466 (Dokument 229). 526 Vernehmung Ernst Wannert, 1. 3. 1973. BArch B 162/9323, Bl. 213. 527 Chef der EG H, Lagebericht 24, Pressburg 30. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 281 f.

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Tätigkeit der Einsatzgruppe H

28. August 1944 hieß es, dass nach der Ausrufung des Aufstands alle einheimischen Deutschen mitsamt ihren Familien sofort in Kasernen interniert bzw. bei Widerstand liquidiert werden sollten. 528 An mehreren Orten der Mittelslowakei kam es im Spätsommer 1944 zur Ermordung von Volksdeutschen, teils weil sie sich für die Interessen des Reiches engagiert hatten, teils aber auch nur auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur deutschen Minderheit. Die größte Massenerschießung fand am 21. September in der Nähe der Gemeinde Sklené im Hauerland statt. In der Nacht zum 17. September wurde das Dorf, in dem sich fast 90 Prozent der Bevölkerung zur deutschen Nationalität bekannten, von rund 250 Partisanen der Einheit „Lenin“ besetzt. 529 In der Nacht zum 21. September führten diese Hausdurchsuchungen durch und ließen nachher ungefähr 300 Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren in der örtlichen Bürgerschule antreten. Von dort aus wurden die meisten – unter dem Vorwand, Schanzarbeiten zu leisten – zum Bahnhof gebracht, wo sie in einen Zug einsteigen mussten. Nach einer Fahrt von etwa zwei Kilometern hielt der Zug an. Die Gefangenen mussten aussteigen und wurden von den Partisanen erschossen. Insgesamt wurden auf diese Weise 187 Männer ermordet, weitere 62 in das Internierungslager in Slovenská L’upča gebracht. Am 1. Oktober erstattete das Einsatzkommando 14 einen ausführlichen Bericht an den Chef der Einsatzgruppe H über die Ermordung von Volksdeutschen in Sklené: „Am 29. 9. 1944 wurde durch den in Glaserhau auf Urlaub befindlichen SS-Mann Guido Bielesch der Dienststelle bekannt, dass in Glaserhau fast die ganze männliche Bevölkerung im Alter von 14 bis 60 Jahren von den Banditen erschossen worden sei. […] In der Nacht zum 21. 9. wurden Zivilbanditen eingesetzt, die von Haus zu Haus gingen und sämtliche Männer im Alter von 14 bis 60 Jahren festnahmen. In den Vormittagsstunden des 21. 9. liess man durch den Amtsdiener austrommeln, dass sich alle Personen zwischen 14 und 60 Jahren an der Bürgerschule zur Arbeitsleistung zu stellen hätten. In zwei Trupps wurden die Männer nach der Bahnstation Glaserhau gebracht und dort in 7 Güterwaggons verfrachtet. Wie beobachtet wurde, setzte sich der Zug gegen 11,00 Uhr vormittags in Richtung Bad Stuben in Bewegung. Beobachtet wurde weiter, dass der Zug ausserhalb des Bahngeländes an der Abzweigung eines toten Gleises zum Stehen kam. Gegen 13,45 Uhr hörte der Notar Peter Tenzer aus Glaserhau, der ebenfalls Volksdeutscher ist, MG-Salven in der Nähe des abgestellten Zuges. Es war der Einwohnerschaft klar, dass man die festgenommenen erschossen hatte. Nach dieser Aktion zogen die Banditen aus Glaserhau ab. […] Nach Schilderungen des Notars und Bürgermeisters sind 528 Nařízení pplk. J. Goliana [Befehl des Oberstlt. J. Golian], 28. 8. 1944. Prečan 1965, S. 344 (Dokument 166). 529 Schvarc 2007, S. 4. Hiernach auch die weitere Schilderung der Ermordung von Volksdeutschen in Sklené.

Volksdeutsche

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etwa 300 Männer im Alter von 14 bis 60 Jahren niedergeschossen worden.“ 530 Die Angehörigen des Einsatzkommandos 14 wurden auch mit der Exhumierung der Leichen beauftragt. Hiernach sowie nach weiteren Ermittlungen wurde die Opferzahl seitens des Einsatzkommandos 14 auf ungefähr 180 Ermordete korrigiert. Die Identifizierung der Opfer war in den meisten Fällen nicht möglich, da die Partisanen den Gefangengenommenen persönliche Sachen weggenommen und zudem nach den Erschießungen Handgranaten in die Gräber geworfen hatten. Weitere Erschießungen von Volksdeutschen fanden in Handlová statt. Nach der Besetzung der Stadt durch deutsche Truppen entdeckte das Einsatzkommando 14 vor Ort vier Massengräber, wie sein Führer am 23. September 1944 nach Bratislava meldete. 531 Im Lagebericht der Einsatzgruppe H vom 25. September wurde über diesen Vorfall berichtet. So meldete man, die Opfer „waren grauenhaft zugerichtet. Man hatte ihnen mit scharfkantigen Instrumenten die Glieder zerschlagen, hauptsächlich Hände und Unterarme, die Köpfe hatte man durch Beschuss mit Sprengmunition fast vollständig bis zur Unkenntlichkeit zerschmettert.“ Ferner habe man entdeckt, dass in den Kellern des Bergarbeiterhauses, die als Zellen gedient hatten, die Wände und der Fußboden vollständig mit Blut bespritzt seien, woraus man folgerte, dass die Opfer gerade dort geprügelt worden seien. Bis zum 23. abends seien 30 Leichen aufgefunden worden; da jedoch 130 Deutsche vermisst würden, müsse man mit weiteren Getöteten rechnen. Über 1000 Einwohner von Handlová hätten sich darüber hinaus dadurch gerettet, dass sie sich in den Kohlenschächten versteckt hätten. Das Einsatzkommando 14 habe zahlreiche Aufnahmen der Ortschaft sowie der Leichen angefertigt. 532 Die von den Partisanen und Aufständischen durchgeführte gezielte Ermordung von Volksdeutschen, zu der es im September 1944 außer in Sklené und Handlová noch an anderen Orten im Hauerland kam, 533 wurde häufig seitens der deutschen Stellen propagandistisch ausgenutzt. Man muss annehmen, dass auch die Angehörigen der Einsatzgruppe H von diesen Ereignissen beeinflusst wurden, insbesondere dann, wenn sie direkt an den Ermittlungen der Morde oder bei der Exhumierung der Leichen beteiligt waren. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich bei diesen Ermordungen in den meisten Fällen um willkürliche Verbrechen seitens der Partisanen und Aufständischen handelte. 530 EK 14 (Heuser) an EG H, Betr.: Ermordung des Hauptteils der männlichen Bevölkerung von Glaserhau-Sklene, 1. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 289, Bl. 65–68. 531 EK 14 (Heuser) an EG H, 23. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 87, Bl. 1. 532 Chef der EG H, Lagebericht 19, Pressburg 25. 9. 1944. BArch R 70/Slowakei, 194, Bl. 215. 533 Ermordete Volksdeutsche wurden in mehreren Städten und Gemeinden des Hauerlandes verzeichnet, so zum Beispiel in Nemecké Pravno (43 Opfer), bei Banská Štiavnica (71) oder in Ružomberok (70). Schvarc 2012.

3. Personal der Einsatzgruppe H Die Anzahl der Angehörigen der Einsatzgruppe H lässt sich nicht genau ermitteln. Nach den im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Recherchen wird davon ausgegangen, dass die Einheit mindestens 700 Personen umfasste.1 In diese Zahl werden die Mitglieder anderer Formationen, die der Einsatzgruppe unterstellt wurden, sowie weitere Helfershelfer nicht eingerechnet. Vielmehr handelt es sich hierbei um das faktische Personal, das entweder im Stab der Einsatzgruppe oder bei einem der sechs Kommandos geführt wurde. 2 Wer aber waren die Angehörigen der Einsatzgruppe H? Was waren ihre Lebenswege und mit welchen Erfahrungen kamen sie im Spätsommer 1944 in die Slowakei? Wer gehörte zum Führungspersonal? Diesen und ähnlichen Fragen wird im folgenden Teil der vorliegenden Arbeit nachgegangen. Im ersten Kapitel wird ein kurzer Gesamtüberblick über die Täter der NS-Zeit geboten. Bestimmte Tätertypen, mögliche Motive sowie verschiedene Interpretationsmuster, die sich im Laufe der Zeit in der historischen Forschung entwickelten, werden hier dargelegt. Im nächsten Kapitel wird das Führungspersonal der Einsatzgruppe H vorgestellt. Die Lebenswege des Chefs der Einsatzgruppe und der 13 Kommandoführer aus der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit werden geschildert und typische gemeinsame Merkmale hervorgehoben. Im dritten Kapitel wird das Profil der SS-Führer präsentiert, das nach bestimmten Parametern anhand der Daten von 100 Angehörigen der Einsatzgruppe mit dem Dienstgrad des Untersturmführers aufwärts erstellt wurde. Das letzte Kapitel bietet dann eine vergleichbare Analyse für die niedrigeren Dienstränge, wobei jedoch in diesem Fall das Sample auf Grund unzulänglicher Angaben

1 In einer von der Verfasserin anhand der ihr zur Verfügung stehenden Dokumente erstellten Liste konnten 665 Männer und 54 Frauen dem Namen nach als Angehörige der EG H erfasst werden. Der Großteil von diesen lässt sich allerdings nicht identifizieren, da nähere persönliche Angaben wie Vorname oder Geburtsdatum fehlen. 2 In der Sekundärliteratur wird häufig die Zahl von 500 bis 800 Angehörigen genannt (vgl. Korček 1999, S. 135; Škorvánek 1988, S. 65 f. und Schvarc 2010) oder es wird von 2500 Angehörigen gesprochen, wobei hierbei entweder auch die Männer aus Einheiten, die der EG H unterstellt waren, mitgerechnet werden (Mallmann 2000, S. 312) oder auf fünf Kommandos zu je 500 Mann verwiesen wird (Prečan 1968, S. 380; Stanislav 1992, S. 196 und Tönsmeyer 1998, S. 173). Die letzte Berechnung anhand der fünf Kommandos bezieht sich auf ein Telegramm von Ludin an das AA vom 17. 11. 1944, in dem er von der „Anwesenheit von 5, je etwa 500 Mann umfassende Einsatz-Kommandos der Sicherheitspolizei und des SD“ berichtet (PA AA, R 27813, Handakten Ritter, Slowakei).

Täter der NS-Zeit

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lediglich aus 50 Mann bestand, und somit vielmehr als Trend zu interpretieren ist. Außer der statistischen Untersuchung werden in diesem Kapitel zum Schluss noch vier Unterführer vorgestellt, die sich direkt an der Judenvernichtung in Osteuropa beteiligten.

3.1. Täter der NS-Zeit Täter der NS-Zeit sind keineswegs als eine homogene Gruppe von Menschen mit bestimmten gemeinsamen Eigenschaften zu betrachten. Die Heterogenität dieser Gruppe ist so groß und evident, dass eine strikte Klassifizierung auf den ersten Blick wenig Sinn zu machen scheint. Dennoch versucht man, die Täter nach ihrem Verhalten und ihren Motiven zu typologisieren und auf dieser Grundlage konkrete Tätertypen herauszubilden – mit dem Hinweis, dass eine solche Klassifizierung bzw. die Einteilung einzelner Menschen unter eine bestimmte Kategorie nie hundertprozentig und definitiv sein kann. Im Folgenden werden kurz verschiedene Tätertypen präsentiert, so wie sie etwa Mallmann und Paul herausgearbeitet haben. 3 In ihrer Aufstellung gibt es den kriminellen Exzesstäter, der keine Befehle brauchte, der seine Taten vorrangig aus niederen sexuellen und materiellen Motiven heraus beging, und den Weltanschauungstäter, der genau wusste, was er tat und dies auch wollte, denn für ihn stand im Zentrum seines Tuns das „nationalsozialistische Projekt der rassischen Neuordnung Europas“, wofür er bereit war, bürgerliche Karriere und erlernten Beruf zu opfern. 4 Ähnlich waren sich auch der willige politische Konformist, der nach 1933 die gute Gelegenheit ergriffen habe, Karriere zu machen, und der utilitaristisch motivierte Täter, der zum Beispiel Juden als „überflüssige Esser“ im Kampf um die knapper werdenden Ressourcen betrachtet habe, ihres Handelns voll bewusst, da sie mit konkreten Mitteln konkrete Ziele zu erreichen suchten. Auch bei reinen Schreibtischtätern kann man nicht sagen, dass sie durchaus frei von antisemitischen und rassistischen Ressentiments gewesen seien und nur auf Befehl gehandelt hätten. Es steht fest, dass sie mit ihrem Handeln den Prozess der Vernichtung mit Engagement und eigenen Vorschlägen selbst vorantrieben. Anders war es bei den traditionellen Befehlstätern, die unter besonderen situativen Druckbedingungen einer Befehlssituation agierten. Selbstverständlich gab es, wie bereits angedeutet, auch verschiedene Mischungen der einzelnen Kategorien, wie zum Beispiel die eines Schreibtisch- und eines Direkttäters. Die Angehörigen der Einsatzgruppen mit höheren Dienstgraden sind für eine solche Mischung ein durchaus treffendes Beispiel. Eine andere Methode der Klassifizierung zieht die Art der begangenen Taten in Betracht. So unterscheidet Jäger zwischen drei Erscheinungsformen totalitä3 4

Paul 2004, S. 17 f. und Paul 2002b, S. 61 f. Paul 2004, S. 17 f.

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Personal der Einsatzgruppe H

rer Kriminalität: Exzesstaten, Initiativtaten und Befehlstaten. 5 Bei den ersten handelt es sich um Verbrechen, die aus eigenem Antrieb, ohne jeden Befehl begangen wurden. Bei den Initiativtaten spielt ebenfalls der persönliche Antrieb des Täters unter bestimmten Gesichtspunkten mit, da der einzelne Täter auf relativ selbständige Weise an den Verbrechen beteiligt ist. Die meisten Verbrechen lassen sich jedoch in aller Regel auf Befehle zurückführen. Von reinen Befehlstaten soll allerdings nur in solchen Fällen gesprochen werden, in denen „das individuelle Verhalten durch Befehle genau festgelegt war und dem Täter kein Raum für eigenes Ermessen blieb“, wenn also kein individueller Einfluss des Täters auf das Geschehen bestand. Solche Situationen gab es, wie sich in der Forschung im Laufe der Zeit immer stärker zeigte, in der NS-Zeit viel weniger, als von den NS-Tätern gern behauptet. Mit dem immer besseren Kenntnisstand zur NS-Zeit war man gezwungen, das allgemeine Bild der Täter abzuändern. Die zwei häufigsten Interpretationen – NS-Verbrecher als pathologische Mörder, sadistische Folterknechte, verkrachte Existenzen, Kriminelle und Versager (Eugen Kogon) bzw. als interessenlose Vollstrecker, Männer ohne Eigenschaften, unbeteiligte und emotionslose Schreibtischtäter (Hannah Arendt) – erwiesen sich als nicht mehr haltbar. Ein neues Interpretationsmuster der NS-Täter und der von ihnen verübten Verbrechen wurde zum Beispiel von Mallmann geboten: „Hinter dem ‚Führer‘-Willen wird die Eigeninitiative der Akteure sichtbar, Hierarchie wird durch Autonomie ergänzt, Befehl vielfach ersetzt durch Freiwilligkeit. An die Stelle umfassender Planung tritt die Improvisation vor Ort, die Durchsetzung von ‚oben‘ weicht der Selbstermächtigung ‚unten‘. Statt strikter Geheimhaltung wird breite Öffentlichkeit erkennbar. Statt Zwang und blindem Gehorsam kommen Einfallsvermögen und Hingabe zum Vorschein, statt des behaupteten Widerwillens Beutementalität, Leichenfledderei und Grausamkeit, statt Gleichgültigkeit Fanatismus und Gläubigkeit, statt Autoritätshörigkeit das Vorhandensein verwurzelter Ideologeme. Die Aneignung der Situation durch das Individuum tritt in den Vordergrund. Das ‚Du mußt‘ wird verdrängt durch das ‚Du darfst‘.“ 6 Die NS-Täter hatten verschiedene Motive für ihr Handeln. Goldhagen führt an: „Menschen müssen Motive haben, um andere Menschen zu töten, andernfalls würden sie dies nicht tun.“ 7 Dennoch ist es zumeist nicht einfach, die Beweggründe der Täter in jedem Einzelfall zu definieren. Fest steht, dass eine ganze Reihe von unterschiedlichen Faktoren mitspielte. Im Folgenden wird eine Zusammenfassung möglicher in Frage kommender Einflüsse und Motive der NS-Täter präsentiert, die sie zu Massenmördern werden ließen, so wie sie 5 Jäger, Herbert: Verbrechen unter totalitärer Herrschaft. Studien zur nationalsozialistischen Gewaltkriminalität, Frankfurt/Main 1982, S. 21 f., 44 u. 62. 6 Mallmann 2009b, S. 308. 7 Goldhagen 1996, S. 40.

Täter der NS-Zeit

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einzeln in den Studien insbesondere von Browning, Goldhagen, Paul, Benz und Welzer herausgearbeitet wurden. 8 Eine wichtige Rolle als Voraussetzung für das spätere Handeln haben sicherlich die ideologische Indoktrination und politische Schulung, denen man in Deutschland seit 1933 ausgesetzt war, gespielt. Es ist anzunehmen, dass die meisten Täter von der Richtigkeit ihres Vorgehens und Tuns überzeugt waren und sich so zum Beispiel gänzlich mit der Sicht identifizieren konnten, eine Lösung des „Judenproblems“ sei sinnvoll und wünschenswert. 9 Andere genauso wichtige Faktoren waren Karrierismus, ein Klima der Gewalt in der Kriegszeit, die räumliche sowie psychologische Abgrenzung von zuhause beim Einsatz im entfernten Osten, arbeitsteiliges Vorgehen, bei dem man glaubte, sich für den ganzen Prozess nicht verantwortlich fühlen zu müssen und der Gruppendruck mit dem Gedanken, die Kameraden nicht im Stich lassen zu können. Viel wurde und wird über den Befehlsnotstand diskutiert und in diesem Zusammenhang auch über die Autoritätsgläubigkeit und den blinden Gehorsam. Der Befehlsnotstand stand im Vordergrund fast jeder Verteidigungsstrategie der NSTäter vor Gericht, auch wenn schon in den 1960er Jahren bewiesen werden konnte, dass es ihn tatsächlich nicht gegeben hat. Es ist kein Fall belegt, in dem die verweigerte Durchführung eines verbrecherischen Befehls für den Empfänger eine Gefahr für Leib und Leben bedeutet hätte; eher drohte ihm eine Versetzung in die Heimat, zu einer Kampfeinheit der Waffen-SS oder der Aufschub einer Beförderung. 10 Dennoch war die Tatsache, dass man auf Grund eines Befehls handelte, für die meisten Befehlsempfänger von großer Bedeutung, weil man dadurch glaubte, die Verbrechen als legitimiert ansehen zu können. Dazu kamen die Eliminierung eines Mitgefühls für die Opfer, durch die Entmenschlichung derselben die psychische Distanzierung von ihnen und der auch gerade daraus resultierende Zerfall aller moralischen und menschlichen Werte. Ein weiterer wichtiger Punkt war die im Laufe der Zeit immer größer werdende Routine des Vorgehens. Man gewann nach und nach an Erfahrung im Morden und gewöhnte sich sozusagen daran. Dies führte bei den Tätern zwangsläufig zu einer allgemeinen innerlichen Verrohung und Abstumpfung. Man könnte denken, dass in den letzten Kriegstagen bei ihnen gewisse Hemmungen aufgetreten wären, doch genau das Gegenteil geschah. Für die Verbrechen bei Kriegsende – und diese sind hinsichtlich der Einsatzgruppe H von 8 Browning 2009, Goldhagen 1996, Benz 1998, Welzer 2006 und Paul, Gerhard: „Diese Erschießungen haben mich innerlich gar nicht mehr berührt.“ Die Kriegsendphasenverbrechen der Gestapo 1944/45, in: Paul, Gerhard/Mallmann, Klaus-Michael (Hrsg.): Die Gestapo im Zweiten Weltkrieg. „Heimatfront“ und besetztes Europa, Darmstadt 2000, S. 543–568. 9 Welzer 2006, S. 262. 10 Rückerl 1984, S. 282 f.

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Personal der Einsatzgruppe H

besonderer Bedeutung – gibt es eine ganze Reihe von spezifischen Faktoren und Motiven. Nach Paul waren für die letzten Kriegsmonate „entzivilisierende Strukturen der Chaosgesellschaft“ mit ihren „entbürokratisierten und dezentralisierten Entscheidungsspielräumen“ bestimmend. 11 Zudem gab es das Bemühen und den Wunsch nach der Beseitigung von Zeugen für die begangenen Verbrechen, Rachemotive für die Deutschland zugefügten materiellen Schäden und ideellen Verletzungen, das Bestreben, einen neuen November 1918 verhindern zu wollen sowie Panikgefühle angesichts der bevorstehenden Niederlage und der Perspektivlosigkeit der schwer belasteten Täter. Darüber hinaus muss man sich vergegenwärtigen, dass ein Ausstieg aus dem Geschehen mit der Zeit immer schwieriger wurde: „Menschen stellen höchst ungern in Frage, wofür sie sich einmal entschieden haben, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand für die Teilnahme an einer zweiten Exekution entscheidet, größer ist als beim ersten Mal, selbst wenn die Erfahrung, die er dabei gemacht hat, im höchsten Maße ekelhaft und widerwärtig gewesen ist.“ 12 Aufhören würde für die Täter bedeuten, sich eingestehen zu müssen, einen „Fehler gemacht zu haben, indem sie zunächst eingewilligt haben.“ 13 Nach dem Krieg gab es für die NS-Täter verschiedene Wege, sich der strafrechtlichen Ahndung zu entziehen. Der radikalste Weg war der Selbstmord. Diesem Beispiel von Hitler, Himmler, Goebbels und Göring folgte in der unmittelbaren Nachkriegszeit auch eine Reihe ihrer Anhänger, wobei die Gründe in den einzelnen Fällen nicht immer eindeutig festzustellen sind: „Die Motive der Selbstmorde bleiben weitgehend im Dunklen; dennoch scheinen nicht Schuldgefühle über die verübten Mordtaten oder Trauer um die Opfer, sondern Verzweiflung und Bestürzung über den Zusammenbruch des Reiches und Angst vor Bestrafung den Ausschlag gegeben zu haben.“ 14 In den späteren Jahren entschloss man sich zu diesem Schritt zumeist erst dann, wenn die Justiz Ermittlungen einzuleiten begonnen hatte. Ein anderer Weg führte ins Ausland. Unzählige NS-Täter suchten und fanden Aufnahme vor allem in Ländern Südamerikas oder des Nahen Ostens. Fluchthilfe wurde hierbei von vielen Seiten geleistet, etwa durch die eigene Familie, „alte Kameraden“ oder auch zum Beispiel durch kirchliche Kreise. Eine dritte Möglichkeit stellte der Untergrund dar, indem man sich zuerst einen Unterschlupf sicherte und dann abwartete, 11

Paul 2000, S. 565. Hier auch die weiteren aufgeführten Faktoren. Welzer 2006, S. 87. 13 Basic, Natalije/Welzer, Harald: Die Bereitschaft zum Töten. Überlegungen zum Zusammenspiel von Sinn, Mord und Moral, in: Zeitschrift für Genozidforschung 1/2 (2000), S. 78–100, hier S. 88 f. 14 Kwiet, Konrad: Von Tätern zu Befehlsempfängern. Legendenbildung und Strafverfolgung nach 1945, in: Matthäus, Jürgen u. a. (Hrsg.): Ausbildungsziel Judenmord? „Weltanschauliche Erziehung“ von SS, Polizei und Waffen-SS im Rahmen der „Endlösung“, Frankfurt/Main 2003, S. 114–138, hier S. 116–118. 12

Biographien des Führungspersonals

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was kommen würde: „Wer Angst vor dem Richterspruch hatte und wer sich der alliierten Fahndung, Verhaftung und Internierung entziehen konnte, tauchte unter. Ausgestattet mit falschen Papieren, die damals leicht zu haben waren, nahmen weit über 100 000 Nationalsozialisten in der Illegalität neue Namen an. Solidarische Familien- und Bekanntenkreise, alte Seilschaften sowie verlässliche ‚Schweigekartelle‘ sicherten Identitätswechsel und illegale Existenz ab. Amnestien und Strafverfolgungsverjährungen – von Politikern und Parlamenten verkündet – erlaubten vielen NS-Täter wieder aufzutauchen und ein geordnetes Leben zu führen.“ 15 Der überwiegende Teil der NS-Täter wurde nie vor Gericht gestellt und für die begangenen Taten justitiell bestraft. In den allermeisten Fällen blieb darüber hinaus auch eine ‚moralische Bestrafung‘ aus und zwar auf der gesellschaftlichen als auch auf der individuellen Ebene. Seelische Belastungen der Täter – im Krieg und danach – gelten eher als Randerscheinung. Jäger nennt in seiner Studie ein paar Beispiele, wo der Konflikt zwischen Befehl und Gewissen offensichtlich schwere körperliche und psychische Folgen der Männer im Einsatz verursachte: „Aus Aussagen wissen wir, daß Exekutionsteilnehmer Weinkrämpfe bekamen und gesundheitlich zusammenbrachen. Über einen Einsatzkommando-Angehörigen wurde bekannt, daß er nach einer Massenerschießung nachts plötzlich in einer Art geistiger Umnachtung aufsprang, wild um sich schoß und mehrere seiner Kameraden tötete und verwundete. Es kam zu Nervenzusammenbrüchen, seelischen Erkrankungen, Alkoholismus und Selbstmorden. Von einem jungen Führer wissen wir, daß er in der Unterkunft einen Schreikrampf bekam und nach seiner Mutter rief, nachdem er erstmals an einer Exekution teilgenommen und Kinder getötet hatte.“ 16 Ähnliche Beispiele aus der Nachkriegszeit, die mehr als eine bloße Verteidigungsstrategie der NS-Täter vor Gericht wären, sind sehr schwer zu finden. Nach Kwiet hätten die Täter für ihre schnelle Rehabilitierung keine medizinische oder psychiatrische Betreuung gebraucht: „Sie zeichneten sich durch die Fähigkeit aus, nach der Verübung der Mordtaten wieder in die Routine des Alltags zurückzukehren und ein ‚normales‘ Leben zu führen. Anders formuliert: Die Judenmörder blieben, von Ausnahmen abgesehen, von den traumatischen Erfahrungen und entsprechenden Symptomen verschont, die die überlebenden Juden quälten.“ 17

3.2. Biographien des Führungspersonals Als Führungspersonal der Einsatzgruppe H werden in der vorliegenden Studie ihr Chef Josef Witiska und die 13 Kommandoführer bezeichnet. Dies waren: Otto Koslowski, Hans Jaskulsky, Lothar Heimbach und Karl Schmitz als auf15 16 17

Ebd. Jäger 1982, S. 72. Kwiet 2003, S. 128.

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Personal der Einsatzgruppe H

einander folgende Führer des Einsatzkommandos 13, Georg Heuser als alleiniger Führer des Einsatzkommandos 14 sowie Gerhard Bast als der des Sonderkommandos 7a und Werner Hersmann als der des z.b.V.-Kommandos 15, Walter Liska, Ludwig Teichmann und Karl Hermann Rabe als Führer des z.b.V.Kommandos 27 sowie Franz Hoth, Robert Lehmann und Helmut Glaser als Führer des z.b.V.-Kommandos 29. Bevor sie einzeln in alphabethischer Reihenfolge vorgestellt werden, sollen hier ein paar zusammenfassende Erkenntnisse über sie formuliert werden. Das Durchschnittsalter dieser Männer bei ihrem Einsatz in der Slowakei lag bei 37 Jahren. Der älteste unter ihnen war Witiska (50), der jüngste Schmitz (31). Die meisten wurden zwischen 1901 und 1912 geboren und gehörten somit einer Generation an, die den Ersten Weltkrieg nicht aktiv miterlebt hatte, beim Machtantritt Hitlers aber bereits volljährig war. Heuser und Liska stammten aus Berlin, Hoth aus Stettin, die anderen eher aus kleineren Städten und Dörfern. Bast, Glaser, Lehmann und Witiska wurden in Österreich-Ungarn geboren, die anderen im Deutschen Reich, darunter Hoth in Pommern, Jaskulsky in Posen und Koslowski in Westpreußen. Acht von den 14 Männern des Führungspersonals legten das Abitur ab und studierten anschließend an einer Universität. Fünf von ihnen erwarben einen Doktortitel – Bast, Jaskulsky und Witiska wurden zum Dr. jur. promoviert, Glaser zum Dr. phil. und Lehmann zum Dr. rer. nat. 18 Allein Jaskulsky war Mitglied der Hitlerjugend, der SA gehörten neben ihm noch Hersmann, Hoth, Rabe und Teichmann an. Der NSDAP sind alle außer Heuser (seinen Angaben zufolge) beigetreten, davon sechs vor der Machtübernahme 1933. Als erster trat Teichmann in die Partei ein (1929), als letzter Lehmann (1940). Teichmann war ebenfalls der erste, der der SS beitrat (1929); alle anderen folgten in den nächsten Jahren, als letzter wurde Witiska 1942 offiziell aufgenommen. Bis zum Kriegsausbruch machten alle Erfahrung mit dem Dienst in der Polizei bzw. im SD; einige von ihnen (Heimbach, Koslowski, Liska und Witiska) waren bereits seit den 1920er Jahren für die Polizei tätig. Während des Krieges wurden die meisten mit leitenden Funktionen beauftragt, zunächst in den SD(Leit)abschnitten und Staatspolizei(leit)stellen, später bei den im Osten eingesetzten Einsatzgruppen sowie den BdS- und KdS-Dienststellen. So bekleidete zum Beispiel Witiska das Amt des KdS Lemberg, Bast, Hersmann und Rabe führten Kommandos der Einsatzgruppe B bzw. D, Heimbach und Liska waren Leiter der Gestapo-Abteilungen beim KdS Bialystok bzw. beim KdS Lublin. In Ausübung solcher Funktionen waren sie unmittelbar an den dort begangenen Massenmorden beteiligt. Hierfür und für ihre weiteren Tätigkeiten wurden 18 Zum Vergleich: bei den Führern der Einsatzgruppen in der Sowjetunion bzw. ihrer einzelnen Kommandos waren von den insgesamt 84 Männern 22 promoviert. Earl 2009, S. 97–100.

Biographien des Führungspersonals

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ihnen Auszeichnungen verliehen und Beförderungen ausgesprochen. Den höchsten Dienstrang im Führungspersonal der Einsatzgruppe H hatte Witiska (Standartenführer), ihm folgten Rabe und Teichmann als Obersturmbannführer, Bast, Glaser, Hersmann, Hoth, Jaskulsky, Liska und Schmitz als Sturmbannführer und Heimbach, Heuser, Koslowski und Lehmann mit dem Rang eines Hauptsturmführers. Nicht unerwähnt soll auch bleiben, dass alle außer Heuser Familienväter waren. Nach dem Krieg wurden in den Jahren 1946 bis 1949 fünf Männer der hier untersuchten Gruppe wegen der in der Kriegszeit begangenen Verbrechen hingerichtet: Glaser in Ljubljana, Hoth in Metz, Koslowski in Brünn, Liska in Lublin und Teichmann in Belgrad. Witiska beging 1946 Selbstmord, Bast wurde 1947 ermordet und Schmitz 1954 für tot erklärt. Die übrigen sechs ehemaligen Kommandoführer gliederten sich wieder in die deutsche Gesellschaft ein; Hersmann, Jaskulsky und Rabe arbeiteten als kaufmännische Angestellte, Lehmann leitete eine chemische Fabrik, Heimbach fand Anstellung bei der Kriminalpolizei Köln, Heuser avancierte zum Kriminaloberrat und Leiter des Landeskriminalamtes in Rheinland-Pfalz. Wegen ihrer Tätigkeit in der UdSSR wurden in den 1950er und 1960er Jahren Heimbach, Hersmann und Heuser in der Bundesrepublik zu Freiheitsstrafen verurteilt. Jaskulsky und Rabe überstanden hingegen alle Ermittlungen straffrei. Gegen Lehmann wurde nach den vorliegenden Erkenntnissen kein Verfahren eingeleitet. Niemand vom Führungspersonal der Einsatzgruppe H wurde in Anwesenheit wegen seiner Tätigkeit in der Slowakei abgeurteilt. Gerhard Bast Gerhard Bast wurde am 12. Januar 1911 in Gottschee/Krain als Sohn eines Rechtsanwalts geboren. 19 Die Familie übersiedelte noch im gleichen Jahr nach Amstetten in Niederösterreich. Nach dem Abitur ging Bast 1929 nach Graz, wo er – wie zuvor sein Vater und Onkel – an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät immatrikuliert wurde. Im Dezember 1935 promovierte er zum Dr. jur. und sammelte seine ersten Erfahrungen am Bezirksgericht Amstetten, später Kreisgericht St. Pölten. Dort wurde er wegen des Verdachts auf NS-Betätigung von der Gerichtspraxis ausgeschlossen und trat deshalb in die Kanzlei seines Vaters in Amstetten ein. Seit Sommer 1936 führte er einen SS-Sturmbann und wurde im April 1937 wegen illegaler Betätigung als SS-Führer verhaftet. Die Strafe lautete auf zehn Monate Arrest, mit einem dreimonatigen Strafaufschub. Nach dem „Anschluss“ Österreichs wurde eine Generalamnestie für alle politischen Delikte verkündet, sodass Bast die Haftstrafe letztendlich nicht antreten musste. Im März 1938 wurde er in den SD aufgenommen und trat den Dienst bei der Gestapo Graz in der Abteilung II (Gegnererforschung 19

Zu Bast vgl. das Buch seines Sohnes Martin Pollack. Pollack 2004.

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und -bekämpfung) an, mit deren Leitung er Ende 1939 beauftragt wurde. 20 Im Februar 1940 erfolgte die Abordnung zum RSHA nach Berlin, ein halbes Jahr später zur Staatspolizeistelle Koblenz, wo er die kommissarische Leitung der Dienststelle übernahm. Mitte Juli 1941 versetzte man ihn in derselben Funktion zur Staatspolizeistelle Münster. Von dort aus wurde er im November 1942 zur Einsatzgruppe D als Führer des Sonderkommandos 11a in den Kaukasus abkommandiert und blieb dort ungefähr zwei Monate. Zurück in die Heimat versetzt, betraute man ihn mit der Leitung der Staatspolizeistelle Linz. Am 31. Mai 1944 wurde er durch das SS- und Polizeigericht Wien wegen fahrlässiger Tötung zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. 21 Die Vollstreckung der Strafe wurde ausgesetzt und Bast Gelegenheit zur Bewährung bei einem Einsatz im Osten gegeben: „Der RF-SS ist mit der Aussetzung der Strafe zum Zwecke der Bewährung einverstanden, hat aber angeordnet, daß Dr. Bast sofort von Linz versetzt wird und im Osten zum Einsatz zu bringen ist.“ 22 Bast wurde zur Einsatzgruppe B als Führer des Sonderkommandos 7a nach Weißrussland abkommandiert. Mit diesem Kommando kam er Ende September 1944 in die Slowakei und wurde der Einsatzgruppe H unterstellt. Er führte das Kommando bis zur Auflösung der Einheit Mitte April 1945 in Brünn. Nach dem Krieg wurde Bast als Kriegsverbrecher gesucht. Auf seiner Flucht fand er als angeblicher Knecht und Holzfäller bei einem Bauern in Südtirol Unterkunft und Beschäftigung und versuchte in den Besitz von gefälschten Ausweisen zu kommen: „Er stellte im März 1947 einen Antrag auf einen Reisepaß des Roten Kreuzes. Dafür fuhr Bast von seinem Versteck für einige Tage nach Rom und erhielt von der Päpstlichen Hilfsstelle in der Via Piave auch das begehrte Empfehlungsschreiben an das IKRK [Internationales Komitee vom Roten Kreuz – L. Š.]. Das Dokument, das er daraufhin bekam, vermittelte ihm eine völlig neue Identität: Er hieß nun Franz Geyer, war am 23. Januar 1911 in Krsko bei Laibach geboren, Kaufmann und staatenlos. Bast gab als Wohnort seine echte Adresse an. Offenbar fühlte er sich bei seinen Fluchthelfern sehr sicher, und er hatte wohl allen Grund dazu.“ 23 Dieser gefälschte Ausweis wurde später bei seiner Leiche gefunden. Bast wurde am 9. März 1947 in einem Bun20 Leiter der Abteilung III der Grazer Gestapo war zu dieser Zeit der spätere Chef der EG H Josef Witiska. 21 Bei einer Treibjagd in Spielberg im November 1943 hatte er beim Entladen seines Jagdgewehres unvorsichtig damit hantiert, sodass sich ein Schuss löste und einen zwölfjährigen Treiberjungen tödlich verletzte. 22 Chef der Sicherheitspolizei und des SD, SS-Personalhauptamt, 30. 6. 1944. BArch (ehem. BDC), SSO, Bast, Gerhard, 12.1.1911. 23 Steinacher, Gerald: Berufsangabe: Mechaniker. Die Flucht von Gestapo-Angehörigen nach Übersee, in: Mallmann, Klaus-Michael/Angrick, Andrej (Hrsg.): Die Gestapo nach 1945. Karrieren, Konflikte, Konstruktionen, Darmstadt 2009, S. 56–70, hier S. 62 f. Nach Steinacher kann der Fall von Bast als Muster katholischer Fluchthilfe gelten.

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ker am Brennerpass durch einen Schleuser, der ihn über die bewachte österreichisch-italienische Grenze bringen sollte, erschossen. 24 Bast wuchs in einem deutschnationalen Elternhaus auf. Zu Beginn seines Studiums trat er 1929 als 18-jähriger an der Universität Graz in die Burschenschaft Grazer Germania ein; im selben Jahr wurde er Angehöriger des Steyrischen Heimatschutzes. Seit Oktober 1931 NSDAP-Mitglied in Graz, trat er drei Monate später auch der SS bei. Hier wurde er 1938 zum Untersturmführer, 1939 zum Hauptsturmführer und zuletzt 1941 zum Sturmbannführer befördert. Im selben Jahr wurde er zum Regierungsrat ernannt. Die meisten Auszeichnungen bekam er während seines Einsatzes in der Slowakei: am 30. Oktober 1944 wurden ihm das Kriegsverdienstkreuz I. Klasse mit Schwertern und vom Präsidenten der Slowakischen Republik „für hervorragende Dienste“ das Heeres-Siegeskreuz III. Klasse mit Schwertern verliehen. Einen Monat später erhielt er noch die Verdienstauszeichnung für Angehörige der Ostvölker II. Klasse in Silber. 25 Bast kam in die Slowakei mit zahlreichen Erfahrungen, die er insbesondere während seines Einsatzes bei den Einsatzgruppen D und B sowie in seiner Stellung als Leiter bzw. stellvertretender Leiter verschiedener Staatspolizeistellen gesammelt hatte. Die Strafermittlungen, die man gegen ihn in der Bundesrepublik einleitete, wurden alle mit Hinweis auf seine Ermordung eingestellt. Helmut Glaser Helmut Glaser wurde am 29. Juli 1910 in Gmünd/Kärnten als Sohn eines Bürgerschuldirektors geboren. 26 Nach dem Besuch der Volks- und Realschule in Klagenfurt studierte er ab 1928 Germanistik und Romanistik an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien und wurde dort im Juli 1934 zum Dr. phil. promoviert. Nach zwei weiteren Semestern legte er die Mittelschul-Lehramtsprüfungen für die Hauptfächer Deutsch und Französisch ab und absolvierte anschließend ein Probejahr an der Bundesrealschule in Klagenfurt. Danach wurde er arbeitslos, was er in seinem 1938 verfassten Lebenslauf wie folgt begründete: „Obwohl meine Fähigkeit für den Lehrberuf mit ‚sehr gut‘ beurteilt worden war, wurde ich dennoch nicht in den Schuldienst übernommen, da ich auf Grund mehrerer Haussuchungen und meiner Tätigkeit an der Hochschule 24 In einem Spiegel-Artikel wird die Erschießung von Bast wie folgt beschrieben: „Der Schleuser zog kurz vor dem Brennerpass eine Pistole und gab drei Schüsse ab. Seine Beute waren 3000 Lire, 20 Schilling, eine Uhr und ein goldener Ring. Der Täter wurde vier Wochen später gefasst, angeklagt und 1949 wegen Mordes und Raubes zu 30 Jahren verurteilt.“ Broder, Henryk M.: Der schneidige Gerd, in: Der Spiegel 39 (2004), S. 174–176. 25 BArch (ehem. BDC), SSO, Bast, Gerhard, 12.1.1911. 26 Vernehmung Helmut Glaser (o. D.). ARS Ljubljana, SI AS 1931, Republiški sekretariat za notranje zadeve Socialistične republike Slovenije [Republiksekretariat für innere Angelegenheiten der Sozialistischen Republik Slowenien], t.e. 560, S. 5280–5366. Hier auch weitere Angaben zur Person von Glaser, falls nicht anders angegeben.

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als Nationalsozialist bekannt war. Außerdem hatte man gerade während meines Probejahres die Mitgliederliste der N.S.D.A.P. des 6. Wiener Bezirkes gefunden, wo ich unter dem Eintrittsdatum vom 8. Mai 1931 aufschien.“ 27 Der SS trat Glaser im Oktober 1936 bei und betätigte sich dort als Schulungsleiter mehrerer Scharen. Daneben arbeitete er in einem wissenschaftlichen Arbeitskreis mit, der sich mit der besonderen grenz- und volkspolitischen Lage Kärntens befasste und durch den er auch ein Stipendium der Forschungsgemeinschaft Berlin erhielt. 28 Nach dem „Anschluss“ Österreichs wurde er im März 1938 als Mittelschullehrer an der Handelsakademie und Lehrerbildungsanstalt in Klagenfurt eingestellt, bevor er im Juli desselben Jahres zum Dienst für den SD beurlaubt wurde. 29 Ende August 1939 wurde Glaser zum Einsatzkommando 4 der Einsatzgruppe I abgeordnet und nahm mit diesem am Vormarsch in Polen teil. Nach der Auflösung des Kommandos wurde er der KdS-Dienststelle Krakau zugeteilt und dort später mit der Leitung der Referate III A und C beauftragt. Im März 1941 erfolgte seine Rückversetzung nach Klagenfurt. Von Mai bis September 1941 leitete er die Abteilungen I und II im Umsiedlungsstab beim KdS Veldes, der die Aussiedlung von Slowenen aus der Oberkrain vorzubereiten hatte. Danach kehrte er zum SD Klagenfurt zurück, wo er als Leiter des Referats III C und gleichzeitig als stellvertretender Chef der Dienststelle fungierte. Zu seinem Arbeitsbereich gehörten laut seiner Aussage „alle Situationsberichte und Wünsche und Kritiken der Personenkreise um Wissenschaft, Erziehung (Notlage der Lehrer, schlechte Schulhäuser, Konflikte zwischen Hitlerjugend und Eltern bezw. Lehrern), alle Kunstfragen, Theater, Film, Musik, bildende Kunst, Aufnahme des Radioprogramms und der Presse in der Kritik der Bevölkerung sowie die Stimmungsberichterstattung“. 30 Im April 1943 wurde er Leiter des SD-Abschnitts Bayreuth. In einer Nachkriegsvernehmung behauptete er, in Bayreuth bis zur Kapitulation geblieben zu sein. 31 Dies entspricht jedoch nicht der Wahrheit, da er Mitte Dezember 1944 mit der Führung des z.b.V.-Kommandos 29 in Bratislava beauftragt wurde. 32 Diesen Posten versah er bis zur Auf27 Lebenslauf Helmut Glaser, 23. 5. 1938. BArch (ehem. BDC), SSO, Glaser, Helmut, 29. 7.1910. 28 Das Thema seiner Arbeit lautete „Die italienischen kulturellen Expansionsbestrebungen im Alpenraum“. 29 BStU, MfS, HA IX/11, ZM 1625, Bd. 39, Akte 160–165. 30 Vernehmung Helmut Glaser (o. D.). ARS Ljubljana, SI AS 1931, Republiški sekretariat za notranje zadeve Socialistične republike Slovenije [Republiksekretariat für innere Angelegenheiten der Sozialistischen Republik Slowenien], t.e. 560, S. 5280–5366, hier S. 5334. 31 Ebd., S. 5313 ff. 32 Schreiben von Kaltenbrunner vom 30. 12.1944. BArch (ehem. BDC), SSO, Glaser, Helmut, 29.7. 1910.

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lösung des Kommandos kurz vor Kriegsende. Danach setzte er sich zunächst nach Regensburg ab, ging später mit den zivilen Papieren eines Lehrers zu Fuß in Richtung Salzburg, das er am 8. Mai 1945 erreichte. Dort hielt er sich fünf Wochen im Flüchtlingslager am Bahnhof und in der städtischen Herberge auf, bevor er am 14. Juni einen Passierschein der amerikanischen Militärregierung in Salzburg erhielt und drei Tage später zu seiner Familie 33 nach Krumpendorf in Kärnten gelangte. Im September wurde er verhaftet und ins Lager Ebental, später Wolfsberg verbracht. Im Dezember 1946 wurde er an die jugoslawischen Grenzbehörden ausgeliefert. Im Prozess gegen 14 hohe NS-Funktionäre und Militärs in Ljubljana, die maßgeblich an der deutschen Besatzungspolitik in Slowenien beteiligt gewesen waren, wurde Glaser am 19. Juli 1947 zum Tode durch Erschießen verurteilt. 34 Die Hinrichtung fand am 28. August 1947 statt. Glaser trat mit 21 Jahren der NSDAP bei, mit 26 Jahren der SS, in der er nach mehreren Beförderungen 1943 den Rang eines Sturmbannführers erlangte. Nach seinem Einsatz in Krakau erhielt er 1941 als Auszeichnung das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern. Bei seiner Beförderung zum Untersturmführer wurde er im Jahre 1939 durch seinen Vorgesetzten wie folgt beurteilt: „Glaser ist Pg. seit dem Jahre 1931 und hat sich stets in den Dienst der Bewegung gestellt. Entstammt einer alten nationalen Familie und gehörte nie einer anderen Richtung an. Sein Auftreten ist sehr gewandt, Glaser geniesst allseits den allerbesten Ruf, ist sehr sozial eingestellt und äusserst gewissenhaft und uneigennützig.“ Hervorgehoben wurden auch seine ausgeprägte Führernatur und seine frühe Schulungstätigkeit bei der SS in der Verbotszeit in Österreich, während seine Einstellung zur NS-Weltanschauung mit den Worten „vollkommen gefestigt“ beschrieben wurde. Bei der Beförderung zum Sturmbannführer hieß es zudem: „SS-Hauptsturmführer Dr. Glaser ist ein vorbildlicher, gerader, aufrichtiger Charakter mit besonderen, erheblich über dem Durchschnitt liegenden Fähigkeiten, sowohl für die SD-Arbeit, als auch in führungsmässiger Beziehung. Er ist äusserst pflichtbewusst und korrekt, sein Fleiss und seine geistige Regsamkeit verdienen, hervorgehoben zu werden. Sein Auftreten in- und ausserdienstlich ist ohne Tadel.“ 35

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Glaser war seit 1939 verheiratet und hatte drei Kinder (geboren 1941, 1943 und 1944). Urteil Helmut Glaser, MG Ljubljana, 19. 7. 1947. ARS Ljubljana, SI AS 1931, Republiški sekretariat za notranje zadeve Socialistične republike Slovenije [Republiksekretariat für innere Angelegenheiten der Sozialistischen Republik Slowenien], t.e. 557, S. 211–264. Ausführlich zum Urteil gegen Glaser in Ljubljana siehe Kap. 4.3.3. 35 Beurteilungen bei der Beförderung in der SS. BArch (ehem. BDC), SSO, Glaser, Helmut, 29.7. 1910. 34

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Lothar Heimbach Lothar Heimbach wurde am 25. September 1908 in Hoffnungsthal bei Köln als Sohn eines Steuerbeamten und Verwaltungssekretärs geboren. 36 Nach dem Besuch der Grundschule in seinem Geburtsort ging er auf das Realgymnasium in Köln, wo er 1927 die Reifeprüfung ablegte. Im selben Jahr wurde er zur Polizeischule in Bonn als Offiziersanwärter einberufen, letztendlich aber als Offizier nicht angenommen. Deshalb bewarb er sich um eine Stelle bei der Bereitschaftspolizei (Kasernierte Schutzpolizei), bei der er dann in Wuppertal bis April 1932 seinen Dienst versah. Danach erfolgte seine Übernahme als Kriminalkommissar-Anwärter zur Kriminalpolizeistelle Wuppertal und nach Ausbildungszeit und Probedienst mit Wirkung vom 15. März 1935 die Ernennung zum Kriminalkommissar. Kurz darauf versetzte man ihn zur Gestapo nach Dortmund. Von dort aus wurde er im November 1938 während der Besetzung der Sudetengebiete für kurze Zeit zu einem Einsatzkommando in Karlsbad abkommandiert. Die nächste Versetzung kam im Frühjahr 1942, dieses Mal weiter nach Osten: „Ich musste zunächst nach Berlin, wo ich eingekleidet wurde, setzte mich dann Richtung Taganrog in Marsch. Ich war etwa 21 Tage unterwegs bis ich in der vorgenannten Stadt eintraf. Ich habe mich auf diesen Einsatz gefreut, weil ich mich schon am Anfang des Krieges wiederholte Male bemüht hatte zur Front zu kommen.“ 37 Er wurde dem Sonderkommando 10a der Einsatzgruppe D zugeteilt, das unter anderem den Raum Taganrog, Rostow und Krasnodar von der einheimischen jüdischen Bevölkerung „säuberte“, wobei Heimbach zumindest an den Massenexekutionen in Krasnodar unmittelbar beteiligt war. 38 Wegen einer Erkrankung (Fleckfieber) kam er im Herbst 1942 zurück nach Dortmund, von wo aus er aber nach ein paar Monaten Anfang 1943 zum KdS Bialystok als Leiter der Abteilung IV abkommandiert wurde. Dort blieb er bis zum Sommer 1944 und beteiligte sich in seiner Funktion als Leiter der Gestapo maßgeblich an der Liquidierung des dortigen Ghettos. 39 Sein nächster Einsatzort war die Slowakei – er wurde zum Stellvertreter des Führers des Einsatzkommandos 13 bei der Einsatzgruppe H ernannt. Ab Ende Oktober 1944 fungierte er dort zudem kurz als Stützpunktführer in Bánovce nad Bebravou und im Dezember vorübergehend als Führer des gesamten Kommandos. Nach Kriegsende setzte sich Heimbach in Richtung Westen ab, wurde aber von den Amerikanern gefangengenommen und für einige Zeit in Ludwigsburg interniert. Schon 1947 kehrte er nach Hoffnungsthal zurück, wo er zunächst verschiedene kaufmännische Tätigkeiten ausübte, bevor er im Juli 1956 als Kri36 BArch (ehem. BDC), SSO und RuSHA, Heimbach, Lothar, 25. 9. 1908. Hier auch weitere Angaben zur Person von Heimbach, falls nicht anders angegeben. 37 Vernehmung Lothar Heimbach, 9. 5.1962. BArch B 162/1219. 38 Urteil Lothar Heimbach, LG Bielefeld, 14. 4. 1967. BArch B 162/14223. 39 ZSt Ludwigsburg, Personenkartei (Heimbach).

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minalobersekretär in Köln eingestellt wurde. Ein Jahr später leitete er ein Diebstahldezernat und erlangte den Rang eines Kriminalobermeisters. 40 Am 22. September 1960 wurde er wegen seiner Tätigkeit in Bialystok verhaftet und einige Wochen später vom Dienst suspendiert. Nach der im Dezember 1964 erfolgten Anklageerhebung wurde er am 14. April 1967 durch das Landgericht Bielefeld zu neun Jahren Zuchthaus verurteilt. Er wurde für schuldig befunden, da er sich in seiner Funktion als Leiter der Gestapo in Bialystok an den Deportationen der dortigen Juden nach Auschwitz, Treblinka und Majdanek sowie an deren Erschießungen beteiligt hatte. Er wurde wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 21600 Fällen abgeurteilt. 41 Von der Strafe verbüßte Heimbach nur einen geringen Teil; er verstarb am 8. Dezember 1968 in Hoffnungsthal. 42 Heimbach, der 1937 der NSDAP und 1938 der SS beitrat, „bewährte“ sich im Osten. Kurz nach seinem Einsatz beim Sonderkommando 10a wurde er zum Hauptsturmführer befördert, zudem zum Kriminalrat ernannt und mit dem Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet. Im Jahre 1944 wurde ein Gerichtsverfahren gegen ihn eingeleitet, in dem ihm ein „die SS schädigendes Verhalten“ in der Öffentlichkeit nach übermäßigem Alkoholgenuss vorgeworfen wurde. 43 Das SS- und Polizeigericht in Königsberg verurteilte ihn am 28. September 1944 zu zehn Monaten Gefängnis. Das Hauptamt SSGericht berichtete hierzu am 3. November 1944: „Die erkannte Strafe, für die offensichtlich die sonst gute dienstliche Beurteilung Heimbachs mitbestimmend war, ist äusserst milde. Aus den Strafzumessungsgründen des Urteils soll ihr jedoch nicht entgegengetreten werden, obwohl in Anbetracht der durch die Tat hervorgehobenen erheblichen Ansehensschädigung der SS eine ein Jahr übersteigende Gefängnisstrafe angebrachter gewesen wäre.“ In einem Schreiben vom 2. Februar 1945 wurde das der Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten von Heimbach näher dargestellt: Er „soll während seines Aufenthalts in Bialystok unter ‚Ostkoller‘ 44 gelitten haben. […] Im Mai 1944 betrunken in Bialystok auf der Strasse in Zivil. Beleidigendes Verhalten unter Alkoholeinwirkung im Landratsamt. Redensarten, ‚dass er Herr über Leben und Tod sei‘, ‚wenn er Auftrag erhielte, 300 Kinder zu erschiessen, würde er mindestens selbst 150 erschiessen‘ usw. Auf der Strasse Gröhlen und Schreien. Wurde aus 40

Urteil Lothar Heimbach, LG Bielefeld, 14. 4. 1967. BArch B 162/14223. Ebd. Ausführlich zum Urteil gegen Heimbach in Bielefeld siehe Kap. 4.2.5. Heimbach wurde darüber hinaus auch in der Slowakei verurteilt, nämlich Ende 1948 durch das Volksgericht Trenčín in Abwesenheit zu 30 Jahren Haft. 42 ZSt Ludwigsburg, Personenkartei (Heimbach). 43 Zu diesem Verfahren vgl. BArch (ehem. BDC), SSO, Heimbach, Lothar, 25. 9. 1908. Hier auch die folgenden Zitate. 44 Die SS-Führung bezeichnete mit diesem Begriff die psychischen Folgen des Massenmordes bei ihren Männern. 41

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einem Verwundetenheim herausgeworfen. Pöbelte einen 50jährigen Hauptmann der Wehrmacht an, beschimpfte diesen mit ‚Arschloch‘ und ‚alten Scheich‘. Lehnte Entschuldigungen ab, drohte, grundlos den Hptm. niederzuschlagen. Volltrunkenes Benehmen. Verhalten hat grosses Aufsehen in Bialystok erregt.“ 45 Die Vollstreckung der Strafe wurde jedoch letztlich ausgesetzt; Heimbach sollte Gelegenheit gegeben werden, sich bei einer Fronteinheit zu bewähren. Der SS-Richter beim Reichsführer-SS gab am 12. Februar 1945 bekannt, dass Himmler „nur mit Rücksicht auf seine hohe Kinderzahl 46 das milde Urteil noch bestätigt hat und insbesondere aus diesem Grunde von einer Dienstgradherabsetzung abgesehen hat“. Heimbach blieb Hauptsturmführer und konnte seinen Dienst beim Einsatzkommando 13 in der Slowakei fortsetzen. Werner Hersmann Werner Hersmann wurde am 11. September 1904 in Duisburg als Sohn eines Hüttenbeamten geboren. 47 Er besuchte in Frankfurt am Main die Mittel- und Oberrealschule und schloss 1919 mit der Mittleren Reife ab. Bis Anfang 1921 arbeitete er als Praktikant in zwei Maschinenfabriken in Frankfurt; dann besuchte er zwei Semester das Technikum in Bingen und fünf Semester das Technikum in Friedberg in Hessen. Während dieser Zeit gehörte er dem Wikingbund an. 48 Anschließend war er in den Jahren 1924 bis 1928 bei verschiedenen Firmen als Ingenieur, als Leiter eines Filmtheaters und zuletzt als technischer Maschinenmeister in Weimar tätig, danach bis 1930 arbeitslos. Im Oktober 1930 wurde er ehrenamtlicher Kassierer der Kreisleitung Weimar der NSDAP, später hauptamtlicher Kassierer und Hauptbuchhalter der Gauleitung Thüringen. Daneben arbeitete er ehrenamtlich für den SD. Im Jahre 1934 bekleidete er den Posten eines Geschäftsführers des Gaugerichts der NSDAP Thüringen in Weimar, bevor er im März 1936 als Stabsführer des SD-Abschnitts Thüringen – zuerst in Erfurt, später in Weimar – eingesetzt wurde. Im März 1941 erfolgte seine Versetzung als SD-Abschnittsführer nach Tilsit. In dieser Funktion bzw. als Angehöriger des Einsatzkommandos der Sicherheitspolizei und des SD Tilsit war er maßgeblich an Erschießungen von Juden und Kommunisten im Memelland beteiligt. Ein Jahr später wurde er zum Sonderkommando 11a der Ein45 In einer Vernehmung von 1962 hat sich Heimbach hierzu wie folgt geäußert: „Ich habe insbesondere in scharfen Worten negative Kritik an der SS-Führung geübt.“ Vernehmung Lothar Heimbach, 9. 5. 1962. BArch B 162/1219. 46 Heimbach war seit 1937 verheiratet und hatte vier Söhne (geboren 1939, 1940, 1942 und 1944). Im März 1949 wurde die Ehe geschieden. 47 Urteil Werner Hersmann, LG Ulm, 29. 8. 1958. BArch B 162/2615. Hier auch weitere Angaben zur Person von Hersmann, falls nicht anders angegeben. 48 Der Wikingbund, der von 1923 bis 1928 bestand, galt als Sammelbecken republikfeindlicher Kräfte. Der Bund beteiligte sich an den Vorbereitungen zum Sturz der Weimarer Reichsregierung und betrieb eine intensive militärische Schulung.

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satzgruppe D abkommandiert und vom Dezember 1942 bis zum Mai 1943 schließlich mit dessen Leitung beauftragt. Nachdem er verwundet worden war, versetzte man ihn nach Banja Luka zur Einsatzgruppe E und später zum KdS Kiew nach Rowno. Ende 1943 wurde er zurück in das RSHA berufen und mit der Aufstellung eines Sonderkommandos im westpreußischen Konitz beauftragt. Nach einer kurzen Ausbildungszeit wurde das Kommando zunächst in Slowenien eingesetzt, Anfang November 1944 dann als z.b.V.-Kommando 15 in die Slowakei abgeordnet. Dort wurde das Kommando im Februar 1945 aufgelöst und dessen Führer Hersmann wieder zurück nach Berlin versetzt. Er wurde der Waffen-SS unterstellt und der 38. SS-Grenadier-Division „Nibelungen“ zugeteilt. Tatsächlich schloss er sich aber mit etwa 35 Mann des SD-Abschnitts Weimar der Kampfgruppe Trummler an, welche aus verschiedenen SDEinheiten bestand und in den letzten Kriegstagen in Bayern tätig war. Auf dem Weg nach Thüringen wurde Hersmann am 8. Juni 1945 in Bad Sulza von den Amerikanern festgenommen und bis August 1948 im Internierungslager Darmstadt festgehalten. Während dieser Zeit wurde er wegen seiner früheren Zugehörigkeit zu den Einsatzgruppen D und E für einige Wochen zum Internationalen Militärtribunal in Nürnberg hinzugezogen. 49 Genau ein Jahr nach seiner Entlassung wurde er wieder verhaftet und am 21. September 1950 durch das Schwurgericht Traunstein wegen der Erschießung von fünf Bürgern in Altötting am 28. April 1945 zu einer Zuchthausstrafe von acht Jahren verurteilt. 50 Ende 1954 wurde die Strafe auf Bewährung ausgesetzt und Hersmann am 30. November 1954 entlassen. Bis Oktober 1955 arbeitete er für die „Stille Hilfe“, eine Hilfsorganisation für NS-Täter, in Düsseldorf. Danach war er bis Februar 1956 arbeitslos, dann bei einer Firma in Frankfurt als kaufmännischer Angestellter tätig. Eine erneute Verhaftung erfolgte am 29. Oktober 1956, diesmal wegen seiner Tätigkeit beim Einsatzkommando Tilsit im Sommer 1941. Am 29. August 1958 wurde er im sogenannten Ulmer Einsatzgruppenprozess wegen Beihilfe zum Mord in 1656 Fällen zur Gesamtstrafe von 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. 51 Während dieses Strafprozesses wurde seine Ehe geschieden. 52 Auch in diesem Falle wurde Hersmann vorzeitig entlassen und zwar am 22. Dezember 1961. Am 17. Oktober 1972 verstarb er in Köln. 53 Hersmann gehörte zu den Angehörigen der Einsatzgruppe H, die genügend Erfahrungen vorweisen konnten, als sie 1944 in die Slowakei abgeordnet wur49 Darüber hinaus wurde er zu dieser Zeit in der Slowakei in Abwesenheit zu 30 Jahren Haft verurteilt. Hierzu siehe Kap. 4.1.4. 50 Ausführlich zum Urteil gegen Hersmann in Traunstein siehe Kap. 4.2.5. 51 Ausführlich zum Urteil gegen Hersmann in Ulm siehe Kap. 4.2.5. Zusammenfassend zum Einsatzgruppenprozess in Ulm siehe zudem Kap. 4.2.2. 52 Hersmann war seit 1935 verheiratet und hatte vier Kinder (geboren 1939, 1940, 1942 und 1943). BArch (ehem. BDC), SSO, Hersmann, Werner, 11. 9. 1904. 53 ZSt Ludwigsburg, Personenkartei (Hersmann).

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den. Mit der NS-Bewegung kam er bereits vor der Machtübernahme in Berührung; im August 1930 trat er der NSDAP bei, im Mai des nächsten Jahres nach einem fünfmonatigen Dienst in der SA wechselte er zur SS. Hier wurde er in den folgenden Jahren stufenweise befördert, zuletzt 1940 zum Sturmbannführer. Zu dieser Zeit wurde er von seinem Vorgesetzten wie folgt beurteilt: „Er hat ein gutes Verhältnis zu seinen nachgeordneten Mitarbeitern seiner Dienststelle und ist ein sehr energischer, aber andererseits gerechter Vorgesetzter, der auf Grund seiner Lebenserfahrung und auch alten Parteizugehörigkeit den berechtigten Belangen seiner Mitarbeiter Rechnung trägt.“ 54 Später wurden noch seine Einsatzbereitschaft, Entschlossenheit und überdurchschnittliche geistige Frische hervorgehoben. Er sei offen, ehrlich, fest und pflichtbewusst, sein Auftreten soldatisch. Für seinen Einsatz im Osten bekam er 1942 das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern. Georg Heuser Georg Heuser wurde am 27. Februar 1913 in Berlin als Sohn eines Kaufmanns und späteren Reichsangestellten geboren. 55 Nach vier Jahren Volksschule besuchte er das Realgymnasium in Berlin-Lichtenberg, wo er 1932 die Reifeprüfung ablegte. Anschließend studierte er Rechtswissenschaft an den Universitäten Berlin, Königsberg und Prag und bestand im Juli 1936 vor dem Kammergericht in Berlin das erste Staatsexamen. Danach begann er den juristischen Vorbereitungsdienst und wechselte nach dessen Beendigung im Dezember 1938 als Kriminalkommissar-Anwärter zur Kriminalpolizei. Auf Grund seiner juristischen Vorbildung und seiner guten Leistungen wurde seine Ausbildungszeit verkürzt und Heuser wurde im Mai 1940 zu einem Lehrgang an der Führerschule der Sicherheitspolizei in Berlin-Charlottenburg einberufen. Nach der abgelegten Abschlussprüfung – als Jahrgangsbester – im Februar 1941 kam er als Hilfskriminalkommissar ins Referat für Kapitalverbrechen bei der Kriminalpolizeileitstelle Berlin. Von dort aus wurde er im September 1941 zur Einsatzgruppe A nach Riga, zunächst zum Sonderkommando 1b nach Tosno, abkommandiert. Mit diesem traf er nach seinen Angaben am 1. Dezember 1941 in Minsk ein, wo er mit der Leitung der Abteilung V, ab Juni 1942 dann mit der Leitung der Abteilung IV beauftragt wurde. 56 Der Dienststelle des KdS Weißruthenien gehörte er bis Ende Juni 1944 an, 57 bis er nach Westpreußen kam und dort ungefähr einen Monat als Lehrer an der wegen Bombardierung aus Berlin 54 Beurteilung durch den IdS Kassel vom 29. 2. 1940. BArch (ehem. BDC), SSO, Hersmann, Werner, 11. 9. 1904. Hier auch die folgende Beurteilung. 55 Urteil Georg Heuser, LG Koblenz, 21. 5. 1963. BArch B 162/14152. Hier auch weitere Angaben zur Person von Heuser, falls nicht anders angegeben. 56 Vernehmung Georg Heuser, 1. 3. 1966. LA Berlin, B Rep. 058, Nr. 24. 57 Die Dienststelle KdS Weißruthenien wurde im Herbst 1943 in „Dienststelle des BdS Russland-Mitte und Weißruthenien“ umbenannt.

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dorthin verlegten Führerschule der Sicherheitspolizei wirkte. Ende August 1944 wurde er mit der Führung des neu aufgestellten Einsatzkommandos 14 der Einsatzgruppe H beauftragt und führte das Kommando bis zu seiner Auflösung im März 1945. In den letzten Kriegstagen kam er noch als Führer einer Kampfgruppe im Raum Krems/Donau zum Einsatz; danach konnte er sich zu seiner Schwester nach Goslar absetzen. Dort gab er sich als Rechtsanwalt aus und verrichtete verschiedene Gelegenheitsarbeiten. Im Juli 1948 wurde Heuser als kaufmännischer Angestellter bei der Firma Internationale Transporte Palatia in Mutterstadt beschäftigt und blieb dort bis Juni 1949. Dann zog er nach Ludwigshafen und arbeitete von Ende 1949 an drei Jahre in der Akkumulatoren-Fabrik Akuwa, zunächst wieder als kaufmännischer Angestellter, später als kaufmännischer Leiter. Nach einer kurzen Arbeitslosigkeit wurde er im Oktober 1953 als Aushilfsangestellter beim Ausgleichsamt der Stadt Ludwigshafen eingestellt. Vorher betrieb er noch seine Wiedereinstellung in die Kriminalpolizei: „Mit einem komplett gefälschten Lebenslauf und weiterhin mit seinem falschen Doktortitel bewirbt er sich im März 1953 in Mannheim um Wiedereinstellung in den Kriminaldienst […] und kurz darauf direkt beim Polizeipräsidenten in Berlin.“ 58 Die Einstellung bei der Kriminalpolizei sollte bald folgen. Als Unterbringungsberechtigter nach dem Gesetz zum Artikel 131 GG wurde er im Mai 1954 als Kriminaloberkommissar in den Kriminaldienst des Landes Rheinland-Pfalz aufgenommen, wo er zunächst beim Polizeipräsidium Ludwigshafen seinen Dienst versah, ab Oktober dann bei der Polizeidirektion Kaiserslautern. Im Januar 1955 wurde er zum Kriminalhauptkommissar befördert und mit der Leitung der Kriminalpolizei in Kaiserslautern betraut. Im Mai 1956 war er bereits Kriminalrat, dem die kommissarische Wahrnehmung der Geschäfte des Leiters der Polizeidirektion Kaiserslautern oblag. Im Juli 1956 folgte die Abordnung als ständiger Stellvertreter des Leiters zum Landeskriminalamt nach Koblenz, wo er schließlich im Januar 1958 zum Kriminaloberrat befördert und zum Leiter des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz berufen wurde. Mit diesem Posten „hatte Heuser den Höhepunkt seiner Nachkriegskarriere erreicht. Den Weg dahin hatte er sich selbst mit skrupellosen Lügen, Täuschungen und gefälschten und falschen Dokumenten bereitet. Unterstützt wurde er dabei von wohlwollenden ehemaligen Kameraden und Beamten und Behörden.“ 59 Das Amt des Leiters bekleidete er bis zu seiner Verhaftung während eines Kuraufenthaltes in Bad Orb am 24. Juli 1959.

58 Ullrich 2011, S. 258 f. Etwa seit Anfang 1941 führte Heuser dienstlich wie privat den Titel eines Doktors der Rechtswissenschaften. Erst in der Hauptverhandlung räumte er 1963 ein, niemals promoviert zu haben. Er gab zu, dass er die hierüber vorgelegten Urkunden gefälscht hatte. 59 Ebd., S. 149. Die Nachkriegskarriere von Heuser bis zu seiner Verhaftung wird von Christina Ullrich ausführlich dargestellt, ebd. S. 144–149 u. 256–259.

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Er wurde am 21. Mai 1963 in Koblenz zu 15 Jahren Zuchthaus wegen Beihilfe zum Mord und Beihilfe zum Totschlag, die er in Minsk begangen hatte, verurteilt. 60 Bereits im Dezember 1969 stimmte das Landgericht Koblenz seiner vorzeitigen Haftentlassung zu. 61 Heuser fand Anstellung in einer Firma in Wiesbaden 62 und lebte dort mit seiner Frau, die er in Minsk kennengelernt und unmittelbar nach Kriegsende geheiratet hatte. Er starb am 30. Januar 1989 in Koblenz. 63 Heuser gehörte seinen Angaben zufolge nie der Partei oder einer sonstigen Gliederung der NSDAP an. 64 Zu Beginn des Krieges trat er der SS bei, in der er im Februar 1941 zum Untersturmführer, im September desselben Jahres zum Obersturmführer und zuletzt im August 1944 zum Hauptsturmführer befördert wurde. An Auszeichnungen erhielt er unter anderem das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse, während seines Einsatzes in der Slowakei dann eine Nahkampfspange I. Stufe, das slowakische Siegeskreuz IV. Stufe sowie eine Anerkennung „für umsichtiges und entschlossenes Handeln und persönliche Einsatzbereitschaft“. 65 Im Oktober 1941 wurde er mit Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Kriminalkommissar ernannt. Heuser kann als ein typisches Beispiel für die Mischfunktion eines Schreibtisch- und Direkttäters betrachtet werden. 66 Er bekleidete den Posten des Gestapochefs in Minsk, war aber genauso eigenhändig an den dortigen Erschießungen beteiligt. In der Slowakei führte er seit Spätsommer 1944 das Einsatzkommando, das für die meisten Opfer auf diesem Gebiet verantwortlich war. Beachtlich ist auch seine Karriere in der Bundesrepublik. Matthäus fasst zusammen: „In der Bundesrepublik konnte Heuser seine Laufbahn nicht nur fortsetzen, sondern noch wesentlich beschleunigen. Die Verschleierung dessen, was er während des Kriegs in den Reihen der Gestapo getan hatte, in Verbindung mit der geringen gesellschaftlichen Bereitschaft, im ‚Kalten Krieg‘ tiefschürfende Fragen zum Einsatz in der deutsch besetzten Sowjetunion zu stellen, sowie der Bedarf an polizeilichen Fachkräften, sein ausgeprägter Karrierismus und die Solidargemeinschaft der Ehemaligen verhalfen ihm zu einem beachtlichen Aufstieg in den Rängen der bundesdeutschen Kripo.“ 67 60

Ausführlich zum Urteil gegen Heuser in Koblenz siehe Kap. 4.2.5. Matthäus 2004, S. 121. 62 Matthäus 2008, S. 202. 63 ZSt Ludwigsburg, Personenkartei (Heuser). 64 Seine SSO-Akte, die Auskunft hierüber geben könnte, ist im ehem. BDC im Bundesarchiv nicht erhalten. In der Kartei der NSDAP-Mitglieder im Bundesarchiv, die zu 80 Prozent überliefert ist, gibt es keine Angaben zu Heuser. 65 Befehlsblatt des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD (hrsg. v. RSHA), Nr. 51, 9. 12. 1944. BArch, RD 19/2. 66 Matthäus 2004, S. 115. 67 Matthäus, Jürgen: Alte Kameraden und neue Polizeimethoden. Die Sonderkommis61

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Franz Hoth Franz Hoth wurde am 14. Oktober 1909 in Stettin geboren. 68 Dort besuchte er von 1916 bis 1924 die Volksschule und machte eine kaufmännische Lehre. Von 1927 bis zum August 1933 war er Mitarbeiter einer Schiffsmaklerfirma in Brunsbüttelkoog. Danach nahm er als Übergangsbeschäftigung eine Stellung im Büro einer Fischkonservenfabrik in Kiel an, von wo aus er 1934 zum SD-Hauptamt nach München berufen wurde. 69 Später wechselte er mit diesem nach Berlin und im April 1938 als Abteilungsleiter zum SD-Oberabschnitt Donau nach Wien. Im Oktober 1938 erfolgte seine Abkommandierung nach Znaim in Mähren, wo er sechs Wochen als Führer eines Einsatzkommandos tätig war. Nicht einmal ein halbes Jahr später kam er wieder in diese Gegend und führte dort im soeben errichteten Protektorat eine Zeit lang das Einsatzkommando 7. Im September 1939 machte er mit der Einsatzgruppe I den Polenfeldzug mit. Nach deren Auflösung verrichtete er bis zum März 1940 Dienst beim BdS Krakau, bevor er mit der Führung des SD-Abschnitts Bremen beauftragt wurde. Nach zwei 1941 absolvierten Kolonialkursen 70 wurde Hoth im Juli 1942 zu einem in Athen stationierten Einsatzkommando versetzt, das nach Palästina geschickt werden sollte. Zu einem eigentlichen Einsatz kam es aber auf Grund des Scheiterns des Afrika-Feldzuges nicht. Das Kommando wurde im September 1942 zurück nach Berlin und zwei Monate später nach Tunis verlegt. Dort blieb Hoth bis zu seiner Zurückversetzung in die deutsche Hauptstadt im April 1943. 71 Im Juni 1943 wurde er zum BdS Paris abkommandiert und im November mit der Führung der KdS-Dienststelle Nancy beauftragt. Nach der Befreiung Frankreichs zog sich die Einheit in das Elsass zurück, wo sie in z.b.V.-Kommando 29 umbenannt und für den Einsatz in der Slowakei bestimmt wurde. Hoth führte das in Bratislava stationierte Kommando bis zum 3. Dezember 1944; dann wurde er als Führer des z.b.V.-Kommandos 17 der Einsatzgruppe K für die Ardennen-Offensive nach Euskirchen versetzt. Nach dem Misslingen der ArdennenOffensive wurde er im Februar 1945 nach Oberschlesien und anschließend nach Norwegen zum KdS Stavanger abkommandiert, wo er bis zum Kriegsende verblieb. Nach dem Krieg wurde er verhaftet und am 5. Januar 1949 in Metz wegen sionen zur Aufklärung von NS-Gewaltverbrechen, in: Mallmann, Klaus-Michael/Angrick, Andrej (Hrsg.): Die Gestapo nach 1945. Karrieren, Konflikte, Konstruktionen, Darmstadt 2009, S. 183–199, hier S. 186. 68 BArch (ehem. BDC), SSO, Hoth, Franz, 14. 10. 1909. 69 Zu Einsätzen von Hoth siehe Statements of Franz Hoth by the British in Norway. NARA, RG 498, Box 35. Das Dokument wurde der Verfasserin dankenswerterweise von Stephen Tyas zur Verfügung gestellt. 70 8. 1. bis 21. 2.1941 Kolonial-Lehrgang auf der Führerschule der Sicherheitspolizei in Berlin-Charlottenburg und 1. 3. bis 31. 3. 1941 Führerlehrgang auf der italienischen Kolonialpolizeischule in Tivoli. BArch (ehem. NS-Archiv MfS), ZR 559, A. 13. 71 Zu dem für Palästina bestimmten Einsatzkommando siehe Mallmann 2006.

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der auf französischem Gebiet begangenen Verbrechen zum Tode verurteilt. 72 Hoth, Vater von drei Kindern,73 wurde am 28. Juli 1949 in Fort Miollis in MetzChambiere hingerichtet. Hoth betätigte sich bereits vor der Machtübernahme für die nationalsozialistische Sache. In Brunsbüttelkoog war er Mitbegründer der NSDAP-Ortsgruppe; der Partei gehörte er offiziell seit Dezember 1931 an. Im selben Jahr trat er der SA bei, wo er bis zu seiner Überführung in die SS im April 1933 seinen Dienst versah. Hier wurde er schnell befördert, zuletzt 1940 zum Sturmbannführer. Er wurde als „äußerst energisch“ beschrieben; bereits in Wien erkannte man 1938, dass bei ihm „in vieler Hinsicht mehr Weitblick und Reife als bei anderen in seinem Alter“ hervortritt. 74 Hervorgehoben wurde seine „besonders ausgeprägte soldatische Führernatur“. Bei der Beförderung zum Sturmbannführer fasste man zusammen: „Die Gesamthaltung von SS-Hauptstuf. Hoth kann als nationalsozialistisch und fest bezeichnet werden.“ Bei Kriegsende war Hoth jedenfalls ein Mann, der zahlreiche Erfahrungen bei verschiedenen Einsätzen in vielen Teilen Europas und auch außerhalb gesammelt hatte – im Sudetenland, im Protektorat, in Polen, in Tunesien, in der Slowakei, in den Ardennen und in Norwegen. Zudem fungierte er mehr als ein Jahr in Frankreich als KdS Nancy. Hans Jaskulsky Hans Jaskulsky wurde am 14. September 1912 in Samotschin/Posen als Sohn eines Geschäftsführers geboren.75 Die Familie zog 1920 nach der Angliederung des Gebiets an den polnischen Staat im Zuge des Versailler Vertrages nach Torgelow in Pommern und 1929 nach Berlin. Dort legte Jaskulsky Ostern 1931 an einem Realgymnasium das Abitur ab und studierte anschließend drei Semester Rechtswissenschaft, bevor er nach Heidelberg zog. Da er im März 1933 Amtsleiter der Heidelberger Studentenschaft wurde und verschiedene Ämter innehatte, unterbrach er sein Studium für diese politische Tätigkeit. Im Oktober 1934 wurde er in die Reichsführung der deutschen Studentenschaft berufen und im Januar 1935 dort zum Stabsleiter ernannt. Nach seinem Ausscheiden im März 1936 ging er als Student für ein halbes Jahr nach Genf. Nach seiner Rückkehr arbeitete er bis Ende Juni 1937 an der Akademie für Landesforschung und Reichsplanung und wurde im Mai 1938 beim SD-Unterabschnitt Berlin als Referent eingestellt. Im September desselben Jahres erfolgte seine Versetzung

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Ausführlich zum Urteil gegen Hoth in Metz siehe Kap. 4.3.4. Hoth war seit 1935 verheiratet und hatte drei Kinder (geboren 1936, 1940 und 1942). 74 BArch (ehem. BDC), SSO, Hoth, Franz, 14.10.1909. Hier auch die folgenden Beschreibungen von Hoth. 75 BArch (ehem. BDC), SSO und RuSHA, Jaskulsky, Hans, 14. 9. 1912. Hier auch weitere Angaben zur Person von Jaskulsky, falls nicht anders angegeben. 73

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nach Wien bzw. einen Monat später als Abteilungsleiter für Recht und Kultur zum SD-Abschnitt Graz. Dazwischen bestand er im April 1938 vor dem Justizprüfungsamt beim Kammergericht Berlin die erste juristische Staatsprüfung mit „ausreichend“ 76 und wurde im Mai 1939 an der Universität Graz zum Dr. jur. promoviert. Im selben Monat heiratete er und wurde ein halbes Jahr später Vater. In Graz blieb er bis zu seiner Abkommandierung nach Bayreuth im Februar 1941, wo man ihn mit der Leitung des dortigen SD-Abschnitts beauftragte. In derselben Funktion fungierte er anschließend vom Herbst 1943 bis Anfang September 1944 in Frankfurt am Main, bevor er bei der Einsatzgruppe H in der Slowakei zum Einsatz kam. Er übernahm die Führung des Einsatzkommandos 13 und führte es mit einer kurzen Unterbrechung bis Ende Januar 1945. Danach wurde er zum RSHA, Gruppe VI C berufen, blieb dort bis zum 24. April 1945 und konnte sich dann – ohne in Gefangenschaft zu geraten – absetzen. 77 Später zog er nach Konstanz und arbeitete dort als Kaufmann. Er engagierte sich im Deutsch-Schweizerischen Motorboot-Club, dessen Präsident er 1970/1971 sowie 1974/1975 war.78 Im November 2003 verzog er nach Bochum,79 wo er am 14. Juni 2007 im Alter von 94 Jahren „nach einem reichen und erfüllten Leben […] nach schwerer Krankheit sanft entschlafen“ ist. 80 Jaskulsky ist neben Otto Koslowski und Robert Lehmann der einzige Kommandoführer der Einsatzgruppe H, der vor seinem Einsatz in der Slowakei offensichtlich zu keiner Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei und des SD gehört und keine Erfahrungen aus einem Einsatz in Osteuropa vorzuweisen hatte. Ein eventueller Dienst in Auschwitz konnte nicht eindeutig geklärt werden. In einem Schreiben der Zentralen Stelle in Ludwigsburg an die Staatsanwaltschaft Frankfurt vom 10. August 1961 wurde jedenfalls festgehalten, dass Jaskulsky „in der Internationalen Fahndungsliste für Tötungsdelikte im Konzentrationslager Auschwitz“ gesucht werde. 81 Weitere Erkenntnisse hierzu ließen sich je76 Justizprüfungsamt bei dem Kammergericht Berlin, Zeugnis Jaskulsky, 29. 4. 1938. LA Berlin, C Rep. 301, Nr. 2458. 77 Vernehmung Hans Jaskulsky, 8. 5. 1973. BArch 162/9323, Bl. 238. 78 Er war auch Ehrenpräsident dieses Clubs. Deutsch-Schweizerischer Motorboot-Club (Homepage). URL: http://www.dsmc.de/wp-content/uploads/2010/05/jubilaumsausgabe2004.pdf [zuletzt geprüft am 25. 5. 2011]. Über seine Ernennung zum Präsidenten des Clubs im Jahre 1974 wurde auch in der Presse berichtet: Für „Ordnung in Freiheit“ auf dem See, Dr. Hans Jaskulsky neuer Präsident des Deutsch-Schweizerischen MotorbootClubs, in: Konstanzer Zeitung 37 (1974), S. 9. 79 E-Mail des Standesamtes Konstanz an die Verfasserin vom 3. 6. 2011. 80 Todesanzeige. Südkurier Konstanz vom 19. 6. 2007. 81 BArch B 162/2686, Bl. 430. Für die Mitteilung bedankt sich die Verfasserin bei Tobias Herrmann (Leiter der Außenstelle des Bundesarchivs in Ludwigsburg). Das Schreiben der Zentralen Stelle vom August 1961 gehörte zu den Ermittlungen zum 1. Auschwitzprozess, dessen Originalakten im Hauptstaatsarchiv Wiesbaden verwahrt werden (Abt. 461, Nr. 37638, Bde. 1–456.). Wie der Verfasserin am 22. 6. 2011 aus Wiesbaden per E-Mail mit-

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doch nicht erzielen. Fest steht, dass Jaskulsky mit 16 Jahren Mitglied der Hitlerjugend in Torgelow wurde, im Mai 1933 der NSDAP beitrat, 1933 bis 1935 der SA angehörte und im Mai 1935 in die SS übertrat. Hier wurde er stufenweise befördert, zuletzt 1941 zum Sturmbannführer. Bei der letzten Beförderung ist in seiner durch Heydrich unterschriebenen Beurteilung unter anderem Folgendes zu lesen: Jaskulsky sei „seit 1928 aktiv in der Bewegung tätig und seit Ende 1937 hauptamtlich im SD. […] Auch weltanschaulich und charakterlich ist Jaskulsky in jeder Beziehung einwandfrei.“ 82 Bereits zwei Jahre zuvor war festgehalten worden, dass Jaskulsky ein „ehrlicher und offener Charakter mit guter Allgemeinbildung und SS-mässiger Haltung“ sei. Im Jahre 1944 wurde er mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse und dem Kriegsverdienstkreuz I. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet. Otto Koslowski Otto Koslowski wurde am 17. April 1900 in Riesenburg/Westpreußen als Sohn eines Landarbeiters geboren. 83 Nach dem Tod seines Vaters zog die Familie 1905 nach Wuppertal um, wo Koslowski 1906 bis 1914 die Volksschule besuchte und danach eine dreijährige kaufmännische Lehre machte. Nach der Lehre trat er in die Dienste der Reichsbahndirektion, bevor er 1921 Angestellter der Deutschen Bank wurde. Danach bewarb er sich beim Polizei-Präsidium Wuppertal um eine Anstellung als Beamter im Verwaltungs- oder Exekutivdienst und wurde 1926 bei der Staatlichen Kriminalpolizei eingestellt. Im Herbst 1935 bestand er am Polizei-Institut in Berlin-Charlottenburg nach einem siebenmonatigen Kurs das Kriminalkommissar-Examen und wurde Anfang 1936 als Kriminalkommissar auf Probe zum Polizeipräsidium Recklinghausen versetzt. Nach einem Monat kam er in die Abteilung II bei der Staatspolizeileitstelle Düsseldorf und im Juli 1937 zur Staatspolizeistelle Kassel. Im Juni 1939 wurde er zur Staatspolizeileitstelle nach Brünn abgeordnet, wo man ihn zunächst zum Leiter mehrerer Referate in der Abteilung II ernannte und Ende 1941 mit der Leitung dieser Abteilung betraute. Zu seinen Hauptaufgaben gehörte insbesondere die Aufdeckung bzw. Unterdrückung des kommunistischen Widerstands. Zudem fungierte er während des ersten und zweiten Standrechts im Protektorat als Beisitzer, gelegentlich auch als Vorsitzender des Standgerichts in Brünn. 84 Nach einem kurzen Aufenthalt in Bulgarien als Experte zur Bekämpgeteilt wurde, ist gerade jener Band, der evtl. Material zu Jaskulsky hätte enthalten können, nicht vorhanden. 82 Beurteilung zur Beförderung zum Sturmbannführer durch den Chef der Sicherheitspolizei und des SD, 15. 8. 1941. BArch (ehem. BDC), SSO, Jaskulsky, Hans, 14. 9. 1912. Hier auch die folgende Beurteilung. 83 Vernehmung Otto Koslowski, 29. 1. 1947. ABS Praha, 52–52–7. Hier auch weitere Angaben zur Person von Koslowski, falls nicht anders angegeben. 84 NA Praha, 316–25–5.

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fung des kommunistischen Widerstands wurde Koslowski Ende August 1944 mit der Führung des Einsatzkommandos 13 beauftragt und mit diesem in die Slowakei verlegt. Nach der Genesung des ursprünglich für diesen Posten vorgesehenen Hans Jaskulsky und dessen Kommandoübernahme wurde Koslowski zum Leiter der Abteilung IV im Stab der Einsatzgruppe H in Bratislava ernannt. Diesen Dienst verrichtete er bis Ende Oktober 1944, als er nach Brünn zurückversetzt wurde. Ende April 1945 verließ Koslowski die mährische Hauptstadt und gelangte über Österreich und Bayern bis nach Gladenbach. Dort arbeitete er als Holzfäller, bevor er durch amerikanische Organe am 11. September 1946 verhaftet wurde. Der amerikanische Nachrichtendienst vermerkte nach seiner Vernehmung: „Subject claims to be the Chief Specialist of the Gestapo in combating communism in the German Reich. From information gained during his interrogation it is evident that subject is well acquainted with the communistic party and its movements. Subject gave information on the structure and organization of the Communistic Party in Germany during the war. Subject also claims that he knew the leaders of the Communistic Party during the war. It is recommended that subject be given a more detailed interrogation of his knowledge of the Communistic Party.“ 85 Eine detaillierte Vernehmung durch die Amerikaner betreffend die Kommunistische Partei ist jedoch nicht bekannt. Koslowski wurde nach kurzen Aufenthalten in den Internierungslagern Darmstadt und Dachau am 19. Januar 1947 an tschechoslowakische Organe ausgeliefert und nach Pilsen abtransportiert. Von dort wurde er zwei Tage später nach einem erfolglosen Selbstmordversuch in die Haft nach Brünn überführt. 86 Am 30. März 1947 wurde gegen ihn Anklage erhoben, und vier Tage später fand vor dem Außerordentlichen Volksgericht Brünn der Prozess statt. Koslowski wurde am 3. Mai 1947 wegen seiner Tätigkeit bei der Gestapo in Brünn zum Tode verurteilt. 87 Die Strafe wurde noch am selben Tag auf dem Gefängnishof vollstreckt. Koslowski gehörte zu der älteren Generation der Kommandoführer der Einsatzgruppe H. Als Heranwachsender erlebte er den Ersten Weltkrieg, allerdings nicht an der Front, weil seine zwei älteren Brüder gefallen waren und er deshalb nicht eingezogen wurde. Nach der Machtübernahme trat er zum 1. Mai 1933 der NSDAP bei. Der SS will er – wie er in den Nachkriegsvernehmungen ausdrücklich betonte – nie angehört haben. Seinen Angaben zufolge hatte er lediglich einen Ausweis, der ihn zum Tragen der Uniform eines SS-Hauptsturmführers berechtigte. Seit 1926 im Dienst der Kriminalpolizei, wurde er zunächst 85

Headquarters, CIC, Marburg 13. 9.1946. NA Praha, 316–9–6. ABS Praha, 2M: 12330. In Brünn versuchte er erneut durch Freitod aus dem Leben zu scheiden, doch wieder ohne Erfolg. 87 Urteil Otto Koslowski, MLS Brno, 3. 5. 1947. MZA Brno, MLS Brno, LSp 417/47 (Koslowski). Ausführlich zum Urteil gegen Koslowski in Brünn siehe Kap. 4.1.2. 86

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1936 zum Kriminalkommissar und im Oktober 1940 zum Kriminalrat ernannt. Im November 1944 wurde ihm das Kriegsverdienstkreuz I. Klasse mit Schwertern verliehen. 88 Robert Lehmann Robert Lehmann wurde am 14. September 1910 als Sohn eines Bautechnikers in Aubeln/Schlesien geboren. 89 Dort besuchte er die Volks- und Realschule und schrieb sich nach dem 1929 abgelegten Abitur an der deutschen Technischen Hochschule in Prag für Chemie ein. Nach fünf Semestern setzte er sein Studium an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Prager deutschen Universität fort, legte dort Anfang 1934 die Lehramtsprüfung für Gymnasien und Realschulen ab und wurde im Oktober desselben Jahres zum Dr. rer. nat. promoviert. Von Juli 1934 bis Juli 1936 leistete er aktiven Militärdienst beim tschechoslowakischen Heer. Nach Beendigung der Dienstzeit heiratete er und wurde Lehrer an einer staatlichen Bürgerschule im Riesengebirge. Da Lehmann „von den tschechischen Behörden weiter verfolgt und wegen politischer Unzuverlässigkeit von sämtlichen Stellenbewerbungen ausgeschlossen“ wurde, zog er im April 1937 nach Deutschland. Er wurde im SD-OA Südost in Breslau eingestellt 90 und nach der Ende Januar 1938 erfolgten Einbürgerung als Oberscharführer in die SS aufgenommen. Im selben Jahr stellte er einen Antrag auf Aufnahme in die NSDAP, nachdem er bereits 1932 Mitglied der DNSAP in Opava geworden war und sich während seines Studiums aktiv im NSDStB Prag betätigt hatte. In der SS wurde er mehrmals befördert, zuletzt 1942 zum Hauptsturmführer. Ausgezeichnet wurde er 1943 mit dem Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern. Während des Krieges verrichtete Lehmann seinen Dienst im RSHA, Gruppe I B (Erziehung, Ausbildung und Schulung), unter anderem in der Führerschule der Sicherheitspolizei in Berlin-Charlottenburg. 91 Mitte September 1944 wurde er in die Slowakei versetzt, wo er als Stellvertreter des Chefs der Einsatzgruppe H fungierte sowie in der ersten Hälfte des Dezembers 1944 vorübergehend als Führer des z.b.V.-Kommandos 29. 92 Zu seinem dortigen Dienst äußerte sich 1953 sein ehemaliger Kollege vom Stab der Einsatzgruppe H Helmut Hoppe wie folgt: „Er nahm seinen Dienst sehr ernst und weil Witiska ihn mit allen diesen kleinen unangenehmen Angelegenheiten beauftragte, wurde er überall 88

BArch (ehem. BDC), SSO, Koslowski, Otto, 17. 4. 1900. BArch (ehem. BDC), SSO und RuSHA, Lehmann, Robert, 14. 9. 1910. Hier auch weitere Angaben zur Person von Lehmann, falls nicht anders angegeben. 90 SD-OA Südost, Vermerk, Breslau 22. 6. 1937, Sudetendeutsche Kontrollstelle Dresden, 22. 7.1937. ÖStA, AdR, BMI, Gauakt 348.183 (Lehmann). Das Dokument wurde der Verfasserin dankenswerterweise von Matthias Gafke zur Verfügung gestellt. 91 LA Berlin, C Rep. 375–01–12, Nr. 7077, Bl. 128. 92 WBB 14 der EG H vom 9.12. 1944. BArch R 70/Slowakei, 304. 89

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ziemlich unbeliebt, ohne dass er irgendwie böswillig wäre. Jedenfalls hatte er im Dienst wenig Freude und auch wenig Freunde; zudem kamen auch von außerhalb oft Beschwerden gegen ihn.“ 93 Später lebte Lehmann in der Bundesrepublik und betrieb in Osnabrück eine chemische Fabrik. Er verstarb am 24. Dezember 1973 in Bad Kissingen, 94 ohne dass gegen ihn strafrechtliche Ermittlungen wegen seiner Tätigkeit in der Kriegszeit eingeleitet geworden wären. Walter Liska Walter Liska wurde am 11. Dezember 1899 in Berlin als Sohn eines Strickers geboren. 95 Dort besuchte er die Volksschule und das Gymnasium, das er 1917 mit der Primareife verließ. Er trat seinen Wehrdienst an und wurde in den letzten zwei Monaten des Ersten Weltkrieges an der Westfront eingesetzt. Nach der Entlassung aus der Armee im April 1919 begann er an der Handelshochschule in Berlin zu studieren und erwarb nach sechs Semestern den Titel Diplom-Kaufmann. Ab September 1922 war er als Volontär bzw. Handlungsgehilfe im Eisen- und Stahlgroßhandel tätig, bevor er sich dem Beruf des Kriminalbeamten zuwandte und im Oktober 1925 als Kommissar-Anwärter in den Staatsdienst eintrat. Hier wurde er nach der bestandenen Prüfung im Dezember 1926 zum Hilfskommissar ernannt und im Oktober 1927 als Kriminalkommissar eingestellt. Nach fünf Jahren bei der allgemeinen Kriminalpolizei in Berlin wurde er im November 1930 in den Grenz- und Abwehrdienst zur Landeskriminalpolizeistelle Köslin abgeordnet. Danach war er kurz im unmittelbaren Grenzdienst als Leiter des Kriminal- und Grenzkommissariats Lauenburg in Pommern tätig, bevor er Anfang 1935 als Abwehrleiter zur Staatspolizeileitstelle Stettin und im November als Abwehrreferent für die Länder Ungarn, Jugoslawien und Italien zum Gestapa bzw. später zum RSHA nach Berlin abkommandiert wurde. Bei Kriegsausbruch wurde Liska zunächst nach Krakau versetzt. Im Januar 1942 kam er nach Lublin, wo er als stellvertretender KdS gleichzeitig mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Leiters der Abteilung IV tätig war. 96 In dieser Funktion beteiligte er sich an der Ermordung von Juden im Rahmen der Aktion Reinhardt. Nach der Evakuierung von Lublin im Juli 1944 wurde die ge93

Vernehmung Helmut Hoppe, 18. 2. 1953. ABS Praha, 135–1–4a. Niedersächsisches Landesarchiv, Staatsarchiv Osnabrück, Meldekartei der Stadt Osnabrück (Sg. Dep 3 c Nr. 2001), Adressbuch der Stadt Osnabrück von 1952/1953 und Registernummer 537/1973. Mitteilung des Staatsarchivs Osnabrück per E-Mail an die Verfasserin vom 20. 2. 2012. 95 BArch (ehem. BDC), SSO und RuSHA, Liska, Walter, 11. 12. 1899. Hier auch weitere Angaben zur Person von Liska, falls nicht anders angegeben. 96 Vernehmung Walter Liska, 4. 5. 1948. Hessisches Hauptstaatsarchiv, Abt. 468, Nr. 1373, Bd. 115. 94

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samte Dienststelle nach Radomsko verlegt, wo sich Liska bis Ende August aufhielt. Von dort aus wurde er als Führer des neu aufgestellten z.b.V.-Kommandos 27, das dem BdS Krakau unterstellt war, nach Kežmarok in die Ostslowakei abkommandiert. Nach nicht einmal vier Wochen in der Slowakei wurde er nach Osnabrück versetzt, dort einen Monat später zur Wehrmacht eingezogen und an die Front geschickt. Nach der Kapitulation geriet er in Österreich in amerikanische Kriegsgefangenschaft, wurde einige Zeit im Internierungslager Dachau festgehalten, um dann am 7. September 1946 an die polnischen Behörden ausgeliefert zu werden. Er wurde am 20. August 1948 in Lublin wegen seiner Tätigkeit im Generalgouvernement zum Tode verurteilt. 97 Durch Beschluss des höchsten Gerichts der Republik Polen vom 11. Januar 1949 wurde die Revision des Urteils verworfen. Auf ein Gesuch des Verteidigers zur Umwandlung der Todesstrafe in lebenslange Haft machte der Präsident der Republik Polen von seinem Gnadenrecht keinen Gebrauch. Liska, Vater von drei Kindern, wurde am 15. Februar 1949 in Lublin hingerichtet. 98 Liska gehörte mit seinen 44 Jahren während des Einsatzes in der Slowakei zu den älteren Angehörigen der Einsatzgruppe H und zu den wenigen, die zumindest noch kurz aktiv am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatten. Er trat 1933 in die NSDAP und 1936 in die SS ein. Bei seiner letzten Beförderung zum Sturmbannführer 1943 wurde er wie folgt kurz bewertet: „Die fachlichen Leistungen des L. sind sehr gut, das Verhalten in und außer Dienst ist einwandfrei, weltanschaulich ist er gefestigt.“ 99 Im selben Jahr wurde er mit dem Kriegsverdienstkreuz I. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet. Er konnte eine lange polizeiliche Laufbahn vorweisen; seit 1925 war er im Polizeidienst tätig, 1937 wurde er zum Kriminalrat und 1941 zum Kriminaldirektor ernannt. Fast den ganzen Krieg war er im Generalgouvernement eingesetzt, wo er insbesondere als Leiter der Gestapo bei der KdS-Dienststelle Lublin eine hohe Stellung mit umfangreichen Entscheidungskompetenzen bekleidete. Karl Hermann Rabe Karl Hermann Rabe wurde am 11. Juni 1905 in Mühlhausen/Thüringen als Sohn eines Kaufmanns geboren. 100 Er besuchte die Bürgerschule und das Gymnasium in Eisenach, das er – wie er in seinem 1934 verfassten Lebenslauf erklär97 Urteil Walter Liska, BG Lublin, 20. 8. 1948. IPN Warszawa, Lu 330/221 t. 1 (k. 29). Ausführlich zum Urteil gegen Liska in Lublin siehe Kap. 4.3.2. 98 Schreiben der Staatsanwaltschaft Wiesbaden an Herrn Generalstaatsanwalt bei dem Kammergericht Berlin, 17. 11. 1964. LA Berlin, B Rep. 057–01, Nr. 1924. Liska war seit 1927 verheiratet und hatte drei Kinder (geboren 1928, 1935 und 1940). 99 Beurteilung bei Beförderung zum Sturmbannführer. BArch (ehem. BDC), SSO, Liska, Walter, 11. 12.1899. 100 BArch (ehem. BDC), SSO und RuSHA, Rabe, Karl Hermann, 11. 6. 1905. Hier auch weitere Angaben zur Person von Rabe, falls nicht anders angegeben.

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te – vorzeitig verlassen musste: „Im Jahre 1923 wurde ich von der damaligen sozialdemokratischen Thür. Regierung von der Schule verwiesen, weil ich aktiv am Hitler-Putsch teilgenommen hatte […]. Durch den erfolgten Verweis vom Gymnasium wurde ich gezwungen einen kaufmännischen Beruf zu ergreifen.“ 101 Nach der Absolvierung einer Lehre war er als kaufmännischer Angestellter in verschiedenen Firmen in Eisenach tätig, bevor er am 1. Dezember 1935 hauptamtlich im SD-Hauptamt I (Personalamt) eingestellt wurde. Im August 1939 erfolgte seine Abordnung zum SD-Leitabschnitt Prag, wo er zuerst als Personalreferent seinen Dienst verrichtete und später Chef der Reichsschule der Sicherheitspolizei und des SD wurde. Von Prag aus kam er in der zweiten Hälfte 1942 zurück nach Berlin zum RSHA. Anfang 1943 wurde er als Führer des Sonderkommandos 7b nach Orel versetzt und führte das Kommando bis zum Oktober 1944. Anschließend wurde er in die Ostslowakei abkommandiert und dort mit der Führung des z.b.V.-Kommandos 27 betraut. 102 Im Mai 1945 wurde er in der Nähe von Pilsen von den Amerikanern gefangengenommen und später an sowjetische Organe übergeben. Bis Ende 1949 war er in Kriegsgefangenschaft im Kaukasus. Nach der Entlassung kam er zunächst nach Rotenburg bei Hannover zu seiner Familie,103 konnte dort jedoch keine Arbeit finden, weshalb er 1952 nach Hamburg umzog. Dort arbeitete er zuerst in einem Export-Geschäft und von 1956 bis 1970 bei der AEG-Schiffsbau als Export-Sachbearbeiter. Im Jahre 1983 meldete er sich nach Seevetal im Landkreis Harburg ab.104 Am 9. September 1989 verstarb er in Salzhausen. 105 Rabe stand seit dem Jahre 1921 „fast ununterbrochen in der nationalen bzw. nationalsozialistischen Bewegung“, wie er es selbst 1934 formulierte.106 Er nahm 1923 am Hitlerputsch teil und gehörte von 1923 bis 1927 dem Wikingbund an. Im Juni 1930 trat er der NSDAP bei, von März 1931 bis Mai 1932 war er Mitglied der SA, dann trat er in die SS über. Hier wurde er stufenweise befördert, zuletzt 1942 zum Obersturmbannführer. Von seinen Vorgesetzten wurde er als „kompromissloser Nationalsozialist und alter SS-Führer“ 107 bezeichnet, der bei Führern und Untergebenen beliebt sei, zielbewusst und energisch auf101 Lebenslauf Karl Hermann Rabe, 20. 4. 1934. BArch (ehem. BDC), SSO, Rabe, Karl Hermann, 11. 6. 1905. 102 Vernehmung Karl Hermann Rabe, 2. 11. 1972. BArch B 162/2268. Hier auch die folgenden Angaben zu seinem Nachkriegsschicksal. 103 Rabe war seit 1934 verheiratet und hatte zwei Töchter (geboren 1936 und 1938). 104 E-Mail des Standesamts Hamburg-Altona an die Verfasserin vom 31. 5. 2011. 105 E-Mail der Gemeinde Seevetal, Ortsverwaltung Meckelfeld an die Verfasserin vom 14. 6. 2011. 106 Lebenslauf Karl Hermann Rabe, 20. 4.1934. BArch (ehem. BDC), SSO, Rabe, Karl Hermann, 11. 6. 1905. 107 Beurteilung von Rabe durch den Führer des SD-LA Prag SS-Obersturmbannführer Böhme, 2. 8. 1940. BArch (ehem. NS-Archiv MfS), ZR 675, A. 10.

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trete und dessen nationalsozialistische Weltanschauung „durchaus gefestigt“ sei. 108 Während seines Einsatzes in der Slowakei wurde er mit dem Kriegsverdienstkreuz I. Klasse ausgezeichnet. Nach dem Krieg geriet Rabe mehrmals ins Visier der bundesdeutschen Strafermittler. Alle eingeleiteten Verfahren wegen seiner Tätigkeit in der Kriegszeit wurden aber letztendlich ohne Anklageerhebung eingestellt. Die Ermittler in Hamburg stellten so zum Beispiel 1964 zu seiner Tätigkeit als Führer des Sonderkommandos 7b fest, dass von diesem Kommando in der gefragten Zeit in „acht Fällen Menschen erschossen oder vergast worden sind. Es soll sich dabei um Partisanen, Gefängnisinsassen und Juden gehandelt haben. Insgesamt müssen bei diesen Exekutionen etwa 300 Personen getötet worden sein.“ 109 Rabe selbst hat 1972 seine Teilnahme an zwei Enterdungsaktionen eingestanden: „Ich selbst bin überhaupt nur zweimal bei Enterdungsaktionen anwesend gewesen. Das war einmal in Orscha und einmal in Borissow. Beide Aktionen waren vom Sonderkommando 1005 meiner Meinung nach angeordnet und wurden von diesem Kommando überwacht. […] Nach meiner Erinnerung war damals von Tausenden von Leichen die Rede. Die Aktion wurde von etwa 20–30 Leuten durchgeführt. Sie war in 2 Tagen erledigt. Da wir uns in Frontnähe befanden, durfte die Aktion einmal nur am Tage durchgeführt werden und musste auch wegen der erheblichen Geruchsbildung möglichst schnell abgewickelt werden. Meiner Erinnerung nach wurde am ersten Tag der Scheiterhaufen errichtet. Am zweiten Tag erfolgte dann die Verbrennung. Die Verbrennung erfolgte auf folgende Weise: Es wurde zunächst ein Rost aus Eisenbahnschienen gelegt, darauf kamen dann Holzschichten und darauf die Leichen. In die Schichten wurden irgendwelche Verbrennungsöle und alte Munition eingebracht.“ 110 Karl Schmitz Karl Schmitz wurde am 2. Juni 1913 als Sohn eines Bauunternehmers in Prüm geboren. 111 Dort besuchte er die Volksschule und das staatliche Gymnasium, bevor er zur Handelsschule nach Bitburg wechselte, wo er Ostern 1931 das Zeugnis der Mittleren Reife erhielt. Anschließend besuchte er die Höhere Handelsschule in Münster und bestand dort nach zwei Jahren das Handelsabitur. Bis zu seiner Einstellung im SD im März 1935 betätigte er sich als Volontär in verschiedenen Branchen. Seinen Dienst im SD verrichtete er an mehreren Orten; seine Heimatdienststelle war der SD-Abschnitt Hohensalza, später dann 108

BArch (ehem. BDC), SSO, Rabe, Karl Hermann, 11. 6. 1905. Leitender Oberstaatsanwalt beim Landgericht Hamburg, Ermittlungsverfahren 141 Js 1721/62 gegen ehemalige Angehörige des SK 7b, hier: Rabe, 14. 12. 1964. LA Berlin, B Rep. 057–01, Nr. 2538. 110 Vernehmung Karl Hermann Rabe, 2. 11. 1972. BArch B 162/2268. 111 BArch (ehem. BDC), SSO und RuSHA, Schmitz, Karl, 2. 6. 1913. Hier auch weitere Angaben zur Person von Schmitz, falls nicht anders angegeben. 109

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der SD-Leitabschnitt Königsberg. Unmittelbar nach Kriegsausbruch machte er als Angehöriger eines Einsatzkommandos den Polenfeldzug mit; dann betätigte er sich von 1941 an als Angehöriger der Einsatzgruppe C bzw. bei der KdSDienststelle Kiew in der Ukraine vorwiegend im „Bandenkampf“. Er fand Verwendung beim HSSPF Ukraine, vom Januar 1944 an als Ic und Führer eines Aufklärungskommandos in der Kampfgruppe Prützmann. Von dort wurde er im August 1944 zum BdS Triest abkommandiert und im Februar 1945 in die Slowakei zur Einsatzgruppe H. Er übernahm das Einsatzkommando 13 und führte es bis Kriegsende. Nach der Kapitulation ließ er sich mit seiner Familie als „Heimatvertriebener“ in Gotha nieder, wo er durch die sowjetischen Besatzungsbehörden verhaftet wurde, womit sich seine Spur verliert. Am 28. Januar 1954 wurde er durch Entscheidung des Amtsgerichts Lichterfelde in Berlin für tot erklärt, wobei als Zeitpunkt des Todes der 31. Dezember 1949 festgelegt wurde. 112 Diese Todeserklärung erfolgte auf Antrag seiner Ehefrau. Ein Jahr später wandte sie sich zudem an die Spruchkammer Berlin-Wilmersdorf, wo sie die Entnazifizierung ihres Mannes beantragte, um in den Genuss ihrer Witwenrente zu kommen. 113 Ihr Antrag wurde jedoch durch die Spruchkammer Berlin am 19. Oktober 1955 mit folgender Begründung abgelehnt: „Der verstorbene Betroffene war hauptamtlich Angehöriger der allgemeinen SS als SSSturmbannführer und war im SD-Hauptamt beim Reichssicherheitshauptamt tätig. Eingesetzt war er im SD-Leitabschnitt Königsberg, SD-Abschnitt Hohensalza als Referent und Hauptaußenstellenleiter, ferner als Inspekteur des SD in Königsberg. Diese Tätigkeit schließt die Erteilung einer Nichtbetroffenheitsbescheinigung aus.“ 114 Schmitz, der seit 1933 SS- und seit 1937 NSDAP-Mitglied war, verbrachte fast den ganzen Krieg im Einsatz an der Ostfront. Dort bewährte er sich voll im Sinne der nationalsozialistischen Führung, was man unter anderem an einer Reihe ihm verliehener Auszeichnungen sehen kann. So bekam er zum Beispiel das Kriegsverdienstkreuz II. (1941) und I. (1943) Klasse mit Schwertern, das Eiserne Kreuz II. (1942) und I. (1943) Klasse, das Deutsche Kreuz in Gold (1944) und im Oktober 1944 noch das Bandenkampfabzeichen in Silber. Bei der Verleihung des Deutschen Kreuzes in Gold im Juli 1944 beurteilte ihn sein Vorgesetzter, der HSSPF Ukraine Hans Prützmann, wie folgt: Schmitz habe gekämpft „mit Spaten und Handgranate an der Spitze seiner Männer gegen stark überlegenen Feind. Die von ihm geführte Aufklärungsgruppe brachte von ihren Unternehmungen öfters zahlreiche Gefangene ein, durch deren Aussagen die Kampfgruppe wertvolle Unterlagen über die Absichten des Gegners 112

Standesamt I in Berlin (West), 23. 3. 1954. LA Berlin, B Rep. 057–01, Nr. 2900. Zur Entnazifizierung siehe LA Berlin, B Rep. 031–02–01, Nr. 11575. 114 Spruchkammer Berlin, Az. 5801, Beschluß, Betr.: Karl Schmitz, geb. 2. 6.1913 in Prüm/Eifel, Berlin 19. 10. 1955. Ebd. 113

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erhielt. […] Schmitz hat sich bei allen Unternehmungen durch vorbildliche Tapferkeit ausgezeichnet. Er hat es stets verstanden, durch sein persönliches Beispiel seine Männer mitzureißen und die befohlenen Aufträge restlos auszuführen. […] Ich halte Schmitz, der sich bei der Durchführung aller ihm aufgetragenen Unternehmungen unter vollem Einsatz seiner Person als draufgängerischer und tapferer SS-Führer erwiesen hat, der Auszeichnung des Deutschen Kreuzes in Gold für würdig.“ 115 Im Januar 1944 wurde er bevorzugt zum Sturmbannführer befördert, was Prützmann mit „seinen Erfolgen, persönl. Schneid und energischen und klugen Durchsetzung der sicherheitspol. Belange der Sipo und des SD gegenüber der Wehrmacht und den Verwaltungsstellen“ begründete. Ludwig Teichmann Ludwig Teichmann wurde am 14. Mai 1909 in Uelzen als Sohn eines Studienrates geboren. 116 Nach der dort 1927 an einem Realgymnasium abgelegten Reifeprüfung studierte er Rechtswissenschaft an den Universitäten München, Berlin und Göttingen. Im Jahre 1930 unterbrach er ohne Abschlussexamen das Studium und war als Landarbeiter tätig. Im Mai 1935 wurde er Hauptabteilungsleiter im Stab des Rasse- und Siedlungshauptamtes, im Juni 1938 wechselte er zum SD-Hauptamt, später versetzte man ihn zum SD-Abschnitt Frankfurt/ Oder. Dort verblieb er bis zu seiner Abkommandierung zur Einsatzgruppe Serbien bzw. zum BdS Belgrad. In Belgrad leitete er von Juli 1941 bis Juli 1944 die Abteilung III im Stab des dortigen BdS und fungierte zudem von April 1942 an als sein Stellvertreter.117 Danach wurde er mit der Funktion des KdS für Flandern mit Dienstsitz in Brüssel beauftragt, am 25. September 1944 dann mit der Führung des z.b.V.-Kommandos 27 in der Ostslowakei. Dieses führte er bis zum 22. Oktober 1944. Zu dieser Zeit lief ein Strafverfahren gegen ihn. Der Untersuchungsführer im SS-Personalhauptamt berichtete am 20. Oktober 1944 dem Reichsführer-SS über das Verfahren: „Gegen SS-Obersturmbannführer Teichmann wurde Strafverfahren eingeleitet, weil er dringend des militärischen Ungehorsams, der Dienstpflichtverletzung aus Furcht und der Wehrmittelbeschädigung verdächtig ist, indem er beim Rückzug aus Brüssel Waffen hat vernichten lassen, obwohl dazu nach der militärischen Lage keine Veranlassung bestand, und dem SS-Hauptsturmführer Hoffmann untersagte, ihm von dem Höheren SS- und Polizeiführer West und dem Inspekteur der Sicherheitspolizei 115 Beurteilung von Schmitz durch Prützmann von 1944. BArch (ehem. BDC), SSO, Schmitz, Karl, 2. 6. 1913. Hier auch die weitere Beurteilung bei der Beförderung zum Sturmbannführer im Jahre 1944. 116 BArch (ehem. BDC), SSO und RuSHA, Teichmann, Ludwig, 14. 5. 1909. Hier auch weitere Angaben zur Person von Teichmann, falls nicht anders angegeben. 117 Vernehmung Ludwig Teichmann, 17. 9. 1946. IfZ München, 601/33, Eichmann-Prozess, Beweisdokument Nr. 1437.

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und des SD, Düsseldorf, gegebene Befehle auszuführen.“ 118 Der Ausgang des Verfahrens und der Verbleib von Teichmann in den letzten Monaten des Krieges konnten nicht ermittelt werden. Nach Kriegsende wurde er jedenfalls verhaftet und am 22. Dezember 1946 durch das jugoslawische Oberste Militärgericht in Belgrad wegen seiner Tätigkeit in Serbien zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung fand am 24. Januar 1947 statt. 119 Teichmann gehörte unter den Angehörigen der Einsatzgruppe H zu jenen SS-Führern, die sehr früh zur NS-Bewegung gefunden hatten. Er war der Mann mit der niedrigsten SS-Nummer (1789). Im Juni 1929 war er mit 20 Jahren der SS sowie der NSDAP beigetreten. In der SS wurde er sehr schnell befördert, im September 1936 erlangte er bereits den Rang eines Obersturmbannführers. Im Krieg wurde er mit dem Kriegsverdienstkreuz I. Klasse mit Schwertern (1942) und dem Eisernen Kreuz II. Klasse (1943) ausgezeichnet. Dem Antrag auf Verleihung des Eisernen Kreuzes I. Klasse von Anfang 1944 wurde demgegenüber von Himmler nicht stattgegeben. Josef Witiska Josef Witiska wurde am 5. Juli 1894 in Iglau/Böhmen als Sohn eines Fleischhauers geboren und drei Tage später katholisch getauft. 120 Nach dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums rückte er nach seinem Abitur 1914 freiwillig ein und nahm von Juni 1915 bis November 1918 am Ersten Weltkrieg teil, zuletzt im Dienstrang eines Oberleutnants als Flugzeugbeobachter an der italienischen Front. Im Mai 1920 wurde er als provisorischer Sicherheitswachkommissar II. Klasse zur Polizeidirektion Wien einberufen, anschließend im Dezember 1922 – nach der im Juli erfolgten Promotion zum Dr. jur. – der Polizeidirektion Graz zur weiteren Dienstleistung zugeteilt. 121 Dort wurde er 1925 zum Polizeikommissar, 1929 zum Polizeioberkommissar und 1935 letztlich zum Polizeirat ernannt. Im März 1938 versetzte man Witiska zu der neu errichteten Staatspolizeistelle in Graz, wo er im April 1939 als Regierungsrat endgültig in den Dienst der Gestapo übernommen wurde. Nach einem im Januar 1941 absolvierten SS-Führerlager wurde er im April als stellvertretender Leiter zur Dienststelle der Gestapo im slowenischen Marburg/Drau versetzt. 122 Von dort aus wurde er im Juni 118

BArch (ehem. BDC), SSO, Teichmann, Ludwig, 14. 5. 1909. Zum Urteil gegen Teichmann in Belgrad siehe Kap. 4.3.3. Teichmann war seit 1935 verheiratet und hatte zwei Kinder. 120 BArch (ehem. BDC), SSO und RuSHA, Witiska, Josef, 5. 7. 1894. Hier auch weitere Angaben zur Person von Witiska, falls nicht anders angegeben. 121 Dienstliche Laufbahn von Witiska. BStU, MfS, HA IX/11, RHE 56/71. In Graz heiratete Witiska 1926. Seine Frau brachte eine neunjährige Tochter mit in die Ehe, die ohne weitere Kinder bleiben sollte. 122 IfZ München, Datenbank „Verfolgung von NS-Verbrechen“ (Witiska). 119

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1941 zur Staatspolizeileitstelle Prag abkommandiert, um im Februar 1942 mit der Vertretung des Leiters der Prager Gestapo Hans-Ulrich Geschke bzw. ab Oktober 1942 Ernst Gerke beauftragt zu werden. In dieser Funktion nahm er an jener Besprechung teil, bei der über die Zerstörung der Gemeinde Lidice als Teil der Racheaktionen nach dem Attentat auf Reinhard Heydrich am 27. Mai 1942 entschieden wurde. Zudem unterschrieb er während des nun folgenden Standrechts als Beisitzer beim Standgericht Prag mehrere Todesurteile. Im Februar 1943 wurde er – inzwischen zum Oberregierungsrat ernannt – aus Prag ins Generalgouvernement versetzt und zum KdS Lemberg ernannt. Diesen Posten hatte er bis zu seiner Abkommandierung in die Slowakei inne. Er wurde am 1. September 1944 mit der Führung der neu aufgestellten Einsatzgruppe H beauftragt: „Der Inhaber dieser Bestätigung, SS-Obersturmbannführer Dr. Witiska, ist Chef der Einsatzgruppe Slowakei des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD. Er hat den Auftrag, die Einsatzgruppe in den Einsatzraum zu führen und dort zu dem befohlenen Einsatz zu bringen.“ 123 Er führte die Einsatzgruppe bis zu deren Auflösung beim Kriegsende bzw. verrichtete seit Mitte November 1944 seinen Dienst als BdS in der Slowakei. Nach der Kapitulation setzte er sich in Richtung Westen ab, wohnte kurz in Bayerisch Eisenstein an der tschechoslowakischen Grenze, bevor er von den Amerikanern verhaftet und in das Internierungslager Glasenbach bei Salzburg überführt wurde. Bei der folgenden Auslieferung an die tschechoslowakischen Behörden vergiftete er sich während der Zugfahrt von Burghausen nach Pilsen. Aus Pilsen meldete man: „Am 16. Oktober 1946 wurden elf Kriegsverbrecher an die tschechoslowakischen Sicherheitsorgane übergeben, unter denen sich auch Dr. Josef Witiska befand. […] Dr. Witiska starb während des Transports, wahrscheinlich durch Gift.“ 124 Offiziell wurde Witiska durch das Landgericht Graz am 6. November 1947 für tot erklärt. 125 Witiska war der älteste der untersuchten SS-Führer der Einsatzgruppe H. Er hatte sich aktiv am Ersten Weltkrieg beteiligt und als Erwachsener den Weg zum Nationalsozialismus gefunden. Der NSDAP trat er 1938 im Alter von 44 Jahren bei. In der SS bewarb er sich 1939 um die Mitgliedschaft, offiziell aufgenommen wurde er aber erst im April 1942. Danach folgten relativ schnell die Beförderungen, so mit Wirkung vom 1. September 1942 vom Staffelmann gleich zum Sturmbannführer und mit Wirkung vom 9. November 1942 zum Obersturmbannführer.126 Die nächste Stufe erreichte er während seines Einsatzes in 123

Bestätigung vom 1. 9. 1944, ausgestellt in Brünn. ABS Praha, S/2–130–15. Telegramm aus Pilsen vom 17.10.1946. Ebd. 125 Mitteilung des Bayerischen Landeskriminalamts an die Zentrale Stelle in Ludwigsburg am 9. 6. 1965. ZSt Ludwigsburg, Personenkartei (Witiska). 126 Die Beförderung zum Sturmbannführer wurde von Himmler am 7. 9. 1942 unterschrieben, die zum Obersturmbannführer am 18. 12. 1942. BArch (ehem. BDC), SSO, Witiska, Josef, 5. 7. 1894. 124

Profil der SS-Führer

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der Slowakei, wobei die Beförderung zum Standartenführer wie folgt begründet wurde: „SS-Obersturmbannführer Dr. Witiska ist weltanschaulich und charakterlich in jeder Hinsicht gefestigt. Seit seiner Entlassung aus der Wehrmacht (1920) steht er in Polizeidiensten und hat sich durch seine jahrelange Tätigkeit ein gutes Fachwissen angeeignet. Dr. W. ist körperlich und geistig überdurchschnittlich veranlagt, äußerst fleißig und gewissenhaft. In seinen bisherigen Dienststellungen hat er sich überall bewährt. Die Beförderung Dr. W.’s zum SS-Standartenführer mit Wirkung vom 30. 1. 45 wird wegen seiner Haltung, seiner Leistungen sowie seiner herausgehobenen Dienststellung als beauftragter Befehlshaber der Sipo und des SD in der Slowakei vorgeschlagen.“ 127 Witiska erhielt für seine Tätigkeit eine Reihe von Auszeichnungen, so zum Beispiel die goldene, silberne und bronzene Tapferkeitsmedaille, das Kriegsverdienstkreuz II. und I. Klasse mit Schwertern sowie im Herbst 1944 das Eiserne Kreuz I. Klasse. 128 In den Beurteilungen wurden wiederholt sein besonders ausgeprägtes Auffassungsvermögen, seine straffe persönliche Haltung und die positive Einstellung zur NS-Weltanschauung hervorgehoben. Sein ehemaliger Untergebener im Stab der Einsatzgruppe H, Helmut Hoppe, beschrieb ihn nach dem Krieg wie folgt: „Typischer eleganter älterer Österreicher […]. Was seine Arbeitstätigkeit betrifft, war er ein Typ, der für Kompromisse empfänglich war. Er suchte immer nach Ausgleich, Ausgleich zwischen den deutschen und slowakischen Anforderungen, zwischen dem deutschen Gesandten und dem deutschen Befehlshaber in der Slowakei, zwischen dem Volksgruppenführer und dem Gesandten, zwischen der Stapo und dem SD etc. Gleichzeitig konnte er jedoch auch sehr konsequent sein, rücksichtslos, hart und eigensinnig. Als Mensch war er nicht gerade nett und weit blickend.“ 129 Man kann sagen, dass Witiska in der NS-Zeit und insbesondere während des Krieges recht schnell Karriere gemacht hatte – von der Dienststelle der Gestapo in Slowenien über die Position des Stellvertreters der Prager Gestapo und des KdS Lemberg zum Führer der Einsatzgruppe H bzw. BdS in der Slowakei. Auch dies mochte ein Grund gewesen sein, warum er sich nach dem Krieg durch Selbstmord aus der Verantwortung stahl.

3.3. Profil der SS-Führer Im folgenden Kapitel wird ein Profil der SS-Führer der Einsatzgruppe H erstellt. Für die Untersuchung wurden 100 Angehörige der Einsatzgruppe mit

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Beförderung zum Standartenführer, 27.11.1944. Ebd. Verleihung des Eisernen Kreuzes erwähnt im Befehlsblatt des Chefs der Sicherheitspolizei u. des SD Nr. 44 vom 28. 10. 1944. BArch, RD 19/2. Andere Auszeichnungen siehe BArch (ehem. BDC), SSO, Witiska, Josef, 5. 7.1894. 129 Vernehmung Helmut Hoppe, 18. 2. 1953. ABS Praha, 135–1–4a. 128

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Personal der Einsatzgruppe H

dem Dienstrang vom Untersturmführer aufwärts ausgewählt. 130 In die Analyse einbezogen wurden die bereits einzeln vorgestellten 14 Männer des Führungspersonals, des Weiteren sieben Stellvertreter der Kommandoführer, 22 Stützpunktführer, neun Leiter der einzelnen Abteilungen im Stab der Einsatzgruppe H sowie weitere 48 SS-Führer ohne bestimmte höhere Posten in der Slowakei. Neben dem Chef der Einsatzgruppe H, der den Rang eines Standartenführers bekleidete, gab es in der ganzen Untersuchungsgruppe zwei Obersturmbannführer, zehn Sturmbannführer, 35 Hauptsturmführer, 27 Obersturmführer und 25 Untersturmführer. Die meisten (26) gehörten dem Stab an, 13 waren Angehörige des Einsatzkommandos 13, 14 des Einsatzkommandos 14, sieben des Sonderkommandos 7a, acht des z.b.V.-Kommandos 15, 17 des z.b.V.-Kommandos 27 und neun des z.b.V.-Kommandos 29. 131 Das Durchschnittsalter der untersuchten Männer lag bei ihrem Einsatz in der Slowakei bei 36 Jahren, wobei der Älteste 50 (Josef Witiska) und der Jüngste 23 Jahre alt (Karl-Heinz Löbel) war. Die meisten wurden 1913 (14), 1906 (13) und 1910 (elf) geboren. Dem Jahrgang nach in drei Gruppen aufgeteilt, bekommt man folgendes Ergebnis: zehn SS-Führer wurden vor der Jahrhundertwende geboren und gehörten somit der Kriegsgeneration an (neun von ihnen hatten aktiv am Ersten Weltkrieg teilgenommen). Insgesamt 71 und damit der überwiegende Teil wurden zwischen den Jahren 1901 und 1912 geboren, waren bei Hitlers Machtantritt älter als 21 und somit volljährig. Die restlichen 19 Männer wurden im Jahre 1913 (14) oder später geboren. 132 Man kann sehen, dass die SSFührer der Einsatzgruppe H relativ jung waren.133 Den Ersten Weltkrieg erlebten die meisten von ihnen an der „Heimatfront“ und wurden vor allem von den folgenden politisch als auch wirtschaftlich instabilen Nachkriegsjahren geprägt. 130 Personenbezogene Angaben für die folgende Untersuchung wurden einer ganzen Reihe von Quellen entnommen. Zu den wichtigsten gehörten die im Bundesarchiv verwahrten SSO- und RuSHA-Akten des ehem. BDC sowie die Ermittlungsakten der Zentralen Stelle (BArch, B 162). Eine Personenrecherche zu den SS-Führern wurde zudem in folgenden Archiven, Beständen oder Datenbanken durchgeführt: BStU; BArch (ehem. NS-Archiv MfS); LA Berlin; IfZ München, Datenbank „Verfolgung von NS-Verbrechen“; ZSt Ludwigsburg, Personenkartei; FStN Wien; ABS Praha; in den fünf Staatlichen Gebietsarchiven und in den zwei Landesarchiven in Tschechien sowie in den sechs Staatlichen Archiven in der Slowakei – auch hier konnten wichtige Hinweise zu den einzelnen SS-Führern gewonnen werden. 131 Bei sechs Männern gab es keine eindeutige Angabe, welchem Kommando der EG H sie angehörten. 132 Die Gruppen nach Paul 2004, S. 6. 133 Zum Beispiel im Vergleich mit der Gruppe der HSSPF, bei denen nicht mal 40 Prozent nach 1901 geboren wurden, während es bei den hier untersuchten Männern ganze 90 Prozent waren. Siehe die Analyse der 47 HSSPF von Ruth Bettina Birn. Die Höheren SSund Polizeiführer. Himmlers Vertreter im Reich und in den besetzten Gebieten, Düsseldorf 1986, S. 350 ff.

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Auch wenn sie am Krieg nicht aktiv teilgenommen hatten, stellte er für sie zumeist einen wichtigen Einschnitt in ihrem Leben dar. Nach Wildt bestimmte dieses Erlebnis weitgehend auch ihr weiteres Handeln: „Der Krieg wurde für die Kriegsjugendgeneration zum Spiel, zum Abenteuer, an dem man täglich teilhaben konnte, ohne wirklich teilzunehmen, zu einem großen Feld für Imaginationen, Wünsche und Phantasien, ohne je eine reale körperliche Erfahrung mit ihm machen zu müssen. […] Die unüberbrückbare generationelle Differenz zu den Frontsoldaten markierte eine Grenze, die schmerzhaft an den Mangel an Erfahrung erinnerte und zugleich die Aufforderung enthielt, etwas Eigenes zu werden.“ 134 Der politische Sieg der Nationalsozialisten 1933 schien für sie die Herausforderung zu bringen, tatsächlich „etwas Eigenes zu werden“. Es bot sich ihnen eine Vielzahl von verschiedenen Möglichkeiten der beruflichen oder politischen Karriere; es eröffnete sich ihnen ein Aufstiegs- und Machthorizont, der für sie ohne die Nationalsozialisten nie erreichbar gewesen wäre. Das Jahr 1933 bedeutete für die meisten hier untersuchten SS-Führer der Einsatzgruppe H eindeutig eine „biographische Zäsur“ 135. Die Mehrzahl der 100 SS-Führer (82) wurde innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches geboren. Die übrigen stammten aus Österreich-Ungarn und zu einem kleinen Teil aus deutschen Minderheiten Ostmittel- und Südosteuropas. Insgesamt 35 Männer kamen aus Großstädten,136 die meisten aus Berlin (neun), Leipzig und Wien (je drei) sowie Hamburg, Hannover und Breslau (je zwei). Der Rest wurde in kleineren Städten und ländlichen Regionen geboren. Was die Ausbildung betrifft, so lässt sich sagen, dass es sich bei der hier untersuchten Gruppe um Männer mit überdurchschnittlicher Bildung handelte. Das Abitur legten mindestens 40 ab, 29 studierten anschließend an der Universität, zwölf promovierten sogar. Unter den SS-Führern der Einsatzgruppe H gab es acht Juristen, zwei Männer mit dem Titel Dr. phil. (Anthropologie bzw. Philologie) sowie je einen mit dem Titel Dr. med. und Dr. rer. nat. (Chemie). Dennoch sind die Zahlen betreffend Hochschulstudium im Vergleich mit den Ergebnissen der Untersuchungen von ähnlichen Gruppen etwas geringer: MacLean konnte bei 380 SS-Führern verschiedener Einsatzgruppen bei 43 Prozent ein Studium nachweisen 137 und Wildt stellte bei den Angehörigen des RSHA fest, dass beinahe 80 Prozent von ihnen Abitur besassen, 68 Prozent studiert hatten (vor allem Jura und geisteswissenschaftliche Fächer wie Deutsch, Ge134 Wildt 2008, S. 848 f. Wildt untersuchte in seiner Studie 221 Angehörige des RSHA. Was das Alter angeht, kommt er zum Schluss, dass mehr als drei Viertel von diesen den Jahrgängen 1900 und jünger entstammten. Ebd., S. 24. 135 Den Begriff benutzt Wildt für die von ihm untersuchten RSHA-Angehörigen. Ebd., S. 855. 136 Als Großstadt wird eine Stadt mit mehr als 100 000 Einwohnern definiert (hier nach den Daten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts). 137 MacLean 1999, S. 131–144.

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schichte, Theologie, Zeitungswissenschaften oder Philologie) und über 30 Prozent promoviert waren. Daraus zieht er einen Schluss, der durchaus auch auf nicht wenige Angehörige der Einsatzgruppe H anwendbar ist: „Das Führungskorps des RSHA setzte sich keineswegs aus gescheiterten Existenzen zusammen, es entstammte nicht den sozialen Rändern der Gesellschaft, sondern war Teil der bürgerlichen, akademisch ausgebildeten Elite.“ 138 Anhand der Angaben über den Beruf des Vaters lässt sich der soziale Hintergrund der Männer bestimmen. Die Auswertung ergab, dass eine Herkunft aus der Oberschicht nicht existent war. Die meisten Väter gehörten der Mittelschicht an (67) und arbeiteten etwa als Kaufleute (zehn), Polizisten (vier) oder Postbeamte (drei). Unteren sozialen Schichten waren 27 Berufe der Väter zuzuordnen, bei sechs konnten die Angaben über den ausgeübten Beruf nicht ermittelt werden. Auch bei den SS-Führern war mit 69 Berufen die Mittelschicht am meisten vertreten, wobei am häufigsten Polizisten (20), Kaufleute (19) und Juristen (neun) vorkamen. Den unteren sozialen Schichten waren die Berufe von 23 Männern zuzuordnen, bei acht lagen keine Angaben vor. Was die familiären Verhältnisse der SS-Führer betrifft, so waren 89 verheiratet, acht ledig, einer geschieden und bei zwei konnte der Familienstand nicht ermittelt werden. Mindestens 72 der untersuchten Männer waren Familienväter, wobei sie durchschnittlich während des Einsatzes in der Slowakei zwei Kinder hatten. 139 Die SS-Führer waren Mitglieder in verschiedenen NS-Organisationen. So waren von den untersuchten 100 Männern mindestens zehn in der Hitlerjugend und 28 in der SA. Insgesamt 93 waren belegbar Mitglied der NSDAP, wobei 1926 als Erster Fritz Zietlow der Partei beitrat, als Letzter 1944 Hans Preyer 140. Die meisten Eintritte erfolgten in den Jahren 1933 (22) und 1937 (20). Bis Ende 1933 war bereits mehr als die Hälfte der Männer (54) in der NSDAP. Ähnlich verhält es sich mit der Mitgliedschaft in der SS. Außer fünf Uniformträgern und zwei Männern, bei denen die Angaben nicht ermittelt werden konnten, waren sämtliche hier untersuchten Führerdienstgrade reguläre Mitglieder der SS. Als Erster trat ihr 1929 Ludwig Teichmann bei, als Letzter 1943 Fritz Ramthun. Insgesamt sieben SS-Führer konnten eine SS-Nummer unter 10 000 aufweisen; 141 bis Ende 1933 waren bereits 28 in die SS aufgenommen. In diesem Jahr und im Jahre 1938 erfolgten die meisten Eintritte (je 13). Es ist ohne jeden Zweifel, dass die Angehörigen der Einsatzgruppe H bereits 138

Wildt 2008, S. 850. Eine Ausnahme bilden hier Willi Gindel und Anton Weidelener, die beide sechs Kinder hatten. Vier Kinder hatten Heinz Amthor, Lothar Heimbach, Werner Hersmann, Georg Richter und Günther Worms. 140 Preyer hatte die höchste NSDAP-Nummer (9 665121). Seinem Aufnahmeantrag wurde erst im April 1944 stattgegeben. BArch (ehem. BDC), PK, Preyer, Hans, 22. 4. 1906. 141 Max Bayer, Werner Hersmann, Christian von Krogh, Heinz Tangermann, Ludwig Teichmann, Anton Weinstein und Fritz Zietlow. 139

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zahlreiche Erfahrungen aus früheren Einsätzen mitbrachten. Der Krieg war in seinem fünften Jahr, und die Männer waren in einer ganz anderen Situation als zum Beispiel 1941, als viele von ihnen in Osteuropa ihre ersten Verbrechen begangen hatten. Nun wussten sie, was sie zu tun hatten, was man von ihnen erwartete. Sie brauchten keine umfassenden Befehle und Erklärungen, sie waren ‚eingearbeitet‘. Von den hier untersuchten 100 SS-Führern waren mindestens zwölf bereits 1939 in den Einsatzgruppen in Polen eingesetzt, mindestens 28 wiederum 1941 in den Einsatzgruppen in der Sowjetunion (davon 13 bei der Einsatzgruppe B). Als diese Einheiten in stationäre Dienststellen des BdS und KdS umgewandelt wurden, teilte man die SS-Führer diesen zu. So wurden mindestens 18 Männer zum BdS Krakau abkommandiert (neun zum KdS Lemberg, fünf zum KdS Lublin und vier zum KdS Radom), mindestens zwölf zum BdS Ukraine (sieben zum KdS Kiew, drei zum KdS Rowno und zwei zum KdS Dnjepropetrowsk). Andere leisteten ihren Dienst zum Beispiel bei der Stapo Tilsit, dem Sonderkommando 1005, bei den Einsatzgruppen E und K, bei den BdS Griechenland, Norwegen, Brüssel und Frankreich. Mindestens 17 in der Slowakei eingesetzte SS-Führer waren zuvor im Protektorat tätig. Bei den erwähnten im Osten eingesetzten Einheiten hatten die hier untersuchten Männer keinesfalls untergeordnete Posten. Gerhard Bast war Führer des Sonderkommandos 11a der Einsatzgruppe D und des Sonderkommandos 7a der Einsatzgruppe B, Karl Hermann Rabe leitete das Sonderkommando 7b der Einsatzgruppe B, Erich Frohwann das Grenzpolizeikommissariat in Memel, Hermann Ling war KdS in Drontheim und Rowno, Josef Witiska in Lemberg. Weiterhin gab es drei Leiter der Außenstellen von KdS-Dienststellen: Hermann Altmann in Petrikau (KdS Radom), Oswald Heyduk in Sokal (KdS Lemberg) und Gotthard Schubert in Zamosc (KdS Lublin). Werner Schönemann war Führer eines Teilkommandos im Einsatzkommando 8 der Einsatzgruppe B, Heinz Tangermann eines Teilkommandos im Einsatzkommando 9 in derselben Einsatzgruppe. Darüber hinaus gab es vier Leiter der Abteilung IV (Gestapo) in den Stäben von KdS-Dienststellen: Lothar Heimbach in Bialystok, Georg Heuser in Minsk, Peter Kraus in Lemberg und Walter Liska in Lublin. Es ist anzunehmen, dass die meisten SS-Führer der Einsatzgruppe H während ihrer früheren Einsätze an Massenverbrechen beteiligt gewesen waren. Hierfür und für ihre anderen Tätigkeiten wurden ihnen Auszeichnungen verliehen. Die höchste – das Deutsche Kreuz in Gold – erhielt Karl Schmitz. Er, Werner Giesel und Robert Klatt bekamen weiterhin das Eiserne Kreuz I. Klasse, achtmal wurde das Kriegsverdienstkreuz I. Klasse verliehen, 15mal das Eiserne Kreuz II. Klasse und 40mal das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse. Nach dem Krieg wurde lediglich ein geringer Teil der SS-Führer gerichtlich belangt. In der Bundesrepublik wurden elf rechtskräftige Urteile wegen Tötungsverbrechen verhängt, alle anderen Verfahren – es wurde gegen mindestens 50 Männer der hier untersuchten Gruppe ermittelt – wurden eingestellt.

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Bei den elf Urteilen ist kein einziges wegen der Tätigkeit bei der Einsatzgruppe H ergangen, denn alle betrafen außerhalb der Slowakei verübte Verbrechen. Für die begangenen Verbrechen mussten sich die SS-Führer in den ersten Nachkriegsjahren aber auch im Ausland vor Gericht verantworten. Falls dort ein Verfahren eingeleitet wurde, endete es im Gegensatz zur Bundesrepublik in der Regel mit einer Anklageerhebung, der meistens ein rechtskräftiges Urteil folgte. Von den hier untersuchten 100 SS-Führern wurden je zwei in Jugoslawien, Polen und Frankreich wegen der auf diesen Gebieten verübten Verbrechen zum Tode verurteilt. Die Todesstrafe wurde in vier Fällen vollstreckt, einmal erging das Urteil in Abwesenheit des Angeklagten und einmal wurde die Todesstrafe in eine mildere Strafe umgewandelt. Ein SS-Führer wurde in Österreich verurteilt, mindestens drei weitere in der Sowjetunion und zwölf durch die Volksgerichte in der Tschechoslowakei. Von den letzteren ergingen jedoch sieben Urteile in Abwesenheit der Angeklagten, sodass diese ihre Strafe nie antraten. Von den 100 SS-Führern sind mindestens sieben im Krieg gefallen. 142 Weitere fünf haben Selbstmord begangen, davon einer im Dezember 1944,143 die anderen erst nach der Kapitulation, höchstwahrscheinlich angesichts der ihnen drohenden Strafverfolgung.144 Fünf ehemalige Kommandoführer der Einsatzgruppe H wurden durch jugoslawische, polnische, tschechische und französische Gerichte zum Tode verurteilt und bis 1949 hingerichtet. 145 Ein Kommandoführer wurde 1947 ermordet, zwei weitere SS-Führer sind in russischer Kriegsgefangenschaft bzw. einer in einem tschechoslowakischen Gefängnis verstorben, zwei wurden für tot erklärt.146 Die meisten SS-Führer wurden nach dem Krieg in die westdeutsche Gesellschaft integriert und sind ihrer Berufstätigkeit als auch ihrem familiären Leben ohne größere Schwierigkeiten wieder nachgegangen. Ein nicht unerheblicher Teil verblieb bei der Polizei, wobei die häufigsten personellen Kontinuitäten bei der Kriminalpolizei zu verzeichnen sind, wo manche sogar steile Karrieren machen konnten. Das spektakulärste Beispiel ist gewiss der Fall von Georg Heuser, der 1958 zum Kriminaloberrat befördert und zum Leiter des Landeskriminalamtes in Rheinland-Pfalz ernannt wurde. Sein ehemaliger Untergeordneter 142 Herbert Deffner, Otto Doberschütz, Joseph Juritsch, Hermann Ling, Karl-Heinz Löbel, Oskar Vogl und Alfons Wachs. 143 Hans Kussack hat am 29. 12. 1944 in Ružomberok offensichtlich wegen des ihm drohenden Kriegsgerichtsverfahrens (unberechtigtes Verlassen der Außenstelle Dubrowka bei Bobruisk) Selbstmord begangen. IfZ München, Datenbank „Verfolgung von NS-Verbrechen“ (Kussack). 144 Erich Frohwann, Georg Voigtländer, Rudolf Voigtländer und Josef Witiska. 145 Helmut Glaser, Franz Hoth, Otto Koslowski, Walter Liska und Ludwig Teichmann. 146 Gerhard Bast wurde ermordet, Reinhard Badekow, Peter Kraus und Martin Neubecker starben in Haft, Werner Giesel und Karl Schmitz wurden für tot erklärt.

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aus dem Einsatzkommando 14, Johannes Hossbach, wurde wiederum beim Bundeskriminalamt eingestellt und war außerdem für den Bundesnachrichtendienst tätig.147 Die Geheimdienste, sowohl westliche als auch östliche, suchten häufig Mitarbeiter in den Reihen der ehemaligen NS-Spezialisten. So war zum Beispiel Herbert Böhrsch für die Gehlen-Organisation tätig, Fritz Zietlow stand im Dienste des britischen Geheimdienstes und Kurt Wilfer arbeitete für die tschechoslowakische Staatssicherheit. 148 Darüber hinaus gab es unter den ehemaligen SS-Führern auch solche, die sich nach dem Krieg im juristischen Bereich betätigten, so etwa Christian von Krogh als Gerichtssachverständiger oder Georg Heuchert als Rechtsanwalt beim Kammergericht Westberlin. Am häufigsten unter den hier untersuchten Männern entschied man sich allerdings nach dem Krieg für den Beruf eines kaufmännischen Angestellten (mindestens sieben). Würde man den „durchschnittlichen SS-Führer“ der Einsatzgruppe H beschreiben wollen, würde er – der hier durchgeführten Untersuchung von 100 Männern zufolge – wie folgt aussehen: Geboren 1908 in einer kleineren Stadt oder einem Dorf im Deutschen Reich, aus der Mittelschicht kommend, in der er auch verblieb, ohne höhere Bildung, verheiratet und Vater von zwei Kindern, seit spätestens 1933 Mitglied der NSDAP und seit 1936 der SS, mit Erfahrungen aus einem Einsatz in Osteuropa, gegen den nach dem Krieg in der Bundesrepublik ermittelt wurde, allerdings ohne Anklageerhebung, sodass er unbestraft ein relativ hohes Alter erreichen konnte. Diesem Bild entsprechen im gewissen Maße auch die Ergebnisse der durch MacLean durchgeführten Analyse von 380 SS-Führern der Einsatzgruppen: „A ‚typical‘ SS officer from the Einsatzkommandos seems to have been relatively young, in his early thirties, and likely to have been born somewhere other than one of Germany’s largest cities. […] He was overwhelmingly likely to be married. […] He was likely to be highly educated, graduating from a prestigious university in either Germany or Austria; his pre-SD profession was most prone to have been that of a lawyer. […] The „typical“ Einsatzkommando officer stood a good chance of surviving the war and almost an equally good chance of avoiding serious judicial proceedings in the post-war years.“ 149 Einen Unterschied gibt es lediglich im Bereich der 147 „Ein besonderer Personenkreis“. Faz.net vom 17. 3. 2010. URL: http://www.faz.net/ artikel/C30923/bnd-ein-besonderer-personenkreis-30084549.html [zuletzt geprüft am 22. 9. 2011]. 148 Zu Böhrsch siehe Breitman, Richard u. a.: U.S. intelligence and the Nazis, Cambridge 2005, S. 382. Zu Zietlow siehe Ullrich 2011, S. 153. Zu Wilfer siehe Státník, Dalibor: Agenti nacistických bezpečnostních složek Gestapa a Sicherheitsdienstu ve službách StB [Agenten der nationalsozialistischen Sicherheitsorgane Gestapo und SD in Diensten der Staatssicherheit], in: Sborník Archivu Ministerstva vnitra [Sammelband des Archivs des Innenministeriums] 1 (2003), S. 5–53. 149 MacLean 1999, S. 144.

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Ausbildung, da bei den durch MacLean untersuchten Männern, wie bereits erwähnt, ein Hochschulstudium viel häufiger vorkam. Bei der Analyse wurden aber nicht nur die gemeinsamen Merkmale der untersuchten SS-Führer verfolgt, sondern es wurden auch die Unterschiede in jedem konkreten Fall berücksichtigt. Jeder der 100 SS-Führer hatte seine eigene Geschichte. Die Vielfalt der Lebenswege konnte durch die hier durchgeführte Untersuchung ermittelt werden. Ein zentrales Ergebnis dieser Betrachtung bestätigt die Schlüsse, die auch Paul in seiner Studie zu den NS-Tätern zog: „Keine Alterskohorte, kein soziales und ethnisches Herkunftsmilieu, keine Konfession, keine Bildungsschicht erwies sich gegenüber der terroristischen Versuchung als resistent.“ 150

3.4. Unterführer und Mannschaften Bei der Untersuchung der Unterführer und Mannschaften aus der NS-Zeit stößt die Forschung zwangsläufig auf das Problem, dass – verglichen mit den SS-Führern – in den allermeisten Fällen viel weniger Material über die jeweilig gesuchte Person zur Verfügung steht. Die Männer auf der unteren Ebene der NS-Hierarchie waren meistens nicht in solchen Maßen wie ihre Vorgesetzten den bürokratischen Vorgängen des Staates unterworfen und traten auch deswegen in den offiziellen Dokumenten eher sporadisch auf, da sie – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – einfach nicht im Vordergrund des Geschehens standen. Dasselbe gilt in der Regel auch im Bereich der strafrechtlichen Ermittlungen aus der Nachkriegszeit. Es wurde vielmehr gegen solche Personen ermittelt, denen anhand ihrer Funktion bzw. ihres Dienstranges die Verantwortung für begangene Verbrechen und die Beteiligung an denselben einfacher nachzuweisen schien und die zudem leichter zu identifizieren waren. 151 Im Rahmen dieser Studie konnte trotz der angedeuteten Schwierigkeiten eine erhebliche Zahl der ehemaligen Angehörigen der Einsatzgruppe H aus den Mannschafts- und Unterführerdienstgraden dem Namen nach ermittelt werden. Da aber ausführliche personenbezogene Angaben bei einem großen Teil von diesen, vor allem was die einfachen Mannschaftsdienstgrade betrifft, als äußerst lückenhaft zu bezeichnen sind, erwies es sich als angebracht, für die folgende Analyse, die anhand derselben Parameter wie die Analyse der SSFührer auszuführen war, ein Sample von lediglich 50 Mann auszuwählen, bei dem die vorhandenen Daten eine sinnvolle statistische Auswertung ermöglich-

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Paul 2002b, S. 62. Eine Überprüfung der in der Bundesrepublik wegen Tötungsverbrechen rechtskräftig verurteilten Angehörigen der EG H ergab folgendes Ergebnis: bei einem Sample von jeweils 100 Mann gab es zehn verurteilte SS-Führer gegenüber vier verurteilten Tätern mit einem Mannschafts- bzw. Unterführerdienstgrad. IfZ München, Datenbank „Verfolgung von NS-Verbrechen“. 151

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ten. 152 Neben einem Sturmmann wurden insgesamt fünf Unterscharführer, zwei Scharführer, 17 Oberscharführer, 19 Hauptscharführer und sechs Sturmscharführer untersucht. Beim Slowakei-Einsatz gehörten fünf dem Stab der Einsatzgruppe H, je sieben den Einsatzkommandos 13 und 14, 15 dem Sonderkommando 7a, drei dem z.b.V.-Kommando 15 und 13 dem z.b.V.-Kommando 27 an. Die meisten hatten zwar eine eher untergeordnete Stellung bei ihren Einheiten; trotzdem fanden sich unter den 50 Männern aber auch drei Stützpunktführer.153 Das Durchschnittsalter dieser Männer lag bei ihrem Einsatz bei der Einsatzgruppe H bei 34 Jahren und ist somit um zwei Jahre niedriger als das bei den SSFührern. Wilhelm Kleinöder (53) war der Älteste, Silvester Weiß (19) der Jüngste. Der überwiegende Teil (37 von 50) wurde zwischen 1906 und 1913 geboren, die meisten in den Jahren 1912 (sieben), 1908 und 1910 (je sechs). Nach den drei wie bei den SS-Führern unterteilten Jahrgangsgruppen gab es einen Unterführer, der vor der Jahrhundertwende geboren worden war und am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, weiter 34 Unterführer, die zu den zwischen 1901 und 1912 Geborenen gehörten und damit beim Machtantritt Hitlers volljährig waren und letztlich 15 Männer, die erst nach 1912 geboren waren. Was den Geburtsort angeht, stammten 37 aus dem Deutschen Reich. Insgesamt 21 Unterführer wurden in Großstädten geboren (davon je drei in Berlin und in Wien), während die anderen 29 aus kleineren Städten und Dörfern stammten. Der größte Unterschied zu den SS-Führern ist erwartungsgemäß in der Kategorie Ausbildung zu verzeichnen. Während bei den 100 untersuchten SS-Führern insgesamt 40 Männer ein Abiturzeugnis vorlegen konnten, gab es bei der hier überprüften Gruppe keinen einzigen Abiturienten und somit auch keinen, der studiert hätte.154 Hiermit hängt auch die nächste Kategorie zusammen, nämlich die des erlernten und ausgeübten Berufs. Bei den Unterführern und Mannschaften gab es keine Juristen oder Volkswirte. Von 39 Männern, bei denen die Angabe über ihren Beruf ermittelt werden konnte, waren elf als Kaufmann oder kaufmännischer Angestellter sowie acht als Polizist tätig, während der Rest den unteren sozialen Schichten angehörte und Berufe wie zum Beispiel Kraftfahrer, Tischler, Zimmermann oder Gärtner ausübte. Auch ihre Väter stammten vorwiegend aus dieser Schicht; von den bekannten 43 Berufen ge-

152 Die Daten für die Analyse wurden verschiedenen Quellen entnommen, wobei zu den wichtigsten die im Bundesarchiv verwahrten Ermittlungsakten der Zentralen Stelle (BArch B 162) und die RuSHA-Akten des ehem. BDC gehörten. 153 Hermann Amman war Führer des Stützpunktes Liptovský Svätý Mikuláš des SK 7a, Alois Gerbrich leitete den Stützpunkt in Bánovce nad Bebravou des z.b.V.-Kdo. 15 und Werner Petzold den Stützpunkt in Turčiansky Svätý Martin des SK 7a. 154 Die Mittlere Reife als höchster Bildungsgrad konnte bei Wilhelm Kleinöder verzeichnet werden.

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hörten zu dieser insgesamt 36, während die Mittelschicht mit lediglich sieben Vätern vertreten war. Was den Familienstand der Männer betraf, so waren 42 verheiratet und zwei ledig.155 Die untersuchten Unterführer waren relativ häufig Mitglieder der Hitlerjugend gewesen. Bei neun und damit bei nahezu 20 Prozent konnte die Mitgliedschaft eindeutig festgestellt werden, was prozentuell das Zweifache im Vergleich zu den SS-Führern darstellt. Die Zugehörigkeit zur SA scheint in Hinsicht auf die Daten bei den SS-Führern demgegenüber etwas seltener gewesen zu sein, vermerkt wurde sie aber immerhin bei mindestens zwölf Unterführern. Die Angaben über die Mitgliedschaft in der NSDAP bzw. der SS konnten nicht für alle 50 Männer lückenlos gewonnen werden. Die NSDAP-Mitgliedschaft ließ sich bei 31 Unterführern ermitteln, wobei die ersten Eintritte 1931 (Felix Landau und Ludwig Lust) und die letzten 1941 (Karl Tollkühn und Rudolf Theimer) erfolgten. Bis 1933 waren bereits elf in der Partei, die meisten Eintritte gab es 1932 (sieben) und dann vor allem 1937 (zwölf). Ähnliche Daten zeigten sich auch im Hinblick auf die SS-Mitgliedschaft, die bei insgesamt 36 Männern festgestellt werden konnte.156 Auch hier erfolgten die Eintritte zwischen 1931 (Ernst Brunsberg) und 1941 (Hans Bonigut). Bis 1933 wurden ebenfalls mindestens elf Männer Mitglied dieser Organisation. Im Jahre 1933 wurden darüber hinaus auch die meisten Eintritte (sieben) verzeichnet. Die Mannschaften und Unterführer der Einsatzgruppe H waren, als sie 1944 in die Slowakei kamen, zum großen Teil, genauso wie die SS-Führer, ‚erfahrene Männer‘. Die meisten von ihnen hatten mehrere Einsätze hinter sich, insbesondere auch in Osteuropa, und wussten, was sie als Angehörige einer Einsatzgruppe zu tun hatten, was ihre Aufgabe war, was man von ihnen erwartete. Zumindest vier Männer hatten bereits 1939 beim Einsatz der Einsatzgruppen in Polen Erfahrungen gesammelt; 157 viele gehörten den aus diesen später gebildeten stationären Dienststellen der KdS an, so zum Beispiel in Lublin, Krakau und Warschau. 158 Mindestens sieben waren beim KdS Lemberg tätig, wo seit März 1943 als Amtsinhaber der spätere Chef der Einsatzgruppe H Josef Witiska fungierte.159 Andere wurden in die Sowjetunion abkommandiert und beteiligten sich als Angehörige der Einsatzgruppen A, B, C oder D an den dort begangenen Verbrechen, wobei die meisten ihren Dienst beim Sonderkommando 7a ableisteten, mit dem sie dann auch nachher in die Slowakei ka155

Bei den übrigen sechs konnten die Angaben nicht ermittelt werden. In dieser Zahl sind auch sieben SS-Bewerber eingeschlossen. 157 Bruno Hein, Josef Maurer, Alfred Ott und Rudolf Theimer. 158 KdS Lublin: Bruno Hein, Wilhelm Kleinöder, Felix Landau, Josef Maurer, August Rogall und Rudolf Theimer. KdS Krakau: Karl Gleixner, Wilhelm Kleinöder und August Museiko. KdS Warschau: Hans Kohlbrecher, Edmund Langer und Gottfried Spatzek. 159 Benedikt Hirler, Wilhelm Kleinöder, Felix Landau, Walter Melchior, August Museiko, Alfred Ott und Johann Rauch. 156

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men. 160 Eingesetzt wurden die Unterführer während des Krieges aber auch in Minsk, Budapest, Belgrad oder Brüssel. Zumindest einer tat seinen Dienst in Auschwitz, vier wiederum waren dem Sonderkommando 1005 für die Enterdung und Verbrennung der Leichen zugeteilt. 161 Für ihre Taten wurden ihnen Auszeichnungen verliehen – am häufigsten waren dies die Ostmedaille und das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse, die bei mindestens je sechs Männern festgestellt werden konnten sowie das Eiserne Kreuz II. Klasse, mit dem zumindest drei Unterführer ausgezeichnet wurden.162 Was die strafrechtliche Ahndung nach dem Krieg angeht, muss man auch bei dieser Gruppe konstatieren, dass sich die meisten Täter dieser entziehen konnten. In der Bundesrepublik wurden lediglich vier Urteile gefällt. Felix Landau wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt, Rudolf Theimer zu vier Jahren und Karl Tollkühn zu dreieinhalb Jahren. Im Falle von Silvester Weiß – der sich in der Bundesrepublik als Einziger überhaupt wegen seiner Tätigkeit bei der Einsatzgruppe H vor Gericht verantworten musste – wurde eine Jugendstrafe von einem Jahr verhängt, die bei der Urteilsverkündung zur Bewährung ausgesetzt wurde. 163 Weitere Verurteilungen gab es im Ausland. Zwei Todesurteile wurden vollstreckt. Willi Kunze wurde am 2. April 1946 durch ein Volksgericht in der Tschechoslowakei wegen seiner Tätigkeit im Protektorat zum Tode verurteilt und einen Tag später hingerichtet. 164 Gegen Johann Rauch wurde am 24. Juni 1949 in Krakau wegen seiner Tätigkeit beim KdS Lemberg und dem Sonderkommando 1005 dieselbe Strafe verhängt, wobei die Vollstreckung in diesem Fall am 17. November 1949 erfolgte.165 Ein rechtskräftiges Urteil gab es zudem auch in der DDR, als das Bezirksgericht Potsdam Edmund Langer am 28. Februar 1974 wegen seiner Tätigkeit beim KdS Warschau zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilte. 166 Ansonsten erfolgten in der Slowakei gegen die 160 Alois Engel, Johann Hassler, Erwin Malkowsky, Josef Maurer, Werner Petzold und Ernst Wannert. 161 Hans Engelmann war in Auschwitz. Dem SK 1005 gehörten Karl Gleixner, August Museiko, Johann Rauch und Rudolf Theimer an. 162 Ostmedaille: Karl Fleischer, Johann Hassler, Fredy Jach, Werner Petzold, Gottfried Spatzek und Josef Szalay. KVK II: Johann Hassler, Edmund Langer, Otto Nehring, Johann Rauch, Josef Szalay und Rudolf Theimer. Eisernes Kreuz II: Karl Fleischer, Fredy Jach und Ernst Wannert. 163 Mehr zu den Urteilen gegen Landau, Theimer und Tollkühn siehe weiter in diesem Kapitel. Das Urteil gegen Weiß siehe Kap. 4.2.3. 164 Urteil Willi Kunze, MLS Uherské Hradiště, 2. 4.1946. ABS Praha, 135–5–4. 165 Urteil Johann Rauch, BG Kraków, 24. 6. 1949. Mitteilung per E-Mail von Wolfgang Form (Koordinator des International Research- and Documentation Centre For War Crimes Trials an der Philipps-Universität Marburg) an die Verfasserin vom 13. 8. 2011. 166 Urteil Edmund Langer, BG Potsdam, 28. 2. 1974. Rüter, Christiaan F. u. a. (Hrsg.): DDR-Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung ostdeutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen, Die Verfahren Nr. 1031–1061 der Jahre 1965–1974, Bd. II,

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hier untersuchten Männer zumindest zwei Urteile in Abwesenheit 167 und zwei weitere Urteile mit einer eher geringen Strafzumessung.168 Die Mannschaften und Unterführer der Einsatzgruppe H fanden nach dem Krieg größtenteils den Weg in die westdeutsche Gesellschaft. Zumindest sieben waren bei der Polizei tätig, davon drei als Polizeiobermeister und zwei als Kriminalhauptmeister.169 Bei vielen waren zwar Angaben über den nach 1945 ausgeübten Beruf nicht zu ermitteln, als überwiegende Tendenz lassen sich aber dennoch Berufe aus unteren sozialen Schichten wie Pförtner, Schreiner, Mechaniker oder Schlosser anführen. Felix Landau als Innenarchitekt oder Rudolf Theimer und Karl Tollkühn als kaufmännische Angestellte waren eher eine Ausnahme. Fest steht, dass viele in der Bundesrepublik blieben und ein hohes Alter erreichten. Bei mehr als der Hälfte der untersuchten Männer konnte der Hinweis gefunden werden, dass sie noch in den 1970er Jahren und später in der Bundesrepublik lebten. Die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung eines Teils der Mannschaften und Unterführer der Einsatzgruppe H beweisen, dass sich unter diesen Männern auch solche befanden, die eindeutig als NS-Verbrecher zu bezeichnen sind. Sie beteiligten sich während ihrer Einsätze in Osteuropa direkt an der Judenvernichtung und kamen dann 1944 mit diesen Erfahrungen in die Slowakei. Im Folgenden werden kurze Biographien von vier Unterführern präsentiert, die dieser Gruppe zuzuordnen sind. Es sind dies Felix Landau, Rudolf Theimer und Karl Tollkühn, die alle nach 1945 in der Bundesrepublik rechtskräftig verurteilt wurden, sowie der Gaswagenfahrer Johann Hassler, der sich einer strafrechtlichen Verurteilung erfolgreich entziehen konnte.170 Felix Landau wurde am 21. Mai 1910 als uneheliches Kind der ledigen Maria München 2002, S. 119–139 (Lfd. Nr. 1038). Zu Langer, seiner Verurteilung und seiner Tätigkeit in den staatlichen Organen der DDR siehe Leide, Henry: NS-Verbrecher und Staatssicherheit. Die geheime Vergangenheitspolitik der DDR, Göttingen 2005, S. 86 f. 167 Urteil Felix Landau, OLS Nitra, 23. 12. 1947 (Todesstrafe). NA Praha, GP, FGPt 1686/70 (EK 13 Trenčín). Urteil Konrad Leker, LS Trenčín, 29. 12. 1948 (30 Jahre). NA Praha, 316, Váleční zločinci [Kriegsverbrecher] – 241. 168 Franz Möhrwald wurde 1947 in Trenčín zu zehn Monaten Haftstrafe verurteilt. Urteil Franz Möhrwald, OLS Trenčín, 30.12. 1947. NA Praha, 316–197–13. Otto Nehring wurde 1948 in Banská Bystrica zu zwei Jahren Haftstrafe verurteilt. Urteil Otto Nehring, LS Banská Bystrica, 26. 5. 1948. NA Praha, GP, EK 14. Noch davor wurde Nehring durch das Volksgericht in Uherské Hradiště wegen seiner Tätigkeit bei der Gestapo in Hodonín zu drei Jahren Haftstrafe verurteilt. Urteil Otto Nehring, MLS Uherské Hradiště, 9. 4. 1947. ŠA Banská Bystrica, LS Banská Bystrica, Ls 242/47 (Nehring). 169 Alois Gerbrich, Benedikt Hirler, Wilhelm Wehrfritz (alle Polizeiobermeister), Karl Heinrich Ewald, Alois Engel (beide Kriminalhauptmeister), Otto Knittel (Kriminalobermeister) und Wilhelm Köhler (Polizeihauptmeister). 170 Zur Biographie von Silvester Weiß, dem vierten in der Bundesrepublik rechtskräftig verurteilten Mann aus dieser Gruppe, siehe Kap. 4.2.3.

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Maier und des aus Ungarn stammenden Bäckergehilfen Paul Stipkowich in Wien geboren. 171 Als er ein Jahr alt war, heiratete seine Mutter den jüdischen Privatbeamten Jakob Landau, der ihrem Sohn 1916 seinen Namen verlieh. 172 Landau erwarb eine achtjährige Schulausbildung im Internat eines katholischen Laienordens; das anschließende Lehrlingsinternat musste er bereits nach einem Jahr wegen kirchenfeindlicher Propaganda und aktiver Werbetätigkeit für die NS-Jugend verlassen. Im März 1930 wurde er nach freiwilliger Bewerbung zum österreichischen Bundesheer einberufen, doch auch hier wurde er 1933 vorzeitig entlassen, weil er für die NSDAP politisch tätig war. Nach dem Verbot der NSDAP blieb er ihr illegales Mitglied, beteiligte sich im Juli 1934 am Putsch in Wien, wurde festgenommen und saß bis Februar 1937 im Gefängnis. Nach der Entlassung flüchtete er ins Reichsgebiet, wo er nach seiner Einbürgerung eine Stelle als außerplanmäßiger Kriminalassistent in Ranis in Thüringen bekam. Anfang März 1938 wurde er einem Einsatzkommando für den Einmarsch in Österreich zugeteilt, verblieb dann bei der Dienststelle der Gestapo in Wien, wo man ihn mit der Sicherstellung jüdischen Vermögens beauftragte. Von Wien aus beteiligte er sich an einem mehrwöchigen Einsatz eines weiteren Kommandos in Olmütz im späteren Protektorat Böhmen und Mähren, bevor er im April 1940 zum KdS Radom versetzt wurde. Im Juni 1941 meldete er sich freiwillig zu einem für die Sowjetunion bestimmten Einsatzkommando, kam mit der Einsatzgruppe C Anfang Juli nach Lemberg und wenige Tage später mit einem Teilkommando nach Drohobycz. Dort beauftragte man ihn mit der Organisation und Aufsicht des Arbeitseinsatzes der Juden, dort hatte er erstmals Macht über Menschen. Mitte 1943 wurde er zu seiner Heimatdienststelle nach Wien zurückbeordert, wo er, abgesehen von einem kurzen Aufenthalt in Lublin, vorerst verblieb. Anfang 1944 versetzte man ihn zur Außenstelle der Gestapo in Znaim; später kam die Abkommandierung zum Einsatzkommando 13 der Einsatzgruppe H, bei dem er bis zum Kriegsende tätig war. Danach tauchte er in Österreich in der Nähe von Linz unter, wurde dort jedoch von einem Juden aus Drohobycz erkannt und im Juni 1946 durch die Amerikaner festgenommen. Im August 1947 konnte er aus dem Internierungslager Glasenbach fliehen und setzte sich Ende des Jahres illegal nach Westdeutschland ab, wo er sich unter dem falschen Namen Rudolf Jaschke als sudetendeutscher Flüchtling ausgab. Zunächst arbeitete er als Maschinenmeister, dann als technischer Leiter und ab 1950 als Innenarchitekt. Als er Anfang 1958 eine neue Ehe eingehen wollte,173 teilte er der Kriminalpolizei in Stuttgart seine richtigen Personalien mit. Daraufhin wurde er im August dessel171 Urteil Felix Landau, LG Stuttgart, 16. 3. 1962. BArch B 162/14129. Hier auch die weiteren Angaben zur Person von Landau. 172 Jakob Landau ist 1919 verstorben. 173 Es ging hier um die dritte Ehe von Felix Landau.

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ben Jahres festgenommen und am 16. März 1962 durch das Landgericht Stuttgart wegen Mordes an 20 Menschen in Drohobycz im Juli 1941 zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Landau war bereits als 15-jähriger der „Nationalsozialistischen Arbeiterjugend“ beigetreten und gehörte ihr bis 1927 an. Im März 1931 wurde er Mitglied der NSDAP, im Juni 1933 der SA und ein Jahr später der SS, in der er den Dienstrang eines Hauptscharführers bekleidete. Im August 1940 wurde ihm wegen der erlittenen Haftzeit nach dem Juliputsch der österreichischen Nationalsozialisten der Blutorden der NSDAP verliehen. Während des Krieges beteiligte er sich direkt an Massenmorden. Im Urteil des Landgerichts Stuttgart wurde festgehalten, der „Angeklagte gehörte zu den von den Juden am meisten gefürchteten SS-Leuten. Er schlug die Juden aus nichtigen Anlässen brutal mit Faustschlägen bis zur Bewusstlosigkeit nieder und trat sie mit den Stiefeln.“ 174 Sein erhaltengebliebenes Tagebuch, das er 1941 während seines Einsatzes in Galizien führte, ist ein einzigartiges Zeugnis seiner damaligen Taten und seines Empfindens. So notierte er: „Am 2. 7. 1941 um 16 Uhr kamen wir in Lemberg an. Warschau ist harmlos dagegen, das ist der erste Eindruck. Kurz nach der Ankunft wurden von uns die ersten Juden erschossen.“ 175 Landau wurde durch das Landgericht Stuttgart wegen der Erschießung von 20 Juden schuldig gesprochen. Im Urteil hieß es, er habe ein Exempel statuieren wollen, um „den Juden in Drohobycz seine persönliche Macht über Leib und Leben deutlich vor Augen zu führen und sie in ständige Todesangst zu versetzen.“ Auch hierzu gibt es unter dem Datum 22. Juli 1941 einen Eintrag in seinem Tagebuch: „Morgens kamen nicht meine bestellten Arbeiter. Als ich nebenan zum Judenkomité [sic] gehen wollte, kam gerade ein Mitarbeiter von diesem an und ersuchte mich um Unterstützung, da sich die Juden weigerten, hier zu arbeiten. Na, ich aber hinüber. Als mich diese Arschlöcher sahen, rannten alle nach allen Himmelsrichtungen auseinander. Schade, ich hatte keine Pistole mit, sonst hätte ich einige über den Haufen geschossen. Ich ging nun zum Judenrat und eröffnete ihm, dass, wenn nicht in einer Stunde 100 Juden angetreten seien, dann würde ich mir 100 Juden aussuchen, und zwar nicht zum Arbeiten, sondern zum Erschießen. Kaum 30 Minuten später kamen 100 Juden an und außerdem noch 17 Mann für diejenigen, die erst geflüchtet waren. Ich meldete den Vorfall und verlangte gleichzeitig, dass man die Geflüchteten, also die Arbeitsverweigerer erschießen müsse. Dies geschah auch genau 12 Stunden später, 20 Juden wurden umgelegt.“ Zehn Tage früher hatte er sich direkt an Erschießungen von Juden beteiligt, wozu er in seinem Tagebuch am 14. Juli 174 Urteil Felix Landau, LG Stuttgart, 16. 3. 1962. BArch B 162/14129. Hier auch die weiteren Zitate aus dem Urteil. 175 Tagebuch Felix Landau. BArch B 162/3380. Hier auch die weiteren Zitate aus dem Tagebuch.

Unterführer und Mannschaften

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1941 Folgendes notierte: „Um 6 Uhr früh werde ich plötzlich aus meinem schweren festen Schlaf geweckt. Zur Exekution antreten. Nun gut, spiele ich halt noch Henker und anschließend Totengräber, warum nicht. Es ist doch eigentümlich, da liebt man den Kampf und dann muss man wehrlose Menschen über den Haufen schießen. 23 sollen erschossen werden, darunter befinden sich die schon erwähnten 2 Frauen. […] Eigentümlich in mir rührt sich nichts, kein Mitleid – nichts – es ist eben so – und damit ist für mich alles erledigt. […] Sechs Mann hatten wir nun diese zu erschießen. Die Einteilung wurde getroffen, 3 Mann auf Herz, 3 auf Schädl, ich nehme Herz. Die Schüsse fallen und die Gehirnmassen schwirren durch die Luft. Zwei auf Schädel ist zu viel, sie reißen fast den ganzen Schädl weg.“ Ein weiterer Unterführer der Einsatzgruppe H, der hier vorgestellt werden soll, ist Rudolf Theimer. Er wurde am 26. Dezember 1913 in Marienberg/Mähren als Sohn eines städtischen Angestellten, der im Ersten Weltkrieg fiel, geboren. 176 Theimer besuchte die Volks- und Mittelschule und machte anschließend eine dreijährige kaufmännische Lehre. Danach arbeitete er als Handelsgehilfe und Verkäufer, außer in den Jahren 1933 bis 1935, in denen er seinen Militärdienst in der tschechoslowakischen Armee leistete. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen und der Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren im März 1939 wurde er als Kriminalassistenten-Anwärter bei der deutschen Grenzpolizei, die der Gestapo unterstand, eingestellt. Im August kam er nach Wien, wo er einem Einsatzkommando zugeteilt und mit diesem in den ersten Kriegstagen nach Polen abgeordnet wurde. Ende des Jahres wurde das Kommando in die stationäre Dienststelle des KdS Lublin umgewandelt. Theimer verrichtete dort seinen Dienst bis zum Frühjahr 1940; dann versetzte man ihn mit weiteren 15 bis 20 Mann nach Chelm, wo er im Dienstrang eines Unterscharführers vor allem als Dolmetscher für Polnisch fungierte. Im Herbst 1943 wurde er für ungefähr sechs Monate dem Sonderkommando 1005 zugeteilt. Seine Aufgabe war es, die Häftlinge, die bei der Beseitigung der Massengräber arbeiteten, zu beaufsichtigen. Anschließend kehrte er zurück zum KdS Lublin und wurde dort im Sommer 1944 dem z.b.V.-Kommando 27 zugeteilt, mit dem er in die Slowakei kam. Bei Kriegsende geriet er in Südböhmen in russische Gefangenschaft, aus der er jedoch unter Verschweigen seiner Zugehörigkeit zu Gestapo und SS bereits im September 1945 entlassen wurde. Er begab sich nach Wien und machte dort Gelegenheitsarbeiten bei der amerikanischen und russischen Besatzungsmacht, bevor er 1946 nach Öhringen zu seiner Mutter

176 Urteil Rudolf Theimer, LG Heilbronn, 14. 5. 1963. Rüter, Christiaan F. u. a. (Hrsg.): Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen, Bd. XIX, Amsterdam 1978 (Lfd. Nr. 551). Weitere Angaben auch in Ullrich 2011, S. 276–278.

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Personal der Einsatzgruppe H

kam. Dort ließ er sich nieder, arbeitete als kaufmännischer Angestellter, heiratete und wurde Vater von zwei Kindern. Am 2. November 1960 wurde Theimer an seiner Arbeitsstelle festgenommen. Der frühere Oberscharführer, der für seine Einsätze mit dem Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet worden war, musste sich nun für seine Tätigkeit in Chelm verantworten. Es wurde bekannt, dass er einem Kommando zugeteilt worden war, das nach dem Aufstand in Sobibor Mitte Oktober 1943 das dortige Lager durchkämmte und eine größere Anzahl von Häftlingen tötete. Im Januar 1944 erschoss Theimer einen Mann und eine Frau, die er in das Lager des Sonderkommandos 1005 gebracht hatte. Zwei Monate später wurden mindestens 24 jüdische Häftlinge des Sonderkommandos 1005 durch Theimer und seine Kollegen erschossen.177 Auf Grund dieser und weiterer Taten wurde er am 14. Mai 1963 durch das Landgericht Heilbronn wegen Beihilfe zum Mord zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. 178 Am 4. Januar 1965 trat er seine Strafe an, die unter Anrechnung der Untersuchungshaft bis zum April 1967 andauern sollte. Bereits nach neun Monaten, am 1. September 1965, wurde er aber auf Bewährung entlassen. 179 Nach seiner vorzeitigen Entlassung beschäftigte man ihn bei seiner alten Firma in Öhringen. Dort verstarb Theimer am 1. November 1978.180 Auch der nächste Unterführer der Einsatzgruppe H Karl Tollkühn wurde in der Bundesrepublik rechtskräftig verurteilt. Er wurde am 14. Juli 1912 in Riga als Sohn baltendeutscher Eltern geboren. 181 Sein Vater arbeitete als Angestellter einer Versicherung und verstarb 1927. Nach dem sechsjährigen Besuch einer deutschen Grundschule und einer kaufmännischen Fachschule in Riga absolvierte Tollkühn eine kaufmännische Lehre bei einer Mineralölgesellschaft, bei der er anschließend bis 1937 beschäftigt war. Ende 1939 kam er nach Posen und betätigte sich dort bei seiner alten Firma, die ihren Betrieb dorthin verlegt hatte. Mitte Dezember desselben Jahres wurde er in das Deutsche Reich eingebürgert. 1940 trat er der SS und 1941 der NSDAP bei. In die Waffen-SS, in die er sich freiwillig meldete, wurde er wegen seiner Kurzsichtigkeit nicht aufgenommen. Im Frühjahr 1941 wurde er notdienstverpflichtet, erhielt in Pretzsch eine militärische Grundausbildung und wurde dem Einsatzkommando 2 der Einsatzgruppe A als Dolmetscher für die lettische Sprache zugeteilt. Mit einem Teilkommando kam er im Juli 1941 über Litauen in seine Geburtsstadt Riga und 177

Ullrich 2011, S. 277. Das vorherige Urteil des LG Heilbronn vom 22. 5. 1962 wurde nicht rechtskräftig, da die Revision des Angeklagten durch die Entscheidung des BGH vom 22. 1. 1963 zugelassen und das Verfahren zurückverwiesen wurde. 179 IfZ München, Datenbank „Verfolgung von NS-Verbrechen“ (Theimer). 180 Ullrich 2011, S. 278. 181 Urteil Karl Tollkühn, LG Hamburg, 9. 5. 1983. BArch B 162/14640. Hier auch die weiteren Angaben zur Person von Tollkühn und Zitate aus der Urteilsschrift. 178

Unterführer und Mannschaften

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verblieb dort bis zum Herbst 1943. Nach der Umwandlung des Einsatzkommandos 2 in die stationäre Dienststelle des KdS Lettland gehörte er der Abteilung IV (Gestapo) an und beteiligte sich in dieser Funktion an Deportationen und Erschießungen von Juden. Später versetzte man ihn zum KdS Belgrad und anschließend zum Einsatzkommando 14 der Einsatzgruppe H in die Slowakei, wo er das Kriegsende erlebte. Nach der Kapitulation geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft, konnte jedoch seine Zugehörigkeit zur Gestapo verheimlichen und wurde nach 14 Tagen entlassen. Nach einigen Gelegenheitsarbeiten erhielt er eine kaufmännische Beschäftigung bei einer Landmaschinenfabrik im Allgäu, bei der er bis zu seiner Rente 1975 blieb. Er lebte in Wangen mit seiner Frau, mit der er zwei Kinder hatte, und verstarb am 8. April 1986. 182 Tollkühn war einer der letzten 20 in der Bundesrepublik bis heute rechtskräftig verurteilten NS-Verbrecher. Der frühere Hauptscharführer, der sich als Mitglied der deutschen Minderheit in Lettland bereits 1937 einer der Nationalsozialisten nahestehenden politischen Organisation angeschlossen hatte, wurde am 9. Mai 1983 durch das Landgericht Hamburg wegen zweier Verbrechen der Beihilfe zum Mord an jeweils mindestens 700 Menschen zu dreieinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Diese Verbrechen beging er als Angehöriger des Einsatzkommandos 2 bzw. der KdS-Dienststelle Lettland. Er brachte die aus dem Reich deportierten Juden vom Bahnhof in Riga zum Erschießungsort, wodurch er sich direkt an der in Lettland erfolgten Judenvernichtung beteiligte. Da aber das Gericht zu der Überzeugung gelangte, dass er „zur Zeit seines Einsatzes in Riga ein überzeugter Nationalsozialist war, der ehrgeizig, pflichteifrig im Sinne seiner Vorgesetzten, mit unbedingtem und unkritischem Gehorsam seinen Dienst in der Gestapo versah“, wurde er nicht als Mittäter, sondern lediglich als Gehilfe zu einer ausgesprochen milden Strafe verurteilt. In der Begründung des Gerichts wurde festgehalten, Tollkühn „handelte auf Befehl und teilte weder die Beweggründe noch das Tatinteresse der Haupttäter. Das Gericht hat keine überzeugenden Anhaltspunkte dafür gefunden, dass er die Taten als eigene gewollt hätte.“ Der letzte hier ausgewählte Unterführer der Einsatzgruppe H wurde im Gegensatz zu den vorigen drei in der Bundesrepublik nie vor Gericht gestellt. Johann Hassler wurde am 19. Mai 1906 in Dischingen als Sohn eines Metzgermeisters geboren. 183 Als er zwei Jahre alt war, verstarb sein Vater, und seine Mutter heiratete kurz darauf wieder. Nach dem Besuch der Volksschule in

182

ZSt Ludwigsburg, Personenkartei (Tollkühn). Vernehmung Johann Hassler, 25. 5. 1962. Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 317 III, Bü 52, Bd. VIII. Ergänzende Angaben zur Person von Hassler auch in BArch (ehem. BDC), RuSHA, Hassler, Johann, 19. 5. 1906 und Proske, Wolfgang: „Ich bin nur gefahren!“. Johann Haßler, in: Proske, Wolfgang (Hrsg.): Täter Helfer Trittbrettfahrer. NS-Belastete von der Ostalb, Münster-Ulm 2010, S. 139–143. 183

222

Personal der Einsatzgruppe H

Lindau, wo er zweimal eine Klasse wiederholen musste, war er ein Jahr als Helfer bei einem Bauer beschäftigt, bevor er in eine Schuhmacherlehre ging. Diese musste er nach anderthalb Jahren aus gesundheitlichen Gründen aufgeben und betätigte sich anschließend seit 1922 in verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben am Bodensee. Nach drei Jahren wurde er als Magazinverwalter in einer Kolonialwarengroßhandlung in Lindau eingestellt, in der er bis 1937 tätig war und unter anderem Führerscheine für Pkw und Lkw auf Kosten der Firma erwarb. Nach weiteren zwei Jahren, in denen er als Kraftfahrer beim Finanzamt Lindau beschäftigt war, wurde er im Mai 1939 hauptamtlich für die Fahrbereitschaft von SS und SD übernommen. In dieser Position versetzte man ihn im Oktober 1939 zunächst zum SD Augsburg, später zum SD-OA München und Anfang 1942 zum SD Berlin. Von dort aus wurde er zur Einsatzgruppe B nach Smolensk abkommandiert und dem Sonderkommando 7b zugeteilt. Bei diesem Kommando fungierte er mehrmals als Fahrer eines Gaswagens. Im Sommer 1944 wurde er zum Sonderkommando 7a abgeordnet, mit dem er später über Warschau in die Slowakei kam und dort der Einsatzgruppe H angehörte. Nach der Auflösung des Kommandos beim Kriegsende kehrte er im April 1945 nach Lindau zurück, wo er für ungefähr ein Jahr von den Franzosen inhaftiert wurde. Nach der Entlassung heiratete er und wurde kurz darauf Vater. Bis 1956 arbeitete er weiterhin als Kraftfahrer, später als Hilfsarbeiter in verschiedenen Firmen. Im Jahre 1962 wohnte er in Wasserburg am Bodensee. Hassler trat 1932 der NSDAP als auch der SS bei. Sein letzter Dienstgrad war der eines Hauptscharführers. Für seine Einsätze bei den Sonderkommandos wurde er mit der Ostmedaille und dem Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet. Nach dem Krieg gab er zu, 1942 und 1943 einen Gaswagen gefahren zu haben. Bei einer Fahrt damit wurden 25 bis 50 Menschen ermordet, wobei immer mehrere Fahrten pro Tag erfolgten. Der Vorgang verlief so, dass bei Anlassen des Motors die Auspuffgase in den Abgasschlauch und von dort in das im Wageninneren angebrachte Auspuffrohr gingen, wo das Gas sich dann verteilte. Der Motor wurde für wenigstens zehn Minuten betrieben. Während dieser Zeit waren oft Schreie und Klopfen der eingeschlossenen Menschen zu hören, bevor tiefe Bewusstlosigkeit und dann der Tod eintraten. Hassler erklärte nach 1945 in einer Vernehmung, er sei nur gefahren. Dabei vergaß er darauf hinzuweisen, dass „es der Fahrer war, der zunächst unter den Wagen kletterte, um den Schlauch anzuschließen und der dann die Abgase des Fahrzeugs in das hintere Wageninnere leitete. Er vergaß auch mitzuteilen, dass der Fahrer den Motor anließ und anschließend Gas gab. Er ging des Weiteren darüber hinweg, dass es Sache des Fahrers war, eine eher langsame Geschwindigkeit zu wählen, die vom Fahrer so berechnet sein musste, dass die Menschen im Wageninnern während der Fahrt bis zur Grube sicher gestorben waren.“ 184 184

Proske 2010, S. 142.

Unterführer und Mannschaften

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Auch wenn Hassler in verschiedenen Verfahren in der Bundesrepublik im Laufe der Zeit genannt wurde, ist es nie zu einer Verurteilung gekommen. In den 1970er Jahren wurde das letzte Verfahren gegen ihn aus Mangel an Beweisen eingestellt.185

185

Ebd., S. 143.

4. Strafverfolgung nach 1945 Die durch die Angehörigen der Einsatzgruppe H auf slowakischem Gebiet seit Spätsommer 1944 begangenen Verbrechen blieben nach dem Krieg zum großen Teil ungesühnt. Von den in der vorliegenden Arbeit untersuchten 100 SSFührern wurden lediglich zwei wegen ihrer Tätigkeit bei der Einsatzgruppe H rechtskräftig verurteilt. Im ersten Fall wurde der frühere Angehörige des Stabs der Einsatzgruppe Helmut Hoppe 1947 durch ein slowakisches Volksgericht zu 20 Jahren Haft verurteilt; im zweiten Fall wurde 1951 von einem österreichischen Volksgericht gegen den einstigen Stützpunktführer des Einsatzkommandos 13 in Žilina Werner Schönemann eine neunmonatige Freiheitsstrafe ausgesprochen. Weitere Urteile wurden in Abwesenheit der Angeklagten verhängt oder die Verfahren wurden noch vor der Anklageerhebung mit verschiedenen Begründungen eingestellt. Einige rechtskräftige Verurteilungen gegen die SS-Führer ergingen hingegen in solchen Prozessen, die außerhalb der Slowakei verübte Verbrechen zum Gegenstand hatten. So wurden etwa fünf Kommandoführer in den ersten Nachkriegsjahren durch tschechische, polnische, jugoslawische und französische Gerichte zum Tode verurteilt und anschließend hingerichtet. In der Bundesrepublik gab es zehn wegen Tötungsverbrechen abgeurteilte SS-Führer der Einsatzgruppe H – zumeist wegen direkter Beteiligung an der Judenvernichtung in Osteuropa. Im folgenden Teil der Untersuchung wird die strafrechtliche Ahndung der Angehörigen der Einsatzgruppe H eingehend geschildert. Die gefällten Urteile sowie die ohne ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahren stehen dabei im Vordergrund. Um diese richtig einordnen und bewerten zu können, erwies es sich darüber hinaus als unvermeidbar, ebenfalls den näheren Kontext zu skizzieren, das heißt den Verlauf der Strafverfolgung von NS-Verbrechen in den zuständigen Ländern zumindest in Grundzügen zu beschreiben. Im ersten Kapitel wird die tschechoslowakische Volksgerichtsbarkeit in den Jahren 1945 bis 1948 behandelt. Im zweiten Kapitel wird ein detailliertes Bild der Situation in der Bundesrepublik geboten. Zum Schluss folgt eine kurze Schilderung der Strafverfolgung in weiteren vier Ländern, in denen Angehörige der Einsatzgruppe H hingerichtet wurden bzw. in denen ein Urteil dazu erging.

4.1. Strafverfolgung in der Tschechoslowakei 1945–1948 Die Verbrechen der Einsatzgruppe H wurden auf einem Gebiet begangen, das nach dem Krieg wieder ein Teil der Tschechoslowakischen Republik wurde. Der slowakische Staat hörte nach sechs Jahren auf zu existieren. Dennoch gab

Strafverfolgung in der Tschechoslowakei 1945–1948

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es in den ersten Jahren der wiedererrichteten Republik Bereiche, die ausschließlich in die Kompetenz des Slowakischen Nationalrats, des gesetzgebenden Organs der autonomen Verwaltung in der Slowakei, gehörten und somit der Entscheidungsgewalt der Prager Regierung entzogen waren. Einer dieser Bereiche war auch die strafrechtliche Verfolgung der seit 1938 begangenen Verbrechen. Diese orientierte sich an den einschlägigen Abkommen der Alliierten, die noch während des Krieges oder kurz danach abgeschlossen worden waren,1 im Grunde erfolgte sie jedoch anhand eigens hierzu geschaffener Vorschriften. Das durch die tschechoslowakische Exilregierung in London ausgearbeitete Dekret mit den Bestimmungen für die Strafverfolgung von NS- und Kriegsverbrechern wurde durch den Slowakischen Nationalrat abgelehnt, 2 was dazu führte, dass in der Tschechoslowakei letztendlich in dieser Sphäre nach zweierlei unterschiedlichen Normen verfahren wurde. Im westlichen Teil der Republik bildete die Grundnorm das sogenannte große Retributionsdekret vom 19. Juni 1945, in der Slowakei die bereits einen Monat früher in Kraft getretene Verordnung des Slowakischen Nationalrats Nr. 33/1945. Im Folgenden werden der Verlauf und die Ergebnisse der „Retribution“ 3 in beiden Teilen der Tschechoslowakischen Republik beschrieben sowie konkrete Fälle von den in diesem Rahmen beschuldigten oder verurteilten Angehörigen der Einsatzgruppe H angeführt. 4.1.1. Normen, Verlauf und Ergebnisse – Tschechien 4 Die wichtigste rechtliche Norm für die Strafverfolgung von NS-Verbrechen in den Jahren 1945 bis 1948 bildete im westlichen Teil der Tschechoslowakei das „Dekret des Präsidenten der Republik über die Bestrafung der nationalsozialistischen Verbrecher, der Verräter und ihrer Helfer und über die außerordentlichen Volksgerichte“, das in seiner ersten Fassung bereits am 1. Februar 1945 durch den Präsidenten im Londoner Exil unterschrieben worden war. 5 Geneh1 Dies waren vor allem die St. James Palace Declaration vom 13. 1. 1942, die Moskauer Deklaration vom 1.11.1943 und das Potsdamer Abkommen vom 8. 8. 1945 mit der Charta des Internationalen Militärgerichtstribunals. 2 Insgesamt wurden in der Tschechoslowakei 140 Dekrete des Präsidenten (sog. BenešDekrete) herausgegeben, von denen allerdings nur 44 auf dem Gebiet der Slowakei in Kraft traten. Šutaj 2002, S. 27. 3 Das Wort Retribution (lateinisch retributio für Vergeltung oder Erwiderung) ist ein juristischer Begriff für die durch tschechoslowakische Organe 1945 bis 1948 durchgeführte Strafverfolgung von NS- und Kriegsverbrechen. 4 Einfachheitshalber wird hier der Begriff „Tschechien“ für die historischen Länder Böhmen, Mähren und Schlesien sowie als Abgrenzung zur Slowakei innerhalb der Tschechoslowakischen Republik verwendet. Zur Begriffserklärung vgl. Lemberg, Hans: Haben wir wieder eine „Tschechei“? Oder: Wie soll das Kind denn heißen?, in: Bohemia 34/1 (1993), S. 106–114. 5 Daneben gab es noch zwei wichtige Retributionsdekrete: „Dekret über das National-

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Strafverfolgung nach 1945

migt wurde das Dekret später durch die erste tschechoslowakische Nachkriegsregierung mit einer einzigen größeren Änderung, die den Straftatbestand Denunziation betraf, der „nach Beratungen mit den Vertretern des heimischen Widerstands und auf Drängen insbesondere der Kommunisten“ 6 in die Rechtsnorm aufgenommen wurde. Das Dekret, erlassen am 19. Juni 1945, wurde in 34 Paragraphen aufgeteilt und mit folgenden Worten eingeleitet: „Die unerhörten von den Nazis und ihren verräterischen Mitschuldigen an der Tschechoslowakei begangenen Verbrechen rufen nach unerbittlicher Gerechtigkeit. Die Unterjochung des Vaterlandes, die Mordtaten, die Knechtung, die Plünderungen und Demütigungen, deren Opfer das tschechoslowakische Volk wurde, und alle die vielfachen deutschen Greueltaten, die leider auch untreu gewordene tschechoslowakische Bürger unterstützt oder an denen sie sich beteiligt haben, einige von ihnen unter Missbrauch ihrer hohen Ämter, Mandate oder Würden, müssen unverzüglich die verdiente Strafe finden, damit das nazistische und faschistische Übel an der Wurzel ausgerottet wird.“ 7 Im ersten Teil des Dekrets wurden die Straftaten definiert. Sie wurden in Verbrechen gegen den Staat (§§ 1 bis 4), gegen Personen (§§ 5 bis 7), gegen Eigentum und Vermögen (§§ 8 bis 10) und in den Straftatbestand der Denunziation (§ 11) gegliedert. Neu in die Gesetzgebung eingeführt und häufig in den hier untersuchten Fällen verfolgt wurden insbesondere folgende Straftaten: § 2 Mitgliedschaft in der SS oder einer anderen Organisation ähnlichen Charakters (Höchststrafe: lebenslänglich), § 3 Unterstützung der nationalsozialistischen Bewegung (Höchststrafe: Todesstrafe) sowie § 7 Verschuldung von Freiheitsverlust, Verursachung des Todes oder einer schweren Körperverletzung bzw. Herbeiführung von Deportation durch gerichtliche oder administrative Entscheidung (Höchststrafe: Todesstrafe). Weiterhin wurden in den Paragraphen 12 bis 20 verschiedene allgemeine Bestimmungen aufgeführt, die zum Beispiel

gericht“ vom 19. 6.1945 (Nr. 17/1945) und „Dekret über die Bestrafung einiger Vergehen gegen die nationale Ehre“ vom 27. 10. 1945, sog. kleines Retributionsdekret (Nr. 138/1945). Da diese keine Rolle im Zusammenhang mit der Aburteilung von Angehörigen der EG H spielten, wird hier auf ihre nähere Beschreibung verzichtet. 6 Kočová, Kateřina/Kučera, Jaroslav: „Sie richten statt unser und deshalb richten Sie hart“. Die Abrechnung mit deutschen Kriegsverbrechern in der Tschechoslowakei, in: Frei, Norbert (Hrsg.): Transnationale Vergangenheitspolitik. Der Umgang mit deutschen Kriegsverbrechern in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, Göttingen 2006, S. 438–473, hier S. 444 f. 7 „Dekret des Präsidenten der Republik über die Bestrafung der nationalsozialistischen Verbrecher, der Verräter und ihrer Helfer und über die außerordentlichen Volksgerichte“ vom 19. 6. 1945 (Nr. 16/1945). Jech, Karel/Kuklík, Jan/Mikule, Vladimír (Hrsg.): Němci a Maďaři v dekretech prezidenta republiky. Studie a dokumenty 1940–1945 [Deutsche und Ungarn in den Dekreten des Präsidenten der Republik. Studien und Dokumente 1940– 1945], Brno 2003, S. 443–457.

Strafverfolgung in der Tschechoslowakei 1945–1948

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den Befehlsnotstand (§ 13/3 „Unwiderstehlicher Zwang durch Befehl eines Vorgesetzten befreit niemanden von Schuld, der freiwillig Mitglied von Organisationen wurde, deren Mitgliedschaft jeden, auch einen verbrecherischen Befehl, auszuführen auferlegte“) oder die Verjährbarkeit (§ 17 „Die gemäß diesem Dekret strafbaren Verbrechen und die Strafvollstreckung unterliegen nicht der Verjährung“) betrafen. Den zweiten Teil des Dekrets bildeten Ausführungen über die Errichtung und Tätigkeit der außerordentlichen Volksgerichte (§§ 21 bis 31). Es wurden im Laufe einiger Monate insgesamt 24 Volksgerichte aufgestellt, 8 die in fünfköpfigen Senaten, bestehend aus einem Berufsrichter (Vorsitzender des Gerichts) und vier Richtern aus dem Volke, ihre Arbeit verrichteten (§ 22). Es handelte sich um beschleunigte Verfahren, die innerhalb von drei Tagen abgewickelt oder im Falle der Nichteinhaltung dieser Frist an ein zuständiges ordentliches Gericht weitergeleitet werden mussten (§ 26). Der Prozess konnte nach demselben Paragraph auch in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt werden. In § 31 wurde festgelegt, dass gegen das Urteil „ein ordentliches Rechtsmittel nicht gegeben“ und die Todesstrafe „in der Regel innerhalb von zwei Stunden nach Verkündung des Urteils“ zu vollstrecken sei, wobei man „auf ausdrückliche Bitte des Verurteilten die Frist um eine weitere Stunde“ verlängern könne. Falls das Verfahren in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt wurde, sei „das auf Todesstrafe lautende Urteil binnen 24 Stunden nach Ergreifung des Verurteilten“ zu vollstrecken. Mit einer Novelle vom Januar 1946 konnte die Urteilsvollstreckung auf eine „angemessene Dauer“ aufgeschoben werden, falls das „öffentliche Interesse“ dies verlange, während durch eine andere Novelle vom Dezember 1946 die Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens zugelassen wurde. 9 Die Gültigkeit des Dekrets wurde vorerst auf die Dauer von einem Jahr von dessen Verkündung an, also bis Juni 1946, angesetzt. Die Vorstellung, bis zu diesem Datum alle vorgesehenen Verfahren durchführen zu können, erwies sich jedoch als völlig unrealistisch. Die Gültigkeit des Dekrets und damit die Retribution als solche mussten verlängert werden. Zunächst einigte man sich in der tschechoslowakischen Nationalversammlung über die Verlängerung der Retribution bis zum 8. Januar 1947; danach musste der Termin nochmals ver-

8 Die Volksgerichte wurden in folgenden Städten errichtet: Prag, Česká Lípa, České Budějovice, Hradec Králové, Cheb, Chrudim, Jičín, Klatovy, Kutná Hora, Liberec, Litoměřice, Mladá Boleslav, Most, Písek, Pilsen, Tábor, Brünn, Jihlava, Moravská Ostrava, Nový Jičín, Olomouc, Opava, Uherské Hradiště, Znojmo. 9 Borák, Mečislav: Spravedlnost podle dekretu. Retribuční soudnictví v ČSR a Mimořádný lidový soud v Ostravě (1945–1948) [Gerechtigkeit nach Dekret. Retribution in der Tschechoslowakei und das Außerordentliche Volksgericht in Ostrava (1945–1948)], Šenov 1998, S. 33 f.

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Strafverfolgung nach 1945

schoben werden, und zwar bis zum 4. Mai 1947.10 An diesem Tag wurde die Retribution für abgeschlossen erklärt; etwaige weitere Verfahren sollten von nun an vor ordentlichen zivilen Gerichten stattfinden. Dieser Stand hielt jedoch nicht lange an. Einen Monat nach der kommunistischen Machtübernahme im Februar 1948 stimmte das Parlament für die Wiederaufnahme der Tätigkeit der Volksgerichte. Das am 25. März 1948 erlassene Gesetz, das die zweite Phase der Retribution einleitete, setzte die rechtlichen Verordnungen über die Volksgerichtsbarkeit für die Zeit vom 2. April bis zum 31. Dezember 1948 wieder in Kraft. 11 Da das Gesetz für die ganze Tschechoslowakische Republik galt, wurde nicht nur die Gültigkeit der einschlägigen Dekrete des Präsidenten erneuert, sondern auch die der entsprechenden Verordnungen in der Slowakei. Eine der wenigen Änderungen betraf die Zusammensetzung der Senate bei den Volksgerichten, die nun als nur dreiköpfiges Gremium entschieden, während fünf Mitglieder nur im Falle der Wiederaufnahme einer in der ersten Phase der Retribution bereits mit einem Urteil abgeschlossenen Verhandlung benötigt wurden. Der Grund für die Wiederaufnahme der außerordentlichen Gerichtsbarkeit war die Unzufriedenheit der neuen Machthaber mit Verlauf und Ergebnissen der ersten Phase. Die Kommunisten hatten „nach Jahren scharfer Kritik an der Durchführungsart der Retribution endlich die Chance, die Kollaborateure nach ihren Vorstellungen zu verurteilen“.12 Eines der Kriterien für die Beurteilung der Ergebnisse der Retribution sind statistische Angaben, anhand derer verschiedene Faktoren berücksichtigt und ausgewertet werden können. Nach einem Bericht des Justizministeriums wurden in der gesamten Tschechoslowakei von 1945 bis Ende 1948 insgesamt 33 463 Personen verurteilt; hiervon waren 17535 Deutsche (52,4 Prozent), 10 747 Tschechen und Slowaken (32,1 Prozent) und 5181 anderer Nationalität. 13 Die Todesstrafe wurde bei 511 Deutschen, 297 Tschechen und Slowaken und elf Personen anderer Nationalität ausgesprochen. Was die Ergebnisse der tschechischen Volksgerichte (also ohne die Slowakei) angeht, lassen sich die verhängten Urteile für die einzelnen Phasen wie folgt darstellen:

10

Ebd. Gesetz über die Wiederaufnahme der Volksgerichtsbarkeit vom 25. 3.1948 (Nr. 33/ 1945). Ebd., S. 332 f. 12 Frommer, Benjamin: National cleansing: retribution against Nazi collaborators in postwar Czechoslovakia, Cambridge 2005, S. 409 f. 13 MS, Výsledky retribuce do konce prosince 1948 [Ergebnisse der Retribution bis Ende Dezember 1948]. AKPR Praha, T 2506/48 Retribuční soudnictví [Retribution]. Hier auch alle weiteren Angaben zu statistischen Gesamtergebnissen der Retribution, falls nicht anders angegeben. 11

229

Strafverfolgung in der Tschechoslowakei 1945–1948

1945 bis 4. 5. 1947 Deutsche

2. 4. 1948 bis 31. 12. 1948

Insgesamt

15 360

137

943

16 440

6385

128

1419

7932

Tschechen u. Slowaken

103

4

22

129

21 848

269

2384

24 501

Andere Nationalität Insgesamt

5. 5. 1947 bis 1. 4. 1948

Insgesamt wurden demzufolge 24 501 Personen verurteilt. Der Großteil von diesen – mit 16 440 Verurteilten sind es über 67 Prozent der Gesamtzahl – war deutscher Nationalität. Ein anderes markantes Ergebnis ist die relativ niedrige Zahl der in der zweiten Phase der Retribution gefällten Urteile. Mit 2384 Urteilen sind dies weniger als zehn Prozent, wenn man die gesamte Retribution betrachtet. Zudem ist hier der Anteil von verurteilten Tschechen und Slowaken gegenüber den Deutschen größer als in der ersten Phase. In der folgenden Tabelle ist des Weiteren zu sehen, wie oft die Todesstrafe (T) bzw. die lebenslängliche Freiheitsstrafe (L) verhängt wurde: 1945 bis 4. 5. 1947

5. 5. 1947 bis 1. 4. 1948

2. 4. 1948 bis 31. 12. 1948

Insgesamt

T

L

T

L

T

L

T

L

Deutsche

467

455

1

1

16

25

484

481

Tschechen u. Slowaken

253

308





4

24

257

332

2

3









2

3

722

766

1

1

20

49

743

816

Andere Nationalität Insgesamt

Von 1945 bis Ende 1948 wurden insgesamt 743 Todesstrafen und 816 lebenslängliche Freiheitsstrafen ausgesprochen, in der überwiegenden Mehrheit in der ersten Phase der Retribution. Die Todesstrafe wurde gegen 484 Deutsche und 257 Tschechen und Slowaken verhängt; bei der Gesamtzahl der verurteilten Deutschen bedeutete dies, dass etwas mehr als 2,9 Prozent der Deutschen zum Tode verurteilt wurden, von den verurteilten Tschechen und Slowaken waren es 3,2 Prozent. In absoluten Zahlen gab es also im Verhältnis der zum Tode verurteilten Deutschen auf der einen Seite und der Tschechen und Slowaken auf der anderen mehr Todesurteile gegen Deutsche, in relativen Zahlen war das Ergebnis allerdings umgekehrt. Die durchschnittliche Dauer der zeitlichen Freiheitsstrafe war sieben Jahre. Anhand der vorliegenden Daten der ersten Tabelle muss gesagt werden, dass die Retribution in erster Linie gegen Deutsche gerichtet war. Nicht unberücksichtigt bleiben darf dabei jedoch die weitere Entwicklung in der Frage der deutschen Retributionshäftlinge. Von den 16 440 Verurteilten verbüßte nur ein geringer Teil die verhängte Strafe; die Meisten wurden unter der Begründung

230

Strafverfolgung nach 1945

der bevorstehenden Aussiedlung aus der Tschechoslowakei vorzeitig entlassen. Ab März 1946 war klar, dass die „offizielle Regierungspolitik die Aussiedlung der Deutschen anstelle ihrer Bestrafung bevorzugte“. 14 In einem Schreiben des Innenministeriums vom 4. März 1946 wurde darauf hingewiesen, dass mindestens eine halbe Million Deutsche Mitglied einer der im großen Retributionsdekret genannten Organisation gewesen sei und somit im Falle der Bestrafung nicht ausgesiedelt werden könne. 15 Dazu kam, dass die Alliierten sich weigerten, getrennte Familien (also ohne den Ernährer) in ihre Besatzungszonen aufzunehmen, womit sich die Zahl derer, die von der Aussiedlungsaktion hätten ausgeschlossen werden müssen, verdoppelt bzw. verdreifacht hätte, was auf keinen Fall den Vorstellungen der ersten tschechoslowakischen Regierung hinsichtlich des Aufbaus eines Nationalstaates entsprach. Abgesehen davon wären die Volksgerichte – dem Schreiben des Innenministeriums zufolge – gar nicht imstande gewesen, eine solche Menge an Fällen zu verhandeln, ganz zu schweigen von den ungenügenden Möglichkeiten an Unterkunft, Verpflegung und Bewachung einer so großen Gruppe von Menschen. Abgeschlossen wurde das Schreiben mit der Aufforderung, die „wirklichen Verbrecher“ nicht auszusiedeln, da „ihre spätere Ausforschung und Zurückführung in die Tschechoslowakei nur mit erheblichem Aufwand und Schwierigkeiten“ durchzuführen wäre. Keine genauen Angaben gibt es zu der Zahl derer, die durch die Volksgerichte in Abwesenheit verurteilt wurden. Solche Urteile ermöglichte das große Retributionsdekret, und man kann annehmen, dass sie vor allem gegen Deutsche und insbesondere in der Zeit vor dem Abschluss der Retribution (4. Mai 1947 bzw. 31. Dezember 1948), also in letzter Minute recht häufig ausgesprochen wurden. In der Strafbemessung werden sie wohl viel härter gewesen sein, da die Verteidigung in Abwesenheit des Angeklagten sehr wahrscheinlich ohne allzu großen Eifer ermittelte und das Gericht die Flucht des Beschuldigten nicht selten als dessen Schuldanerkenntnis interpretierte. Einige geflüchtete Deutsche, die das tschechoslowakische Innenministerium aufgegriffen hatte, wurden zwar später zurück in die Tschechoslowakei ausgeliefert,16 in anderen Fällen wurde die Auslieferung aber abgelehnt, später dann seitens der westlichen Alliierten bzw. der Bundesrepublik ganz gestoppt. Bei einer Bewertung der Retribution sind neben den statistischen Ergebnis14 Kočová, Kateřina: Die Tätigkeit der Außerordentlichen Volksgerichte in den böhmischen Ländern 1945–1948 und die Ahndung von Holocaust-Verbrechen, in: Halbrainer, Heimo/Kuretsidis-Haider, Claudia (Hrsg.): Kriegsverbrechen, NS-Gewaltverbrechen und die europäische Strafjustiz von Nürnberg bis Den Haag, Graz 2007, S. 192–200, hier S. 196 f. 15 MV, Předmět: Odsun Němců – pokyny stran příslušníků nacistických organisací [Betr.: Aussiedlung der Deutschen – Hinweise bezüglich der Angehörigen nationalsozialistischer Organisationen], Praha 4. 3. 1946. ABS Praha, 302–3–4. 16 Bis Januar 1947 sollten es insgesamt 470 gewesen sein. Frommer 2010, S. 340.

Strafverfolgung in der Tschechoslowakei 1945–1948

231

sen noch weitere Aspekte zu beachten. Oft wird ihr entgegengehalten, dass sie im Grunde nichts anderes als ein Mittel der Kommunisten zur Eliminierung oder zumindest Skandalisierung ihrer politischen Gegner gewesen sei. Die Prozesse werden als großes Unrecht interpretiert und deswegen die Akten der Volksgerichte zum Beispiel für die Wissenschaft auch für nicht relevant und aussagekräftig gehalten. Man spricht über Betrug, Befangenheit der Zeugen und Richter, gefälschte Dokumente oder Folter bei den Verhören. Ganz auszuschließen ist dies für jeden einzelnen Fall zwar nicht, dennoch sollte man nicht mit solchen pauschalen Urteilen die gesamte Retribution als Fälschung deklarieren. Neuere Studien zeigen, dass von einer Politisierung der Volksgerichtsbarkeit im kommunistischen Sinne eigentlich im Großen und Ganzen nicht zu sprechen ist. Laut Frommer waren „die Gerichte imstande, dem politischen Druck länger als andere Institutionen zu widerstehen. Bis Februar 1948 blieben sie gewissermaßen unabhängig und waren es offensichtlich noch einige Zeit danach.“ 17 Konkreter noch formulieren ihre Ergebnisse Kočová und Kučera, indem sie sagen, dass „die Retributionsgerichte eine systematische politische Einflußnahme abwehren konnten. Die Politisierung einzelner Senate scheint möglich, war aber wohl nicht die Regel. Sicher trug dazu bei, daß bis 1948 Mitglieder der demokratischen Parteien als Justizminister amtierten. Die Kommunisten betrieben zwar eine Reihe von Diffamierungskampagnen sowohl gegen das Justizressort als auch gegen einzelne Richter, öffentliche Ankläger oder Verteidiger, ohne damit jedoch das Retributionsgerichtswesen insgesamt zu beeinflussen.“ 18 Sicher ist, dass es die zweite Phase der Retribution war, die als Machtmittel der Kommunistischen Partei zu dienen hatte. Diese endete jedoch mit ‚lediglich‘ 3287 Verurteilten in der gesamten Tschechoslowakei (1939 Tschechen und Slowaken, 1188 Deutsche) 19 – aus Sicht der Partei ein absolutes Fiasko, da anfänglich zehntausende Prozesse seitens der Kommunisten geplant und beabsichtigt gewesen waren. Für Borák gibt es keine Zweifel daran, dass „die kommunistische Unternehmung der Wiederaufnahme der Retribution vollends gescheitert ist“. 20 Über eine politische Einflussnahme spricht man deswegen eher bei der Parlamentswahl vom Mai 1946, wo bis zu 300 000 potenzielle Wähler vom Wahlgang ausgeschlossen wurden, da gegen sie ein Verfahren nach dem sogenannten kleinen Retributionsdekret anhängig war und sie damit das Wahlrecht für die Zeit der Ermittlungen verloren. Da die Durchführung dieses Dekrets (im Gegensatz zum großen Retributionsdekret) unter die Ägide des 17

Ebd., S. 445. Kočová 2006, S. 451. 19 MS, Výsledky retribuce do konce prosince 1948 [Ergebnisse der Retribution bis Ende Dezember 1948]. AKPR Praha, T 2506/48 Retribuční soudnictví [Retribution]. 20 Borák 1998, S. 79. 18

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Strafverfolgung nach 1945

von den Kommunisten geführten Innenministeriums fiel, wird behauptet, dass diese ihre Gegner absichtlich bezichtigten und Verfahren gegen sie einleiteten, damit diese nicht an der Wahl teilnehmen konnten. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass der überwiegende Teil der Beschuldigten nach den Wahlen freigesprochen wurde. 21 Viel diskutiert wird des Weiteren über die Retroaktivität, die im Rahmen der Retribution angewendet wurde. Wie gezeigt, wurden neue Straftatbestände eingeführt, die erst nach der eigentlichen Verübung der Verbrechen rückwirkend für strafbar erklärt wurden. Auf der anderen Seite muss hier jedoch in Betracht gezogen werden, dass die Art und das Ausmaß der während des Krieges begangenen Verbrechen etwas vollkommen Neues darstellten und die Retroaktivität sich somit als unbedingt notwendig erwies. Außerdem war dies keine Spezialität der tschechoslowakischen Retribution, denn ähnlich wurde auch in anderen Staaten verfahren sowie bei den alliierten Nürnberger Prozessen. Ein weiterer Vorwurf lautete, dass ein Teil der Beschuldigten wegen der Mitgliedschaft in einer der in § 2 des großen Retributionsdekrets genannten Organisation verurteilt worden sei. Dem muss allerdings entgegengehalten werden, dass in den überwiegenden Fällen dieser Straftatbestand neben weiteren durch den Beschuldigten begangenen Taten stand, sodass eine Verurteilung nur wegen der Zugehörigkeit zu einer dieser Organisationen eher eine Ausnahme war. Faktische Mängel waren demgegenüber zweifellos die hohe Mindeststrafe (fünf Jahre), die uneinheitliche Rechtsprechung zwischen den einzelnen Gerichten und das ungleiche Strafmaß in den unterschiedlichen Phasen der Retribution. 22 Als den schwerwiegendsten Missstand muss man die Bestimmungen in § 31 des großen Retributionsdekrets bezeichnen, die besagten, dass es gegen das gefällte Urteil kein ordentliches Rechtsmittel gebe und dass die Todesstrafe bis höchstens drei Stunden nach der Urteilsverkündung zu vollstrecken sei. Dies führte dazu, dass der überwiegende Teil der verhängten Todesstrafen tatsächlich vollstreckt wurde (94,9 Prozent), worin nach Frommer der größte Unterschied der Retribution durch tschechische Volksgerichte zur Praxis im übrigen Europa bestand. 23 Kočová und Kučera bestätigen dies: „Gemessen an der 21 Jiřík, Václav: Nedaleko od Norimberku. Z dějin Mimořádného lidového soudu v Chebu v letech 1946 až 1948 [Nicht weit von Nürnberg. Aus der Geschichte des Außerordentlichen Volksgerichts in Cheb in den Jahren 1946 bis 1948], Cheb 2000, S. 12 f. 22 Nach den Ergebnissen von Frommer gab es bis Ende September 1945 lediglich in 2,6 Prozent aller Urteile Freisprüche, während diese im März 1947 ganze 47,4 Prozent ausmachten. Frommer 2010, S. 185. 23 In anderen Ländern war der Prozentanteil der vollstreckten Todesstrafen wie folgt: Slowakei: 41,5 Prozent (65 Todesurteile, davon 27 vollstreckt), Belgien: 8,2 Prozent (2940/ 242), Bulgarien: 60,2 Prozent (2618/1576), Dänemark: 59 Prozent (78/46), Frankreich: 11,2 Prozent (7037/791), Ungarn: 39,7 Prozent (476/189), Niederlande: 26,1 Prozent (138/36), Norwegen: 88 Prozent (25/22). Ebd., S. 134.

Strafverfolgung in der Tschechoslowakei 1945–1948

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Zahl der Todesurteile und Hinrichtungen gehört die tschechoslowakische Retribution relativ wie absolut offenbar zu den härtesten Abrechnungen mit den NS-Untaten in Europa.“ 24 4.1.2. Verurteilte Angehörige der Einsatzgruppe H in Tschechien Durch tschechische Volksgerichte wurden von den 100 untersuchten SS-Führern der Einsatzgruppe H insgesamt fünf rechtskräftig verurteilt. Keiner von diesen wurde jedoch wegen der in der Slowakei begangenen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen – alle mussten sich wegen ihrer früheren Tätigkeit im Protektorat vor Gericht verantworten. Drei von ihnen wurden in der ersten Retributionsphase verurteilt (zwei am vorletzten Tag der Gültigkeit der Retributionsdekrete), die anderen beiden erst im Jahre 1948. Es wurden drei Todesurteile und zwei Freiheitsstrafen von fünf und zwölf Jahren ausgesprochen. Im Folgenden werden die fünf Verurteilungen im Einzelnen beschrieben. Als erster wurde der ehemalige Obersturmführer Hermann Meyer am 11. Juni 1946 durch das Volksgericht Brünn verurteilt. Meyer war ab 1926 bei der Schutzpolizei Bremen tätig, im Krieg dann bei der Staatspolizeistelle Braunschweig, wo er 1941 zum Polizeiinspektor ernannt wurde. Ab November 1942 versah er seinen Dienst als Leiter des Referats II D bei der Staatspolizeileitstelle Brünn, das für die Beschlagnahme von tschechischem und jüdischem Eigentum zuständig war. Im Spätsommer 1944 wurde er aus Brünn in die Slowakei versetzt und zwar zum Einsatzkommando 14. Nach dem Krieg geriet er nach eigenen Angaben in amerikanische und später in russische Gefangenschaft, wobei er Ende 1945 von den Russen an die Tschechen ausgeliefert wurde. 25 In Brünn wurde Meyer gemäß §§ 2 und 9 des großen Retributionsdekrets verurteilt. Im ersten Fall ging es um seine Mitgliedschaft in der SS im Rang eines Obersturmführers, im zweiten um seine Tätigkeit als Referatsleiter der Gestapo in Brünn. 26 Er wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Im Jahre 1953 wurde sein Strafmilderungsgesuch abgelehnt, auch wenn sein Verhalten während des Strafvollzugs positiv beurteilt wurde: „Er ist friedlicher Natur und für seine guten Eigenschaften bei den Mithäftlingen beliebt. Er ist diszipliniert. […] Er hat gute Arbeitsmoral, arbeitet unter der Erde beim Kohleabbau, wo er die Norm über 100 Prozent erfüllt. Er ist gesund.“ 27 Aus der Haft entlassen wurde er dann doch vor dem eigentlichen Ende der Strafe und zwar am 19. Mai 1955, mit der Begründung, dass er in die Bundesrepublik abgeschoben werde. Dort wurde er 1956 Verwaltungsinspektor der Landeshauptkasse in Bremen und ein 24

Kočová 2006, S. 473. Vernehmung Hermann Meyer, 26. 1. 1966. BArch B 162/4815, Bl. 2934. 26 Urteil Hermann Meyer, MLS Brno, 11. 6. 1946. MZA Brno, MLS Brno, Ls 735/46 (Meyer). 27 AKPR Praha, KPR 2504–120200/13–652. 25

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Strafverfolgung nach 1945

Jahr später als Verwaltungsoberinspektor in das dortige Stadt- und Polizeiamt versetzt, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1964 seinen Dienst tat. 28 Durch das Volksgericht Brünn wurde auch der einstweilige Führer des Einsatzkommandos 13 und Leiter der Abteilung IV im Stab der Einsatzgruppe H, Otto Koslowski, verurteilt. 29 Er wurde am 19. Januar 1947 von den Amerikanern an die tschechoslowakischen Organe ausgeliefert und zwei Tage später, nach einem erfolglosen Selbstmordversuch, nach Brünn überführt. 30 Die Ermittlungen ergaben, dass er seit Juni 1939 in seiner Funktion bei der Staatspolizeileitstelle Brünn als Leiter der Abteilungen II und IV Straftaten gemäß §§ 2, 3, 5, 7 und 8 des Großen Retributionsdekrets begangen hatte. 31 Er habe zwei Mitglieder einer illegalen Gruppe im März 1945 in Brünn erschossen (als Mord bewertet) und einen Häftling insofern misshandelt, als dass dieser am nächsten Tag an den Folgen seiner Verletzungen gestorben sei (Totschlag). Des Weiteren habe er sich an Verhaftungen und Vernehmungen von Häftlingen beteiligt, an der Selektion von Häftlingen, die für die „Sonderbehandlung“ oder für den Abtransport in ein Konzentrationslager bestimmt wurden sowie an der direkten Exekution von Mitgliedern illegaler Gruppen. Zudem sei er während des ersten und zweiten Standrechts im Protektorat Beisitzer und zeitweise sogar Vorsitzender beim Standgericht in Brünn gewesen, das ungefähr 200 Todesurteile fällte. 32 Als strafverschärfend galten in seinem Fall insbesondere „der Umfang der begangenen Verbrechen, die lange Zeit, in der der Angeklagte seine Taten durchführte und die schweren Folgen, die der Angeklagte am Leben und Eigentum der Bevölkerung verursacht hatte sowie seine besondere Grobheit und Zynismus, mit denen er vorging. Strafmildernd wirkte nur sein Geständnis und dass er nicht vorbestraft war.“ Koslowski wurde am 3. Mai 1947 zum Tode verurteilt und noch am selben Tag im Gefängnis des Kreisstrafgerichts in Brünn hingerichtet. Die Todesstrafe wurde auch über den ehemaligen Untersturmführer Martin Neubecker ausgesprochen. Mit 19 Jahren wurde er in die Ordnungspolizei Hamburg aufgenommen, bevor er 1934 in die Gestapo übertrat. Nach der Errichtung des Protektorats versetzte man ihn zur Gestapo in Mladá Boleslav, wo er als Stellvertreter des Leiters fungierte. Im April 1941 erfolgte seine Abordnung zur Gestapo nach Prag. Von dort aus wurde er Anfang September 1944 in die Slowakei abkommandiert und verrichtete seinen Dienst zunächst beim Stab der Einsatzgruppe H, danach bis Anfang April 1945 beim z.b.V.-Kommando 29. Nach dem Krieg wurde er im Gefangenenlager in Dachau interniert, 28

Vernehmung Hermann Meyer, 26. 1. 1966. BArch B 162/4815, Bl. 2934. Angaben zu seiner Person siehe Kap. 3.2. 30 ABS Praha, 325–93–1. 31 Urteil Otto Koslowski, MLS Brno, 3. 5. 1947. MZA Brno, MLS Brno, LSp 417/47 (Koslowski). Hiernach auch die weiteren Angaben. 32 Das erste Standrecht war in Kraft nach dem Eintreffen Heydrichs im Protektorat (28. 9. 1941 bis 20. 1. 1942), das zweite nach dem Attentat auf ihn (27. 5. bis 3. 7.1942). 29

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später an die Tschechoslowakei ausgeliefert. Das Volksgericht Mladá Boleslav verurteilte Neubecker am 3. Mai 1947 gemäß §§ 2, 7 und 9 zum Tode durch Erhängen. 33 Vorgeworfen wurden ihm vor allem seine Mitgliedschaft in der SS im Range eines Untersturmführers und die Beteiligung an verschiedenen Verbrechen im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Gestapo im Protektorat (Misshandlungen, Deportationen, Beschlagnahme von Eigentum etc.). Die Todesstrafe wurde allerdings nicht vollstreckt, weil Neubecker als ein wichtiger Zeuge für andere Verfahren galt. Im April 1949 wurde der Vorschlag des Justizministers, die Strafe zu mildern, durch den Staatspräsidenten genehmigt und die Todesstrafe mit folgender Begründung in eine lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewandelt: „Der Gesuchsteller beging die Taten ausschließlich in Ausübung seines Dienstes, dem er […] nicht besonders erfolgreich nachgegangen ist. Während seiner Tätigkeit versuchte er in manchen Fällen mit Gelingen den verhafteten Personen zu helfen und hat tatsächlich bei einigen mit Erfolg interveniert. Hierdurch hat er sich auch von seiner lichten Seite gezeigt.“ 34 Die lebenslängliche Freiheitsstrafe dauerte nicht lange; Neubecker starb 1952 in Haft. Eine Ausnahme in den hier beschriebenen Fällen stellt die Aburteilung des einstigen Untersturmführers und Kriminalkommissars Egon Lüdemann dar, da diese in seiner Abwesenheit erfolgte. Lüdemann war nach Absolvierung einer Polizeischule ab 1929 bei der Schutz- und Landespolizei Stettin tätig, bevor er 1937 von der Gestapo übernommen wurde. Im August 1939 wurde er zur Wehrmacht einberufen, mit der er den Polen- und Frankreichfeldzug mitmachte. Im April 1940 reklamierte ihn die Staatspolizeileitstelle Stettin für die Verwendung in der Heimat. 35 Im Frühjahr 1943 wurde er zur Gestapo nach Brünn versetzt, wo er als stellvertretender Referatsleiter unter Koslowski in der Abteilung II seinen Dienst versah. Danach folgten 1944 kurze Einsätze in Ungarn, Westpreußen und Kärnten, bevor er Ende des Jahres als Stellvertreter des Führers des z.b.V.-Kommandos 15 in die Slowakei kam. Nach der Auflösung der Einheit Mitte Februar 1945 war er bis zum Kriegsende in Mähren als Teilkommandoführer beim z.b.V.-Kommando 43 eingesetzt. Nach der Flucht aus tschechoslowakischer Gefangenschaft wurde er Ende 1945 in Lübeck interniert und im August 1947 vom Spruchgericht Bielefeld gemäß dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 wegen seiner Gestapozugehörigkeit zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Ein Jahr und fünf Monate wurden bei der Urteilsverkündung auf Grund der Internierungshaft für verbüßt erklärt. 36

33 Urteil Martin Neubecker, MLS Mladá Boleslav, 3. 5.1947. SOA Praha, MLS Mladá Boleslav, Lsp 157/47 (Neubecker). 34 AKPR Praha, KPR 2035–206754/49–465. 35 Lebenslauf Egon Lüdemann, 29. 6.1940. BArch (ehem. NS-Archiv MfS), ZR. 12. 36 Urteil Egon Lüdemann, Spruchgericht Bielefeld, 21. 8. 1947. LA Berlin, B Rep. 057– 01, Nr. 1949.

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Strafverfolgung nach 1945

Zur selben Zeit gab es Bemühungen tschechoslowakischer Organe um die Auslieferung von Lüdemann aus der britischen Zone, welche allerdings ohne Erfolg bleiben sollten. Die Gründe hierfür sind nicht ganz klar. In der internen Korrespondenz des tschechoslowakischen Innenministeriums ist zu lesen, dass am 23. März 1948 offiziell die Auslieferung durch das Ministerium des Auswärtigen beantragt wurde. Hierauf folgte tatsächlich eine Bewilligung britischer Organe, doch zu einer Auslieferung in die Tschechoslowakei ist es letztendlich nie gekommen. 37 Lüdemann wurde ein Prozess in Abwesenheit gemacht. Am 28. Mai 1948 verurteilte ihn das Volksgericht Uherské Hradiště zum Tode. 38 Es wurde ihm vor allem seine Tätigkeit beim z.b.V.-Kommando 43 in Mähren vorgeworfen, mit dem er sich an zahlreichen Verbrechen – so zum Beispiel an der Erschießung von 38 Männern in Javoříčko und dem folgenden Niederbrennen des Dorfes am 5. Mai 1945 – beteiligt hatte. Nach dem großen Retributionsdekret machte er sich gemäß §§ 2, 3, 5, 7 und 8 schuldig, indem er folgende Straftaten begangen hatte: Mitgliedschaft in SS und Gestapo, Unterstützung der nationalsozialistischen Bewegung, Mord, Erpressung, Raub, Freiheitsberaubung und Brandstiftung. Zur Vollstreckung der Strafe ist es nie gekommen; Lüdemann lebte bis zu seinem Tod im Jahre 1975 außerhalb der Reichweite tschechoslowakischer Organe in Bremen. 39 Der letzte durch ein tschechisches Volksgericht verurteilte SS-Führer der Einsatzgruppe H war der frühere Untersturmführer Kurt Wilfer. 40 Wilfer wurde 1930 in die tschechoslowakische Armee einberufen, ließ sich jedoch während der Wehrpflicht zum Agenten der deutschen Abwehr anwerben. 1932 wurde seine Tätigkeit aufgedeckt, und er wurde durch ein tschechoslowakisches Divisionsgericht wegen militärischen Verrats zu vier bzw. sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Entlassen wurde er in Folge einer Amnestie im Oktober 1938. Er siedelte nach Deutschland über, meldete sich bei der Abwehr und wandte sich persönlich an Hitler mit einem Schreiben, in dem er – auf seine bisherigen Verdienste bei der Spionagearbeit hinweisend – um eine Beschäftigung im Rahmen der Sicherheitsdienste bat. Im September 1939 wurde er in den SD aufgenommen und nach Prag versetzt, wo er bald zu den führenden Mitarbeitern gehörte. In Prag versah er unter dem Decknamen Otto Havlíček seinen Dienst bis September 1944, als er in die Abteilung III im Stab der Einsatzgruppe H nach Bratislava versetzt wurde. Nach der Kapitulation wurde er 37

ABS Praha, Personenkartei (Lüdemann). Urteil Egon Lüdemann, MLS Uherské Hradiště, 28. 5.1948. ABS Praha, 325–5–1. Bereits vorher, im Dezember 1947, wurde er, ebenfalls in Abwesenheit, in der Slowakei zu 30 Jahren Haft verurteilt – siehe Kap. 4.1.4. 39 Bis 1952 unter dem Namen Erich Lindemann. Vernehmung Egon Lüdemann, 3. 5.1965. LA Berlin, B Rep. 057–01, Nr. 1949. 40 NA Praha, MS, Správa zboru Nápravné výchovy – Osobní spis Kurt Wilfer (nezpracováno) [Abteilung Gefängnisverwaltung – Personalakte Kurt Wilfer (unbearbeitet)]. 38

Strafverfolgung in der Tschechoslowakei 1945–1948

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noch im Mai 1945 in der Nähe von Prag verhaftet und blieb bis 1948 in Untersuchungshaft. Am 11. Oktober 1948 wurde er durch das Volksgericht Prag auf Grund § 3 des großen Retributionsdekrets wegen seiner Mitgliedschaft im SD zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Die Untersuchungshaft wurde auf die Strafe angerechnet, weshalb diese bereits im Mai 1950 als verbüßt galt. Wilfer wurde auf freien Fuß gesetzt. Er blieb in der Tschechoslowakei, arbeitete zunächst in Prag als Fahrer, später in einem Steinbruch in der Nähe von Jičín. Im Jahre 1952 wurde er durch die tschechoslowakische Staatssicherheit zur Mitarbeit angeworben. Denn es stellte sich heraus, dass seine Tätigkeit für den Prager SD viel umfassender gewesen war, als er während seines Prozesses vor dem Volksgericht Prag zugegeben hatte. Er wurde anhand des vorliegenden kompromittierenden Materials vor die Wahl gestellt, sich entweder erneut vor einem Gericht für seine Tätigkeit im Protektorat zu verantworten oder für die Staatssicherheit zu arbeiten. Wilfer entschied sich für die zweite Möglichkeit und unterschrieb am 20. Mai 1952 eine Erklärung seiner Zuarbeit für die tschechoslowakischen Sicherheitsorgane. Diese leistete er bis zu seiner Verhaftung 1965. 41 Das neu eröffnete Verfahren gegen ihn wurde wie folgt begründet: „Nach einer längeren Zeit wurde festgestellt, dass die Ermittlungen zu den strafbaren Tätigkeiten des Angeklagten im Jahre 1948 unvollständig geblieben waren. Mehrere Straftaten blieben unaufgeklärt. Die meisten Ermittler hatten damals keine Erfahrungen mit solchen Fällen. Der Angeklagte nutzte dies dank seiner Kenntnisse im Nachrichtendienst aus. Während der Untersuchungshaft war er in Kontakt mit mehreren seiner früheren Konfidenten oder anderen Mitgliedern des SD oder der Gestapo, die bei den Ermittlungen sowie vor Gericht zu seinen Gunsten aussagten. Der Angeklagte wurde deshalb wegen der schwerwiegendsten seiner Taten, d. h. wegen der Beteiligung an der Ermordung tschechoslowakischer Bürger, nicht verfolgt oder verurteilt.“ 42 Ein weiterer Grund mag darin gelegen haben, dass die tschechoslowakische Staatsicherheit mit seiner Arbeit nicht zufrieden war. Wilfer wurde jedenfalls am 2. November 1966 durch das Amtsgericht Prag 1 wegen fünf Taten, bei denen 40 tschechoslowakische Bürger ums Leben gekommen waren, zu zehn Jahren Haftstrafe verurteilt. Durch eine Amnestie des Präsidenten vom 9. Mai 1968 wurde seine Strafe auf sieben Jahre herabgesetzt; im März 1971 wurde er vorzeitig auf Bewährung entlassen. Kurz darauf ging Wilfer in die Bundesrepublik. 43 41 Státník 2003, S. 13 ff. Hier auch weitere Hinweise zu Wilfer und seiner Tätigkeit für die tschechoslowakische Staatssicherheit. 42 Urteil Kurt Wilfer, Amtsgericht Prag 1, 2. 11. 1966. NA Praha, MS, Správa zboru Nápravné výchovy – Osobní spis Kurt Wilfer (nezpracováno) [Abteilung Gefängnisverwaltung – Personalakte Kurt Wilfer (unbearbeitet)]. 43 Státník 2003, S. 23. Wilfer gehört zu den wenigen NS-Tätern, die in der Tschechoslowakei nach der Beendigung der Volksgerichtsbarkeit Ende 1948 durch ein ziviles Gericht abgeurteilt wurden.

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Strafverfolgung nach 1945

4.1.3. Normen, Verlauf und Ergebnisse – die Slowakei In der Slowakei wurde unmittelbar nach dem Kriegsende beschlossen, die Dekrete des Präsidenten der Republik, welche die strafrechtliche Verfolgung der 1938 bis 1945 begangenen Verbrechen betrafen, nicht anzunehmen und stattdessen eigene Normen zu erlassen. Die grundlegende Bestimmung in dieser Hinsicht war die „Verordnung des Slowakischen Nationalrats Nr. 33/1945 über die Bestrafung der faschistischen Verbrecher, der Okkupanten, Verräter und Kollaborateure und über die Errichtung der Volksgerichtsbarkeit“, die am 15. Mai 1945 verkündet und am selben Tag für die Dauer von vorerst einem Jahr in Kraft trat. 44 In den insgesamt 33 Paragraphen wurden die Täter bzw. die Straftatbestände definiert und die zu verhängenden Strafen festgesetzt (§§ 1 bis 5) sowie die Richtlinien für die zu errichtenden Gerichte erlassen (§§ 9 bis 30). Die Verordnung unterschied zwischen den Taten der „faschistischen Okkupanten“ (§ 1) und jenen der „einheimischen Verräter“ (§ 2). Falls sich diese an der Zerschlagung der Tschechoslowakischen Republik oder an der politischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Unterdrückung der slowakischen Nation beteiligt hatten, waren sie mit dem Tode zu bestrafen. In § 3 wurde der Straftatbestand der Kollaboration explizit definiert und das Strafmaß mit Freiheitsstrafe von bis zu 30 Jahren bzw. unter erschwerenden Umständen mit einer Todesstrafe festgesetzt. In § 4 wurde ein besonder Straftatbestand eingeführt, nämlich der „Verrat am Aufstand“. Dieser wurde wie folgt formuliert: „Wer in irgendeiner Weise den Kampf der slowakischen Nation um die Freiheit und die Wiederherstellung der Tschechoslowakischen Republik gegen die Verräter oder Okkupanten vereitelte, insbesondere wer die Vorbereitungen für den Nationalaufstand oder die Beteiligung militärischer Einheiten an ihm vereitelte oder wer in irgendeiner Weise sich an den Bemühungen der faschistischen Okkupanten oder der einheimischen Verräter beteiligte in der Absicht, den Slowakischen Nationalaufstand zu unterdrücken oder den Partisanenkampf zu vereiteln, oder wer an der Verfolgung der Teilnehmer des Aufstands oder des Partisanenkampfes mitwirkte oder gegen sie Anzeige erstattete oder auf andere Weise das Militär und die Organe der Okkupanten unterstützte oder wer eine solche verräterische Tätigkeit propagierte, öffentlich verteidigte oder billigte, wird mit dem Tode bestraft.“ Falls die Tat nicht nach den §§ 1 bis 4 strafbar war und es sich trotzdem um eine Tätigkeit im Sinne des faschistischen Regimes handelte, wurde der Beschuldigte durch Einweisung in eine Arbeitseinheit auf die Dauer von höchstens zwei Jahren und unter Aberkennung seiner bürgerli-

44 „Verordnung des Slowakischen Nationalrats Nr. 33/1945 über die Bestrafung der faschistischen Verbrecher, der Okkupanten, Verräter und Kollaborateure und über die Errichtung der Volksgerichtsbarkeit“ vom 15. 5. 1945. Šutaj 2002, S. 99–107. Hiernach auch die weiteren Zitate.

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chen Ehrenrechte auf die Dauer von zwei bis 15 Jahren oder mit einer öffentlichen Rüge bestraft (§ 5 Schuldige des faschistischen Regimes). Wie zu sehen ist, waren die Straftatbestände sehr allgemein formuliert und die zu verhängenden Strafen gleichzeitig ziemlich hart bemessen. Es gab in den §§ 1, 2 und 4 eine einzige mögliche Strafe, nämlich die Todesstrafe. Lebenslängliche Freiheitsstrafe kannte die Verordnung nicht. Bei § 3 gab es hingegen keine Mindeststrafe, was zu relativ milden Strafen führen konnte. Eine Möglichkeit, die Strafe zu mildern, war die Anwendung des § 6, der besagte, dass falls „der Täter durch seine spätere Tätigkeit, insbesondere durch seine Teilnahme am Aufstand, sich in herausragender Weise um den antifaschistischen Kampf oder um die Rettung slowakischer Menschenleben verdient gemacht“ hat, könne unter Umständen die Strafe herabgesetzt oder der Täter sogar freigesprochen werden. Als strafmildernd konnte bei dem Angeklagten weiterhin gelten: Alter, Geständnis, Reue, keine Vorstrafen, Familienstand (Kinder), Mittellosigkeit, Handeln auf Befehl oder falls die Person, an der er sich schuldig gemacht hatte, letztlich überlebt hatte. Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass man sich – in Hinblick auf die meist sehr hoch angesetzten Strafen – recht häufig einer Strafmilderung bediente. Die Urteile wurden durch spezielle Gerichte verhängt, deren Einrichtung der § 9 der Verordnung festlegte. Es wurden das Nationalgericht mit Sitz in Bratislava, Bezirksvolksgerichte an den Sitzen der Bezirke und örtliche Volksgerichte in jeder politischen Gemeinde eingerichtet. Das Nationalgericht, für das gesamte Gebiet der Slowakei zuständig, entschied in erster Linie über die Straftaten der slowakischen Staatsführung sowie über solche Personen, die ihm durch den Slowakischen Nationalrat zugewiesen wurden (§§ 11 und 12). Die Urteilsfindung fand in siebenköpfigen Senaten statt, wobei der Vorsitzende und sein Stellvertreter Berufsrichter sein mussten (§ 13). Diese Bestimmung galt ebenfalls für die Bezirksvolksgerichte, nur dass es sich hier um fünfköpfige Senate handelte (§ 23). Die insgesamt 77 auf dem Gebiet der Slowakei errichteten Bezirksvolksgerichte waren für alle in den §§ 1 bis 4 aufgeführten Straftaten zuständig, insofern diese nicht ausschließlich dem Nationalgericht zugewiesen wurden (§ 22). Für die in § 5 genannten Straftaten waren die örtlichen Volksgerichte verantwortlich, die aus dem Vorsitzenden und vier bis zehn Beisitzenden bestanden, wobei keiner von diesen ein Berufsrichter sein musste (§§ 27 und 28). Die Gerichte entschieden mit der Mehrheit der Stimmen; zuerst stimmten die Beisitzenden, erst dann der Vorsitzende des Senats (§ 17). Das ganze Verfahren war beschleunigt durchzuführen; es durfte nicht in Abwesenheit des Angeklagten stattfinden 45, und es waren keine Rechtsmittel gegen die

45 Dies wurde später novelliert, weswegen in der Slowakei auch Verhandlungen in Abwesenheit des Angeklagten stattfanden.

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Entscheidungen der Volksgerichte zulässig (§ 10). Verjährung der Verbrechen bzw. der Strafvollstreckung wurden in der Verordnung nicht erwähnt. Die Volksgerichtsbarkeit stützte sich auf eine breite Initiative der Bevölkerung, die von Einzelpersonen sowie verschiedenen Organisationen (zum Beispiel Verband der slowakischen Partisanen, Verband der Soldaten des Slowakischen Nationalaufstands, Verband der rassisch Verfolgten) ausging. Einige Verbände suchten gezielt nach Material zu NS-Verbrechen und ihren Vollstreckern und sammelten dieses. Die erstatteten Strafanzeigen waren dann zumeist hinreichende Grundlage für die Ausarbeitung einer Anklageschrift. 46 Für sie galten hinsichtlich der Form und des Inhaltes nicht so strikte Vorschriften wie in einem ordentlichen Verfahren, was zu einer Reihe von Anklageschriften mit sehr lückenhaften oder gar falschen Angaben führte. In der Zeit von 1945 bis Ende 1948 wurden in der Slowakei insgesamt 22 278 Personen angeklagt, von denen 8962 rechtskräftig verurteilt wurden. 47 In der folgenden Tabelle sind diese nach ihrer Nationalität angeführt: Ungarn

Slowaken u. Tschechen

Deutsche

Andere Nationalität

Insgesamt

Angeklagte

14 264

Verurteilte

4946

6245

1521

248

22 278

2815

1095

106

8962

Im Vergleich zum westlichen Teil der Tschechoslowakei gab es in absoluten Zahlen erwartungsgemäß weniger Urteile (8962 zu 24 501). Als ein weiteres differenzierendes Merkmal muss man die Tatsache werten, dass die Retribution durch tschechische Volksgerichte in erster Linie gegen Deutsche gerichtet war, in der Slowakei aber überwiegend gegen Ungarn, die mehr als 55 Prozent aller ergangenen Urteile betrafen und somit also viel mehr als Slowaken und Tschechen (31 Prozent) oder Deutsche (12 Prozent). Auf der anderen Seite ist aus den vorgelegten Zahlen zu sehen, dass bei vielen angeklagten Ungarn das Verfahren noch vor einer Urteilsfindung eingestellt wurde; von 14 264 Angeklagten wurden lediglich 4946 und damit nicht einmal 35 Prozent verurteilt. Bei den Slowaken und Tschechen waren es demgegenüber 45 Prozent und bei den Deutschen ganze 72 Prozent. 46 Rašla, Anton: L’udové súdy v Československu po II. svetovej vojne ako forma mimoriadneho súdnictva [Volksgerichte in der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg als Form einer außerordentlichen Gerichtsbarkeit], Bratislava 1969, S. 128. 47 Die statistischen Angaben zu Gesamtergebnissen der slowakischen Strafverfolgung wurden anhand folgender zwei Berichte bearbeitet: MS, Výsledky retribuce do konce prosince 1948 [Ergebnisse der Retribution bis Ende Dezember 1948] und Zpráva o zakončení činnosti lidového soudnictví na Slovensku a o celkové bilanci ze dne 3. 2. 1949 [Bericht über den Abschluss der Volksgerichtsbarkeit in der Slowakei und die Gesamtbilanz vom 3. 2.1949]. AKPR Praha, T 2506/48 Retribuční soudnictví [Retribution].

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In der ersten Phase, die nach einer Verlängerung der Verordnung 33/1945 bis Ende 1947 lief, gab es 8055 Verurteilungen. Danach folgte die Phase der ordentlichen zivilen Gerichtsbarkeit mit lediglich vier Verurteilten, bevor die Retribution bzw. die einschlägigen Vorschriften für die gesamte Tschechoslowakei Anfang April 1948 wieder in Kraft gesetzt wurden. Vom 2. April bis Ende 1948 wurden insgesamt 903 Personen verurteilt, was etwa einem Anteil von 10 Prozent aller Verurteilten entspricht. Auch in der Slowakei erzielte somit die nach der kommunistischen Machtübernahme erneuerte Volksgerichtsbarkeit keine hohen Zahlen. Aus der folgenden Tabelle lässt sich das Strafmaß der verhängten Strafen ersehen: Todesstrafe

76

Freiheitsstrafe: 20 bis 30 Jahre

167

10 bis 20 Jahre

251

5 bis 10 Jahre

348

2 bis 5 Jahre

698

1 bis 2 Jahre

719

bis zu einem Jahr

3231

Öffentliche Rüge

2896

Konfiskation von Eigentum

105

Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

393

Keine Strafe

78

Insgesamt

8962

Auf den ersten Blick ist zu sehen, dass es sich bei den in der Slowakei gefällten Urteilen zum überwiegenden Teil um relativ milde Strafen handelte. Neben den 76 Todesstrafen wurden insgesamt 5414 Freiheitsstrafen ausgesprochen; den Rest – und damit fast 40 Prozent – bildeten andere Strafen bzw. es wurde von einer Strafe abgesehen. Am meisten wurde auf eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr (36 Prozent) oder auf „öffentliche Rüge“ (32 Prozent) erkannt. Lediglich in 842 Fällen wurde eine höhere Strafe als fünf Jahre Haft verhängt. Bei den Todesstrafen (40 Slowaken, 27 Deutsche, neun andere) kam es häufig zur Strafmilderung; vollstreckt wurde die Todesstrafe letztendlich in 30 Fällen. Im Gegensatz zur tschechischen Norm, wo die Vollstreckung des Todesurteils höchstens zwei bzw. drei Stunden nach der Verkündung stattzufinden hatte, gab es in der Slowakei eine Frist von 48 Stunden. In diesen war es möglich ein Gnadengesuch zu stellen, das durch das Präsidium des Slowakischen Nationalrats dem Staatspräsidenten in Prag vorzulegen war. 48 48

Borák 1998, S. 88.

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Zur Strafmilderung kam es auch in anderen Fällen, da nach dem Bericht des slowakischen Justizbeauftragten im Februar 1949 lediglich 464 durch die Volksgerichte verurteilte Personen ihre Freiheitsstrafe verbüßten. 49 Eine Rolle spielte hierbei ohne Zweifel die Tatsache, dass ein Teil der Verurteilten vorzeitig entlassen wurde, um aus der Tschechoslowakei ausgesiedelt werden zu können. Wegen der Aussiedlung wurde von der Anklageerhebung sowie vom Strafvollzug abgesehen. Dies galt ausdrücklich für solche Fälle, in denen eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren auferlegt bzw. erwartet wurde und in denen kein besonderes Interesse des Staates an der Bestrafung des Beschuldigten bestand. 50 Dies betraf nicht nur die Deutschen, sondern in erster Linie die Ungarn. Wie gezeigt, richtete sich gerade gegen diese der Großteil der in der Slowakei geführten Prozesse. Die Retribution wurde Ende 1948 in der gesamten Tschechoslowakei für abgeschlossen erklärt. Die Volksgerichte wurden abgeschafft; weitere eventuelle Fälle von zwischen 1938 und 1945 begangenen Verbrechen waren von nun an vor ordentlichen zivilen Gerichten zu verhandeln. 4.1.4. Gefällte Urteile in der Slowakei Im Rahmen der slowakischen Volksgerichtsbarkeit wurde selbstverständlich auch gegen ehemalige Angehörige der Einsatzgruppe H ermittelt. Man kann dabei die Verfahren in drei Kategorien einteilen: Verfahren in Anwesenheit der Angeklagten, Verfahren in Abwesenheit der Angeklagten und eingestellte Verfahren. Im Folgenden werden nach dieser Gliederung alle Verfahren geschildert, die in der Slowakei gegen die 100 hier untersuchten SS-Führer der Einsatzgruppe H anhängig waren. Der einzige in der Slowakei in Anwesenheit verurteilte SS-Führer war der ehemalige Hauptsturmführer Helmut Hoppe. 51 Nach dem 1928 abgelegten Abitur studierte er sechs Semester Philosophie und Psychologie an der Universität in Leipzig, gab jedoch das Studium nach dem Tod seines Vaters 1932 auf. Im Jahre 1933 trat er der NSDAP bei, 1936 der SS und wurde ab Oktober desselben Jahres beim SD-Oberabschnitt Elbe als Referent in der Abteilung I eingestellt. Ab Frühjahr 1940 verrichtete er seinen Dienst beim SD-Abschnitt Leipzig als Hilfsreferent in der Abteilung III C, bevor er im April 1941 als erfahrener SDBearbeiter in gleicher Position zum KdS Stavanger versetzt wurde. Ab Frühjahr 49 Zpráva o zakončení činnosti lidového soudnictví na Slovensku a o celkové bilanci ze dne 3. 2.1949 [Bericht über den Abschluss der Volksgerichtsbarkeit in der Slowakei und die Gesamtbilanz vom 3. 2. 1949]. AKPR Praha, T 2506/48 Retribuční soudnictví [Retribution]. 50 Povereníctvo spravodlivosti v Bratislave [Amt des Justizbeauftragten in Bratislava], Bratislava 14. 9. 1946. ŠA Bratislava, OLS Hlohovec, Prezidiálne spisy [Präsidialakten], 1–10. 51 BArch (ehem. BDC), SSO und RuSHA, Hoppe, Helmut, 7.7. 1908 sowie sein Lebenslauf in BArch R 70/Slowakei, 340.

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1943 war er im RSHA tätig, von wo aus man ihn im September 1944 in die Slowakei abkommandierte. Er wurde Leiter der Referate A und B in der Abteilung III im Stab der Einsatzgruppe H und blieb auf diesem Posten bis Kriegsende. Im Dezember 1945 wurde er durch österreichische Behörden verhaftet und dem Internierungslager Glasenbach bei Salzburg übergeben. Im Oktober 1946 wurde er an die Tschechoslowakei ausgeliefert, zuerst nach Pilsen gebracht und dann am 25. Oktober nach Bratislava überführt. Dort wurde ihm – nachdem er im Mai 1947 erfolglos seine Freilassung im Rahmen der Aussiedlungsaktion der Deutschen aus der Tschechoslowakei beantragt hatte – der Prozess gemacht. Hoppe wurde durch das Volksgericht Bratislava am 16. August 1948 gemäß § 1 der Verordnung 33/1945 zu 20 Jahren Haft verurteilt. 52 Die Untersuchungshaft wurde auf die Strafe angerechnet. Sein Verbrechen bestand darin, dass er „als ehemaliger Reichsangehöriger in der Zeit vom 10. September 1944 bis zum 30. März 1945 in Bratislava in der Funktion eines SD-Mitarbeiters gegen den Slowakischen Nationalaufstand kämpfte, indem er Nachrichten über die Aufständischen sammelte. Er ermittelte des Weiteren aus soziologischer Sicht die Ursachen des Ausbruchs des Aufstands und dessen Verlauf, wertete diese Nachrichten aus und übersandte sie nach Berlin, wobei das Oberkommando der Wehrmacht nach diesen Berichten den Vormarsch zur Niederschlagung des Slowakischen Nationalaufstands plante. Als ausländischer Staatsbürger kämpfte er mit der deutschen Armee auf dem Gebiet der Tschechoslowakischen Republik gegen den Slowakischen Nationalaufstand und stand im Dienst des nationalsozialistischen Deutschlands.“ Hoppe verteidigte sich vor Gericht mit der Behauptung, dass er „nur seine Dienstpflicht als Angestellter einer Organisation ausübte, die zwar in der Slowakei viel Übel verrichtet hat, er selbst aber nie etwas begangen hat, wodurch er Einzelpersonen wegen ihrer politischen, rassischen oder nationalen Zugehörigkeit geschadet hätte“. Er gab an, er sei dem SD im Jahre 1936 auf ausdrückliche Bitte seiner Mutter beigetreten, weil er arbeitslos gewesen sei. Das Gericht hielt jedoch an dem Standpunkt fest, dass jeder, der freiwillig Mitglied einer verbrecherischen Organisation wurde, für sein Handeln verantwortlich sei, auch wenn er nur seine Dienstpflicht versah. Die Tätigkeit von Hoppe als Angehöriger einer verbrecherischen Organisation, der er freiwillig beigetreten war, müsse demzufolge als Verbrechen betrachtet, beurteilt und verurteilt werden. Das Strafmaß für die Verbrechen gemäß § 1 der Verordnung 33/1945 war die Todesstrafe. Es wurde jedoch § 6 derselben Verordnung angewendet und die Strafe herabgesetzt. Als Strafmilderungsgründe wurden folgende Umstände angeführt: Hoppe habe in Norwegen politisch verfolgten Menschen das Le52 Urteil Helmut Hoppe, LS Bratislava, 16. 8. 1948. ŠA Bratislava, LS Bratislava, Ls 282/ 48 (Hoppe). Hier auch die weiteren Angaben zum Prozess gegen Hoppe.

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ben gerettet, 53 erfolgreich für verhaftete evangelische Geistliche interveniert, sei in der Slowakei in keiner leitenden Stellung gewesen, sondern nur als Referent einer Abteilung tätig gewesen und habe seinen Dienst ohne besonderem Eifer und Initiative ausgeübt. Darüber hinaus habe er Familie, sei nicht vorbestraft, habe bei der Verhandlung Reue gezeigt sowie teilweise ein Geständnis zu seinen Taten abgelegt. Eine zwanzigjährige Freiheitsstrafe hielt das Gericht somit für angemessen. Im Dezember 1955 wurde Hoppe aus der Haft vorzeitig entlassen und siedelte später in die Bundesrepublik über. 54 Weitere Angehörige der Einsatzgruppe H wurden in der Slowakei in Abwesenheit verurteilt. 55 So wurde zum Beispiel durch das Volksgericht Trenčín am 19. Dezember 1947 gegen den ehemaligen Hauptsturmführer und Führer des Stützpunktes des Einsatzkommandos 13 in Žilina, Werner Schönemann, die Todesstrafe ausgesprochen. 56 Schönemann habe sich laut dem Gericht gemäß § 1 der Verordnung 33/1945 schuldig gemacht, indem er sich „vom September 1944 bis zum März 1945 in der Funktion des Führers des deutschen Sicherheitsdienstes in Žilina an der Verfolgung und Verhaftung der Teilnehmer des Slowakischen Nationalaufstands, der illegalen Mitarbeiter und antifaschistischen Kämpfer beteiligte und hierzu Befehle an seine Untergebenen erteilte. Die Verhafteten wurden im Gebäude der Gestapo Misshandlungen ausgesetzt, später entweder gleich in Žilina erschossen und in einem Massengrab begraben oder auf Befehl von Schönemann in die Konzentrationslager Mauthausen oder Oranienburg abtransportiert, wo viele von ihnen in Folge weiterer Folter ums Leben kamen.“ Zudem wurde Schönemann wegen Befehlsausgabe und Beteiligung an der in Žilina öffentlich durchgeführten Hinrichtung des Aufständischen Anton Sedláček verurteilt. Das Gericht stellte zusammenfassend fest, dass sich Schönemann „als ausländischer Staatsbürger an der politischen und anderen Unterdrückung des slowakischen Volkes beteiligte, die slowakische Bevölkerung terrorisierte, mit der deutschen Armee auf dem Gebiet der Tschechoslowakei gegen den slowakischen Aufstand und gegen die hiesigen Partisanen kämpfte, dabei Mord und andere Gewaltsamkeiten beging und befehligte und sich an der 53 Hoppe konnte einen Brief eines ehemaligen Häftlings aus Stavanger vorlegen, in dem er wie folgt beschrieben wird: „After some time I understood that he was a man of a character widely different from that of the usual nazitype of men. He treated me extremely well, helping me to escape from threats and pressure by the Gestapo and the quislings, and I know positively that he tried to do his best for many Norwegians whose fate was on stake.“ Brief von Lorenzen vom 18. 2. 1947. Ebd. 54 AKPR Praha, KPR 2504–113436/54–659. Hoppe wohnte 1964 in Köln. Staatsarchiv Hamburg, 213–12 Staatsanwaltschaft Landgericht – NSG, Sg. 0599/003. 55 Es werden im Folgenden nur solche Verfahren berücksichtigt, in denen es sich wenigstens bei einem der Beschuldigten um einen der 100 untersuchten SS-Führer der EG H handelte. Nur diese werden hier auch namentlich genannt. 56 ABS Praha, Z-607.

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Deportation von Slowaken in Konzentrationslager im Ausland beteiligte.“ Das Urteil wurde in Abwesenheit des Angeklagten ausgesprochen, da er sich zu dieser Zeit in Untersuchungshaft in Österreich befand und aus diesem Grunde an die Tschechoslowakei nicht hatte ausgeliefert werden können. 57 Nur vier Tage später, am 23. Dezember 1947, wurden weitere Angehörige der Einsatzgruppe H verurteilt. Das Verfahren des Volksgerichts Nitra richtete sich zunächst gegen 35 Beschuldigte, die in der Anklageschrift vom 22. November 1947 aufgelistet wurden. 58 Die Angaben zur Person der Angeklagten waren in den meisten Fällen jedoch sehr lückenhaft. Bei vielen wurde der Name nicht richtig genannt, häufig fehlte der Vorname, das Geburtsdatum wurde bei keinem der 35 Beschuldigten angegeben, notiert wurde zumeist nur das geschätzte Alter, Angaben zum Dienstrang waren ebenfalls meistens falsch, und es fehlten auch die Angaben zum gegenwärtigen Aufenthaltsort. 59 Letztendlich wurden lediglich drei Angeklagte – Felix Landau, Egon Lüdemann und Werner Hersmann 60 – gemäß § 3 der Verordnung 33/1945 verurteilt. Laut Gericht hätten sie in der Zeit vom September 1944 bis zum Kriegsende in Nitra und Umgebung demokratisch und antifaschistisch gesinnte Personen, Juden, Teilnehmer des Slowakischen Nationalaufstands und Partisanen verhaftet, diese unter Misshandlungen verhört und den Großteil von ihnen in ein Konzentrationslager deportiert, wo die meisten ermordet worden seien. Sie „waren den faschistischen Okkupanten behilflich und unterstützten ihre Tätigkeit. Sie verfolgten mit Eifer demokratische und antifaschistische Personen wegen ihrer politischen Tätigkeit und schädigten andere wegen ihrer rassischen oder nationalen Zugehörigkeit und wegen antifaschistischer Überzeugung.“ Da bei Landau erschwerende Umstände ermittelt werden konnten, wurde dieser zum Tode durch Erhängen verurteilt. Im Falle von Lüdemann und Hersmann begnügte sich das Gericht mit einer Freiheitsstrafe von 30 Jahren. Das alles – wie gesagt – in Abwesenheit der Hauptakteure. 61 57 Schönemann bezichtigte sich vor dem österreichischen Gericht fälschlich, Leiter der Spionageabteilung der Gestapo in Wien gewesen zu sein, um dort abgeurteilt zu werden und somit der Auslieferung an die Tschechoslowakei zu entgehen. Ausführlich zum Prozess gegen Schönemann in Österreich siehe Kap. 4.3.1., zum Prozess in der Bundesrepublik mit Angaben zu seiner Person siehe Kap. 4.2.5. 58 Anklageschrift Felix Landau u. a., 22. 11. 1947. ŠA Bratislava, OLS Nitra, Tlud 330/47 (Landau u. a.). 59 Von den 100 untersuchten SS-Führern wurden in diesem Verfahren folgende acht angeklagt: Joachim Figas, Lothar Heimbach (falsch angegeben Heinbach), Werner Hersmann (falsch angegeben Hertzmann), Hans Jaskulsky (falsch angegeben Jaskultský), Joseph Juritsch, Hans Koenen (falsch angegeben Köhnen), Egon Lüdemann und Heinz Nagel. 60 Angaben zu ihrer Person siehe Kap. 3.4. (Landau), 4.1.2. (Lüdemann) und 3.2. (Hersmann). 61 Urteil Felix Landau u. a., OLS Nitra, 23. 12. 1947. NA Praha, GP, FGPt 1686/70 (EK 13 Trenčín).

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Zwei Prozesse mit einer Urteilsverkündung in Abwesenheit der Angeklagten gab es noch Ende 1948, kurz vor dem Abschluss der Volksgerichtsbarkeit. Nachdem durch das Volksgericht Trenčín am 28. Dezember 1948 eine Freiheitsstrafe von 30 Jahren gegen Lothar Heimbach ausgesprochen worden war, fand einen Tag später am selben Gericht die Hauptverhandlung gegen Hans Jaskulsky, Heinz Nagel und zwei weitere Angehörige der Einsatzgruppe H mit niedrigeren Diensträngen statt. 62 Die Straftatbestände bezogen sich auf Verhaftungen, verschärfte Vernehmungen mit Misshandlungen, Erschießungen und Deportationen von slowakischen Staatsbürgern. Alle vier wurden mit einer Freiheitsstrafe von 30 Jahren belegt, die – da in Abwesenheit gefällt – von keinem angetreten wurde. Weitere Verfahren gegen die Angehörigen der Einsatzgruppe H wurden ohne Urteil eingestellt. Hierzu kam es häufig insbesondere in der zweiten Phase der Volksgerichtsbarkeit, also im Jahre 1948, als die Aussicht, einen Beschuldigten noch vor ein Gericht zu stellen, eher als gering eingeschätzt wurde. Die Auslieferungen aus dem Ausland wurden nach und nach gestoppt, und die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Täter drei Jahre nach Kriegsende auf dem Gebiet der Tschechoslowakei aufhalten würde, erschien nicht allzu groß. Die Einstellung des Verfahrens erfolgte demzufolge auf Grund des unbekannten Aufenthaltsortes des Beschuldigten oder wegen mangelnder Angaben zur Person. In allen hier untersuchten Fällen handelte es sich um Sammelverfahren, die gegen mehrere Beschuldigte geführt wurden, wobei ihre Identifizierung als ausgesprochen dürftig zu bezeichnen ist. Wie bei manchen Urteilen in Abwesenheit fehlten auch hier genauere Angaben zu Geburtsdaten, Namen, Diensträngen und Aufenthaltsorten der Beschuldigten oder sie wurden falsch angegeben. Das erste in der Slowakei eingestellte Verfahren, das sich gegen einen ehemaligen SS-Führer der Einsatzgruppe H richtete, war das Verfahren gegen Herbert Deffner und sechs weitere Beschuldigte vor dem Volksgericht Nitra. Deffner war Führer des Stützpunktes des Einsatzkommandos 14 in Banská Bystrica gewesen und unter anderem für die Massenerschießungen in Nemecká und Kremnička verantwortlich. Das Verfahren wurde 1946 mit der Begründung eingestellt, dass es sich bei den Beschuldigten um Reichsdeutsche handele, die entweder schon ausgesiedelt worden waren oder es in nächster Zeit würden. 63 Eingestellt wurde ein Jahr später auch das Verfahren gegen den Führer des Einsatzkommandos 14, Georg Heuser, und 14 weitere Beschuldigte. 64 Das Volksgericht Banská Bystrica führte in seinem Beschluss vom 25. November 62 NA Praha, 316, Váleční zločinci [Kriegsverbrecher] – 241. Persönliche Angaben zu Heimbach und Jaskulsky siehe Kap. 3.2. 63 ŠA Bratislava, OLS Nitra, Tlud 665/46 (Deffner u. a.). 64 Neben Heuser war in diesem Verfahren noch ein weiterer SS-Führer der EG H (Wilhelm Ramrath) angeklagt.

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1947 an: „Nach der durchgeführten Fahndung leben die obigen Personen [also die 15 Beschuldigten – L. Š.] als Mitglieder der Gestapo, die in Banská Bystrica wirksam waren, im Versteck unter Decknamen und da auch ihre Personaldaten in Einzelheiten nicht bekannt sind, als unbekannte Personen betrachtet werden müssen, gegen die das Strafverfahren nicht geführt werden kann, bevor entweder der Aufenthalt derselben oder deren Personaldaten festgestellt worden sind.“ Gleichzeitig forderte das Gericht die Sicherheitsbehörden auf, nach dem Aufenthaltsort und nach den Personaldaten der Angeklagten zu fahnden. 65 Die Ermittlungen blieben jedoch erfolglos. Alle anderen vier Verfahren wurden im Jahre 1948 eingestellt. Das erste richtete sich gegen die ehemaligen Angehörigen des Einsatzkommandos 14 in Kremnica, gegen den Stützpunktführer Fritz Ramthun und seinen Stellvertreter Karl Erhardt. Diese hätten – laut dem Einstellungsbeschluss des Volksgerichts Banská Bystrica – eine „nicht ermittelte Zahl von demokratisch gesinnten Menschen und Teilnehmern des Aufstands unmenschlich misshandelt und verhaftet, wobei viele von diesen in ein Konzentrationslager abtransportiert wurden, wo sie ums Leben kamen“. Da man bei den Angeklagten aber über keine genauen Personaldaten verfügte und ihr Aufenthaltsort als unbekannt galt, wurde das Verfahren im Juni 1948 eingestellt. 66 Einen ähnlichen Verlauf hatten auch die anderen Verfahren. Am 11. August wurde durch dasselbe Volksgericht das Verfahren gegen Heinz Krüger und 16 weitere Beschuldigte eingestellt. Da es sich auch in diesem Falle für die Ermittler um unbekannte Personen handelte, konnte „ein Urteil nicht gefällt werden, weil es zur Personenverwechslung und damit zu einem Justizirrtum hätte kommen können“. 67 Eine Einstellung des Verfahrens schlug des Weiteren auch der Ankläger des Volksgerichts Banská Bystrica am 20. Oktober gegen insgesamt 38 ehemalige Angehörige des Stützpunktes des Einsatzkommandos 14 in Banská Štiavnica vor, weil er nicht in Aussicht stellen konnte, in absehbarer Zeit die fehlenden Angaben zu den Angeklagten zu erlangen. Zu den Beschuldigten gehörten unter anderem die ehemaligen Führer des Stützpunktes Hans Gross und sein Nachfolger Hans Preyer. 68 Das letzte eingestellte Verfahren richtete sich gegen den ehemaligen Führer des Stützpunktes des z.b.V.-Kommandos 29 in Trnava, Otto Doberschütz, und neun weitere Angehörige dieses Teilkommandos. 69 Das Volksgericht Bratislava stellte das Verfahren am 3. Dezember 1948 ein. 65

OLS Banská Bystrica, 25. 11. 1974. BArch B 162/18561, Bl. 2159–2161. ŠA Banská Bystrica, Státní zastupitelství [Staatsanwaltschaft] Banská Bystrica 1919– 1949, Lst 71/48 (Ramthun und Erhardt). 67 ŠA Banská Bystrica, LS Banská Bystrica, Ls 28/48 (Krüger u. a.). 68 ŠA Banská Bystrica, Státní zastupitelství [Staatsanwaltschaft] Banská Bystrica 1919– 1949, Lst 171/48 (Gross u. a.). 69 ŠA Bratislava, LS Bratislava, Ls 445/48 (Oberschütz u. a.). Otto Doberschütz wurde in diesem Verfahren fälschlich unter dem Namen Oberschütz geführt. 66

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Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich von den 100 untersuchten SS-Führern der Einsatzgruppe H in der Slowakei ein einziger – Helmut Hoppe – vor Gericht verantworten musste. Gegen weitere wurde zwar ermittelt, doch die Ergebnisse reichten nicht aus, um den Beschuldigten einen Prozess zu machen. Die durchgesehenen Ermittlungsakten der slowakischen Volksgerichte mit den häufig lückenhaften oder gar falschen Angaben zur Person der Beschuldigten können den Eindruck erwecken, dass die Ermittlungen nicht immer akribisch und mit allen Mitteln durchgeführt wurden. Auch deswegen konnte man noch im Jahre 1969 konstatieren, dass eine Reihe von NS-Tätern, die in der Slowakei Verbrechen begangen hätten, bislang unbestraft sei. Namentlich genannt wurden dabei folgende SS-Führer: Herbert Deffner, Lothar Heimbach, Georg Heuser, Hans Jaskulsky, Wilhelm Ramrath, Fritz Ramthun und Werner Schönemann. 70 Durch slowakische Volksgerichte wurden aber noch weitere Personen rechtskräftig verurteilt, die mehr oder weniger in einem gewissen Zusammenhang mit der Tätigkeit der Einsatzgruppe H zu sehen sind. Ausgewählte Prozesse sollen deshalb im Folgenden noch kurz erwähnt werden. Es handelt sich erstens um Reichsdeutsche in höherer Funktion, die seit dem Spätsommer 1944 in der Slowakei tätig waren, zweitens um die slowakische Staatsführung sowie drittens um einzelne volksdeutsche und slowakische Helfershelfer der Einsatzgruppe H. Am 3. Dezember 1947 wurden durch das Nationalgericht Bratislava der ehemalige Deutsche Gesandte in Bratislava, Hanns Elard Ludin, und der Deutsche Befehlshaber in der Slowakei, Hermann Höfle, gemäß § 1 der Verordnung 33/ 1945 zum Tode durch Erhängen verurteilt. 71 Beide wurden in insgesamt 27 Punkten für schuldig befunden, wobei ihre Verbrechen hauptsächlich darin bestanden, dass sie sich an der „politischen, wirtschaftlichen und sonstigen Unterdrückung des slowakischen Volkes beteiligt haben. Höfle kämpfte mit der deutschen Armee auf dem Gebiet der Tschechoslowakischen Republik gegen die Rote Armee, gegen andere Armeen der Alliierten, den Slowakischen Nationalaufstand und die Partisanen in der Slowakei; beide standen im Dienst des nationalsozialistischen Deutschlands, gaben Befehle und beteiligten sich an der Verschleppung von slowakischen Staatsbürgern ins Ausland.“ Die Todesstrafen wurden am 9. Dezember 1947 vollstreckt. 72 Ungleich größeres Aufsehen erregte ein anderer Prozess vor dem National70 Liste der bisher unbestraften Kriegsverbrecher aus dem Jahre 1969. ABS Praha, 325– 59–6. 71 Urteil Hanns Elard Ludin und Hermann Höfle, NS Bratislava, 3. 12. 1947. SNA Bratislava, NS, A 935. 72 Am 27. 2.1948 wurde auch der „Beauftragte für jüdische Angelegenheiten“ für die Slowakei, Dieter Wisliceny, in Bratislava hingerichtet. Der erste Deutsche Befehlshaber in der Slowakei, Gottlob Berger, und der „Deportationsexperte“ Alois Brunner konnten dagegen von tschechoslowakischen Organen nicht ergriffen werden.

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gericht Bratislava, nämlich der gegen den ehemaligen Präsidenten des slowakischen Staates, Jozef Tiso. Angeklagt wurden neben ihm der ehemalige slowakische Innenminister Alexander Mach und der ehemalige Außen- und Innenminister Ferdinand Ďurčanský. Das umstrittene Urteil wurde am 15. April 1947 gefällt.73 Tiso wurde gemäß §§ 2, 3 und 4 der Verordnung 33/1945 zum Tode durch Erhängen verurteilt. Die Todesstrafe wurde drei Tage später vollstreckt. Auch über Ďurčanský verhängte das Gericht ein Todesurteil. Da dieses jedoch in seiner Abwesenheit erfolgte, musste er sich dieser Strafe nie unterwerfen. Mach wurde demgegenüber zu 30 Jahren Haft verurteilt, wobei die Strafe später auf 25 Jahre herabgesetzt und Mach letztendlich 1968 dank einer Amnestie vorzeitig entlassen wurde. In einem weiteren Prozess vor dem Nationalgericht wurden am 11. November 1947 auch die übrigen Minister, die ihren Posten am 5. September 1944 angetreten hatten, gemäß §§ 2, 3 und 4 verurteilt: 74 Der ehemalige Ministerpräsident und Außenminister Štefan Tiso zu 30 Jahren, der Minister für Nationale Verteidigung Štefan Haššík in Abwesenheit zum Tode durch Erschießen, der Finanzminister Mikuláš Pružinský zu sechs Jahren, der Wirtschaftsminister Gejza Medrický zu sieben Jahren, der Minister für Schulwesen und Volksaufklärung Aladár Kočiš zu sechs Jahren und der Minister für Verkehr und öffentliche Arbeiten L’udovít Lednár zu vier Jahren. Des Weiteren wurde durch das Nationalgericht im August 1946 der Stabschef der Hlinkagarde und Staatssekretär für das Sicherheitswesen, Otomar Kubala, zum Tode verurteilt und anschließend erschossen. 75 Von den Volksdeutschen muss an erster Stelle der ehemalige Volksgruppenführer Franz Karmasin genannt werden, der durch das Volksgericht Bratislava am 22. Juni 1948 in Abwesenheit gemäß §§ 2, 3 und 4 zum Tode durch Erhängen verurteilt wurde. 76 Ebenfalls in Abwesenheit und durch dasselbe Gericht wurde gemäß § 3 am 1. Dezember 1948 der ehemalige Leiter der „Judensammelstelle“ in Bratislava Gustav Hauskrecht zu fünf Jahren Haft verurteilt. 77 Von weiteren Urteilen soll hier nur auf solche hingewiesen werden, in denen die Todesstrafe verhängt und vollstreckt wurde: Als erster wurde am 19. Januar 1946 Gustav Zims durch das Volksgericht Banská Bystrica zum Tode durch Erschießen verurteilt. 78 Das Volksgericht Bratislava verurteilte am 18. Juli 1946 Franz Knoll73 Urteil Jozef Tiso, Alexander Mach und Ferdinand Ďurčanský, NS Bratislava, 15. 4. 1947. ABS, S-427–4. Zum Prozess gegen Tiso vgl. Rašla, Anton/Žabkay, Ernest: Proces s dr. J. Tisom. Spomienky [Der Prozess mit Dr. J. Tiso. Erinnerungen], Bratislava 1990. 74 Urteil Štefan Tiso u. a., NS Bratislava, 11. 11. 1947. SNA Bratislava, NS, A 883. 75 Urteil Otomar Kubala, NS Bratislava, 24. 8. 1946. ABS Praha, H-537. 76 Urteil Franz Karmasin, LS Bratislava, 22. 6.1948. ŠA Bratislava, LS Bratislava, Ls 26/ 48 (Karmasin). 77 Urteil Gustav Hauskrecht, LS Bratislava, 1. 12. 1948. Ebd., Ls 438/48 (Hauskrecht). 78 ŠA Banská Bystrica, OLS Banská Bystrica, Tlud 76/45 (Zims). Vollstreckung der Strafe am 14. 3.1947.

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mayer zum Tode durch Erhängen; 79 dieselbe Strafe erging in Bratislava am 7. November 1946 gegen Josef Pour 80 und am 20. Dezember 1947 gegen Robert Schwantzer. 81 Alle vier wurden gemäß § 3 der Verordnung 33/1945 schuldig gesprochen, weil sie sich an Verhaftungen, Verhören, Misshandlungen und Tötungen insbesondere von Juden – in den meisten Fällen in Zusammenarbeit mit den Angehörigen der Einsatzgruppe H – beteiligt hatten. Zims hatte an den Erschießungen in Kremnička und Nemecká teilgenommen, Knollmayer hatte im September 1944 die Häftlinge in Sered misshandelt und eigenhändig drei Menschen getötet, Pour und Schwantzer verrichteten ihren Dienst in der „Judensammelstelle“, wo sie bei den Misshandlungen der Häftlinge mitwirkten. Darüber hinaus wurde eine Reihe von Volksdeutschen in weiteren Prozessen zu Freiheitsstrafen verurteilt, wobei allerdings anzunehmen ist, dass ein Großteil dieser Urteile in Abwesenheit der Angeklagten erging. Was die Urteile gegen slowakische Mithelfer der Einsatzgruppe H angeht, muss man sagen, dass auch diese relativ hart in ihrem Strafmaß bemessen waren. Sie wurden vorwiegend in der ersten Phase der Volksgerichtsbarkeit ausgesprochen, in den meisten Fällen gemäß § 3 oder 4 der Verordnung 33/1945. Durch das Volksgericht Zvolen wurde so zum Beispiel am 20. August 1945 Anna Zvarová wegen Denunziation von Partisanen zu 20 Jahren Haft verurteilt. 82 Dieselbe Strafe wurde in Zvolen am 19. November 1945 gegen Julius Bieber verhängt, 83 während Ján Reiman am 4. März 1946 zu 30 Jahren Haft abgeurteilt wurde. 84 Ihr Verbrechen bestand in der Unterstützung der Einsatzgruppe H und in Denunziationen. Wegen Mordes an zwei Menschen wurde der ehemalige Fahrer des Einsatzkommandos 14 Oskár Bubeň am 21. Mai 1946 in Brezno nad Hronom zu 30 Jahren Haft verurteilt. 85 Im Jahre 1947 wurden zwei Todesurteile wegen der Zusammenarbeit mit dem Einsatzkommando 13 bei der Festnahme und Misshandlung von Juden gefällt und vollstreckt: Am 3. Februar 1947 wurde durch das Volksgericht Nitra Heliodor Gombarčík verurteilt, 86 am 15. Dezember 1947 durch das in Bratislava Michal Gombárik. 87 Eine Vielzahl 79 ŠA Bratislava, OLS Bratislava, Tlud 370/45 (Knollmayer). Vollstreckung der Strafe am 23.7. 1946. 80 Ebd., Tlud 361/45 (Pour). Vollstreckung der Strafe am 29.7. 1947. 81 Ebd., Tlud 349/47 (R. Schwantzer). Vollstreckung der Strafe am 30. 12. 1947. 82 ŠA Banská Bystrica, OLS Zvolen, Tlud 2/45 (Zvarová). 1948 wurde die Strafe auf 15 Jahre herabgesetzt. 83 Ebd., Tlud 44/45 (Bieber). 84 Ebd., Tlud 48/45 (Reiman). 1950 wurde die Strafe auf 25 Jahre herabgesetzt, 1964 wurde Reiman vorzeitig entlassen. 85 NA Praha, GP, EK 14, Bl. 3680. 86 ŠA Bratislava, OLS Nitra, Tlud 28/46 (Gombarčík). Vollstreckung der Strafe am 8. 2.1947. 87 ŠA Bratislava, OLS Bratislava, Tlud 237/47 (Gombárik). Vollstreckung der Strafe am 19. 12. 1947.

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von weiteren Urteilen erging insbesondere gegen ehemalige Angehörige der POHG und anderer Formationen, so zum Beispiel gegen die Angehörigen der Gruppe „Edelweiß“. 88

4.2. Strafverfolgung in der Bundesrepublik Die strafrechtliche Verfolgung der NS-Verbrecher in der Bundesrepublik ist ein großes und sehr komplexes Thema. Wenn man den Verlauf und die Ergebnisse der Ermittlungen gegen die Angehörigen der Einsatzgruppe H analysieren und bewerten möchte, müssen diese unbedingt in den gesamten Rahmen eingeordnet werden. Deshalb werden im folgenden Kapitel zunächst die allgemeine Entwicklung der strafrechtlichen Auseinandersetzung der bundesdeutschen Justiz mit den NS-Verbrechen und die wichtigsten Prozesse gegen Einsatzgruppenangehörige geschildert. Anschließend werden dann vor diesem Hintergrund das einzige Urteil, das gegen einen Angehörigen der Einsatzgruppe H wegen der in der Slowakei verübten Verbrechen ausgesprochen wurde, näher beschrieben und insbesondere die übrigen durch die Staatsanwaltschaften eingestellten Ermittlungsverfahren dargestellt. Es wird versucht, die allgemeinen Tendenzen der Verfahren herauszuarbeiten und diese zu begründen. Auch wenn von den 100 untersuchten SS-Führern kein einziger wegen seiner Tätigkeit bei der Einsatzgruppe H in der Bundesrepublik rechtskräftig verurteilt wurde, gab es dennoch etliche von ihnen, die sich wegen ihres Tuns bei anderen Einsätzen vor Gericht verantworten mussten. Diese Urteile werden im letzten Teil des Kapitels geschildert. 4.2.1. Normen, Verlauf und Ergebnisse 89 Nach der bedingungslosen Kapitulation übernahmen die Alliierten die Vollzugsgewalt auf deutschem Gebiet und versuchten mit Hilfe von zahlreichen Richtlinien und Gesetzen ihre schon lange vor dem Kriegsende festgesetzten Ziele, vor allem die Entnazifizierung und Demokratisierung des Landes sowie die Bestrafung der gravierendsten während des Krieges begangenen Verbre88 Gegen Angehörige der POHG und „Edelweiß“ wurden auch später durch ordentliche zivile Gerichte Prozesse geführt. So wurden 1958 insgesamt 15 POHG-Angehörige verurteilt, davon vier zum Tode. Im Jahre 1962 wurde durch das Kreisgericht Banská Bystrica Ladislav Nižňanský in Abwesenheit zum Tode und 14 weitere „Edelweiß“-Angehörige zu Strafen zwischen fünf und 15 Jahren verurteilt. ŠA Bratislava, LS Bratislava, Ls 463/48 (Nižňanský). 89 Die folgende Schilderung basiert auf den Ergebnissen der Verfasserin im Rahmen ihrer Diplomarbeit und auf folgendem in diesem Zusammenhang von ihr veröffentlichten Beitrag; Šindelářová, Lenka: 50 Jahre Zentrale Stelle in Ludwigsburg und die Strafverfolgung von NS-Verbrechen am Beispiel des Lagerinspektors von Theresienstadt, in: Milotová, Jaroslava/Hájková, Anna (Hrsg.): Theresienstädter Studien und Dokumente 2008, Prag 2008, S. 65–115.

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chen, durchzusetzen. Auch die Justiz unterstand vorerst ausschließlich den Besatzungsmächten, da alle deutschen Gerichte zunächst geschlossen wurden. Bereits im Juni 1945 wurde jedoch der Wiedereröffnung der ersten deutschen Gerichte zugestimmt und bis Ende Herbst 1945 nahmen auch andere deutsche Strafverfolgungsbehörden ihre Tätigkeit wieder auf. Die Justiz hatte sich nach den vom Alliierten Kontrollrat erlassenen Gesetzen zu richten, was hauptsächlich die Beachtung der Kontrollratsgesetze Nr. 4 vom 20. Oktober 1945 („Umgestaltung des deutschen Gerichtswesens“) und Nr. 10 vom 20. Dezember 1945 („Bestrafung von Personen, die sich Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den Frieden oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben“) bedeutete. 90 Das erste dieser beiden Gesetze – bis Ende 1949 in Kraft – regelte die Zuständigkeit der deutschen Gerichte, denen die Strafverfolgung zu Verbrechen an den Staatsangehörigen der alliierten Nationen entzogen wurde, sodass sie nur für die Ahndung der von Deutschen an Deutschen oder Staatenlosen begangenen Straftaten bevollmächtigt waren. Das Kontrollratsgesetz Nr. 10 ermöglichte wiederum den deutschen Gerichten neben der Anwendung des deutschen Strafgesetzbuches auch die in diesem Gesetz explizit genannten Verbrechen zu verfolgen. Wegen der Überzeugung, diese Tatbestände stünden im Widerspruch zu dem in deutschem Recht fest verankerten Rückwirkungsverbot, 91 weigerten sich aber viele Richter dieses Gesetz anzuwenden. Das Gesetz wurde zwar erst 1956 aufgehoben, doch bereits Ende August 1951 befreiten die Alliierten auf deutschen Wunsch hin die westdeutschen Gerichte von der Verpflichtung, nach diesem Gesetz Recht zu sprechen. 92 Die deutsche Justiz war also (offiziell!) erst ab Januar 1950 für die an Alliierten begangenen Verbrechen zuständig, 93 konnte zugleich aber ab September 1951 nur noch nach dem deutschen Strafgesetzbuch Recht sprechen und somit zum Beispiel Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht mehr verfolgen. Die volle Justizhoheit erreichten die westdeutschen Gerichte im Mai 1955, als der sogenannte Überleitungsvertrag zwischen der Bundesrepublik, den USA,

90 Zur Fassung der Gesetze siehe Amtsblatt des Alliierten Kontrollrats 1945–1948. URL: http://www.verfassungen.de/de/de45–49/index.htm [zuletzt geprüft am 26. 6. 2011]. 91 Die Bundesrepublik nahm 1949 das Rückwirkungsverbot ausdrücklich in ihre Verfassung auf: Art. 103 Abs. 2 GG: „Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.“ URL: http://www.bundestag. de/dokumente/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_09.html [zuletzt geprüft am 26. 6. 2011]. 92 Bundesminister der Justiz (Hrsg.): Im Namen des Deutschen Volkes. Justiz und Nationalsozialismus, Köln 1989, S. 398. 93 Nach der Sammlung der deutschen Strafurteile wegen NS-Tötungsverbrechen gab es jedoch auch bis Ende 1949 Verfahren wegen Verbrechen an Alliierten (verzeichnet sind insgesamt 27 Verfahren). Siehe Justiz und NS-Verbrechen, URL: http://www1.jur.uva.nl/ junsv/inhaltsverzeichnis.htm [zuletzt geprüft am 26. 6. 2011].

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Großbritannien und Frankreich in Kraft trat. 94 Als sehr hinderlich für die weitere Strafverfolgung von NS-Verbrechen erwies sich die Regelung, dass Personen, gegen die eine Untersuchung von den Strafverfolgungsbehörden der Besatzungsmächte endgültig abgeschlossen war, nicht mehr vor ein westdeutsches Gericht gestellt werden konnten. Die Alliierten wollten dadurch die Wiederaufnahme der Verfahren durch westdeutsche Gerichte vermeiden, um Strafminderungen zu verhindern. Die Konsequenz dieser Bestimmung war allerdings, dass viele Täter, die in den ersten Jahren aus Mangel an Beweisen nicht abgeurteilt werden konnten, in Abwesenheit verurteilt wurden oder von den Alliierten verurteilt und dann in den 1950er Jahren freigelassen wurden, nicht mehr verfolgt werden konnten. Einen großen Einfluss auf die Verfolgung der NS-Verbrechen in der frühen Bundesrepublik hatten ohne Zweifel Politiker und ihre Eingriffe in die Gesetzgebung. Eines der ersten Gesetze, das der Deutsche Bundestag beschloss, war das Straffreiheitsgesetz vom 31. Dezember 1949, das die Amnestie für solche Vergehen mit sich brachte, die mit Gefängnis von bis zu sechs Monaten bestraft werden konnten und die in den „verwirrten Zeitverhältnissen“ des Zusammenbruchs begangen worden waren. Auch wenn es in den meisten Fällen um Schwarzmarkt-Delikte ging, befanden sich unter den Amnestierten auch zahlreiche NS-Täter, 95 da auch Körperverletzung mit Todesfolge bzw. Totschlag (Mindeststrafe: drei bzw. sechs Monate) amnestiert wurden. Das hieran anknüpfende Straffreiheitsgesetz von 1954 bezog sich auf solche Straftaten, „die unter dem Einfluß der außergewöhnlichen Verhältnisse des Zusammenbruchs in der Zeit zwischen dem 1. Oktober 1944 und dem 31. Juli 1945 in der Annahme einer Amts-, Dienst- oder Rechtspflicht, insbesondere eines Befehls, begangen worden sind“ und die mit Gefängnis von bis zu drei Jahren bestraft werden konnten. Auch wenn der Anteil begünstigter NS-Täter diesmal vergleichsweise gering war, führte dieses Gesetz nach Frei zu einer politischen und gesellschaftlichen Delegitimation der Strafverfolgungsbemühungen. 96 Weitreichende Folgen hatte des Weiteren das „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen“, das im April 1951 vom Bundestag angenommen wurde und eine gesetzliche Regelung für Angehörige des öffentlichen Dienstes darstellte. Es wurde sogar auf ehemalige Gestapo-Beamte angewendet, sofern diese nur „von Amts 94 Der „Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen“ wurde am 26. 5.1952 abgeschlossen und trat mit Beendigung des Besatzungsstatus in der Bundesrepublik am 5. 5. 1955 im Rahmen des Deutschlandvertrags in Kraft. 95 Frei spricht von Zehntausenden unter den ca. 800 000 amnestierten Personen und sieht darin die erste Bestätigung der „Schlussstrich-Mentalität“ auf bundesstaatlicher Ebene. Frei 1997, S. 52 f. Ausführlich zu den Straffreiheitsgesetzen von 1949 und 1954 siehe ebd., S. 29–53 und 100–131. 96 Ebd., S. 128.

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wegen“ – was in den allermeisten Fällen die Regel gewesen war – zur Gestapo versetzt worden waren. 97 Viele Beamte konnten dank dieser Regelung auf ihre alten Posten zurückkehren. Die personellen Kontinuitäten in der Bundesrepublik wurden gerade auch durch dieses Gesetz ermöglicht. Im Auswärtigen Amt sah es 1953 zum Beispiel so aus, dass 40 Prozent der Stellen mit den „131ern“ besetzt waren. 98 Im Bundeskriminalamt hatte jeder dritte Mitarbeiter der Sicherheitspolizei angehört. 99 Und um bei der Justiz zu bleiben: 1956 hatten beim Bundesgerichtshof 80 Prozent der dort tätigen Richter bereits im Justiz- und Staatsdienst des Nationalsozialismus gearbeitet. 100 Es steht außer Frage, dass dieser Zustand die strafrechtliche Ahndung von NS-Verbrechen in vielen Fällen erschwerte. Die ehemaligen Kollegen hielten zusammen und konnten sich zumeist ihrer gegenseitigen Hilfe gewiss sein, sei es durch Aussagen zu ihren Gunsten, durch die Suche nach Entlastungsmaterial oder das Verschwinden belastender Dokumente. 101 Über die Schuld des Verdächtigten wurde fast ausschließlich anhand von Zeugenaussagen oder Urkundenbeweisen entschieden, während das Geständnis oder eine Ortsbesichtigung eine geringfügige Rolle spielten. Bei den Dokumentenbeweisen, die vorwiegend bei den Verbrechen der „Schreibtischtäter“ von Bedeutung waren, stieß man auf das Problem, dass viele Unterlagen bis Ende des Krieges vernichtet worden waren, den westdeutschen Strafverfolgungsorganen nicht zur Verfügung standen oder von diesen nicht entsprechend genutzt und interpretiert wurden. Über die Verbrechen der „tatnahen Täter“, also derjenigen, die eigenhändig gehandelt hatten, gab es in vielen Fällen keine schriftlichen Beweise, sodass man auf die Aussagen von Zeugen angewiesen war. Bei den Zeugen aus der Umgebung der Täter, die in diesen Prozessen die überwiegende Mehrheit bildeten,102 kam es oft zu falschen oder unvollständigen Angaben oder zu einem akuten „Gedächtnisschwund“. Es stellte sich heraus, dass viele dieser Zeugen im gegenseitigen Austausch standen, um entlastende Aussagen miteinander zu koordinieren. Dies erfolgte teilweise auch in organisierter Form, indem verschiedene Gruppierungen gebildet wurden (zum 97

Freudiger 2002, S. 21. Ministerialbereich der Bundesverwaltung: 30 Prozent, Innenministerium: 42 Prozent, Bundesministerium für Vertriebene: 75 Prozent. Frei 1997, S. 85. 99 Kiepe, Jan: Zwischen Ahndungsbemühung und -behinderung. Das gesellschaftliche und rechtspolitische Umfeld bei Ermittlungen gegen ehemalige Gestapo-Mitarbeiter, in: Mallmann, Klaus-Michael/Angrick, Andrej (Hrsg.): Die Gestapo nach 1945. Karrieren, Konflikte, Konstruktionen, Darmstadt 2009, S. 166–182, hier S. 173. 100 Kuhlmann, Rüdiger: Die Ludwigsburger Zentrale Stelle und ihr gesellschaftliches und justizielles Umfeld. Magisterarbeit Hannover 2000, S. 20, Anm. 54. 101 Kiepe 2009, S. 175. 102 Rückerl, Adalbert: Die Strafverfolgung von NS-Verbrechen 1945–1978. Eine Dokumentation, Heidelberg 1979, S. 91. 98

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Beispiel die „Kameradenhilfe“ oder die „SS-Gemeinschaft-Treue“), die die ‚Kameraden‘ juristisch und finanziell unterstützten. Den Zeugen aus der Gruppe der Opfer fehlten wiederum oft die Details der Tatausübung, sodass ihre Aussagen, auch wenn sie den Täter eindeutig identifizieren und sich an den wesentlichen Tatablauf erinnern konnten, nicht zur Überführung des Angeklagten reichten. Eine Tat musste zweifelsfrei einer Person zugeordnet werden können und der Grundsatz in dubio pro reo war uneingeschränkt einzuhalten. Nur wenn eine persönliche Schuld im strafrechtlichen Sinne dem Angeklagten einwandfrei nachzuweisen war, konnte ein Schuldspruch gefällt werden. Adalbert Rückerl, damaliger Leiter der Zentralen Stelle in Ludwigsburg, erklärte dieses Prinzip an einem konkreten Fall: „Man weiß zwar, daß im Lager Majdanek Hunderttausende umgebracht worden sind. Und man weiß, da war ein Lagerführer wie Strippel. Der ist zwar tatverdächtig aufgrund seiner Funktion, aber ich muß ihm trotzdem nachweisen, was er dort getan hat. Die Funktion allein ergibt noch keine Verurteilung, sondern nur der Nachweis des schuldhaften persönlichen Handelns.“ 103 Eine wichtige Rolle bei den Verfahren spielten aber auch verschiedene Strafmilderungsgründe, die häufig zur Verhängung eines offensichtlich unangemessenen Urteils führten. Außer den gewöhnlichen Strafmilderungsgründen (bisherige Straflosigkeit, echte Reue, Geständnis, Unterstützung der Gerichte und Strafverfolgungsbehörden bei der Aufklärung der Straftaten, jugendliches Alter zur Tatzeit, hohes Alter zum Zeitpunkt des Verfahrens) gab es eine Reihe von weiteren, die speziell im Zusammenhang mit der Strafverfolgung von NSVerbrechen entstanden. Rückerl nennt ein paar Beispiele aus den Urteilsschriften: 104 – der Angeklagte sei ohne eigenes Zutun zu den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei, zum KZ-Personal oder zu Tötungskommandos gekommen, – er hätte sich um Ablösung von den betreffenden Kommandos bemüht, – er hätte die Gewaltmaßnahmen nur mit innerem Widerstreben ausgeführt und in Einzelfällen die Durchführung verzögert, – er sei zu der Dienststelle strafversetzt worden und hätte deshalb geglaubt, er solle alle Befehle seiner Vorgesetzten nunmehr gewissenhaft ausführen, – er sei auf Grund seiner Kenntnis der Landessprache von seinen Vorgesetzten besonders häufig zur Mitwirkung bei Tötungsaktionen herangezogen worden, – er hätte geglaubt, die Opfer hätten ein todeswürdiges Verbrechen begangen, – die Taten seien aus einem falschverstandenen Pflichtgefühl zu erklären, 103 Die Zeit vom 10. September 1981; zitiert nach Just-Dahlmann, Barbara/Just, Helmut: Die Gehilfen. NS-Verbrechen und die Justiz nach 1945, Frankfurt/Main 1988, S. 311. 104 Vortrag von Adalbert Rückerl in Calw, 7. bis 9. April 1964. Barch B 162/8, Bl. 115 f.

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– es hätte eines besonderen Mutes bedurft, Befehle zu verweigern. Merkwürdig erscheinen des Weiteren auch solche Strafmilderungsgründe, bei denen eine bestimmte Tatsache in dem einen Urteil als strafmildernd bewertet wird, während in einem anderen Urteil genau das Gegenteil die Strafe herabsetzt. So war es zum Beispiel mit der Mitgliedschaft in der NSDAP, mit der Einstellung des Beschuldigten zum Antisemitismus oder mit der Unterscheidung zwischen den „Schreibtischtätern“ und denen, die die Befehle eigenhändig ausführten. Falls der Angeklagte „Schreibtischtäter“ war, galt dies als Strafmilderungsgrund, weil er an der „unmittelbaren Tötung der Opfer nicht beteiligt [war]; er brauchte die Morde selbst nicht mitanzusehen, das Zeichen zu ihrer Ausführung zu geben oder selbst zu schießen. Sicherlich brauchte er deswegen für seine Mitwirkung weniger verbrecherische Energie zur Überwindung innerer Hemmungen als die eigentlichen Henker.“ Falls es sich bei dem Beschuldigten um einen „tatnahen Täter“ handelte, wurde wiederum als strafmildernd ausgeführt, dass er den Tötungsbefehl über eine Reihe von Vorgesetzten erhalten habe und „selbst nur letztes Glied der Befehlskette gewesen“ sei. 105 Der ‚erfolgreichste‘ Strafmilderungsgrund war lange Zeit der Befehlsnotstand, auch wenn bereits in den 1960er Jahren nach gründlichen Forschungen nachgewiesen wurde, dass es ihn in Wirklichkeit nicht gegeben hatte. Es existierte kein Fall, in dem die Verweigerung der Ausführung eines verbrecherischen Befehls eine „objektiv drohende Gefahr für Leib und Leben des Befehlsempfängers mit sich gebracht hat“. Die Folgen waren eher „eine Rückversetzung in die Heimat wegen mangelnder Härte für den Osteinsatz, Beförderungssperre oder Versetzung zu einer normalen Kampfeinheit der Waffen-SS“. 106 In diesen Zusammenhang gehört auch der § 47 Abs. 2 des Militärstrafgesetzbuches, dem die Gestapo und weitere Verbände in den von der Wehrmacht okkupierten Gebieten unterlagen. Dieser besagte, dass „Angeklagte nicht bestraft werden müßten, wenn sie Straftaten im Rahmen eines Befehls begingen, dessen Rechtmäßigkeit sie nicht angezweifelt hätten. Hier haftete allein der Vorgesetzte.“ 107 Außerdem wurden sehr häufig das Schicksal und die Verhältnisse der Angeklagten in der Zeit nach 1945 herangezogen (Gefangenschaft, Internierungshaft, Verlust der Versorgungsbezüge durch Strafverfahren, Flüchtlingseigenschaft) und es wurde auf die exzeptionellen Verhältnisse (vor allem Kriegsgeschehen und die dauernde Propaganda) im Dritten Reich hingewiesen, die zur Folge gehabt hätten, dass „die Achtung vor dem Leben und der Würde des Menschen immer mehr zurückgedrängt und das Gewissen der Täter da105

Ebd. Rückerl 1984, S. 282 f. Eine andere Methode war der sogenannte Putativnotstand, indem unterstellt wurde, dass die Angeklagten der Meinung waren, dass sie sich in Gefahr für Leib und Leben befunden hätten. 107 Kiepe 2009, S. 176. 106

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durch abgestumpft worden sei“.108 Oft gehörte zu den Strafmilderungsgründen auch die Überzeugung, dass die Straftaten bereits lange Zeit zurücklagen und dass das Sühnebedürfnis dadurch gemindert sei. Eines der schwerwiegendsten Hindernisse in der Strafverfolgung von NSVerbrechen war die Tatsache, dass man erst relativ spät angefangen hatte, die Verbrechen systematisch aufzuklären und dass zu diesem Zeitpunkt viele bereits verjährt waren und andere bald vor der Verjährung standen. Im Mai 1960 trat die Verjährung von Totschlag ein, und man konnte von nun an nur noch solche Straftaten verfolgen, deren Verjährung unterbrochen war oder die als Mord oder Beihilfe hierzu qualifiziert wurden. Nach dem § 211 StGB ist Mörder, „wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet“.109 Gerade dies eindeutig zu beweisen erwies sich jedoch in vielen Prozessen als problematisch. Eine Anzahl von Verfahren wurde mit der Begründung eingestellt, dass es sich um verjährten Totschlag, nicht aber um Mord handele. Als 1965 in der Bundesrepublik auch Mord verjähren sollte, konnte dies verhindert werden. Nach der berühmt gewordenen Bundestagsdebatte vom 10. März 1965 wurde das „Gesetz über die Berechnung strafrechtlicher Verjährungsfristen“, in dem der Beginn der Verjährungsfrist vom 8. Mai 1945 auf den 31. Dezember 1949 verschoben wurde, beschlossen; Mord sollte demnach erst am 31. Dezember 1969 verjähren. Dass es sich hierbei um einen Kompromiss handelte, steht außer Zweifel. Die Aufhebung oder Verlängerung der Verjährung – wie in vielen anderen Ländern – konnte nicht durchgesetzt werden, und es war im Grunde eine kurzfristige Lösung, da man nach vier Jahren vor dieselben Fragen gestellt wurde. Im Jahr 1969 gab es allerdings eine andere politische Konstellation als 1965: die SPD war in der Bundesregierung und stellte den Justizminister. Im Juni 1969 beschloss der Bundestag das 9. Strafrechtsänderungsgesetz, das die Verjährung für Mord von 20 auf 30 Jahre heraufsetzte bzw. die Verjährung für Völkermord 110 aufhob. Als Mord 1979 wieder verjähren sollte, kam es zur vierten und letzten Debatte um die Verjährung von NS-Verbrechen, in deren Folge der Bundestag mit 255 zu 222 Stimmen das 16. Strafrechtsänderungsgesetz beschloss und damit die Unverjährbarkeit von Mord. Großes Aufsehen erregte ferner auch die im Rahmen des „Einführungsgeset108

Vortrag von Adalbert Rückerl in Calw, 7. bis 9. April 1964. Barch B 162/8, Bl. 116. StGB, § 211. URL: http://dejure.org/gesetze/StGB/211.html [zuletzt geprüft am 26. 6. 2011]. 110 Der 1954 in das Strafgesetzbuch aufgenommene Völkermord-Straftatbestand (§ 220 a) konnte wegen des Rückwirkungsverbots bei der Ahndung von NS-Gewaltverbrechen nicht wirksam werden. 109

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zes zum Ordnungswidrigkeitengesetz“ im Oktober 1968 in Kraft getretene Neufassung des § 50 Abs. 2 StGB. Die neue Regelung brachte schwerwiegende Folgen für die Strafverfolgung von NS-Verbrechen, da sie zahlreiche NS-Gehilfen amnestierte.111 Falls dem Gehilfen eigene niedrige Beweggründe bei der Verübung der Tat nicht nachgewiesen werden konnten, musste seine Strafe gemildert werden. Den Gehilfen drohte nicht mehr eine lebenslange Haft (wie es bis dahin im Falle von Mord für Täter wie Gehilfe die Regel war), sondern nur eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren. Da aber Straftaten mit einer angedrohten Höchststrafe von 15 Jahren bereits 1960 verjährt waren, mussten die eingeleiteten Verfahren – falls die Verjährungsfrist nicht bis 1960 unterbrochen worden war – eingestellt werden. Zu den Profiteuren gehörten neben den kleinen Tätern und einigen Befehlshabern vor allem die „Schreibtischtäter“, in erster Linie auch die Angehörigen des RSHA, gegen die systematische Ermittlungen erst 1963 aufgenommen worden waren und jetzt eingestellt werden mussten. Es erscheint schwer glaubhaft, dass die Auswirkungen des neuen Paragraphen nicht gewollt und übersehen worden waren, wie im Juni 1969 der Bundesjustizminister erklärte. Bald sprach man darum von einer der peinlichsten Pannen der Legislative, von kalter Verjährung, stiller oder verschleierter Amnestie, die durch einen Verfahrenstrick erreicht wurde. Ob die Initiative zur Neufassung des § 50 tatsächlich auf einen konspirativen Kreis zurückzuführen ist, lässt sich mit Sicherheit nicht klären, jedoch auch nicht ausschließen. Eine der „peinlichsten Pannen“ der Justiz war demgegenüber eindeutig die sogenannte Gehilfenrechtsprechung.112 Es steht fest, dass viele NS-Gewaltverbrecher als Gehilfen verurteilt wurden und als die eigentlichen Täter nur Hitler, Himmler und Heydrich angesehen wurden – ein beliebter Topos, der in vielen Urteilen zu lesen ist. Diese Auffassung hatte unter anderem zur Folge, dass es eine relativ geringe Zahl zu lebenslanger Haft Verurteilter in den Prozessen mit NS-Verbrechern gab bzw. dass sehr oft milde und unangemessene Strafen ausgesprochen wurden. Während nämlich bei Täterschaft die Höchststrafe, also die lebenslange Freiheitsstrafe, verhängt werden musste, konnte sie bei einem Gehilfen bis auf drei Jahre herabgesetzt werden. Die Verlagerung der Täterschaft bei der „Endlösung“ auf die NS-Führungsclique entsprach außerdem aus psychologischer Sicht einer bequemen Form von Schuldabwehr: „Indem die Vernichtung des Judentums zwar überwiegend nicht geleugnet, die Schuld daran jedoch so konstruiert wurde, dass sie nur die obersten Führer traf, konnte in Vergessenheit geraten, dass sich der millionenfache Mord aus vielen schuldhaften Entscheidungen und Handlungen einzelner zusammensetzte.“ 113

111 112 113

Ausführlich zur Gesetzesänderung von 1968 siehe Greve 2001, S. 358–393. Zur Gehilfenrechtsprechung vgl. zum Beispiel Just-Dahlmann 1988. Freudiger 2002, S. 408.

Strafverfolgung in der Bundesrepublik

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Die Verfolgung von NS-Verbrechen wird gewöhnlich in Hinblick auf die Zahl der Verurteilten bewertet und es wird zumeist eine ausgesprochen negative Bilanz gezogen: „zu spät, zu wenige, zu milde“.114 Eine Gesamtstatistik der rechtskräftig durch (west)deutsche Gerichte verurteilten NS-Täter in Zeitabschnitten von fünf Jahren bis 2005 sieht wie folgt aus: 115 Zeitabschnitt

Urteile

1945 bis 1949

4667

1950 bis 1954

1337

1955 bis 1959

101

1960 bis 1964

126

1965 bis 1969

229

1970 bis 1974

113

1975 bis 1979

29

1980 bis 1984

35

1985 bis 1989

12

1990 bis 1994

3

1995 bis 1999

3

2000 bis 2005 Insgesamt

1 6656

Von (west)deutschen Staatsanwaltschaften wurden in den Jahren 1945 bis 2005 insgesamt 36 393 Ermittlungsverfahren gegen 172 294 Personen eingeleitet. Die tatsächliche Zahl der Beschuldigten ist niedriger (ca. 140 000), da in einigen Fällen dieselbe Person in mehreren Verfahren figurierte. Lediglich 6656 Angeklagte (davon 369 Frauen) wurden rechtskräftig verurteilt; dies entspricht nicht einmal vier Prozent der Beschuldigten. Der Großteil der Urteile (4667) erfolgte bis zum 1. Januar 1950, also in jenem Zeitraum, in dem durch deutsche Gerichte fast ausschließlich die an Deutschen oder Staatenlosen begangenen Verbrechen verfolgt werden konnten. In den 1950er Jahren sank insbesondere in Folge der eingetretenen Verjährung von minderschweren Delikten rapide die Zahl der Verurteilten, bis sie 1959 einen Tiefpunkt mit lediglich zwölf rechtskräftigen Urteilen erreichte. Charakteristisch für diese anfängliche Periode der Strafverfolgung war die Tatsache, dass es zu den meisten Prozessen auf Grund privater

114 Pauli, Gerhard: Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Verfolgung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen in Ludwigsburg – Entstehung und frühe Praxis, in: Juristische Zeitgeschichte NRW 9 (2001), S. 45–62, hier S. 61. 115 Die Zahlen nach Eichmüller 2008, S. 626. Hiernach auch die weiteren Gesamtzahlen zur Strafverfolgung von NS-Verbrechen.

260

Strafverfolgung nach 1945

Hinweise gekommen war. Eine wichtige Rolle spielte hier zudem die Zuständigkeit der Gerichte und der Staatsanwaltschaften, die sich nach dem Tatort bzw. nach dem Wohnort oder dem Ergreifungsort des Täters richtete. Da gerade die besonders gravierenden Verbrechen vorwiegend außerhalb der Bundesrepublik geschahen und die Täter nicht bekannt waren, fühlte sich oft keine der westdeutschen Staatsanwaltschaften für deren Verfolgung zuständig. Von einer systematischen Strafverfolgung kann jedenfalls bis zur Gründung der „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“ Ende 1958 keine Rede sein. 116 Erst nach der Etablierung der Zentralen Stelle stieg die Zahl der Verurteilten wieder. Die meisten Urteile ergingen dann in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre, wobei der Höhepunkt für die Jahre 1965 und 1968 mit jeweils 67 Verurteilten zu verzeichnen ist. Seit Anfang der 1990er Jahre bis heute wurden demgegenüber lediglich acht Urteile wegen NS-Verbrechen ausgesprochen. Der letzte verurteilte NS-Täter ist John „Iwan“ Demjanjuk, der am 12. Mai 2011 durch das Schwurgericht des Landgerichts München II wegen 16 Taten der Beihilfe zum Mord an 28 060 Menschen, begangen 1943 im Vernichtungslager Sobibor, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt wurde.117 Was das Strafmaß der verhängten Strafen betrifft, muss man sagen, dass dieses tatsächlich relativ mild war. Bei ungefähr 60 Prozent der Verurteilten lautete die Strafe auf Freiheitsentzug von bis zu einem Jahr. Insgesamt 2361 Angeklagte wurden zu einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren verurteilt, 82 bekamen zehn bis 20 Jahre, 166 eine lebenslängliche Freiheitsstrafe, und über 16 Angeklagte wurde die Todesstrafe verhängt, die letztendlich nur in vier Fällen vollstreckt wurde. 118 Der folgenden Tabelle ist des Weiteren zu entnehmen, für welche Straftaten bis Ende 1964 Urteile bzw. Todesstrafen (T), lebenslängliche (L) und zeitige (Z) Strafen ergingen: 119

116

Ausführlich zur Geschichte der Zentralen Stelle in Ludwigsburg vgl. Šindelářová

2008. 117 Zum Prozess gegen Demjanjuk in München vgl. zum Beispiel die Webseite „Nebenklage Sobibor“. URL: http://www.nebenklage-sobibor.de [zuletzt geprüft am 22. 2. 2012]. Demjanjuk wurde einen Tag nach der Urteilsverkündung auf freien Fuß gesetzt, da der Haftbefehl mangels fortbestehender Fluchtgefahr aufgehoben wurde. Demjanjuk verstarb am 17. 3. 2012 in einem Altenheim in Bad Feilnbach. 118 Die Zahlen auch hier nach Eichmüller 2008, S. 636. 119 IV/3124 Bericht des Bundesjustizministers vom 24. 2. 1965 über die Verfolgung nationalsozialistischer Straftaten. Das Dokument wurde der Verfasserin durch das Bundesministerium der Justiz am 16. 10. 2007 zur Verfügung gestellt. Die Tabelle wurde von der Verfasserin anhand der Angaben in diesem Bericht erstellt. Es sind nur die Strafbestände mit der höchsten Zahl an Verurteilten aufgelistet.

261

Strafverfolgung in der Bundesrepublik

Straftat

Urteile

T

L

Z

„Kristallnacht“ im November 1938

2703



1

2693

Ausschaltung politischer Gegner nach 1933

1440

2

6

1408

Denunziationen

603



1

566

Straftaten in den Konzentrationslagern

262

120

2 33

227

Taten kurz vor und kurz nach Kriegsende

181

3

8

170

EG u. EK, deutsche Stellen in Polen u. Russland

92

– 15

77

Verbrechen an Fremdarbeitern

76



2

72

Euthanasie-Aktionen

40

5

4

31

Bis Ende 1964 wurden 6231 Angeklagte verurteilt; das bedeutet fast 94 Prozent der insgesamt bis heute Verurteilten. Fast die Hälfte von ihnen (43 Prozent) wurde wegen Straftaten bestraft, die im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom von 1938 begangen worden waren. Weitere 33 Prozent der Verurteilungen ergingen wegen Verbrechen unmittelbar nach der Machtübernahme 1933 (Ausschaltung politischer Gegner) und wegen Denunziationen. Erst an vierter Stelle kommen mit 4,2 Prozent und 262 Verurteilten die Straftaten in den Konzentrationslagern; allerdings wurden hier die meisten lebenslangen Freiheitsstrafen ausgesprochen. Die meisten Todesurteile (fünf) ergingen demgegenüber wegen Verbrechen im Rahmen des sogenannten Euthanasieprogramms. Die relativ niedrige Zahl der zur Verurteilung gebrachten Verbrechen von Einsatzgruppen und Einsatzkommandos sowie anderen Dienststellen in Polen und der Sowjetunion legt nahe, dass diese Straftaten erst seit den 1960er Jahren systematisch aufgearbeitet und verfolgt wurden. Es ist anzunehmen, dass gerade diese Verbrechen die Grundlage der seit den 1970er Jahren gefällten Urteile bildeten. Kurz erwähnt werden soll hier noch die Einstellung der westdeutschen Bevölkerung zur Strafverfolgung von NS-Verbrechen. Festzuhalten ist, dass die strafrechtliche Ahndung von breiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt wurde und diese weit verbreitete Unpopularität der Verfahren sich in vielerlei Hinsicht als hemmend erwies. Die Schlussstrich-Mentalität scheint bei den Deutschen in den ersten Nachkriegsjahren stärker gewesen zu sein als der Wille zur strafrechtlichen Aufarbeitung der NS-Verbrechen. Für diese Haltung gab es unterschiedliche Gründe. Der banalste hatte wohl mit der Situation zu tun, in der sich die Deutschen nach Kriegsende befanden. Die materielle Not (Arbeitslosigkeit, Versorgungsengpässe und Wohnungsnot) prägte die ersten Nach120 Auschwitz (17), Buchenwald (23), Dachau (23), Dora (3), Emslandlager (63), Flossenbürg (19), Groß-Rosen (6), Hinzert (6), Mauthausen (7), Natzweiler-Strutthof (3), Neuengamme (8), Ravensbrück (5), Sachsenhausen-Oranienburg (19), Sobibor (2), Stutthof (6), Treblinka (1), andere (51).

262

Strafverfolgung nach 1945

kriegsjahre. Als hilfreich erwiesen sich in dieser Hinsicht auch die schnell geschaffenen Abwehrmechanismen wie die Selbststilisierung der Deutschen als Opfer, das Abschieben jeglicher Schuld auf das Individuum Hitler, die Deutung der NS-Zeit als eine Art Naturkatastrophe und die Aufrechnung der Verbrechen mit denen der Alliierten. 121 Der Unwille zur strafrechtlichen Ahndung der NS-Täter war jedoch auch in den späteren Jahren bei den Bundesbürgern vorherrschend. Auch wenn einerseits zum Beispiel der Eichmann-Prozess in Jerusalem (1961) oder der Auschwitz-Prozess in Frankfurt am Main (1963 bis 1965) großes Aufsehen und stellenweise auch Betroffenheit hervorriefen, ist andererseits aus den Meinungsumfragen des Allensbacher Instituts in der folgenden Tabelle ersichtlich, dass gerade in den 1960er Jahren die Forderung nach einem Schlussstrich am stärksten war. Erst seit 1979 begann die Zahl der Schlussstrich-Befürworter zu sinken. 122 1958

1963

1965

1969

1979

1983

Schlussstrich

34 %

54 %

52 %

67 %

47 %

31 %

Weiter verfolgen

54 %

34 %

38 %

23 %

40 %

55 %

Unentschieden

12 %

12 %

10 %

10 %

13 %

14 %

Die Erkenntnisse des Meinungsforschungsinstituts Emnid bestätigen, dass der Wunsch nach einem Schlussstrich in den 1970er Jahren bzw. bis 1979 relativ groß war und eher noch zunahm. Überraschenderweise hatte also auch die Studentenbewegung in dieser Hinsicht keine Änderung gebracht.123 1974

1978

1979

Schlussstrich

60 %

64 %

46 %

Weitere Prozesse

25 %

34 %

50 %

Keine Angaben

15 %

2%

4%

Der Wandel in der Haltung der Bevölkerung zur Strafverfolgung von NS-Verbrechen kam, wie angedeutet, erst im Jahre 1979. Dies ist insbesondere auf die Ausstrahlung der amerikanischen Fernsehserie „Holocaust“ am Anfang des 121 Dubiel, Helmut: Niemand ist frei von der Geschichte. Die nationalsozialistische Herrschaft in den Debatten des Deutschen Bundestages, München 1999, S. 16. 122 Noelle, Elisabeth/Neumann, Erich Peter (Hrsg.): Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1958–1964 (Bd. 3), Bonn 1965, S. 221; Noelle, Elisabeth/Neumann, Erich Peter (Hrsg.): Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1965–1967 (Bd. 4), Bonn 1967, S. 165 und Noelle-Neumann, Elisabeth/Piel, Edgar (Hrsg.): Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie 1978–1983 (Bd. 8), München u. a. 1983, S. 194 f. Die Form der Fragen hat sich im Laufe der Zeit leicht geändert. 123 Hey, Bernd: Die NS-Prozesse – Versuch einer juristischen Vergangenheitsbewältigung, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 32 (1981), S. 331–362, hier S. 345.

Strafverfolgung in der Bundesrepublik

263

Jahres zurückzuführen, die einen bemerkenswerten Umschwung in der öffentlichen Wahrnehmung des Themas NS-Vergangenheit bewirkte. Seit den 1980er Jahren spielte sich dann die Strafverfolgung in einem gewandelten gesellschaftspolitischen Klima ab, was sich auch in den Meinungsumfragen zeigte: 1983 gab es mit 55 Prozent den größten Anteil der Deutschen, die sich eine Weiterverfolgung von NS-Verbrechen wünschten. Fast vierzig Jahre nach Kriegsende, als die Bevölkerung das Bestrafen der NS-Verbrecher befürwortete, waren die Bedingungen für eine strafrechtliche Verfolgung allerdings deutlich ungünstiger. Heutzutage werden die Fehlleistungen und Versäumnisse der Strafverfolgung von NS-Verbrechen in der Bundesrepublik im Allgemeinen kaum noch bezweifelt. Es steht fest, dass nur wenige Täter zur Verantwortung gezogen wurden und dass ihre Zahl in keinem Verhältnis zu den Dimensionen des Völkermords stand. Wenn man die Strafverfolgung nur an der Zahl der Verurteilten messen will, muss die Bewertung sehr kritisch ausfallen. Nach Steinbach leistete aber diese Auseinandersetzung mit den Tätern und ihren Taten „einen entscheidenden Beitrag dazu, daß die NS-Vergangenheit nach 1945 nicht vergehen konnte, nicht verdrängt und auch nicht verfälscht werden konnte“. 124 Darüber hinaus bot die Justiz auf dem Gebiet der NS-Verbrechen der Wissenschaft eine Menge von einschlägigem Material. Die eigentliche Leistung der Strafjustiz bestand somit „nicht in der juristischen Würdigung der Verbrechen, sondern in deren detaillierter Rekonstruktion“. 125 4.2.2. Einsatzgruppenprozesse im Überblick Im Rahmen der strafrechtlichen Verfolgung von NS-Verbrechen wurden auch einige Angehörige der einzelnen Einsatzgruppen vor Gericht gestellt, um sich für ihre Taten zu verantworten. Im Folgenden werden die beiden wichtigsten Prozesse auf deutschem Boden in diesem Zusammenhang – nämlich der Einsatzgruppenprozess von 1948 in Nürnberg und der Einsatzgruppenprozess von 1958 in Ulm – kurz beschrieben und anschließend ein Überblick über die weiteren in der Bundesrepublik wegen der Verbrechen der Einsatzgruppen erfolgten Prozesse geboten. Der Einsatzgruppenprozess in Nürnberg war der neunte von zwölf Nürnberger Nachfolgeprozessen.126 Er wurde vom 15. September 1947 bis zum 10. April 1948 vor einem amerikanischen Militärgericht unter der offiziellen Bezeich124 Steinbach, Peter: NS-Prozesse in der Öffentlichkeit, in: Kuretsidis-Haider, Claudia/ Garscha, Winfried R. (Hrsg.): Keine „Abrechnung“. NS-Verbrechen, Justiz und Gesellschaft in Europa nach 1945, Leipzig-Wien 1998, S. 397–420, hier S. 416. 125 Forschungsseite zur bundesdeutschen Strafverfolgung von NS-Verbrechen. URL: http://www.michael-greve.de/main.htm [zuletzt geprüft am 26. 6. 2011]. 126 Zum Einsatzgruppenprozess in Nürnberg vgl. zum Beispiel Earl 2009 und Ogorreck, Ralf/Rieß, Volker: Fall 9: Der Einsatzgruppenprozeß (gegen Otto Ohlendorf und andere),

264

Strafverfolgung nach 1945

nung „The United States of America against Otto Ohlendorf et al.“ auf der Grundlage des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 unter dem Vorsitzenden Richter Michael A. Musmanno durchgeführt. Angeklagt wurden 24 ehemalige Angehörige der in der Sowjetunion eingesetzten Einsatzgruppen, denen von der Anklage mehr als eine Million Opfer vorgeworfen wurden. Die Basis für den Prozess bildeten in erster Linie die Aussagen des einstigen Führers der Einsatzgruppe D, Otto Ohlendorf, über Struktur, Befehle und Einsätze der Einsatzgruppen, die er zunächst als Kriegsgefangener der Engländer und später als Zeuge der Anklage im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess gemacht hatte, sowie die authentischen Berichte und Dokumente der Einsatzgruppen. Hier handelte es sich insbesondere um die sogenannten „Ereignismeldungen UdSSR“ und die ihnen folgenden „Meldungen aus den besetzten Ostgebieten“, die von Juni 1941 bis Mai 1943 im RSHA anhand der Berichte der Einsatzgruppen zusammengestellt wurden und die unter anderem detaillierte Angaben zu den Zahlen ermordeter Juden und anderer Personen, zu Tatorten und beteiligten Einheiten enthielten. Diese Berichte blieben fast vollständig erhalten und wurden durch die Amerikaner, die sie im September 1945 im Hauptquartier der Gestapo in Berlin gefunden hatten, ausgewertet. Auf der Anklagebank saßen drei Angehörige der Einsatzgruppe A, sechs der Einsatzgruppe B, acht der Einsatzgruppe C und sieben ehemalige Mitglieder der Einsatzgruppe D. Es befanden sich unter ihnen vier Einsatzgruppenführer, 13 Kommandoführer sowie weitere sieben Personen, die leitende Funktionen ausgeübt hatten. Sie wurden wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation angeklagt. Alle bekannten sich nach der Verlesung der Anklageschrift als „nicht schuldig im Sinne der Anklage“. Dem Chefankläger in diesem Prozess, dem erst 27-jährigen amerikanischen Juristen Benjamin Ferencz, standen auf Seiten der Verteidigung mehr als 40 deutsche Anwälte gegenüber. Sie waren bemüht, den individuellen Tatbeitrag ihres Mandanten zu minimieren, möglichst viele mildernde Umstände vorzubringen und insbesondere die Strafbarkeit der durch den Angeklagten begangenen Taten abzustreiten. Dabei behalfen sie sich mit zwei Hauptargumenten und zwar mit der Putativnotwehr und dem Befehlsnotstand. Putativnotwehr bezog sich darauf, dass der Angeklagte unschuldige Zivilisten deswegen hatte erschießen lassen, weil er geglaubt habe, er müsse dies für den Schutz des Dritten Reiches tun, während das andere Argument auf der Behauptung beruhte, der Angeklagte habe einer militärischen Führung unterstanden und hätte die ihm erteilten Befehle auszuführen, da die Nichtbefolgung eines solchen Befehls Todesgefahr für ihn bedeutet hätte. Die Urteile wurden am 8. und 9. April 1948 gefällt. Alle Angeklagten wurden in: Ueberschär, Gerd R. (Hrsg.): Der Nationalsozialismus vor Gericht. Die alliierten Prozesse gegen Kriegsverbrecher und Soldaten 1943–1952, Frankfurt/Main 1999, S. 164–175.

Strafverfolgung in der Bundesrepublik

265

schuldig gesprochen. Zwei Angeklagte wurden wegen Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation verurteilt, alle anderen zusätzlich wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Am 10. April wurde das Strafmaß festgelegt: über 14 Angeklagte wurde die Todesstrafe verhängt, zwei erhielten lebenslange Haftstrafen, drei wurden zu einer Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren und zwei zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Ein Angeklagter hatte noch vor Prozessbeginn Selbstmord begangen, einer schied wegen Krankheit aus dem Verfahren aus und ein weiterer wurde nach Anrechnung seiner Untersuchungshaft entlassen. Zur Strafverbüßung wurden die Verurteilten in das Gefängnis in Landsberg überführt. Die im Urteil verhängten Strafen mussten jedoch letztendlich nur wenige von ihnen verbüßen. Es begann eine einzigartige Lobbyarbeit zu ihren Gunsten, die von Politikern, den Kirchen, der Presse und breiten Teilen der deutschen Bevölkerung getragen wurde. Diese Bemühungen und die Verhältnisse des beginnenden Kalten Krieges führten dazu, dass zum Schluss lediglich vier der 14 gefällten Todesurteile tatsächlich vollstreckt wurden, während die übrigen in Freiheitsstrafen umgewandelt wurden. Diese sowie alle anderen verhängten Freiheitsstrafen wurden nach und nach herabgesetzt und die Häftlinge im Laufe der 1950er Jahre entlassen. Im Mai 1958 verließen die letzten Verurteilten das Landsberger Gefängnis.127 Der Einsatzgruppenprozess in Nürnberg wurde in der zeitgenössischen Presse als der „größte Mordprozess der Geschichte“ bezeichnet. In Hinsicht darauf, dass sich die Angeklagten des Mordes an mehr als einer Million Opfer verantworten mussten, ist eine solche Bezeichnung ohne Zweifel berechtigt. Doch es gab auch Schattenseiten. Ogorreck und Rieß kommen zu folgender Bewertung: „Mangel an Hintergrundwissen und ungeübte Prozeßvorbereitung der Verfahrensführer ließen eine Wahrheitsfindung nicht zu.“ 128 Negativ muss man ferner die Tatsache betrachten, dass im Rahmen dieses Prozesses eine Praxis hervorgebracht wurde, die sich im Laufe der Zeit fest etablierte und sowohl die Ge127 Verhängte Urteile (T – Todesstrafe, L – Lebenslang) und Verbüßung der Strafen im Einzelnen: Otto Ohlendorf (T, 1951 hingerichtet), Heinz Jost (L, 1952 entlassen), Erich Naumann (T, 1951 hingerichtet), Erwin Schulz (20 Jahre, 1954 entlassen), Franz Six (20 Jahre, 1952 entlassen), Paul Blobel (T, 1951 hingerichtet), Walter Blume (T, 1955 entlassen), Martin Sandberger (T, 1958 entlassen), Willy Seibert (T, 1954 entlassen), Eugen Steimle (T, 1954 entlassen), Ernst Biberstein (T, 1958 entlassen), Werner Braune (T, 1951 hingerichtet), Walter Haensch (T, 1955 entlassen), Gustav Nosske (L, 1951 entlassen), Adolf Ott (T, 1958 entlassen), Eduard Strauch (T, an Belgien ausgeliefert), Waldemar Klingelhöfer (T, 1956 entlassen), Lothar Fendler (10 Jahre, 1951 entlassen), Waldemar von Radetzky (20 Jahre, 1951 entlassen), Felix Rühl (10 Jahre, 1951 entlassen), Heinz Schubert (T, 1951 entlassen), Matthias Graf (Zeit der Untersuchungshaft, 1948 entlassen), Otto Rasch (wegen Krankheit ausgeschieden, verstarb am 1. 11. 1948), Emil Haussmann (31.7. 1947 Selbstmord). Earl 2009, S. 293. 128 Ogorreck 1999, S. 170.

266

Strafverfolgung nach 1945

schichtsschreibung als auch die Rechtsprechung in Bezug auf die Strafverfolgung von NS-Verbrechen beeinflusste. Gemeint ist hier ein konkreter Punkt der Verteidigungsstrategie von Ohlendorf, der auf der Behauptung beruhte, dass es bereits vor dem Krieg gegen die Sowjetunion einen gültigen Führerbefehl zur Ermordung der gesamten jüdischen Bevölkerung gegeben habe und die Angehörigen der Einsatzgruppen verpflichtet gewesen seien, diesen Befehl auszuführen, da sie sonst wegen Befehlsverweigerung in Lebensgefahr hätten geraten können. Die Behauptung eines solchen Befehlsnotstands und damit der Ablehnung jeglicher Verantwortung für das eigene Handeln blieb zwar in der Urteilsfindung in Nürnberg ohne Erfolg, prägte aber später die Verteidigungsstrategien in fast allen Strafverfahren wegen NS-Verbrechen in der Bundesrepublik. In Nürnberg standen noch Täter vor Gericht: „Der amerikanische Gerichtshof hielt es für erwiesen, daß die Beschuldigten an den grausamen Mordtaten der Einsatzgruppen beteiligt gewesen waren und hob bei seinem Urteilsspruch besonders hervor, daß die Angeklagten direkt und vor Ort dabei waren und sich nicht auf eine kilometerweite Entfernung berufen konnten. Ausnahmslos wurden die Beschuldigten als Täter angesehen und ihnen wurde die volle Verantwortlichkeit zugeschrieben.“ 129 In den späteren Prozessen in der Bundesrepublik gab es demgegenüber nur noch Gehilfen, die bloß den Willen der Haupttäter Hitler, Himmler und Heydrich ausgeführt hatten. Darauf beruhte beispielsweise die Argumentation im zweiten wichtigen Einsatzgruppenprozess, der hier ebenfalls kurz beschrieben werden soll. Der Prozess wurde unter der offiziellen Bezeichnung „Strafsache Ks 2/57 gegen Bernhard Fischer-Schweder und andere“ am 28. April 1958 vor dem Schwurgericht Ulm eröffnet und richtete sich gegen zehn ehemalige Gestapo-, SD- und Polizeiangehörige, die als „Einsatzkommando Tilsit“ zwischen Juni und September 1941 mindestens 5502 Juden und Kommunisten auf einem ca. 25 km breiten Streifen im Memelland im litauisch-deutschen Grenzgebiet ermordet hatten. 130 Der Prozess sei hier auch deswegen von Interesse, da sich unter den Hauptangeklagten wegen seiner Funktion als SD-Leiter in Tilsit auch der spätere Kommandoführer der Einsatzgruppe H Werner Hersmann befand. 131 Laut der Urteilsschrift vom 29. August 1958 hatten alle zehn Angeklagten „bei den auf den Grundsatzbefehl der Haupttäter zurückzuführenden Tötungen der Juden und Kommunisten in irgendeiner Weise, teils mehr, teils weniger stark, mitgewirkt. Teils haben sie als Vorgesetzte die Befehle zu den Tötungen an ihre Untergebenen weitergegeben oder weitere Personen eingeschaltet bezw. ein129

Nehmer 1998, S. 640. Urteil Bernhard Fischer-Schweder u. a., LG Ulm, 29. 8. 1958. BArch B 162/2615. Hier auch die folgenden Zitate aus dem Urteil. 131 Angaben zur Person von Hersmann und zu seiner Verurteilung siehe Kap. 3.2. und 4.2.5. 130

Strafverfolgung in der Bundesrepublik

267

schalten lassen, teils entsprechende unterstützende Handlungen bei den Tötungen geleistet, teils selbst getötet.“ Entgegen der Forderung der Staatsanwaltschaft wurden sie jedoch nicht wegen Mordes, sondern wegen „gemeinschaftlicher Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord“ verurteilt und erhielten statt einer lebenslangen Freiheitsstrafe Haftstrafen zwischen drei und 15 Jahren.132 Das Strafmaß ging zurück auf die erwähnte Praxis der Gehilfenrechtsprechung. Nach dieser hätten die Angeklagten bei der Ausführung der Befehle nicht mit Täterwillen, sondern mit Gehilfenwillen gehandelt: „Ihrer inneren Einstellung nach wollten sie die Tat der Haupttäter nicht als eigene ausführen, sondern nur als fremde unterstützen. Bei dieser vorsätzlichen Beihilfeleistung zu dieser fremden Tat wollten sie untereinander als Werkzeuge des ‚Führers‘ und seines Führungskreises diese gemeinschaftlich unterstützen und halfen dann auch in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit, die befohlenen Massnahmen durchzuführen. Sämtliche Angeklagten wirkten also als Gehilfen, gemeinschaftlich handelnd, bei der Ausführung des von den Haupttätern als mittelbare Täter erteilten Befehls mit.“ Als weitere Strafmilderungsgründe wurden zum Beispiel die allgemeine Autoritätsgläubigkeit der Deutschen, die damaligen Verhältnisse sowie die Behauptung, der Anstoß zu den Erschießungen sei von außen gekommen, angeführt. Darüber hinaus wurde festgehalten, dass ein Großteil der Angeklagten bereits in Internierungshaft und Kriegsgefangenschaft gewesen sei, dass manche von ihnen in fortgeschrittenem Alter seien und dass sich alle seit Kriegsende gut geführt hätten. Der von der Verteidigung angeführte Befehlsnotstand wurde jedoch durch das Gericht abgelehnt: „Das Schwurgericht ist überzeugt, dass sich keiner der Angeklagten in einer ausweglosen Zwangslage befunden hat, dass keiner von ihnen eine solche irrtümlich angenommen und nur mit dem Bestreben bei den Erschiessungen mitgewirkt hat, dadurch einer vermeintlichen Gefahr für Leib oder Leben auszuweichen.“ Als strafschärfend wirkte des Weiteren auch das „Ausmass der Tötungen, deren rohe und brutale Durchführung und die bewusste Missachtung der Persönlichkeit der Opfer, die unmittelbar vor der Erschiessung sich haben ausziehen und ihr Grab selbst haben graben müssen, die zum Teil noch fotografiert, ferner misshandelt und mit Gebrüll und Stockschlägen zum Erschiessungsgraben getrieben worden sind, wo sie angesichts ihres Todes noch die blutbesudelten Leichen der zuvor Erschossenen in den Graben haben werfen müssen.“ In der Urteilsschrift wurden die Grausamkeiten, die die Angehörigen des Einsatzkommandos mit ihren einheimischen Helfern begangen hatten, detail132 Verhängte Urteile im Einzelnen: Hans-Joachim Böhme (15 Jahre), Werner Hersmann (15 Jahre), Bernhard Fischer-Schweder (10 Jahre), Pranas Lukys (7 Jahre), Franz Behrendt (5 Jahre, 3 Monate), Werner Kreuzmann (5 Jahre), Gerhard Carsten (4 Jahre), Edwin Sakuth (3 Jahre, 6 Monate), Werner Schmidt-Hammer (3 Jahre) und Harm Willms Harms (3 Jahre).

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Strafverfolgung nach 1945

liert beschrieben. Die jüdischen Frauen und Kinder seien auf „bestialische Weise“ umgebracht worden; die Frauen seien mit Eisenstangen und Prügeln erschlagen und anschließend mit Bajonetten erstochen worden. Der Angeklagte Hans-Joachim Böhme, ehemaliger Leiter der Staatspolizeistelle Tilsit, erklärte bei der Hauptverhandlung, warum aus seiner Sicht auch jüdische Kinder getötet werden mussten und warum es sich seiner Meinung nach auch in diesem Falle um eine kriegsnotwendige Maßnahme handelte: „Die Juden seien nicht wegen ihrer Rassezugehörigkeit getötet worden, es habe sich vielmehr um eine kriegsnotwendige präventive Massnahme auf lange Sicht gehandelt, um die Kinder als künftige Rächer auszuschalten.“ Ein Kommentar hierzu erübrigt sich von selbst. Der Ulmer Einsatzgruppenprozess konfrontierte eingehend die deutsche Öffentlichkeit mit der Dimension und Art der in Osteuropa verübten Verbrechen und erläuterte die eigentliche Tätigkeit und die genauen Aufgaben der dort eingesetzten Einsatzgruppen. Die Medien berichteten ausführlich über den Prozessverlauf; tatsächlich kritische Berichte gab es jedoch eher selten. 133 Solche verfasste zum Beispiel Ernst Müller-Meiningen, Redakteur der Süddeutschen Zeitung und lange Jahre einer der schärfsten Kritiker der deutschen Justiz, der den Prozess als ein „Zufallsprodukt einer Zufallsjustiz“ bezeichnete und den Vorwurf erhob, die Rechtspflege habe bisher versagt und es sei „überhaupt noch nichts Systematisches gegen die Verbrechen aus jener Zeit unternommen“ worden. 134 Es wurde offensichtlich, dass ein Großteil der Massenverbrechen bislang nicht untersucht und geahndet worden war. Nicht die Einsichten aus dem Ulmer Prozess als solche, sondern eher die Angst vor dem politischen Skandal der Nichtahndung schwerster Verbrechen, die durch das Verfahren öffentlich geworden waren, führte dann zur Einrichtung der Zentralen Stelle in Ludwigsburg Ende 1958, die mit der systematischen strafrechtlichen Aufarbeitung der insbesondere in Osteuropa begangenen Massenverbrechen betraut wurde. Das Jahr 1958 wird häufig als wichtiger Umbruch in der Strafverfolgung von NS-Verbrechen gedeutet. Davor fanden lediglich zwei Prozesse statt, die man in den Tatkomplex „Massenvernichtungsverbrechen durch Einsatzgruppen“ einordnen kann. 135 Der erste Prozess vor einem bundesdeutschen Gericht, der die durch Einsatzgruppen begangenen Verbrechen zum Gegenstand hatte, erfolgte am 3. Februar 1950 vor dem Schwurgericht Würzburg. Es wurden zwei ehema133 Eine gründliche Presseanalyse siehe Fröhlich, Claudia: Die Gründung der „Zentralen Stelle“ in Ludwigsburg – Alibi oder Beginn einer systematischen justitiellen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit?, in: Pauli, Gerhard (Hrsg.): Justiz und Nationalsozialismus. Kontinuität und Diskontinuität, Berlin 2003, S. 213–249. 134 Süddeutsche Zeitung vom 30./31. August 1958; zitiert nach Fröhlich 2003, S. 230. 135 Sammlung Justiz und NS-Verbrechen. URL: http://www1.jur.uva.nl/junsv/brd/ Tatkdeufr.htm [zuletzt geprüft am 29. 6. 2011].

Strafverfolgung in der Bundesrepublik

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lige Angehörige des Einsatzkommandos 3 der Einsatzgruppe A (Martin Weiß und August Hering) wegen Einzel- und Massenerschießungen von litauischen Juden wegen Mordes und Beihilfe zum Mord zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. 136 Der nächste Prozess fand erst sieben Jahre später statt, als ein ehemaliger Angehöriger des Einsatzkommandos in Tilsit (Wolfgang Ilges) durch das Landgericht Köln wegen Erschießungen von Juden und Zivilisten zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt wurde. 137 Ansonsten wurden die Verbrechen der Einsatzgruppen in der Bundesrepublik kaum thematisiert, geschweige denn strafrechtlich geahndet. Dies sollte sich mit der Einrichtung der Zentralen Stelle in Ludwigsburg ändern. Von diesem Zeitpunkt an wurden zumindest bis zum Ende der 1970er Jahre kontinuierlich Prozesse gegen Einsatzgruppenangehörige geführt. Nach Ogorreck wurden in der Nachkriegszeit seitens der westdeutschen Staatsanwaltschaften über 400 Ermittlungsverfahren gegen das Einsatzgruppenpersonal eingeleitet.138 Genauere Zahlen nennt Langerbein: „The postwar German police and district attorneys’ offices investigated more than 1,770 former Einsatzgruppen members. They indicted and successfully brought to trial 136, a ratio of little more than 7,5 percent.“ 139 Von diesen 136 Angeklagten wurden acht zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt, 13 erhielten eine Freiheitsstrafe zwischen neun und 15 Jahren, weitere 40 eine Freiheitsstrafe zwischen vier und acht Jahren und bei 43 Angeklagten war die verhängte Strafe niedriger als vier Jahre Freiheitsentzug. In 25 Fällen wurden die Angeklagten freigesprochen; den Rest bildeten eingestellte oder ohne Strafe abgeschlossene Verfahren. Zum Vergleich zu Langerbein sollen hier noch die Ergebnisse von Nehmer präsentiert werden. Sie verzeichnet 49 Einsatzgruppenprozesse mit insgesamt 152 Angeklagten. Die meisten Prozesse gab es 1961 und 1966; in diesen Jahren fanden fünf Prozesse mit 20 bzw. 15 Angeklagten statt. Das Strafmaß gibt Nehmer wie folgt an: neun lebenslange Freiheitsstrafen, 15 Strafen zwischen neun und 15 Jahren, 13 Strafen zwischen sechs und acht Jahren, 71 Strafen unter fünf Jahren und 33 Freisprüche. Da eine lebenslange Freiheitsstrafe nur dann verhängt werden konnte, wenn der Angeklagte als Täter verurteilt wurde, ist aus diesen Ergebnissen die von den bundesdeutschen Gerichten angewendete Gehilfenrechtsprechung klar zu erkennen. Nehmer fasst zusammen: „Die statistische Auswertung macht deutlich, daß die Einsatzgruppenverbrecher zum weitaus überwiegenden Teil nicht als Täter, sondern lediglich als Gehilfen verurteilt

136

Freudiger 2002, S. 70. Sammlung Justiz und NS-Verbrechen (Verfahren Lfd. Nr. 444). URL: http://www1. jur.uva.nl/junsv/brd/Tatkdeufr.htm [zuletzt geprüft am 29. 6. 2011]. 138 Ogorreck 1996, S. 14, Anm. 13 (ohne Quellenangabe). 139 Langerbein 2004, S. 3–5. Hier auch die weiteren Angaben betreffend das Strafmaß der verhängten Strafen. 137

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Strafverfolgung nach 1945

worden sind. […] Läßt man die Freisprüche außer acht, so wurden 8,3 % der Angeklagten wegen Täterschaft verurteilt und 91,6 % als Gehilfen. 140 Dieses Ergebnis ist angesichts der Tatsache, daß im Zuge der Mordaktionen der Einsatzgruppen mit großer Eigenaktivität hunderttausende von unschuldigen Zivilpersonen getötet worden sind, kaum faßbar.“ 141 Eine lebenslange Freiheitsstrafe erhielt zum Beispiel der frühere Führer des Sonderkommandos 7a der Einsatzgruppe B, Albert Rapp, der 1965 in Essen wegen Mordes in mindestens 1180 Fällen verurteilt wurde. Ebenso erging es dem einstigen Führer des Einsatzkommandos 9 derselben Einsatzgruppe, Alfred Filbert, der drei Jahre zuvor in Berlin wegen Mordes in mindestens 6800 Fällen lebenslänglich erhielt. Demgegenüber wurden die Führer des Einsatzkommandos 8 der Einsatzgruppe B, Otto Bradfisch, und des Einsatzkommandos 6 der Einsatzgruppe C, Robert Mohr, lediglich als Gehilfen verurteilt. Der erste 1961 in München wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 15 000 Fällen zu zehn Jahren Zuchthaus, der andere 1967 in Wuppertal wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 1331 Fällen zu acht Jahren Freiheitsentzug.142 Andere Angehörige der Einsatzgruppen wurden freigesprochen, wie zum Beispiel wegen Beweismangel der Führer des Einsatzkommandos 9, Oswald Schäfer, 1968 in Berlin,143 oder die Verfahren wurden eingestellt. Gegen Bernhard Baatz, den Führer des Einsatzkommandos 1 der Einsatzgruppe A und KdS Estland, wurde im Rahmen des großen RSHA-Verfahrens ermittelt, das jedoch letztendlich wegen Verjährung eingestellt wurde. Im Falle des einstigen Führers des Sonderkommandos 1b der Einsatzgruppe A und BdS Kiew, Erich Ehrlinger, wiederum wurde das Verfahren in Karlsruhe 1969 wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt, nachdem das Urteil gegen ihn von 1961, das auf zwölf Jahre Freiheitsentzug lautete, nicht rechtskräftig geworden war.144 Manche Beschuldigte begingen nach ihrer Verhaftung Selbstmord, wie 1959 Karl Jäger, Führer des Einsatzkommandos 3 der Einsatzgruppe A, oder 1960 August Meier, Führer des Einsatzkommandos 5 der Einsatzgruppe C. 145

140 Höhere Strafen erhielten zum Beispiel die Täter aus den Konzentrations- und Vernichtungslagern. Sie wurden zur Hälfte als Täter und zur Hälfte als Gehilfen verurteilt. Darüber hinaus blieben sie wesentlich länger in Haft als Einsatzgruppentäter. Falko, Kruse: NS-Prozesse und Restauration. Zur justiziellen Verfolgung von NS-Gewaltverbrechen in der Bundesrepublik, in: Kritische Justiz 1 (1978), S. 109–134; zitiert nach Ullrich 2011, S. 27. 141 Nehmer 1998, S. 641–646. 142 Freudiger 2002, S. 177 ff. 143 Sammlung Justiz und NS-Verbrechen (Verfahren Lfd. Nr. 666). URL: http://www1. jur.uva.nl/junsv/brd/Tatkdeufr.htm [zuletzt geprüft am 29. 6. 2011]. 144 Zu Baatz und Ehrlinger siehe Wildt 2008, S. 821–823 und 828–835. 145 Zu Jäger siehe ebd., S. 557. Zu Meier siehe Brunner, Bernhard: Der FrankreichKomplex. Die nationalsozialistischen Verbrechen in Frankreich und die Justiz der Bundesrepublik Deutschland, Göttingen 2004, S. 149.

Strafverfolgung in der Bundesrepublik

271

Die festgestellte geringe Zahl der Verurteilungen bei den Angehörigen der Einsatzgruppe D begründet Angrick wie folgt: „Der größte Teil aller Verdächtigen wurde zwar zur Sache vernommen und mit einzelnen Tatvorwürfen konfrontiert, jedoch gelang der individuelle Schuldnachweis – welcher für eine Verurteilung wegen Mordes bzw. Beihilfe zum Mord unabdingbar war – nur sehr selten. Zumeist konnte die Einlassung der Beschuldigten nicht widerlegt werden, und somit blieb im Regelfall nur die Einstellung des Verfahrens.“ 146 Ein ähnliches Szenarium hatten die Ermittlungen gegen ehemalige Angehörige des RSHA. Auch Wildt spricht von einer geringen Zahl der Verurteilungen, betont jedoch, dass sich die „RSHA-Täter seit Anfang der sechziger Jahre nicht mehr sicher sein [konnten], früher oder später doch vor Gericht gestellt zu werden“. 147 Mit noch geringerem Interesse und Eifer wurden solche Verbrechen strafrechtlich aufgearbeitet und geahndet, die von Einsatzgruppen außerhalb der Sowjetunion begangen worden waren. Auch wenn man seit dem Nürnberger Einsatzgruppenprozess über die Tätigkeit dieser speziellen Einheiten einigermaßen Bescheid wusste, bezog sich dieses Wissen ausschließlich auf die Tätigkeit der Einsatzgruppen A, B, C und D. Dass es auch andere Einsatzgruppen mit demselben oder sehr ähnlichem Aufgabenbereich in verschiedenen Teilen Europas gab, wurde anfangs von der Justiz sowie der Geschichtsschreibung weitgehend ignoriert. So ist zum Beispiel bis heute kein einziges Urteil eines bundesdeutschen Gerichts gegen die in Polen eingesetzten Einsatzgruppen bekannt. 148 Ein ähnliches Bild zeigt sich auch im Falle der Einsatzgruppe H. 4.2.3. Silvester Weiß – das einzige Urteil zur Einsatzgruppe H Wegen Verbrechen der Einsatzgruppe H wurde in der Bundesrepublik ein einziges Urteil gefällt. Dieses erging 1964 gegen einen ehemaligen SS-Sturmmann, den Volksdeutschen Silvester Weiß, der seinen Dienst bei einem Teilkommando des Einsatzkommandos 13 verrichtet hatte. Weiß wurde am 27. November 1925 in Janova Lehota in der Tschechoslowakei als Sohn eines Maurers geboren. 149 Nach einem achtjährigen Besuch der Volksschule war er bis Ende 1942 als Bauhilfsarbeiter tätig, dann meldete er sich freiwillig zur Waffen-SS. Im Februar 1943 wurde er zu einer Ersatzflakabteilung nach Arolsen eingezogen, wo er eine ungefähr dreimonatige Ausbildung absolvierte. Anschließend kam er nach München und wurde dort der 2. SS-Flakabteilung „Das Reich“ zugeteilt. Mit dieser wurde er zunächst im Mittelabschnitt in Russland, ab Januar 1944 dann in Frankreich eingesetzt. Im September 1944 kam er über München und Wien nach Žilina zum Teilkommando Schönemann. Später wurde das 146 147 148 149

Angrick 2003, S. 729. Wildt 2008, S. 845. Mallmann 2008, S. 107. Urteil Silvester Weiß, LG Dortmund, 9.12. 1964. BArch B 162/14161, Bl. 1–18.

272

Strafverfolgung nach 1945

Kommando, das aus ungefähr 15 Mann bestand, nach Kremnica, also in die Heimatkreisstadt von Weiß, verlegt. Nach dem Kriegsende wurde Weiß verhaftet, floh aber Ende August 1945 aus der Gefangenschaft. Aus der Sowjetzone zog er im Mai 1947 nach Lünen in Westfalen, wo er bis Herbst 1952 als Bergmann, dann als Straßenbahnfahrer bei den Dortmunder Stadtwerken arbeitete. Er heiratete 1949 zum zweiten Mal und hatte zwei Kinder. Weiß wurde 1959 zu seiner Tätigkeit in der Slowakei vernommen. Er gab an, dass er seinen Dienst bei Schönemann in Waffen-SS-Uniform ausgeübt habe und hauptsächlich mit folgenden Aufgaben betraut gewesen sei: „Es war bei diesem Kommando meine Aufgabe, Menschen aus der Bevölkerung zu verhaften. Wir erhielten jeweils die Namen und Adressen von Schönemann. Selbständig haben wir keine Verhaftungen durchgeführt. Ein Verhaftungskommando bestand jeweils aus 2–3 Mann. Es waren immer mehrere Gruppen unterwegs. Die verhafteten Personen wurden von uns in das Gefängnis eingeliefert. Damit war für mich der Auftrag erledigt. Die Verhaftungen erfolgten aus verschiedenen Gründen. Es wurden Juden, Kommunisten und Partisanen festgenommen. […] Es wurden auch Verhaftungen in meinem Heimatdorf durchgeführt. Daran war ich auch selbst beteiligt. Ich war auch bei einer Erschießung zugegen, die in Drexlerhau stattgefunden hat.“ 150 Bei einer erneuten Befragung im Juni 1962 beantwortete er die Frage, warum er zur Erschießung mitgegangen sei, da er sich – wie er bejahte – von dieser auch hätte fernhalten können, mit folgenden Worten: „Vielleicht wollte ich mal wieder einen fallen sehen.“ 151 Die Anklage gegen Weiß wegen Beihilfe zum Mord wurde am 10. September 1964 in Dortmund erhoben. 152 Der beiliegenden Verfügung ist zu entnehmen, dass das eigentliche Verfahren anfangs auf Grund der Anzeige eines Sohnes der verstorbenen Maria Binder eingeleitet worden war. Weiß wurde vorgeworfen, er habe Menschen aus seinem Heimatdorf Janova Lehota – darunter Alfons Weber, Anna Weber und Maria Binder – denunziert, wobei 19 Personen anschließend von ihm und fünf anderen Angehörigen des Teilkommandos auf Befehl von Schönemann festgenommen worden seien. Alfons Weber wurde erschossen, Anna Weber und Maria Binder nach Ravensbrück abtransportiert, wo sie umgekommen sind. Nach der Entscheidung des Landgerichts Dortmund vom 2. November 1964 wurde Weiß wegen der ihm vorgeworfenen Freiheitsberaubung mit Todesfolge im Falle von Anna Weber und Maria Binder außer Verfolgung gesetzt, da es sich zu diesem Zeitpunkt um verjährte Straftaten handelte. 153 Demgegenüber wurde er am 9. Dezember 1964 durch die Jugend150

Vernehmung Silvester Weiß, 27. 7.1959. BArch B 162/1836. Vernehmung Silvester Weiß, 28. 6. 1962. Ebd. 152 Anklageschrift Silvester Weiß, 10. 9.1964, BArch B 162/27193, Bl. 8–21. Die dazugehörende Verfügung siehe ebd., Bl. 22–32. 153 Außerverfolgungssetzung Silvester Weiß, 2. 11. 1964. Ebd., Bl. 52. 151

Strafverfolgung in der Bundesrepublik

273

kammer des Landgerichts Dortmund wegen Beihilfe zum Totschlag im Fall von Alfons Weber zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde bei der Urteilsverkündung zur Bewährung ausgesetzt und Weiß auf freien Fuß gesetzt. 154 In der Urteilsschrift wurden die Vorgehensweise des Kommandos und die genaue Tätigkeit von Weiß beschrieben. Demnach seien verdächtige Personen, die auf Grund von Anzeigen aus der Bevölkerung erfasst worden wären, auf Befehl von Schönemann verhaftet und in ein Gefängnis eingeliefert worden. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen habe Schönemann entschieden, was mit den Festgenommenen geschehen solle. In den meisten Fällen seien sie in ein Konzentrationslager abtransportiert oder zur „Sonderbehandlung“ bestimmt worden. Die Aufgabe von Weiß habe darin bestanden, Verhaftungen durchzuführen und bei den anschließenden Vernehmungen Dolmetscherdienste zu leisten bzw. den zivilen Dolmetscher zu überwachen. Zur Erschießung von Weber und der Verhaftung von weiteren Personen in Janova Lehota erachtete das Gericht Folgendes als erwiesen: „Der Angeklagte, der auf Befragen von Schönemann bestätigt hatte, dass die auf der Liste aufgeführten Personen Kommunisten seien, führte die Verhaftung des Alfons Weber zusammen mit zwei anderen Teilkommandoangehörigen durch. Weber wurde in seiner Wohnung festgenommen und zusammen mit den anderen verhafteten Personen in das sogenannte ‚Judenhaus‘ in Drexlerhau gebracht. Die Bewachung der Gefangenen übernahm der im Ort stationierte Preßburger Heimatschutz. Als sich der Angeklagte am Tage nach der Festnahme aus privatem Anlass bei seinen Eltern in Drexlerhau befand, kamen zwei Angehörige des Teilkommandos zu ihm und sagten, Schönemann habe für den festgenommenen Gastwirt Alfons Weber Sonderbehandlung angeordnet. […] Der Angeklagte erklärte sich aus freien Stücken bereit, seinen Kameraden eine für die Erschießung geeignete Stelle zu zeigen und sie dort hinzuführen. […] Als man die vorgesehene Stelle erreicht hatte, verständigte der Angeklagte durch Umdrehen die anderen SS-Leute. Kurz darauf gab einer derselben den tödlichen Schuss ab. Weber brach von hinten getroffen tot zusammen. Sein Leichnam wurde an Ort und Stelle verscharrt. Der Angeklagte half hierbei. Am nächsten Tage wurden von dem Teilkommando mehrere Kisten Schnaps und Fässer Bier aus der Gaststätte des Erschossenen abtransportiert. Diese Spirituosen wurden später von den Teilkommandoangehörigen verbraucht.“ Entgegen der Forderung der Anklage wurde Weiß nicht wegen Beihilfe zum Mord, sondern wegen Beihilfe zum Totschlag verurteilt. Nach den Feststellungen des Gerichts konnte nicht bewiesen werden, dass Weber heimtückisch, grausam oder mit niedrigen Beweggründen getötet worden war. Den Tat154 Urteil Silvester Weiß, LG Dortmund, 9. 12.1964. BArch B 162/14161, Bl. 1–18. Hier auch die weiteren Zitate in diesem Kapitel, falls nicht anders angegeben.

274

Strafverfolgung nach 1945

bestand der Beihilfe zum Totschlag habe Weiß dadurch erfüllt, dass er „dem nicht ermittelten SS-Mann, der den Gastwirt erschossen hat und der als Täter des Totschlages anzusehen ist, durch Rat und Tat Hilfe geleistet [hat]. Diese ist darin zu sehen, dass er die Tat mit seinen SS-Kameraden besprochen, ihnen den Weg zum Erschiessungsort gezeigt und dort ein Zeichen gegeben hat.“ In seinen Einlassungen berief sich Weiß auf den Befehlsnotstand, denn er habe damals geglaubt, dass „ein Befehl in jedem Falle bindend sei und ausgeführt werden müsse“. Darüber hinaus habe er den Tötungsbefehl von Schönemann als Vergeltungsmaßnahme für richtig und rechtmäßig gehalten, womit er dem Gericht sein Unrechtsbewusstsein demonstrieren wollte. Das Gericht erklärte zwar, Weiß habe „erhebliches Unrecht auf sich geladen“ und seine Schuld wiege schwer, dennoch fand es eine Reihe von weiteren Strafmilderungsgründen, anhand derer die am Schluss verhängte Strafe herabgesetzt werden konnte. So wurde zum Beispiel als strafmildernd berücksichtigt, dass „Weber auch ohne den Tatbeitrag des Angeklagten nicht am Leben geblieben wäre und ihm durch dessen Eingreifen ein besonders grausamer Tod, nämlich eine öffentliche Erhängung, erspart geblieben ist. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass sich der Angeklagte der Rechtswidrigkeit seines Tuns nicht positiv bewusst war und die Tat unter dem Eindruck der von den Partisanen verübten Greueltaten begangen wurde. Es ist auch zu Gunsten des Angeklagten gewertet worden, dass er trotz Fehlens beweiskräftiger Belastungszeugen ein umfassendes Geständnis abgelegt hat. Hierdurch hat er zu erkennen gegeben, dass er seine Tat bereut und bereit ist, für sie zu sühnen. Hinzukommt, dass seit der Erschiessung des Gastwirtes Weber über 20 Jahre vergangen sind und der Angeklagte nach der Tat ein ordentliches Leben geführt hat.“ Weiß wurde zu einem Jahr Jugendstrafe verurteilt, die auf drei Jahre Bewährung ausgesetzt wurde. In seiner Vernehmung von 1975 gab er an, dass die Strafe später durch ein Schreiben vom Landgericht Dortmund aufgehoben und der Strafmakel als beseitigt erklärt worden sei, weswegen er nie als vorbestraft galt. 155 Das einzige in der Bundesrepublik wegen der Verbrechen der Einsatzgruppe H ausgesprochene Urteil wurde also nach dem Jugendstrafrecht gegen einen zur Tatzeit 18-jährigen Volksdeutschen wegen Beihilfe zum Totschlag ausgesprochen und die Strafe gleich bei der Urteilsverkündung zur Bewährung ausgesetzt. 4.2.4. Eingestellte Verfahren Der Volksdeutsche Silvester Weiß blieb der einzige Angehörige der Einsatzgruppe H, der in der Bundesrepublik wegen der in der Slowakei verübten Verbrechen rechtskräftig verurteilt wurde. Alle anderen Ermittlungen endeten ohne Anklageerhebung mit einer Einstellung des Verfahrens. Ein Grundpro155

Vernehmung Silvester Weiß, 24. 7. 1975. BArch B 162/9565, Bl. 97.

Strafverfolgung in der Bundesrepublik

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blem scheint anfangs hauptsächlich das geringe Wissen um die Geschehnisse in der Slowakei gewesen zu sein. So berichtete die Zentrale Stelle in Ludwigsburg im November 1964 (fast zwanzig Jahre nach Kriegsende!), bei ihr würden keine Erkenntnisse über die Tätigkeit der Einsatzgruppe H vorliegen. 156 Zwei Monate später wurde in einer Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I behauptet, Anhaltspunkte für Verbrechen der Einsatzgruppe H in der Slowakei seien nicht bekannt. 157 Als jedoch die notwendigen Erkenntnisse über die begangenen Verbrechen zur Verfügung standen, erwies sich wiederum die mangelnde Bereitschaft seitens der bundesdeutschen Justiz, diese strafrechtlich zu ahnden, als äußerst hinderlich und war in den meisten Fällen der ausschlaggebende Grund für die Einstellung des laufenden Ermittlungsverfahrens. Im Folgenden wird zunächst eine tabellarische Übersicht über alle zum Komplex der Einsatzgruppe H in der Bundesrepublik eingeleiteten Verfahren geboten. Anhand dieser Verfahren werden die allgemeinen Tendenzen, etwa den Verlauf und die Einstellungsgründe betreffend, herausgearbeitet und präsentiert. Die zumindest aus heutiger Sicht in manchen Fällen äußerst zweifelhafte Vorgehensweise und Argumentation der einzelnen Staatsanwaltschaften sowie die Aussagen von Beschuldigten und Zeugen aus den Reihen der Einsatzgruppe H bezüglich der Judenverfolgung und -vernichtung sollen hier an konkreten Beispielen ebenfalls gezeigt werden. In der Bundesrepublik wurden die folgenden 14 Verfahren, die Verbrechen der Einsatzgruppe H zum Gegenstand hatten, eingeleitet und eingestellt: Staatsanwaltschaft

Einstellungsdatum

Beschuldigte

StA München I

19. 1. 1965158

Hossbach (EK 13)

ZSt Dortmund

15. 2.1966 u. 24.10.1975159 Schönemann u. a. (EK 13)

ZSt Dortmund

30. 12. 1966160

Melchior u. a. (z.b.V.-Kdo. 27)

StA Hamburg

27. 12.1970161

Rabe u. a. (z.b.V.-Kdo. 27)

StA München I 156

28. 12. 1971

162

Hossbach (EK 13)

ZSt Ludwigsburg an die StA Wuppertal, 24. 11.1964. BArch B 162/20252, Bl. 32. StA München I, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hossbach, 19. 1.1965. BArch B 162/9286, Bl. 44. 158 Ebd., Bl. 42–45. 159 Zentralstelle Dortmund, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Schönemann u. a., 15. 2. 1966 und 24. 10. 1975. BArch B 162/4618, Bl. 41–101 u. 219–228. 160 Zentralstelle Dortmund, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Melchior u. a., 30. 12. 1966. BArch B 162/20252, Bl. 239–264. 161 StA Hamburg, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Rabe u. a., 27.12. 1970. BArch B 162/16192, Bl. 520–563. 162 StA München I, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hossbach, 28. 12. 1971. BArch B 162/9289, Bl. 524–532. 157

276

Strafverfolgung nach 1945

Staatsanwaltschaft

Einstellungsdatum 163

Beschuldigte

StA Koblenz

31. 7. 1974

StA Oldenburg

12. 12. 1974164

Pape (Stab der EG H)

StA Konstanz

9. 12.1975165

Jaskulsky (EK 13)

StA Hamburg

12. 4.1979

166

StA Koblenz

29. 2.1980167

Heuser u. das EK 14

StA München I

4. 8.1982168

Hersmann u. das z.b.V.-Kdo. 15

StA Frankfurt/Main 20. 7.1984

Heuser (EK 14)

z.b.V.-Kdo. 27

169

Kemnitz u. das SK 7a

StA München I

29. 9. u. 16. 11. 1989170

StA München I

171

13. 9. u. 17.12. 1990

Bäuml u. 54 Andere Hochstetter u. 59 Andere

An den Einstellungsdaten ist deutlich zu sehen, dass die Verbrechen der Einsatzgruppe H in der Bundesrepublik erst seit den 1960er Jahren strafrechtlich untersucht wurden, wobei der Höhepunkt mit insgesamt sieben Einstellungen in den 1970er Jahren lag. Die letzten zwei Verfahren gingen zurück auf Eintragungen in den CROWCASS- und UNWCC-Fahndungslisten,172 die Ende der 1980er Jahre der Zentralen Stelle in Ludwigsburg übergeben wurden. Im Grunde handelte es sich in diesen Fällen um Sammelverfahren, bei denen die meisten Beschuldigten nicht einmal identifiziert werden konnten und das Verfahren 163 StA Koblenz, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Heuser, 31. 7.1974. BArch B 162/29235, Bl. 117–129. 164 StA Oldenburg, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Pape, 12. 12. 1974. BArch B 162/9323, Bl. 402–416. 165 StA Konstanz, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Jaskulsky, 9.12. 1975. BArch B 162/9565, Bl. 87–92. 166 StA Hamburg, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen z.b.V.-Kommando 27, 12. 4.1979. BArch B 162/16194, Bl. 867–893. 167 StA Koblenz, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Heuser und das EK 14, 29. 2.1980. BArch B 162/18586, Bl. 6574–6691. 168 StA München I, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hersmann und das z.b.V.Kommando 15, 4. 8. 1982. BArch B 162/19061, Bl. 873–884. Das Verfahren wurde zuerst bei der StA Hamburg geführt. 169 StA Frankfurt am Main, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Kemnitz und das SK 7a, 20. 7.1984. BArch B 162/9667, Bl. 1047–1062. 170 StA München I, Einstellungsverfügungen – Verfahren gegen Bäuml und 54 Andere, 29. 9.1989 und 16.11. 1989. BArch B 162/41081, Bl. 181–189 u. 199–211. 171 StA München I, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hochstetter und 59 Andere, 13. 9. 1990 und 17. 12. 1990. BArch B 162/41713, Bl. 274–281 u. 265–272. 172 Central Registry of War Crimes and Security Suspects (Verzeichnis der Westalliierten, in dem der NS-Verbrechen verdächtigte Personen aufgelistet wurden) und United Nations War Crimes Commission (1943–1948 Kommission alliierter Staaten zur strafrechtlichen Ahndung von NS-Verbrechen).

Strafverfolgung in der Bundesrepublik

277

demzufolge mit dieser Begründung ohne irgendwelche umfangreichen Ermittlungen eingestellt wurde. Aus der Tabelle ist des Weiteren ersichtlich, dass die meisten Verfahren gegen Angehörige des Einsatzkommandos 13 geführt wurden, während die Tätigkeit des z.b.V.-Kommandos 29 in der Bundesrepublik gar nicht strafrechtlich aufgearbeitet wurde. Außer diesen Verfahren gab es noch die folgenden drei, die sich zwar nicht unmittelbar gegen Angehörige der Einsatzgruppe H richteten, jedoch in einem engeren Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit standen: Staatsanwaltschaft

Einstellungsdatum

Beschuldigte

StA Stuttgart

Teileinstellungen 1967–72 173

Hauskrecht u. a.

174

StA München II

25. 6. 1970

StA Stuttgart

23. 1. 1981175

Karmasin Brunner u. a.

Das erste Verfahren richtete sich gegen den ehemaligen Leiter der „Judensammelstelle“ in Bratislava und seine dortigen Mitarbeiter, das zweite gegen den damaligen Volksgruppenführer in der Slowakei und das letzte gegen den Leiter des Konzentrationslagers Sered sowie das weitere dortige Personal. Auch diese Verfahren wurden alle eingestellt bzw. durch den Tod des Beschuldigten erledigt. Die einzelnen Ermittlungsverfahren gegen die Angehörigen der Einsatzgruppe H ähnelten sich in vielerlei Hinsicht in ihrem Ablauf. Ansatzpunkte für die Aufnahme der Ermittlungen waren in den allermeisten Fällen Festnahme, Deportation oder Erschießung von slowakischen Juden und anderen Zivilisten. Dem Beschuldigten wurde entweder eine unmittelbare Beteiligung an den Straftaten vorgeworfen oder dass er in einer leitenden Funktion als Kommando- oder Teilkommandoführer für diese verantwortlich gewesen war. Die Ermittlungen führte in der Anfangsphase zumeist – wie in vielen anderen bundesdeutschen Verfahren gegen NS-Täter seit den 1960er Jahren – die Zentrale Stelle in Ludwigsburg. Wichtiges Material zum Komplex der Einsatzgruppe H lieferte oft die „Tschechoslowakische Regierungskommission zur Verfolgung von nationalsozialistischen Kriegsverbrechern“ in Form sogenannter Denkschriften. 176 Diese bestanden aus einem Text, in dem die Ermittlungsergebnisse 173 Das Verfahren gegen Hauskrecht u. a. war insgesamt das größte Verfahren in der Bundesrepublik, das die Verbrechen in der Slowakei betraf. Gegen alle Beschuldigten wurde das Verfahren nach und nach eingestellt. BArch B 162/1825–1878. 174 Das Verfahren war durch den Tod des Beschuldigten am 25. 6.1970 erledigt. BArch B 162/4293. 175 StA Stuttgart, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Brunner u. a., 23. 1. 1981. BArch B 162/18911, Bl. 535–540. 176 Die Tsch. Regierungskommission wurde 1965 in Prag errichtet und fungierte (zunächst unter dem Justizministerium, später unter der Regierung und letztendlich unter

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der tschechoslowakischen Behörden zusammengefasst wurden, sowie aus einer Reihe von verschiedenen Dokumenten, unter denen sich hauptsächlich Zeugenvernehmungen, Dokumente aus der Kriegszeit (vor allem Transportlisten der deportierten Juden und Sterbeurkunden hingerichteter Personen), Exhumierungsprotokolle aus der Nachkriegszeit sowie Lichtbilder von Tatorten, Begräbnis- und Gedenkstätten, von Opfern und möglichen Tatbeteiligten befanden. So wurde der Zentralen Stelle zum Beispiel im Ermittlungsverfahren gegen Georg Heuser und das Einsatzkommando 14 im Juni 1977 aus Prag eine Denkschrift mit über 6200 Blatt Dokumenten, einschließlich der in der Tschechoslowakei gefertigten beglaubigten deutschen Übersetzungen, übermittelt. 177 Nicht immer kam aber der erste Anstoß aus Prag. Im Verfahren gegen Georg Pape bildete den Ausgangspunkt ein durch Mitarbeiter der Zentralen Stelle ermittelter Bericht der Einsatzgruppe H vom 31. Oktober 1944, in dem die „Sonderbehandlung“ von allen bei einer Aktion des Sonderkommandos Pape aufgegriffenen Juden erwähnt wurde.178 Dem Verfahren gegen Walter Melchior u. a. lag wiederum eine durch den World Jewish Congress in New York nach Ludwigsburg übermittelte Anzeige zu Grunde, in der „ein Walter Melchior aus Solingen beschuldigt wird, im Herbst des Jahres 1944 in Käsmark (Slowakei) und Umgebung sämtliche Juden verhaftet und zu Transporten zusammengestellt zu haben. Die Juden seien nach Auschwitz verbracht worden und dort zum Teil umgekommen.“ 179 Erste Hinweise konnten aber auch der Sekundärliteratur (Verfahren gegen Gustav Hauskrecht u. a.) 180 sowie der Presse (Verfahren gegen Georg Heuser) 181 entnommen werden. Was den weiteren Verlauf der Ermittlungen betrifft, wurden nach der Bearbeitung des Materials durch die Zentrale Stelle die Ergebnisse an die zuständige Staatsanwaltschaft übergeben. Das Ermittlungsverfahren gegen Gustav Hauskrecht u. a. war eindeutig das umfangreichste. Außer der Zusammenarbeit mit der Tschechoslowakei fragte man hier wegen einschlägigen Materials insder Generalstaatsanwaltschaft der Tschechoslowakei) bis zum Jahre 1990. In dieser Zeit lieferte sie insgesamt 89 Denkschriften in die Bundesrepublik. Die Geschichte der Kommission wurde bislang wissenschaftlich kaum bearbeitet; für einen kurzen Überblick siehe Šindelářová 2008, S. 98–103. 177 Tsch. Regierungskommission an ZSt Ludwigsburg, Prag 22. 6.1977. BArch B 162/ 18550–18583. 178 EG H (Ic), Notiz für den Tagesrapport, Pressburg 31. 10. 1944. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 73. 179 ZSt Ludwigsburg an die StA Wuppertal, 24. 11. 1964. BArch B 162/20252, Bl. 32. 180 Neumann, Oskar: Im Schatten des Todes. Ein Tatsachenbericht vom Schicksalskampf des slovakischen Judentums, Tel Aviv 1956. ZSt Ludwigsburg, Schlußvermerk, 9. 11. 1966. BArch B 162/1826, Bl. 298–320. 181 In der schweizerischen Zeitung „Die Tat“ vom 19. 6. 1965 wurde die Ermordung von 900 politischen Häftlingen in der Nacht zum 31. 1. 1945 in einer Kalkbrennerei bei Banská Bystrica geschildert. BArch B 162/29235.

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besondere in Form von Zeugenvernehmungen und Dokumenten in Israel, Österreich und Polen an. Darüber hinaus recherchierte man in verschiedenen inländischen Archiven und Instituten, behalf sich mit Sekundärliteratur und den Gerichtsakten früherer Prozesse und ersuchte an mehreren Stellen um Auskünfte zu den Aufenthaltsorten der Beschuldigten. Eine solche Vorgehensweise, die von einer relativ ausführlichen Nachforschung zeugt, war jedoch bei den übrigen Ermittlungen zur Einsatzgruppe H keinesfalls selbstverständlich. Unter Berücksichtigung aller zu diesem Komplex geführten Ermittlungsverfahren und vor allem unter Berücksichtigung ihrer Ergebnisse drängt sich unwiderstehlich die Frage auf, ob die Staatsanwälte tatsächlich immer bemüht waren, die ihnen vorliegenden Fälle wirklich aufzuklären. Nach den Feststellungen von Klemp stellte so zum Beispiel bei der Strafverfolgung von Angehörigen der Polizeibataillone neben den „Sachzwängen“ (fehlendes historisches Fachwissen, Personal- und Geldmangel, ungünstige gesetzliche Rahmenbedingungen, Rechtsprobleme etc.) insbesondere das mangelnde Ermittlungsinteresse das entscheidende Element für die Einstellung der Verfahren dar. Er betont, dass das Scheitern vieler Verfahren das „Ergebnis einer ganz erheblichen Nachlässigkeit der Justiz“ gewesen sei und belegt an konkreten Fällen, dass nicht immer „versucht worden ist, die Taten wirklich aufzuklären. Zeugen wurden nicht gesucht, Beweise ignoriert, vorhandene Quellen blieben ungenutzt. Wenn so ermittelt wird, kann keine vernünftige rechtliche Bewertung der Tatbeteiligung einzelner Beschuldigter erfolgen.“ 182 Ähnliches gilt auch für die Verfahren gegen die Angehörigen der Einsatzgruppe H. Auch diese endeten von einer Ausnahme abgesehen mit einer Verfahrenseinstellung. Die Einstellungsgründe waren hierbei verschieden. Häufig bediente man sich zum Beispiel des § 170 Abs. 2 StPO, der die Einstellung eines Verfahrens in solchen Fällen zulässt, in denen die Ermittlungen keinen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage bieten. 183 Die Staatsanwälte, welche die Verfahren einstellten, betrachteten die vorliegenden Dokumente und Zeugenaussagen nicht für beweiskräftig; es fehlten ihrer Ansicht nach häufig hinreichende Anhaltspunkte für die Teilnahme der Beschuldigten an der Tatausübung oder eine klare Identifizierung von konkreten Tätern. So wurde etwa 1974 das Verfahren gegen Georg Heuser wegen der verübten Verbrechen des Einsatzkommandos 14 in Nemecká mit folgender Begründung eingestellt: „Die Ermittlungen haben nicht zur Aufklärung des Tatgeschehens geführt. Ehemalige Bewohner von Neusohl, die als Zeugen vernommen worden sind, haben keine Kenntnis von den Tötungshandlungen in der Kalkbrennerei. […] 182 Klemp, Stefan: „Nicht ermittelt“. Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz, Ein Handbuch, Essen 2005, S. 351 u. 401. 183 StPO, § 170. URL: http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/ [zuletzt geprüft am 2. 8. 2011].

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Ebenso haben die ehemaligen Angehörigen des EK 14, die als Zeugen vernommen worden sind, nicht nur keine Erinnerung an dieses Tatgeschehen, sondern stellen derartige Verbrechen überhaupt in Abrede. Da weitere Aufklärungsmöglichkeiten fehlen, ist dem Beschuldigten Heuser oder anderen Angehörigen des EK 14 eine strafrechtlich relevante Teilnahme an diesen Verbrechen nicht nachzuweisen.“ 184 Später wurden die Massenerschießungen in Nemecká nochmals zum Gegenstand eines Verfahrens. Dieses Mal galt es als Fakt, dass in Nemecká mindestens 400 Menschen ermordet worden waren. Dazu kamen noch mehr als 40 dem Einsatzkommando 14 zur Last gelegte Tatkomplexe. Zeugenaussagen und Dokumente über die Straftaten lagen in großen Mengen vor, dennoch wurde das Verfahren eingestellt. Die Staatsanwälte lehnten die Strafbarkeit des Kommandoführers Heuser mit folgenden Worten ab: „Dem Beschuldigten Heuser kann keine unmittelbare Beteiligung an den einzelnen Tatgeschehen zur Last gelegt werden. […] Ihm kann nicht nachgewiesen werden, dass er Untergebene zu einer rechtswidrigen Tat im Amt verleitet hat oder eine solche rechtswidrige Tat hat geschehen lassen. Es fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass er eine der Erschießungen angeordnet hat; keiner der slowakischen oder deutschen Zeugen macht entsprechende Angaben. Es ist ihm ferner nicht nachzuweisen, dass er über die von seinen Untergebenen begangenen Taten in den wesentlichen Punkten informiert war und sie geschehen ließ, ohne etwas dagegen zu unternehmen. […] Bei den Erschießungen, von denen er nichts gewusst habe und die ihm auch nicht gemeldet worden seien, könne es sich allenfalls um Eigenmächtigkeiten der Teilkommandoführer oder von einzelnen Stützpunktangehörigen handeln.“ 185 Mit einer ähnlichen Argumentation stellte man auch das Verfahren gegen den Führer des Einsatzkommandos 13, Hans Jaskulsky, ein: „Der Umstand, dass der Beschuldigte als damaliger Führer des Einsatzkommandos 13 formell für den Bereich verantwortlich war, in dem sich die […] Tötungshandlungen ereigneten, bedeutet für sich allein noch keinen konkreten Anhaltspunkt für eine Verantwortlichkeit des Beschuldigten.“ 186 Man kann sich allerdings nur sehr schwer vorstellen, dass die Kommandoführer, die regelmäßig über die Tätigkeit ihrer Kommandos nach Berlin zu berichten hatten und diese Berichte eigenhändig unterschreiben mussten, nicht informiert gewesen seien. Ein weiterer Grund für die Einstellung der Verfahren war die Verjährung der begangenen Straftaten. Als man in der Bundesrepublik Mitte der 1960er Jahre 184 StA Koblenz, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Heuser, 31. 7.1974. BArch B 162/29235, Bl. 117–129, hier Bl. 126–129. 185 StA Koblenz, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Heuser und das EK 14, 29. 2.1980. BArch B 162/18586, Bl. 6574–6691, hier Bl. 6680–6683. 186 StA Konstanz, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Jaskulsky, 9.12. 1975. BArch B 162/9565, Bl. 87–92.

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begann, die Verbrechen der Einsatzgruppe H zu ermitteln, konnte man – falls die Verjährung durch richterliche Handlung nicht früher unterbrochen worden war – nur noch Mord und Beihilfe hierzu strafrechtlich ahnden, denn alle anderen Verbrechen aus der Kriegszeit waren bereits verjährt. Die Straftat Mord zu beweisen erwies sich jedoch als problematisch. Nicht selten weigerten sich die Staatsanwälte, die vorliegenden Merkmale als mordbegründende Tatumstände anzuerkennen. Häufig wurde so zum Beispiel argumentiert, dass es sich bei den Erschossenen um Partisanen gehandelt habe, dass diese nicht heimtückisch, grausam oder mit niedrigen Beweggründen ermordet worden seien und dass demzufolge höchstens die Straftat des Totschlags, nicht aber die des Mords in Frage komme. 187 Da aber Totschlag bereits verjährt war, musste das Verfahren eingestellt werden. Dieser Betrachtungsweise bediente man sich beispielsweise im Verfahren gegen Johannes Hossbach, in dem es um die Ermordung von 127 Personen auf dem jüdischen Friedhof in Zvolen und von 105 in Kováčová – darunter Juden und Roma, Frauen und Kinder – ging: „Mangels weiterer Ermittlungsmöglichkeiten ist auch nicht mehr feststellbar, ob die unter den Opfern befindlichen Juden und Zigeuner wegen ihrer Rassenzugehörigkeit getötet oder ob auch sie als Partisanen hingerichtet wurden. Da der Sachverhalt nicht mehr näher zu klären ist, muss trotz zurückbleibender Zweifel von letzterem ausgegangen werden.“ 188 Die Tötung von Partisanen wertete man als Totschlag, während Erschießungen von Juden und Roma wegen ihrer Rassenzugehörigkeit als Mord hätten klassifiziert werden müssen. Zur Deportation von Juden in die Konzentrations- und Vernichtungslager wurde wiederum im Verfahren gegen Werner Schönemann wie folgt argumentiert: Es fehle „an sicheren Feststellungen, ob die aufgrund seiner Anordnung festgenommenen jüdischen Menschen überhaupt umgekommen sind. […] Bei dieser Sachlage kommt als strafbare Handlung des Beschuldigten lediglich der Tatbestand der schweren Freiheitsberaubung […] in Betracht, deren Verfolgung bereits verjährt ist.“ 189 Ebenso hieß es im selben Verfahren: Es könne „nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass der Tod der beiden Frauen durch die erlittene Freiheitsentziehung als solche verursacht worden, insbesondere durch die ihnen im Kon-

187 Im Verfahren gegen das z.b.V.-Kommando 27 äußerte man sich zur Tötung von Partisanen wie folgt: „Die Tötung von Partisanen kann zwar im Einzelfall Mord, sie kann aber auch im Einzelfall Totschlag oder eine kriegsrechtliche Handlung sein.“ StA Hamburg, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen z.b.V.-Kommando 27, 12. 4. 1979. BArch B 162/ 16194, Bl. 867–893, hier Bl. 881. 188 StA München I, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hossbach, 28. 12. 1971. BArch B 162/9289, Bl. 524–532, hier Bl. 530–532. 189 Zentralstelle Dortmund, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Schönemann u. a., 15. 2. 1966. BArch B 162/4618, Bl. 41–101, hier Bl. 88 f.

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zentrationslager widerfahrene Behandlung eingetreten sei“. 190 Die Tatsache, dass manche Deportierten überlebt hatten, war für die Staatsanwälte Grund genug, um auch hier nur auf die bereits verjährte schwere Freiheitsberaubung zu erkennen. In beiden Fällen wurde das Verfahren eingestellt. Die Verfahren konnten des Weiteren durch den festgestellten Tod des Beschuldigten erledigt werden, wenn er im Krieg gefallen war, hingerichtet worden war, Selbstmord begangen hatte oder eines natürlichen Todes verstorben war. Häufig wurden die Verfahren aber auch eingestellt, wenn der Beschuldigte nicht identifiziert oder sein Aufenthaltsort nicht ermittelt werden konnte. In solchen Fällen kam der § 205 StPO zur Anwendung.191 Dies geschah im Verfahren gegen Gustav Hauskrecht im Falle von Alois Brunner, der zur Zeit der Ermittlungen in Syrien lebte und deshalb dem „Zugriff deutscher Strafverfolgungsbehörden entzogen“ war.192 Die Einstellung gegen den in Kanada lebenden Beschuldigten Johann Hickl wurde im selben Verfahren wiederum wie folgt begründet: „Das Verfahren musste gleichwohl nach § 205 StPO vorläufig eingestellt werden. Hickl ist kanadischer Staatsangehöriger. Er hat nach Auskunft des Deutschen Konsulats in Vancouver B.C. am 6. 2. 1963 die kanadische Staatsbürgerschaft erworben. […] Im Ausland begangene Straftaten eines Kanadiers [sind] durch kanadische Behörden nicht verfolgbar. Eine Strafverfolgung durch deutsche Justizorgane ist nur möglich, wenn der Beschuldigte künftig in das Bundesgebiet einreist.“ 193 Die Verfahren gegen österreichische Staatsbürger wurden an die österreichischen Strafverfolgungsbehörden abgegeben, welche die weiteren Ermittlungen zu übernehmen hatten. 194 Falls die Beschuldigten in der Bundesrepublik in einem anderen Verfahren bereits rechtskräftig verurteilt worden waren, konnte dies unter Umständen unter Anwendung des § 154 Abs. 1 StPO auch als Grund für die Verfahrenseinstellung gelten. 195 Dies geschah etwa im Verfahren gegen Karl Hermann Rabe u. a. im Falle von Heinz Tangermann, Rudolf Theimer und Gotthard Schubert. 196 190

Ebd., Bl. 95. StPO, § 205: „Steht der Hauptverhandlung für längere Zeit die Abwesenheit des Angeschuldigten oder ein anderes in seiner Person liegendes Hindernis entgegen, so kann das Gericht das Verfahren durch Beschluß vorläufig einstellen.“ URL: http://www.gesetzeim-internet.de/stpo/ [zuletzt geprüft am 2. 8. 2011]. 192 StA Stuttgart, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hauskrecht u. a. (hier Seilinger, Leinwarther, Hahn, Knollmayer, Brunner und Ruditz), 27.7. 1967. BArch B 162/ 1826, Bl. 411 f. 193 StA Stuttgart, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hauskrecht u. a. (hier Hickl), 23. 1. 1968, BArch B 162/1865. 194 So zum Beispiel das Verfahren gegen den Österreicher Hans Seilinger, das nach der Übertragung ab 1968 von der StA Linz weiterbetrieben wurde. StA Stuttgart, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hauskrecht u. a. (hier Hahn und Seilinger), 2. 3.1972. BArch B 162/1830, Bl. 949. 195 StPO, § 154: „Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 191

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Es steht fest, dass die Strafverfolgung von NS-Tätern zwanzig und mehr Jahre nach dem Kriegsende aus verschiedensten Gründen schwierig war. Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass die Ermittlungen der Staatsanwälte nicht immer mit dem nötigen Engagement durchgeführt wurden und die einzelnen Schritte ab und zu sogar als höchst bedenklich zu bezeichnen sind. Einige Beispiele hierfür sollen im Folgenden kurz erwähnt werden. Im Verfahren gegen Johannes Hossbach, das die Erschießungen auf dem jüdischen Friedhof in Zvolen und in Kováčová zum Gegenstand hatte, ging es um die Feststellung des genauen Datums der als Mord qualifizierten Tötung von Frauen und Kindern. Folgt man der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft war für dieses Verbrechen letztlich niemand verantwortlich: „Da nicht mehr feststellbar ist, zu welchem genauen Zeitpunkt die Frauen und Kinder getötet wurden, muss zugunsten des Beschuldigten [Hossbach – L. Š.] unterstellt werden, dass dies zu einer Zeit geschah, als er nicht die Führung des Teilkommandos hatte. Soweit zugunsten des Beschuldigten davon auszugehen ist, dass die Frauen und Kinder zu einer Zeit getötet wurden, als er nicht Führer des Kommandos war, kommen als Täter bzw. Gehilfen die Zeugen Kröger und Krüger in Betracht. Im Hinblick auf ihre Beteiligung muss nun aber umgekehrt zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass die Erschießungen zu einer Zeit erfolgten, als der Beschuldigte die Verantwortung für das Teilkommando trug. Der Beschuldigte sowie die Zeugen Kröger und Krüger sind die einzigen verfügbaren Beweismittel für die näheren Umstände der Tat. Da sie sich nicht gegenseitig belasten und weitere Ermittlungsmöglichkeiten nicht mehr bestehen, war das Verfahren einzustellen.“ 197 Im Verfahren gegen Werner Schönemann berief man sich auf die Verjährung von Totschlag, die am 8. Mai 1960 in Kraft trat. Die Verjährungsfrist sei nämlich erst am 9. Mai 1960 – also um einen Tag verspätet – durch eine richterliche Handlung unterbrochen worden: „Die erste zur Unterbrechung der Verjährung geeignete richterliche Handlung im Inland, die sich gegen Schönemann wegen in der Slowakei begangener Taten gerichtet hat, hat am 9. 5. 1960 stattgefunden. Die Akten des Ursprungsverfahrens 45 Js 48/61 – 10 Js 68/59 StA Dortmund waren zwar durch Verfügung des Dezernenten der Staatsanwaltschaft Dortwenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt.“ URL: http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/ [zuletzt geprüft am 2. 8. 2011]. 196 StA Hamburg, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Rabe u. a., 27.12. 1970. BArch B 162/16192, Bl. 520–563. Tangermann, Theimer und Schubert wurden in der Bundesrepublik wegen anderer NS-Verbrechen rechtskräftig verurteilt – siehe Kap. 4.2.5. 197 StA München I, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hossbach, 28. 12. 1971. BArch B 162/9289, Bl. 524–532, hier Bl. 531 f.

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mund vom 21. 4. 1960 dem Amtsgericht Lünen übersandt worden mit dem Antrag auf richterliche Vernehmung des Beschuldigten Weiss u. a. darüber, ob er an Hand von Lichtbildern den früheren SS-Hauptsturmführer Schönemann, den Weiss belastet hatte, wiedererkennen könne. Nach einem Vermerk des Vernehmungsrichters sind diesem die Akten jedoch erst am 9. 5. 1960 vorgelegt worden [!]. Die am gleichen Tage vorgenommene richterliche Ladungsverfügung sowie die weiteren späteren richterlichen Handlungen waren infolgedessen verspätet und haben somit keine die Verjährung unterbrechende Wirkung gehabt.“ 198 Mord konnte Schönemann nicht nachgewiesen werden, Totschlag war verjährt – das Verfahren wurde eingestellt. Nicht nachvollziehbar war des Weiteren das Vorgehen der Staatsanwaltschaft, wenn sie für ihre Einstellungsverfügungen etwa wortgetreu die Aussagen der Beschuldigten übernahm und auf diesen ihre Argumentation aufbaute. So verhielt es sich im Verfahren gegen Werner Hersmann und das z.b.V.Kommando 15. In der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft wurden Teile der Vernehmung des Hauptbeschuldigten Amthor wortwörtlich wiedergegeben. 199 Nicht gerade als engagiertes Ermitteln erscheint aber auch der folgende Hinweis aus der Einstellungsverfügung im Verfahren gegen das z.b.V.Kommando 27: „Von weiteren Übersetzungen und Vernehmungen wird abgesehen. Weitere Übersetzungen tschechischer Protokolle können unterbleiben, nachdem eine Gesamtdurchsicht durch die Dolmetscherin [!] ergeben hat, dass die noch nicht übersetzten Vernehmungsniederschriften keine zureichenden Anhaltspunkte noch verfolgbarer Straftaten ergeben.“ 200 Als Zeichen eines ausgesprochen fahrlässigen Ermittelns kann man zweifellos folgendes Beispiel aus dem Verfahren gegen Georg Heuser und das Einsatzkommando 14 bezeichnen: „Aus den Akten ergibt sich, dass ein SS-Scharführer Wich von mehreren Zeugen belastet wird, bei Straftaten beteiligt gewesen zu sein. Zu seiner Person ergeben sich jedoch nur spärliche Feststellungen, die dazu noch als unsicher anzusehen sind. […] Die Personendaten müssen daher als völlig ungesichert angesehen werden. Schon aus den Listen ergibt sich ein unterschiedlich benannter Geburtsort. Während auf Bl. 4800 Bd. 26 d. A. als Geburtsort ‚Dolni Libau‘ angegeben wird, soll der Geburtsort laut Liste Bl. 4802 Bd. 26 d. A. ‚Unterlibau‘ heissen.“ 201 Dass „Unterlibau“ die deutsche Bezeichnung für „Dolni Libau“ ist, blieb dem zuständigen Staatsanwalt offensichtlich schleierhaft. 198 Zentralstelle Dortmund, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Schönemann u. a., 15. 2. 1966. BArch B 162/4618, Bl. 41–101, hier Bl. 74 f. 199 Vernehmung Heinz Amthor, 25. 6. 1982 und StA München I, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hersmann und das z.b.V.-Kommando 15, 4. 8. 1982. BArch B 162/19061, Bl. 873–884. 200 StA Hamburg, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen z.b.V.-Kommando 27, 12. 4.1979. BArch B 162/16194, Bl. 867–893, hier Bl. 870. 201 StA Koblenz, Verfügung vom 24. 9. 1980. BArch B 162/18586, Bl. 6693.

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Große Probleme scheinen die Staatsanwälte auch mit einigen Namen der Beschuldigten gehabt zu haben. Das Verfahren gegen Werner Hersmann und das z.b.V.-Kommando 15 wurde auch deswegen eingestellt, weil Täter deswegen nicht einwandfrei ermittelt werden konnten. So konnte man sich etwa bei Fritz Zietlow, dem einstigen Stützpunktführer in Zlaté Moravce, nicht auf die richtige Schreibweise seines Namens einigen. In der Denkschrift der Tschechoslowakischen Regierungskommission sprach man von Hans Hitlow, 202 im Abschlussvermerk der Zentralen Stelle tauchte ein Hans Zitlow, evtl. Hitlow, auf, 203 während in der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft wiederum die Rede von einem Citlof war. 204 Die durch ihn in seiner Funktion als Stützpunktführer handschriftlich unterzeichneten Dokumente aus Zlaté Moravce, die im Bundesarchiv verwahrt werden, blieben von den ermittelnden Staatsanwälten unberücksichtigt. Als höchst bedenklich muss man in einigen Fällen die Art und Weise bezeichnen, mit der die Staatsanwälte an die Beschuldigten herantraten bzw. wie sie, wie bereits angedeutet, mit den Aussagen derselben umgingen. Eindeutige Falschaussagen wurden ohne Nachfragen akzeptiert, momentaner „Gedächtnisschwund“ 205 ohne Weiteres toleriert. Beschuldigte und Zeugen aus den Reihen der Einsatzgruppe H sagten nach einem sich wiederholenden Muster aus. Zu diesem gehörte etwa die Behauptung, man habe sich an den Verbrechen nicht beteiligt und habe von diesen nicht gewusst, da man nur rein polizeiliche oder militärische Aufgaben zu erledigen gehabt hätte. Im Verfahren gegen Johannes Hossbach gab dieser beispielsweise an, in der Slowakei „rein polizeiliche Aufgaben durchgeführt zu haben, die in der Aufklärung der Verhältnisse im Feindgebiet durch die Vernehmung von Gefangenen und Überläufern und in der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung bestanden hätten. Mit Juden, die sich seiner Ansicht nach zu dieser Zeit überhaupt nicht mehr in dem in Frage stehenden Gebiet aufgehalten hätten, sei er während dieser Tätigkeit nicht in Berührung gekommen.“ 206 Mit Juden wollte niemand etwas zu tun gehabt haben; dazu eine exemplarische Aussage: „Aus meiner Erinnerung kann ich sagen, dass nur Aufständische und Partisanen erschossen wurden. Aktionen 202 Tsch. Regierungskommission an ZSt Ludwigsburg, 17. 5. 1979. BArch, B 162/19057, Bl. 12–18. 203 ZSt Ludwigsburg, Schlußvermerk, 31. 10. 1980. BArch B 162/19061, Bl. 777–783. 204 StA München I, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hersmann und das z.b.V.Kommando 15, 4. 8. 1982. BArch B 162/19061, Bl. 873–884. 205 „Ich möchte noch darauf hinweisen, dass nach so langer Zeit nicht mehr alles genau im Gedächtnis verzeichnet ist. Meine Angaben kann ich nur so machen, wie sie mir jetzt noch in Erinnerung sind. Gedächtnisfehler könnten sich so leicht einschleichen.“ Vernehmung Walter Kröger, 24. 11. 1971. BArch B 162/9289, Bl. 516. 206 StA München I, Einstellungsverfügung – Verfahren gegen Hossbach, 19.1. 1965. BArch B 162/9286, Bl. 42–45, hier Bl. 43.

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gegen Juden fanden damals nicht mehr statt. Das war zu jener Zeit schon längst vorbei, soviel ich weiß.“ 207 Die Erschießungen von Partisanen wurden nicht als Mord, sondern als der seit 1960 bereits verjährte Totschlag klassifiziert. Man musste zeigen, dass es um „kriegsnotwendige“ oder zumindest in irgendeinem Sinne mit dem Krieg im Zusammenhang stehende Handlungen ging. So wurden die Erschießungen etwa als Vergeltungsaktionen dargestellt, die aus der Sicht der Täter durchaus begründet und nötig gewesen waren: „Nach dem Zusammenbruch des Aufstandes war das gesamte Gebiet von Partisanen durchsetzt. Angriffe auf uns und die volksdeutsche Bevölkerung sowie deutschfreundl. Slowaken standen auf der Tagesordnung. Es kam zu Greueltaten, seitens der Partisanen, die man nicht beschreiben kann. […] Zu unseren Aufgaben gehörte es, die Partisanen und die Verantwortlichen für diese Greueltaten zu ermitteln.“ 208 Zu weiteren Methoden gehörte das Leugnen der Zugehörigkeit zur Einsatzgruppe H bzw. das Leugnen des Einsatzes an konkreten Tatorten. Heinz Tangermann, der einstige Stützpunktführer in Spišská Nová Ves, erklärte 1978 in seiner Vernehmung gegenüber den Staatsanwälten: „Mir ist der Ortsname Zipser Neudorf oder der tschechische Name Spišská Nová Ves überhaupt nicht bekannt.“ 209 Dies war für die ermittelnden Staatsanwälte der entscheidende Faktor, mehr brauchten sie anscheinend nicht zu wissen. Falls die Zugehörigkeit zu einem Kommando der Einsatzgruppe offenkundig und nicht zu widerlegen war, versuchte man es mit der Behauptung, dass man zu der Zeit, als die Verbrechen verübt wurden, nicht am Ort gewesen sei, sondern gerade Urlaub im Reich gehabt habe, im Krankenhaus gewesen sei usw. Sehr beliebt war auch die Strategie, die Verantwortung auf einen verstorbenen Kollegen abzuschieben, so wie etwa Werner Schönemann den toten Walter Haase für sich nutzte, indem er aussagte, Haase „war verantwortlicher Leiter des Referats IV und in dieser Eigenschaft für alle Festnahmen, Vernehmungen und abschließenden Behandlungen der Festgenommenen einschließlich der Exekutionen zuständig“. 210 Als Schönemann die von ihm handschriftlich unterzeichneten Berichte, in denen es um die Erschießungen von Roma ging, vorgelegt wurden, reagierte er in der Vernehmung wie folgt: „Ich kann mir die Angelegenheit nur so erklären, dass mir das Schreiben zur Unterschrift vorgelegt worden ist, weil ich alle Schreiben an unsere vorgesetzte Dienststelle zu unterzeichnen hatte.“ 211 Darüber hinaus konnte man selbstverständlich auch jegliche Aussage verweigern: „Ich gebe keinerlei Auskünfte, die meine Person betreffen. Somit mache 207 208 209 210 211

Vernehmung Walter Kröger, 24. 11. 1971. BArch B 162/9289, Bl. 515. Ebd., Bl. 514. Vernehmung Heinz Tangermann, 14. 2. 1978. BArch B 162/16194, Bl. 864. Vernehmung Werner Schönemann, 8. 4. 1965. BArch B 162/1836. Ebd.

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ich von dem § 55 der StPO Gebrauch. 212 Im übrigen weise ich daraufhin, dass ich ein kranker Mann bin. Ich leide unter Herz- und Nervenerkrankungen.“ 213 Eine Begründung für Aussageverweigerung konnte aber auch wie folgt aussehen: „Ich bin nicht bereit, meine in der Vorbesprechung gemachten Angaben protokollieren zu lassen. Ich habe Angst vor meinen ehemaligen Kameraden des SD und befürchte, dass man sich eines Tages rächen wird. Wer schützt mich vor Racheakten dieser alten Nazis. Ich habe schon telefonische Drohungen bekommen.“ 214 Einen fest etablierten Antworten-Topos gab es bei den Aussagen insbesondere für die Fragen, die eine eigene Teilnahme an Erschießungen oder die Kenntnis von diesen, die Verfolgung, Deportation und Vernichtung von Juden sowie den Begriff der „Sonderbehandlung“ betrafen. Im Folgenden werden ausgewählte Ausschnitte aus den Vernehmungen der Angehörigen der Einsatzgruppe H mit höherer Position (Teilkommandoführer oder Abteilungsleiter im Stab der Einsatzgruppe) präsentiert. Hans Preyer, Führer des Stützpunktes des Einsatzkommandos 14 in Banská Štiavnica, sagte in diesem Zusammenhang aus: „Juden gab es in unserem Gebiet keine mehr, soweit ich mich erinnern kann. Wenn wir welche angetroffen hätten, wären sie wahrscheinlich festgenommen worden. Eine allgemeine Weisung über die Behandlung von Juden ist mir nur aus meiner Tätigkeit in Frankreich bekannt; in der Slowakei gab es so etwas nicht. Auf keinem Fall gab es eine allgemeine Anordnung, wonach Juden ohne weiteres erschossen wurden. […] Ich habe während meiner ganzen Tätigkeit in der Slowakei, die ja nur einige Wochen dauerte, keine Erschießungen angeordnet und auch von keinen Erschießungen gehört. Unser Verhältnis zur Bevölkerung war ausgesprochen gut.“ 215 Auch Werner Schönemann, Führer des Stützpunktes des Einsatzkommandos 13 in Žilina, das Ausgangspunkt für die Deportation von annähernd 900 Juden war, 216 wollte von Deportationslagern oder „Sonderbehandlungen“ nichts gewusst haben: „Ich bin überrascht zu hören, dass in der Slowakei Juden sonderbehandelt wurden. Unter Sonderbehandlung war Erschiessen zu verstehen. Aus der Sicht meines Standortes Sillein heraus wären mir solche Massnahmen völlig undenkbar erschienen. Sie hätten im Hinblick auf die betonte slowakische Souveränität und die stark ausgeprägte Religiosität der Bevölkerung 212 StPO, § 55: „Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen [z. B. Ehepartner, Verlobter, Verwandter – L. Š.] die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.“ URL: http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__55.html [zuletzt geprüft am 3. 8. 2011]. 213 Vernehmung Otto Andresen, 22. 6. 1967. BArch B 162/25504, Bl. 673. 214 Vernehmung Karl Schmugge, 10. 10. 1966. Ebd., Bl. 154. 215 Vernehmung Hans Preyer, 18. 9.1979. ABS Praha, 325–39–7, Bl. 9–11. 216 Halaj 1990, S. 12.

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eine äusserst negative Auswirkung gegenüber uns Deutschen gehabt. […] Von Judendeportationslagern in der Slowakei ist mir nichts bekannt.“ 217 Friedrich Bogendorfer, Führer des Stützpunktes des Einsatzkommandos 13 in Piešt’any, äußerte sich wiederum wie folgt: „Von Exekutionen, Deportationen und ähnlichen Massnahmen, die im Rahmen der Tätigkeit der Einsatzgruppe H gegen die slowakische bzw. jüdische Bevölkerung der Slowakei veranlasst und durchgeführt worden sein sollen, ist mir ebenfalls nichts bekannt. Ich jedenfalls hatte mit derartigen Aktionen nichts zu tun.“ 218 Dennoch gibt es zumindest ein Dokument, in dem Bogendorfer die „Sonderbehandlung“ vorschlug, indem er dem Vernehmungsprotokoll des Juden Markstein vom 4. Dezember 1944 folgenden Vermerk beifügte und das Dokument eigenhändig unterschrieb: „Die Angaben des Markstein scheinen glaubwürdig. Er antwortete ohne zu zögern klar und deutlich auf alle ihm gestellten Fragen. Mit Rücksicht, dass Markstein sofort bereit war zu schiessen und auch geschossen hat, wird Sonderbehandlung vorgeschlagen.“ 219 Ähnlich wie die Teilkommandoführer gaben sich ebenfalls die Abteilungsleiter im Stab der Einsatzgruppe H in den 1970er Jahren als völlig kenntnislos aus. So zum Beispiel der Ic Erich Völmle: „Ich habe auch nichts davon gehört, dass Juden in der Slowakei erschossen oder auf andere Art getötet worden sein sollen. Ich möchte in diesem Zusammenhang einflechten, dass damals über solche Vorgänge sicher nur im engsten Kreise gesprochen wurde, wozu ich nicht zählte. Gewusst habe ich, dass es in der Nähe von Pressburg ein Lager gab. Ob dieses mit Juden oder sonstigen politischen Häftlingen belegt war, wem es unterstand oder wer es leitete, weiss ich nicht.“ 220 Vom Ic der Einsatzgruppe H sind zahlreiche Berichte erhalten, in denen die Zahlen der Festgenommenen genannt wurden. So heißt es zum Beispiel in einem Bericht vom 11. November 1944, dass bis zu diesem Datum insgesamt 16 332 Personen festgenommen worden seien (davon 9256 Juden), wobei 1280 „sonderbehandelt“ und elf auf der Flucht erschossen worden seien. 221 Herbert Böhrsch, Leiter der Abteilung III in Bratislava, fasste sein Wissen über die Lager in der Slowakei wie folgt zusammen: „Unter Sonderbehandlung habe ich damals eine Zusammenfassung von Menschen in Lagern verstanden. Es ist mir bekannt, dass nach dem Aufstand in der Slowakei mehrere Lager eingerichtet worden sind, deren Lage und Zweck mir nicht mehr bekannt ist. Zur Behandlung von aufgegriffenen Juden kann ich nur sagen, dass sie in Lager innerhalb der Slowakei verbracht worden bzw. mit 217

Vernehmung Werner Schönemann, 1. 3. 1973. BArch B 162/9323, Bl. 209–211. Vernehmung Friedrich Bogendorfer, 21. 3. 1967. Niedersächsisches Landesarchiv, Staatsarchiv Oldenburg, Rep. 946, Akz. 133, Nr. 31. 219 EK 13 (SP Pistyan, Bogendorfer), Pistyan 4.12. 1944. Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg, F 178/2, 108. 220 Vernehmung Erich Völmle, 3. 9. 1974. BArch B 162/9323, Bl. 359. 221 EG (Ic), Pressburg 11.11. 1944. BArch R 70/Slowakei, 196, Bl. 93. 218

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Genehmigung der slowakischen Regierung ausgesiedelt worden sind, d. h. in Lager des Protektorats oder Reichsgebiets kamen. Mit der Aussiedlung bzw. mit der Verbringung von Juden in Lager hatte ich nichts zu tun.“ 222 Hans Dörhage, Leiter der Abteilung IV, die unter anderem für den Exekutivdienst bei den „Judenangelegenheiten“ zuständig war, erklärte: „Mit Massnahmen gegen die jüdische Bevölkerung in Pressburg und der Slowakei schlechthin war ich in keiner Weise befasst. […] Von Sonderbehandlungen jüdischer Bürger in der Slowakei habe ich nichts erfahren. Ich habe lediglich davon gehört, dass es unweit von Pressburg ein Judenlager gegeben haben soll. Näheres hierüber weiss ich nicht.“ 223 Dass sich die Beschuldigten mit solchen und ähnlichen Aussagen schützten, kann man im gewissen Sinne als Teil ihrer Verteidigungsstrategie verstehen. Das Verhalten der Staatsanwälte, die diesen Schutzbehauptungen zumindest scheinbar volles Vertrauen schenkten, sie nicht hinterfragten und sie einfach als Tatsachen hinnahmen, ist jedoch höchst verwunderlich. Es könnte ein Zeichen sein für das mangelnde Interesse der bundesdeutschen Justiz an der tatsächlichen Aufklärung der NS-Verbrechen, das letztendlich – lässt man das Urteil gegen den Volksdeutschen Silvester Weiß beiseite – zur Einstellung aller zur Einsatzgruppe H eingeleiteten Verfahren führte. 4.2.5. Anderweitig verurteilte Angehörige der Einsatzgruppe H Von den in der vorliegenden Studie 100 untersuchten SS-Führern der Einsatzgruppe H wurde in der Bundesrepublik kein einziger wegen seiner Tätigkeit in der Slowakei verurteilt. Dennoch mussten sich aber einige von ihnen vor einem bundesdeutschen Gericht für ihr Handeln während des Krieges verantworten und in manchen Fällen sogar eine Haftstrafe verbüssen. Insgesamt zehn SSFührer der Einsatzgruppe H wurden in der Bundesrepublik wegen Tötungsverbrechen, die sie außerhalb der Slowakei begangen hatten, rechtskräftig verurteilt. Diese Urteile, die in der Regel wegen direkter Beteiligung an der Judenvernichtung in Osteuropa verhängt wurden, werden im Folgenden kurz geschildert. Wilhelm Dadischeck gehörte in der Slowakei dem Sonderkommando 7a an. 224 Er stammte aus „einem sehr national eingestellten Elternhaus. Durch seinen Vater, der den Juden nicht gut gesinnt war, lernte er bereits in früher Jugend nationalsozialistische und antisemitische Ideen kennen.“ Nach der Mittleren Reife erlernte er das Friseurhandwerk, übte dieses aber nur gelegentlich aus. Im Jahr 1933 trat er der NSDAP und der SS bei und bewarb sich später um 222

Vernehmung Herbert Böhrsch, 18. 4. 1973. BArch B 162/9323, Bl. 221 f. Vernehmung Hans Dörhage, 12. 2. 1974. Ebd., Bl. 335. 224 Urteil Wilhelm Dadischeck, LG München I, 21.1. 1966. BArch B 162/14197. Hiernach auch die weiteren Angaben und Zitate. 223

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eine hauptamtliche Anstellung beim SD. Ende 1936 wurde er beim SD-Oberabschnitt Fulda-Werra eingestellt, 1941 mit der Leitung der SD-Außenstelle Frankfurt am Main beauftragt. Im März 1943 wurde er als Leiter der Abteilung III der Dienststelle Baranowicze des KdS Weißruthenien in Minsk bzw. seit Oktober 1943 des BdS Russland-Mitte und Weißruthenien zugeteilt. Dort wurde er zum Sonderkommando 7a der Einsatzgruppe B abkommandiert und mit diesem dann in die Slowakei verlegt. Nach der Kapitulation geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Juli 1948 entlassen wurde. Seitdem wohnte er in Frankfurt am Main und war zunächst als Hilfsarbeiter, später als Kraftfahrer tätig. Dadischeck wurde am 21. Januar 1966 durch das Landgericht München wegen Beihilfe zum Mord in 160 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat verurteilt. Seine Tat habe darin bestanden, dass er sich Ende Oktober/Anfang November 1943 an den Massenerschießungen der bei der Organisation Todt, dem SD und anderen deutschen Dienststellen zwangsbeschäftigten jüdischen Männer und Frauen in Baranowicze beteiligt habe. Das Gericht hielt es für bewiesen, dass er in seiner Funktion als SS-Untersturmführer auf Befehl seines Vorgesetzten an der Liquidierung von Juden teilgenommen habe: „Er war während des gesamten Ablaufes der Hinrichtung teils unmittelbar am Exekutionsort, teils in nächster Nähe der Erschießungsstätte anwesend. Als Angehöriger der SD-Dienststelle Baranowicze im Offiziersrang unterstützte und förderte der Angeklagte durch seine Anwesenheit bewußt die Aktion. Außerdem wirkte Dadischeck – ebenfalls auf Befehl – an der Erschießung auch aktiv mit.“ Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftzeit, auf welche die Untersuchungshaft angerechnet wurde, konnte Dadischeck das Gefängnis vorzeitig verlassen. Hans Dörhage, ehemaliger Sturmbannführer und Kriminalrat, seit 1932 NSDAP- und seit 1938 SS-Mitglied, war zeitweise Leiter der Abteilung IV im Stab der Einsatzgruppe H. Nach abgelegter Reifeprüfung trat er 1926 der Schutzpolizei bei, wechselte 1931 zur Kriminalpolizei nach Dortmund und 1934 zur Gestapo nach Hannover, wo er mit der Leitung des Referats II A (kommunistischer Widerstand) beauftragt wurde. 225 In derselben Funktion wurde er 1936 zunächst nach Kiel, später nach Bielefeld versetzt, wo er bis zu seiner Abordnung zur Staatspolizeistelle Zichenau im April 1940 verblieb. Ende des Jahres kehrte er nach Bielefeld zurück, verrichtete in der ersten Hälfte des Jahres 1941 seinen Dienst in Griechenland (unter anderem als Führer des Einsatzkommandos Saloniki) und wurde anschließend nach Wien zurückversetzt, wo er stellvertretender Leiter des Referats IV B (Kirchen, Sekten, Logen, Juden) wurde. Im Frühjahr 1944 erfolgte die Abkommandierung zum KdS Lem225 Urteil Hans Dörhage, LG Gießen, 15. 11. 1976. BArch B 162/14592. Hiernach auch die weiteren Angaben und Zitate.

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berg, im Januar 1945 dann nach Bratislava. Nach Kriegsende trat er unter falschem Namen auf, wurde aber im November 1945 festgenommen und in mehreren Lagern interniert. Nach der Entlassung übte er verschiedene berufliche Tätigkeiten wie Hilfsschlosser, Packer oder Pförtner aus. Dörhage wurde am 15. November 1976 durch das Landgericht Gießen wegen Beihilfe zum Mord in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Beihilfe habe er dadurch begangen, dass er im Mai 1940 als Beisitzer am Standgerichtsverfahren der Staatspolizeistelle Zichenau gegen einen 17-jährigen und einen 18-jährigen Polen teilgenommen habe, denen zur Last gelegt wurde, den deutschen Stellen ihre Kenntnis von Waffenund Munitionsverstecken nicht offenbart zu haben. Er habe in beiden Fällen den „Todesstrafen zugestimmt, ohne sich über das Vorhandensein von prozessualen und materiellen Rechtsgrundlagen zu vergewissern“. Dörhage legte gegen das in Gießen gefällte Urteil Revision ein, auf deren Grundlage ihn der Bundesgerichtshof am 22. Dezember 1978 freisprach. Im Beschluss hieß es, dass Dörhage die Urteile in Zichenau deswegen unterschrieben habe, weil er glaubte, die Standgerichtsverfahren seien rechtens, und er demzufolge „nicht aus Haß gegen das polnische Volk oder gegen eine Rasse, sondern in Erfüllung seiner Pflichten gehandelt“ habe. Nach dieser Auffassung und der Interpretation des Bundesgerichtshofes hätte es sich in diesem Falle nicht um eine vorsätzliche, sondern um eine fahrlässige Tötung gehandelt. Da aber diese bereits verjährt war, wurde das Urteil von 1976 aufgehoben und Dörhage entlassen. Lothar Heimbach war in der Slowakei Stellvertreter des Führers des Einsatzkommandos 13, im Dezember 1944 vorübergehend dessen Führer und zugleich Stützpunktführer in Bánovce nad Bebravou. 226 In der Bundesrepublik wurde er am 14. April 1967 durch das Landgericht Bielefeld wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 21 600 Fällen zu neun Jahren Zuchthaus verurteilt. 227 Gegenstand des Verfahrens war seine Tätigkeit als Leiter der Abteilung IV bei der KdSDienststelle Bialystok von Anfang 1943 bis Sommer 1944, insbesondere seine Teilnahme an der Liquidierung des dortigen Ghettos und an Einzelerschießungen von Juden. Das Gericht erklärte, er und seine Mitangeklagten in diesem Prozess „sollen befehlsgemäß den Abtransport vieler tausend Juden aus den Gettos des Bezirks […] zu den Vernichtungsstätten Auschwitz und Treblinka durchgeführt haben, und zwar in Kenntnis des den Juden dort zugedachten Todesschicksals. […] Außerdem sollen die Angeklagten dabei aus unterschiedlichen Anlässen und in unterschiedlicher Anzahl einzelne Juden auf Befehl oder aus eigenem Entschluß haben töten lassen, selbst erschossen haben oder aber ihre Tötung angeordnet haben.“ Im Einzelnen wurde Heimbach der Bei226

Angaben zur Person von Heimbach siehe Kap. 3.2. Urteil Lothar Heimbach, LG Bielefeld, 14. 4. 1967. BArch B 162/14223. Hiernach auch die weiteren Angaben und Zitate. 227

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hilfe zum Mord von mindestens 6500 bzw. 15 000 Menschen aus dem Ghetto Bialystok bei den Räumungen im Februar und August 1943 schuldig gesprochen sowie der Beihilfe zum Mord bei der Erschießung von mindestens 100 Menschen. Sein Tatbeitrag bei den Räumungen des Ghettos habe darin bestanden, dass er als Leiter der Exekutivabteilung die Durchführung mitorganisiert, selbst an der Aktion teilgenommen, die ihm unterstellten Angehörigen der Dienststelle des KdS beaufsichtigt und ihren Einsatz geleitet habe. Er habe vorsätzlich und mit Unrechtsbewusstsein gehandelt. Er habe gewusst, dass die Mehrheit der abtransportierten Menschen unmittelbar nach ihrer Ankunft in den Vernichtungslagern getötet werden würde. Darüber hinaus sei eine solche Tat niedrigen Beweggründen, nämlich dem Rassenhass, entsprungen. Eine ähnliche Argumentation wählte das Gericht auch für den Fall der Einzelerschießungen, bei denen der rechtswidrige Tatbeitrag von Heimbach darin bestanden habe, dass er den Erschießungsbefehl zur „Vergeltung“ für ein Attentat entgegengenommen und daraufhin die Erschießung von mindestens hundert Menschen im Ghetto von Bialystok veranlasst habe. Das Gericht betrachtete es zudem als erwiesen, dass Heimbach den allgemeinen Auftrag der Einsatzgruppen, die jüdische Bevölkerung in den besetzten Gebieten der Sowjetunion zu vernichten, genau gekannt habe. Ehe er nach Bialystok gekommen sei, habe er sich 1942 als Mitglied des Sonderkommandos 10a der Einsatzgruppe D an Massenerschießungen von Juden beteiligt. Werner Hersmann, der alleinige Führer des z.b.V.-Kommandos 15 in der Slowakei, wurde in der Bundesrepublik zweimal verurteilt. 228 Das erste Urteil erging am 21. September 1950 durch das Landgericht Traunstein, als er wegen fünffachen Totschlags zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. 229 Im Januar 1951 wurde die Revision des Angeklagten durch das Bayerische OLG verworfen und das Urteil für rechtskräftig erklärt. Der Tatbeitrag von Hersmann habe darin bestanden, dass er sich am 28. April 1945 an der Erschießung von fünf Bürgern wegen ihrer Teilnahme an der Widerstandsbewegung „Freiheitsaktion Bayern“ in Altötting beteiligt habe. Zu seinen Ungunsten habe dem Gericht zufolge insbesondere der Umstand gesprochen, dass „er andere zum Einsatz für das zusammenbrechende Regime angetrieben“ habe. Das andere Urteil gegen Hersmann wurde am 29. August 1958 im Ulmer Einsatzgruppenprozess gefällt. 230 Er wurde wegen Beihilfe zum Mord in 1656 Fällen zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nachgewiesen werden konnte Hersmann seine Teilnahme an insgesamt zehn Massenerschießungen von Juden und Kommunisten, die das Einsatzkommando Tilsit von Juni bis September 1941 im 228

Angaben zur Person von Hersmann siehe Kap. 3.2. Urteil Werner Hersmann, LG Ulm, 29. 8. 1958. BArch B 162/2615. Hiernach auch die weiteren Angaben und Zitate zur Verurteilung in Traunstein sowie in Ulm. 230 Allgemein zum Prozess in Ulm siehe Kap. 4.2.2. 229

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Memelland durchgeführt hatte. Konkret wurde ihm vor allem vorgehalten, dass er in seiner Funktion als Leiter des SD-Abschnitts Tilsit seine Leute zu den Erschießungen abgestellt, diese beaufsichtigt und durch seine Anwesenheit in der Uniform eines Sturmbannführers die Schlagkraft der Stapo- und SD-Mannschaft gestärkt habe. In seinem Schlusswort gab Hersmann an, er „habe den Befehl scheusslich, menschlich widerwärtig und amoralisch gefunden; es habe sich um einen unmenschlichen Wahnsinnsbefehl gehandelt, der für Menschen unzumutbar gewesen sei und der im Sinne der Moral und der christlichen Ethik ein Unrecht gewesen sei.“ Nach der Überzeugung des Gerichts habe Hersmann zur Tatzeit eine „eiskalte, nüchterne, herzlose innere Einstellung zu den Säuberungsmassnahmen“ gehabt. Von der verhängten Freiheitsstrafe büßte er lediglich einen geringen Teil ab, da er bereits im Dezember 1961 vorzeitig auf Bewährung entlassen wurde. Georg Heuser, ehemaliger Führer des Einsatzkommandos 14, wurde am 21. Mai 1963 durch das Landgericht Koblenz zu 15 Jahren Zuchthaus wegen neunfacher Beihilfe zum Mord sowie wegen einer Beihilfe zum Totschlag verurteilt. 231 Diese beging er vom März 1942 bis Herbst 1943 in seiner Funktion als Leiter der Abteilung IV der KdS-Dienststelle Weißruthenien in Minsk und Umgebung. Bei der Beihilfe zum Totschlag ging es um die Erschießung einer jungen russischen Agentin auf dem Ghettofriedhof in Minsk auf Befehl seines Vorgesetzten; Heuser „ging mit dem Mädchen einige Schritte bis zur Höhe des Kühlers, liess es dort niederknien und erschoss es mit seiner Pistole“. Bei den neun Fällen der Beihilfe zum Mord handelte es sich um die Erschießung von mindestens 11102 Juden, wobei Heuser bei manchen Erschießungen als Leiter der Erschießungsstätte fungierte („Er überwachte und beaufsichtigte die Erschiessungen“), bei manchen aber auch selbst als Schütze wirkte („Heuser erinnert sich, ‚wie ein Automat‘ geschossen zu haben“). Darüber hinaus hat er auch die Tötungen durch Gaswagen miterlebt („An diesem Tage beaufsichtigte Heuser am toten Gleis das Aussteigen der Juden und ihre anschliessende Verladung in die Gaswagen“) und war bei der Tötung von drei Juden durch Verbrennen bei lebendigem Leibe zugegen. Diese Verbrechen konnte ihm das Gericht zweifellos nachweisen. In der detaillierten Urteilsschrift wurde gegen Heuser zusammenfassend wie folgt argumentiert: „Der Angeklagte Heuser hat sich von allen Angeklagten am häufigsten an den Maßnahmen zur Ausrottung der Juden beteiligt. Er hat teilweise recht aktiv mitgewirkt und wiederholt Aufsichtsfunktionen ausgeübt. Seine akademische Bildung, das Studium der Rechtswissenschaften und auch sein erlernter Beruf des Kriminalkommissars mußten ihn in besonderem Maße 231 Urteil Georg Heuser, LG Koblenz, 21. 5. 1963. BArch B 162/14152. Hiernach auch die weiteren Angaben und Zitate, falls nicht anderes angegeben. Angaben zur Person von Heuser siehe Kap. 3.2.

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dazu verpflichten, sich den angesonnenen Verbrechen zu entziehen. Er wäre dank seiner Intelligenz, seiner Energie und seiner geachteten und angesehenen Stellung unter den Angehörigen der Sicherheitspolizei und des SD in Minsk wie kein anderer dazu in der Lage gewesen, dem Henkeramt zu entgehen, wenn er nur gewollt hätte.“ Zu Heusers Einstellung zu den Erschießungen führte das Gericht aus, er habe diese Maßnahmen „bereits damals als Unrecht erkannt“, er habe die „Tötungen der Juden nicht gebilligt […], er sei aber dem Befehl gefolgt. Er habe den Dingen kritiklos gegenübergestanden; es sei bei ihm eine Art ‚politischer Schizophrenie‘ gewesen.“ Heuser erkannte das Urteil an und konzentrierte sich in der Folgezeit darauf, seine vorzeitige Entlassung zu erreichen. Nach dem Ablauf von zwei Dritteln seiner Haftzeit argumentierte er neben gesundheitlichen Gründen damit, dass in seinem „Fall mit dieser Strafzeit dem Vergeltungsgedanke ausreichend Rechnung getragen“ und eine andauernde Haft als „soziale Härte“ zu werten sei. Im Dezember 1969 stimmte das Landgericht Koblenz seiner Entlassung zu. 232 Oswald Heyduk war Obersturmführer beim z.b.V.-Kommando 27 der Einsatzgruppe H. Er legte 1933 das Abitur ab und trat im selben Jahr der NSDAP und der SA bei, 1938 dann der SS. 233 Er war bei der Landespolizei-Inspektion Brandenburg angestellt und von 1935 bis 1937 beim Reichsheer. Während des Krieges verrichtete er seinen Dienst bei den Staatspolizeistellen Kassel und Berlin; später wurde er dem KdS Lemberg zugeteilt. Dort leitete er vom Mai 1942 bis Oktober 1943 die Außenstelle Sokal. Wegen dieser Tätigkeit wurde er am 13. Juli 1949 durch das Landgericht München I wegen 16 Verbrechen des Mordes 16mal zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilt. 234 Konkret hieß es, er habe im Herbst 1942 und im Frühjahr 1943 in Sokal aus Mordlust oder ansonsten aus niedrigen Beweggründen 16 Menschen (davon fünf Frauen) vorsätzlich getötet. In einem Spiegel-Artikel wurde berichtet, der Massenmörder habe den „Gerichtsspruch gelassen lächelnd entgegen“ genommen. 235 Das Urteil wurde am 14. November 1949 rechtskräftig, nachdem das OLG München die Revision des Angeklagten verworfen hatte. 236 Auch der nächste Versuch des Verurteilten vom März 1952 scheiterte, da das Landgericht München I seinen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ablehnte. Heyduk wurde letztendlich im Juli 1968 entlassen; wegen einer Haftpsychose wurde er ins Nervenkrankenhaus in Regensburg überführt. Im November 1970 verwarf das Landgericht 232

Matthäus 2004, S. 121. BArch (ehem. BDC), SSO, Heyduk, Oswald, 8. 8. 1912. 234 Urteil Oswald Heyduk, LG München I, 13. 7.1949. Rüter, Christiaan F. u. a. (Hrsg.): Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen, Bd. V, Amsterdam 1970 (Lfd. Nr. 159). 235 Der Spiegel 30 (1949), S. 26. 236 Weitere Angaben zu Heyduk siehe IfZ München, Datenbank „Verfolgung von NSVerbrechen“ (Heyduk) und ZSt Ludwigsburg, Personenkartei (Heyduk). 233

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München I erneut seinen Wiederaufnahmeantrag als unzulässig. Im Januar 1971 beschloss das OLG München, seine Beschwerde sei unbegründet. Heyduk blieb im Regensburger Nervenkrankenhaus. Die Justizvollzugsanstalt erklärte im Februar 1975 zu seinem Fall: „Es handelt sich bei dem Verurteilten mit Sicherheit um eine Geisteskrankheit. Es ist nicht zu erwarten, daß H. in der nächsten Zeit straferstehungsfähig werden wird und mit einer Strafverbüßung zu rechnen ist.“ Heyduk verstarb am 3. November 1982 in Regensburg. Werner Schönemann war Hauptsturmführer im Einsatzkommando 13 und Führer des Stützpunktes in Žilina. Nach dem Abitur studierte er an den Universitäten Berlin und Königsberg Volkswirtschaft und wurde – nach den 1934 abgelegten Examen – Diplomvolkswirt. 237 Ein Jahr später wurde er bei der Kriminalpolizei Berlin eingestellt. 1937 wechselte er zur Gestapo nach Köln. Nach einem Jahr Zugehörigkeit zur SA trat er 1936 der SS und 1940 der NSDAP bei. Im Juni 1941 wurde er als Teilkommandoführer dem Einsatzkommando 8 der Einsatzgruppe B zugeteilt und zog mit diesem über Slonim nach Borissow. Im September 1941 wurde er zurück nach Berlin abgeordnet, bevor er 1942 zur Staatspolizeileitstelle Wien versetzt wurde. Dort blieb er bis zu seiner Abkommandierung in die Slowakei im September 1944. Nach Kriegsende versuchte er in Österreich unterzutauchen, wurde jedoch verraten und verhaftet. Nach zwei Verurteilungen durch österreichische Volksgerichte und einem in der Slowakei in seiner Abwesenheit gefällten Urteil wurde er 1951 in die Bundesrepublik abgeschoben. 238 Auch in der Bundesrepublik wurde Schönemann aber strafrechtlich verfolgt. Nach den seit Anfang der 1960er Jahre laufenden Ermittlungen verurteilte ihn letztlich das Landgericht Köln am 12. Mai 1964 wegen Beihilfe zum Mord in zwölf Fällen an 2170 Menschen zu sechs Jahren Zuchthaus. Der Beihilfe habe er sich dadurch schuldig gemacht, dass er sich als Teilkommandoführer des Einsatzkommandos 8 von Juni bis September 1941 an den Erschießungen von Juden (darunter Frauen und Kinder) beteiligte. Das Gericht betrachtete es als erwiesen, dass Schönemann sowohl die Erschießungsbefehle erteilt als auch selbst geschossen habe: „Während der Angeklagte im Anfang nur die Feuerbefehle gab, sprang er mindestens bei den letzten beiden Aktionen als erster in die Grube und begann mit der Exekution.“ Des Weiteren war das Gericht überzeugt, dass Schönemann nicht verborgen geblieben sei, dass „die Erschiessungen der Juden allein aus rassischen und damit politisch-weltanschaulichen Gründen (Rassenwahn) erfolgten“ und somit „aufgrund des allgemeinen Befehls, ‚potentielle Gegner‘ zu vernichten“. Zusammenfassend stand also für das 237 Urteil Werner Schönemann, LG Köln, 12. 5. 1964. BArch B 162/14168. Ausführliche Angaben zur Person von Schönemann vgl. Ullrich 2011, S. 43–48, 174–176 u. 271–273. 238 Urteile gegen Schönemann siehe Kap. 4.1.4. (Urteil in der Slowakei) u. 4.3.1. (Urteil in Österreich).

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Gericht fest, dass Schönemann „das Unrechtsmässige der Erschiessungen und die Motive der damaligen politischen Führung klar erkannt hat“. Auf der anderen Seite wollte das Gericht aber nicht ausschließen, dass er „aufgrund seines überspitzten Befehlsdenken […] seinerzeit die Vorstellung gehabt hat, der Befehlsgehorsam rechtfertige auch rechtswidrige Handlungen, so dass sein Verhalten durch den Befehl gerechtfertigt sei“. Gotthard Schubert war Führer des Stützpunktes des z.b.V.-Kommandos 27 in Michalovce in der Ostslowakei. Er legte 1933 das Abitur ab und trat im selben Jahr der NSDAP und der SA bei. 239 Seit 1936 war er bei der Gestapo Oppeln tätig; beim Kriegsausbruch wurde er – bereits als SS-Angehöriger – dem Einsatzkommando 3 der Einsatzgruppe I für den Angriff auf Polen zugeteilt. Nach der Auflösung des Kommandos wurde er im Dezember 1939 zum KdS Lublin in die Abteilung IV versetzt. Von dort aus wurde er im Juni 1941 nach Zamosc abkommandiert und mit der Leitung der dortigen Außendienststelle beauftragt. Diesen Posten bekleidete er bis September 1942 und dann wieder vom September 1943 bis zur Räumung dieses Gebietes im Juli 1944. In der Folgezeit war er bei mehreren Einheiten eingesetzt, darunter auch eine Zeitlang in Ungarn und der Slowakei. Nach der Kapitulation geriet der ehemalige Hauptsturmführer in russische Kriegsgefangenschaft und wurde im Mai 1950 durch ein Militärtribunal in Moskau zu 25 Jahren Besserungsarbeitslager verurteilt. Im Oktober 1955 wurde er vorzeitig in die Bundesrepublik entlassen, ließ sich in der Nähe von Marburg bei seiner Mutter nieder und arbeitete zunächst als Angestellter in einem Privatbetrieb. Im Januar 1957 wurde er als Sekretär im hessischen Polizeidienst eingestellt, stieg später in den Rang eines Kriminalkommissars auf und leitete bis zu seiner Verhaftung das Referat Meldewesen beim Hessischen Landeskriminalamt in Wiesbaden. Das Urteil gegen Schubert wurde durch das Landgericht Wiesbaden am 1. März 1973 gefällt. Er wurde in vier Fällen der Beihilfe zum Mord an insgesamt 28 450 Menschen schuldig gesprochen und zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Einzelnen ging es im ersten Fall um seine Beihilfe bei der Erschießung von 100 Menschen bei der Deportation von Juden aus Zamosc in das Vernichtungslager Belzec im April 1942, im zweiten Fall wurde er der Beihilfe zum Mord an 350 aus Nowa Osada im August 1942 ausgesiedelten und in den Gaskammern von Belzec ermordeten Juden schuldig gesprochen. Der dritte und vierte Fall betraf seine Teilnahme an den Massenerschießungen von Juden im Rahmen der „Aktion Erntefest“, bei denen am 3. und 4. November 1943 je mindestens 14 000 Juden in den Lagern Majdanek und Poniatowa erschossen wurden. 240 239 Urteil Gotthard Schubert, LG Wiesbaden, 1. 3.1973. BArch B 162/14513. Hiernach auch die weiteren Angaben. 240 Schubert war der Einzige, der in der Bundesrepublik wegen der „Aktion Erntefest“,

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Heinz Tangermann war Untersturmführer im z.b.V.-Kommando 27 und Führer des Stützpunktes in Spišská Nová Ves in der Ostslowakei. Mit 15 Jahren verließ er das Gymnasium und erlernte den Beruf des Drehers. 241 Im Oktober 1929 wurde er Mitglied der Hitlerjugend, der SA, und bereits 1930 trat er der NSDAP und der SS bei. Nach längerer Arbeitslosigkeit war er bei verschiedenen Firmen als Dreher und Schweißer tätig, bevor er im Dezember 1935 als Kriminalangestellter bei der Gestapo in Dessau eingestellt wurde. Im Frühjahr 1941 kam die Abordnung zum Einsatzkommando 9 der Einsatzgruppe B, wo er eine Zeitlang das Teilkommando in Lepel führte. Vom Oktober 1943 bis April 1944 leitete er die Außenstelle des KdS Lublin in Radzyn; später wurde er in die Slowakei abkommandiert. Beim Kriegsende kam er zurück nach Dessau, wurde im Dezember 1945 von den Amerikanern verhaftet und in das Internierungslager Darmstadt gebracht. Nach seiner Entlassung im Juli 1948 arbeitete er zunächst als Dreher, später als technischer Angestellter in Bad Hersfeld. Tangermann wurde am 6. Mai 1966 durch das Landgericht Berlin wegen Beihilfe zum Mord zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Diese habe er dadurch begangen, dass er die Erschießung von 1100 Männern, Frauen und Kinder bei der Ghettoliquidierung in Lepel Ende Februar 1942 mitorganisiert und mit dem ihm unterstellten Teilkommando des Einsatzkommandos 9 durchgeführt habe. Das Gericht betrachtete es als bewiesen, dass Tangermann bekannt war, dass „die 1100 Opfer nur aus Rassenhass und damit aus niedrigen Beweggründen getötet werden sollten und getötet worden sind“. Einen eindeutigen Beweis, dass er aus „willensmäßiger Übereinstimmung mit den Tätern“ gehandelt habe, konnte das Gericht demgegenüber nicht vorbringen, weshalb es ihn lediglich als Gehilfen verurteilte. Nach einer Teilverbüßung der Strafe wurde Tangermann im September 1969 auf Bewährung entlassen. Er arbeitete bis zu seinem Ruhestand 1976 wieder als Monteur bei seinem ehemaligen Arbeitgeber in Bad Hersfeld. Dort verstarb er am 28. März 1999. Fritz Zietlow war Hauptsturmführer im z.b.V.-Kommando 15 und führte dessen Stützpunkt in Zlaté Moravce. Das frühere Freikorps-Mitglied trat 1926 der NSDAP und 1930 der SS bei. 242 Ein Studium von Jura und Volkswirtschaft brach er nach sechs Semestern ab und wandte sich stattdessen dem Journalismus zu. Er zog 1929 nach Berlin und verschrieb sich in den folgenden Jahren in deren Verlauf mindestens 42 000 Juden ermordet worden waren, verurteilt wurde. Siehe dazu Böhler, Jochen: Totentanz. Die Ermittlungen zur „Aktion Erntefest“, in: Mallmann, Klaus-Michael/Angrick, Andrej (Hrsg.): Die Gestapo nach 1945. Karrieren, Konflikte, Konstruktionen, Darmstadt 2009, S. 235–254, hier S. 248. 241 Urteil Heinz Tangermann, LG Berlin, 6. 5.1966. BArch B 162/14204. Hiernach auch die folgenden Zitate aus dem Urteil. Weitere Angaben zur Person von Tangermann vgl. auch Ullrich 2011, S. 274–276. 242 Urteil Fritz Zietlow, LG Stuttgart, 13. 3. 1969. BArch B 162/3541. Weitere Angaben zur Person von Zietlow vgl. auch Ullrich 2011, S. 283 ff.

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ganz der nationalsozialistischen Journalistik. Er arbeitete in verschiedenen Städten Deutschlands meist als Hauptschriftleiter in parteiamtlichen Blättern, bevor er 1938 als Schriftleiter zum Nachrichtendienst Transocean, einem staatlich finanzierten und dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unterstellten Unternehmen, wechselte. Gleichzeitig war er für den SD tätig, in dessen Auftrag er offensichtlich 1941 zunächst nach Budapest, dann nach Bukarest abgeordnet wurde. Anschließend wurde er Anfang 1943 zur Einsatzgruppe C nach Kiew befohlen und im Sommer desselben Jahres mit der Führung eines Teilkommandos des Sonderkommandos 1005b beauftragt. Nach dem Abzug des Kommandos nach Lemberg kehrte er zum RSHA nach Berlin zurück und blieb dort bis zu seiner Versetzung in die Slowakei, die Anfang Dezember 1944 erfolgte. Nach der Kapitulation geriet er in Österreich mit gefälschten Papieren in englische Kriegsgefangenschaft und wurde bis April 1947 interniert. Für die Folgezeit gab er offiziell an, wieder journalistisch tätig gewesen zu sein; tatsächlich arbeitete er jedoch sehr wahrscheinlich für den britischen Geheimdienst. Zietlow wurde am 13. März 1969 durch das Landgericht Stuttgart wegen Beihilfe zum Mord an mindestens 30 Menschen zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt. Sein Tatbeitrag bestand darin, dass er als Teilkommandoführer des Sonderkommandos 1005b ab Ende 1943 für die Tötung von den bei der Enterdung von Massengräbern in Nikolajew eingesetzten Häftlingen verantwortlich gewesen war, indem er ihre Erschießung anordnete. Die Strafe trat Zietlow wegen Haftunfähigkeit nicht an. Er verstarb am 28. September 1972 in Hamburg. Es ist ersichtlich, dass Angehörige der Einsatzgruppe H in der Bundesrepublik zumeist in den 1960er Jahren verurteilt wurden, und dies in den überwiegenden Fällen wegen Beihilfe zum Mord zu eher niedrigen Haftstrafen. Eine Ausnahme bildet hier das Urteil gegen Heyduk, den das Landgericht München I bereits 1949 wegen Mord zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilte. Von den anderen Urteilen ergingen je zwei in den 1950er und 1970er Jahren, der Rest eben in den 1960ern. Was das Strafmaß betrifft, gab es zwei Freiheitsstrafen zu 15 Jahren, eine zu neun und eine zu acht Jahren, während die übrigen verhängten Strafen auf sechs und weniger Jahre lauteten. Die größte Opferzahl konnten die Gerichte Schubert (28 450 Menschen) und Heimbach (21600 Menschen) nachweisen, wobei in diesem Zusammenhang unbedingt betont werden muss, dass es sich bei allen Urteilen immer um die absoluten Mindestzahlen handelte, die den Angeklagten eindeutig bewiesen werden konnten. Die begangenen Straftaten wurden außer in zwei Fällen (Mord bei Heyduk, Totschlag bei Hersmann 1950) als Beihilfe zum Mord qualifiziert. Die bereits mehrmals erwähnte Praxis der Gehilfenrechtsprechung der bundesdeutschen Gerichte lässt sich somit auch durch die hier beschriebenen Beispiele bestätigen. Anwendung fanden auch hier die aus anderen Prozessen gegen NS-Verbre-

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cher üblichen Strafmilderungsgründe. Zu diesen gehörten vor allem die einflussreiche NS-Propaganda, das Handeln auf Befehl und nicht aus eigenem Antrieb, die angebliche Verbindlichkeit des „Führerbefehls“, blinder Gehorsam und eine falsch verstandene Pflichterfüllung. Zudem wurde angeführt, dass der Angeklagte keine leitende Funktion bei den Erschießungen innegehabt habe, er nicht mehr getan habe, als ihm befohlen worden sei, er an unterer Stelle in der Befehlshierarchie gestanden habe und sich bei seiner Dienstausübung nicht hervorgetan habe. Ebenso wurde auf eine unfreiwillige Versetzung zu den Einsatzgruppen bzw. auf eine Strafversetzung verwiesen. Eine weitere Reihe von Strafmilderungsgründen betraf die Nachkriegszeit. Häufig wurde hervorgehoben, dass der Angeklagte ein tadelloses, arbeitsames und straffreies Leben führe und dass zwischen der Tat und ihrer Ahndung ein langer Zeitraum liege, der das Sühnebedürfnis mindere. Falls in den Urteilen strafschärfende Umstände aufgeführt wurden, handelte es sich vornehmlich um folgende: altes Parteimitglied und freiwilliges Mitglied in der SS, Beihilfe zur Tötung von einer großen Zahl unschuldiger Menschen (darunter Frauen und Kinder) sowie hemmungsloses und brutales Vorgehen bei den Erschießungen. Darüber hinaus wurde als strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte „den unglücklichen Opfern, deren Angehörigen und dem ganzen jüdischen Volke unermeßliches Leid zugefügt“ sowie durch seine Tat „auch das Ansehen des ganzen deutschen Volkes auf das Schwerste geschädigt“ habe. 243

4.3. Strafverfolgung in anderen Ländern Außer in der Tschechoslowakei und der Bundesrepublik wurden Angehörige der Einsatzgruppe H auch in anderen Ländern zur Rechenschaft gezogen und in einigen Fällen rechtskräftig verurteilt. Über vier Kommandoführer wurde die Todesstrafe verhängt und anschließend vollstreckt – Walter Liska wurde in Polen hingerichtet, Franz Hoth in Frankreich, Ludwig Teichmann und Helmut Glaser in Jugoslawien. Diese Urteile werden im folgenden Kapitel näher beschrieben und um eine kurze Darstellung der strafrechtlichen Ahndung von NS-Verbrechen im jeweiligen Land ergänzt. Als viertes Land kommt Österreich hinzu, da dort mit Werner Schönemann die einzige Verurteilung erfolgte, die die Verbrechen der Einsatzgruppe H zum Gegenstand hatte. Darüber hinaus muss an dieser Stelle darauf aufmerksam gemacht werden, dass noch weitere Angehörige der Einsatzgruppe H in anderen Ländern hätten vor Gericht gestellt und verurteilt werden können. Der aktuelle Forschungsstand auf diesem Gebiet ermöglicht keine eindeutigen Schlüsse, da entsprechende Recherchen nicht immer durchführbar sind. So wurden etwa nach neueren Schätzungen 70 000 bis 80 000 Deutsche zwischen 1941 und 1955 meist wegen Kriegsverbrechen und nationalsozialistischer Gewalttaten von Sowjeti243

Urteil Georg Heuser, LG Koblenz, 21. 5.1963. BArch B 162/14152.

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schen Militärtribunalen verurteilt. 244 Namenslisten stehen kaum zur Verfügung. Vielmehr durch einen Zufall konnten Hinweise entdeckt werden, dass mindestens drei SS-Führer der Einsatzgruppe H in der Sowjetunion abgeurteilt wurden. 245 In der DDR wurde hingegen kein SS-Führer der Einsatzgruppe H wegen NS-Verbrechen rechtskräftig verurteilt. 246 Von den Männern mit niedrigeren Diensträngen konnte allerdings ein Verurteilter ermittelt werden, nämlich der frühere Oberscharführer und Angehörige des z.b.V.-Kommandos 27 Edmund Langer. Er wurde wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die er während seines Einsatzes bei der KdS-Dienststelle Warschau verübt hatte, durch das Bezirksgericht Potsdam am 28. Februar 1974 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. 247 Das Pikante in seinem Fall war die Tatsache, dass er bis zu seiner Verhaftung für die staatlichen Organe der DDR tätig gewesen war. 248 4.3.1. Österreich Der Umgang mit der NS-Vergangenheit war in Österreich mehr als 40 Jahre durch den sogenannten „Opfermythos“ geprägt. 249 Österreich als erstes Opfer Hitlers Angriffspolitik hatte es bereits in der Moskauer Deklaration der Alliierten vom November 1943 geheißen. Bewusst griff die Zweite Republik diese Erklärung auf, sprach sich damit von jeglicher Verantwortung frei und beharrte jahrelang strikt darauf, nie etwas mit den Untaten des NS-Regimes gemein gehabt zu haben. Die österreichische NS-Vergangenheit wurde verdrängt, tabuisiert, vergessen. Dennoch wurde aber gleichzeitig in den ersten Nachkriegsjahren der Versuch unternommen, sich mit den NS-Tätern strafrechtlich auseinanderzusetzen. Der Motivation der Regierung lag vor allem der Wunsch zu 244

Leide 2005, S. 30. Es handelte sich um Gotthard Schubert, Fritz Herrmann und Günther Worms. Urteil Gotthard Schubert, LG Wiesbaden, 1. 3. 1973. BArch B 162/14513; Staatsarchiv Hamburg, 213–12 Staatsanwaltschaft Landgericht – NSG, Sg. 0599/009; Vernehmung Günther Worms, 24. 3. 1970. BArch B 162/16190, Bl. 162–168. 246 Zur Darstellung der Strafverfolgung von NS-Verbrechern in der DDR vgl. zum Beispiel Leide 2005. 247 Urteil Edmund Langer, BG Potsdam, 28. 2.1974. Rüter 2002, S. 119–139 (Lfd. Nr. 1038). 248 Langer wurde 1946 Mitglied der SED, diente bis 1950 als Kommandeur der Grenzpolizei in Demmin und fungierte später als Staatsanwalt in der Bezirksstaatsanwaltschaft, ab 1961 als Kreisstaatsanwalt in Schwerin. Vgl. Leide 2005, S. 86 f. 249 Die folgende Darstellung der Strafverfolgung von NS-Verbrechen in Österreich basiert auf Šindelářová, Lenka: Die Strafverfolgung von NS-Verbrechen in Österreich und deren Schlussstrich in den 1970er Jahren, in: Kastner, Florentine/Veselá, Barbora u. a. (Hrsg.): Juvenilia Territorialia. „Prager Frühling“ und „Ära Kreisky“. Zwischen Reformwillen und Reformverwirklichung. Untersuchungen zu den europäischen Nachbarn Tschechoslowakei und Österreich, Praha 2009, S. 214–228. 245

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Grunde, den Abzug der alliierten Truppen aus Österreich und somit die volle Souveränität des Landes zu erreichen. Bereits in der Regierungserklärung vom 27. April 1945 wurden im Rahmen der Proklamation der Selbstständigkeit Österreichs die Ahndung von NS-Verbrechen und deren Ausnahmegerichtsbarkeit angekündigt. Es wurden sogenannte Volksgerichte eingerichtet, indem eigene Senate bei den Landesgerichten am Sitz der Oberlandesgerichte (Wien, Graz, Linz und Innsbruck) gebildet wurden. Zwei Berufsrichter und drei Laienrichter des zuständigen Senats entschieden grundsätzlich in erster und einziger Instanz. Bei der Ahndung individueller Tötungsdelikte (Totschlag und Mord) griffen sie auf die Paragraphen des österreichischen Strafgesetzbuches (§§ 134 bis 140) und des deutschen Reichsstrafgesetzbuches von 1871 (§§ 211 und 212) zurück. Die wichtigste Grundlage für die Rechtsprechung der Volksgerichte bildeten jedoch speziell hierzu erlassene Gesetze: das Verbotsgesetz vom 8. Mai 1945, das die Volksgerichtsbarkeit einführte und die Entnazifizierung regulierte sowie das Kriegsverbrechergesetz vom 26. Juni 1945 (KVG), in dem weitere Tatbestände der strafrechtlichen Verfolgung durch die Volksgerichte ausgesetzt wurden. In novellierter Form wurden später diese rückwirkenden Ausnahmegesetze, die sich am Londoner IMT-Statut orientierten, Bestandteil des Nationalsozialistengesetzes vom 6. Februar 1947. In den Volksgerichtsverfahren wurden ordentliche Rechtsmittel wie Einspruch gegen die Anklageschrift, Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde sowie Beschwerde gegen Beschlüsse des Gerichts außer Kraft gesetzt. Auch die Bestimmungen über das außerordentliche Milderungsrecht und über die Umwandlung der Strafe fanden in diesen Verfahren keine Anwendung, und die verhängten Strafen waren sofort zu vollstrecken. Die Volksgerichte fungierten in Österreich von 1945 bis 1955. In dieser Zeit wurden insgesamt 13 607 Personen verurteilt, wobei sich unter den Schuldsprüchen zum großen Teil auch verschiedene Formaldelikte („Illegalität“, „Registrierungsbetrug“, Ausübung bestimmter Funktionen etc.) fanden und somit Bereiche, die zum Beispiel in den Besatzungszonen auf westdeutschem Gebiet bei der Entnazifizierung abgehandelt worden waren. Die Zahl der wegen NS-Gewaltverbrechen durch die österreichischen Volksgerichte rechtskräftig verurteilten Personen steht nicht fest; nach aktuellen Erkenntnissen sollen es vermutlich rund 2000 Verurteilte gewesen sein. Was das Strafmaß betrifft, muss man sagen, dass beim überwiegenden Teil der Verurteilten eine eher niedrige Strafe verhängt wurde: fast 95 Prozent aller Strafen waren unter fünf Jahren, ein Drittel sogar unter einem Jahr Freiheitsentzug. 250 Nach der Erlangung der vollen Souveränität Österreichs durch den Staatsvertrag wurden die Volksgerichte durch ein Bundesgesetz vom Dezember 1955 abgeschafft. Die weitere Verfolgung von NS-Verbrechen in Österreich erfolgte 250 43 Todesstrafen (davon 30 vollstreckt), 29 lebenslängliche Freiheitsstrafen, 269 zehn bis 20 Jahre, 381 fünf bis zehn Jahre, 8326 ein bis fünf Jahre, 4559 unter einem Jahr Haft.

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von nun an durch ordentliche Geschworenengerichte unter Anwendung der Grundsätze des allgemeinen österreichischen Strafrechts. Die Strafverfolgung von NS-Tätern wurde nach und nach erschwert; die weitgehendsten Folgen brachte in dieser Hinsicht ohne Zweifel das am 14. März 1957 erlassene Bundesverfassungsgesetz, die sogenannte „NS-Amnestie 1957“. Zahlreiche Bestimmungen des Nationalsozialistengesetzes von 1947 wurden aufgehoben oder geändert, Strafverfahren wegen Verbrechen nach diesem Gesetz waren künftig nicht mehr einzuleiten, laufende Verfahren waren einzustellen, die bereits Verurteilten wurden oft begnadigt und entsprechende Strafvermerke im Strafregister gelöscht. Von 1955 bis heute wurden in Österreich lediglich 20 Personen wegen NS-Verbrechen verurteilt. 251 Die letzten rechtskräftigen Urteile ergingen in den 1970er Jahren, weshalb diese allgemein als Schlussphase der Strafverfolgung von NS-Tätern durch die österreichische Justiz angesehen werden. Durch die österreichischen Volksgerichte wurden auch Angehörige der Einsatzgruppe H verfolgt und verurteilt. 252 Der einzige von den 100 untersuchten SS-Führern, über den in Anwesenheit eine Freiheitsstrafe ausgesprochen wurde, war Werner Schönemann, der ehemalige Stützpunktführer des Einsatzkommandos 13 in Žilina. 253 Bei Kriegsende tauchte er in Österreich unter, wurde aber bereits im Juli 1945 durch zwei Mitarbeiter der Polizeidirektion Wien verhaftet. 254 In den ersten Tagen seiner Haft war er sich offensichtlich seiner Verbrechen bewusst und hatte wenig Hoffnung auf eine Entlassung, wie aus folgendem Brief an seine Geliebte zu ersehen ist: „Unsere Hoffnungen auf eine gemeinsame glückliche Zukunft haben sich nicht erfüllt. […] Grüsse mir bitte Deine Kinder und Deine Eltern. Grüsse bitte auch Hans; er möge mir verzeihen, was ich ihm angetan habe, es war nur, weil meine Sehnsucht nach Dir grösser denn alles war. Bitte denke auch an meine Eltern und meine Brüder, die ich nicht mehr wiedersehen werde. Wie viele sind noch da, die mir Liebes taten und denen ich nicht mehr danken kann. Der Gedanke an Dich wird mein Leben bis zum letzten Augenblick ausfüllen, lebe wohl und behalte mich in lieber Erinnerung!“ 255 Mit der Zeit wurde Schönemann jedoch immer selbstbewusster und dachte sich eine Strategie aus, die ihm mit größter Wahrscheinlichkeit sein Leben rettete. Um der Auslieferung in die Tschechoslowakei zu entgehen, wo ihn – wie er

251 Drei lebenslängliche Freiheitsstrafen, zwei von 15 bis 20 Jahren, fünf von zehn bis 15 Jahren, sechs von fünf bis zehn Jahren, drei unter fünf Jahren und eine Verurteilung ohne Strafe. 252 Die Verfasserin bedankt sich bei Claudia Kuretsidis-Haider für die Auskünfte aus der Datenbank zur Strafverfolgung von NS-Verbrechen der FStN Wien. 253 Angaben zur Person von Schönemann siehe Kap. 4.2.5. 254 WStLA, Vg 1 Vr 452/46 Schönemann. 255 Brief von Schönemann vom 18. 7.1945. Ebd.

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ahnen konnte – die Todesstrafe erwartet hätte, 256 bezichtigte er sich fälschlich, Leiter der Spionageabteilung der Gestapo in Wien gewesen zu sein. Durch seine Verurteilung in Österreich wollte er seine Auslieferung verhindern. In seinem Geständnis vom 23. September 1946 argumentierte er deshalb wie folgt: „Nach 14-monatiger Untersuchungshaft habe ich mich entschlossen, über meine Tätigkeit bei der Geheimen Staatspolizei in Wien ein rückhaltloses Geständnis abzulegen. Ich war bei der Geheimen Staatspolizei in Wien von 1942 bis Beginn 1944 stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung IV E (Spionageabwehr) und von Beginn 1944 bis Sommer 1944 Abteilungsleiter der gleichen Abteilung. […] In den letzten Monaten vor Kriegsende war ich Chef der Dienststelle Steyr der Gestapo und gleichzeitig stellvertretender Kommandeur des Kommandos III Ennstal. Ich weise darauf hin, […] dass meine Dienststellung als stellvertretender Kommandeur gleichfalls nach dem Kriegsverbrechergesetz strafbar ist.“ 257 Im Dezember 1946 wurde gegen Schönemann durch die Staatsanwaltschaft Wien Anklage erhoben. Ein Jahr später, am 22. Dezember 1947, wurde er zu zehn Jahren Haft verurteilt. 258 Dadurch errreichte er, was er geplant hatte – er konnte wegen seiner Haftstrafe in Österreich nicht in die Slowakei ausgeliefert werden. Später, nachdem die Auslieferungen gestoppt worden waren, stellte er am 9. Juni 1949 einen Antrag auf Wiederaufnahme seines Verfahrens mit der Begründung, die Verurteilung vom Dezember 1947 sei zu Unrecht erfolgt, weil er niemals Abteilungsleiter bei der Gestapo gewesen sei und das Kommando III Ennstal nie bestanden habe. Der Oberste Gerichtshof Wien hob aus rechtlichen Gründen am 1. April 1950 das Urteil auf. Einen Anspruch auf Entschädigung für ungerechtfertigte Verurteilung wollte die Staatsanwaltschaft Wien Schönemann allerdings nicht zuerkennen, weil er ihrer Ansicht nach seine Verurteilung absichtlich herbeigeführt habe: „Werner Schönemann hat sich als Abteilungsleiter der Gestapo im Sinne des § 3 Abs. 3 KVG 47 offenkundig deshalb einbekannt, um auf diese Weise eine Verurteilung im Inlande zu erreichen und dadurch die Gefahr, an die CSR ausgeliefert zu werden, zu vermindern.“ 259 Nach der Aufhebung des Urteils von 1947 wurde Schönemann jedoch nicht auf freien Fuß gesetzt. Er blieb weiterhin in Haft, weil er beschuldigt wurde, 1944 bis 1945 in der Slowakei Verbrechen begangen zu haben. Im August 1951 wurde die Anklage erhoben, am 8. Oktober das Urteil gefällt: „Der Angeklagte Werner Schönemann ist schuldig, er habe in Sillein in der Zeit von November 1944 und Jänner 1945, somit zur Zeit der nat. soz. Gewaltherrschaft in Ausnützung seiner dienstlichen Gewalt als SS-Hauptsturmführer, Franz Surgan, Mar256 Schönemann wurde in der Slowakei durch das Volksgericht Trenčín am 19. 12.1947 in Abwesenheit zum Tode verurteilt – siehe Kap. 4.1.4. 257 Geständnis Werner Schönemann, Wien 23. 9.1946. WStLA, Vg 1 Vr 452/46. 258 Urteil Werner Schönemann, LG für Strafsachen Wien, 22. 12. 1947. Ebd. 259 Staatsanwaltschaft Wien, 3. 6. 1950. Ebd.

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tin Barciak und andere namentlich unbekannte Häftlinge durch Drohung mit der Erschiessung in einen qualvollen Zustand versetzt. Er hat hierdurch das Verbrechen der Quälereien und Misshandlungen nach § 3/1 KVG begangen und wird nach dieser Gesetzesstelle unter Bedachtnahme auf § 265 a StPO zur Strafe des schweren Kerkers in der Dauer von neun (9) Monaten […] verurteilt.“ 260 Da seine bisherige Untersuchungs-, Auslieferungs- und Strafhaft in die Strafe eingerechnet wurde, war die verhängte neunmonatige Strafe bei der Urteilsverkündung bereits verbüßt. Schönemann blieb ein paar Tage in Abschiebungshaft und kam dann in die Bundesrepublik. Während der Ermittlungen in Österreich war es ihm gelungen, seine Zugehörigkeit zum Einsatzkommando 8 der Einsatzgruppe B zu verheimlichen. 261 Wie gesagt, handelte es sich bei Schönemann um den einzigen SS-Führer der Einsatzgruppe H, der durch die österreichischen Volksgerichte in Anwesenheit verurteilt wurde. In anderen Fällen kam es aus verschiedenen Gründen zur Einstellung der laufenden Verfahren, 262 oder das Urteil wurde in Abwesenheit des Angeklagten ausgesprochen. 263 Es gab aber auch Fälle, die nicht eindeutig geklärt werden konnten. 264 Darüber hinaus wurden einige auf österreichischem Gebiet gefasste NS-Täter in den ersten Nachkriegsjahren zur Strafverfolgung ins Ausland ausgeliefert. Bei der Einsatzgruppe H betraf dies zum Beispiel ihren Chef Witiska, der im Oktober 1946 den tschechoslowakischen Organen übergeben wurde. 265 4.3.2. Polen In Polen wurden insgesamt 5385 Deutsche und Österreicher wegen Verübung nationalsozialistischer Verbrechen verurteilt. 266 Bereits Ende März 1945 wurde 260 Urteil Werner Schönemann, LG für Strafsachen Wien als Volksgericht, 8.10.1951. WStLA, Vg 1 Vr 1072/49. 261 Wegen seiner Tätigkeit beim Einsatzkommando 8 wurde Schönemann 1964 in der Bundesrepublik rechtskräftig verurteilt – siehe Kap. 4.2.5. 262 Wie gegen Hans Preyer und Hans Dörhage. WStLA, Vg 4c Vr 7848/47 Preyer und WStLA, Vg 8e Vr 788/55 Dörhage. 263 Friedrich Bogendorfer wurde am 17. 5. 1949 in Wien in Abwesenheit zum Verfall des gesamten Vermögens verurteilt. WStLA, Vg 1 Vr 3330/48 Bogendorfer. 264 Einige Akten aus den österreichischen Strafprozessen sind nicht erhalten geblieben. So wurde der Verfasserin am 23. 3. 2010 von Claudia Kuretsidis-Haider (FStN Wien) mitgeteilt, dass nach den Angaben in der ihr zur Verfügung stehenden Datenbank ein Verfahren gegen Hans Gross in Linz eingeleitet worden sei. Durch das Oberösterreichische Landesarchiv in Linz, wo sich die Akten befinden sollten, wurde jedoch der Verfasserin am 12. 4. 2010 erklärt, dass die einschlägigen Akten nicht hätten gefunden werden können. 265 Witiska beging Selbstmord während der Zugfahrt nach Pilsen. Zu Witiska siehe Kap. 3.2. 266 Wieland, Günther: Die Nürnberger Prinzipien im Spiegel von Gesetzgebung und Spruchpraxis sozialistischer Staaten, in: Hankel, Gerd/Stuby, Gerhard (Hrsg.): Strafgerich-

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die „Hauptkommission zur Untersuchung der deutschen Verbrechen in Polen“ als ein Organ des Justizministeriums ins Leben gerufen, 267 die laut dem Errichtungsdekret vor allem mit der Untersuchung und Sammlung von Beweismaterial über die in Polen während der Okkupationszeit begangenen Verbrechen sowie mit der Übermittlung des gesammelten Materials an vergleichbare ausländische Institutionen beauftragt wurde. 268 Die gesetzliche Grundlage für die Ahndung der NS-Täter bildete das sogenannte Augustdekret, das am 31. August 1944 von der polnischen Übergangsregierung erlassen und später dreimal novelliert wurde. Die Todesstrafe oder langjährige Gefängnisstrafen sah das Dekret in seiner ersten Fassung insbesondere für folgende Verbrechen vor: Teilnahme an Morden und Misshandlungen von Zivilpersonen und Kriegsgefangenen, Ergreifung und Verschleppung von durch SS und Gestapo gesuchte oder verfolgte Personen, Erpressung von Personen, Anstiftung sowie Beihilfe zu den genannten Verbrechen. Die NS-Täter wurden entweder durch das polnische Oberste Nationaltribunal, die Sondergerichte oder aber in den überwiegenden Fällen durch die einzelnen Bezirksgerichte, die sich aus einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern zusammensetzten, abgeurteilt. Mehr als ein Drittel der in Polen verurteilten NS-Verbrecher wurde durch die Alliierten aus den vier Besatzungszonen überstellt. In den Jahren 1946 bis 1950 wurden 1817 Beschuldigte nach Polen ausgeliefert. Was das Strafmaß der gegen sie verhängten Strafen angeht, sah dieses wie folgt aus: 193 Todesstrafen, 69 lebenslängliche Freiheitsstrafen, 135 zehn bis 15 Jahre, 374 fünf bis zehn Jahre, 798 bis zu fünf Jahre Haft. Darüber hinaus wurden 101 Angeklagte freigesprochen, gegen 117 wurde das Verfahren eingestellt, weitere sind geflüchtet oder wurden an ein anderes Land ausgeliefert. Die differenzierten und in den meisten Fällen überraschenderweise relativ niedrigen Strafen sowie die häufigen Freisprüche und Verfahrenseinstellungen interpretiert Musiał als einen Hinweis darauf, dass „die Angeklagten nicht pauschal abgeurteilt wurden, sondern daß man offensichtlich die persönliche Schuld oder gar Unschuld jedes einzel-

te gegen Menschheitsverbrechen. Zum Völkerstrafrecht 50 Jahre nach den Nürnberger Prozessen, Hamburg 1995, S. 98–123, hier S. 105. 267 Zuerst arbeitete die Kommission unter dem Namen Hauptkommission zur Untersuchung der deutschen (seit 1949 nationalsozialistischen) Verbrechen in Polen. Im Jahre 1991 wurde ihr Arbeitsfeld auf die sowjetischen Verbrechen erweitert; die Institution wurde umbenannt in Hauptkommission für die Erforschung der Verbrechen am Polnischen Volk – Institut des Nationalen Gedenkens. Im Jahre 1999 kam es zu einer weiteren Kompetenzerweiterung bzw. zur Umbenennung in das heutige Institut des Nationalen Gedenkens – Kommission zur Strafverfolgung von Verbrechen gegen das Polnische Volk (Inś tytut Pamięci Narodowej – Komisja Scigania Zbrodni przeciwko Narodowi Polskiemu). 268 Die folgende Darstellung der Strafverfolgung von NS-Verbrechen in Polen basiert auf Musiał, Bogdan: NS-Kriegsverbrecher vor polnischen Gerichten, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 47 (1997), S. 25–56.

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nen Angeklagten festzustellen versuchte“. 269 Er resümiert: „Die Tatsache, daß die polnischen Gerichte in Verfahren gegen ausgelieferte NS-Täter nach rechtsstaatlichen Prinzipien (im westeuropäischen Sinne) verfahren haben, steht im krassen Gegensatz zu den Methoden, mit denen die kommunistischen Machthaber nach 1944 gegen die politische Opposition in Polen vorgingen.“ 270 Zwei SS-Führer der Einsatzgruppe H wurden nach Kriegsende nach Polen ausgeliefert und wegen dort begangener Verbrechen verurteilt. Der erste war Walter Liska, der ehemalige Sturmbannführer und Führer des z.b.V.-Kommandos 27 in der Slowakei. 271 Er wurde im September 1946 aus dem Internierungslager Dachau nach Polen überstellt und am 20. August 1948 durch das Bezirksgericht Lublin zum Tode verurteilt. 272 Gegenstand des Verfahrens war seine Tätigkeit als Stellvertreter des KdS Lublin sowie als Leiter der dortigen Gestapo-Abteilung von 1942 bis zur Evakuierung im Juli 1944. In zwei Punkten des Urteils wurde er zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt (Mitgliedschaft in NSDAP, SS, Gestapo sowie Misshandlung von Häftlingen), in zwei anderen wurde die Todesstrafe ausgesprochen (Erteilen von Befehlen zu Erschießungen und Verfolgung von polnischen und jüdischen Zivilisten). Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, dass er Todesurteile des Standgerichts unterschrieben, öffentliche Hinrichtungen organisiert, polnische und jüdische Zivilisten verhaftet und misshandelt habe, dass auf seinen Befehl Erschießungen stattgefunden hätten oder die Verhafteten in Vernichtungslager abtransportiert worden seien, dass er bei der Evakuierung aus Lublin im Juli 1944 Massenerschießungen von politischen Häftlingen und Juden (darunter Frauen und Kinder) angeordnet habe. Als Chef der Gestapo und Stellvertreter des KdS sei er – wie im Urteil festgehalten wurde – an den begangenen Verbrechen mitverantwortlich gewesen, wobei es keine Rolle spiele, ob er diese selbst durchgeführt oder zur Durchführung ‚nur‘ die Befehle erteilt habe. Liska leugnete seine Verantwortung, indem er sich mit Befehlsnotstand verteidigte und gegen das Urteil Berufung einlegte. Diese wurde jedoch durch das höchste Gericht am 11. Januar 1949 verworfen. Das Gnadengesuch des Verteidigers auf Umwandlung der Todesstrafe in lebenslanges Gefängnis lehnte der Präsident der Republik Polen ab. Liska wurde am 15. Februar 1949 in Lublin hingerichtet. 273 269

Ebd., S. 47 f. Ebd., S. 53. 271 Angaben zu seiner Person siehe Kap. 3.2. 272 Urteil Walter Liska, BG Lublin, 20. 8. 1948. IPN Warszawa, Lu 330/221 t. 1 (k. 29). Hier auch weitere Angaben zum Urteil und Strafverfahren gegen Liska in Lublin. Die Akten aus den polnischen Strafverfahren (gegen Liska sowie gegen Altmann) wurden der Verfasserin am 26. 1. 2011 per Post durch das IPN zur Verfügung gestellt. Für Hilfe bei der Übersetzung der Dokumente bedankt sich die Verfasserin bei Maria Staszkiewicz. 273 Schreiben der Staatsanwaltschaft Wiesbaden an den Generalstaatsanwalt beim Kammergericht Berlin, 17. 11. 1964. LA Berlin, B Rep. 057–01, Nr. 1924. 270

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Der andere nach Polen ausgelieferte und dort verurteilte SS-Führer der Einsatzgruppe H war der ehemalige Hauptsturmführer Hermann Altmann. Er wurde am 7. Oktober 1906 in Hamburg geboren, erlernte den Beruf eines Feinmechanikers und Optikers, war aber seit 1926 bei der Ordnungspolizei Hamburg tätig. 274 Von dort wechselte er 1933 zur Kriminalpolizei und drei Jahre später zur Gestapo Hamburg. Seit 1936 war er SS-Mitglied, 1937 trat er der NSDAP bei, 1938 erhielt er die Ernennung zum Kriminalkommissar. Er wurde als „charakterlich vollkommen einwandfrei“ beschrieben, mit einer „unbedingt bejahenden“ Einstellung zur NS-Weltanschauung. Nach Kriegsausbruch wurde er nach Polen abkommandiert, zunächst zum Einsatzkommando 2 der Einsatzgruppe II, später zur KdS-Dienststelle Radom. 275 Dort beauftragte man ihn mit der Errichtung neuer Dependancen des KdS, bevor er im September 1941 als Leiter der Außendienststelle in Petrikau eingesetzt wurde. In dieser Funktion beteiligte er sich unter anderem an Deportationen von Juden im Rahmen der „Aktion Reinhardt“. 276 Von Petrikau wurde er Anfang September 1944 in die Ostslowakei zum z.b.V.-Kommando 27 versetzt, wo er bis zum Jahresende blieb. Von dort aus ging es Anfang 1945 kurz zur Einsatzgruppe L nach Cochem, später dann zum BdS Triest. 277 Nach Kriegsende setzte sich Altmann in Hamburg ab, wo er im Juli 1945 verhaftet und dem britischen Internierungslager Neuengamme überstellt wurde. Am 20. April 1948 verurteilte ihn die Spruchkammer Hamburg als Angehörigen der SS und der Gestapo unter Anrechnung der Internierungshaft zu zwei Jahren und sechs Monaten Haftstrafe. 278 Von Anfang an bestand allerdings auch ein Gesuch der polnischen Behörden zu seiner Auslieferung nach Polen, dem letztendlich im August 1948 stattgegeben wurde. Altmann wurde am 15. Februar 1955 durch das Bezirksgericht Lodz zum Tode verurteilt, wobei er insbesondere in vier Punkten für schuldig erklärt wurde: Erstens weil er sich in seiner Funktion als Leiter der Außendienststelle Petrikau in der Zeit vom September 1941 bis zum September 1944 an Erschießungen von polnischen und jüdischen Zivilisten beteiligt hatte, wobei ihm in vier Fällen Mord und in 92 Fällen Beihilfe zum Mord nachgewiesen werden konnte. Darüber hinaus erteilte er Befehle zu Erschießungen, die mindestens 1526 Opfer (darunter Kinder und alte Leute) zu verzeichnen hatten. Der zweite Punkt des Urteils betraf die 274 BArch (ehem. BDC), SSO und RuSHA, Altmann, Hermann, 7.10.1906. Hier auch weitere Angaben, falls nicht anders angegeben. 275 BArch (ehem. NS-Archiv MfS), ZR 510, A. 15. 276 Młynarczyk, Jacek Andrzej: Judenmord in Zentralpolen. Der Distrikt Radom im Generalgouvernement 1939–1945, Darmstadt 2007, S. 96 f. 277 Angaben über Einsätze von Altmann siehe TNA Kew, WO 309/1707. Das Dokument wurde der Verfasserin dankenswerterweise von Stephen Tyas zur Verfügung gestellt. 278 Urteil Hermann Altmann, BG Lodz, 15. 2. 1955. IPN Warszawa, Ld 503/70 t. 3 (k. 96). Hier auch weitere Angaben zum Urteil und Strafverfahren gegen Altmann in Lodz.

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Verfolgung von Polen und Juden, insbesondere die Verhaftung von 19 polnischen Armeeangehörigen und den Abtransport von ungefähr 29 000 Juden in die Vernichtungslager. Der nächste Punkt bezog sich auf körperliche sowie psychische Misshandlungen von Häftlingen und Insassen des Ghettos in Petrikau, und der letzte Punkt hatte seine Mitgliedschaft in der Gestapo mit dem Dienstgrad eines Hauptsturmführers und seine Funktion als Leiter der Außendienststelle Petrikau zum Gegenstand. Altmann bestritt seine Schuld und legte Berufung gegen das Urteil ein. Diese wurde aber zunächst am 27. Mai 1955 durch die Generalstaatsanwaltschaft und am 1. Juli 1955 durch das Oberste Gericht der Republik Polen abgewiesen. Nach seinen Angaben aus dem Jahre 1960 wurde das Urteil erst nach einem mit Hilfe des Roten Kreuzes eingereichten Gnadengesuch seiner Frau abgeändert und die Todesstrafe in eine lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewandelt. 279 Am 20. Januar 1959 wurde er vorzeitig in die Bundesrepublik entlassen, ließ sich in Hamburg nieder und arbeitete im Bankwesen. 4.3.3. Jugoslawien Ein wichtiger Schritt für die Strafverfolgung von den im Krieg verübten Verbrechen wurde in Jugoslawien durch das Präsidium des „Antifaschistischen Rates der Nationalen Befreiung Jugoslawiens“ (AVNOJ) bereits am 30. November 1943 unternommen, als die „Staatskommission zur Feststellung von Verbrechen seitens der Okkupanten und ihrer Helfer“ gegründet wurde. Sie sollte in enger Zusammenarbeit mit der UNWCC „alle Informationen über Morde, Körperverletzungen, Raub, Bombardierung von Zivilisten, Beschaffung von Mitteln zur Durchführung von Verbrechen, Vertreibung und Aussiedlung von Zivilisten sammeln und Zeugenaussagen von Tätern und ihren Opfern aufnehmen“, um anschließend dieses Material dem öffentlichen Kläger weiterzuleiten. 280 Außer den Mitgliedern ihrer zahlreichen Unterkommissionen 281 konnten auch zivile Personen eine Meldung erstatten. Bis Ende 1948 wurde annähernd eine Million solcher Meldungen registriert, wobei 66 420 Personen letztendlich als „Kriegsverbrecher“ bezeichnet wurden (17175 Ausländer und 49 245 Einheimische). 282 279 Vernehmung Hermann Altmann, 15.11. 1960. BArch B 162/1347. Altmann war seit 1934 verheiratet und hatte zwei Kinder. 280 Eine zusammenfassende Darstellung der Strafverfolgung von NS-Verbrechen in Jugoslawien steht bislang aus. Die Verfasserin stützt sich im Folgenden vor allem auf das ihr zur Verfügung gestellte Manuskript von Sabina Ferhadbegović: Vor Gericht. Die Soldaten der Handschar-Division im Nachkriegsjugoslawien (2011 als Manuskript der Verfasserin zur Verfügung gestellt). Hiernach auch die weiteren Zitate, falls nicht anders angegeben. 281 Die Staatskommission bildete ein enges Netz von Unterkommissionen auf dem ganzen Gebiet Jugoslawiens. Insgesamt gab es sechs Republik-, eine Provinz-, zwei Regional-, 65 Distrikt-, 292 Kanton- und 1210 Stadtkommissionen. Portmann, Michael: Communist Retaliation and Persecution on Yugoslav Territory During and After World War II (1943– 1950), in: Tokovi istorije [Currents of History] 1–2 (2004), S. 45–74, hier S. 57. 282 Ebd.

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Was den rechtlichen Rahmen der Strafverfolgung angeht, wurde dieser neu definiert, indem der AVNOJ die bisherigen rechtlichen Vorschriften sowohl aus der Kriegs- als auch der Vorkriegszeit – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – für nichtig erklärte und an ihrer Stelle nach und nach neue Normen einführte. So regelte zum Beispiel die Verordnung vom 24. Mai 1944, die auch nach Kriegsende für ganz Jugoslawien Geltung besaß, den Kompetenzbereich der Militärgerichte. Diese waren für „alle Vergehen zuständig, die sich gegen den Volksbefreiungskampf, gegen seine Errungenschaften und Interessen richteten sowie für alle Straftaten des militärischen Personals und der Kriegsgefangenen, außer bei Straftaten, die in die Zuständigkeit des Höheren Militärgerichts fielen“. Man unterschied zwischen der Kategorie des „Kriegsverbrechers“ (§ 13) und der des „Volksfeindes“ (§ 14), wobei der erste als aktiver Anstifter, Organisator und als eigentlicher Befehlsgeber von Verbrechen anzuklagen war, während der andere als einheimischer „Verführter“, der im Dienste des Feindes gestanden und gehandelt hatte, definiert wurde. Da diese Definition nicht präzis genug war, konnte im Grunde genommen jeder zu einem „Volksfeind“ erklärt werden. Eine Änderung brachte das „Gesetz über die Straftaten gegen das Volk und den Staat“ vom August 1945, das die Begriffe des „Kriegsverbrechers“ und des „Volksfeindes“ abschaffte und sich stattdessen auf den Begriff des Verstoßes gegen den Staatsschutz stützte. Eine weitere Änderung war die Übertragung von Teilkompetenzen der Militärgerichte an die zivilen Gerichte. Mit größerem Zeitabstand zum Kriegsende wurden mildere Strafen verhängt, viele Verurteilte freigelassen und viele Täter gar nicht vor Gericht gestellt. Das Ahndungsinteresse nahm – wie in anderen Staaten Europas – deutlich ab. Im Jahr 1948 wurden die Kommissionen aufgelöst. Eine genaue Statistik der Strafverfolgung von NS- und Kriegsverbrechern durch jugoslawische Gerichte steht bislang nicht zur Verfügung. Es gibt aber dennoch keinen Zweifel daran, dass in Jugoslawien nicht nur gegen tatsächliche Verbrecher vorgegangen wurde, sondern ebenfalls gegen solche Personen, die in Zukunft als mögliche ideelle oder politische Gegner des Kommunismus hätten auftreten können. In diesem Zusammenhang wird deswegen auf zahlreiche Schauprozesse und auf verkürzte Gerichtsverfahren hingewiesen, die meist ohne eindeutig belastendes Beweismaterial durchgeführt wurden und mit der Todesstrafe bei Beschlagnahmung des gesamten Eigentums endeten. Melcic erklärt in diesem Zusammenhang: „Aus einer strafrechtlichen Ahndung von Kriegsverbrechern […] machten Titos Kommunisten zugleich eine massive staatliche Verfolgung von politischen und weltanschaulichen Gegnern.“ 283 Auch Portmann ist überzeugt, dass die Mehrheit der Prozesse politisch motiviert war: „Nowhere else in Europe after WWII the link between legitimate and legal pu283 Melcic, Dunja (Hrsg.): Der Jugoslawien-Krieg. Handbuch zu Vorgeschichte, Verlauf und Konsequenzen, Wiesbaden 2007, S. 199.

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nishment of ‚real‘ (domestic and foreign) war criminals, collaborators and ‚people’s enemies‘, retaliation upon war enemies and elimination of political opponents in order to consolidate power is closer than in Yugoslavia.“ 284 Durch jugoslawische Gerichte wurden zwei SS-Führer der Einsatzgruppe H nach dem Gesetz über die „Straftaten gegen das Volk und den Staat“ rechtskräftig verurteilt. In beiden Fällen wurden Todesurteile ausgesprochen, in beiden Fällen erfolgte die Hinrichtung. Der erste Verurteilte war Ludwig Teichmann, der ehemalige Obersturmbannführer und Führer des z.b.V.-Kommandos 27 in der Slowakei, der 1941 bis 1944 seinen Dienst in Belgrad – unter anderem in der Funktion als Stellvertreter des BdS Serbien – verrichtet hatte. 285 Er wurde am 22. Dezember 1946 durch das jugoslawische Oberste Militärgericht in Belgrad zum Tode verurteilt und am 24. Januar 1947 exekutiert. Im selben Prozess wurden weitere 17 Todesstrafen, eine Haftstrafe von 20 Jahren sowie eine von fünf Jahren verhängt. 286 Der andere SS-Führer der Einsatzgruppe H, der sich in Jugoslawien für seine Taten vor Gericht verantworten musste, war Helmut Glaser, der ehemalige Sturmbannführer und Führer des z.b.V.-Kommandos 29 in der Slowakei. 287 Anfang Dezember 1946 an die jugoslawischen Behörden ausgeliefert, wurde er am 19. Juli 1947 in Ljubljana im Prozess gegen 14 nationalsozialistische Funktionäre und Militärs, die maßgeblich an der deutschen Besatzungspolitik in Slowenien beteiligt gewesen waren, zum Tode durch Erschießen verurteilt und am 28. August 1947 hingerichtet. 288 Der Prozess, der vom 10. bis 19. Juli 1947 stattfand und in dem insgesamt zwölf Todesstrafen und zwei zeitige Haftstrafen von 16 und 18 Jahren verhängt wurden, „zählte aufgrund seiner außen- und innenpolitischen Implikationen zu den komplexesten Nachkriegsprozessen in der Volksrepublik Slowenien“. Es sollte unter anderem die „Verantwortung der österreichischen NS-Nomenklatur und deren Anteil an den Verbrechen in Slowenien hervorgehoben und als außenpolitisches Druckmittel in die Waagschale der Nachkriegsdiplomatie, die ganz unter dem Eindruck des sich zuspitzenden Kalten Krieges stand, geworfen werden“. 289 Inwieweit jedoch der Prozess, der 284

Portmann 2004, S. 73. Angaben zu seiner Person siehe Kap. 3.2. 286 URL: http://forum.axishistory.com/viewtopic.php?t=25428 [zuletzt geprüft am 5. 8. 2011]. Das Urteil gegen Teichmann, das nach der Auskunft des Arhiv Jugoslavije an die Verfasserin vom 7. 6. 2011 im serbischen Militärarchiv in Belgrad verwahrt wird, wurde der Verfasserin trotz wiederholter Anfragen nicht zur Verfügung gestellt. 287 Angaben zu seiner Person siehe Kap. 3.2. 288 Urteil Helmut Glaser, MG Ljubljana, 19. 7. 1947. ARS Ljubljana, SI AS 1931, Republiški sekretariat za notranje zadeve Socialistične republike Slovenije [Republiksekretariat für innere Angelegenheiten der Sozialistischen Republik Slowenien], t.e. 557, S. 211–264. Für die Übersetzung aus dem Slowenischen sei David Blažek gedankt. 289 Elste, Alfred/Koschat, Michael/Filipič, Hanzi: NS-Österreich auf der Anklagebank. 285

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mit Hilfe von Lautsprechern in Ljubljana öffentlich übertragen wurde, in die Reihe politischer Schauprozesse einzuordnen ist und ob er tatsächlich „Teil politischer wie propagandistischer Instrumentalisierung“ 290 gewesen war, kann hier nicht eindeutig beurteilt werden. Gegenstand des Verfahrens waren die auf slowenischem Gebiet verübten Verbrechen. Glaser wurde vorgeworfen, dass er als Leiter der Abteilungen I und II im Umsiedlungsstab in den besetzten Gebieten Kärntens und Krains mit Sitz in Veldes über das Schicksal der slowenischen Bevölkerung entschieden habe. Konkret hielt es das Gericht für erwiesen, dass Glaser unter anderem für folgende Straftaten verantwortlich war: „a) Er war an der Durchführung der Massenaussiedlung der Slowenen im Juli 1941 beteiligt. Vor der Aussiedlung prüfte er als verantwortlicher Sachverständiger im Umsiedlungslager Št. Vid alle 2100 für die Aussiedlung vorgesehenen Slowenen, bezeichnete sie für rassisch und politisch ungeeignet zur Germanisierung und bestätigte endgültig ihre Deportation nach Serbien. b) Er beteiligte sich an der Registrierung der verbliebenen slowenischen Bevölkerung in Oberkrain, die nach rassischen nationalsozialistischen Bestimmungen, insbesondere mit Hinblick auf das nationale Bewusstsein, erfolgte. Von der Gesamtbevölkerung Oberkrains bezeichnete er 20 000 Slowenen für die Germanisierung als rassisch und politisch ungeeignet.“ 291 Glaser wurde für schuldig befunden und hingerichtet. Das folgende Gnadengesuch seiner Frau fand keine Berücksichtigung: „Als seine Frau kann ich bezeugen, dass mein Mann Hellmut Glaser mit den Todesurteilen nicht das mindeste zu tun hatte. Er hat wohl im Auftrage als untergeordneter Obersturmführer die Rassenpolitische Untersuchung der Leute durchgeführt und keine Machtvollkommenheiten über Leben und Tot [sic] besessen. […] So wie ich meinen Mann als vorzüglichen Familienvater und guten Menschen kenne, so urteilen auch viele von hier und geben gerne ihr Zeugnis ab, dass er zu solchen Taten niemals die Fähigkeiten besass. […] Ich erkläre nochmals, dass mein Mann zu derarten Taten, die man ihm vorwirft, niemals fähig war, denn er war in der Familie so wie seinen Nächsten ein vorzüglicher Mensch.“ 292

Anatomie eines politischen Schauprozesses im kommunistischen Slowenien, Klagenfurt 2000, S. 139. 290 Ebd., S. 30. 291 Urteil Helmut Glaser, MG Ljubljana, 19. 7.1947. ARS Ljubljana, SI AS 1931, Republiški sekretariat za notranje zadeve Socialistične republike Slovenije [Republiksekretariat für innere Angelegenheiten der Sozialistischen Republik Slowenien], t.e. 557, S. 211–264, hier S. 225 f. 292 Elste 2000, Anhang (ohne Seitenzahl).

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4.3.4. Frankreich In Frankreich diente als Grundlage für die Strafverfolgung der NS-Verbrecher eine am 30. August 1944 erlassene Verordnung, in der die wichtigsten Normen festgelegt wurden. 293 Zu diesen gehörte insbesondere der Beschluss, dass alle Verfahren vor Militärgerichten unter Anwendung des gesamten französischen Strafrechts stattfinden sollten und dass sich die Mehrzahl der Mitglieder der Militärtribunale aus Angehörigen des Widerstandes rekrutieren musste. Ausdrücklich betont wurde zudem der Grundsatz, nach dem das „Handeln auf verbrecherische Befehle“ zwar strafmildernd zu wirken hatte, einen Schuldspruch jedoch keinesfalls ausschließen sollte. 294 Das Interesse der französischen Justiz galt dabei nach den Erkenntnissen von Brunner vorwiegend der Ahndung solcher Verbrechen, die an Franzosen verübt worden waren: „Hier sind vor allem die Geiselerschießungen zu nennen, ferner die bei der Bekämpfung des Widerstandes begangenen Untaten, die Ausplünderung der Zivilbevölkerung und die Deportationen von französischen Zwangsarbeitern. Die Deportation und Ermordung der Juden trat demgegenüber in den Hintergrund.“ 295 Was die statistischen Angaben der in Frankreich verurteilten Deutschen angeht, sehen die Zahlen wie folgt aus: 1004 Angeklagte wurden in Anwesenheit und weitere 914 in Abwesenheit durch französische Gerichte rechtskräftig verurteilt. 296 Bei den in Anwesenheit ausgesprochenen Strafen reichten diese von wenigen Monaten Haft über mehrjährige Haftstrafen bis zu Todesstrafen, die in 100 Fällen verhängt und in 54 Fällen vollstreckt wurden. Harte Urteile wurden – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – fast ausschließlich in den ersten Nachkriegsjahren gefällt. Später, mit dem immer größeren zeitlichen Abstand, nahmen Strafnachlässe und Begnadigungen deutlich zu, sodass die meisten Verurteilten letztendlich nur einen Teil der gegen sie verhängten Strafe absitzen mussten. Bei den in Abwesenheit verurteilten NS-Tätern handelte es sich in der Regel um vereinfachte Verfahren gegen eine größere Zahl von Beschuldigten, die meistens zu hohen Strafen verurteilt wurden. Da diese Urteile nicht als vollstreckbar galten, sind sie vielmehr als eine Art eines „nie verjährenden Haftbefehls“ zu betrachten. 297 Im Grunde war – so kann man sagen – ein in 293 Die Darstellung der Strafverfolgung von NS-Verbrechen in Frankreich basiert auf Brunner, Bernhard: Deutsche NS-Täter vor französischen Gerichten, in: Halbrainer, Heimo/Kuretsidis-Haider, Claudia (Hrsg.): Kriegsverbrechen, NS-Gewaltverbrechen und die europäische Strafjustiz von Nürnberg bis Den Haag, Graz 2007, S. 148–157. 294 Ebd., S. 152. 295 Ebd., S. 153. 296 Die meisten Urteile hat das Militärgericht Metz gefällt: 411 in Abwesenheit und 322 in Anwesenheit der Angeklagten. Für diese Angaben und für den Kontakt zu französischen Archiven bedankt sich die Verfasserin bei Claudia Moisel. 297 Gelangte einer der in Abwesenheit Verurteilten tatsächlich in französisches Gewahrsam, musste ein neues Verfahren durchgeführt werden. Brunner 2007, S. 149 f.

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Frankreich ausgesprochenes Abwesenheitsurteil für einen in der Bundesrepublik lebenden NS-Täter eine gute Voraussetzung, sich in Zukunft der strafrechtlichen Verantwortung entziehen zu können. Freudiger fasst zusammen: Die in Abwesenheit „gefällten Urteile waren in der Bundesrepublik nicht vollstreckbar, seit Inkrafttreten des Grundgesetzes war auch die Auslieferung von Deutschen an das Ausland verboten (Art. 16 Abs. 2 GG), und eine Bestrafung in Deutschland war ebenfalls ausgeschlossen.“ 298 Es galt, dass Personen, gegen die eine Untersuchung von den Strafverfolgungsbehörden der Besatzungsmächte einmal endgültig abgeschlossen war, nicht mehr vor ein westdeutsches Gericht gestellt werden konnten. Erst das 1971 zwischen der Bundesrepublik und Frankreich abgeschlossene „Abkommen über die deutsche Gerichtsbarkeit für die Verfolgung bestimmter Verbrechen“ ermöglichte die Verfolgung der in Frankreich in Abwesenheit verurteilten Deutschen. 299 In der Bundesrepublik wurden die in Frankreich geführten Verfahren als Akt einer „Siegerjustiz“ interpretiert und deshalb im Allgemeinen vehement abgelehnt. Sehr umstritten ist in diesem Zusammenhang zum Beispiel die Vorgehensweise der Zentralen Rechtsschutzstelle, einer Unterabteilung des Auswärtigen Amtes. Ihre Mitarbeiter besorgten den in Frankreich „vor Gericht stehenden Männern entlastendes Material, wobei sie in einigen Fällen so weit gingen, Zeugenaussagen zu deren Gunsten zu manipulieren“. 300 Eine andere Geschichte betrifft eine durch das Auswärtige Amt über den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes initiierte Fahndungsaktion nach insgesamt 800 Deutschen und Österreichern, die in Abwesenheit von französischen Gerichten wegen Kriegsverbrechen verurteilt worden waren. Der Grund dieser Aktion war keinesfalls das Bemühen die verübten Verbrechen strafrechtlich zu ahnden bzw. bei den strafrechtlichen Ermittlungen behilflich sein. Das Anliegen des Auswärtigen Amtes in diesem Falle war, diese Männer „über Schwierigkeiten zu unterrichten, die ihnen im Ausland drohen können“ und sie damit vor einer Reise nach Frankreich zu warnen. 301 Von den Angehörigen der Einsatzgruppe H wurden durch französische Gerichte zumindest zwei SS-Führer – der eine in Anwesenheit, der andere in Abwesenheit – wegen in Frankreich verübter Verbrechen rechtskräftig ver298 Freudiger 2002, S. 24. Freudiger nennt für den Zeitraum 1949 bis 1955 insgesamt 1314 Täter, die in Frankreich in Abwesenheit verurteilt worden seien. 299 In der Bundesrepublik wurde dieses Abkommen erst am 9. 4. 1975 ratifiziert. Eine Rolle mag dabei der FDP-Abgeordnete Ernst Achenbach gespielt haben, der in der NSZeit an der deutschen Botschaft in Paris gewesen war und nun den Außenpolitischen Ausschuss leitete. Dreßen, Willi: Probleme und Erfahrungen der Ermittler bei der Aufklärung von NS-Gewaltverbrechen, in: Schwandt, Bernd (Hrsg.): Täter und Opfer unter dem Hakenkreuz. Eine Landespolizei stellt sich der Geschichte, Kiel 2001, S. 225–238, hier S. 236. 300 Brunner 2007, S. 154 301 Kriegsverbrecher, Warndienst, Ist benachrichtigt, in: Der Spiegel 16 (1968), S. 51–53.

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urteilt. 302 Im ersten Fall handelte es sich um den ehemaligen Sturmbannführer und Führer des z.b.V.-Kommandos 29 in der Slowakei, Franz Hoth, der vom November 1943 bis zum Oktober 1944 als KdS Nancy fungierte. 303 Das Militärgericht Metz verurteilte ihn wegen dieser Tätigkeit am 5. Januar 1949 zum Tode, wobei das Urteil am 4. Mai 1949 für rechtskräftig erklärt wurde. Für die folgenden Tatbestände befand ihn das Gericht der Beihilfe für schuldig: Mord, Mordversuch, illegale Inhaftierung von mehr als einem Monat mit Folter, vorsätzliche Brandstiftung von bewohnten Häusern, bewaffneter Raub und vorsätzliche Begehung von willkürlicher Gewalt. 304 Hoth wurde am 28. Juli 1949 in Fort Miollis in Metz-Chambiere hingerichtet. Der andere in Frankreich verurteilte Angehörige der Einsatzgruppe H war Heinz Pfanner, der frühere Obersturmführer und Leiter der Abteilung IV im Stab des z.b.V.-Kommandos 29 und gleichzeitig Stellvertreter dessen Führers. 305 Pfanner wurde in den 1930er Jahren Mitglied in der HJ (1930), SA (1933), SS (1936) und der NSDAP (1938) und fand 1938 eine Anstellung bei der Staatspolizeistelle zunächst in Innsbruck, dann in Linz. Mit der Wehrmacht machte er den Feldzug gegen Frankreich mit und kehrte später dorthin zurück, dieses Mal jedoch als Leiter der Abteilung IV beim KdS Marseille bzw. anschließend beim KdS Nancy. Wegen seiner Tätigkeit bei diesen Dienststellen wurde er nach dem Krieg durch das Militärgericht Metz in Abwesenheit am 23. März 1950 und am 26. Oktober desselben Jahres zum Tode verurteilt. 306 Im ersten Prozess wurde er wegen vorsätzlicher Brandstiftung, Totschlag und versuchtem Totschlag schuldig gesprochen, im zweiten Prozess wegen Plünderung und Totschlag. Beide Urteile ergingen in Abwesenheit des Angeklagten. Pfanner, für den sich später auch deutsche und österreichische Strafverfolgungsorgane interessierten, konnte nicht ermittelt werden. Es wurde vermutet, er sei nach Südamerika geflüchtet. 307

302 Man kann annehmen, dass durch französische Gerichte noch weitere Angehörige der EG H bzw. des z.b.V.-Kommandos 29, das vor seinem Einsatz in der Slowakei eben in Frankreich tätig war, in Abwesenheit verurteilt wurden. So wurde der ehemalige Leiter des Konzentrationslagers Sered Alois Brunner am 30. 1. 1954 durch das Militärgericht Marseille und am 3. 5. 1954 durch das Militärgericht Paris in Abwesenheit zum Tode verurteilt. FStN Wien, 19.061/5 Brunner. 303 Angaben zu seiner Person siehe Kap. 3.2. 304 Der Auszug aus dem Urteil gegen Franz Hoth wurde der Verfasserin per Post am 31. 3. 2010 vom Depot Central d’Archives de la Justice Militaire zur Verfügung gestellt. 305 BArch (ehem. BDC), SSO und RuSHA, Pfanner, Heinz, 29. 3. 1913. 306 BStU, MfS, HA IX/11, RHE-WEST 710, Bd. 9. 307 ZSt Ludwigsburg, Personenkartei (Pfanner).

Schlussbetrachtungen Die Einsatzgruppe H war Bestandteil des Terror- und Verfolgungsapparates des NS-Staates. Sie griff seit ihrer Entstehung im Spätsommer 1944 in nahezu alle Bereiche des slowakischen Staates entscheidend ein. Sie kontrollierte und beeinflusste das politische Leben des Landes, seine Verwaltung sowie andere Gebiete wie Wirtschaft oder Kultur. In der sicherheitspolizeilichen Sphäre, insbesondere was das Vorgehen gegen Juden angeht, gewann sie bald die Oberhand und behielt diese bis zum Kriegsende. Auch wenn sie bei ihren Aktionen in der Regel um das Einvernehmen anderer deutscher sowie slowakischer Akteure bemüht war, agierte sie in der Slowakei weitgehend selbständig, da sie offiziell lediglich dem RSHA unterstand. Die Einsatzgruppe war als Instrument der deutschen Machtpolitik keinesfalls eine neue Erfindung. Sie ging zurück auf die Einsatzgruppen, die seit 1938 in verschiedenen Ländern Europas tätig waren. Von den meisten in den besetzten oder annektierten Gebieten eingesetzten Einheiten unterschied sie sich allerdings vor allem dadurch, dass sie in einem Staat aktiv wurde, bei dem das Reich in der Rolle einer „Schutzmacht“ auftrat und dessen Souveränität nach außen hin auch nach der Besetzung durch deutsche Truppen weiterhin behauptet werden sollte. Der Ende August 1944 ausgebrochene Aufstand führte zu einer allgemeinen Schwächung der Slowakei; der Staat brach fast zusammen und musste zumindest in den Aufstandsgebieten erneuert werden. Für die Einsatzgruppe H stellte dies eine Herausforderung dar, da sie erst einmal feststellen musste, mit wem als potentiellem Partner für die bevorstehenden Aktionen zu rechnen war. Dies war aber gleichzeitig ein Vorteil, weil sich die Einsatzgruppe unter diesen Umständen relativ ungezwungen bewegen konnte. Auch wenn infolge der typischen Mehrgleisigkeit der NS-Politik eine ständige Abstimmung mit dem Deutschen Gesandten und dem Deutschen Befehlshaber, darüber hinaus als slowakisches Spezifikum gelegentlich noch mit dem Volksgruppenführer sowie dem Staatsminister im benachbarten Protektorat, geboten war, konnte sich die Einsatzgruppe H bzw. die seit November 1944 aus ihr entstandene Dienststelle des BdS im Machtgefüge der Slowakei dennoch sehr schnell als ein entscheidender Faktor etablieren. Witiska arbeitete als Chef der Einsatzgruppe H von Anfang an eng mit dem Deutschen Befehlshaber zusammen. Seine Kommandos beteiligten sich wiederholt an offenen Kampfhandlungen und unterstützten in dieser Weise die deutschen Truppen bei der Niederschlagung des Aufstands. Die Verschiedenartigkeit der eingesetzten deutschen Verbände zeigt deutlich die Improvisation, mit

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der das militärisch ausgezehrte Deutsche Reich auf diese neue Herausforderung reagierte. Sichtbar ist zudem die anfängliche Fehleinschätzung der Situation seitens des Reiches, das über die Stärke des Gegners ungenügend informiert gewesen zu sein schien und aus diesem Grunde zu wenige Kräfte in das Land schickte. Für die Einsatzgruppe H bedeutete dies eine ständige Einbindung in offene Kampfhandlungen und somit gezwungenermaßen eine Anpassung ihrer Aufgaben und Tätigkeiten an die gegebenen Verhältnisse in der Slowakei. Weitgefächerte Kompetenzen besaß die Einsatzgruppe H vor allem auf dem sicherheitspolizeilichen Sektor. Sie führte Festnahmen durch und entschied in der Regel über das weitere Schicksal der Verhafteten. Sie ging gegen alle tatsächlichen oder vermeintlichen Gegner des Deutschen Reiches vor, insbesondere aber gegen Juden. Der Ausbruch des Aufstands und der gleichzeitige Einmarsch deutscher Truppen bot dem RSHA die Gelegenheit, die „Endlösung der Judenfrage“ auf slowakischem Gebiet zum Abschluss zu bringen. Vorrangiger Auftrag der Einsatzgruppe H – davon zeugen ihre Berichte – war die Verfolgung, Verhaftung und Deportation sämtlicher Juden in der Slowakei. Die Ermordung und Deportation von mehr als 14 000 Juden von September 1944 bis März 1945 sind in ihrer Bedingungslosigkeit trotz nahendem Kriegsende und in der vorgetragenen Härte ein Beispiel für die Spätphase der Shoah. Merkmal dieser laut Witiska „radikalen Lösung der Judenfrage“ war zudem, dass sich die Einsatzgruppe H auch nicht von internationalen Protesten beeindrucken ließ. Unbeirrt betrieb sie die Vernichtung der slowakischen Juden. Erste Maßnahmen ergriff die Einsatzgruppe unmittelbar nach ihrer Ankunft in der Slowakei. Es wurden Großrazzien organisiert und Fahndungsaktionen nach versteckten Juden durchgeführt. Den Aufrufen deutscher Stellen, sich freiwillig zu melden, folgten zumeist nur wenige Menschen. Es herrschte eine vollkommen andere Situation vor als bei der ersten Deportationswelle im Jahr 1942. Ein baldiges Kriegsende zeichnete sich ab, und auch das Schicksal der bereits deportierten Juden war offensichtlich nicht ganz unbekannt geblieben. Wenngleich sich demzufolge einige Juden entschlossen, zu fliehen und sich zu verbergen, konnte die Einsatzgruppe H bis November 1944 dennoch einen Großteil der jüdischen Bevölkerung festnehmen. Sie wurden aus den jeweiligen Orten ins eigens hierfür errichtete Konzentrationslager Sered gebracht, das zu einer Durchgangsstation auf dem Weg in die weiteren Vernichtungs- und Konzentrationslager wurde. Die Bedeutung dieses Ortes wird unter anderem durch den Einsatz des „Deportationsexperten“ Alois Brunner, einem der engsten Mitarbeiter von Adolf Eichmann, als Lagerkommandanten deutlich. Die Tatsache, dass slowakische Juden mehrheitlich erst in den Vernichtungslagern außerhalb der Slowakei umgebracht wurden, unterschied die Einsatzgruppe H von den Einsatzgruppen in der Sowjetunion, die anfänglich massenweise an Ort und Stelle mordeten. Dass es aber auch selbst auf slowakischem

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Boden zu größeren Erschießungen kam, spricht gleichzeitig dafür, dass die Einsatzgruppe ihren ursprünglichen Auftrag, die Juden zu deportieren, aus eigener Initiative erweiterte. Zu Opfern der Hinrichtungen wurden neben den Juden auch Roma, festgenommene Partisanen und Aufständische sowie ihre Unterstützer bzw. die, die man für solche hielt oder halten wollte. Annähernd ein Viertel der ungefähr 4000 Getöteten waren Frauen und Kinder. Die meisten Opfer hatte das Einsatzkommando 14 zu verantworten, das sich wie die gesamte Einsatzgruppe häufig einheimischer Helfer, vor allem aus den Reihen der POHG und des Deutschen Heimatschutzes, bediente. Organisierte und systematische Massenerschießungen setzten in erster Linie erst nach der Niederschlagung des Aufstands Ende Oktober 1944 ein, wobei die größten in Kremnička und Nemecká stattfanden. Dass eine ganze Reihe Opfer nicht erschossen, sondern gehenkt, erwürgt, erschlagen oder verbrannt wurde, verdeutlicht wieder, wie zumindest einige Angehörige der Einsatzgruppe H in Eigeninitiative, grausam und hemmungslos die eigentlichen Befehle des RSHA überschritten. Die Einsatzgruppe H wurde mit einem breiten Aufgabenspektrum betraut, das über die sicherheitspolizeiliche Sphäre hinausreichte. So war sie etwa gegenüber dem RSHA zu einer regelmäßigen Berichterstattung verpflichtet. Außer nach Berlin wurden die meisten Berichte auch den zuständigen Stellen in Prag, Krakau, Budapest, Wien und Brünn zugestellt. Dieses Berichtswesen hatte jegliches Geschehen in der Slowakei, alle Bereiche des gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Lebens, zu erfassen und gehörte somit zu einem wichtigen Bestandteil der Tätigkeit der Einsatzgruppe. Wie in anderen Studien zum Nationalsozialismus konnte auch in der vorliegenden Arbeit die Frage des Wahrheitsgehaltes, der Authentizität und der Aussagekraft solcher Berichte nicht ohne Weiteres gelöst werden. Zeichnen die Berichte zum Beispiel auf der einen Seite ein weitgehend glaubwürdiges Bild der Stimmungslage in der slowakischen Bevölkerung zum Ende des Krieges (mehrheitlich Lethargie und Taktik des Abwartens), erscheinen die ausnahmslos von einer bedingungslosen Zustimmung zur Judenverfolgung seitens der Slowaken sprechenden Berichte weniger glaubhaft. Hinter dieser betonten Zustimmung konnte sich vielmehr die Intention der Einsatzgruppe verbergen, ihrem Handeln Rechtfertigung zu verleihen. Auch in weiteren Berichten lassen sich Ziele und eigene Ansichten der Einsatzgruppe erkennen. Häufig ging es nicht nur darum, die Sachlage genau zu beschreiben, sondern es sollten auch konkrete Lösungen vorgeschlagen werden. So können etwa Witiskas Anregungen zur Innenpolitik der Slowakei ohne Zweifel als Ansätze zu einer eigenen Politik der Einsatzgruppe H bewertet werden. Auf Grund ihrer Bedeutung und ihrer Kompetenzen musste sich die Einsatzgruppe zu Entwicklungen und Vorgängen im slowakischen Staat positionieren und erklären. Dies betraf vor allem das vielschichtige Thema der Teilhabe slowakischer Organe an ihrer Tätigkeit und insbesondere an ihren sicherheitspoli-

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zeilichen Maßnahmen. Diese Teilnahme verschiedener slowakischer Akteure entstand nicht allein aus einer personellen Notwendigkeit auf Seiten der Einsatzgruppe heraus, sondern brachte auch den Willen des sich um seine Souveränität bemühenden Tiso-Regimes zum Ausdruck. Der slowakische Staat unter Tiso hatte sich im Zuge des Aufstands und der Niederschlagung desselben durch deutsche Truppen endgültig zu einem Regime von des Reiches Gnaden entwickelt. Die slowakische Staatsführung blieb diesem bis zum Kriegsende treu. Das Bestehen der Republik war vom weiteren Kriegsverlauf abhängig, wobei überaus deutlich war, dass bei einer Niederlage der „Schutzmacht“ auch der slowakische Staat aufhören würde zu existieren. Das Deutsche Reich begrüßte diese Konstellation, und da es ihm vorrangig auch darum ging, nach außen hin den Anschein einer selbständigen Slowakei zu wahren, war es bemüht, sich das Potenzial von Slowaken und Volksdeutschen nutzbar zu machen und ihnen dadurch gleichzeitig einen Teil der politischen Verantwortung aufzubürden. Das Verhältnis zwischen der Einsatzgruppe H und der slowakischen Staatsführung war deswegen auch von diesem Grundsatz geleitet. Die Einsatzgruppe war bei ihrer Tätigkeit in mehrfacher Hinsicht auf die Unterstützung von Einheimischen angewiesen. Trotz der langen Kriegsdauer und der immer offenkundigeren Niederlage des Reiches fand sie in den Reihen von Slowaken und Volksdeutschen zahlreiche willige Helfershelfer. Ohne diese hätte sie bei ihrem Vorgehen gewiss nie die Ergebnisse erzielt, die sie letztendlich bei Kriegsende aufzuweisen vermochte. Wie bereits angedeutet, musste sie zunächst sondieren, welche slowakischen Akteure zu einer Zusammenarbeit bereit waren. Während sich der Staatspräsident und seine Regierung als wichtige Partner herausstellten, blieben Landtag und Staatsrat als politische Instrumente de facto ohne Bedeutung. Die Rolle der katholischen Kirche wurde nicht unterschätzt, weswegen seitens der Einsatzgruppe auch zu dieser Beziehungen gesucht und geknüpft wurden. Das Tiso-Regime war bemüht, seinem Verbündeten entsprechende Hilfe zu gewähren, so zum Beispiel im militärischen Bereich. Die aus diesem Grunde neu gebildete „Domobrana“ als Ersatz für die größtenteils zu den Aufständischen übergegangene reguläre slowakische Armee erreichte jedoch nie die nötige Struktur und Stärke und wurde auch seitens der Einsatzgruppe H nur selten als verlässlich eingestuft. Ähnlich verhielt es sich mit den slowakischen Polizeikräften. Als zuverlässig erwiesen sich hierbei nur die neu aufgestellten Bereitschaftsabteilungen der Gendarmerie, die an mehreren Aktionen gegen Partisanen und Aufständische teilnahmen. Für die Masse der slowakischen Polizei ergab sich hingegen ein ambivalentes Bild zwischen Zuspruch und Ablehnung. Eine nahezu kompromisslose Unterstützung erfuhr die Einsatzgruppe H durch die reorganisierte Hlinkagarde und insbesondere durch die in diesem Zusammenhang entstandenen Bereitschaftsabteilungen (POHG). Der neue Stabschef der Hlinkagarde, Otomar Kubala, wurde gleichzeitig zum Staats-

Schlussbetrachtungen

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sekretär für das Sicherheitswesen ernannt, sodass er ab September 1944 die Fäden aller slowakischen Sicherheitsorgane in der Hand hielt. Aus den Reihen der POHG rekrutierten sich die willigsten Helfershelfer der Einsatzgruppe H, die sich mit ihren Orts- und Sprachkenntnissen an Festnahmen, Deportationen und in vielen Fällen an der direkten Ermordung ihrer slowakischen Mitbürger beteiligten. Einen vergleichbaren Beitrag leisteten oftmals auch Volksdeutsche. Anfang September 1944 wurde der Deutsche Heimatschutz aufgestellt, zu dessen Aufgaben neben dem Schutz der deutschen Siedlungsgebiete vor allem Wach- und Dolmetscherdienste für die Einsatzgruppe H sowie die Unterstützung derselben bei Razzien und Festnahmen gehörten. Besonders erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang der Einsatz von Volksdeutschen in der „Judensammelstelle“ in Bratislava sowie im Konzentrationslager Sered, das bis zur Ankunft Brunners eine Zeit lang von Angehörigen des Heimatschutzes geleitet und bewacht wurde. Zur ohnehin schon unüberschaubaren Situation in der Slowakei passt, dass Volksdeutsche nicht allein Täter und Mittäter waren, sondern auch Opfer, wurden doch viele bei gezielten Aktionen von Partisanen getötet. Ein weiterer Themenschwerpunkt der vorliegenden Arbeit war eine an die neue Täterforschung angelehnte Betrachtung des Personals der Einsatzgruppe H. Hierbei wurden Interpretationsmuster zu Grunde gelegt, die sich seit den 1990er Jahren in der Forschung zum Nationalsozialismus etablierten und in denen die NS-Täter als konkrete Menschen mit eigener Verantwortung sowie eigenen Handlungs- und Spielräumen gedeutet werden. Es wurde davon ausgegangen, dass die in der Forschung bislang in verschiedenen Studien herausgearbeiteten allgemeinen Motive und Beweggründe der Täter (ideologische Indoktrination, Karrierismus, arbeitsteiliges Vorgehen, Gruppendruck, Antisemitismus, Entmenschlichung der Opfer etc.) auch auf die Angehörigen der Einsatzgruppe H zutrafen. Von Bedeutung waren darüber hinaus auch die für das Kriegsende charakteristischen Motive, so wie sie insbesondere von Paul benannt wurden. Die Angehörigen der Einsatzgruppe H gingen in der Slowakei durchaus routiniert vor und zeigten eine gewisse innerliche Verrohung. Panikgefühle angesichts der bevorstehenden Niederlage, Befürchtungen einer Perspektivlosigkeit nach dem Kriegsende wegen ihrer bereits begangenen Taten sowie die Schwierigkeit des Aufhörens der einmal begonnenen Tätigkeit dürften ebenso eine wichtige Rolle gespielt haben wie das Bestreben, einen neuen November 1918 zu verhindern. Da nötige Quellen, vor allem private Aufzeichnungen der Täter, bei der Abfassung der Arbeit nicht zur Verfügung standen, war es äußerst schwierig, für die oben genannten Ansätze konkrete Beispiele anzuführen. Dennoch ließen sich etliche Indizien finden. So können etwa fehlende Angaben über Desertionen bei der Einsatzgruppe H dahingehend gedeutet werden, dass bei den An-

320

Schlussbetrachtungen

gehörigen wohl der Wille vorherrschte, den gegebenen Auftrag bedingungslos zum Ende zu bringen, sodass auch bei der eindeutigen Kriegslage ein Aufhören für sie nicht in Frage kam. Ähnlich lässt sich die Routine, mit der die Angehörigen der Einsatzgruppe in der Slowakei vorgingen, auf die Erfahrungen zurückführen, die sie bei vergleichbaren Einsätzen in früheren Jahren gemacht hatten. Sie erwiesen sich im Vergleich zu den einheimischen Helfershelfern aus den Reihen von Slowaken und Volksdeutschen im Sinne der NS-Führung zumeist als deutlich unnachgiebiger und verlässlicher. Als Grundlage für die im Rahmen dieser Studie durchgeführte Analyse des Personals der Einsatzgruppe H diente die Ermittlung eines Großteils ihrer Angehörigen. Trotz der schwierigen Quellenlage, die eine verlässliche Aussage zur genauen Personalstärke verhindert, konnten immerhin anhand des breiten Quellenstudiums über 700 Personen, wenngleich oft nur mit Nachnamen, in einer Gesamtliste erfasst werden. Es konnten sämtliche Referate und Referatsleiter des Stabs der Einsatzgruppe, die Führer der einzelnen Kommandos, ihre Stellvertreter sowie in den meisten Fällen die Stützpunktführer namentlich und mit den wichtigsten Lebensdaten ermittelt werden, sodass nun erstmalig eine nahezu vollständige Struktur dieser Einheit vorliegt. Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Führungspersonal gewidmet. Die Biographien Witiskas und der 13 Kommandoführer zeigen, dass es an der Spitze der Einsatzgruppe H trotz großer Ähnlichkeiten keinesfalls einen einzigen Tätertypus gab. Es war von daher geboten, die unterschiedlichen Lebensläufe und Karrieren in dieser Studie einzeln darzustellen, um ein konkretes Bild über das Führungspersonal der Einsatzgruppe zu gewinnen. Als charakteristisches Merkmal konnten bei diesen Männern vor allem ihre überdurchschnittliche Bildung und ihre zahlreichen Erfahrungen aus früheren Einsätzen festgestellt werden. Gemein hatten sie des Weiteren, dass alle 14 das Kriegsende erlebten. In den ersten Nachkriegsjahren wurden fünf von ihnen nach ausgesprochenen Todesurteilen hingerichtet, was auf die Schwere ihrer Taten in der Kriegszeit hindeutet. Es ist anzunehmen, dass sich auch die übrigen neun SS-Führer harten Strafen hätten unterziehen müssen, wären sie von den Alliierten gefasst worden. Vom Führungspersonal der Einsatzgruppe H begannen sechs ein neues Leben in der westdeutschen Gesellschaft. Drei von ihnen wurden später wegen anderer Verbrechen verurteilt, während die übrigen drei vollkommen unbehelligt blieben. Auch das übrige Personal der Einsatzgruppe H war keinesfalls eine homogene Gruppe. Die Analysen von 100 ausgewählten SS-Führern sowie von 50 weiteren Angehörigen, die stellvertretend für die niedrigeren Dienstränge untersucht wurden, zeigten, dass es auch hier keinen einheitlichen Tätertypus gab bzw. dass quasi kein Lebenslauf eine Täterkarriere verhinderte. Alter, Herkunft, sozialer Hintergrund und Bildung der einzelnen Angehörigen waren genauso unterschiedlich wie ihre Einordnung in das NS- Herrschaftssystem. Den-

Schlussbetrachtungen

321

noch lassen sich auch etliche gemeinsame Merkmale feststellen. Ihr Durchschnittsalter beim Einsatz in der Slowakei lag bei Mitte 30. Sie waren zumeist als Heranwachsende von instabilen Nachkriegsjahren geprägt, wobei vielen von ihnen das Jahr 1933 geradezu unerschöpfliche Möglichkeiten bot, die sich ihnen ohne den Nationalsozialismus gewiss nie eröffnet hätten. Die meisten SSFührer stammten aus der Mittelschicht, die Angehörigen mit niedrigeren Diensträngen hingegen aus den unteren sozialen Schichten. Der größte Unterschied konnte erwartungsgemäß bei der erreichten Ausbildung vermerkt werden. Während es bei den SS-Führern Promovierte gab, konnte von den untersuchten Unterführern nicht ein einziger das Abitur vorweisen. Die meisten Angehörigen der Einsatzgruppe H waren verheiratet und Familienväter, somit also keinesfalls ausgegrenzte Einzelgänger am Rande der Gesellschaft. Die Angehörigen der Einsatzgruppe waren in unterschiedlichem Maße in den NS-Staat eingebunden. Ein Teil von ihnen trat bis zum Januar 1933 der NSDAP bei oder war Mitglied anderer NS-Gliederungen, während die übrigen erst später zum Nationalsozialismus fanden. Dies sollte aber hinsichtlich der verübten Taten keinen Unterschied ausmachen. Bei ihrer Versetzung in die Slowakei verfügte ein Großteil von ihnen über vielseitige Erfahrungen, die sie bei früheren Einsätzen in den letzten fünf Jahren gewonnen hatten. Viele von ihnen waren zuvor bei Einsatzgruppen oder ähnlichen Stellen, vor allem in Osteuropa, tätig gewesen, wo sich einige direkt an Massenverbrechen beteiligt hatten. Für mehrere der untersuchten SS-Führer lässt sich darüber hinaus feststellen, dass sie dabei leitende Posten wie Kommando- und Teilkommandoführer, KdS oder Leiter der Gestapo bekleidet hatten. Angehörige der Einsatzgruppe H hatten offenkundig seit längerer Zeit in ganz Europa Verbrechen begangen, und der Einsatz in der Slowakei bedeutete de facto den Abschluss ihrer verbrecherischen Karriere. Die meisten Angehörigen der Einsatzgruppe H erlebten das Kriegsende und fanden ohne größere Probleme Aufnahme in die deutsche Nachkriegsgesellschaft, als ob es das Intermezzo des Krieges nie gegeben hätte. Nur wenige von ihnen wurden für ihre Taten strafrechtlich verfolgt und anschließend verurteilt. Die Nachkriegsschicksale bzw. die strafrechtliche Ahndung der Angehörigen der Einsatzgruppe H in verschiedenen Ländern bildete den dritten großen Themenkomplex, der im Rahmen der vorliegenden Studie untersucht wurde. Besonderes Augenmerk wurde der Bundesrepublik gewidmet. Es konnte festgestellt werden, dass wegen der Verbrechen der Einsatzgruppe H von bundesdeutschen Gerichten lediglich ein einziges Urteil erging. Dieses wurde 1964 nach dem Jugendstrafrecht gegen einen zur Tatzeit 18-jährigen Volksdeutschen wegen Beihilfe zum Totschlag an einem Gastwirt ausgesprochen, wobei die Strafe, die auf ein Jahr Haft lautete, bei der Urteilsverkündung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Weitere Verfahren, die die Tätigkeit der Einsatzgruppe H

322

Schlussbetrachtungen

zum Gegenstand hatten, wurden alle nach und nach ohne Anklageerhebung eingestellt. Einige Angehörige mussten sich aber dennoch in der Bundesrepublik vor Gericht wegen ihrer Taten in der Kriegszeit verantworten. Sie wurden jedoch wegen Verbrechen verurteilt, die sie außerhalb der Slowakei begangen hatten. In den eingestellten Verfahren lassen sich Tendenzen erkennen, die sichtlich einem allgemeinen Trend bei der Strafverfolgung von NS-Verbrechen in der Bundesrepublik entsprachen. Auch wenn mehrere Verfahren zur Einsatzgruppe H eingeleitet wurden (nach einer erfolgten Anzeige eingeleitet werden mussten), kam es mit einer einzigen Ausnahme bei keinem von diesen zu einer Hauptverhandlung vor Gericht. Dies spiegelt durchaus die Gesamtstatistik wieder, die besagt, dass in der Bundesrepublik von den wegen NS-Verbrechen Beschuldigten nicht einmal vier Prozent letztendlich verurteilt wurden. Hinsichtlich der Einsatzgruppe H ist das Grundproblem vor allem darin zu sehen, dass anfangs bei den deutschen Staatsanwälten keine Erkenntnisse zu dieser vorlagen. Auch wenn die Verbrechen der Einsatzgruppen bereits in den ersten Nachkriegsjahren im Nürnberger Einsatzgruppenprozess strafrechtlich aufgerollt und untersucht wurden, gerieten die Verbrechen der Einsatzgruppe H erst in den 1960er Jahren ins Visier der Ermittlungsbehörden. Noch Ende 1964 soll es bei der Zentralen Stelle in Ludwigsburg keine Informationen zu dieser in der Slowakei tätigen Einheit des RSHA gegeben haben. Später erwies sich wiederum in erster Linie das mangelnde Ermittlungsinteresse als besonders hinderlich. So passierte es oft, dass vorhandene Quellen ungenutzt blieben, Zeugen nicht verhört und Täter nicht identifiziert wurden. In manchen Fällen konnten hier darüber hinaus Beispiele von äußerst zweifelhaften Vorgehensweisen und Folgerungen der einzelnen Staatsanwaltschaften aufgezeigt werden. Dies alles führte dann zur Einstellung des Verfahrens, zumeist mit der Begründung, dass ein genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage nicht bestehe, dass es sich um verjährte Straftaten handele oder dass der Beschuldigte nicht identifiziert oder sein Aufenthaltsort nicht ermittelt werden könne. Auch bei der Untersuchung der in anderen Verfahren verurteilten Angehörigen der Einsatzgruppe H lassen sich typische Merkmale der Strafverfolgung von NS-Tätern in der Bundesrepublik feststellen. Eine systematische Aufklärung von in Osteuropa begangenen Massenverbrechen erfolgte erst ab Ende der 1950er Jahre. Dabei fehlte es aber nicht selten am nötigen Engagement. Beweiskräftige Dokumente wurden ignoriert oder falsch interpretiert, während bei den Zeugen hauptsächlich solche aus der Umgebung der Beschuldigten zu Wort kamen. Häufig Anwendung fanden verschiedene Strafmilderungsgründe, die in ihrer Beliebigkeit kritisch hinterfragt werden müssen. Die Ermittlungen wurden darüber hinaus aber auch durch personelle Kontinuitäten in Justiz und Polizei wesentlich erschwert. Charakteristisch war des Weiteren in vielen Fällen die sogenannte Gehilfenrechtsprechung, die oftmals zu niedrigen und unange-

Schlussbetrachtungen

323

messenen Strafen führte. Was die Strafvollstreckung angeht, wurden nur selten die verhängten Strafen in voller Länge verbüßt. Auch die verurteilten Angehörigen der Einsatzgruppe H wurden zumeist vorzeitig aus der Haft entlassen und hatten durchweg keine größeren Probleme, in die bundesdeutsche Gesellschaft zurückzukehren. Keine große Rolle scheint dabei die Tatsache gespielt zu haben, dass es sich bei ihnen um Männer handelte, die bei ihren Einsätzen in verschiedenen Funktionen an der Judenvernichtung und an anderen Massenverbrechen in Osteuropa direkt beteiligt gewesen waren, also zu einem festen Bestandteil des deutschen Tötungsnetzwerks in Europa gehört hatten. NS-Verbrecher wurden auch außerhalb der Bundesrepublik strafrechtlich verfolgt. Der überwiegende Teil der Prozesse fand in den ersten Nachkriegsjahren auf Grundlage einer dafür speziell geschaffenen Gerichtsbarkeit statt. Während in der Bundesrepublik das deutsche Strafgesetzbuch als verbindliche Norm galt, wurden in anderen Ländern besondere Gerichte gebildet und eigene Gesetze erlassen. Solche Gesetze waren durch die Alliierten zumeist noch in der Kriegszeit ausformuliert worden, weswegen sie unbedingt als eine unmittelbare Reaktion auf die verübten NS-Verbrechen mit ihren bislang in der Welt nicht gesehenen Ausmaßen zu verstehen sind. Es bedurfte der Einführung neuer Straftatbestände und somit einer retroaktiven Rechtsprechung. Ordentliche Rechtsmittel wie Einspruch gegen die Anklageschrift, Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde sowie Beschwerde gegen Beschlüsse des Gerichts wurden in der Regel außer Kraft gesetzt. Charakteristisch waren zudem die sehr allgemeine Formulierung einiger Straftatbestände und ein strenges Strafmaß. Im Rahmen der vorliegenden Studie war es nicht möglich, sämtliche Angehörige der Einsatzgruppe H, die wegen ihrer Tätigkeit in der NS-Zeit verurteilt worden waren, zu ermitteln. Entsprechende Hilfsmittel, die eine solche Recherche durchführbar machen würden, stehen in den meisten Ländern nicht zur Verfügung. Im Mittelpunkt standen hier demzufolge hauptsächlich die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten 100 SS-Führer der Einsatzgruppe. Für Tschechien, die Slowakei, Österreich und Polen konnten anhand dieser Personengruppe abschließende Ergebnisse ermittelt werden. Es wurde festgestellt, dass jeweils in Anwesenheit vier SS-Führer durch tschechische Volksgerichte verurteilt wurden, zwei weitere in Polen und je einer in Österreich und der Slowakei. Darüber hinaus gab es zumindest drei abgeurteilte SS-Führer in der Sowjetunion, zwei in Jugoslawien und einen in Frankreich. Rechnet man die Bundesrepublik hinzu, kommt man zum Schluss, dass von den 100 SS-Führern der Einsatzgruppe H insgesamt 22 rechtskräftig verurteilt wurden. Da jedoch nur bei zwei das Urteil wegen ihrer Taten in der Slowakei erging, muss gefolgert werden, dass die Verbrechen der Einsatzgruppe H nach dem Krieg strafrechtlich faktisch ungesühnt blieben.

Danksagung Die vorliegende Arbeit wäre ohne die Unterstützung und Hilfe vieler Menschen nicht möglich gewesen. Ihnen allen, auch wenn sie hier nicht namentlich genannt werden, möchte ich an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön sagen. Ich danke vor allem meinem Doktorvater Prof. Dr. Klaus-Michael Mallmann, der mich auf das bislang unbearbeitete Thema der Einsatzgruppe H aufmerksam machte, mich vertrauensvoll als seine Doktorandin annahm und mir stets eine ermutigende Unterstützung zukommen ließ. Danken möchte ich auch Prof. Dr. Wolfram Pyta für das Zweitgutachten und die Gelegenheit, in seinem Stuttgarter Kolloquium mein Thema vorstellen und diskutieren zu können. Zu besonderem Dank verpflichtet bin ich dem Oldenburger Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, das mir drei Jahre lang ein Promotionsstipendium gewährte. Für einen Druckkostenzuschuss danke ich der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur. Weiterhin möchte ich meinem Freund Thomas Oellermann für die tagtägliche Unterstützung und insbesondere für die bei diesem Thema nötige Ablenkung danken. Außerdem hat er mir, die ich nicht Muttersprachlerin bin, mit einer sprachlichen und stilistischen Korrektur des Textes geholfen. Meine Arbeit war mit umfassenden Recherchen in mehr als 30 Archiven und Instituten verbunden. Ihren zumeist äußerst hilfsbereiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mich dabei unterstützten, bin ich zu großem Dank verpflichtet. Hervorheben möchte ich hierbei vor allem die Außenstelle des Bundesarchivs in Ludwigsburg, wo man mir jedes Mal mit großer Hilfsbereitschaft begegnete und wo ich immer sehr gern arbeitete. Besonders danken möchte ich aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Nationalarchivs und des Archivs der Sicherheitsorgane in Prag, wo mir ein Zugang zu bislang noch nicht erschlossenen Beständen ermöglicht und wo mir bei der nicht immer leichten Orientierung in diesen stets geholfen wurde. Darüber hinaus möchte ich mich gerne bei einer ganzen Reihe von Forschern und Freunden bedanken, mit denen ich in den letzten drei Jahren in Kontakt stand und denen ich mich wissenschaftlich wie persönlich verbunden fühle. Ich erhielt von ihnen anregende Kritik und interessante Hinweise sowie in manchen Fällen auch für mein Thema wichtige Dokumente und andere Unterstützung. Nennen möchte ich hier vor allem Dr. Martin Cüppers, Marco Esseling, Matthias Gafke, Prof. Dr. Eduard Nižňanský, Paul Püschel, Dr. Michal Schvarc, Stephen Tyas, Dr. Armin Ziegler und PD Dr. Volker Zimmermann.

Anhang Angehörige der Einsatzgruppe H In den folgenden zwei Tabellen sind die Angehörigen der Einsatzgruppe H erfasst, die in der vorliegenden Studie näher untersucht wurden. In der ersten Tabelle sind 100 SS-Führer verzeichnet, zu denen in Kapitel 3.3. eine Analyse durchgeführt wurde, in der zweiten Tabelle 50 SS-Unterführer und Mannschaften, die in Kapitel 3.4. betrachtet wurden. Angeführt werden hier – sofern vorhanden – Name, Geburtsdatum, Dienstrang in der SS und Verwendung in der Einsatzgruppe H. In den Tabellen wurden folgende Kürzel benutzt: F (Führer des Kommandos), SV (Stellvertreter des Kommandoführers), SPF (Stützpunktführer), L (Leiter der Abteilung) und z.b.V. (z.b.V.-Kommando).

SS-Führer Name Aigner Josef

Geburtsdatum Dienstrang EG H 28. 3. 1913

Ustuf

Stab

Altmann Hermann

7. 10. 1906

Hstuf

z.b.V. 27

Amthor Heinz

23. 1. 1911

Hstuf

z.b.V. 15 (SV)

Arndt Friedrich

4. 11. 1908

Ostuf

z.b.V. 27

Badekow Reinhard

25. 4. 1907

Ustuf

Stab

12. 12. 1908

Hstuf

Stab

Bast Gerhard Dr.

12. 1. 1911

Stubaf

SK 7a (F)

Bayer Max

28. 7. 1905

Ustuf

k. A.

Beckers Ludwig

27. 9. 1902

Hstuf

Stab (L II)

Baider Karl

Bock Hans

28.7. 1915

Ustuf

Stab

Bogendorfer Friedrich

30. 6. 1900

Ostuf

EK 13 (SPF Piešt’any)

Böhrsch Herbert Dr.

26. 4. 1913

Hstuf

Stab (L III)

9.7. 1911

Ostuf

Stab

9. 10. 1906

Ustuf

SK 7a (SPF Trstená)

Brand Paul Bremer Hans Crombach Heinrich

4. 8. 1911

Ustuf

SK 7a

22. 8. 1910

Hstuf

Stab

5. 5. 1913

Ustuf

SK 7a

Dannel Helmut

30. 5. 1910

Hstuf

z.b.V. 15 (SPF Prievidza)

Deffner Herbert Dr.

14. 4. 1916

Ostuf

EK 14 (SPF Banská Bystrica)

23. 11. 1913

Ostuf

z.b.V. 29 (SPF Trnava)

Cubasch Willi Dadischeck Wilhelm

Doberschütz Otto

326

Anhang

SS-Führer Dörhage Hans Eigenbrod Georg

18. 10. 1906

Stubaf

Stab (L IV) Stab

26. 8. 1911

Ustuf

23. 12. 1914

Ustuf

EK 13 (SPF Považská Bystrica)

Folkerts Gerhard

9. 6. 1901

Hstuf

z.b.V. 27

Frohwann Erich Dr.

1. 1. 1902

Hstuf

Stab (L IV)

Giesel Werner

2.7. 1911

Hstuf

SK 7a (SV)

12. 11. 1895

Stubaf

Stab (L I)

29. 7. 1910

Stubaf

z.b.V. 29 (F)

7. 2. 1911

Ostuf

EK 14 (SPF Banská Štiavnica)

Figas Joachim

Gindel Willi Glaser Helmut Dr. Gross Hans Gross Walter Dr.

10. 10. 1909

Ostuf

EK 14

Harms Hans

26. 4. 1904

Ostuf

EK 13 (SPF Turč. Sv. Martin)

Heimbach Lothar

25. 9. 1908

Hstuf

EK 13 (F + SV + SPF Bán. n. B.)

Herrmann Fritz

23. 2. 1910

Ostuf

z.b.V. 27

Hersmann Werner

11. 9. 1904

Stubaf

z.b.V. 15 (F)

Heuchert Georg

24. 2. 1910

Ostuf

EK 14

Heuser Georg

27. 2. 1913

Hstuf

EK 14 (F)

8. 8. 1912

Ostuf

z.b.V. 27 Stab (L VI)

Heyduk Oswald Heyer Otto

27. 8. 1912

Hstuf

Hoppe Helmut

7. 7. 1908

Hstuf

Stab

Hossbach Johannes

1. 1. 1914

Ostuf

EK 14 (SPF Zvolen)

Hoth Franz

14. 10. 1909

Stubaf

z.b.V. 29 (F)

Hupfer Heinz

23. 12. 1912

Ustuf

EK 14

Jaskulsky Hans Dr.

14. 9. 1912

Stubaf

EK 13 (F)

Jentsch Georg

11. 8. 1908

Hstuf

EK 14

Juritsch Josef

24. 2. 1904

Ustuf

EK 13 (SPF Nitra)

Kaselow Willi

2. 2. 1906

Ustuf

Stab

Klatt Robert Dr.

9. 11. 1906

Hstuf

SK 7a (SV)

Koenen Hans Dr.

10. 9. 1907

Ostuf

Stab (Ic)

Koslowski Otto

17. 4. 1900

Hstuf

EK 13 (F)

Kraus Peter

25.7. 1898

Hstuf

z.b.V. 27 (SV)

Krogh Christian Dr. Krüger Heinz Kuntze Gerhard Kussack Hans

23. 10. 1909

Ustuf

z.b.V. 29

2.7. 1913

Ostuf

EK 14

18. 1. 1906

Ostuf

k. A.

1. 5. 1907

Ustuf

SK 7a (SPF Lipt. Sv. Mikuláš)

Angehörige der Einsatzgruppe H

327

SS-Führer Lehmann Robert Dr.

14. 9. 1910

Hstuf

z.b.V. 29 (L) + SV von Witiska

Lehn Paul

29. 5. 1913

Hstuf

k. A.

Lienke Gerhard

24. 9. 1897

Ostuf

Stab

Ling Hermann

10. 3. 1899

Stubaf

k. A.

11. 12. 1899

Stubaf

z.b.V. 27 (F)

5. 10. 1921

Ostuf

k. A.

Liska Walter Löbel Karl-Heinz Lüdemann Egon

4. 2. 1910

Ustuf

z.b.V. 15 (SV)

Meyer Hermann

11. 9. 1902

Ostuf

EK 14

Müller Karl

2. 11. 1908

Ustuf

k. A. EK 13

Nagel Heinz

2. 4. 1903

Hstuf

22. 1. 1903

Ustuf

z.b.V. 29

18. 11. 1913

Hstuf

Stab (L IV N)

Paufler Elmar Dr.

26. 8. 1908

Hstuf

z.b.V. 27 (SPF Kežmarok)

Pfanner Heinz

29. 3. 1913

Ostuf

z.b.V. 29 (SV)

Plieth Ernst

5. 7. 1906

Ostuf

z.b.V. 15 (SPF Topol’čany)

Preyer Hans

22. 4. 1906

Ustuf

EK 14 (SPF Banská Štiavnica)

Rabe Karl Hermann

11. 6. 1905

Ostubaf

Neubecker Martin Pape Bernhard

Ramrath Wilhelm

z.b.V. 27 (F)

15. 9. 1912

Ostuf

EK 14 (SV)

Ramthun Fritz

13. 10. 1906

Ostuf

EK 14 (SPF Kremnica)

Richter Georg

12. 7. 1910

Ostuf

EK 13

Schmitz Karl

2. 6. 1913

Stubaf

EK 13 (F)

27. 11. 1911

Hstuf

EK 13 (SPF Žilina)

Schönfeld Hans Werner

28. 7. 1907

Ostuf

Stab

Schröter Walter

1. 11. 1908

Ustuf

z.b.V. 29

Schubert Gotthard

1. 8. 1913

Hstuf

z.b.V. 27 (SPF Michalovce)

Schumacher Julius

18. 4. 1913

Hstuf

EK 13

Sommerfeld Helmut

19.7. 1898

Ustuf

EK 14

Susemihl Helmuth

15. 6. 1909

Ustuf

z.b.V. 15 (SPF Bánovce n. Bebr.)

Tangermann Heinz

25. 4. 1912

Ustuf

z.b.V. 27 (SPF Spišská Nová Ves)

Teichmann Ludwig

14. 5. 1909

Ostubaf

Toelle Hermann

9. 9. 1901

Hstuf

z.b.V. 27 (SPF Kežmarok)

Tronnier Georg

19. 1. 1898

Ostuf

EK 13 (SPF Nové M. n. Váhom)

Unselt Hermann

12. 8. 1913

Hstuf

Stab

Vogl Oskar

19. 7. 1902

Ustuf

Stab

Schönemann Werner

z.b.V. 27 (F)

328

Anhang

SS-Führer Voigtländer Georg

6. 6. 1910

Voigtländer Rudolf

Hstuf

z.b.V. 27

21. 11. 1906

Hstuf

z.b.V. 27

Völmle Erich

8. 2. 1910

Hstuf

Stab (Ic)

Wachs Alfons

27. 5. 1913

Hstuf

z.b.V. 27

Weidelener Anton

18. 6. 1906

Hstuf

z.b.V. 15

Weinstein Anton

29. 5. 1910

Hstuf

z.b.V. 29

Wigotzki Georg

17. 2. 1906

Ostuf

Stab

Wilfer Kurt

1. 8. 1909

Ustuf

Stab

Wilfert Horst

6. 9. 1906

Ustuf

Stab

Witiska Josef Dr.

5.7. 1894

Staf

Stab (Chef der Einsatzgruppe H)

Worms Günther

24. 6. 1908

Ostuf

z.b.V. 27

Zietlow Fritz

24. 8. 1902

Hstuf

z.b.V. 15 (SPF Zlaté Moravce)

SS-Unterführer und Mannschaften Name Amann Hermann

Geburtsdatum Dienstrang EG H 12. 7. 1913

Oscharf

SK 7a (SPF Lipt. Sv. Mikuláš)

20. 10. 1920

Uscharf

EK 13

Brunsberg Ernst

25. 2. 1907

Hscharf

SK 7a

Engel Alois

23.7. 1908

Hscharf

SK 7a

Engelmann Hans

22. 9. 1907

Hscharf

EK 13

Ewald Karl Heinrich

20. 5. 1911

Oscharf

Stab

Fleischer Karl Heinz

17. 9. 1919

Oscharf

Stab

Gerbrich Alois

11. 3. 1912

Oscharf

z.b.V. 15 (SPF Bánovce n. Bebr.)

Bonigut Hans

Gleixner Karl

26. 8. 1910

Oscharf

z.b.V. 27

Graindl Hans

19. 12. 1908

Hscharf

EK 14

Hassler Johann

19. 5. 1906

Hscharf

SK 7a

Hawlat Erwin

18. 12. 1906

Hscharf

EK 14

7. 3. 1908

Sscharf

z.b.V. 27

Hein Bruno Hirler Benedikt

8. 4. 1902

Sscharf

z.b.V. 27

Jach Fredy

16.7. 1922

Uscharf

z.b.V. 27

Kleinöder Wilhelm

25. 5. 1891

Sscharf

z.b.V. 27

31. 12. 1901

Hscharf

Stab

17. 1. 1910

Oscharf

z.b.V. 27

Knittel Otto Kohlbrecher Hans

Angehörige der Einsatzgruppe H

SS-Unterführer und Mannschaften Köhler Wilhelm

10. 1. 1916

Kriwat Erich

18. 3. 1912

Sscharf

EK 14

Kunze Willi

14. 5. 1910

Oscharf

z.b.V. 15

Landau Felix

21. 5. 1910

Hscharf

EK 13

Langer Edmund

Uscharf

SK 7a

29. 10. 1914

Oscharf

z.b.V. 27

7. 4. 1911

Hscharf

EK 13

Leukefeld Paul

2. 11. 1910

Hscharf

SK 7a

Ley Heinrich

7. 12. 1912

Oscharf

SK 7a

Lust Ludwig

13. 9. 1909

Hscharf

z.b.V. 27

Leker Konrad

Malkowsky Erwin

24. 11. 1910

Oscharf

SK 7a

Maurer Josef

25. 10. 1908

Hscharf

SK 7a

6. 12. 1906

Scharf

Möhrwald Franz

30.7. 1907

Hscharf

Museiko August

26. 2. 1912

Scharf

Melchior Walter

Nehring Otto

z.b.V. 27 EK 13 z.b.V. 27

14. 10. 1913

Oscharf

EK 14

Ott Alfred

21. 5. 1916

Oscharf

Stab

Petzold Werner

13. 4. 1912

Oscharf

SK 7a (SPF Turč. Sv. Martin)

Rädler Josef

13. 9. 1911

Oscharf

EK 13

Rauch Johann

19. 6. 1917

Hscharf

z.b.V. 27

Rogall Augustin

27. 8. 1907

Sscharf

z.b.V. 15

Rüdiger Alfred

12. 4. 1920

Sscharf

EK 14

Ruhnke Walter

26. 12. 1912

Uscharf

SK 7a

Scholten Hans

13. 12. 1914

Oscharf

z.b.V. 27

Spatzek Gottfried Fritz

11. 10. 1920

Uscharf

SK 7a

Speyrer Otto

27.12. 1909

Hscharf

SK 7a

Szalay Josef

22. 11. 1905

Hscharf

Stab

Theimer Rudolf

26. 12. 1913

Oscharf

z.b.V. 27

14.7. 1912

Hscharf

EK 14

Tollkühn Karl Wannert Ernst

24. 9. 1913

Oscharf

SK 7a

Wehrfritz Wilhelm

14. 5. 1908

Hscharf

EK 14

Weiß Silvester

27. 11. 1925

Mann

EK 13

Zipprich Adolf

23. 10. 1908

Hscharf

SK 7a

329

330

Anhang

Ortsnamen (slowakisch – deutsch) Im folgenden Ortsverzeichnis werden alphabetisch alle slowakischen Städte und Gemeinden, die in der vorliegenden Studie erwähnt wurden, mit ihrer deutschen Bezeichnung genannt. Slowakisch

Deutsch

Abramová Bánovce nad Bebravou Banská Bystrica Banská Štiavnica Bardejov Bat’ovany (h. Partizánske) Bratislava Brezno nad Hronom (h. Brezno) Brezová pod Bradlom Bytča Čadca Cech (h. Malinová) Chvojnica Čierny Balog Dobšiná Dolný Turček (h. Teil v. Turček) Donovaly Drietoma Dubnica nad Váhom Gajary Gajdel (h. Kl’ačno) Gbely Gelnica Handlová Hlohovec Horná Súča Ilava Ilija Janova Lehota Kálnica Kežmarok Kl’ak Košice Kostol’any Kováčová Kremnica Kremnička Krupina Kysucké Nové Mesto Lakšárska Nová Ves Levice Levoča

Abrahamsdorf Banowitz Neusohl Schemnitz Bartfeld k. A. Pressburg/Preßburg Bries/Briesen Birkenhain Bitscha Tschadsa Zeche Fundstollen Schwarzwasser Dobschau Unter-Turz Donnerswald k. A. Dubnitz an der Waag Gayring Gaidel Egbell Göllnitz Krickerhau Freistadtl k. A. Illau Sankt Egidien Drexlerhau k. A. Käsmark Kleck Kaschau Kostolan k. A. Kremnitz k. A. Karpfen Kischützneustadt Laxarneudorf Lewenz Leutschau

Ortsnamen (slowakisch – deutsch) Liptovský Svätý Mikuláš (h. Liptovský Mikuláš) Lovinobaňa Lubina Malacky Michalovce Modra Myjava Námestovo Nemčice Nemecká Nemecké Pravno (h. Nitrianske Pravno) Nitra Nová Baňa Nováky Nové Mesto nad Váhom Oslany Ostrý Grúň Piešt’any Pohronský Bukovec Polomka Poprad Považská Bystrica Prešov Prievidza Púchov Rudno Ružomberok Senica Sered Skalica Sklené Slovenská L’upča Spišská Nová Ves Stará L’ubovňa Stará Turá Štubnianske Teplice (h. Turčianske Teplice) Sučany Svätý Kríž nad Hronom (h. Žiar nad Hronom) Tatranská Lomnica Tisovec Topol’čany Trenčín Trnava Trstená Turčiansky Svätý Martin (h. Martin) Valaská Belá Vrútky Vyhne Vyšehradné (h. Teil v. Nitrianske Pravno)

Liptau-Sankt-Nikolaus k. A. k. A. Malatzka Großmichel Modern Miawa k. A. k. A. Deutschdorf an der Gran Deutsch-Proben Neutra Königsberg k. A. Neustadt an der Waag k. A. k. A. Pistyan Wuggawitz k. A. Deutschendorf Waagbistritz Preschau Priwitz Puchau Rudain Rosenberg Senitz k. A. Skalitz Glaserhau Slowakisch Liptsch Zipser Neudorf Altlublau Altturn Bad Stuben k. A. Heiligenkreuz an der Gran Tatralomnitz Theißholz Topoltschan Trentschin Tyrnau k. A. Turz-Sankt Martin k. A. Ruttek Eisenbad/Eisenbach Majzel

331

332

Abkürzungen

Žarnovická Huta (h. Teil v. Žarnovica) Žilina Zlaté Moravce Zvolen

k. A. Sillein Goldmorawitz Altsohl

Abkürzungen AA ABS Abs. Abt. AdR AKPR

Auswärtiges Amt Archiv bezpečnostních složek [Archiv der Sicherheitsorgane] Absatz Abteilung Archiv der Republik Archiv Kanceláře prezidenta republiky [Archiv der Kanzlei des Präsidenten der Republik] AM SNP Archív Múzea Slovenského národného povstania [Archiv des Museums des Slowakischen Nationalaufstands] AMV Archiv ministerstva vnitra [Archiv des Innenministeriums] Anm. Anmerkung ARS Arhiv Republike Slovenije [Archiv der Republik Slowenien] Art. Artikel AVNOJ Antifašistični svet narodne osvoboditve Jugoslavije [Antifaschistischer Rat der Nationalen Befreiung Jugoslawiens] Az. Aktenzeichen BArch Bundesarchiv Bd. Band BDC Berlin Document Center BdS Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD BG Bezirksgericht BGH Bundesgerichtshof Bl. Blatt BMI Bundesministerium des Inneren BStU Der Beauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik CIC Counter Intelligence Corps CROWCASS Central Registry of War Crimes and Security Suspects CSR/CSSR Tschechoslowakei DP Deutsche Partei DNSAP Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei ebd. ebenda EG Einsatzgruppe EK Einsatzkommando ET Einsatztruppe ff. folgende FS Freiwillige Schutzstaffel

Abkürzungen FStN Gestapo gez. GG GP HG HJ Hptm. HS Hscharf HSL’S HSSPF Hstuf HVHG IfZ IKRK IMT IPN k. A. Kap. Kdo. KdP KdS KL Korück Kripo KVG KVK KZ LA LA LG LS/L’S MfS MG MLS MS MV MZA NA NARA NS NS NSDAP NSDStB OA o. D. Ogruf. OKH

333

Forschungsstelle Nachkriegsjustiz Geheime Staatspolizei gezeichnet Grundgesetz Generalprokuratur Hlinkova garda [Hlinkagarde] Hitlerjugend Hauptmann Heimatschutz Hauptscharführer Hlinková slovenská l’udová strana [Hlinkas Slowakische Volkspartei] Höherer SS- und Polizeiführer Hauptsturmführer Hlavné velitel’stvo Hlinkovej gardy [Hauptkommando der Hlinkagarde] Institut für Zeitgeschichte Internationales Komitee vom Roten Kreuz Internationaler Militärgerichtshof Instytut Pamięci Narodowej [Institut für Nationales Gedenken] keine Angabe Kapitel Kommando Karpatendeutsche Partei Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD Konzentrationslager Kommandant des rückwärtigen Armeegebietes Kriminalpolizei Kriegsverbrechergesetz Kriegsverdienstkreuz Konzentrationslager Landesarchiv Leitabschnitt Landgericht Lidový soud/L’udový súd [Volksgericht] Ministerium für Staatssicherheit Militärgericht Mimořádný lidový soud [Außerordenliches Militärgericht] Ministerstvo spravedlnosti [Justizministerium] Ministerstvo vnitra/vnútra [Innenministerium] Moravský zemský archiv [Mährisches Landesarchiv] Národní archiv [Nationalarchiv] The National Archives and Records Administration Národný súd [Nationalgericht] nationalsozialistisch Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund Oberabschnitt ohne Datum Obergruppenführer Oberkommando des Heeres

334 OLG OLS Oscharf OSS ÖStA Ostubaf Ostuf PA AA Pg. PK POHG POŽ Ref. RF-SS RSHA RuSHA S. SA ŠA SB Scharf SD SED Sg. Sipo SK slow. SNA SNP SNR SOA SOE SP SS Sscharf SSO SSR StA Staf Stapo StB/ŠtB StGB STL StPO Stubaf TNA Tsch.

Abkürzungen Oberlandesgericht Okresný l’udový súd [Bezirksvolksgericht] Oberscharführer Office of Strategic Services Österreichisches Staatsarchiv Obersturmbannführer Obersturmführer Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes Parteigenosse Parteikorrespondenz Pohotovostné oddiely Hlinkovej gardy [Bereitschaftsabteilungen der Hlinkagarde] Pohotovostné oddiely žandárstva [Bereitschaftsabteilungen der Gendarmerie] Referat Reichsführer SS Reichssicherheitshauptamt Rasse- und Siedlungshauptamt Seite Sturmabteilung Štátny archív [Staatliches Archiv] Sonderbehandlung Scharführer Sicherheitsdienst Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Signatur Sicherheitspolizei Sonderkommando slowakisch Slovenský národný archív [Slowakisches Nationalarchiv] Slovenské národné povstanie [Slowakischer Nationalaufstand] Slovenská národná rada [Slowakischer Nationalrat] Státní oblastní archiv [Staatliches Gebietsarchiv] Special Operations Executive Stützpunkt Schutzstaffel der NSDAP Sturmscharführer SS-Officer-Akte Slovenská socialistická republika [Slowakische sozialistische Republik] Staatsanwaltschaft Standartenführer Staatspolizei Státní bezpečnost/Štátna bezpečnost’ [Staatssicherheit] Strafgesetzbuch Staatspolizeileitstelle Strafprozessordnung Sturmbannführer The National Archives tschechoslowakisch

Abkürzungen UNWCC ÚŠB Uscharf Ustuf vgl. VHA WBB WL WStLA YVA z.b.V. zit. ZSt

United Nations War Crimes Commission Ústredňa štátnej bezpečnosti [Staatssicherheitszentrale] Unterscharführer Untersturmführer vergleiche Vojenský historický archiv [Militärhistorisches Archiv] Wochenbefehlsblatt Wiener Library Wiener Stadt- und Landesarchiv Yad Vashem Archives zur besonderen Verwendung zitiert Zentrale Stelle

335

336

6ORZDNHL 6WlEHGHUHLQ]HOQHQ.RPPDQGRVGHU(LQVDW]JUXSSH+

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'(876&+(6 REICH

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3527(.725$7 %g+0(181'0b+5(1

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5XåRPEHURN  7UHQþtQ  1HPHFNp3UDYQR 

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81*$51 1LWUD  %UDWLVODYD 

DEUTSCHES REICH

     

6RQGHUNRPPDQGRD (LQVDW]NRPPDQGR (LQVDW]NRPPDQGR ]E9.RPPDQGR ]E9.RPPDQGR ]E9.RPPDQGR

Slowakei 1944

7DWU/RPQLFD 

3ULHYLG]D 

I

.HåPDURN 

Quellen- und Literaturverzeichnis Das folgende Verzeichnis ist in Archive, Quelleneditionen und Sekundärliteratur gegliedert. Es werden ausdrücklich nur solche Titel bzw. bei den Archiven solche Bestände genannt, aus denen in der vorliegenden Arbeit zitiert wurde. Bei den Archiven ist in runden Klammern die in den Fußnoten verwendete Kurzform angegeben. Bei Quelleneditionen und Sekundärliteratur wird bei der ersten Erwähnung im Text der ganze Titel angeführt, weiterhin wird wie folgt zitiert: Nachname des Autors (bei mehreren Autoren nur der erste), Erscheinungsjahr und die Seitenzahl. Falls mehrere Titel eines Autors im selben Jahr erschienen, wird nach dem Erscheinungsjahr ein a, b oder c hinzugefügt (z. B. Schvarc 2006a). Internetquellen und die wenigen Artikel aus Zeitschriften und Zeitungen sind in der jeweiligen Fußnote vollständig zitiert und werden von daher in diesem Verzeichnis nicht gesondert aufgeführt.

Archive Archiv bezpečnostních složek [Archiv der Sicherheitsorgane] (ABS Praha) – 52: Výpovědi zaměstnanců Gestapa a SD [Aussagen von Gestapo- und SD-Angehörigen] – 107: Sbírka písemností útvarů SS na území Protektorátu [Schriftensammlung der SSFormationen auf dem Gebiet des Protektorats] – 135: Různé německé bezpečnostní složky [Verschiedene deutsche Sicherheitsorgane] – 144: Alexandrijský archiv – mikrofilmy [Alexandria Archiv – Mikrofilme] – 301: Vyšetřovací komise pro národní a lidový soud při MV [Untersuchungskommission für das National- und Volksgericht beim Innenministerium] – 302: Hlavní správa Vojenské kontrarozvědky [Hauptverwaltung der militärischen Spionageabwehr] – 325: Správa vyšetřování StB – vyšetřování válečných zločinců [Untersuchungsabteilung der StB – Ermittlung von Kriegsverbrechern] – H: Operativní svazky – Historický fond [Operative Bände – Historischer Bestand] – S: Sbírka různých písemností [Sammlung verschiedener Schriftstücke] – S/2 (215): Různé bezpečnostní spisy ze Slovenska [Verschiedene Sicherheitsakten aus der Slowakei] – 2 M: Archiv bývalého politického zpravodajství MV [Archiv des ehemaligen politischen Nachrichtendienstes des Innenministeriums] – Z: Mapy zpráv zpracované Studijním ústavem MV [Durch die Studienabteilung des Innenministeriums bearbeitete Berichtsmappen] – Jmenná kartotéka [Personenkartei] Archiv Kanceláře prezidenta republiky [Archiv der Kanzlei des Präsidenten der Republik] (AKPR Praha) – KPR Kancelář prezidenta republiky [Kanzlei des Präsidenten der Republik] – T 2506/48 Retribuční soudnictví [Retribution]

338

Quellen- und Literaturverzeichnis

Archív Múzea Slovenského národného povstania [Archiv des Museums des Slowakischen Nationalaufstands] (AM SNP Banská Bystrica) – IX Nemci na Slovensku [Die Deutschen in der Slowakei] 1939–1945 Arhiv Republike Slovenije [Archiv der Republik Slowenien] (ARS Ljubljana) – SI AS 1931, Republiški sekretariat za notranje zadeve Socialistične republike Slovenije [Republiksekretariat für innere Angelegenheiten der Sozialistischen Republik Slowenien] Bundesarchiv (BArch) – B 162 Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg – N 756 Nachlass Wolfgang Vopersal – NS 19 Persönlicher Stab Reichsführer-SS – R 58 Reichssicherheitshauptamt – R 70/Slowakei Polizeidienststellen in der Slowakei – ehem. BDC (SSO-, RuSHA- und PK-Akten) – ehem. NS-Archiv MfS Depot Central d’Archives de la Justice Militaire – Militärgericht Metz Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) – MfS, HA IX/11 (Aufklärung von Nazi- und Kriegsverbrechen) – MfS, HA XX (Staatsapparat, Kultur, Kirche, Untergrund) Hessisches Hauptstaatsarchiv – Abt. 468 Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Wiesbaden Institut für Zeitgeschichte (IfZ München) – Datenbank „Verfolgung von NS-Verbrechen“ – Eich Protokolle und Dokumente des Prozesses gegen Adolf Eichmann – MA Mikrofilme Instytut Pamięci Narodowej [Institut für Nationales Gedenken] (IPN Warszawa) – Ermittlungsakten Bezirksgericht Lodz – Ermittlungsakten Bezirksgericht Lublin Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg – F 178/2 Staatsanwaltschaft Konstanz Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigsburg – EL 317 III Staatsanwaltschaft beim Landgericht Stuttgart: Ermittlungssachen zu NSGewaltverbrechen, Schwurgerichtssachen Landesarchiv Berlin (LA Berlin) – B Rep. 031–02–01 Entnazifizierungsstellen Berlin (West) – Spruchkammer I – B Rep. 057–01 Generalstaatsanwaltschaft bei dem Kammergericht/Arbeitsgruppe RSHA

Quellen- und Literaturverzeichnis

339

– B Rep. 058 Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Berlin – C Rep. 301 Stadtgericht Berlin – C Rep. 375–01 Ministerium für Staatssicherheit der DDR, Abteilung IX/11, NS-Sondersammlung – Teil Berlin Moravský zemský archiv v Brně [Mährisches Landesarchiv in Brünn] (MZA Brno) – Mimořádný lidový soud [Außerordentliches Volksgericht] Brno Národní archiv [Nationalarchiv] (NA Praha) – 828 Ministerstvo vnitra, Londýn [Innenministerium, London] – 836 Státní rada, Londýn [Staatsrat, London] – 850/0/10 (ehem. AMV 316): Norimberský soud – čs. komise pro vyšetřování válečných zločinců [Nürnberger Gericht – tschechoslowakische Kommission zur Ermittlung von Kriegsverbrechern] 1946–48 – 1005/0/8 (ehem. AMV 114): Úřad říšského protektora v Čechách a na Moravě [Amt des Reichsprotektors in Böhmen und Mähren] – 1075/5 Ministerstvo vnitra – referát L [Innenministerium – Referat L] – 1464 (ehem. AMV 110): Německé státní ministerstvo pro Čechy a Moravu [Deutsches Staatsministerium für Böhmen und Mähren] – Československá vládní komise pro stíhání nacistických válečných zločinců (nezpracováno) [Tschechoslowakische Regierungskommission zur Verfolgung von nationalsozialistischen Kriegsverbrechern (unbearbeitet)] – Generální Prokuratura (nezpracováno) [Generalprokuratur (unbearbeitet)] Niedersächsiches Landesarchiv, Staatsarchiv Oldenburg – Rep. 946 Staatsanwaltschaft Oldenburg Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik (ÖStA, AdR) – Bundesministerium des Inneren Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes (PA AA) – Akten Inland II Geheim – Handakten Ritter, Slowakei Slovenský národný archív [Slowakisches Nationalarchiv] (SNA Bratislava) – Ministerstvo vnútra [Innenministerium] 1939–1945 – Národný súd [Nationalgericht] 1945–1947 Staatsarchiv Hamburg – 213–12 Staatsanwaltschaft Landgericht – Nationalsozialistische Gewaltverbrechen (NSG) Státní oblastní archiv v Praze [Staatliches Gebietsarchiv in Prag] (SOA Praha) – Mimořádný lidový soud [Außerordentliches Volksgericht] Mladá Boleslav Štátny archív v Banské Bystrici [Staatliches Archiv in Banská Bystrica] (ŠA Banská Bystrica) – Okresné l’udové súdy a L’udové súdy [Bezirksvolksgerichte und Volksgerichte] 1945– 1948

340

Quellen- und Literaturverzeichnis

– Státní zastupitelství [Staatsanwaltschaft] Banská Bystrica 1919–1949 Štátny archív v Bratislave [Staatliches Archiv in Bratislava] (ŠA Bratislava) – Okresné l’udové súdy a L’udové súdy [Bezirksvolksgerichte und Volksgerichte] 1945– 1948 The National Archives (TNA London) – Copies of captured records of the German, Italian and Japanese Governments (GFM) – Records of Special Operations Executive (HS) – War Office (WO) The National Archives and Records Administration (NARA) – RG 498, Records of Headquarters, European Theater of Operations, United States Army (World War II) USC Shoah Foundation Institute for Visual History and Education – Videotaped interviews Vojenský historický archiv [Militärhistorisches Archiv] (VHA Praha) – Slovenská armáda [Slowakische Armee] Wiener Library in London (WL London) – Eyewitness accounts Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA) – Volksgericht Wien Zentrale österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz in Wien (FStN Wien) – Datenbank zur Strafverfolgung von NS-Verbrechen in Österreich – 19.061 Strafverfahren gegen Alois Brunner Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen (ZSt Ludwigsburg) – Zentralkartei

Quelleneditionen Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik 1918–1945, Serie E 1941–1945, Bd. VIII 1. 5. 1944 bis 8. 5.1945, Göttingen 1979. Hoensch, Jörg K. (Hrsg.): Dokumente zur Autonomiepolitik der Slowakischen Volkspartei Hlinkas, München-Wien 1984. Hradská, Katarína (Hrsg.): Holokaust na Slovensku 8. Ústredňa Židov (1940–1944), dokumenty [Der Holocaust in der Slowakei 8. Die Judenzentrale (1940–1944), Dokumente], Bratislava 2008. Jech, Karel/Kuklík, Jan/Mikule, Vladimír (Hrsg.): Němci a Maďaři v dekretech prezidenta republiky. Studie a dokumenty 1940–1945 [Deutsche und Ungarn in den Dekreten des Präsidenten der Republik. Studien und Dokumente 1940–1945], Brno 2003. Kamenec, Ivan/Prečan, Vilém/Škorvánek, Stanislav (Hrsg.): Vatikán a Slovenská republika 1939–1945. Dokumenty [Der Vatikan und die Slowakische Republik 1939–1945. Dokumente], Bratislava 1992 [zit. Kamenec 1992b].

Quellen- und Literaturverzeichnis

341

Nižňanský, Eduard (Hrsg.): Holokaust na Slovensku 6. Deportácie v roku 1942, Dokumenty [Der Holocaust in der Slowakei 6. Die Deportationen im Jahre 1942, Dokumente], Bratislava 2005 [zit. Nižňanský 2005a]. Nižňanský, Eduard (Hrsg.): Holokaust na Slovensku 7. Vzt’ah slovenskej majority a židovskej minority (náčrt problému), Dokumenty [Der Holocaust in der Slowakei 7. Die Beziehung der slowakischen Mehrheit zu der jüdischen Minderheit (Problemskizze), Dokumente], Bratislava 2005 [zit. Nižňanský 2005b]. Noelle, Elisabeth/Neumann, Erich Peter (Hrsg.): Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1958–1964 (Bd. 3), Bonn 1965. Noelle, Elisabeth/Neumann, Erich Peter (Hrsg.): Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1965–1967 (Bd. 4), Bonn 1967. Noelle-Neumann, Elisabeth/Piel, Edgar (Hrsg.): Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie 1978–1983 (Bd. 8), München u. a. 1983. Prečan, Vilém (Hrsg.): Slovenské národné povstanie. Dokumenty [Der Slowakische Nationalaufstand. Dokumente], Bratislava 1965. Prečan, Vilém (Hrsg.): Slovenské národné povstanie, Nemci a Slovensko 1944. Dokumenty [Der Slowakische Nationalaufstand, die Deutschen und die Slowakei 1944. Dokumente], Bratislava 1971. Rüter, Christiaan F. u. a. (Hrsg.): Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen (Lfd. Nr. 148–191), Bd. V, Amsterdam 1970. Rüter, Christiaan F. u. a. (Hrsg.): Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen (Lfd. Nr. 547–569), Bd. XIX, Amsterdam 1978. Rüter, Christiaan F. u. a. (Hrsg.): DDR-Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung ostdeutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen. Die Verfahren Nr. 1031– 1061 der Jahre 1965–1974, Bd. II, München 2002. Schvarc, Michal (Hrsg.): Sicherheitsdienst a Slovensko v rokoch 1938–1944. Slovenský štát vo vybraných správach SD od jesene 1943 do septembra 1944 [Der Sicherheitsdienst und die Slowakei in den Jahren 1938–1944. Der slowakische Staat in ausgewählten Berichten des SD von Herbst 1943 bis September 1944], Bratislava 2006 [zit. Schvarc 2006c]. Suško, Ladislav (Hrsg.): Das Deutsche Reich und die Slowakische Republik 1938–1945. Dokumente, Band I., Buch 1. Von München bis Salzburg 1938–1940, Dokumente und Essay, Bratislava 2008. Šutaj, Štefan/Mosný, Peter/Olejník, Milan (Hrsg.): Prezidentské dekréty Edvarda Beneša v povojnovom Slovensku [Die Präsidentendekrete des Edvard Beneš in der Nachkriegsslowakei], Bratislava 2002.

Sekundärliteratur Altenhöner, Florian: Der Auslandsnachrichtendienst des SD und die Erklärung der slowakischen Unabhängigkeit am 14. März 1939, in: Zeitschrift für Geschichte 57 (2009), S. 811–832. Angrick, Andrej: Besatzungspolitik und Massenmord. Die Einsatzgruppe D in der südlichen Sowjetunion 1941–1943, Hamburg 2003. Auerbach, Hellmuth: Die Einheit Dirlewanger, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 10 (1962), S. 250–263. Auerbach, Hellmuth: Konzentrationslagerhäftlinge im Fronteinsatz, in: Benz, Wolfgang u. a. (Hrsg.): Miscellanea. Festschrift für Helmut Krausnick zum 75. Geburtstag, Stuttgart 1980, S. 63–83.

342

Quellen- und Literaturverzeichnis

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Tóth, Dezider (Hrsg.): Tragédia slovenských židov. Materiály z medzinárodného sympózia, Banská Bystrica 25.–27. marca 1992 [Die Tragödie der slowakischen Juden. Materialien des internationalen Symposiums, Banská Bystrica 25.–27. März 1992], Banská Bystrica 1992. Tóth, Dezider: Represálie nacistov a příslušníkov POHG proti židovskému obyvatel’stvu na Slovensku v rokoch 1944–1945 [Repressalien von Nationalsozialisten und Angehörigen der POHG gegen die jüdische Bevölkerung in der Slowakei in den Jahren 1944– 1945], in: Zudová-Leškova, Zlatica (Hrsg.): Židé v boji a odboji. Rezistence československých Židů v letech druhé světové války [Juden in Kampf und Widerstand. Der Widerstand tschechoslowakischer Juden in den Jahren des Zweiten Weltkriegs], Praha 2007, S. 105–120. Ullrich, Christina: „Ich fühl’ mich nicht als Mörder“. Die Integration von NS-Tätern in die Nachkriegsgesellschaft, Darmstadt 2011. Venohr, Wolfgang: Aufstand für die Tschechoslowakei. Der slowakische Freiheitskampf von 1944, Hamburg 1969. Vodička, Karel: Die Zigeuner des Monsignore Tiso. Roma-Verfolgung im „Schutzstaat“ Slowakei 1939–1945, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 53/1 (2004), S. 46– 82. Welzer, Harald: Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden, Frankfurt/Main 2006. Widmann, Peter: Juden und Judenfeindschaft in der Slowakei. Ein Konferenzbericht, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 7 (1998), S. 13–19. Wieland, Günther: Die Nürnberger Prinzipien im Spiegel von Gesetzgebung und Spruchpraxis sozialistischer Staaten, in: Hankel, Gerd/Stuby, Gerhard (Hrsg.): Strafgerichte gegen Menschheitsverbrechen. Zum Völkerstrafrecht 50 Jahre nach den Nürnberger Prozessen, Hamburg 1995, S. 98–123. Wildt, Michael: Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes, Hamburg 2008. Wilhelm, Hans-Heinrich: Die Einsatzgruppe A der Sicherheitspolizei und des SD 1941/42, Frankfurt/Main 1996.

Personenregister Achenbach, Ernst 313 Aigner, Josef 325 Altmann, Hermann 59, 209, 306 ff., 325 Amann, Hermann 57, 328 Ambrosy 79 Amthor, Heinz 57, 142, 208, 284, 325 Andresen, Otto 287 Antonescu, Ion 31, 43 Arndt, Friedrich 325 Baatz, Bernhard 270 Badekow, Reinhard 210, 325 Baider, Karl 325 Barciak, Martin 304 Bast, Gerhard 13, 56, 141, 168, 178–181, 209 f., 325 Bauer, Kornel 158 Bayer, Max 208, 325 Bäuml, Ernst 276 Beckers, Ludwig 50, 325 Behrendt, Franz 267 Beneš, Edvard 61 f., 225 Beňuška, Jozef 148 Berger, Gottlob 46, 48 f., 65, 69 f., 82, 136, 138, 145, 150, 164 f., 248 Berger, Richard 99 Biberstein, Ernst 265 Bieber, Julius 250 Bielesch, Guido 170 Billerbeck, Claudius 57 Binder, Maria 272 Blobel, Paul 28, 31, 265 Blom, Cornelius 111 Blume, Walter 265 Bock, Hans 163, 325 Bogendorfer, Friedrich 54, 93, 147 f., 157, 288, 304, 325 Böhme, Hans-Joachim 267 f. Böhrsch, Herbert 46, 50, 77, 104, 120, 124, 132 f., 143, 152, 165, 211, 288 f., 325 Bonigut, Hans 214, 328 Bradfisch, Otto 270

Brand, Paul 325 Braune, Werner 265 Bremer, Hans 57, 325 Brunner, Alois 89, 96–101, 248, 277, 282, 314, 316 Brunsberg, Ernst 214, 328 Bubeň, Oskár 158, 250 Burzio, Giuseppe 86 Carsten, Gerhard 267 Čatloš, Ferdinand 44 f., 142 Ceidler, Ján 168 Charvát, Ondrej 109 Čobrda, Vladimír Pavel 141 Cran, René 111 Crombach, Heinrich 325 Cubasch, Willi 325 Dadischeck, Wilhelm 289 f., 325 Dannel, Helmut 57, 111, 325 Deffner, Herbert 56, 115, 117 f., 156, 210, 246, 248, 325 Demjanjuk, John 260 Denk, Pavel 148 Dirlewanger, Oskar 63, 66 f., 72, 74, 111, 128 Doberschütz, Otto 58, 210, 247, 325 Dörhage, Hans 51, 289 ff., 304, 326 Dunand, Georg 87 Ďurčanský, Ferdinand 38, 249 Eckstein, Lea 93 Ehrlinger, Erich 46, 53 f., 58, 270 Eichmann, Adolf 31, 39, 97, 202, 262, 316 Eigenbrod, Georg 326 Engel, Alois 215 f., 328 Engelmann, Hans 215, 328 Erhardt, Karl 247 Erling, Eidem 87 Ewald, Karl Heinrich 94, 216, 328 Fabian 91 Fendler, Lothar 265 Ferencz, Benjamin 264 Fieck, Robert 79 f.

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Personenregister

Figas, Joachim 54, 245, 326 Filbert, Alfred 270 Fischer-Schweder, Bernhard 266 f. Fleischer, Karl Heinz 215, 328 Fleischmann, Gisi 101 Folkerts, Gerhard 326 Frank, Karl Hermann 43 f., 66, 78 f., 133 Frey, Dezider 99 Frohwann, Erich 51, 209 f., 326 Gallas, Vojtech 113 Galvánek, Bohdan 84 f. Gerbrich, Alois 57, 213, 216, 328 Gerke, Ernst 204 Geschke, Hans-Ulrich 204 Gidaly, Vít’azoslav 97, 99 Giesel, Werner 57, 209 f., 326 Gindel, Willi 50, 208, 326 Glaser, Helmut 58, 125, 162, 178 f., 181 ff., 210, 299, 310 f., 326 Gleixner, Karl 214 f., 328 Gmelin, Hans 48 Goebbels, Joseph 176 Golian, Ján 61 f., 78 ff., 170 Gombarčík, Heliodor 158, 250 Gombárik, Michal 152, 250 Göring, Hermann 176 Graf, Matthias 265 Graindl, Hans 328 Green, Holt 80 Gregor (Weiss), Alexander 101 ff. Grigár, Adolf 157 Gross, Hans 56, 247, 304, 326 Gross, Walter 56, 326 Grossmann, Hugo 99 Güssing, Rudolf 94 Haase, Walter 286 Häckel, Josef 96 Haensch, Walter 265 Hahn, Heinrich 94 f., 282 Hahn, Ludwig 57 Halama, Martin 94 Harms, Hans 54, 326 Harms, Harm Willms 267 Haruštiak, Pavel 109 Haššík, Štefan 91, 109, 136, 142, 145, 249 Hassler, Johann 56, 215 f., 221 ff., 328 Hauskrecht, Gustav 93 f., 249, 277 f., 282 Haussmann, Emil 265 Hawlat, Erwin 328

Heimbach, Lothar 54, 177 ff., 184 ff., 208 f., 245 f., 248, 291 f., 298, 326 Hein, Bruno 214, 328 Henlein, Konrad 160 Henschel, Wilhelm Karl 94 Hering, August 269 Herrmann, Fritz 300, 326 Hersmann, Werner 22, 57, 90 f., 111, 124 f., 128, 142, 178 f., 186 ff., 208, 245, 266 f., 276, 284 f., 292 f., 298, 326 Herzog, Jitzchak 85 Heuchert, Georg 211, 326 Heuser, Georg 12 f., 55, 63, 66, 74, 79, 116 f., 128, 130, 133, 143 f., 171, 178 f., 188 ff., 209 f., 246, 248, 276, 278 ff., 284, 293 f., 299, 326 Heydrich, Reinhard 19, 26, 194, 204, 234, 258, 266 Heyduk, Oswald 209, 294 f., 298, 326 Heyer, Otto 52, 326 Hickl, Johann 282 Himmler, Heinrich 26 f., 43 f., 64 ff., 68 f., 78 ff., 84, 103, 136, 163, 176, 186, 203 f., 206, 258, 266 Hirler, Benedikt 214, 216, 328 Hitler, Adolf 17 ff., 29, 32, 35, 38, 63, 67, 70, 73, 163, 176, 178, 182, 194, 199, 206, 208, 213 f., 236, 258, 262, 266, 297, 300 Hlubocký, Stanislav 109 Hochstetter, Johann 276 Hoffmann 134 Höfle, Hermann 48 f., 66, 68, 71 f., 79 f., 133, 146, 154, 163, 165 f., 248 Hoppe, Helmut 49 f., 83, 90 f., 98, 121 f., 126 f., 141, 143 f., 166, 196 f., 205, 224, 242 ff., 248, 326 Hora, Vojtech 117, 156 Horváth, Ivan 61 Hossbach, Johannes 56, 119, 211, 275, 281, 283, 285, 326 Hoth, Franz 58, 91 f., 131, 178 f., 191 f., 210, 299, 314, 326 Huber, Stefan 94 Hudec, Jozef 111 Hupfer, Heinz 326 Husák, Gustav 61 Ilges, Wolfgang 269 Inhofer, Andreas 56 Ištók, Timotej 147

Personenregister Jach, Fredy 215, 328 Jäger, Karl 270 Jagusch, Wolfgang 59 Jaskulsky, Hans 22, 53 f., 113, 147, 153, 167 f., 177 ff., 192–195, 245 f., 248, 276, 280, 326 Jelínek, Artur 99 Jentsch, Georg 79 f., 141, 326 Josko, Matej 61 Jost, Heinz 265 Juritsch, Josef 54, 210, 245, 326 Kaltenbrunner, Ernst 48, 78 f., 182 Kandzik, Anton 56 Karmasin, Franz 79 f., 160, 164 f., 169, 249, 277 Kaselow, Willi 326 Kemnitz, Erhard 57, 110, 157, 276 Kersten, Robert 94 Kiefer, Johann 118 Killinger, Manfred von 38 Kirchhof, James M. 109 Klatt, Robert 57, 128, 209, 326 Kleinöder, Wilhelm 213 f., 328 Klesniak, Juraj 119 Klinčík, Ladislav 117 Klingelhöfer, Waldemar 265 Kmet’ko, Karol 141 Knittel, Otto 216, 328 Knollmayer, Franz 96, 250, 282 Kočiš, Aladár 136, 249 Köhler, Wilhelm 216, 329 Koenen, Hans 50, 245, 326 Kohlbrecher, Hans 214, 328 Kolm, Emanuel 98 f. Kopcsa, Karl 94 Koslowski, Otto 51, 53 f., 98, 177 ff., 193– 196, 210, 234 f., 326 Krátký, Jaroslav 79 Kraus, Peter 59, 209 f., 326 Kreuzmann, Werner 267 Kriwat, Erich 329 Kröger, Walter 283, 285 f. Krogh, Christian 58, 208, 211, 326 Krüger, Heinz 56, 247, 283, 326 Kružlík, Karol 157 Kubala, Otomar 104, 145, 149–154, 249, 318 Kubik, Ludwig 96 Kundak, Ondrej 94

353

Kuntze, Gerhard 326 Kunze, Willi 215, 329 Kussack, Hans 57, 210, 326 Kvetňanský, Vojtech 97, 99, 101 Landau, Felix 158, 214–218, 245, 329 Landau, Jakob 217 Langer, Edmund 214 ff., 300, 329 Lansky, Egon T. 91, 101 Lednár, L’udovít 136, 249 Lehmann, Robert 58, 178 f., 193, 196 f., 327 Lehn, Paul 327 Leinwandter, August 94, 282 Leitgeb, Adolf 133 Leker, Konrad 216, 329 Lemberger, Adalbert 95 Lettrich, Jozef 61, 139 Leukefeld, Paul 329 Ley, Heinrich 329 Lichtneker, Alexander 116 Lienke, Gerhard 327 Ling, Hermann 209 f., 327 Liska, Walter 58 f., 178 f., 197 f., 209 f., 299, 306, 327 Löbel, Karl-Heinz 206, 210, 327 Lorenz, Werner 165 Lüdemann, Egon 57, 235 f., 245, 327 Ludin, Hanns Elard 43 f., 46, 48 f., 68, 70, 81, 85, 87, 138 f., 172, 248 Lukys, Pranas 267 Lust, Ludwig 214, 329 Mach, Alexander 35 f., 38, 136, 249 Magáth, Barnabáš 157 Mai, Otto 56 Maier, Maria 217 Malár, Augustín 45 Malkowsky, Erwin 215, 329 Markstein, Mikulas 288 Maurer, Josef 214 f., 329 Mayer, Paul 97 Medrický, Gejza 136, 249 Meier, August 270 Melchior, Walter 59, 214, 275, 278, 329 Meyer, Hermann 233 f., 327 Miloš, L’udovít 111 Möhrwald, Franz 216, 329 Mohr, Robert 270 Morávek, Augustín 40 Müller, Karl 327 Müller-Meiningen, Ernst 268

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Personenregister

Museiko, August 214 f., 329 Musmanno, Michael A. 264 Nagel, Heinz 88, 245 f., 327 Nageler, Viktor 46, 89, 151 f. Naumann, Erich 265 Nebe, Arthur 28 Nehring, Otto 215 f., 329 Nemsila, Jozef 116, 155 Neubecker, Martin 210, 234 f., 327 Nižňanský, Ladislav 67, 251 Nosske, Gustav 265 Novomeský, Ladislav 61 Ohlendorf, Otto 28, 263–266 Oláh, Ladislav 111 Olexa, Štefan 110 Osuský, Samuel Štefan 141 Ott, Adolf 265 Ott, Alfred 214, 329 Pape, Bernhard 22, 52, 132, 276, 278, 327 Pätoprstý, Ján 110 Paufler, Elmar 59, 137, 327 Pawlowski, Walter 68 Pet’ko, Jozef 117 Petzold, Werner 57, 213, 215, 329 Pfanner, Heinz 58, 314, 327 Pilko, Ján 110 Pius XII. 86 Plieth, Ernst 57, 327 Potrok, Rudolf 117 Pour, Jozef 94, 250 Preyer, Hans 56, 208, 247, 287, 304, 327 Prützmann, Hans 201 f. Pružinský, Mikuláš 136, 249 Pückler-Burghauss, Carl Friedrich Graf von 46 Quittner, Dezider 99 Rabe, Karl Hermann 22, 58 f., 76, 104, 148, 178 f., 198 ff., 209, 275, 282 f., 327 Radetzky, Waldemar von 265 Rädler, Josef 329 Ramrath, Wilhelm 55, 133, 246, 248, 327 Ramthun, Fritz 56, 118, 208, 247 f., 327 Rapp, Albert 270 Rasch, Otto 28, 265 Rauch, Johann 214 f., 329 Reik, Chaviva 111 Reiman, Ján 250 Ribbentrop, Joachim von 139 Richter, Georg 208, 327

Rimkus, Hans 54, 110 Rintelen, Josef 64 Ritter, Rudolf 78 Rogall, Augustin 214, 329 Rosák, Richard 111 Rosenberg, Adolf 102 f. Rosenzweig, Ladislav 99 Rosenzweig, Vojtech 99 Rüdiger, Alfred 329 Ruditz, Peter 282 Rühl, Felix 265 Ruhnke, Walter 329 Sakuth, Edwin 267 Sandberger, Martin 265 Schäfer, Oswald 270 Schenk, Arnost 57 Schmidt 80 Schmidt-Hammer, Werner 267 Schmitz, Karl 54, 76, 144, 155, 177 ff., 200 ff., 209 f., 327 Schmugge, Karl 287 Schönemann, Werner 13, 54, 88 f., 112 f., 209, 224, 244 f., 248, 271–275, 281, 283 f., 286 ff., 295 f., 299, 302 ff., 327 Schönfeld, Hans Werner 137, 327 Schöngarth, Eberhard 28 Scholten, Hans 329 Schröter, Walter 327 Schubert, Gotthard 59, 209, 282 f., 296, 298, 300, 327 Schubert, Heinz 265 Schulz, Erwin 265 Schumacher, Julius 327 Schwantzer, Gustav 94 Schwantzer, Robert 94 f., 161, 250 Šebesta, Mikuláš 99 Sedláček, Anton 244 Sehmer, John 80 Seibert, Willy 265 Seidler, Konrad 78 Seilinger, Hans 94, 282 Seilinger, Karl Georg 94 Seltsam, Gabriel 119 Sidor, Karol 36 Sirchich, Erich 94 Six, Franz 265 Šmidke, Karol 61 Šmigovský, Ján 143 Šnap, Michal 99

Personenregister Šoltés, Jozef 139 Sommerfeld, Helmut 327 Souhrada, Hynek 79 Spatzek, Gottfried Fritz 214 f., 329 Speyrer, Otto 329 Šrobár, Vavro 139 Stahlecker, Walter 28 Štefánik, Ivan 139 Steimle, Eugen 265 Stipkowich, Paul 217 Strauch, Eduard 265 Streit, Paul 54 Strippel, Arnold 255 Surgan, Franz 303 Susemihl, Helmuth 54, 57, 327 Szalay, Josef 215, 329 Tangermann, Heinz 13, 59, 208 f., 282 f., 286, 297, 327 Teichmann, Ludwig 59, 178 f., 202 f., 208, 210, 299, 310, 327 Tenzer, Peter 170 Thadden, Eberhard von 84 Thälmann, Ernst 63 Theimer, Otto 57 Theimer, Rudolf 13, 214 ff., 219 f., 282 f., 329 Thumser, Hans 151, 165 Thun-Hohenstein, Erwein 67, 80 Tidow, Wilhelm J. 57 Tiso, Jozef 7, 17, 32–35, 37 f., 43 ff., 61 f., 72, 74, 76, 84, 86 f., 131, 136, 138, 149, 249, 318 Tiso, Štefan 83, 136, 249 Tito, Josip Broz 309 Toelle, Hermann 59, 327 Tollkühn, Karl 214 ff., 220 f., 329 Tronnier, Georg 54, 327 Tuka, Vojtech 35, 37 f., 128, 136 Unselt, Hermann 327 Ursíny, Ján 61, 139 Viest, Rudolf 62, 71 f., 78 ff.

355

Vogl, Oskar 210, 327 Voigtländer, Georg 210, 328 Voigtländer, Rudolf 58 f., 210, 328 Volkmann, Otto 66 Völmle, Erich 50, 288, 328 Wachs, Alfons 210, 328 Wagner, Horst 85 Wannert, Ernst 169, 215, 329 Weber, Alfons 272 ff. Weber, Anna 272 Wehrfritz, Wilhelm 216, 329 Weidelener, Anton 208, 328 Wein, Johann 56 Weinmann, Erwin 46 Weinstein, Anton 208, 328 Weiß, Martin 269 Weiß, Silvester 6, 213, 215 f., 271–274, 284, 289, 329 Wenzlik 80 Wich, Robert 284 Wigotzki, Georg 328 Wildner, Karl 66 Wilfer, Kurt 211, 236 f., 328 Wilfert, Horst 121, 144, 328 Wisliceny, Dieter 39 f., 42, 81, 248 Witiska, Josef 7, 46, 48 f., 55, 59, 66, 68, 70– 73, 75 ff., 79 f., 83 f., 87, 89–92, 98, 100, 102 f., 106, 109 f., 112, 120 ff., 124 f., 127– 136, 138 f., 142–149, 152, 154, 163–169, 177–180, 196, 203–206, 209 f., 214, 304, 315 ff., 320, 327 f. Wittenmeyer, Friedrich 66 Worms, Günther 208, 300, 328 Zat’ko, Peter 139 Zietlow, Fritz 13, 57, 111, 208, 211, 285, 297 f., 328 Zims, Gustav 249 f. Zipprich, Adolf 329 Zvarová, Anna 250

Ortsregister Abramová 56, 330 Altötting 187, 292 Amstetten 179 Arolsen 271 Athen 191 Aubeln 196 Augsburg 66, 222 Augustow 56 Auschwitz / Oswiecim 25, 31, 41 f., 77, 82, 86, 89, 100–105, 161, 185, 193, 215, 261 f., 278, 291 Bad Düben 28 Bad Feilnbach 260 Bad Hersfeld 297 Bad Kissingen 197 Bad Orb 189 Bad Schmiedeberg 28 Bad Sulza 187 Banja Luka 187 Bánovce nad Bebravou 54, 57, 61, 115, 144, 155, 184, 213, 291, 326 ff., 330 Banská Bystrica / Neusohl 13–16, 21, 23, 34, 41, 46, 49, 53, 55 ff., 60 f., 67, 69–74, 78, 80 f., 89, 94, 104 ff., 111, 113–119, 127 f., 132 f., 143 f., 147 f., 156 f., 216, 246 f., 249 ff., 278 f., 325, 330 Banská Štiavnica / Schemnitz 46, 55 f., 113, 143, 171, 247, 287, 326 f., 330 Baranowicze 290 Bardejov 59, 330 Bat’ovany 55 ff., 330 Bayerisch Eisenstein 204 Bayreuth 182, 193 Belgrad 30, 179, 202 f., 215, 221, 310 Belzec 296 Berlin 7, 18–22, 26 f., 32, 40, 45–48, 50 f., 58 f., 64, 76, 78 f., 84 f., 87, 97 f., 122, 125, 141, 146, 161, 163, 165, 178, 180, 182, 184, 187 ff., 191–194, 196–202, 206 f., 211, 213, 222, 235 f., 243, 264, 268, 270, 280, 294 f., 297 f., 306, 317, 333

Bialystok 178, 184 ff., 209, 291 f. Bielefeld 184 f., 235, 290 f. Bingen 186 Bitburg 200 Bobruisk 210 Bochum 17, 193 Bonn 19, 184, 262 Borissow 200, 295 Bratislava / Pressburg 7, 13 f., 16, 21, 23, 32 ff., 36 f., 39–43, 46, 48–51, 53 ff., 58 ff., 62 f., 66–73, 75–94, 96–104, 106, 110–115, 117, 120 ff., 124–169, 171, 182, 191, 195, 236, 239 f., 242 f., 245–251, 277 f., 288 f., 291, 319, 330 Braunschweig 233 Bremen 63, 191, 233, 236 Breslau 196, 207 Brezno nad Hronom 14 f., 56, 71, 80, 114, 157 f., 250, 330 Brezová pod Bradlom 77, 330 Brünn / Brno 21, 27, 46, 53–56, 58, 66, 69– 73, 76 f., 83 f., 87, 89 f., 100, 102 f., 106, 112, 120 f., 130 f., 143, 145 f., 149, 165, 179 f., 194 f., 204, 226 f., 233 ff., 317 Brunsbüttelkoog 191 f. Brüssel 202, 209, 215 Buchenwald 161, 261 Budapest 46, 55, 66, 69–73, 76 f., 83 f., 87, 89 f., 100, 102 f., 106, 112, 120 f., 130 f., 143, 145 f., 149, 165, 215, 298, 317 Bukarest 298 Burghausen 204 Bytča 21, 34, 60, 113, 136, 330 Čadca 113 Calw 255, 257 Cech / Zeche 63, 330 Česká Lípa 227 České Budějovice 227 Cheb 227, 232 Chelm 219, 220 Chrudim 227

Ortsregister Chvojnica / Fundstollen 63, 330 Čierny Balog 113, 330 Cochem 31, 307 Dachau 81, 96, 161, 195, 198, 234, 261, 306 Darmstadt 12, 18 f., 175, 180, 187, 191, 195, 254, 297, 307 Demmin 300 Den Haag 20, 30, 230, 312 Dessau 297 Dischingen 221 Dnjepropetrowsk 209 Dobšiná 61, 330 Dolný Turček 114, 118, 330 Donovaly 14, 16, 60, 71, 78, 110, 114, 330 Dora 261 Dortmund 184, 271–275, 281, 283 f., 290 Dresden 27, 196 Drietoma 110, 330 Drohobycz 217 f. Drontheim 209 Dubrowka 210 Dubnica nad Váhom 54, 110, 112 f., 330 Duisburg 186 Düsseldorf 187, 194, 203, 206 Eisenach 198 f. Emslandlager 261 Erfurt 186 Essen 34, 270, 279 Euskirchen 31, 191 Flossenbürg 79, 261 Frankfurt am Main 17 f., 20, 26, 57, 89, 110, 174, 176, 186 f., 193, 255, 262, 264, 276, 290 Frankfurt an der Oder 202 Freiburg 20, 22, 43, 113, 288 Friedberg 186 Fürstenberg 54 Gajary 57, 330 Gajdel 56, 63, 168, 330 Gbely 57, 330 Gelnica 59, 330 Genf 192 Gerstetten 65 Gießen 290 f. Gladenbach 195 Glasenbach 204, 217, 243 Gmünd 181 Goslar 189 Gotha 201 Göttingen 19 f., 24, 44, 202, 216, 226, 270

357

Gottschee 179 Graz 20 f., 179 ff., 193, 203 f., 230, 301, 312 Groß-Rosen 261 Hamburg 17–20, 22, 58 f., 88, 94, 104, 199, 200, 207, 220 f., 234, 244, 275 f., 281, 283 f., 298, 300, 305, 307 f., 324 Handlová 56, 71, 133, 171, 330 Hannover 19, 199, 207, 254, 290 Heidelberg 20, 192, 254 Heilbronn 219 f. Hinzert 261 Hlohovec 56 f., 70, 147, 155, 242, 330 Hoffnungsthal 184 f. Hohensalza 200 f. Horná Súča 54, 330 Hradec Králové 227 Iglau / Jihlava 203, 227 Ilava 54, 71, 88 f., 104, 140, 330 Ilija 113 f., 330 Innsbruck 301, 314 Janova Lehota / Drexlerhau 271 ff., 330 Javoříčko 236 Jerusalem 262 Jičín 227, 237 Kairo 85 Kaiserslautern 189 Kálnica 156, 330 Karlsbad 184 Karlsruhe 270 Kassel 188, 194, 294 Kattowitz 77 Kežmarok / Käsmark 58 f., 198, 278, 327, 330 Kiel 191, 290, 313 Kiew 62, 187, 201, 209, 270, 298 Klagenfurt 181 f., 311 Kl’ak 106, 330 Klatovy 227 Koblenz 55, 63, 66, 74, 116 f., 180, 188 ff., 276, 280, 284, 293 f., 299 Köln 17, 179, 184 f., 187, 244, 252, 269, 295 Königsberg 185, 188, 201, 295 Konitz 57, 187 Konstanz 193, 276, 280 Košice 21, 330 Köslin 197 Kostol’any 56, 330 Kováčová 114 f., 119, 281, 283, 330 Krakau 46, 55, 58 f., 66, 69–73, 76 f., 83 f., 87,

358

Ortsregister

89 f., 100, 102 ff., 106, 112, 120 f., 130 f., 137, 143, 145 f., 149, 165, 169, 182 f., 191, 197 f., 209, 214 f., 317 Krasnodar 184 Kremnica / Kremnitz 46, 54 ff., 71, 107, 118 f., 163, 247, 272, 327, 330 Kremnička 12, 111, 114–118, 156, 246, 250, 317, 330 Krems 189 Kremsmünster 138 Krsko 180 Krumpendorf 183 Krupina 56, 116, 330 Küstrin 94 Kutná Hora 227 Kysucké Nové Mesto 60, 113, 330 Lakšárska Nová Ves 145, 330 Landsberg 265 Lauenburg 197 Leipzig 20, 207, 242, 263 Lemberg 7, 48, 62, 178, 204 f., 209, 214 f., 217 f., 294, 298 Lepel 297 Levice 157, 330 Levoča 21, 59, 61, 331 Liberec 227 Lidice 204 Lindau 56, 222 Linz 21, 180, 217, 282, 301, 304, 314 Liptovský Svätý Mikuláš 57, 213, 326, 328, 331 Litoměřice 20, 227 Ljubljana / Laibach 179–183, 310 f. Lodz 307 London 12, 21, 61, 81 f., 92, 99, 161, 225, 301 Lovinobaňa 56, 331 Lübeck 235 Lubina 109, 331 Lublin 41 f., 178 f., 197 f., 209, 214, 217, 219, 296 f., 306 Ludwigsburg 20 ff., 42, 55 f., 60, 74, 93 f., 98, 100, 113, 184 f., 187, 190, 193, 204, 206, 221, 251, 254 f., 259 f., 268 f., 275–278, 285, 294, 314, 322, 324 Ludwigshafen 189 Lünen 272, 284 Majdanek 42, 185, 255, 296 Malacky 56, 331 Mannheim 189

Marburg 195, 215, 296 Marburg an der Drau 203 Marienberg 219 Marseille 314 Mauthausen 31, 81, 161, 244, 261 Melk 81 Memel 186, 209, 266, 293 Metz 30, 179, 191 f., 221, 312, 314 Michalovce 39, 59, 296, 327, 331 Minsk 188, 190, 209, 215, 290, 293 f. Mladá Boleslav 227, 234 f. Modra 56, 58, 331 Moravská Ostrava 227 Moskau 28, 61, 225, 296, 300 Most 227 Mühlhausen 198 München 17 f., 20, 24, 32 f., 67, 89, 105, 111, 191, 202 f., 206, 210, 212, 216, 220, 222, 260, 262, 270 f., 275 ff., 281, 283 ff., 289 f., 294 f., 298 Münster 180, 200, 221 Mutterstadt 189 Myjava 54, 56 f., 109, 169, 331 Námestovo 57, 110, 157, 331 Nancy 58, 191 f., 314 Natzweiler-Strutthof 261 Nemčice 108, 331 Nemecká 12, 114, 116 ff., 156, 246, 250, 279 f., 317, 331 Nemecké Pravno 55, 71, 168, 171, 331 Neuengamme 261, 307 New York 278 Nikolajew 298 Nitra / Neutra 34, 39, 46, 54–57, 69 f., 88, 91, 141 ff., 148, 151, 156 ff., 163, 216, 245 f., 250, 326, 331 Nová Baňa 56, 331 Nováky 40 f., 56, 63, 96, 331 Nové Mesto nad Váhom 54, 109, 156, 327, 331 Nový Jičín 227 Nowa Osada 296 Nürnberg 20, 40, 48, 81, 187, 230, 232, 263– 266, 271, 304 f., 312, 322 Öhringen 219 f. Oldenburg 20, 22, 157, 276, 288, 324 Olmütz / Olomouc 160, 217, 227 Opava 21, 196, 227 Oppeln 296

Ortsregister Oranienburg 244, 261 Orel 199 Orscha 200 Oslany 56, 331 Osnabrück 197 f. Ostrý Grúň 106, 331 Paris 43, 191, 313 f. Petrikau 209, 307 f. Piešt’any / Pistyan 54, 93, 147 f., 157, 288, 325, 331 Pilsen 21, 195, 199, 204, 227, 243, 304 Písek 227 Plaszow 104 Pohronský Bukovec 78, 331 Polomka 80, 331 Poniatowa 296 Poprad 41, 59, 331 Posen 178, 192, 220 Potsdam 215, 225, 300 Považská Bystrica 54, 60, 113, 156, 326, 331 Prag / Praha 14, 16 f., 20, 22 f., 27, 40, 42–46, 49 f., 54–57, 63, 65–73, 76–80, 83 f., 87, 89 f., 92, 96–103, 106–122, 124, 130 f., 133, 141, 143–147, 149 f., 155, 157 f., 160 ff., 164 f., 168, 188, 194–197, 199, 204 ff., 215 f., 225, 227 f., 230 f., 233–237, 240 ff., 244 ff., 248–251, 277 f., 287, 300, 317, 324 Prešov 21, 34, 39, 58 f., 104, 137, 331 Pretzsch 28 f., 220 Prievidza 55 ff., 111, 115, 141 f., 325, 331 Proedlitz 60 Prüm 200 f. Púchov 54, 113, 331 Radom 209, 217, 307 Radomsko 198 Radzyn 297 Ranis 217 Ravensbrück 103 f., 261, 272 Recklinghausen 194 Regensburg 183, 294 f. Regulowke 39 Riesenburg 194 Riga 188, 220 f. Rohrbrunn 97 Rom 43, 180 Rostow 184 Rotenburg 199 Rowno 187, 209 Rudno 56, 331

359

Ružomberok / Rosenberg 34, 46, 55 f., 59 f., 70, 78, 139, 169, 171, 210, 331 Sachsenhausen 103, 261 Saloniki 290 Salzburg 32, 38 f., 183, 204, 243 Salzhausen 199 Samotschin 192 Schwerin 300 Seevetal 199 Senica 56, 58, 128, 331 Sered 5, 9, 15, 40 f., 47, 55, 57 f., 82–84, 86, 88 f., 91, 93, 95–106, 108, 124 f., 152, 154, 156, 158, 168, 250, 277, 314, 316, 319, 331 Skalica 56, 331 Sklené 14, 170 f., 331 Slonim 295 Slovenská L’upča 170, 331 Smolensk 222 Sobibor 220, 260 f. Sokal 209, 294 Solingen 278 Spielberg 180 Spišská Nová Ves / Zipser Neudorf 58, 59, 61, 286, 297, 327, 331 Stará L’ubovňa 59, 331 Stará Turá 57, 109, 331 Stavanger 191, 242, 244 Steinebach am Wörtsee 160 Stettin 178, 191, 197, 235 St. Pölten 179 Straßburg 30 Štubnianske Teplice / Bad Stuben 170, 331 Stuttgart 12, 65, 67, 94, 217 f., 277, 282, 297 f. Stutthof 261 Št. Vid 311 Sučany 77, 331 Svätý Kríž nad Hronom 56, 113, 331 Tábor 227 Taganrog 184 Tatranská Lomnica / Tatra-Lomnitz 59, 331 Theresienstadt / Terezín 42 f., 82, 95, 99, 102 f., 105, 251 Tilsit 28, 186 f., 209, 266, 268 f., 292 f. Tisovec 114, 331 Tivoli 191 Topol’čany 55 ff., 70, 88, 108, 111, 115, 126, 129 f., 141, 143, 151 f., 327, 331

360

Ortsregister

Torgelow 192, 194 Tosno 188 Traunstein 187, 292 Treblinka 42, 185, 261, 291 Třeboň 21 Trenčín / Trentschin 34, 54, 88, 91, 109 f., 144, 147, 153, 155, 157, 167 f., 185, 216, 244 ff., 303, 331 Triest 201, 307 Trnava / Tyrnau 14, 46, 58, 69 f., 82, 95, 99, 101, 140, 247, 325, 331 Trstená 57, 325, 331 Tunis 30, 191 Turčiansky Svätý Martin 44, 46, 54 f., 57, 60, 70, 108, 113 f., 118, 213, 326, 329, 331 Uelzen 202 Uherské Hradiště 57, 215 f., 227, 236 Ulm 186 f., 221, 263, 266, 268, 292 Uppsala 87 Valaská Belá 114, 331 Vancouver 282 Vatikan 34, 42, 85, 86 Veldes 182, 311 Vrútky 70, 331 Vyhne 40, 96, 331 Vyšehradné 56, 332 Wangen 221 Warschau 31, 43, 56, 67, 214 f., 218, 222, 300

Wasserburg 222 Weimar 186 f. Wien 13, 20 f., 24, 27, 32 f., 39 f., 46, 55, 58, 66, 69–73, 76 f., 79, 83 f., 87, 89 f., 94, 97 f., 100, 102 f., 106, 110, 112, 120 f., 128, 130 f., 143–146, 149, 162, 165, 180 ff., 191 ff., 197, 203, 206 f., 213, 217, 219, 245, 263, 271, 290, 295, 301–304, 314, 317 Wiener Neustadt 55 Wiesbaden 17, 190, 193, 198, 296, 300, 306, 309 Wuppertal 184, 194, 270, 275, 278 Würzburg 268 Zakopane 59, 104 Zamosc 209, 296 Zámrsk 21 Žarnovická Huta 56, 332 Zichenau 290 f. Žilina / Sillein 41, 46, 54, 56, 59, 61, 69, 75, 88 f., 112 f., 152, 163, 224, 244, 271, 287, 295, 302 f., 327, 332 Zlaté Moravce 56 f., 61, 111, 143, 285, 297, 328, 332 Znaim / Znojmo 191, 217, 227 Zvolen / Altsohl 46, 55 f., 71, 114 f., 119, 250, 281, 283, 326, 332 Zwardon 41

Informationen Zum Buch Im Spätsommer 1944 marschierte die deutsche Wehrmacht in die Slowakei ein; in ihrem Gefolge die neu aufgestellte Einsatzgruppe H. Ihr Auftrag: die „Endlösung der Judenfrage“ in der Slowakei zum Abschluss zu bringen. Erstmals schildert Lenka Šindelářová die Geschichte des slowakischen Volksaufstands und die Terrorherrschaft der Nationalsozialisten.

Informationen Zum Autor Lenka Šindelárová studierte an der Karlsuniversität Prag Geschichte, Philosophie sowie Deutsche und Österreichische Studien. Die vorliegende Studie wurde durch ein Stipendium des Bundesinstitutes für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa unterstützt.