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German Pages 235 [238] Year 2008
Studien und Texte zu Antike und Christentum Studies and Texts in Antiquity and Christianity Herausgeber/Editor: Christoph Markschies (Berlin) Beirat/Advisory Board Hubert Cancik (Berlin) · Giovanni Casadio (Salerno) Susanna Elm (Berkeley) · Johannes Hahn (Münster) Jörg Rüpke (Erfurt)
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Festrituale in der römischen Kaiserzeit herausgegeben von
Jörg Rüpke
Mohr Siebeck
Jörg Rüpke, geboren 1962; Professor für Vergleichende Religionswissenschaft an der Universität Erfurt; Koordinator des DFG-Schwerpunktprogramms 1080 „Römische Reichs- und Provinzialreligion“.
e-ISBN PDF 978-3-16-15 1347-3 ISBN 978-3-16-149710-0 ISSN 1436-3003 (Studien und Texte zu Antike und Christentum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2008 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gesetzt unter Verwendung von TUSTEP von Diana Püschel am Religionswissenschaftlichen Seminar der Universität Erfurt. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Held in Rottenburg gebunden.
Inhaltsverzeichnis
JÖRG RÜPKE Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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HUBERT CANCIK Auswärtige Teilnehmer an stadtrömischen Festen . . . . . . . . . 1 ‹Eine so große Menschenmenge von überall her› . . . . . . . 2 Nachbarn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Die Spiele auf den Münzen des M. Volteius M. f. (wohl 78 v. Chr.) 4 Ludi saeculares (17 v. Chr. bis 204 n. Chr.) . . . . . . . . . 5 Gesandtschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Zusammenfassung und Fragen . . . . . . . . . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5 5 8 10 11 14 16 17
JÖRG RÜPKE Kalender- und Festexport im Imperium Romanum 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . 2 Fasti im römischen Italien . . . . . . . . 3 Kalendersysteme im antiken Italien . . . . . 4 Die Verbreitung römischer Feste . . . . . . 5 Warum wurden nutzlose fasti produziert und zur 6 Was haben wir gelernt? . . . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . .
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19 19 19 22 24 28 31 32
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35 35 40 47 54 54 57
. . . . . . . . . . . . . . . Schau . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gestellt? . . . . . . . .
PETER SCHERRER Die Stadt als Festplatz: Das Beispiel der ephesischen Bauprogramme rund um die Kaiserneokorien Domitians und Hadrians . . . . . 1 Vorbemerkungen: Forschungsstand und Fragestellung . . . . 2 Das Bauprogramm der domitianischen Neokorie . . . . . . 3 Bauprogramme unter und für Traian . . . . . . . . . . . 4 Die zweite Neokorie unter Hadrian . . . . . . . . . . . . 5 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VI
Inhaltsverzeichnis
ANGELOS CHANIOTIS Konkurrenz und Profilierung von Kultgemeinden im Fest . . 1 Stimmen im Fest, Stimmung im Fest . . . . . . . . . 2 Die Feste des Epameinondas von Akraiphia: Innovation und Wettstreit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Die Bewunderung der Nachbarn . . . . . . . . . . . 4 Wettstreit mit der Vergangenheit . . . . . . . . . . . 5 Lokale Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . 6 Spontaneität und Steigerung . . . . . . . . . . . . . 7 Akklamatorische Epiklesen im Fest . . . . . . . . . . 8 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 67 . . . . 67 . . . . . . . .
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70 72 74 76 80 81 84 85
CHRISTIAN MILETA Die offenen Arme der Provinz: Überlegungen zur Funktion und Entwicklung der prorömischen Kultfeste der Provinz Asia (erstes Jahrhundert v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Die Vorgeschichte: Die städtischen Herrscherkulte sowie die panhellenischen Spiele der kleinasiatischen Poleis in hellenistischer Zeit 3 Einrichtung, Entwicklung und Charakter der städtischen prorömischen Kulte und Feste in der Provinz Asia . . . . . . . . . 4 Die Herausbildung der provinzialen prorömischen Kulte und Kultfeste von Asia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Charakter und Funktion der prorömischen Kultfeste der Provinz Asia 6 Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
102 109 112 112
PETER HERZ Überlegungen zur Geschichte des makedonischen Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . 1 Die alten Texte . . . . . . . . . . . . 2 Die neuen Texte . . . . . . . . . . . 3 Die Finanzierung der Feste . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . .
Koinon im . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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115 115 120 130 131
DIRK KOSSMANN Römische Soldaten als Teilnehmer 1 Vorbemerkung . . . . . . 2 Regelmäßige Feste . . . . 3 Unregelmäßige Feste . . . 4 Ausgestaltung der Feste . .
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von Festen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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dritten . . . . . . . . . . . . . . .
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89 89 92 97
VII
Inhaltsverzeichnis
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Gemeinsame Feiern von Soldaten und als Teilnehmer lokaler Feste . . . 6 Soldaten als Gegenstand von Feiern Bibliographie . . . . . . . . . . .
Zivilbevölkerung/Soldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
BABETT EDELMANN Pompa und Bild im Kaiserkult des römischen Ostens . . . 1 Die Prozession in Aigai 336 v. Chr. . . . . . . . . 2 Die Prozessionen von Gytheion, Oinoanda und Ephesos 3 Die Rolle des Theaters in der Prozession . . . . . . 4 Das Kaiserbild in der Prozession . . . . . . . . . . 5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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ALFRED SCHÄFER Religiöse Mahlgemeinschaften der römischen Kaiserzeit: Eine phänomenologische Studie . . . . . . . . . . . . . . 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Das Bel-Heiligtum von Porolissum . . . . . . . . . . . 3 Der Kultbezirk des Iuppiter Optimus Maximus Heliopolitanus von Carnuntum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Der Tempelbezirk für Liber und Libera in Carnuntum . . . 5 Das Dolichenum von Balaklawa auf der Krim . . . . . . 6 Votivgruben in einem Liber Pater-Heiligtum in Apulum . . 7 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ANNE-FRANC¸ OISE JACCOTTET Das bakchische Fest und seine Verbreitung durch Kult, Literatur und Theater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Eine politische Sache? . . . . . . . . . . . . . . . 2 Das bakchische Fest im Alltag . . . . . . . . . . . 3 Messalina und Crassus: Das bakchische Fest im historischen 4 Welchen Platz für das bakchische Fest? . . . . . . . . 5 Das bakchische Fest zwischen Orient und Abendland . . 6 Das bakchische Fest: Kult oder Kultur? . . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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148 150 150
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153 153 154 157 160 165 165
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169 169 170
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174 176 177 179 184 186
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. . . . . . . . . Bericht . . . . . . . . . . . .
Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammengestellt von Elisabeth Begemann
201 201 202 203 207 208 212 212 215
Einführung
von
JÖRG RÜPKE Große öffentliche Feste waren die Gelegenheit, zu der religiöse Kommunikation an einem Ort besonders intensiv und breitenwirksam wurde. Die ständig vorhandenen Zeichen – Kultstätten oder gar Kultstatuen, religiöse Rollen – wurden ins Licht gerückt, sie wurden für ein Fest im Jahr (oder mehrere) aktualisiert. Die Dramaturgie des Festes machte viele zu Akteuren, mehr Personen noch zu Zuschauern: Rituelle Elemente wie Schauspiele, Zirkusspiele oder Prozessionen ermöglichten eine solche Beteiligung für viele in Städten. Im Rahmen des Schwerpunktprogramms ‹Römische Reichsreligion und Provinzialreligion: Globalisierungs- und Regionalisierungsprozesse in der antiken Religionsgeschichte› nehmen die Beiträge dieses Bandes vor allem drei Problembereiche näher in den Blick. Zunächst geht es um den lokalen, regionalen oder überregionalen Charakter der verwendeten religiösen Zeichen. Es stellt sich die Frage nach Austauschprozessen, aber auch nach Reflexionen von politischen oder kulturellen Veränderungen im römischen Reich. Gerade im Fest erreichen religiöse Zeichen und die Kommunikation mit ihnen eine große Breitenwirkung, entsprechend können gerade hier solche Veränderungen besondere Bedeutung erlangen. Unter der in der gegenwärtigen Forschung verbreiteten Perspektive der ‹Polisreligion› stellt das Fest eine besonders wichtige Gelegenheit dar, Identität zu erzeugen. Diese unitarische Perspektive auf die Feier der Bürgerschaft wird durch eine komplexere Betrachtungsweise ersetzt: Im Hinblick auf den ins Ritual einbezogenen Raum wie die Teilnehmer stellen sich viele Feste keineswegs als einheitlich choreographierte Ereignisse dar. Spielraum besteht nicht nur für individuelle Interpretationen, sondern auch individuelles rituelles Handeln. Aber auch ganze Gruppen und politische Einheiten können in Konkurrenz zueinander treten; gerade die Beteiligung auch Fremder scheint viele Feste auszuzeichnen. Schließlich tritt das Fest nicht nur als Ereignis, als Norm oder Performanz, sondern auch in seiner medialen Reflexion in den Blick: Feste werden zum Gesprächsgegenstand, werden Gegenstand von Dichtung oder ‹antiquarischer› Literatur, werden auf Reliefs oder Münzen abgebildet oder über Kalender transportiert: Gerade die ersten Beiträge nehmen diese Seite des Themas in den Blick.
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Jörg Rüpke
Der Band nimmt seinen Ausgangspunkt beim römischen Zentrum. HUBERT CANCIK fragt zunächst nach auswärtigen Teilnehmern an stadtrömischen Festen, in der dichterischen oder historiographischen Fiktion wie in der Fallstudie der Saekularspiele oder am Beispiel der Institution der Gesandtschaften. Münzserien zeigen Möglichkeiten und das Interesse an der medialen Verbreitung, die in ihrer Beschränkung durchaus dem institutionell Greifbaren entspricht. Bewusst, so CANCIKs Resümee, steht im religiösen Bereich die ‹bloße› Attraktivität des Zentrums neben dem Ausbau überregionaler Strukturen im administrativen oder militärischen Bereich. Die Untersuchung römischer Kalender durch JÖRG RÜPKE richtet sich auf ein ganz anderes, überwiegend epigraphisches Material und kommt doch zu konvergenten Ergebnissen. Nicht die Ausbildung einer überregional einheitlichen Religion war das Ziel der graphischen Reproduktion eines detaillierten stadtrömischen Festkalenders. Vielmehr bot der Verweis auf die reichen städtischen Traditionen wie die Verknüpfung mit lokaler Geschichte etwa in Form von Beamtenlisten große Freiräume bei der Ausgestaltung der eigenen rituellen Praxis, die im Regelfall nicht mehr als den Anschluss an ausgewählte römische Formen suchte. Den Möglichkeiten eines größeren Ortes als Schauplatz von komplexen Ritualen wie den Impulsen, die sich aus dieser Nutzung für die urbanistische und architektonische Gestaltung ergeben, geht PETER SCHERRER in seinem Beitrag über Ephesus nach. Im Zentrum stehen die Jahrzehnte am Ende des ersten und zu Beginn des zweiten Jahrhunderts. Die Analyse schließt ebenso Prozessionsstraßen wie Austragungsorte für Spiele, die Positionierung von Tempeln wie die Gestaltung von Blickachsen und Fassaden ein. Als Ansporn wird der zwischenstädtische Wettbewerb und seine Ausrichtung auf den Kaiser als Schiedsrichter – durch die Verleihung von Neokorien an die Städte – deutlich. Deutlich wird aber auch, wie neben – und über – die Orientierung an exzeptionellen Festen die Gestaltung des alltäglichen Lebens- und Bewegungsraumes tritt. Ein überraschender Befund ist schließlich die Kurzfristigkeit von Bauwellen, für die sich ebenso kurzfristige ökonomische Motive zumindest nahe legen. Anhand von epigraphischen Quellen gelingt ANGELOS CHANIOTIS eine Nahaufnahme des Festes aus der Perspektive einfacher Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Vielfalt, Konkurrenz und Vielstimmigkeit, die dem Lärm und der Vielzahl der beteiligten Sinne verdankte Undurchschaubarkeit konkreter Festrituale wird sehr plastisch. Aus dieser Nahperspektive ergeben sich dann auch neue Eindrücke von der zeitgenössischen Wahrnehmung der Originalität und damit des Konkurrenzpotenzials griechischer Feste römischer Zeit. Zum Vergleichsmaßstab werden dabei ebenso Nachbarn wie vergangene Gestaltungen. Gerade lokale Traditionen können so wichtig und weiter profiliert werden – oder der spontanen Steigerung zum Opfer fallen. Geringer als ‹der größte› ist der eigene Gott nie. CHRISTIAN MILETA verschiebt den Fokus nach Osten, in die Provinz Asia, und in der Zeit zurück. In welchen Festformen wurde im ersten Jahrhundert
Einführung
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v. Chr. Rom in kleinasiatischen Städten thematisiert? Anknüpfungspunkte findet MILETA eher in überregionalen, panhellenischen Spielen, mit denen sich Städte in hellenistischer Zeit zu profilieren gesucht hatten, denn im jährlichen städtischen, zentral ausgerichteten Herrscherkult. Geht man den Institutionalisierungsprozessen im Einzelnen nach, zeigt sich, wie tief oft die Eingriffe waren, wie intensiv die Bemühung um die Thematisierung des neuen Herrschaftssystem im eigenen religiösen Zeichensystem waren. Erst in diesem Prozess gewinnt auch die Provinz Asia eine eigene religiöse Gestalt. In einem großen Sprung richtet sich die nachfolgende Analyse von PETER HERZ auf die Geschichte des makedonischen Koinons im dritten Jahrhundert n. Chr. Methodisch geht es hier um eine erneute Sichtung umfangreicher Inschriften aus Beroia und die Frage nach den Neokorien dieser Stadt wie der Nachbarstadt Thessaloniki. Der enge Vergleich der Dokumente lässt den institutionellen Rahmen besser hervortreten, lässt aber auch die Spielräume der einzelnen Organisatoren klarer erkennen. Vor allem anhand des Festkalenders des Feriale Duranum geht DIRK KOSSMANN der Teilnahme römischer Soldaten an Festen nach. Die prinzipielle Übereinstimmung dieses militärischen mit den bekannten zivilen Kalendern führt zum Aufweis von gemeinsamen Festbeteiligungen, im Rahmen von Festen der provinzialrömischen Administration wie rein lokalen Ereignissen. BABETT EDELMANN untersucht einzelne Prozessionsrituale im griechischen Osten und geht insbesondere dem religiösen Zeichen Kaiserbild und der Rolle von Theatern nach. Gerade letztere boten den Ort, die Kaiserbilder am besten zu inszenieren und so die virtuelle Präsenz des Kaisers zu realisieren und mit ihm in Kommunikation zu treten. Einzelnen rituellen Elementen geht auch der Beitrag von ALFRED SCHÄFER nach, der religiöse Bankette in den römischen Donauprovinzen in detaillierten archäologischen Analysen in den Blick nimmt. Wenn auch viele rituelle Details dem archäologischen Befund nicht mehr oder nicht mehr zweifelsfrei zu entnehmen sind, so lassen sich doch Spezifika der rituellen Gestaltung ausmachen, die Austauschprozesse nahe legen. Als Träger dafür treten Militärangehörige in den Blick, doch es ist gerade die enge Verbindung von Militärs und Zivilisten, die die Bankette dieses geographischen Raumes prägt und zu weiteren Forschungen anregt. Auch im letzten Beitrag des Bandes geht es um überregionale Austauschprozesse und lokale Inkulturationsprozesse. ANNE-FRANC¸ OISE JACCOTTET untersucht bakchische Feste und Festgestaltungen in römischen und vor allem stadtrömischen Kontexten. Die Vielfalt der Rezeptionen einzelner Elemente, ja ganzer Festgestaltungen steht in deutlichem Kontrast zum fehlenden traditionellen Ort dieses Kultes. Dennoch ist die Begegnung fruchtbar; die Professionalität dionysischer Techniten eröffnet neue Möglichkeiten ritueller Gestaltungen bis in den Kaiserkult und den Triumphzug hinein. Fasst man die Beiträge des Bandes zusammen, so haben sie wie andere ‹Probebohrungen› des Schwerpunktprogrammes keinen Nachweis für eine
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Jörg Rüpke
‹Reichsreligion› erbracht. Austauschprozesse, Homogenisierungen aber geraten immer differenzierter in den Blick. Eine Religionsgeschichte des römerzeitlichen Mittelmeerraums lässt sich nicht mehr ohne den Blick auf die überregionale Einbettungen regionaler und lokaler Entwicklungen schreiben. Dank gebührt für die Entstehung auch dieses Bandes der Deutschen Forschungsgemeinschaft, nämlich für die Finanzierung des zugrunde liegenden Kolloquiums. Das Augustinerkloster in Erfurt bot erneut einen angenehmen und inspirierenden Ort für die Arbeit. Franca Fabricius hat in gewohnter Sorgfalt die redaktionelle Arbeit an diesem Band koordiniert und zu großen Teilen selbst geleistet; Diana Püschel hat den Satz besorgt – mit dem Blick für Details, der durch große Routine möglich wird. Ohne die Bereitschaft der Beiträgerinnen und Beiträger aber, sich nach dem Kolloquium erneut mit dem Thema, mit ihren eigenen Texten und der Diskussion auseinanderzusetzen, wäre auch dieser Band nicht entstanden. Ihnen allen sei herzlich gedankt. Erfurt
Februar 2008
Auswärtige Teilnehmer an stadtrömischen Festen von
HUBERT CANCIK 1 ‹Eine so große Menschenmenge von überall her› 1.1 Drei Beispiele: Seneca, Sueton, Martial Zehn Gründe gibt es, schreibt Seneca aus Korsika an seine Mutter nach Rom, weshalb alle Menschen nach Rom wollen:1 a) Ehrgeiz, eine offizielle Verpflichtung, eine Gesandtschaft; b) Luxus, Wißbegier, Spektakel; c) Freundschaft und Leistungswille; d) käufliche Schönheit und käufliche Beredsamkeit. Die Menschen kommen aus ihren Städten, ihren Kolonien; aus dem ganzen Erdkreis strömen sie zusammen. Rom, schreibt der Verbannte, ist ‹die größte und schönste Stadt›. Sie versammelt so viele und so verschiedene Menschen, daß sie civitas communis − ‹Kosmopolis› genannt werden könnte. Der stoische Philosoph ist Moralkritiker, aber Modernist. Er rühmt die dekompositorische und zentripetale Kraft der Metropole. Er nennt die ‹Spektakel› zwischen ‹Wißbegier› und ‹Freundschaft› und denkt dabei vielleicht an tragische Dichtungen. Spektakel aller Art gab es genug in Rom. Sueton, der Verfasser einer Monographie ‹Über Schauspiele und Wettkämpfe› hat in seine Beschreibung des Lebens der Caesaren eine feste Rubrik ‹Spiele − Spektakel› eingeführt.2 Für den Divus Iulius registriert er folgende Veranstaltungen:3 Gladiatorenkämpfe, Wagenrennen, Athleten, Schiffsschlacht, Pyrrhichischer Tanz, Troiaspiel, venationes, Mimus, Spiele in allen Regionen der ganzen Stadt und zwar durch Schauspieler ‹aller Sprachen› (per omnium linguarum histriones), also sicher in Lateinisch, Griechisch und Oskisch: in welchen weiteren Sprachen?4 1
Sen. Helv. 6,2. In der Suda ist der Titel περιÁ θεωριωÄ ν καιÁ αÆ γω νων bezeugt. Während Tertullian (de spectaculis) die religiösen Ursprünge der Spiele betont, die Institutionen Theater, Amphitheater und Circus hypersakralisiert, bringt der Biograph Sueton überhaupt keine religiösen Spiele oder religiöse Motive in seiner Rubrik ‹Spektakel›. 3 Suet. Div. Iul. 39. Anlässe und Frequenz der Spektakel nennt Sueton nicht. 4 Etruskisch? Punisch? Zur Mehrsprachigkeit im alten Rom vgl. Suet. Aug. 89: Aufführung der Alten Komödie in Rom. − Auch für die augusteischen Spiele zitiert Sueton dieselbe Formel; die Spiele werden veranstaltet auch vicatim, also nach den Wohnquartieren, ac plu2
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Hubert Cancik
In der Kaiserzeit residiert eine reichsweit agierende Zentrale der Techniten in Rom.5 Der entsprechende Athletenverband (curia athletarum) wurde vielleicht von Domitian in Rom etabliert, als er den ‹Kapitolinischen Agon› einrichtete.6 Für die vielsprachige Bevölkerung der Stadt dürften mit Hilfe dieser oder entsprechender Organisationen ‹Schauspieler aller Sprachen› gefunden worden sein. ‹Zu allen diesen Schauspielen aber›, so beschließt Sueton die Spektakelrubrik seiner Caesarbiographie, ‹strömte von überall her eine so große Menge von Menschen zusammen, daß die meisten Ankömmlinge in Zelten, die man über die Quartiere oder die Straßen hin aufgestellt hatte, wohnten, und oft sehr viele wegen der Masse zerdrückt und entseelt wurden, unter diesen sogar zwei Senatoren›.7 Dies ist gewiß ein eindrückliches Zeugnis für antiken Massentourismus:8 Aber, wo ist ‹überall›? Von woher kamen die Menschen – aus ‹ganz Italien›, den Provinzen? Was suchten sie bei diesen Spektakeln? Nur wenig genauer sagt es Martial anläßlich der Einweihung des flavischen Amphitheaters.9 Auch die fernsten barbarischen Völker sind nach Rom gekommen: aus Thrakien und von den Nilquellen, Araber und Kilikier, Nordvölker und Äthiopier. Man sieht und hört im Colosseum die Ausdehnung des imperium und die Vielfalt seiner Völker: Zwar klingt verschieden die Stimme der Völker, doch ist sie eine, wenn du gerufen wirst wahrer Vater des Vaterlandes.
Die Selbstdarstellung des imperium und die Verehrung des Kaisers sind das politische Ziel der Veranstaltung und der Verse Martials.10 Gewiß gab es viele auswärtige Besucher: Allerdings sind die Ortsangaben mehr rhetorisch als geographisch. ribus scaenis − d. h. gleichzeitig auf mehreren Bühnen, per omnium linguarum histriones − also doch wohl auch für ein Publikum verschiedener Sprachen. 5 JORY 1970, 224–253; LEGA 1999, 245–246: ‹Nella zona di via Arenula, infatti, si deve forse collocare sede della corporazione romana dei τεχνιÄται›. 6 CALDELLI 1992, 75–87; SINN 1998. CHIOTTI 1993, 330: Lokal des Athletenverbandes bei den Traiansthermen auf dem Esquilin. Die überregionale Organisation dieser Synhodoi ist besonders bemerkenswert im Hinblick auf andere collegia und Kulte, die dezentral organisiert bleiben, s. Kap. 6. 7 Suet. Div. Iul. 39,4: ad quae omnia spectacula tantum undique confluxit hominum, ut plerique advenae aut inter vicos aut inter vias tabernaculis positis manerent, ac saepe prae turba elisi exanimatique sint et in his duo senatores. In der Parallelüberlieferung bei Plutarch und Cassius Dio finden sich keine Ergänzungen zu den suetonischen Angaben über Caesars Spiele und ihr Publikum. 8 Vgl. Cic. Sest. (56 v. Chr.) 129: Decrevit eodem tempore senatus, ut iis, qui ex tota Italia salutis meae causa convenerant, agerentur gratiae ... − Augustus, res gestae 10 (Wahlen zum Oberpontifikat): cuncta ex Italia ad comitia mea confluente multitudine quanta Romae nunquam fertur ante id tempus fuisse. 9 Martial, Liber spectaculorum 3. 10 Vgl. Calp. Sic. Ecl. 7: Quinquennia Neronis; der Hirt vom Lande bewundert in Rom die neronischen Spiele. − Aug. conf. 6,7,11–6,9,15: Alypius aus Nordafrika, zum Rechtstudium in Rom (vgl. Sen. Helv. 6: s. o., Kap. 1.1), besucht das Amphitheater.
Auswärtige Teilnehmer an stadtrömischen Festen
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1.2 Die Bestimmung des Themas Die drei zitierten Autoren lehren: Rom ist kein Wallfahrtsort, kein religiöses Zentrum. Unter den zehn Gründen, die Seneca für einen Besuch in Rom anführt, gibt es keinen religiösen Anlaß. Auch Sueton nennt in seinen Spektakelrubriken keines der den Historikern der römischen Religion so wichtigen Spiele für Apoll, Ceres, Iuppiter.11 Es gibt ja auch kein Orakelheiligtum in Rom, keine Wunderheilstätte, nicht einmal eine Filiale von Eleusis.12 Vielmehr gehen die Römer nach Praeneste und Antium, um die Orakel zu befragen; ihr Bundesheiligtum befindet sich auf dem mons Albanus, die neu ernannten Beamten opfern in Lavinium, die römischen Matronen wallfahren zu Diana Nemorensis nach Aricia. Wer aber kommt zu den Gräbern von Romulus und Remus? Kein Römer in den Kolonien oder Provinzen ist religiös verpflichtet, jährlich oder einmal im Leben die ‹Heilige Stadt› zu besuchen.13 Dagegen bestimmt das jüdische Gesetz:14 ‹Jeder ist zum Erscheinen verpflichtet ausgenommen ein Tauber, ein Blöder, ein Minderjähriger.› Und so sind denn um das Jahr 30 n. Chr. zum Wochenfest in Jerusalem Judäer ‹aus jedem Volke unter dem Himmel› versammelt: Parther, Meder, Elamiter, Mesopotamier, Kappadokier, Einwohner von Pontos und Asia, Phrygien und Pamphylien, Ägypten und Kyrene, Römer, Judäer und Proselyten, Kreter und Araber.15 Die Liste, die uns Lukas im zweiten Band seines Geschichtswerkes überliefert, zeigt an den auswärtigen Besuchern des Festes die Universalität der jüdischen und, in ihrem Gefolge, der christlichen Religion sowie die Bedeutung Jerusalems als des religiösen Zentrums. Die Vielfalt der Sprachen wird in einem Sprachenwunder zu einer neuen Einheit aufgehoben: All die verschiedenen Völker verstehen, ohne Dolmetscher, die Missionspredigt des Petrus. Ein Referat über auswärtige Besucher von stadtrömischen Festen kann nicht so schöne Texte beibringen. Sein Ziel aber ist es durchaus zu prüfen, welche Resonanz ein stadtrömisches Fest in der näheren und ferneren Nachbarschaft hat, welche Ausstrahlung, Reichweite, welchen ‹Bedeutungsüberschuß› die Zentrale mit einem Fest an die Umgebung weitergeben kann: wie der umgebende Raum sich in der Zentrale ‹repräsentieren› kann, wie die Nachbarn und alle Völker unter dem Himmel (Lukas), jedes, auch das fernste barbarische, Volk (Martial) sich in einem zentralen Fest zusammenfinden und, mit oder ohne Sprachenwunder, Größe und Gemeinsamkeit demonstrieren.
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Auch in den Theaterkapiteln der übrigen Kaiserviten nennt Sueton diese Spiele nicht: Suet. Aug. 43–45; Tib. 47; Cal. 18–20; Claud. 21 (ludi saeculares); Nero 11–13; Dom. 4 (ludi saeculares). 12 Zu dem Versuch, eine derartige ‹Filiale› einzurichten, vgl. Suet. Claud. 25,5. 13 Vgl. Kap. 4 zu der − unverbindlichen − Ansage der ludi saeculares. 14 Babylonischer Talmud, Traktat Hagiga (Festopfer), Mischna I 1. 15 Luk. Apg. 2.
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2 Nachbarn 2.1 Das Fest zum ersten Todestag des Anchises Ein Jahr nach dem Tode seines Vaters feiert Aeneas in Segesta (Sizilien) ein Fest zu seinem Andenken und organisiert den Kult für den divinisierten Toten. Die Erzählung im fünften Buch von Vergils Aeneis (5,42–603) ist eine Aitiologie für das ‹Troia-Spiel› (lusus Troianus) der Römer. Vergil soll sich überdies auf ein Fest beziehen, das Octavian für Iulius Caesar ausgerichtet habe.16 Jedenfalls bietet er in der Form eines heroischen Gedichtes, bei deutlicher Imitation der homerischen Leichenspiele für Patroklos, auch einen Einblick in die Festkultur der augusteischen Zeit. Das Fest für Anchises hat drei Teile: Ansage, Opfer, Wettkämpfe. Die Ankündigung findet in einer Versammlung der Dardaniden aus Troia und Segesta statt (coetus, concilium, contio); hier wird das Programm bekannt gegeben und alle eingeladen: cuncti adsint, das heißt alle Dardaniden sollen teilnehmen. Die Nachbarn werden nicht eingeladen; sie nehmen also auch an dem Opfer nicht teil. Aber das ‹Gerücht› und der gute Name der Veranstalter locken sie zu den Wettkämpfen. Bemerkenswert scheinen mir die informelle Einladung (fama) und die Trennung von sacrum und certamina, oder, wie Cicero in seinem Sakralgesetz sagt, von popularis laetitia und divum honor.17 Wenn also ‹ungeheure Menschenmassen› zu den ludi publici strömen, ist keineswegs sicher, daß alle des sacrum wegen gekommen sind. 2.2 Die Consualia des Romulus Das erste stadtrömische Fest sind, nach der Darstellung des Livius, die Consualia des Romulus:18 Romulus ludos parat Neptuno equestri sollemnes. Consualia vocat. Indici finitimis spectaculum iubet.
Diesmal werden die Nachbarn benachrichtigt. Indicere ist der lateinische, προλε γειν und περιαγγε λλειν der griechische Fachausdruck für die förmliche An16 Serv. Aen. 5,45: frequenter ... ad opus suum Vergilius aliqua ex historia derivat; nam sic omnia inducit, quasi divini honores solvantur Anchisae, quos constat Iulio Caesari tribuisse Augustum. − Welche Feier Servius meint, ist unklar: Vgl. WEINSTOCK 1971, 386 ff. 390 ff. (u. a. zu Livius 1,16: Romulus-Kult). 17 Cic. leg. 2,22: loedis publicis ... popularem laetitiam et cantu et fidibus moderanto eamque cum divum honore iungunto. − In der Spätantike verboten christliche Kaiser den römischen Kult, ließen die laetitiae jedoch bestehen. Diese ‹Saekularisierung› hat also eine lange Vorgeschichte, s. Kap. 6. 18 Liv. 1,9,6–13. Vgl. Cic. rep. 2,6,12; Dion. Hal. ant. 2,30–2,31; Plut. Romul. 14–15. Plutarch nennt unter seinen Quellen Fabius Pictor (HRR I 19). Die Consualia werden am 21. August und 15. Dezember gefeiert.
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kündigung und Einladung.19 Es kommen die Leute aus der nächsten Umgebung, von Caenina, Crustumina, Antemnae und die Sabiner mit Frau und Kind. Sie kommen, so die Darstellung bei Livius, nicht aus einem religiösen Bedürfnis, sondern weil sie neugierig sind, die neue Stadt und das Spektakel zu sehen. Deshalb nehmen sie auch nicht an einem Kultakt teil, weder für Consus noch für Neptun; laetitia popularis und divum honor sind auch hier deutlich getrennt.20 Die Nachbarn werden ‹in den Häusern› untergebracht, werden also hospites der Römer. Die Einladung bewirkt Gastrecht (hospitium), schafft ein Rechtsverhältnis auf Treu und Glauben (foedus, fas ac fides), das die Römer mit dem Raub der Sabinerinnen brechen.21 2.3 Die ersten ludi Romani (491 v. Chr.) Zur Wiederholung (instauratio) der ersten ludi Romani erscheinen auch zahlreiche Volsker, obschon zu dieser Zeit, am Anfang des fünften Jahrhunderts v. Chr., große Spannungen zwischen Römern und Volskern bestanden.22 Der Abschluß eines allgemeinen Festfriedens ermöglicht die Aufnahme sogar der Feinde in städtische hospitia.23 Als jedoch das Gerücht aufkommt, die Volsker planten einen Anschlag während des Festes, befiehlt ihnen der Senat durch Herolde, die Stadt zu verlassen. Durch ihren Abzug werden sie ‹allen, den (römischen) Bürgern, den Ausländern, so vielen benachbarten Völkern› zum Schauspiel und Gespött.24 Der Kreis der Teilnehmer an einem stadtrömischen Fest ist also bereits erheblich gewachsen. Dionys von Halikarnass, dem wir einen Parallelbericht zu der Darstellung des Livius verdanken, benutzt dieses Fest, um zu beweisen, daß die Römer ihrem Ursprung nach, nicht etwa durch späteren Kulturtransfer, Griechen sind. Er betont: ‹In diesen heiligen Tagen geschah vieles entsprechend den hellenischen Normen: Die Versammlungen und die Aufnahme der Fremden und die allgemeine Waffenruhe, was zu erzählen lange dauern würde.› In seinem Versuch, die römische mit der griechischen Religion zu vergleichen, beschränkt Dionys sich deshalb auf Festzug, Opfer und Wettkämpfe. So erfahren wir also nicht, was hier am meisten interessiert: Wer sind die Fremden 19
Dion. Hal. ant. 2,30: εë ορτηÁ ν προειÄπε καιÁ πανη γυριν; περιη γγελλεν ειÆ ς ταÁ ς εÍ γγιστα
πο λεις; vgl. Kap. 4.1.
20 Vielleicht deutet die Unterscheidung von ludi und spectaculum bei Livius auf diese Trennung. 21 Liv. a. O.: hospitium violatum. − Streit bei Festen: Liv. 2,18,2 (zum Jahre 501 v. Chr.); Cic. Planc. 30; Suet. Tib. 37,2; Tac. ann. 14,17 (zum Jahre 59 n. Chr.): Der Streit zwischen den Leuten von Nocera und Pompei. 22 Liv. 2,36–38. − Die ludi Romani werden vom 4.–19. September für Iuppiter gefeiert. 23 Dion. Hal. ant. 7,70–73; Livius erwähnt die Waffenruhe nicht. 24 Liv. 2,38,3: vos omnibus, civibus, peregrinis, tot finitimis populis spectaculo abeuntes fuisse?
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und Nachbarn? Wie haben sie von dem Fest erfahren? Gab es in Rom, wie in Griechenland, eine Festordnung, die unter Strafandrohung regelte, wer kommen mußte, wie befreundete Städte einzuladen und zu behandeln seien?25
3 Die Spiele auf den Münzen des M. Volteius M. f. (wohl 78 v. Chr.) Um das Jahr 78 v. Chr. prägte der Münzmeister M. Volteius M. f. in Rom eine einzigartige Serie von Denaren:26 V: Iuppiter R: Ludi Romani 4.–19. September. V: Hercules R: Ludi Plebei 4.–17. September. V: Liber R: Cerialia 12.–19. April. V: jugendl. Korybant R: Megalesia 4.–10. April. V: Apoll R: Ludi Apollinares 6.–13. Juli.
Tempel des IOM; M. VOLTEIUS Erymanthischer Eber; M. VOLTEIUS Ceres auf Schlangenwagen; M. VOLTEIUS Cybele auf Löwenwagen; M. VOLTEIUS S.C Dreifuß D.T; M. VOLTEIUS.
Die Deutung dieser Serie auf die großen jährlichen Theater- und Circusspiele in Rom hat THEODOR MOMMSEN begründet und MICHAEL CRAWFORD übernommen.27 Die Deutung stützt sich auf die Serienbildung, die allerdings nicht jedem Benutzer so vollständig vorlag wie dem antiken Münzmeister und dem modernen Sammler, und auf die Beischrift zu den ludi Apollinares: S C – D T. Das Kürzel wurde aufgelöst als stips collata dei thesauro und auf die besondere Finanzierung bezogen, die gerade für die ludi Apollinares bezeugt ist. Livius erzählt in seiner Geschichte vom Ursprung (origo) der ludi Apollinares, einem charakteristischem Stück antiker Religionsgeschichtsschreibung, daß die Spiele zum Teil vom Staat, zum Teil durch Spenden ‹der Privaten› finanziert worden seien.28 Wenn nun die Apollo-Münze auf Spiele zu beziehen ist, wird man diese Deutung auf die Serie ausdehnen dürfen. Die Emission könnte den Zweck gehabt haben, Spiele zu versprechen, die der Münzmeister als Aedil 25 Vgl. die Satzung für die Stiftung des C. Iulius Demosthenes von Oinoanda (Lykien; 124 n. Chr. von Hadrian bestätigt); griechischer Text, Übersetzung und Erläuterung bei WÖRRLE 1988, bes. 135–150. 26 CRAWFORD 1974, nr. 385/1–5. − Frau Ursula Böhmer danke ich für freundliche Hilfe in numismaticis. 27 MOMMSEN 1860, 620–621 Anm. 451. − FOWLER 1969 hat die Münzen nicht berücksichtigt. 28 Liv. 25,12,14: cum populus dederit ex publico partem, privati uti conferant pro se atque suis; der Praetor, der die Spiele veranstaltet, ediziert: ut populus per eos ludos stipem Apollini ... conferret. − Vgl. Paulus ex Festo p. 21 (LINDSAY) s. v. Apollinares ludi: ... stipe data pro cuiusque copia.
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oder Praetor dem Publikum ausrichten würde.29 Da die Münzen weit und besonders außerhalb Roms verbreitet waren, wäre das auswärtige Publikum für diese Ankündigung recht groß.30 Allerdings ist von M. Volteius nichts bekannt außer dieser Münzprägung. Und Spiele sind auf römischen Münzen, soweit ich das beurteilen kann, außerordentlich selten angekündigt; ihre Einrichtung ist nicht häufig erinnert.31 Eine zusammenfassende numismatische, theater- oder religionsgeschichtliche Arbeit zu diesem Thema ist mir nicht bekannt.32
4 Ludi saeculares (17 v. Chr. bis 204 n. Chr.) 4.1 Die Ankündigung Die ludi saeculares unterscheiden sich von allen anderen römischen Festen dadurch, daß sie nur einmal in einem saeculum begangen werden. Der Spruch der Sibylle, der die Grundzüge des Rituals festlegt, fordert deshalb ‹die Versammlung der ganzen Volksmenge›, der Männer und Frauen: ‹Allen Männern und Frauen, besonders aber den Frauen, sind Reinigungsmittel zu geben.› ‹Alle› sollen Gaben bringen den Unterirdischen und den Himmlischen.33 Dem Sibyllenspruch entsprechend fordern auch die Veranstalter der augusteischen Saekularspiele, daß ‹möglichst viele› kommen sollten, da keiner der jetzt Lebenden eine zweite Chance hätte; deshalb bekommen sogar die Männer Zutritt, 29
So CRAWFORD 1974, a. a. O.: ‹The intention is presumably to convey a promise of largitions in the future.› − Die curulischen Aedilen veranstalteten die ludi Romani und Megalenses, die plebeischen Aedilen die ludi plebei und Ceriales, der praetor urbanus die ludi Apollinares. 30 CRAWFORD 1974, 694, nimmt an, daß von einem Prägestempel ca. dreißigtausend Münzen geschlagen werden konnten; für die angeführten Münzen des M. Volteius zählt er insgesamt zweihundertdreißig Vorderseiten-Prägestempel, von denen demnach über sechs Millionen Stücke hätten produziert werden können. Vgl. die Übersicht, ebd. S. 696–707, Tafel LVIII: ‹Coinage and expenditure from 157 to 50 B. C.› 31 CRAWFORD 1974, nr. 260: T. Cloulius (128 v. Chr.) − Ähre (Kornspende); nr. 261: Cn. Domitius (128 v. Chr.) − Ähre/Mann kämpft gegen Löwen (largitio/venatio); nr. 346: C. Marcius Censorinus (88 v. Chr.) − Pferderennen (Anspielung auf die ludi Apollinares); nr. 348: L. Rubrius Dossenus (87 v. Chr.) − drei Denare mit Iuppiter, Iuno, Minerva und Wagen (vl. für ludi circenses; eher: Triumph); nr. 421: M. Nonius Sufenas (59 v. Chr.) − Denar mit Aufschrift: Sex. Nonius praetor ludos Victoriae primus fecit − sc. ludi Victoriae Sullanae, 27.10.–1.11; Sieg an der Porta Collina: 1.11.82, ludi scaenici et circenses. − M. Nonius: pr. 55; er erinnert die Spiele des Ahnen; nr. 423: C. Servilius C. f. (57 v. Chr.) − Denar: Kopf der Flora; Floralia primus (sc. fecit?) − Floralia: 28.4.–2.5.; seit 173 v. Chr.; im Circus Maximus. MATTINGLY 3, 1976: Hadrian 333 (Aureus: pl. 53,5; s. BOATWRIGHT, 1987, 121): DCCCLXXIIII nat(ali) urb(is) p(arilibus) cir(censes) con(stituti). 32 Vgl. KLOFT 1997. − Auf griechischen Münzen scheint die Darstellung von Agonen häufiger zu sein: s. LESCHHORN 1998, bes. 46–57: ‹Spiele auf lokalen Münzen der römischen Kaiserzeit› (Griechenland und Ostteil des imperium Romanum; 7450 Eintragungen). 33 Sibylle bei Phlegon, Über Langlebige (FGrHist nr. 257; verf. ca. 137 n. Chr.) 37,5 (= PIGHI 1965, 56 f.)
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die entgegen der lex über die Ehepflicht noch nicht verheiratet sind;34 und die Matronen, die einen Todesfall zu betrauern haben, können die Trauerzeit abkürzen.35 ‹Alle› sollen also kommen. Wer sind ‹alle›? Die römischen Bürger in der Stadt Rom? Alle Einwohner der Stadt? Auch Fremde und Unfreie? Alle römischen Bürger Italiens, des imperium Romanum? In Rom veranstaltet das zuständige Collegium, die XV viri sacris faciundis, eine Volksversammlung (contio). Sie geben mehrere Edikte heraus, mündlich, und da nicht alle sie verstehen, auch als öffentlichen Anschlag (in albo proponere).36 In diesen Edikten finden sich keine Hinweise darauf, daß sie auch außerhalb Roms verbreitet wurden. Eine Formel aus der allgemeinen Ankündigung ist in den drei heiligen Sprachen des Abendlandes erhalten: quos nec spectasset quisquam nec spectaturus esset;37 θε αν, ηÊν ουÍ τε προ τερον ειËδον ουÍ τε μεταÁ ταυÄ τα θεα σονται;38 de-hamei hamei; u-de-la hamei, la hamei.39
Bei den Saecularspielen des Claudius löste die Formel Spott aus, denn es lebten noch Schauspieler und Zuschauer, die an den augusteischen Spielen teilgenommen hatten.40 Die Einladung wurde verbreitet durch Herolde, Ausrufer, vermutlich auch durch Festbriefe41 und Anschläge. Zu den augusteischen Saekularspielen schreibt Zosimus, daß ‹allen› zu kommen ‹befohlen› wurde:42 Die Herolde gingen umher und befahlen, daß alle zu dem Feste (εë ορτηÄ ι) zusammenkommen sollten.
Wo sich die Herolde betätigen, ist nicht gesagt. Für die Spiele des Septimius Severus jedoch schreibt Herodian:43
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Comm. der august. Saekularspiele, Z. 50 ff. (= PIGHI 1965, 111 f.). Ebd. Z. 110 ff. (= PIGHI 1965, 115). 36 Comm. der augusteischen Saekularspiele (= ludi quinti): CIL VI 32323 = PIGHI 1965, 107 ff. 37 Suet. Claud. 21,2; vgl. Comm. lud. quint. Z. 54 f. (PIGHI 1965, 111): tali spectaculo nemo iterum intererit. 38 Zosimus, Nova Historia 5,1. 39 Aboda Zara 11b: ‹welcher es sieht, sieht es; und welcher es nicht sieht, sieht es nicht.› − Vgl. KRAUSS, Monumenta Talmudica V (1914 = 1972), Nr. 391. 40 Suet. Claud. 21,2; Plin. nat. hist. 7,49: Stephanio tanzte bei den augusteischen und den claudischen Spielen. 41 Das zweite Buch der Makkabäer beginnt mit zwei Festbriefen an die Juden in Ägypten. Der erste, verfaßt 124/123, empfiehlt ihnen die Feier des Festes Skenopagı´a (Chanukka) im Dezember; er lädt sie aber nicht nach Jerusalem ein. Der zweite Brief, eine Fiktion, empfiehlt den Juden, das Fest der Tempelreinigung, also Chanukka, in Ägypten zu feiern; sie werden nicht nach Jerusalem eingeladen. 42 Zosimus, Nova Historia 5,1. − Herolde: Varro, ling. Lat. 6,86. 87. 90–92. 43 Herodian 3,8,9–10 (= PIGHI 1965, 95). − διαϕοιταÄ ν κατα − ‹häufig hin- und hergehen, vorwärts und rückwärts›. 35
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Herolde also durchstreiften sowohl Rom als auch Italien; sie riefen aus, daß alle kommen und schauen sollten, was sie weder gesehen hatten noch sehen würden.
Die Ansage von religiösen Feiern, beispielsweise einer supplicatio oder von feriae, ‹in ganz Italien› (per totam Italiam) ist durchaus bezeugt. Sie wird von den Consuln, nicht von einem stadtrömischen Priestercollegium, organisiert und ist nicht mit einer Einladung nach Rom verbunden.44 4.2 Münzen Die Saecularspiele des Augustus und Domitian werden auch durch Münzprägungen in Gold und Silber sei’s angekündigt, sei’s erinnert.45 Diese Emissionen bilden, ähnlich wie die Münzen des M. Volteius, Serien. Sie zeigen die einzelnen Stationen dieses komplexen Rituals. Mehrere Münzen dieser Serien sind ausdrücklich mit ludi saeculares beschriftet; sie benennen überdies die kultischen Details mit sakraltechnischem Vokabular − Beispiel: Augustus suffimenta populo − und verbreiten so sehr beachtliche Details der Feier weit über Rom hinaus. Da die Münzen jedoch direkt zum Fest oder bald danach geprägt wurden und ausdrücklich ludos saeculares fecit im Perfekt schreiben, implizieren sie keine Einladung der auswärtigen Bürger in die Hauptstadt. Zu dem Fest prägt nicht nur die Münze in Rom, sondern auch mindestens eine Prägestätte in der Provinz. In Spanien, vielleicht in Corduba (Baetica), wurde im Jahr des Festes oder kurz danach (17 oder 16 v. Chr.) eine Goldmünze geprägt, die auf der Vorderseite den Kopf des Augustus, auf der Rückseite einen Altar mit Feuer zeigt.46 Auf dem Altar steht: LUDI SAECUL; ein togatus capite velato links neben dem Altar opfert Weihrauch; rechts steht eine auffällig gekleidete Gestalt, deren Deutung umstritten ist. Sie trägt ein fußlanges Gewand, auf dem Kopf eine Kappe mit zwei Federn, in der Rechten einen caduceus. Eine ähnliche Gestalt − ohne togatus und ohne Altar − erscheint auf einer Münze der Saecularserie Domitians: Sie trägt überdies in der Linken einen kleinen Rundschild.47 Die ältere Forschung sah in diesen Gestalten einen Herold (praeco), die jüngere einen Schauspieler (ludio).48 Die Münze aus Spanien würde demnach das sacrum saeculare, den Kult im engeren Sinne, durch den Togatus anzeigen, die Spektakel durch den ‹Spielmann›. Zweierlei scheint mir auffällig: a) Daß diese schöne Verdichtung des Programms der Saekularspiele nicht auf 44 Liv. 40,19,5: consules edixerunt, ut per totam Italiam triduum supplicatio et feriae essent. − Die Consuln werden das militärische Kommunikationsnetz benutzt haben. 45 Zu den Saecularspielen des Claudius und des Septimius Severus sind bei PIGHI keine Münzen nachgewiesen. 46 MATTINGLY 1, 1976: Augustus 431 (Aureus: pl. 10,4). − Worauf beruht die Datierung der Münze? Nur auf der Beziehung zur stadtrömischen Prägung? Könnte die Münze vor den Spielen geprägt sein? 47 MATTINGLY 2, 1976: Domitian 130 (Aureus: pl. 63,18); 133 (Silberdenar: pl. 64,1). 48 Vgl. PIGHI 1965, 73. − Vgl. CARLSON 1971/1972, 9–11. 16. 27–29. 34. − Abbildungen von ludiones sind bei PIGHI nicht nachgewiesen.
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einer stadtrömischen Münze erscheint; b) daß nur eine einzige Prägung bisher die überregionale Bedeutung eines Festes verbreitet, das sich doch seinem Gehalt nach und nach der Absicht der Veranstalter an ‹alle› richtet.
5 Gesandtschaften Unter den Gründen, die so viele Menschen nach Rom führen, nennt Seneca auch politische Verpflichtungen und eine Gesandtschaft (legatio). In der Tat lassen sich die Gesandtschaften als eine zwar kleine, aber deutlich faßbare Gruppe von auswärtigen Besuchern bei stadtrömischen Festen ausmachen. Sie nehmen an verschiedenen Veranstaltungen teil, jedoch niemals, soweit ich sehe, an den sacra bestimmter Feste. Die Gesandten konnten, auf Antrag und nach Erlaubnis durch den Senat, auf dem Kapitol den römischen Staatsgöttern opfern, Votivgaben aufstellen und ihrer Frömmigkeit und Loyalität durch Inschriften Ausdruck geben.49 So finden wir etwa in der area Capitolina, beim Tempel der Fides, eine lange Statuenbasis mit Danksagungen der Städte und Völker Kleinasiens in lateinischer und griechischer Sprache.50 Diese Frömmigkeitsakte beschränken sich jedoch, soweit ich sehe, auf die capitolinischen Staatsgötter, und sie stehen nicht im Zusammenhang mit stadtrömischen Festen. Die auswärtigen Gesandten in Rom wurden mit Circusspielen, Theater, Gladiatur und Tierhetze unterhalten. Caesar empfängt die Gesandtschaft des Hyrkanos; sie darf beim Kampf der Gladiatoren und Tiere zuschauen und vorn, bei den Senatoren, Platz nehmen.51 Augustus dagegen verbietet sogar den Legaten freier und verbündeter Völker, vorn in der Orchestra des Theaters zu sitzen, weil er unter ihnen Leute ertappt hatte, die nur Freigelassene waren. Die Selbstdarstellung der Ständegesellschaft im Theater war ihm wichtiger als die Ehre der Gesandten.52 Kaiser Claudius wiederum ließ die Gesandten der Germanen in der Orchestra sitzen mit denen der Parther und Armenier und bei den Senatoren.53 Unter Nero ist eine Delegation der Friesen in Rom.54 Sie werden, 49 Vgl. Liv. 36,35,12 (zum Jahre 191 v. Chr.): iis petentibus, ut sibi sacrificare in Capitolio donumque ex auro liceret ponere in aede Iovis O.M. permissum ab senatu. 50 DEGRASSI 1962, 415 ff. 445 ff.; vgl. REUSSER 1993, 138 ff. REUSSER datiert das Denkmal auf ca. 100 v. Chr./frühes erstes Jh., nicht zweites Jh. v. Chr., wohl sullanisch (ebd. 143 und 155). 51 Flav. Jos. ant. Iud. 14,10,6. 52 Suet. Aug. 44,1; Zusammenhang: die augusteische Theaterordnung. − Vgl. ebd. 43,4: parthische Geiseln beim Spektakel; vgl. Suet. Nero 13: Tiridates von Armenia. 53 Suet. Claud. 25,4. 54 Tac. ann. 13,54 (59 n. Chr.): (Frisii) ... inter ea quae barbaris ostentantur, intravere Pompei theatrum, quo magnitudinem populi viserent. illic ... advertere quosdam cultu externo in sedibus senatorum: et quinam forent rogitantes, postquam audiverant earum gentium legatis id honoris datum, quae virtute et amicitia Romana praecellerent, (Frisii) .... et inter patres considunt.
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offenbar nach einem festen und speziell für Barbaren ausgesuchten Programm, durch die Stadt geführt; schließlich betreten sie das Pompeius-Theater, damit sie dort die Größe des römischen Volkes besichtigen können. Die szenischen Spiele jedoch interessierten die Friesen weniger. Sie erkannten an der ausländischen Tracht Gesandte, die auf senatorischen Sitzen saßen, und nahmen deshalb ebenfalls zwischen den Vätern Platz.55 Im Jahre 154 n. Chr. schickten die Bürger von Ptolemais-Barca eine eigene Gesandtschaft nach Rom.56 Diese Gesandtschaft, angeführt von Valerius Pausanias, nahm teil an dem Gemeinschaftsopfer für das Volk: συνθυσι α υë πεÁρ τουÄ εÍ θνους. Während des Kapitolinischen Agons, der von Domitian nach dem Muster der panhellenischen Spiele eingerichteten musischen und gymnischen penteterischen Wettkämpfe, findet also ein gemeinschaftliches Opfer statt (συνθυ ειν), bei dem für das Wohl der jeweiligen Völker gebetet wird, offenbar zu Iuppiter Optimus Maximus. Es ist, im Hinblick auf die Entwicklung einer römischen ‹Reichsreligion›, sehr beachtlich, daß es ein griechischer Agon ist, nicht eines der alten stadtrömischen Feste, der den Rahmen abgibt für einen Kultakt, in dem sich die Völker des imperium Romanum auf dem Kapitol der Metropole vereinigen.57
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Vgl. Cass. Dio 68,15: Indi im Theater in Rom unter vielen anderen barbarischen Gesandtschaften; traianische Zeit. − In Konstantinopel werden diese Formen des diplomatischen Verkehrs fortgeführt und gesteigert: s. HEUKE 1994. Sogar ludi theatrales werden noch aufgeführt, so für König Amalrich von Jerusalem (1174 n. Chr.). Vgl. HELM 1932. 56 REYNOLDS 1978, 111–121; OLIVER 1979, 157–159: συνθυσι α υë πεÁρ τουÄ εÍ θνους αÆ ναÁ τοÁ ν αÆ γω Ä να. Der Brief des Kaisers Antoninus Pius an die Leute von Ptolemais-Barca, aus dem die oben referierten Daten stammen, lautet: ‹Imperator Caesar, des divus Hadrianus Sohn, des divus Traianus Parthicus Enkel, des divus Nerva Urenkel, Titus Aelius Hadrianus Antoninus Augustus, pontifex maximus, tribunizische Gewalt zum 17. Mal, Imperator zweimal, Consul viermal, Vater des Vaterlandes, den Bürgern von Ptolemais-Barca Gruß. Ich bin erstaunt, daß ihr, die ihr niemals in der voraufgegangenen Zeit eine Delegation geschickt und euch am Opfer beteiligt habt, nun zum ersten Mal eine Gesandtschaft zu dem Kapitolinischen Agon gesandt habt. Denn Ihr wißt wohl, daß die Einführung derartiger Neuerungen den Städten zur Rivalität Anlaß bietet. Nun, das gemeinsame Opfer für das Volk während des Agons hat also stattgefunden. Gesandter war Valerius Pausanias, dem das Reisegeld auszuzahlen ist, es sei denn, er habe verprochen, auf eigene Kosten zu reisen. Möge es Euch wohlergehn.› Vgl. WEISS 1998. 57 Ähnliche Vorgänge sind für die Provinz Nordafrica bezeugt. Als Kaiser Septimius Severus den Karthagern einen neuen pythischen Agon einrichtete, kamen mehrere Delegationen verschiedener Völker nach Karthago, um die Karthager zu beglückwünschen. Wahrscheinlich gab es bei dieser Gelegenheit ebenfalls gemeinsame Veranstaltungen und Opfer. Vgl. Tertullian, Scorpiace 6: Agonas istos, contentiosa solemnia et superstitiosa certamina Graecorum et religionum et voluptatum, quanta gratia saeculum celebret iam et Africae licuit. Adhuc Carthaginem singulae gentes gratulando inquietant donatam Pythico agone post stadii senectutem.
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6 Zusammenfassung und Fragen 1. Die Skizze über auswärtige Besucher von Festen, Spielen, Wettkämpfen in Rom, die hier entworfen wurde, umschreibt für die späte Republik und frühe Kaiserzeit die Resonanz, die ein lokales (stadtrömisches) Fest in der näheren und ferneren Nachbarschaft (regional; reichsweit, ‹universal›) gehabt hat. Es gibt verschiedene Anlässe für einen Besuch in Rom: die ‹Schaustücke› vor allem, Wettkämpfe, Spiele. Es kommen verschiedene Typen von Teilnehmern: Bürger, Nachbarn (Nicht-Bürger), Gesandte (Ausländer). Die Kommunikation der Veranstalter mit den erwarteten Teilnehmern geschieht durch mündliche Ansage, schriftlichen Anschlag, Münzen. Staatliche und private Inschriften erinnern diese konkreten Anlässe, Teilnehmer, Medien. Die Veranstaltungen werden reflektiert im historischen Epos (Vergil), in Historiographie (Livius, Sueton) oder antiquarischer Wissenschaft (Dionys, Sueton). Die hier vorgelegte Skizze trägt insofern zur Untersuchung der Frage bei, auf welchen Wegen und durch welche Medien die römische Religion sich verbreitet hat (Diffusion, zentrifugal) und mit welchen Mitteln sie an das Zentrum gebunden wird (zentripetal). 2. Die Stadt Rom ist Metropole, Haupt, Mitte, Zentrum des imperium, aber es ist offensichtlich (noch) kein religiöses Zentrum. Wenn Senecas anfangs zitiertes Zeugnis zutrifft, kommt niemand nach Rom, um das Grab des Stadtgründers zu besuchen, die Große Mutter auf dem Palatin oder die demetrische Dreiheit am Aventin zu verehren. Die deutliche Trennung von sacra und spectacula schon in den frühesten der hier zusammengestellten Quellen fügt sich gut zu diesem Befund. Die Nachbarn aus Latium und dem Sabinerland wollen die Lustbarkeiten sehen, nicht am Kult teilnehmen.58 Die Kaiser veranstalten, nach Sueton, Spektakel, Spiele, Wettkämpfe aller Art: Religiöse Feste haben in seinen vitae Caesarum nur marginale Bedeutung. Diese Trennung ist eine Voraussetzung dafür, daß die christlichen Kaiser im vierten Jahrhundert den Kult verbieten, die Lustbarkeiten (laetitiae) aber beibehalten können − ein bemerkenswerter Fall von Desakralisierung (Profanierung, Saekularisation).59 3. Die Verfahren zur Ankündigung der Feste und Einladung von Gästen zeigen, daß die römischen Tempel, Kulte, Priesterschaften nicht über dauerhafte, starke, eigene überlokale Kommunikationswege verfügen.60 An den 58 Wieweit die Lustbarkeiten ihrerseits tatsächlich und in der Wahrnehmung der Teilnehmer sakralisiert waren, ist unklar. 59 Vgl. CANCIK 1986. 60 Zum griechischen Bereich vgl. die von ANGELOS CHANIOTIS und PETER HERZ in diesem Bande vorgestellten Materialien: Ehrendekret für Epaminondas von Akraiphia (Böotien, erstes Jh. n. Chr.; IG VII 2712: Teilnehmer, Fremde); Ehrendekret für Kleanax von Kyme (ca. 2 v.–2 n. Chr.; SEG XXXII 1243: Bürger, Kinder, Sklaven, Römer, Beiwohner, Fremde); Ankündigung mit Programm und Datum (Beroea, Makedonien; AE 1971, 430 = Inscriptiones Beroeae 68: erste Hälfte drittes Jh. n. Chr.; ähnlich AE 1971, 431; AE 1999, 1425: 252 n. Chr.; AE 1999, 1426: 259 n. Chr.).
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Tempeln existieren − von Ausnahmen abgesehen − keine Gemeinden, die sich vernetzen könnten. Die Priesterschaften bilden − wiederum von Ausnahmen abgesehen − keine Zunft, sind nicht regional organisiert, haben keinen italischen, geschweige denn reichsweiten Dachverband. Keine Wanderlehrer ziehen, wie im frühen Christentum, von Gemeinde zu Gemeinde, bringen Briefe, Empfehlungen, Nachrichten und erwarten brüderliche Gastfreundschaft.61 Zwei Ausnahmen − die Ausrichtung der ludi saeculares und die Einrichtung einer reichsweiten Organisation für die Wettkämpfe der Athleten mit einer Zentrale in Rom − bestätigen die Regel. Es ist nicht organisatorische oder kommunikationstechnische Unfähigkeit, sondern durchaus politischer Wille, wenn neben den administrativen und militärischen Strukturen und Kommunikationswegen keine eigenen translokalen religiösen Organisationen und Kommunikation zugelassen werden. Das römische System verhinderte, solange es stark genug war, die Entstehung von größeren, überregionalen hierokratischen (theokratischen) Strukturen neben den staatlichen.
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Kalender- und Festexport im Imperium Romanum von
JÖRG RÜPKE 1 Einleitung In seiner technischen und graphischen Form führt der römische Kalender wahrscheinlich die Hitliste der am wenigsten veränderten und am weitesten verbreiteten Überbleibsel aus der klassischen Antike an. Heutzutage ist er beinahe überall in Gebrauch (wenn auch nicht immer die offizielle Nummer Eins). Bis auf die minimalen Veränderungen im Zuge der Gregorianischen Reform waren alle anderen Versuche einer Neugestaltung nur kurzzeitig erfolgreich. In gewisser Hinsicht könnte man hier bereits aufhören und feststellen: So wie der römische Kalender den zeitlichen Rahmen der Stadt Rom und des römischen Reichs gestaltet hatte, so bildete er – praktisch unverändert – die Grundlage für die zeitliche Organisation der sich entwickelnden europäischen Staaten. In der Antike scheint die Faktenlage komplizierter gewesen zu sein. Allgemeingültigkeit eines Kalenders wurde kaum als Selbstverständlichkeit angesehen. Richtet man die Aufmerksamkeit auf den lokalen Charakter antiker Kalender, werden bald die Möglichkeiten und Probleme einer Universalisierung und Lokalisierung des römischen Kalenders bewußt. Ferner zeigt der Wechsel des Blickwinkels – vom zeitlosen chronologischen Bezugssystem auf veränderbare ortsgebundene Texte – die Benutzung des Kalenders zur Konstruktion von hochgradig individuellen Geschichtsbildern.
2 Fasti im römischen Italien Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurden genau fünfzig fasti entdeckt; ihre Zahl nimmt aber noch zu.1 Etwa die Hälfte aller Stücke wurde in der Stadt Rom gefunden oder kann ihr zugeschrieben werden; die Mehrzahl der übrigen Exemplare stammt aus Latium, Etrurien und Kampanien. Herkunftsort der so1 Eine hervorragende Edition (die aber leider das gesamte chronikartige Material in den Texten ausläßt) aller damals bekannten Texte liefert DEGRASSI 1963. Für die jüngeren Funde s. RÜPKE 1995 mit Tabellen und Fundkarte. Zur nachantiken Kalendergeschichte sei hier auf RÜPKE 2006 verwiesen. – Für die Rückübersetzung des englischen Manuskriptes danke ich Diana Püschel herzlich.
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genannten ‹Fasti Guidizzolenses› ist die Umgebung von Brixia; das südlichste Stück, die ‹Fasti Tauromenitani›, kommt aus Tauromenium, einer augusteischen Kolonie auf Sizilien. Letzteres ist das einzige Exemplar von fasti vor der Spätantike, das außerhalb der italischen Halbinsel gefunden wurde. Um die Bedeutung ihrer Verteilung im römischen Reich feststellen zu können, müssen wir Form und Inhalt der fasti genauer betrachten. Gewöhnlich bietet der römische Kalender eine Übersicht über das gesamte Jahr, wobei die zwölf Monate in zwölf parallelen Spalten dargestellt werden. Der Schaltmonat des republikanischen Kalenders wurde im einzigen erhaltenen Exemplar aus dieser Epoche, den ‹Fasti Antiates maiores›, als dreizehnte Spalte hinzugefügt; der unter Caesar eingeführte Schalttag wird graphisch nicht repräsentiert. Selbst ein aufmerksamer Betrachter könnte keine Regeln oder sogar Notwendigkeiten für Einschaltungen erkennen (tatsächlich ist die gesetzliche Aufhebung jeglicher Interkalationsperioden ein Kennzeichen des Julianischen Kalenders). Die graphische Darstellung eines jeden Monats kann an einem Fragment der tiberischen ‹Fasti Amiterni› veranschaulicht werden, das die ersten beiden Dekaden der Monate Juli bis Dezember wiedergibt. Jeder Monat besteht hier aus vier Spalten. Die linke Spalte enthält jeweils eine Folge der Buchstaben von A bis H, die sich fortlaufend wiederholt. Dies sind die litterae nundinales, die den Zyklus der römischen Achttagewoche anzeigen. Da ein Jahr mit dreihundertfünfundsechzig Tagen aus fünfundvierzig nundiae und fünf zusätzlichen Tagen besteht, ändert sich der die Markttage (nundinae) des laufenden Jahres anzeigende Buchstabe zum Jahreswechsel – das ermöglichte die vormoderne Nutzung von Kalenderexemplaren über viele Jahre hinweg. In einigen Kalenderexemplaren wurde bereits in augusteischer Zeit eine parallele Spalte für die siebentägige Planetenwoche hinzugefügt – dadurch wurde dann im vierten Jahrhundert n. Chr. ein fließender Übergang zu dieser Wochenform möglich.2 In der zweiten Spalte geben Zahlen den Abstand zum nächsten Orientierungstag des Monats, das heißt Kalenden, Nonen und Iden, an; daher werden an diesen Tagen selbst die Zahlen weggelassen. Die beinahe für jeden Tag ausgefüllte dritte Spalte gibt Auskunft über seinen jeweiligen juristischen und – indirekt – auch den religiösen Status. Ein F bedeutet fas – bestimmte Arten rechtlicher Handlungen sind möglich; ein C steht für comitia, die an einem solchen Tag abgehalten werden können; ein N für nefas – juristische Aktivitäten sind Einschränkungen unterworfen. Durch das Kürzel NP – nefas piaculum – werden einige nefas-Tage, die nefas sind aufgrund von größeren kultischen, normalerweise mit feriae (den Göttern geweihte Tage) verbundenen Handlungen, religiös sanktioniert.3 Auf den religiösen Anlaß wird gewöhnlich in Form einer Abkürzung in Großbuchstaben Bezug 2 S. RÜPKE 1995, 456 ff.; STUCKRAD 2000. Astronomische Informationen liefern die ‹Fasti Venusini› (Inscr. It. 13,2, 56–59). 3 RÜPKE 1995, 251–274.
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genommen – ähnlich wie K, NON und EID für Kalenden, Nonen und Iden stehen. Für den Monat Juli etwa werden Popli(fugia) und zweimal Lucar(ia) erwähnt. Eine vierte Kategorie – die Bezeichnung als Spalte wäre übertrieben – liefert in kleineren Buchstaben Informationen über dies natales, die Weihetage von Tempeln. ‹An diesem Tag wurde dem Mars auf dem Marsfeld ein Tempel geweiht› wäre eine Standardumschreibung für Marti in Campo oder eine ähnliche Abkürzung. Im Juli, September und November wird eine Reihe von ludi, Spielen, erwähnt. All diese Daten beziehen sich auf die Weihung von Tempeln in ganz Rom. Desgleichen verweisen die genannten Tage auf kultische Handlungen religiöser Spezialisten in und um Rom, manchmal sogar auf Volksfeste. Niemand würde erwarten, daß ein in Italien gedruckter Taschenkalender den Nationalfeiertag Frankreichs in Fettschrift angibt. Eine vergleichende Analyse verschiedener gedruckter europäischer Kalender ist möglich und könnte in Bezug auf die jeweilige nationale Geschichte und die religiöse oder politische Ausrichtung sehr aufschlußreich sein. Die fasti dagegen waren ziemlich einheitlich. Trotz des hauptsächlich lokalen Charakters antiker Gesellschaften ist die in den fasti von Urbinum Metarense in Nordumbrien wiedergegebene Festliste identisch mit jener der fasti aus Venusia, und sie würde der Aufzählung in den fasti aus Tarentum gleichen, wenn von dieser mehr als drei Tage erhalten geblieben wären. Nach der Zahl der Tage und den Grenzen, die einer rituellen Reproduktion der kultischen Vielfalt der Hauptstadt in den teilweise unbedeutenden italischen municipia gesetzt waren, zu urteilen, kann man die fasti nicht als Beleg für die religiöse Hegemonie Roms über Italien interpretieren: Die Daten der überall kopierten Feste sind genuin römische Daten. Die fasti werden noch nicht einmal benutzt, um örtliche italische Feste oder kultische Ereignisse hinzuzufügen. Es gibt nur einen einzigen Fall lokaler Ergänzungen.4 Verrius Flaccus, Autor der ‹Fasti Praenestini› und augusteischer Gelehrter, fügt der Liste römischer Aktivitäten zwei lokale Ereignisse hinzu. Dies erfolgt allerdings in einem Kalender, bei dem bereits der Aufbau außergewöhnlich ist: Es handelt sich um den einzigen Kalender, in dem die Wiedergabe der römischen fasti und ein fortlaufender Kommentar zu diesen fasti miteinander verflochten sind. Dabei wird der Kommentar durch die ausgiebige Nutzung des Platzes in der ‹vierten Spalte›, der gewöhnlich verschiedenen Anmerkungen vorbehalten ist, realisiert. Was können wir also aus den fasti über Datierungssystem und Religion Italiens erfahren?
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Der lokale Charakter des dies vern(arum) in den ‹Fasti Antiates ministrorum› ist zweifelhaft, s. RÜPKE 1995, 144 f.
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3 Kalendersysteme im antiken Italien Bis in die späte Republik hinein existierten außerhalb Roms verschiedene Datierungssysteme. Der liber linteus, ein spätrepublikanischer etruskischer Opferkalender, liefert verschiedene Daten eines Kalenders, der die Monatstage von eins bis dreißig nummerierte. Bei ihm handelte es sich vielleicht noch um einen solilunaren Kalender,5 als der römische Kalender – möglicherweise ein Abkömmling des etrurischen Systems – bereits seit mehr als zwei Jahrhunderten ein Solarkalender war. Die Monate eines lunisolaren Kalenders stimmen mit den Mondphasen überein, und die Harmonisierung mit dem Sonnenjahr soll durch Einschaltung eines ganzen Monats erreicht werden. Die Benutzung eines – wahrscheinlich6 – etruskischen Datums war noch im Jahre 67 v. Chr. möglich.7 Antiquare berichten über fremdartige Merkmale anderer latinischer oder mittelitalischer Kalender.8 Eine Inschrift von 58 v. Chr. fügt zur römischen Datierung eines bestimmten Tages die Datierung mense Flusare hinzu.9 Eine Entscheidung, ob die Abweichungen auf unterschiedliche Monatsnamen innerhalb eines identischen Zählsystems (einem im östlichen Mittelmeerraum weit verbreiteten Phänomen) beschränkt waren, ist schwierig. Dasselbe gilt für die Information Suetons in seiner Augustus-Biographie, daß einige italische civitates den Tag von Augustus’ erstem Besuch bei ihnen als Termin des Jahresbeginns festlegten.10 Aufgrund der besseren Quellenlage kann solch ein Prozeß für die Provinz Asien rekonstruiert werden. Durch eine Kalenderreform wurde hier 9 v. Chr. der frühere lunisolare Kalender durch einen julianischen Kalender mit traditionellen makedonischen Monatsnamen und einem Neujahrstag am Geburtstag des Augustus (23. September) ersetzt. Die behutsame Akkulturation zeigt sich in Einzelheiten wie dieser: Da es bisher keine – vom julianischen Kalender aber geforderten – Monate mit einunddreißig Tagen gegeben hatte, wurde die Numerierung angepaßt auf 29, 30a und 30b.11 Zwar wurde der entsprechende Erlaß vom Statthalter veröffentlicht, er wird aber auf der Zustimmung der lokalen Eliten basiert haben. Dennoch verwendeten viele östliche Städte und Landstriche, selbst in der Provinz Asia minor, weiterhin ihr altes lunisolares System. Wenn eine Synchronisierung von Daten notwendig war, dann standen dafür hemerologia, Synopsen, zur Verfügung.12
5 Zur Tabula Capuana s. WOUDHUIZEN 1996 und CRISTOFANI 1995, mit der Rezension von RÜPKE 1999. 6 Den Monatsnamen liefert DEGRASSI. 7 ILLRP 589. 8 S. SCHOLZ 1990; vgl. RÜPKE 1995, 171. 197. 9 ILLRP 508. 10 Suet. Aug. 59. 11 LAFFI 1967. 12 RÜPKE 1998a.
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Die Grenzen der Anpassung lassen sich am besten am Beispiel der italischen Kolonie colonia civium Romanorum von Taormina veranschaulichen. Die dort 1962 entdeckten fasti gehören zum normalen romano-italischen Typ. Was allerdings bereits seit der Erstpublikation als Merkwürdigkeit gilt, ist der Wortlaut der Überschrift.13 Innerhalb des fragmentarisch erhaltenen Textes sind Zeitspannen definiert, die vom 4. April bis zum 31. Mai und vom 1. bis zum 30. Juli reichen, somit also Zeiträume von zweimal neunundzwanzig und einmal dreißig Tagen. Diese Zeitabschnitte entsprechen sehr wahrscheinlich den herkömmlichen, im örtlichen griechischen Kalender benutzten Mondmonaten, deren Daten in Inschriften vor dem fünften Jahrhundert n. Chr. verwendet werden. Die den römischen Daten zugeordneten römischen Göttinnen wären demnach für die lokale Bevölkerung gedachte lateinische Umschreibungen der römischen Monatsnamen: Vesta und Fors Fortuna waren anscheinend charakteristisch für die entsprechenden griechischen Monate in Tauromenium – denn es handelt sich nicht um Übersetzungen der anderweitig bekannten griechischen Monatsnamen.14 Der mutmaßlichen Länge des Textes oberhalb des Kalendariums und der Liste der Magistrate nach zu schließen ist es wahrscheinlich, daß die jeweiligen Entsprechungen für alle Monate des Jahres – natürlich eines ganz bestimmten Jahres, vielleicht des Gründungsjahres der Kolonie oder einer wichtigen Einrichtung – angegeben waren. Sizilien, die älteste römische Provinz, wenige Kilomenter entfernt vom italienischen Festland; Tauromenium, eine augusteische Kolonie römischer Bürger: Selbst hier war der römische Kalender kein Instrument von praktischem Nutzen. Die Einwohner und die lokale Elite fühlten sich mit Rom verbunden und ließen das einzige nichtitalienische Exemplar der fasti anfertigen, benötigten aber einen ‹Übersetzungs-Mechanismus› zur Übertragung des römischen Kalendersystems in die griechische Praxis, wenn auch römische Gottheiten und die lateinische Sprache den Bezugsrahmen dafür bildeten. Offensichtlich war selbst eine römische Kolonie auf Sizilien nicht so römisch wie die am weitesten östlich stationierten Teile der römischen Armee, deren Angehörige – in Dura Europos – einen römischen Kalender verwendeten, wie die römischen Daten ihrer feriale, ihrer auf Papyrus erhalten gebliebenen Festliste, zeigen.15 Datierten Inschriften16 nach zu urteilen, war das technische System des römischen Kalenders während des zweiten und dritten Jahrhunderts n. Chr. in Italien und vielen Teilen des römischen Reiches, insbesondere im Westreich, eingeführt worden. Eines der bekanntesten Elemente des langen Anpassungsprozesses ist das Ringen der Christen um das richtige Datum des Osterfestes. Lange Zeit, wiederum vor allem in den westlichen Teilen des Reiches, war ein 13
S. RÜPKE 1995, 133–136; RUCK 1996. IG 14,429. 15 Edition und Kommentar: FINK, HOEY, SNYDER 1940. S. den Beitrag von KOSSMANN unten in diesem Band. 16 S. HERZ 1975. 14
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im julianischen Kalender festgelegtes Datum, wie zum Beispiel der 25. März oder ein Sonntag nach diesem Datum, bevorzugt worden.17 Offenbar blieb der lokale, in diesen Fällen also ursprünglich römische Kalender nicht nur zur Regelung des alltäglichen Lebens der alten und neu aufgenommenen Christen im Gebrauch (soweit inschriftliche Quellen darüber Auskunft geben können, trifft dasselbe auf Juden zu), sondern auch religiöse Rhythmen wurden in den lokalen Kalender übertragen und an ihn angepaßt. Man sollte dabei nicht vergessen, daß eine Siebentagewoche aufgrund astrologischer Praktiken weithin bekannt war; sie wurde bereits in den augusteischen ‹Fasti Sabini›18 angegeben. Als sich schließlich, in Nicaea, ein durch die Mondphasen geregeltes Datum durchsetzte – das heißt ein Datum, das sich nach dem örtlichen palästinischen Kalender der historischen Ereignisse richtete – war der Sieg keinesfalls vollkommen: Feststehende Grenzen im Sinne von julianischen Daten für das wandernde Datum des Festes waren ein wichtiger Bestandteil des endgültigen Kompromisses.19 Und heute, im Zeitalter fruchtloser Debatten über eine Kalenderreform, ist es nicht die römisch-katholische Kirche, die sich gegen die Festlegung eines fixen Osterdatums ausspricht.20 Indes, aus der Sicht eines am Konzil von Nicaea teilnehmenden Bischofs erschien das bewegliche Osterdatum wie eine Art letzter Zuflucht für die Benutzer von lunisolaren Kalendern. Für den Kult von Märtyrern und anderen Heiligen waren liturgische, später sanctoralia genannte Kalender mit festen julianischen Daten ohne jeglichen Bezug zum Mond-, Oster- oder Wochenzyklus geschaffen worden. Sie lösten nicht den wöchentlichen Rhythmus von Sonntag und Arbeitstagen einer örtlichen Kirche ab, bildeten aber überall die Grundlage für die kultische Organisation auf lokaler Ebene, mit einigen gemeinsamen Daten sogar für diejenige auf überörtlicher Ebene.21 Es sollte an dieser Stelle betont werden, daß es gerade der in erster Linie technische Charakter des römischen Kalenders war, der seine Benutzung zu verschiedenen Zwecken ermöglichte; durch eine gewisse ideologische Leere und pragmatische Handhabung eignete er sich sogar für verschiedene religiöse Zwecke.
4 Die Verbreitung römischer Feste Die Verteilung der fasti über ganz Italien sagt nichts über die Adaptation der in ihnen erwähnten Kulte aus. Man muß sich anderen Quellen zuwenden, um
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S. STROBEL 1977; RÜPKE 1995, 448–453. Inscr. It. 13,2, 52 f. 19 Zu den mittelalterlichen Zähltechniken s. BORST 1990. 20 Anhang zur Constitutio de sacra liturgia des zweiten Vatikanischen Konzils (Conciliorum oecumenicorum decreta, Bologna, 31973, 843). 21 KIRSCH 1924; HARNONCOURT, AUF DER MAUR 1994, 91 ff. 135 ff. 18
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mehr Informationen zu diesem Thema zu erhalten. Ferialia wären ein geeignetes Genre: Dieser Begriff geht zurück auf die Bezeichnung einer Liste lokaler Feste in einer kampanischen Inschrift aus dem vierten Jahrhundert.22 Sie wurde auf andere Texte, deren Hauptmerkmal vergleichbare Listen sind, entsprechend übertragen. Das vollständigste Exemplar ist das bereits erwähnte ‹Feriale Duranum›, eine Aufzählung von Festen und Gedenktagen, die in der mesopotamischen Garnison von Dura Europos im zweiten Viertel des dritten Jahrhunderts n. Chr. in ritueller Form begangen wurden. Der Inhalt der Liste legt als Ursprung einen Befehl des Augustus nahe, der den gesamten Militärapparat dazu verpflichtet haben könnte, bestimmte kultische Akte durchzuführen. Auf diese Weise bekommt die Rolle des Heeres bei der Romanisierung nichtlateinischer Gruppen eine religiöse Grundlage,23 eine korrekte Beschreibung der tatsächlichen und vielfältigen religiösen Praxis in und bei Heereslagern liefert ein solcher Text nicht. Außerhalb der organisation totale des Militärs sind die erhaltenen Listen viel kürzer. Aus der frühen Kaiserzeit ist eine längere Liste aus Cumae bekannt, die ungefähr ein Dutzend das Kaiserhaus betreffende Daten erwähnt – das ‹Feriale Cumanum›.24 Darin sind Datum, Anlaß sowie Opfer oder Ritual aufgeführt. Es ist allerdings unmöglich, den sozialen Rahmen des Kultes zu rekonstruieren – die Annahme, es handele sich um ein mit dem Kaiserkult verbundenes collegium, ist bloße Spekulation. PETER HERZ hat sich wiederholt für einen stadtrömischen Ursprung ausgesprochen. Ich würde eher für einen hochgradig spekulativen Charakter der Liste plädieren: eine Übung in Polytheismus, ein Versuch, die geeignetsten Gottheiten für bestimmte kaiserliche Feste zu finden, wobei man sich mehr auf die antiquarische Literatur als auf den tatsächlichen Kult stützte. Im Falle traditioneller römischer Volksfeste, die im ländlichen Italien gefeiert wurden, sind der Phantasie engere Grenzen gesetzt. Die sogenannten ‹Fasti Guidizzolenses› sind eigentlich keine fasti.25 Ihr Hauptmerkmal ist nicht das auf einfache Daten reduzierte kalendarische Muster. Weitaus interessanter ist die Liste der – anscheinend – lokalen Feste, die auf demselben Stein hinzugefügt ist. Sieben Einträge für die zweite Jahreshälfte nennen hauptsächlich traditionelle römische Feste und ihre entsprechenden Daten: die Apollinaria (13. Juli), Neptunalia (23. Juli), Diana (Iden des August), Volkanalia (23. August), schließlich für Dezember das Septimontium (11.), die Saturnalia (17.) und ein Fest für die gallische Göttin Epona am darauffolgenden Tag (18.). Das zeitliche Muster der Feste, die Auswahl, ist nicht unbedingt ein Auszug aus der umfangreichen Liste römischer Daten, aber es ist eindeutig abgeleitet vom 22 Inscr. It. 13,2, 283 von 387 n. Chr.; s. RÜPKE 1995, 525 zu den Problemen dieses Begriffs. 23 S. NOCK 1972; GILLIAM 1954; RÜPKE 1990, 176–178. 24 Inscr. It. 13,2, 279. 25 Inscr. It. 13,2, 235.
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hauptstädtischen Kalender – wenn es auch schwer vorstellbar ist, daß ein so fest mit der Topographie Roms verbundenes Fest wie das Septimontium (das Fest der sieben Hügel) in Norditalien oder Karthago gefeiert wurde, wo nach Auskunft Tertullians zu diesem Anlaß schulfreie Tage gewährt wurden.26 Wie im Fall der Saturnalien und der Neujahrsfeste am ersten Januar, die im ganzen Mittelmeerraum gefeiert wurden, war es wohl die Tatsache, daß die römischen Daten einen Anlaß für allgemeine Festivitäten boten, die für ihre starke Zunahme und Verbreitung sorgte. Das Personal des Provinzstatthalters, Händler und Soldaten könnten einen attraktiven Brauch in einem unkontrollierten Prozeß von Beispiel, Nachahmung und Ablehnung verbreitet haben. Selbst wenn jeder spezifisch römische Brauch ausgetauscht worden wäre: Der römische Charakter des Anlasses selbst wäre immer als ein dauerhafter Hinweis auf seine Herkunft bestehen geblieben, so wie zum Beispiel afrikanische Märtyrer in Rom als Märtyrer aus Afrika gefeiert wurden.27 Es ist darauf hinzuweisen, daß sogar die genauen Regelungen des Rechts der julianischen Kolonie von Urso, die sogenannte lex Ursonensis,28 keinerlei den Kalender betreffende Vorschriften enthalten. Hier ist es Aufgabe des ersten Stadtrates der Kolonie, die Zahl und jahreszeitliche Stellung der Feste festzulegen: quos et quot dies festos esse et quae sacra fieri publice placent (Kapitel 64). Das einzige Beispiel für eine zentrale Festlegung und einen Identitätstransfer aus dem Zentrum wird in den Kapiteln siebzig und einundsiebzig formuliert: Es sollten Zirkusspiele oder Theateraufführungen für die Kapitolinische Trias und Venus, die Göttin des Koloniegründers Caesar, eingerichtet werden. Die einzigen streng kalendarischen Regelungen stammen aus einer lex municipii flavischer Zeit. Im Zusammenhang mit den Normen, die Gerichtsverfahren betreffen, nimmt die lex Irnitana 29 Bezug auf nicht vor Ort festgelegte Daten: Die betreffenden Daten sind strikt begrenzt auf kaiserliche Feste. Der Standardausdruck dafür lautet: dies quos propter venerationem domus Augustae festos feriarumve numero esse haberique oportet oportebit. Diese Tage werden unterschieden von Tagen, an denen Spiele entsprechend den Erlassen des örtlichen Stadtrates stattfinden. Zwar wird kein zentraler Regulierungsmechanismus erwähnt, aber eine strenge Sanktion: Selbst wenn alle Parteien damit einverstanden sind, sich an einem solchen Tag mit ihrem Rechtsproblem zu befassen, wären die Ergebnisse nicht rechtsgültig: quod adversus ea factum erit [id] ratum ne esto (Kapitel 92). Sozialer Konsens, die Notwendigkeit, Loyalität zu demonstrieren und die potentiell positive Sanktionierung eines Rückgriffs auf die zentrale kaiserliche Autorität durch die unterlegene Partei waren in einem noch gering bürokratisierten Reich die effektivsten Garanten 26
Tert. idol. 10,3. Vgl. SAXER 1980. 28 CIL 12, p. 594 = ILS 6087. Die Annahme der Reproduktion stadtrömischer religiöser Bestände kritisiert RÜPKE 2006a. 29 Edition: GONZA´ LEZ 1986; vgl. LEBEK 1992. 27
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für die allgemeine Befolgung zentraler, den Kalender betreffender Entscheidungen. Die Erzeugung bedeutender Quellen wird durch diese Bedingungen aber leider nicht begünstigt. Sogar für Rom selbst haben wir keine klare Vorstellung von den zeitlichen Mustern religiöser Aktivitäten der einzelnen sozialen Schichten. Wir kennen die Grundrhythmen als solche. Laut den antiquarischen Quellen schuf der immer wiederkehrende Zyklus von ‹Markttagen› (nundinae) alle acht Tage eine Art ‹Sonntag›: ein schulfreier Tag, Zeit für die Körperpflege, wenn auch kein arbeitsfreier Tag.30 Wie der jeweils erste Tag nach den Kalenden, Nonen oder Iden wurde auch der Folgetag dieser nundinae 31 als ungünstig für den Beginn wichtiger Unternehmungen angesehen. Dennoch sollte man vor dem neunzehnten Jahrhundert nicht von so etwas wie dem heutigen (noch) fest umrissenen, in einigen westlichen Gesellschaften üblichen Wochenrhythmus sprechen. Selbst die Konzentration wirtschaftlicher Aktivitäten auf nur einen von acht Tagen ist für eine Metropole wie Rom ziemlich unwahrscheinlich. Abgesehen von der Siebentagewoche der Juden und – weniger intensiv – der Christen, war kein antiker Kult auf einer echten Wochenbasis organisiert. Einen weiteren Rhythmus legten die monatlichen Kalenden und Iden fest. Bereits zu Zeiten Catos des Älteren32 wurde erwartet, diese Tage durch kleine häusliche Opfer zu ehren. Sie wurden für Bankette genutzt, um Geburtstage und ähnliche Anlässe gebührend zu feiern:33 Dies ist der Grund dafür, warum es den Anschein hat, daß so viele bekannte römische Dichter an den Kalenden oder Iden geboren wurden. Auf der Jahresebene müssen die Unterschiede weitaus größer gewesen sein. Nur sehr wenige Feste, zum Beispiel die Saturnalien oder der Neujahrstag (die Kalenden des Januar), werden alle Gesellschaftsschichten und alle Bereiche der stadtrömischen Topographie umfaßt haben. Die Zahl jährlicher Feste und die Komplexität ihrer Zyklen sind ein Zeichen für die Vielschichtigkeit der Gesellschaft und die (religiöse) Arbeitsteilung. Die Aufzählung der Feste in den urbanen fasti spiegelt weder eine kollektive römische Identität wider noch ist sie ein geeigneter Indikator dafür. Angesichts dieser städtischen Komplexität fällt es schwer, die Häufigkeit der Nachahmung und die genauen Mechanismen der Übertragung von urbanen Kultdaten in italische oder Provinzgemeinden einzuschätzen. Wie die Analyse datierter Inschriften aus dem gesamten Reichsgebiet zeigt, war der Export der Kaiserfeste am erfolgreichsten, obwohl einige traditionelle römische Feste als kalendarische Bezugspunkte für die Bekanntmachung privater Weihungen gedient haben könnten. – Ebenso können auf der gesamten Ebene der zeitlichen 30
S. RÜPKE 1996. Suet. Aug. 92,2; s. RÜPKE 1995, 563–587. 32 Cato agr. 143. 33 S. Gell. 2,24,14; Mart. 4,66,3. 31
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Plazierung privater religiöser Handlungen Hinweise auf das Muster von Kalenden und Iden entdeckt werden.34 Über die nundinae dagegen wissen wir nichts: Im Reich sind keine Gleichsetzungen mit julianischen Daten bekannt. Markttage und die entsprechenden Rhythmen verschiedener Länge kennt man für Italien selbst und darüber hinaus – aber sie sind kaum direkte Importe aus Rom. Andererseits sollte die sich wiederholende, ununterbrochene Zyklen begünstigende Rolle des römischen Kalenders nicht übersehen werden. Kein anderer tatsächlich angewandter Kalender – mit Ausnahme von kleineren Gruppen wie jenen in Qumra¯n – konnte für Jahre im voraus bürgerliche Daten für solche Rhythmen anzeigen. Zusammen mit dem bereits existierenden wiederkehrenden Rhythmus der nundinae mag dies ein Haupt- und spezifisch römischer Faktor für die Integration der jüdisch-christlichen Siebentagewoche gewesen sein. Während die Planetenwoche im Volk ein beliebtes Interpretationsschema war, müssen auf administrativer Ebene die eben genannten Aspekte entscheidend gewesen sein.
5 Warum wurden nutzlose fasti produziert und zur Schau gestellt? An dieser Stelle muß ich zu meinem Ausgangspunkt, den fasti, zurückkehren. Warum hat die Zahl ihrer Darstellungen so stark zugenommen, wenn das tatsächliche Objekt, die juristischen und kultischen Inhalte des urbanen Kalenders, nur in einem gewissen, recht beschränkten Ausmaß lokal angepaßt werden konnte? Der Schlüssel zu einer Antwort auf diese Frage liegt nicht in der räumlichen, sondern der zeitlichen Verteilung der Marmorkalender.35 Die ältesten römischen fasti müssen um 170 v. Chr. gemalt worden sein; sie können auf der Grundlage eines spätrepublikanischen Kalendergemäldes aus Antium rekonstruiert werden. Das früheste Marmorexemplar dagegen befand sich im Heiligtum der Arvalbrüder, das von Caesar, divi filius, dem zukünftigen Augustus, neu ausgestattet worden war. Dieser Kalender wurde auf dem nicht weit von Rom gelegenen Gelände der Göttin Dea Dia in den Jahren nach dem Sieg bei Actium angefertigt. Was die Folgezeit betrifft, so existieren einige städtische Exemplare aus augusteischer Zeit und nur ein paar wenige mit Sicherheit in diese Zeit datierbare Stücke aus Latium, Etrurien und Kampanien. Bereits in tiberischer Zeit jedoch finden sich Exemplare in ganz Italien; nur wenige Jahre später kommt diese Ausbreitung allerdings zum Stillstand. Die Parallele zur Verbreitung von Kaiserideologie und -kult ist offensichtlich. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit füllten sich die Festkalender mit kaiserlichen Daten, Geburten, Thronbesteigungen, Heiraten, Siegen, Vereitelungen von Verschwörungen. Anders als bei den in den Kalendern genannten 34 S. HERZ 1975, 50 zu privaten, von Personen römischer Herkunft vorgenommenen, Stiftungen in Ägypten. 35 S. RÜPKE 1998b.
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traditionellen Festen beschränkte man sich bei den neuen Festen nicht auf einfache Benennungen wie Augustalia. Gewöhnlich wurden der juristischen Kennzeichnung des Tages in den fasti keine Namen, sondern kurze Erklärungen hinzugefügt, wie: ‹Dieser Tag ist ein Festtag, weil Caesar an diesem Tag Alexandria erobert hat› – und ähnliche Formulierungen. Innerhalb weniger Jahre gaben solche Einträge jedem geschriebenen Kalender in Rom, Praeneste, Amiternum und in vergleichbaren mittelitalischen Orten ein spezifisches Profil. Die Masse des Textes etwa der ‹Fasti Amiterni›36 beschäftigt sich mit Daten des Herrscherhauses. Dieser Text konnte offensichtlich kein präskriptiver, im Kult in Amiternum umzusetzender Text sein. Er war aber auch keine Wiedergabe oder ein Hinweis auf den komplexen Herrscherkult in Rom, der von Touristen oder Abordnungen besucht werden konnte. Stattdessen waren die Kalender ein unabhängiges Medium zur Darstellung von kaiserlichen Taten, nicht aber von Festen: keine freiwillige Institutionalisierung im urbanen Kult als der wichtigsten Repräsentationsform, sondern eine ergänzende Einrichtung innerhalb des gesamten Spektrums kaiserlicher Propaganda. Propaganda ist allerdings ein problematisches Konzept.37 Natürlich muß die offizielle Politik Formeln angeboten haben, die leicht in die fasti integriert werden konnten. Es fehlt aber eine zentrales ‹Zentralbüro für Kalenderwesen›, das amtliche Kopien der neuesten Kalenderversion herstellte. Fasti wurden von Einzelpersonen, oft von Kollegien, manche vielleicht auch von Munizipalbehörden in Auftrag gegeben. Es handelt sich dabei um eine Loyalitätsbekundung von Seiten der lokalen – aber auch der stadtrömischen – Eliten sowie in Italien überdies um eine Art von Selbstromanisierung. Soweit man es anhand der fragmentarischen Überlieferung der Marmorexemplare einschätzen kann, waren Überschriften mit Nennung des oder der Stifter üblich. Selbstdarstellung gehörte demnach ebenfalls zu einer ganzen Reihe von Motiven, die zur Herstellung und öffentlichen Aufstellung von fasti führten. Das Hinzufügen einer Liste römischer Konsuln oder einer knappen Chronik trug zum Interesse und didaktischem Wert des Kalenders bei; die Ergänzung durch eine Aufzählung der lokalen Magistrate oder der administrativen Funktionsträger des stiftenden Vereins verstärkte den Stolz des Ortes oder der Gruppe. Zweifellos müssen in der Antike Tausende von fasti in Form von Büchern oder Buchrollen existiert haben, angefangen bei Ciceros Kalenderbenutzung bis hin zur Luxusausführung des als Chronograph oder Chronik von 35438 bezeichneten Kalenders. Die Überlegenheit des Julianischen Kalenders in der Praxis überzeugte schließlich im größten Teil der Mittelmeerwelt. Die Produktion von Marmorexemplaren hörte allerdings – mit ein paar wenigen und eigentümlichen Ausnahmen – nach der Zeit des Claudius oder sogar des Caligula 36
Inscr. It. 13,2, 187–190. S. SORDI 1976; DEROSE EVANS 1992. 38 STERN 1953; SALZMAN 1990. 37
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auf. Vor dem Hintergrund einer allseits blühenden Inschriftenkultur kann man über den Grund dafür nur Mutmaßungen anstellen: In den fasti war das Verhältnis zwischen dem gesamten Text und den freien Teilen des Textes, die für den Namen des Stifters, seinen Lebenslauf und die Erwähnung seiner Erfolge genutzt werden konnten, ziemlich enttäuschend. Andere Formen wohltätiger Aktivitäten und ihr Festhalten in Inschriften könnte als lohnender erschienen sein – und könnte gleichfalls pro salute Caesaris erfolgt sein. Dadurch kamen fasti innerhalb weniger Jahrzehnte aus der Mode.39 Innerhalb dieser Jahrzehnte aber waren die fasti tatsächlich sehr modern. Bisher habe ich über Inschriften gesprochen, aber nun muß ich mich auch der Literatur zuwenden. Religion und Kulte sind schon von Beginn an für römische Schriftsteller von Interesse gewesen. Das schloß die in den fasti genannten Feste ein, aber die fasti selbst waren nicht der Ausgangspunkt. Wie die Auszüge in De lingua latina zeigen, schrieb Varro eine systematische Abhandlung de anno, in der er alle Zeitkategorien erklärte. Traktate de fastis jedoch kamen erst in augusteischer Zeit auf. Verrius Flaccus schrieb de fastis, wovon sich Ausschnitte im Kommentar der ‹Fasti Praenestini› erhalten haben. Ovid verfaßte einen Kommentar zu den fasti – die libri fastorum, wobei der in Tristia 2,549 f. und anderswo genannte Titel innerhalb des Genres der Kommentarliteratur nur ein Synonym für de fastis ist.40 Andere folgten in einer kurzen Zeitspanne innerhalb des ersten Jahrhunderts n. Chr. Sie sind nur bekannt aus zusammenhanglos auftauchenden Zitaten bei Sueton, Cornelius Labeo und Macrobius – Autoren, die wiederum systematische Abhandlungen de anno, nicht aber fortlaufende Kommentare über eine bestimmte Form der öffentlichen Darstellung von Zeit schrieben. Hier ist erneut das in und aus der Mode Kommen der fasti deutlich sichtbar. Der Impuls, über die Grenzen des Genres der fasti hinauszugehen, ist bereits bei Ovid erkennbar. Im ursprünglichen Vorwort zu den Libri fastorum, das sich nun am Beginn des zweiten Buches befindet, kündigt Ovid nur einen Kommentar zu den fasti an. Die Lobpreisung des Kaisers wird das wichtigste Thema sein – ein Thema, das mit der zeitgenössischen Produktion und Verbreitung von fasti zusammenhängt, und den notwendigen Hintergrund für die angemessene Lektüre seines Textes bildet. Das Objekt des Kommentars wird jedoch bald darauf modifiziert. Am Ende eines langen Abschnittes über den ersten Tag des Jahres stellt Ovid die Sternbilder, ihren Auf- und Untergang, als sein zweites Thema vor. Dies ist keine Verbesserung, keine Vervollständigung der fasti, sondern die Zusammenführung, die Verbindung zweier völlig unterschiedlicher Gegenstände: auf der einen Seite die fasti, auf der anderen die parapegmata – Bemerkungen über die erst- und letztmalige Sichtbarkeit von Sternen und einige davon abhängige Vorzeichen. Liest man sie als Kommentar, so muß der Leser der Libri fastorum alle paar Zeilen den kommentierten Text wechseln. 39 40
Vgl. RÜPKE 1995, 417–425. S. RÜPKE 1994.
Kalender- und Festexport im Imperium Romanum
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‹Wer verbietet das?› fragt Ovid, als er mit dieser Vorgehensweise beginnt41 – und kein wohlgesinnter Mensch würde dies tun. Die Daten des Julianischen Kalenders bilden nicht nur ein Muster kaiserzeitlicher Geschichte, sondern ein kosmisches, überkaiserliches Muster. Zumindest auf der Ebene des zeitlichen Rahmens sind Rom und der Kosmos eine Einheit geworden.
6 Was haben wir gelernt? 1) Festkalender sind lokale Kalender. Jedes ernsthafte Interesse des Zentrums, diese lokalen Abläufe zu vereinheitlichen, ist auf den Kaiserkult – und die Armee – beschränkt. Offensichtlich werden nur bestimmte Vektoren Überträger zur Verbreitung der römischen Religion benutzt. Als römische Religion identifizierbare (und als solche gedachte) römische Religion außerhalb von Rom ist Kaiserkult. 2) Die fasti und die Idee, Kult in kalendarischer Form darzustellen oder – genauer – die kalendarische Darstellung als eine Alternative zum tatsächlich durchgeführten Kult zu betrachten: Dies ist spezifisch römisch. Außerhalb Roms war der Erfolg im Zeitalter vor der Erfindung der Druckerpresse räumlich und zeitlich begrenzt. Nur wenige Jahrhunderte später, als die ideologischen Konnotationen des graphischen Mediums der fasti obsolet geworden waren, wurde dieses Medium wiederbelebt, wie zwei Fälle zeigen: erstens die im Kalender des Polemius Silvius von 449 dokumentierte Universalgeschichte, zweitens das ‹Calendarium marmoreum› von Neapel, das im neunten Jahrhundert n. Chr. hergestellt worden war und für jeden Tag des Jahres einen Heiligen (manchmal auch ein Paar oder eine Dreiergruppe) nennt. Betrachtet man unsere Wandkalender, so sind auch wir selbst ein Teil der noch immer andauernden Geschichte der römischen fasti. 3) Die rationalen Kalendersysteme der Römer erleichterten die Integration verschiedener Rhythmen. Kalendarische Daten selbst wurden entscheidende Bezugspunkte für die Planung von Aktivitäten; sie bildeten nicht nur bloße Chiffren für zugrundeliegende, subtile Divinationssysteme. Diese Herangehensweise, dieser Umgang mit Daten mag zu Denkgewohnheiten geführt haben, die zum Ausdruck kamen in einer – bei ernsthafter Betrachtung als unnötig erscheinenden – Überbetonung der Datierung, einer in vielen datierten Inschriften und vielen auf Grabsteinen angegebenen überkorrekten Informationen über die Lebenszeit der Verstorbenen offensichtlich werdenden ‹Datomanie›. 4) Auf der religiösen Ebene konnte die Synopse von genau datierten und damit koordinierten kultischen Akten als Wahlangebot für andere lokale Kulturen aufgefaßt werden, wobei die schiere Zahl den verpflichtenden Charakter eines einzelnen Datums reduzierte. Dieses Muster wurde durch den christli41
Ov. fast. 1,295.
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chen, später römisch-katholischen Heiligenkalender wiederholt, der eine allgemeingültige Zusammenfassung mit der Auswahl und den Ergänzungen des lokalen Kults verband. Läßt man alle anderen Felder und Mechanismen einer Zentralisierung außer Betracht, mag eine solche Differenzierung in Form und Inhalt eine genuin römische Strategie dafür gewesen sein, dem Reich einen gemeinsamen Rahmen zu geben.
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Kalender- und Festexport im Imperium Romanum
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Die Stadt als Festplatz: Das Beispiel der ephesischen Bauprogramme rund um die Kaiserneokorien Domitians und Hadrians* von
PETER SCHERRER 1 Vorbemerkungen: Forschungsstand und Fragestellung Die seit mehr als einhundert Jahren in Ephesos durchgeführten systematischen Ausgrabungen haben fast durchgehend die großen öffentlichen Plätze im Zentrum und die durch die hellenistisch-römische Stadtanlage führenden Hauptstraßen von einem der Stadttore, dem Magnesischen Tor (Nr. 10), im Osten bis zur römischen Hafenanlage im Westen und zum Stadion (Nr. 104) am Nordrand der Stadt, wo auch ein weiteres Stadttor, das Koressische Tor, anzunehmen ist,1 sowie weite Bereiche der Hafenebene und küstennahen Bereiche freigelegt. Diente das Magnesische Tor als Haupteingang nach Ephesos für Reisende auf der Straße von Smyrna beziehungsweise Sardes nach Magnesia am Mäander, Priene und Milet von der Landseite her, so steht der Hafen als wichtigster Zugang zur ganzen Provinz Asia vom Meer her seit der Zeit der ausgehenden römischen Republik fest.2 Dadurch ist es – wenn auch mit einigen Fragezeichen und Abstrichen – möglich, Fragen nach der Organisation und Gliederung des öffentlichen Raumes von Ephesos in der römischen Kaiserzeit zu stellen. Im Rahmen dieses Bandes ist Ephesos daher prädestiniert, als Beispiel zur Untersuchung der Prä* Dem essayistischen Charakter des gehaltenen Vortrags entsprechend wird hier der Anmerkungsapparat auf ein Minimum beschränkt und die Schreibweise der Termini und Zitate in griechischen Buchstaben vermieden. Die Ergebnisse zur topographisch-städtebaulichen Forschung vom ersten bis zum mittleren dritten Jh. mit den meisten literarischen und inschriftlichen Quellenbelegen und älteren Forschungsmeinungen sind nachzulesen bei SCHERRER 2001, die Beschreibungen und Pläne der einzelnen Bauten und Stadtviertel gut zusammengefasst im Ephesosführer, SCHERRER 1995/2000. – Die Arbeit von THÜR 2004 widmete sich (unter Betonung der augusteischen Zeit) ebenfalls den Kaiserkultbauten in Ephesos, legte ihren Schwerpunkt aber auf die Architektur selbst. Hier soll demgegenüber mehr die beabsichtigte Wirkung der Bauten als historisch gewachsenes, aufeinander abgestimmtes Ensemble auf das Stadtbild insgesamt vorgestellt werden. – Die in Klammern den Bauwerken nachgestellten Nummerierungen beziehen sich auf den Stadtplan Abb. 1 und die Teilpläne Abb. 2 und 6. 1 Zu Lage und Bauform der Stadttore vgl. SCHERRER 2006b. 2 Vgl. KARWIESE 1995, 74 und 101.
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gung großstädtischen Raumes durch die regelmäßige Abhaltung bedeutender Feste mit Zeremonien vor und in Tempeln, Prozessionen und Agonen verschiedener Art zu dienen. Dazu tritt der fast einmalige Umstand, dass eine Inschrift aus dem Jahr 94/95 n. Chr. die Anordnung des M. Tigellius Lupus, des amtsführenden Grammateus des Demos (Sekretär des Volkes, in Ephesos in der Funktion ähnlich dem Bürgermeister) beziehungsweise den dahinter stehenden Volksbeschluss wiedergibt, demzufolge etwa zehn bis zwölf Jahre nach der Erlangung der ersten Kaiserneokorie, also des Rechtes einen provinzialen Kaiserkulttempel zu errichten, die öffentlichen Bauten der Stadt insgesamt saniert und restauriert werden sollten, damit ihr hässliches Aussehen nicht das Ansehen der neuen ‹kaiserlichen Bauwerke› und damit der Stadt beschädige.3 Daraus ergibt sich explizit, dass nicht nur ein kleiner Bereich um den Kaisertempel, sondern weitere Bauwerke und somit größere Teile der Stadt als Schauplatz und/oder Kulisse der Aktivitäten rund um die Neokorie gedient haben müssen. Natürlich muss man bei besagter Anordnung in erster Linie neben den dem Kult und seinen Aktivitäten zuzuordnenden Bauten an allen möglichen Stellen der Stadt vor allem an die Verschönerung der entlang der wichtigsten innerstädtischen Verbindungslinien platzierten Gebäude denken, dienten diese ja für die auswärtigen Besucher schon durch ihre Lage als Blickfang und wurden somit zur Visitenkarte der Stadt. Tatsächlich lässt sich auch für einen Teil dieser in Ephesos als Plateia mit lokalen Zusatzbezeichnungen bezeichneten Hauptstraßen,4 dem auch als Embolos bezeichneten Abschnitt, eine erste Pflasterung in genau dieser Zeit inschriftlich belegen.5 Dieser einzige nicht in das Straßenraster eingepasste, sondern dem natürlichen Verlauf des Einschnitts (daher der Name Embolos = ‹Keil›) zwischen den beiden Stadtbergen Preon (Bülbüldag˘) im Süden und Pion (Panayırdag˘) im Nordosten des Stadtgebietes folgende Straßenabschnitt verband die Agora (Nr. 61) in der Hafenebene mit einem in augusteischer Zeit über einem hellenistischen Gymnasion angelegten Platz außerhalb der lysimachischen Kernstadt. Dieser von den Ausgräbern etwas irreführend als Staatsmarkt (Nr. 18) bezeichnete Platz war ein Zentrum des städtischen Kaiserkultes seit frühaugusteischer Zeit,6 an seinem nördlichen 3 IvE (= Repertorium der Inschriften von Ephesos. Inschriften griechischer Städte Kleinasiens) II 449; dazu die tatsächliche Wiederherstellung eines Bauwerks durch diesen Grammateus in IvE II 446; im vollen Umfang wurde der Erlass erstmals richtig interpretiert von DRÄGER 1993, 151–164. 4 Zur Plateia in römischen Inschriften: IvE II 422A. 454; IvE VI 2298A; IvE VII/1 3013. 3071. 3080. Zur Bedeutung des Straßenzuges seit archaischer Zeit vgl. SCHERRER 2006c, 55–57. 5 IvE VII/1 3008. 6 Auf die komplizierte und durch neueste Forschungen wiederum umgestoßene Entwicklung des Staatsmarktes wird hier nicht eingegangen; vgl. dazu MITSOPOULOS-LEON 2005; SCHERRER 2007; THÜR 2007. Wegen der nun erfolgten Umdatierung des Tempels im Zentrum des Platzes von vor- oder früh- in spätaugusteische Zeit sind die bisherigen Deutungsversuche als Tempel des divus Iulius und der dea Roma (vgl. dazu auch HERZ 2003) endgültig
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Rand lagen seit Augustus wohl auch das Bouleuterion (Nr. 22) und das benachbarte Prytaneion (Nr. 24), wenn auch die erhaltenen Gebäude erst dem mittleren ersten Jahrhundert (Prytaneion) beziehungsweise der domitianischen Zeit (Bouleuterion) angehören dürften. Trotz seiner wichtigen Funktion seit der frühesten Kaiserzeit dachte man anscheinend aber erst einhundert Jahre später, nach der Errichtung des ersten provinzialen Kaisertempels (Nr. 30) südwestlich des Staatsmarktes, an eine bessere Ausstattung des Embolos-Straßenzuges. Prinzipiell ist zu erwarten, dass Bauten und Plätze mit Funktionen bei großen öffentlichen Festen auch entsprechend verkehrsgünstig lagen und über breite Straßen mit Schatten spendenden Säulenhallen, öffentlichen Brunnen und anderen infrastrukturellen Maßnahmen erreichbar waren. Nun zeigt schon ein flüchtiger Blick auf die ergrabenen Stadtteile von Ephesos, dass die in Frage kommenden Großbauten wie Kaiserkulttempel, Theater, Stadion, Gymnasien und Sportplätze sowie andere für den Ablauf von Festen wichtige Anlagen wie die mit den Gymnasien häufig verbundenen Thermen, öffentliche Brunnen und die Agora als Versorgungsfaktor sowie andere Plätze als notwendige Treffpunkte und Versammlungsräume tatsächlich einerseits entlang boulevardartiger innerstädtischer Hauptverbindungslinien, anderseits weit voneinander entfernt an verschiedenen äußeren Ecken der Stadt angeordnet waren. Diese noch näher zu besprechende Lage der Wettkampfstätten direkt am Hafen oder an anderen Stellen des Stadtrandes begünstigte zwar den geordneten Zugang der Teilnehmer- und Zuschauermassen, die wohl während der Feierlichkeiten zu einem bestimmten Teil auf freiem Feld vor der Stadt campierten und erleichterten die Kontrolle im Fall von latent immer zu erwartenden Krawallen, schuf aber umso gedrängtere Verkehrsverhältnisse im Zentrum, wenn größere Gruppen im Rahmen von Prozessionen (unter absichtlicher Inkaufnahme von Umwegen zur Ansteuerung wichtiger Stationen) oder einfach als Publikum (auf kürzestem Weg) verschiedene Kult- und Wettkampfstätten oder Versammlungsorte hintereinander erreichen wollten. Das wichtigste Heiligtum, das altehrwürdige Artemision, lag in hellenistisch-römischer Zeit außerhalb der Stadt in einer Entfernung von mindestens sieben Stadien. Eine zu Beginn des zweiten Jahrhunderts n. Chr., genau im Jahre 104/105, von einem C. Vibius Salutaris begründete und in ihrer Routenführung in der Stiftungsinschrift beschriebene Prozession zu Anlässen wie etwa den Volksversammlungen im Theater – unter anderem an den Geburtstagen des Kaisers und der Stadtgöttin Artemis – führte bewusst im Kreis vom Heiligtum der Artemis über das Magnesische Tor zum Theater und über das Koressische Tor zurück zum Tempel.7 Genau diese im Theater (Nr. 75) angebrachte Inschrift führte den ersten Ausgräber von Ephesos, John T. Wood, nach obsolet: SCHERRER 1997a, 93–100; SCHERRER 2001, 69; THÜR 2004, 221–225, eine Deutung als Augustustempel (JOBST 1980) hingegen wahrscheinlicher geworden. 7 IvE Ia 27 ff.; dazu ausführlich ROGERS 1991.
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jahrelanger vergeblicher Suche über die Ausgrabung der Straßen auch am Silvestertag 1869 endlich in das Artemision. Die von den österreichischen Archäologen seit 1895 immer wieder fortgesetzte Tradition der Straßengrabungen und Erforschung des öffentlichen Raumes ließ mittlerweile fast das gesamte innerstädtische Hauptstraßennetz, an dem die uns interessierenden Gebäude liegen können, erkennbar werden. Die profunde, wenngleich noch immer lückenhafte archäologische Kenntnis des kaiserzeitlichen Stadtgebietes umfasst neben den Hauptstraßen das Theater (Nr. 75), die Agora (Nr. 61), den so genannten Staatsmarkt (Nr. 18) mit dem augusteischen Kaiserkultzentrum inklusive des Prytaneions (Nr. 24) und des Bouleuterions (Nr. 22), die Tempel der domitianischen (Nr. 30) und der hadrianischen (Nr. 98) Kaiserneokorien, das so genannte Serapeion (Nr. 67), das wohl eher als Mouseion zu bezeichnen sein dürfte, zahlreiche Ehrengräber, darunter die Bibliothek des Celsus (Nr. 55) aus traianischer Zeit, sechs öffentliche Großthermen (Nr. 12, 16, 41, 79, 92, 106), von denen fünf mit Gymnasien (Nr. 12, 16, 79, 92–93, 106) verbunden waren, und zahlreiche, von denselben Wasserleitungen gespeiste Brunnenhäuser sowie die so genannten Verulanushallen (Nr. 94), die als Park und Sportpalast bei großen Festen wohl eine wichtige Rolle spielten. Vom Aussehen der hellenistischen, von König Lysimachos zu Beginn des dritten Jahrhunderts v. Chr. angelegten Stadt hingegen wissen wir außer dem wesentlichen Verlauf der Stadtmauer und der Lage der Tore sowie der Agora kaum etwas Konkretes. Sicher ist, dass die bauliche Ausgestaltung nur einen relativ geringen Teil des von den Stadtmauern umfassten Areals, vor allem die küstenseitigen Berghänge und den relativ ebenen Zwickel zwischen diesen, wo die Agora lag, beanspruchte. Interessanterweise ist es bisher auch nicht gelungen, einen einzigen Tempel einer der für die griechisch-hellenistische Epoche der Stadt literarisch überlieferten Gottheiten und Kulte innerhalb der Stadt zu lokalisieren. Die Wichtigkeit der Hauptstraßen als Prozessionswege belegt hingegen neben der erwähnten Salutarisinschrift eine Reihe von Nachrichten. Wir besitzen Informationen etwa von einem ausgeprägten Kult der Demeter und dem Fest der Thesmophorien außerhalb der Stadt8 schon mindestens zu Beginn des fünften Jahrhunderts v. Chr. oder einem bisher nicht über die Kaiserzeit zurück verfolgbaren Fest der Artemis und/oder Aphrodite Daitis am Strand,9 wobei in beiden Fällen prozessionsartige Bewegungen von der Stadt zum Festort vorauszusetzen beziehungsweise überliefert sind. Auch eine Prozession zum Geburtsort der Artemis in ein bisher nicht lokalisiertes Ortygia mit anschließenden Festbanketten ist bereits für die vorhellenistische Zeit anzunehmen, nach Strabon gab es dort ‹archaische› Tempel mit 8 Hdt. 6,16 (mit Bezugnahme auf den Schiffbruch der Chier nach der Seeschlacht von Lade). 9 KEIL 1914.
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hölzernen Götterbildern und spätere Tempel mit Werken des Skopas.10 Ob es diese Prozession war, bei der Apelles den Megabyzos, den Oberpriester der Artemis, farbenprächtig malte und die Xenophon von Ephesos beschreibt und ob im Rahmen derselben Feiern die Artemisia, zu denen auch erst in der Kaiserzeit besser fassbare Agone gehörten,11 gefeiert wurden, oder ob dies ein getrenntes Fest war, ist aufgrund der Quellenlage nicht zu entscheiden.12 Nach einigen Inschriften der Kaiserzeit, die von einem Alten und einem Neuen Gymnasion auf den Gründen der Artemis sprechen,13 könnte man annehmen, dass die Artemisia tatsächlich nahe beim Heiligtum gefeiert wurden. Ebenfalls bis in zumindest frühhellenistische Zeit dürften die jährlich gefeierten Dionysia14 zurückgehen, deren Agonothet im mittleren ersten Jahrhundert v. Chr. der Romapriester, ab 40/39 v. Chr. der Prytan von Ephesos war, der anscheinend von nun an auch die Romapriesterschaft übernommen hatte.15 Im Winter wurde zu Ehren des Dionysos das Katagogienfest mit einem ausgelassenen Umzug in den Straßen der Stadt gefeiert, anlässlich dessen Bischof Timotheus das Martyrium erlitt.16 Die ursprünglich beim Panionion zu Ehren des Poseidon abgehaltenen penteterischen Epheseia wurden zumindest in der Kaiserzeit als rein ephesische Spiele ohne Bezug zu Poseidon gefeiert.17 Wir treten in Ephesos mit der Stadt als physischem Veranstaltungsort von Festen und Agonen mit unserem derzeitigen Wissen also relativ spät ein und müssen außerdem anerkennen, dass die uns bekannten Bauten und inschriftlich beleuchteten Vorgänge sich auf den Kaiserkult, speziell auf die unter Domitian und Hadrian gestifteten Neokorietempel und Kaiserfeste des Koinon Asias beziehen; über die agonalen Veranstaltungsorte der hellenistisch-frührömischen Zeit wissen wir kaum etwas.18 Andererseits haben wir damit eine durch keine älteren kultischen wie baulichen Einrichtungen verbundene und somit historisch unbelastete Neueinführung vor uns. Die Einrichtung der provinzialen Kaiserkultfeste und die damit verbundene Umgestaltung der Stadt erfolgten innerhalb eines halben Jahrhunderts, ungefähr zwischen 84 und 136 n. Chr.
10
Strab. 14,1,20. LEHNER 2004, 139–151. 12 Vgl. zusammenfassend OSTER 1990, 1708 f. 13 Archaion Gymnasion: IvE V 1618; Kainon Gymnasion auf dem Grund der Artemis und deren ewige Gymnasiarchie: IvE III 938, IvE 938A; IV 1143. 1150; VII/1 3066. 14 Dazu jetzt LEHNER 2004, 152–155. 15 IvE Ia 9, III 702; VII/1 3066; dazu SCHERRER 1997a, 96. 16 OSTER 1990, 1673–1676. 17 Zusammenfassend LEHNER 2004, 127–138. 18 Möglicherweise befand sich das Stadion bis in augusteische Zeit ursprünglich beim Gymnasium unter dem sog. Staatsmarkt bzw. unter der diesen begrenzenden Basilike Stoa (Nr. 21), vgl. SCHERRER 2001, 71. 11
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2 Das Bauprogramm der domitianischen Neokorie Kommen wir nun zu den Bauten und Einrichtungen des ersten Neokoriekultes mit seinem etwa ein Monat andauernden provinzialen Kaiserfest in seiner umfangreichsten, nur alle vier Jahre vorkommenden Ausgestaltung: Große Wichtigkeit kam den Übungs- und Austragungsstätten für den penteterischen Agon und – als Rahmenprogramm – den in Kleinasien spätestens im mittleren zweiten Jahrhundert zu einem fixen Bestandteil gewordenen römischen Tierhetzen und Gladiatorenkämpfen zu. Für deren Abhaltung durch Agonotheten und Archiereis des provinzialen Kaiserkultes liegen in Ephesos mehrfach inschriftliche Hinweise vor.19 Reservierungen von Sitzplätzen20 im Theater und im Stadion für spendable auswärtige Spielleiter und deren Anhang gehen in dieselbe Richtung. Das Theater (Nr. 75) war von seinem ursprünglichen Zweck als Ort der Volksversammlung ideal geeignet und wurde mit Sicherheit auch dafür genutzt, die Anwesenheit und Loyalität der Bürger und auswärtigen Gesandtschaften bei Kaiserfesten zu demonstrieren. Hier wurden wohl die wesentlichen Reden geschwungen und stundenlange Sprechchöre intoniert, wie dies mit dem ‹Groß ist die Artemis der Ephesier› ad hoc auch nach der Paulusrede21 geschah. In der bereits erwähnten Stiftung des Salutaris waren goldene und silberne Statuetten Traians und sogar der Plotina, die im Theater während der Versammlungen aufgestellt werden mussten, wesentlicher Bestandteil der Prozedur und garantierten die Anwesenheit des Kaisers beziehungsweise Kaiserhauses im Kreise der Schutzgottheit Artemis und der mythischen Heroen und Gründerväter der Stadt. Zugleich aber wurde mit diesen an genau festgelegten Plätzen aufzustellenden Statuetten und den zugehörigen Basisinschriften den einzelnen Gruppen (etwa der Gerusie, den sechs Phylen, den Epheben und den Paides) ihr Sektor zugewiesen und eine Sitzordnung geschaffen. Da nach inschriftlicher wie baugeschichtlich-archäologischer Evidenz das im Laufe des mittleren bis späten dritten Jahrhunderts v. Chr. errichtete und unter Augustus renovierte oder vergrößerte Theater unter Domitian und Traian komplett umgestaltet und vielleicht auch aufgestockt wurde,22 ist der Zeitpunkt der Salu19
Dazu LEHNER 2004, 66 f. IvE 618. 21 Apg. 19,24 ff. 22 Zum Theater im Überblick vorläufig noch: HOFBAUER 2002 (Eine umfassende Neuaufarbeitung der Baugeschichte des Theaters durch M. HOFBAUER im Rahmen einer Wiener Dissertation befindet sich kurz vor dem Abschluss); Bauinschriften aus dem zweiten Diazoma für Domitian (IvE VI 2034 f.) gehören in das Jahr 92, eine weitere vom dritten Rang für Traian (IvE VI 2037, zwischen 102 und 112) passt zur Salutarisinschrift und der in das Jahr 105 sehr gut möglichen Amtsführung eines Hauptsponsors, des Archiereus Asias T. Flavius Montanus aus Akmonia, der das Theater vollendet haben soll. Vgl. IvE II 498; VI 2037. 2061II. 2062 f.; dazu SCHERRER 1997b, 114. 20
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tarisstiftung kaum Zufall, sondern markiert wohl sozusagen die Wiedereröffnung und gleichzeitig den weitgehenden Funktionswandel vom Ort der Volksversammlung einer freien Polis (Ephesos besaß anscheinend den Status einer civitas libera atque foederata) zum Schauplatz der Kaiserloyalität mit vorgegebenem Handlungsablauf mit dem Volk als interaktivem Publikum anstatt politischer Entscheidungsfindung. Ob schon nach diesem Umbau im frühen zweiten Jahrhundert hier auch zur allgemeinen Erbauung Gladiatorenspiele stattfanden, wie diese durch Ritzzeichnungen im unteren Bühnenbereich und die an sich nicht datierbare Verlegung der Prohedrie vom Rand der Orchestra in den Zwischengang zwischen dem ersten und dem zweiten Rang sowie die Errichtung einer Schutzmauer um die Orchestra selbst für das späte dritte Jahrhundert schon bisher angenommen wurden, lässt sich nicht sicher sagen. Unabhängig von der im ersten Jahrhundert ständig und rasant wachsenden Einwohnerzahl von Ephesos ist aber der Zeitpunkt des Umbaues alles andere als zufällig, sondern erscheint als unmittelbare Folge des Erhalts der lang ersehnten ersten Kaiserneokorie unter Domitian. Die Arbeiten am Theater dürften gleichzeitig mit dem Bau des Kaisertempels oder sofort nach dessen Vollendung eingesetzt haben. Die Errichtung dieses Tempels (Nr. 30) erfolgte auf einer dafür extra geschaffenen Terrasse, die über Gewölbesubstruktionen und einer im griechischen Ostteil des Imperium sonst bisher nirgends nachweisbaren U-förmigen Kryptoporticus lag,23 was auf eine Planung in betont ‹römischer› Weise hinweist. Als Sichtfassade und Einfassung der Terrasse zur platzartig erweiterten Hauptstraße, auf der man sich von Norden der Langseite des Tempels näherte, diente eine dreistöckige Fassade mit prunkvoller dreiflügeliger Freitreppe und unten dorischer, in der Mitte ionischer und zuoberst korinthischer Ordnung. Im mittleren Bereich dienten, ähnlich der ungefähr gleichzeitigen Fassade der Stoa in Korinth und der etwas jüngeren Basilica Ulpia am Traiansforum, barbarische Gefangene (Abb. 3) anstatt von Säulen als tragende Elemente.24 Ob dieses spezielle Element eine Anspielung auf den Germanensieg Domitians war, nach dem Ephesos seine Neokorie (das Recht auf die Errichtung und Pflege eines ‹gemeinsamen Kaisertempels der Provinz Asia›) erhielt, oder ob es sich um einen allgemeinen Ausdruck der Sieghaftigkeit des römischen Kaisers handeln sollte, ist für unsere Fragestellung ebenso unerheblich wie der nicht enden wollende Streit um das genaue Datum der Neokorieverleihung zwischen frühestens 81/82 und 84 n. Chr. oder den genauen Zeitpunkt der Einführung des zugehörigen Agons, der Olympia.25 Im Zeitraum 88/89 n. Chr. wurde der 23
LUSCHIN 2002, 140 f. Vgl. dazu SCHNEIDER 1986, bes. 125–128, mit allerdings zu später Datierung der ephesischen Fassade, da er sie für einen Zusatz der Antoninenzeit hielt und mit den umstrittenen ‹Partherreliefs› (dazu jetzt: SEIPEL 2006) in einen inhaltlichen und stilistischen Zusammenhang stellen wollte. 25 Vgl. LEHNER 2004, 182–186, der neuerlich die erledigt geglaubte Diskussion (SCHERRER 1997a, 109) um die Metrobius-Inschriften aus Iasos (IK 28, Nr. 107 f.) aufgriff und einen 24
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tetrastyle Tempel in Form eines Pseudodipteros mit acht mal dreizehn Säulen in der umgebenden Ringhalle jedenfalls eröffnet und erhielt mit dem großen ephesischen Bauherrn Tiberius Claudius Aristion seinen ersten Archiereus, der nach Ablauf seines Amtsjahres am 22. September 89 n. Chr. die Pflegschaft für den Tempel (bis zur endgültigen Vollendung oder auf Lebenszeit?) und später noch zweimal das Amt des Erzpriesters übernahm.26 Die Lage des Tempels in erhöhter Position über dem so genannten Staatsmarkt mit seinen Ehren- und Kultbauten für die iulisch-claudische Dynastie war nicht nur wegen dieser optischen Überhöhung des neuen Kaiserhauses über das vorige perfekt gewählt. Die Gefangenenfassade (Abb. 3) war wohl integraler Bestandteil des Bauplanes und verlangte die Lage am Hang. Zusätzlich aber lag der Tempel mit seiner Hauptachse nur unwesentlich verschoben parallel zu der langen Geraden, die von der vom Magnesischen Tor kommenden und von dort bis zum Staatsmarkt leicht bergan führenden Hauptstraße (Nr. 110) von Ephesos gebildet wurde. Diese führte geradewegs auf die Südostecke der Tempelterrasse zu und bog an dieser nach Norden um, um sich entlang der Vorderfront des Tempels fortzusetzen. Der beim Magnesischen Tor die Stadt betretende Besucher wurde also direkt auf den domitianischen Tempel zugeführt und hatte diesen die ganze Zeit als erhöhte Begrenzung seines Blickfeldes im Auge, während der ältere, auf dem Niveau der Straße befindliche Staatsmarkt im Wesentlichen hinter den Straßenbegleithallen verborgen blieb. Als dritter Großbau wurde in domitianischer Zeit das wohl bereits seit augusteischer Zeit in Bau befindliche und seit Nero jedenfalls mit Tribünen ausgestattete neue Stadion (Nr. 104) an der nördlichen Peripherie der Stadt endgültig fertig gestellt.27 Seine über zweihundert Meter lange, seit der Spätantike völlig dem Steinraub zum Opfer gefallene Nordfassade muss vom Artemision und der Fernstraße Milet–Smyrna aus einen großartigen Anblick für den sich der Stadt nähernden Reisenden geboten haben. Noch eindrucksvoller aber dürfte der geplante Prospekt von der Hafenseite aus gewesen sein. Das im Stadtplan und in natura noch immer gut erkennbare Hafenbecken dürfte erst im fortgeschrittenen ersten Jahrhundert n. Chr. in seiner bekannten Form geschaffen und mit breiten Molen umgeben worden sein, die Fertigstellung erfolgte unter Traian mit riesigen Geldspenden Privater, darunter auch von einem Archiereus Asias aus Akmonia namens T. Flavius Monzeitlichen Abstand zwischen den beiden Weihungen an Herakles und Zeus verteidigte. Ich bleibe allerdings bei meinem Argument, dass Metrobius bei einer zeitlichen Trennung der Weihungen nach einer unglaublichen Serie von einhundertneununddreißig Siegen bei regionalen Spielen (Heraklesweihung) mindestens drei Jahre lang keinen einzigen Sieg errungen hätte, dann aber plötzlich – und ausschließlich – bei den Capitolia in Rom und im klassischen Periodos (Zeusweihung) erfolgreich gewesen wäre. 26 Vgl. FRIESEN 1993 (zur Datierung bes. 41–49), dessen weiterführende Thesen allerdings auf zahlreichen Irrtümern und überholten Ergebnissen der archäologischen Forschung aufbauten; zu Aristion: SCHERRER 1997b, 115–139, als Tempelfunktionär bes. 115–117. 27 KARWIESE 1997, 141 f.
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tanus, dessen Geld auch für die Vollendung des Theaterbaues herangezogen wurde.28 Vom Scheitelpunkt der Hafenmolen zog – teilweise über die ehemalige Meeresbucht – eine neue Prachtstraße (in der Spätantike: Arkadiane; Nr. 83 und 87) direkt auf das Theater zu. An ihrer Nordseite, auf aus den Flussablagerungen entlang der Küste neu gewonnenem Land wurde die flächenmäßig weitaus größte Platzanlage von Ephesos angelegt, die wahrscheinlich Xystoi (Nr. 94) genannt wurde.29 Nach einer um 130/131 n. Chr., nach Erhalt der zweiten Kaiserneokorie, von C. Claudius Verulanus Marcellus30 gestifteten Marmorwandvertäfelung erhielt der Komplex seinen heutigen Namen als Verulanushallen, nach anderen, möglicherweise auf diesen Baukomplex zu beziehenden Wandarchitravinschriften verschiedener Stifter ist aber mit einer Fertigstellung um 108 n. Chr. zu rechnen.31 Die leider bereits zu Beginn der österreichischen Grabungen nur sehr ausschnitthaft untersuchte und seither wieder völlig überwucherte und in die Erde zurückgesunkene Anlage dürfte einen parkähnlichen, für große Festversammlungen geeigneten Hof (zweihundert mal einhundertachtundvierzig Meter) besessen haben, der von dreischiffigen, gut zweihundert (Nord- und Südseite) beziehungsweise etwa zweihundertvierzig Meter (Ostund Westseite) langen Hallen allseitig umgeben war. Anscheinend waren die mit circa sechzehn Meter lichter Weite überbreiten Mittelschiffe ungedeckt und dienten als Austragungsorte für Laufwettbewerbe mit unterschiedlichen Stadionlängen,32 während das Publikum die Athleten vom Schatten in den Seitenschiffen aus anfeuern konnte. Östlich anschließend an die Verulanushallen lag das heute so genannte Theatergymnasium (Nr. 79), das in seiner um 200 n. Chr. entstandenen Form wahrscheinlich das in augusteischer Zeit genannte Gymnasion der Älteren33 (= der Gerusie) ersetzt hat. Westlich der Verulanushallen entstand ein neues Gymnasium (so genannte Hafengymnasium; Nr. 93), dessen Einweihung im Jahr 92 n. Chr., möglicherweise genau am Neujahrstag (23. September) der Provinz Asia, erfolgte.34 Sein ursprünglicher Name könnte Domitiansgymnasium gewe28 IvE II 206II (Hafenausbau: fünfundsiebzigtausend Denare); Theater: IvE VI 2037; 2061II; 2062 f. 29 Trotz der von CRAMME 2001, 288–290 erkannten, bisherigen Fehlinterpretation einiger ephesischer Inschriften (IvE IV 1104. 1125. 1155), die sich auf den Xystarchen und Vorsteher der Traiansthermen in Rom beziehen, bleibt für Ephesos noch KNIBBE, ENGELMANN, ˙IPLI˙KC¸ ˙IOG˘ LU 1989, 175, Nr. 8 mit der Erwähnung eines Xystarchen in einer ephesischen Familie und die Bemerkungen des Philostr. Ap. 8,18 und 26 über Apollonius von Tyana. 30 IvE II 430. 31 SCHERRER 1997b, 121 f. 32 Vgl. FRIESEN 1993, 134–137. Das längere olympische Stadion könnte etwa bei den Olympia und das kürzere ephesische Stadion (ca. einhundertsiebzig Meter) etwa bei den Ephesia als Maß der Wegstrecke verwendet worden sein. Man könnte auch an eine verkürzte Wegstrecke für Knabenläufe denken. 33 Z. B.: IvE II 442; III 702; V 1587; KNIBBE, ENGELMANN, ˙IPLI˙KC¸ I˙OG˘ LU 1989, 175–178, Nr. 9; KNIBBE, ENGELMANN, ˙IPLI˙KC¸ I˙OG˘ LU 1993, 116–118, Nr. 8 f. 34 SCHERRER 2006a, 52.
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sen sein,35 in erhaltenen, teilweise nur wenig späteren Inschriften ist vom Sebaston Gymnasion die Rede.36 Als treibende Kraft bei der Finanzierung ist der schon um den Kaisertempel verdiente Ti. Claudius Aristion zu nennen, der 91/92 n. Chr. als Prytan und 92/93 n. Chr. als Grammateus des Demos fungierte, während seine Verwandte (Schwester oder Mutter?) Claudia Trophime die Prytanie übernahm.37 Beide datierende Titel des Aristion, die Prytanie der Trophime und ein Ti. Claudius Frugianus als erster Gymnasiarch sind in den erhaltenen Bauinschriften und auf Statuenbasen der Ausstattung genannt.38 Insgesamt liegen also gute Indizien, wenn auch keine stringenten Beweise vor, dass Aristion sowohl das Hafengymnasium als auch die benachbarten Verulanushallen mit einem Konsortium von Freunden finanziert hatte. Die Lage der neuen Bauten direkt am Hafen und zusätzlich neben einem bestehenden Gymnasium sowie der wahrscheinliche Name Sebaston Gymnasion zeigen deutlich die Funktion im Rahmen der neuen Agone39 für den Kaisertempel. Der in seiner antiken Bezeichnung umstrittene, höchst aufwändige Thermenkomplex am Hafen40 dürfte erst ab traianisch-hadrianischer Zeit errichtet worden sein,41 gehörte aber nach seiner baulichen Abstimmung mit dem Gymnasion mit einiger Sicherheit bereits zum ursprünglichen Bauprogramm. Jedenfalls bot die Stadt im Jahr 92, nach Vollendung von Theater und Hafengymnasium vom Meer beziehungsweise Hafen her einen ebenso neuen Anblick wie dies durch Stadion und flavischem Kaisertempel von der Landseite aus der Fall war. Diese Thermen bildeten jedenfalls mit einiger Sicherheit den geplanten Endpunkt einer neuen Fernwasserleitung, die durch die ganze Stadt floss und die Bauten des Kaiserkultes und die Straßen zwischen ihnen mit öffentlich zugänglichem Wasser versorgte. Der in der Fachliteratur meist als Marnasleitung bezeichnete Aquaeduct hieß in der Antike ursprünglich eindeutig Domitianswasserleitung (Ydor Domitianon) und wurde – wie das Sebaston Gymnasion – im Jahr 92 zwischen dem 15. September (dies imperii Domitians) und dem 23. September (Neujahrstag der Provinz), also am ehesten wohl an einem der beiden Lostage selbst, eingeweiht.42 35
KARWIESE 1997. IvE III 621. 633. 661. 37 SCHERRER 2006a, 52 mit Anm. 31. 38 IvE II 461. 508; III 638A; IV 1128. 1129. 1129A. 39 Der von LEHNER 2004, 169–197, bes. 188 f. geführte Disput um die von mir und anderen vermutete Aussetzung der Olympia nach 96 n. Chr. und Wiedereinführung um 129 n. Chr. nach dem Erhalt der zweiten Neokorie sowie die mögliche Umwidmung der Balbilleia als Agon des ersten Neokorietempels ab 96 n. Chr. soll hier nicht fortgesetzt werden. Dazu sind auch die Ergebnisse der in Arbeit befindlichen Dissertation von M. BOUTET-LANOUETT abzuwarten. 40 CRAMME 2001, 288–290 stellte die bisherige Ansicht, die in den Inschriften IvE IV 1104. 1125. 1155 genannten ‹Kaiserthermen› bezögen sich auf die Hafenbäder richtig und erkannte die Wendung als Teil der Titulatur eines stadtrömischen Athletenverbandsfunktionärs mit Sitz in den Traiansthermen. 41 STROCKA 1988, bes. 302. 42 Zur Marnasleitung und ihrer Datierung jetzt: SCHERRER 2006a, 48–53. 36
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Die öffentlichen Entnahmebrunnen zu der aus den Quellen der Flüsse Marnas und Klaseas gespeisten Wasserleitung waren strategisch höchst geschickt angelegt. An der Straße (so genannte Südstraße) vom Magnesischen Tor zum Kaisertempel, etwa einhundert Meter vor dem Tempel, der gerade von hier aus am besten gesehen werden konnte, wurde ein prunkvolles zweiflügeliges Nymphaeum (so genannte Fontäne; Nr. 17) mit zwei Entnahmebecken und großen Innenreservoirs zur weiteren Verteilung des Wassers über die Stadt errichtet. Zwei weitere Brunnen (Abb. 4) befanden sich auf der dem Tempel schräg gegenüberliegenden Straßenseite, nachdem die Plateia am Tempel vorbeigeführt hatte. Auch von hier war durch die platzartige Erweiterung der Straße (so genannter Domitiansplatz) ein optimaler Blick auf den Sakralbezirk und seine dreistöckige Prunkfassade mit den dienenden Barbaren gegeben. Der eine, halbkreisförmige Brunnen (Nr. 28) lag auf Höhe des Straßenniveaus, der andere aber auf der Decke des nördlich benachbarten Ehren- oder Grabbaues für C. Sextilius Pollio aus tiberischer Zeit und somit auf dem Niveau des so genannten Staatsmarktes in einer Erweiterung von dessen westlicher Stützmauer. Während von der ursprünglichen statuarischen Ausstattung des Brunnens an der Straße und des oben beschriebenen Nymphaeums aufgrund spätantiker Umgestaltungen nichts mehr erhalten ist, lässt sich das Bildprogramm des Brunnens auf dem Polliobau noch gut erkennen. Umgeben von den gelagerten Flussgöttern Klaseas und Marnas saß in der mittleren Brunnennische ein Zeus mit den Zügen Domitians.43 Der Kaiser, der sich gerne als dominus et deus ansprechen ließ, wurde hier also tatsächlich mit dem obersten Reichsgott und griechischen Göttervater identifiziert und trat zugleich höchstpersönlich als Spender des Wassers aus der von der Stadt Ephesos finanzierten Leitung auf. Ein weiteres Brunnenhaus an der Nordwestecke des Bühnengebäudes des Theaters, direkt an der Kreuzung der neuen Straße vom Hafen (= Arkadiane) mit der alten, am Theater vorbeiführenden Plateia (so genannte Marmorstraße; Nr. 62) wurde ebenfalls erweitert. Der Bau aus späthellenistisch-augusteischer Zeit erfuhr durch eine zweite Reihe von zwei Säulen eine Verdoppelung des Raumes, auf einer der neuen Säulen wurde die Inschrift aus dem Marnas eingraviert.44 Möglicherweise war die Versorgung des Brunnens aus einer lokalen Quelle durch den vergrößerten Neubau des domitianischen Bühnengebäudes nicht mehr möglich oder die Wasserzufuhr aus anderen Gründen (Erdbeben?) schon früher versiegt. Mit einiger Sicherheit ist anzunehmen, dass die Marnasleitung weiter zu den Verulanushallen und dem Sebaston Gymnasion führte, wenn auch dort aufgrund der nur teilweisen Ausgrabung noch keine Wasserentnahmestellen bekannt sind. Die Versorgung der wohl erst unter Hadrian realisierten beziehungsweise vollendeten Hafenthermen (Nr. 92) aus dieser Leitung lässt sich durch Renovierungsarbeiten des Proconsul Caelius Montius unter der Samt43 44
STROCKA 1989. IvE II 417.
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herrschaft von Constans und Constantius II. erschließen, die sowohl an diesen, nun thermae Constantianae genannten Bädern als auch am zugleich als Wasserschloss dienenden Nymphaeum an der Plateia südlich des Staatsmarktes nachweisbar sind.45 Nach allem Bekannten diente die neue Wasserleitung also primär der Versorgung der Gebäude und Menschen, die direkt oder indirekt mit dem neu in die Stadt geholten Neokoriekult zu tun hatten, sei es als Teilnehmer von Kulthandlungen, Festakten und Agonen oder als Passanten, die durch die Lage der Brunnen geradezu gezwungen wurden, die von Tigellius Lupus genannten kaiserlichen Bauten, zu denen die Leitung und die Brunnen ebenfalls gehörten,46 in Augenschein zu nehmen und zu bewundern. Darüber hinaus aber wurden die Brunnenbauten als Aussichtspunkte auf die Großbauten, vor allem den Kaisertempel, konzipiert, und daher auch dann angelegt, wenn die Versorgung mit Trinkwasser in unmittelbarer Nähe bereits hinreichend gegeben war. Dies zeigt sich deutlich an der Platzierung des Domitiansbrunnens am so genannten Domitiansplatz, obwohl an den beiden Straßenecken davor und danach mit dem erst unter Titus errichteten Hydrekdocheion des Laecanius Bassus (Nr. 29) und dem augusteischen so genannten Hydreion (Nr. 33) zwei Brunnen in etwa je achtzig Meter Entfernung zur Verfügung standen. Mit der Ermordung Domitians und der damnatio memoriae scheinen keine echten Schwierigkeiten für den Erhalt des Neokoriekultes eingetreten zu sein. Nerva bestätigte alle Handlungen seines Vorgängers und der Tempel wurde – wie auch in anderen Provinzen – gelegentlich nunmehr als der des divus Vespasianus bezeichnet.47 Tatsächlich war aber eine offizielle Neubenennung des Kultes gar nicht nötig, weil in den Bezeichnungen des Kultes und des Tempels Domitian gar nicht enthalten war. Der auf die sozusagen objektive und personenunabhängige Überhöhung des Kaisertums bedachte Domitian hatte die Neokorie nicht wie Augustus (gemeinsam mit Roma) in Pergamon, Tiberius (gemeinsam mit Livia und dem Senatus) in Smyrna und Caius Caesar in Milet auf seine Person gemünzt, sondern alle (divinisierten) Kaiser darin eingeschlossen und somit der Institution als solcher gewidmet.48 Dies sollte fortan auch so bleiben und die Kaisertempel hießen allesamt bald allgemein Tempel der Augusti. Entsprechend waren im ephesischen Tempel auch am ehesten fünf Kaiserstatuen aufgestellt, Teile von zumindest zweien, dabei der sicher postum geschaffene Kopf des Titus, haben in den Substruktionsgewölben überdauert.49
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IvE IV 1314–1317. Vgl. o., Anm. 3. 47 IvE VII/1 3038; zum edictum Nervae und der üblichen Praxis DRÄGER 1993, 217 f.; zuletzt LEHNER 2004, 188 f. 48 FRIESEN 1993; SCHERRER 1997a, 105 f. 49 STROCKA 1989, 86; KREIKENBOM 1992, 213–215; SCHERRER 1997a, 106. 46
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3 Bauprogramme unter und für Traian Nichtsdestoweniger wurde dem Ehrgeiz der Ephesier zur Proteia, zur unangefochten ersten Stadt von Asia, aufzusteigen, durch die von Traian den Pergamenern verliehene zweite Neokorie mit dem Tempel des Zeus Philios ein starker Rückschlag versetzt. Also bemühte man sich nach Kräften auch Traian so gut wie möglich zu hofieren und hoffte wohl, vom Kaiser anlässlich seines unausweichlichen Besuchs in Ephesos während des Aufmarsches zum Partherkrieg oder spätestens bei dessen erhoffter siegreicher Rückkehr ebenfalls mit entsprechenden Privilegien ausgezeichnet zu werden. Dafür stattete man das Stadtzentrum mit einer ganzen Reihe von neuen, Traian gewidmeten oder seinen persönlichen Anschauungen huldigenden Bauwerken aus. Bis an das Ende des ersten Jahrzehnts des zweiten Jahrhunderts wurden die Großbauvorhaben aus der domitianischen Ära vollendet, der dritte Rang im Theater wohl circa 105 n. Chr., die Verulanushallen wahrscheinlich um 108 n. Chr., der Hafen wohl ebenfalls in diesen Jahren. Gleichzeitig arbeitete man aber an einem weiteren Vorhaben, dem so genannten Serapeion (Nr. 67), westlich der Agora.50 Die Arbeiten an der Temenosterrasse müssen zwischen 84 und 96 n. Chr. begonnen worden sein, wie die inschriftliche Datierung eines Umbaues des Agora-Westtores (Nr. 63) unter Domitian als Germanicus beweist.51 Dieser Umbau war nach dem Grabungsbefund durch die an die Agora-Außenmauer und das Tor heran gesetzten Stützmauern der neuen Terrasse und die damit verursachte Überbauung und Sperre der Zufahrtsstraßen entlang der Agorawest- und -südseite verursacht worden. Die auf der Terrasse an drei Seiten um einen Hof errichtete zweistöckige Hallenanlage korinthischer Ordnung ist nach ihrer Bauornamentik in traianisch-hadrianische Zeit zu datieren52 und wurde ziemlich sicher von derselben Bauhütte ausgeführt, die zuvor das Hafengymnasium errichtet hatte. An der Südseite des Temenos, gegenüber einer monumentalen Treppenanlage liegt ein mächtiger octostyler Prostylos mit schmalen Seitenräumen und tonnengewölbter Dachkonstruktion, dessen Baudekoration zwischen Hadrian und Caracalla hin und her datiert wird, die aber mit derjenigen der Hallen so weitgehend übereinstimmt, dass an einem gemeinsamen Bauplan kein Zweifel bestehen kann. Die seit J. KEIL verbreitete, wenn auch immer schon als problematisch gesehene Interpretation der Anlage als Serapeion wurde von mir versuchsweise durch eine Ansprache als Mouseion ersetzt. Dieses Mouseion als Ort einer Ärzteschule53 und einer philosophisch-rhetorischen Fakultät54 tritt
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Zu Forschungsgeschichte, Deutung und Datierung jetzt: SCHERRER 2005. IvE VII/1 3005. 52 KOLLER 2005, bes. 145. 53 IvE IV, 1161–1169 und IvE VI, 4101b aus der Marienkirche; dazu die Grabinschriften IvE VI, 2304 und IvE VII/1, 3239 mit Mouseionsärzten; vgl. dazu SCHERRER 2005, 133 f. 54 IvE VI 2065 (Zeit des Antoninus Pius); VII/1 3068. 51
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in Inschriften seit traianischer Zeit schlagartig und prominent in Ephesos hervor. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine derartige Hochschule aristotelischer Tradition mit Bibliothek nach alexandrinischem Vorbild in den höchsten Kreisen um Traian auf positive Resonanz stoßen musste.55 Dies ist durch die von Bibliotheken umgebene Grabsäule Traians selbst und dem davon ausgelösten Bibliotheksboom in seiner Umgebung (Plinius der Jüngere, Dion von Prusa) hinlänglich gesichert.56 Wenn dann auch noch um 108/110 n. Chr. in Ephesos, in unmittelbarer Nähe des Serapeions/Mouseions, vielleicht sogar in baulicher Verbindung mit diesem, vom ehemaligen Bautenminister (curator aedium sacrarum et operum locorumque publicorum populi Romani) Traians, dem aus Sardes stammenden proconsul Asiae C. Julius Celsus Polemaeanus, eine weitere Bibliothek (Nr. 55) als eigenes Heroon errichtet wurde, die das Traiansforum offensichtlich zitierte,57 dann ist die dahinter stehende Geisteshaltung augenscheinlich. Auch in den vornehmen Wohnungen im Stadtzentrum von Ephesos, im so genannten Hanghaus 2 (Nr. 51) etwa, wurden in dieser Zeit erstmals Privatbibliotheken eingeplant und die als Peripatoi nutzbaren Peristylhöfe mit Philosophenporträts ausgestattet.58 Andererseits war die Zuwendung eines Kaisers an das Vorbild Alexandria mit dem Alexandergrab keineswegs eine Erfindung traianischer Zeit, sondern das Motiv wurde schon von Augustus mit seinen Bibliotheken beim Apollotempel auf dem Palatin verwendet und von Vespasian mit dem Forum Pacis wieder aufgenommen.59 So gesehen waren diese Ideen auch unter Domitian60 sicher en vogue und ein Baubeginn für das Serapeion/Mouseion unter diesem Kaiser kein hinreichender Grund, eine inhaltliche Umplanung unter Traian annehmen zu müssen. Ein bisher noch nicht gesehenes Argument für die Nutzung des tempelartigen Hauptgebäudes im Serapeion/Mouseion als Hauptbibliothek der ‹Universität› in Form einer Musengrotte61 ist übrigens dessen Eindeckung mit einem Tonnengewölbe, wie dies schon bei der augusteischen Bibliothek auf dem Palatin und vielleicht auch bei den traianischen Bibliotheken der Fall war, sicher aber bei der im frühen bis mittleren zweiten Jahrhundert entstandenen Bibliothek im Ephesos benachbarten Nysa.62 Nach allem erscheint es kaum als Zufall, dass die Ärzte des ephesischen Synhedrions, die den Propator Asklepios und die Kaiser verehren, dem Leib-
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HOEPFNER 2002, 123. Plin. epist. 1,8,2; 2,17,8; 10,81,1 und 7; CIL III 607; CIL V 5262; vgl. zu den Bibliotheksstiftungen traianischer Zeit: GÖTZE 1937, bes. 244. 57 STROCKA 1988. 58 THÜR 2003. 59 Ein guter Überblick zu den Bibliotheksbauten der römischen Kaiser und ihrer Vorbilder sowie Nachahmer jetzt bei HOEPFNER 2002. 60 Zur Alexanderimitatio der römischen Kaiser, im besonderen Domitians bei der Ausprägung seiner Herrschaftsideologie vgl. etwa: FEARS 1977, bes. 249 f. 61 Zur Baubeschreibung und Deutung: SCHERRER 2005, 124–132. 62 Dazu MENEGHINI 2002, 119–122; zu Nysa: HOEPFNER 2002, 73–77. 56
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arzt Traians, T. Statilius Crito, der nebenbei auch Alexanderpriester war, eine Ehrung zuteil werden ließen.63 Diese kann eigentlich nur mit dem erwarteten oder tatsächlichen Aufenthalt von Traian in Ephesos im Herbst 113 n. Chr. auf dem Weg in den Partherkrieg und der Hoffnung, dass sich Crito für die Belange der Ephesier beim Kaiser einsetzen werde, erklärt werden. Da diese Ehrung zugleich die älteste einigermaßen genau datierbare Weihung der ephesischen Ärztevereinigung ist, könnte damals die Einweihung des Mouseions in Anwesenheit des Kaisers vorgenommen worden oder ein solches Vorgehen zumindest geplant gewesen sein. Vielleicht hofften die Ephesier damals, dem Kaiser mit dem zumindest gut in Baufortschritt befindlichen Projekt eine zweite Neokorie analog zu Pergamon herauszulocken. Ebenfalls mit dem Aufenthalt Traians im Osten und – wie zu zeigen sein wird – mit dem erwarteten Parthersieg, ist ein weiteres Bauprogramm zu verbinden, das um 114 n. Chr. bereits weit gediehen war. Hier nahm wiederum Aristion eine führende Rolle in der Planung und Finanzierung ein, außerdem ein P. Quintilius Vales Varius. Beide waren mit höchster Wahrscheinlichkeit mit Celsus verschwägert,64 der allerdings die Ausführung dieses Programms nicht mehr erlebt haben dürfte; im Gegenteil, die Fertigstellung seiner Bibliothek wurde ebenfalls von Aristion geleitet, nachdem zwischen 114 und 117 n. Chr. auch Celsus’ Sohn Aquila gestorben war.65 Aristion errichtete zuerst gemeinsam mit seiner Gattin Iulia Lydia Laterane einen prunkvollen Brunnen mit zweistöckiger Tabernakelarchitektur und großzügiger statuarischer Ausstattung, den so genannten Straßenbrunnen, an der Plateia vom Magnesischen Tor zum flavischen Neokorietempel, etwa auf halbem Weg zwischen diesen beiden Bauten.66 Nach der Titulatur Traians in der Bauinschrift gehört das Gebäude in die Zeit zwischen 102 und 114 n. Chr., die Anspeisung erfolgte am ehesten durch die domitianische Marnasleitung. Der Brunnen begrüßte als erste Wasserstelle den in die Stadt von der Landseite her Eintretenden und stahl somit – salopp gesagt – dem gut einhundert Meter weiter stadteinwärts gelegenen domitianischen Nymphaeum (Nr. 17) die Schau. Noch stärker auf Traian abgestimmt war ein zweites, ebenfalls vor 114 n. Chr. vollendetes, aber dem Straßenbrunnen gegenüber relativchronologisch 63
IvE III 719. Die Tochter des Quintilius Vales Varius, Varilla, könnte die Ehefrau des Celsus, Quintilia Varilla, gewesen sein, Aristions Ehefrau Iulia Lydia Laterane [Var?]illa wiederum eine Tochter oder Enkelin des Celsus; vgl. WÖRRLE 1973, 475 mit Anm. 28; KIRBIHLER 2003, 292– 299; SCHERRER 2006a, 55 mit Anm. 53. 65 IvE VII/2 5101. 5113; STROCKA 1978, bes. 893 f. 66 IvE 424A. Dieser bereits 1926 ausgegrabene und 1950 bei der Errichtung der neuen Zufahrtsstraße zugeschüttete Brunnen ist in den Stadtplänen nicht oder nur in ungefährer Lage eingetragen (Lokalisation etwa bei dem mit ‹110› bezeichneten Punkt der sog. Südstraße in Abb. 1 bzw. etwas östlich davon); zum Bau vgl. vorläufig auch QUATEMBER 2006a. 64
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etwas jüngeres Brunnenhaus auf halber Höhe des Embolos, dem vom Sattel mit dem Staatsmarkt in die Hafenebene führenden Teil der Plateia. Dieser heute als Nymphaeum Traiani (Nr. 38) bezeichnete Brunnen füllte die Versorgungslücke zwischen den späthellenistisch-augusteischen Brunnenbauten an beiden Enden dieses schräg durch das Stadtbild laufenden Straßenabschnittes bestens. Das ähnlich dem Straßenbrunnen konzipierte Hydrekdocheion, wie es in der Bauinschrift bezeichnet ist, wurde durch eine neue, zweihundertzehn Stadien lange Wasserleitung versorgt, deren Endpunkt genau unter den Füßen einer in der Brunnenmitte aufgestellten Monumentalstatue Traians lag.67 Das bereits unter Domitian erfolgreiche Konzept des Kaisers als Wasserspender wurde also nur etwa zwanzig Jahre später in leichter Variation erneut angewandt. Gleich oberhalb des Traiansnymphäums wurde im Jahr 114/115 ein Ehrentor (gegenüber dem in Abb. 1 mit Nr. 36 bezeichneten Punkt) für Traian an der Einmündung einer Gasse in den Embolos errichtet.68 Viel auffälliger aber war der Ort eines weiteren, wohl fälschlich von den Ausgräbern als Hadrianstor bezeichneten Propylons69 (Nr. 49), das ebenfalls 114/115 n. Chr. fertig gestellt worden sein muss. Es lag am Beginn der durch den Bau des Serapeion- beziehungsweise Mouseionbezirkes notwendig gewordenen neuen Straße nach Westen, auf deren Vorgänger entlang der Agora-Südfront sich außerdem nun die Celsusbibliothek erhob. Diese zum Stadttor beim Hafen führende Straße hatte beim Agora-Südtor spätestens seit der Anlage der Neustadt durch Lysimachos gemeinsam mit dem vom Magnesischen Tor herführenden Ast der Plateia, dem Embolos, und der zum Koressischen Tor im Norden zielenden ‹Plateia in Koressos› eine der Artemis Ephesia und Hekate heilige Dreiwegkreuzung gebildet, die Triodos, die als Mittelpunkt der Stadt gelten durfte.70 Dieser Kreuzungspunkt musste nun nach Südosten verlegt und mit dem Traian gewidmeten Torbogen ausgestaltet werden. Nach Abschluss der übrigen Bauarbeiten erfolgte – wie unter Domitian – die mit einer Inschrift am neuen Triodostor belegte Neupflasterung der Plateia vom Tor weg.71 Vom Traiansnymphaeum aus wurde dem Benutzer eine optimale Sicht auf die Prunkfassade der Celsusbibliothek (Nr. 55) geboten, die das untere Ende dieser Straße absperrte, und – an dieser südlich vorbei – auf den erhöht am Hang liegenden, tempelförmigen Hauptbau im Serapeion/Mouseion-Bezirk einhundertfünfzig Meter westlich der Bibliothek. Aber auch der Nahbereich des Blickfeldes bergab wurde von traianischen Neubauten dominiert. Auf der 67 IvE 424; zum Bau vorläufig: QUATEMBER 2006b. Ein Band ‹Forschungen in Ephesos› erscheint 2008. 68 IvE II 422. 69 IvE II 329 (zwei Fragmente der Kaisertitulatur für Traian oder Hadrian); dazu THÜR 1989, bes. 69–73 und 133 f., die zu Recht aus bautechnischen Gründen für eine Errichtung vor dem Hadrianstempel eintrat. 70 Zur Bedeutung der Triodos vgl. jetzt: SCHERRER 2006c, 55–57. 71 IvE II 422A; der genannte Grammateus des Volkes ist nach erhaltenen Namensresten fast sicher Tibe[rius Claudius Lucceianus] (114/115), s. dazu die in Anm. 57 f. genannte Lit.
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südlichen Straßenseite lagen die so genannten Hanghäuser (Nr. 50/51), deren Wohneinheiten gerade in dieser Zeit eine gründliche Generalsanierung beziehungsweise einen weitgehenden Neubau erfuhren,72 die beiden unteren Baublöcke im Norden des Embolos wurden von den Thermen des Varius (Nr. 41) und einer zugehörigen öffentlichen Latrinenanlage (im so genannten Freudenhaus, Nr. 43) eingenommen. Diese – übrigens als einzige im Stadtzentrum von Ephesos angelegten und wegen der beengten Lage hier nicht mit einem Gymnasium verbundenen – Variusthermen wurden zweifellos ebenfalls von der neuen Aristionleitung (antik anscheinend: Ydor Traianon)73 versorgt, mit deren Abwasser wiederum die etwas tiefer liegenden Latrinen (Paidiskeion) gespült wurden.74 Als straßenseitige Visitenkarte der Thermen diente ein nach dem Wortlaut der Bauinschrift und den enthaltenen Datierungshilfen (Angaben der Grammateis) 114/115 n. Chr. von Vales Varius gelobter Bau, der 118 n. Chr., also knapp nach dem Regierungswechsel zu Hadrian, eingeweiht wurde75 und deshalb in der Fachliteratur stets als Hadrianstempel (Nr. 40) bezeichnet wird (Abb. 5). Es handelt sich um einen im weitesten Sinne tatsächlich tempelförmigen Bau mit quer liegender Cella (7,50 Meter breit, fünf Meter tief), deren Form das darin aufgestellte, in der Bauinschrift erwähnte Agalma am ehesten in Form einer Gruppe von zwei oder drei nebeneinander stehenden Personen erahnen lässt. Aus dem Friesprogramm der mit einem syrischen Giebel versehenen viersäuligen Vorhalle lässt sich der Sinn des Gebäudes einigermaßen ableiten. Vorauszusetzen ist bei der Interpretation, dass im Herbst 114 n. Chr., als das Gebäude frühestens gelobt worden sein kann, der Kaiser schon offiziell den Titel Optimus angenommen hatte und erste Erfolge des Krieges im Osten propagandistisch bestrahlt wurden. Vorauszusetzen ist ferner, dass die Friese nicht – wie in der Fachliteratur bisher behauptet – zu einem umstrittenen Zeitpunkt ab Gallienus und spätestens unter Theodosius I. sekundär am Tempel versetzt wurden,76 sondern zum originalen Baubestand gehören.77 Vordergründig zeigen die Friese (Abb. 7) eine mythische Stadtgeschichte von Ephesos von der Gründung bis in römische Zeit. Auf dem nur halb erhaltenen Block A im Westen werden der als Sohn des attischen Königs Kodros angesehene Stadtgründer Androklos bei der vom Orakel für die Stadtgründung vorausgesetzten Ebertötung, die Stadtquelle Hypelaia und Kämpfe gegen Fein72
Vgl. dazu vorläufig KRINZINGER 2002, passim. Vgl. den Kommentar zu IvE II 424. 74 Variusbad und Paidiskeion: IvE II 455. 500; III 672; VII/1 3080; vgl. außerdem die Ehrenbasen IvE III 712B und 986. 75 IvE II 429; dazu: WÖRRLE 1973. 76 Zuletzt zum Friesprogramm und der Datierung in das dritte Viertel des vierten Jhs. mit Kritik an älteren Vorstellungen: FLEISCHER 2002. 77 Darauf hier einzugehen würde den Rahmen dieses Artikels bei weitem sprengen, was ich daher an anderer Stelle nachzuholen beabsichtige. Soviel sei gesagt, dass sowohl aus konstruktiven Gründen als auch nach Vergleichen mit anderen kleinformatigen Reliefwerken des späten ersten und frühen zweiten Jhs. n. Chr. (Titusbogen, Traiansbogen in Benevent, Hadrianeum in Rom) die bisherigen Spätdatierungen nicht aufrecht erhalten werden können. 73
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de gezeigt. Block B an der Nordfront, westlich der Cellatür, zeigt eine Opferszene im Typus, wie dieser an sich für römische Kaiser üblich ist, und daneben Herakles sowie die vor diesem (in das Artemision) fliehenden Amazonen. Östlich der Tür auf Block C sind wiederum fliehende und um Gnade flehende Amazonen dargestellt, die von dem im Triumphzug aus Indien heimkehrenden und daher auf einem Elefanten reitenden Dionysos aus Ephesos gejagt werden. Der Friesteil D in der Ostwand zeigt – eingefasst von Athena und Roma – insgesamt dreizehn göttliche und heroische Gestalten, von denen eine wegen des beigegebenen Hundes mit höchster Wahrscheinlichkeit der heroisierte Androklos ist. Diese Darstellung ist tatsächlich auf zwei, mit schräger Fuge aneinander gearbeitete Teilblöcke aufgeteilt, wobei der südliche – was schon R. FLEISCHER hinlänglich beweisen konnte – als Ersatzstück während des Baues verwendet wurde78 und eine wesentlich dichtere Figurenfolge zeigt, als der benachbarte Block. Offensichtlich wurde das Bildprogramm also schnell und preisgünstig geändert um eine zusätzliche Figur unterbringen zu können, woraus sich auch die unkanonische Zahl von dreizehn Figuren erklärt. Meiner Ansicht nach ist hier der soeben verstorbene Traian in die Versammlung von zwölf Göttern (einschließlich des neben ihm stehenden Heros Androklos), die im ursprünglichen Baugedanken einfach den griechisch-römischen Kosmos darstellen sollten, sekundär aufgenommen worden. Das Vorbild dafür ist im Tychaion von Alexandria zu finden, wo der verstorbene Alexander im Kreise der zwölf olympischen Götter dargestellt wurde. Damit ist auch bereits die Brücke zu einer zweiten Deutungsebene für den Fries geschlagen: Die Darstellung des reitenden Androklos auf Block A gibt den für Alexander verwendeten Typus genau wieder, die Ebertötung gehört zu den Übungen makedonischer Jungkrieger um in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen zu werden und beim Symposium zu Tische liegen zu dürfen. Die Vertreibung der Amazonen spiegelt die Unterwerfung der Perser durch den Makedonenkönig und Dionysos auf dem Elefanten seinen Indienzug wieder.79 Schlussendlich darf diese Anspielung auf Alexander aber in dritter Ebene als Allegorie für die zum Zeitpunkt des Tempelbaues erwartete Niederwerfung der Parther durch Traian und einem nach Cassius Dio80 von diesem anscheinend zumindest angedachten Indienzug verstanden werden. Mit diesem Tempel bereitete sich Ephesos demnach auf die triumphale Rückkehr des Kaisers aus dem Osten vor und wollte allen anderen mit dieser Huldigung zuvorkommen. Der unerwartete Tod des Kaisers machte diese Absichten zunichte und verlangte nach einer Neuprogrammierung des Monumentes mit der erhaltenen Änderung von Friesblock D. 78
FLEISCHER 1967, bes. 45 f. Curtius Rufus 8,10,1 (Alexander auf den Spuren des Dionysos in Indien); Strab. 15,1,41 (Elefanten als Herrscherprivileg); dazu ZIEGLER 2003, 120 (‹Elefanten konnten seitdem zum festen Repertoire eines Rückgriffs auf Alexander gehören›). 80 Vgl. die Szene am Persischen Golf und Traians angebliche Selbstvergleiche mit Alexander (Cass. Dio 68,30,1), nachdem Traian das Sterbezimmer Alexanders in Babylon (Cass. Dio 68,29,1) besucht hatte. 79
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Für die Gewinnung einer Vorstellung vom ursprünglichen Aussehen der Kultbildgruppe im Inneren ergeben sich aber nun genügend Ansatzpunkte. Einerseits ist hier wegen des starken vordergründigen Bezugs der Friese auf die Stadtgeschichte von Ephesos und schon allein wegen der zur Cellatür fliehenden Amazonen, aber auch wegen der Nennung der Göttin in der Bauinschrift an erster Stelle Artemis Ephesia zu erwarten, andererseits durfte Traian keinesfalls fehlen. In Analogie zum nur unwesentlich älteren Neokorietempel in Pergamon mit Zeus Philios und dem Kaiser81 wurde in Ephesos also anscheinend eine Kultbildgruppe geschaffen, die Traian entweder unter den besonderen Schutz der Artemis Ephesia stellen sollte, oder – noch wahrscheinlicher – ihn als Zeus präsentierte. Diese Annahme eines Zeus/Traian in der Cella neben Artemis Ephesia ist umso wahrscheinlicher, als beide in der Götterversammlung der Vorhalle fehlen. Der Titel Optimus82 stellte den Kaiser ohnehin bereits fast auf eine Stufe mit Iuppiter/Zeus; nun wäre Traian als irdischer pater patriae und himmlischer Vater der Artemis83 sozusagen zum Übervater nicht nur des Reiches im Allgemeinen,84 sondern speziell der Stadt Ephesos hochstilisiert worden. In Ephesos konzentierte sich die öffentliche Bautätigkeit unter Traian nach allem, was wir sicher wissen, im Wesentlichen auf den geschlossenen Ausbau beziehungsweise Neubau von zwei Stadtvierteln, die von der Agora getrennt und durch den an dieser im Osten vorbeiziehenden Ast der Plateia (Marmorstraße) verbunden wurden. Zuerst wurden die unter Domitian begonnenen Großbauten entlang der später Arkadiane genannten Prachtstraße (Nr. 83 und 87) fertiggestellt, das Theater (Nr. 75) wohl 104/105 n. Chr., die Xystoi (Nr. 94) um 108 n. Chr., wohl bald danach die Hafenmolen. Das zweite Bauprogramm schloss in mehreren Ausbaustufen ab 110 n. Chr. an das ebenfalls seit domitianischer Zeit in Bau befindliche Serapeion/Mouseion an und bildete mit der Celsusbibliothek, dem neuen Triodos-Tor, dem Variusbad samt dem so genannten Hadrianstempel und seinen zugehörigen Latrinen, dem Nymphaeum Traiani und dem östlich daran anschließenden Torbau sowie den Hanghäusern auf der gegenüberliegenden Seite den völligen Neubau eines geschlossenen Ensembles im zentralen, ja zentralsten Bereich von Ephesos rund um die Triodos-Kreuzung und an drei Seiten der Agora. 81
RAECK 1993. Ob wohl nach dem erfolgreichen Ende des Partherkrieges die Annahme des Titels Maximus vorgesehen war? 83 Ist es bloßer Zufall, dass gerade ungefähr zu dieser Zeit eine fragmentarische Inschrift aus dem Artemision (nach den Buchstaben ungefähr in das erste Jh. n. Chr. datiert), in der die Abstammung der Artemis Ephesia von Zeus und Leto betont wird, einen schwer nachvollziehbaren Zusammenhang mit den Theoi Sebastoi herstellte? 84 Plin. paneg. 6,1 und 57,4 nennt im Panegyricus den Kaiser imperator et parens und princeps generis humani. – Eine ähnliche Entwicklung vom parens patriae zum Iuppiter Iulius hatte bereits Caesar konsequent verfolgt (aus der reichhaltigen Literatur dazu sei hier stellvertrend nur auf DOBESCH 1966 und WEINSTOCK 1971 verwiesen), an den die traianische Propaganda auch in Rom möglicherweise anknüpfte (dazu SCHERRER 2004, bes. 373 f.). 82
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4 Die zweite Neokorie unter Hadrian Der Tod Traians riss die Ephesier aber auf allen Ebenen aus ihren Träumen. Die Gnade des neuen Kaisers galt neben der alten Königsstadt Pergamon, wo die Riesenanlage der so genannten Roten Halle emporzuwachsen begann, vor allem der Erbkonkurrentin Smyrna, das zur Bestürzung der Ephesier einen zweiten Neokorietempel für Hadrian erhielt und Ephesos somit auf Platz drei unter den Metropoleis von Asia verwies.85 Wie wichtig diese Gnade aber für das öffentliche, ganz auf den Kaiser und seine Absichten abgestellte Bauen war, zeigt sich daran, dass Ephesos auf diesem Sektor in Lethargie verfiel und fast zwei Jahrzehnte kein wesentliches Baugeschehen im städtischen Gefüge nachweisbar ist. Erst mit dem Besuch des Kaisers im Jahr 124, als Ephesos die Hadrianeia als neuen Agon erhielt, besserte sich das Verhältnis. Vielleicht legte man damals dem Kaiser schon die Pläne für den gigantischen Tempel86 in Analogie zum soeben vollendeten Olympieion in Athen vor, der spätestens um 130 n. Chr. mit der lange ersehnten Verleihung einer zweiten Kaiserneokorie langsam Gestalt erhalten sollte. Von dem fünfundachtzig mal siebenundfünfzig Meter im Grundriss messenden, nach einem einzigen, halb erhaltenem Kapitell circa fünfundzwanzig Meter hohen Tempel (Nr. 98) innerhalb eines circa dreihundertfünfzig mal zweihundertfünfundzwanzig Meter großen Temenos haben spätantik-christliche Steinbruchtätigkeit und intensives Kalkbrennen nicht einmal die Fundamente unversehrt gelassen. Die Lage im Neuland in der Hafenbucht garantierte dem Bau aber eine grandiose Fernwirkung auf das Meer hinaus wie auch auf die Fernstraße für die von Smyrna sich Ephesos nähernden Reisenden. Die Achse des Tempels war so gewählt, dass die in der Westhalle der Xystoi (Nr. 94) zum Lauf antretenden Athleten genau auf das Tempeltor zuliefen. Schon daher sind die oben bereits erwähnten Verschönerungsmaßnahmen des Verulanus gerade in dieser Halle bald nach dem Jahr 130 sicher kein Zufall, ebenso wenig wie der nun endlich realisierte Bau der Hafenthermen (Nr. 92). Ansonsten konnte für die Zwecke der neuen Neokorie auf die vorhandene Infrastruktur zurückgegriffen werden, wenn auch eine Reihe weiterer, oft schlecht nachweisbarer und nur ungefähr datierbarer Verschönerungsund Renovierungsarbeiten anzunehmen ist.
5 Schlussfolgerungen Mit diesem kurzen Resümee der Baugeschichte von Ephesos innerhalb des halben Jahrhunderts zwischen etwa 84 und 131 n. Chr. hoffe ich, einen kleinen 85 Vgl. zum Thema etwa HALFMANN 2001, 74 mit Unterstützung von Philost. Soph. 531 (Hadrian spendet Smyrna zehn Mio. Drachmen zum Bau verschiedener Gebäude). 86 Zur Identifikation dieses Baues mit dem bei Pausanias genannten Olympieion als dem hadrianischen Neokorietempel vgl. zuletzt SCHERRER 1999.
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Beitrag zum Verständnis städtischen Lebens in der Übergangsphase von der frühen zur hohen Kaiserzeit geliefert zu haben. Die in flavisch-traianischer Zeit noch relativ bescheidenen, mit Hadrian ins Kolossale gesteigerten Tempel bildeten für den Kaiserkult nur einen eher selten genützten Rahmen altehrwürdiger Form und Prestigeobjekte mit Fernwirkung. Dem sich der Stadt Nähernden oder sich in ihr Bewegenden sollte ein eindrucksvolles Bild von der Größe und dem Reichtum der Stadt vorgeführt werden. Viel wichtiger aber waren die so genannten Zweckbauten, das Theater, die Gymnasien und Thermen, die öffentlichen Brunnen und so weiter, deren Bauinschriften und statuarische Ausstattung nicht nur während der Kaiserfeste, sondern auch im Alltag dem Bürger ständig die Gegenwart und die Fürsorge des Kaisers vor Augen hielten. Mit einigem städteplanerischen Geschick – wie in Ephesos mit der führenden Person des Aristion, den Plinius der Jüngere zurecht princeps Ephesiorum nannte, nachweisbar – und der Bildung von Bauherrenkonsortien oder gemeinsamen, über das Eigene hinausreichenden Planungen konnte aus scheinbar einzelnen Bauten verschiedener Bauherrn über optische Achsen ein omnipräsentes Netzwerk geschaffen werden, in dem es sogar möglich war, neuere und damit politisch aktuelle Bauprogramme denen der älteren Kaiser vorzublenden und damit die Prioritäten eindrucksvoll zu staffeln. Letztlich schuf Aristion mit seinen Freunden mit einem für die Antike höchst ungewöhnlichen und meines Wissens abgesehen von kaiserlichen Neugründungen nirgends sonst auch nur annähernd in derartiger Konsequenz und Schnelligkeit der Ausführung nachweisbaren raumplanerischen Weitblick und Investitionen allerersten Ranges nicht nur ein neues Stadtviertel mit öffentlichen Großbauten zwischen Hafen und Theater entlang eines später Arkadiane genannten Boulevards, sondern auch einen gemischten Wohn- (Hanghäuser) und Freizeitbereich (Thermen, Bibliothek, Brunnen) durchsetzt mit (eher) kleinformatigen, aber vom Bildprogramm feinst strukturierten Schmuckbauten (Hadrianstempel, Tore) mit aufeinander bezogenen Sichtachsen87 im Zentrum der Stadt. Diese Innenstadtsanierung wurde vom flavischen Neokorietempel im Osten und vom Universitätsbezirk (Serapeion/Mouseion) im Westen durch Tempel innerhalb größerer Plätze, die abgesehen von ihrer kultischen oder sonstigen vordergründigen Funktion auch als innerstädtisches Erholungsgebiet dienten, eingerahmt. Dass zumindest zwei der bedeutenden Planer und Stifter dieser Bauprogramme, Celsus und Aristion,88 ihr eigenes Heroon in das von ihnen geschaffene zentrale Stadtviertel stellen konnten, ist eine im Gesamtbild von Ephesos geradezu logische Konsequenz in einer Folge von Grab- und Ehrenbauten am Embolos seit der ausgehenden Republik.89 87
Zur Drehung der Achse der Haupteinheit in Hanghaus 1 (Nr. 50) auf den Embolos hin und der damit erfolgten bewussten Einbeziehung des sog. Hadrianstempels in den Prospekt vom erhöht gelegenen Peristylhof dieser sog. Domus aus vgl. bereits LANG-AUINGER 1996, 204–208. 88 THÜR 1997, passim; zur möglichen Lokalisierung direkt neben dem Nymphaeum Traiani bes. 151–155. 89 THÜR 1997, 69–76; SCHERRER 2006c, 34–48.
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Die gemeinsame Klammer dieser letztlich erst unter Hadrian vollendeten Bauprogramme war der Kaiserkult, dem alle Bauten entweder primär dienten oder sekundär angeschlossen waren. Diese Einordnung in den Kaiserkult traf sogar auf das Privatleben oder zumindest die private Repräsentation zu. Die Innenausstattung der neuen beziehungsweise generalsanierten Wohnhäuser am Embolos demonstrierte an entscheidenden Punkten entweder die persönliche Kaisertreue der Hausherren oder das allgemeine und gesellschaftlich sanktionierte Lebensgefühl ihrer Zeit,90 wenn der traianische so genannte Marmorsaal in der Wohneinheit 6 von Hanghaus 2 in seiner architektonisch mit Pilasterarchitektur gegliederten weißen Marmorwand ein einziges Emblema, die genaue Nachahmung der auf frühtraianischen Münzen gezeigten Herakleskeule91 aufwies. Noch weiter ging die vielleicht als Wohnung des Vibius Salutaris dienende Wohneinheit 2, in der anscheinend ein Hausheiligtum für Traian bestand, in dem ein mit einem kostbaren Elfenbeinfries mit Darstellung von Kriegszügen Traians geschmückter Thron (oder eine sella curullis oder campestris) aufgestellt war.92 Uns aus heutiger Sicht weitgehend unverständliche Rangstreitigkeiten der Provinzstädte und das Buhlen um die Proteia und die kaiserliche Gunst müssen über das Prestigedenken hinaus recht labile ökonomische Grundlagen und damit weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen als Hintergrund gehabt haben, wenn sogar Ephesos, die anerkanntermaßen viertgrößte (und damals an sich sicher immer noch im kräftigen Wachstum befindliche) Stadt des Imperium Romanum, selbst bei nur relativ kurzfristigen Schwankungen dieser kaiserlichen Gnade so gravierende Verhaltensunterschiede im öffentlichen Bauwesen zeigte, wie dies unter Hadrian nachweisbar wird. Als eine weitere Konsequenz wird daher auch verstärkt darüber nachgedacht werden müssen, welche Motive einzelne Euergeten oder ganze Konsortien von Wohltätern über die bloße Ehre hinaus hatten und welche konkreten wirtschaftlichen Ziele sie verfolgten, wenn sie ihrer Vaterstadt Tempel, Gymnasien, Bäder, Wasserleitungen und Brunnen ‹schenkten›. Der Verdacht drängt sich auf, dass schon damals – wie dies auch heute der Fall ist – Mäzenatentum (und die dabei erzielte Werbung) die vorhandenen Vermögen im Normalfall nicht schmälern, sondern vermehren sollte. Mit Sicherheit dürfen wir jedenfalls feststellen, dass im ersten und zweiten Jahrhundert n. Chr. der Kaiserkult und die mit ihm verbundenen Bauaktivitäten, Feste und Spiele über die vordergründige Bedeutung hinaus der wichtigste innere Motor der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens überhaupt gewesen 90 Vgl etwa diverse, teils durchaus auch resignative Bemerkungen bei Plinius d. J. zum ‹Zeitgeist› und der alles erdrückenden Allgegenwart des Kaiser(tum)s, auf die hier unmöglich näher eingegangen werden kann, vgl. aber: KRASSER 1995, bes. 82 f. 91 Vorläufig nur erwähnt bei: KOLLER 2002, 136 (Publikation in den ‹Forschungen in Ephesos› in Vorbereitung); zum Münzbild (RIC 699–701, Taf. XII 212; STRACK 1931, 448 f.; Quadrantes; Av.: Herculesbüste; Rv.: Keule) und dem besonderen Hervortreten des Hercules in der frühen Münzprägung Traians vgl. STRACK 1931, bes. 95–103. 92 TAEUBER 2005.
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sein müssen. Dass mit dem Kaiserkult daher auch das Stadtbild völlig neu geprägt wurde, war eine unausweichliche Konsequenz.
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Peter Scherrer
Abb. 1. Ephesos, hellenistisch-römische Stadt, Übersichtsplan.
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Abb. 2. Ephesos, Ausschnitt aus dem Stadtplan: Staatsmarkt und oberer Teil des Embolos.
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Peter Scherrer
Abb. 3. Blick auf das teilweise wiederaufgebaute erste Joch der Nordfassade des domitianischen Neokorietempels mit Gefangenenfiguren.
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Abb. 4. Blick von der Terrasse des domitianischen Neokorietempels auf den Domitiansbrunnen (großer Bogen) und den nördlich anschließenden Rechteckbau (Polliobau), auf dem ein weiterer Brunnen der Marnasleitung errichtet war.
Abb. 5. Blick auf den sog. Hadrianstempel am Embolos vom gegenüberliegenden Hanghaus 1.
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Peter Scherrer
Abb. 6. Ephesos, Ausschnitt aus dem Stadtplan: Agora, Serapeion/Mouseion und unterer Teil des Embolos.
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Abb. 7. Sog. Hadrianstempel, Fries der Vorhalle: Block A mit Androklos bei der Ebertötung; Block B mit Opferszene und Flucht der Amazonen vor Herakles; Block C mit Flucht der Amazonen vor dem Elefanten reitenden Dionysos; Block D mit Götterversammlung (von links): Roma, Selene(?), unbekannter männlicher Gott (Hermes?), Apollon, Artemis, Androklos mit Hund und Aedicula-Krone, Herakles, Dionysos, Traian(?), Hekate, Aphrodite mit Spiegel oder Kybele mit Tympanon, Ares(?) Athena.
Konkurrenz und Profilierung von Kultgemeinden im Fest von
ANGELOS CHANIOTIS 1 Stimmen im Fest, Stimmung im Fest Eine attische Inschrift des zweiten Jahrhunderts n. Chr. enthält das Protokoll einer Zusammenkunft des Vereins der Iobakchen in Athen, eines dem Kult des Dionysos und der Sauferei gewidmeten Vereins.1 In dieser Sitzung wurden die neuen Statuten genehmigt, und der Priester gab nach vierzig Jahren an der Spitze des Vereins endlich sein Amt auf. Gegenstand der Statuten war das disziplinierte und konfliktfreie Abhalten der Vereinsfeiern (eukosmia). Auf das einstimmige Ergebnis der Abstimmung folgten Jubel und Akklamationen, die sorgfältig mitprotokolliert wurden: ‹Lang soll er leben, der Priester Herodes!› – ‹Jetzt sind wir glücklich! Jetzt ist unser Bakchos-Verein der erste unter allen Vereinen!› – ‹Gut hat es der stellvertretende Priester gemacht!› – ‹Die Aufzeichnung soll gemacht werden!›
Eine unter diesen Akklamationen verdient besondere Aufmerksamkeit: ‹Jetzt ist unser Bakchos-Verein der erste unter allen Vereinen!› (νυÄ ν πα ντων πρωÄ τοι τω Ä ν Βακχει ων). Zwei Worte sind hier wichtig: nyn und protoi. Diese Akklamation bezieht sich direkt auf einen Wettstreit unter den dionysischen Vereinen in Athen – vielleicht auch jenseits der Grenzen der Stadt. Die Mitgliedschaft in einer bestimmten Kultgemeinschaft war Grund, stolz zu sein; sie war ein Identitätsmerkmal. Dieser Akklamation gehen offenbar traumatische Erlebnisse voraus: Jetzt ist der Verein glücklich; vor der Reform der Statute wurden die Feiern von Streitigkeiten, Unordnung und Schlägereien gestört. Der Ablauf der Feierlichkeiten entsprach weder den Zielen noch den Normen des Kultvereins. In diesem Zeugnis findet man in elementarer Form jene Aspekte von Festkultur im römischen Osten, die im Mittelpunkt meiner Überlegungen stehen: Konkurrenz, die Rolle der lauten Stimmen im Fest, insbesondere der Akklamationen, und das Verhältnis zwischen Norm und tatsächlichem Ablauf eines Festes. Wer heute ein antikes Fest studiert, studiert an erster Stelle Normen und nicht Ausführungen. Wir lesen Texte, welche die Normen des Festablaufs definieren. Selten liegen uns Beschreibungen des tatsächlichen, singulären Fest1
IG II2 1368; LSCG 51; CHANIOTIS 2006, 232–234.
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Angelos Chaniotis
geschehens vor, etwa die Beschreibung der Festprozession der Ptolemaia in Alexandrien.2 Wir schauen uns Bilder an, die mehr oder weniger schematisch zeigen, wie die Rituale eines Festes zu vollziehen waren, und kaum abbilden, wie ein bestimmtes Fest veranstaltet wurde. Die antiken Quellen überliefern uns Normen, selten Abläufe. Nur außergewöhnliche Ereignisse, wie die Ermordung des Hipparchos während der Panathenäen in Athen3 oder die Zerstörung des Peplos Athenas an den Panathenäen während der Herrschaft des Demetrios Poliorketes,4 finden in den historiographischen Quellen hin und wieder ihren Niederschlag. Die literarischen Quellen – die Komödie, der Roman, die Mimen – enthalten oft imaginierte Festszenen.5 Auch die darstellende Kunst spiegelt keine singulären Abläufe wider. Das berühmte Nilmosaik von Palestrina wäre vielleicht eine der wenigen Ausnahmen, falls es tatsächlich ein bestimmtes Fest (die Ptolemaia von Alexandrien) zum Gegenstand hat.6 Die epigraphischen Quellen helfen uns auch nur wenig weiter, denn die Ehrendekrete für Personen, die gelungene Feste veranstaltet haben, sind formelhaft. Wer heute ein antikes Fest studiert, tut dies mit nur einem der Sinne: mit den Augen. Wir lesen Texte, wir schauen uns Bilder an. Das Sehen ist wahrscheinlich auch jenes der Sinne der zeitgenössischen Teilnehmer und Zuschauer, den ein antikes Fest am meisten beansprucht hat. Bunte Kleider, geschmückte Tiere, in der Sonne glitzernde Metallgefäße, geschickte Reiter, korpulente Athleten und eitle Magistrate boten ein schönes Spektakel, das nicht leicht vergessen wurde, auch nicht leicht vergessen werden sollte. In einem Dekret der makedonischen Stadt Kalindoia aus dem Jahr 1 n. Chr. wird ein Wohltäter gerade für die bunte (poikile) und sehenswürdige (axiotheatos) Prozession gelobt. 7 In einem antiken Fest, dessen wesentliches Ziel darin bestand, nicht nur einheimische und fremde Zuschauer anzulocken, sondern auch den Adventus einer Gottheit zu bewirken, gab es aber auch für die anderen Sinne durchaus Verwendung. Man roch den Weihrauch und die brennenden Libationen und Opfertiere, man kostete den Wein und das Opferfleisch, man hörte Hymnen und Gebete, man wurde aufgefordert ‹frommes zu sagen› (euphemein),8 man lästerte über den Magistraten, die Tochter der Nachbarin oder den Sänger, dessen Stimme versagt hatte, und ich stelle mir vor, daß es im Gemenge der 2
Kallixenos, FgrHist 627 mit dem Kommentar von RICE 1983. Thuk. 1,20,2. 4 Plut. Demetrios 12.2. 5 Z. B. Aristoph. Thesmophoriazousai; Theokrit, Idyll 2,64–86; Idyll 15; Apul. Met. 11,8– 3
19. 6
So COARELLI 1990. S. aber SCHRIJVERS 2007. SEG XXXV 744 Z. 20–22: καιÁ τηÁ [ν] εÆ πιÁ τηÄ ς πανηγυ ρεως πομπηÁ ν ποικι λην καιÁ αÆ ξιοθ[ε ατον] σκευα σας. Vgl. CHANIOTIS 1995, 163. 8 Zur Deutung von euphemia s. STEHLE 2004 und 2005, 103 (‹euphemia, which means «speech of good omen», prescribes the only kind of utterance that the gods should hear within the ritual space of opened divine-human communication›); vgl. GÖDDE 2003, 27–30. Sehr deutlich in Menandros Rhetor 417,27–30: καιÁ ευÆ αγειÄς χορουÁ ς ιë στα τωσαν αιë πο λεις, αÆì δε τωσαν, ευÆ ϕημει τωσαν; I.Ilion 176: ευÆ ϕη μωì γλω σσηì χαιÄρε προσειπα μ[ενος]. 7
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Prozession der eine oder andere Mann nicht versäumte, mit Berührungen auch für den fünften Sinn etwas zu tun. Antike Feste, auch und vor allem im römischen Osten, waren Feste für die Sinne. Solche Feste unter Einsatz nur unserer Augen zu deuten, würde etwa dem Urteil eines Cineasten über den Film Moulin Rouge ähneln, nachdem er den Film mit einem Schwarzweiß-Fernseher, dessen Lautsprecher nicht funktionieren, angeschaut hat. Ich bin weit davon entfernt zu plädieren, daß wir für das Verständnis antiker Festkultur unseren sechsten Sinn aktivieren, um den Ausfall der anderen zu kompensieren. Ich möchte mich hier auf die Menschenstimmen in einem Fest konzentrieren. Antike Feste sind laute Veranstaltungen. Wie weit entfernt wir davon sind, die Bedeutung der artikulierten Stimmen, des unartikulierten Geschreis und des sonstigen akustischen Hintergrunds eines antiken Festes richtig einzuschätzen, zeigt die Tatsache, daß wir das Wort euphemia, das auf das Reden – das fromme Reden – hinweist, in der Regel mit ‹Stille› oder ‹Andachtstille› übersetzen. Doch nicht mit Stille erweckt man die Aufmerksamkeit der Gottheit, die zum Fest erscheinen soll, sondern mit akustischen Signalen. Man singt Hymnen, man spricht Gebete laut; durch spontane oder einstudierte Akklamationen bezeugt man die Präsenz der Gottheit; die schrillen Töne des Aulos und die Ololyge der Frauen konkurrieren mit dem Geschrei der Opfertiere. Feste sind laute Veranstaltungen. Zum akustischen Hintergrund des Festes gehören auch die kommentierenden Stimmen der Teilnehmer. Das ist Gegenstand des 15. Idylls von Theokrit, eines Textes, der zwar aus der hellenistischen Zeit stammt, aber für die Stimmung und die Stimmen am Fest durchaus repräsentativ ist.9 Aber komm, nimm dir den Mantel und das Kleid. Wir wollen in den Palast des Königs, des reichen Ptolemaios, gehen, um uns den Adonis anzusehen. Wie ich höre, bereitet die Königin was Schönes vor. ... Was du gesehen hast, davon kannst du, wenn du es gesehen hast, dem erzählen, der es nicht gesehen hat. ... Praxinoa, komm hierher! Schau dir zuerst die Wandteppiche an, wie fein und reizend! ... Und er (Adonis) selbst, wie wunderbar er auf dem Sessel liegt, den ersten Flaum von den Schläfen herabspriessen lassend, der dreimal geliebte Adonis, der auch im Acheron geliebt.
In dieser kurzen Szene eines hellenistischen Mimos geht es um das Sehen und Reden. Die Frauen reden während sie sehen und werden später darüber reden, was sie gesehen haben. Es geht aber auch um Konkurrenz. Der Text spielt auf die Konkurrenz zwischen der diesjährigen Veranstaltung der Adonia und allen früheren an; die Zuschauer sind die Richter, ihre Kommentare das Urteil. Indirekt spürt man auch die Konkurrenz zwischen diesem Fest und anderen Festen. Die Konkurrenz ist einem Fest in Griechenland und im römischen Osten inhärent. Ein Fest besteht aus einer Triade von Veranstaltungen: pompe, thysia, agon (Prozession, Opfer, Wettkampf). Im Fest konkurrieren aber nicht nur die 9
LAMBERT 2001; CHANIOTIS 2006, 226 f.
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am Wettkampf teilnehmenden Athleten, Musiker und Schausteller miteinander; auch die verantwortlichen Beamten und Stifter konkurrieren mit ihren Vorgängern um die Veranstaltung einer unvergesslichen Feier, ja selbst die Teilnehmer stehen in Konkurrenz um einen guten Platz in der Prozession.10 Im karischen Bargylia wurde die Frage der propompeia, das heißt der Position in der Prozession, durch einen Schönheitswettbewerb gelöst.11 Die Unterteilungen der Bürgerschaft (Phylen) zogen jeweils eine Kuh als Opfertier auf, die schönste Kuh nahm den ersten Platz in der Prozession ein. Beim Fest Eleutheria in Plataia entschied sich die Besetzung des ersten Platzes in der Prozession im Rahmen eines rhetorischen Wettbewerbs zwischen einem Vertreter Spartas und Athens.12 Aufgabe der Redner war es, den Beitrag der eigenen Polis zur Freiheit Griechenlands aufzuzeigen. Dieser Wettbewerb (dialogos) blieb bis in die Kaiserzeit hinein bestehen. Im Fest konkurriert schließlich die Gemeinde (Polis oder Kultverein), die das Fest veranstaltet, mit anderen Gemeinden, und so sind wir endlich beim eigentlichen Thema angelangt. Gemeinden konkurrieren auf einer metaphysischen Ebene um die Aufmerksamkeit der Gottheit, auf einer sehr realen Ebene um Aufmerksamkeit, Lob und Bewunderung von Teilnehmern und Zuschauern. Fest (ich verwende diesen Begriff nicht als Übersetzung des antiken Begriffes heorte, sondern im Sinne jeder religiösen Feier) bedeutet im antiken Griechenland auch Konkurrenz, und ohne Berücksichtigung der Konkurrenz sind weder die Normen und deren Entwicklung noch die Abläufe richtig zu verstehen. Nach diesem langen Vorspann stelle ich im folgenden zwei Fragen: Mit welchen Mitteln wurde die Konkurrenz unter Kultgemeinden (im weitesten Sinn des Wortes) im Fest zum Ausdruck gebracht? Welche Auswirkungen – beabsichtigt oder nicht – hat diese Konkurrenz?
2 Die Feste des Epameinondas von Akraiphia: Innovation und Wettstreit Als Einstieg in diese Thematik bietet sich das Ehrendekret für Epameinondas, einen prominenten Bürger und Wohltäter von Akraiphia in Boiotien in der Mitte des ersten Jahrhunderts n. Chr. an.13 Diesen einen Text werde ich unter Heranziehung anderer Zeugnisse kommentieren. In diesem Ehrendekret werden die Beiträge des Epameinondas zur Festkultur seiner Stadt hervorgehoben. Die Ausdrucksweise verdient unsere Aufmerksamkeit. Der Verfasser des Tex10
Zur Bedeutung des Platzes in der Prozession s. CHANIOTIS 1995, 156 f. mit älterer Literatur. 11 SEG XLV 1508 und XLVIII 1328; ZIMMERMANN 2000; HOTZ 2005. 12 ROBERTSON 1986; CHANIOTIS 1991, 138 f. 13 IG VII 2712 (SEG XLV 437). Vgl. ZIEBARTH 1914, 132 f.; ROBERT 1935, 442 f. 446; ROBERT 1969, 34–39; VEYNE 1988, 264 f.; SCHMITT PANTEL 1992, passim; MANGO 2004, 296 (mit weiterer Literatur). Zum Datum s. KANTIRE´ A 2007, 180.
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tes unterstreicht die innovativen Aspekte der Leistungen des Epameinondas; er vergleicht seine Leistung mit der Leistung früherer Veranstalter von Festen; hier geht es also noch um eine interne Konkurrenz innerhalb der Kultgemeinschaft. Darüber hinaus weist er aber auch darauf hin, daß die Festveranstaltungen des Epameinondas in Akraiphia zum Gegenstand der Bewunderung außerhalb der Gemeinde wurden. Diese externe Konkurrenz wird anschließend im Vordergrund meiner Ausführungen stehen. Der erste Teil der Inschrift ist leider nicht erhalten. Der Text beginnt mit einer Feier, die sicher das Gymnasion betraf (Z. 22–25):14 Und anläßlich des Festes (τηÄì εë ορτηÄì ), an dem er einen Stier opferte, veranstaltete er einen Wettlauf von bewaffneten Männern (agon hoplitikos) zu Ehren des Hermes, des Herakles und der Augusti, indem er als Preise für alle Sieger Schilde mit Porträts (aspideia) bestimmte; er war der einzige und erste seit allen Zeiten, der sich diese Ehrung ausgedacht hat.
Bereits hier erkennen wir den Innovationsdrang im Fest. Wettkämpfe im Gymnasion wurden seit Jahrhunderten veranstaltet.15 Obwohl die Leistungen der Athleten für Spannung sorgten, war eine unerwartete Erneuerung immer willkommen. Schon die Erweiterung des Kultes im Gymnasion durch die Einbeziehung der vergöttlichten Kaiser war eine Innovation; das Opfer eines Stieres – eines teuren und schwer zu kontrollierenden Tieres – war Ausdruck von Großzügigkeit. Womit aber Epameinondas alle beeindruckte, das waren die neuartigen Preise, die aspideia. Das Wort kommt seit der hellenistischen Zeit, vor allem aber in der Kaiserzeit, in Papyri und Inschriften vor und bezeichnet bemalte Porträts in runder Form, also in der Form eines kleinen Schildes (imago clipeata).16 Darin bestand demnach die Extravaganz der von Epameinondas gestifteten Preise. Um diese Leistung richtig zu verstehen, sollten wir zuerst die Frage stellen, welche Preise in der Regel die Sieger der Wettkämpfe im Gymnasion erhielten. Die Frage läßt sich leicht beantworten. Es handelt sich um Waffen (hopla), die zur Ausrüstung des Hoplites gehörten, vor allem um Schilde.17 Hieraus entsprang also die Inspiration des Epameinondas. Er mag der erste gewesen sein, der die Sieger – und zwar alle Sieger – mit bemalten Schilden auszeichnete, so innovativ war seine Innovation in Wahrheit aber nicht. Epameinondas steht keineswegs isoliert unter den Veranstaltern von Festen im Gymnasion, in denen außergewöhnliche Preise vergeben wurden. Im späten zweiten Jahrhundert v. Chr. hatte der Gymnasiarch Menas in Sestos den Neoi und den Epheben als Preise hopla episema verliehen, das heißt mit eingravierten Texten oder Bildern versehene Schilde:18 14
Dies geht aus den Gottheiten hervor, denen das Opfer galt (Herakles und Hermes). GAUTHIER, HATZOPOULOS 1993, 117–121; GAUTHIER 1995; WEILER 2004. 16 ŁUKASZEWICZ 1987, 109 f. 17 GAUTHIER, HATZOPOULOS 1993, 100–102. 18 OGIS 339 (I. Sestos 1) LL. 79–83. 15
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Angelos Chaniotis Er veranstaltete einen Wettkampf zu Ehren von Hermes und Herakles im Monat Hyperberetaios, für den er als Preise für alle Disziplinen für die Neoi und die Epheben eingravierte und in Etuis eingelegte Schilde (οÏπλα εÆ πι σημα εÆ νδεδεμε να εÆ ν οë πλοθη καις) stiftete; darauf ließ er die Namen der Sieger aufzeichnen und veranlasste sofort ihre Weihung im Gymnasion.
Noch vor ihm hatte ein anderer Festveranstalter einen ähnlich innovativen Einfall. Es handelt es sich um einen anonymen Staatsmann von Chios (Hermokles?):19 Er sorgte für die Herstellung der Schilde, die vom Volk für die Sieger der gymnischen Agone gestiftet wurden und sorgte dafür, daß darauf mythoi (mythologische Darstellungen?, Texte?) eingraviert wurden, die zum Ruhm der Römer beitragen.
Nun können wir auch die Innovation des Epameinondas besser verstehen. Er hat keine völlig neue Form der Ehrung eingeführt, sondern die traditionell als Preise verliehenen Schilde, die in der Regel anschließend im Gymnasion geweiht und auch anderswo mit Texten und Bildern versehen wurden, mit bemalten Porträts der Sieger ausgestattet. Solche aspideia hat es natürlich auch bereits vor ihm gegeben, und zwar als eine Form der Ehrung. Epameinondas’ Innovation bestand in der Übernahme einer außerhalb des Gymnasions existierenden Tradition der Ehrung und in ihrer Verbindung mit einer Tradition des Gymnasions. Seine Handlungsweise ist durchaus repräsentativ, wie wir später sehen werden. Wichtig in unserem Kontext ist auch die Formulierung ‹einziger und erster seit aller Zeit› (μο νος καιÁ πρωÄ τος αÆ ποÁ τουÄ παντοÁ ς αιÆ ωÄ νος). Diese Formulierung ist aus der Sprache des athletischen Wettkampfs übernommen worden; sie wird in der Regel in agonistischen Inschriften verwendet, um außergewöhnliche athletische Leistungen zu unterstreichen.20 Epameinondas, der Veranstalter eines Wettkampfes, wird mit seiner Ehrung im Wettkampf mit seinen Vorgängern gesehen.
3 Die Bewunderung der Nachbarn Mit der nächsten Stelle des Dekretes, in der das von Epameinondas gestiftete Bankett beschrieben wird,21 bewegen wir uns von der internen hin zur externen Konkurrenz. Das Fest des Epameinondas, das vielleicht die Erneuerung eines alten Rituals mit einbezog, wurde zum Gegenstand von Kommentaren und Bewunderung in den Nachbarstädten (Z. 25–33). Und am gleichen Tag bot er der Stadt ein Mittagessen im Gymnasion aufgrund öffentlicher Einladung, ohne jemanden auszuschließen, nicht nur von den Bewohnern, sondern auch von den anwesenden Fremden zusammen mit den freien Knaben und den Sklaven der 19
SEG XXX 1073; CHANIOTIS 1988, 94–99. S. z. B. GÜNTHER 1989. 21 Zum Bankett s. u., Anm. 22. 20
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Bürger, und zwar wegen seiner Ruhmesliebe. Als er das höchste Amt übernahm, hat er bei keiner Gelegenheit versäumt, seine Großherzigkeit zu zeigen. Denn, als er den Augusti einen Stier opferte, lud er einen Tag lang die Stadt zu einem Bankett ein, indem er das sogenannte pa[---] im Gymnasion veranstaltete, so daß seine übermäßig großen und ununterbrochenen Ausgaben nicht nur bei uns, sondern auch in den Nachbarstädten bewundert wurden.
Diese Stelle bringt uns zurück zum Ausgang meiner Ausführungen: zur Rolle der Stimmen im Fest, zu den Erzählungen und Kommentaren der Mitbürger, der Kultgemeinschaft, aber auch der aus der Fremde angereisten Zuschauer. Die Fremden trugen die Eindrücke von einem gelungenen Fest in die Ferne. Was der Text nicht sagt, ist, welche Wirkung solche Erzählungen auf die Veranstalter von Festen an anderen Orten hatten. Sie lassen sich aber doch leicht vermuten. Der Unterschied zwischen Bewunderung und Neid ist gering, und nur ein kleiner Schritt trennt den Neid vom Versuch, die Leistung nachzuahmen oder zu übertreffen. Die Bewunderung der Fremden steht auch im Mittelpunkt einer anderen Stelle des Dekretes, in der von der Veranstaltung des Festes Ptoia die Rede ist. Mit extravaganten Bankets sorgten Epameinondas und seine Frau dafür, daß das gelungene Fest nicht schnell vergessen wurde und die Fremden beeindruckte (Z. 67–78):22 Und nachdem er den Göttern und den Augusti einen Stier geopfert hatte, veranstaltete er ununterbrochen Verteilungen von Opferfleisch und Mittagessen und Proben von süßem Wein und Abendessen gruppenweise (?; καταÁ τα ξεις) vom zwanzigsten bis zum dreißigsten Tag; und seine Frau Noti[.]a lud an allen Mittagessen auch die Kinder der Bürger und die erwachsenen Sklaven, auch die Frauen der Bürger und die Mädchen und die erwachsenen Sklavinnen. Er vernachlässigte auch nicht jene, die Zelte (σκηνιÄται)23 eingerichtet und durch ihre Teilnahme dem Fest Glanz gegeben haben; denn er lud sie privat aufgrund schriftlicher Vorankündigung zum Mittagessen ein, was kein Mensch in der Vergangenheit getan hatte, weil er wollte, daß kein Mensch von der Teilhabe an seiner Großzügigkeit ausgeschlossen wird. Während der Aufführungen des thymelischen Wettkampfes [des dramatischen Wettkampfs im Theater] spendierte er süßen Wein an alle Zuschauer, auch an jene, die aus den Städten gekommen waren; er ließ ferner große und aufwendige Geschenke auswerfen,24 so daß man von seinen Ausgaben auch in den Nachbarstädten redete.
In diesem Abschnitt des Dekretes rücken die fremden Besucher des Festes in den Vordergrund: die Skeniten. Die σκηνοπηγι α, das Einrichten eines Zeltes, ist ein häufiger Brauch in der antiken Festkultur, belegt zum Beispiel für die 22 Zu den Banketts des Epameinondas s. SCHMITT PANTEL 1992, 265. 268. 275. 279 f. 319. 324. 339–345. 365. 375. 384. 387. 391–393. 397. 400–403; MANGO 2004, 296. 23 Das Wort σκηνι της wird mit Hinweis auf diesen Text in LIDDELL, SCOTT, JONES als ‹lone who keeps a stall› übersetzt. Gemeint sind hier aber gewiß nicht die Hirten, sondern jene, die ein Festzelt einrichten (s. u.). Richtig VEYNE 1988, 265 (‹Pilger›); anders SCHMITT PANTEL 1992, 403 (‹marchands›); zum Wort σκηνη s. ebenda 281 und 313. 24 ROBERT 1969, 34–39 ergänzte an dieser Stelle [ρë ι ]μματα statt [πε ]μματα; gemeint ist das Auswerfen von Geschenken (z. B. Süßigkeiten); zu dieser Praxis s. auch ROBERT, ROBERT 1983, 135 f. (im Zusammenhang mit dem Dekret für Kleanax aus Kyme; s. u., Anm. 32).
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athenischen Thesmophorien und behandelt in den Kultgesetzen von Kos.25 Die angereisten Besucher sind auch Gegenstand der nächsten Bestimmung, der Ausgabe von süßem Wein im Theater. Die Folge dieser Großzügigkeit wäre leicht zu vermuten, auch wenn der Text sie nicht explizit nennen würde: Man redete von diesem Fest mit Bewunderung auch in anderen Städten. Daß die Veranstaltung eines Festes Gegenstand von Kommentaren in und außerhalb der veranstaltenden Gemeinde wurde, war beabsichtigt. Viele Kultregelungen legten besonderen Wert darauf, daß möglichst viele fremde Zuschauer und Teilnehmer ein lokales Heiligtum anlässlich eines Festes besuchten.26 Die Präsenz fremder Kultteilnehmer findet auch in Inschriften ihren Niederschlag, zum Beispiel in Ehreninschriften für fremde Künstler und Sportler, kommemorative Inschriften für fremde Delegationen,27 und in Platz-Inschriften, welche die für die Besucher fremder Städte zugewiesenen Sitzreihen im Theater oder Stadien bestimmen. Marmorsitze, die in der Nähe des Theaters von Ephesos gefunden wurden, tragen eine lange Inschrift, aus der hervorgeht, daß der hohe Priester Ulpius Aristokrates diese Plätze für die Bürger von Keramos reserviert hatte, offenbar für die Schaustellungen der Hadrianeia des Jahres 128 n. Chr.28 Ähnlich kann man zum Beispiel die für die Apolloniaten im Theater von Antiochien in Pisidien reservierten Plätze deuten.29 Durch die Anwesenheit der fremden Besucher trat ein Fest in Konkurrenz zu den anderen Festen, die die Besucher in der eigenen Heimat oder anderswo erlebt hatten. Daß solche Feste in der Tat viel diskutiert wurden, bezeugt unter anderem die Ehreninschrift für eine Wohltäterin in Aphrodisias, die Priestern Tata im späten zweiten oder frühen dritten Jahrhundert:30 Sie hat all die Jahre für die Gesundheit der Augusti Opfer dargebracht und das Volk mehrmals zum Bankett auf Klinen eingeladen, und zwar das gesamte Volk; und in den thymelischen und szenischen Wettbewerben hat sie als erste die angesehensten Schaustellungen der Provinz Asia eingeladen und präsentiert, so daß auch die benachbarten Städte für die Präsentation dieser Schaustellungen mitgekommen und mitgefeiert haben.
4 Wettstreit mit der Vergangenheit Der Text setzt sich fort mit weiteren Leistungen, die nichts mit Festkultur zu tun haben, sehr wohl aber mit Konkurrenzgeist. Als einziger sorgte Epameinondas für die Reparatur eines Dammes, als einziger war er bereit, eine Ge25
Thesmophoria: DEUBNER 1966, 54 f.; Kos: LSCG 168. CHANIOTIS 1995, 159 f. mit Anm. 107 und 109; JONES 1998 (für den Begriff der συνθυσι α). 27 Wie z. B. die Inschriften, die den Besuch fremder Delegationen im Heiligtum des Apollon Klarios bezeugen (ROBERT, ROBERT 1954, 115–119; SEG XXXVII 961–980). 28 SEG XXXIV 1168. 29 SEG L 1290. 30 MAMA VIII 492 B. 26
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sandtschaft an den Kaiser zu übernehmen. Auch diese Handlung rief Bewunderung in ganz Boiotien, ja in ganz Griechenland hervor. Zuerst wurde er durch das Boiotische Koinon geehrt, und diese Ehrung fand Nachahmer unter den einzelnen Städten und Dörfern (Z. 38–53); dieser Abschnitt stellt abschließend fest (Z. 53–55): Er übertraf in Großherzigkeit und Tugend alle Männer (Bürger?) der Vergangenheit, indem er sich durch die kontinuierlichen Ausgaben der Liebe des Ruhmes und der Tugend widmete, so daß einzig er als Patriot und Wohltäter gilt.
Auch hier wird die Konkurrenz, diesmal zu allen Männern – oder eher Staatsmännern – deutlich. An dieser Stelle möchte ich auf die Formulierung ‹einziger Patriot und Wohltäter› (ειÎς ϕιλο πατρις καιÁ ευÆ εργε της) hinweisen, die für die Mentalitätsgeschichte von sehr großer Bedeutung ist (siehe unten). Diese Formulierung findet sich im Kontext eines Vergleiches. Epameinondas’ Verhalten wird mit dem anderer verglichen, und man stellt fest, daß er alle anderen übertroffen hat. Der Satz bedeutet natürlich nicht, daß es keine anderen Patrioten und Wohltäter gibt, sondern, daß Epameinondas alle anderen in den Schatten gestellt hat, daß er den Worten ‹Heimatliebe› und ‹Wohltat› eine neue Bedeutung gegeben hat, so daß nur er wirklich als Patriot und Euerget betrachtet werden könne. Das Wort heis bedeutet in einem solchen Kontext nicht ‹der einzige›, sondern ‹einzigartiger, singulärer, der einzige wahre, der einzige, der den Namen verdient›. Heis wird in dieser Bedeutung vor allem in religiösen Texten verwendet, und zwar in der Formulierung heis theos in Akklamationen.31 Die Formulierung ειÎς ϕιλο πατρις καιÁ ευÆ εργε της νομιζο μενος im Dekret für Epameinondas geht zweifellos auf Akklamationen zu seinem Ehren zurück. Auf die Bedeutung der Tatsache, daß wir ihr im Geist der Konkurrenz und im Kontext spontaner Akklamationen begegnen, komme ich zurück. Der Konkurrenzgeist ist auch zum Schluß des Dekretes spürbar, wenn die besonderen Ehren begründet werden. Der Geehrte soll zu allen Wettkämpfen eine Einladung auf einen Ehrenplatz erhalten (Z. 95–100): Die Agonotheten, die in der Zukunft zu diesem Amt eingesetzt werden, sollen ihn, so wie die anderen Wohltäter, zum Ehrenplatz an den Wettkämpfen, die sie veranstalten werden, einladen, damit, wenn dies so geschieht, die Dankbarkeit unserer Stadt gegenüber den Wohltätern sichtbar wird und damit viele eifrige Nachahmer der am meisten anerkannten tugendhaften Taten [oder Männer?] bezüglich der Stadt werden.
Die Stadt ehrt, um den Wetteifer anzuspornen. Die Leistung des Epameinondas ist im Wettstreit der Bürger der Stadt um Anerkennung zu betrachten. Daß die Veranstaltung eines Festes den Veranstalter in Konkurrenz zu all denjenigen stellt, die in der Vergangenheit diese Aufgabe erfüllt hatten, geht aus vielen Ehrendekreten für Agonotheten und andere Wohltäter hervor. Die naheste Parallele stellt das Ehrendekret von Kyme für Kleanax um 2 n. Chr. dar.32 Kleanax 31
Grundlegend PETERSON 1926. S. auch VERSNEL 2000 und BELAYCHE 2008. SEG XXXII 1243; HODOT 1982; ROBERT, ROBERT 1983, 132–138; MERKELBACH 1983 (deutsche Übersetzung); SCHMITT PANTEL 1992, 255–260. 264. 381 f. 406 f. 545 f. 32
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diente als Priester des Dionysos Pandemos und war für die Veranstaltung des Mysterienkultes zuständig (siehe unten). Auch hier finden wir die agonistische Formulierung μο νος καιÁ πρωÄ τος in Bezug auf die Großzügigkeit des Wohltäters. Als er das Amt des Prytanis, des höchsten Beamten, übernahm, verrichtete er am ersten Tag des Jahres die Opfer an die Götter gemäß dem Brauch der Väter und bewirtete alle in der Stadt Anwesenden mit süßem Wein und richtete prachtvolle Schaustellungen aus und verrichtete die Neujahrsgebete (ευÆ ετηρι αι) und die Opfer nach dem väterlichen Brauch und bewirtete im Rathaus mehrere Tage lang viele Bürger und Römer. Und am vom Brauch bestimmten Tag brachte er den Verstorbenen die Opfer (αÆ ποθυσι αι) dar und gab allen freien und unfreien Bewohnern der Stadt das Getränk aus Milch und Getreidekörner (χονδρο γαλα).33 Und am Fest Korydon war er der erste und einzige, der nach vorheriger Ankündigung durch den Herold den Bürgern und den Römern und den Umwohnern und den Fremden ein Frühstück im Rathaus anbot; und er veranstaltete die διαρριϕα (Auswerfen von Geschenken)34 genauso wie die anderen Prytanen sowie die Prozession mit dem Lorbeer und bot den Priestern und den Siegern bei den heiligen Wettkämpfen und den Magistraten und vielen Bürgern ein Frühstück an ...
In diesem Text fallen drei Aspekte auf. Der erste ist der Respekt gegenüber der Tradition: Es wird bezeugt, daß Kleanax seine Pflicht erfüllt hatte. Der zweite ist die Betonung der neuartigen Leistung (μο νος καιÁ πρωÄ τος) in Bezug auf Großzügigkeit: Kleanax erfüllte seine Pflicht, fügte aber auch etwas zur herkömmlichen Pflicht hinzu. Der dritte ist das Interesse an den lokalen, besonderen Ritualen, zu denen wir uns nun hinwenden.
5 Lokale Differenzierung Ein langer Abschnitt des Ehrendekretes für Epameinondas gilt dem Fest Ptoia. In diesem Abschnitt begegnen wir neben den bereits bekannten Aspekten (Ruhmesliebe, Bereitschaft, Verantwortung und Großzügigkeit) einem weiteren Element: dem Interesse an der Förderung spezifisch lokaler Festtraditionen (Z. 55–67). Denn als der Wettkampf der Ptoia schon seit dreißig Jahren unterbrochen war und er zum Amt des Agonothetes [Veranstalter der Wettkämpfe] eingesetzt wurde, nahm er bereitwillig auf sich die Aufgabe, den alten Wettkampf mit Ruhmesliebe zu erneuern, und er ist wieder zum Neugründer des Festes Megala Ptoia Kaisareia [großes Fest zu Ehren des Apollon Ptoios und des Kaisers] geworden. Kaum hatte er das Amt übernommen, handelte er gemäß den Orakeln des Gottes, lud die Magistrate und die Ratsmitglieder jedes Jahr fünf 33 Meine Übersetzung dieser Stelle (εÆ ποι ησεν δεÁ καιÁ τοιÄς κατοιχομε νοις εÆ ν ταÄì ειÆ θισμε ναì αë με ραì κατÆ ταÁ πα τρια καιÁ ταιÁ ς αÆ ποθυσι ας καιÁ χονδρο γαλα παιÄσιν τοιÄς εÆ ν ταÄì πο λει εÆ λευθε ροις τε καιÁ δολοις) folgt jener von R. HODOT (‹il a fait faire pour les tre´passe´, au jour
habituel fixe´ par la coutume, les sacrifices de rigueur, e du gruau au lait pour tous les habitants de la cite´, hommes libres et esclaves›) und weicht von jener R. MERKELBACHs ab (‹und brachte allen freien und unfreien Bewohner der Stadt die Speisung mit den Resten und das Getränk aus Milch und Getreidekörner dar›). Zur Bedeutung von αÆ ποθυσι α und χονδρο γαλα s. HODOT 1982, 176–178 und vor allem ROBERT, ROBERT 1983, 134. 34 Vgl. o., Anm. 24.
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Mal zu großartigen Banketts und die Stadt einmal am Ende des vierten Jahres (? εÆ πιÁ πενταετι αν) zum Mittagessen ein, ohne jemals ein Opfer oder eine Ausgabe zur richtigen Zeit zu versäumen. Und als im sechsten Jahr der Wettkampf stattfand, gab er die für die Stadt vorgesehene Zuweisung für das bevorstehende Fest, und zwar allen Bürgern und den Paroikoi [Umwohnern] und den Landbesitzern, nämlich einen Kophinos (zehn Liter) Getreide und eine Hemina Wein (circa 0,25 Liter) pro Mann und veranstaltete die väterlichen Prozessionen in großem Umfang und den von den Vätern überkommenen Syrtos-Tanz mit Gottesfurcht.
Das Fest Ptoia war ein panboiotisches Fest in Akraiphia. Obwohl es zum lokalen Ruhm beitrug, war es in Vergessenheit geraten.35 Seine Erneuerung war für Epameinondas eine groß angelegte Marketingkampagne. Orakel Apollons wurden eingeholt – eine häufige Praxis bei der Gründung, Erneuerung oder Erweiterung von Festen; das pentaeterische Fest wurde mit dem Kult der Kaiser verbunden – seine Vernachlässigung käme somit hohem Verrat gleich. Fünf Jahre lang wurde der erste Wettkampf mit hohen Ausgaben und Opferveranstaltungen vorbereitet, und als die Zeit für den Wettkampf herankam, wurde sichergestellt, daß alle Bewohner der Stadt und des Landes die Mittel für die Feier (Getreide und Wein) zur Verfügung hatten.36 Auf die Größe kam es auch hier an. Neben dem Adverb θεοσεβωÄ ς (‹in frommem Geist›) in Bezug auf Tanzvorführungen, steht das Attribut μεγα λας (‹groß›) in Bezug auf die Prozessionen. Sowohl die Prozessionen als auch die Tanzvorführungen werden als πα τριοι (‹väterlich›) bezeichnet; sie wurden also nach einem bestimmten, von den Vorvätern übernommenen Brauch durchgeführt. Auch wenn wir nicht wissen, worin dieser Brauch bestand, kann meines Erachtens kein Zweifel daran bestehen, daß es sich um Bräuche handelte, die diese Prozession und diesen Tanz von anderen unterschieden und zum spezifischen Profil des Festes und somit zur lokalen Identität beitrugen. Der ‹väterliche› Tanz Syrtos ist meines Wissens sonst nicht belegt; es handelt sich also sicher um einen lokalen Tanz in Akraiphia, wahrscheinlich um einen Reigentanz. Elemente, die eine Prozession zu patrios (‹gemäß dem Brauch der Vorväter›) machen, diese also von den Prozessionen anderer Kultgemeinden unterscheiden, sind etwa die Bestimmungen über die Teilnehmer, ihre Reihenfolge, ihre Kleider, die Prozessionsgesänge, der Prozessionsweg, die einzelnen Rituale während der Prozession37 und – vielleicht das Wichtigste – die Gegenstände, die während der Prozession getragen werden.38 Die lokalen Kultelemente, die wir im Dekret für Epameinondas wahrnehmen, kommen im oben zitierten Dekret für Kleanax von Kyme viel deutlicher zum Vorschein. In diesem Dekret werden vier von Kleonax veranstaltete Feste 35
SCHACHTER 1981, 52–73. Für Brot und Wein im Fest (auch mit Hinweis auf diesen Text) s. JONES 1999. 37 Davon gibt uns die Molpoi-Inschrift von Milet einen Eindruck: LSAM 50; Milet I,3,133; s. zuletzt GEORGOUDI 2001 und HERDA 2006. 38 Beispiele in CHANIOTIS 1995, 158 mit Anm. 94–96; vgl. u., Anm. 45. 36
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angesprochen: die lokalen Mysterien des Dionysos Pandemos, das Neujahrsfest (nea neomenia), das Fest für die Verstorbenen und das Fest Korydon. Das Neujahrsfest von Kyme ist eines der wenigen Neujahrsfeste, die überhaupt bekannt sind,39 und Feste für die Verstorbenen wurden überall in der griechischen Welt gefeiert, auch wenn die hiesige rituelle Speisung möglicherweise besondere Elemente aufweist. Wichtiger in diesem Kontext sind die zwei anderen, lokalen Feste. Daß wir über die lokalen Mysterien des Dionysos nichts wissen, überrascht nicht – es handelt sich ja um Mysterien.40 Der lokale Charakter des Kultes geht dennoch aus zwei Details hervor. Das Epitheton Pandemos, das sonst nur für Aphrodite und Zeus belegt ist, trägt Dionysos nur hier. Darüber hinaus betont das Dekret die enge Verbindung des Mysterienkultes mit der Stadt (ταÁ συνκτισμε να μυστη ρια ταÄì πο λει; ‹die Mysterien, die zusammen mit der Stadt oder für die Stadt eingeführt worden sind›). Das Fest Korydon (‹das Fest der Lerche›) ist nur in dieser einen Inschrift belegt. Der Monatsname Korydios in Mytilene auf Lesbos legt nahe, daß es sich um eine lokale äolische Besonderheit handelt.41 Hier war das Fest mit einem besonderen lokalen Ritual verbunden: dem Auswerfen von Geschenken (diarrhipha) und einer Lorbeerprozession. Solche lokalen Rituale, wie der Syrtos-Tanz in Akraiphia, waren meines Erachtens Mittel, um die Besonderheit eines Festes hervorzuheben; durch diese Differenzierung erhielt das Fest eine besondere Würde. In jeder Stadt gab es ein Apollon-Fest, aber nur in Akraiphia gab es eins mit dem Syrtos-Tanz. Viele Städte feierten ein Fest der Hera, nur Plataia feierte es aber mit Herstellung und Verbrennung von hölzernen Statuen (Daidala).42 Jede Stadt hatte ein Artemisfest, aber nur in Ephesos dauerte es dreißig Tage (siehe unten) und nur in Mopsouhestia trug die Priesterin die Bezeichnung diabetria Perasias und mußte über brennende Kohlen gehen.43 Es gab keine Stadt ohne ein Dionysos-Fest, aber nur in einer Stadt (Chalkis?) wurde das Ritual durchgeführt, das eine Inschrift beschreibt. M. Ulpius Kallineikos mit dem Amt (oder eher dem Spitznamen) phoreimenos (‹jener der getragen wird›) wurde auf einem Phallus fünfundfünfzig Mal rund um das Orchester eines Theaters getragen, eine akrobatische Leistung, die man nicht leicht vergaß.44 Die Bedeutung solcher lokalen Bräuche für die Profilierung von Festen gerade in einer Zeit von inflationärer Häufung von Feiern im römischen Osten 39
HODOT 1982, 175 f.; CHANIOTIS 2005, 45–49. Zum folgenden s. o., Anm. 33. HODOT 1982, 172; zu dionysischen Mystenvereinen in Kyme s. JACCOTTET 2003, II 192–196. 41 Zum Fest s. HODOT 1982, 178 f., der jedoch nicht erkannte, daß es vom Fest für die Verstorbenen zu trennen ist; richtig ROBERT, ROBERT 1983, 135. 42 KNOEPFLER 2001; CHANIOTIS 2002a. 43 FURLEY 1988, 213–222 (zu Strabon 12,2,7); TAEUBER 1992 (zu SEG XLII 1290). 44 SEG XXIX 807. Kommentare: VEYNE 1985; CSAPO 1997. Der Ausdruck εÆ πÆ αÆ γαθωÄì zeigt, daß diese Aufführung im Kontext eines Festes, einer Darbietung für den Gott stattfand. 40
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geht nicht nur aus den vielen verstreuten Nachrichten über Rituale, die wir nicht verstehen, sondern auch aus den vielen ganz einzigartigen lokalen Bezeichnungen von Kultbeamten und von Personen, die besondere Gegenstände im Fest trugen, hervor.45 Ein zweites Mittel, um die besondere Beziehung einer Gottheit oder eines Kultes zur Kultgemeinschaft, vor allem zu einer Polis, zu zeigen, besteht in der Konstruktion von ortsbezogenen Epiklesen. Ich meine hier nicht von Ortsnamen abgeleitete Epitheta (zum Beispiel Zeus Karios, Artemis Ephesia oder Apollon Delios), die nur auf die Existenz eines Heiligtums oder auf die Geburt eines Gottes an einem Ort hinweisen, sondern Epiklesen, die vor allem die ständige und wirksame Präsenz der Gottheit am Ort zum Ausdruck bringen. Es handelt sich um Epiklesen, die eine Gottheit zum dauerhaften Anführer und Beschützer einer Polis (αÆ ρχηγε της, καθηγεμω ν, προκαθηγεμω ν, προεστω ς, προκαθη μενος und so weiter) und den Kultort zum Sitz der Gottheit machen.46 Ein gutes Beispiel für diese Tendenz bietet ein ephesischer Beschluß um 162 n. Chr. Der vornehme Bürger C. Laverius Amoinos begründete seinen Antrag, den gesamten Monat Artemision der Göttin Artemis zu weihen, wie folgt:47 Artemis, die Schutzgöttin unserer Stadt, wird nicht nur in ihrer Heimatstadt geehrt, in einer Stadt, die sie mit ihrer Göttlichkeit ruhmreicher als jede andere Stadt gemacht hat, sondern auch von den Griechen und den Barbaren. Aus diesem Grund sind ihr vielenorts Heiligtümer und Bezirke gewidmet, und aufgrund der sichtbaren Offenbarungen ihrer Macht sind auch Tempel, Altäre und Kultstatuen errichtet worden. Dies ist der größte Beweis der Ehrfurcht ihr gegenüber, daß es einen nach ihr benannten Monat gibt, der in unserer Stadt Artemision, unter den Makedonen und den übrigen griechischen Stämmen und in den griechischen Städten Artemisios genannt wird. In diesem Monat finden öffentliche Feiern (πανηγυ ρεις) und Feste (ιë ερομηνι αι)48 statt, ganz besonders aber in unserer Stadt, der Erzieherin der eigenen ephesischen Göttin. Da nun das Volk der Ephesier für angemessen hielt, den ganzen Monat, der den Namen der Göttin trägt, heilig zu erklären und ihn der Göttin zu widmen, hat das Volk mit diesem Dekret bestätigt, die für diesen (heiligen Monat) angemessene Verehrung einzurichten. Aus diesem Grund möge das Volk folgendes beschließen: Der Monat Artemision soll für alle Tage heilig sein; und man soll die Feiern und die Panegyris der Artemisia und das Fest (ιë ερομηνι α) an den Tagen dieses Monats jährlich veranstalten, weil der ganze Monat der Göttin gewidmet worden ist. Denn so, wenn die Göttin noch besser verehrt wird, wird auch unsere Stadt für immer ruhmreicher und erfolgreicher sein.
45 Für Bezeichnungen von Kultbeamten, die auf besondere Rituale hinweisen s. PLEKET 1970, 67 und CHANIOTIS 1995, 158 Anm. 95: z. B. αÆ γκωνοϕο ρος, δενδροϕο ρος, εÆ πιτι θηνος,
καλαθηϕο ρος, κεραυνοϕο ρος, υë ϕυδραγωγο ς usw. 46
κλειδοϕο ρος,
λιθοϕο ρος,
ναρθηκοϕο ρος,
πυρουÄ χος,
Zu diesem Phänomen s. CHANIOTIS 2003, 185 Anm. 35; CHIAI 2008. GOUKOWSKY 2002, 236 f. deutet in diesem Sinne die Bezeichnung des Antinoos als εÆ πιχω ριος θεο ς in Mantineia. 47 I. Ephesos 24 = LSAM 31. Kommentare: HORSLEY 1992, 154 f.; KNIBBE 2002; CHANIOTIS 2003, 184–186. 48 Zur Bedeutung von hieromenia (großes Fest, an dem ein Waffenstillstand gilt) s. ROUGEMONT 1973.
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Der Ephesier betont die ganz besondere Beziehung der Göttin zu seiner Stadt. Die Erweiterung des Festes fand in impliziter Konkurrenz zu allen anderen griechischen Städten statt.
6 Spontaneität und Steigerung Nach dem Hinweis auf die Veranstaltung eines Banketts während des Wettkampfs unterstreicht das Dekret von Akraiphia eine andere Qualität des Epameinondas (Z. 82–87): Und nachdem alles durchgeführt worden war und er vom Heiligtum zur Stadt zurückkehrte, begegneten ihm alle Bürger und zeigten jede Anerkennung und Dankbarkeit. Daraufhin (παραχρηÄ μα), ohne seine Großherzigkeit zu vergessen, opferte er einen Stier an Zeus Megistos, der die Stadt beschützt (ΔιιÁ τωÄì Μεγι στωì εÆ πιÁ τηÄ ς πο λεως)49 und lud sofort jene ein, die zusammengekommen waren, um ihm zu danken.
Die wichtigsten Worte in griechischen Ehreninschriften sind oft jene, die auf den ersten Blick überflüssig erscheinen, das ist hier das Wort parachrema. Was dieser Abschnitt unterstreicht und dankbar anerkennt, ist die Spontaneität der Reaktion des Wohltäters. Es ist hier nicht die geeignete Stelle, um die Bedeutung von solchen Ausdrücken wie παραχρηÄ μα (sofort) oder αυÆ θημερο ν (am gleichen Tag) in Ehreninschriften zu behandeln. Ich gebe stattdessen nur zwei Beispiele: In Stratonikeia wurde im zweiten Jahrhundert n. Chr. ein Wohltäter geehrt, weil er sich an einer Spendenaktion zu Gunsten des Gymnasions beteiligte und das versprochene Geld parachrema auch zahlte – daß solche Versprechen gemacht und dann nicht eingehalten wurden, soll vorgekommen sein.50 In Delphi wurde eine Harfenspielerin geehrt, weil sie am gleichen Tag (authemeron) ihrer Ankunft Vorführungen zu einem Zeitpunkt gab, zu dem der pythische Wettkampf wegen des Mithridates-Krieges abgesagt wurde.51 Spontane Reaktionen, die zur Steigerung des Glanzes eines Festes beitrugen, wurden nicht weniger geschätzt, als der Respekt vor Traditionen.
49 Der Ausdruck εÆ πιÁ τηÄ ς πο λεως kann zweierlei gedeutet werden. Epi + Genitiv kann lokal verstanden werden, also das Opfer fand in Anwesenheit der Polis statt; oder aber epi + Genitiv weist auf Zuständigkeit hin und bezieht sich auf Zeus. Zeus Megistos epi tes poleos: der allergrößte Zeus, der die Aufsicht über die Polis hat. Hier ist vielleicht ΔιιÁ τωÄì Μεγι στωì 〈τωÄì 〉 εÆ πιÁ τηÄ ς πο λεως (mit Haplographie) zu lesen. Diese zweite Deutung scheint mir zwingend, weil die erste keinen richtigen Sinn ergibt. 50 SEG XXXVIII 1082. Daß das Versprechen einer Geldspende nicht eingehalten wurde, überliefert z. B. Isaios 5,37–38; vgl. MIGEOTTE 1992, 12–14. Vgl. auch die Formulierung αÆ νε γραψαν τουÁ ς εÆ παγγειλαμε νους καιÁ αÆ ποδο ντας (‹sie haben jene aufgezeichnet, die (eine Geldspende) versprochen und ausgezahlt haben›) in SEG LIII 822 Z. 9 f. 51 F. Delphes III,3,249.
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7 Akklamatorische Epiklesen im Fest Ein weiteres interessantes Detail in diesem Abschnitt des Dekretes ist das Opfer an ‹Zeus Megistos, der die Stadt beschützt› (ΔιιÁ τωÄì Μεγι στωì 〈τωÄì 〉; εÆ πιÁ τηÄ ς πο λεως).52 Der Kult des Zeus Soter (des rettenden Zeus) war zusammen mit dem des Apollon Ptoios der vornehmste in Akraiphia.53 Ein Kult des Zeus Megistos ist aber weder in Akraiphia noch anderswo in Boiotien belegt. Der Kult existierte aber an anderen Orten, zum Beispiel in Iasos.54 Daß ein Heiligtum oder ein Altar des Zeus Megistos in Akraiphia vor Epameinondas existierte, ist natürlich möglich; der Kontext – das heißt die Begrüßung des Epameinondas durch eine jubelnde Menge, die spontane Reaktion des Wohltäters, die Veranstaltung des Opfers an Zeus während eines Festes für Apollon – scheint mir jedoch eher darauf hinzuweisen, daß auch die Epiklese des Empfängers des Opfers spontan entstanden war. Das Epitheton Megistos gehört zu einer besonderen Gruppe göttlicher Epiklesen, die ihren Ursprung in Akklamationen haben und die Anerkennung der Epiphanie einer Gottheit, der Offenbarung göttlicher Macht, zum Ausdruck bringen.55 Ein gutes Beispiel bietet die Erzählung über ein Wunder des Zeus Panamaros in Stratonikeia während eines Angriffes der Truppen des Labienus. Als die Feinde von Blitz, Donner und Sturm geplagt wurden, fingen sie an zu flüchten, um Vergebung zu bitten und ‹mit lauter Stimme auszurufen «groß ist Zeus Panamaros»›.56 Die eigentliche Epiklese des Gottes ist Zeus Panamaros, ebenso wie die Kultepiklese des Zeus in Akraiphia Zeus Soter war. Die Erkenntnis der Präsenz und der Wirksamkeit seiner Macht ließ die Epiklese Megas hinzukommen. Viele weitere Beispiele liefern uns die Beichtinschriften (siehe unten). Ich vermute, daß auch die Epiklese des Zeus als Megistos aufgrund spontaner Akklamationen erfolgte, als die jubelnde Menge Epameinondas begrüßte und den Gott pries, der der Stadt einen solchen Wohltäter schenkte. Eine indirekte Unterstützung findet diese Vermutung im Protokoll einer Sitzung des Rates wohl von Tralleis, in der der Brief eines Statthalters bezüglich der Verleihung von Vorrechten an die Pyliten verlesen wurde. Auf das Verlesen des Briefes folgten spontane Akklamationen, in denen die Lobpreisung des Wohltäters Eumelos mit der Akklamation des Namens des Dionysos verbunden war:57 Der Rat rief aus: ‹Hoch, dem großen Statthalter Taurus!› – ‹In die Tempel der Retter!› – ‹Du hast den Rat und das Volk mit jeder Ehre geehrt!› – ‹Würdig sind die Pylitai dieser
52
S. o., Anm. 49. ROBERT 1935, 441 und 442 f. Anm. 5, der Zeus Soter mit Zeus Megistos identifiziert. 54 I. Iasos 1, 219. 220. 233. 234. 55 CHANIOTIS 2008. 56 I. Stratonikeia 10. 57 SEG XXXVIII 1172. 53
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Angelos Chaniotis Geschenke/Privilegien!› – ‹Die Pyliten verdienen noch mehr!› – ‹Du bist der Erste seit Menschengedenken, Eumelos!› (ειÎς αÆ πÆ αιÆ ωÄ νος) – ‹Oua, schön (hast Du es gemacht), hoher Priester!› – ‹Groß ist der Name des Dionysos!› (με [γα τοÁ οÍ νομ]α Διονυ σου) – ‹Hoch, Eumelos, dem großen Vormund der Pyliten!›
Solche akklamatorischen Epiklesen haben das Ziel, nicht nur die Präsenz, die Macht und die Wirksamkeit der Gottheit zu bezeugen, sondern auch ihre Beziehung zu einem Ort zum Ausdruck zu bringen. Die im Gymnasion von Delphi aufgezeichneten Akklamationen (zweites/drittes Jahrhundert) geben uns einen lebhaften Eindruck von dieser Funktion.58 Es handelt sich dabei um Akklamationen im Stadium, vermutlich während der Ehrung von Siegern, die anschließend niedergeschrieben wurden. Einige der Akklamationen gelten den Siegern, die anderen der Stadt Delphi und ihrem Gott, zum Beispiel: ‹Auf gutes Glück! Ein Gott! Groß ist der Gott! Der allergrößte Name des Gottes! Groß ist der pythische Apollon! Groß ist das Glück der Delpher!› (ÆΑγα[θηÄì Τυ ]χηì · [ειÎς
Ç · θ]εο ς· με γ[ας] θεο ς· μ[ε γιστ]ον οÍ ν[ομα τ]ουÄ θε[ουÄ · [Πυ θιος με γ]ας ÆΑπ[ο λλων Ç Ç μεγα ]λη Τυ χ[η Δελϕω Ä ν]) oder ‹Auf gutes Glück! Es gibt (nur) einen Gott im Ç Groß Ç Ç ist Apollon Pythios! Groß ist das Glück der Delpher!› (ÆΑ[γαθηÄì Himmel! Τυ ]χηì · ειÎς θ[εοÁ ς εÆ ν τω Äì ουÆ ρα]νω Äì · με γα[ς Πυ θιος ÆΑ]πο λλων· μ[εγα λη Τυ χη Δ]ελϕω Ä ν). Vor einem gemischten Publikum vorgetragenÇ stellten diese Akkla-
mationen eine direkte Beziehung zwischen Apollon und Delphi her und – das Wichtigste – räumten dem lokalen Gott eine besondere Stellung im Pantheon ein. Für die Festversammlung der Delpher war Apollon nicht nur großartig, er war einzigartig. Das Wort heis hat in diesem Kontext nicht die Bedeutung ‹der einzige›, die die Existenz anderer Götter ausschließt, sondern die Bedeutung ‹der einzige wirklich mächtige/wirksame Gott›; Apollon – und konkret Apollon Pythios von Delphi – wird mit anderen Göttern verglichen und für mächtiger erklärt. Mit Monotheismus hat dies nichts zu tun.59 Die Menschen, die solche Texte ausrufen, erkennen nur die übergroße Macht des Gottes an, den ihre Kultgemeinschaft verehrt, in mehr oder weniger bewußter Konkurrenz zu anderen Göttern. So wird zum Beispiel auch die Akklamation ‹ein Gott ist (wahrhaftig) groß! Rette/beschütze Seleukeia!› (ειÎς με γας θ(εο ς)· σωÄ ζε Σελευκι αν) in Seleukeia zu verstehen sein (drittes Jahrhundert n. Chr.).60 Der eigentlichen Bedeutung der Akklamationen im Kontext von Konkurrenz kommen wir näher, wenn wir die Akklamationen aus Perge berücksichtigen (275/276 n. Chr.):61 Hoch soll Perge leben, die einzige unverletzliche Stadt (αυË ξε Πε ργη, ηë μο νη αÍ συλος)! ... Perge, die erste Conventus-Stadt (αυË ξε Πε ργη, ηë πρω τη αÆ γορωÄ ν)! Perge, dort, wo die Männer konsularischen Ranges sich um Ruhm wetteifern! ... Perge, Spitze/Haupt Pamphyliens (αυË ξε Πε ργη, ηë κορυϕηÁ τηÄ ς Παμϕυλι ας)! Perge, die in keiner Sache lügende (αυË ξε Πε ργη, ηë μηδεÁν ψευδομε νη)! Alle Rechte hat Perge durch senatus consultum erhalten! 58
QUEYREL 2001; SEG LI 613–631. S. ausführlicher CHANIOTIS 2008 und BELAYCHE 2008. 60 CIG 7058. 61 I. Perge 331 (mit dem Kommentar von S. SAHIN und der älteren Bibliographie); vgl. ROUECHE´ 1989. 59
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Perge war selbstverständlich nicht die einzige (μο νη) Stadt mit dem Recht der Asylia; sie war die einzige, die es verdient hatte. Die Akklamation ‹Perge, die in keiner Sache lügende› (αυË ξε Πε ργη, ηë μηδεÁν ψευδομε νη) setzt die Konkurrenz mit anderen Gemeinden, die die Pergäer als Lügner hinstellen, voraus. In ähnlicher Weise ist die Epiklese ‹der nicht lügende Gott› (θεοÁ ς αÆ ψευδη ς) in Aspendos in Pamphylien (erstes/zweites Jahrhundert n. Chr.) aus der Konkurrenz zwischen den religiösen Vorstellungen entstanden.62 Konkurrenzgeist drücken die Akklamationen auch in der Kultstiftung des Alexander von Abonouteichos aus, der in der Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. den Kult des Schlangengottes Glykon Neuer Asklepios einführte. Mit einem eigenartigen und einzigartigen Konglomerat von Ritualen, die größtenteils aus anderen Kulten übernommen wurden, etablierte Alexander eine Kultgemeinschaft begeisterter Anhänger.63 Ein wichtiges Ritual war ein nach dem Vorbild der eleusinischen Mysterien entworfener Mysterienkult (Lukian, Alexander 38): Er richtete ein Mysterienfest ein, mitsamt Fackelzug und Hierophantie, das jeweils an drei aufeinander folgenden Tagen gefeiert wurde. Am ersten Tag fand eine feierliche Eröffnung wie in Athen statt, mit folgenden Worten der Warnung: ‹Wenn ein Gottloser, Christ oder Epikureer, als Späher zu den Mysterien gekommen ist, so fliehe er! Wer aber an den Gott glaubt, der soll glücklich eingeweiht werden.› Dann wurde ganz am Anfang eine ‹Vertreibung› ausgesprochen, und zwar begann Alexander mit den Worten: ‹Hinaus mit den Christen!› Die große Menge antwortete: ‹Hinaus mit den Epikureern!› ... [Nach Darstellungen relevanter Mythen fand am dritten Tag eine heilige Hochzeit statt]. ... Nach kurzer Zeit kam er im Gewand des Hierophantes unter tiefem Schweigen wieder hinein und rief mit lauter Stimme: ‹Heil, Glykon!› Sein Gefolge von – wie kann es anders sein – Eumolpiden und Keryken paphlagonischer Herkunft, angetan mit Schuhen aus ungegerbtem Fell und rülspend von der vielen Knoblauchsoße, respondierte ihm. ...
Die Akklamationen im Fest dienten in diesem extremen Fall nicht nur der Stärkung der Identität der eigenen Gruppe, sondern auch der Konstruktion von Feindbildern. Es ist kein Zufall, daß oftmals gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Kultgemeinden im Kontext eines Festes stattfanden. Die Verehrer der Artemis von Ephesos in Sardeis wurden während einer Prozession angegriffen (circa 340 bis 320 v. Chr.).64 Von einem ähnlichen Vorfall erzählt eine lydische Inschrift aus Kollyda.65 Der Text enthält die Beichte eines Mannes, der von den Göttern mit Krankheit dafür bestraft wurde, dass er einen Angriff auf ein Heiligtum nicht abgewehrt hatte. Während eines Festes (εë ορτηÄ ς γενομε νης) versammelte sich eine Menschenmenge, die gegen ein Gebäude (basilika) marschierte. Mit Schwertern, Stöcken und Steinen bewaffnet griffen diese Personen, deren Identität ein Rätsel darstellt, die heiligen Sklaven an und zerstörten die Götterstatuen. Dies geschah im Jahr 197/8 n. Chr., also können 62
SEG XXXVIII 1335. Hauptquelle: Lukian, Alexander. Neueste Literatur: SFAMENI GASPARRO 1996 und 1999; VICTOR 1997; CHANIOTIS 2002b. 64 I. Ephesos 2; SEG XXXVI 1011. Weitere Beispiele in CHANIOTIS 2006, 211 Anm. 7. 65 HERRMANN, MALAY 2007, Nr. 84. 63
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die Personen schwerlich als Christen identifiziert werden. Möglicherweise waren es die Opfer der wirtschaftlichen Ausbeutung durch das Heiligtum oder Personen, die die Autorität der Priester herausforderten, oder aber Vertreter einer anderen Kultgemeinschaft. Die Performanz von akklamatorischen Lobpreisungen des Gottes wird auch durch eine lydische Inschrift bezeugt, in der abwechselnd Akklamationen und Schuldbekenntnisse beziehungsweise Manifestationen der göttlichen Macht registriert werden:66 Groß ist die Mutter des Mes Axiottenos! Glykon, Sohn des Apollonios, und Myrtion, Frau des Apollonios, (stellten) diese eulogia (Lobpreisung) für Mes Ouranios und für Mes des Artemidoros, der Axiotta beherrscht, für ihre Rettung und für die Rettung ihrer Kinder. Denn Du, Herr, hast Erbarmen gezeigt, als ich gefangen genommen wurde. Groß ist Deine Heiligkeit! Groß ist Deine Gerechtigkeit! Groß ist der Sieg! Groß ist Deine Bestrafung! Groß ist das Dodekatheon, der in Deiner Nähe eingerichtet worden ist! Denn der Sohn meines Bruders, Demainetos, nahm mich gefangen. Denn ich habe meine eigenen Angelegenheiten vernachläßigt und Dir geholfen, als ob Du mein eigener Sohn wärest. Aber Du hast mich eingesperrt und gefangen genommen, als ob ich ein Verbrecher und nicht Dein väterlicher Onkel wäre. Groß ist nun Mes, der Herrscher über Axiotta! Du hast mir Genugtuung gegeben. Ich preise Euch.
Die Akklamationen bezeugen die sichtbare und wirksame Macht des Gottes in seinem Heiligtum, wohl vor den aufgestellten Statuen des Mes, seiner Mutter und der zwölf Götter, sicher in Anwesenheit der Priester, des Klägers und seiner Familie, des Angeklagten Demainetos, wahrscheinlich vor anderen Zuschauern.
8 Ergebnisse Die Veranstaltung eines Festes stellte den Veranstalter in Konkurrenz zu allen, die in der Vergangenheit diese Aufgabe erfüllt hatten. Sie wurde zum Gegenstand von Kommentaren, von Lob, Bewunderung, sicher auch von Kritik in und außerhalb der veranstaltenden Gemeinde. Somit entstand eine Konkurrenz unter verschiedenen Kultgemeinden. Wichtige Mittel, die zum Erfolg eines Festes sowohl im internen als auch im externen Konkurrenzfeld beitrugen, waren unter anderem die Quantität des Angebotes (die Zahl der Opfertiere und der Teilnehmer, die Höhe der Ausgaben, die Dauer), die Betonung von differenzierenden lokalen beziehungsweise kultspezifischen Besonderheiten und Traditionen, aber auch innovative Elemente und spontane Einfälle. Durch verschiedene Mittel verbaler Kommunikation, vor allem durch Hymnen und Akklamationen, wurde die besondere Macht einer bestimmten Gottheit betont; auch dies impliziert indirekt eine Konkurrenz von Kultgemeinschaften. 66
MALAY 2003 (nördlich von Ayazviran, 57 n. Chr.); vgl. CHANIOTIS 2008.
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Feste waren Ereignisse mit emotionaler Intensität, und dies führte zur Steigerung von Reaktionen – auch zur Steigerung des Konkurrenzgeistes. Weder Intensität noch Emotionalität sind quantifizierbare Begriffe; Althistoriker nehmen sie nur selten in den Mund. Studiert man aber antike Religiosität und ihre Dynamik, so kann man ohne sie nicht auskommen.
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Die offenen Arme der Provinz: Überlegungen zur Funktion und Entwicklung der prorömischen Kultfeste der Provinz Asia (erstes Jahrhundert v. Chr.) von
CHRISTIAN MILETA 1 Einleitung Gegenstand der nachfolgenden Überlegungen sind die überregionalen Kultfeste für prominente Römer, die der so genannte Provinziallandtag von Asia zu verschiedenen Zeitpunkten des ersten Jahrhunderts v. Chr. einrichtete. Im Einzelnen sollen die Vorgeschichte und Entwicklung dieser Kultfeste sowie die Rolle geklärt werden, die sie für Herausbildung eines provinzialen Selbstverständnisses und für die Integration Asias in das Imperium Romanum der Republik spielten. Die in Rede stehenden Feste gehörten zu einem ganzen Komplex von Kulten und Spielen, mit denen wahlweise die Macht Rom, der populus Romanus, römische Amtsträger und Institutionen sowie die Thea Rho¯me, lateinisch Dea Roma, geehrt wurden. Sie waren seit 195 v. Chr. zunächst von den Poleis und den Stammesbünden Griechenlands und Kleinasiens eingerichtet worden. Seit den neunziger Jahren des ersten Jahrhunderts v. Chr. traten die Kulte und Spiele für römische Statthalter oder Politiker hinzu, welche vom so genannten Provinziallandtag von Asia beziehungsweise von dessen Vorstufen ausgerichtet wurden. Diese Kulte und Spiele waren dem Anspruch wie auch dem tatsächlichen Ablauf nach eine Sache der ganzen Provinz. Wir werden sie deshalb nachfolgend mit dem Sammelbegriff provinziale prorömische Kultfeste bezeichnen. Dabei ist der Begriff der Kultfeste mit Bedacht gewählt worden: Zwar war jeder bedeutendere Kult mit regelmäßig gefeierten Festen verbunden. Doch die Prozessionen, Festmähler und Agone,1 die zu den provinzialen prorömischen Kulten gehörten, wurden anscheinend mit solcher Prächtigkeit be1
CHANIOTIS 1995, 150 gibt als Hauptbestandteile eines Feste die vier Elemente Prozession, Opfer, Festmahl und Spiele an. Vgl. CHANIOTIS 1991, 128–131, wo genauer unterteilt wird. Demnach hatten die städtischen Feste anläßlich von Gedenktagen neun Elemente: 1. Bekränzung der Teilnehmer, 2. Prozession, 3. Opfer, 4. Gebet, 5. Festlied, 6. Festmahl, 7. Spiele, 8. Reden, 9. Nachstellung des historischen Ereignisses. Die Elemente 1–8 begegnen auch beim Kaiserkult und dürfen somit auch für die provinzialen Kultfeste angenommen werden.
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gangen, dass sie den eigentlichen Anlass, also das ehrende Opfer für einen römischen Statthalter oder Politiker, in den Hintergrund drängten.2 Diese Dominanz geselliger, gemeinschaftsbildender Elemente ergab sich aus der Funktion der prorömischen provinzialen Kultfeste: Wie noch zu zeigen sein wird, ging es den Abgesandten der einzelnen Gemeinwesen sowie den breiten Massen, die zu dem jeweiligen Fest zusammenströmten, weniger um die göttliche Verehrung eines einzelnen Römers, als vielmehr um die prächtig inszenierte kollektive Selbstidentifikation mit der Macht Rom. Damit aber leisteten die Kultfeste einen gewichtigen Beitrag zur Integration der Provinz Asia in das Imperium Romanum der Republik. Wenn wir uns im Folgenden ganz auf die provinzialen prorömischen Kultfeste von Asia konzentrieren, so geschieht dies aus drei Gründen: Erstens knüpften sie, was die überregionale Organisation des Kultes anging, eindeutig an die Tradition der zentralen Herrscherkulte des Seleukiden- sowie des Attalidenreiches an, deren territorialer Bestandteil die nunmehrige Provinz Asia im dritten und zweiten Jahrhundert v. Chr. gewesen war. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass sich auch die Strukturen und Ämter der provinzialen prorömischen Kultfeste ganz oder teilweise an das Vorbild dieser zentralen Herrscherkulte des Hellenismus anlehnten. Zweitens lieferten die Kultfeste von Asia, gemeinsam mit jenen von Bithynia, später die Grundstruktur des frühen Kaiserkultes. Demnach bestand ein genuiner Zusammenhang zwischen den provinzialen Kultfesten von Asia und dem frühen Kaiserkult. Dies erlaubt Parallelschlüsse, die uns besser erkennen lassen, in welcher Weise der frühe Kaiserkult, aber auch die provinzialen Kultfeste von Asia organisiert und zelebriert wurden. Drittens zwingt uns die Quellenlage zur Konzentration auf Asia. Zwar ist es wegen der göttlichen Epitheta einiger Herrscher sehr wahrscheinlich, dass es auch im Königreich Bithynien einen zentralen Herrscherkult gab. Ebenfalls sehr wahrscheinlich ist die Existenz prorömischer Kultfeste im Westteil der Provinz Bithynia-Pontus: Das für 29 v. Chr. erstmalig bezeugte koinon von Bithynia feierte noch im selben Jahr erstmals den frühen Kaiserkult, und zwar in der alten Hauptstadt Nikomedeia. Man kann deshalb erwarten, dass auch in Bithynien ein direkter Zusammenhang zwischen dem staatlichen Herrscherkult der hellenistischen Zeit, den provinzialen prorömischen Kultfesten und dem frühen Kaiserkult bestand. Doch dies ist nur eine gut begründete Vermutung, für die wir keine expliziten Quellenaussagen vorweisen können. Wir lassen deshalb die Situation in Bithynien unberücksichtigt und beschäftigen uns allein mit provinzialen Kultfesten von Asia. 2 Vgl. HERZ 1995, 72: Bei den Feiern des Kaiserkultes endete mit dem Opfer der eigentliche religiöse Teil des Festes. Das Festmahl, die Reden und die Spiele bildeten bereits den gesellschaftlichen Teil; HERZ 1995, 80: Der Bezug zwischen Gottheit und Fest wurde lediglich durch das einleitende Opfer und die Aufstellung des Kultbildes hergestellt. Hierbei handelte es sich um Routinehandlungen, die als solche in den Quellen nicht eigens erwähnt werden.
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Bei der Untersuchung dieser Kultfeste ergeben sich gewisse Schwierigkeiten, die aus der mageren Quellenlage resultieren. Es gibt zwar hinreichende Informationen über den vorhergehenden attalidischen Herrscherkult sowie über den nachfolgenden römischen Kaiserkult samt seinen Spielen. Doch über die provinzialen prorömischen Kultfeste des ersten Jahrhunderts v. Chr. hat man außer dem bloßen Beweis ihrer Existenz nur wenige Kenntnisse. Immerhin wissen wir durch neuere Inschriftenfunde, dass der Kaiserkult in einer Weise an die Strukturen des hellenistischen Herrscherkultes anknüpfte, die nur über die provinzialen prorömischen Kultfeste der Epoche der Republik vermittelt sein konnte. Außerdem kann man aus den Berichten über die prorömischen Kulte der kleinasiatischen Poleis sowie über den Roma-Kult des Lykischen Bundes bestimmte Schlüsse über den Charakter und die Ausgestaltung der provinzialen prorömischen Kultfeste von Asia ziehen. Gleichwohl ist es unmöglich, ein detailliertes Bild vom Ablauf dieser Kultfeste zu zeichnen. Wir werden uns deshalb darauf beschränken, die Voraussetzungen, die allgemeine Entwicklung und die Perspektiven der wohl generell penteterischen prorömischen Kultfeste zu klären, deren Träger der Landtag von Asia (koinon te¯s Asias; koinon to¯n Helle¯no¯n te¯s Asias oder ähnlich) beziehungsweise dessen Vorstufen (hai poleis, hai en te¯i Asiai kai hoi de¯moi kai ta ethne¯ oder ähnlich)3 waren. Dabei soll insbesondere geklärt werden, wo und in welchem Maße diese Kultfeste an Strukturen der staatlichen Herrscherkultes des Attaliden-, aber auch des Seleukidenreiches anknüpften. Schließlich hatten die Landschaften, die nun die Provinz Asia bildeten, zwischen 281 bis 188 v. Chr. bald zum einen, bald zum anderen dieser Reiche, von 188 bis 133 v. Chr. aber allein zum Attalidenreich gehört. Ins Grundsätzliche gewendet drehen sich die nachfolgenden Überlegungen demnach um das Verhältnis von Kontinuität und Diskontinuität in den Strukturen und im Vollzug überregionaler Herrscherkulte. Zugleich wollen wir am einem Beispiel zeigen, in welchem Ausmaß die provinzialen prorömischen Kultfeste dazu beitrugen, neu erworbene und unter Umständen territorial neu gefasste Verwaltungsbezirke in das Imperium Romanum der Republik zu integrieren. Aus den obigen Vorüberlegungen lassen sich die drei folgenden Fragen an den Gegenstand unseres Beitrages ableiten: 1) Inwieweit standen die provinzialen prorömischen Kultfeste von Asia in der Tradition der zentralen Variante des hellenistischen Herrscherkultes? 2) Wo liegen die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den beiden Formen des überregionalen antiken Herrscherkultes? 3) Worin bestanden demnach die Eigenheit der provinzialen Kultfeste von Asia sowie ihr potentiell positiver Einfluss auf die Integration der Provinz in das Imperium Romanum der Republik. Zur Beantwortung dieser Fragen sollen zunächst der Charakter sowie die Organisationsstruktur des zentralen hellenistischen Herrscherkultes skizziert 3
Zur Bezeichnung des Landtages und seiner Vorstufen s. u., S. 109–110.
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werden, wie sie für das seleukidische Kleinasien und für das Attalidenreich aus den Quellen rekonstruiert werden können. Sodann soll dasselbe für die provinzialen prorömischen Kultfeste von Asia versucht werden. Dabei müssen wir auch die hellenistischen Herrscherkulte sowie die prorömischen Kulte im Blick behalten, die in den einzelnen Poleis bestanden. Denn diese lokalen Kulte waren zum einen jeweils früher eingerichtet worden als die zentralen Herrscherkulte und die provinzialen Kultfeste. Zum anderen existierten sie parallel zu den überregionalen Kulten weiter. Die überregionalen Herrscherkulte sowie die provinzialen prorömischen Kultfeste dürften deshalb in Inhalt und Struktur stark von ihren lokalen Vorbildern beeinflusst worden sein. Im Anschluss an diese strukturellen Überlegungen soll erörtert werden, inwieweit die Entstehung und Entwicklung der prorömischen Kultfeste der Provinz Asia durch die politische Stellung der dortige Poleis und Stämme beeinflusst wurden. In diesem Zusammenhang werden wir auch den ersten Mithridateskrieg (88 bis 85 v. Chr.) und seine Folgen streifen. Die dramatischen Ereignisse dieses Krieges zeigten nämlich, dass die römische Herrschaft über Asia in politischer wie ideologischer Hinsicht nur mangelhaft fundiert gewesen war. Die Römer mussten also früher oder später beginnen, Asia wirklich in ihr Herrschaftsgebiet zu integrieren. Für uns wird hier von Interesse sein, ob und inwieweit sie in diesem Zusammenhang auch die provinzialen prorömischen Kultfeste förderten.
2 Die Vorgeschichte: Die städtischen Herrscherkulte sowie die panhellenischen Spiele der kleinasiatischen Poleis in hellenistischer Zeit Der Hellenismus kannte – zumindest in Griechenland und in Kleinasien4 – zunächst nur städtische Herrscherkulte. Diese sind bereits für die Alexanderund die Diadochenzeit greifbar und knüpften über den Kult für Lysander an der griechischen Heroenkult an.5 Im hier besonders interessierenden Kleinasien begann diese lokale Form des Herrscherkultes mit der frühen Seleukidenzeit. Sie erreichte 259/58 v. Chr. eine qualitativ neue Stufe, als die Milesier mit Antiochos II. erstmals einen lebenden Seleukidenherrscher zum ‹Gott› (theos) erklärten.6
4 Der Herrscherkult im ptolemäischen Ägypten sowie die Herrscherkulte im Osten des Seleukidenreiches bleiben hier wegen ihrer Besonderheiten, die sich vor allem aus dem Anknüpfen an die regionalen Traditionen ergaben, außer Betracht. 5 Das Standardwerk zu den städtischen Herrscherkulten des Hellenismus ist nach wie vor HABICHT 19702. S. auch SCHMITT 2005, 443–452; WALBANK 1983, 215–222 und GEHRKE 1990, 191. Zum Phänomen der antiken Herrscherkulte überhaupt s. die luziden Bemerkungen von FEARS 1988, 1047–1093. 6 App. Syr. 65, vgl. HABICHT 19702, 103 f.
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Es ist zumeist nicht ausdrücklich überliefert, doch völlig klar, dass die städtischen Herrscherkulte mit Festen verbunden waren. Immerhin handelte es sich bei der Ernennung zum Gott um die höchste Ehrung, die eine Polis vergeben konnte.7 Nun waren bereits ältere hohe Auszeichnungen der Poleis, etwa die Ehrenbeschlüsse oder die Erklärung zum Proxenos, über die öffentlichen Ausrufung der Geehrten oder die Gewährung der Prohedrie mit den städtischen Festen verbunden. Aus diesem Umstand ergab es sich praktisch automatisch, dass die neue höchste Ehrung einer Polis, also die Einrichtung eines Herrscherkultes, mit der Inauguration eines neuen Festes verbunden wurde.8 Zwar gab es auch eine Art ‹Königskult light› für den Alltag, in dem der Herrscher und seine Verfahren ausschließlich durch Trank- oder Rauchopfer verehrt wurden. Doch wie die Inschriften zeigen, feierten die Städte mindestens einmal im Jahr große Feste für vergöttlichte Könige und Königinnen, deren Höhepunkte die Prozession, das Opfer eines oder mehrerer Stiere, das gemeinsame Festmahl sowie gymnische und musische Agone waren.9 Hinzu kamen kleinere Feiern, Feste und Wettkämpfe zu Ehren der Herrscher, die im Gymnasium stattfanden. Sie waren über den Jahreslauf verteilt und fanden insbesondere an wichtigen Daten des Schuljahres statt, etwa aus Anlass der Einführung oder des Abschieds eines Gymnasiarchen. Wie das Vergleichsmaterial zu den späteren Roma-Kulten der Poleis zeigt, wurde die Schuljugend dort regelmäßig auch zum eigentlichen Fest und den dort veranstalteten Spielen herangezogen.10 Man darf annehmen, 7
Zum Prozedere der Zuerkennung dieser Ehrungen s. HABICHT 19702, 160–173. SEG 39, 1284 (= GAUTHIER, SARDES II, 2): Volksbeschluss und Brief der seleukidischen Königin Laodike (III.) aus Sardeis (Juni/Juli 213 v. Chr.) – B. Z. 8–16 (Auszug aus dem Brief der Königin): ‹... der Beschluss, demzufolge Ihr die Weihung eines heiligen Bezirkes (τε μενος) «Laodikeion» und die Errichtung eines Altars (βωμο ς) beschlossen habt, ferner die Begehung eines Festes (πανη γυρις) «Laodikeia», alljährlich im Monat Hyperberetaios am 15.; und die Veranstaltung eines Festzuges (πομπη ) und eines Opfers (θυσι α) an Zeus Genethlios (= Schützer der Familie) zu meines Bruders König Antiochos und meinem und unserer Kinder Heil (υë πεÁρ τηÄ ς ... σωτηρι ας).› – Dieser Herrscherkult wurde von Dörfern des königlichen Gebietes nachgeahmt, wenn es um die Ehrung lokaler Potentaten ging. Dies zeigt ein Beispiel aus Karien (I Laodikeia 1, Nr. 1, 267 v. Chr., historischer Kontext: der Galaterkrieg der sechziger Jahre des dritten Jahrhunderts v. Chr.): Die Bewohner zweier Dörfer treffen sich zu einer εÆ κκλησι α und fassen einen gemeinsamen Ehrenbeschluss für Achaios d. Ä. sowie für Banabelos und Lachares, die Verwalter (οιÆ κονο μος) bzw. Buchhalter (εÆ κλογιστη ς) der Besitztümer des Achaios waren. In dem Beschluss wird erwähnt, dass Achaios, der ‹Herr des Distrikts› (κυ ριος τουÄ το που) und ‹Retter› (σωτη ρ), sowie Banabelos und Lachares, die ‹Wohltäter› (ευÆ εργε ται), viele Dorfbewohner aus der Gefangenschaft der Galater befreit hatten. Dafür wurde allen drei Männern sowie ihren Nachkommen ‹für alle Zeiten› die Prohedrie bei den dörflichen Festen verliehen. Zudem sollten jährliche Opfer für alle drei Männer abgehalten werden. Bei diesen sollten für Achaios ein Rind, für die beiden anderen Männer jeweils ein Widder geopfert werden. 9 Für die Einzelheiten der städtischen Herrscherkulte s. HABICHT 19702, 195. 10 SOKOLOWSKI, LSAM 49 (= Milet 6, 1 Nr. 203): Aufgaben des Priesters des populus Romanus und der Dea Roma in Milet (ca. 130 v. Chr.) A. Z. 19 ff.: ‹... am 11. (Tag) des nämlichen Monats (= Taureon) sollen die ins Amt eintretenden Gymnasiarchen zusammen mit den Epheben ein voll ausgewachsenes Opfertier dem Volk der Römer und der Roma opfern. 8
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dass in hellenistischer Zeit ebenso verfahren wurde. Bereits damals dürften also die Paides, Epheben und Neoi, aber auch die jungen Mädchen an den jährlichen Festen zu Ehren der göttlichen Könige teilgenommen haben. Damit sollten die Kinder und Jugendlichen zum einen an die städtische Festkultur und die damit verbundenen Agone herangeführt werden. Zum anderen trug schon ihre bloße Teilnahme zum Gelingen der Feste bei. Dies beweist ein vergleichender Blick auf die Moderne: Jedes beliebige Heimatfest im heutigen Deutschland zeigt, dass man mit der Schuljugend, die geschlossen am Fest teilnimmt, allemal einen soliden personellen Grundstock für die Ausrichtung von Festen und Spielen hat. Neben den Herrscherkulten und Herrscherfesten der einzelnen Poleis Kleinasiens existierten sowohl im Seleukidenreich als auch im Attalidenreich zentrale Herrscherkulte, für deren Ausführung Oberpriester (archiereis) verantwortlich waren.11 Im Seleukidenreich gab es solche archiereis schon in der Mitte des dritten Jahrhunderts v. Chr.12 Ihre Amtsprengel umfassten größere Reichsteile wie etwa Kleinasien. Zusätzlich zu diesen männlichen Amtsträgern wurden um das Jahr 200 v. Chr. in denselben Reichsteilen Oberpriesterinnen (archiereiai) für den Kult der Königinnen eingesetzt.13 Im Attalidenreich, dem 188 v. Chr. weite Teile des vormals seleukidischen Kleinasien zugeschlagen worden waren, gab es nur einen einzigen archiereus, der eindeutig in der Nachfolge des seleukidischen Oberpriesters für das cistaurische Kleinasien stand und dessen Amtssprengel mit dem gesamten Attalidenreich identisch war.14 Das Amt der Oberpriesterin war von den Attaliden nicht übernommen Ebenso sollen die aus dem Amt ausscheidenden Gymnasiarchen opfern, zusammen mit ihren Epheben, ein voll ausgewachsenes Opfertier, und sollen geben beide Gruppen dem Priester die schriftlich festgelegten Ehrenanteile.› Vgl. die Siegerliste der Rhomaia-Agone des Lykischen Bundes (SEG 28, 1246, Xanthos, Ende zweites Jh./Anfang erstes Jh. v. Chr.), in der die Sieger in der Abfolge Knaben, Jugendlichen und Erwachsenen aufgeführt werden. 11 Für die Ursprünge und Entwicklung dieses Amtes s. MÜLLER 2000. – Die von MÜLLER diskutierten, zumeist epigraphischen Quellenzeugnisse belegen die Kontinuität des Amtes von der Seleukiden- bis zur Attalidenherrschaft. Die Existenz des Oberpriesteramtes ist auch für die kleineren Reiche Kleinasiens sehr wahrscheinlich, doch bisher nicht belegt. 12 In einem Brief von Antiochos III. an Zeuxis, den ‹Vizekönig› von Kleinasien (SEG 37, 1010 Z. 17–50, 7–14) betreffend die Einsetzung des Nikanor zum ‹Oberpriester der Heiligtümer diesseits des Tauros› (Z. 29–31) erwähnt der König (Z. 40 f.), dass dieses Amt schon unter Regierung seines Großvaters, also des Königs Antiochos II. (261–246 v. Chr.) existiert hatte (Z. 39 f.). 13 OGIS 224 (= WELLES, RC 37) – Königsbrief Antiochos’ III., Frühjahr 193 v. Chr. (Inschrift aus Eriza/Karien; zwei inhaltlich identische Inschriften wurden im Iran gefunden): ‹König Antiochos sendet dem Anaximbrotos seinen Gruß. Da wir wünschen, die Ehren (τιμαι ) unserer Schwester, der Königin Laodike weiter zu mehren ... (deshalb) sollen – so, wie für uns ernannt werden im Königreich Oberpriester – auch für sie in denselben Bezirken (το ποι, gemeint sind die Satrapien) Oberpriesterinnen (αÆ ρχιε ρειαι) eingesetzt werden, die goldene Kränze tragen sollen mit einem Bild von ihr, und die ferner genannt werden sollen in den Kontrakten nach den Oberpriestern für unsere Vorfahren und für uns.› 14 Der attalidische Archiereus stand in der Ämterhierarchie des Pergamenischen Reiches sehr weit oben, s. die inschriftlich erhaltene Satzung eines städtischen Vereins im Umland von
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worden. Die Oberpriester gehörten zu den Eliten beider Reiche; mitunter waren sie sogar mit den Königen verwandt.15 Sie vollzogen – offenbar stellvertretend für die Bewohner ihrer Amtsprengel – den Kult für die Herrscher. Daneben galten sie als Garanten des Rechts: Ihr Name musste in allen Verträgen, die innerhalb ihres Amtsprengels abgeschlossen wurden, aufgeführt werden. Außerdem oblag ihnen die Kult- und Dienstaufsicht über die ländlichen Heiligtümer. Es ist nicht belegt, doch sehr wahrscheinlich, dass die Oberpriester auch einen gewissen Einfluss auf die Gestalt der städtischen Herrscherkulte hatten. Insbesondere dürften sie in den Vollzug der Herrscherkulte jener Städte involviert gewesen sein, in denen sie residierten. Innerhalb des relativ stark zentralisierten Attalidenreiches dürfte somit der Herrscherkult der Hauptstadt Pergamon eine Pilotfunktion gehabt und deshalb auch die Gestalt der Herrscherkulte in den anderen Poleis des Reiches beeinflusst haben.16 Obwohl die Oberpriester, wie eben gezeigt, eine ganze Reihe überregionaler Kompetenzen hatten, haben wir keinerlei Anlass zu der Vermutung, dass sie auch zentralen Kultfesten für die Herrscher vorgestanden hätten. Die Existenz solch überregionaler Kultfeste lässt sich für den Herrscherkult des Seleukidenwie auch des Attalidenreiches in den Quellen nirgends greifen. Dies liegt sicher nicht an der Ungunst der Überlieferung. Die Teilnehmer der zentralen Kultfeste wären jeweils aus dem gesamten Amtssprengel des Oberpriesters, im Fall des attalidischen archiereus sogar dem ganzen Reich, zusammengeströmt; die Feste müssten also Spuren in den Quellen hinterlassen haben. Dies ist aber nicht der Fall, was wir als ein sicheres Zeichen dafür nehmen, dass der hellenistische Herrscherkult – zumindest in Kleinasien – keine zentralen Kultfeste kannte. Für ihre Existenz bestand auch keinerlei Notwendigkeit, da die religiöse Kommunikation zwischen der Bevölkerung und den Königen denselben Bahnen folgte wie der politische Verkehr zwischen beiden Seiten. Etwa in Form von Gesandtschaften, welche die Poleis an die Höfe der Könige schickten, unter deren Herrschaft oder Einfluss sie standen. Vor Beginn der eigentlichen Verhandlungen überreichten die Gesandten einer Polis dem betreffenden Monarchen Ehrendekrete und Geschenke der Bürgerschaft. Unter besonderen politischen Umständen und in der Erwartung außerordentlicher Wohltaten17 konnten Pergamon (Kaı¨kostal), sechziger Jahre des zweiten Jh. v. Chr., Z. 6–15 (MÜLLER, WÖRRLE 2002, 192–193): ‹Kränze sollen proklamiert werden ... für König Attalos [I.] und Königin Apollonis – beide Götter, für den König (= der aktuell regierende König Eumenes II.), die Königin, die Brüder der Königs, den Oberpriester (Archiereus), den Priester des Vereins, den Hemiholios (= Kanzler), den Stadtpräfekten, den Dioiketen, den Archeklogisten, den Oikonomos, den Eklogisten, den Agonotheten und den Sekretär.› 15 S. MÜLLER 2000, 529 f. sowie die oben Anm. 14 zitierte Inschrift. 16 Diese Leitstellung scheinen Pergamon und Nikomedeia, die Hauptstädte des Attalidenreiches sowie von Bithynien, später auch für die provinzialen prorömischen Kulte innerhalb ihrer Provinz bzw. ihres Provinzteiles besessen zu haben. Darauf deutet jedenfalls der Umstand hin, dass 29 v. Chr. gerade in diesen beiden Städten erstmals der Kaiserkult gefeiert wurde. 17 Anders HABICHT 19702, 163–165.
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sie ihm aber auch mitteilen, dass ihm die Polis per Volksbeschluss göttliche beziehungsweise gottähnliche Ehrungen hatte zuteil werden lassen.18 Diese Ehrungen bestanden im Einzelnen in Gebeten und Festgesängen, in Opfern, Prozessionen und Festmählern, in sportlichen und musischen Wettspielen sowie in der Errichtung von Altären und Heiligtümern.19 In Reaktion auf die Zuerkennung der göttlichen Ehren sagte der König und Gott der Stadt dann politische Unterstützung und militärischen Schutz zu. Ferner gewährte er ihr finanzielle oder fiskalische Vorteile. Dazu gehörte insbesondere die Steuerfreiheit für den Zeitraum des Festes, das zu seinen Ehren begangen wurde.20 Mit der Zeit bildete sich freilich – zumal im Fall der untertänigen Poleis – ein Standard des städtischen Herrscherkultes heraus, den der Monarch auch ohne besondere Leistungen erwarten konnte. Die eben beschriebene Art der religiösen Kommunikation zwischen den hellenistischen Herrschern und den jeweils einzeln agierenden Gemeinwesen ließ keinerlei Raum für überregionale Kult- und Feststrukturen. Damit kann man die überregionale Geltung, welche die provinzialen prorömischen Kultfeste und in der Folge auch der Kaiserkult beanspruchten, nicht aus der Tradition des zentralen Herrscherkultes der hellenistischen Zeit ableiten. Auch die städtischen Herrscherkulte und ihre Feste scheiden in dieser Hinsicht als Vorstufe für die provinzialen prorömischen Kultfeste aus. Denn sie wurden in der Regel jährlich, die provinzialen Kultfeste aber im penteterischen Rhythmus abgehalten. Wir vermuten sowohl beim überregionalen Geltungsanspruch als auch beim Austragungsrhythmus der provinzialen Kultfeste des ersten Jahrhunderts v. Chr. eher eine Anlehnung an das Vorbild der panhellenischen Spiele, welche einige große Poleis Kleinasiens21 seit dem Ende des dritten Jahrhunderts 18 Die Inschrift I Iasos 4 (nach 195 v. Chr.) enthält, Z. 33–110, ein Ehrendekret der Stadt Iasos für König Antiochos III., der dem König durch eine Gesandtschaft überbracht worden sein muss. Der Beschluss enthält zunächst eine Darstellung der politischen Taten von Antiochos III. zugunsten der Stadt Iasos und anderer Poleis. Dann aber (Col. 3, 68 ff., Text stark gestört) werden jährliche Opfer am Altar für den König erwähnt, die ihm, seinen Vorfahren sowie den gemeinsamen Göttern der Stadt geweiht sind; ferner erwähnt werden die alljährliche Wahl ‹einer jungfräulichen Priesterin der Königin Aphrodite Laodike› sowie (Z. 79 f.) eine jährliche städtische Feier des Geburtstags der Königin mit einer Prozession unter Beteiligung der Brautpaare. 19 Für die Einzelheiten s. HABICHT 19702, 138–153. 20 S. etwa GAUTHIER, SARDES II, 2 Nr. 3 (= SEG 39, 1285) (inschriftlich erhaltener Brief Antiochos’ III. an die Stadt Sardeis): ‹... Wir halten es ferner für richtig, dass ihr bei den von der Stadt gefeierten Laodikeia Abgabenfreiheit (αÆ τε λεια) genießt für 3 Tage.› 21 Hier ist zuallererst der panhellenische Kranzagon für die Artemis Leukophryene von Magnesia am Mäander zu erwähnen. Über dessen Einrichtung und internationale Anerkennung sind wir über ein diesbezügliches Inschriftendossier (I Magnesia Nr. 16–87, s. auch RIGSBY 1996, 179–279 mit den Inschriften Nr. 66–131) sehr gut informiert. Weitere panhellenische Spiele gab es u. a. in Pergamon (panhell. Nikephoria, s. die nächste Anm.), Milet (panhell. Didymeia, seit ca. 200 v. Chr., Syll.3 590), Kos (panhell. Asklepieia, seit 242 v. Chr., s. RIGSBY 1996, Nr. 9), Kyzikos (panhell. Soteria, seit ca. 200 v. Chr., s. RIGSBY 1996, 342), Lagina. Hekateheiligtum (panhell. Hekatesia, s. RIGSBY 1996, 420).
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v. Chr. eingerichtet hatten. Diese Feste, zu denen auch die panhellenischen Nikephoria von Pergamon gehörten, orientierten sich im überregionalen Zuschnitt, im penteterischen Rhythmus und in ihrem Aufwand an den bedeutendsten panhellenischen Wettbewerben, den Pythien und den Olympischen Spielen.22 Wie diese sollten auch sie ein Festpublikum aus allen Teilen der griechischen Welt anziehen und so der jeweiligen Hauptgottheit sowie der Polis selbst zu überregionaler Geltung verhelfen. Hinzu trat das Bemühen, der Stadt als Austragungsort wichtiger gemeingriechischer Festspiele den Status der Asylie zu verschaffen, sie also vor Angriffen von außen zu schützen.23 Zur Propagierung der neuen Spiele schickten die Städte jeweils Gesandtschaften zu Poleis in der gesamten hellenistischen Welt sowie an die verschiedenen Königshöfe. Die Anerkennung der neuen Spiele durch die hellenistischen Herrscher war besonders wichtig, da sie Auswirkungen auf die Reaktion der untertänigen Poleis hatte: In den positiven Antwortschreiben der Könige findet sich wiederholt Wendung, sie würden die ihnen unterstehenden Städte anweisen, ebenso zu verfahren wie sie.24 Dies war natürlich eine implizite Erlaubnis für diese Städte, Festgesandte und Wettbewerbsteilnehmer zu den neuen Festen zu entsenden. Auf diese Weise trugen die Monarchen maßgeblich dazu bei, dass sich im hellenistischen Kleinasien eine ganze Reihe isolympischer oder isopythischer Spiele etablieren konnten. Zum Zeitpunkt der Errichtung der direkten römischen Herrschaft muss den Kleinasiaten die Existenz prächtiger penteterischer Spiele mit überregionaler Geltung als Selbstverständlichkeit gegolten haben.
3 Einrichtung, Entwicklung und Charakter der städtischen prorömischen Kulte und Feste in der Provinz Asia Wir sind im Vorhergehenden etwas näher auf die Varianten des Herrscherkultes sowie auf weitere Feste und Spiele der hellenistischen Zeit eingegangen, um die Bedingungen zu verdeutlichen, die in Asia am Beginn der direkten römischen Herrschaft vorlagen. Sie lassen sich in folgender Weise zusammenfassen:
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Die panhellenische Nikephoria von Pergamon wurde erstmal 181 v. Chr. gefeiert (s. RIGSBY 1996, Nr. 176 [= WELLES, RC 50]). Es handelte sich um eine Panegyris, die mit musischen, gymnischen und hippischen Kranzagonen verbunden waren. Die musischen Agone waren isopythisch, die gymnischen und hippischen Agone isolympisch (s. RIGSBY 1996, Nr. 178). 23 Zum Aspekt der Asylie s. RIGSBY 1996, 1–29, bes. 26–28. 24 S. etwa die Königsbriefe von Antiochos III. (I Magnesia 18 [= WELLES, RC 33]) und von Attalos I. (I Magnesia 22 [= WELLES, RC 34]) an Magnesia am Mäander. Beide Herrscher erkannten die Spiele zu Ehren der Artemis Leukophryene als isopythischen Kranzagon an und erklärten zugleich die Stadt Magnesia für unverletztlich (αÍ συλος). Ferner erklärten sie, sie würden den ihnen unterstehenden Poleis die Empfehlung (Antiochos III.) bzw. die Weisung (Attalos I.) geben, ebenso zu verfahren wie sie selbst.
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Sowohl die untertänigen als auch die nominell unabhängigen Poleis Westkleinasiens verfügten sowohl in der Seleukiden- als auch in der Attalidenzeit über Kulte für lebende und verstorbene Könige, insbesondere aber für den aktuell regierenden Herrscher oder Protektor der einzelnen Stadt. Diese Kulte waren zum einen mit kleineren Festen verbunden, die überwiegend im Gymnasium abgehalten wurden. Zum anderen gab es aber auch große Feste zu Ehren der Herrscher, die in einjährigem Rhythmus abgehalten wurden und an denen jeweils der überwiegende Teil, wenn nicht die Gesamtheit der Stadtbevölkerung teilnahm. Neben den städtischen Herrscherkulten existierte in beiden Reichen die Ebene des zentralen Herrscherkultes, der reichsweite Geltung hatte. Dieser überregionale Kult wurde von archiereis gepflegt, die auch einen gewissen Einfluss auf Herrscherkulte der Poleis hatten. Damit wurden die überregionale und die lokale Ebene des hellenistischen Herrscherkultes miteinander verzahnt. Allerdings bieten die Quellen keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass der zentrale Herrscherkult mit zentralen Kultfesten verbunden gewesen wäre, in deren Tradition dann die späteren provinzialen prorömischen Kultfeste gestanden hätten. Hier ist eher eine Vorbildwirkung der isolympischen und isopythischen Spiele anzunehmen, welche in den großen kleinasiatischen Poleis bestanden. Mit der Einrichtung der Provinz Asia (133/129 v. Chr.) wurden auch der attalidische Staatsapparat liquidiert, soweit er nicht schon durch Einwirkung des Aristonikosaufstandes (133 bis 129/26 v. Chr.) zerstört worden war.25 Damit verschwand auch das Amt des Oberpriesters zunächst von der Bildfläche. Die Poleis, die zum Attalidenreich gehört hatten, wurden in Erfüllung des Testamentes von Attalos III. sämtlich für frei erklärt.26 Zugleich wurden sie über regelrechte Bündnisverträge oder die Eintragung in die formula amicorum in ein politisches Unterstellungsverhältnis unter die Gewalt Roms beziehungsweise der römischen Provinzialverwaltung gestellt. Zur Präzisierung dieser Regelungen und bei wenigen späteren Gelegenheiten, die sämtlich in Krisenzeiten fielen, fanden zwar regelrechte Konferenzen römischer Feldherren oder Politiker mit den Vertretern aller Poleis und sonstigen Gemeinwesen von Asia statt.27 Doch generell galten die Poleis nun als frei und unabhängig, was leider 25 Für die römischen Maßnahmen bei der Einrichtung der Provinz Asia s. DAUBNER 20062, 191–265. Vgl. MILETA 1990 (für die Verwaltung Westkleinasiens sowie die Stellung der Städte im späten Attalidenreich und der frühen Provinz Asia). 26 S. I Metropolis I, 82–83 (Zeilenkommentar zu Inschrift A, Z. 13–17): ‹Durch das Testament Attalos’ III. (dessen Wortlaut freilich nicht überliefert ist, C. M.) wurden wohl nur wenige Städte, womöglich nur Pergamon, explizit für frei erklärt; die Freiheitserklärung für alle Städte des ehemaligen Attalidenreiches erfolgte demnach durch ein senatus consultum des römischen Senates.› 27 WÖRRLE 2000, ediert, 544 ein pergamenisches Ehrendekret aus der Zeit der Einrichtung der Provinz Asia. In diesem wird u. a. erwähnt, dass der Geehrte Mitglied eines καταÁ τηÁ ν ëΡωμαιÈκηÁ ν νομοθεσι αν βουλευτη ριον war (Z. 13 f.). WÖRRLE erwägt, 570, dass es sich dabei um eine aus Städtedelegierten zusammengesetzte Kommission gehandelt haben könnte, die mit den Römern verhandelt hatte, und stellt die vorsichtige Frage, ob dieses Organ mög-
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auch hieß, dass sie in ihrem Verhältnis zu Rom beziehungsweise zu dem Statthalter vor Ort atomisiert und schwach waren. Auf sich selbst gestellt konnte sich eine Polis kaum gegen die Forderungen der Statthalters und ihrer Gefolges wehren, die den Aufenthalt in der Provinz zumeist als gute Gelegenheit betrachteten, ihre Vermögensverhältnisse zu verbessern. Auch waren die Poleis dem anmaßenden Verhalten, das subalterne römische Beamte und Soldaten oft an den Tag legten, schutzlos ausgeliefert. Ebenso hatten sie unter den publicani zu leiden, welche die Steuern der Provinz Asia mit wenig zimperlichen Mitteln eintrieben und immer wieder versuchten, die an sich exempten städtischen Territorien zu besteuern. Nun kannte das römische Provinzialsystem im Gegensatz zum hellenistischen Staat keine mittlere Verwaltungsebene.28 Sofern die einzelnen Poleis und sonstigen größeren Gemeinwesen Asias in Probleme der eben geschilderten Art oder in Konflikte mit Nachbargemeinden geraten waren, mussten sie also je nach Sachlage eine Gesandtschaft an den Statthalter oder gleich an den Senat in Rom entsenden. Dies war ein teures Unterfangen, dessen Erfolgsaussichten nicht vorausgesagt werden konnten.29 Insbesondere der Senat wurde ständig von Gesandtschaften belagert, die oft erst nach sehr langer Wartezeit vorgelassen wurden.30 Die einzelnen Gemeinwesen von Asia konnten demnach ihre Interessen gegenüber Rom und der Provinzialadministration nur sehr schwer durchsetzen.31 Diese Situation war umso schmerzlicher, als die Poleis die römische Herrschaft anfänglich durchaus begrüßt und alle Anstrengungen unternommen hatten, sich an die neuen politischen Rahmenbedingungen anzupassen. So hatten sie, wie erwähnt, zunächst einzeln versucht, politische Kontakte zu den römischen Statthaltern oder dem Senat zu knüpfen. Außerdem hatten sie gleich nach 133 v. Chr. lokale Kulte für römische Feldherren und Statthalter, vor allem aber für die Thea Rho¯me eingerichtet. Dabei orientierten sie sich gewiss am Beispiel der altfreien Poleis in Griechenland und Kleinasien, die licherweise eine Vorstufe des koinons von Asia war. – S. auch die beiden folgenden Fälle – App. Mithr. 61, 252: Sulla bestellt nach dem ersten Mithridateskrieg οιë εÆ ν αÆ ξιω σει καταÁ πο λιν von Asia nach Ephesos ein, und App. BC 5, 16–24: Rede des Antionius vor den ÏΕλληνες καιÁ οÏσα αÍ λλα εÍ θνη τηÁ ν αÆ μϕιÁ τοÁ Πε ργαμον ÆΑσι αν νε μονται (41 v. Chr.). Hier ging es jeweils darum, den Gemeinden Asias erhebliche finanzielle Lasten aufzuerlegen. 28 S. MILETA 1990, 438. 29 S. etwa ROBERT, CLAROS I, Ehrendekret für Polemaios, Col 2 Z. 3–51: ‹Polemaois aus Kolophon unternahm auf eigene Kosten und unter vielen Gefahren viele Gesandtschaften, darunter auch mehrere zu den römischen Strategen und Quästoren sowie zum Senat.› 30 Diese Situation war der Hintergrund für die Privilegien, welche die Städte Stratonikeia und Aphrodisias erhalten hatten. – (I Stratonikeia 505, Z. 67 f. u. 131–133: Gesandte der Stadt sollen vor dem Senat Gehör außer der Reihe finden) und Aphrodisias (SEG 32, 1097, Z. 78–83: unmittelbarer Zugang der Gesandtschaften zum Senat, Antwort innerhalb von zehn Tagen). 31 Zwar stand den Provinzialen seit 123 v. Chr. der Weg der Repetundenklage gegen korrupte ehemalige Statthalter offen, doch bedurfte es zur Eröffnung und zum Erfolg einer solchen Klage eines römischen Bürgers, der die Anklage übernahm, vor allem aber einer Lobby in Rom. Dies konnte eine Stadt allein nicht leisten.
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schon zu Beginn des zweiten Jahrhunderts v. Chr. prorömische Kulte eingerichtet hatten.32 In den Details dürften die prorömischen Kulte der Poleis aber weitestgehend in der Tradition der städtischen Herrscherkulte des Hellenismus gestanden haben. Die Motive, aus denen heraus die Poleis von Asia die neuen prorömischen Kulte einrichteten, oszillierten erkennbar zwischen Politik und Religion. Die Inauguration eines neuen Kultes war einerseits ein politischer Akt, der auf einem Beschluss der Volksversammlung basierte.33 Doch andererseits regelten diese politischen Beschlüsse sakrale Angelegenheiten wie die Kultsatzung. Letztere regelte die Einsetzung der Priester und den Bau eines Heiligtums. Ferner bestimmte sie, wie der Kult und die zugehörigen großen und kleinen Feste im Einzelnen vollzogen und in den Festkalender des Gemeinwesens implementiert werden sollten.34 Die Einrichtung eines neuen Kultes griff also tief in die res sacrae der einzelnen Poleis ein. Bei der Einrichtung und dem Vollzug dieser prorömischen Kulte handelte es sich demnach keineswegs nur um Lippenbekenntnisse. Vielmehr waren diese Kulte ein Mittel, mit deren Hilfe die einzelnen Poleis die Herrschaft der neuen Vormacht Rom mental akzeptierten und gleichzeitig in das kulturelle und religiöse Bezugssystem sowie in die Symbolsprache der jeweiligen Bürgerschaft einpassten.35 Bei der Einrichtung eines städtischen Kultes für die Stadt oder Macht Rom, für römische Persönlichkeiten oder Institutionen sowie für die Thea Rho¯me handelte es sich demnach – ebenso wie bei den städtischen Herrscherkulten der hellenistischen Zeit – um politisch determinierte religiöse Akte, mit denen die einzelnen Poleis 32 Der erste dieser prorömischen Kulte des Ostens datierte aus dem Jahre 195 v. Chr., in dem die Smyrnäer das erste templum urbis Romae errichteten (Tac. ann. 4,56). 33 Zum Prozedere s. HABICHT 19702, 160–173. 34 S. SOKOLOWSKI, LSAM 49, Aufgaben des Priesters des Populus Romanus und der Dea Roma von Milet (ca. 130 v. Chr.). Die Inschrift bestimmt die Pflichten des Priesters für das Volk der Römer und der Roma sowie die Finanzierung der zugehörigen Opfer. Der Priester durfte nicht jünger als zwanzig Jahre sein. Die Amtsdauer des neu einzusetzenden Priesters betrug drei Jahre und acht Monate, die reguläre Amtsdauer dürfte aber vier Jahre betragen haben. Der Kult war mit dem für den Zeus Telesiurgos verbunden und erforderte einmal jährlich die Opferung eines Stieres. Ferner hatte der Priester in jedem Monat einen ausgewachsenen Widder zu opfern. Die Gymnasiarchen sollten dem römischen Volk und der Roma zum Zeitpunkt ihres Amtsantritts sowie ihres Amtsendes zusammen mit den Epheben jeweils einen ausgewachsenen Widder opfern und dem Priester die vorgeschrieben Ehrenteile (des Opfertieres) abliefern. Einmal im Jahr sollte der oberste Beamte, der Aisymnet, dem Volk der Römer und der Roma ein voll ausgewachsenes Rind opfern und dem Priester die festgesetzten Ehrenanteile geben. Es folgen verschiedene andere Bestimmung über Opfer an anderen Tagen und von anderen Amtsträgern. Viel Raum widmet die Inschrift den verschiedenen Wettbewerben anlässlich der Rhomaia, für die der Priester die Preise auszuwählen und auszusetzen hatte. Daneben werden auch die Wettbewerbe der Knaben im Fackellauf und in anderen Disziplinen genannt, die der Priester zusammen mit den Paidonomoi organisieren sollte. Die Weihung der Waffen, die bei den Rhomaia ausgesetzt waren, sollte zunächst im Gymnasium der Neoi und, nach dessen Fertigstellung, im Heiligtum der Roma, dem Rhomaion, erfolgen. Zu dieser Inschrift, s. a. oben, Anm. 10. 35 S. BEARD 1994, 763–768.
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jeweils aktiv auf die Veränderung ihrer Stellung innerhalb übergeordneter Herrschaftszusammenhänge reagierten. Die städtischen prorömischen Kulte hatten also ebenso wie die vorhergegangenen lokalen hellenistischen Herrscherkulte sowohl religiöse als auch politische Züge: Politisch waren sie, insofern ihre Einrichtung das Resultat vorwiegend politischer Überlegungen war, also auf die Herstellung beziehungsweise die Beibehaltung guter Beziehungen zu den Adressaten, den aktuell maßgeblichen hellenistischen Monarchen beziehungsweise Rom, abzielten. Und religiös36 waren die Kulte deshalb, weil es sich hier nicht um einmalige Ehrenbezeugungen bürgerlicher Art, wie Ehrenbeschlüsse oder Statuen, handelte. Vielmehr sollten die Kulte ihre Adressaten dauernd heiligen, sofern die nicht den politischen Interessen des Gemeinwesens widersprachen. Damit waren die städtischen Herrscherkulte der hellenistischen wie auch der römischen Provinzialzeit ihrer Gestalt nach religiös, während die Motive für die Einrichtung beziehungsweise die Abschaffung eines solchen Kultes von den politischen Interessen des Gemeinwesens bestimmt wurden.37 Mit anderen Worten, die Bürger einer Polis konnten einen König beziehungsweise die Römer solange ehrlichen Herzens kultisch verehren, wie diese mächtig genug waren, das Gemeinwesen zu dominieren. Verloren die Herrscher oder Rom aber ihre Macht, so war diese ‹Geschäftsgrundlage› zerstört, womit auch der entsprechende Kult obsolet wurde.38 Eine solche Veränderung der Kultlandschaft trat zu Beginn des ersten Mithridateskrieges (88 bis 85 v. Chr.) ein, in dem nahezu alle Städte Asias nicht nur politisch, sondern auch kultisch von Rom abfielen.39 Offensichtlich hatten die prorömischen Kulte der Poleis, allen voran der Thea Rho¯me-Kult, nicht die notwendige religiös-politische Bindungkraft an Rom entwickeln können. Der Grund hierfür dürfte vor allem darin gelegen haben, dass es sich dabei um rein lokale Kulte handelte. Bis auf eine unten noch zu behandelnde Ausnahme hatte vor dem ersten Mithridateskrieg in Asia nämlich kein überregionaler, also provinzialer prorömischer Kult existiert. Dies dürfte kaum am Fehlen entsprechender Bemühungen von Seiten der Provinzialen gelegen haben. Als Grund darf man vielmehr die Scheu der Römer annehmen, ihren Untertanen politisch wirksame Zusammenschlüsse zu erlauben. Diese Scheu bezog sich anfänglich ganz offensichtlich auch auf überregionale Kulte, da diese ja von einem Netzwerk der Poleis und anderen großen Gemeinwesen der Provinz getragen werden mussten. Diese ablehnende Haltung des Senates wie auch der meisten Statthalter vor Ort folgte freilich allein kurzfristigen Sicherheitserwägungen. 36 Zur Bedeutung der Begriffe der ‹Religion› bzw. ‹religiös› s. CLAUSS 1999, 23. 26–27: Frömmigkeit drückte sich in Religion (religio) aus und diese war wiederum die kultische Verehrung der Götter; vgl. ebenda 23: Antike Religion ist Handlung, nicht Haltung. 37 Hier zeigt sich eine Vermischung der politischen und religiösen Ebene, die vom modernen Beobachter nur schwer nachvollzogen werden kann. 38 S. hierzu MILETA 2007, 370. 39 Zum Verhalten der Poleis von Griechenland und Kleinasien während des ersten Mithridateskrieges s. MILETA 2007, 371–377.
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Die potentiell herrschaftsstabilisierende Wirkung überregionaler prorömischer Kulte, die sich später deutlich erweisen sollte, haben die Römer vor dem ersten Mithridateskrieg offenbar nur unvollkommen erkannt. Damit wurde es unmöglich, eine funktionierende politische und religiöse Kommunikation zwischen dem Zentrum Rom und der Gesamtheit der Provinz Asia herzustellen. Trotz oder gerade wegen der immer stärkeren Einbindung der Provinz Asia in das Imperium Romanum der Republik war so eine gefährliche Lücke in der politischen und ideologischen Grundierung der römischen Herrschaft über Asia entstanden. In diese Lücke stieß dann Mithridates VI. hinein, der bezeichenderweise einen zentralen Herrscherkult einrichtete und sich reichsweit als Neos Dionysos verehren ließ.40
4 Die Herausbildung der provinzialen prorömischen Kulte und Kultfeste von Asia Nach dem Ende des ersten Mithridateskrieges restituierten die Poleis von Asia ihre städtischen prorömischen Kulte. Parallel dazu gab es nun auch verstärkte Bemühungen, provinziale und damit überregionale prorömische Kulte samt den zugehörigen Festen einzurichten, deren Träger ein überregionaler Zusammenschluss der Poleis und sonstigen großen Gemeinwesen von Asia war. Diese Entwicklung lässt sich mit dem Bestreben der Poleis wie auch der indigenen Städte (de¯moi) und Stämme (ethne¯)41 erklären, ein Medium für die regelmäßige kollektive Kommunikation mit der römischen Macht zu finden. Derartige Bestrebungen hatte es, wie oben erwähnt, zwar schon vor dem ersten Mithridateskrieg gegeben; doch nun musste man völlig neu ansetzen. Da die Römer nach diesem Krieg erst recht keine politischen Zusammenschlüsse der Gemeinwesen von Asia duldeten, wählte man die religiöse Schiene und konnte schließlich eine neue Art des überregionalen Herrscherkultes schaffen. Dabei handelte es sich um provinziale Kulte für römische Statthalter oder Politiker, die durch Beschluss eines kollektiven Organs, in dem Vertreter aller bedeutenden Gemeinwesen von Asia saßen, für göttlich oder gottähnlich erklärt worden waren. Der neue Kulttyp war mit einem prächtigen penteterischen Kultfest verbunden, das überwiegend in Pergamon ausgetragen wurde. Pergamon war früher Haupt40
S. hierzu MILETA 2007, 336. 367. 371–377. Kleinasien war in der hellenistischen und der römischen Zeit in das völlig untertänige königliche Gebiet, den späteren ager provincialis, sowie in die sich mehr oder weniger selbst verwaltenden πο λεις (Städte mit vorwiegend griechischer Bevölkerung sowie griechischer Verfassung und Rechtsordnung), δηÄ μοι (die ethnisch gemischte Städte des Hinterlandes) und εÍ θνη (Stämme bzw. Stammesvölker) unterteilt. S. etwa die Aufzählung aller vier Bestandteile des ehemaligen Attalidenreiches im Zollgesetz von Asia ‹§10›, Z. 26–28: ηë προÁ τωÄ ν [χω ρα] βασιλει α ηà εÆ λευ θεραι πο λεις ηà εÍ θνη ηà δηÄ μοι sowie, als Beispiel für die römische Zeit, einen Beschluss des Landtages von Asia (Syll3 760, 47 v. Chr.), der sich selbst mit der Wendung αιë πο λεις αιë εÆ ν τηÄ ι ÆΑσι αι καιÁ οιë [δηÄ μοι] καιÁ ταÁ εÍ θνη umschreibt. 41
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stadt des Attalidenreiches gewesen. Als Residenzstadt der Statthalter war es nun das politisch-administrative Zentrum von Asia und es verwundert nicht, dass die ersten prorömischen Kultfeste gerade hier ausgetragen wurden. Man kann die Einrichtung und regelmäßige Feier der provinzialen prorömischen Kultfeste von Asia als das Bestreben der Poleis verstehen, sich in kollektiver Weise in das römische Herrschaftssystem in Asia und damit in einen territorial und politisch völlig anderen Rahmen einzupassen, als es das Attalidenreich gewesen war. Und zwar, indem man Elemente der lokalen prorömischen Kulte, des zentralen hellenistischen Herrscherkultes sowie der isopythischen beziehungsweise isolympischen Spiele großer Poleis Kleinasiens miteinander verband. Außerdem ist, zumindest was den überregionalen Geltungsanspruch und den penteterischen Rhythmus anging, auch eine Vorbildwirkung des Kultfestes für die Thea Rho¯me denkbar, welches das Lykische Koinon wohl schon in der Mitte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. eingerichtet hatte.42 Jedenfalls entstand durch Verbindung ursprünglich nicht zusammengehöriger Elemente der neue Kulttyp der provinzialen prorömischen Kultfeste von Asia. Diese Feste wurden in ihren Einzelheiten sicher sehr stark von den Festen und Spielen der städtischen prorömischen Kulte beeinflusst. Andererseits zeigen schon der penteterische Rhythmus und der überregionale Bezug, dass die provinzialen Kultfeste von vornherein bedeutend glanzvoller und repräsentativer angelegt waren als ihre lokalen Entsprechungen. Das erste provinziale Kultfest waren die Moukieia (lateinisch Mucia),43 die bereits in den neunziger Jahren des ersten Jahrhunderts v. Chr., also noch vor dem ersten Mithridateskrieg, eingerichtet worden waren. Hierbei handelte sich um den Kult, vor allem aber um prächtige penteterische Spiele für Q. Mucius Scaevola, der sich während seiner kurzen Amtszeit als Statthalter von Asia (neun Monate, die in die Zeitspanne von 98 bis 96 v. Chr. oder aber in das Amtsjahr 94/93 v. Chr. fielen) außerordentlich korrekt und somit provinzialfreundlich verhalten hatte.44 Die Moukieia waren so populär, dass sie auch in 42 SEG 18, 570 (Ehrenbeschluss aus Araxa [Lykien] für Orthagoras, Sohn des Demetrios [zweites Jh. v. Chr. – um 180?, nach 167?, nach 129?), Z. 69 ff.: ‹Und da das Koinon der Lykier ein penteterisches Fest der Erschienenen Göttin Roma (πανη γυρις καταÁ πενταετερι δα ÂΡω μηì ΘεαÄì ÆΕπιϕανειÄ) feiert, hat er (scil. Orthagoras) als Festgesandter (θεωρο ς) zu der ersten Feier entsandt, die Opfer vollzogen mit seinen gewählten Kollegen ... Für das zweite Fest, welches das Koinon für die Roma veranstaltete, wurde er (wiederum) zum Festgesandten gewählt ...› – Für die überregionale Ausrichtung des Festes s. etwa SEG 28, 1246 (Siegerliste der Rhomaia-Agone des Lykischen Bundes (Xanthos, Ende zweites Jh./Anfang erstes Jh. v. Chr.): Die Sieger der Agone beim Flöten- und Kitharaspiel, bei den Lauf- und Ringkampfdisziplinen sowie bei den Pferderennen kamen nicht nur aus Lykien, sondern auch aus Pergamon, Sardeis, Ephesos, Magnesia am Mäander, Argos, Philadelphia. 43 Für die lateinische Bezeichnung Mucia s. Cic. Verr. 2,2,51. 44 OGIS 437 (= IGR IV 292) (Isopolitie und Rechtsgewährungsvertrag zwischen den Sardianern und den Ephesern samt Vermittlungsbriefen des Q. Mucius mit Bezug auf die Μουκι εια, 98/7, 97/6 oder 94/3 v. Chr.): I. A. ‹[Quintus Mucius, des Publius Sohn, Scaevola, Proconsul der Römer, sendet dem Rat u]nd dem Volk von Sardeis seinen Gruß. Da die in die
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der Zeit des ersten Mithridateskrieges (88 bis 85 v. Chr.), als Pergamon die Residenzstadt Mithridates’ VI. war, nicht förmlich abgeschafft wurden.45 Es ist allerdings kaum denkbar, dass dieses Kultfest während der Zeit, in der Mithridates Westkleinasien beherrschte, weiterhin gefeiert wurde. Ob die Moukieia nach 85 v. Chr. wieder auflebten, kann mangels expliziter Quellenaussagen nicht entschieden werden. Angesichts der schwierigen politischen und wirtschaftlichen46 Umstände der Nachkriegszeit würden wir allerdings davon ausgehen, dass dieses Kultfest nicht wiederbelebt wurde. Für diese Annahme spricht auch der Umstand, dass ein zu Anfang der achtziger Jahre des ersten Jahrhunderts v. Chr. geplantes Kultfest für L. Valerius Flaccus niemals stattfand, weil zwischenzeitlich der erste Mithridateskrieg ausgebrochen war. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass die Mittel, die für das Fest gesammelt worden waren, auch nach dem Krieg noch vorhanden waren.47 Offensichtlich war die Entwicklung der provinzialen prorömischen Kultfeste sowie die parallel dazu verlaufende Entwicklung vom Kultverband zum Landtag durch die Ereignisse des ersten Mithridateskrieges (88 bis 85 v. Chr.) nachhaltig gestört worden. Während der Zeit des Krieges hatte das Gebiet Asias zum Imperium von Mithridates VI. gehört. Die großen Poleis und sonstigen Gemeinwesen waren überwiegend freiwillig auf die Seite des Mithridates übergewechselt und hatten sich auch bereitwillig an der so genannten ‹Ephesischen Vesper› des Jahres 88 v. Chr. beteiligt. Dies war eine Mordaktion, der achtzigtausend in Kleinasien lebende Römer und Italiker zum Opfer gefallen sein sollen. Zwar war der Befehl zu diesem Blutbad von Mithridates VI. ausgegangen, doch es scheint, dass die Kleinasiaten, zumal die dortigen Poleis, dieser Anordnung nur allzu willig Folge leisteten. Jedenfalls gingen neben den Ephesiern und den Bewohnern von Tralleis auch die Pergamener besonders grausam gegen ihre römischen und italischen Mitbewohner vor.48 Nach der Niederlage des Mithridates und der Wiederherstellung der römischen Herrschaft versuchϕιλι α (= die formula amicorum) aufgenommenen Gemeinwesen und Stämme (δηÄ μοι καιÁ εÍ θνη) beschlossen haben, [pe]nteterische szenische und gymnische Agone zu veranstalten [...] ].› S. auch OGIS 438 (= IGR IV 293 (mit DEININGER 1965, 14): οιë εë ν τηÄ ι ÆΑσι αι δηÄ μοι καιÁ ταÁ εÍ θνη καιÁ οιë κατ’ αÍ νδρα εÆ ν τηÄ ι προÁ ς ëΡωμαι ους ϕιλι αι fanden sich zusammen, um das Fest der Μουκι εια zu begehen.
45 Cic. Verr. 2, 2, 51: Mithridates in Asia cum eam provinciam totam occupasset, Mucia non sustulit. 46 Plut. Sulla 25: Sulla bestrafte die Provinz Asia mit zweihundertausend Talenten. Außerdem wurden die Bewohner der Provinz noch mit hohen individuellen Kosten für den Unterhalt der einquartierten Soldaten belastet. 47 Cic. Flacc. 55–56: In Tralles waren die Gelder deponiert worden, welche die Städte von Asia (55, Variante: ‹tota Asia›, 56) für das um das Jahr 90 v. Chr. geplante, doch nie abgehaltene provinziale Kultfest (Fest und Spiele) für L. Valerius Flaccus gesammelt hatte (s. MÜNZER 1955a). Dessen gleichnamiger Sohn zog das Geld 62 v. Chr. ein, als er Statthalter von Asia war (MÜNZER 1955b). 48 In der Literatur begegnet man mitunter auch die Bezeichnung ‹Asiatische Vesper›. – Die Quellen geben zwischen achtzigtausend und einhundertfünfzigtausend Todesopfer an, wobei die erstere Zahl wahrscheinlicher erscheint. S. MCGING 1986, 113 sowie HIND 1994, 148.
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ten die Asiaten zwar, die Erinnerung an all diese Vorfälle auszulöschen, doch dies war nur intern möglich; man konnte nicht erwarten, dass sich die Römer ebenso verhielten. Die Poleis mussten sich in der Folgezeit wiederholt vorhalten lassen, dass sie Rom verraten hatten und auf die Seite des Mithridates übergewechselt waren. Auch aus dieser Sicht halten wir es für undenkbar, dass die Moukieia, deren Austragungsort ja Pergamon war, nach dem Mithridateskrieg wiederauflebten. Auch die baldige Einrichtung eines neuen provinzialen Kultfestes halten wir für unwahrscheinlich. Denn der Adressat des entsprechenden Kultes hätte Sulla sein müssen, der göttliche Ehren zwar durchaus akzeptierte,49 sie sich von den Asiaten aber offenbar verbeten hat. Es verwundert demnach nicht, wenn die Quellen das erste provinziale prorömische Kultfest, das auf die Moukieia folgte, erst für die Zeit um 70 v. Chr. belegen. Hierbei handelte es sich um die Loukoulleia (lateinisch Lucullea) zu Ehren des L. Licinius Lucullus. Dieser hatte zwischen 73 bis 66 v. Chr., also während des dritten Mithridateskrieges (74 bis 63 v. Chr.), außerordentliche Imperien über verschiedene Teile Kleinasiens innegehabt, kannte die dortigen Verhältnisse aber schon seit den achtziger Jahren vorzüglich.50 In den Jahren 73 bis 71 v. Chr. hatte er Mithridates aus Kleinasien vertrieben und überhaupt die öffentliche Ordnung und Sicherheit wiederhergestellt. Dies betraf auch die Provinz Asia, in der er sich im Winter 70/71 v. Chr. für einen längeren Zeitraum aufhielt.51 Während dieses Aufenthalts milderte er die Schuldenlast der Provinz, die infolge der von Sulla angeordneten Reparationszahlungen und die Einquartierungslasten entstanden war.52 Nach Aussage von Plutarch machte sich Lucullus zudem bei ‹den Städten› besonders beliebt, indem er, als er in Ephesos residierte, feierlich Aufzüge (pompai), großartige Siegesfeiern (pane¯gyreis epinikiai) sowie Athleten- und Gladiatorenspiele (ago¯nes athleto¯n kai monomacho¯n) veranstaltete. Zum Dank hätten sie (scilicet die Städte), um ihn als Person zu ehren (epi time¯ tou andros), die Loukoulleia veranstaltet und ihm, was ihm noch lieber gewesen sei als diese Ehrung (time¯), echte Zuneigung (ale¯thine¯ eunoia) entgegengebracht.53 – Man wird davon ausgehen dürfen, dass der Be49 Plut. Sulla 34: Sulla forderte ‹die Römer› in der Volksversammlung auf, ihm den Beinamen Felix zu geben. In Briefen ‹an die Griechen› und bei Verhandlungen mit ihnen nannte er sich selbst Epaphroditos, diesen Beinamen trug er auch auf den Siegesdenkmälern bei Chaironeia. 50 Zur Karriere des Lucullus s. GELZER 1926: Von 87 bis 80 v. Chr. war Lucullus Quaestor bzw. Proquaestor von Asia gewesen. Zwischen 73 und 66 v. Chr. hatte er Imperien über die folgenden Teile Kleinasiens inne: Kilikien, 73–68, Asia, 73–69, Bithynien und Pontus, 73–66. 51 GELZER 1926, 394. 52 GELZER 1926, 394 f. sowie 380 und 385 (zur schwierigen finanziellen Lage der Provinz Asia). 53 Plut. Luc. 23, 1–2: ‹Nachdem Lucullus in Asien überall die gesetzliche Ordnung und den Frieden wiederhergestellt hatte, unterließ er es auch nicht, für Freude und Heiterkeit zu sorgen, sondern machte sich, während er in Ephesos saß, mit feierlichen Aufzügen (πομπαιÄς), großartigen Siegerfesten (πανηγυ ρεσιν εÆ πινικι αις) sowie Athleten- und Galdiatorenkämpfen (αÆ γωÄ σιν αÆ θλητωÄ ν και μομομα χων) bei den Städten beliebt (εÆ δημαγω γει ταÁ ς πο λεις). Zum
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griff ‹die Städte› hier den Provinziallandtag von Asia beziehungsweise dessen Vorstufe umschreibt, der vermutlich im Frühjahr des Jahres 70 v. Chr.54 ein Kultfest zu Ehren des Lucullus eingerichtet hat.55 Dies geschah zum einen in Ansehung seiner militärischen Siege und seiner provinzialenfreundlichen Politik. Zum anderen reagierten die Asiaten mit der Einsetzung des Kultfestes auch auf die prächtigen Spiele, die Lucullus in Ephesos veranstaltet hatte und zu denen offenbar Delegationen aus allen großen Gemeinwesen Asias eingeladen worden waren. Man erkennt hier im Wirken des mit dem Osten sehr vertrauten und deshalb einsichtigen Lucullus schon gewisse Ansätze zum regiment of honour, zu jenem System gegenseitiger Ehrerweisungen des Kaisers und der Städte also, das J. LENDON als eines der wichtigsten Herrschaftsprinzipien der römischen Kaiserzeit erkannt hat.56 Der Bericht Plutarchs legt nahe, dass die ersten Loukoulleia in Anwesenheit des Lucullus und damit möglicherweise in Ephesos abgehalten wurden. Das Fest orientierte sich, was die Prächtigkeit anging, sicher an den Feierlichkeiten und Spielen von Lucullus, wird sie aber noch übertroffen haben. Leider wissen wir nicht, ob das Kultfest für Lucullus später erneut gefeiert wurde. Es ist allerdings zu bedenken, dass der Feldherr ab 68 v. Chr. vom Kriegsglück verlassen wurde. Im Jahr 66 v. Chr. verlor er den Oberbefehl für den Kampf gegen Mithridates VI. an Pompeius und kehrte dann bald nach Rom zurück.57 Dank veranstalteten sie, um ihn zu ehren die Λουκου λλεια, und brachten ihm, was ihm noch lieber war, bei den Ehren echte Zuneigung entgegen. – αιë δ’ αÆ μειβο μεναι Λευκο λλεια τ’ ηË γον εÆ πιÁ τιμηÄì τουÄ αÆ νδροÁ ς καιÁ τηÄ ς τιμηÄ ς ηë δι ονα τηÁ ν αÆ ληθινηÁ ν ευÍ νοιαν αυÆ τω Äì παρειÄχον.› 54 Dieser zeitliche Ansatz ergibt sich aus der Überlegung, dass sich Lucullus im Winter 71 auf 70 v. Chr. für längere Zeit in Asia aufhielt. Zuvor hatte er 71 v. Chr. Mithridates VI. aus Pontus vertrieben. 70 v. Chr. verließ er Asia, um Pontos vollständig zu besetzen und den Krieg gegen Tigranes von Armenien zu beginnen. Das Siegesfest, mit dem er die Vertreibung von Mithridates VI. aus Pontos feiern ließ, fiel demnach mit einiger Sicherheit in den Winter 71/70 v. Chr. Die ersten Loukoulleia fanden erst danach, vermutlich im Frühjahr des Jahres 70, statt. 55 Anders SCHERLING 1927, der von vielen städtischen Loukoulleia ausgeht (ähnlich die kurze Bemerkung bei GELZER 1926, 395). Diese Ansicht lässt sich nicht mit der Logik des Berichtes von Plutarch vereinbaren. Lucullus hat die erwähnten Prozessionen, Siegesfeiern und Spiele während seines Aufenthaltes in Ephesos veranstaltet und dazu sicher Abordnungen aus den Städte Asias eingeladen. Diese haben dann kollektiv auf die Feste des Lucullus reagiert und die Loukoulleia eingerichtet. Im übrigen betont Plutarch (Luc. 20 und 23) mehrfach, dass sich die positiven Maßnahmen von Lucullus auf ganz Asia und nicht etwa auf einzelne Städte bezogen haben. Auch deshalb konnte Lucullus erwarten, dass die Provinz Asia, genauer gesagt der dortige Landtag, zum Dank ein provinziales Kultfest einrichten würden, das in der Tradition der Moukieia stand. Das schloss nicht aus, dass es außerdem auch noch städtische Loukoulleia geben konnte, wie der gleichnamige αÆ γω ν, den es in Kyzikos gab (App. Mithr. 76). Letztere Kampfspiele sind sicher bereits 73/72 v. Chr. eingerichtet worden, und zwar nachdem Lucullus Kyzikos besetzt hatte (GELZER 1926, 386–388), das zuvor von den Truppen Mithridates’ VI. belagert worden war. Die städtischen Loukoulleia von Kyzikos wurden nach Appian (Mithr. 76) noch in der Zeit um 150 n. Chr. begangen. 56 LENDON 1997. 57 GELZER 1926, 400–405.
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Möglicherweise sah man wegen dieser Tatsachen in Asia von einer Weiterführung der Loukoulleia ab. Für die beiden Jahrzehnte, die auf die Zeit des Lucullus folgten, haben wir keine positiven Belege für die Einsetzung eines neuen prorömischen Kultfestes der Provinz Asia. Aus dieser Zeit existiert lediglich ein Bericht Ciceros, der auf eine Ehrung hinweist, welche ‹die Städte› von Asia ihm und seinem Bruder Quintus Tullius Cicero im Jahre 58 v. Chr. angeboten hatten. In diesem Jahr endete die dreijährige Amtszeit des Quintus als Statthalter von Asia. Da sich dieser und wie Cicero selbst relativ provinzialfreundlich verhalten hatte, warfen die Städte von Asia Gelder aus, um die beiden mit einem Kult samt templum monumentumque zu ehren.58 Damit sollten die Brüder aber gerade kein Kultfest, sondern nur eine Ehrung zweiter Güte erhalten. Cicero schlug das Angebot deshalb in beider Namen aus. Er betonte aber, dass die Annahme der genannten Ehrungen, also eines Kultes samt Tempel und Ehrenmonument, erlaubt gewesen wäre, und zwar auf Grund einer gesetzlichen Ausnahmeregelung.59 Dies aber bedeutet, dass den Römern zu Beginn der fünfziger Jahre des ersten Jahrhunderts v. Chr. die Annahme bedeutenderer göttlicher Ehren, namentlich die Akzeptierung von Kultspielen, eigentlich verboten war.60 Da nach den Loukoulleia von 71/70 v. Chr. bis zur Zeit Caesars keine neuen provinziale Kulte oder Kultfeste belegt sind, muss man die Ausführungen Ciceros sehr ernst nehmen: Offenbar existierte um die Mitte des ersten Jahrhunderts v. Chr. in der römischen Oberschicht eine Strömung, die Kulte für lebende Römer ablehnte. In diesem Zusammenhang muss – vermutlich im Verlauf der sechziger Jahre61 – ein Gesetz eingebracht und verabschiedet worden sein, das es römischen Bürgern bis auf wenige Ausnahmen verbot, göttliche Ehren anzunehmen, die ihnen von Seiten der Provinzen angeboten wurden. Erst Caesar setzte sich über dieses Verbot hinweg und akzeptierte wieder ein Kultfest der Provinz Asia. Dies belegt ein Beschluss des Landtages von Asia aus dem Jahre 47 v. Chr., der Caesar als ‹den von Ares und Aphrodite (abstammenden) erschienenen Gott und allgemeinen Retter des menschlichen Lebens› ehrt.62 Diese Ehrung ist ohne die Existenz eines zuvor eingesetzten Kultes sowie des dazugehörenden Kultfestes für den Gott Caesar nicht denkbar.
58 Cic. Quint fr. 1,26: cum ad templum monumentumque nostrum civitates pecunias decrevissent cumque id pro meis magnis meritis et pro tuis maximis beneficiis sua voluntate fecissent nominatimque lex exciperet, ut ad templum et monumentum capere liceret ... accipiendum non putavi. 59 Ebd. 60 Diese Bestimmung muss später abgemildert worden sein, da in der Augusteischen Zeit durchaus Tempel für Statthalter errichtet wurden (Suet. Aug. 52). 61 Nach 70 und vor 59, am ehesten wohl in Zuge der politischen Kampagne gegen Lucullus in Rom, s. GELZER 1926, 405–407. 62 Syll3 760, Z. 6–8)): τοÁ ν αÆ ποÁ ÍΑρεως καιÁ ÍΑϕροδε[ι ]της θεοÁ ν εÆ πιϕανηÄ καιÁ κοινοÁ ν τουÄ αÆ νθρωπι νου βι ου σωτηÄ ρα.
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In der Nachfolge Caesars scheint dann auch Antonius einen Kult der Asiaten akzeptiert zu haben. Jedenfalls bekräftigte er 33/32 v. Chr. in einem Brief an den Landtag von Asia (an das koinon to¯n apo te¯s Asias Helle¯no¯n) die Privilegien, die er bereits zu einem früheren Zeitpunkt einer Künstlervereinigung eingeräumt hatte.63 Diese Vereinigung wird dort als synhodos to¯n apo te¯s oikoumene¯s hieroniko¯n kai stefaneito¯n bezeichnet, weshalb man sie als eine Assoziation von Siegern bei panhellenischen Wettkämpfen identifizieren kann. Da das Schreiben des Antonius ausdrücklich an den Landtag von Asia gerichtet war, dürften sich die Privilegien der Assoziation auch auf die Teilnahme am Kultfest des koinons bezogen haben. Sofern man nicht meinen will, dass es sich bei diesem Fest um das weiterhin begangene provinziale Kultfest für Caesar handelte, muss man von der Existenz eines solchen Kultfestes für Antonius selbst ausgehen, das von den Quellen sonst freilich nirgends explizit belegt wird.64 Das letzte provinziale prorömische Kultfest von Asia, das – formal gesehen – noch in der Zeit der Republik eingerichtet wurde, war Bestandteil des Kultes für Octavian und die Thea Rho¯me. Hierzu berichtet Dio, dass die Asianoi im Winter des Jahres 29 v. Chr. eine Gesandtschaft an Octavian entsandt hatten, die diesen im Namen der Einwohner von Asia bat, ihn als Gott verehren zu dürfen.65 Dasselbe Anliegen sei auch von einer Gesandtschaft der Bithynoi, also des Landtages von Bithynien, vorgetragen worden, welcher den Westteil der Doppelprovinz Bithynia-Pontus vertrat.66 Octavian folgte diesen Bitten nur mit Einschränkungen. So bestimmte er zunächst, dass die in Asia und Bithynia lebenden Römer, nicht ihn, sondern den Divus Iulius, den vergöttlichten Caesar, und zugleich die Thea Rho¯me verehren sollten. Dies sollte in Ephesos und Nikaia geschehen, in den Städten also, in denen die Statthalter residierten und auch die meisten Römer lebten. Dagegen erlaubte er den Einheimischen, die Dio als xenoi, Octavian selbst aber als Hellenes bezeichnete, in Pergamon und Nikomedeia Heiligtümer für die Thea Rho¯me zu errichten. Mit letzterer Anweisung inaugurierte Octavian, der bald danach den Ehrentitel Augustus erhalten sollte, bereits den frühen Kaiserkult.67 Ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Bestandteil dieses Kultes war das prächtige penteterische Kultfest, das der Landtag von Asia zunächst allein in Pergamon ausrichtete. Dieses neue Kultfest für Octavian/Augustus und die Thea Rho¯me68 stand in63
SB I 4224 (= SHERK, RDGE 57) mit DEININGER 1965, 16. Der bei Plut. Ant. 24 für das Jahr 40 v. Chr. bezeugte feierliche Einzug des Antonius in Ephesos, bei dem dieser als Dionysos gefeiert wurde, dürfte Teil eines städtischen Festes gewesen sein. 65 Cass. Dio 51,20,6–7 und 9. 66 Zum Koinon von Bithynien s. DEININGER 1965, 18 f. und 60–64. 67 Der Kaiserkult selbst, über den eine schier unübersehbare Literaturfülle existiert, ist nicht Gegenstand dieses Beitrages. Wir verzichten deshalb auf weiterführende bibliographische Angaben. 68 Obwohl die Verehrung der Kaiser allmählich in den Vordergrund trat, wurde der Kaiserkult noch lange Zeit als gekoppelter Kult für die Roma und den jeweiligen Kaiser betrachtet. So bezeichnet sich etwa die mit dem Kaiserkult verbundene Sängergilde von Pergamon noch 64
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haltlich wie organisatorisch eindeutig in der Tradition der provinzialen prorömischen Kultfeste, die seit den neunziger Jahren des ersten Jahrhunderts v. Chr. in Asia inauguriert und abgehalten worden waren.
5 Charakter und Funktion der prorömischen Kultfeste der Provinz Asia Offizieller Anlass der provinzialen prorömischen Kultfeste von Asia war zwar der Vollzug der Kulte für vergöttlichte oder als gottgleich angesehene römische Statthalter und Politiker. Der tatsächliche Höhepunkt der Feste, die wohl überwiegend in der alten Hauptstadt Pergamon gefeiert wurden und ein großes Publikum aus allen Teilen der Provinz Asia anzogen, waren aber die prächtige Prozession, das öffentliche Festmahl sowie die aufwendigen Spiele. Wenngleich an den Festen auch Gäste oder Athleten teilnahmen, die von weiter her gekommen waren, bestand die eigentliche Festgemeinde aus Bewohnern der Provinz Asia und repräsentierte diese Provinz auch. Damit waren die Kultfeste ein Ort, an dem es zu einer rituell überhöhten Begegnung der sich von der besten Seite zeigenden Provinz mit dem Idealbild eines Statthalters oder Politikers kam. Aus Sicht der Provinzialen könnte man von den ausbreiteten Armen sprechen, welche die Bewohner der Provinz in Richtung Rom ausstreckten, um vollständig im Imperium Romanum aufzugehen. Allerdings sollte es über sechzig Jahre dauern, ehe die römische Seite in Gestalt Octavians dieses Anliegen in voller Weise begriff und akzeptierte. Sowohl die Inauguration als auch die wiederholte Feier eines provinzweiten Kultes samt dem damit verbundenen Fest waren nur möglich, wenn sich die meisten, wenn nicht alle großen Städte und Stämme der Provinz darüber einig geworden waren. Dieses Einvernehmen wurde anfangs gewiss durch wechselseitige Konsultationen aller beteiligten Gemeinweisen hergestellt. Doch später machten die notwendigen Verhandlungen über den Ort der Kultfeste, über den Bau und die Finanzierung eines oder mehrerer Heiligtümer sowie über die Einsetzung und die Aufgaben der Priester bereits die Abhaltung großer Konferenzen notwendig. Dadurch bildete sich bald schon die feste Struktur eines koinons heraus, den man in der modernen deutschen Altertumswissenschaft mit hier dem bereits mehrfach benutzten Begriff ‹Provinziallandtag› bezeichnet.69 in der ersten Hälfte des zweiten Jh. als υë μνωδοι ì Á τουÄ θεουÄ ΣεβαστουÄ καιÁ θεαÄ ς ÂΡω μης (I Pergamon 374, A 3–4). In derselben Inschrift (D 14) werden auch – offensichtlich gemeinsam vollzogenen – ‹Opfer für den Kaiser und die Roma› erwähnt. 69 In anderen modernen Sprachen werden ähnliche Begriffe verwendet: engl. provincial assembly; frz. assemble´e provinciale; russ. provincial’naya sobraniya. Die neuzeitliche Terminologie hebt demnach – sachlich richtig – hervor, dass es sich jeweils um das (Selbst-) Vertretungsorgan einer ganz bestimmtem Provinz handelte. Dieser Zusammenhang ergibt sich im antiken Sprachgebrauch (Begriffe wie κοινο ν, συνε δριον, κοινοβου λιον bzw. commune, provincia und concilium, vgl. DEININGER 1965, 139); erst durch die Beifügung des Namens der jeweiligen Provinz, z. B. κοινοÁ ν τηÄ ς Ασι ας.
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Die Aufgaben dieses Organs lagen zunächst freilich nicht auf der politischen, sondern auf der religiösen Ebene. Die Vorstufe des Landtages von Asia konstituierte in den neunziger Jahren des ersten Jahrhunderts v. Chr. unter Duldung des Statthalters Q. Mucius Scaevola. Und zwar als ein überregionaler Kultverband, der als Träger des Kultfestes der Moukieia fungierte, das zu Ehren des Scaevola eingerichtet worden war. Dieser Verbund trug die Bezeichnung hoi en te¯i Asiai de¯moi kai ta ethne¯ kai hoi kat’ andra kekrimenoi en te¯i pros Rho¯maious philiai.70 Im Laufe der weiteren Entwicklung wurden teils ähnliche Wendungen, etwa hai poleis, hai en te¯i Asiai kai hoi de¯moi kai ta ethne¯, teils Bezeichnungen wie to koinon te¯s Asias oder koinon to¯n Helle¯no¯n beziehungsweise to koinon to¯n apo te¯s Asias Helle¯no¯n71 und Ähnliches benutzt. Die beiden letzteren Namensvarianten deuten an, dass der Landtag im Laufe seiner Entwicklung immer mehr von den finanzkräftigen Griechenstädten der Provinz dominiert wurde. Im Jahre 29 v. Chr. war diese Entwicklung bereits so fortgeschritten, dass Octavian die durch den Landtag vertretene einheimische Bevölkerung von Asia summarisch als ‹Griechen› (Hellenes) bezeichnete.72 Schon der in den neunziger Jahren entstandene Kultverband verfügte über eine regelrechte Struktur. Dies zeigte sich daran, dass er eine Vertreterversammlung (synhedrion) besaß, in dem offensichtlich Vertreter aller großen Städte und Gemeinwesen von Asia saßen. Dieser Rat erfüllte neben der Organisation der Kultfeste bereits weitere Aufgaben, die unter dem Sammelbegriff ta koina tou synhedriou pragmata73 zusammengefasst wurden. Auf eine frühzeitige Arbeitsteilung und eine gewisse Routine in der Tätigkeit des Synhedrions deutet auch die Tatsache, das es bereits in den achtziger Jahren Ehrenbeschlüsse für verdiente Mitglieder seiner selbst beschloss und publizierte. Das oberste Amt, das der Landtag von Asia zu vergeben hatte, war das des Asiarchen, der in der Kaiserzeit auch als archiereus bezeichnet werden sollte.74 Letztere Variante zeigt, dass das Amt in der Tradition des attalidischen archiereus stand, der für den zentralen Herrscherkult des Pergamenischen Reiches zuständig gewesen war. Allerdings waren die Oberpriester dieses Reiches von den Attalidenherrschern eingesetzt worden und hatten ihr Amt dann jeweils über lange Zeiträume bekleidet. Im Unterschied dazu bekleideten die provinzialen Oberpriester ein Wahlamt, das rotierte, damit es von den führenden Vertretern möglichst vieler Poleis ausgeübt werden konnte. Wie sich zeigt, entwickelte sich der zunächst nur informelle Kultverband der Gemeinwesen, Völker und Einzelpersonen, die in förmlicher Weise zu Freunden der Römer erklärt worden waren, schon bald nach seiner Gründung in die Richtung einer Körperschaft, welche später neben der Organisation der pro70
OGIS 438 (= IGR IV 188). Für die verschiedenen Bezeichnungsarten s. MAGIE 1950 2, 1294 f. Anm. 54. 72 Cass. Dio 51,20,7. 73 OGIS 438 (= IGR IV 188, Z. 10 f.) mit DEININGER 1965, 15. 74 Auf die Problematik der Identität beider Ämter kann hier nicht eingegangen werden. Wir verweisen auf die Ausführungen bei HERZ 1992. 71
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vinzialen prorömischen Kultfeste auch die politische Aufgabe übernahm, die Interessen der Provinzialen gegenüber den römischen Statthaltern und dem Senat zu vertreten. Diese kollektiv zu erfüllenden Aufgaben trugen entscheidend zur Vernetzung der städtischen Eliten bei. In der Folge bildete sich eine provinziale Oberschicht von Asia heraus, die es so vorher nicht gegeben hatte. Zu einer ähnlichen Entwicklung kam es auch unter der breiten Bevölkerung von Asia. Alle vier Jahre strömte eine große Menschenmasse nach Pergamon beziehungsweise nach Ephesos, um dort ein prächtiges provinziales Kultfest für einen Römer zu feiern. Diesem war wegen seiner provinzialfreundlichen Haltung oder seiner exzeptionellen politischen Stellung vom Provinziallandtag ein göttlicher, zumindest aber gottähnlicher Status zuerkannt worden. Schon deshalb wurde er nicht als reale, sondern als ideale Person verehrt. Doch auch die Festgemeinschaft, die zu dem Kultfest zusammenströmte, repräsentierte nicht die reale, sondern die ideale Provinz Asia,75 die ihre offenen Arme in Richtung Rom ausstreckte. Damit trugen die provinzialen prorömischen Kultfeste a` la longue zur Herausbildung eines spezifischen provinzialen Selbstverständnisses und eines Provinzbewusstsein unter der Bevölkerung von Asia bei. Dieses kollektive Empfinden war im Jahre 29 v. Chr. schon soweit entwickelt, dass sich die Gesandten der Provinz als Asianoi bezeichneten.76 Octavian hatte die integrative Funktion der provinzialen Kultspiele vermutlich klar erkannt und willigte deshalb in den von den Asianoi gewünschten Kult für seine Person ein. Allerdings verband er diesen mit dem Thea Rho¯me-Kult, welcher der offenbar dominierende prorömische Kult innerhalb der einzelnen Poleis war.77 Damit wurden zwei Kulttypen zusammengefügt, die in je eigener Weise in der Tradition des hellenistischen Herrscherkultes standen. Außerdem waren sie jeweils mit prächtigen Spielen verbunden, welche der eigentlichen Kulthandlung, dem Opfer für den vergöttlichten Princeps beziehungsweise für die Thea Rho¯me, zusätzlichen Glanz verliehen. Durch die Zusammenführung beider Typen von Kulten und Kultfesten entstand der frühe Kaiserkult mit seinen prächtigen Festen. Er sollte sich bald als Erfolgsmodell herausstellen und wurde deshalb auch in den meisten anderen Provinzen des römischen Reiches installiert.78
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Vgl. die Überlegung zur Funktion städtischer Feste bei HERZ 1995, 69: ‹(Die Feierlichkeiten) hatten neben dem eigentlich politisch-religiösen Zweck des Festes auch die Aufgabe, gewissermaßen die intakte soziale und politische Ordnung der Gemeinde vor der Öffentlichkeit zu manifestieren.› 76 Cass. Dio 51,20,7. 77 Zu den Roma-Kulten s. MELLOR 1975 und 1981, FAYER 1976 sowie TUCHELT 1979. 78 Cass. Dio 51,20,7.
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6 Schluss Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die provinzialen prorömischen Kultfeste von Asia einen neuen Typ des antiken Herrscherkultes darstellten. Sie knüpften teilweise an den zentralen Herrscherkult der hellenistischen Zeit an, waren aber schon deshalb keine direkte Fortsetzung, weil diese Form des Herrscherkultes keine überregionale Kultfeste gekannt hatte. Solche Kultfeste entstanden erst unter den Bedingungen des römischen Provinzialregimes, und zwar aus überwiegend politischen Gründen. Die einzelnen Städte und Stämme Asias hatten eine sehr schwache Stellung gegenüber dem Senat und den römischen Amtsträgern vor Ort. Deshalb strebten sie nach einer überregionalen Struktur zur Vertretung ihrer Interessen. Diese fanden sie in den provinzialen Kultfesten für vorbildliche Statthalter und bedeutende römische Politiker. Diese Kultfeste waren ein Ort der Kommunikation zwischen den gottgleichen und schon deshalb idealisierten Vertretern der römischen Macht und der ebenfalls idealisierten Provinz Asia, die ihre offenen Arme in Richtung Rom ausstreckte. Die provinzialen prorömischen Kultfeste wurden von der neu geschaffenen Struktur des Provinziallandtages organisiert, der die provinzweite Vernetzung der städtischen Oberschichten beförderte. Die zu dem Kultfest zusammenströmende Festgemeinschaft repräsentierte die gesamte Provinz, weshalb das Fest auch eine Bühne für die positive Selbstdarstellung der Provinz war. Damit spielten die prorömischen Kultfeste eine wichtige, wenn nicht die entscheidende Rolle bei der Herausbildung und der Pflege eines provinzialen Selbstverständnisses und Selbstbewusstseins unter der Bevölkerung von Asia.
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Überlegungen zur Geschichte des makedonischen Koinon im dritten Jahrhundert von
PETER HERZ Durch eine Reihe von epigraphischen Neuentdeckungen aus Thessalonike, die erstmals im Jahre 1996 beim sechsten Kongreß für makedonische Studien vorgestellt wurden, ist der Bestand an wichtigen Zeugnissen zur Geschichte des makedonischen koinon im dritten Jahrhundert entscheidend verbessert worden.1 Es handelt sich dabei um insgesamt vier neue Inschriften – eine von ihnen ist allerdings in einem so fragmentarischen Zustand auf uns gekommen, daß sie leider keine weiterführenden Erkenntnisse mehr zuläßt –, die zur Gruppe der agonistischen Bekanntmachungen gehören. Dieser Inschriftentypus war uns aus Makedonien bisher nur durch zwei Texte bekannt gewesen, die Anfang der 1970er Jahre in Beroia gefunden wurden.2 Betrachtet man die bisherigen Forschungsgeschichte für die beiden älteren Texte, so muß man leider feststellen, daß die Forschung ein nur geringes Interesse an den Aussagemöglichkeiten dieser Zeugnisse gezeigt hat, was der hohen Bedeutung dieser Zeugnisse sicherlich nicht gerecht wird. Meine anschließenden Bemerkungen haben daher die Zielsetzung, unter anderem etwas zur Beseitigung dieses bedauerlichen Defizits beizutragen und einige hoffentlich weiterführende Gedanken zur Geschichte des makedonischen koinon im dritten Jahrhundert zu liefern.
1 Die alten Texte AE 1971, 430 = Inscriptiones Beroeae 68 (Beroia/Maced.) ÆΑγαθηÄ ι Τυ χει ëΥπεÁρ υë γει ας καιÁ σωτηρι ας καιÁ νι κης καιÁ αιÆ ωνι ου διαμονηÄ ς τουÄ μεγι στου καιÁ θειοτα του καιÁ αÆ ηττη του κυρι ου ηë μω Ä ν αυÆ τοκρα τορος Και σαρος Μ(α ρκου) ΑυÆ ρηλι ου Σεουη ρου [ÆΑλεξα νδρου] ευÆ σεβουÄ ς, ευÆ τυχουÄ ς, ΣεβαστουÄ , αÆ ρχιερε ως μεγι στου, δημαρχικηÄ ς εÆ ξουσι ας τοÁ οÍ γδooν, υë πα τον τοÁ Γ πατροÁ ς πατρι δος καιÁ υë πεÁρ τηÄ ς ιë ερωτα της μητροÁ ς [ÆΙουλι ας Μαμαι ας] ΣεβαστηÄ ς καιÁ υë -
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VELENIS 1999, BE 2000, 473. NIGDELIS 1995, vgl. BE 1996, 246; SEG 1995, 710. AE 1971, 430 und AE 1971, 431.
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πεÁρ τουÄ συ μπαντος θει ου οιÍκου αυÆ τω Ä ν καιÁ ιë εραÄ ς συνκλη του καιÁ τω Ä ν διασημοτα των εÆ πα ρχων καιÁ ιë ερω Ä ν στρατευμα των καιÁ δη μου τουÄ ëΡωμαι ων, ΟυÆ αλεριανοÁ ς Φιλο ξενος οë Μακεδονια ρχης καιÁ αÆ ρχιερευÁ ς τουÄ ΣεβαστουÄ καιÁ αÆ γωνοθε της τουÄ κοινουÄ τω Ä ν Μακεδο νων αÆ γω Ä νος ÆΑλεχανδρειου καιÁ ηë γυνηÁ αυÆ τουÄ ΟυÆ αλεριανηÁ ÆΑμμι α ηë αÆ ρχιε ρεια τηÄ ς ΣεβαστηÄ ς εÆ πιτελε σουσιν εÆ ν τηÄì λαμπροτα τηì μετροπο λει τηÄ ς Μακεδονι ας Βεροιαι ων πο λει κυνηγεσι ων καιÁ μονομαχιω Ä ν ηë με ρας τρειÄς· αÍ ρξονται δεÁ τω Ä ν üιλοτειμι ων τηÄì προÁ Ζ Καλ(ανδωÄ ν) ÆΙουλι ων. ΑυÆ τοκρα τορι Και σαρι Μ(α ρκου) ΑυÆ ρηλι ωì Σεου ρωì [sic][ÆΑλεξα νδρ]ωì ευÆ σεβειÄ, ευÆ τυχειÄ, Σεβαστω Äì τοÁ Φ καιÁ Κλ. Κασσι ωì Δι ωνι τo Β υë πα τοις, ηë λλενικηÄì δεÁ εÍ τους ΞΣ ΣεβαστουÄ τουÄ και QΟΤ, Πανη μου ΕΙ. ΕυÆ τυχειÄτε.
AE 1971, 431 = Inscriptiones Beroeae 69 (Beroia/Maced.) ÆΑγαθηÄ ι Τυ χει ëΥπ[εÁ]ρ υë γει ας καιÁ σωτ[ηρι ]ας καιÁ νι κης καιÁ αιÆ ωνι ου διαμονηÄ ς τo[υÄ θειοτα του] μεγι στου κ[α]ιÁ αÆ νεικη του ΑυÆ τ[o]κρα τορος Και σαρος Μα ρκου ÆΑντωνι ου [ΓορδιανουÄ ευÆ σεβουÄ ς] ευÆ τυχουÄ ς ΣεβαστουÄ , αÆ ρχιε ρεως μεγι στου, δημαρχικηÄ ς εÆ ξουσι ας τοÁ Γ, υë πα του π(ρω Ä τον), π[ατροÁ ς πατρι δος καιÁ υë πεÁρ τουÄ ] θει ου οιÍκου αυÆ τουÄ καιÁ ιë εραÄ ς συνκλη του καιÁ ιë ερω Ä ν στρατευμα των καιÁ δη μ[ου τουÄ ëΡωμαι ων καιÁ δι-] σαημοτα του εÆ πα ρχων τουÄ ιë ερουÄ πραιτωρι ου, οë Μακεδονια ρχης καιÁ αÆ ρξηιερευÁ ς [τω Ä ν Σεβαστω Ä ν καιÁ αÆ γωνο-] τε της τουÄ κοινουÄ τω Ä ν Μακεδο νων αÆ γω Ä νος ÆΑλεξανδρει ου, ιë ερουÄ , ιÆ σελαστικουÄ , ιÆ σ[ακτι ου Λ(ευ κιος) Σε-] πτι μοις ÆΙνστειανοÁ ς ÆΑλε ξανδρος καιÁ ΑιÆ λ(ι α) ÆΑλεξα νδρα ηë γυνηÁ αυÆ τουÄ ηë αÆ ρχιε ρεια εÆ πιτελε σο[υσιν εÆ ν τηÄì ] λαμπροτα τηì καιÁ Β νεωκο ρωì μητροπο λει τηÄ ς Μακεδονι ας Βεροιαι ων πο λι κυνηγεσι ων καιÁ μονομαχ[ιω Ä ν] ηë με ρας Γ, προσεισα γοντες καθ’ εë κα στην ηë με ραν τω Ä ν üιλοτειμιω Ä ν καιÁ εÏ τερον ζευÄ γος περιÁ τηÄ ς ψυχηÄ ς αÆ γωμιου μενον προÁ ς τοιÄς νενομισμε νοις δυσιÁ ν καταÁ συνχω ρησιν τουÄ κυρι ου ηë μω Ä ν Μ(α ρκου) ÆΑντωνι ου ΓορδιανουÄ ευÆ σεβουÄ ς, ευÆ τυχουÄ ς, ΣεβαστουÄ . ÍΑρξονται δεÁ τω Äν ϕιλοτειμω Ä ν τηÄì προÁ Ζ Καλ(ανδω Ä ν) ÆΙουλι ων Σουητρι ωì τοÁ Β καιÁ ëΡαγωνι ωì Βενου στωì υë πα τοις, εë λληνικηÄì δεÁ εÍ τους ΑΟΣ σεβαστουÄ τουÄ καιÁ ΖΠΤ Πανη μου ΖΙ. ΕυÆ τυχειÄτε.
Es handelte sich um die Ankündigung von venationes und ludi gladiatorii, die über drei Tage verteilt vom 25. bis 27. Juni dauern sollten. Präsentiert wurden diese vom jeweiligen Makedoniarchen, archiereus der Kaiser und Agonotheten eines Agones, der den Namen Alexandreios trug und die Spezifikation ‹hieros, eiselastikos, isaktios› besaß. Spielort war die Stadt Beroia, wo sich der Sitz des makedonischen koinon befand.3 Zwischen den Jahren 228 und 240 hatte sich allerdings der Rang von Beroia verändert, denn die Stadt hatte zwischenzeitlich 3
DEININGER 1965, 91–96 faßt den damals bekannten Stand zusammen.
Geschichte des makedonischen Koinon
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eine zweite Neokorie erhalten, wobei wir zunächst noch nichts zum Charakter des damit verbundenen Kultes sagen können.4 Die Nomenklatur der beiden Ehepaare, die als Verantwortliche genannt werden, liefert einige interessante Details zur politischen Führungsschicht in Makedonien. Zunächst fällt die Inschrift AE 1971, 430 = Inscriptiones Beroeae 68 mit dem Makedoniarchen Valerianus Philoxenos durch das übereinstimmende nomen gentile seiner Ehefrau Valeriana Ammia auf. Da man wohl aus rechtlichen Gründen den Fall ausschließen kann, daß es bei Ammia um eine ehemalige serva des Philoxenos handelt, was dann die Übereinstimmung beim nomen gentile erklären würde, haben wir hier wahrscheinlich den Fall vor uns, daß Valeriana eine nahe Verwandte des Philoxenos war.5 Bei der zweiten Inschrift aus dem Jahre 240 ist beim Ehemann ([L(ucius) Se]ptimius Insteianus Alexander) auffällig, daß seine Familie nach dem Ausweis seiner Nomenklatur erst in der Regierungszeit des Septimius Severus (193–211) die civitas Romana erhielt. Seine Ehefrau Aelia Alexandra stammt hingegen aus einer gens, die wohl bereits in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts mit dem römischen Bürgerrecht begabt wurde. Dabei scheint mir Hadrianus (117–138: P. Aelius ...) insgesamt wahrscheinlich als Antoninus Pius (138–161: T. Aelius ...).6 In beiden Fällen sind die Hintergründe für die Aufnahme in die civitas Romana unbekannt, obwohl es genügend Ansatzpunkte für Spekulationen gibt. Die erste Neokorie für Beroia ist bereits seit der Regierungszeit Nervas gesichert nachgewiesen. Dies sichert die Inschrift Beroia 117 für Q. Popillius Python, die aber auch andeutet, daß bereits zu diesem relativ frühen Zeitpunkt die Frage umstritten war, wo sich der eigentliche Sitz des provinzialen Kaiserkultes befinden sollte. Popillius Python hatte erfolgreich eine Gesandtschaft zu Kaiser Nerva unternommen, um für seine Heimatstadt Beroia das exklusive Privileg durchzusetzen, die einzige Neokorie für Makedonien besitzen zu dürfen. Die in dieser Frage mit Beroia konkurrierende Stadt wird zwar in diesem Text nicht explizit angesprochen, doch es dürfte sich wahrscheinlich um Thessalonike gehandelt haben. Leider haben wir viel zu wenige Informationen, um sagen zu können, welche Faktoren in dieser Situation den Ausschlag für Beroia gaben. ... τοÁ ν διαÁ βι ου αÆ ρχιερηÄ τωÄ ν ΣεβαστωÄ ν καιÁ αÆ γωνοθε την τουÄ κοινουÄ Μ[α]κεδο νων Κ. Ποπι λλιον Πυ θονα, π[ρ]εσβευ σαντα υë πεÁρ τηÄ ς πατρι δος Βεροι ας εÆ πιÁ θεοÁ ν Nε ρουαν υë πεÁρ μο νην αυÆ τηÁ ν εÍ χειν τηÁ ν νεωκορι αν τω Ä ν Σεβαστω Ä ν καιÁ τοÁ τηÄ ς μητροπο λεως αÆ ξι ωμα καιÁ εÆ πιτυ χοντα ...
4 BURRELL 2004 behandelt die Neokorien von Beroia und Thessalonike auf den S. 191– 197 bzw. 198–204. 5 Immer noch aufschlußreich für die engen familiären Konnexe innerhalb der makedonischen Führungsschicht ist WISEMANN 1984. 6 Zu den Aussagemöglichkeiten der Kaisergentilizien vgl. HERZ 1996.
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Der mit dieser Neokorie verbundene Agon dürfte ein anderer gewesen sein als die Olympeia von Makedonien aus dem Text MORETTI 1953 Nr. 84 = IGRR IV 1519 (dazu siehe unten), womit die Ausrichtung des in Beroia gefeierten frühen Agons weiterhin unbekannt bleibt.7 Die zweite (und zunächst ephemere) Neokorie Beroias gehört in die Regierungszeit von Elagabalus (218–222) und fügt sich in eine ganze Serie vergleichbarer Verleihungen von Neokorien ein, die für diese Regierungszeit vor allem aus dem kleinasiatischen Raum bekannt sind.8 Die Neokorie von Beroia ist vor allem durch eine Serie von Münzemissionen bekannt, die das makedonische koinon aus diesem Anlaß prägte, wobei das Obvers regelmäßig den Kopf Alexanders des Großen zeigt. Diese zweite Neokorie kam sicherlich mit dem gewaltsamen Tod Elagabals im Frühjahr 222 zu einem jähen Ende und Beroia kehrte wieder zu seinem früheren Status als einfache Neokorie zurück. Wem der in der Zeit der zweiten (ephemeren) Neokorie praktizierte Kult genau gewidmet war, ist schwer zu sagen. Daß Kaiser Elagabalus in irgendeiner Form in diesen Kult eingebunden war, dürfte nicht verwundern, doch die meines Erachtens entscheidende Frage ist schwerer zu beantworten: Welche Rolle spielte Alexander der Große, der ja auf allen Emissionen des koinon auftaucht? Ist Alexander als ‹Stammesgott› der Makedonen zu verstehen oder gibt dies auch einen Hinweis auf die mögliche Ausrichtung des Kultes? Die notorische Verehrung des großen Makedonen in der Regierungszeit der Severer ist bekannt, wobei sich vor allem Caracalla hervortat.9 Doch es gibt keine verwertbaren Indizien, daß sich diese Verehrung auch in entsprechenden kultischen Ehren für den großen Makedonen niederschlug. Die zweite und jetzt permanente Neokorie Beroias wird erstmals in der Inschrift Inscriptiones Beroeae Nr. 69 aus dem Jahre 228 erwähnt und scheint mit der Feier des Agon Alexandreios verbunden gewesen zu sein. Ein Punkt, an dem man wohl korrigierend in die bisherige Forschungsmeinung eingreifen muß, betrifft die Namensgebung des Agons, der als ‹hieros oikoumenikos eiselastikos isaktios Alexandreios› bezeichnet wird. Dabei muß man wohl zunächst einen direkten Bezug auf den größten Makedonen des Altertums, also Alexander den Großen, ausschließen. Keines der bekannten und daher für eine solche Feier naheliegenden Daten aus dem Leben des großen Alexander (Geburtstag: April, Todestag: erste Hälfte Juni) läßt sich sinnvoll mit einem Festtermin Ende des Monats Juni in eine historische Verbindung bringen.10 Dies bedeutet allerdings nicht, daß damit der historische Bezug auf Alexander den Großen völlig aus der Welt geschafft wäre. Denn letztendlich werden wir doch wieder bei Alexander landen, wobei wir allerdings gezwungen werden, einen kleinen argumentativen Umweg zu machen. 7
Es ist noch nicht einmal gesichert, für wen der konstituierende Kult des koinon gedacht
war. 8
ROBERT 1970, bes. 23 ff. = ROBERT 1989, 664–668. Vgl. allgemein SPENCER 2002. 10 GRZYBEK 1990, 33 Anm. 42 (Geburtstag), 29 ff. (Todestag). 9
Geschichte des makedonischen Koinon
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Die hier verwendete Formulierung ‹Alexandreios› läßt sich am ehesten durch die imitatio Alexandri erklären, der sich die ganze severische Dynastie verpflichtet fühlte. Der seit dem 13. beziehungsweise 14. März 222 nominell allein regierende Kaiser M. Aurelius Severus Alexander übernahm von seinem vorgeblichen natürlichen Vater Caracalla (Marcus Aurelius Antoninus Magnus), dessen Alexandermanie ja sprichwörtlich geworden war, das cognomen Alexander.11 Das Datum des in der Verantwortung des makedonischen koinon organisierten mehrtägigen Agons gruppiert sich aber um den 26. Juni, also genau den Tag, an dem im Jahre 221 Alexander von seinem Vetter Elagabalus adoptiert und zum Caesar und Mitpriester des Gottes Heliogabalus ernannt worden war.12 Obwohl die Öffentlichkeit später die Bezüge auf den verhaßten Vorgänger des Severus Alexander tunlichst zu unterdrücken suchte, läßt sich vor allem an den inschriftlichen Zeugnissen unschwer nachweisen, daß man den Termin des 26. Juni als den eigentlichen Beginn seiner Herrschaft über das Imperium Romanum ansehen wollte. Der eigentliche Beginn seiner Alleinherrschaft, wie ihn uns zum Beispiel das Feriale Duranum als offizielles Zeugnis für den 13./14. März, also unmittelbar nach der Ermordung Elagabals, meldet, wurde von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet gelassen. Denn mit einer Verlagerung des offiziell gefeierten Regierungsantritts auf den 26. Juni wurde die Regierungszeit des verhaßten Elagabal nachträglich um rund neun Monate verkürzt.13 Das makedonische koinon lag also mit der Wahl seines Festtermins durchaus im Trend dieser Regierung. Mit der Ermordung des Severus Alexander im Frühjahr des Jahres 235 und der anschließend mit großer Hingabe durchgeführten damnatio seines Andenkens kam wahrscheinlich auch dieser auf Severus Alexander ausgerichtete Agon zu einem plötzlichen Ende.14 Dieser Zustand hielt bis ins Jahr 238 an, also bis sich in den Wirren um den Sturz des Kaisers Maximinus Thrax letztendlich Kaiser Gordianus III. durchsetzen konnte. Die Tatsache, daß unter der Regierungszeit des Gordianus der ‹Agon Alexandreios› wieder aufgenommen wurde, unterstreicht in ausreichender Weise, daß in der Tat nach dem Sturz des Maximinus Thrax im Frühjahr 238 die frühere hostis-Erklärung für Severus Alexander aus dem Jahre 235 offiziell wieder aufgehoben wurde und man ihn nachträglich zum divus erhob. Dieses wird im übrigen auch durch andere inschriftliche Zeugnisse bestätigt.15 11 Dies war umso unproblematischer, da der junge Kaiser bereits nach seiner Geburt den Namen Alexianus führte. Vgl. KIENAST 1996, 177. 12 Dazu vgl. die Notiz im Feriale Duranum [FINK 1971 Nr. 117, II 16–17] in der jetzt politisch geschönten Version [vi kal] Iulias quod dominus nost[e]r [M]arcus Aure[l]ius Severus Al[e]xa[nder Cae]sar appel[lat]us sit et toga virili amic[tus] ... 13 HERZ 1978. 14 Auf der Inschrift Beroia 68 wurde das distinktive Element seines Namens, d. h. Alexander, eradiert. Auch der Name seiner Mutter Iulia Mamaea wurde gelöscht. 15 Vgl. die Inschrift AE 1919, 36 = ILS 9221 aus Misenum, die am 15. März 246 dediziert
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Unsicher muß allerdings bleiben, ob dieser Agon Alexandreios bereits im ersten Regierungsjahr Gordians, also im Jahre 238, wieder aufgenommen werden konnte. Eine solche plötzliche Umbenennung dürfte nur dann den Spielbetrieb in Beroia nicht direkt getroffen haben, wenn das makedonische koinon sowieso in dieser Zeit einen Agon feierte.
2 Die neuen Texte Dieser bereits bekannte Informationsstand wird durch die neuen Zeugnisse ergänzt, die bezeichnenderweise jetzt aus Thessaloniki stammen, wo man sie in Zweitverwendung im Bereich der Agora fand. Die Inschrift des Jahres 252 sichert zunächst, daß der Agon Alexandreios auch noch nach dem Tod des Gordianus fortgeführt wurde und daß auch die zeitlichen Rahmenbedingungen unverändert fortbestanden, also eine Feier von 25. bis 27. Juni. Dieses Bild ändert sich allerdings gründlich durch die beiden nächsten Texte, die in die Jahre 259 und 260 gehören und jetzt die Existenz eines zweiten Zentrums des Provinzialkultes in der makedonischen Metropole Thessaloniki enthüllen. Dabei verfügt Thessalonike ebenfalls über den Rang einer Stadt, die zweimal Neokoros war.16 AE 1999, 1425 = SEG 49, 1999, 815 (252 n. Chr.): ÆΑγαθηÄì τυ χηì υë πεÁρ υë γει ας καιÁ σωτηρι ας καιÁ νι κης καιÁ αιÆ ωνι ου διαμο[νηÄ ς τ]ω Ä ν κυρι ων ηë μω Ä ν μεγι στων καιÁ θειοτα των [vacat] δημαρχικηÄ ς εÆ ξουσι [ας τοÁ δευ τερ]ον πατε ρων πατρι δος αÆ νθυπ[α ]των καιÁ υë πεÁρ τουÄ συ μπαντος θει ου οιÍκου αυÆ τω Ä ν καιÁ τω Ä ν διασημοτα [των εÆ πα ρχων] τουÄ ιë ερουÄ πραιτωρι ου καιÁ ιë εραÄ ς [συ]νκλη του καιÁ ιë ερω Äν Ä ν Σεαβστω Äν στρατευμα των καιÁ δη μου τουÄ [ëΡ]ωμαι ων. [οë αÆ ρχιερευÁ ς τ]ω καιÁ αÆ γωνοθε της τουÄ κοινουÄ τω Äν Μακεδο νων αÆ γω Ä νος ιë ερουÄ οιÆ κουμεν[ικ]ουÄ ειÆ σελαστι[κουÄ ιÆ σακτ]ι ου ÆΑλεξανδρει ου Κλ(αυ διου) ëΡου üρ(ιος) Με νων οë αÆ ξ(ιολογω τατος) Μακεδονια ρχεης καιÁ Βαιβι α Μα γνα ηë αÆ ξ(ιολογωτα τη) ηë γυν[ηÁ αυÆ τουÄ ηë ] αÆ ρχιε ρεια συντελε σουσιν εÆ ν τηÄì λαμπραÄì μητροπο λει Βεροι αì καιÁ Β νεωκο ρωì κυνηγεσι ων καιÁ μ[ονομαχ]ιω Ä ν ηë με ρας γ’ ειÆ σα γοντες ζυγαÁ τοÁ ν αÆ ριθμοÁ ν ιη’ περιÁ ψυχηÄ ς αë τω Ä ν [αÆ γωνιου μ]ενα καιÁ ζω Ä α εÆ νχω ρια [παντοιÄ]ον τοÁ γε νος εë κα στου ειÍδους ιη’ · αÍ ρξονται δεÁ τω Ä ν δεÁ τω Ä ν üιλοτειμιω Ä ν τηÄì πρ(οÁ ) Ζ καλ(ανδω Ä ν) ÆΙουλι ω[ν] ÆΑüειν 〈ι 〉ωì Δελδουμνιανω Äì ΟυÆ ολουσιανω Äì ëΕλληνκηÄì δεÁ εÍ τους ·ΓΠΣ· ΣεβαστουÄ 〈τουÄ 〉 καιÁ ·Θ\Τ·’ Παν[η ]μου ·ΚΗ·’ [ευÆ τυχειÄτε].
wurde: C(aio) Iul(io) C(ai) f(ilio) Cl(audia tribu) Alexandro stolarc(ho) class(is) pr(aetoriae) Misen(atis) p(iae) v(indicis) Philippianae adampliato iudicis divi Alexandri Aug(usti) ceterorumq(ue) princip(um). 16 BURRELL 2004, 198 ff.
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AE 1999, 1426 = SEG 49, 1999, 816 (259 n. Chr.): ÆΑγαθηÄì [τυ χηì ] υë πεÁρ υë γει ας καιÁ σωτηρι ας καιÁ νει κης καιÁ αιÆ ωνι ου δ[ιαμονηÄ ς τω Ä ν μεγι στων καιÁ θειοτα των κυρι ων ηë μω Ä ν] αÆ ηττη των αυÆ τοκρατο ρω[ν] ‹-------Œ ΕυÆ σεβ[ουÄ ς ΕυÆ τυχουÄ ς ΣεβαστουÄ ‹-----Œ Σεβασ]τουÄ ‹------Œ ΕυÆ σεβουÄ ς ΕυÆ τυχουÄ ς ΣεβαστουÄ καιÁ ‹------Œ τουÄ εÆ πιüανεστα του Και σαρος καιÁ ‹------Œ τηÄ ς ΣεβαστηÄ ς καιÁ τουÄ συ μ[παντος θει ου οιÍκου αυÆ τωÄ ν καιÁ ιë εραÄ ς συνκλη του καιÁ ιë ερω Ä ν στρ]ατευμα των καιÁ δη μου τουÄ ëΡωμαι ων καιÁ τω Ä ν εÆ ξοχοτα των εÆ πα ρχων τουÄ ιë ερουÄ π[ραιτωρι ου. Κλαυ διος ëΡου üριος Με νων ------] καιÁ Μακεδονια ρχης καιÁ αÆ ρχιερευÁ ς τω Ä ν Σαβαστω Ä ν καιÁ αÆ γωνοθε της αÆ γωνος ιë ε[ρο]υÄ οιÆ κ[ουμενικουÄ ειÆ σελαστικουÄ ιÆ σολυμπι ου τω Ä ν μεγα λ]ων Καισαρι ων Πυθι ων καιÁ Βαιβι α Μα γνα ηë αÆ ξιολογωτα τη αÆ ρχιε ρει[α εÆ πιτε λεσουσιν εÆ ν τηÄì λαμπροτα τηì Θεσσαλον]ικαι ων μητροπο λει Ä ν ηë με ρας --καιÁ κολωνει αì καιÁ διÁ ς νεωκο ρωì κυνηγεσι ων καιÁ μονο[μαχιω oder ηë με ραν αÍ ρξονται δεÁ τωÄ ν üιλοτιμιωÄ ν τηÄì προÁ -- καλανδωÄ ν]17 ÆΟκτωβρι ων ΑιÆ μιλιανω Äì καιÁ Βα σσωì υë πα το[ις, ëΕλλην]νι[κηì δεÁ εÍ τους ·\Σ· ΣεβαστουÄ τουÄ καιÁ ·]υ’· ëΥπερβερται ου] [ευÆ τυχειÄτε].
AE 1999, 1427 = SEG 49, 1999, 817 (260 n. Chr.): ÆΑγαθηÄì τυ χηì υë πεÁρ υë γει ας καιÁ σωτηρι ας καιÁ νει κης καιÁ αιÆ ωνι ου διαμονηÄ ς τω Ä ν μεγι στω[ν] καιÁ θειοτ[α των] κυρι ων ηë μω Ä ν αÆ η[ττη των αÆ υ-] τοκρατο ρων ‹-----Œ ΕυÆ σεβουÄ ς ΕυÆ τυχουÄ ς ΣεβαστουÄ καιÁ ‹-----Œ [ΕυÆ σεβουÄ ς] ΕυÆ τυχουÄ ς ΣεβαστουÄ κα[ιÁ ] ‹-------Œ τουÄ εÆ πιüανεστα του Και [σα]ρος vacat καιÁ τουÄ συ μπαντος θει ου οιÍκου αυÆ τω Ä ν καιÁ ιë εραÄ ς συνκλη του καιÁ ιë ερω Äν στρατευμα των καιÁ δη μου ëΡωμαι ων καιÁ τω Ä ν εÆ ξοχοτα των εÆ πα [ρχων τουÄ ιë ερουÄ πραιτωρι ου] Τιβ(ε ριος) Κλ(αυ διου) ëΡου üριος Με νων οë κρ(α τιστος) ιë εροüα ντης τουÄ αë γιωτα του θεουÄ Καβει ρου καιÁ διαÁ βι ου αÆ γωνοθε της [τουÄ κοινουÄ τω Äν Μακεδο νων] καιÁ Μακεδονια ρχης καιÁ β’ αÆ ρχιερευÁ ς τω Ä ν Σεβαστω Ä ν καιÁ αιÆ ωνοιοτα της (sic) λαμπαÄ ς Θεσσαλονεικαι ων μητροπο λεως καιÁ κολωνει ας καιÁ Β’ [νε]ωκο ρου αÆ γ[ωνοθε της αÆ γω Ä νος ιë ερ]ουÄ οιÆ κουμενικουÄ ειÆ σελαστικουÄ τω Ä ν μεγα λων Καισαρει ων ÆΕπινεικι ων Καβειρι ων Πυθι ων καιÁ Βαιβι α Μα γνα ηë γυνηÁ αυÆ τουÄ ηë αÆ ξ[ιολογωτα τη] Μ[ακεδονια ρχι]σσα καιÁ Β’ αÆ ρχιε ρεια εÆ πιτελε σουσιν [üιλοτιμι ]αν εÆ ν τηÄì λαμπροτα τηì Θεσσαλονικ[ε ]ων μητροπο λει καιÁ κολωνει αì καιÁ Β’ νεοκο ρωì εÆ κ Ä 〈ν〉 κυνηγεσι ων τε κ[αιÁ μονοθει ας δωρεαÄ ς [---] μνη μην Σεβαστω μαχιω Ä ν] ηë με ραν μι αν, ειÆ σα γο[ντε]ς καιÁ ζω Ä α αÏ π[αντα] τοÁ ν αÆ ριθμοÁ ν εÊξ λεοπα ρδου κ(αιÁ ) υë 〈αι 〉νης καιÁ ΛΑΙ[.]ΑNΑ καιÁ αÆ ποσüα ζοντες τω Ä ν εÆ νχωρι ων ζω ων εë κα στου ειÍδους τε σσαρα· οë μοι ως ειÆ α γοντες [καιÁ ζε]υ γη δυ ο [μονο]μα χων περιÁ ψυχηÄ ς αÆ γωνιου μενα· αÍ ρξονται δεÁ ταÁ ς üιλοτειμι ας Σεκουλρι ωì τω Äì Β’ καιÁ
17
Man kann das leider zerstörte Tagesdatum analog zur Inschrift auf den 20. September ergänzen.
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Peter Herz Δονα τωì τω Äì Β’ υë πα τ(οις) τηÄì προÁ ΙΒ’ καλανδω Ä ν ÆΟκτωβρι ων, ëΕλληνικηÄì δεÁ εÍ τους ·Α\Σ· ΣεβαστουÄ καιÁ τουÄ ΖΥ’ ëΥπερβερτα[ι ]ου Κ’. ευÆ τυχ[ειÄ]τε.
Interessant ist bei der Nomenklatur des Protagonisten, der hier seine volle Nomenklatur mit ‹Tiberius Claudius ...› darlegt, was in einer Periode einer allgemeinen Verbreitung der civitas Romana seit der Regierungszeit Caracallas als dezenter Hinweis auf das Alter der eigenen Familie zu werten ist. Dabei zeigt die Ausrichtung der Feierlichkeiten in Thessalonike eine völlig andere Ausrichtung wie der Kultbetrieb in Beroia, denn der offizielle Titel des Agon lautet im Jahre 259 (AE 1999, 1426 = SEG 49, 1999, 816 [259 n. Chr.]): Agon hieros oikoumenikos eiselastikos isolympios der megala Kaisaria Pythia [– –] καιÁ Μακεδονια ρχης καιÁ αÆ ρχιερευÁ ς τωÄ ν ΣαβαστωÄ ν καιÁ αÆ γωνοθε της αÆ γωνος ιë ε[ρo]υÄ οιÆ κ[ουμνικουÄ ειÆ σελαστικουÄ ιÆ σολυμπι ου τω Ä ν μεγα λ]ων Καισαρι ων Πυθι ων ..
Um dies richtig interpretieren zu können, müssen wir zeitlich etwas zurückgreifen. Denn die erste Neokorie Thessalonikes gehört bereits in die Regierungszeit Kaiser Gordians. Aus dieser Zeit haben wir Münzen des Kaisers mit der Aufschrift ΘΕCCΑΛΟΝΙΚΩΝ ΝΕΩΚ ΠΥΘΙΑ, die für uns sowohl die erste Neokorie für Thessalonike sichern als auch den Namen des damit verbundenen Agons, der Pythia.18 Indem man den neuen Agon als Pythia bezeichnete, reagierte man in Thessalonike auf die Einrichtung der Pythia in der Stadt Rom, die Anfang der vierziger Jahre in der Vorbereitungsphase des großen Perserfeldzuges durch Gordianus III. eingerichtet worden war.19 Thessalonike als die unbestritten größte Stadt der gesamten Provinz Macedonia hatte lange Zeit, wenn es um die Frage der Organisation des Provinzialkultes ging, im Schatten Beroias gestanden und hatte sich kaum gegen diese Stadt durchsetzen können. Der Aufstieg zum neuen Zentrum des Provinzialkultes dürfte daher ein direktes Resultat der zunehmenden politischen und militärischen Bedeutung der großen Hafenstadt gewesen sein, die in dieser Zeit sowohl bei den Orientfeldzügen als auch der Abwehr der germanischen Bedrohung an der unteren Donau eine immer wichtigere Rolle spielte.20 Diese gewachsene Bedeutung Thessalonikes zeigt sich sehr deutlich in der Regierungszeit von Kaiser Traianus Decius (249 bis 252), in der die Stadt neben dem Titel ‹Metropolis und colonia› auch plötzlich über vier Neokorien verfügte.21 Dies wird sowohl durch die Münzen als auch eine Serie von lokalen 18
BURRELL 2004, 198 f. ROBERT 1970. 20 Thessalonike dürfte zu den aus dem vierten Jh. bekannten portus expeditionales gehört haben (CTh 13,9,1 f.) und gehört zu den Residenzorten der tetrarchischen Periode, vgl. HERZ 1988, 247 mit Anm. 124. 21 BURRELL 2004, 199 ff. 19
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Inschriften gesichert, die den jugendlichen Priestern des Gottes Fulvus gewidmet sind.22 Wem genau die drei neuen Neokorien gewidmet waren, läßt sich momentan nicht sagen. Wir kommen wohl kaum über die etwas unbefriedigende Feststellung hinaus, daß sie der Kaiserfamilie im weitesten Sinne gewidmet sein müssen. Mit der Katastrophe des Decius bei Abrittus dürfte der Verlust der Neokorien zwei bis vier für Thessalonike verknüpft gewesen sein. Dieser plötzliche Boom für Thessalonike läßt sich am ehesten mit der parallelen Entwicklung für die pamphylische Metropole Side vergleichen.23 Diese kam etwas später (275 ff.) immerhin auf die gewaltige Zahl von sechs Neokorien (εë ξακις νεωκω [ρου Σιδητ]ωÄ ν πο λεως ...), wodurch man die Nachbarstadt Perge, die unter Aurelian nur über vier Neokorien verfügen konnte, deutlich übertraf.24 Auch diese inflationäre Entwicklung stellt eine Reaktion auf die hohe militärische Bedeutung der pamphylischen Städte in diesen bewegten Zeiten dar.25 Ende der fünfziger Jahre hatte sich die Situation für Thessalonike wieder stabilisiert, denn man war wieder im Besitz einer zweiten Neokorie, wobei diese Rangerhöhung mit der Bemerkung ‹εÆ κ θει ας δωρεαÄ ς› kommentiert wurde. Dies unterstreicht die besondere Nähe der Stadt oder zumindest ihrer politischen Führung zum regierenden Kaiserhaus, also der Familie der beiden Kaiser Valerianus und Gallienus.26 Erstmals wird auch die volle Titulatur des zugehörigen Agon genannt: AE 1999,1426 = SEG 49, 1999, 816 [259 n. Chr.]: Agon hieros oikoumenikos eiselastikos isolympios der megala Kaisaria Pythia [– –] καιÁ Μακεδονια ρχης καιÁ αÆ ρχιερευÁ ς τωÄ ν ΣεβαστωÄ ν καιÁ αÆ γωνοθε της αÆ γωÄ νος ιë ε[ρo]υÄ Ä ν μεγα λ]ων Καισαρι ων Πυθι ων οιÆ κ[ουμε νικουÄ ειÆ σελαστικουÄ ιÆ σολυμπι ου τω
Während sich die Pythia auf den bereits bekannten Agon von Thessalonike beziehen, der seit dem Jahre 240 anzunehmen ist, wird der neue Agon und damit auch die neue Kulteinrichtung durch den Titel Kaisaria repräsentiert. Interessant ist dabei, daß man in der Benennung dieses Agons auf einen bereits sehr alten Namen zurückgreift, was man eher in der frühen Kaiserzeit erwarten würde. Außerdem werden die Kaisaria vor den Pythia aufgeführt, was einen gewissen Hinweis auf die interne Wertigkeit der beiden Agone liefern könnte. Doch man beließ es nicht dabei, denn bereits im nächsten Jahr wurde dieser Titel durch die Zusätze ‹Epinikia Kabeiria› erweitert und lautet jetzt:
22
ROBERT 1946. BURRELL 2004, 181–188. 24 Ebd. 2004, 175–180. 25 Für die Rolle Sides vgl. BURRELL 2004, 181–188, die allerdings darauf hinweist (179), daß es Indizien gibt, die auch für Perge eine sechste Neokorie möglich machen. Zuletzt zur militärischen Bedeutung dieser Orte: STAUNER 2005. 26 Vgl. auch die Bemerkungen von ZIEGLER 1985, 114–119 zu entsprechenden Formulierungen in Inschriften gleicher Zeitstellung, die sich auf den kilikischen Raum beziehen. 23
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Peter Herz
AE 1999, 1427 = SEG 49, 1999, 817 [260 n. Chr.]: Agon hieros oikoumenikos eiselastikos isolympios der megala Kaisaria Epinikia Kabeiria Pythia οë κρ(α τιστος) ιë εροüα ντης τουÄ αë γιωτα του θεουÄ Καβει ρου καιÁ διαÁ βι ου αÆ γωνοθε της [τουÄ Ä ν Σεβαστω Ä ν καιÁ κοινουÄ τω Ä ν Μακεδο νων] καιÁ Μακεδονια ρχης καιÁ β’ αÆ ρχιερευÁ ς τω αιÆ ωνοιοτα της (sic) λαμπαÄ ς Θεσσαλονεικαι ων μητροπο λεως καιÁ κολωνει ας καιÁ Β’ [νε]ωκο ρου αÆ γ[ωνοθε της αÆ γω Ä νος ιë ερ]ουÄ οιÆ κουμε νικουÄ ειÆ σελαστικουÄ τω Ä ν μεγα λων Καισαρει ων ÆΕπινεικι ων Καβειρι ων Πυθι ων
Wann der zweite mit der Feier der Kaisaria verbundene Kult exakt eingerichtet wurde, muß zunächst noch unsicher bleiben. Zunächst müssen wir wohl festhalten, daß nach dem Tode des Traianus Decius im Frühjahr 251 zunächst drei der vier Neokorien mit Sicherheit für Thessalonike verloren gingen. Doch eine Priesterinschrift aus dem Kult des Theos Fulvos, die in das Jahr 253 zu datieren ist, nennt Thessalonike eindeutig ‹διÁ ς νεωκο ρος›.27 Dies könnte bedeuten, daß die zweite Neokorie entweder überhaupt nicht verloren ging oder auf jeden Fall sehr schnell wieder durch einen neuen Kult ersetzt wurde. Für weitere Ereignisse müssen wir uns jetzt die Person des archiereus vornehmen. Dabei fällt zunächst auf, daß in allen drei Zeugnissen, also in den Jahren 252, 259 und 260, als der verantwortliche archiereus immer (Tiberius) Claudius Roufrius Menon genannt wird, der zusammen mit seiner Ehefrau, der archiereia Baibia Magna, also Baebia, auftritt. Das in seiner griechischen Form ‹ÆΡου üριος› lautende nomen gentile des archiereus könnte man vielleicht auch Rubrius schreiben, da man für ein nomen gentile Rufrius kaum Belege finden kann, während Rubrius ein vergleichsweise gängiger Name ist. Menon war im Jahre 252 noch der verantwortliche Funktionär des Landtages, der die Spiele in Beroia leitete.28 Die beiden späteren Zeugnisse zeigen deutlich, daß er anschließend seine Aktivitäten nach Thessalonike verlagert hat. Dieser Wechsel könnte auch erklären, warum er sich in der Inschrift des Jahres 260 lediglich als archiereus der Kaiser zum zweitenmal bezeichnet (β’ αÆ ρχιερευÁ ς τω Ä ν Σεβαστω Ä ν), denn Menon ist sehr korrekt und trennt säuberlich zwischen den Funktionen, die er an den unterschiedlichen Kultorten bekleidet hat. Die Inschrift des Jahres 260 liefert auch einen entscheidenden Hinweis auf den möglichen Inhalt der Feierlichkeiten. In einer knappen und zusätzlich durch eine Lücke beeinträchtigten Passage heißt es ‹... εÆ κ θει ας δωρεαÄ ς [– – –] μνη μεν Σεβαστω Ä ν›, wobei uns zunächst die ‹μνη μη Σεβαστω Ä ν› interessieren soll. Denn das dazu gedachte Fest wird eindeutig auf den zwölften Tag vor den Kalenden des Oktober gleich 20. September festgelegt. Der 20. September selbst ist nach dem Zeugnis der hochkaiserzeitlichen Festkalender kein speziell als Festtermin ausgewiesener Tag des Kaiserkultes, wobei man natürlich unsere höchst beschränkten Kenntnisse der relevanten Festtage in dieser Periode in Rechnung stellen muß. 27 28
Hellenika 2, 1946, 41, Nr. 15. TATAKI 1988.
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Hingegen ist das erweiterte Umfeld dieses Festtages höchst interessant zu nennen. Denn wir kennen für den 18. und 19. September die auch noch im dritten Jahrhundert von Staats wegen gefeierten Geburtstage des divus Traianus und des divus Antoninus Pius, denen dann am 23. September der dies natalis des divus Augustus folgte.29 Vor allem der Festtermin des 23. September könnte einen Ansatzpunkt für eine tragfähige Lösung liefern, denn mit der Person des ersten princeps sind immerhin die Einführung der makedonischen Provinzialära und die besondere politische Stellung von Thessalonike verbunden.30 Wenn man zusätzlich berücksichtigt, daß der 20. September lediglich der Tag für die venatio beziehungsweise die ludi gladiatorii war, so scheint sich ein mehrtägiger Agon anzudeuten, der sich um dieses Datum gruppierte.31 Wir können also wohl am ehesten die Feier der Kaisaria mit einer kollektiven Verehrung der alten principes verbinden. Ein solcher Kult für die alten Kaiser war unter jedem Regime politisch korrekt und verminderte daher für Thessalonike die zu allen Zeiten drohende Gefahr, diesen Kult und damit auch die prestigereiche Neokorie bei einem plötzlichen Regimewechsel wieder zu verlieren. Diese immer drohende Gefahr wird in allen Inschriften sehr deutlich, denn die Zahl der nachträglichen Rasuren in den Texten aus den Jahren 259 und 260 ist schon beträchtlich. In diesem Fall waren die Angehörigen der Valerianischen Familie die Opfer der späteren Ereignisse. Die ‹Epineikia Kabeiria› des Jahres 260 bedeuten eine signifikante thematische Erweiterung des bisherigen Kaisaria Pythia, die als solche noch im Jahre 259 gefeiert worden waren. Dies legt uns die Notwendigkeit auf, nach einem historisch-politischen Motiv für dieses Ereignis zu suchen. Vor allem durch die prononcierte Verwendung des Begriffs ‹Epineikia› wird der Rahmen der Erklärungsmöglichkeiten deutlich eingeschränkt. Man könnte daher durchaus vermuten, daß man sich hier vor allem um einen Hinweis auf einen relativ frischen römischen Sieg handelt, den man wohl am ehesten im sachlichen Kontext mit den großen Gotenzügen dieser Zeit sehen könnte. Die recht überraschende Einbeziehung der Kabiren, der großen Götter von Samothrake und Beschützer der Seefahrer, in diese Feiern könnte dabei zusätzlich andeuten, daß hier möglicherweise auf einen bisher unbekannten römischen (See-)Sieg angespielt wird, der sich in diesem Fall irgendwo im Ägäisraum ereignet haben könnte. Wir sind zwar noch von den großen gotischen Flottenexpeditionen der sechziger Jahre entfernt, doch wir wissen, daß es bereits im Jahre 257 den gotischen Angreifern gelungen war, die Sperren am Bosporos zu überwinden und vor allem die reichen Städte in Bithynien zu plündern.32 29
Vgl. KIENAST 1996, 61 (Augustus). 122 (Trajan). 134 (Antoninus Pius). Zu Augustus und Makedonien im allgemeinen vgl. KIENAST 1999, 489 f. 31 Vgl. dazu WÖRRLE 1988, 8 f. Eine neugefundene Inschrift aus Alexandreia Troas, die mir bisher nur aus zweiter Hand bekannt ist, wird ein Abfolge der wichtigsten Spielorte zusammen mit Angaben der Spieldauer liefern. 32 WOLFRAM 1990, 61. 30
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Dies erscheint zunächst etwas sinnvoller als die Tatsache, daß Tib. Claudius Rubrius Menon neben seinen Ämtern im Dienste des makedonischen Provinziallandtages auch die Funktion eines hierophantes im Kult der Kabiren bekleidete. FRITZ GRAF, der zuletzt die Kabiren behandelte, liefert keinen verwertbaren Ansatzpunkt, der eine Verknüpfung dieser Gottheiten mit dem Kaiserkult evident erklären könnte.33 Sieht man sich allerdings vor diesem Hintergrund etwas in dem für Thessalonike gesicherten Material um, so gibt es beachtliche Indizien für die Vermutung, daß die Kaisareia keine Neugründung des dritten Jahrhunderts sein dürften. Vielmehr scheint sich eine etwas andere Lösung anzudeuten.34 Dank der Inschrift IG X 2,1 Nr. 31 kennen wir ein Kaisareion (Και σαρος ναο ς), das BROCKE noch in die augusteische Periode datierte und das wahrscheinlich nördlich der römische Agora lag.35 Ob diese Anlage ursprünglich nur für den divus Iulius gedacht war (so BROCKE) und erst später Augustus hier integriert wurde, erscheint mir unerheblich. Da Thessalonike wahrscheinlich seit dem Jahre 42 v. Chr. eine civitas libera war und keine colonia civium Romanorum, wie etwa Philippi, dürften hier die lokalen Regelungen wesentlich liberaler gehandhabt worden sein als etwa in Italien oder gar in der Metropole Rom selbst. Damit war also auch die religiöse Grundlage gegeben, um zu Ehren des Augustus einen Agon zu feiern, der wahrscheinlich ganz in der Verantwortung der Gemeinde lag. Die in der Argumentation BROCKEs anklingende Unterscheidung zwischen einer Verehrung des divus Iulius und des (noch lebenden) Augustus ist nicht fundiert, da der griechische Osten durchaus Beispiele liefert, daß ‹Kaisar› und ‹Sebastos› nicht streng voneinander geschieden wurden.36 Für diese ursprüngliche Ausrichtung auf Augustus würde dann auch die Wahl des Spieltages am 20. September (AE 1999, 1426 = SEG 49, 1999, 816; AE 1999, 1427 = SEG 49, 1999, 817) sprechen. Wahrscheinlich wurde dieses älteste Kaiserfest der Stadt erst Mitte des dritten Jahrhunderts aufgewertet, was möglicherweise eine der ansonsten unbekannten Neokorien der decianische Zeit erklären könnte. Dieses Fest der Kaisareia könnte dann auch die inhaltliche Erklärung für die zweite Neokorie liefern, die bereits im Jahre 253 wieder genannt wird (siehe oben Hellenika 2, 1946, 41, Nr. 15). Spätestens damit dürften die lokalen Kaisareia zur höheren Gattung der heiligen Agone aufgestiegen sein. Ob die lokalen Kaisareia bereits in der Zeit des Decius als Neokorie gezählt wurden oder erst bei der Neuverleihung der zweiten Neokorie unter Valerianus, vermag ich nicht zu entscheiden.
33
GRAF 1999. BROCKE 2001 liefert einen durchaus brauchbaren Überblick zum frühkaiserzeitlichen Thessalonike, obwohl die historische Deutung etwas zu wünschen läßt. 35 BROCKE 2001, 59 f. 36 HÄNLEIN-SCHÄFER 1985, 5–11. Man darf auch an die beiden nach Augustus benannten Städte Mazaka-Kaisareia (Kappadokien) und Stratons Turm-Kaisareia (Palaestina) erinnern. 34
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Die für die Jahre 259 (Agon hieros oikoumenikos eiselastikos isolympios der megala Kaisaria Pythia) und 260 (Agon hieros oikoumenikos eiselastikos isolympios der megala Kaisaria Epinikia Kabeiria Pythia) faßbare Lage läßt sich wohl am ehesten deuten, wenn man vermutet, daß in dieser Zeit die beiden ursprünglich organisatorisch getrennten Agone der Pythia und der Kaisareia zu einem einzigen Agon zusammengeführt wurden. Dabei bestimmten die Kaisareia als das ältere Fest auch den Termin innerhalb des Jahres. Die Möglichkeit, daß bei dieser Gelegenheit auch weitere Feierlichkeiten zum Andenken an Trajan und Antoninus Pius, was sich bereits durch ‹μνη μη ΣεβαστωÄ ν› angedeutet hat, in diesen Agon integriert wurden, läßt sich nicht von der Hand weisen. Die insgesamt fünf in Stein gemeißelten Ankündigungen sollten im rechten Kontext gesehen werden. Öffentliche Ankündigungen für Spiele und ihr Programm gab es in der römischen Kaiserzeit sicherlich wie Sand am Meer, aber nicht in Stein. Die übliche Methode der öffentlichen Bekanntmachung können wir noch in den pompeianischen Wandinschriften fassen, wo die spielgebenden Magistrate in Inschriften, die man auf den Verputz der Hauswände schrieb, die Feier ihrer ludi und das entsprechende Programm ankündigte.37 Dies dürfte auch die für die größeren Feste übliche Praxis gewesen sein, wo man wahrscheinlich das Medium von geweißten Holztafeln verwendete. In Stein konservierte Spielankündigungen sind am ehesten aus dem persönlichen Willen des Spielgebers zu verstehen, der sicher gehen wollte, daß seine persönliche Leistung wirklich der Nachwelt überliefern wurden. Die nächste Parallele zu den Beispielen aus Beroia und Thessalonike liefert die frühkaiserzeitliche Liste der galatischen Provinzpriester vom Tempel der Thea Rome und des divus Augustus aus Ankyra, wo vor allem die individuellen Zusatzleistungen der Priester festgehalten wurden.38 Die galatischen Priester des vergöttlichten Augustus und der Göttin Roma. (Unter .....) 1) 2) [Kas]tor, der Sohn des Königs Brigatos. Er gab eine Volksspeisung, stiftete vier Monate lang Öl, gab Schauspiele und Gladiatorenkämpfe von dreißig Paaren und veranstaltete Schaujagden auf Stiere und wilde Bestien. 3) Rufius. Er gab eine Volksspeisung, Schauspiele und eine Schaujagd.
37 38
Vgl. das bei GRAEFE 1979 zusammengestellte Material. BOSCH 1967, Nr. 51.
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Unter Metilius 4) Pylaimenes, der Sohn des Königs Amyntas. Er gab zwei Volksspeisungen und zweimal Schauspiele, er veranstaltete einen gymnischen Agon und ein Rennen von Wagen und Pferden, gleicherweise einen Stierkampf und ein Schauspiel, er spendete der Stadt Salböl und schenkte Grundstücke, wo das Augusteum ist und wo die Festversammlung stattfindet, und das Wagenrennen. 5) Albiorix, der Sohn des Ateporix. Er gab eine Volksspeisung und stiftete die Standbilder des Kaesar und der Iulia Augusta. 6) Amyntas, der Sohn des Gaizatodiastos. Er gab zweimal Volksspeisungen, opferte eine Hekatombe, er gab Schauspiele und eine Getreidespende von fünf modii pro Kopf. 7) [...]eias, der Sohn des Diognetos. 8) Albiorix, der Sohn des Ateporix, zum zweiten Male. Er gab eine Volksspeisung. Unter Fronto 9) Metrodoros, der Sohn des Menemachos, der geborene Sohn des Dorylaos. Er gab eine Volksspeisung und stiftete vier Monate hindurch Salböl. 10) Musanos, der Sohn der Artiknos. Er gab eine Volksspeisung. 11) [....], der Sohn des Seleukos. Er gab eine Volksspeisung und spendete vier Monate lang Salböl. 12) Pylaimenes, der Sohn des Königs Amyntas. Er gab eine Volksspeisung für die drei Völker, dem (Volk) in Ankara opferte er eine Hekatombe, er gab Schauspiele und eine Pompe sowie einen Stierkampf, Stierfänge und Gladiatorenkämpfe von fünfzig Paaren. Während des ganzen Jahres spendierte er den drei Völkern Salböl. Er gab einen Tierkampf. Abgesehen davon, daß das galatische Material bereits für die frühe Kaiserzeit die Existenz von ludi gladiatorii und venationes sichert, ist diese Inschrift ein Zeugnis der außerordentlichen Großzügigkeit der reichen Provinzialpriester. Dabei sind ihre Volksspeisungen oder die Bereitstellung von Salböl sicherlich keine Leistungen, die in einem irgendwie gearteten inneren Zusammenhang mit religiösen Handlungen des Kaiserkultes stehen würden. Vielmehr unterstreichen solche Spenden lediglich die allgemeine Großzügigkeit einiger reicher Galater. Daneben scheint bei den makedonischen Inschriften ein wichtiger Aspekt etwas aus dem Blickfeld geraten zu sein. Es handelt sich bei allen Agonen, die im Namen des makedonischen koinon veranstaltet wurden, um Spiele, die in der griechischen Tradition der Agonistik standen. Dies bedeutet, wir müßten an sich ein Programm erwarten, in dem vor allem athletische beziehungsweise musische Wettkämpfe angeboten wurden, doch zu dieser Art von Wettkämpfen
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wird bei diesen Ankündigungen kein einziges Wort verloren. Ganz im Gegenteil: Hier geht es vor allem um Gladiatorenspiele und venationes, also um Angebote, die ursprünglich aus der Welt des römischen Westens stammten. Die leider sehr spärliche Dokumentation für Makedonien sichert aber wohl zweifelsfrei, daß diese klassischen Wettkampftypen wirklich bei den Agones des makedonischen koinon angeboten wurden.39 Wenn wir die übrigen und nicht gerade zahlreichen Zeugnisse für das agonistische Treiben des makedonischen Landtages nehmen, so ergibt sich das folgende Bild: MORETTI 1953, Nr. 69 = RA 1916, 354 ff. für den Boxer Marcianus Rufus aus Sinope, trajanisch-hadrianische Periode: κοινοÁ ν/Μακεδονι ας. MORETTI 1953, Nr. 84 = IGRR IV 1519 für den berühmten Pankratiasten und Boxer M. Aurelius Demostratos Damas aus Sardeis, eine Inschrift, die in die Zeit der frühen Severer datiert werden kann. In dem beeindruckenden Siegeskatalog des Damas werden auch die [ÆΟλυ μπ]εια τηÄ ς Μακεδονι ας [..] genannt. Dabei handelt es sich wohl um die alten Olympia von Dion [MORETTI 1953, Nr. 54], die noch auf die makedonische Königszeit zurückgehen.40 Die Formulierung ‹τηÄ ς Μακεδονι ας› dürfte hier keine organisatorische Verantwortlichkeit des makedonischen koinon andeuten, sondern sollte lediglich als geographische Angabe verstanden werden, um diese makedonischen Olympia von den anderen olympischen Spielen zu unterscheiden. Zusätzlich kann man auch noch die Inschrift MORETTI 1953, Nr. 88 = CIG 1068 = IG VII 49 für einen unbekannten Periodoniken heranziehen, den MORETTI in die Mitte des dritten Jahrhunderts datiert. Unter seinen unterschiedlichen Siegen werden auch die ‹Πυ θια εÆ ν Θεσσαλονει κηì › genannt, für die MORETTI eine Gründung um das Jahr 240 postulierte, was das bereits konstatierte Gründungsdatum bestätigt.41 Die uns vorliegenden Ankündigungen registrieren also vor allem das zusätzliche Programm, das möglicherweise nicht in jedem Jahr und auch nicht in dem hier registrierten Umfang angeboten wurde. Die für Gladiatorenspiele und venationes genannten Tagesdaten dürften daher lediglich den zeitlichen Kernbereich des Agons beschreiben, der in Wirklichkeit wesentlich länger gedauert haben dürfte. Man kann dazu ohne Bedenken das Beispiel der privat finanzierten Demostheneia von Oinoanda heranziehen, die sich mit einigen Pausen über einen ganzen Monat ausdehnten.42 Daß die Präsentation von venationes und ludi gladiatorii im Rahmen des östlichen Kaiserkultes von Anfang an zum festen Programm gehörten, ist inzwischen fest etabliert. Dazu hat der frühkaiserzeitliche Leistungskatalog der 39 Einen guten Einstieg in die noch wenig erforschte agonistische Welt des Balkans bietet BOULEY 2001. 40 Zuletzt zu diesem Spielort: MARI 1998. 41 So MORETTI 1953, 260 f. 42 WÖRRLE 1988, 8 f.
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galatischen Provinzialpriester ein kaum zu übersehendes Beispiel geliefert (siehe oben).43
3 Die Finanzierung der Feste Die Neufunde aus Thessalonike liefern auch für einen weiteren Sektor wichtige Informationen, den man bei der Diskussion meistens gerne ausklammert: die Frage der Finanzierung für solche Feste. Die drei neuen Inschriften zeigen deutlich, wie sich die politischen Krisen der fünfziger Jahre auch auf die Organisation und Finanzierung des Kaiserkultes negativ auswirkten. 252: drei Kampftage mit jeweils achtzehn fremden und einheimischen Tieren.44 259: Passage zu sehr zerstört. 260: ein Kampftag mit sechs fremden Tieren (Leoparden, Hyänen, ΛΑΙ[.]ΑNΑ)45 und vier einheimischen Tieren. Als zusätzliche Leistung werden zwei Gladiatorenpaare bereitgestellt. Zunächst ist die Reduktion bei der Zahl der angebotenen Kampftage bemerkenswert, was sicherlich wie die Reduktion bei der Zahl der exotischen Tiere als Kostendämpfungsmaßnahme zu verstehen ist. Dies war wohl notwendig, denn wir wissen, daß die Provinz Makedonien seit dem Ende der vierziger Jahre verstärkt in die Kampfhandlungen an der unteren Donau einbezogen worden war. Dabei sind sowohl direkte militärische Folgen zu bedenken wie auch die große Belastung der makedonischen Bevölkerung durch zusätzliche Leistungen für die Versorgung der Truppen an der unteren Donau. Dabei ist es durchaus denkbar, daß die Stiftungsfonds, aus denen die Festlichkeiten des koinon finanziert wurden, von der Zentralregierung angegriffen wurden. Von den zunehmenden finanziellen Belastungen dürften sowohl die Gemeinden als Korporation als auch die Vertreter der lokalen Oberschichten betroffen gewesen sein, da diese naturgemäß die Hauptlast tragen mußten.46 Unter diesem Gesichtspunkt liefert die Inschrift des Jahres 260 interessante Aspekte, denn Menon bezeichnet sich in diesem Jahr als ‹διαÁ βι ου αÆ γωνοθε της [τουÄ κοινουÄ τω Ä ν Μακεδο νων]›.47
43 ROBERT 1940. Einen nützlichen Überblick zum Umfeld der im Rahmen der Provinzialspiele organisierten ludi gladiatorii bietet SCHLANGE-SCHÖNINGEN 2003, 106–120 mit einer allerdings sehr einseitigen Literaturkenntnis. 44 Was sich hinter den einheimischen Tieren verbirgt, wird leider nicht gesagt. Auf dem Balkan wäre am ehesten an Bären zu denken. 45 A. CHANIOTIS wird der Vorschlag einer Ergänzung zu λε αινα verdankt. 46 Vgl. für die Auswirkungen der großen Kriege auf die lokalen Oberschichten auch die Ausführungen bei HERZ 2007 zum Markomannenkrieg unter Marcus Aurelius. 47 Zu der Agonothesie διαÁ βι ου vgl. auch LÄMMER 1967, 24 f. für die ephesischen Spiele.
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Diese Agonothesie, die Menon auf Lebzeiten für das koinon der Makedonen übernommen hatte, bedeutet wahrscheinlich, daß er versprochen hatte, künftig die Kosten für die Feierlichkeiten, die das koinon nicht mehr tragen konnte, aus seiner eigenen Tasche zu zahlen. In diesem Fall wäre die Agonothesie, die sonst fester Bestandteil der Kombination ‹Makedoniarch, archiereus, Agonothet› ist, möglicherweise als eigenständige Leistung zu verstehen. Ob die Agonothesie διαÁ βι ου Menons bedeutet, daß damit auch eine Wiederwahl in die übrigen Funktionen des Provinzialkultes präjudiziert war, läßt sich allerdings mit unserer unzureichenden Quellenbasis noch nicht entscheiden.
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Römische Soldaten als Teilnehmer von Festen von
DIRK KOSSMANN 1 Vorbemerkung Die Feste, an denen Soldaten der römischen Armee teilnahmen, lassen sich in mehrfacher Hinsicht unterteilen.1 Zum einen in regelmäßige, alljährlich wiederkehrende Feiern und unregelmäßige Feste, die aufgrund eines besonderen Anlasses stattfanden. Sodann können sie aber auch unterschieden werden nach Festen im Rahmen der offiziellen Staats- beziehungsweise Heeresreligion und lokalen zivilen Festen an den Stationierungsorten. Diese zweifache Unterteilung ist jedoch nicht in ausschließendem Sinne zu verstehen, vielmehr sind Überschneidungen vorhanden. So gibt es für den Bereich der offiziellen Heeresreligion Belege sowohl für jährlich wiederkehrende als auch für unregelmäßige, ereignisbezogene Feste. Auch muss man davon ausgehen, dass offizielle wie lokale Feste an den Stationierungsorten von Garnison und Zivilbevölkerung gemeinsam begangen werden konnten. Die Quellenlage für die verschiedenen Kategorien von Feiern ist freilich sehr unterschiedlich. Über die offiziellen jährlichen Festtage im Heer sind wir durch das einzigartige Zeugnis des sogenannten Feriale Duranum sehr gut informiert, während die anderen Bereiche von vereinzelten Belegen eher nur schlaglichtartig beleuchtet werden. Ähnliches gilt auch für die Ausgestaltung der Feiern. Nur für die Triumphzüge in Rom lässt sich aufgrund der recht breiten Überlieferung ein einigermaßen kohärentes und detailliertes Bild gewinnen. Für alle übrigen Feste, auch die im Feriale Duranum genannten, ist das nicht der Fall. Hier kann lediglich durch die Zusammenschau verstreuter Erwähnungen einzelner Elemente, nicht selten in späten christlichen Quellen, ein Eindruck davon gewonnen werden, welche Komponenten ein Fest beinhalten konnte.
1 Wenn im Folgenden von Festen die Rede ist, so werden unter diesem Begriff feierliche Zeremonien verstanden, die sich vom Dienstalltag der Soldaten abheben. Diese können dabei von ganz unterschiedlichen Ausmaßen sein, beschränkt auf eine religiöse Zeremonie, die immer Bestandteil ist, oder erweitert um Gelage und dergleichen. Auch die zeitliche Ausdehnung kann variieren.
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2 Regelmäßige Feste 2.1 Der Festkalender des römischen Heeres Die Feste innerhalb des römischen Heeres bestanden zum einen aus festgeschriebenen, sich jährlich wiederholenden Fest- beziehungsweise Feiertagen innerhalb des Jahresverlaufs. Hinzu kamen aber noch Feste, die nur unregelmäßig stattfanden, und zwar hauptsächlich solche, die durch außergewöhnliche Ereignisse wie vor allem Feldzüge bedingt waren. Hauptquelle für die erste Kategorie von Feiertagen ist das bereits erwähnte Feriale Duranum.2 Es handelt sich um einen Festkalender auf Papyrus, der 1932 im Heiligtum der Göttin Azzanathkona in Dura Europos am Euphrat gefunden wurde. Erhalten beziehungsweise mit Sicherheit oder hoher Wahrscheinlichkeit zu ergänzen sind die Daten für Januar bis Ende September. Das Heiligtum lag in dem Areal der Stadt, in dem die römische Garnison einquartiert war und einige seiner Räume wurden, wie weitere Papyri und der archäologische Befund zeigen, von der hier stationierten cohors XX Palmyrenorum equitata als Schreibstuben und Archiv oder nur als Archiv genutzt. Der Festkalender wurde also von dieser Auxiliareinheit verwendet. Datiert ist er in die Zeit des Kaisers Severus Alexander, genauer in die Jahre zwischen 223 und 227 n. Chr. Unter den eingetragenen Feiertagen gibt es keinen, der einen besonderen Bezug zur zwanzigsten Palmyrenerkohorte, der Garnisonsstadt oder auch nur der Provinz aufweist; der Gründungstag der Einheit oder Feste lokaler Gottheiten finden sich zum Beispiel dort nicht. Daher kann es als gesichert gelten, dass es sich nicht um den Festkalender der Einheit aus Dura handelt, sondern um eine für sie angefertigte Abschrift des Festkalenders des römischen Heeres, der für alle Truppen im Reich verbindlich gewesen sein sollte.3 Dies 2 Editionen: FINK, HOEY, SNYDER 1940 (editio princpes mit ausführlichem Kommentar); WELLES, FINK, GILLIAM 1959, 191 ff., Nr. 54; FINK 1971, 422 ff., Nr.117. Dort auch jeweils zu Fundort, Datierung usw.; neuere inhaltliche Besprechung bei STÄCKER 2003, 329 ff. 3 FISHWICK 1988 hat durch eine Zusammenstellung von tagesdatierten Weihinschriften aus dem Bereich des Militärs zu den im Kalender vermerkten Festtagen zu belegen versucht, dass die Feste des Feriale Duranum von Einheiten in ganz unterschiedlichen Teilen des Reiches beachtet wurden als Nachweis für die Allgemeingültigkeit des Feriale. STÄCKER 2003, 354 ff. kritisiert jedoch zurecht die Tragfähigkeit dieses Ansatzes, da ein innerer Bezug zwischen tagesdatierten Weihungen von Soldaten und Festtagen des Kalenders als fraglich angesehen werden müsse. STÄCKER (351 ff.) zweifelt darüber hinaus jedoch an, dass es überhaupt einen allgemein verbindlichen Festkalender des Heeres gegeben habe. Vielmehr habe die kaiserliche Zentrale den Statthaltern oder Truppenkommandeuren bei der Zusammenstellung des in ihrem Bereich gültigen Kalenders weitgehend freie Hand gelassen und darauf vertraut, dass die kaiserliche Erwartungshaltung dafür sorgte, dass ein ausreichender Schwerpunkt auf den Kaiserkult und traditionelle römische Feste gelegt worden sei. Diese These erscheint indes nicht überzeugend. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass der Kalender potentiell von jedem neuen Statthalter oder Kommandeur hätte geändert werden können. Dies würde zu großen Fluktuationen geführt haben können, was der Intention eines Festkalenders zuwider laufen würde. Auch muss man annehmen, dass der Kaiser beim Heer, auf dem wesentlich
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macht den außerordentlichen Quellenwert dieses Dokumentes aus. Es kommt noch hinzu, dass wir es nicht mit einer Schöpfung severischer Zeit zu tun haben, das Feriale muss vielmehr schon zu Beginn des Prinzipats entstanden sein. Hierfür spricht die Einbeziehung der Feier des Geburtstages Caesars und des Germanicus. Die Aufnahme des letzteren ist nach der Zeit der julischclaudischen Dynastie schwer vorstellbar und diejenige des ersteren am ehesten unter Augustus denkbar. Entsprechend wird in der Forschung allgemein angenommen, dass der militärische Festkalender von Augustus eingeführt wurde.4 In diesem Festkalender des römischen Heeres sind für Januar bis Ende September mit wenigen Ausnahmen alle Daten rekonstruierbar. Es handelt sich um mindestens zweiundvierzig Feiertage, die sich in die drei Kategorien ‹Kaiserfeste›, traditionelle stadtrömische Feiertage oder ‹Volksfeste› und spezifische ‹Militärfeiertage› einteilen lassen.5 Das Schwergewicht bilden dabei eindeutig die ‹Kaiserfeste›, die insgesamt siebenundzwanzig Tage einnehmen. Gefeiert werden zum einen die Geburtstage und die dies imperii verschiedener früherer Kaiser und Geburtstage früherer weiblicher Mitglieder der Kaiserfamilien. Vertreten mit Geburtstag und dies imperii sind Traian, Antoninus Pius und Marc Aurel; nur mit dies imperii Nerva und Lucius Verus; nur mit dem Geburtstag Augustus, Claudius, Hadrian, Commodus und Pertinax. Hinzu kommen Caesar und Germanicus. Bei den weiblichen Angehörigen sind es die Geburtstage der Matidia, Marciana, einer Faustina (es ist nicht angegeben, ob maior oder minor) und einer weiteren nicht mehr zu identifizierenden diva. Zum anderen sind es Festtage für Mitglieder aus dem severischen Kaiserhaus, so der dies imperii und der Geburtstag des Septimius Severus, der Tag seines Parthersieges und der Tag einer imperatorischen Akklamation6 sowie die Geburtstage des Caracalla, der Julia Maesa, der Julia Mamaea und vermutlich auch des Schwiegervaters des Severus Alexander. Dieser tritt als regierender Kaiser mit fünf eigenen Festtagen hervor, wobei es sich um den Tag der Verleihung des Caesartitels und der toga virilis, den der ersten imperatorischen Akklamation, den dies imperii, den Tag der Verleihung der Titel Augustus, pater patriae und pontifex maximus und den Antritt des ersten Konsulates handelt. Hierzu kann man bedingt schließlich noch das Fest zählen, welches den ersten erhaltenen Eintrag des Feriale Duranum bildet, nämlich die nunseine Macht beruhte, Interesse an einer allgemein verbindlichen Regelung hatte, die für die Bindung an ihn und Rom sorgte, zumal wenn man – wie auch STÄCKER (350 f.) – annimmt, dass ein militärischer Festkalender bereits unter Augustus entstand, der die Machtposition des princeps erst begründete und festigen musste. Neben diesen allgemeinen Erwägungen weist auch die unten besprochene Inschrift aus Salsovia auf eine direkte Bestimmung des Festkalenders durch den Kaiser hin. 4 Z. B. FISHWICK 1992, 63 mit zustimmender älterer Literatur in Anm. 2 und zuletzt mit weiteren Argumenten: HERZ 2002, 86. 5 Die Festtage jetzt übersichtlich zusammengestellt in der Liste bei HERZ 2002, 98 ff. 6 Die Deutung, worum es sich dabei in diesem speziellen Fall genau handelt, ist schwierig; s. den Kommentar zum entsprechenden Kalendereintrag in: FINK, HOEY, SNYDER 1940, 128 ff.
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cupatio votorum am 3. Januar, die Eidesleistung auf den regierenden Kaiser, die freilich nicht an Severus Alexander als Person gebunden war. Der Reigen der stadtrömischen Feste besteht aus den Geburtstagsfeiern für Mars Pater Victor am 1. März, den fünftägigen Quinquatria vom 19. bis 23. März, dem natalis urbis Romae am 21. April, den circenses Martiales am 12. Mai, den Vestalia am 9. Juni, den Neptunalia am 23. Juli und den circenses salutares am 5. August. Explizit militärischen Charakter weisen dagegen nur drei Feste auf: der Tag der honesta missio am 7. Januar, wenn der an dieser Stelle stark zerstörte Papyrus richtig ergänzt ist,7 und die rosalia signorum, die gleich zweimal, am 9., 10. oder 11. Mai und wieder am 31. Mai gefeiert wurden. Das Fest leitet sich offenbar von Rosenfesten aus dem zivilen Bereich ab, erhält aber durch die Verbindung mit den signa, den Feldzeichen, einen militärischen Charakter. Warum es gleich zweimal, noch dazu im selben Monat, gefeiert wurde, ist unklar.8 Die gegebene Auflistung zeigt, dass der Festkalender des römischen Heeres mit einer Mischung aus Festen aus dem Bereich des Kaiserkultes sowie traditionellen römischen Feiertagen im Wesentlichen dem zivilen Festkalender entsprach. Das militärische Element trat kaum hervor. Damit widerlegte die Auffindung des Feriale Duranum eindeutig die Auffassung A. V. DOMASZEWSKIS, dass ziviler und militärischer Kalender inhaltlich strikt getrennt gewesen seien.9 Der militärische Festkalender war dabei keine statische Institution, die, einmal eingeführt, in ihrem Inhalt unveränderlich blieb. Dies ergibt sich aus den Kaiserfesten, die Herrschern von Augustus bis zum regierenden Severus Alexander gelten. Man muss annehmen, dass mit jedem neuen Kaiser eine Redaktion des Kalenders erfolgte, bei der Jubiläen des neuen Herrschers hinzugefügt,10 ebenso aber solche von Vorgängern gestrichen wurden, zum Beispiel bedingt durch damnatio memoriae. Aber auch unbedeutende Festtage für Kaiser werden nach deren Regierung kaum lange fortgeführt worden sein. Bemerkenswert in dieser Hinsicht ist, dass sich das Gedenken an den Geburtstag des Germanicus bis ins frühe dritte Jahrhundert n. Chr. gehalten hat. Inwieweit die Überarbeitungen auch den Bereich der traditionellen Feste betroffen haben, etwa durch Streichen zugunsten von Kaiserfesten oder durch nachträgliches Zufügen zum ursprünglichen Bestand, ist schwer abzuschätzen.11 7 Skeptisch in dieser Hinsicht GILLIAM 1954, 190 f. und zuletzt STÄCKER 2003, 339 ff.; s. a. STOLL 2002, 265 f. mit weiterer Literatur. Zur Erklärung von Abweichungen der Aufstellungsdaten von Entlassungsweihungen von dem für die Zeremonie im Feriale angenommenen 7. Januar: HERZ 2001, 98. 8 Zum Fest ausführlich: HOEY 1937 und FINK, HOEY, SNYDER 1940, 115 ff. 9 DOMASZEWSKI 1895, 13 (= DERS. 1972, 93); zum allgemeinen Festkalender: HERZ 1975 und RÜPKE 1995. 10 S. dazu ECK 1997, 205 f. Anm. 12. 11 Der dies natalis Urbis Romae wurde erst von Hadrian eingeführt: FINK, HOEY, SNYDER 1940, 103 ff.; zu Veränderungen des Kalenders auch STÄCKER 2003, 351.
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Neben dem Feriale Duranum als Hauptquelle gibt es aber noch weitere Zeugnisse für jährlich wiederkehrende Festtage beim Heer. So sind zwei zivile Feste, die sich im Papyrus nicht erhalten haben, aber ebenfalls in den offiziellen Kalender gehörten, literarisch belegt. Es handelt sich um die Feier der Kalenden des Januar und der Saturnalien im Dezember. Erstere wird von Plutarch, Sueton und Tacitus für das Jahr 69 n. Chr. erwähnt. Die an diesem Tag im Mainzer Lager angetretenen Truppen verweigerten den Eid auf Galba und die Zeremonie endete im Tumult.12 Diese Berichte zeigen im Übrigen, dass zu jener Zeit die vota noch am Neujahrstag abgelegt wurden und die Verlegung auf den 3. Januar erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt sein muss. Die Feier der Saturnalien ist sogar schon für die ausgehende Republik belegt. So berichtet Plutarch in der Biographie des Pompeius, dass dieser mit seinen Truppen durch den Kaukasus gegen Mithridates zog. Der Stamm der Albaner habe der Armee zunächst freien Durchzug gewährt. Als aber der Winter eingebrochen sei und die Armee die Saturnalien gefeiert habe, hätten sie die Gelegenheit zu einem Angriff genutzt, der von Pompeius blutig zurückgeschlagen werden konnte.13 Cicero schildert in einem Brief an Atticus, wie er zur Belagerung der kilikischen Stadt Pindenissum schritt und sie nach Mühen schließlich erfolgreich abschließen konnte. Am Ende vermerkt er: Hilara sane Saturnalia militibus quoque, quibus exceptis captivis reliquam praedam concessimus.14 Für die Kaiserzeit kann Tacitus als Beleg angeführt werden. In den Historien schildert er die Eroberung Tarracinas durch Lucius Vitellius Ende 69 n. Chr. und fährt fort: Dum haec in partibus Vitellii geruntur, digressus Narnia Vespasiani exercitus festos Saturni dies Ocriculi per otium agitabat.15 Aus der Spätantike ist als Zeugnis schließlich der Märtyrerbericht über den in Durostorum in Moesia inferior stationierten Soldaten Dasius zu nennen, der sich im Jahr 303 n. Chr. weigerte, an den von seinen Kameraden gefeierten Saturnalien teilzunehmen.16 Auch wenn die Schilderung des Ablaufs des Festes als problematisch angesehen werden muss,17 kann man doch das Zeugnis als Beleg für die Feier der Saturnalien im Heer auch noch zu dieser Zeit ansehen. Im Zusammenhang mit jährlichen Festen des Heereskalenders ist schließlich noch auf zwei Inschriften einzugehen. Ein Text aus dem Kastell Tamuda in der Africa Tingitana gibt Auskunft über die Feier eines Kaisergeburtstages. Es ist eine Weihung an Iupiter Optimus Maximus für das Wohlergehen des Septimius Severus, seiner Söhne Caracalla und Geta (Name eradiert) und ihrer Mutter Iulia Domna, die vom 11. April 210 datiert.18 Bei diesem Tag handelt es sich 12
Plut. Galba 22,4; Suet. Galba 16; Tac. hist. 1,55. Plut. Pomp. 34. 14 Cic. Att. 5,20,5. 15 Tac. hist. 3,78. 16 MUSURILLO 1972, 272 ff. 17 HELGELAND 1979, 783 f. lehnt die Darstellung des Festes als unglaubwürdig ab; dagegen WEINSTOCK 1964. 18 AE 1991, 1743 = AE 1992, 1934 = AE 1994, 1906 = AE 1998, 1603. 13
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um den dies natalis des Severus und bei der in der Inschrift genannten Handlung sicher um eine religiöse Zeremonie zur Feier dieses Tages.19 Sie findet unter der Oberaufsicht des procurator provinciae statt, dessen Name allerdings eradiert ist,20 und wird ausgeführt durch einen decurio der ala III Asturum, der zugleich praepositus des Kastells ist, indem er etwas vorführt (produxit). Leider ist gerade das Wort, das den Gegenstand bezeichnet, auf den sich das Verb bezieht, nur teilweise erhalten. Der Ersteditor A. MASTINO ergänzte cultus,21 was aber mit den erhaltenen Buchstabenresten wohl nicht in Einklang zu bringen ist.22 Alternativ wurden von M. SPEIDEL cereus, eine Wachskerze, und von M. EUZENNAT clipeus, ein Rundbild mit dem Kaiserporträt, vorgeschlagen. Zuletzt plädierte schließlich R. REBUFFAT für ciatus, einen Kelch.23 Eine Entscheidung ist schwierig, da es einerseits in keinem Fall direkte Vergleichsbeispiele gibt und andererseits alle durchaus plausibel erscheinen. Die Akklamation am Ende der Inschrift, die verspricht, die Zeremonie zu wiederholen, ist sicher auf die Soldaten zu beziehen. O. STOLL erklärt, dass das Zeugnis ‹von einem neuen Fest des Kaisers› berichte.24 Entscheidend für die Bewertung der Feier, ob es sich um ein lokales oder allgemeines und auch ob es sich um ein neues Fest handelt, ist das Datum des Feiertages. Wie STOLL selbst feststellt, wurde die Weihung am Geburtstag des Septimius Severus vorgenommen. Dies spricht aber gegen ein nur lokal begangenes Fest und gleichzeitig gegen eine Neueinführung. Denn der Geburtstag des Severus stand im offiziellen Festkalender des Heeres.25 Weiterhin ist es ganz unwahrscheinlich, dass dieser Feiertag erst im Jahr 210 n. Chr. neu eingeführt wurde, als Severus bereits im achtzehnten Regierungsjahr stand. In einer Inschrift aus Salsovia an der unteren Donau in der Provinz Scythia ordnet der dux Valerius Romulus in Ausführung einer Weisung des Kaisers Licinius an, dass die Garnison des Kastells alljährlich am 18. November eine Feier für den Gott Sol abhalten soll mit Weihrauch, Wachskerzen und Libationen.26 Auf den ersten Blick könnte man auch hier an ein lokales Fest denken. Dagegen spricht aber doch wohl, dass die Feier auf kaiserlichen Befehl eingeführt wurde. Es ist wenig wahrscheinlich, dass der Kaiser die Anordnung nur für eine unbedeutende Garnison an der Donau getroffen hat. Vielmehr greift man hier eine der schon erwähnten Redaktionen des allgemeinen Festkalenders des Heeres und wie sie auf lokaler Ebene umgesetzt wurde. Dann erstaunt 19 SPEIDEL 1992, 504; REBUFFAT 1998, 1163; zum Kastell von Tamuda, dessen principia man sich wohl als Schauplatz der Feier vorstellen muss zuletzt: VILLAVERDE VEGA 1995. 20 Zur möglichen Ergänzung EUZENNAT 1994, 110 ff. 21 MASTINO 1990, 269 f. Eine Alternative c[iv]ium produx wird von MASTINO ebd. selbst ausgeschlossen. 22 SPEIDEL 1992, 504. 23 SPEIDEL 1992, 504; EUZENNAT 1994, 113 ff.; REBUFFAT 1998, 1164 ff. 24 STOLL 2001, 164 Anm. 156. 25 FINK, HOEY, SNYDER 1940, 101 f. 26 ILS 8940.
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allerdings der Zeitpunkt der Einführung des Festtages für Sol. Der Befehl stammt von Licinius Augustus und Licinius Caesar, also aus den Jahren zwischen 317 und 324 n. Chr.27 Schon Kaiser Aurelian hatte jedoch 274 n. Chr. den Deus Sol Invictus zum offiziellen römischen Staatsgott erhoben, ihm einen prächtigen Tempel in Rom erbauen lassen, agones Solis eingeführt, die alle vier Jahre, wahrscheinlich vom 19. bis 22. Oktober, stattfanden, und das Kollegium der pontifices Dei Solis ins Leben gerufen.28 Bei derart umfassenden Maßnahmen ist es kaum denkbar, dass in ihrem Zuge nicht auch ein Feiertag für Sol in den Heereskalender aufgenommen wurde. Auch eine Wiederaufnahme nach zwischenzeitlicher Streichung aus dem Kalender ist wenig wahrscheinlich. Andererseits stimmt das Datum des Festes in Salsovia nicht mit dem für die Agone des Aurelian postulierten überein. Deshalb könnte es sich bei dem licinianischen Feiertag um einen durch ein besonderes Ereignis ausgelösten zusätzlichen Festtag für denselben Gott handeln. Der Tag müsste dann mit einem für Licinius wichtigen Ereignis zusammenhängen. 2.2 Nicht im Kalender vermerkte regelmäßige Feste der Armee Weiterhin gab es alljährlich wiederkehrende Feste im Heer, die zwar auch offiziellen, zumindest aber halboffiziellen Charakter hatten, jedoch nicht im allgemeinen Kalender vermerkt waren, weil sie entweder an die einzelnen Einheiten oder an bestimmte Orte gebunden waren. Bei ersteren sind besonders die Gründungstage der einzelnen Legionen oder Auxiliareinheiten zu nennen. Wenn auch die Art der Feierlichkeiten für diese Tage nicht näher belegt ist, so zeigen inschriftliche Zeugnisse doch, dass der Tag für die jeweilige Einheit besondere Bedeutung besaß. Aus der Nähe von Asturica in Spanien stammen beispielsweise neun Inschriften einer Arbeitsvexillation, die aus Detachements der legio VII Gemina, der cohors I Gallica equitata und der cohors I Celtiberorum bestand und mindestens von Antoninus Pius bis Commodus dort tätig war. Die Inschriften sind alle dem Iupiter Optimus Maximus geweiht zum Heil des jeweiligen Kaisers. Anlass der Weihung ist in allen Fällen der Gründungstag der Einheit, was im Falle der Legion durch die Formel ob natale aquilae29 und bei den Auxiliareinheiten durch ob natale aprunculorum oder einmal ob natale signorum ausgedrückt wird. Da die Inschriften teilweise tagesdatiert sind, ergibt sich, dass die legio VII Gemina ihren ‹Geburtstag› am 10. Juni feierte, die cohors I Gallica equitata ihren am 22. April und die cohors I Celtiberorum ihren am 15. Oktober.30
27 Vgl. KIENAST 1996, 296 zur Erhebung des Licinius Iunior zum Caesar und seiner Absetzung. 28 HALSBERGHE 1984, 2196–2199 und jetzt BERRENS 2004, 103 ff. 29 Zur aquila: HERZ 2002, 87; STÄCKER 2003, 171 ff. 30 AE 1967, 229 f., ILS 9125–9131; dazu ANKERSDORFER 1973, 32 ff.
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Ein weiteres Einheitenfest anderen Charakters lässt sich für eine Truppe emesenischer Bogenschützen, vermutlich einen numerus,31 durch eine Inschrift auf einem Gefäß aus schwarzem Granit32 aus Koptos in Ägypten, das vom 9. Juni 316 n. Chr. datiert, rekonstruieren.33 Der griechische Text der Weihung weist einige Eigenheiten auf, was in einigen Punkten zu differierenden Interpretationen des Inhaltes geführt hat. Stifter des Monuments sind die Emesener, Adressat ist die τυ χη τωÄ ν αÆ νγε λων und gemacht wird die Stiftung für das Wohl der vexillatio aus legio III Gallica und I Illyricorum unter ihrem praepositus Victorinus, der auch die Truppe aus Emesa angehört. Weiterhin ist von einem Erzpriester, einem ‹schönen Tag› und dem Gedenken an Arabia die Rede. Dies ist mit M. CHRISTOL und TH. DREW-BEAR wohl so zu verstehen, dass es sich um eine jährliche feierliche Zeremonie handelt, die von dem Priester vollzogen wird und aus der Heimat der Emesener mitgebracht wurde.34 Wir hätten es hier also mit einer jährlichen Feier zu tun, die sich nicht aus der offiziellen Heeresreligion herleitete, sondern aus der orientalischen Heimat der Truppe. Beispiele für ortsgebundene jährliche Feiern im Rahmen der offiziellen Heeresreligion sind die Feierlichkeiten für Drusus maior und Germanicus in Mainz.35 Sueton überliefert in der Vita des Claudius, dass die Truppen des Drusus ihm nach seinem Tod in Germanien im Jahre 9 v. Chr. ein Ehrengrab in Form eines Tumulus errichteten, an dem in der Folge jährlich Feiern zu seinen Ehren stattfanden, bei denen die Truppen eine Parade abhielten und die gallischen Stämme Opfer vollzogen.36 Aus Cassius Dio und Eutrop geht hervor, dass sich dieses Denkmal beim Legionslager in Mainz befand.37 Das senatus consultum zur lex Valeria Aurelia von 19 n. Chr., das inschriftlich auf der so genannten Tabula Siarensis erhalten ist und Ehrungen für den verstorbenen Germanicus bestimmte, beinhaltet auch die Errichtung eines Ehrenbogens ad ripam Rheni und die Durchführung jährlicher Opfer durch gallische und germanische Stämme.38 In dem an dieser Stelle fragmentarischen Text hat W. D. LEBEK überzeugend auch eine Militärparade der ansässigen Truppen am Ge31
SCHARF 1997, 345 f. Es existiert anscheinend keine Abbildung. Das Gefäß wird meist als ‹vase votif› oder ‹votive bowl› bezeichnet, aber auch als ‹mortier›, ‹cuve› oder Weihrauchbecken. 33 AE 1894, 163 = DE RICCI 1903, 451 f., Nr. 94 = MILNE 1905, 45 f., Nr. 9272 = ILS 8882 = MILIK 1972, 197 f. = BERNAND 1984, 252 ff., Nr. 91 = BERNAND 1986, 225 f. = AE 1995, 1611, cf. SEG 34, 1588; 45, 2093; 47, 2119. Zu dieser und der zweiten Inschrift, in der die Einheit ergänzt wird und die stets mit ihr zusammen behandelt wird, im Hinblick auf die genannten Armeepriester auch: HAENSCH 2006, 210 ff. 34 CHRISTOL, DREW-BEAR 1995, 59 f. 35 Dazu insgesamt: HERZ 2001, 103 ff. 36 Suet. Claud. 1,3. 37 Cass. Dio 55,2,3; Eutr. 7,13. 38 Gesamtedition der verschiedenen Fragmente des SC und der lex jetzt in CRAWFORD 1996, 507 ff., Nr. 37. Die relevante Stelle ist Tabula Siarensis, Fragment (a), Z. 26–34 (p. 515 f.). 32
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burtstag des Germanicus rekonstruiert.39 Diese dürfte ein Ehrengrab oder einen ihm geweihten Altar umrundet haben.40 Er gibt ferner zu bedenken, dass zwischen diesem Fest und der Feier des Geburtstages des Germanicus im Feriale Duranum ein historischer Zusammenhang wahrscheinlich ist, dergestalt, dass das lokale Fest zu einem bestimmten Zeitpunkt, vermutlich unter Caligula, zu einem für das gesamte Heer verbindlichen Gedenktag gemacht wurde.41 Weitere vorstellbare lokale Feste der Truppen wären etwa Gründungstage einzelner Kastelle oder jährliche Gedenktage an Siegesdenkmälern, wenn in der Nähe Einheiten stationiert waren.42
3 Unregelmäßige Feste Bei den unregelmäßigen Feierlichkeiten handelt es sich vor allem um solche, die mit Feldzügen in Verbindung stehen, also um Opfer vor einem Feldzug, Siegesfeiern nach erfolgreichem Abschluss und im besten Fall sogar einen Triumphzug in Rom. Bei letzterem hat in der Kaiserzeit, anders als teilweise in der Republik, sicher nicht das ganze am jeweiligen Kriegszug beteiligte Heer teilgenommen, sondern nur Detachments der Legionen und Hilfstruppen.43 Über diese Art der Feste wird noch einmal genauer zu sprechen sein, wenn es um die Ausgestaltung der Feierlichkeiten geht. Es sei hier allerdings bereits ein Zeugnis für die Feier nach einem erfolgreichen Feldzug angeführt, dass in der Literatur zum Thema ‹Armee und Feste› bisher anscheinend keine Beachtung gefunden hat. Das Epigramm eines Iunius Sabinus am Südpylon des Isistempels von Philae in Oberägypten44 besagt, dass Iulius Sabinus, Kommandeur der cohors II Ituraeorum, mit einem Truppenkontingent, wahrscheinlich der Garnison von Syene, nach erfolgreichem Kampf gegen aufständische ‹äthiopische› Stämme in das Heiligtum kommt, um Isis, die als Schutzgöttin apostrophiert wird, mit Gesängen zu feiern.45 Die erwähnten Kämpfe werden mit den Äthiopienkriegen des P. Petronius in den zwanziger Jahren des ersten Jahrhunderts v. Chr. in Verbindung gebracht.46 Die Inschrift bildet jedenfalls ein Zeugnis für eine religiöse Feier römischer Truppen in einem Heiligtum 39
LEBEK 1989, 48 (Z. 33–34) mit Kommentar 72 ff. So mit HERZ 2001, 106 ff. gegen LEBEK. 41 LEBEK 1989, bes. 45–51 und 72–76. 42 Dies wäre z. B. im Fall der legio VI Victrix und ihres Siegesdenkmals bei Xanten vorstellbar; dazu und zu weiteren Siegesmonumenten: ECK 2000, 483 ff. 43 KÜNZL 1988, 81. 44 CIG III 4935b = IGR I 1299 = SB 8671 = BERNAND 1969, 138 ff., Nr. 159 = FHN II, 713 ff., Nr. 171. 45 Zur Bezeichnung der Einheit, dem Rang des Sabinus und den involvierten Truppen: SPEIDEL 1988, 778 ff.; zur Bezeichnung der Einheit auch FHN II, 714 Anm. 353; zu Syene und seiner Garnison: MAXFIELD 2000, 410 ff. 46 SPEIDEL 1988, 780; FHN II, 714 f.; vgl. aber NACHTERGAEL 1999, 140; zu den Feldzügen des P. Petronius: STICKLER 2002, 85 ff. und LOCHER 2002. 40
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einer einheimischen Gottheit ihres Stationierungsgebietes, wobei dieser Besuch möglicherweise kein singuläres Ereignis war.47 Schließlich muss man noch mit kaiserlichen Regierungsjubiläen und einmaligen Feierlichkeiten aufgrund besonderer Umstände rechnen, die uns dann freilich auch nur selten überliefert sind, so zum Beispiel eine Militärparade für Drusus. Tacitus berichtet in den Annalen von Germanicus: Doch während die Schiffe noch herbeigetrieben wurden, ließ Caesar den Legaten Silius mit einer leichtgerüsteten Schar einen Einfall ins Land der Chatten tun; er selbst führte auf die Nachricht, dass das an der Lippe erbaute Kastell belagert werde, sechs Legionen dorthin. Weder Silius konnte, wegen plötzlicher Regengüsse, etwas anderes tun, als in der Eile einige Beute und des Chattenfürsten Arpus’ Weib und Tochter rauben, noch ließen den Caesar die Belagerer zum Kampfe kommen, da sie schon beim Gerücht von seiner Annäherung sich zerstreut hatten. Doch den jüngst von den varischen Legionen aufgeführten Grabeshügel und einen alten dem Drusus errichteten Altar hatten sie zerstört. Den Altar stellte er wieder her und hielt zur Ehre seines Vaters, selbst an ihrer Spitze, mit den Legionen einen feierlichen Umzug.48
Laut Historia Augusta gab Septimius Severus aus Anlass der Geburt des Geta Spiele für die Soldaten, bei denen die Sieger militärische Ehrenzeichen aus Silber gewinnen konnten.49 In dieselbe Kategorie könnte man noch die Überquerung des Golfes von Baiae durch Caligula auf der eigens für dieses Ereignis erbauten Brücke einordnen, wenn man es aufgrund vieler ähnlicher Elemente nicht zu den Triumphzügen zählen will. Das Ereignis wird von Cassius Dio ausführlich beschrieben.50 Das Fest dauerte zwei Tage. Am ersten ritt Caligula nach Opfern an Neptun und andere Götter in militärischer Aufmachung über die Brücke gefolgt von Reitern und Fußsoldaten, als ob er einen Feind verfolge. Er lagerte am anderen Ende der Brücke und fuhr am nächsten Tag in einem Streitwagen gefolgt von einem Festzug zurück. In diesem wurden ‹Beutestücke› und ein parthischer Prinz präsentiert. Es folgten die Freunde des Kaisers in Fahrzeugen sowie die Soldaten und weiteres Volk. Auf einer Plattform in der Mitte der Brücke hielt Caligula eine Rede, in der er die Soldaten lobte. Anschließend verteilte er ein Donativ an sie und die ganze Gesellschaft feierte bis in die Nacht.
47 So die Interpretation des νε οις in Zeile vier durch BERNAND 1969, 142. HÖLBL 2004, 51 denkt an ein Isisfest, an dem die Soldaten teilnehmen; ebd. 40 ff. auch zum Heiligtum von Philae insgesamt. 48 Tac. ann. 2,7 (Übersetzung von A. SCHAEFER). Auch im Rahmen des von Septimius Severus in Rom abgehaltenen Begräbnisses für Pertinax findet ein Militärumzug statt: Cass. Dio. 75,4,1–5,5; hier 4,6 und 5,5. 49 HA Max. 2,3 ff. 50 Cass. Dio 59,17; Analyse der Quellen und des Ereignisses bei WINTERLING 2004, 120 ff. und MALLOCH 2001.
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4 Ausgestaltung der Feste 4.1 Triumphzüge und Siegesfeiern Dieses Zeugnis bietet eine detaillierte Schilderung vom Ablauf eines ganz bestimmten Festes. Im Folgenden soll betrachtet werden, welche Erkenntnisse sich über Zeremonien und Abläufe bei den Festtagen im Heer insgesamt aus den Quellen gewinnen lassen. Wie schon gesagt, weist das Spektakel des Caligula einige Elemente des traditionellen Triumphzuges in der Stadt Rom auf. Bei diesem handelt es sich um eines, wenn auch sicher das seltenste, der unregelmäßigen Feste, das ein Soldat erleben konnte, das aber zugleich als Feier besser dokumentiert ist als die regelmäßigen Feiertage.51 Obwohl allerdings Triumphzüge häufiger in den Quellen beschrieben werden, erfährt man über die Rolle der Truppen recht wenig, da sich die Autoren auf die Beschreibung des Triumphators, der Beutestücke und der Gefangenen konzentrieren. Aus der Beschreibung des Triumphes des Aemilius Paullus 167 v. Chr. geht aber hervor, dass die Soldaten im Zug mitgingen, dem Anlass entsprechend mit Lorbeer geschmückt: Lorbeer trug auch das ganze Heer, das dem Wagen des Feldherrn in militärischer Ordnung folgte: die Soldaten sangen die herkömmlichen Lieder, vermischt mit Scherzen, aber auch Siegeslieder und Loblieder auf die Taten des Aemilius, der hochberühmt sei, bewundernswert bei allen, von niemandem guten Charakters beneidet.52
Auch Lieder, besonders Spottlieder, der Soldaten auf den Feldherrn sind demnach fester Bestandteil des Ablaufs. Dies wird durch Sueton bestätigt, der zum Triumph Caesars 46 v. Chr. bemerkt: Im Gallientriumph schließlich sangen seine Soldaten neben den anderen Liedern, die sie fröhlich im Zug hinter dem Triumphwagen anstimmten, auch dieses überaus bekanntgewordene Liedchen: ‹Caesar unterwarf Gallien, Nikomedes den Caesar. Seht, Caesar feiert seinen Triumph über Gallien. Nikomedes darf keinen Triumph über Caesar feiern.›53
Es ging aber auch noch derber, wie der selbe Autor etwas später berichtet: Dass er in den Provinzen selbst verheiratete Frauen belästigte, geht aus den zwei Versen hervor, die wiederum beim Gallientriumph von seinen Soldaten gesungen wurden: ‹Bürger, schließt eure Ehefrauen ein! Wir bringen den kahlköpfigen Hurer. In Rom hattest Du Dir Gold gepumpt, in Gallien hast Du es verhurt.›54
Wie mehrfach belegt ist, waren mit dem Triumph auch Geldgeschenke an die Soldaten verbunden und er bot eine Möglichkeit zur Verleihung von dona 51 Zum Triumph allgemein: KÜNZL 1988; RÜPKE 1990, 223 ff.; ITGENSHORST 2005 (nur Republik). 52 Plut. Aemil. Paul. 34,7 (Übersetzung von KÜNZL 1988, 144). 53 Suet. Caes. 49 (Übersetzung von KÜNZL 1988, 147); es handelte sich dabei um eine Anspielung auf das verbreitete Gerücht, Caesar habe während seiner Zeit als Legat in der Provinz Asia eine homosexuelle Beziehung zu König Nikomedes IV. von Bithynien unterhalten; vgl. CANFORA 2001, 20. 54 Suet. Caes. 51 (Übersetzung von KÜNZL 1988, 147).
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militaria an besonders verdiente Kriegsteilnehmer, wenn dies nicht schon im Feld oder auf andere Weise geschehen war.55 Von besonderem Wert hinsichtlich der Einbeziehung der Truppen in den Festtag des Triumphes ist der Bericht des Flavius Iosephus über den Triumph von Vespasian und Titus über die Juden 71 n. Chr., da er auch die Abläufe vor dem eigentlichen Umzug beschreibt: Es war noch dunkle Nacht, als bereits das ganze Heer in Reih und Glied unter seinen Offizieren ausgerückt war und um die Tore stand, und zwar nicht um die des oberen Palastes, sondern um die in der Nähe des Isistempels, denn dort hatten die Feldherren während jener Nacht geruht. Als die Morgenröte gerade aufging, traten Vespasian und Titus heraus. Sie waren schon mit Lorbeer bekränzt, aber noch mit den herkömmlichen Purpurgewändern angetan und begaben sich so zu den Hallen der Octavia. Dort erwarteten nämlich der Senat, die höchsten Amtsträger und die Vornehmsten aus dem ritterlichen Stand ihre Ankunft. Vor den Säulenhallen aber war eine Bühne aufgebaut, auf der elfenbeinerne Sessel für sie bereitstanden. Auf diese schritten sie zu und setzten sich nieder, worauf das Heer sofort in jauchzenden Beifall ausbrach und ihnen alle Soldaten in vielstimmigem Chor ihr Heldentum rühmend bezeugten. Auch die Soldaten trugen übrigens keine Waffen, sondern waren mit Seidengewändern bekleidet und mit Lorbeer bekränzt. Nachdem nun Vespasian ihre Huldigungen entgegengenommen hatte und sie immer noch nicht mit dem Beifall aufhören wollten, gab er ihnen ein Zeichen zu schweigen. Da trat dann allerseits eine tiefe Stille ein und Vespasian erhob sich, verhüllte sich mit dem Überwurf seines Gewandes das Haupt fast ganz und verrichtete die vorgeschriebenen Gebete; ebenso betete auch Titus. Nach dem Gebet wandte sich nun Vespasian mit einer kurzen Ansprache an die ganze Versammlung und entließ dann die Soldaten zu dem Morgenimbiß, der ihnen bei dieser Gelegenheit herkömmlicherweise von den Imperatoren bereitgestellt wurde. Er selbst entfernte sich zu dem Tore, durch das schon seit alten Zeiten die Triumphzüge geleitet wurden, woher es auch seinen Namen bekommen hat. Hier nahmen die Fürsten noch vorher eine Stärkung zu sich. Danach legten sie die Gewänder des Triumphes an, opferten den Göttern, deren Standbilder neben dem Tore errichtet waren, und gaben endlich den Befehl zum Aufbruch für den Triumphzug.56
Die Truppen werden also morgens vom Triumphator begrüßt und bewirtet. Eine Bekränzung der Soldaten wird auch schon für die republikanische Zeit geschildert.57 Auch für die zweite Art von Fest in Verbindung mit einem Feldzug, nämlich die Siegesfeier unmittelbar vor Ort, findet sich das am detailreichsten geschilderte Beispiel bei Iosephus. Es ist die Feier, die Titus nach der Eroberung von Jerusalem abhält. Von einer Tribüne aus hält er eine Ansprache an das versammelte Heer, in der er den Mut und die Einsatzbereitschaft der Soldaten lobt. Sodann werden diejenigen, die sich besondere Verdienste erworben haben, nach vorne gerufen und von ihm durch militärische Ehrenzeichen ausgezeichnet und mit Anteilen aus der Beute bedacht.58 Schließlich erfleht er den Segen der Götter für das Heer und schreitet zum Vollzug der Siegesopfer. Eine große Menge Stiere wird geschlachtet und das Fleisch zum Siegesmahl an das Heer verteilt.59 55 Geldgeschenke: Liv. 34,52,10–12; Plut. Caes. 55,2; Verleihung von dona militaria: ECK 2000, 493 f.; RÜPKE 1990, 204 ff. und MAXFIELD 1981, passim. 56 Ios. Bell. Iud. 7,123 (Übersetzung von O. MICHEL, O. BAUERNFEIND). 57 Plut. Marcellus 22,3. 58 Zur Verleihung dieser dona militaria durch den Kaiser: ECK 2000, 490 ff.
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4.2 Bekannte Elemente anderer Feste Für die Zeremonien bei den regelmäßigen Festen des offiziellen Heereskalenders sind die Quellen in Anzahl und Ausführlichkeit weniger ergiebig. So zeigt zum Beispiel das Feriale Duranum zunächst, dass stets Opfer dargebracht wurden. Dabei gab es zwei Arten. Entweder die schon genannten Tieropfer, immolationes, oder supplicationes mit Weihrauch und Wein. Tieropfer sind für Gottheiten und Kaiser, divinisiert und regierend, vorgesehen. Iupiter und ehemalige Kaiser erhalten Ochsen, Mars und der regierende Kaiser Severus Alexander Stiere, Göttinnen Kühe. Die supplicatio ist das Standardopfer für die divinisierten weiblichen Mitglieder von Kaiserfamilien, wird aber auch an anderen Tagen durchgeführt, wie an den Quinquatria oder rosalia signorum.60 Die Tieropfer enthalten implizit als weiteres Element des entsprechenden Festtages die schon beschriebene Verteilung des Opferfleisches an die Soldaten. Zur nuncupatio votorum waren beispielsweise laut Feriale Duranum vermutlich ein Ochse und zwei Kühe für die kapitolinische Trias, ein weiterer Ochse für Iupiter Victor, ein Stier für Mars und eine weitere Kuh für Victoria fällig, am Geburtstag eines divinisierten Kaisers dagegen nur ein Ochse. Die Rationen fielen also je nach Festtag unterschiedlich üppig aus. Wenn die angegebene Zahl an Opfertieren für alle Einheiten verbindlich war, für eine Hilfstruppeneinheit von fünfhundert Mann wie für eine Legion, würde das bedeuten, dass bei großen Einheiten die Fleischportion pro Soldat generell geringer ausfiel als bei kleinen. Man könnte aber auch überlegen, ob nur bestimmte Ränge an der Zuteilung partizipierten. Festmähler an den Kaisergeburtstagen belegen auch die Märtyrerakten des Marcellus. Am 21. Juli 298 n. Chr., während der Feier des Geburtstages des Maximian, bekennt sich der centurio öffentlich zum Christentum, indem er sein cingulum vor den Feldzeichen der Legion niederwirft, und zwar cum omnes in conviviis epularentur.61 Das Gebet für das Wohlergehen des regierenden Kaisers und das Ablegen von vota auf ihn durch die Truppen ist neben dem dafür im Feriale festgehaltenen Tag der nuncupatio votorum am 3. Januar auch für den dies imperii gesichert, denn Plinius der Jüngere meldet als Statthalter von Pontus-Bithynien in zwei Briefen an Traian den Vollzug der Zeremonie, was der Kaiser wohlwollend zur Kenntnis nimmt. (In einem weiteren Brief wird übrigens auch die Durchführung am 3. Januar bestätigt.)62 Dieser Feiertag wird für das Heer schließlich noch von Tertullian in seiner Schrift de corona überliefert. Dabei ist aus dem Zusammenhang klar, dass die Soldaten zu diesem Anlass, bei dem sie die Formel Tunc tibi, Iuppiter, bovem cornibus auro decoratis vovemus esse 59
Ios. Bell. Iud. 7,2 f. Zu immolatio und supplicatio auch HERZ 2002, 83 und 92 ff. speziell zum Tieropfer. 61 MUSURILLO 1972, 250 ff.; s. a. HELGELAND 1979, 780 ff. 62 Dies imperii: Plin. epist. 10,52 f. und 102 f.; nuncupatio votorum: Plin. epist. 10,100 f.; dazu auch ECK 1997, 205. 60
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futurum sprechen, bekränzt waren.63 Tatsächlich wird man die Bekränzung der Soldaten für viele, wenn nicht alle Feste annehmen dürfen. Im unmittelbar vorangehenden Abschnitt nennt Tertullian die verschiedenen Materialien von Kränzen, die von Soldaten zu Ehren bestimmter Götter getragen werden, und zwar neben Lorbeer zum Triumph Myrte für Venus und Olive für Minerva;64 und am Anfang derselben Schrift steht der Bericht über die Weigerung eines christlichen Soldaten, sich bei der Verteilung eines Donativs im Lager wie alle anderen einen Kranz aufs Haupt zu setzen.65 Als Septimius Severus beschloss die Prätorianer aufzulösen, lockte er sie mit der Bitte in einen Hinterhalt, ohne Waffen und angezogen für eine friedliche Prozession wie bei einem Fest zu ihm zu kommen. So erschienen sie im Festgewand und mit Lorbeer bekränzt.66 Senatorische und ritterliche Offiziere, später auch Centurionen, konnten das Ehrenrecht der decursio albata erhalten, also das Recht, bei feierlichen Umzügen weiße Kleidung zu tragen. Der Umstand ist sowohl literarisch als auch inschriftlich belegt, da die Verleihung mehrfach in Inschriften vermerkt wurde, in denen der cursus honorum einer Person aufgeführt ist.67 Bestandteil der Festtage konnte auch eine Parade sein. Die entsprechenden Veranstaltungen am Grabhügel des Drusus und dem Ehrenbogen des Germanicus in Mainz wurden bereits erwähnt. Auch in der Passio des vexillifer Fabius, die in der Zeit der ersten Tetrarchie stattgefunden haben soll, wird von einer Parade an einem Festtag berichtet, in der Fabius seiner Aufgabe nachkommen soll, was er aber verweigert. Ferner ist hier von einem sacramentum und der Verlesung von edicta ferialia die Rede.68 Titus setzt zur Auszahlung des Soldes am dafür festgelegten Tag die Belagerung von Jerusalem aus und lässt die Truppen zur Entgegennahme in prunkvoller Parade aufmarschieren. Es dauert vier Tage, bis alle ausbezahlt sind.69 Bischof Asterius beschreibt schließlich noch um 400 n. Chr. in seiner Kalendenpredigt in Amaseia eine Art Theateraufführung oder karnevalistischen Umzug von Soldaten an den Kalenden des Januar, in dem Kaiser und Hof verspottet werden. Zuvor hatten sie ihre Soldzahlung erhalten.70 Schließlich gibt es noch einige allgemeine Aussagen, die sich auf die Feste im Heer insgesamt beziehen. So bemerkt Plinius der Ältere in seinen Ausführungen zur Anwendung von Salben, dass an Feiertagen die Feldzeichen gesalbt wurden:
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Tert. de corona 12,3; zur Form der Gebete auch ECK 1997, 208. Tert. de corona 12,1 f. 65 Tert. de corona 1,1. 66 Herodian. 2,13,1–3. 67 Dazu MERTEN 1968, 49 ff.; STOLL 1998, 141 f. (= DERS. 2001, 84 f.). 68 SMEDT 1890, bes. 125–127; s. a. HELGELAND 1979, 823 f.; STOLL 2001, 238 f. 69 Ios. Bell. Iud. 5,349–56. 70 PG 40, 221; s. a. NILSSON 1951, 247 f.; STOLL 2001, 213 f. Anm. 14. 64
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Was jedoch am meisten verwundert ist, dass diese Annehmlichkeit (gemeint ist das Benutzen von Salben, Anmerkung des Verfassers) auch Eingang in die Lager gefunden hat: Denn gewiss werden die Adler und Feldzeichen (aquilae certe ac signa), staubig und scharfkantig wie sie sind, an Festtagen gesalbt (unguuntur festis diebus); könnten wir doch nur sagen, wer dies zuerst eingeführt hat.71
Vegetius vermerkt in seinem Werk über das Kriegswesen zur Ausbildung der Soldaten: ‹So erlernten das Fechten, das an Festtagen im Zirkus vorgeführt wird, nicht nur die Armaturae, die dem Campidoctor, dem Fechtmeister unterstanden, sondern auch alle andern Soldaten in täglicher Übung.›72 Sportliche Wettkämpfe unter den Soldaten mit Preisen für die Sieger hält Septimius Severus bei der Geburt Getas ab.73 Spiele von Soldaten an einem Feiertag, allerdings musischer Art, überliefern zwei Inschriften aus Rom, die im Gegensatz zu den vorangegangenen Zeugnissen wieder einem konkreten Kontext angehören. Eine Weihung für das Wohlergehen des Kaisers Caracalla und seiner Mutter Iulia Domna vom 11. April 212 wurde von einem gewissen Claudius Cnorimus, der von einer vexillatio aus Einheiten der vigiles und der Flotte von Misenum zum aedilis gemacht wurde, um ludi auszurichten, und seinen Kameraden gesetzt.74 In der zweiten Inschrift ist ebenfalls von ludi die Rede, die von einer ähnlich zusammengesetzten Vexillation aufgeführt wurden.75 Es handelt sich vermutlich in beiden Fällen um Altäre. Die ludi sind offenbar Theateraufführungen, an denen einige der Soldaten als Schauspieler und Sänger mitwirkten. Der Anlass der Darbietung ergibt sich im ersten Fall wohl aus dem Datum der Weihung, denn es handelt sich um den Geburtstag des Septimius Severus, Vater und Vorgänger des Caracalla als Kaiser. Auch in der zweiten Inschrift wird ein Geburtstag als Anlass für Darbietung und Weihung angenommen.76 Da aber auch für andere Einheiten Soldatenschauspieler belegt sind,77 ist es nicht unwahrscheinlich, dass entsprechende Aufführungen an Feiertagen ein verbreitetes Phänomen waren. Dass an den Feiertagen alle Soldaten eines Lagers den ganzen Tag dienstfrei hatten, ist indes unwahrscheinlich, da Grundaufgaben wie Wachdienst und Ähnliches kaum ausgesetzt werden konnten.78 Inwieweit die Soldaten jeweils für sich selbst den religiösen Gehalt der Feiertage empfanden, der sich in den Opferzeremonien ausdrückte, oder in diesen hauptsächlich eine Loyalitätsbekundung für Rom und den Kaiser sahen und den Feiertag mehr wegen der Abwechslung und Erholung vom militärischen Alltag schätzten, lässt sich nicht pauschal beantworten. Jedenfalls mussten die einfachen Soldaten, wie Tertul71
Plin. nat. 13,23 (Übersetzung vom Verfasser). Veg. mil. 2,23. 73 S. o., S. 142. 74 CIL VI 1063. 75 CIL VI 1064. 76 Zu den beiden Inschriften auch CIL VI 8,2, p. 4321; MOMMSEN 1871; WIEMKEN 1972, 180 f. (falsche Datierung); SABLAYROLLES 1996, 391 ff. 77 AE 1940, 229; ILS 9493. 78 Vgl. GILLIAM 1954, 187. 72
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lian feststellt, zu seiner Zeit nicht selbst Opfer ausführen.79 Während der kurzzeitigen Wiedereinführung der heidnischen Kulte durch Julian sah dies allerdings anders aus. Laut Sozomenos sollte bei der Verteilung eines Donativs durch den Kaiser an einem Feiertag jeder Soldat bei der Entgegennahme ein Weihrauchopfer darbringen.80 In diesem Bericht wird auf ein weiteres mögliches Element von kaiserlichen Festtagen hingewiesen, nämlich die Auszahlung eines Donativs an die Soldaten. Eine solche ist auch in einem Papyrus aus Panopolis überliefert, in dem ein Prokurator der Thebais die zuständigen Stellen anweist, einer in der Gegend stationierten Reitertruppe Geldgeschenke auszuzahlen zum dies imperii des Augustus Diocletian am 20. November sowie zu seinem Geburtstag am 22. Dezember.81
5 Gemeinsame Feiern von Soldaten und Zivilbevölkerung/Soldaten als Teilnehmer lokaler Feste Wie im ersten Abschnitt bereits gesagt wurde, weist der militärische Festkalender zum zivilen keine wesentlichen Unterschiede auf. Man könnte daher überlegen, ob dann nicht auch die Feste teilweise von Truppen und Zivilisten gemeinsam begangen wurden, vor allem, wenn eine Einheit nahe einer Siedlung oder sogar direkt in einer solchen lag. Tatsächlich gibt es dafür einige Hinweise. So sagt Tertullian in der schon besprochenen Stelle zur nuncupatio votorum, dass sie prima in principiis, secunda in capitoliis vollzogen wurde,82 also im Lager und dann am Haupttempel der Stadt. Letzteres würde allerdings nicht notwendigerweise die Teilnahme der Zivilbevölkerung voraussetzen. Jedoch ist auch in den erwähnten Pliniusbriefen die Rede davon, dass Soldaten und Provinzbevölkerung die Eide auf den Kaiser gemeinsam abgelegt hätten.83 Als weiteres Zeugnis für gemeinsame Feiern kann noch ein Papyrus angeführt werden.84 Es handelt sich um den Eintrag zum 1. Oktober 232 n. Chr. aus dem offiziellen Tagebuch des Strategen des Gaues von Ombos Elephantine in Ägypten, Aurelius Leontes, über dessen Teilnahme an den Geburtstagsfeierlichkeiten zu Ehren des regierenden Severus Alexander. Trotz der Lückenhaftigkeit des Textes geht aus ihm hervor, dass der Stratege zusammen mit dem Tribunen und weiteren Angehörigen der in Syene stationierten cohors I Flavia Cilicum equitata Opfer in den Principia des Kastells und wohl auch im Kaisareion der Stadt darbrachte und an der Musterung oder Paradeinspektion der Einheit teilnahm, 79
Tert. idol. 19. Sozomenos, h. e. 5,17 = Cassiodor, hist. trip. 6,30,6 f. 81 P. Panop. BEATTY 2, col. VI, Z. 160 ff. 82 S. o., Anm. 63. 83 S. o., Anm. 62; ECK 1997, 206 f. 84 P. Paris 69C = W Chr. Nr. 41. 80
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bei der dem Kaiser und hohen Amtsträgern akklamiert wurde. Es folgte ein Festbankett im Kaisareion, von dem aber nicht klar ist, ob auch Angehörige der Truppe daran teilnahmen.85 Auf jeden Fall jedoch vereinigte das Fest alle Vertreter der römischen Macht vor Ort – die zivilen und die militärischen. Zum Schluss sei noch auf die Frage nach der Teilnahme von Soldaten an lokalen Festen bei ihrem Stationierungsort eingegangen. Solche Praktiken muss man sicher annehmen, zumal im Osten des Reiches, wo Einheiten nahe bei oder in Städten stationiert waren. Allerdings haben sich so gut wie keine greifbaren Zeugnisse dafür erhalten. Herodian berichtet immerhin, dass die Soldaten der in Raphaneae stationierten legio III Gallica regelmäßig die nahegelegene Stadt Emesa und den dortigen Tempel besuchten.86 Dabei werden sie sicher auch das eine oder andere Fest miterlebt haben. Als weiteres Beispiel für Feste dieser Art kann auch die oben bereits besprochene Inschrift von der Insel Philae herangezogen werden, die von der Feier der Göttin Isis in ihrem dortigen Heiligtum durch eine größere Truppe unter Führung eines Iunius Sabinus berichtet.87 In diesem Zusammenhang ist schließlich noch auf zwei weitere griechische Inschriften aus Ägypten hinzuweisen. In der einen berichtet ein Soldat der cohors I Lusitanorum, von dem nur das Cognomen Crispinus erhalten ist, dass ihm im Traum aufgetragen wurde, ein Symposion für den Gott Sarapis zu machen, was er dann auch in Dankbarkeit getan habe.88 Als Herkunftsort wurden Contrapollinopolis oder El-Kanais angenommen. Ein Neufund einer Inschrift aus Didymoi, einem Militärposten an der Straße von Koptos nach Berenike, gleichen Inhalts, lediglich kürzer formuliert, stammt offenbar von dem selben Soldaten, dessen Gentilname Vettius dort erhalten ist.89 Hierdurch kann auch die erste Inschrift nun diesem Ort zugeordnet werden. Beide dürften in die Zeit des Commodus datieren und die Editorin der neuen Inschrift nimmt an, dass sie ursprünglich aus dem Heiligtum des praesidium stammen.90 Die Inschriften beziehen sich konkret wohl auf einen materiellen Gegenstand, der für ein Symposion nötig ist, wahrscheinlich eine Kline. Man kann aber davon ausgehen, dass dort dann auch tatsächlich ein Festmahl zu Ehren des Gottes abgehalten wurde, zumal solche Bankette für Sarapis in Papyri belegt sind. Diese wurden nach dem Symposionmöbel ‹kline› genannt und man stellte sich den Gott dabei offenbar als anwesend vor. So sind auch Darstellungen von Sarapis auf der Kline erhalten.91 Demnach bezeugen die Inschriften ein Festmahl, dass auf Initiative eines Soldaten für eine einhei85 Frühere Edition: WILCKEN 1894, 80 ff.; zur Interpretation zuletzt ausführlich: STOLL 2001, 243 ff. 86 Herodian. 5,3,9. 87 S. o., Anm. 44. 88 IGR I 1275 = SB 8828 = BERNAND 1972, 131 ff., Nr. 59bis. = SEG 51, 2132. 89 CUVIGNY 2001, 156 f. = AE 2001, 2038 = SEG 51, 2133; zur Handelsstraße: MAXFIELD 2000, 425 f. 90 CUVIGNY 2001, 155. 91 BERNAND 1972, 133 f.; MERKELBACH 1995, 165 f.; zu den Darstellungen: KRAUS 1979.
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mische Gottheit am Stationierungsort abgehalten wurde. Sie geben zudem die Motivation des Soldaten an, eine Traumerscheinung.
6 Soldaten als Gegenstand von Feiern Schließlich konnten auch Soldaten selbst Gegenstand von Feier- oder Gedenktagen sein. Cassius Dio berichtet nämlich, dass Traian in Tapae, am Ort der Schlacht gegen die Daker 101 n. Chr., jährliche Totenopfer für die gefallenen Soldaten anordnete.92 Das könnte auch bei anderen Schlachtfeldern ähnlich gewesen sein. Schließlich darf man auch für die ehrenhafte Entlassung von Soldaten einen feierlichen Rahmen voraussetzen.93 Aus einer Inschrift aus Lambaesis in Nordafrika kann man zum Beispiel den Schluss ziehen, dass es für primi pili wohl üblich war, ihre vitis, die Abzeichen ihres Ranges war, vor den Feldzeichen niederzulegen, wenn sie ihren Abschied nahmen.94
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Cass. Dio 68,8,2. STOLL 2002, bes. 265 ff. 94 CIL VIII 2634 = ILS 2296; vgl. HERZ 2002, 88. 93
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Pompa und Bild im Kaiserkult des römischen Ostens von
BABETT EDELMANN 1 Die Prozession in Aigai 336 v. Chr. Im Jahr 336 v. Chr. wurde Philipp II. von Makedonien auf dem Höhepunkt seiner Macht ermordet. Über die Umstände seines Todes gibt uns Diodor ausführlich Auskunft: In Aigai, dem Herrschersitz der Makedonen, feierte man die Hochzeit von Philipps Tochter Kleopatra mit dem Molosserkönig Alexander. Geplant war ein Fest mit prachtvollen Opfern zu Ehren der Götter.1 Das Ganze sollte umrahmt werden von einem musischen Agon und Banketten. Den Beginn der Spiele markierte eine große Prozession ins Theater. Diodor überliefert, dass die Zuschauer schon vor Sonnenaufgang ins Theater strömten, da die Prozession sich bereits bei Anbruch des Tages formierte. Leider erfahren wir wenig von den genauen Abläufen der Prozession wie Teilnehmern, Reihenfolge der Teilnehmer, mitgeführten Gegenständen oder Opfertieren. Diodor konzentriert sich auf die Episode der Ermordung Philipps. Lediglich von einer großartigen Ausstattung der Pompa ist die Rede. Ein wichtiges Detail aber führt er näher aus: Philipp, der selbst in einem weißen Obergewand das Theater betrat, ließ bei der Prozession Statuen der zwölf olympischen Götter mitführen, die handwerklich besonders aufwendig gearbeitet und reich geschmückt waren. Diesen zwölf Götterstatuen fügte Philipp seine eigene Statue (ειÍδωλον) hinzu: συ νθρονον εë αυτον αÆ ποδεικνυ ντος τουÄ βασιλε ως τοιÄς δω δεκα θεοιÄς.2 Philipp war folglich gleichsam dupliziert im Theater anwesend: als makedonischer König und als Götterstatue. In diesem Bericht über die Ereignisse des Jahres 336 v. Chr. finden sich zahlreiche Anknüpfungspunkte und Parallelen, die den Ausgangspunkt für einige Betrachtungen zur Pompa im Kaiserkult des römischen Ostens bilden sollen. Insbesondere die Frage nach der Rolle des Theaters und der Herrscherbildnisse scheint vor dem Hintergrund des Diodor-Berichts eine bislang wenig beachtete Facette der Pompa zu sein. Daneben sollen weitere DetailAspekte von Pompa und Kaiserbild angesprochen werden, die in der Zusam1
Diod. 16,91,4. Diod. 16,92,5. Dass Diodor den Terminus ειÍδωλον und nicht αÍ γαλμα verwendet, ist ein eindeutiger Hinweis darauf, dass es sich nicht um eine Kultstatue handelte, dass folglich auch keine kultische Handlung mit der Statue verbunden war oder vor ihr stattfinden sollte. 2
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menschau dem Bild des Kaiserkultes im römischen Osten schärfere Konturen verleihen können. Dass die Rituale des Kaiserkultes im römischen Osten stets vor einem hellenistischen Hintergrund gesehen werden müssen, darf dabei als allgemeiner Konsens vorausgesetzt werden.
2 Die Prozessionen von Gytheion, Oinoanda und Ephesos Drei Inschriften, die zu den wenigen ausführlichen und unmittelbaren Quellen zur Pompa im Kaiserkult des Ostens zählen, stehen am Beginn der Untersuchung und sollen als ihr Fundament dienen: erstens die lex sacra zu den Kaisareia von Gytheion3 aus dem Jahr 15 n. Chr., zweitens die Stiftungsinschrift der Demostheneia aus Oinoanda4 aus dem Jahr 124 n. Chr. und drittens die Inschrift zur Stiftung des Vibius Salutaris aus Ephesos5 aus dem Jahr 104 n. Chr. Die Informationen, die man diesen Zeugnissen entnehmen kann, lassen sich wie folgt zusammenfassen. In Gytheion, einer kleinen Hafenstadt am Golf von Lakonien, fanden Theaterspiele zu Ehren verschiedener Mitglieder der Kaiserfamilie,6 des Titus Quinctius Flamininus sowie zweier lokaler Wohltäter statt, bei denen der Spielleiter, der Agoranomos, Prozessionen7 zu organisieren hatte, die ihren Ausgangspunkt am Heiligtum des Asklepios und der Hygieia nahmen. Zunächst führte der Weg zum Caesareum. Über die Teilnehmer heißt es wörtlich: Dabei sollen die Epheben, die jüngeren Leute und die anderen Bürger mit Lorbeerkränzen bekränzt und in weißen Gewändern den Festzug begleiten. Auch die heiligen Jungfrauen und die Frauen sollen in geweihten Gewändern den Festzug mitbegleiten.8 Wenn der Festzug an dem Caesareum ankommt, sollen die Epheben einen Stier für das Wohl der Principes und der Götter opfern, sowie für die ewige Dauer ihres Principates. Nach dem Opfer sollen sie veranlassen, dass die Tischgemeinschaften und die Beamtenkollegien auf dem Marktplatz Opfer darbringen.9
Hier endet die Beschreibung der Prozession, es ist aber begründet anzunehmen, dass die Festgemeinde nach dem Opfer auf der Agora ins Theater zog,10 wo – und dies wird am Beginn der lex sacra explizit beschrieben – Bilder des ver3
SEG 12, 922–3 = AE 1929, 99–100; KORNEMANN 1929, 7–10; dt. Übersetzung nach FREIS 21994, Nr. 20. 4 Vgl. WÖRRLE 1988, 4–17 (griech. Text und dt. Übersetzung). 5 I. Ephesos 1a. 1979, 27 (griech. Text und dt. Übersetzung). 6 Es werden explizit der vergöttlichte Augustus, Kaiser Tiberius und seine Mutter Iulia Augusta genannt. Daneben galten die Spiele der Victoria des Germanicus Caesar und der Aphrodite des Drusus. 7 Die Lesart ROSTOVTZEFFs, nach der die Prozession täglich vor Beginn der Wettkämpfe stattfand, ist wenig nachvollziehbar. Vgl. ROSTOVTZEFF 1930, 9 f. 8 Zur Rolle der Frauen vgl. SEYRIG 1929, 100. 9 FREIS 21994, 29 f., Nr. 20. 10 Vgl. BÖMER 1952, 1966.
Pompa und Bild im Kaiserkult
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göttlichten Augustus, der Iulia Augusta und des Tiberius aufgestellt waren, vor denen die Synedroi und die Beamten für das Wohl der Principes vor dem Eintreten der Schauspieler ein Rauchopfer darbrachten. Es handelte sich dabei um gemalte Bilder (γραπταÁ ς ειÆ κο νας), von denen im Laufe der Inschrift gesagt wird, die Ephoren sollten sie für die Zeremonien liefern. Im lykischen Oinoanda begegnet uns eine Prozession mit Elementen des Kaiserkultes im Rahmen der Einrichtung von Spielen durch den lokalen Politiker Demosthenes im Jahr 124 n. Chr. Bei diesen Demostheneia handelte es sich um einen alle vier Jahre stattfindenden musischen Agon, dessen Initiierung in ganz außergewöhnlicher Weise dokumentiert ist, über dessen weiteres Schicksal aber leider jede Nachricht fehlt. Die von WÖRRLE 1988 publizierte und kommentierte Inschrift umfasst die Stiftungsepangelie des Demosthenes, das Sitzungsprotokoll des Rates von Oinoanda über den Beschluss der Spiele sowie den endgültigen Beschluss der Volksversammlung und den Kaiserbrief zur Einrichtung der Spiele. Der gesamte (geplante) Ablauf des Festes ist heute also bis ins Detail bekannt. Verschiedene Prozessionen fanden an den Festtagen statt, bei denen eingeteilte Opfergemeinschaften eine jeweils genau definierte Anzahl von Opfertieren durch das Theater führen sollten (διαÁ τουÄ θεα τρου).11 Der Leiter und Organisator der Spiele, der Agonothet, wurde beauftragt, unter anderem zehn Sebastophoroi zu wählen, ‹[...] die, bekleidet mit einem weißen Gewand und einem Selleriekranz, die Kaiserbilder und das Bild des Gottes unserer Ahnen, Apollon, und den vorgenannten heiligen Altar tragen und ziehen und bei den Prozessionen geleiten sollen›.12 Daneben wurde ausdrücklich erwähnt, dass auch jene Opfer, die von anderen Städten geschickt wurden, in der Prozession durch das Theater geführt und angesagt werden sollten.13 Bei dem dritten Text handelt es sich um eine aus Ephesos überlieferte Stiftung14 von insgesamt neunundzwanzig Bildern, vorgenommen durch Vibius Salutaris,15 einen Mann aus dem römischen Ritterstand, der zunächst als Steuererheber in einer Steuerpachtgesellschaft tätig war und später in militärischen Dienststellungen unter Kaiser Trajan stand. Volksbeschluss und Stifterbrief zu diesem Vorgang ermöglichen ebenso wie die beiden bereits genannten Inschriften einen Einblick in den Ablauf und die Gestaltung von Prozessionen im Kaiserkult. Bei den von Vibius Salutaris gestifteten Bildern handelte es sich um neun Abbilder der Artemis, eine aus vergoldetem Silber und acht aus Silber, sowie zwanzig weitere Bilder aus Silber, und zwar einmal fünf Darstellungen des 11
WÖRRLE 1988, 12. WÖRRLE 1988, 11. Das Tragen des Selleriekranzes stellt eine Analogie zu den Nemeia dar. Dies ist hinsichtlich der Verehrung der Kaiserbilder ein interessanter Aspekt, da die nemeischen Spiele die einzigen unter den vier große panhellenischen Spielen waren, die aus dem Heroenkult hervorgegangen sind. 13 Vgl. WÖRRLE 1988, 12. 14 I. Ephesos 1a. 1979, 27. 15 Vgl. ROGERS 1991, 16–19. 12
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Kaisers Trajan, seiner Frau Plotina, des Senates, des römischen Ritterstandes und des Populus Romanus, sodann fünfzehn weitere Bildnisse, unter anderem mit der Darstellung der Stadt der Ephesier, des Demos, der sechs Phylen, des Rates, der Gerusie und der Ephebie, daneben des Augustus, des Stadtgründers Androklos, des Lysimachos, des Euonumos, Sohn des Uranos und der Göttin Ge, sowie des Berggottes Pion.16 Der rituelle Umgang mit diesen Bildern wurde von Salutaris in seiner Stiftung genauestens festgelegt: So heißt es Z. 48 ff.: (Sie sollen von den Wächtern, unter Begleitung und Fürsorge) zweier Neopoioi (und eines Stabträgers hin- und) zurück(gebracht werden – d. h. ins Theater und zurück ins Heiligtum der Artemis); die Epheben übernehmen sie (und geleiten sie) vom (Magnesischen Tor zum Theater) und vom Theater (zurück auf) dieselbe (Weise); und zur Zeit des Neumondopfers des archieratischen Jahres (– d. h. am 1. Januar – und während) der feierlichen und regulären (zwölf) monatlichen Volksversammlungen und (an den Festen) der Augusteen (und der So)terien (und der) penteterischen [Spiele] ...17
Daneben fanden die Prozessionen bei allen gymnischen Agonen sowie anderen von Demos und Rat beschlossenen Anlässen statt. Die Statuen Trajans und Plotinas sollten zusammen mit der goldenen Statue der Artemis während jeder Volksversammlung oberhalb jenes Blocks im Theater aufgestellt werden, in dem der Rat von Ephesos saß. Durch die genaue Gewichtsangabe der Bildnisse lässt sich hier vermuten, dass es sich im Fall der Götterbilder um kleinere Kopien des Tempel-Kultbildes handelte, bei den Bildern des Kaisers und seiner Frau wohl um Protomen und bei den Darstellungen der Körperschaften um kleine Statuetten, wie wir sie beispielsweise von der Darstellung von Genien aus dem römischen Bereich oder der Lares Augusti in den römischen vici kennen. Eine auffällige Gemeinsamkeit dieser Inschriften ist die Tatsache, dass in allen drei Fällen führende lokale Politiker als Stifter oder durch Ehrungen in die Feste involviert sind. Oinoanda und Gytheion können nun wahrlich nicht als Zentren politischer Machtdemonstration gesehen werden, aber in beiden Fällen verknüpfen sich lokale Größen – C. Iulius Demosthenes in Oinoanda sowie C. Iulius Eurykles und C. Iulius Lako in Gytheion – mit dem Kult des Kaisers in einer großen städtischen Prozession, die ihren Höhepunkt im Theater hat. Auch in Ephesos – einem politischen Zentrum – verbindet die Prozession ins Theater lokale Politik und lokales Wohltätertum mit dem Kaiserhaus in
16
Vgl. ROGERS 1991, 83. I. Ephesos 1a. 208. 1979. Vgl. auch Z. 90 ff. und Z. 554 ff.: ‹Die genannten Statuen und die schon vorher in der früheren Stiftung gestifteten und alle Statuenkopien der Göttin sollen vom Pronaos ins Theater zu jeder regulären Volksversammlung und zu den gymnischen Agonen und an anderen Tagen, falls Rat und Volk solche noch bestimmen, von zwei Neopoioi und den Hieroniken und einem Stabträger und den Wächtern gebracht und wieder ins Heiligtum zurückgebracht und aufgestellt werden; vom Magnesischen Tor an übernehmen sie die Epheben mit und begleiten sie nach den Volksversammlungen bis zum Koressischen Tor, so wie es Rat und Volk auch in den vorausgegangenen Beschlüssen bestimmt haben.› 17
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Rom. Die Größe des Gemeinwesens scheint folglich für diese Art der Selbstinszenierung kein Kriterium gewesen zu sein. Geht man von der Richtigkeit der Vermutung aus, dass die Zeremonie im Theater von Gytheion in Verbindung stand mit der erwähnten Prozession und die Bilder, jene γραπταÁ ς ειÆ κο νας, die von den Ephoren geliefert werden sollten, auch jene Bilder waren, die der Agoranomos im Theater aufstellen sollte, so führten bei allen drei Festen die Prozessionen mit den Götter- und Kaiserbildern ins oder zumindest durch das Theater, wo die Bilder, die in der Regel an der Spitze des Zuges ihren Platz eingenommen haben dürften, aufgestellt wurden, um anschließend die Prozession an sich vorbeiziehen zu lassen. In Gytheion wurden die Bilder des divus Augustus, des Tiberius und der Livia mit Rauchopfern im Theater vor Beginn der Spiele geehrt. In Ephesos stellte man die Kaiserbilder gemeinsam mit den Bildern der Göttin Artemis im Theater auf, wobei Neopoioi, Hieroniken, Stabträger, Wächter und die Epheben die Bilder ausdrücklich aus dem Tempel, wo sie ihren Platz hatten, holen und zum Theater und zurück begleiten sollten. In der Prozession der Demostheneia von Oinoanda wurden Opfer, Kaiserbilder und Götterbilder durch das Theater geführt und es ist anzunehmen, dass die von den zehn Sebastophoroi18 getragenen Bilder der lebenden und verstorbenen Herrscher der Prozession voranschritten, beim Erreichen des Theaters in diesem an exponierter Stelle platziert wurden und während der Spiele hier verblieben. Dass dabei den Kaiserbildern ähnlich wie in Gytheion zumindest Rauchopfer oder – wie vom Roma- und Augustuskult aus Pergamon bekannt19 – Gebäck dargebracht wurde, ist wahrscheinlich.
3 Die Rolle des Theaters in der Prozession Für die Prozession mit Götterbildern oder Herrscherbildern ins Theater gibt es im archaischen und klassischen Griechenland wenige Belege. Dies mag ein Überlieferungsproblem sein. Zu den wenigen Beispielen zählen die athenischen Großen Dionysien, bei denen das Bild des Dionysos von den Epheben ins Theater getragen wurde.20 Im Hellenismus dagegen sind einige Festprozessionen ins Theater überliefert, so die bereits angesprochene Pompa 336 v. Chr. anlässlich der Hochzeit Kleopatras in Aigai. Eine Inschrift aus Teos gibt explizit Auskunft über Agone und Pompai, unter anderem anlässlich der Eumeneia, die ins Theater führten.21 18
Die hier wohl vorliegende früheste bekannte Nennung dieser Funktion könnte ein Hinweis darauf sein, dass sie sich erst am Beginn des zweiten Jahrhunderts n. Chr. als Amt in einem rituellen Kontext verfestigte. Vgl. WÖRRLE 1988, 216–219; ROBERT 1939, 97–217 bzw. 1969, 1250–1370. 19 Vgl. I. Perg. 2, 374. 20 IG 22 1006, 11 f.; vgl. SCHEER 2000, 62 mit Anm. 346 und DEUBNER 1969, 138–141. 21 Vgl. CIG 3068.
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Von Gebeten und Trankopfern im Theater für die Götter und die Könige während musischer Agone spricht eine Inschrift aus Antiocheia am Pyramos aus dem zweiten Jahrhundert v. Chr.22 Die große Pompa des Philadelphos in Alexandria wurde laut Athenaios, der die entsprechenden Stellen aus dem Werk ‹Über Alexandria› des Historikers Kallixeinos von Rhodos wiedergibt, διαÁ τουÄ καταÁ τηÁ ν πο λιν σταδι ου23 geleitet. Konkretes über Anfangs- und Endpunkt erfahren wir nicht, es gibt aber Hinweise darauf, dass die Prozession auch außerhalb des Stadions über große Straßen, gesäumt von Zuschauern führte. RICE stellt in ihrer Monographie zu dieser Prozession plausibel dar, dass das erwähnte Stadion aller Wahrscheinlichkeit nach im Areal des Palastes lag und die Prozession durch den nordöstlichen Sektor des antiken Alexandria führte, wobei das Stadion eine Art Durchgangsstation bildete, bei der Herrscherfamilie und Gäste den besten Blick auf das Geschehen hatten.24 Sie vermutet ferner, dass den Endpunkt ein großes öffentliches Opfer für alle in der Prozession geehrten Gottheiten bildete, eventuell an einem heute nicht näher bestimmbaren Altar. Leider muss dies aber Vermutung bleiben. Das Stadion diente im Fall der Prozession von Alexandria zwar auch der Präsentation, ähnlich wie man sich das bei den Theatern vorstellen muss, es lässt sich aber als kultische Lokalität nicht auf die gleiche Stufe stellen, da das rein quantitative Argument als Begründung für die Benutzung der Theater wohl nicht ausreicht, sie also nicht nur aus Platzgründen in die Prozessionen einbezogen wurden, sondern auch eine kultische Rolle erfüllten, auf die später noch genauer einzugehen sein wird. Aus römischen Quellen gibt es zahlreiche Beispiele dafür, Bilder verstorbener Kaiser oder Mitglieder der kaiserlichen Familie in Prozessionen ins Theater zu tragen, die ganz deutlich in kultischen oder rituellen Zusammenhängen stehen.25 So sollte auf Vorschlag des späteren Augustus das Bild Caesars nach dessen Tod bei Spielen ebenso anwesend sein wie der den Verstorbenen repräsentierende leere kurulische Sessel mit Kranz.26 Bei den ludi Romani des Jahres 23 v. Chr. wurden eine goldene Statue des toten Marcellus mit goldenem Kranz sowie ein kurulischer Sessel ins Theater getragen und zwischen den Stühlen der Spielleiter aufgestellt.27 Tacitus berichtet von einem elfenbeinernen Bildnis des toten Germanicus, das 19 n. Chr. bei der Eröffnung der Zirkusspiele hereingetragen wurde.28 Und Caligula ließ ein Kultbild der toten Drusilla auf einem von Elefanten gezogenen Wagen in den Zirkus führen.29 Schließlich ist 22
Vgl. SEG 12, 511. Athen. 197c. 24 Vgl. RICE 1983, 29 ff. 25 Vgl. PEKA´ RY 1985, 119 ff. 26 Vgl. Cass. Dio 44,6; 47,18,4; App. BC 3,28 (105 f). 27 Vgl. Cass. Dio 53,30,6. 28 Vgl. Tac. ann. 2, 83, auch Tab. Siar. col c. 29 Vgl. Cass. Dio 59,13,8. 23
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aus dem Iuppiter-Capitolinus-Tempel im ägyptischen Arsinoe eine Rechnung aus dem Jahr 215 n. Chr. überliefert, aus der hervorgeht, dass man die Kaiserstatuen am Geburtstag Caracallas und an dem des divus Severus ins Theater brachte.30 Daneben stellte natürlich das Mitführen der Götterbilder während der pompa circensis, die vom Kapitol über das Forum in den Circus Maximus führte und bei der die Götterbilder auf fercula mitgeführt wurden, eine gewichtige Parallele im römischen Bereich dar. Die Rolle des Theaters und insbesondere der Theatralik, das heißt theatralischer Elemente im öffentlichen und politischen Raum und im Kult, wurde für die Zeit des Hellenismus bereits ausführlich beleuchtet.31 Schon im vierten Jahrhundert zählte das Theater auch in vielen kleineren Städten zu den dominierenden Architekturen des öffentlichen Raumes. Es wurde vor allem aufgrund seines Platzangebotes für diverse öffentliche Veranstaltungen politischen, kulturellen und religiösen Charakters genutzt.32 Die politisch-religiöse Darstellung Philipps II. im Theater von Aigai darf hier sicher symbolisch verstanden werden: Das Theater selbst wurde zur Bühne der herrscherlichen Selbstinszenierung. Es bot den Raum, aber es bot auch das emotionale Umfeld für derartige provokante Auftritte. Es ist sicher keine Übertreibung, das Theater, das neben seiner Funktion als Spielstätte auch als Ort öffentlicher Verkündigungen, Gerichtssaal oder Hinrichtungsstätte fungieren konnte, als emotional besonders besetzten Ort innerhalb des öffentlichen Raumes zu verstehen. Der Weg der Kommunikation verläuft innerhalb dieses Raumes stets in zwei Richtungen: vom Darstellenden zum Zuschauer, aber auch vom Zuschauer zum Darstellenden. Es gibt also eine Interdependenz, die beiden Seiten Möglichkeiten eröffnet, aber auch Grenzen setzt. Dass Theater und Kult dabei nicht nur durch die Institution der Pompa und in ihr mitgeführten Bildnisse in Korrelation gebracht wurden, sondern es vor allem im römischen Kulturkreis eine tatsächliche physische Verbindungen gab, belegen die im gesamten römischen Reich ausgegrabenen Baukomplexe, die Theater und Tempel architektonisch vereinigen. Ältestes und bekanntestes Beispiel mit großer Vorbildwirkung ist hier natürlich das Pompeius-Theater in Rom.33 Daneben zeigen die so genannten ‹Kulttheater› in den nördlichen Provinzen des Reiches und ihre wahrscheinlich zentrale Rolle bei Prozessionen in Götterkulten, aber auch im Kaiserkult, einige interessante Parallelen zu den genannten Beispielen des römischen Ostens auf. Kultkomplexe aus Tempel und Theater, die explizit mit dem Kaiserkult in Verbindung gebracht werden können, sind unter anderem in Mainz nachgewiesen, wo das Bühnentheater als 30
Vgl. BGU 362. Vgl. CHANIOTIS 1995 und 1997. 32 Vgl. CHANIOTIS 1997, 224–226. 33 Bereits vor der Errichtung des Pompeius-Theaters waren die ludi scaenici aufs Engste mit religiöser Architektur verbunden. Vgl. HANSON 1959, 25. 31
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Teil eines Kultensembles von Drususmonument und Germanicusbogen gesehen wird.34 Ebenso war der eventuell frühflavische Kaisertempel in Augst auf das Theater ausgerichtet und mit ihm durch einen Prozessionsweg verbunden.35 Im Kontext dieses Artikels besonders hervorzuheben ist der Kultkomplex aus Theater und Tempel von Avenches, da man hier die Goldprotome Marc Aurels gefunden hat und davon ausgegangen werden kann, dass diese in Prozessionen vom Tempel in das Theater mitgeführt wurde.36
4 Das Kaiserbild in der Prozession Vor diesem Hintergrund möchte ich nun einen Blick auf die Bilder der Kaiser in den Prozessionen und ihre Rolle in diesem Zeremoniell werfen. Ganz offensichtlich war die Verehrung der Kaiserbilder – allein oder gemeinsam mit den Götterbildern, je nachdem, ob es sich um Kaiserspiele handelte oder die Bilder der Kaiser bei anderen Anlässen mitgetragen wurden – eine Fortsetzung hellenistischer Tradition. Erinnert sei hier nur an die eingangs bereits erwähnte Prozession der zwölf Götter bei der Ermordung Philipps oder die Statuen von Alexander und Ptolemaios bekränzt mit Efeukronen aus Gold, die neben Götterstatuen bei der großen Prozession in Alexandria anlässlich der zweiten Ptolemaia mitgeführt wurden. In Gytheion trug man die Bilder des divus Augustus, des lebenden Kaisers Tiberius und der Livia also ins Theater, um vor ihnen zu opfern und vor ihren Augen die Spiele durchzuführen. In Oinoanda verlief die Prozession durch das Theater und es ist sehr wahrscheinlich, dass die Sebastophoroi die Bilder der lebenden und verstorbenen Mitglieder des Kaiserhauses im Theater auf Ehrenplätzen aufstellten, von denen aus sie die Prozession verfolgen konnten.37 Die Kaiserstatuen, die Vibius Salutaris stiftete, erhielten ebenfalls einen Ehrenplatz im Theater, und zwar bei den Volksversammlungen, bei den gymnischen Agonen und an anderen Festtagen. Hier schließt sich die Frage an, welche Rolle dem Bild in all diesen Zeremonien zukam. Die Idee, das Kaiserbild habe in diesen Situationen den Kaiser selbst nicht nur vertreten und habe seine Präsenz beim Fest widergespiegelt, sondern habe auch seine rituelle Rolle übernommen, scheint mir hier die sinnvollste Antwort zu sein. Ich möchte das anhand einiger Beispiele begründen. 34
Vgl. SPICKERMANN 2003, 87 f. Vgl. SPICKERMANN 2003, 151–158. 36 Vgl. SPICKERMANN 2003, 164. 37 Gleichzeitig sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich auch auf der Krone des Agonotheten Porträts des Kaisers Hadrian und des Stadtgottes Apoll befanden, also Kaiserbilder verschiedenster Ausführungen bei den Zeremonien eine Rolle spielten. Zum Typus der Porträtkronen vgl. WÖRRLE 1988, 187 f.; ROBERT 1982, 258 f.; Porträtkronen dieser Art überliefert Sueton in der Vita des Domitian: Bei den von diesem ins Leben gerufenen Ludi Capitolia trugen der Priester des Iuppiter sowie die Priester der flavischen Dynastie ebenfalls Kronen mit dem Porträt des Kaisers (Suet. Dom. 4,4); vgl. CALDELLI 1993. 35
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In der berühmten Hymnodeninschrift von Pergamon38 wird einem der Kultbeamten, dem Eukosmos, unter anderem die Aufgabe zugeteilt, bei den zentralen Feierlichkeiten vom 21. bis 23. September dem Augustus (τωÄ ι ΣεβαστωÄ ι) Opferkuchen, Weihrauch und Lampen bereitzustellen. Wohlgemerkt ist hier nicht die Rede von den Bildern des Kaisers, obwohl man natürlich davon ausgehen muss, dass die erwähnten Gaben vor Bildern dargebracht wurden.39 Die Bilder wurden hier also im Moment des Opfers mit dem Kaiser gleichgesetzt und identifiziert. Wenn die Bilder in bestimmten Situationen als Vertreter des Kaisers gesehen werden konnten, setzt dies voraus, dass es bei ihrer Anfertigung einen gewissen Standard gab, der von den Städten und Provinzen einzuhalten war. Dass die Kaiserbilder nicht willkürlich und je nach Gusto der einzelnen Gemeinde oder Provinz angefertigt werden konnten, sondern dass es bestimmte vorgeschriebene Verbreitungsmodalitäten und Vorschriften für die liturgische Behandlung gegeben zu haben scheint, macht der Papyrus Oxyrhynchos 144940 deutlich. Es handelt sich dabei um eine Inventarliste der römischen Verwaltung für die Dörfer des Fayum und die Stadtteile der Gauhauptstadt aus der Regierungszeit Caracallas. Aus dieser Liste geht hervor, dass wohl jeder kleine Tempel in den Dörfern des Gaues ein eigenes so genanntes ειÆ κονι διον, ein ‹kleines Bild›, mit der Herrscherfamilie besaß. Dabei handelte es sich wohl um ein stuckiertes Holzbild mit dem aufgemalten Porträt des Kaisers Caracalla, seiner Mutter Iulia Domna und seines Vaters Septimius Severus, in der Art des bekannten Berliner Severertondos. Die ebenfalls gemalten Bilder im Theater von Gytheion muss man sich wohl am besten in der Art ägyptischer Mumienporträts oder byzantinischer Ikonen vorstellen, denn die Inschrift spricht explizit von drei Bildern. Daneben werden im Papyros Oxyrhynchos 1449 auch Protomen, Kaiserbüsten, erwähnt, die wohl für die Prozession gedacht waren und von so genannten κωμασται getragen wurden. Ein weiterer OxyrhynchosPapyrus nennt daneben παστοϕ[ο ροις θεουÄ ] Κλαυδι ου,41 worunter man wohl Träger lebensgroßer Kaiserbilder verstehen muss, die auf fercula getragen wurden. Einen weiteren Hinweis auf die Standardisierung der Kaiserbilder liefern eine Reihe ägyptischer Ostraka mit Steuerquittungen, von denen einige die Kosten für Kauf, Aufstellung, Reparaturen oder Vergoldung von Kaiserstatuen betreffen.42 Diese Ostraka legen die Vermutung nahe, dass zu Beginn der Regierungszeit eines Herrschers ein Set, bestehend aus einer lebensgroßen Statue und einer Protome, angefertigt wurde. Man kann also feststellen, dass innerhalb eines gewissen Spielraums, der auch lokale Besonderheiten aufweisen konnte, eine klare Regelung hinsichtlich 38
I. Pergamon 2, 374. Vgl. PEKA´ RY 1985, 125. 40 Vgl. P. Oxy. 1449; HEINEN 1991. 41 P. Oxy. 1144. 42 Vgl. WILKEN 1899; FISHWICK 1989. 39
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der Ausfertigung, des Materials und der Funktionen der Kaiserbilder herrschte. Dies führt zurück zu der Frage, in welcher rituellen Funktion sie verehrt, in Prozessionen mitgeführt und im Theater aufgestellt wurden. Vier Überlieferungen erhellen hier schlaglichtartig den historischen Kontext: Zunächst soll auf den Begriff des confugere ad statuam principis eingegangen werden, also das Recht, Asyl beim Kaiserbild zu erlangen.43 Seit der Verleihung des Asylrechts an den Tempel des divus Iulius in Rom im Jahr 42 v. Chr.44 galt dieses Recht wohl auch für alle Kaiserstatuen im Reich. Trotz aller Auswüchse, die dieses Verfahren nach den Quellen zeitigte, wurde es dennoch nicht abgeschafft. Vor diesem Hintergrund muss man auch die Praxis sehen, Bittschriften zu Füßen der Kaiserstatuen abzulegen, wie es in einem Papyrus aus dem Jahr 250 n. Chr. beschrieben ist.45 Diese Vorstellung des Asyls beim Kaiserbild wurde von den Römern aus dem griechischen Kulturkreis übernommen, wo das Hikesierecht eine lange Tradition hatte.46 Zum Zweiten berichtet Tacitus von einem Treffen zwischen Domitius Corbulo, dem römischen Oberbefehlshaber im Osten, und dem armenischen König Tiridates im Jahr 63 n. Chr., bei dem Tiridates vor dem Bild des Kaisers ‹sein königliches Diadem niederlegen und es nur aus der Hand Neros zurücknehmen› sollte. Die eigentliche Zeremonie beschreibt Tacitus ausführlich: Dann wurde nach Ablauf weniger Tage unter großer Prachtentfaltung auf beiden Seiten drüben die armenische Reiterei aufgestellt nach Schwadronen im Schmuck ihrer heimischen Feldzeichen, herüben standen die Schlachtreihen der Legionen mit funkelnden Adlern und Feldzeichen und den Götterbildern nach Art eines Tempelbezirkes: in der Mitte trug ein tribunal einen kurulischen Sessel und der Sessel das Bild Neros. An dieses trat Tiridates heran, nahm, nachdem der Sitte gemäß Opfer geschlachtet worden waren, vom Haupt das Diadem und legte es vor dem Bildnis nieder.47
Auch hier fungierte also das Bildnis Neros als Stellvertreter des Kaisers. Es steht sogar zu vermuten, dass das Opfer, von dem Tacitus berichtet, vor dem Bild des Kaisers dargebracht wurde. Zum Dritten beschreibt Herodian eine Szene beim Herrschaftswechsel im Jahr 238 n. Chr. während der Belagerung von Aquileia durch Kaiser Maximinus Thrax: Nachdem die Soldaten die Bilder des Kaisers von den Feldzeichen gerissen hatten und ihn wie seinen Sohn umgebracht hatten, brachte die Bevölkerung von Aquileia Bilder der neuen Kaiser, vor denen die Soldaten ihre Loyalität zeigen sollten: An ihrer Stelle brachten sie [die Einwohner von Aquileia] die mit Lorbeerkränzen geschmückten Bilder (ειÆ κο νας) von Maximus, Balbinus und Caesar Gordianus hervor und bejubelten sie. Dann verlangten sie, dass auch die Soldaten die Kaiser akzeptieren und durch Zurufen anerkennen sollten, die der Senat und das römische Volk gewählt hatte.48 Vgl. PEKA´ RY 1985, 130 f.; SCHEER 2000, 178–185; GAMAUF 2003, 24–45. Cass. Dio 47,19,2. 45 Vgl. CPR 20. 46 Vgl. SCHEER 2000, 75 ff. 47 Tac. ann. 15,29,2 f. 48 Herodian 8,6,1. 43 44
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Schließlich prüfte auch Plinius anhand der Bilder des Kaisers die Loyalität derjenigen, die angeklagt waren, Christen zu sein: Diejenigen, die leugneten, Christen zu sein oder gewesen zu sein, und nach meinem Beispiel die Götter anriefen und Deinem Bilde, das ich zu diesem Zweck zusammen mit den Götterstatuen hatte herbeischaffen lassen, Weihrauch und Wein opferten, außerdem Christus schmähten – lauter Dinge, zu denen wahre Christen, wie man sagt, nicht gezwungen werden können –, glaubte ich freilassen zu sollen.49
Die genannten Beispiele sowie die bereits beschriebenen Rollen der Bilder in den Prozessionen lassen Spielraum für die Aussage, dass die Funktion des Kaiserbildes über eine reine Darstellung des Herrschers weit hinausging. Das Bild, in seiner Ausfertigung wohl einem gewissen Standard unterworfen, wurde als Stellvertreter des Kaisers selbst angesehen und entsprechend kultisch behandelt.50 Parallelen lassen sich ziehen zu den Götterbildern im archaischen und klassischen Griechenland. Auch hier ging die Funktion der Götterbilder über eine ‹ästhetisch-repräsentative›51 hinaus. Das Bild konnte die Identität des Gottes annehmen. So wurde das Götterbild in Opfer integriert und eine Art Speisung der Götterbilder fand statt, indem man Teile des Opfertieres vor die Bilder der Götter legte. Ähnlich den römischen Prozessionsbildern, deren Platz im Theater auf eine Zuschauerposition schließen lässt, sind in Griechenland Feste belegt, in denen man Götterbilder aus dem Tempel heraus näher zum Opfer brachte, damit diese es besser sehen konnten.52 Die zumindest zeitweilige, nämlich während des Festes oder Opfers, stattfindende Präsenz des Gottes im Bild kann also bei den Griechen zur religiösen Tradition gezählt werden. Eine ganz ähnliche Konstruktion findet sich in Ägypten. Zwar ist diese Konstruktion unabhängig vom Bild der Gottheit, bietet aber quasi eine theoretische Brücke zum Verständnis der Rolle des Kaiserbildes in Prozession und Kult. Der Pharao wird nach neueren Untersuchungen nicht mehr als göttlich in seiner Person, sondern lediglich als Träger göttlicher Rollen verstanden, die er situativ bedingt einnahm.53 Dieses Konzept, das in der Forschung als situative oder fallweise Göttlichkeit des Königs bezeichnet wird, unterscheidet zwischen der Privatperson des Königs und seinem Amt.54 Einen Niederschlag findet es 49
Plin. epist. 10,96,5. Vgl. auch GAMAUF 2003, 27 ff. 51 SCHEER 2000, 303. 52 Bei den athenischen Großen Dionysien wurde das Bild der Gottheit zu den dramatischen Aufführungen ins Theater getragen. Vgl. IG 22 1006, 11 ff.; IG 22 1008, 17 ff. 53 Vgl. GUNDLACH 1988 und 1997. Dies hat in jüngerer Zeit auch SVENSON anhand der Untersuchung der dem Pharao zugeordneten Götterattribute in der bildlichen Darstellung unterstrichen (vgl. SVENSON 1995, 144–148). 54 Dass es sich bei dieser Konzeption um eine zeitübergreifende Vorstellung handelte, zeigt die von KANTOROWITZ 1957 vorgelegte Untersuchung über die ‹zwei Körper des Königs›, die auf die generelle Unterscheidung zwischen dem Amtscharakter eines Herrschers und seiner natürlichen Person eingeht. 50
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bereits im Alten Reich in einer begrifflichen Unterscheidung zwischen zwei irdischen Aspekten des Pharaos: Es existierte auf der einen Seite eine Bezeichnung für seine menschliche Natur und auf der anderen Seite eine für die aus seinem göttlichen Amt resultierende Herrscherstellung. Der Schlüssel für das Verständnis des ägyptischen Königtums liegt also in der Trennung von Person und Amt des Königs. Der König als Person ist nicht göttlich, der göttliche Anspruch ergibt sich aus dem von ihm ausgeübten Amt; nicht der Mensch ist göttlich, sondern das königliche Amt, das er ausübt.55 Diese Doppelnatur beschreibt die ägyptische Königstitulatur, in der durch den Horus-Titel und den Horus-Namen ausgedrückt wird, dass dem König als ‹Sonnengott auf Erden› die Rolle der irdischen Erscheinung des Sonnengottes übertragen worden ist.56 Durch sein Amt verkörpert der Pharao die Gottheit und diese erscheint in ihm, gleichzeitig ist der König als Person seiner Natur nach grundsätzlich immer Mensch. Erst im Augenblick der Regierungsübernahme werden dem Pharao auch die Qualitäten der Gottheit übertragen – sichtbare Zeichen dieser Macht sind Krone, Zepter und Titulatur – und er verliert sie wieder mit seinem Tod. Um mit dieser Rolle umgehen zu können, stand dem ägyptischen Herrscher eine göttliche Kraft, die so genannte Ka-Kraft,57 beiseite, die jeder neue Pharao von seinem Vorgänger im Amt übernahm und die den König sowohl mit den Göttern als auch mit seinen Vorfahren verband. Bei bestimmten kultischen Handlungen war der ägyptische Pharao also Gott, obwohl er weiterhin seine menschliche Gestalt behielt, sich seine äußere Erscheinung also nicht veränderte. Man kann sich dieses Konzept so vorstellen, dass der menschliche Teil des Pharaos als Gefäß gedacht wurde, das in der entsprechenden Situation mit göttlichem Anteil gefüllt werden konnte. In der ägyptischen Bildersprache drückten sich die verschiedenen Zustände des Pharaos durch unterschiedliche Attribute aus, mit denen er dargestellt wurde. Wurde er mit der Krone oder Attributen eines Gottes dargestellt, so stellte er in diesem Augenblick jenen Zustand dar, in dem die Kräfte dieses speziellen Gottes in ihm wirkten. Der Pharao handelte im Kult folglich als die menschliche Hypostase eines Gottes. Überträgt man diese Idee auf die Rolle der Kaiserbilder, so hieße das, das Bild übernimmt im Ritual, das heißt im Fest, bei der Prozession, beim Opfer, während der Feiern und Agone im Theater, die Rolle des Herrschers und ist in diesem Moment der Herrscher. In der bildlichen Darstellung wurde also eine eigene Art der Realität geschaffen. Hier lässt sich auch der Bogen zurück schlagen zur Prozession von Aigai, in der Philipp II. als synthronos der Götter – sitzend und wie in seinem Münzbild angeglichen an die berühmte PhidiasStatue des Zeus – bewusst den Übergang zwischen menschlicher und göttlicher Sphäre vermischt.58 55
Vgl. Vgl. 57 Vgl. 58 Vgl. 56
GOEDICKE 1960, 87–90. GUNDLACH 1997, 5. zur Ka-Kraft des Königs BELL 1985. EDELMANN 2007, 178–182.
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5 Fazit Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Bilder der Kaiser in den Prozessionen von Gytheion, Oinoanda und Ephesos sowie den rituellen Kontext bei den Zeremonien im Theater, so lässt sich als Fazit formulieren, dass Herrscherbild und Theater in einem gewissen Sinn als Einheit verstanden werden müssen. Das Theater bildete den rituellen Raum, in dem die Kaiserbilder am besten die gedachte und gewünschte Anwesenheit der Kaiser während der religiösen Zeremonien darstellen konnten. Gerade in kleineren Städten wie Gytheion oder Oinoanda, für die der Kaiser in der Regel nur als Bild existierte, ergab sich so die Möglichkeit, als gesamte Gemeinde – die in ihren Korporationen und sozialen Schichtungen in der Prozession vertreten war – mit dem Kaiser in Kommunikation zu treten, ihre Loyalität zu bekunden und sich als Teil des Imperiums darzustellen. Gleichzeitig wurde in diesen die gesamte Gemeinde umfassenden Prozessionen in oder durch das Theater natürlich auch dem Verlangen nach Repräsentation im Spektakel Rechnung getragen. Prozession und Bilder sind als Akte der non-verbalen Kommunikation zu verstehen, mit denen die Stifter, Teilnehmer, Städte und Gemeinden ihre eigene Identität im Verhältnis zu Kaiser und Reich definierten, Erwartungen erfüllten und sich selbst in die vorgegebene Ordnung eingliederten. Reichs- und Provinzialreligion wurden im Fest verknüpft. Die Analyse von Prozession und Bild in der Zusammenschau verdeutlicht, dass hier eine doppelte Funktion vorlag. Zum Ersten marschierte die Stadt am Bild im Theater vorbei und erwies dem Kaiserbild und damit – wie ich versucht habe zu begründen – dem Kaiser selbst Loyalität. Zum Zweiten erhielt die Gemeinde damit die Möglichkeit, im Fest und im Kultvollzug Teil des Reiches zu werden, das als Gesamtheit durch das Kaiserbild repräsentiert wurde, dies ist auch schon in den kaiserlichen Bestätigungsschreiben der Stiftungen und Feste angelegt. Die Gemeinde als Festprozession, das heißt in ihrer sozialen Hierarchie gegliedert, präsentierte sich als loyaler Teil des Ganzen. Die Prozession hatte demnach eine legitimatorische und eine integrative Funktion. Sie kann als Medium der Kommunikation zwischen Kaiser und Stadt verstanden werden, durch das der Konsens zwischen Herrscher und Beherrschten hergestellt und gleichzeitig in den Städten soziale Kontrolle ausgeübt wurde, wie nicht zuletzt die strengen Strafvorschriften in den Kultgesetzen und Stiftungsurkunden zeigen.
Bibliographie BELL, L. 1985. ‹Luxor Temple and the Cult of the Royal KA›, JNES 44. 251–294. BÖMER, F. 1952. ‹Pompa›, RE XXI 2. 1878–1994. CAIN, H.-U. 1995. ‹Hellenistische Kultbilder. Religiöse Präsenz und museale Präsentation der Götter im Heiligtum und beim Fest›, in: M. WÖRRLE, P. ZANKER (Hgg.). Stadtbild und Bürgerbild im Hellenismus. München. 115–130.
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Religiöse Mahlgemeinschaften der römischen Kaiserzeit: Eine phänomenologische Studie von
ALFRED SCHÄFER 1 Einleitung1 Ein fest ausgebildeter Bautypus, der für die Zusammenkünfte einer bestimmten Kultgemeinschaft im Imperium Romanum diente, liegt bekanntlich bei den Mithräen vor.2 Es handelt sich um eine Architekturform, deren Hauptraum aus einem Saal mit seitlichen Liegepodien und einem Mittelgang besteht. Am Ende dieses dreigeteilten Podiensaals befindet sich das kultische Zentrum mit den Götterbildern. Bevorzugt handelt es sich um eine geschlossene Anlage für eine Gruppe von etwa zwanzig bis fünfzig Personen. Nebenräume können die Gleichförmigkeit der Mithräen auflockern, aber am zentralen Hauptraum wird grundsätzlich festgehalten. Das überregional verbreitete Raumkonzept trägt dem Charakter des Mysterienkultes Rechnung, der sich durch einen intimen Charakter der Feierlichkeiten auszeichnet. Im Folgenden soll es nicht um die spezifischen Elemente des Mithras-Kultes gehen, die diesen von anderen Kulten unterscheiden. Vielmehr beschränke ich mich auf gemeinsame Funktionen, die sowohl die Versammlungsräume des Mithras-Kultes als auch die Versammlungsräume anderer Kulte geprägt haben. Im Blickpunkt stehen ausgewählte Sakralbauten der römischen Donauprovinzen, von denen einige Liegepodien für das gemeinschaftliche Bankett aufweisen.3 Die Forschungsperspektive richtet sich zum einen auf das wechselseitige Verhältnis von Raum und Ritual und zum anderen auf das Phänomen der Diffusion religiöser Handlungsmuster, die für religiöse Mahlgemeinschaften charakteristisch waren. In diesem Zusammenhang können die Überlegungen von ANGELOS CHANIOTIS weiterführen, der auf die Übertragung alttradierter Rituale in einen neuen, kultischen, sozialen, ideologischen und räumlichen Kontext im Rahmen des Kaiserkults im griechischen Osten hingewiesen hat.4 In Bezug auf die überre1
Den Teilnehmern des Kolloquiums sowie Doru Bogdan, Alexandru Diaconescu, Mariana Egri, Manuel Fiedler, Ian Haynes, Sophie Helas, Constanze Höpken, Manfred Kandler, Attilio Mastrocinque und Jean Plumier danke ich für zahlreiche Hinweise. 2 MARTENS, DE BOE 2004; SCHATZMANN 2004. 3 Eine umfassende Studie zu den so genannten Podiensälen hat jüngst HOLGER SCHWARZER vorgelegt (Diss. Humboldt-Universität Berlin 2005); vgl. S CHWARZER 2002. 4 CHANIOTIS 2003, 3–4. – Zur Konzeption von Ritualen: WEINFURTER 2005.
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gional verbreiteten Kulte von Gottheiten wie Mithras, Iuppiter Dolichenus oder Liber Pater ist gleichfalls zu fragen, ob nicht einzelne Handlungen, Handlungssequenzen oder Äußerlichkeiten – wie beispielsweise architektonische Ausstattungselemente, Ikonographien von Weihgeschenken oder Formen der Kultkeramik – von anderen, ähnlichen oder auch andersartigen Kulten übernommen worden sind. Worauf beruht die Attraktivität der Mithräen, Dolichena oder Bakchia im zweiten und dritten Jahrhundert n. Chr.? Sind religiöse Praktiken vor Ort neu erfunden worden oder wählte man bereits vorhandenen Rituale aus und verband sie zu einem neuen Ganzen? Der skizzierte Fragenkomplex, der mit dem Begriff des Ritualtransfers zu verbinden ist, schließt die Frage nach den Trägern und Multiplikatoren der religiösen Kommunikation mit ein. Der Beitrag möchte aus archäologischer Perspektive das Nebeneinander einer individuell getragenen und zugleich gruppenspezifischen Weihepraxis herausstellen, die wesentlich zum Erfolg von kultischen Mahlgemeinschaften im Imperium Romanum beigetragen hat. Für eine Untersuchung religiöser Gruppen5 kommt den archäologischen Zeugnissen ein besonderer Wert zu, da sie Rituale des Alltags erschließen, die von anderen Quellengattungen nicht dokumentiert werden.
2 Das Bel-Heiligtum von Porolissum Beginnen möchte ich die Überlegungen mit der Vorstellung eines Sakralkomplexes in Porolissum an der nördlichen Limesgrenze der Provinz Dakien (Abb. 1, Faltplan). Auf der so genannten Terrasse der Heiligtümer nördlich des Castrums von Porolissum ist ein langrechteckiges Versammlungslokal mit einer Seitenlänge von 22,60 Meter mal 13,50 Meter archäologisch erforscht worden (Abb. 2).6 Die Anlage (N 2) nutzt teilweise die Strukturen eines rechteckigen Vorgängerbaus, indem dessen rückwärtige Apsis in den neuen Plan integriert wird. In der dritten Bauphase liegt die repräsentativste architektonische Fassung vor (Abb. 3). Der Besucher gelangt über eine im Osten angefügte Vorhalle mit einer Tiefe von 4,75 Meter in das Gebäude. Der eigentliche Saalbau besitzt an den Längswänden 1,5 Meter tiefe Liegepodien, die bei gemeinschaftlichen Banketten genutzt worden sind.7 Im hinteren Bereich befindet sich ein mit Schranken versehenes Adyton. Vor der Eingangsfront des Podiensaals 5
Zum Begriff: RÜPKE 2004. RUSU-PESCARU, ALICU 2000, 74–77. 7 Für die doppelte Säulenreihe der zweiten Bauphase gibt es keine Anhaltspunkte. Zur dritten Bauphase gehört ein 4,75 m x 13,50 m großer Vorraum, der die gesamte Eingangsfront einnimmt. Innerhalb des Saalbaus wurden entlang der Längswände zwei Mauern in einem Abstand von jeweils 1,5 m eingezogen. Die Ausgräber vermuten, dass auf diese Weise das Gebäude verkleinert worden sei. Grundriss und Maße der Mauern sprechen aber mit hoher Wahrscheinlichkeit für hölzerne Liegepodien, die auf den Mauern auflagen; vgl. RUSU-PESCARU , A LICU 2000, 75. 6
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ist eine rechteckige Altarfassung nachgewiesen, die über einen zwölf Meter langen, mit Steinen gepflasterten Weg zu erreichen gewesen ist. Gleich hinter dem Altar befanden sich zwei große Votivgruben.8 Mehrere Argumente sprechen für die Identifikation des religiösen Versammlungslokals als Heiligtum des syrisch-palmyrenischen Gottes Bel. Eine Inschrift aus Porolissum ohne genauen Fundort besagt, dass ein durch Brandschatzungen zerstörter Tempel des deus patrius Belus vom numerus Palmyrenorum sagittariorum zum Wohl des Kaisers Caracalla restauriert worden ist.9 Als Dedikant erscheint C. Iulius Septimius Castinus, konsularischer Statthalter der tres Daciae gegen 215 bis 217 n. Chr. Für die Arbeiten verantwortlich ist der Kommandant der legio V Macedonica, die ihr Standlager in Potaissa hatte. Zudem wird der Finanzprokurator der Provinz Porolissensis aufgeführt. Aus dem beschriebenen Sakralbezirk stammen gestempelte Ziegel mit dem Signum NP für den numerus Palmyrenorum. Dass die dritte Bauphase des Saalbaus mit dem unter Kaiser Caracalla restaurierten Bel-Heiligtum zu verbinden ist, wird schließlich durch einen Zerstörungshorizont der zweiten Bauphase gestützt.10 Die zweite Nutzungsphase endete mit einem Brand, dessen Spuren vor allem in der Nähe der nördlichen Seite des Saalbaus dokumentiert werden konnten. Hinzu kommt der Bronzering mit der Inschrift Balanus aus einer Votivgrube.11 Dass die Inschrift mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Saalbau zu beziehen ist, wird durch dessen Bautypologie nahe gelegt. Zum einen handelt es sich um einen Podiensaal, dessen eingebaute Liegepodien vor allem bei Bankettbauten im östlichen Mittelmeerraum, aber auch im Westen des Imperiums belegt sind.12 Ganz entsprechend weist das Heiligtum der heliopolitanischen Gottheiten am Ostrand der canabae legionis von Carnuntum einen Versammlungsbau im Typus des Podiensaals auf.13 Zum anderen ist ein Adyton, das die Götterbilder aus ihrem Umfeld heraushebt, für syrische Sakralbauten charakteristisch. Ein guter Vergleich dieser formalen Konzeption ist das Mithräum von Dura Europos, das mit seinem erhöhten Adyton die gleiche Architektursprache widerspiegelt.14 Viele Mithräen des römischen Reiches besitzen zwar einen ar8 Als ‹Votivgruben› werden hier Erdgruben ganz allgemein verstanden, in denen Weihegaben und Ausstattungselemente eines Heiligtums gefunden worden sind. Über die Art und Weise der Deponierung von Weihgeschenken kann der Begriff nicht Auskunft geben. 9 Pro salute [I]mp(eratoris) M(arci) Aur[elii] / Antonini Aug(usti) Pii Fel(icis) deo / patrio Belo n(umerus) Pal(myrenorum) sagit(tariorum) tem- /plum ui ignis consumptum / pecunia sua restituer(unt) dedi- / cant[e] [C(aio)] I[ul(io) Sept(imio) Casti]no / co(n)s(ulari) III Daci[ar(um) ?M(arco)] Ulpio Victore / proc(uratore) Aug(usti) proui[nc(iae) Por]ol(issensis) cura agen- / te T(ito) Fl(auio) Saturn[ino (centurione le]g(ionis) V Mac(edonicae) p(iae) c(onstantis); PISO 2001, 229. 10 RUSU-PESCARU, ALICU 2000, 75. 11 CHIRILA, GUDEA, MATEI, LUCACEL 1980, 95. 12 Vgl. GASSNER 2005. – Nicht bei jedem Podiensaal handelt es sich um einen Bankettraum; SCHWARZER 2002. 13 KANDLER 2001, 66 Anm. 17, Abb. 3. – S. hier Kap. 3. 14 ROSTOVTZEFF, BROWN, WELLES 1939, Abb. 34.
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chitektonisch herausgehobenen Standort für das Kultbild, wie beispielsweise das Walbrook-Mithräum in London oder das Mithräum der Crypta Balbi in Rom.15 Für die Aufstellung des Kultbildes im Mithräum von Dura Europos und im Bel-Heiligtum von Porolissum ist aber ein abgegrenzter Raum geschaffen worden, der besonders weit in den Saal hineinragt. Es liegen deutlich voneinander getrennte Raumeinheiten für die Aufstellung des Kultbildes und die Versammlung der Mahlgemeinschaft vor. Der sakrale Raum als Handlungsort von Ritualen wird in Porolissum nicht nur anhand der Bankettarchitektur, sondern auch anhand mehrerer Votivgruben im Freien fassbar (Abb. 2). Dass der Podiensaal im Zusammenhang seines sakralen Umfeldes gesehen werden muss, um das Handlungsspektrum der Kultgemeinschaft zu erfassen, soll ausdrücklich hervorgehoben werden. Etwa ein Meter östlich des Altars wurden zwei große Gruben entdeckt.16 Grube (a) unweit einer römischen Straße besaß einen Durchmesser von 7,50 Meter und eine Tiefe von etwa 1,40 Meter; Grube (b), die nach der Verfüllung von Grube (a) weiter genutzt wurde, einen Durchmesser von 4,50 Meter und eine Tiefe von etwa 4,15 Meter. Die in den Gruben aufgefundene römische Keramik und verbrannte Tierknochen sind sicherlich Überreste sakraler Handlungen und dürften als die Überreste von Opferbanketten zu deuten sein. In Grube (b) entdeckten die Ausgräber in einer Tiefe von nur zehn bis zwanzig Zentimeter zwei Bronzestatuetten des Mars und der Isis.17 Im unteren Bereich derselben Grube, genauer in einer Tiefe von 3,50 Meter, wurden zwei zerbrochene, aber vollständig vorliegende Gefäße und eine hallstattzeitliche Bronzeaxt gefunden. Aufgrund ihres Alters und Materialwertes wird die Axt intentionell deponiert worden sein.18 Zwei weitere Votivgruben (c–d) gehören nach Meinung der Ausgräber zum Niveau des Kultlokals mit halbrunder Nische (Abb. 3, Bauphase I). Demnach wären die Gruben dem Nutzungshorizont des kleineren Vorgängerbaus des Podiensaals zuzuordnen.19 Grube (c) befand sich unmittelbar westlich einer Portikus (N 3) und enthielt Rinderknochen. Grube (d) lag in der Nordwestecke dieser Halle unterhalb eines jüngeren Hypokaustum. In der Verfüllung von Grube (d) befanden sich zahlreiche Keramikfragmente, zerbrochene Gefäße, die vollständig zusammengefügt werden konnten und auch intakte Gefäße. Publiziert wurde ein dreihenkeliger Schlangenkrater mit Applikationen in Form von dionysischen Figuren (Abb. 4 a–c).20 Das große Weinmischgefäß wurde sicherlich bei gemeinschaftlichen Banketten genutzt.21 15
SHEPHERD 1998; RICCI 2004. GUDEA 1983, 131. 17 GUDEA 1983, 133. 18 Zur Weihung von Waffen: HAYNES 1997, 119–124; FISCHER 2001; MÜLLER 2002, 93– 148. 19 GUDEA 1983, 133. 20 MATEI 1982, 17–22; BOLINDET 1993, 125. 21 HÖPKEN 2004, 244. 16
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Die Ausgräber interpretierten die erste Bauphase des Heiligtums aufgrund des Schlangengefäßes als Liber Pater-Tempel (Abb. 3). Gegen diese Deutung spricht die Überlieferung von mit Schlangen applizierten Mischgefäßen in verschiedenen Kulten, in denen Festmahlzeiten eine gemeinschaftsstiftende Funktion zukam.22 Zu den Fundkontexten von Schlangentöpfen gehören nicht nur Liber Pater-Heiligtümer, sondern etwa auch Mithräen,23 ein Aesculap- undHygia-Heiligtum in Sarmizegetusa24 oder ein Sakralbezirk in Carnuntum, in welchem unter anderen Iuppiter Heliopolitanus verehrt worden ist.25 Ein einzelnes Gefäß mit der Darstellung des Liber und der Libera kann zudem für die Identifikation eines Liber Pater-Heiligtums nicht derart gewichtet werden. In römischen Heiligtümern konnten neben der Hauptgottheit grundsätzlich auch weitere Gottheiten etwa in Form von Weihgeschenken verehrt werden. Diese Offenheit gegenüber anderen Göttern entspricht weit verbreiteter römischer Kultpraxis sowohl in Heiligtümern als auch religiösen Versammlungslokalen.26 In Porolissum liegen demzufolge keine hinreichenden Indizien vor, die für einen Liber Pater-Tempel sprächen, der später durch einen Sakralbau des deus patrius Belus ersetzt worden sei. Auf der Grundlage der überlieferten Zeugnisse ist vielmehr von einer Kontinuität der Kultstätte des Bel auszugehen. Dass man die Halle (N 3) anlässlich von Feierlichkeiten zu Ehren des Bel genutzt hat, wird durch die Ausrichtung der Säulenstellung auf den Altarplatz und durch die zeitliche Stellung der Halle gestützt, die in Verbindung mit der zweiten Bauphase des Bel-Heiligtums im ausgehenden zweiten oder frühen dritten Jahrhundert n. Chr. errichtet worden ist.27 Zu den Trägern des Bel-Kultes in Porolissum gehörten vor allem Soldaten einer palmyrenischen Auxiliareinheit, die am Ort ihren heimatlichen Gott verehrten. Da der Sakralbezirk außerhalb der Lagermauern im nordwestlichen Bereich der Zivilsiedlung oder in dessen unmittelbarer Nähe liegt,28 dürfte dieser gegenüber der Zivilbevölkerung nicht völlig abgeschlossen gewesen sein. Darauf verweist die römische Straße, über die man den Altarhof ungehindert erreichen konnte. Die Liegepodien des Saalbaus sprechen für kultische Mahlzeiten, die einen integrativen Bestandteil der Feierlichkeiten bildeten. Während die verehrte Gottheit auf die syrische Herkunft der Truppeneinheit zurückzuführen ist,29 orientiert sich der durch die Befunde und Funde fassbare 22 Vgl. SCHMID 1991; BOLINDET 1993, 123–141; SCHÄFER, DIACONESCU 1997, 210; GASSNER 2004; HÖPKEN 2004, 244. 23 WIBLE´ 2004, 143. 24 BOLINDET 1993, 125. 131. 25 GASSNER, KANDLER 2002, 150, Abb. 2; GASSNER 2004, 229–238; s. hier Kap. 3. 26 LOBÜSCHER 2001, 188; SCHÄFER 2004, 126. 27 GUDEA 1983, 133. 28 Nach GUDEA 2001, 45 liegt das syrische Heiligtum von Porolissum im Zugangsbereich der Zivilsiedlung; vgl. MATEI 1982, 17. – Zur Geschichte der Zivilsiedlung, deren Lage und Umfang bisher nicht genau bestimmt werden konnten: GUDEA 2001, 46–49; PISO 2001, 235–237. 29 Zum Phänomen der so genannten Regimentstraditionen: HAYNES 1993; HAYNES 1999; SCHÄFER 2007b.
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Kult an Handlungsmustern, die auch für die Kulte anderer religiöser Gruppen überliefert sind. Deutlich wird dies am Beispiel der Schlangengefäße, die als Weinmischgefäße eine spezifische Funktion im Kult übernahmen. Die Austauschbarkeit religiöser Handlungsmuster und hiermit verbundener Gebrauchsgegenstände – CHANIOTIS spricht in Anlehnung an sprachliche Formationsregeln von der Rekursivität von Ritualen30 – soll am Beispiel kleinerer Versammlungsbauten weiter verfolgt werden.
3 Der Kultbezirk des Iuppiter Optimus Maximus Heliopolitanus von Carnuntum Am Ostrand der canabae legionis von Carnuntum ist ein Sakralbezirk mit mehreren Heiligtümern großflächig ergraben worden (Abb. 5).31 Eine Temenosmauer polygonaler Form umschließt ein Areal von ungefähr einhundertzehn Meter mal neunzig Meter, in dessen Zentrum sich ein von Hallen gesäumter Hof (5) befindet (Abb. 6).32 An die Platzanlage grenzen wenigstens fünf Sakralbauten (A, B, C, H und J) an (Abb. 5). In unserem Zusammenhang sind die Bauten H und J herauszustellen, die an der Südseite des zentralen Hofes (5) hinter einer Portikus liegen.33 Der fünfundzwanzig Meter mal 13,25 Meter große Saalbau J besitzt an seinen Längswänden und seiner gegenüber dem Eingang liegenden Schmalseite sechzig Zentimeter hohe Liegepodien, die einen mit Ziegeln ausgelegten Innenraum umschließen. Aus dem Bereich dieses Podiensaals stammt ein Altar für Iuppiter Optimus Maximus Heliopolitanus, der auf das Gelübde eines gewissen Offellius zurückgeht.34 Ein vergoldetes Bronzeblech in Form einer tabula ansata wurde von einem Q. Pomponius Sosipater dem Iuppiter Heliopolitanus geweiht.35 Das dritte Zeugnis, eine Votivsäule, wurde bei den ersten Grabungen in dieser Zone im Jahr 1872 entdeckt. Die Säule ist auf Geheiß des Iuppiter Heliopolitanus von Cornelius Vitalis, tribunus militum der legio XIIII errichtet worden.36 Zusammen mit dem Podiensaal J teilte sich der kleinere Saalbau H den Eingangsbereich.37 Raum H misst fünfzehn Meter mal zehn Meter. An den Längswänden verliefen Liegepodien, die von einer U-förmigen Mauerkon30
CHANIOTIS 2003, 4. KANDLER 2001, 66, Abb. 3; GASSNER, KANDLER 2002, 148, Abb. 1; ESCHBAUER, GASSNER, JILEK, KANDLER 2003, 129, Abb. 9. 32 JOBST 1983, 114; ESCHBAUER, GASSNER, JILEK, KANDLER 2003, 128; GASSNER 2004, 229. 33 JOBST 1983, 114–116; KANDLER 2004b, 45; ESCHBAUER, GASSNER, JILEK, KANDLER 2003, 154–155; KANDLER 2004a; GASSNER 2005, 81–84. 34 ESCHBAUER, GASSNER, JILEK, KANDLER 2003, 125, Abb. 6. 35 Ebd., 125, Abb. 7. 36 Ebd., 154. 37 JOBST 1983, 114–115; GASSNER 2005, 81. 31
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struktion gestützt wurden und ein Mittelschiff einfassten. Am Ende des Mittelschiffs befand sich ein weiteres, von den anderen abgesetztes Podium, das wahrscheinlich als Kultbildbasis zu interpretieren ist. Der Architekturtypus der beiden Podiensäle H und J weist in Verbindung mit den Weihgeschenken auf Banketträume hin, die bei kultischen Feiern genutzt wurden.38 Diese Deutung wird durch eine Küche mit Herdstelle im Süden des gemeinsamen Eingangsbereiches gestützt. Hinzu kommt eine Fundmassierung von Schlangengefäßen südlich der Podiensäle H und J.39 Die Keramikfragmente gehören späten Schuttschichten an, so dass die Gefäße ursprünglich auf Kultmähler in den benachbarten Bauten zurückgehen dürften. Innerhalb dieser Randzone konnte eine so genannte Opfergrube lokalisiert werden.40 In ihrer Verfüllung befand sich verbranntes Material: Gefäßkeramik, Kleinfunde und zahlreiche Tierknochen, unter denen Reste von Boviden und Wasservögel auffallen. Mehrere Fragmente von Schlangentöpfen mit Brandspuren gehören zu einem oder höchstens zwei Exemplaren. In Porolissum und Carnuntum befindet sich jeweils eine ausgedehnte area sacra mit mehreren Heiligtümern. Die Sakralbezirke liegen im Bereich einer zivilen Siedlung und zugleich in der Nähe eines Truppenlagers. Überliefert sind Podiensäle für Bankette einer religiösen Gemeinschaft, die syrisch-palmyrenische Götter, nämlich Bel und den in Baalbek/Heliopolis beheimateten Iuppiter Heliopolitanus, verehrten.41 Aufschlüsse zu den Opferfeierlichkeiten liefern die Verfüllungen von Gruben. Zwei Gruben in Porolissum, die neben einem großen Altar angelegt worden sind, nehmen anscheinend nicht nur Opferbrand und Reste von Mahlzeiten auf, sondern sind teilweise selbst Orte von Votivniederlegungen. Die Bedeutung der Deponierungen geht auch daraus hervor, dass man die Position der zweiten Grube (b) so gewählt hat, dass die erste Grube nicht gestört wurde. Auf das Nebeneinander derartiger Gruben, die im archäologischen Sprachgebrauch häufig als favissae bezeichnet werden, möchte ich noch zurückkommen.42 Sowohl in Porolissum als auch Carnuntum ist eine mit 38 KANDLER 2004a, 274. – Ob es sich bei den benachbarten Sälen um getrennte Versammlungsräume für Männer und Frauen handelt, sei dahingestellt. Ebenso ist nicht eindeutig zu entscheiden, ob der größere Raum nur im Sommer und der beheizte nur im Winter genutzt worden sind. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang an die benachbarten Räume unterschiedlicher Bankettgemeinschaften in Dura Europos; BUCHMANN 2006. – Zu kultischen Mahlgemeinschaften im Zusammenhang des Matronen-Kultes: HERZ 2003. 39 ESCHBAUER, GASSNER, JILEK, KANDLER 2003, 155; GASSNER 2004, 231. 40 Grube K 81/4 in L–29; ESCHBAUER, GASSNER, JILEK, KANDLER 2003, 157. 41 Zur Diffusion des Iuppiter Heliopolitanus-Kultes im Westen des Imperium Romanum: GASSNER, KANDLER 2002, 146–147. 42 S. Kap. 6. – Auf eine Verwendung antiker Termini für rituelle Deponierungen und Votivgruben, wie bothros, thesauros, favissae oder mundus, wird hier verzichtet. Generell dienen Begriffe für bestimmte Handlungsmuster in einem Heiligtum der Vereinheitlichung und stellen damit eine Simplifizierung im Vergleich zur Vielfalt der archäologisch überlieferten Verfahrenweisen dar. Eine eigene Untersuchung zur antiken Terminologie ritueller Deponierungen, zunächst unabhängig von den archäologischen Befunden, ist gleichwohl notwendig.
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Gefäßkeramik verfüllte Grube belegt, zu der mindestens ein Schlangengefäß gehört. Ob die Weinmischgefäße als Abfall oder aufgrund einer rituellen Niederlegung in die Gruben gelangt sind, kann nur im Kontext der Verfüllschichten analysiert werden.43 Soldaten als Träger der Versammlungsbauten sind in Porolissum wie in Carnuntum im Bereich einer zivilen Siedlung belegt.44
4 Der Tempelbezirk für Liber und Libera in Carnuntum Dass die Architektur der Podiensäle nicht nur für die Verehrung von Göttern aus dem Osten des Imperiums charakteristisch ist, zeigt die Überlieferung eines Liber und Libera-Heiligtums in Carnuntum (Abb. 7).45 Das Heiligtum liegt im nordwestlichen Bereich der weiträumigen area sacra am Ortsrand des Lagerdorfes. Das Temenos wird im Westen von einer Straße begrenzt, die als Umfahrungsstraße des Legionslagers gedient hat. Man betrat den von einer Mauer umschlossenen Sakralbezirk durch einen architektonisch hervorgehobenen Eingang im Norden. Auf der Platzanlage, die auf zwei Seiten von Säulenhallen gerahmt wurde, erhob sich ein tetrastyler Tempel. Gegenüber der Tempelfront befand sich ein Saalbau mit längsseitigen Podien, auf denen die Verehrer des altitalischen Götterpaares während des gemeinsamen Opfermahles lagerten. Dass mit einiger Wahrscheinlichkeit Liber Pater und Libera als Inhaber des Kultbezirks zu bestimmen sind, legen eine Liber Pater-Statuette aus einem nahe gelegenen Brunnenschacht und ein Altarfragment nahe.46 Der ursprünglich sechseckige Altar stammt aus einer Grube an der westlichen Umfassungsmauer und trägt die Inschrift Liber(o) et Lib/erae Aug(usto) sac(rum) / pro sal(ute) Aug[(usti)... / ...] lio re [...]. Schlangengefäße aus dem Bereich des Sakralbezirks bestätigen die festlichen Zusammenkünfte der Kultanhänger.47 Dazu grundlegend: HACKENS 1963; BOUMA 1996, 43–54; ThesCRA IV (2005) 21–22 s. v. Bothros (ULRICH SINN); ThesCRA IV (2005) 240–241 s. v. Favisae (ANNAMARIA COMELLA ); ThesCRA IV (2005) 282–284 s. v. Mundus (F RANCESCO M ARCATTILI ). 43 Im archäologischen Fundgut lässt sich der Anlass von Ritualen im Regelfall nicht unmittelbar erschließen. Symbolische Handlungen hinterlassen aber meist Spuren im Fundzusammenhang, die den Ablauf der Rituale zumindest teilweise erkennen lassen. Intentionelle Niederlegungen von Gaben können im Zusammenhang von Opfern, Kultmahlen und Weihungen untersucht werden. Eine funktionale Bestimmung der mit den Deponierungen verbundenen Handlungen, beispielsweise als Bau-, Verschließungs-, Versenkungs- oder Kollektivopfer, ist auf der Basis von archäologischen Detailstudien möglich; vgl. NICKEL 1999, 191–197; GLINISTER 2000; GNADE 2002, 31–51; ZIPF 2003; LEPETZ, VAN ANDRINGA 2004; ThesCRA IV (2005) 226–228 s. v. Deposito votivo (ANNAMARIA COMELLA). S. für Italien die zahlreichen Publikationen des Corpus delle stipi votive. 44 Herauszustellen ist in diesem Zusammenhang einer Panzerstatue mit der Reliefdarstellung des berühmten Kultbildes von Iuppiter Heliopolitanus, die man im Kommandaturgebäude des Legionslagers von Carnuntum entdeckt hat; KRÜGER 1967, 30–31, Nr. 83; FLEISCHER 1973, 330. 358; JOBST 1983, 116–117. 45 KANDLER 2001, 67–74. 46 Ebd., 64. 72–73. 47 GASSNER 2004, 233, Abb. 6.
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Saalbauten mit seitlichen Liegepodien, wie in Porolissum und Carnuntum, entsprechen offenbar den Bedürfnissen verschiedener religiöser Mahlgemeinschaften. Es handelt sich um eine Architekturform, die nach ihrer zeitlichen und regionalen Verbreitung in östlicher Tradition zu stehen scheint.48 In der Kaiserzeit sind die Podiensäle überregional verbreitet gewesen. Für die Wahl des Gebäudetypus war in erster Linie die Funktion als Bankettgebäude entscheidend und nicht etwa der Kult einer bestimmten Gottheit. Der Saalbau konnte sowohl als Ort kultischer Mahlzeiten, als auch Gehäuse eines Kultbildes dienen. In einigen größeren Sakralbezirken, wie im Heiligtum für Liber und Libera in Carnuntum, bestand ein Podiensaal als eigener Raum neben einem Tempel.
5 Das Dolichenum von Balaklawa auf der Krim Neben dem gemeinschaftsstiftenden Ritual des Banketts konnte auch das Bemühen um die räumliche Anordnung des einzelnen Teilnehmers die Gestaltung der Kultlokale bestimmen. Der Versammlungsraum (A) eines Iuppiter Dolichenus-Heiligtums in Balaklawa an der Südwestküste der Krim wies an den Längswänden erhöhte Podien mit einer Breite von 2,10 Meter und circa 0,30 bis 0,50 Meter Höhe auf, die man über zwei nahe beim Eingang gelegene Stufen betreten konnte (Abb. 8–9).49 Die Frontseiten der beiden Lehmpodien waren zum Mittelgang hin mit glatten und reliefverzierten Stützen versehen, die steinerne und teils hölzerne Tischplatten trugen (Abb. 9). Einzelne Anrichten sind mit Inschriften versehen, die sich an Iuppiter Optimus Maximus Dolichenus richten und den Namen des Stifters nennen.50 Die Tischplatte eines Novius Ulpianus, der aufgrund einer Bauinschrift als centurio der legio I Italica identifiziert werden kann, hebt in ihrer handwerklich qualitätvollen Ausführung von den flüchtig gearbeiteten Steinplatten ab.51 Die Inschriften markieren den Liegeplatz einer bestimmten Person bei den gemeinschaftlichen Banketten. Das Werkmaterial und die Ausführung der Tischplatten lässt durchaus Rangabstufungen der Teilnehmer erkennen. Die Mitglieder der religiösen Vereinigung in Balaklawa waren abkommandierte Soldaten der legio I Italica, die ihr Standlager in Novae an der Donau besaß. Eine Weihinschrift für Iuppiter Dolichenus berichtet über Instandsetzungsarbeiten einer vexillatio unter der Leitung des genannten Novius Ulpianus, der im Auftrag des Tribunen seiner Legion die Baumaßnahmen durchführte.52 Antonius Valens, Tribun der Legion, ließ im Dolichenum eine Her48
SLATER 2003 mit Bezug auf SCHWARZER 2002. SARNOWSKI, SAVELJA 1998, 21. 50 Ebd., 35–36. 51 Ebd., 35, Nr. 16. 52 Ebd., 42–44, Nr. 33. 49
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kules-Statue mit Basis zum Wohl des Kaisers Antoninus Pius und des Caesars Marc Aurel errichten (139 bis 161 n. Chr.).53 Der zugehörige Altar wurde von der vexillatio exercitus gemeinschaftlich gespendet.54 Die von ihrer niedermoesischen Garnison weit entfernte vexillatio in Balaklawa dürfte den Kult des Iuppiter Dolichenus wohl kaum vom Kultzentrum in Doliche zu ihrem Außenposten auf der Krim direkt übertragen haben. Viel wahrscheinlicher ist eine Vermittlung des Kultes über die Stationierungsorte an der unteren Donau.55 Hinsichtlich der Ausgestaltung des Kultes griff man auf die Architektur der Podiensäle zurück, die unter anderen durch die Mithräen weit verbreitet war.56 Die keramischen Funde aus dem Versammlungsbau, zu denen vor allem Amphoren und Tafelgeschirr, aber auch Küchengefäße und Mortaria gehören, bestätigen die Bedeutung gemeinschaftlicher Bankette.57 Die Zeugnisse lenken den Blick auf einen grundlegenden Aspekt religiöser Mahlgemeinschaften, die Finanzierung. In Balaklawa wie in Porolissum und Carnuntum gehören hohe militärische Amtsträger zu den herausragenden Stiftern. Eine umfassende Untersuchung zu dieser Dedikantengruppe muss an anderer Stelle erfolgen. Bereits die wenigen Fallbeispiele deuten an, dass besonders die Offiziere um die religiösen Versammlungsbauten bemüht gewesen sind. Hinzu kommen die Centurionen als Bindeglieder zwischen den hohen Chargen und der Mannschaft. Einen geringeren Beitrag konnten die Soldaten eines Truppenverbandes leisten, indem sie beispielsweise ein Weihgeschenk gemeinschaftlich spendeten. Es liegt nahe, dass die hohen Dienstgrade die wichtigsten Sponsoren der Opfermahlzeiten waren. Als maßgebliche Träger der kostspieligen Essen werden die Offiziere auch die entscheidenden Multiplikatoren von Kultritualen, Götterikonographien oder Kultlegenden gewesen sein. In diesem Zusammenhang ist schließlich die Lage der Kultlokale in unmittelbarer Nähe der Truppenlager und zugleich innerhalb der zivilen Siedlungen zu berücksichtigen. Das enge Miteinander von Militär und Zivilbevölkerung ist gerade im Bereich der Religion herauszustellen und dürfte einen wesentlichen Beitrag zur Diffusion sakraler Handlungsmuster geleistet haben, die im Kontext der Versammlungsbauten bestimmend waren.58
53
Ebd., 41–42, Nr. 31. Ebd., 42–43, Nr. 32. 55 Ebd., 52–53. 56 Die regionale Verbreitung der Podiensäle kann nur in einer umfassenden Studie beschrieben und bewertet werden; s. o., Anm. 4. 57 Fast die Hälfte der überlieferten Keramikscherben aus dem Dolichenum in Balaklawa stammen von Amphoren, die zur Aufbewahrung von Lebensmitteln gedient haben; SARNOWSKI , S AVELJA 1998, 39. 58 Vgl. STOLL 2001, 14–19. 54
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6 Votivgruben in einem Liber Pater-Heiligtum in Apulum59 Im nordwestlichen Bereich der colonia Aurelia Apulensis, auf dem Stadtgebiet des heutigen Alba Iulia in Rumänien, ist jüngst ein Liber Pater-Heiligtum ergraben worden (Abb. 10).60 Im Zentrum des Sakralbezirks (Abb. 11 a–b) befand sich ein von Mauern eingefasstes Areal (1), dessen Vorraum (2) über einen Hof (5) zugänglich war.61 Angegliedert waren mehrere Raumeinheiten, die eine Temenosmauer miteinander verband.62 Raum (6) nördlich des Vorplatzes besaß einen Ofen (11). Im angrenzenden Korridor (7) wurden vier Gruben entdeckt, die mit Heiligtumsmaterial verfüllt waren (Abb. 12). Raum (8) in der nordwestlichen Ecke des Sakralbezirks weist einen U-förmigen Einbau auf (10), der möglicherweise als Weihgeschenkträger und Opferstätte oder nur als letzteres gedient hat. Die Nutzungsdauer des Sakralbezirks ist anhand der Gebrauchskeramik und Kleinfunde in das fortgeschrittene zweite und dritte Jahrhundert n. Chr. zu datieren.63 Bereits bei den älteren Ausgrabungen fand A. DIACONESCU innerhalb der langrechteckigen Gebäudestruktur (1) zahlreiche Weihgeschenke.64 Die Funde konzentrierten sich an der westlichen Schmalseite des Raumes auf einer Fläche von etwas mehr als drei mal drei Meter. Aus der Fundkonzentration (4) stammt eine marmorne Inschriftentafel:65 Deo Libero Pa/tri Aurel(ius) Rena/tus mil(es) leg(ionis) / XIII Gem(inae) voto / libens posuit. Dass es sich bei Liber Pater um die Hauptgottheit des Bezirks handelt, wird außerdem durch vier Marmorstatuetten und mehrere Reliefdarstellungen gestützt.66 Zu den Reliefs gehört ein Weihgeschenk mit der Darstellung eines opfernden Pan. Auf dem Altar steht folgende Inschrift: Iulius / b(ene)f(iciarius) co(n)s(ularis) / d(ono) d(edit) d(edicavitque).67 Neben diesen Zeugnissen fanden sich vereinzelt auch Weihegaben für andere Gottheiten, wie den Thrakischen Reiter und die Danubi59 Dieses Kapitel geht auf die gemeinschaftlichen Arbeiten von ALEXANDRU DIACONESCU, IAN HAYNES und ALFRED SCHÄFER zurück. 60 SCHÄFER 2000; DIACONESCU, HAYNES, SCHÄFER 2001; HAYNES 2005; DIACONESCU, HAYNES, SCHÄFER 2006; SCHÄFER, DIACONESCU, HAYNES 2006. 61 Der im Band Religions orientales – culti misterici: Neue Perspektiven – nouvelles perspectives – prospettive nuove auf Seite 259 publizierte Phasenplan (Abb. 4 a–b) ist leider überholt und wäre zu streichen, wodurch die im Text aufgeführte Abbildungsfolge wieder eingehalten wird; SCHÄFER 2006, 58–60. 62 Die zur Temenosmauer parallel verlaufende Mauer im Norden gehört zu einem benachbarten Kultgebäude, das wahrscheinlich ein Mithräum darstellt. 63 Die Gebrauchs- und Kultkeramik wird von CONSTANZE HÖPKEN und MANUEL FIEDLER bearbeitet, die jeweils ein Jahr im Rahmen des SPP 1080 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Teilprojekt A. SCHÄFER) gefördert worden sind; SCHÄFER 2003. Darauf erhielt M. FIEDLER eine Förderung durch das britische Art and Humanity Research Board (Teilprojekt I. HAYNES); HÖPKEN, FIEDLER 2002; HÖPKEN 2004; FIEDLER 2005. 64 SCHÄFER, DIACONESCU 1997, 200–205. 65 IDR III/5, 236. 66 SCHÄFER, DIACONESCU 1997, 205. 67 Ebd., 201; IDR III/5, 244.
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schen Reiter.68 Die Bleiplatte mit den Danubischen Reitern geht allem Anschein nach auf eine Kollektivweihung einer militärischen Einheit, wohl der ?Coh(ors) [I] s(agittariorum) Tibisc[?ensium] zurück.69 Dass insbesondere Soldaten zu den Besuchern des Heiligtums in der colonia gehörten, konnte durch Funde von militärischen Ausrüstungsgegenständen aus Bronze bekräftigt werden. In der Summe zeigen die Funde deutlich, dass der langrechteckige Raum (1) für die Aufstellung von Weihgeschenken genutzt worden ist. Welcher Gottheit der Bezirk dediziert worden ist, kann zwar mit Hilfe einer Bauinschrift nicht eindeutig erschlossen werden. Die meisten Weihegaben sind aber an Liber Pater gerichtet, so dass er sehr wahrscheinlich mit der ersten Gottheit des Sakralbezirks zu identifizieren ist. Die religiösen Akteure haben neben der Hauptgottheit weitere Gottheiten durch Weihegaben verehrt. Im Rahmen der internationalen Ausgrabungen im Liber Pater-Heiligtum konnten mehrere Votivgruben untersucht werden (Abb. 12 A–E). Hier sollen die Gruben (A) und (B) innerhalb des Korridors beschrieben werden, da nur diese vergleichbare rituelle Deponierungen am Grubenboden aufweisen. Die Gruben gehören wie die Gruben (C) und (D) zur spätesten Nutzungsphase der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts n. Chr. Zuerst wurde Grube (A) angelegt, die eine gedrungene rechteckige Form aufweist.70 Sie war 6,50 bis 6,80 Meter lang, 3,80 bis 4,50 Meter breit und ein bis 1,50 Meter tief. Den Grubenboden konnte man über eine aufgeschüttete Rampe in der Nordostecke betreten. Der Boden war mit Gefäßkeramik vollständig bedeckt, die sorgsam niedergelegt und anschließend mit Steinen gezielt zerschlagen wurde. Im Spektrum der Gefäßfunde dominieren einfache Schüsseln und Teller, deren Anzahl jeweils bei zweihundert bis dreihundert Stück liegen.71 Das Geschirr wurde ohne besonderen Qualitätsanspruch hergestellt. Überhängende Kanten und anhaftende Tonreste wurden im Produktionsablauf nicht nachgebessert. Die Töpfer produzierten die Stücke augenscheinlich als Massenware für einen kurzen oder einmaligen Gebrauch. Außer den Schüsseln und Tellern fanden sich am Grubenboden vereinzelt Miniaturgefäße, darunter Spardosen.72 Die Miniaturspardosen waren nicht funktionsfähig, da keine Münzen durch den Münzschlitz gepasst hätten. Die meisten der circa zehn Spardosen sind wiederum intentionell zerstört worden. Aufgrund der relativ großen Ausmaße von Grube (A), der Zugangsrampe und gezielten Zerstörung intakter Gefäße am Grubenboden ist von einem Aktionsraum für rituelle Handlungen auszugehen.73 Gleichwohl wurde das Gefäß68
Ebd., 202–205. IDR III/5, 371. 70 Grube (A) wurde wie die anderen Gruben sorgsam innerhalb des Korridors ausgegraben, ohne die Stabilität der nördlich und südlich angrenzenden Mauern zu gefährden. 71 FIEDLER 2005, 99, Abb. 4. – Die Fundauswertung ist noch nicht vollständig abgeschlossen. 72 FIEDLER 2005, 101, Abb. 5. 73 Dass die Grube zum Zwecke der Niederlegung ausgehoben und nicht etwa sekundär 69
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depot alsbald zugeschüttet. Mikroskopische Analysen konnten in den Auffüllschichten Knochenfragmente von Huhn, Ferkel und Schaf/Ziege nachweisen. Oberhalb der ersten Verfüllschicht, welche die Gefäßkeramik auf dem Grubenboden abdeckte, lagen an verschiedenen Stellen Knochen von vier Pferdeläufen. Nachdem die Grube etwa bis zur Hälfte verfüllt worden war, wurde ein Feuer am nördlichen Rand entfacht. Erst anschließend wurde Grube (A) in relativ kurzer Zeit vollständig aufgefüllt. Gefäßanpassungen zwischen den Verfüllschichten legen nahe, dass Grube (A) nur kurze Zeit offen stand. Die Keramik, die innerhalb der Verfüllschichten von Grube (A) zutage kam, hat einen vollkommen anderen Charakter als die Keramik auf dem Grubenboden. Die Gefäße sind durch einzelne Scherben überliefert und lassen sich nicht zu vollständigen Stücken zusammensetzen. Ähnliche, teils anpassende Fragmente stammen aus dem langrechteckigen Gebäude (Abb. 11, Nr. 1–2) selbst, so dass einige Gefäße aus der Grube zuvor sicherlich im Gebäude verwendet worden sind. Auffallend sind typische ‹Kultgefäße›: weit geöffnete Kelche auf hohem Fuß, die so genannten turibula,74 Fragmente von Schlangengefäßen75 sowie hohe Standfußschalen. Die vorläufige Fundstatistik ergab, dass mindestens einhundert Einzelexemplare von turibula vorliegen. Die größten von ihnen sind circa dreißig Zentimeter hoch und weisen einen Randdurchmesser von dreiunddreißig bis fünfundvierzig Zentimetern auf. Außerdem sind in der Grube alle Arten des Tafelgeschirrs, Trinkgefäße, Essgeschirr und Serviergeschirr hineingeworfen worden, das sehr wahrscheinlich bei Opferbanketten Verwendung fand. Zum Serviergeschirr gehören beispielsweise ovale Anrichteplatten, qualitätvolle Imitationen von Terra-Sigillata.76 Hinzu kommen zahlreiche Funde rauwandiger ‹Gebrauchskeramik›, vor allem Teller/Pfannen, Schüsseln, Töpfe und Deckel. Ihre Funktion als Kochgeschirr ist häufig durch Rußspuren belegt.77 Aus Grube (A) stammen neben der Gefäßkeramik eine Reihe von Kleinfunden. Das Fragment einer Hand, die einen Kantharos umfasst, gehörte ursprünglich zu einer Liber Pater-Statuette (Abb. 13). Die Beschaffenheit des Marmors lässt auf ein Importstück schließen. Außerdem sind mehrere Lampenfragmente, Glasgefäßfragmente, Bruchstücke von Terrakotten und einige Knochen-Artefakte aufgefunden worden. Zu den Terrakotten gehören unter anderen ein Hahn, ein Pferd und Fragmente von vier Venusstatuetten. Hinzu kommen zwei tönerne Wagenräder, die wahrscheinlich Bestandteile von Kinderspielzeug waren. Während für die Gefäße auf dem Grubenboden eine hohe Anzahl, Vollständigkeit und ein deutlich eingeschränktes Formenspektrum charakteristisch genutzt worden ist, ergibt sich aus ihrer stratigraphischen Position. Grube (A) wie auch teilweise Grube (B) wurden in die Verfüllung einer weit ausgreifenden Lehmentnahmegrube gesetzt. – Vgl. zur kultischen Nutzung von Erdgruben auch die griechischen Thesmophoria. 74 FIEDLER 2005, 102–103, Abb. 6–7. 75 Ebd., 104, Abb. 8. 76 Ebd., 107, Abb. 9. 77 Ebd., 109, Abb. 10.
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ist, liegen in den Verfüllschichten Fragmente vieler unterschiedlicher Gefäße vor. Die zweite Grube (B) innerhalb des Korridors ist nach der vollständigen Verfüllung der ersten Grube angelegt worden, da die Verfüllschichten von Grube (A) geschnitten wurden (Abb. 12). Man versuchte anscheinend ein größeres Übergreifen in Grube (A) zu vermeiden. Grube (B) besitzt eine nahezu rechteckige Form mit Randmaßen von maximal sieben Meter mal sechs Meter und einen abgeflachten Boden. Während drei Seiten vertikal eingetieft sind, liegt an der Westseite ein leichtes Gefälle vor. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um eine Zugangsrampe. Am nördlichen Grubenrand befand sich eine doppelte Reihe von Ziegelplatten, vermutlich um eine feste Standfläche für Personen zu schaffen. Die stratigraphische Einbindung von Grube (A) und (B) legt nahe, dass nicht mit einem allzu großen Zeitabstand zwischen der Auffüllung der ersten und dem Ausheben der zweiten Grube zu rechnen ist. Auf dem Grubenboden wurden massenhaft Keramikgefäße aufgefunden, die sorgsam hinterlegt waren.78 Einige Gefäße waren intakt und manche ineinander gestellt. Andere waren am Ort zerbrochen, während Steine oder Ziegelfragmente auf den zusammengehörigen Scherben lagen. Offensichtlich wurde die Keramik am Grubenboden wie in Grube (A) intentionell zerschlagen. Erst danach wurde das Gefäßdepot mit Erde abgedeckt. In der halbverfüllten Grube wurde eine Brandschicht am nördlichen Rand lokalisiert, die wie in Grube (A) auf ein Feuer in situ zurückgeht. Die von ihrer Position ähnlichen Feuerstellen könnten darauf hinweisen, dass es sich in beiden Gruben um Spuren eines SchließungsRituals handelt.79 Sehr wahrscheinlich ist mit einer Ritualsequenz zu rechnen, die anhand der archäologischen Befunde aber nicht gänzlich zu rekonstruieren ist. Die vollständige Verfüllung von Grube (B) fand in einem relativ engen zeitlichen Zusammenhang statt, da Anpassungen von Gefäßscherben von Schicht zu Schicht nachgewiesen werden konnten. An verschiedenen Stellen von Grube (B) hinterlegte man sorgsam einige Gefäße, so dass sich ganz individuelle Gruppierungen ergaben. In einer fragmentierten großen Schüssel lagen zwei umgedrehte Schüsseln, die vermutlich Naturalien abdeckten.80 An anderer Stelle fand sich ein Paar Miniaturspardosen, die mit ihren Oberseiten einander zugewandt waren.81 Die Positionierung der Stücke und ihr kleines Format legen nahe, dass man die Spardosen als Weihgeschenke ohne Münzinhalt in die Grube gab. Im Übrigen war die Grube mit bruchstückhaft erhaltenem Geschirr verfüllt, das in seinem Formenspektrum ungefähr dem Spektrum aus Grube (A) gleicht. Von den Kleinfunden aus Grube (B) sind Bruchstücke von Glasgefäßen, Terrakotta- und Lampenfrag78 Anders als in Grube A lag jedoch keine Konzentration bestimmter Gefäße am Grubenboden vor; dazu demnächst M. FIEDLER. 79 HAYNES 2005, 42. 80 FIEDLER 2005, 111, Abb. 11, 3. 81 FIEDLER 2005, 111, Abb. 11, 2.
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mente zu nennen. Mit fünf Exemplaren sind tönerne Wagenräder von Kinderspielzeug relativ häufig belegt. Unter den figürlichen Terrakotten sind neben Hähnen und Venus-Statuetten vor allem Statuetten des Telesphorus, des Begleiters von Aesculap und Hygia hervorzuheben (Abb. 14). Verbrannte Tierknochen aus Grube (B) gehen sehr wahrscheinlich auf Speisereste der kultischen Mahlgemeinschaft zurück. Nachgewiesen wurden Karpfen, Hühnchen, Schwein, Schaf/Ziege, Ochsen und Rebhuhn. Die Weihegaben im langrechteckigen Gebäude (1–2) und das Fundspektrum in den nahe gelegenen Gruben lassen auf eine Fülle von Handlungen schließen, die auf die Bedürfnisse einer Kultgemeinschaft als auch individuelle Anliegen ihrer Mitglieder zurückgingen. Dass es sich bei dem Sakralbezirk um den Versammlungsort einer Kultgemeinschaft handelt, deren gemeinsame Handlung das Bankett gewesen ist, wurde anhand der Gebrauchs- und Kultkeramik deutlich. Fest installierte Liegepodien wurden nicht nachgewiesen. Ob das gemeinsame Mahl etwa im nordwestlichen Raum (8) oder vielleicht innerhalb der langrechteckigen Gebäudestruktur (1) eingenommen wurde, kann nicht zweifelsfrei entschieden werden. Die Skulpturenfunde weisen den langrechteckigen Raum (1) aber mit hoher Wahrscheinlichkeit als zentrales Kultlokal einer bakchischen Vereinigung aus.82 Die sorgsame Niederlegung großer Mengen von Gefäßen am Boden von Grube (A) und (B) und ihr anschließendes Zerschlagen werden am ehesten auf die kollektiven Bedürfnisse der religiösen Gruppe zurückgehen. Haben die Kultanhänger die Gefäße gemeinsam in die Gruben eingebracht und anschließend in einem kollektiven Akt rituell zerschlagen? Vielleicht ist die hohe Anzahl von Schüsseln und Tellern/Pfannen auf dem Boden von Grube (A) mit einem bestimmten Fest der Mahlgemeinschaft zu verbinden.83 Es bleibt allerdings offen, mit wie vielen Festen die Verfüllschichten insgesamt in Verbindung stehen. Ebenso wenig kann anhand der Reihung von Votivgruben auf jährlich wiederkehrende Feste geschlossen werden. Am wahrscheinlichsten ist mit wenigen Hauptfesten zahlreicher Teilnehmer, als mit vielen kleinen Festen zu rechnen. Das Zerschlagen der Keramik auf dem Grubenboden macht vor allem vor einem Publikum Sinn, das selbst beteiligt war. Beide Gruben (A) und (B) waren offenbar über eine Rampe zugänglich. Als Vergleich für eine solche kultisch genutzte Grube ist eine favissa im römischen Heiligtum von Baudecet in der Region Namur anzuführen (Abb. 15–16).84 Verwandt ist die herausragende Größe der Grube, der Zugang über eine Ram82
Zu römischen collegia: EGELHAAF-GAISER, SCHÄFER 2002; HARLAND 2003; GUTSKOCH 2006; PERRY 2006; RÜPKE 2006. 83 Bei den Schüsseln handelt es sich um eine im römischen Reich relativ selten belegte Form, genannt Camulodunum 306, die vor allem in Heiligtums- und Grabkontexten auftritt; vgl. die Keramikfunde aus dem Walbrook-Mithräum in London; SHEPERD 1998; HAYNES 2005, 42. 84 JEAN PLUMIER danke ich herzlich für die Überlassung des originalen Grabungsplans; PLUMIER-TORFS, PLUMIER 1993, 789–802, Abb. 2. 6; PLUMIER 2004, Abb. 55. 57. FELD ,
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pe, die Deponierung von Heiligtumsmaterial und die Lage direkt neben einem langrechteckigen Kultgebäude. Zu den Funden aus der Grube in Baudecet gehören unter anderen Räucherkelche, Lampen und ein großes Messer – vielleicht ein Opfermesser (Abb. 17). Handelt es sich bei diesem Metallfund vielleicht wie bei der Hallstattzeitliche Axt aus einer Grube in Porolissum um eine rituelle Niederlegung eines während der Opferung benutzten Werkzeugs? Eine solche Annahme muss durch die noch ausstehende Detailanalyse jeder Votivgrube für sich überprüft werden. In hohem Maße sensibilisiert das vorgestellte Material dafür, dass Votivgruben im Bereich religiöser Versammlungsbauten nicht allein Verfüllungen von ‹Heiligtumsschutt›, sondern auch Spuren von rituellen Handlungen aufweisen können.
7 Schlussbetrachtung Für die Architektur und Ausstattung der vorgestellten Sakralbezirke in Porolissum, Carnuntum, Balaklawa auf der Krim und in Apulum waren funktionale Aspekte prägend, die auf die Bedürfnisse einer religiösen Mahlgemeinschaft zurückgingen. Ein langrechteckiges Gebäude konnte als Aufstellungsort für Götterbilder und zugleich als Versammlungslokal dienen. In einigen Fällen ordneten Liegepodien den Raum des Festgelages. Die interne Hierarchie der Teilnehmer kam mitunter durch zugewiesene Liegeplätze zum Ausdruck. Die fest gefügte Versammlungsarchitektur begründete die relative Dauerhaftigkeit der Mahlgemeinschaft. Küchen- und Kochgeschirr sprechen für die Zubereitung oder das Aufwärmen von Speisen. Große Mischgefäße mit applizierten Schlangen und Trinkgeschirr sind Zeugnisse demonstrativen Weinkonsums. Die Qualität der Festlichkeiten wurde durch die Quantität und Exklusivität des Nahrungsangebotes gesteigert. Differenzierungen zwischen den Mahlgemeinschaften waren durch die Auswahl der Opfertiere und sonstigen Speisen möglich.85 Selbst innerhalb einer Mahlgemeinschaft dürfte der Speiseplan entsprechend der Jahreszeit variiert worden sein. Grundlegend war die Finanzierung der Festlichkeiten, die einer internen und externen Konkurrenz Ausdruck verlieh. Mit der Höhe eines Beitrages konnte der soziale Rang eines Teilnehmers herausgestellt werden. Am Ort sprach sich schnell herum, in welchem Versammlungslokal opulente Opfermahlzeiten stattfanden. Ein Fest blieb lange in Erinnerung, wenn man etwas Besonderes leistete. Rituale, die ausschließlich mit einer bestimmten Gottheit zu verbinden sind, konnten anhand der ausgewählten Sakralbezirke nicht nachgewiesen werden.86 Eigenheiten eines Kultes, wie beispielsweise legendäre Erzählungen, Tänze 85
Zur Ikonographie des römischen Opfers: HUET 2005. Da sich die Bankettbauten vor allem durch eine funktionale Perspektive erschließen, greift eine nach Götternamen getroffene Kategorisierung der Bauten zu kurz. Zur Problematik des von FRANZ CUMONT geprägten Begriffes der ‹orientalischen Religionen›: BONNET, RÜPKE , S CARPI 2006. 86
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oder Musik, bleiben uns aus archäologischer Perspektive in der Regel verborgen. Hinsichtlich der Weihepraktiken und der kultischen Mahlzeiten fanden sich hingegen bei der Analyse archäologischer Hinterlassenschaften zahlreiche Gemeinsamkeiten, die auf individuelle als auch kollektive Handlungsmuster zurückgingen. Durch die Hinterlegung von Weihgeschenken konnten andere Götter neben der zentralen Gottheit der Vereinigung verehrt werden. Sehr unterschiedlich im Detail sind die Gaben und die Form ihrer Niederlegung. Archäologische Spuren lassen in manchen Gruben auf Ritualsequenzen schließen. Inwiefern der Einzelne und die religiöse Gruppe sich an solchen rituellen Deponierungen beteiligten, wurde am Beispiel von zwei Votivgruben in Apulum erörtert. Aufgrund der vergleichbaren Elemente des komplexen Rituals ‹Fest› ist mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Austausch zwischen den Mahlgemeinschaften auszugehen. Die Dynamik ist zwar nicht leicht zu erfassen,87 unsere Fallbeispiele erlauben es aber, ein erstes Modell zu entwerfen. So liegt in Carnuntum ein Kulttransfer besonders nahe, da am gleichen Ort Podiensäle für den Kult des Iuppiter Heliopolitanus, des Liber und der Libera und auch des Iuppiter Dolichenus und des Mithras überliefert sind.88 Zwei Podiensäle liegen dicht nebeneinander und teilen sich selbst den Eingangsbereich samt Küche. Die enge Nachbarschaft der Kultgemeinschaften, wie sie auch in Apulum belegt ist,89 dürfte auf städtischer Ebene eine Konkurrenz im Fest befördert haben. Die Konkurrenz kultischer Mahlgemeinschaften bewirkte mit hoher Wahrscheinlichkeit Variationen tradierter Handlungsmuster, Aufnahmen neuer Elemente bis hin zu größeren Veränderungen tradierter Handlungsabläufe. Selbst eine Übernahme von Elementen öffentlich finanzierter Feste ist nicht auszuschließen. Auf der anderen Seite basierte die Konkurrenz im Fest auf allgemein akzeptierten Handlungsmustern, dem Opfermahl und der Votivreligion.90 In der Vielfalt dominierte die übergeordnete Einheit der religiösen Mahlgemeinschaft. Die Träger der Kulte in Porolissum, Carnuntum, Balaklawa und Apulum stammen aus den Reihen des Militärs und ebenso sind Anhänger aus der Zivilbevölkerung überliefert. Das enge Miteinander der Soldaten und Zivilisten in den Siedlungen der Donauprovinzen wird im besonderen Maße zur Akzeptanz und Verbreitung der religiösen Handlungsmuster beitragen haben, welche die Versammlungsbauten religiöser Mahlgemeinschaften prägte. Um den Transfer vom Kultgeschehen zum anderen Kultort erörtern zu können, wurde hier ein relativ enger zeitlicher und regionaler Rahmen und stellvertretend für andere rituelle Handlungen die Perspektive der Mahlgemeinschaft gewählt. 87
Vgl. SCHÄFER 2004. KANDLER 2004a; GASSNER 2005. 89 SCHÄFER 2007a. 90 Der Begriff der Votivreligion spricht die Weihetätigkeit religiöser Akteure ganz allgemein an; vgl. BOUMA 1996; DERKS 1998, 215–246. 88
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Eine zukünftige Untersuchung müsste sich den intentionellen Niederlegungen und Votivgruben in den weit verbreiteten Mithräen widmen.91 Die beschriebenen Phänomene sind nicht für den Donauraum allein charakteristisch, wie die überregionale Verbreitung vergleichbarer Bankettbauten im Imperium Romanum zeigt.92
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Vgl. SHEPHERD 1998; SCHÄFER 2004; SCHATZMANN 2004. Zu kultischen Mahlgemeinschaften: HERZ 2003; NIELSEN 2007.
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Abb. 2. Terrasse der Heiligtümer von Porolissum, nach GUDEA – TAMBA 2001, Abb. 6.
Abb. 3. Religiöses Versammlungslokal mit seitlichen Liegepodien, Phasen I–III; Terrasse der Heiligtümer von Porolissum, nach RUSU-PESCARU – A LICU 2000, 76 Taf. 22, 1.
Abb. 4 a–c. Dreihenkeliger Schlangenkrater aus einer ‹Votivgrube› in Porolissum, Zalau, Mus.
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Abb. 5. Der Kultbezirk des Iuppiter Optimus Maximus Heliopolitanus in den östlichen Canabae von Carnuntum, nach ESCHBAUER – GASSNER – JILEK – K ANDLER 2003, 129 Abb. 9.
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Abb. 6. Tempelbezirk des Iuppiter Heliopolitanus in Carnuntum, nach GASSNER – K ANDLER 2002, 149 Abb. 1.
Abb. 7. Tempelbezirk für Liber und Libera am Ortsrand der canabae von Carnuntum, nach K ANDLER 2001, 67 Abb. 4.
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Abb. 8–9. Das Dolichenum von Balaklawa auf der Krim, Grabungsplan und Rekonstruktionsversuch des Podiensaals nach SARNOWSKI – SAVELJA 1998, 20 Abb. 4; 30 Abb. 16.
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Abb. 10. Die colonia Aurelia Apulensis auf dem Gebiet des heutigen Alba Iulia in Rumänien; hypothetische Rekonstruktion des römischen Insulasystems im Stadtteil Partos.
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Abb. 11 a–b. Steinbauphase des Liber Pater-Heiligtums von Apulum, nach A. DIACONESCU, I. H AYNES, A. SCHÄFER.
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Abb. 12. Votivgruben (A-E) des Liber Pater-Heiligtums von Apulum, nach A. DIACONESCU, I. H AYNES, A. SCHÄFER.
Abb. 13 (links). Apulum. Fragment einer marmornen Liber Pater-Statuette: Hand mit Kantharos, Foto A. SCHÄFER. Abb. 14 (rechts). Apulum. Telesphorus-Terrakotte aus Grube (B), Foto A. SCHÄFER.
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Abb. 15. Das römische Heiligtum von Baudecet (Gembloux), nach PLUMIER 2004, 38 Abb. 55 (J. Plumier MRW, D.PAt).
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Abb. 16. ‹Votivgrube› mit Zugangsrampe (Treppe) des römischen Heiligtums von Baudecet (Gembloux), nach PLUMIER 2004, 40 Abb. 57.
Abb. 17. Ausgewählte Funde aus der ‹Votivgrube› des Heiligtums von Baudecet (Gembloux), nach PLUMIER 2004, 41 Abb. 59.
Das bakchische Fest und seine Verbreitung durch Kult, Literatur und Theater1 von
ANNE-FRANC¸ OISE JACCOTTET Wenn das bakchische Fest in einem römischen Kontext erwähnt wird, denkt man sofort an das Bild der italischen Bakchanalien, ihres ekstatischen Ausdruckes und ihrer massiven Unterdrückung. Gegen 200 v. Chr. hat Rom ein echtes bakchisches Fest erlebt ... und nicht ertragen können.2 Was ist aber aus diesem Trauma geworden? Wie stellt sich das bakchiche Fest in Rom und im römischen Einflussbereich nach 186 v. Chr. dar? Um die bakchischen Phänomene im römischen Kontext herausstellen zu können, muss man als erstes darauf verzichten, eine so klare Ausübung finden zu wollen, wie sie auf den Abhängen des Aventin im Lucus Stimulae stattfanden.3 Dem bakchischen Fest, wenn man von einem solchen Begriff sprechen kann, begegnet man nach dem Bakchanalienskandal nicht mehr direkt und offensichtlich. Deshalb muss hinter den Wörtern, hinter den Bildern, hinter den anderen ‹römischen› Festen das Bakchische gesucht werden.
1 Eine politische Sache? Aus einer generellen Sichtung der historischen Entwicklung des bakchischen Festes in Rom entsteht der ersten Eindruck, dass es mit dem politischen Kontext und sogar mit dem ideologischen Kontext oder mit der Repräsentation4 der verschiedenen Machthaber verbunden ist. Dieses Verhältnis des Bakchischen zur Macht lässt sich besonders klar in den letzten fünfundvierzig Jahren v. Chr. beobachten, eben in den Einflusskämpfen zwischen den beiden Hauptprätendenten der Zeit, Octavius und Antonius.
1
Für die Lektüre und Korrektur meines Textes danke ich besonders herzlich Kristine Gex. PAILLER 1988 und 1998. 3 CAZANOVE 1983, 59–67. 4 Ob Begriffe wie Propaganda oder Ideologie für die Antike benutzt werden können, ist eine heutige Frage. S. die Auseinandersetzung zwischen WEBER, ZIMMERMANN 2003, Einführung (keine Propaganda/Ideologie, sondern Repräsentation) und ENEKEL, LEONARD PFEIJFFER 2005, Einführung (eine gewisse Propaganda/Ideologie). Ich stimme der nuancierten und klugen Analyse der letzteren zu. 2
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In diesem historischen Moment wurde das bakchische Fest eindeutig von letzterem in Anspruch genommen. Marcus Antonius wird als neuer Dionysos (neos Dionysos) zuerst in Ephesos empfangen. Eine ganze bakchische Pompe begleitet ihn als den lebenden Gott Dionysos, wie uns Plutarch berichtet.5 In Alexandria übereignet er sich dann völlig diese neue Rolle, indem er das dionysische und dynastische Erbe der Ptolemäer aufnimmt.6 Die oktavianische Gegenpropaganda hat diese orientalische Tendenz stark betont und auf die Gefahr hingewiesen, mit Antonius einen hellenistischen König in Rom zu haben. Nach Actium wurde das bakchische Fest also mit dem Verlierer, mit dem Feind gleichgesetzt. Man kann zum Beispiel mit JEAN-PAUL BRISSON7 ausmachen, wie sich das Bild vom Goldenen Zeitalter in den Jahren um Actium entwickelt hat. In der vierten Ekloge von Vergil aus den vierziger Jahren können wir die Schilderung eines Goldenen Zeitalters mit klaren dionysischen Metaphern erkennen. Nach Actium wird dagegen in der Aeneis diese idyllische Welt dem Saturnus zugewiesen.8 Augustus steht als Synonym für das Goldene Zeitalter, aber nicht eines dionysischen, hellenistischen, monarchischen goldenen Zeitalters, sondern eines Zeitalters von Saturnus, einem italischen Gott, der auch bei Vergil ein ehemaliger König von Latium gewesen ist. Offiziell ist also nach Actium vom bakchischen Fest nicht mehr die Rede; und das nicht aus kultischen, sondern aus politischen Gründen. Diese politische und ideologische Trennung lässt allmählich nach und seit sich bestimmte Kaiser, wie zum Beispiel Hadrian oder Caracalla, mit dem Gott Dionysos identifizieren lassen, kann das bakchische Fest größeren Umfang annehmen. Es ist deshalb kein Wunder, dass das zweite und dritte Jahrhundert die Blütezeit der bakchischen Vereine, in Rom wie im ganzen Reich, gewesen ist.9 In dem Moment, in dem die Kaiser selbst den Ton angeben, kann sich das bakchische Fest in Rom einbürgern und entfalten.
2 Das bakchische Fest im Alltag Nach dieser skizzenhaften historischen Einleitung treten nun dringend die wesentlichen Fragen nach dem eigentlichen Einfluss der kaiserlichen Launen auf das Bakchische in Rom wie auch nach den Rezeptionsprozessen und Assimil5
Plut. Ant. 24. Über die Tradition der hellenistischen Könige als neoi Dionysoi s. z. B. TONDRIAU 1952. 7 BRISSON 1988. 8 Z. B. Verg. Aen. 6,791 ff. 9 JACCOTTET 2003. Über die Verbindungen des römischen Reiches zum Dionysoskult in Kleinasien s. unten Kap. 5 ‹Das bakchische Fest zwischen Orient und Abendland›. Das Interesse für das Bakchische entwickelt sich aus Wechselbeziehungen zwischen dem populären Kult, den Vereinen, die oft Würdeträger als Mitglieder zählen, dem Interesse der Machthaber (der hellenistischen Könige und römischen Kaiser) und dem Prunk der offiziellen bakchischen Erscheinung. 6
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ationsmitteln des bakchischen Festes im römischen Bereich hervor. Was stellt eigentlich ein bakchisches Fest für einen Römer dar? Wie kann er es erleben? Welchen Sinn kann er ihm geben? Und in welchem Bereich ist das Bakchische für ihn denkbar? Zuerst muss auf ein Paradox der römischen Einstellung gegenüber dem Bakchischen hingewiesen werden. Das Verbot des Dionysischen im Jahr 186 v. Chr. und der propagandistische Druck auf den bakchisierenden Feind Antonius auf oktavianisch-augusteischen Betreiben hin führen nicht zum Ausbleiben von dionysischen Erscheinungen in Rom. Ganz im Gegenteil: Das bakchische Fest erfreut sich in dieser Zeit eines blühenden Lebens.10 Nur müssen die Bereiche, in denen sich das Bakchische entfalten kann oder darf, klar abgegrenzt werden. In der Zeit um Actium ist Bacchus eben in der Kunst sehr präsent, sogar allgegenwärtig. Man muss nur an die Dichtung eines Vergil, Horaz, Properz oder Ovid denken. Bacchus wirkt überall, sogar als Inspirationsgott. Der Thiasos des Gottes wird oft geschildert und mit ihm der Prototyp des bakchischen Festes: Bakchanten und Satyrn werden im bukolischen Rahmen wie in Trinkliedern besungen.11 Die Bakchanalien, wenigstens in einer mythologischen Form, findet man ebenso in der bildenden Kunst; man denke nur an die Villa unter der Farnesina oder an die unzähligen bakchischen Fresken aus Pompeji. Es ist schwieriger, zu Bühnenwerken klare Informationen zu erlangen. Man kann feststellen, dass gerade in den Jahren um 186 v. Chr. mehrere Theaterstücke mit bakchischem Hintergrund aufgeführt worden sind: zum Beispiel Lycurgus sive Tropaeum Liberi von Naevius, Pentheus von Pacuvius, Bacchae und Stasiastae sive Tropaeum Liberi von Accius. Diese Stücke entstehen zeitgleich mit den Bakchanalien und deren Unterdrückung.12 Diese Beispiele zeigen, dass das bakchische Fest oder seine mythologische Vorlage fortwährend und sogar bei starker Unterdrückung des Kultes oder politischer Gegenpropaganda recht gut und prosperierend in der Kunst existieren konnte. Nur gehört das bakchische Fest bis zum Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. in den privaten und besonders in den künstlerischen Bereich, und sollte auf diese beschränkt bleiben.
3 Messalina und Crassus: Das bakchische Fest im historischen Bericht Wenn man sich dieses Paradoxes bewusst ist, kann man die diversen Erwähnungen des bakchischen Festes in der lateinischen Literatur besser verstehen. Nun möchte ich hier zwei berühmte Episoden der römischen Geschichte be10
MASSA-PAIRAULT 1986, WYLER 2007. BRUHL 1953, 133–144; WYLER 2007. 12 MONTANARI 1984. 11
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trachten, die wie eine anekdotische Beilage in das bakchische Fest einführen sollen: zuerst die tragisch-komische Szene der Pseudo-Hochzeit der Messalina, der offiziellen Ehefrau des Kaisers Claudius, mit Silius. Bei Tacitus, und nur bei ihm,13 ist eine Darstellung eines bakchischen Festes zu finden, das im Haus und in den Gärten des Silius stattgefunden haben soll. At Messalina non alias solutior luxu, adulto autumno simulacrum vindemiae per domum celebrabat. Urgeri prela, fluere lacus; et feminae pellibus accinctae adsultabant ut sacrificantes vel insanientes Bacchae; ipsa crine fluxo thyrsum quatiens, iuxtaque Silius hedera vinctus, gerere cothurnos, iacere caput, strepente circum procaci choro. Ferunt Vettium Valentem lascivia in praealtam arborem conisum, interrogantibus quid aspiceret, respondisse tempestatem ab Ostia atrocem, sive coeperat ea species, seu forte lapsa vox in praesagium vertit. Messalina hingegen, zu keinem anderen Zeitpunkt zügelloser in ihrer Verschwendungssucht, feierte, da der Herbst schon fortgeschritten war, ein Winzerfest im ganzen Palast. In Betrieb waren die Keltern, es flossen die Kufen über; und die Frauen tanzten mit Tierfellen angetan daneben wie opfernde oder rasende Bacchantinnen; sie selbst, mit aufgelöstem Haar den Thyrsus schwingend, und neben ihr Silius, mit Efeu bekränzt, trugen Kothurne und warfen den Kopf hin und her, während ringsum der freche Chor tobte. Man erzählt, Vettius Valens sei in seiner Ausgelassenheit auf einen sehr hohen Baum geklettert und habe auf die Frage, was er sehe, geantwortet: ‹Ein fürchterliches Unwetter von Ostia her›, sei es dass ein Gewitter wirklich im Aufziehen war, sei es dass eine ganz zufällige Äußerung sich in eine Weissagung verwandelte.
Die Szene, die Tacitus hier schildert, scheint direkt auf ein Theaterstück (wahrscheinlich die Bakchanten des Euripides)14 oder ein Pantomimus mit bakchischem Thema15 und zugleich auf die Art und Weise, wie Livius über den Skandal der Bakchanalien berichtet, hinzuweisen. Begriffe wie feminae, insanientes Bacchae (ein griechisches Wort), pellibus accinctae, iacere caput weisen klar auf die mania hin und klingen wie ein Echo auf die Schilderung des Livius.16 Auf der anderen Seite weisen verschiedene Elemente auf Theaterrequisiten oder eine Theaterinszenierung hin: die Wörter cothurnos, choro (zwei weitere griechische Wörter) und die Schilderung des Vettius Valens, der sich auf einen Baum emporzieht wie Pentheus in den Bakchae des Euripides. Die Schilderung des Tacitus bezieht sich deutlich auf diese Doppelreferenz – Bakchanalien bei Livius und Theaterstück –, die die Leser (Zuhörer) auch bemerken sollten. Ob diese bakchische Szene historisch stattgefunden hat oder nicht, ob sie vielleicht missverständlich auf einem dionysischen Initiationsritus beruht, werde ich hier nicht untersuchen. Für mein Thema liegt das Hauptinteresse woanders, nämlich in der Frage nach der Art, wie diese Szene im Exkurs des 13
Tac. ann. 11,31,2–3 (Übersetzung: ERICH HELLER, Zürich 1982). Sueton erwähnt diese Episode nicht. 14 Über die Popularität der Bakchanten des Euripides s. z. B. CHANDEZON 1998. 15 BRUHL 1953, 184. 16 Liv. 39,8–19: allgemeiner Sinn und auch präzise Wortwahl: solutior luxu // corruptelarum officinam (Liv. 39,10,6) insanientes // mente capta, (Liv. 39,13,12) viros feminasque (Liv. 39,13,14), permixti viri feminis (Liv. 39,13,10), lascivia (Liv. 39,15,7) usw.
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Tacitus geschildert wird und ihren Platz darin findet. Gerade die Verortung dieser Episode in der Schilderung des Skandals, der mit Messalina verbunden ist, ist beachtenswert. Tacitus hat bereits alles gesagt. Der Leser (Zuhörer) weiß schon alles über die Ausschweifungen der Messalina, alles über ihre so genannte Hochzeit mit Silius und alles über die politische Lage und die Parteiklüngeln, die historisch ins Spiel kommen. Nun aber unterbricht die Beschreibung dieser bakchischen Szene den historischen Ablauf des Exkurses, den logischen Gang der Ereignisse, als ob die Zeit in Klammern gesetzt worden wäre. Und dann plötzlich, direkt nach diesem Exkurs, setzt sich der historische Bericht mit der Intervention des Kaisers und dem Tod der beiden Helden fort. Die Schnittstelle zwischen der zeitlosen bakchischen Szene und der historischen Abfolge bildet Vettius Valens auf seinem Baum, der sagt – oder, wie von Tacitus suggeriert, wahrsagt –, dass ein furchtbarer Sturm aus Ostia kommen werde. Durch diese Elemente kann man erkennen, wie stark diese ganze Stelle literarisch bearbeitet wurde. Das bakchische Fest wird hier von Tacitus klar als eine Art Fermate genutzt, um die Lage solange wie möglich in der Schwebe zu halten, und andererseits auch, um Messalina definitiv als verdorben erscheinen zu lassen. Jetzt kann die kaiserliche Strafe als gerechtfertigt gelten. Dass diese bakchische Szene unmittelbar vor dem Finale der Geschichte und der tödlichen Strafe steht, unterstreichen die Elemente, die Tacitus parallel zu den Bakchanalien eingefügt hat, nämlich die Referenz an ein ekstatisches Fest mit Frauen und Männern – gemischt –, die den Verstand unter dem bakchischen Einfluss verloren haben. Vor dem Hintergrund dieser Paralelle erscheint die Hochzeit der Messalina mit Silius wie eine echte coniuratio, die eine tödliche Strafe zur Folge haben muss. Die Schilderung dieses bakchischen Festes durch Tacitus erregt den Anschein einer endgültigen Verurteilung der Messalina und stützt sich auf Erinnerungen an die Bakchanalien von 186 v. Chr. Wenn dieses Fest sich tatsächlich historisch ereignet hat, muss man aber festhalten, dass es ein privates Fest gewesen ist, ein Fest, das im Garten des Silius stattgefunden hat und das, streng genommen, mit der offiziellen Sphäre nichts gemein hatte. Zudem ist dieses Fest sehr wahrscheinlich als Folge der feriae vindemiales (des Weinlesefestes) privat gefeiert worden. Begriffe wie adulto autumno, simulacrum vindemiae und die Erwähnung der Kelter weisen klar darauf hin. Was mich hier interessiert, ist, dass das bakchische Fest mit einem konstanten Bezug zu literarischen Schilderungen oder Theaterstücken geschildert wird – ob nun von Tacitus als eine Karikatur oder vielleicht schon von Messalina und Silius, den Akteuren dieses Festes: eine eindeutige Entscheidung ist heute nicht mehr möglich. Was aber von Tacitus hinzugefügt wurde, ist die Erinnerung an die Bakchanalien, wie durch die Schilderung selbst, und auch durch die Stellung der Episode im historischen Bericht und ihre literarische Inszenierung deutlich hervorgeht.
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In diesem ersten Beispiel wird das bakchische Fest offensichtlich mit der Erinnerung an den Skandal um 186 v. Chr. sowie mit literarischen und theatralischen Kenntnissen in Beziehung gesetzt. Der kultische Aspekt, wenn es tatsächlich einen gegeben hat, ist in den Hintergrund gedrängt worden. In welchem Verhältnis Rom zum bakchischen Fest steht, kann auch ein anderes berühmtes Beispiel zeigen, nämlich das tragische Ende des Partherkrieges unter Crassus im Jahre 53 v. Chr. Der Ausgang dieser römischen Niederlage, so wie sie Plutarch in der Erzählung vom Leben des Crassus schildert,17 wird uns hier interessieren: Surena schickt den Kopf und die rechte Hand des Crassus an Orodes in Armenia, wo dieser mit seinem alten Feind Artavasdes gerade Frieden geschlossen hat. Der Bote erscheint mit dem Kopf des Crassus mitten in einem Symposium im Palast des Artavasdes, an dem auch Orodes teilnimmt. Und eben singt ein tragischer Schauspieler, Jaso aus Tralles, die Rolle der Agave in den Bakchanten des Euripides.18 Dieser nimmt natürlich den Kopf und singt mit der Maske der Agave und dem Kopf des Crassus in den Händen die Verse aus Euripides, in denen Agave, sehr stolz, aus den Bergen zurückkommt und glaubt, den Kopf eines Löwen mit sich zu führen. Plutarch gibt noch Details der Inszenierung dieses Moments wieder, die zeigen, dass alle diese ‹Barbaren›, die Parther, die griechische Kultur und besonders die Theaterstücke sehr gut kannten und genossen. Artavasdes soll sogar, wie Plutarch berichtet, selbst Tragödien gedichtet haben. Natürlich stellen die Taten der Agave stricto sensu kein bakchisches Fest oder ein kultisches Ereignis dar. Sie gehören vielmehr zum Mythos und zum Theater. Aber durch dieses Spiel mit der Rolle der Agave und dem Kopf des Crassus werden eben Geschichte und Mythos – oder theatralische Fiktion – miteinander vermengt. Durch diese Anekdote wird Agave in die Gegenwart projiziert. Und Crassus scheint vom Gott Dionysos, wie Pentheus selbst, gestraft worden zu sein. Wie hat für einen Römer diese Szene gewirkt? Die literarische klassische Kultur der Parther wird mit dieser Episode sicher hervorgehoben, aber auch ihre Grausamkeit; und gewiss soll das Gefühl erzeugt werden, dass Dionysos und das bakchische Fest sehr attraktiv waren, solange sie in der literarischen Kultur verankert blieben. Wenn aber das Fest oder seine mythologische Grundlage mit der Wirklichkeit vermischt wird, wenn die Bakchanalien kein Mythos mehr sind, wenn sie aus dem literarischen Bericht oder aus dem Rahmen des Theaters heraustreten und in die Geschichte Eingang finden, dann ist die Gefahr der Barbarei gegeben. Durch diese beiden Berichte von Tacitus und Plutarch können wir erfahren, wie stark das bakchische Fest vom Bakchanalienskandal durchdrungen ist. Das bakchische Fest ist in Rom vor allem ein kulturelles Ereignis, etwas, das man 17
Plut. Crass. 32–33. Teile der berühmten Tragödien nur zu rezitieren war üblich, wie es auch epigraphische Dokumente bestätigen; s. CHANDEZON 1998. 18
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durch Literatur, bildende Kunst oder Theater sehr gut kennt, das aber nicht direkt durch Kult erfahren wird; oder besser gesagt, es ist etwas, das man nicht durch Kult erfahren möchte. In erster Linie ist das Bakchische eine Sache des kulturellen und privaten Lebens.
4 Welchen Platz für das bakchische Fest? Weshalb ist das Bakchische also in den privaten oder künstlerischen Bereich abgedrängt worden? Eine kleine Übersicht über die offiziellen kultischen Ereignisse in Rom kann Licht ins Dunkle bringen. Zunächst muss festgehalten werden, dass Rom keinen offiziellen Platz für das bakchische Fest bereithält. Einen geeigneten Raum dafür böte zum Beispiel das Theater, wie in Griechenland. Theater und Schauspieler stehen in Rom aber unter der Schirmherrschaft der Minerva und nicht des Liber.19 In der Zeit des Livius Andronicus soll es einem Verein von Dichtern und Schauspielern in der Tat gestattet worden sein, sich im Tempel der Minerva auf dem Aventin zu versammeln und Votivgaben zu deponieren.20 Diese scribae et histriones um Livius Andronicus waren wahrscheinlich Schauspieler aus Unteritalien, die einen Verein in der Art der hellenistischen dionysischen Synodos der Technitai gegründet hatten. Sehr wahrscheinlich tritt also um 200 v. Chr. das Theater in Rom aus der Einflusssphäre des Dionysos heraus und, vorsichtiger und vielleicht mit taktischem Hintergrund, in den Machtbereich einer echten römischen Göttin ein. So kann sich das bakchische Fest im Rahmen des Theaters und dessen Pompe nicht offiziell und frei entwickeln. Was bleibt noch? Der Wein natürlich. Aber hier kennt auch Rom eine Beschränkung, die dem griechischen Dionysos jedoch nichts anhaben konnte. Der Wein wird als eine Gabe des Liber betrachtet und die Weinlese im Herbst ist ein wichtiges Fest, zumindest auf dem Land.21 Der Wein aber, der in den offiziellen Festen und Kulten vergossen wird, der sakrale Wein, entgeht dem Liber, dem Bacchus, und gehört dem Jupiter. Um den Status des Weines und seinen Bezug zu Liber in Rom besser zu verstehen, kann man festhalten, dass die Liberalia im März keinen Platz für den Wein boten und dass die Vinalia, die eben den religiösen Aspekt des Weines feierten, nicht mit Liber in Zusam19
JORY 1970. Verrius ap. Festus 446 L: Cum Livius Andronicus bello Punico secundo scripsisset carmen quod a virginibus est cantatum, quia prosperius res publica populi Romani geri coepta est, publice adtributa est ei in Aventino aedis Minervas, in qua liceret scribis histrionibusque consistere ac dona ponere. Diese letzte Angabe lässt vermuten, dass dieser Verein aus Peregrini bestand, die als solche eben die Erlaubnis des Senats brauchten, um Votivgaben in einem römischen Tempel zu stiften. Zu den hellenistischen Technitenvereine s. LE GUEN 2001 und ANEZIRI 2003. 21 BRUHL 1953, 119–122. 20
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menhang standen.22 Ein Fest in der Art der Pithoigia, in dem der neue Wein offiziell als Gabe des Dionysos und als sakral gefeiert wird,23 ist in Rom undenkbar. Ein bakchisches Fest um den Wein kann also nur auf dem Land während der Weinlese oder im privaten Bereich, beim Festmahl, im Symposium, gefeiert werden. Diese beiden Gelegenheiten, Weinlese und Bankett, stellen die Bereiche dar, in denen bakchische Elemente am längsten überdauert haben, wie uns mehrere christliche Apologisten lehren;24 und DAVID PARRISH 25 hat sehr deutlich gezeigt, dass der ganze Dekor der Bankettsäle noch im vierten, fünften, sechsten und sogar im siebten Jahrhundert n. Chr. völlig unter dem Einfluss des dionysischen Thiasos stand, sei es auf Mosaiken, auf Wandbehängen, auf Möbeln oder allerlei Geräten und Trinkgefässen. Ist aber ein Bankett, als privates Ereignis, ein Fest im eigentlichen Sinne?
5 Das bakchische Fest zwischen Orient und Abendland 5.1 Dionysoskult und Kaiserkult Zum Schluss möchte ich auf einige Einzelheiten hinweisen, die vielleicht die Frage nach der Konfrontation der römischen mit der griechischen Welt auf dem Gebiet des bakchischen Festes erhellen können. Die Römer sind natürlich in den orientalischen Provinzen und besonders in Kleinasien dem bakchischen Fest begegnet, sei es im offiziellen Dionysos-Kult, der unter der römischen Herrschaft weiterhin gefeiert wurde, sei es im Theater und besonders im Prunk der Feierzüge. Diese konkrete Begegnung hat zwei direkte Auswirkungen für Rom gehabt, die außerdem wechselseitig voneinander abhängig sind. Erstens ist sehr früh der Kult der Dea Roma und dann, als natürliche Folge, der Kaiserkult auf den Dionysos-Kult getroffen, da dieser der wichtigste Kult einer Mehrheit von Städten Kleinasiens war. Die Konkretisierung dieser Begegnung erfahren wir zum Beispiel in Teos, wo der Kaiserpriester von Tiberius jeden Tag den Dionysos-Tempel für tägliche Rituale besuchte, so dass wir sogar in dieser Stadt Διονυ σεια καισα ρεια kennen.26 In Aphrodisias in Karien war der archiereus des Kaiserkultes auch Dionysospriester unter Kaiser Claudius.27 Weitere Beispiele könnten zitiert werden,28 aber die genannten reichen aus, um deutlich zu machen, dass der Kaiser in den orientalischen Provinzen sehr früh den Platz der ehemaligen hellenistischen Könige im dionysischen Kult einnahm.29 Dieses Phänomen hatte ich schon beim Betrachten des Antonius her22
JURY 1970. Z. B. NOE¨ L 1998. 24 MAHE´ 1992, 166–172. 25 PARRISH 1995. 26 ROBERT 1970, 32–35. 27 CIG II 2739. 28 Z. B. BRUHL 1953, 185–186. 23
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ausgestellt, der als neos Dionysos in Ephesos und in Alexandria gefeiert worden war. Es ist infolgedessen nicht erstaunlich, dass mehrere Kaiser, wie zum Beispiel Trajan, Hadrian, Caracalla, als neoi Dionysoi verehrt worden waren. Das heißt, dass jedes offizielle bakchische Fest, zumindest in Kleinasien, zu Ehren des Kaisers sowie zu Ehren des Dionysos gefeiert wurde. Dieses Phänomen wird durch den Umstand, dass der Kaiser, und zwar Hadrian, in Ephesos als συ νθρονος des Gottes Dionysos von einem Mystenverein verehrt wird, besonders deutlich.30 Die göttlichen Ehren gelten ipso facto dem Kaiser wie auch dem Gott, da die beiden den gleichen Platz teilen. 5.2 Prunk und Pompae Durch die offiziellen Dionysos-Kulte kommen die Römer auch mit den mächtigen Technitenverbänden in Kontakt. Die verschiedenen Synodoi der Dionysos-Technitai sind nicht nur mit dem Theater verbunden, sondern auch mit jedem prunkvollen Fest und besonders mit den Festzügen, den Pompai. So tritt Rom also nicht nur direkt zu dem bakchischen Kult in Beziehung, sondern und vor allem auch zum glanzvollen Prunk der asiatischen dionysischen Pompai. Es ist außerdem bekannt, dass unter Kaiser Hadrian eine Filiale der Synodos in Rom ihren Sitz hatte. Die Titulatur dieser Synodos, wie sie auf einem Beschluss aus Nıˆmes auftaucht, ist erhellend:31 ψη ϕισμα τηÄ ς ιë εραÄ ς θυμε[λικ]ηÄ ς ÆΑδριανηÄ ς συνο δου τω Ä ν [περιÁ τοÁ ν] αυÆ τοκρα τορα Και σαρα ΤραιανοÁ ν ΑδριανοÁ ν ΣεβαστοÁ ν νε ον Διο νυ[σον] συναγωνιστω Ä ν. Der Name des Kaisers taucht in dieser Titulatur sogar zweimal auf: einmal als Adjektiv, einmal in der offiziellen Form des Kaisernamens. Als Kaiser und als neos Dionysos nimmt Hadrian zweimal die Stelle des Gottes Dionysos ein, der aus der Titulatur32 eliminiert wird und nur noch als neos Dionysos, das heißt in der Form eines bloßen Kaisertitel erscheint. Seit dieser Zeit gilt nicht nur das Theater in Rom und in den westlichen Provinzen als eine dionysische Veranstaltung, sondern auch das bakchische Fest an sich, sei es durch das Theater oder die prunkvollen Festzüge und es ist ebenfalls dem Kaiser als neos Dionysos gewidmet. 5.3 Bakchisches Fest und römischer Triumphzug Diese für mein Thema wesentliche Entwicklung lässt sich zum Schluss vielleicht am Beispiel der Bewegungen innerhalb eines merkwürdigerweise sehr 29 Diese Zusammenhänge haben in Pergamon einen archäologischen Beweis gefunden: der so genannte Podiensaal hat den königlichen Kult der Attaliden aufgenommen, bevor der Kaiserkult ebenda zelebriert wurde: SCHWARZER 1999 und HIRSCH 2001. 30 JACCOTTET 2003, Bd. 2, Nr. 136, 232 (= Inschriften von Ephesos Nr. 275). 31 CIL 12,3232 = ILS 5082. 32 Die Basis-Titulatur lautet: συ νοδος τωÄ ν περιÁ τοÁ ν Διο νυσον τεχνιτωÄ ν.
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römischen Festes zusammenfassen, und zwar am Triumphzug, der Pompa triumphalis. Der Triumph steht ja, wie mehrere lateinische Schriftsteller annehmen, im Zusammenhang mit Dionysos.33 Dionysos feiert den ersten so genannten Triumph, nachdem er als Sieger aus Indien zurückkehrt. Der Triumphzug ist aber ein echtes römisches und politisches Fest, mit Liktoren und anderen typisch römischen Kennzeichen.34 Dieser römische Festzug wurde aber charakteristisch zu bestimmten historischen Gegebenheiten als bakchischer Indientriumph gedeutet. Zum Beispiel feiert Cn. Pompeius Magnus dreimal einen Triumph: 79 v. Chr. (Afrika), 71 v. Chr. (Spanien) und 61 v. Chr. (Asien). Einen Triumph wollte er sogar auf einem Elefantenviergespann feiern, was Plinius eindeutig als Parallele zu Bacchus deutet.35 Das Vorbild hat zwei Gesichter. Ein Imperator, der besonders in Asien Siege erringt, wird zugleich als zweiter Alexander der Große und zweiter Dionysos gefeiert. Plutarch deutet auf diese Weise auch die drei Triumphe des Pompeius, der durch seine Siege auf den drei zu diesem Zeitpunkt bekannten Kontinenten als Kosmokrator, und bei dieser Gelegenheit auch als neuer Alexander, angesehen wurde.36 Beide stehen natürlich in einem sehr engen Verhältnis.37 Die Bakchisierung des römischen Triumphzuges wurde selbstverständlich durch Octavians Sieg in Actium beendet.38 Aber mit Trajan kommt die zweifache Parallele Triumph/Alexander der Große/Dionysos unaufhaltsam und gewissermaßen endgültig zurück. Auf dem Triumphbogen in Benevent ist zum ersten Mal Liber auf einem offiziellen Denkmal dargestellt. Mit dem Sieg über die Parther konnte Trajan also als neuer Orientsieger gelten. Und es ist kein Zufall, dass gerade er mit dem Titel neos Dionysos geehrt wurde. Seit dieser Zeit, unter Hadrian und noch deutlicher unter den Severern, verbreitet sich bezeichnenderweise das Thema des Indientriumphes des Dionysos stark in der Kunst, und zwar auf Sarkophagen wie auch auf privaten Mosaiken (besonders in den Triclinia).39 Wir haben leider fast keine Beschreibungen eines kaiserlichen Triumphzuges aus dieser Zeit und können deshalb nicht beweisen, dass er seit dieser Zeit Züge eines echten bakchischen Festes aufweist. Sehr wahrscheinlich haben aber die römischen kaiserlichen Technitai zum Prunk und zur Bakchisierung dieser Festzüge beigetragen. Nur Cassius Dio berichtet, dass Elagabal einen Triumph in der Tracht des Gottes Dionysos gefeiert habe40 und dass Kaiser, wie Severus Alexander, Gordian III, Aurelian 33 Z. B. Plin. nat. 7,56 (57); zur Herkunft des Triumphes aus dem griechischen Thriambos und dem Dionysoskult s. VERSNEL 1970, 16–38; LEMOSSE 1972. 34 LEMOSSE 1972. 35 Plin. nat. 8,4: Romae iuncti (sc. Elephantes) primum subiere currum Pompei Magni Africo triumpho quod prius India victa triumphante Libero Patre memoratur. S. Plut. Pomp. 14,3–4. 36 Plut. Pomp. 45.6–46.2. 37 KÜNZL 1988, 102–103. 38 S. o. 39 TURCAN 1999, 108–109; LIMC IV,915–917. 40 Cass. Dio 77,7,3.
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und Diokletian, ihre Triumphe auch mit einem Elefantenviergespann als Parallele zu Dionysos zelebriert hätten, um sich Dionysos anzunähern.41 Wichtig ist, dass der Kaiser gerade in der Abbildung des Dionysos erscheint und dass sein Triumph als eine Metapher für den Indientriumph des Dionysos und Alexander des Großen angesehen und verstanden wurde. Die letzte Beschreibung eines Bildes wird klären, wie diese Metapher funktioniert. Die beiden Friese eines Sarkophages aus Cortone sind hierfür bezeichnend und durch ihre Komplementarität ergiebig.42 Auf dem unteren Fries wird der bakchische Triumphzug mythologisch durch einen Kampf gegen die Amazonen dargestellt. Der obere Fries, auf dem Deckel, zeigt dagegen realistische Trophäen. Der Gott selbst ist im Clipeus zwischen zwei Victoriae, Siegesgöttinnen, dargestellt. Er erscheint also zweimal, einmal im unteren Fries und einmal im oberen, in den beiden Fällen aber mit unterschiedlichem Status. Die Botschaft hat eine zweifache Bedeutung. Dionysos hat im mythologischen Sinne gegen Amazonen gekämpft und den ersten Triumph gefeiert, er hat aber auch wie ein Imperator gesiegt und Trophäen errichtet.43 Mythos und Geschichte werden miteinander vermischt, wie in der Episode des Crassus. Hier jedoch, in der Zeit, in der sich die Kaiser selbst dem Bakchischen bedienen, kann diese Vermischung keinen Subversionsverdacht, keine Gefahr der Barbarei mehr mit sich führen. Die Ikonographie des bakchischen Triumphzuges erlaubte vielmehr zu dieser Zeit, mehrere Virtutes des Kaisers auszudrücken, wie zum Beispiel clementia, die wohltuenden Wirkungen der Befriedung,44 die die Rückkehr des Goldenen Zeitalters durch die Pax Romana garantiert. Dionysos erscheint genau in diesem Zusammenhang und wird ideologisch als ein Gott der Clementia und der Befriedung benutzt.45 Durch das bakchische Antlitz des Triumphes gelten die Kaiser als Kosmokratoren und auch als Zivilisatoren, die den Krieg und deren natürliche Folge, die pax Romana, den unterworfenen Völkern in deren eigenen Interesse gebracht haben.
41 HARL 1987, 48. Eine Münze aus Armorium in Phrygia stellt außerdem den Kaiser Caracalla im Triumphzug mit einem Elefantenviergespann dar (HARL 1987, 48 und Tafel 18.3). 42 Museo Vescovile, Cortone, TURCAN 1966, Tf. 7a, 143 und 446: ‹Le de´cor de la cuve ne comporte aucune re´fe´rence aux guerres contemporaines, mais le couvercle est orne´ de trophe´es a` la romaine, avec bonnet de fourrure et casaque a` gauche, casque et cuirasse a` lambrequins a` droite; des captifs figurent assis «he´raldiquement», comme dans l’art officiel du temps; thureoi, clipei et vexilla re´sument l’attirail militaire des panneaux triomphaux traditionnels; surtout deux Victoires clipe´ophores exaltent l’imago du dieu vainqueur.› 43 Die Grabsymbolik des Triumphes auf Sarkophagen darf nicht vergessen werden, s. TURCAN 1999, 108–109 und 149; dieser Aspekt ist hier nicht wesentlich für unsere Problematik. 44 TURCAN 1966, 447; Bakchus ist Synonym von clementia seit Horaz: BARDEN DOWLING 2006, 82–83. 45 TURCAN 1977, 322–323.
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6 Das bakchische Fest: Kult oder Kultur? Das bakchische Fest ist fast nie als kultisches Ereignis im römischen Bereich fassbar. Die Vereine haben sicher dem Bacchus einen Kult gewidmet;46 dieser sollte aber als eine persönliche und private Sache aufgefasst werden. Wenn man sich fragt, wie sich die Präsenz des bakchischen Festes im römischen Alltag und in der Öffentlichkeit äußert, muss man feststellen, dass es sich vielmehr um ein kulturelles Phänomen als um ein kultisches handelt. Das bakchische Fest lebt in der bildenden Kunst, im Dekor der Bankettsäle, in der Literatur – besonders in den Gedichten –, in denen es als eine Metapher für das Goldene Zeitalter und als eine Äußerung für Wohlbehalten und Luxus (der tryphe) steht. Vor allem existiert das bakchische Fest im Imaginären der Römer. Das bakchische Fest ist als eine Art Stellungnahme gegenüber der griechischen Kultur zu verstehen. Und seine Existenz im römischen Alltag fluktuiert natürlich mit der historisch-soziologischen Entwicklung und der Politik Roms und des Kaisers. In der offiziellen Sphäre, und speziell im Triumph, ist das bakchische Fest in erster Linie eine kulturelle Redensweise, die es der römischen Macht erlaubt, sich als Sieger, als Zivilisator, als Friedensstifter, in einem Wort als Kosmokrator wie Bacchus selbst zu präsentieren.
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Register Zusammengestellt von Elisabeth Begemann
a) Inschriften Zur Auflösung der Siglen s. die Literaturhinweise, bes. S. 112f. und 131. AE 1894, 163 = DE RICCI 1903, 451f. Nr. 94 = MILNE 1905, 45f. Nr. 9272 = ILS 8882 = MILIK 1972, 197f. = BERNAND 1984, 252ff. Nr. 91 = BERNAND 1986, 225f. = AE 1995, 1611: 140 AE 1919, 36 = ILS 9221: 119 AE 1929, 99–100 = SEG 12, 922–3: 154 AE 1940, 229: 147 AE 1967, 229f.: 139 AE 1971, 430 = Inscriptiones Beroeae 68: 16, 115, 117, 109 AE 1971, 431 = Inscriptiones Beroeae 69: 16, 115f. AE 1991, 1743 = AE 1992, 1934 = AE 1994, 1906 = AE 1998, 1603: 137 AE 1992, 1934 = AE 1994, 1906 = AE 1998, 1603 = AE 1991, 1743: 137 AE 1994, 1906 = AE 1998, 1603 = AE 1991, 1743 = AE 1992, 1934: 137 AE 1995, 1611 = AE 1894, 163 = DE RICCI 1903, 451f. Nr. 94 = MILNE 1905, 45f. Nr. 9272 = ILS 8882 = MILIK 1972, 197f. = BERNAND 1984, 252ff. Nr. 91 = BERNAND 1986, 225f.: 140 AE 1998, 1603 = AE 1991, 1743 = AE 1992, 1934 = AE 1994, 1906: 137 AE 1999, 1425 = SEG 49, 1999, 815: 16, 120 AE 1999, 1426 = SEG 49, 1999, 816: 16, 121, 122, 126 AE 1999, 1427 = SEG 49, 1999, 817: 126, 121, 124 AE 2001, 2038 = SEG 51, 2133 = CUVIGNY 2001, 156f.: 149 BE 1996, 246: 115 BERNAND 1969, 138ff. Nr. 159 = FHN 2, 713ff. Nr. 171 = CIG 3, 4935b = IGR 1, 1299 = SB 8671: 141
BERNAND 1972, 131ff. Nr. 59bis. = SEG 51, 2132 = IGR 1, 1275 = SB 8828: 149 BERNAND 1984, 252ff. Nr. 91 = BERNAND 1986, 225f. = AE 1995, 1611 = AE 1894, 163 = DE RICCI 1903, 451f. Nr. 94 = MILNE 1905, 45f. Nr. 9272 = ILS 8882 = MILIK 1972, 197f.: 140 BERNAND 1986, 225f. = AE 1995, 1611 = AE 1894, 163 = DE RICCI 1903, 451f. Nr. 94 = MILNE 1905, 45f. Nr. 9272 = ILS 8882 = MILIK 1972, 197f. = BERNAND 1984, 252ff. Nr. 91: 140 BEROIA 68: 119 BEROIA 117: 117 BGU 362: 159 CIG 1068 = MORETTI 1953, Nr. 88 = IG 7,49: 129 CIG 3068: 157 CIG 7058: 82 CIG 2,2739: 208 CIG 3,4935b = IGR 1,1299 = SB 8671 = BERNAND 1969, 138ff. Nr. 159 = FHN 2,713ff. Nr. 171: 141 CIL 12, p. 594 = ILS 6087: 26 CIL 3,607: 48 CIL 5,5262: 48 CIL 6,8,2: 147 CIL 6,1063: 147 CIL 6,1064: 147 CIL 6,32323 = PIGHI 1965, 107ff.: 12 CIL 8,2634 = ILS 2296: 150 CIL 12,3232 = ILS 5082: 209 Comm. lud. quint. Z. 50ff. = PIGHI 1965, 111f.: 12 Comm. lud. quint. Z. 54f. = PIGHI 1965, 111: 12 Comm. lud. quint. Z. 110ff. = PIGHI 1965, 115: 12 CPR 20: 162 CRAWFORD 1996, 507ff. Nr. 37: 140 CUVIGNY 2001, 156f. = AE 2001, 2038 = SEG 51, 2133: 149
216 DE
Register
RICCI 1903, 451f. Nr. 94 = MILNE 1905, 45f. Nr. 9272 = ILS 8882 = MILIK 1972, 197f. = BERNAND 1984, 252ff. Nr. 91 = BERNAND 1986, 225f. = AE 1995, 1611 = AE 1894, 163: 140
f. Delphes III,3,249: 80 Fasti Venusini = Inscr. It. 13,2,56–59: 20 FHN II, 713ff. Nr. 171 = CIG 3, 4935b = IGR 1, 1299 = SB 8671 = BERNAND 1969, 138ff. Nr. 159: 141 FHN II, 714f.: 141 GAUTHIER, Sardes II, 2 = SEG 39,1284: 93 GAUTHIER, Sardes II, 2 Nr. 3 = SEG 39,1285: 96 HELLENIKA 2, 1946, 41 Nr. 15: 124, 126 I EPHESOS 1a, 1979, 27: 154f. I EPHESOS 1a, 1979, 208: 156 I EPHESOS 24 = LSAM 31: 79 I IASOS 1,219: 81 I IASOS 1,220: 81 I IASOS 1,233: 81 I IASOS 1,234: 81 I IASOS 4, Col. 3,33–110: 96 I IASOS 4, Col. 3,68ff.: 96 I IASOS 4: 96 I LAODIKEIA 1, Nr. 1: 93 I MAGNESIA 16–87: 96 I MAGNESIA 18 = WELLES, RC 33: 97 I MAGNESIA 22 = WELLES, RC 34: 97 I METROPOLIS 1,82–83: 98 I PERGAMON 2,374: 161 I PERGAMON 374, A 3–4: 109 I PERGE 331: 82 I SESTOS 1 ll. 79–83 = OGIS 339: 71 I STRATONIKEIA 10: 81 I STRATONIKEIA 505, Z. 67f.: 99 I STRATONIKEIA 505, Z. 131–133: 99 IDR III/5,236: 179 IDR III/5,244: 179 IDR III/5,371: 180 IG 22,1006,11ff.: 163 IG 22,1108,17ff.: 163 IG 22,1368: 67 IG 7,49 = MORETTI 1953, Nr. 88 = CIG 1068: 129 IG 7,2712 = SEG 45,437: 16, 60 IG 10,2,1 Nr. 31: 126 IG 14,429: 23 IGR I 1275 = SB 8828 = BERNAND 1972, 131ff. Nr. 59bis. = SEG 51, 2132: 149
IGR I 1299 = SB 8671 = BERNAND 1969, 138ff. Nr. 159 = FHN 2, 713ff. Nr. 171 = CIG 3,4935b: 141 IGR IV 188 = OGIS 438: 110 IGR IV 292 = OGIS 437: 103 IGR IV 293 = OGIS 438: 104 IGRR IV 1519 = MORETTI 1953 Nr. 84: 118, 129 IK 28, Nr. 107f.: 41 ILLRP 508: 22 ILLRP 589: 22 ILS 2296 = CIL 8,2634: 150 ILS 5082 = CIL 12,3232: 209 ILS 6087 = CIL 12, p. 594: 26 ILS 8882 = MILIK 1972, 197f. = BERNAND 1984, 252ff. Nr. 91= BERNAND 1986, 225f. = AE 1995, 1611 = AE 1894, 163 = DE RICCI 1903, 451f. Nr. 94 = MILNE 1905, 45f. Nr. 9272: 140 ILS 8940: 138 ILS 9125–9131: 139 ILS 9221 = AE 1919, 36: 119 ILS 9493: 147 Inscriptiones Beroeae 68 = AE 1971, 430: 16, 115, 117 Inscriptiones Beroeae 69 = AE 1971, 431: 116, 118 Inscr. It. 13,2,52f.: 24 Inscr. It. 13,2,56–59 = Fasti Venusini: 20 Inscr. It. 13,2,187–190: 29 Inscr. It. 13,2,235: 25 Inscr. It. 13,2,279: 25 Inscr. It. 13,2,283: 25 IvE 275 = JACCOTTET 2003, Bd. 2, Nr. 136, 232: 209 IvE 424: 50 IvE 424A: 49 IvE 618: 40 IvE 661: 44 IvE 938A: 39 IvE Ia 9: 39 IvE Ia 27 ff: 37 IvE II 329: 50 IvE II 417: 45 IvE II 422: 50 IvE II 422A: 36, 50 IvE II 424: 49 IvE II 429: 51 IvE II 442: 43 IvE II 446: 36 IvE II 449: 36 IvE II 454: 36 IvE II 455: 51
217
Register IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE IvE
II 461: 44 II 498: 40 II 500: 51 II 508: 44 III 621: 44 III 633: 44 III 638A: 44 III 661: 44 III 672: 51 III 702: 39, 43 III 712B: 51 III 719: 49 III 938: 39 III 986: 51 IV 1104: 43f. IV 1125: 43f. IV 1128: 44 IV 1129: 44 IV 1129A: 44 IV 1143: 39 IV 1150: 39 IV 1155: 43f. IV 1161–1169: 47 IV 1314–1317: 46 V 1587: 43 V 1618: 39 VI 2034f.: 40 VI 2037: 40, 43 VI 2061 II: 40, 43 VI 2062f.: 40 VI 2065: 47 VI 2298A: 36 VI 2304: 47 VI 4101b: 47 VII/1 3005: 47 VII/1 3008: 36 VII/1 3013: 36 VII/1 3038: 46 VII/1 3066: 39 VII/1 3068: 47 VII/1 3071: 36 VII/1 3080: 36, 51 VII/1 3239: 47 VII/2 5101: 49 VII/2 5113: 49
JACCOTTET 2003, Bd. 2, Nr. 136, 232 = IvE 275: 209 Kallixenos, FgrHist 627: 68 KNIBBE, ENGELMANN, ˙IPLI˙KC¸ ˙IOG˘ LU 1989, 175, Nr. 8: 43 KNIBBE, ENGELMANN, I˙PLI˙KC¸ I˙OG˘ LU 1989, 175–178, Nr: 9: 43
KNIBBE, ENGELMANN, ˙IPLI˙KC¸ I˙OG˘ LU 1993, 116–118, Nr. 8f.: 43 LIMC IV 915–917: 210 LSAM 31 = I EPHESOS 24: 79 LSAM 49 = MILET 6,1,203: 93, 100 LSAM 50: 77 LSCG 51: 67 LSCG 168: 74 MAMA VIII 492B: 74 MILET 1,3,133: 77 MILET 6,1,203 = LSAM 49: 93 MILIK 1972, 197f. = BERNAND 1984, 252ff. Nr. 91= BERNAND 1986, 225f. = AE 1995, 1611 = AE 1894, 163 = DE RICCI 1903, 451f. Nr. 94 = MILNE 1905, 45f. Nr. 9272 = ILS 8882: 140 MILNE 1905, 45f. Nr. 9272 = ILS 8882 = MILIK 1972, 197f. = BERNAND 1984, 252ff. Nr. 91= BERNAND 1986, 225f. = AE 1995, 1611= AE 1894, 163 = DE RICCI 1903, 451f. Nr. 94: 140 MORETTI 1953 Nr. 54: 129 MORETTI 1953 Nr. 69 = RA 1916, 354ff.: 129 MORETTI 1953 Nr. 84 = IGRR IV 1519: 118, 129 MORETTI 1953 Nr. 88 = CIG 1068 = IG VII 49: 129 OGIS OGIS OGIS OGIS OGIS
224 339 437 438 438
= = = = =
WELLES, RC 37: 94 I SESTOS 1 ll. 79–83: 71 IGR IV 292: 103 IGR IV 188: 110 IGR IV 293: 104
P. Panop. BEATTY 2, col. VI, Z. 160ff.: 148 P. Paris 69C = W Chr. Nr. 41: 148 PG 40,221: 146 Phleg. Über Langlebige (FGrHist nr. 257) 37,5 = PIGHI 1965, 56f.: 11 PIGHI 1965, 107ff. = CIL 6,32323: 12 PIGHI 1965, 111 = Comm. lud. quint. Z. 54f.: 12 PIGHI 1965, 111f. = Comm. lud. quint., Z. 50ff.: 12 PIGHI 1965, 115 = Comm. lud. quint. Z. 110ff.: 12 PIGHI 1965, 56f. = Phleg. Über Langlebige (FGrHist Nr. 257) 37,5: 11 PIGHI 1965, 95 = Herod. 3,8,9–10: 12
218
Register
RA 1916, 354ff. = MORETTI 1953 Nr. 69: 129 RIC 699–701 Taf. XII 212: 56 RIGSBY 1996, Nr. 176 = WELLES, RC 50: 97 ROBERT, CLAROS 1, Col. 2, Z. 3–51: 99 SB I, 4224 = SHERK, RDGE 57: 108 SB 8671 = BERNAND 1969, 138ff. Nr. 159 = FHN 2,713ff. Nr. 171 = CIG 3,4935b = IGR 1,1299: 141 SB 8828 = BERNAND 1972, 131ff. Nr. 59bis. = SEG 51,2132 = IGR 1,1275: 149 SEG 12,511: 158 SEG 12,922–3 = AE 1929, 99–100: 154 SEG 18,570: 103 SEG 28,1246: 94, 103 SEG 29,807: 78 SEG 30,1073: 72 SEG 32,1097: 99 SEG 32,1243: 16, 75 SEG 34,1168: 74 SEG 34,1588: 140 SEG 35,744 Z. 20–22: 68 SEG 36,1011: 83 SEG 37,961–980: 74 SEG 37,1010 Z. 17–50, 7–14: 94 SEG 38,1082: 80 SEG 38,1172: 81 SEG 38,1335: 83 SEG 39,1284 = GAUTHIER, Sardes II, 2: 93 SEG 39,1285 = GAUTHIER, Sardes II, 2 Nr. 3: 96 SEG 42,1290: 78 SEG 45,1508: 70 SEG 45,2093: 140 SEG 45,437: 70 SEG 47,2119: 140 SEG 48,1328: 70 SEG 49,1999, 815 = AE 1999, 1425: 120 SEG 49,1999, 816 = AE 1999, 1426: 121ff. SEG 49,1999, 817 = AE 1999, 1427: 121, 124, 126 SEG 50,1290: 74 SEG 51,2132 = IGR 1,1275 = SB 8828 = BERNAND 1972, 131ff. Nr. 59bis.: 149 SEG 51,2133 = CUVIGNY 2001, 156f. = AE 2001, 2038: 140, 149 SEG 53,822 Z. 9f.: 80 SEG 1995,710: 115 SHERK, RDGE 57 = SB I 4224: 108 Syll3 590: 96
Syll3 760: 102 Syll3 760, Z. 6–8: 107 Tab. Siar. Frgm. (a), Z. 26–34: 140; col. c: 158 W Chr. Nr. 41 = P. Paris 69C: 148 WELLES, RC 33 = I Magnesia 18: 97 WELLES, RC 34 = I Magnesia 22: 97 WELLES, RC 37 = OGIS 224: 94 WELLES, RC 50 = RIGSBY 1996, Nr. 176: 97
b) Literarische Quellen Aboda Zara 11b: 12 Apg. 2: 7; 19,24ff.: 40 App. BC 3,28 (105 f.): 158; BC 5,16–24: 99; Mith. 61,252: 99; Mith. 76: 106; Syr. 65: 92 Apul. Met. 11,8–19: 68 Aristoph. Thesm.: 68 Athen. 197c: 158 August. conf. 6,7,11 – 6,9,15: 6 August. res gestae 10: 6 Bab. Talmud, Traktat Hagiga, Mischna I 1: 7 Calp. Sic. ecl. 7: 6 Cass. Dio 44,6: 158; 47,18,4: 158; 47,19,2: 162; 51,20,6–7: 108; 51,20,9: 108; 51,20,7: 110f.; 53,30,6: 158; 55,2,3: 140; 59,13,8: 158; 59,17: 142; 68,8,2: 150; 68,15: 15; 68,29,1: 52; 68,30,1: 52; 75,4,1–5,5: 142; 75,4,6: 142; 75,5,5: 142; 77,7,3: 210 Cass. hist. Trip. 6,30,6 f.: 148 Cato agr. 143: 27 Cic. Att. 5,20,5: 137; Flacc. 55–56: 104; leg. 2,22: 8; Planc. 30: 9; Quint. fr. 1,26: 107; rep. 2,6,12: 8; Sest. 129: 6; Verr. 2,2,51: 103f. Conc. oecum. decr., Bologna 31973, 843: 24 CTh 13,9,1f.: 122 Curt. Ruf. 8,10,1: 52 Diod. 16,91,4: 153; 16,92,5: 153 Dion. Hal. ant. 2,30–2,31: 8; 2,30: 9; 7,70– 73: 9
219
Register Eutr. 7,13: 140 Fab. Pict. HRR I 19: 8 Flav. Ios. ant. Iud. 14,10,6: 14; bell. Iud. 5,349–56: 146; 7,2f.: 145; 7,123: 144 Gell. 2,24,14: 27 HA Max. 2,3ff.: 142 Hdt. 6,16: 38 Herod. 2,13,1–3: 146; 3,8,9–10: 12 [= PIGHI 1965, 95]; 5,3,9: 149; 8,6,1: 162 Isa. 5,37–38: 80 Liv. 1,9,6–13: 8f.; 1,16: 8; 2,18,2: 9; 2,36– 38: 9; 2,38,3: 9; 3,10,6: 204; 25,12,14: 10; 34,52,10–12: 144; 36,35,12: 14; 39,8–19: 204; 39,13,10: 204; 39,13,12: 204; 39,13,14: 204; 39,15,7: 204; 40,19,5: 13 Mart. lib. spect. 3: 6; 4,66,3: 27 Men. Rhet. 417,27–30: 68 Mon. Talm. V Nr. 391: 12 Ov. fast. 1,295: 31 P. Oxy. 1144: 161; 1449: 161 Paulus ex Festo p. 21 (LINDSAY): 10 Philost. Ap. 8,18: 43; 8,26: 43; Soph. 531: 54 Plin. ep. 1,8,2: 48; 2,17,8: 48; 10,52f.: 145; 10,81,1: 48; 10,96,5: 163; 10,100: 145; 10,102f.: 145; pan. 6,1: 53; 57,4: 53 Plin. NH 7,49: 12; 7,56 (57): 210; 8,4: 210; 13,23: 147 Plut. Aemil. Paul. 34,7: 143; Ant. 24: 108; 24: 202; Caes. 55,2: 144; Crass. 32–33: 206; Dem. 12,2: 68; Galba 22,4: 137; Luc. 20: 106; 23,1–2: 105f.; Marc. 22,3: 22,3; Pomp. 14,3–4: 210; 34: 137; 45,6– 46,2: 210; Rom. 14–15: 8; Sulla 25: 104; 34: 105 Sen. Helv. 6,2: 5 Serv. Aen. 5,45: 8 Soz. h.e. 5,17: 148 Strab. 12,2,7: 78; 14,1,20: 39; 15,1,41: 52 Suet. Aug. 43–45: 7; 44,1: 14; 43,4: 14; 52: 107; 59: 22; 89: 5; 92,2: 27; Caes. 49: 143; 51: 143; Cal. 18–20: 7; Claud. 1,3: 140, 151; 21: 7; 21,2: 12; 25,4: 14; 5,5: 7; div. Iul. 36,4: 6; 39: 5; Dom. 4: 7; 4,4:
160; Galba 16: 137; Nero 11–13: 7; 13: 14; Tib. 37,2: 9; 47: 7 Tac. ann. 2,7: 142; 2,83: 158; 4,56: 100; 11,31,2–3: 204; 13,54: 14; 14,17: 9; 15,29,2f.: 162; hist. 1,55: 137; 3,78: 137 Tert. cor. 1,1: 146; 12,1: 146; 12,3: 146; idol. 10,3: 26; 19: 148; scorp. 6: 15 Theok. Id. 2,64–8: 68; 15: 69 Thuk. 1,20,2: 68 Varro ling. Lat. 6,86: 12; 6,87: 12; 6,90–92: 12 Veg. mil. 2,23: 147 Verg. Aen. 5,42–306: 8; 6,791ff.: 202 Verrius ap. Festus 446 L: 207 Zos. Nov. Hist. 5,1: 12
c) Allgemein Abrittus 123 Accius 203 Achaios d. Ä. 938 Acheron 69 Actium 28, 202f., 210 Adonia 69 Adonis 69 adventus 68 Adyton 170f. Aedil 10, 1129, 147 Aelia Alexandra 117 Aemilianus 121 Aemilius Paullus 143 Aeneas 8 Africa 610, 1557, 26, 150, 210; ∼ Tingitana 137 Agave 206 Agon 6, 1132, 15, 17, 36, 39ff., 44, 46, 54, 69, 71f., 75f., 89, 93f., 9621, 9722/4, 10342, 115–31, 139, 153, 155–8, 160, 164; ∼ Alexandreios 118ff.; ∼ Solis 139 ; s. auch ludi, Wettkampf Agonothet 39f., 75f., 9514, 116, 131, 155, 16037 Agora 36ff., 47, 50, 53, 120, 126, 154, Ägypten 7, 1241, 2834, 924, 140f., 148f., 163 Aigai 153, 157, 159, 164 Akklamation 67, 69, 75, 81–4, 135, 138 Akmonia 4022, 42 Akraiphia 1660, 70f., 77–81 Alba Iulia 179
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Register
Albiorix 128 Alexander d. Gr. 48f., 52, 92, 118f., 160, 210f. Alexander von Abonouteichos 83 Alexander von Molossos 153 Alexandria 29, 48, 52, 158, 160, 202, 209 Alexianus s. Severus Alexander Altar 13, 79, 81, 938, 96, 141f., 147, 155, 158, 171–9 Alypius 610 Amalrich 1555 Amaseia 146 Amazonen 52f., 211 Amiternum 29 Armorium 21141 Amphitheater 52, 6 Amyntas 128 Anaximbrotos 9413 Anchises 8 Androklos 51f., 156 Ankyra 127 Antemnae 9 Antinoos 7946 Antiocheia 70, 74, 149, 158 Antiochos II. 92, 938, 9412; ∼ III. 94, 96, 9724 Antium 7, 28 Antoninus Pius 1556, 41, 4754, 117, 125, 127, 135, 139, 178; divus ∼ 125 M. Antonius 108, 201ff., 208 Antonius Valens 177 Apelles 39 Aphrodisias 74, 9930, 208 Aphrodite 78, 107, 1546; ∼ Daitis 38 Aphrodite Laodike 9618 Apollinaria 25 Apollo 7, 10, 48, 74–82, 155, 16037; ∼ Delios 79; ∼ Klarios 7427; ∼ Ptoios 76, 81; ∼ Pythios 82 Apolloniaten 74 Apollonios 84 Apollonis 9514 Apollonius von Tyana 4329 Apulum 179, 184f. Aquaeduct 38, 44ff., 50, 56 Aquileia 162 Arabia 6f., 140 Araxa 10342 Archiereus 40, 42, 94f., 98, 110, 116, 124, 131, 156, 208 Ares 107 Argos 10342 Aricia 7
Aristion 42, 44, 49, 51, 55 Arkadiane 43, 45, 53, 55 Armaturae 147 Armenia 14, 10654, 162, 184, 206 Arpus 142 Arsinoe 150 Artavasdes 206 Artemidoros 84 Artemis 37–40, 53, 78f., 83, 96, 9724, 155ff.; ∼ Ephesia 50, 53, 79; ∼ Leukophyrene 8621, 9724 Artemisia 39, 79 Artemision 37f., 42, 52f., 79 Asia (Minor) 2f., 7, 14, 22, 35, 363, 39, 40–3, 47f., 54, 74, 89–112, 118, 14353, 2029, 208ff. Asiarch 110 Asklepieia 9621 Asklepios 48, 83, 154 aspideia 71f. Asturica 139 Asylia 83, 97, 162 Ateporix 128 Athen 54, 67f., 70, 74, 83, 157, 16352 Athena 52, 68 Athenaios 158 Äthiopien 6, 141 Athleten 5f., 17, 43, 4440, 54, 68, 70ff., 105, 109, 128 Attaliden 90–5, 98, 102f., 110, 20929 Attalos 9514, 97f. Augst 160 Augustalia 29 Augusteia 156 Augusteum 128 Augustus (Titel) 1556, 46, 71, 73f., 135, 139, 148 Augustus 8, 11–5, 22, 25, 28, 37, 40, 46, 48, 108, 125ff., 135f., 154–8, 161, 202; divus ∼ 125, 127, 157, 160 Augustuskult s. Herrscherkult Aulos 69 Aurelian 123, 139, 210 Aurelius Leontes 148 M. Aurelius 13046, 135, 160, 178 M. Aurelius Demostratos Damas 129 Avenches 160 Aventin 16, 201, 207 Axiotta 84 Azzanathkona 134 Baalbek 175 Babylon 5280
Register Bacchanalien 3, 201–12 Bacchanten 203f., 206 Bacchium 170, 183 Bacchus 67, 203, 207, 210–2 Baetica 13 Baiae 142 Baibia Magna 120, 121, 124 Balaklawa 177f., 184f. Balanus 171 Balbilleia 4439 Balbinus 162 Banabelos 938 Bankett 3, 27, 38, 72ff., 77, 80, 149, 153, 169–72, 175, 177f., 181, 183, 186, 208, 212; s. auch Symposion Bargylia 70 Basilica 83; ∼ Ulpia 41; ∼ Stoa 3918 Bassus 121 Baudecet 183f. Bel 170–3, 175 Benevent 5177, 210 Berenike 149 Beroia 3, 1660, 115–20, 122, 124, 127 Bibliothek 48, 49, 50, 55; ∼ des Celsus 38, 50, 53 Bithynien(-Pontus) 7, 90, 9516, 10550, 10654, 108, 125, 14353, 145 Boiotien 1660, 70, 75, 77, 81 Bosporos 125 Bothros 17542 Bouleuterion 37f. Brigatos 127 Brixia 20 Caelius Montius 45 Caenina 9 Caesar (Titel) 5, 1556, 16, 119, 135, 139, 142, 1546,162, 178 Caesar s. Iulius Caesar C. Caesar 46 Caesareum 154 Caligula 29, 141ff., 158 canabae legionis 171, 174 capite velato 13, 144 Capitol 6, 14f., 17, 26, 145, 148, 159 Capitolia 4225, 160 Caracalla 47, 118f., 122, 135, 137, 147, 159, 161, 171, 202, 209, 21141 Carnuntum 171, 173–8, 184f. Cassius Dio 67, 52, 108, 140, 142, 150, 210 Cato d. Ä. 27 Celsus 49, 55 Centurio 145f., 1719, 177f.
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Ceres 7, 10 Cerialia 10 Chaironeia 10549 Chalkis 78 Chatten 142 Chios 72 Christen(tum) 7, 817, 16f., 23f., 27f., 31, 54, 83f., 133, 145f., 163, 208 Chronik von 354 29 Cicero s. Tullius circenses Martiales 136; ∼ salutares 136 Circus 1, 52, 10, 14, 26, 147, 158; ∼ Maximus 1131, 159 Claudia Trophime 44 Claudius 12–4, 29, 42, 135, 140, 204, 208; divus ∼ 161 Ti. Claudius Aristion 42, 44 Claudius Cnorimus 147 Ti. Claudius Frugianus 44 Claudius Tibe[rius Claudius Lucceianus] 5071 C. Claudius Verulanus Marcellus 37f., 40, 56, 154ff., 160 Clipeus 138, 211 T. Cloulius 1131 coh(ors) I s(agittariorum) Tibisc[?ensium] 180; ∼ I Celtiberorum 139; ∼ I Flavia Cilicum equitata 148; ∼ I Gallica equitata 139; ∼ I Lusitanorum 149; ∼ II Ituraeorum 141; ∼ XX Palmyrenorum equitata 134 collegium 66, 12f., 25, 29, 49, 67, 70, 7840, 9414, 95, 108, 139, 154, 177, 183, 185, 202, 207, 209, 212 colonia 5, 7, 20, 23, 26, 122, 126, 180; ∼ Aurelia Apulensis 179 Colosseum s. Amphitheater comitia 68, 20 Commodus 135, 139, 149 concilium 8, 10969 coniuratio 205 Constans 46 Constantius II. 46 Consualia 8 Consul 13, 1556, 29, 82, 135, 171 Consus 9 Contio 8, 12 Contrapollinopolis 149 conventus 82 Corduba 13 Cornelius Labeo 30 Cornelius Vitalis 174 Cortone 211
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Register
Crassus 203, 206, 211 Crispinus 149 T. Statilius Crito 49 Crypta Balbi 172 Cumae 25 Cybele 10 Dacia 150, 170f. Daidala 78 M. Aurelius Demostratos Damas 129 damnatio memoriae 46, 119, 136 Danubische Reiter 179, 180 Dardaniden 8 Dasius 137 Dea Dia 28 Dea Roma 366, 39, 46, 52, 89, 91, 93, 10034, 10342, 10868, 11177, 127, 157, 208; s. auch Roma Decius 122ff., 126 decursio albata 146 Delphi 80, 82 Demainetos 84 Demeter 16, 38 Demetrios 10342 Demetrios Poliorketes 68 Demostheneia 129, 154f., 157 Diadochen 92 Diana 25; ∼ Nemorensis 7 Didymeia 9621 Didymoi 149 dies imperii 44, 135, 145, 148; ∼ natalis 22, 27, 37, 9618, 118, 125, 135–41, 145, 147f., 159; ∼ vernarum 214 Diocletian 148, 211 Diodor 153 Diognetos 128 Dion 129 Dion von Prusa 48 Dionys von Halikarnass 9, 16 Dionysia 39, 157, 16352; ∼ Kaisareia 208 Dionysos 39, 52, 67, 78, 81f., 102, 10864, 157, 202, 206–11; ∼ Pandemos 76, 78 Divination 31 Divinisierung 8, 46, 71, 93, 108f., 111, 145 Dolichenum 170, 177f. Domitian 6, 13, 15, 35, 37–50, 53, 16037 Cn. Domitius 1131 Domitius Corbulo 162 dona militaria 144 Donativ 142, 146, 148 Donau 3, 122, 130, 138, 169, 177f., 185f. Dorylaos 128 Drusilla 158
Drusus 140, 142, 146, 1546, 160 Dura Europos 23, 25, 134, 171f., 17538 Durostorum 137 edicta ferialia 146 Eumeneia 157 Elagabalus 118f., 210 Eleusis 7 Eleutheria 70 El-Kanais 149 Embolos 36f., 50f., 55f. Emesa 140, 149 Epameinondas 1660, 70–7, 80f. Epaphroditos 10549 Epheben 40, 71f., 9310, 94, 10034, 154, 156f. Epheseia 39, 4332 Ephesus 2, 35–56, 74, 78f., 83, 9927, 10342, 104ff., 108, 111, 154–7, 165, 202, 209 Ephoren 155, 157 Epikureer 83 Epineikia Kabeiria 125 Epona 25 Eriza 9413 Esquilin 66 Etrurien 19, 22, 28 Euerget 56, 68, 70, 74ff., 80f., 938, 154, 156 Eumelos 81f. Eumenes II. 9514 Euonumos 156 euphemein 68 f. Euphrat 134 Euripides 204, 206 Eutrop 140 Fabius 146 Farnesina 203 fas 9, 20 fasti s. Kalender Faustina 135 favissa 171f., 175f., 179–86 Fayum 161 fercula 159, 161 feriae 13, 20, 26, 205 Feriale 23, 25, 145f.; ∼ Cumanum 25; ∼ Duranum 3, 25, 119, 133–7, 141, 145 Fides 14 Flavius Iosephus 144 T. Flavius Montanus 4022, 42 Flora 1131 Floralia 1131
Register Foedus 9 Fors Fortuna 23 Friesen 14f. Gaizatodiastos 128 Galatien 938, 127f., 130 Galba 137 Gallien 25, 140, 143 Gallienus 51, 123 Ge 156 Geburtstag s. dies natalis Germanicus 47, 135f., 140ff., 146, 1546, 158, 160 Germanien 14, 41, 122, 140 Gerusie 40, 43, 156 Gesandtschaft 2, 5, 14ff., 40, 90, 95–9, 10342, 108, 111, 117 Geta 137, 142, 147 Gladiatoren 5, 14, 40f., 105, 127–30 Glykon 83f.; ∼ Neos Asklepios 83 Gordianus II. 162; ∼ III. 119f., 122, 210 Grammateus 36, 44, 5071, 51 Gymnasiarch 44, 71, 93, 10034 Gymnasion 36–9, 43ff., 47, 51, 55f., 71ff., 80, 82, 93, 98, 10034 Gytheion 154, 156f., 160f., 165 Hadrian 1025, 1131, 38f., 44f., 47, 50–6, 117, 129, 135, 13611, 16037, 202, 209f.; divus ∼ 1556 Hadrianeia 54, 74 Hekate 50, 9621 Hekatesia 9621 Heliogabalus 119 Heliopolis 171, 175 Hera 78 Herakles 10, 4225, 52, 56, 71f., 177 Hermes 71f. Herodes 67 Herodian 12, 149, 162 Heroenkult 40, 48, 52, 55, 92, 15512 Herrscherkult 3, 29, 90–103, 110ff.; ∼ des Augustus 157; ∼ der Kaiser 3, 25, 27f., 31, 35–46, 54–7, 72, 89ff., 95f., 108, 111, 117, 124–30, 1343, 135f., 153–65, 169, 208, 20929; ∼ des Königs 93 hieromenia 79 Hieroniken 108, 15617, 157 Hierophantes 83, 121, 124, 126 Hikesie 162 Hipparchos 68 Historia Augusta 142 hopla 71
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Horaz 203, 21144 Horus 164 hospitium 9 Hydreion 46 Hydrekdocheion 46, 50 Hygia 173, 183 Hygieia 154 Hymnodeninschrift 161 Hypelaia 51 Hyrkanos 14 Iaso aus Tralles 206 Iasos 4125, 81, 9618 imago clipeata 71 Immolation 145 Imperator 1556, 5384, 135, 144, 210f. Indien 52, 5555, 210f. Iobakchen 67 Isis 141, 14247, 144, 149, 172 Italien 6, 12f., 19–29, 104, 126, 176, 201 f., 207 Iulia Augusta 128, 1546, 155 Iulia Domna 137, 147, 161 Iulia Lydia Laterane [Var?]illa 4964 Iulia Lydia Laterane 49 Iulia Maesa 135 Iulia Mamaea 115, 11914, 135 C. Iulius Caesar 6, 8, 14, 20, 26–9, 5384, 107f., 135, 143, 158; divus ∼ 5, 366, 107f., 126, 162 C. Iulius Celsus Polemaeanus 48 C. Iulius Demosthenes 1025, 155f. C. Iulius Eurykles 156 C. Iulius Lako 156 C. Iulius Septimius Castinus 171 Iulius Sabinus 141 Iunius Sabinus 141, 149 Iuno 1131, 14, 26, 145 Iuppiter 1, 922, 10, 1129, 53, 145, 16037, 207; ∼ Capitolinus 14, 26, 145, 159; ∼ Dolichenus 170, 177f., 185; ∼ Heliopolitanus 173–6; 185; ∼ Iulius 5384; ∼ Optimus Maximus 10, 1449, 15, 137, 139; ∼ Optimus Maximus Dolichenus 177; ∼ Optimus Maximus Heliopolitanus 174; ∼ Victor 145 Jerusalem 7, 1241, 1555, 144, 146 Judäer 7, 1241, 1761, 24, 27, 144 Julian 148 Ka 164 Kabiren 121, 123f., 125f.
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Register
Kaisareion 126, 148f. Kaisaria 123ff.; ∼ Epinikai Kaneiria Pythia 124, 127; ∼ Pythia 122f., 125, 127 Kaiserkult s. Herrscherkult Kalender (fasti) 1ff., 19–32, 100, 124, 134–9, 145, 148; Calendarium Marmorenum 28, 31; fasti Amiterni 20, 29; fasti Antiates maiores 20, fasti Antiates ministrorum 214; fasti Guidizzolenses 20, 25; fasti Praenestini 21, 30; fasti Sabini 24; fasti Tauromenitani 20; fasti Venusini 202, 21; Gregorianischer ∼ 19; Julianischer ∼ 20, 22, 24, 28f., 31; ∼reform 19, 22, 24 Kalindoia 68 Kallixeinos von Rhodos 158 Kampanien 19, 25, 28 Kappadokien 7, 12636 Karien 70, 933, 9413, 208 Karthago 1557, 26 Kastor 127 Kaukasus 137 Keramos 74 Kilikien 6, 10550, 12326, 137 Klaseas 45 Kleanax von Kyme 1660, 73, 75ff. Kleopatra 153, 157 Kodros 51 Koinon 3, 39, 75, 90f., 9927, 103, 108ff., 115–21, 128–31; s. auch Landtag Kollyda 83 Konstantinopel 1555 Konsulat 135 Kophinos 77 Koptos 140, 149 Korinth 41 Korybant 10 Korydon 76, 78 Kos 74, 9621 Kosmokrator 210ff. Kosmopolis 5 Kreta 7 Krim 177f., 184 Kyme 75, 78 Kyrene 7 Kyzikos 9621, 10655 Lachares 938 Laecanius Bassus 46 laetitiae 817, 16 Lakonien 154 Lambaesis 150 Landtag 89, 91, 10241, 104, 106–12, 124, 126, 129; s. auch Koinon
Laodike (III.) 938, 9413 Laodikeia 938, 9620 lares Augusti 156 Latium 16, 19, 28, 202 C. Laverius Amoinos 79 Lavinium 7 Legat 14, 142, 14353 Legatio 14 legio I Illyricorum 140; ∼ I Italica 177; ∼ III Gallica 140, 149; ∼ V Macedonia 171; ∼ VI Victrix 14142; ∼ VII Gemina 139; ∼ XIIII 174 Lesbos 78 Leto 5383 lex Irnitana 26 lex municipii 26 lex sacra 156 lex Ursonensis 26 lex Valeria Aurelia 140 Libation 68, 138 Liber 10, 173, 176f., 185, 203, 207, 210; ∼ Pater 170, 173, 176, 179ff., 21035 liber linteus 22 Libera 173, 176f., 185 Liberalia 207 libri fastorum 30 Licinius 138f. L. Licinius Lucullus 105ff. Livia 46, 157, 160 Livius 8ff., 16, 204, 207 Loukoulleia 105ff. Lucaria 21 lucus Stimulae 201 ludi 1ff., 5–16, 21, 26, 39, 42, 56, 89, 902, 91, 93f., 96ff., 103–9, 111, 124, 127f., 130, 142, 147, 153–8, 160; ∼ Apollinares 10f.; ∼ Capitolia 16037; ∼ gladiatorii 41, 43, 105, 116, 125–30; ∼ plebei 10f.; ∼ Romani 9ff., 148; ∼ Saeculari 2, 7, 11ff., 17; ∼ scaenici et circensis 10, 1131, 14, 26, 158f.; ∼ theatrales 1515, 154; ∼ Victoriae (Sullanae) 1131, 1546; s. auch Agon, Wettkampf Lukas 7 Lydien 83f. Lykischer Bund 91, 9410, 103 Lysander 92 Lysimachos 36, 38, 50, 156 Macrobius 30 Magistrat 2, 7, 23, 29, 68, 70, 76, 79, 99, 10034, 127, 154f., 161 Magnesia 35, 9621, 9724, 10342
Register Mainz 137, 140, 146, 159 Makedonia 3, 1660, 22, 52, 68, 79, 115–20, 125f., 128–31, 153 Makkabäer 1241 Mantineia 7946 Marcellus 145, 158 Marciana 135 Marcianus Rufus 129 C. Marcius Consorinus 1131 Marnas 44f., 49 Mars 21, 145, 172; ∼ Pater Victor 136 Marsfeld 21 Martial 6f. Märtyrer 24, 26, 137, 145 Martyrium 39 Mater Magna 16 Matidia 135 Matronen-Kult 17538 Maximian 145 Maximinus Thrax 119, 162 Maximus 162 Mazaka-Kaisareia 12636 Medien 7 Megabyzos 39 Megala Ptoia Kaisareia s. Ptoia Megalesia 10 Menas 71 Menemachos 128 Ti. Claudius Roufrius Menon 124, 126, 130f. Mense Flusare 22 Mes Axiottenos 84; ∼ Ouranios 84 Mesopotamien 7, 25 Messalina 204f. Metilius 128 Metrobius 4125 Metrodoros 128 Milet 35, 42, 46, 7737, 9370, 9621, 10034 Minerva 1131, 14, 26, 145f., 207 Mithraeum 169–73, 178f., 18383, 186 Mithras 170, 178 Mithridates 80, 92, 9927, 101–6, 137 Moesia 137, 178 mons Albanus 7 Mopsouhestia 78 Moukieia 103–6, 110 Mouseion 38, 47–50, 53, 55 Q. Mucius Scaevola 103, 110 mundus 17542 Musanos 128 Myrtion 84 Mystenverein 7840, 209 Mysterien 76, 78, 83, 169
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Mytilene 78 Naevius 203 Namur 183 natalis urbis Romae 136 Neapel 31 Nemeia 15512 Neoi 71f., 94, 10034 Neokorie 2f., 36, 38–41, 43f., 46f., 49, 53ff., 117f., 122–6 Neopoioi 156f. Neptun 8f., 142 Neptunalia 25, 136 Nero 610, 14, 42, 162 Nerva 46, 117, 135; divus ∼ 1556 Neujahr 22, 26f., 43f., 76, 78, 137 Nicaea 24, 108 Nikanor 9412 Nikephoria 9321, 97 Nikomedeia 90, 9516, 108 Nikomedes 143 Nil 6; ∼mosaik 68 Nıˆmes 209 Nocera 921 M. Nonius 1131 M. Nonius Sufenas 1131 Novae 177 Novius Ulpianus 177 nuncupatio votorum 136, 145, 148 nundinae 20, 27f. Nymphaeum 45f., 49; ∼ Traiani 50, 53, 5588 Nysa 48 Octavian s. Augustus Offellius 174 Oinoanda 1025, 129, 154–7, 160, 165 Ololyge 69 Olympia 41, 4332, 4439, 129 Olympieion 54 Ombos Elephantine 148 Opfermahlzeit 178, 184 Orakel 7, 49, 72 Orchestra 14, 41, 78 Origo 10 Orodes 206 Orthagoras 10342 Ortygia 338 Ostern 23f. Ostia 204f. Ovid 30f., 203 Pacuvius 203
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Register
paides 40, 94 Panionion 39 Palaestina 24, 12636 Palatin 16, 48 Palestrina 68 Palmyrene 134, 171, 173, 175 Pamphylien 7, 82f., 123 Panathenäen 68 Pandemos 76, 78 Panegyris 79, 9722 Panhellenische Heiligtümer 1761, ∼ Spiele 3, 15, 96f., 108, 15512 Panopolis 148 Papyrus Oxyrhonchos 161 Parther 7, 14, 52, 135, 142, 206, 210; ∼krieg 47, 49, 5382, 206 pater patriae 6, 1556, 53, 115, 120, 135 Pausanias 15, 5486 pax Romana 211 Pentheus 203f., 206 Peplos 68 Pergamon 46, 49, 53f., 94–8, 102–5, 108– 11, 152, 161, 20929 Perge 82f., 123 Periodoniken 129 Periodos 4225 Perser 52, 122 Pertinax 135, 14248 P. Petronius 141 Pharao 163f. Phidias 164 Philadelphia 10342 Philadelphos 158 Philae 141, 14247, 149 Philipp II. 153, 159f., 164 Philippi 126 Philoxenos 117 Phrygia 7, 21141 Phyle 40, 70, 156 Pindenissum 137 Pion 36, 156 Pisidien 74 Pithoigia 208 Plataia 70, 78 Plateia 36, 45f., 49f., 53 Plinius d. Ä. 146, 210 Plinius d. J. 48, 55, 5690, 145, 148, 163 Plotina 40, 156 Plutarch 67, 105f., 137, 202, 206, 210 Polemaios aus Kolophon 9929 Polemius Silvius 31 Pompa 9, 69f., 93, 105, 128, 142, 153f., 157ff., 202, 207, 209f.; ∼ circensis 159; ∼ triumphalis 210; s. auch Prozession
Pompei 921, 127, 203 Pompeius Magnus 137, 166, 210; Theater des ∼ 1454, 15, 159 Q. Pomponius Sosipater 174 pontifex maximus 1556, 135 pontifices Dei Solis 139 Q. Popillius Python 117 Poplifugia 21 populus Romanus 89, 9310, 10034, 116, 120f., 156 Porolissum 170–3, 175–8, 184f. Porticus Octaviae 144 Poseidon 39 Potaissa 171 Praeneste 7, 29 Praetor 1028, 11; ∼ urbanus 1129 Prätorianer 146 Praxinoa 69 Preon 36 Priene 35 Priesterschaft 16f., 39 Proconsul 45, 48, 10344 Prohedrie 41, 93 Properz 203 Proteia 47, 56 Proxenos 93 Prozession 1ff., 36–9, 68ff., 76ff., 83, 89, 93, 96, 106, 109, 146, 153–65; s. auch Pompa Prytan 39, 44, 76 Prytaneion 37f. Ptoia 73, 76f. Ptolemäer 924, 202 Ptolemaia 68, 160 Ptolemaios 69, 160 Ptolemais-Barca 15 publicani 99, 160 Punier 54, 20720 Pylaimenes 128 Pyliten 81f. Pyramos 158 Pyrrhichischer Tanz 5 Pythia 1557, 80, 97f., 103, 122ff. Quaestor 10550 quinquatria 16, 145 Quintilia Varilla 4964 P. Quintilius Vales Varius 49, 51, 53 Raphaneae 149 Remus 7 Rhomaia 9410, 10034, 10342 Roma 46, 52, 9310, 10034, 10342, 10968; ∼kult 91, 93, 10868, 11177, 157; ∼priester 39; s. auch Dea Roma
Register Romulus 7f., 16 Rosalia signorum 136, 145 Rote Halle 54 L. Rubrius Dossenus 1131 Rufius 127 Sabiner 9, 16 sacra 8, 13f., 16, 2420, 26, 100 saeculum 11, 13, 1557 Saekularisation 817, 16 Salsovia 1353, 138f. Samothrake 125 Sanctoralia 24 Sarapis 149 Sardeis 35, 48, 83, 938, 9620, 103, 129 Sarkophage 210f. Sarmizegetusa 173 Saturnalia 25ff., 137 Saturnus 202 Satyrn 203 Schaltmonat 20 Scythia 138 Sebaston Gymnasion 44f. Sebastophoroi 155, 157, 160 Segesta 8 Seleukeia 82 Seleukiden 90–8 Seleukos 128 sella curulis 56, 144, 158, 162 Senat 6, 9, 14f., 46, 9826, 99, 101, 111f., 144, 146, 156, 162, 20720 senatus consultum 82, 9826, 140 Seneca 5, 7, 14, 16 L. Septimius Insteianus Alexandros 116f. Septimius Severus 12, 1345, 1547, 117, 135, 137f., 142, 146f., 161; divus ∼ 159 Septimontium 25f. Serapeion 38, 47f., 50, 53, 55 C. Servilius 1131 Sestos 71 M. Aurelius Severus Alexander 116f., 119, 134ff., 145, 148, 210; divus ∼ 119 Sex. Nonius 1131 C. Sextilius Pollio 45 Sibylle 11 Side 123 Silius 142, 204f. Sinope 129 Sizilien 8, 20, 23 Skeniten 73 Skenopegia 1241, 73 Skopas 39 Smyrna 35, 42, 46, 54, 10032
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Sol (Invictus) 138f. Soteria 9621, 156 Sozomenos 148 Spanien 13, 139, 210 Spardosen 180, 182 Sparta 70 spectaculum 67, 8f., 1237, 16 Staatsmarkt 36–9, 42, 45f., 50 Stadion 1557, 35, 37, 3918, 40, 42ff., 50, 74, 82, 158 T. Statilius Crito 49 Statthalter 22, 26, 81, 89f., 99, 101–4, 107– 12, 1343, 145, 171 Strabon 38 Strategen 32, 9929, 148 Straton 12636 Stratonikeia 80f., 9930 Sueton 5ff., 16, 22, 30, 137, 140, 143, 16037, 20413 Sulla 1453, 9927, 10446, 105; ∼ Felix 10549 supplicatio 13, 145 Surena 206 Syene 141, 148 Symposion 52, 149, 206, 208; s. auch Bankett Synedroi 155 synhedrion 48, 110 Synhodos 66, 108, 207, 209 Synopse 22, 31 Syrien 51, 171, 173, 175 Syrtos 77f. Tabula ansata 174; ∼ Capuana 225; ∼ Siarensis 140 Tacitus 137, 142, 158, 162, 204ff. Tamuda 137 Taormina 23 Tapae 150 Tarentum 21 Tarracina 137 Tata 74 Tauromenium 20, 23 Tauros 9412 Taurus 81 technitai 3, 6, 207, 209f. Telesphorus 183 Temenos 47, 54, 174, 176, 179 Teos 157, 208 Terra Sigillata 181 Tertullian 52, 26, 154f., 148 Tetrarchie 12220, 146 Theater 3, 52, 711, 10f., 14f., 26, 37f., 40f., 43ff., 47, 53, 55, 73f., 78, 146f., 153–65, 203–9
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Register
Thebais 148 Theodosius I. 51 Theoi Sebastoi 5383 Theokrit 69 Theos Fulvos 124 Thermen 37f., 44ff., 51, 54f. Thesaurus 17542 Thesmophorien 38, 74, 18173 Thessalonike 3, 115, 117, 120, 122–7, 130 Thiasos 203, 208 Thrakien 6 Thrakischer Reiter 179 Thysia 69 Tiberius 20, 28, 45f., 1546, 155, 157, 160, 208 M. Tigellius Lupus 36, 46 Tigranes von Armenien 10654 Timotheus 39 Tiridates 1452, 162 Titus 46, 5177, 144, 146 Titus Quinctius Flamininus 154 toga virilis 11912, 135 Traian 38, 40, 42, 44, 47–56, 135, 145, 150; divus ∼ 1556, 125; ∼sforum 41; ∼snymphaeum 50, 53, 5588; ∼sthermen 66, 4329, 4440 Tralleis 78, 104, 206 tribunus militum 148, 174, 177 Triodos 50, 53 Triumph 3, 1131, 52, 133, 141–6, 210ff. Triumphator 143f. Troia 5, 8 Trophime 44 M. Tullius Cicero 8, 29, 107, 137 Q. Tullius Cicero 107 turibula 181 Tychaion 52 Ulpius Aristokrates 74 M. Ulpius Kallineikos 78 Umbrien 21 Uranos 156 Urbinum Metarense 21 Urso 26 Valeriana Ammia 117 Valerianus 123, 126 Valerianus Philoxenos 117 L. Valerius Flaccus 104 Valerius Pausanias 15
Valerius Romulus 138 Varilla 4964 Varro 30 Varus 142 Vegetius 147 venatio 5, 1131, 116, 125, 128f. Venus 26, 146, 181, 183 Venusia 21 Vergil 8, 16, 202f. Verrius Flaccus 21, 30 L. Verus 135 Vespasian 48, 137, 144; divus ∼ 46 Vesta 23 Vestalia 136 Vettius 149 Vettius Valens 204f. vexillatio 139f., 147, 177f., 21142 C. Vibius Salutarius 37f., 40, 56, 154ff., 160 Victoria 145, 211 Victorinus 140 vicus 67, 156 Villa 203 Vinalia 207 L. Vitellius 137 Volcanalia 25 Volksversammlung 8, 11f., 37, 40f., 100, 10549, 155f., 160 Volsker 9 M. Volteius 10f., 13 Votive 14, 14032, 174ff., 185, 207 Votivgrube s. favissa Wettkampf 5, 8f., 15ff., 37, 69–73, 75ff., 80, 93, 108, 128f., 147, 1547; s. auch Agon, ludi Xanten 14142 Xenophon von Ephesos 39 XVviri sacris faciundis 12 Xystarch 4329 Xystoi 43, 53f. Zeus 4125, 45, 53, 78, 81, 164; ∼ Genethlios 938; ∼ Karios 79; ∼ Megistos 80f.; ∼ Panamaros 81; ∼ Philios 47, 53; ∼ Soter 81; ∼ Telesiurgos 10034 Zeuxis 9412 Zosimus 12
Porolissum /
/ Apulum
Abb. 1. Karte der römischen Provinz Dakien, gezeichnet von PETRA FLEISCHER, K ARIN PETROVSKY und R ADU COTOROBAI; Geländerelief Atlas der Donauländer, hrsg. von JOSEF BREU, Wien 1970, Karte Nr. 122.