Experimentalphysik: Band 4 Optik, Strahlung 9783110675719, 9783110675634

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German Pages 332 [334] Year 2021

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Table of contents :
Geleitwort
Vorwort zur 2. Auflage
Vorwort zur 1. Auflage
Danksagung
Zum Inhalt von Band IV
Inhalt
Symbolverzeichnis Band IV
1 Wellenoptik
2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung
3 Wärmestrahlung
Literatur
Register
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Experimentalphysik: Band 4 Optik, Strahlung
 9783110675719, 9783110675634

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Wolfgang Pfeiler Experimentalphysik De Gruyter Studium

Weitere empfehlenswerte Titel Experimentalphysik. Band 1 Mechanik, Schwingungen, Wellen Wolfgang Pfeiler, 2020 ISBN 978-3-11-067560-3, e-ISBN (PDF) 978-3-11-067568-9, e-ISBN (EPUB) 978-3-11-067586-3

Experimentalphysik. Band 2 Wärme, Nichtlinearität, Relativität Wolfgang Pfeiler, 2020 ISBN 978-3-11-067561-0, e-ISBN (PDF) 978-3-11-067569-6, e-ISBN (EPUB) 978-3-11-067582-5

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Experimentalphysik. Band 6 Statistik, Festkörper, Materialien Wolfgang Pfeiler, 2021 ISBN 978-3-11-067565-8, e-ISBN (PDF) 978-3-11-067573-3, e-ISBN (EPUB) 978-3-11-067583-2

Set Experimentalphysik Wolfgang Pfeiler, 2021 ISBN 978-3-11-068084-3

Wolfgang Pfeiler

Experimentalphysik Band 4: Optik, Strahlung

Unter Mitarbeit von Karl Siebinger 2. Auflage

Autor Ao. Univ.-Prof. (tit.) Dr. Wolfgang Pfeiler Universität Wien Fakultät für Physik Boltzmanngasse 5 1090 Wien, Österreich [email protected]

Oberrat Dr. Karl Siebinger leitete bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2001 das „Physikalisches Praktikum für Vorgeschrittene“ an der Fakultät für Physik der Universität Wien.

ISBN 978-3-11-067563-4 e-ISBN (PDF) 978-3-11-067571-9 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-067589-4 Library of Congress Control Number: 2021932013 Bibliografische Information der Deutsche Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Coverabbildung: ThomasVogel / iStock / Getty Images Plus Satz/Datenkonvertierung: Meta Systems Publishing & Printservices GmbH, Wustermark Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Geleitwort Dem Experiment kommt in der Physik eine fundamentale Bedeutung zu. Das Experiment erlaubt uns eine Frage an die Natur zu stellen. Und wir erhalten immer eine Antwort, auch wenn wir sie vielleicht nicht immer gleich verstehen. So geschah es etwa Michelson 1881, als er feststellen musste, dass die erwartete Bewegung der Erde gegenüber dem damals selbstverständlich angenommenen Lichtäther im Experiment nicht auftritt. Die Lösung kam erst 1905 durch Einsteins Relativitätstheorie. Den Überlegungen Ernst Machs folgend hat er aufgezeigt, dass Newtons Annahme einer universellen Zeit und eines absoluten Raumes ohne Grundlage sind. So konnte er Michelsons Resultat erklären. Eine weitere wichtige Rolle von Experimenten ist es, Vorhersagen theoretischer Überlegungen zu überprüfen. Es ist eine Tradition von Vorlesungen zur Einführung in die Physik viele Experimente zu zeigen nach dem abgewandelten Motto: „Ein Experiment sagt mehr als tausend Worte“. Die vorliegende sechsbändige Lehrbuchreihe „Experimentalphysik“ von Wolfgang Pfeiler, die jetzt in ihrer 2. Auflage erscheint, ist eine ausgezeichnete, ausführliche und ausgereifte Darstellung der Experimentalphysik: Sie schließt einerseits an die physikalischen Grundkenntnisse der höheren Schulbildung an, führt aber andererseits weit in die Tiefe der physikalischen Modelle und gibt so auch eine solide Basis für das Verständnis der Theoretischen Physik. Die Lehrbuchreihe liefert alle wesentlichen Grundlagen der Experimentalphysik, die es ermöglichen, die spätere ausführliche Beschreibung und Diskussion z. B. quantenoptischer und quantenmechanischer Experimente und daraus entwickelter Modelle – auch in der Festkörperund Materialphysik – zu verstehen. Als Quantenphysiker möchte ich Pfeilers zielgerichtete Vorbereitung und die verständliche und genaue Darstellung quantenphysikalischer Phänomene und ihrer Beschreibung besonders hervorheben. In dieser Reihe „Experimentalphysik“ wird den Studierenden also ein logisch aufgebauter, sehr gut lesbarer, mathematisch nachvollziehbarer Text in die Hand gegeben und darüber hinaus für die Vortragenden der einführenden Vorlesungen in die Physik bzw. die Experimentalphysik eine sehr nützliche Grundlage und hilfreiche Ergänzung für Ihren Vortrag geboten. Es freut mich ganz besonders, dass diese wertvolle und wichtige Lehrbuchreihe „Experimentalphysik“ aus der Hand eines meiner Kollegen an der Fakultät für Physik der Universität Wien kommt. Für den außerordentlichen Arbeitsaufwand sind wir ihm alle sehr zu Dank verpflichtet. Ich wünsche dieser Lehrbuchreihe „Experimentalphysik“ den großen Erfolg, den sie verdient. Wien, 1. 6. 2020

Anton Zeilinger Professor Emeritus, Fakultät für Physik, Universität Wien, Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

https://doi.org/10.1515/9783110675719-201

Vorwort zur 2. Auflage Die 1. Auflage dieses Lehrbuches „Experimentalphysik“ wurde sehr gut aufgenommen, sowohl bei den Studierenden der Physik und benachbarter Naturwissenschaften als auch bei den Dozenten einführender Vorlesungen in die Physik bzw. Experimentalphysik. In dieser 2. Auflage wurde der Text aktualisiert, was besonders in Hinblick auf die Veränderungen im Internationalen Einheitensystem (Système international d’unités, SI) notwendig wurde, die seit 20. Mai 2019 in Kraft getreten sind: Aus 7 festgelegten Konstanten (Strahlung des Cs-Atoms ΔνCs, Lichtgeschwindigkeit c, Plancksches Wirkungsquantum h, Elementarladung e, Boltzmannkonstante k, Avogadro-Konstante NA und Photometrisches Strahlungsäquivalent Kcd) können jetzt alle 7 SI-Basiseinheiten ohne zusätzliche Festlegungen abgeleitet werden. So konnte die Definition der Masseneinheit „kg“ vom Prototyp des „Urkilogramm“ gelöst und die absolute Temperatur ohne zweiten Fixpunkt (bisher der Tripelpunkt von Wasser) definiert werden. 1 kg ist jetzt die Masse, deren Energie-Äquivalent dem 1,4755214 ⋅ 1040-fachen der Energie eines Strahlungsquants der Frequenz ΔνCs entspricht (der 1 kg Prototyp wird nicht mehr benötigt); 1 Kelvin ist die Änderung der thermodynamischen Temperatur, die eine Änderung der thermischen Energie kT um 1,380649 ⋅ 10−23 J verursacht (es ist kein zweiter Fixpunkt mehr neben dem absoluten Nullpunkt T = 0 K notwendig). Die Neuauflage bot mir auch die Möglichkeit, viele kleinere und größere zweckmäßige Ergänzungen und Zwischenschritte in den Text einzubringen. Außerdem wurden einige kleinere Fehler und Ungenauigkeiten sorgfältig korrigiert, die sich in die 1. Auflage trotz der Bemühung um Genauigkeit eingeschlichen hatten. Zu dieser Neuauflage hat mein Freund und Lehrer Karl Siebinger wieder ganz Essentielles beigetragen, indem er sinnvolle Verbesserungen und nützliche kleine Erweiterungen vorgeschlagen hat. Wien und Hinterbrühl, im Mai 2020

https://doi.org/10.1515/9783110675719-202

Wolfgang Pfeiler

Vorwort zur 1. Auflage Was ist der Grund, den vielen Lehrbüchern der Physik ein weiteres hinzuzufügen? Das ist das Ziel des vorliegenden Lehrbuches: Es soll den Studierenden die Experimentalphysik in einer Art und Weise nahebringen, die Freude am Experimentieren weckt und gleichzeitig den Übergang zur Theoretischen Physik ebnet. Dieses Lehrbuch führt von elementaren Grundlagen zu einem tiefen Verständnis der physikalischen Modelle. Die so erworbenen Kenntnisse der Experimentalphysik erleichtern es dann auch, unterstützt durch genau erklärte Versuche und durch viele Abbildungen und Beispiele, die aktuelle theoretisch-abstrakte Beschreibung der Materie und der wirkenden Kräfte im Rahmen der Theoretischen Physik zu erfassen und zu verstehen. Ausgangspunkt der Betrachtungen sind immer die physikalischen Phänomene, wobei aber auf ihre Beschreibung durch mathematische Gleichungen und ihre Ableitungen aus fundamentalen Postulaten bzw. Modellen nicht verzichtet wird, denn die mathematische Formulierung ist die eindeutige und daher unmissverständliche „Sprache“ der Physik. Es werden aber nicht einfach „Endformeln“ angegeben, sondern auch der mathematische Weg dorthin schrittweise gezeigt sowie eine entsprechende physikalische Interpretation gegeben. Dieses Lehrbuch bietet daher für Lehrende und Lernende der Physik sowie aller anderen Naturwissenschaften eine Brücke von den physikalischen Erscheinungen und Experimenten und der dadurch motivierten Modellbildung zu den weiterführenden Theorien. Der Aufbau der Darstellung ist anschaulich, klar und übersichtlich, logisch strukturiert und so gestaltet, dass die Studierenden dem durchgehenden „roten Faden“ durch die experimentelle Physik folgen können. Lernhilfen auf verschiedenen Ebenen unterstützen dies: Nach einer Vorstellung der Lerninhalte und Konzepte am Kapitelanfang werden im folgenden Text die Zusammenhänge deutlich gemacht, Formeln konsequent hergeleitet und mit vielen Abbildungen erläutert. Am Kapitelende werden die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal zusammengefasst dargestellt. In den Text eingearbeitet sind Vorlesungsversuche mit detaillierten Erklärungen und sehr viele ausgearbeitete Beispiele, die die Darstellung ergänzen und mit Anwendungen erweitern. Wichtige Formeln, die „Lehrsätze“ und die gezeigten Experimente sind blau hinterlegt. Die „Lehrsätze“ sind zusätzlich mit einem 1 versehen, auf die Experimente lenkt ein Blitz 4 die Aufmerksamkeit. Beispiele und Übungen sind grau hinterlegt, die Übungen am Ende jedes Kapitels sind zusätzlich noch mit einem Schreibstift 5 gekennzeichnet. Für die Anordnung der physikalischen Themen wurde die klassische Methode gewählt. Sie orientiert sich weitgehend am historischen Verlauf der physikalischen Entdeckungen und den dazu entwickelten Modellvorstellungen, aber auch an deren Versagen und den dadurch erzwungenen Verbesserungen bzw. an der Entwicklung neuer Modelle. In dieser Darstellung zeigt sich am besten der „rote Faden“, https://doi.org/10.1515/9783110675719-203

X

Vorwort

der von der phänomenologischen Erfassung der mechanischen Bewegung und ihrer mathematischen Beschreibung bis zur modernen Quantenphysik führt. So ist der erste Band (I) Mechanik, Schwingungen, Wellen den Bewegungen unter dem Einfluss von mechanischen Kräften gewidmet. Dies umfasst die Modelle des Massenpunktes und des starren Körpers, die Verformung fester Körper und die Bewegung von Fluiden. Einen wichtigen Teil stellen mechanische Schwingungen und Wellen dar. Im zweiten Band (II) Wärme, Nichtlinearität, Relativität werden die thermisch bedingten Veränderungen an Gasen studiert und die Grundbegriffe der Thermodynamik vorgestellt. Weiters werden nichtlineare („chaotische“) Systeme und ihre Eigenschaften betrachtet und die Grundzüge der speziellen Relativitätstheorie erarbeitet. Im dritten Band (III) Elektrizität, Magnetismus, Elektromagnetische Schwingungen und Wellen werden dann die Grundlagen der Elektrizität und des Magnetismus sowie elektromagnetischer Schwingungen und Wellen unter Verwendung der Prinzipien der Relativitätstheorie besprochen. Der vierte Band (IV) Optik, Strahlung enthält die Wellenoptik, die Strahlenoptik und überschreitet mit der Wärmestrahlung zum ersten Mal die Grenze von der klassischen Physik zur Quantenphysik: Die Vorstellung, dass sich die Strahlungsenergie, die ein (heißer) Körper abgibt oder aufnimmt kontinuierlich verändern kann, muss aufgegeben werden. Im fünften Band (V) Quanten, Atome, Kerne, Teilchen geht es um die moderne Physik: Im atomaren und subatomaren Bereich sind die Größen und Vorgänge nicht mehr kontinuierlich, sondern gequantelt. Der Aufbau des Atoms und seines Kerns wird studiert und die kleinsten, nicht mehr weiter zerteilbaren „Fundamentalteilchen“, aus denen sich alle Arten von Materie und Antimaterie zusammensetzen, werden vorgestellt. Der Band schließt mit einem kurzen Ausflug in die Kosmologie und die Entwicklung unseres Universums. Der sechste Band (VI) Statistik, Festkörper, Materialien beschäftigt sich mit großen Vielteilchensystemen. Viele Bereiche aktueller physikalischer Forschung mit enormer Bedeutung für die technische Anwendung haben hier ihren Ausgangspunkt. Die Inhalte der einzelnen Bände sind stark miteinander vernetzt und durch viele Querverweise verbunden: Die sechs Bände bilden eine Einheit. Dieses Lehrbuch wird nicht nur den Studierenden bei ihrem Eindringen in die interessanten und für unser Leben und Wirken wichtigen Bereiche der Physik hilfreich sein, sondern auch für die Vortragenden eine gute Grundlage und Unterstützung bei der Vorbereitung ihrer Vorlesungen darstellen. Wien, im August 2016

Wolfgang Pfeiler

Wissenschaft kann die letzten Rätsel der Natur nicht lösen. Sie kann es deswegen nicht, weil wir selbst ein Teil der Natur und damit auch ein Teil des Rätsels sind, das wir lösen wollen. Max Planck Ideen wie absolute Gewissheit, absolute Genauigkeit, endgültige Wahrheit und so fort, sind Erfindungen der Einbildung und haben in der Wissenschaft nichts zu suchen Max Born

Danksagung Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Lehrer und Freund Karl Siebinger. Ohne seine Mithilfe – mehrfaches, kapitelweises Durchlesen des ganzen Manuskripts, Diskussionen und Reflexionen zum Inhalt, detaillierte Vorschläge von Anwendungsbeispielen und Ergänzungen – wäre dieses Lehrbuch nicht zustande gekommen. Seine fundamentale und breite Kenntnis in vielen Bereichen der Physik und ihrer Anwendungen in der Technik und in den Naturwissenschaften sowie seine Liebe zum Experiment und auch zur Genauigkeit haben sehr zum Gelingen der vorliegenden Darstellung beigetragen. Für die Mithilfe danke ich herzlich: Wolfgang Püschl – Für das Überlassen fast aller Übungsbeispiele, für viele gemeinsame fachliche Diskussionen, für das Durchlesen vieler Kapitel; Franz Sachslehner – Für seine Hilfe bei den Experimenten und ihr Festhalten auf Bildern; Frau Eva Deutsch danke ich für die Erstellung einer ersten, rohen Textversion nach meinem handschriftlichen Vorlesungsmanuskript; Frau Andrea Decker danke ich für das Scannen von Bildern. Bedanken möchte ich mich auch bei den Studentinnen und Studenten meiner Vorlesungen für ihre positiven Rückmeldungen. Die geeignete Aufbereitung und Darstellung der meist nicht einfachen physikalischen Materie war mir immer ein Anliegen. Die größte Freude empfand ich, wenn ich von den Mienen der Hörer quasi im Gegenzug das Verstehen der oft komplexen Zusammenhänge ablesen konnte bzw. bei den mündlichen Prüfungen das grundlegende Verständnis für die angesprochene Problematik erkannte. Sehr herzlich möchte ich mich bei Edmund H. Immergut (Brooklyn, New York City, USA) bedanken, der mir geholfen hat, mit De Gruyter einen passenden und international renommierten Verlag zu finden. Er war auch einer jener, die von Anfang an überzeugt waren, dass dieses Buch ein notwendiger Beitrag für Lehrende und Lernende der Physik darstellen wird und bestärkte mich deshalb ganz entscheidend in meinem Durchhaltevermögen. https://doi.org/10.1515/9783110675719-204

XII

Danksagung

Zuletzt gilt mein großer Dank meiner lieben Frau Heidrun, die mit viel Geduld die Mehrbelastung ertrug, die mein mehr als 10-jähriges Buchprojekt für sie und unsere ganze Familie bedeutete. Sie stand mir immer mit gutem Rat und bereitwilliger Hilfe zu Seite.

Zum Inhalt von Band IV Der vorliegende vierte Band „Optik, Strahlung“ zeigt zunächst, dass kohärente Wellen interferieren. Dies führt zu Beugungserscheinungen an Begrenzungen des Strahlungsfeldes. Zwischen dem Strahlungsfeld am beugenden Hindernis und der Beobachtung der Intensitätsverteilung vermittelt die Fouriertransformation. Es folgt die Beschreibung von Reflexion und Transmission mit den Fresnelschen Formeln sowie die Besprechung der experimentell wichtigen Spektralapparate und Interferometer. In der geometrischen Optik werden Beugungserscheinungen vernachlässigt und die geradlinige Lichtausbreitung zugrunde gelegt. Spiegel, Prismen und vor allem Linsen sind die Basis für optische Instrumente. Mit dem Kapitel „Wärmestrahlung“ wird in diesem Band zum ersten Mal die Grenze von der klassischen Physik zur Quantenphysik überschritten: Die Vorstellung, dass sich die Strahlungsenergie, die ein heißer Körper abgibt oder aufnimmt kontinuierlich verändern kann, muss aufgegeben werden. Die Plancksche Quantenhypothese führt auf das Plancksche Strahlungsgesetz, das die Intensitätsverteilung der Strahlung des „schwarzen Körpers“ richtig beschreibt.

https://doi.org/10.1515/9783110675719-205

Inhalt Geleitwort

V

Vorwort zur 2. Auflage

VII

Vorwort zur 1. Auflage

IX

Danksagung

XI

Zum Inhalt von Band IV Symbolverzeichnis Band IV 1 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5 1.2.6 1.2.7 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5

XIII XIX

Wellenoptik 1 2 Interferenz und Kohärenz 2 Interferenz 4 Kohärenz 7 Überlagerung ebener harmonischer Wellen 12 Zusammenhang: Phasenwinkel – Gangunterschied 14 Das Huygenssche Prinzip, Vielstrahlinterferenz 24 Beugung an begrenzenden Öffnungen 24 Das Strahlungsfeld einer linearen Lichtquelle 26 Fraunhofer- und Fresnel-Beugung Intensitätsverteilung einer kohärenten Linienquelle in Fraunhofer28 Näherung 31 Fraunhofer-Beugung am Einfachspalt 36 Beugung am Doppelspalt 40 Beugung am Vielfachspalt (Beugungsgitter) 44 Fourier-Optik 56 Dispersion und Absorption 56 Der Brechungsindex 59 Phasen- und Gruppengeschwindigkeit 60 „Normale“ Dispersion, Absorption und „anomale“ Dispersion 65 Dielektrische Polarisation und Brechzahl Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und 69 Reflexionsgrad 69 Reflexion und Brechung, Grenzwinkel der Totalreflexion 71 Polarisation durch Reflexion 73 Die Fresnelschen Formeln 85 Reflexions- und Transmissionsgrad Doppelbrechung und optische Aktivität (Drehung 87 der Polarisationsebene)

XVI

Inhalt

Doppelbrechung 87 Optische Aktivität (Drehung der Polarisationsebene) 98 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer 103 Prismenspektrometer 104 Gitterspektralapparat 107 Gittermonochromator 110 Interferometer 112 Interferenz an planparallelen Platten (Interferenzen gleicher 114 Neigung) 121 1.5.4.2 Das Fabry-Pérot-Interferometer 1.5.4.3 Die Lummer-Gehrcke Platte 128 Zusammenfassung 132 Anhang 1 Fraunhofer-Bedingung zur Beobachtung von Beugungserscheinungen im Fernfeld 140 Anhang 2 Intensitätsverteilung bei der Beugung elektromagnetischer Wellen an einer kreisrunden Apertur, Auflösungsvermögen optischer Instrumente 142 Anhang 3 Lorentz-Modell mit Schwingungsdämpfung, komplexer 151 Brechungsindex Anhang 4 Stokessche Überlegung zum Phasensprung um π bei Reflexion am dichteren Medium 157 Anhang 5 Fabry-Pérot-Interferometer: Abhängigkeit der Austrittswinkel αm und der Ringradien Rm von der Ordnung m; Dispersionsbereich ΔλD und Visibilität (Kontrast) V 159 1.4.5.1 1.4.5.2 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.5.4 1.5.4.1

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung 2.1 Grundlagen 163 2.1.1 Grundbegriffe und Grundaxiome 163 2.1.2 Fermatsches Prinzip 165 2.1.3 Optische Abbildung 166 2.1.4 Schattenwurf 167 2.2 Spiegel, Prisma und Linsen 168 2.2.1 Ebener Spiegel und Hohlspiegel 168 2.2.1.1 Ebener Spiegel 168 2.2.1.2 Sphärischer Hohlspiegel 170 2.2.1.3 Parabolspiegel 176 2.2.2 Das Prisma 177 2.2.3 Brechung an Kugelflächen und Abbesche Sinusbedingung 2.2.4 Dünne Linsen 190 2.2.5 Dicke Linsen und Linsensysteme 199 2.2.6 Blenden 202 2.2.7 Linsenfehler (Aberrationen) 206 2.2.7.1 Chromatische Aberration 206

163

181

Inhalt

XVII

207 Monochromatische Aberrationen 211 Optische Instrumente Das Auge 211 217 Die Lupe 220 Das Mikroskop 222 Das Fernrohr 223 Das astronomische Fernrohr (Keplersches Fernrohr), ~ 1610 224 Das terrestrische Fernrohr (Galileisches Fernrohr), ~ 1609 225 Das Spiegelteleskop 227 Auflösungsvermögen optischer Instrumente Das Auflösungsvermögen des Fernrohrs und des Mikroskops nach 227 Helmholtz (Objekt leuchtet selbst) 2.3.5.2 Das Auflösungsvermögen des Mikroskops nicht selbstleuchtender 231 Objekte nach Abbe; 1873 233 Zusammenfassung

2.2.7.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.4.1 2.3.4.2 2.3.4.3 2.3.5 2.3.5.1

239 Wärmestrahlung 239 Grundbegriffe und Grundgrößen 240 Erzeugung optischer Strahlung 241 Der Raumwinkel 243 Radiometrische Grundgrößen 247 Das Grundgesetz der Strahlungsübertragung 249 Photometrie und Lichttechnik 249 Grundlagen 253 Photometrische Messmethoden 255 Lichttechnik Wärmestrahlung, Kirchhoffsches Gesetz, Stefan-Boltzmann 256 Gesetz 257 3.3.1 Emissions- und Absorptionsgrad 259 3.3.2 Der schwarze Körper 261 3.3.3 Das Kirchhoffsche Gesetz 265 3.3.4 Das Stefan-Boltzmannsche Gesetz 274 3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung 274 3.4.1 Das Wiensche Verschiebungsgesetz 277 3.4.2 Das Gesetz von Rayleigh und Jeans 287 3.4.3 Das Wiensche Strahlungsgesetz 288 3.4.4 Das Plancksche Strahlungsgesetz 296 3.4.5 Pyrometrie 298 Zusammenfassung 3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3

Literatur

301

Register

303

Symbolverzeichnis Band IV (alphabetisch)

ℱ f F(ω) = ℱ{(F(t)} F(kx) = ℱ{f(x)} ℱ(kx,ky) g H H, H​⇀ h H1, H2 HE1, HE2 I J Jn(x) k

Airy-Funktion, außerordentlicher Strahl (Doppelbrechung) Amplitude, Quellstärke, komplexe Amplitude Gitterkonstante, Radius der kreisrunden Apertur Bohrscher Radius (a0 = 5,3 ⋅ 10−11 m) spektraler Absorptionsgrad Aperturfunktion Quellstärke pro Flächeneinheit Absorptionsgrad des schwarzen Körpers (AS(λ,T) = 1) Beleuchtungsstärke magnetische Induktion (magnetische Flussdichte, „Magnetfeld“) Bildweite Vakuumlichtgeschwindigkeit (c = 299 792 458 m/s) Fourierkoeffizienten Phasengeschwindigkeit des Lichts im Medium Brechkraft dielektrische Verschiebung (elektrische Kraftflussdichte) Flächenelement der Apertur elektrische Feldstärke Elementarladung Elektron kinetische und potenzielle Energie spektraler Emissionsgrad Emissionsgrad des schwarzen Körpers (ES(λ,T) = 1) Finesse Faktor Kraft objektseitiger Brennpunkt, objektseitige Brennweite, bildseitiger Brennpunkt, bildseitige Brennweite Finesse Oszillatorstärke (Lorentz-Modell) Fouriertransformierte (Spektralfunktion) Fouriertransformierte einer Ortsfunktion zweidimensionale Fouriertransformierte Gegenstandsweite Bestrahlung magnetische Feldstärke (magnetische Erregung) Plancksches Wirkungsquantum (h = 6,626 070 15 ⋅ 10−34 Js) Hauptpunkte (dicke Linsen) Hauptebenen (dicke LInsen) Intensität (Bestrahlungsstärke) Strahlstärke Bessel-Funktion erster Gattung Federkonstante (Schwingung), Boltzmannkonstante

k, k​⇀

Wellenzahl (k​ =

L

Prismen-Basislänge, Strahldichte

A A, A​⇀ a a0 A(λ) A(x,y) AF AS(λ,T) B B, B​⇀ b c, c0 cn cph D D, D​⇀ dS E, E​⇀ e e− Ekin, Epot E(λ) ES(λ,T) F F, F​⇀ F, Fg, f, fg, F′, Fb, f′, fb

https://doi.org/10.1515/9783110675719-206

2 π​ λ​

) , Wellenvektor

XX

Symbolverzeichnis Band IV

lb, lg LS LλS(λ,T) M me N n nD Ne nλ, nν n(ω) = nRe – i ⋅ nIm O, A P, P​⇀ pe, p​⇀e​ PS Q q, Q R R(λ) r Rφ, Rl Rm S S, S​⇀ S0 sS T T(λ) t U u1, u2 V Vlat, VT, VW υph, υgr W WW W​ w, wEM wλ, wν wS wλ,S w1, w2 Xν, Xλ xb, xg Z α α, α′

Bild- und Gegenstandsgröße Strahldichte des schwarzen Körpers spektrale Strahldichte des schwarzen Körpers spezifische Ausstrahlung Masse des Elektrons Strichzahl (Beugungsgitter) Brechungsindex (Brechzahl), Modendichte (n = N/V, N … Modenzahl) Dipoldichte Effektive Strichzahl beim Fabry-Pérot-Interferometer spektrale Modendichte komplexer Brechungsindex ordentlicher und außerordentlicher Strahl (Doppelbrechung) dielektrische Polarisation, Druck, Wahrscheinlichkeit elektrisches Dipolmoment Strahlungsdruck Wärmemenge Ladung, Gesamtladung Reflexionsgrad spektraler Reflexionsgrad Reflexionskoeffizient Auflösungsvermögen Radien der hellen Ringe beim Fabry-Pérot-Interferometer Scheitel (Linsen), Entropie Momentane Energiestromdichte, Poynting-Vektor Solarkonstante (S0 = 1367 W/m2 = 1367 Jm−2 s−1) Entropiedichte der Hohlraumstrahlung Transmissionsgrad spektraler Transmissionsgrad Transmissionskoeffizient innere Energie objekt- und bildseitiger Öffnungswinkel (Strahlenbündel) Visibilität (Kontrast), laterale Vergrößerung, Volumen Lateral-, Tiefen-, Winkelvergrößerung Phasen-, Gruppengeschwindigkeit Energie, Arbeit Wechselwirkung mittlere Energie pro Eigenschwingung (Planck) Energiedichte, Energiedichte des elektromagnetischen Feldes spektrale Energiedichte Energiedichte des Hohlraums (des schwarzen Körpers) spektrale Energiedichte des schwarzen Körpers objekt- und bildseitiger Neigungswinkel (Strahlenbündel) gegen die optische Achse (Bildwinkel) spektrale Dichten Abstand Bild – bildseitiger Brennpunkt, Abstand Gegenstand – gegenstandsseitiger Brennpunkt Zustandssumme Absorptionskoeffizient, Polarisierbarkeit, Drehwinkel der Polarisationsebene Einfallswinkel, Reflexionswinkel

Symbolverzeichnis Band IV Brewsterwinkel Grenzwinkel der Totalreflexion Austrittswinkel der hellen Ringe beim Fabry-Pérot-Interferometer Reflexionswinkel

αB αG αm β β​ =

1 k​T​

thermodynamischer Parameter β

γ

Dämpfungskonstante (Schwingung)

Δ

Laplace-Operator (Δ =

Δl​k​, Δtk ΔλD Δs​, Δ Δφ​ = k​Δs​ = k​ ⋅ Δ (Δφ)min, (Δl)min δ δmin ε ε0 εr, ε​ ̃r​ θ ϑ λ μ μ0 μr ν, ω ρe σ Φ φ χDiel Ω, dΩ ω0

∂​

2

∂​x​

2

+

∂​

2

∂​y​

2

+

∂​

2

∂​z​

2)

Kohärenzlänge, Kohärenzzeit Dispersionsbereich Wegdifferenz (Gangdifferenz) Phasendifferenz kleinste Winkelauflösung, Auflösungsgrenze (Abstand) Phasenunterschied (Interferenz) minimaler Ablenkwinkel (Prisma, symmetrischer Strahldurchgang) Permittivität (Dielektrizitätskonstante), brechender Winkel (Prisma), Sehwinkel mit optischem Instrument Influenzkonstante (Permittivität des Vakuums), Sehwinkel (Auge) relative Permittivität (relative Dielektrizitätskonstante), DK-Tensor Beugungswinkel Richtung gegen die Normale der Phasenfläche Wellenlänge Beweglichkeit, Permeabilität magnetische Feldkonstante, Permeabilität des Vakuums relative Permeabilität Frequenz, Kreisfrequenz (ω = 2 πν) Raumladung Abstand des Aufpunkts vom zentralen Strahl am Schirm (Beugung an einer kreisrunden Apertur), Stefan-Boltzmann-Konstante Strahlungsleistung Phasenwinkel (Phasenkonstante) dielektrische Suszeptibilität Raumwinkel, Raumwinkelelement Eigenfrequenz

Wichtige physikalische Größen, Band IV Elementarladung Lichtgeschwindigkeit Boltzmannkonstante Stefan-Boltzmann-Konstante Plancksches Wirkungsquantum

e = 1,602 176 634 ⋅ 10−19 C, exakt c = 299 792 458 m/s, exakt R​ k​ = = 1,380 649 ⋅ 10−23 J ⋅ K−1, exakt N​A​ σ​ =

2 15

π​

5

k​

4

3 2

= 5,670 374 419 ... ⋅ 10−8 Wm−2K−4, exakt

h​ c​

h = 6,626 070 15 ⋅ 10−34 Js, exakt

XXI

1 Wellenoptik Einleitung: Entsprechend dem Superpositionsprinzip der ungestörten Überlagerung elektromagnetischer Wellen addieren sich die Schwingungsamplituden der elektrischen Feldstärke am gleichen Ort und zur gleichen Zeit phasengerecht. Da aber wegen des rasch wechselnden optischen Feldes nur die zu den zeitlichen Mittelwerten 〈E​⇀〉2 proportionalen Intensitäten beobachtbar sind, kommt es nur bei Wellen mit fester Phasenbeziehung (kohärenten Wellen) zur Interferenz und damit zu Beugungserscheinungen. Die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen im Raum kann nach dem Huygensschen Prinzip mit der Vielstrahlinterferenz beschrieben werden. Die Intensitätsverteilung für die wichtigsten Beugungserscheinungen (Spalt, Doppelspalt und Gitter sowie für die kreisrunde Apertur im Anhang) werden in Fraunhofer-Näherung berechnet und ausführlich diskutiert. Anschließend wird gezeigt, dass die Beugung elektromagnetischer Wellen als Fouriertransformation dargestellt werden kann. In der Materie erfahren elektromagnetische Wellen Dispersion („Farbzerlegung“) und Absorption. Neben die von der Wellenlänge abhängige Phasengeschwindigkeit tritt dann die Gruppengeschwindigkeit, mit der sich die Energie der Welle ausbreitet. Die Fresnelschen Formeln beschreiben vollständig die bei den wellenoptischen Erscheinungen der Reflexion, Brechung und Polarisation in homogenen, isotropen, absorptionsfreien Medien auftretenden Amplituden und stellen auch einen Beweis für die Transversalität elektromagnetischer Wellen dar. Doppelbrechung und optische Aktivität (Drehung der Polarisationsebene) sind eine Folge der optischen Anisotropie aufgrund des atomistischen Aufbaus kristalliner Materie. Zur Untersuchung der spektralen Energieverteilung von Strahlungsquellen (Lichtquellen) werden Spektrometer und Interferometer verwendet. Mit dem FabryPérot-Interferometer kann eine spektrale Auflösung λ/Δλ von mehr als 106 erzielt werden. Damit können Wellenlängendifferenzen Δλ von 10−6 λ noch aufgelöst werden. Das Gebiet der Optik kann entsprechend seiner historischen Entwicklung in drei Bereiche unterteilt werden: Die Strahlenoptik, auch geometrische Optik genannt, die Wellenoptik und die Quantenoptik. Wir wollen uns in diesem Kapitel mit der Wellenoptik befassen, die auch die Basis für die Strahlenoptik des zweiten Kapitels bildet. Erst nach der Behandlung der Wärmestrahlung im dritten Kapitel des vorliegenden Bandes, bei der wir zum ersten Mal auf Quantenphänomene der elektromagnetischen Wellen stoßen (die Absorption und Emission von Strahlungsenergie erfolgt in Vielfachen der kleinsten Portion E​ = h​ ⋅ ν​), werden wir im ersten Kapitel „Quantenoptik“ des nächsten Bandes (Band V), auf den korpuskularen Charakter des elektromagnetischen Feldes eingehen und Schlussfolgerungen daraus ziehen. https://doi.org/10.1515/9783110675719-001

2

1 Wellenoptik

Bisher haben wir die Entstehung elektromagnetischer Wellen und ihre Ausbreitung im verlustfreien Vakuum betrachtet. In der Wellenoptik wird jetzt auch der Einfluss von Materie auf die Wellenausbreitung beschrieben. Während die Erzeugung (Emission) und Vernichtung (Absorption) elektromagnetischer Wellen durch die Atome der Materie erfolgt und so letztlich in den Bereich der Quantenphysik fällt, kann ihre Ausbreitung und Überlagerung in der Wellenoptik sehr gut klassisch beschrieben werden. In der vereinfachenden klassischen Beschreibung von Emissions- und Absorptionsprozessen werden die beteiligten Atome als gedämpfte, klassische harmonische Oszillatoren, d. h. als schwingende elektrische Dipole angesehen. Zunächst aber betrachten wir die Überlagerung bereits existierender elektromagnetischer Wellen im Vakuum, die bei kohärenten Wellen, also solchen, die in fester Phasenbeziehung zueinander stehen, zur Interferenz und bei räumlicher Einschränkung des Wellenfeldes zu Beugungserscheinungen führt.

1.1 Interferenz und Kohärenz 1.1.1 Interferenz Die Wellengleichungen für elektromagnetische Wellen in linearen1 homogenen Medien (siehe Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.2, Gl. III-5.123)

ΔE​⇀=

2 1 ∂​ E​⇀

c​ 2 ∂​t​ 2

und

ΔB​⇀=

1 ∂​ 2 B​⇀

(IV-1.1)

c​ 2 ∂​t​ 2

sind linear in E​⇀bzw. B​⇀. Stellen daher E​⇀1 (r​⇀,t​),E​⇀2 (r​⇀,t​),...,E​⇀m​ (r​⇀,t​) Lösungen der Wellenm​

gleichung dar, so auch alle ihre Linearkombinationen E​⇀(r​⇀,t​) = ∑c​i​ E​⇀i​ , wobei die i​ = 1

ci konstante Koeffizienten aus dem Körper C der komplexen Zahlen sind.2 Das heißt, es gilt das Superpositionsprinzip: 1

Verschiedene Wellen überlagern sich, indem sich am gleichen Ort und zur gleichen Zeit die Amplituden der Einzelwellen phasengerecht addieren. Superpositionsprinzip, Prinzip der ungestörten Überlagerung.

1 In linearen Medien hängt die relative Dielektrizitätskonstante εr nicht von der elektrischen Feldstärke ab. Bei sehr hohen Feldstärken gilt aber in Medien das Superpositionsprinzip i. Allg. nicht mehr, was z. B. in starken Laserfeldern zur Frequenzvervielfachung führt. 2 Der Körper C der komplexen Zahlen enthält den Körper R der reellen Zahlen als Unterkörper.

3

1.1 Interferenz und Kohärenz

Beobachtbar an einer elektromagnetischen Welle sind i. Allg. nicht die Feldgrößen E​⇀und B​⇀direkt, da sie ja rasch alternieren (im optischen Bereich mit 4,3⋅1014 Hz bis 7,5⋅1014 Hz), sondern die Intensitäten (= Bestrahlungsstärken, irradiances), die proportional zum Quadrat des zeitlichen Mittelwerts der elektrischen Feldstärke sind (siehe Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.4, Gl. III-5.150) I​ (r​⇀,t​) =

1 2 2 ∗ ε​0 c​E​ 0 ∝ 〈E​⇀(r​⇀,t​)〉t​ = 〈E​⇀(r​⇀,t​) ⋅ E​⇀ (r​⇀,t​)〉 2

(IV-1.2)

⇀⇀

mit E​⇀(r​,t​) = E​⇀0 e​ i​ (ω​t​ − k​r​ + φ​) . Nach dem Superpositionsprinzip werden aber bei einer Überlagerung nicht die beobachtbaren Intensitäten, sondern die Feldstärken addiert, d. h., die Intensitäten überlagern sich i. Allg. nicht einfach additiv; diese Erscheinung nennt man Interferenz: Als Interferenz bezeichnet man Abweichungen von der Additivität der Intensitäten bei Überlagerung. Mess- bzw. beobachtbare Interferenzen treten aber nur dann auf, wenn im Überlagerungsgebiet ein stationäres Wellenfeld entsteht: Wellen, für die bei Überlagerung eine stationäre Interferenzstruktur entsteht, heißen kohärent. Bei der Überlagerung zweier Wellen A​⇀1 und A​⇀2 mit einer festen Phasenbeziehung3 (kohärenten Wellen) addieren sich die Amplituden phasengerecht. Für die Intensität gilt 4 2 I​kohärent​ = |A​⇀1 + A​⇀2 | = (A​⇀1 + A​⇀2 ) ⋅ (A​⇀1 + A​⇀2 )∗ = 2 2 ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ = A​⇀1 A​⇀1 + A​⇀2 A​⇀2 + A​⇀1 A​⇀2 + A​⇀1 A​⇀2 = |A​⇀1 | + |A​⇀2 | + ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ A​⇀1 A​⇀2 + A​⇀1 A​⇀2 .

(IV-1.3)

Interferenzterm​

3 Zur Erinnerung (siehe z. B. Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abi​(ω​t​ − k​x​ + φ​) schnitt 5.5.1): Bei einer (ebenen) Welle u​(x​,t​) = u​0 e​ bezeichnen ω​t​ − k​x​ + φ​ die Phase (den i​(ω​t​ − k​x​ + φ​) augenblicklichen Schwingungszustand) und φ den Phasenwinkel (= Phasenkonstante); e​ ist der Phasenfaktor, mit dem die Amplitude der Welle moduliert wird. 2 i​φ​ 2 4 Es ist wichtig, die Quadrate der Absolutbeträge zu nehmen: Mit A​⇀1 = A​1 e​ ist |A​⇀1 | = A​ 1 , aber 2 2 2i​φ​ 2 A​⇀1 = A​ 1 e​ ≠ |A​⇀1 | !

1

4

1 Wellenoptik

Der Interferenzterm kann also positive und negative Werte annehmen und auch zum Verschwinden der Intensität (Auslöschung) führen, wenn beide Wellen bei gleicher Amplitude gegenphasig schwingen; die Berechnung des Terms folgt in Abschnitt 1.1.3. Ohne feste Phasenbeziehung, d. h. bei inkohärenter Überlagerung, verschwindet der Interferenzterm im Mittel (denn 〈cos ​ (φ​1 − φ​2 )〉 = 〈cos ​Δφ​〉 = 0 , siehe Abschnitt 1.1.3); die Intensitäten addieren sich dann: 2 2 I​inkohärent​ = |A​⇀1 | + |A​⇀2 | = I​1 + I​2 .

(IV-1.4)

1.1.2 Kohärenz 5 Unter welchen Bedingungen kann eine stationäre Interferenzstruktur beobachtet werden, wenn Lichtwellen von einem Emissionszentrum, von einer Lichtquelle, ausgehen? Überlagern wir das Licht zweier „klassischer“ Lichtquellen (Sonnenlicht, Glühlampe, Gasentladungslampe) in einem Raumpunkt P, so ist keine Interferenzstruktur zu beobachten, die ausgesandten Lichtwellen sind inkohärent. Dies hängt damit zusammen, dass die angeregten Atome der Lichtquelle die Wellenzüge völlig unkorreliert und mit statistischer Phasenbeziehung und Polarisation emittieren. Nimmt man dagegen das Licht einer einzigen Lichtquelle (Spektrallampe) und teilt es z. B. durch Spiegel in zwei Teilstrahlen mit annähernd gleicher Laufdistanz (gleiche Gangdifferenz) bis zum Empfänger am Punkt P, so sind die in P überlagerten zwei Wellen, die von jedem strahlenden Atom der Quelle kommen, kohärent und es kann eine Interferenzstruktur beobachtet werden (Abb. IV-1.1). 1. Zeitliche Kohärenz Die Phasendifferenzen Δφ​ = φ​j​ − φ​k​ zwischen beliebigen, also von verschiedei​ (ω​t​ − k​x​ + φ​j​ ) und nen Atomen emittierten, parallelen Teilwellen E​⇀j​ (x​,t​) = e​⇀y​ E​j​0 e​ i​ (ω​t​ − k​x​ + φ​k​ ) ⇀ im Raumpunkt P​ (r​⇀) dürfen sich während der BeobachE​k​ (x​,t​) = e​⇀y​ E​k​ 0 e​ tungsdauer Δt​ innerhalb eines Wellenzuges nur um weniger als 2 π ändern, damit sie interferieren können. Die Kohärenzzeit ist daher die Zeitspanne Δt​K​ , während der sich die Phasendifferenz zwischen allen in P überlagerten Teilwellen um maximal 2 π ändert. Während der Zeit Δt​K​ legt das Licht (im Vakuum) die Strecke ΔlK​ = c​ ⋅ Δt​K​ zurück; ΔlK​ heißt Kohärenzlänge.

5 Aus cohaerere (lat.): zusammenhängen.

1.1 Interferenz und Kohärenz

a)

5

b) L2′

L1′ L2 Spiegel L1 r1

P

r2

L

P

die Phasendifferenz der beiden Wellen schwankt statistisch

die Phasendifferenz der beiden Wellen ist konstant (und zwar Null für L und P in der Symmetrieebene)

Abb. IV-1.1: Superposition zweier Lichtwellen im Punkt P. a) Die beiden Wellen stammen von zwei unterschiedlichen Lichtquellen, die emittierten Wellenzüge (blau, schematisch) stehen für eine längere Zeitspanne in keiner festen Phasenbeziehung zueinander, die Wellen sind inkohärent und zeigen bei Überlagerung in P keine Interferenzstruktur. b) Das Licht einer einzigen, punktförmigen Lichtquelle, also eines Atoms, wird an zwei Spiegeln so reflektiert, dass es von den beiden virtuellen Lichtquellen L1′ und L2′ herzukommen scheint. Da die Gangdifferenz r​2 − r​1 der beiden Wellen annähernd Null ist (r​1 ≈ r​2), treffen sich die beiden Wellen in P und da die beiden Wellenzüge demselben Emissionsereignis der Lichtquelle entstammen, weisen sie eine feste Phasenbeziehung auf; sie sind kohärent und zeigen bei der Überlagerung in P auch nach langer Zeit, in der viele Atome emittieren, eine Interferenzstruktur.

Beispiel: Kohärenz einer „monochromatischen“ Spektrallinie endlicher Emissionsdauer Δt mit der zentralen Frequenz ν​0 und der hieraus folgenden spektralen Breite Δν​ . Die von den angeregten Atomen der Lichtquelle spontan emittierten Wellen entstehen in kurzen Emissionen mit Prozesszeiten von annähernd Δt = 10−8 s .6

6 Die Emissionszeit von Δt​ = 10

−8

s ergibt für das Wellenpaket (siehe dazu Band V, Kapitel „Quan1 tenoptik“, Abschnitt 1.6.3) der Grundfrequenz ν​0 = der Einzelschwingung eine Kohärenzlänge T​0 8 −8 Δl​k​ = c​ ⋅ Δt​ = 3 ⋅ 10 ⋅ 10 = 3 m. Für „grünes“ Licht beträgt die Wellenlänge λ​gr ≅ 0,5 μ​m, sodass die Δl​k​ 6 Kohärenzlänge N​ = = 6 ⋅ 10 Wellenlängen umfasst. Dies gilt für „normale“ Dipolstrahlung. Ist λ​gr diese aufgrund der Auswahlregeln (siehe Band V, Kapitel „Atomphysik“, Abschnitt 2.5.3) verboten, so kann die Emissionsdauer Δt in hochverdünnten Gasen (in den Nebeln des Weltraums) bis auf Δt = 1 s ansteigen, entsprechend scharf sind die emittierten Linien.

6

1 Wellenoptik

Die ausgesandten Wellenzüge sind daher entsprechend dem Fourierschen Integraltheorem (siehe Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, 5.1.3) keineswegs monochromatisch, sondern weisen eine mittlere Frequenzbrei1 8 = 10 Hz​ = 100 MHz​ auf (zur Ableitung siehe Fußnote 8).7 te von etwa Δν​ = Δt​ Das Licht dieser Lichtquelle kann als Überlagerung unendlich vieler streng monochromatischer Teilwellen mit Frequenzen innerhalb des Intervalls Δν​ ν​0 ± angesehen werden.8 Wir betrachten die größte Phasendifferenz Δφ​ 2 Δν​ Δν​ solcher Teilwellen zwischen ν​1 = ν​0 − und ν​2 = ν​0 + in einem Raumpunkt 2 2 P. Zur Zeit t = 0 sei Δφ = 0. ⇒

Δφ​ (t​) = ω​2 t​ − ω​1 t​ = 2 π​ (ν​2 − ν​1 ) ⋅ t​ = 2 π​ (ν​0 +

Δν​ Δν​ − υ​0 + ) ⋅ t​ = 2 π​ ⋅ Δν​ ⋅ t​ , 2 2

Δφ​ wächst linear mit der Zeit t. Für die Kohärenzzeit t​ = Δt​K​ ist Δφ​ (t​K​ ) = 2 π​ und daher Δν​ ⋅ Δt​k​ = 1 ; es gilt somit 1 −8 = Δt​ = 10 s , Δt​K​ = Δν​ die Kohärenzzeit Δt​K​ ist proportional zum Kehrwert der spektralen Frequenzbreite Δν​ der Lichtquelle. Für die Komponenten mit Frequenzen dazwischen gilt dann Δφ​ (t​K​ ) < 2 π​ .

2. Räumliche Kohärenz9 Lichtquellen sind räumlich ausgedehnt; ihre Lichtpunkte (Atome) strahlen inkohärent. Die Wege von verschiedenen Punkten einer Lichtquelle zum Raumpunkt P,

7 Ein völlig monochromatischer Wellenzug reicht von t = −∞ bis t = +∞; die zeitlich beschränkten Wellenzüge der Lichtquelle führen dagegen zu ihrer natürlichen Linienbreite. Ausnahmen sind Laser aufgrund des Erzeugungsprozesses durch induzierte Emission: Die von den angeregten Atomen des Lasermediums ausgesandten Lichtwellen sind alle von gleicher Energie (gleicher Frequenz), annähernd gleicher und konstanter Phase und gleicher Polarisation, d. h., die aus dem Laserresonatorsystem austretende Strahlung ist im Idealfall räumlich und zeitlich völlig kohärent. Siehe dazu Band V, Kapitel „Quantenoptik“, Abschnitt 1.7.4. 8 Siehe dazu die ausführliche Analyse in E. W. Schpolski, Atomphysik, Band 1, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaft, Berlin 1967, S. 206. 9 Siehe dazu auch in Abschnitt 1.5.4 die räumliche Kohärenz einer ausgedehnten Lichtquelle, die von jedem Flächenelement inkohärente Strahlung aussendet.

7

1.1 Interferenz und Kohärenz

an dem die Interferenz zum Zeitpunkt t beobachtet werden soll, führen daher zu statistisch schwankenden Phasendifferenzen Δφ​ = k​ ⋅ Δs​ =

2 π​ Δs​ . λ​

(IV-1.5)

Δs​ = r​⇀2 − r​⇀1 ist die Wegdifferenz der Strecken Lichtquelle-Beobachtungspunkt P​ (r​⇀1 ) der interferierenden Strahlen. Jetzt darf die räumliche Phasendifferenz verschiedener Lichtpunkte Δφ​ = φ​ (r​⇀1 ) − φ​ (r​⇀2 ) zur Beobachtungszeit t nur sehr viel weniger als 2 π betragen, wenn das von einem einzigen Lichtpunkt am Ort r​⇀1 erzeugte Interferenzfeld durch einen anderen Lichtpunkt der Quelle am Ort r​⇀2 nicht wesentlich gestört werden soll. Dies ist entsprechend der obigen Beziehung erfüllt, wenn Δs​ ≪ λ​ , der Wellenlänge der Quelle, ist.

1.1.3 Überlagerung ebener harmonischer Wellen Ebene harmonische Wellen stellen eine Lösung der Wellengleichung im homogenen Medium dar. In der Praxis besteht ein elektromagnetisches Wellenfeld nicht aus rein harmonischen Wellen. Hier kommt uns die früher besprochene FourierAnalyse zu Hilfe (siehe Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.1.3): Jede periodische Funktion f(t) mit f(t) = f(t + T) lässt sich als Summe harmonischer Funktionen (Sinus- und Kosinusfunktionen) darstellen, deren Frequenzen 2 π​ ωn = n⋅ω1 ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz ω​1 = sind.10 T​ Das Überlagerungsverhalten von Wellen kann daher an harmonischen Wellen studiert werden. Ganz allgemein können wir eine ebene harmonische Welle, die in die Richtung r​⇀läuft, folgendermaßen darstellen, wenn wir von einer Anfangsphase φ absehen, oder sie in E​⇀0 berücksichtigen (siehe Band III, Kapitel Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen, Abschnitt 5.5.3): i​ (ω​t​ − k​⇀r​⇀) . E​⇀= E​⇀0 cos ​ (ω​t​ − k​⇀r​⇀) = E​⇀0 e​

(IV-1.6)

10 Im Grenzfall eines nicht-periodischen Wellenfeldes rücken die einzelnen Frequenzen ωn unendlich dicht aneinander, sodass sie ein Kontinuum bilden, wie wir das im Falle einer Spektrallinie verwendet haben (Abschnitt 1.1.2, Beispiel ‚Kohärenz einer „monochromatischen“ Spektrallinie‘), deren Wellenzüge im Intervall Δt ausgesendet werden und somit einen nichtperiodischen Vorgang darstellen.

1

8

1 Wellenoptik

Für die Phasenflächen, die Flächen konstanter Phase, auf denen E​⇀ im Laufe der Zeit t konstant bleibt, gilt ω​t​ − k​⇀r​⇀= const.​

mit

ω​ =

2 π​ ⇀ 2 π​ , |k​ | = . T​ λ​

(IV-1.7)

2 π​ ⋅ n​⇀ und Das ist die Gleichung einer Ebene im Raum mit dem Wellenvektor k​⇀= λ​ dem Flächenormalenvektor n​⇀, deren Abstand k​⇀⋅ r​⇀vom Koordinatenursprung linear mit der Zeit wächst. Die Wellenausbreitung, d. h. die Ausbreitung der Phasenflächen, erfolgt damit in k​⇀-Richtung, also in Richtung des Normalenvektors n​⇀der Phasenflächen (Abb. IV-1.2).



z





2π k = __ ⋅n = k⋅n λ k n = __ k

 



r

λ λ

y rn

λ

λ

x Abb. IV-1.2: Phasenflächen (blau) einer ebenen elektromagnetische Welle in k​⇀-Richtung. Die Flächen konstanter Phase (Phasenflächen) sind Ebenen (hier projizierend gezeichnet) normal zu k​⇀. r​⇀ist der Ortsvektor, der zu den Punkten der Phasenfläche führt.

Für die Phasengeschwindigkeit gilt bei konstantem k​⇀

υ​ph (k​) =

d​rn​ ​ d​ k​⇀ d​r⇀​ 1 d​ 1 d​ = (n​⇀⋅ r​⇀) = ⋅ = ⋅ (k​⇀⋅ r​⇀) = ⋅ (ω​t​ − const.​) = d​t​ d​t​ k​ d​t​ k​ d​t​ k​ d​t​ ⏟ ⇀ = n​

ω​ 2 π​ν​ = = = λ​ ⋅ ν​ , k​ 2 π​ λ​

(IV-1.8)

denn aus der Definition der Phasenflächen ω​t​ − k​⇀r​⇀= const. folgt k​⇀r​⇀= ω​t​ − const. Im Vakuum gilt (siehe Band III, Kapitel „Statische Magnetfelder“, Abschnitt 3.3.4, Gl. III-3.138) ω​ = υ​ph,Vak​ = c​ = ( ) k​ Vak​

1

√ε​0 μ​0

;

(IV-1.9)

9

1.1 Interferenz und Kohärenz

im Medium mit ε​ = ε​r​ ε​0 und μ​ = μ​r​ μ​0 υ​ph = c​ph =

1

=

1

√ε​μ​ √ε​r​ ε​0 μ​r​ μ​0

.

(IV-1.10)

Das Verhältnis der Vakuumlichtgeschwindigkeit c zur Phasengeschwindigkeit cph im Medium ergibt sich damit zu

c​ = c​ph

√ε​0 μ​0 ε​r​ μ​r​ √ε​0 μ​0

= √ε​r​ μ​r​ = n​ > 1

(IV-1.11)

und wird oft Maxwell Relation genannt.11 n ist die Brechzahl (= Brechungsindex, refractive index). Die Phasengeschwindigkeit des Lichts wird im Medium gegenüber der Vakuumlichtgeschwindigkeit um den Faktor 1/n verkleinert (siehe Abschnitt 1.3.1 und beachte: n < 1 für harte Röntgenstrahlung):

c​ph =

c​ . n​

(IV-1.12)

In nicht-ferromagnetischen Materialien gilt μ​r​ = 1 und damit n​ = √ε​r​ . Betrachten wir jetzt die Überlagerung zweier linear polarisierter Wellenzüge E​⇀1 und E​⇀2 gleicher Frequenz, aber unterschiedlicher Ausbreitungsrichtung, für die die Kohärenzbedingung erfüllt ist, an einem festen Ort P​ (r​⇀0 ) :12 ⇀1 r​⇀0) E​⇀1 = E​⇀01 cos ​ (ω​t​ − k​⇀1 r​⇀0 ) ≙ E​⇀01 e​ i​ (ω​t​ − k​⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ = E​⇀01 e​ i​ (ω​t​ − φ​1 ) , φ​ 1

⇀2 r​⇀0) E​⇀2 = E​⇀02 cos ​ (ω​t​ − k​⇀2 r​⇀0 ) ≙ E​⇀02 e​ i​ (ω​t​ − k​⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ = E​⇀02 e​ i​ (ω​t​ − φ​2 ) , φ​ 2

(IV-1.13)

wobei φ​i​ = k​⇀i​ r​⇀0 ein zeitlich konstanter Phasenanteil ist. Nach dem Superpositionsprinzip addieren sich die Feldstärken E​⇀i​ zu

11 Daneben sind unter der Bezeichnung Maxwell Relationen noch die wichtigen Beziehungen zwischen den Ableitungen der Zustandsvariablen T, S, P, V der Thermodynamik bekannt, siehe dazu Band II, Kapitel „Physik der Wärme“, Abschnitt 1.3.2.3). 12 Es könnte sich z. B. um Wellen handeln, die von zwei kohärenten Punktquellen (siehe Abb. IV1.1, rechts) ausgesandt werden, die einen Abstand von einigen Wellenlängen voneinander haben; der Aufpunkt P soll sich genügend weit von ihnen entfernt befinden, sodass die ankommenden Wellenfronten eben sind. Die Ausbreitungsrichtungen k​⇀1 und k​⇀2 sind dann fast parallel wie auch die Schwingungsvektoren E​⇀01 und E​⇀02 .

10

1 Wellenoptik

⇀01 e​ −i​φ1​ + E​⇀02 e​ −i​φ2​ ) = E​⇀e​ i​ (ω​t​ − i​φ​) = A​⇀⋅ e​ i​ω​t​ E​⇀= E​⇀1 + E​⇀2 = e​ i​ω​t​ (E​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

(IV-1.14)

⇀ = E​⇀0 ⋅e​ −i​φ​ = A​

mit der komplexen Amplitude A​⇀ = E​⇀0 e​ −i​φ​ . Die am Punkt P messbare Intensität ist proportional zum Quadrat des Betrags dieser komplexen Amplitude: |

2 ∗ i​φ​ i​φ​ −i​φ​ −i​φ​ A​⇀| = A​⇀ A​⇀ = (E​⇀01 e​ 1 + E​⇀02 e​ 2 )(E​⇀01 e​ 1 + E​⇀02 e​ 2 ) =

= E​⇀01 2 + E​⇀02 2 + E​⇀01 E​⇀02 e​

i​ (φ​2 − φ​1 )

+ E​⇀01 E​⇀02 e​ −i​ (φ​2 − φ​1 ) =

2 2 = E​⇀01 + E​⇀02 + E​⇀01 E​⇀02 (e​

i​ (φ​ 1 − φ​2) ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

+ e​

2

2

Δφ​

−i​ (φ​ 1 − φ​2) ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ Δφ​

2

)=

2

= E​⇀01 + E​⇀02 + 2 E​⇀01 E​⇀02 cos ​Δφ​ = A​ 1 + A​ 2 + 2 A​1 A​2 cos ​Δφ​ ⋅

(IV-1.15)

Δφ​ = φ​1 − φ​2 ist die Phasendifferenz (Phasenwinkel) der beiden Wellenzüge im Punkt P, die Ai sind die Amplituden der sich überlagernden Wellenzüge. Für die Intensität = Bestrahlungsstärke = gemittelte Energiestromdichte im Punkt P ergibt sich somit bei kohärenter Überlagerung (Interferenz) nach Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.4, Gl. (III-5.150): 1 I​ = ε​0 ⋅ c​ ⋅ (A​ 21 + A​ 22 + 2⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ A​1 A​2 cos ​Δφ​) . 2 Interferenzterm

(IV-1.16)

Der Interferenzterm 2A​1 A​2 cos ​Δφ​ beschreibt die Abweichung der im Punkt P beobachteten Intensität I vom Summenwert der Intensitäten der sich überlagernden Einzelwellen. Sind die Wellen inkohärent (〈 cos ​Δφ​〉 = 0), tritt im zeitlichen Mittel kein Interferenzterm auf, die Intensitäten addieren sich in P: 1 I​inkohärent = ε​0 ⋅ c​ ⋅ (A​ 21 + A​ 22 ) . 2

(IV-1.17)

Betrachten wir jetzt die Gesamtintensität I der beiden Quellen im Aufpunkt P​ (r​⇀0 ) bei kohärenter Überlagerung: I wird maximal für cos ​Δφ​ = +1 ; das ist erfüllt für Δφ​ = 2 m​π​ mit m​ = 0, 1, 2, ..., also geradzahlige Vielfache von π. Dann ist

I​ = ε​0 ⋅ c​ ⋅

(A​ 1 + A​2 )2 2

Interferenzmaxima, konstruktive Interferenz.

(IV-1.18)

Die Intensität I wird minimal für cos ​Δφ​ = −1 ; das ist der Fall für Δφ​ = (2 m​ + 1) π​ mit m​ = 0, 1, 2, ..., also ungeradzahlige Vielfache von π:

11

1.1 Interferenz und Kohärenz

I​ = ε​0 ⋅ c​ ⋅

(A​ 1 − A​2 )2 2

Interferenzminimum, destruktive Interferenz.

(IV-1.19)

Für kohärente Überlagerung gilt daher: Die im Überlagerungsgebiet beobachtbare Intensität variiert räumlich abhängig von der Phasendifferenz (Phasenwinkeldifferenz) Δφ​ = φ​1 − φ​2 = k​⇀1 r​⇀1 − k​⇀2 r​⇀2 . Beispiel: Überlagerung ebener Wellen gleicher Richtung. Zwei Wellen mit der gleichen Amplitude E0 und der gleichen Frequenz ω, aber unterschiedlicher, zeitlich konstanter Phase, breiten sich in x-Richtung aus: E​1 = E​0 cos ​ (ω​t​ − k​x​), E​2 = E​0 cos ​ (ω​t​ − k​x​ + φ​) . Die Überlagerung ergibt mit cos ​α​ + cos ​β​ = 2 cos​

E​ = E​1 + E​2 = 2 E​0 cos​ = 2 E​0 cos​

φ​

α​ + β​ α​ − β​ cos​ : 2 2

2 ω​t​ − 2 k​x​ + φ​ φ​ cos​ = 2 2

cos​ (ω​t​ − k​x​ +

2 ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ B​ (φ​)

= B​ (φ​) cos ​ (ω​t​ − k​x​ +

φ​ ) 2

φ​ ), 2

d. h. wieder eine ebene Welle in x-Richtung mit dem Mittelwert der beiden Phasen als Phase der Überlagerungswelle. Die Amplitude der Summenwelle hängt jetzt aber wesentlich von der Phasenverschiebung φ zwischen den Teilwellen ab: cos ​

φ​ =0 2

für

φ​ = π​, 3 π​, 5 π​,...,

also für

φ​ = (2 m​ + 1) π​ .

In diesem Fall ist die Intensität im gesamten Überlagerungsraum = 0, die beiden Wellen löschen einander bei Ausbreitung in der x-Richtung (aber immer nur in dieser) vollständig aus.13

13 Aus dem Energieerhaltungssatz folgt daraus, dass es andere Richtungen geben muss, in welchen sich die beiden Wellen gegenseitig verstärken, da im Vakuum eine Energietransformation in Wärme nicht stattfinden kann. Das heißt in letzter Konsequenz, dass es unendlich ausgedehnte Planwellen nicht geben kann und die „ebene Welle“ nur eine Idealisierung darstellt!

1

12

1 Wellenoptik

1.1.4 Zusammenhang: Phasenwinkel – Gangunterschied Wir wollen nun die Beziehung zwischen dem Gangunterschied Δx und der äquivalenten Differenz der Phasenwinkel Δφ herleiten. Dazu betrachten wir zwei Wellen gleicher Frequenz, gleicher Amplitude und gleicher Ausbreitung in x-Richtung, wobei die Welle E1 die Phasenkonstante φ1 = 0, die Welle E2 die die Phasenkonstante φ2 = φ0 besitzen soll: E​1 = A​ cos ​ (⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ ω​t​ − k​x​),

E​2 = A​ cos ​ (⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ ω​t​ − k​x​ + φ​0 ) .

Phase 1 φ​1 = 0

(IV-1.20)

Phase 2 φ​2 = φ​0

Die zeitlich konstante Differenz der Phasen bei gleichem x und t, die Differenz Δφ​ der Phasenkonstanten φ1 und φ2 der beiden Wellen, beträgt Δφ​ = −φ​0 . Jetzt untersuchen wir die beiden Wellen E1 und E2 am festen Ort x​ = x​0 zu den Zeitpunkten t​1 und t​2 , zu denen sie gleiche Auslenkung, d. h. gleiche Phase besitzen mögen (Abb. IV-1.3). Diese beiden Phasen sind ω​t​1 − k​x0​ und ω​t2​ − k​x0​ + φ​0 . E

φ0 = π/2

Δt = t1 − t2 > 0

x = x0 E1

t2

t1

t

E2

Abb. IV-1.3: Auslenkung der beiden Wellen E1 und E2 am Ort x0 für φ0 = +π/2 . Die Welle E2 erreicht das Maximum um die Zeit Δt = −Δφ/ω = φ0/ω vor der Welle E1 .

Für die verschwindende Differenz der Phasen bei gleicher Auslenkung am selben Ort x0 finden wir mit Δt​ = t​1 − t​2 ω​t1​ − k​x0​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ = φ​1

− ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ ω​t​2 + k​x0​ − φ​0 = ω​Δt​ − φ​0 = 0 .

(IV-1.21)

= φ​2

Die Welle E​2 erreicht daher die gleiche Auslenkung wie E​1 , wenn ω​ Δt​ − φ​0 = 0 , φ​0 also um die Zeit Δt​ = früher, sie eilt gegenüber der ersten zeitlich voraus. Die ω​ zeitliche Differenz t​1 − t​2 = Δt​ der ersten Welle zur zweiten entspricht der Phasenkonstantendifferenz −Δφ​ = φ​2 − φ​1 = φ​0 , in unserem Fall einer Anfangsphase φ​0 = −Δφ​ = ω​Δt​ der zweiten Welle.

13

1.1 Interferenz und Kohärenz

Betrachten wir jetzt beide Wellen bei gleicher Auslenkung zur festen Zeit t​ = t​0 an Orten x​1 und x​2 (Abb. IV-1.4): E

φ = π/2 t = t0

Δ x = x1 − x2 > 0

E1

x2

x1

x

E2

Abb. IV-1.4: Auslenkung der beiden Wellen E1 und E2 zur Zeit t0 für φ0 = +π/2 . Die Welle E1 mit der Phasenkonstante φ1 = 0 ist um die Strecke Δx = Δφ/k = −φ0/k gegen die Welle E2 mit der Phasenkonstante φ2 = φ0 voraus.

Die verschwindende Differenz der Phasen für gleiche Auslenkung zur Zeit t0 ergibt sich mit Δx​ = x​1 − x​2 zu: ω​t0​ − k​x1​ − ω​t0​ + k​x2​ − φ​0 = −k​Δx​ − φ​0 = 0 .

(IV-1.22)

Die Welle E1 erreicht daher die gleiche Auslenkung wie E2, wenn −k​Δx​ − φ​0 = 0 , = Δφ​

−φ​ ⏞⏞⏞⏞⏞0

Δφ​ = > 0 gegen die zweite räumlich voraus, ist also schon k​ k​ weiter als E2. Der Gangunterschied Δx entspricht damit einer Anfangsphasendiferenz φ​1 − φ​2 = −φ​0 = k​Δx​ = Δφ​ . eilt also um Δx​ =

Δφ​ = φ​1 − φ​2 = −φ​0 ist die Phasendifferenz (Differenz der Phasenkonstanten, Differenz der Phasenwinkel) der beiden Wellen, Δx​ = x​1 − x​2 ist der äquivalente Gangunterschied (Wegdifferenz) der beiden Wellen mit den Wellenzahlen k. Der Zusammenhang zwischen Phasendifferenz und Gangunterschied ist daher im Vakuum

Δφ​ = k​ ⋅ Δx​ ,

(IV-1.23)

im Medium

Δφ​ = k​ ⋅ n​ ⋅ Δx​ .

(IV-1.24)

2 π​ 2 π​ν​ = die Vakuumwellenzahl. Im Medium ist die Wellenlänge λ​Vak c​ 2 π​ n-mal kleiner und somit k​Med = = n​ ⋅ k​ . Den mit der Brechzahl n multiplizierten λ​Vak n​ Gangunterschied n​ ⋅ Δx​ nennt man optische Wegdifferenz. Dabei ist k​ =

14

1 Wellenoptik

Für konstruktive Interferenz zweier Wellen erhalten wir damit aus der Bedingung für die Phasendifferenz Δφ​ = 2 m​π​ (m ganz) die Bedingung für den Gangunterschied der Wellenzüge:

Δx​ =

Δφ​ 2 m​π​ = ⋅ λ​ = m​ ⋅ λ​ k​ 2 π​

Gangunterschied bei konstruktiver Interferenz.

(IV-1.25)

Für destruktive Interferenz ergibt sich aus der Bedingung Δφ​ = (2 m​ + 1) π​ :

Δx​ =

Δφ​ λ​ ⋅ λ​ = (2 m​ + 1) 2 π​ 2

Gangunterschied bei destruktiver Interferenz.

(IV-1.26)

In analoger Weise zu mechanischen Wellen (siehe Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.6.1) erhält man durch Reflexion laufender elektromagnetischer Planwellen am optisch dichtere Medium (n2 > n1 ) stehende Wellen (stehende Lichtwellen).

1.1.5 Das Huygenssche Prinzip, Vielstrahlinterferenz Der Holländer Christiaan Huygens (1629–1695) beschrieb als erster die Ausbreitung von Wellen im Raum in seinem Buch „Traité de la lumière“ (Prinzip formuliert etwa 1680, gedruckt 1690):14

1

Jeder Punkt einer Wellenfläche (Phasenfläche) ist in jedem Moment Quelle einer sphärischen Elementarwelle (Sekundärwelle), deren Frequenz mit der Primärwelle übereinstimmt. Zu jedem nachfolgenden Zeitpunkt ist die Wellenfläche des optischen Feldes durch die Einhüllende aller dieser Elementarwellen gegeben. Huygenssches Prinzip

Die Phasenfläche zum Zeitpunkt t​ = t​0 sei Φ (r​⇀0,t​0 ) . Die sekundären Kugelwellen legen in der Zeit Δt den Weg Δr​ = υ​ph Δt​ zurück. Die Einhüllende an die Fronten der

14 Er dachte an durch Stoß der Moleküle weitergeleitete Longitudinalwellen. Die weitere Ausgestaltung der Huygensschen Idee erfolgte vor allem durch A. Fresnel (siehe Abschnitt 1.2.2, Fußnote 22), der das Interferenzprinzip transversaler Wellen ausarbeitete, die sich in einem sinnlich nicht wahrnehmbaren elastischen Medium, dem sogenannten Äther, ausbreiten sollten (Huygens-Fresnelsches Prinzip).

1.1 Interferenz und Kohärenz



Φ(r0,t0 )

15

 

Φ(r0 + Δr,t0 + Δt)

ʋph ⋅ Δt

Abb. IV-1.5: Schematische Darstellung des Fortschreitens einer Wellenfront nach dem Huygensschen Prinzip. Nur die in Vorwärtsrichtung weisende Hälfte der Kugelwellen ist gezeigt.

Sekundärwellen bildet die neue Phasenfläche, die Primärwelle ist um Δr​ = υ​ph Δt​ im Raum vorgerückt (Abb. IV-1.5).15 Atomistische Deutung des Huygensschen Prinzips: 1. Mechanische (akustische) Wellen: Die Atome des Mediums werden zu Schwingungen angeregt und geben die Schwingungsenergie durch Kopplung (gekoppelte Oszillatoren) an die Nachbaratome weiter. Im Vakuum, ohne koppelndes Medium, kann keine Ausbreitung erfolgen.16 15 Wenn jeder Punkt der Phasenfläche wirklich Kugelwellen aussendet, ergibt sich auch eine rücklaufende Welle in Richtung zur Strahlungsquelle. Dies wurde schon von Fresnel (Augustin Jean Fresnel, 1788–1827, siehe auch Abschnitt 1.2.2, Fußnote 22) erkannt und von Kirchhoff (Gustav Robert Kirchhoff, 1824–1887) durch Einführung eines Inklinationsfaktors (Obliquität, obliquity) K(ϑ) analytisch gelöst: Die Amplitude der von den Punkten der Phasenfläche ausgehenden Sekun1 där wellen ist richtungsabhängig mit K​(ϑ​) = (1 + cos ​ϑ​) (ϑ ist der Winkel gegen die Normale auf 2 die Wellenfront am Ort des betrachteten Punkts der Phasenfläche). Die maximale Ausstrahlung erfolgt so in Vorwärtsrichtung (K​(ϑ​ = 0) = 1) , während keine Ausstrahlung in die Gegenrichtung erfolgt (K​(ϑ​ = π​) = 0) . Die Amplitude einer Elementarwelle ist ferner zum Flächenelement d​A⇀​ proportional, welches das emittierende Zentrum auf der Phasenfläche umgibt und für das K(ϑ) konstant ist. Um zu den korrekten Ergebnissen zu gelangen, muss ferner angenommen werden, dass K(ϑ) ∝ 1/λ ist und dass die Sekundärwellen der primären Quelle um π/2 vorauseilen. All diese Schwierigkeiten vermeidet die exakte Kirchhoffsche Beugungstheorie, die aber hier zu weit führen würde. Siehe dazu z. B. Eugene Hecht, Optik, de Gruyter 2014, Abschnitte 10.3.1 und 10.4. 16 Man denke etwa an den üblichen Schulversuch: In einem Glassturz befinden sich eine elektrische Klingel und eine Lichtquelle (z. B. Glühlampe oder LED). Beim Evakuieren wird die Klingel unhörbar, während die Lichtquelle unverändert leuchtet.

16 2.

1 Wellenoptik

Elektromagnetische Wellen: Die elektrische und die magnetische Feldstärke ändern sich zeitlich in jedem Punkt, sodass die neuen E​⇀- und B​⇀-Felder der Elementarwellen entsprechend den Maxwellgleichungen induziert werden (siehe dazu Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.2). In diesem Sinne können die Punkte der Wellenfront als Erregerzentren der Sekundärwellen aufgefasst werden. In der Materie werden die Valenzelektronen durch die einfallende Welle zu Schwingungen relativ zu den Ionenrümpfen angeregt und stellen so gedämpft schwingende elektrische Dipole dar, die zusammen mit der einfallenden Welle die Wellenausbreitung mit der Phasengeschwindigkeit υph ≠ c = c0 im Medium bewirken.17

Da die Zentren Qi aller Elementarwellen auf derselben Phasenfläche liegen, also alle in Phase schwingen, hängt die Phasendifferenz zwischen benachbarten Sekundärwellen von der ausgewählten Richtung ϑ im Vergleich zur Richtung der Primärwelle und vom Abstand d der Zentren ab. Wir betrachten zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Anordnung von N kohärenten Punktquellen im Vakuum (n = 1), die gegeneinander keine Phasendifferenz aufweisen, die Phasenfläche sei eine Ebene an der Position x​ = x​0 (Abb. IV-1.6).

Entfernung rn zum weit

rN entfernten Aufpunkt P

QN d

r6

Q6

r5

Q5 D = N⋅d

r4

Q4

r3

Q3

r2

Q2 Q1

ϑ

r1

Δs 2Δs (N − 1)Δs

x

Normalenfläche in Richtung ϑ x0 Phasenfläche Abb. IV-1.6: Lineare Anordnung N gleichphasiger, kohärenter, punktförmiger Strahlungsquellen im Abstand d (hier: N = 7). Betrachtet wird die Strahlung im Winkel ϑ gegen die x-Richtung.

17 Ist die Frequenz der einfallenden Welle größer als die Eigenfrequenz des Valenzelektrons (= Außenelektron, Leuchtelektron), wie z.B. bei einfallender harter Röntgenstrahlung, dann wird die Ausbreitungsgeschwindigkeit im Medium (= Phasengeschwindigkeit) größer als die Vakuumlichtgeschwindigkeit und der Brechungsindex wird kleiner als 1.

17

1.1 Interferenz und Kohärenz

Diese Phasenfläche in x0 ist jetzt der Ausgangspunkt von Elementarwellen Q​1, Q​2 ... Q​N​ im Abstand d. Die Quellen sind kohärent, sie haben alle die gleiche Frequenz und sind phasenstarr gekoppelt, d. h., die Wellen interferieren. Wir untersuchen die Interferenz in Richtung ϑ gegen die x-Richtung (die Normale auf die Phasenfläche), in der alle ausgesandten Wellen in Phase sind. Die Wegdifferenz zwischen benachbarten (Sekundär-) Wellen ist Δs​ = d​ sin ​ϑ​ .

(IV-1.27)

Daraus ergibt sich die Phasendifferenz zu (Abschnitt 1.1.4, Gl. IV-1.23) Δφ​ = k​Δs​ = k​d​ sin ​ϑ​ =

2 π​ d​ sin ​ϑ​ . λ​

(IV-1.28)

Uns interessiert die Überlagerung aller Sekundärwellen der N Quellen QN auf der Länge D​ = N​ ⋅ d​ in Richtung ϑ, die sich im weit entfernten Punkt P schneiden. Die Amplituden an(rn) der in P ankommenden Teilwellen sind alle in guter Näherung gleich, wenn die betrachtete Emissionsfläche klein ist, d. h. wenn rn ≫ D. Für die Überlagerungswelle in P gilt dann mit a​n​ (r​n​ ) = a​ : N​

E​ (ϑ​) = ∑a​n​ e​ i​ (ω​t​ − k​rn​​ ) = a​ ⋅ e​ i​ (ω​t​ − k​r1​ ) + a​ ⋅ e​ i​ (ω​t​ − k​r2​ ) + ... + a​ ⋅ e​ i​ (ω​t​ − k​rN​​ ) = n​ = 1

= a​ ⋅ e​

i​ω​t​ −i​k​r1​ e​ {1

+ e​ i​k​ (r​1 − r​2 ) + e​ i​k​ (r​1 − r​3) + ... + e​ i​k​ (r​1 − r​N​ )} .

(IV-1.29)

Der Gangunterschied zwischen benachbarten Wellen beträgt (siehe Abb. IV-1.6) Δs​ = d​ sin ​ϑ​ = r​1 − r​2

(IV-1.30)

und für die anderen Wellen in Bezug auf die erste Teilwelle: r​1 − r​3 = 2 Δs​ ,

...

r​1 − r​N​ = (N​ − 1) Δs​ .

(IV-1.31)

Daraus ergibt sich für benachbarte Wellen die Phasendifferenz (im Vakuum gilt Δφ​ = k​Δx​ , siehe Abschnitt 1.1.4, Gl. IV-1.23) Δφ​ = k​d​ sin​ ϑ​ = k​Δs​ = k​ (r​1 − r​2 ) zwischen 1. und 2. Teilwelle, 2 Δφ​ = k​ (r​1 − r​3 ) zwischen 1. und 3. Teilwelle und so fort. Insgesamt erhalten wir so mit Phasendifferenzen statt Gangunterschieden für die Überlagerungswelle in P E​ (ϑ​) = a​ ⋅ e​

i​ω​t​ −i​k​r1​ e​ { 1 + e​ i​Δφ​ + e​ i​2Δφ​ + ... + e​ i​ (N​ − 1)Δφ​} . ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ geometrische Reihe

(IV-1.32)

18

1 Wellenoptik

Die Summe Sn der geometrischen Reihe in der geschwungenen Klammer ergibt une​ z​i​ − e​ −z​i​ ter Benützung von sin​ z​ = 2 i​

S​n​ =

e​ i​N​Δφ​ − 1 e​

i​Δφ​

=

−1

e​

i​

e​

i​

N​ N​ Δφ​ {e​ i​ 2 Δφ​ 2

− e​

1 1 Δφ​ {e​ i​ 2 Δφ​ 2

− e​

−i​

−i​

N​ Δφ​ } 2 1 Δφ​ } 2

= e​

i​

N​ − 1 2

Δφ​

N​ Δφ​ 2 . 1 sin​ Δφ​ 2

sin​

(IV-1.33)

Damit erhalten wir für die Überlagerungswelle in P

E​ (ϑ​) = a​e​

i​ω​t​ −i​k​r1​ i​

e​

e​

N​ Δφ​ 2 . 1 sin​ Δφ​ 2

sin​ N​ − 1 Δφ​ 2

(IV-1.34)

Jetzt betrachten wir nur die Randstrahlen r1, rN und den „mittleren Strahl“ rN/2 = R. rN

rN/2 = R

ϑ

N − 1 Δs _____ 2 r1

Abb. IV-1.7: Zur Vielstrahlinterferenz einer linearen Anordnung von N gleichphasigen, kohärenten, punktförmigen Strahlungsquellen. Nur die Randstrahlen r1, rN und der „mittlere Strahl“ rN/2 = R sind gezeigt.

ϑ (N − 1)⋅Δs

Für die Länge der mittleren Teilwelle gilt entsprechend Abb. IV-1.7 N​ − 1 Δs​ . 2

r​N​/​2 = R​ = r​1 −

Wir benützen das für das Produkt e​ −i​k​r1​ e​ rungsfeld im Punkt P:

e​ und erhalten so

−i​k​r1​ i​

e​

N​ − 1 2

Δφ​ ⏟⏟⏟⏟⏟ = k​ ⋅ Δs​

= e​ −i​k​r1​ e​

i​k​

i​

N​ − 1 2

N​ − 1 2

Δs​

Δφ​

(IV-1.35)

in der Gleichung für das Überlage-

= e​

−i​k​ (r​1 −

N​ − 1 2

Δs​)

= e​ −i​k​R​

(IV-1.36)

1.1 Interferenz und Kohärenz

N​ Δφ​ 2 i​ (ω​t​ − k​R​) , = A​ (ϑ​)e​ 1 sin​ Δφ​ 2

19

sin​ E​ (ϑ​) = a​ ⋅ e​

i​ (ω​t​ − k​R​)

(IV-1.37)

wobei sich die Amplitude der Feldstärke E(ϑ) mit dem Winkel ϑ ändert: N​ sin​ Δφ​ (ϑ​) 2 A​ (ϑ​) = a​ . Diese Gleichung für E(ϑ) werden wir bei der Behandlung des 1 sin​ Δφ​ (ϑ​) 2 Beugungsgitters in Abschnitt 1.2.6 benützen. 2 π​d​ Mit Δφ​ = k​ ⋅ d​ ⋅ sin​ ϑ​ = sin​ ϑ​ können wir die mit ϑ veränderliche Amplitude λ​ auch so schreiben: d​ sin​ ϑ​) λ​ . A​ (ϑ​) = a​ d​ sin​ (π​ sin​ ϑ​) λ​ sin​ (N​π​

2

(IV-1.38)

Für die Intensität I​ (ϑ​) = c​ε0​ 〈 |E​ (ϑ​) | 〉 in Richtung ϑ ergibt sich dann mit I​0 = c​ε0​ a​

N​ d​ 2 sin​ (N​π​ sin ​ϑ​) Δφ​) 2 λ​ I​ (ϑ​ ) = I​0 = I​0 1 d​ sin​ 2 ( Δφ​) sin​ 2 (π​ sin ​ϑ​) 2 λ​

2

2

sin​ (

(IV-1.39)

Winkelabhängigkeit der Intensität (einer linearen Anordnung von kohärenten Strahlungsquellen) bei Vielstrahlinterferenz.

Ist die Anzahl der Strahlungsquellen N groß, dann ändert sich der Term im Zähler rasch, während sich die modulierende Funktion im Nenner nur langsam mit dem Winkel ϑ verändert. Es ergeben sich daher scharfe Hauptmaxima an jenen Stellen, an denen der Nenner verschwindet, die durch sehr viele kleine Nebenmaxima getrennt sind (Abb. IV-1.8). Die Form dieser Intensitätsverteilung hängt aber stark vom Verhältnis des Abstands der Quellen d zur Wellenlänge λ der Strahlung ab (Abb. IV1.9).18

18 Das erste Nebenmaximums I(ϑ1) (erstes Maximum des Zählers nach dem Hauptmaximum) liegt Δφ​ 3 = π​. Seine Höhe ergibt sich aus Gl. (IV-1.39) zu bei N​ 2 2

20

1 Wellenoptik I(Δφ) 2

Imax = N I0

N = 20 I(Δφ) hängt nur von d/λ⋅sin ϑ = Δφ/2 π ab

0





0

λ/d

2 λ/d

Δφ Δφ λ sin ϑ = ___ ⋅ __ 2π d

Abb. IV-1.8: Vielstrahlinterferenz von 20 Wellenzügen als Funktion der Phasendifferenz Δφ, die durch Abweichung der Beobachtungsrichtung von der Normalen auf die Linienanordnung der Punktquellen entsteht. Für Δφ = 0, 2 π, …, 2 mπ, … folgt mit Hilfe der Regel von l’Hospital: 2 I​ (2 m​π​) = N​ I​0 (Gl. IV-1.42).

Wo liegen die Intensitätsminima? Der Zähler hat ein Minimum (siehe Gl. IV-1.39), N​ wenn Δφ​ = m​π​ , m ganz, während der Nenner nicht verschwindet. Das erste Mini2 2 π​ bzw. bei mum liegt also mit m = 1 bei Δφ​ = N​ sin ​ϑ​ =

λ​ 1 19 ⋅ . d​ N​

(IV-1.40)

Bis zum nächsten Hauptmaximum bei m = N (für Δφ gilt dann Δφ = 2 π) liegen also insgesamt N − 1 Nebenminima, zwischen denen N − 2 Nebenmaxima liegen.20

2

I​(ϑ​1) = I​0 sin​ (

3π​

)

2 ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ =1

/

/

2

/

3π​ 2 3π​ 2 2 2 2 sin​ ( ) ≅ I​0 ( ) = I​0 ⋅ N​ ⋅ 2 3 ⋅ π​ 2N​ 2N​

=



I​max​ ⋅

Gl. (IV − 1.43)

4 9 ⋅ π​

2

.

Das erste Nebenmaximum ist bei großem N stets ca. 22,2-mal kleiner als das Hauptmaximum. Die Δφ​ nächstfolgenden Nebenmaxima verkleinern sich wegen des um π wachsenden um die Faktoren 2 2 2 2 2 ( ) , ( ) , ... . 5 7 19 sin ϑ ≈ Δϑ = λ/(d ⋅ N) ist ca. die halbe Breite des Hauptmaximums (in rad). 20 Die wesentlich kleineren Nebenmaxima treten sehr nahe bei Maxima des Zählers auf, wenn der Nenner nicht verschwindet; sie verlieren bei großen Zahlen N der Quellen an Bedeutung (siehe Abb. IV-1.9, unteres Bild).

1.1 Interferenz und Kohärenz

21

I(θ) Imax = 104 I0 N = 100 d/λ = 100

−2,0

−1,5

−1,0

0,5

0

0,5

1,0

ϑ [°]

1,5

I(θ) Imax = 104 I0 N = 100 d/λ = 1

−2,0

−1,5

−1,0

0,5

0

0,5

1,0

1,5

2,0

ϑ [°]

I(θ) N = 105 d/λ > R1 λ Fresnel-Beugung

d __ ≈ R2 λ

2

2

S3 d λ: Ein Teil der Wellen wird in Richtungen θ ≠ 0 abgelenkt, es kommt zur Beugung mit beobachtbaren Nebenmaxima; λ​ b < λ: Für β​ = π​ wäre in diesem Fall sin ​θ​ = > 1 ⇒ I(θ) besitzt kein Minimum b​ mehr: Das zentrale Beugungsmaximum bei θ = 0 ist über den ganzen Halbraum hinter dem Spalt ausgedehnt, es ist keine Interferenzstruktur mehr sichtbar, der Spalt verhält sich wie eine Linienquelle, die Kreiswellen aussendet. Als Ergebnis unserer Untersuchung des Verhaltens elektromagnetischer Wellen beim Durchgang durch einen engen Spalt sehen wir: 1. Ohne Begrenzung des Wellenfeldes ergibt sich in isotropen Medien eine geradlinige Ausbreitung; 2. durch räumliche Begrenzungen der Wellenausbreitung ergeben sich Beugungserscheinungen, d. h. eine Winkelabhängigkeit der Intensität hinter der Öffnung, b​ der Breite b der Öffnung zur Wellenlänge λ abhängt die vom Verhältnis λ​ (Abb. IV-1.17).

Vielfaches m der Wellenlänge λ ist, dann interferieren also alle m Teilbündel destruktiv und damit auch das gesamte Parallelbündel.

35

1.2 Beugung an begrenzenden Öffnungen I(θ) I(0) 1

b/λ = 1/100 b/λ = 1/5

b=λ

b/λ = 10 b/λ = 1000

−40

−30

−20

−10

0

10

20

30

40

θ[°]

Abb. IV-1.16: Beugung am Spalt: Abhängigkeit der normierten Intensitätsverteilung am weit entfernten Beobachtungsschirm als Funktion des Beugungswinkels und vom Verhältnis der Spaltbreite b zur Wellenlänge λ.

λ

λ

b

λ

b

b

Abb. IV-1.17: Schematische Darstellung der Beugung an einer kleinen Öffnung: Je kleiner die Breite b der Öffnung im Vergleich zur Wellenlänge λ ist, desto stärker sind die Beugungseffekte, umso mehr „schaut das Licht um’s Eck“. Bei sehr großen Öffnungen (ganz links), gehen die einfallenden Planwellen gemäß dem Huygensschen Prinzip nahezu ungestört hindurch, nur in unmittelbarer Nähe zum Öffnungsrand zeigen sich Abweichungen von der geradlinigen Ausbreitung (Beugung an einer Kante).

36

1 Wellenoptik

1.2.5 Beugung am Doppelspalt Wir betrachten jetzt die Beugungserscheinungen, die zwei zueinander parallele Spalte (Doppelspalt) auslösen. Die Breite der beiden Spalte sei b, ihr Abstand a (Abb. IV-1.18). b

z

y P R θ

x a

Abb. IV-1.18: Zur Beugung am Doppelspalt in Fraunhofer-Näherung.

Werden die beiden Spalte von hinten mit Planwellen beleuchtet, dann stellt jetzt jeder der beiden Spalte stellt jetzt eine Linienquelle in y-Richtung dar und der gesamte Beitrag zum elektrischen Feld in Fraunhofer-Näherung ergibt sich so entsprechend Abschnitt 1.2.3, Gl. (IV-1.52) zu b​

a​ +

2

E​ =

b​

A​L​ A​L​ 2 ∫ F​ (y​)d​y​ + ∫ F​ (y​)d​y​ , R​ b​ R​ b​

− 2 ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ = E​1

(IV-1.66)

a​ − 2 ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ = E​2

wobei F​ (y​) = cos ​[ω​t​ − k​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ (R​ − y​ sin​ θ​) ] ; dabei entspricht r(y) dem früheren r​ (z​) der r​ ( y​)

kohärenten Linienquelle in z-Richtung (siehe Abschnitt 1.2.3, Gl. IV-1.52). Wir setzen wieder β​ =

k​b​ sin ​θ​ 2



Δ(sin ​θ​) =

2 λ​ Δβ​ = Δβ​ k​b​ π​b​

(IV-1.67)

1.2 Beugung an begrenzenden Öffnungen

37

und außerdem α​ =

k​a​ sin ​θ​ 2

Δ(sin ​θ​) =



2 λ​ 31 Δα​ = Δα​ . k​a​ π​a​

(IV-1.68)

2 α ist die Phasendifferenz zweier äquivalenter Strahlen beider Spalte, die unter dem Winkel θ austreten. Der Abstand von der Mitte des 1. Spalts zum sehr weit entfernten Beobachtungspunkt P ist R und ergibt daher einen Phasenbeitrag von 2 α​ und liefert −kR. Der Abstand der Mitte des 2. Spalts von P ist R​ − a​ sin​ θ​ = R​ − k​ einen Phasenbeitrag von (−k​R​ + 2 α​) . Da die Dimension der beiden Spalte und ihre Orientierung bezüglich R​⇀ identisch ist, besitzen sie die gleiche Amplitudenfunksin​ β​ tion (vgl. Gl. IV-1.59); nur der Phasenbeitrag des Abstandes R bzw. R​ − a​ sin​ θ​ β​ ist unterschiedlich. Deshalb ergibt die Integration der Gleichung für die Feldverteilung in Fraunhofer-Näherung die Summe E​ = b​

A​L​ sin ​β​ 32 [cos ​ (ω​t​ − k​R​) + cos ​ (ω​t​ − k​R​ + 2 α​)] . R​ β​

(IV-1.69)

α​ − β​ α​ + β​ cos ​ und cos (−α) = cos (α) 2 2 folgt somit für die Feldstärke E des Doppelspalts

Unter Verwendung von cos ​α​ + cos ​β​ = 2 cos ​

31 Wird später in Abschnitt 1.2.6 für den Abstand zweier Minima II. Klasse benötigt. 32 Das 2. Integral der elektrischen Feldstärke des Doppelspalts (E2 in Gl. a​ +

b​

a​ +

2

E​2 =

a​ −

2

F​(y​)d​y​ =



IV-1.66)

b​

b​

a​ −

2

cos ​[ω​t​ − k​(R​ − y​ sin ​θ​)]d​y​



kann

durch

die

Koordinatentransformation

b​ 2

y​ = υ​ + a​ , d​y​ = d​υ​ in das Integral des Einfachspalts (lineare Lichtquelle, siehe Abschnitt 1.2.3, Gl. IV-1.52) umgeformt werden: +

b​

+

2

E​2 =

∫ −

2

cos ​[ω​t​ − k​(R​ − (υ​ + a​) sin ​θ​)]d​υ​ =

b​

∫ −

cos ​[ω​t​ − k​( ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ R​ − a​ sin ​θ​

− υ​ sin ​θ​)]d​υ​ =

Abstand 2. Spalt − P​

b​ 2

b​ 2

=

∫ −

2 +

b​

b​ 2

cos ​[ ω​t​ − k​( [ [ [

R​ −

2 α​

k​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

Abstand 2. Spalt − P​

− υ​ sin ​θ​ )] d​υ​ . ] ] ]

Dies ist die Feldstärke eines Einfachspalts (siehe 1.2.3, Gln. (IV-1.52) und (IV-1.53) vor und nach Ausführen der Integration), der sich im Abstand R​ − a​ sin ​θ​ vom weit entfernten Aufpunkt P befin̅ ⇀). Die Feldstärke E = E1 + E2 des Doppelspalts ist also die Summe der Feldstärken det (daher R​⇀∥R​ zweier Einfachspalte, die eine Phasendifferenz Δφ = 2 α = 2 π (a ⋅ sin θ)/λ aufweisen.

38

1 Wellenoptik

E​ = 2 b​

A​L​ sin ​β​ cos ​α​ cos ​ (ω​t​ − k​R​ + α​) . R​ β​

(IV-1.70)

Quadriert und über einen längeren Zeitraum gemittelt 33 finden wir für die in Fraunhofer-Näherung beobachtbare Variation der Intensität beim Doppelspalt

I​ (θ​) = 4 I​0 (

Intensitätsverteilung bei der Beugung in Fraunhofer-Näherung (IV-1.71) am Doppelspalt.

sin ​ β​ 2 ) cos​ 2 α​ β​

1 A​ L​ 2 ( b) ​ die Intensitätsamplitude des Einfachspalts. Als Inten2 R​ sitätsvariation über den Beobachtungswinkel θ ergibt sich eine Funktion cos​ 2 α​ , sin​ β​ 2 ) moduliert wird (Abb. IV-1.19; vgl. die mit der schon bekannten Funktion ( β​ dazu Abb. IV-1.15). Dabei ist I​0 = ε​0 c​

I(θ) 4I0 1

Minima II. Klasse Minima I. Klasse

−40

−30

−20

−10

0

10

20

30

40

θ[°]

Abb. IV-1.19: Intensitätsverteilung am Doppelspalt mit a = 5 b in Fraunhofer-Näherung: Normierte Intensität als Funktion des Beugungswinkels θ (blau); die Einhüllende (schwarz) ist der Intensitätsverlauf des Einfachspalts.

2

33 〈cos​ (ω​t​ − k​R​ + α​)〉 =

1 2

39

1.2 Beugung an begrenzenden Öffnungen

In der Richtung θ​ = 0 für die β​ = α​ = 0 gilt, ist die beobachtete Intensität I​ (0) = 4 I​0 . Wo liegen die zusätzlichen Intensitätsminima des Beugungsbildes („Minima II. Klasse“) beim Doppelspalt? Dafür muss gelten cos​ 2 α​ = 0 ;

das ist erfüllt für α​ = ± gibt sich mit α​ =

(IV-1.72)

π​ 3 π​ 2 m​ + 1 ,± , ..., π​ mit m​ = 0, ±1, ±2, ±3, ... . Daraus er2 2 2

2 π​ ⋅ a​ 2 m​ + 1 k​a​ sin​ θ​II = sin​ θ​II = π​ : 2 2 ⋅ λ​ 2

sin ​θ​ II = (2 m​ + 1)

λ​ 2 a​

m​ = 0, ±1, ±2, ... .

(IV-1.73)

Minima II. Klasse beim Doppelspalt, verursacht durch den cos2-Term.

Die Minima I. Klasse, verursacht durch die Amplitudenfunktion

sin​ β​ des Einfachβ​

spalts, liegen bei

sin ​θ​ I =

m​λ​ , b​

m​ = ±1, ±2, ±3, ...

(IV-1.74) 2

Minima I. Klasse beim Doppelspalt, verursacht durch den (

sin ​ β​ ) -Term β​

(siehe Abschnitt 1.2.4, Gl. IV-1.62). Im Allgemeinen ist a > b, d. h. θI > θII , die Minima II. Klasse liegen daher enger als die der I. Klasse. Beachte auch: Die Winkel θI und θII der Minima I. und II. Klasse sind nicht äquidistant!

40

1 Wellenoptik

1.2.6 Beugung am Vielfachspalt (Beugungsgitter) Wir betrachten N lange, gleich schmale, parallele Spalte der Breite b im Abstand a (Gitterkonstante).

b z y

P R θ

x

a Abb. IV-1.20: Beugung am Vielfachspalt. Spaltbreite: b; Spaltabstand (Gitterkonstante): a. Im weit entfernten Punkt P überlagern sich die Kreiswellen (Zylinderwellen für lange Spalte) aller als lineare Lichtquellen in y-Richtung angesehenen Spalte.

Wir legen den Ursprung des Koordinatensystems in die Mitte des ersten Spalts und summieren die Elementarwellen, die von den einzelnen Spalten stammen, im weit entfernten Punkt P (Abb. IV-1.20): b​ ∕ 2

E​ =

a​ +

b​ 2

2 a​ +

b​ 2

A​L​ A​L​ A​L​ A​L​ ∫ F​ (y​)d​y​ + ∫ F​ (y​)d​y​ + ∫ F​ (y​)d​y​ + ... + R​ − b​ ∕ 2 R​ R​ R​ b​ b​ a​ −

2

2 a​ −

2

(N​ − 1)a​ +

b​ 2

F​ (y​)d​y​ ,

∫ (N​ − 1)a​ −

b​ 2

(IV-1.75) Damit die Fraunhofer-Näherung wieder erfüllt ist, muss die gesamte Anordnung der Spalte räumlich klein sein und die Näherung r​ ( y​) = R​ − y​ sin​ θ​ für alle Spalte gelten; dann ist F​ (y​) = cos ​[ω​t​ − k​ (R​ − y​ sin ​θ​)] .

(IV-1.76)

1.2 Beugung an begrenzenden Öffnungen

41

Das analoge Problem der Interferenz von N Punktquellen mit einer Phasendifferenz Δφ benachbarter Quellen wurde schon in Abschnitt 1.1.5 behandelt. Es ergab sich als Feldstärke E im großen Abstand R von der mittleren Quelle mit a als der N​ sin​ Δφ​ 2 Schwingungsamplitude jeder Einzelquelle (Gl. IV-1.37) E​ = a​ ⋅ e​ i​ (ω​t​ − k​R​) 1 sin​ Δφ​ N​ sin​ Δφ​ 2 2 . Im vorliegenden Fall ist Δφ​ = 2 α​ (mit bzw. E​ = a​ ⋅ cos ​ (ω​t​ − k​R​) 1 sin​ Δφ​ 2 k​a​ sin​ θ​); die Schwingungsamplitude in jedem Spalt hängt von der Ausstrahα​ = 2 k​b​ lungsrichtung θ ab und beträgt mit β​ = sin​ θ​ nach Abschnitt 1.2.3, Gl. (IV-1.55) 2 A​L​ sin​ β​ D​ . Damit folgt für die gesuchte Intensität in der Richtung θ : a​ = R​ β​ 2

2 I​ (θ​) = ε​0 c​〈E​ 〉 =

2

2

1 A​ L​ sin ​ β​ sin ​ N​α​ 34 ( D​) ⋅ ε​0 c​ ⋅ ( ) ⋅( ). 2 R​ β​ sin ​α​

(IV-1.77)

⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ I​0

Die Intensitätsverteilung beim Vielfachspalt (Gitter) ergibt sich somit zu: 2

I​ (θ​) = I​0 (

2

sin ​ β​ sin ​ N​α​ )( ) β​ sin ​α​

Intensitätsverteilung beim Vielfachspalt (Gitter) in Fraunhofer-Näherung.

(IV-1.78)

Dabei sind sowohl α als auch β Funktionen des Ausstrahlungswinkels θ. I0, der erste Faktor in der obigen Formel, ist die Strahlungsintensität der einzelnen Spalte in Richtung θ​ = 0 . Die Anwendung der l’Hospitalschen Regel (siehe Abschnitt 1.1.5) sin​ N​α​ sin​ β​ % 1 für β​ % 0 und % N​ für α​ % 0 und damit für die Intensität ergibt β​ sin​ α​ I(0) in Richtung senkrecht zur Spaltebene 2 I​ (0) = N​ I​0 .

(IV-1.79)

Die beiden anderen Faktoren beschreiben die Intensitätsverteilung der Beugung am Einfachspalt und das Zusammenwirken der N Spalte. Setzt man N = 2 (Doppelspalt), so erhält man mit sin​2 α​ = 2 sin​ α​ cos ​α​ wieder (Abschnitt 1.2.5, Gl. IV-1.71)

34 Zur Herleitung siehe auch Abschnitt 1.2.7 (Fouriertransformation), Fußnote 45 oder z. B. E. Hecht, Optik, de Gruyter 2014, Abschnitt 10.2.3.

42

1 Wellenoptik 2

I​ = I​0 (

2

2

sin ​ β​ 2 sin ​ α​ cos ​α​ sin ​ β​ )( ) = 4 I​0 ( ) cos​ 2 α​ . β​ sin ​α​ β​

Die Abb. IV-1.21 weiter unten zeigt die einzelnen maßgebenden Funktionen, die an der Intensitätsverteilung bei einem 6-fach-Spalt (N​ = 6) mit a​ = 5 b​ beteiligt sind: 2 2 der schnell variierende Zähler sin​ N​α​ , der langsam variierende Nenner sin​ α​ und 2 sin​ N​α​ mit ihren Haupt- und Nebenmaxima, die sich daraus ergebende Funktion 2 sin​ α​ die mit der dazu langsam veränderlichen Intensitätsverteilung des einzelnen sin​ 2 β​ Spalts moduliert wird (Abb IV-1.21). β​ 2 Wo liegen die Intensitätsminima (Dunkelstellen)? Offensichtlich bleiben die Nullstellen des Einfachspalts, das sind die Nullstellen des zweiten Faktors sin​ β​ 2 ) , erhalten („Minima I. Klasse“); durch weitere Spalte entsteht dort keine β​ sin​ N​α​ 2 ) ergeben sich jedoch dunkle Streifen an Helligkeit. Durch den Faktor ( sin​ α​

(

Stellen der Helligkeit beim Einfachspalt („Minima II. Klasse“) und es gilt: 1

Je mehr Spalte, desto mehr dunkle Streifen im Beugungsbild. Wie beim Fall der früher untersuchten Vielstrahlinterferenz (Abschnitt 1.1.5) treten die Hauptmaxima auf, wenn sin​ α​ = 0 und damit ( für α​ =

sin​ N​α​ ) = N​ wird; das ist erfüllt sin​ α​

k​a​ sin​ θ​ = m​ ⋅ π​ , d. h.: 2

a​ ⋅ sin ​θ​ = m​λ​ ,

m​ = 0, ±1, ±2, ...

Hauptmaxima beim Gitter.

(IV-1.80)

Das 1. Hauptmaximum liegt also bei α = Nπ/N = π, die weiteren folgen bei α = k ⋅ π, k = 2, 3, ... . sin​ N​α​ 2 ) = 0 wird; das ist der Die Minima II. Klasse erhält man, wenn ( sin​ α​ m​π​ Fall für N​α​ = m​π​ bzw. α​ = mit m = ±1, ±2, ±3, … . Damit ergeben sich die zusätzliN​ chen Minima bei α​ =

m​π​ π​ 2 π​ (N​ − 1)π​ (N​ + 1)π​ = ± , ± , ..., ± ,± , ... . N​ N​ N​ N​ N​

(IV-1.81)

1.2 Beugung an begrenzenden Öffnungen 2

(sin Nα) 1

0

α 1

0

2

3

4

5

6

7

8

2

3

4

5

6

7

8

2

(sin α) 1

0

N

1

( ) sin Nα sin α

2

α

2

1. Hauptmaximum

2. Hauptmaximum

Minimum II. Klasse

Nebenmaximum

0 1

0

2

( )( ) 2

N

sin β sin Nα ⋅ β sin α

2

3

4

5

6

θ[°]

2

(blaue Kurve)

( ) sin β β

2

Δ(θ) ≈ λ/a

δ(θ) ≈

λ N⋅a

zum Minimum I. Klasse

0 0

1

λ ≈ N⋅a

2 2λ ≈ N⋅a

3

4

5

6

θ[°]

Abb. IV-1.21: Intensitätsverteilung für einen 6-fach-Spalt (N = 6), a/λ = 25, sin θ ≅ θ.

43

44

1 Wellenoptik

N​π​ 2 N​π​ = π​ , = 2 π​ , … wurden in Gl. (IV-1.81) weggelassen, da sich dort N​ N​ π​ ja Hauptmaxima befinden. Der Abstand zweier Minima II. Klasse beträgt δ​α​ = N​ λ​ λ​ λ​α​ bzw. δ​ (sin​ θ​) = δ​α​ = (siehe Abschnitt 1.2.5, Gl. IV-1.68). Mit sin​ θ​ = und π​ ⋅ a​ N​a​ π​ a​ dem obigen Wert für α liegen die Minima deshalb an den Stellen (ausgenommen m​ = ±N​, ±2 N​, ...) Die Werte 0,

sin ​θ​ = m​

λ​ N​ ⋅ a​

m​ = ±1, ±2, ...

Minima II. Klasse beim Gitter.

(IV-1.82)

sin​ N​α​ liegen bei sin​ α​ = 0 und damit bei α​ = ±m​π​ sin​ α​ (m​ = 0, 1, 2, ...); der Abstand zweier Hauptmaxima beträgt Δα​ = π​ bzw. Δ(sin​ θ​) = λ​ λ​ Δα​ π​ Δα​ = , daher liegen zwischen zwei Hauptmaxima p​ = −1= −1= π​ ⋅ a​ a​ δ​α​ π​ ∕ N​ λ​ N​ − 1 Minima II. Klasse. Die Hauptmaxima haben also den Abstand Δ(sin​ θ​) = , a​ λ​ λ​ d. h. Δ(θ​) = arcsin​ ≈ , voneinander und liegen zwischen zwei benachbarten a​ a​ λ​ λ​ = cos θ​ ⋅ δ​θ​ , d. h. δ​ (θ​) ≈ , entfernt Minima II. Klasse, von denen sie δ​ (sin​ θ​) = N​a​ N​a​ sind (die Näherungswerte gelten jeweils für kleine θ). Dies ist auch in Abb. IV-1.21 (N = 6) im untersten Bildteil (blaue Kurve) zu erkennen. Die Hauptmaxima von

Beugungserscheinungen an kreisförmigen Lochblenden sind für optische Instrumente wichtig. Zur Intensitätsverteilung bei der Beugung an einer kreisrunden Apertur35 siehe Anhang 2.

1.2.7 Fourier-Optik Wir wollen zunächst den Zusammenhang zwischen der Phasenänderung Δφ einer auf die Horizontalebene einfallenden ebenen Welle längs einer in dieser Ebene liegenden Geraden AB und dem Ausstrahlungswinkel ϑ der von einer Punktquelle emittierten Strahlung untersuchen und damit das Reziprozitätsprinzip (siehe weiter unten) erläutern. Dazu betrachten wir eine punktförmige Lichtquelle S im Unendlichen, die ebene Wellen auf eine unendlich ausgedehnte Ebene normal zur Verbin-

35 Von apertus (lat.): offen, geöffnet; bezeichnet die freie Öffnung in einer sonst undurchsichtigen Fläche (Platte), durch die Licht (elektromagnetische Strahlung) hindurchtreten kann.

45

1.2 Beugung an begrenzenden Öffnungen

dungslinie zu S (zur Zeichenebene projizierend) aussendet (Abb. IV-1.22). S könnte z. B. ein Stern sein, der im Zenit steht und dessen Licht normal auf eine die Erdoberfläche tangierende Ebene (Horizontalebene) fällt. S, im Unendlichen



ϑ = ∠ (OS,n0 ) = 0 ΔφOO′ = 0



k



n0

A

O

Wellenfronten

O′

B

Abb. IV-1.22: Eine punktförmige Lichtquelle S befindet sich im Unendlichen und sendet ebene Wellen auf eine unendlich ausgedehnte Ebene normal zur Verbindungslinie zu S aus.

̄ Beobachter in den Punkten O und O′ auf der Linie A​B​ der Horizontalebene stellen fest: Die Quelle S emittiert Strahlung, deren Intensität für die beiden Punkte auf ̄ ist. Das gilt für alle Punkte auf der Linie A​B​. ̄ A​B​ gleich Bei gleichzeitiger Messung in O und O′ stellt er außerdem fest, dass die empfangene Strahlung die gleiche Phase hat (Δφ​O​O​′ = 0). Das ist offensichtlich, da alle ̄ der Ebene der Phasenfläche der Strahlung liegen, wenn Punkte auf der Linie A​B​ in ̄ 0 ) = 0). sich S im Unendlichen befindet (ϑ​ =∠(O​S​,n​⇀ ̄ der Quelle S zum BeWir nehmen jetzt an, dass die Verbindungslinie S​O​von obachter im Punkt O einen Winkel ϑ mit der Normalen auf die Linie AB bildet (Abb. IV-1.23). ̄ gleiche Da S sehr weit entfernt ist, stellt der Beobachter auf der Linie A​B​ wieder Intensität an allen Punkten fest. Bei gleichzeitigen Messungen in O und O′ findet er aber jetzt eine Phasendifferenz, die durch die Wegdifferenz (den Gangunterschied) ̄ O​′C​ entsteht. Bleibt der Ort S der Strahlungsquelle, also der Winkel ϑ fix, so ändert sich die Phasendifferenz Δφ​O​O​′ zwischen O und O′ bei Änderung der Entfernung ̄ O​O​′ proportional mit O​O​′ , ̄ wobei die Proportionalitätskonstante eine Funktion von sin​ ϑ​ , für kleine Winkel also von ϑ, und der Wellenlänge λ ist: 2 π​ Δφ​O​O​′ = k​ ⋅ (O​O​′)⋅ ̄sin ​ϑ​ = ⋅ (O​O​′)⋅̄ sin ​ϑ​ . λ​

(IV-1.83)

46

1 Wellenoptik

S, im Unendlichen



Wellenfronten

k



n0



ϑ = ∠ (OS,n0 ) ≠ 0 ϑ ϑ A

ΔφOO′ = 2π

ϑ

O

C O′

OO′⋅sin ϑ λ

B

Abb. IV-1.23: Die Verbindungslinie von der Quelle S zum Beobachter im Punkt O auf der Linie A​B​ ̄ bildet einen Winkel ϑ mit der Normalen auf die Linie A​B​. ̄

̄ Wellenlängen λ, so wird die beobachtete PhasendifMessen wir die Distanz O​O​′ in ̄ in λ-Einheiten) bestimmt: Je ferenz durch ϑ und die Entfernung O​O​′ (gemessen ̄ umso größer ϑ wird, umso mehr Wellenlängen liegen in der Wegdifferenz O​′C​ und rascher wächst die Phase bei Veränderung der Distanz O​O​′ , ̄ wenn der Beobachter ̄ Ganz analog wächst die Phase bei gegebener Ententlang von A​B​ dahinschreitet. ̄ fernung O​O​′ , wenn der Winkel ϑ sich verändert. Die Amplitude, und damit die Intensität der Strahlung, bleibt wegen der unendlich großen Entfernung von S in beiden Fällen gleich. Kann bei optischen Prozessen, wie im vorliegenden Fall, die Absorption vernachlässigt werden und tritt auch keine Veränderung des Polarisationszustands der Strahlung auf, dann gilt das Reziprozitätsprinzip: In Erweiterung der Aussagen von Helmholtz (Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz, 1821–1894) und Lord Rayleigh36 durch Lorentz37 besagt es, dass die Beziehung zwischen einer Stromschwingung an einem bestimmten Ort (sie erfolgt hier am Ort S) und einem daraus folgenden elektromagnetischen Feld an einem anderen Ort (Messpunkt) unverändert bleibt, wenn man die Punkte vertauscht, an denen die Stromschwingung und die Messung der elektrischen Feldstärke erfolgen. Es besteht also eine Symmetrie der Wellenausbreitung elektromagnetischer Strahlung, wenn man die Strahlungsquelle und den Beobachter (z. B. Detektormessung am Schirm) austauscht. Dieses

36 John William Strutt, 3. Baron Rayleigh, 1842–1919. Für seine Untersuchung der Dichte der wichtigsten Gase und für seine Entdeckung von Argon in diesem Zusammenhang erhielt er 1904 den Nobelpreis für Physik. 37 Hendrik Antoon Lorentz, 1853–1928. Für seine außerordentlichen Leistungen bei der Untersuchung des Einflusses des Magnetismus auf die Eigenschaften der elektromagnetischen Strahlung in Materie erhielt er 1902 zusammen mit Pieter Zeeman den Nobelpreis für Physik.

1.2 Beugung an begrenzenden Öffnungen

47

Prinzip ist die Basis für ein grundlegendes Axiom der „geometrischen Optik“ (siehe Kapitel „Geometrische Optik“, Abschnitt 2.1.1), der Umkehrbarkeit des Strahlenganges (Umkehrungsprinzip). In diesem Sinne kehren wir jetzt den Strahlengang in unserem obigen Beispiel ̄ der sehr weit entfernten punktförmigen Lichtquelle um: Eine Linie A​B​ emittiere elektromagnetische Strahlung (Licht) mit konstanter Amplitude und einer mit ϑ ̄ ansteigenden Phase auf ihrer gesamten Länge. Dann beleuchtet die Linie A​B​ den ̄ Punkt S im Unendlichen, wenn er in der Richtung ϑ zu A​B​ liegt. ̄ ihre Länge zwar Licht konstanter Intensität, aber mit Wenn die Linie A​B​ über einer ansteigenden Schwingungsphase emittiert, ergibt sich folgende Situation: Nur im Punkt S, der sich jetzt in einer Richtung befindet, die um einen gewissen ̄ ist, erfolgt in Übereinstimmung mit Winkel ϑ gegen die Normale auf A​B​ geneigt dem Reziprozitätsprinzips konstruktive Interferenz der von allen Punkten von A​B​ ̄ ̄ ausgesandten Wellen! Wenn sich die Phase entlang A​B​ rascher ändert, so rückt ̄ der Punkt S weiter von der Normalen auf A​B​ ab, er nähert sich aber dieser, wenn die Phasenänderung langsamer wird. Zwischen der Verteilung der Phasen und Amplituden der elektromagnetischen ̄ der elektromagnetischen Feldverteilung in Strahlung entlang der Linie A​B​ und Fernfeldnäherung in Richtung S als Funktion des Sinus des Winkels ϑ zwischen ̄ der Strahlungsrichtung, besteht eine wechselseitige Beziehung: Offenbar A​B​ und kann man die Verteilung der Intensität in weiter Entfernung als Funktion eines Winkels in eine zugehörige Verteilung der Phase und Amplitude entlang einer Linie transformieren, wobei die Linie in Wellenlängen gemessen wird. Ein analoges, allgemeineres Beispiel dafür ist die Vielstrahlinterferenz (siehe Abschnitt 1.1.5), bei der auch die Schwingungsphase entlang einer Linie variiert (mit ϑ ansteigt) und daraus eine mit ϑ veränderliche Ausstrahlung resultiert. Erinnern wir uns jetzt an die Fouriertransformation (siehe Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.1.3). Wenn eine periodische Funktion f​ (t​) = f​ (t​ + T​) gegeben ist, so gilt nach dem Fourierschen Theorem, dass diese Funktion sich in eine Summe rein harmonischer Schwingungen zerlegen lässt (Fourierentwicklung) + ∞​

f​ (t​) =

∑ c​ne​​ i​n​ω1​ t​

Fourierreihe,

(IV-1.84)

n​ = −∞​

mit ω​1 =

2 π​ und T​

c​n​ =

1 t​ + T​ −i​n​ω1​ t​ ∫ f​ (t​)e​ d​t​ T​ t

Fourierkoeffizient.

(IV-1.85)

48

1 Wellenoptik

Die Fourierkoeffizienten cn sind die Amplituden der harmonischen Schwingungen, in die zerlegt wurde. Nach dem Fourierschen Integraltheorem kann die Zerlegung auf nicht-periodische Funktionen erweitert werden: Für eine (zunächst) endliche Periodendauer T der Grundschwingung ω1 gilt

ν​1 =

1 ω​1 = T​ 2 π​

(IV-1.86)

mit einem Frequenzabstand im Summenausdruck der Fourierreihe

Δω​ = (n​ + 1)ω​1 − n​ω1​ = ω​1 =

2 π​ T​

bzw.

1 Δω​ = . T​ 2 π​

(IV-1.87)

Jetzt dehnen wir die Periodendauer aus und lassen T​ % ∞​ gehen: T​ =

2 π​ % ∞​ ω​1



ω​1 % 0 .

(IV-1.88)

Dann geht das endliche Δω​ % 0 und so in das differentiell kleine d​ω​ über; im Fourierkoeffiizient cn gilt dann 1 d​ω​ % . T​ 2 π​

(IV-1.89)

Die Frequenzen n ⋅ ω1 der Fourierzerlegung liegen jetzt unendlich dicht, sodass n ⋅ ω1 zu einer kontinuierlichen Variablen wird, also n​ ⋅ ω​1 % ω​ .

(IV-1.90)

1 d​ω​ = T​ 2 π​ ein, dann geht cn in die kontinuierliche Spektralfunktion F(ω) über und die Summe über n für f(t) in das Integral über dω.38 Damit erhalten wir für die Darstellung der nicht-periodischen Funktion f(t) die inverse Fouriertransformierte der Spektralfunktion F(ω), das Fourierintegral: Setzen wir in der Fourierreihe für cn die obigen Beziehungen n​ω1​ = ω​ und

38 Siehe dazu E. W. Schpolski, Atomphysik, Band 1, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1968, S. 200.

49

1.2 Beugung an begrenzenden Öffnungen

+∞​

+∞​

f​ (t​) = ∫ F​ (ν​)e​ i​ 2 π​ν​t​ d​ν​ = −∞​

1 i​ω​t​ −1 ∫ F​ (ω​)e​ d​ω​ = ℱ​ {F​ (ω​)} 2 π​ −∞​

(IV-1.91)

Fourierintegral von f(t) = inverse Fouriertransformierte der Spektralfunktion F(ω), mit der Spektralfunktion der nicht-periodischen Funktion f(t) +∞​

F​ (ω​) = ∫ f​ (t​) e​ −i​ω​t​ d​t​ = ℱ​{f​ (t​)}

(IV-1.92)

−∞​

Fouriertransformierte von f(t),39 der nicht-periodischen Ausgangsfunktion. −1 F​ (ω​) = ℱ​{f​ (t​)} ist die Fouriertransformierte von f​ (t​) , f​ (t​) = ℱ​ {F​ (ω​)} ist die inverse Fouriertransformierte von F​ (ω​) . f​ (t​) und F​ (ω​) sind ein Fouriertransformationspaar. Ist f keine Funktion der Zeit, sondern eine Funktion des Ortes, so lassen wir

t​ in x​

und

ω​ in k​x​



T​ in λ​

übergehen und erhalten als Fouriertransformation +∞​

f​ (x​) =

1 i​kx​ ​ x​ ∫ F​ (k​x​ ) e​ d​k​ = ℱ​ −1{F​ (k​x​ )} 2 π​ −∞​

(IV-1.93)

Fourierintegral, inverse Fouriertransformierte von F(kx),40 +∞​

F​ (k​x​ ) = ∫ f​ (x​) e​

−i​kx​ ​ x​

d​x​ = ℱ​{f​ (x​)}

(IV-1.94)

−∞​

Fouriertransformierte von f(x), Spektralfunktion. −1 Das Fouriertransformationspaar sind jetzt f​ (x​) = ℱ​ {F​ (k​x​ )} und F​ (k​x​ ) = ℱ​{f​ (x​)} , −1 wobei F(kx) die Fouriertransformierte von f​ (x​) und f​ (x​) = ℱ​ {F​ (k​x​ )} die inverse Fouriertransformierte von F​ (k​x​ ) ist.41

39 F(ω) wird als Spektralfunktion von f(t) bezeichnet, da F(ω)dω die differentielle Amplitude des i​ω​t​ Schwingungsterms e​ in der Integraldarstellung von f(t) bedeutet, also einen Teil des Spektrums bei der Frequenz ω darstellt. 1 40 Wenn an Stelle von ω und k als Veränderliche ν und 1/λ verwendet werden, tritt der Faktor π​ 2 1 nicht auf. Oft wird zur symmetrischen Aufteilung auch der Faktor für das Fourierintegral (an √2 π​ 1 Stelle des Faktors ) und für die Fouriertransformierte (an Stelle des Faktors 1) verwendet. 2 π​ 41 kx ist die Komponente des Wellenvektors k​⇀in x-Richtung der zum Beobachtungspunkt ausgestrahlten Welle, d. h. k​x​ = k​ ⋅ sin ​ϑ​ .

50

1 Wellenoptik −1

E(x) =

{E(kx)}

E(kx) =

E(x) = c⋅δ(x)

{E(x)}

E(kx ) = c

c

x

−∞

0

+∞

0

kx

sin ϑ

Abb. IV-1.24: Fouriertransformationspaar: Punkt (Delta-Funktion, links) und unendlich ausgedehnte Linie im k-Raum („Spektrum“, rechts).

Wir kommen jetzt zum Zusammenhang der Fouriertransformation mit dem vorherigen Beispiel, bei dem eine weit entfernte Punktlichtquelle eine Linie mit konstanter Intensität beleuchtete bzw. in der Umkehrung eine strahlende Linie einen weit entfernten Punkt. Zwischen strahlendem Punkt und konstant beleuchteter Linie vermittelt die Fouriertransformation entsprechend Abb. IV-1.24.42, 43 Entsprechend ergibt sich aus der Verteilung von Amplitude und Phase der elektrischen Feldstärke E(x) im Einfachspalt mit Hilfe der Fouriertransformation die Verteilung der Feldstärke als Funktion des Winkels θ am Beugungsschirm (Abb. IV-1.25):44

42 Weiter unten wird allgemein gezeigt, dass die Feldverteilung im Beugungsbild eines mit der Aperturfunktion beleuchteten Spalts gleich der Fouriertransformierten der Aperturfunktion ist. +∞​

43 Mit der δ-Funktion (δ​(x​) = ∞​ für x​ = 0 , δ​(x​) = 0 für x ≠ 0 und

∫ δ​(x​)d​x​ −∞​

−1

E(kx) in diesem Fall so angegeben werden: E​(x​) = ℱ​ {E​(k​x)} = c​ ⋅ δ​(x​) . Mit ​ E​(k​x)​ = ℱ​{E​(x​)} = ℱ​{c​ ⋅ δ​(x​)} = c​ ∫ δ​(x​) ⋅ e​ −1

−i​kx​ ​ x​

d​x​ = c​ ⋅ e​

−i​kx​ ​ = 0 ⋅0

= f​(0) gilt:

= c​ (c = Konstante) . Umgekehrt gilt:

+∞​

1 i​kx​ ​ x​ ∫ e​ d​kx​​ 2 π​ −∞​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

−1

E​(x​) = ℱ​ {E​(k​x​)} = ℱ​ {c​} = c​ ⋅

∫ δ​(x​)f​(x​)d​x​ −∞​

+∞​

−∞​

= 1) können E(x) und

+∞​

= c​ ⋅ δ​(x​). Siehe dazu z. B. F. Reif, Grundlagen der

= δ​(x​), Integraldarstellung der δ​ − Funktion

Physikalischen Statistik und der Physik der Wärme, de Gruyter 1976, Anhang 7 (Diracsche Deltafunktion). 44 Mit E​(x​) = c​ (c = Konstante) für |x​ | ≤ b​/​2 und E​(x​) = 0 für |x​ > b​/​2 | sowie kx = k ⋅ sin θ gilt +

E​(k​x​) = ℱ​{E​(x​)} = c​ ⋅

b​ b​

2

+∞​

∫ E​(x​) ⋅ e​

−i​kx​ ​ x​

d​x​ = c​ ∫ e​

−∞​



−i​kx​ ​ x​

b​

d​x​ =

b​

+ i​kx​ ​ ) c​ ( −i​kx​ ​ 2 2 = − e​ e​ −i​kx​​

2

sin ( ​ =

2 c​ k​x​

sin ​(

k​x​ b​ 2

) = c​ ⋅ b​ ⋅

π​b​ sin ​θ​) λ​

π​b​ sin ​θ​ λ​

sin ​β​ c​ ⋅ b​ ⋅ = β​ ⏟ mit Gl. (IV-1.61)

Vergleiche mit der Formel für die Beugung am Einfachspalt in 1.2.4, Gl. (IV-1.59)!

51

1.2 Beugung an begrenzenden Öffnungen E(kx) =

E(x)

{E(x)}

c⋅b

c x

0

kx

0

sin θ

2 π/b

b

Abb. IV-1.25: Fouriertransformationspaar: Verteilung der elektrischen Feldstärke im beugenden Spalt (links) und am Beugungsschirm als Fouriertransformierte von E(x) (rechts). Vergleiche mit Abb. IV-1.15 in Abschnitt 1.2.4, in der aber I ∝ E2 aufgetragen ist. Hier und in Abb. IV-1.25 ist x die Koordinate längs der Spaltbreite b, im Gegensatz zu den Abbn. IV-1.14, IV-1.18 und IV-1.20. kx ist also die Komponente von k​⇀in der Spaltrichtung, senkrecht zum Rand des Spalts.

Vergleiche hierzu auch das Beispiel ‚Beugung am Spalt‘ weiter unten. Für den Vielfachspalt ergibt sich für die Feldverteilungen (Abb. IV-1.26):45 E(kx) =

E(x)

0

0

x

b

{E(x)}

kx

sin θ

2π/b

a

2π/a

Abb. IV-1.26: Fouriertransformationspaar: Verteilung der elektrischen Feldstärke im beugenden Vielfachspalt (links) und am Beugungsschirm (rechts). Vergleiche mit Abb. IV-1.21 in Abschnitt 1.2.6, in der aber I ∝ E2 aufgetragen ist. Im Falle der „Kammfunktion“ (siehe Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, Anhang 2, Synchrotronstrahlung) ist b äußerst schmal und daher 2 π/b sehr groß, sodass die Spektralfunktion E(kx) aus gleich hohen Spitzen im Abstand 2 π/a besteht, die allerdings wegen apparativer Unvollkomenheiten miteinander zu einer glatten Spektralfunktion verschmelzen.

45 Mit E​(x​) = c​ für |x​ | ≤ +

b​ 2

+ m​a​ , m = 0, 1, 2, …, N − 1 und E​(x​) = 0 sonst gilt:

b​

[ 2 [ [ −i​kx​ ​ x​ [ E​(k​x​) = ℱ​{E​(x​)} = c​ ⋅[ ∫ e​ d​x​ + [ [ [ [ b​ −

+

b​

+

+ a​

2

b​

+ (N​ − 1)a​

2

∫ −

b​

e​

+ a​

−i​kx​ ​ x​

d​x​ + ... +

2 [ 2 x​ = u​ + m​a​ , m = 0, 1, 2, …, N − 1 und d​u​ = d​x​ folgt

∫ −

b​ 2

e​

+ (N​ − 1)a​

−i​kx​ ​ x​

] ] ] ] d​x​] ] ; mit der Transformation ] ] ] ]

52

1 Wellenoptik

Wir wollen jetzt den Zusammenhang zwischen der Feldverteilung in einer beugenden Apertur und der Feldverteilung im Beugungsbild am weit entfernten Schirm berechnen. Die obigen Darstellungen dieser Beziehungen für den beugenden Spalt und den Vielfachspalt (Abbn. IV-1.25 und IV-1.26) sind eindimensional. Im Allgemeinen sind aber diese Feldverteilungen zweidimensional und erfordern daher eine zweidimensionale Fouriertransformation.

f​ (x​,y​) = ℱ​ −1{F​ (k​x​ ,k​y​ )} =

+∞​ +∞​

1

∫ ∫ F​ (k​x,k​ ​ y​ )e​

2

(2 π​ )

i​ (k​x​ x​ + k​y​ y​)

d​kx​ ​ d​ky​ ​

(IV-1.95)

−∞​ −∞​

zweidimensionales Fourierintegral, inverse Fouriertransformierte +∞​ +∞​

F​ (k​x,k​ ​ y​ ) = ℱ​{f​ (x​,y​)} = ∫ ∫ f​ (x​,y​)e​

−i​ (k​x​ x​ + k​y​ y​)

d​x​d​y​

(IV-1.96)

−∞​ −∞​

zweidimensionale Fouriertransformierte. kx,ky sind die Kreiswellenzahlen46 entlang der x- und der y-Achse. Wie in Anhang 2 gezeigt, gilt für die Feldverteilung im Aufpunkt P​ (X​,Y​,Z​) in der Schirmebene (Beobachtungsebene), die von einer allgemeinen Apertur herrührt, mit d​S​ = d​y​d​z​ als Flächenelement der Apertur am Ort (y,z) E​ =

A​F​ i​ (ω​t​ − k​R​) i​k​ (Y​ ⋅ y​ + Z​ ⋅ z​)/​R​ ∫∫ e​ d​y​d​z​ . e​ R​

(IV-1.97)

Apertur​

+

b​

[ 2 [ [ −i​kx​ ​ u​ [ E​(k​x)​ = ℱ​{E​(x​)} = c​ ⋅[ ∫ e​ d​u​ + [ [ [ [ b​ [ +



+

b​

+

∫ e​ −

−i​kx​ (​ u​ + a​)

d​u​ + ... +

b​

∫ e​ −

2

2

b​ 2

2

−i​kx​ (​ u​ + (N​ − 1)a​)

b​ 2

] ] ] ] d​u​] ] = ] ] ] ]

b​ 2

= c​ ⋅ ∫ e​

−i​kx​ ​ u​

1 + e​ −i​kx​ ​ a​ + ... + e​ −i​kx​ ​(N​ − 1)a​] = c​ ⋅ d​u​ [⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

b​

−i​k​ N​a​

−i​k​

N​a​

+i​k​

N​a​

−i​k​

N​a​

1 − e​ x​ e​ x​ 2 e​ x​ 2 − e​ x​ 2 − = = ⋅ 2 ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ −i​k​ a​ a​ a​ a​ 1 − e​ x​ −i​k​x​ + i​k​ −i​k​ e​ e​ x​ 2 − e​ x​ 2 2 sin ​β​ = c​ ⋅ β​

mit β​ =

k​b​ 2

sin ​θ​ =

π​b​ λ​

sin ​β​ β​

k​x​ (N​ − 1)a​ −i​ ⋅ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ e​ 2 ⋅ Φ​

sin ( ​

k​x​ N​a​) 2

sin ​(

k​x​ a​) 2

sin ​θ​ ;

daraus folgt durch Quadrieren des Betrags die in Abschnitt 1.2.6, Gl. (IV-1.78) angegebene Intensitätsverteilung des N-fach-Spalts (der Phasenfaktor Φ ist für die Intensitätsverteilung belanglos). 46 Zur Erinnerung: ν … Frequenz, ω = 2 πν … Kreisfrequenz, wir sagen zumeist nur Frequenz; 1/λ … Wellenzahl, k = 2 π/λ … Kreiswellenzahl, Betrag des Wellenvektors k​⇀, der die Richtung der Wellenausbreitung angibt (Richtung des Poynting-Vektors S​⇀); auch hier sagen wir meist nur Wellenzahl.

1.2 Beugung an begrenzenden Öffnungen

53

Betrachten wir nur einen kleinen Bereich im Bildraum, so können wir R​ ≈ const. i​ (ω​t​ − k​R)​ vor dem Flächenintegral kann als räumannehmen. Auch der Phasenfaktor e​ lich konstant angenommen werden, da uns nur die Amplitudenverteilung am weit entfernten Schirm interessiert. Aber AF, die Quellenstärke pro Flächeneinheit der Apertur, ist nicht notwendigerweise konstant, man denke sich die Apertur z. B. mit einem welligen, schmutzigen Glasstück gefüllt. Wir setzen daher für die Aperturfunktion A​ ( y​,z​) = A​0 (y​,z​) ⋅ e​

i​Φ​ ( y​,z​)

;

(IV-1.98)

dabei beschreiben A​0 (y​,z​) die Verteilung der Amplitude in der Apertur und e​ i​Φ​ ( y​,z​) die Veränderung der Phase von Punkt zu Punkt. A​ ( y​,z​)d​y​d​z​ ist dann proportional zum elektrischen Feld, das vom Aperturelement dydz abgestrahlt wird. Wir erhalten so für die Feldverteilung im Aufpunkt P(Y,Z) am Schirm +∞​ +∞​ i​k​ (Y​ ⋅ y​ + Z​ ⋅ z​)/​R​ d​y​d​z​ .47 E​ (Y​,Z​) = ∫ ∫ A​ ( y​,z​)e​

(IV-1.99)

−∞​ −∞​

Da die Aperturfunktion nur innerhalb der Apertur von Null abweicht, wurden die Grenzen des Flächenintegrals auf −∞ und +∞ erweitert. In Fraunhofer-Näherung (Fernfeld) können wir uns vorstellen, dass d​E​ (Y​,Z​) im Punkt P(Y,Z) ein Element einer ebenen Welle ist, die sich, vom Punkt (y,z) der Apertur ausgehend, in die Richtung k​⇀ ausbreitet und deren Amplitude durch A​ ( y​,z​)d​y​d​z​ bestimmt ist (Abb. IV-1.27). Wir bilden daher die Projektionen von k​⇀ auf die Y- und die Z-Achse; dabei können wegen der weiten Entfernung der Bildebene von der Apertur y und z gegenüber Y und Z vernachlässigt werden und es gilt r ≅ R: k​Y​ = k​ cos ​β​ = k​ sin ​θ​ = k​

Y​ − y​ Y​ ≅ k​ r​ R​

(IV-1.100)

k​Z​ = k​ cos ​γ​ = k​ sin ​φ​ = k​

Z​ − z​ Z​ ≅ k​ . r​ R​

(IV-1.101)

Für jeden Punkt P(Y,Z) der Bildebene gibt es ein zugehöriges kY und kZ . Die Feldstärke im Punkt P kann so mit kY und kZ geschrieben werden:

47 Der Term

e​

i​(ω​t​ − k​R​)

R​

ist hier ohne Bedeutung und wurde weggelassen.

54

1 Wellenoptik

+∞​ +∞​

E​ (k​Y,k​ ​ Z​ ) = ∫ ∫ A​ ( y​,z​)e​

i​ (k​Y​ ⋅y​ + k​Z​ ⋅z​)

d​y​d​z​ .

(IV-1.102)

−∞​ −∞​

Der Vergleich mit der zweidimensionalen Fouriertransformierten +∞​ +∞​ i​ (k​x​ x​ + k​y​ y​) F​ (k​x,k​ d​x​d​y​ (Gl. IV-1.96) ergibt: ​ y​ ) = ∫ ∫ f​ (x​,y​)e​ −∞​ −∞​ 48 E​ (k​Y,k​ ​ Z​ ) = ℱ​{A​ ( y​,z​)}

(IV-1.103)

das heißt: Die Feldverteilung im Fraunhofer-Beugungsbild ist die Fouriertransformierte der Feldverteilung in der Apertur, also der Aperturfunktion.

1

Z Y

Y–y P(Y,Z) Z–z

β

Z

γ X

Bilde



O R

k

z

r

Y

bene

θ φ

x y dy dz z

A

reb petu

ene

O

y Abb. IV-1.27: Zur Berechnung der Feldstärke E im Punkt P(Y,Z) der Bildebene (Schirm) aus der Aperturfunktion A(y,z). Da sich der Schirm in sehr großer Entfernung von der Apertur befinden soll (Fraunhofer-Näherung), können y und z gegenüber Y und Z vernachlässigt werden und es gilt r ≅ R.

48 Das gilt natürlich genauso für die oben behandelten „linearen Aperturfunktionen“ eines Punktstrahlers (Abb. IV-1.24, δ-Funktion) und eines linearen Strahlers der Länge b (= Spaltbreite) mit konstanter Amplitude, also einem Einfachspalt bzw. Mehrfachspalt (Abbn. IV-1.25 und IV-1.26). Wieder ist die Fouriertransformierte dieser linearen Strahlungscharakteristiken (der Aperturfunktionen) gleich der Feldstärkenverteilung auf einem in sehr großer Entfernung R befindlichen Schirm.

1.2 Beugung an begrenzenden Öffnungen

55

Die inverse Transformation führt vom Beugungsbild wieder zurück zur Aperturfunktion, zur Feldverteilung in der beugenden Apertur:

−1

A​ ( y​,z​) = ℱ​ {E​ (k​Y,k​ ​ Z​ )} =

+∞​ +∞​

1 2

(2 π​ )

∫ ∫ E​ (k​Y,k​ ​ Z​ )e​

−i​ (k​Y​ ⋅y​ + k​Z​ ⋅z​)

d​kY​ ​ d​kZ​ ​ . (IV-1.104)

−∞​ −∞​

Wie schon früher gesehen (Abb. IV-1.24: δ-Funktion als Punktquelle und über den gesamten Winkelbereich konstantes Spektrum) ergibt sich: Je lokalisierter das von der Apertur ausgehende Signal ist, umso ausgedehnter ist die Transformierte (die Spektralfunktion) und daher das Beugungsbild; je kleiner daher die Apertur ist, umso größer ist die Winkelausdehnung der gebeugten Strahlen. Beispiel: Beugung am Spalt. Wir betrachten einen schmalen Spalt der Breite b in y-Richtung, der von ebenen Wellen beleuchtet wird (in der nachfolgenden Skizze im Grundriss). y y

P R b/2

θ x

dy

E(ky)

Wir nehmen an, dass sich Amplitude und Phase über den Spalt (wie früher) nicht verändern: A​0 für |y​ | ≤ b​/​2 . 0 A​ ( y​) = { 0 für |y​ | > b​/​2

56

1 Wellenoptik

Das Problem ist eindimensional, es genügt deshalb die eindimensionale Fouriertransformation: b​ b​ sin ​k​y​ +b​ ∕ 2 −i​ky​ ​ y​ + 2 2 e​ E​ (k​y​ ) = ℱ​{A​ ( y​)} = A​0 ∫ e​ −i​ky​ ​ y​d​y​ = A​0 . | = A​0 ⋅ b​ −i​ky​ ​ b​ b​ − b​ ∕ 2 − k​y​ 2 2 Mit k​y​ = k​ sin​ θ​ haben wir damit genau jene Feldverteilung am Schirm, die zur bekannten Intensitätsverteilung für die Beugung am Spalt führt (vgl. Abschnitt 1.2.4, Gl. IV-1.59 und Abb. IV-1.15).

1.3 Dispersion und Absorption 1.3.1 Der Brechungsindex Im Vakuum breiten sich elektromagnetische Wellen aller Wellenlängen mit der gleichen Phasengeschwindigkeit c = c0 aus. Die (lineare) Dispersionsrelation ω​ = f​ (k​), das ist der Zusammenhang zwischen ω und k, lautet hier ω​ = c​ ⋅ k​

Dispersionsrelation im Vakuum.

(IV-1.105)

Im Medium wird die Phasengeschwindigkeit cph elektromagnetischer Wellen gegenüber der Vakuumlichtgeschwindigkeit c = c0 verlangsamt.49 Diese Verlangsamung im optisch dichteren Medium wird durch den Brechungsindex (= Brechzahl, refractive index = index of refraction) n beschrieben: 1. Die Phasengeschwindigkeit cph ist im Medium kleiner als die Vakuumlichtgeschwindigkeit c = c0 (Abschnitt 1.1.3, Gl. IV-1.12): c​ph =

1 c​0 , n​

wobei i. Allg. n > 1 gilt.50 49 Für Röntgenstrahlen mit Frequenzen oberhalb der Elektronenresonanzfrequenz wird die Phasengeschwindigkeit cph größer als die Vakuumlichtgeschwindigkeit c = c0 ; dies ist kein Widerspruch zur speziellen Relativitätstheorie, da diese nur für die Signal- und Energieausbreitung, d. h. für die Gruppengeschwindigkeit, einen Wert von höchstens c = c0 fordert. 50 Nur in gewissen Wellenlängenbereichen, in denen Absorption stattfindet (Bereiche anomaler Dispersion), kann der Brechungsindex n < 1 sein. Da gilt n​ = √ε​r​ μ​r​ (Maxwell Relation, Abschnitt 1.1.3, Gl. IV-1.11) ist auch ein negativer Brechungsindex n​ < 0 möglich (n definiert über das Brechungsgesetz, siehe Abschnitt 1.4.1, Gl. IV-1.134), wenn in einem linkshändigen Medium gleichzeitig ε​r​ < 0 und μ​r​ < 0 ist (im rechtshändigen System gehen die Koordinaten durch Drehung im mathematisch positiven Drehsinn (gegen den Uhrzeiger) inei-

1.3 Dispersion und Absorption

2.

57

Der (absolute)51 Brechungsindex n hängt vom Medium und der Wellenlänge λ ab, man spricht von Dispersion:

n​ = n​ (λ​)



c​ph =

c​ ω​ = ν​ ⋅ λ​ = = c​ph (λ​) n​ (λ​) k​

Dispersion.

(IV-1.106)

Als Dispersionsrelation ω​ = f​ (k​) ergibt sich so

ω​ = c​ph (λ​) ⋅ k​ =

c​ k​ n​ (λ​)

Dispersionsrelation im Medium.

(IV-1.107)

Im Vakuum gilt c​ = c​0 = ν​λ0​ =

ω​ ; k​0

(IV-1.108)

im Medium mit Brechzahl n ändert sich ν (die Zahl der Schwingungen pro Sekunde) nicht, wohl aber λ (siehe weiter unten Gl. IV-1.113) und es gilt daher 1 1 c​ph = ν​λn​ ​ = ⋅ c​0 = ν​λ0​ n​ n​

(IV-1.109)

und somit

λ​ n​ =

1 λ​ 0 , n​

(IV-1.110)

die Wellenlänge wird im Medium (für n > 1) kürzer als im Vakuum. Andererseits gilt im Medium

nander über, im linkshändigen System durch Drehung im Uhrzeigersinn; in einem linkshändigen Medium bilden die Vektoren E​⇀, H​⇀ und k​⇀ einer elektromagnetischen Welle ein linkshändiges System). In diesem Fall weist der Wellenvektor k​⇀gegen den Poynting-Vektor S​⇀und damit gegen den Energiestrom. Solche Materialien kommen in der Natur nicht vor, können aber künstlich hergestellt werden („Metamaterialien“). Siehe dazu z. B. „Physik in unserer Zeit“, 38 (2007) 24. 51 Eine genauere Betrachtung der Ursache der Verlangsamung der Phasengeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen in Medien (siehe Abschnitt 1.3.4 und Anhang 3) führt auf den komplexen Brechungsindex n​(ω​) = n​Re​ − i​ ⋅ n​Im​ (siehe dazu Anhang 3 „Lorentz-Modell mit Schwingungsdämpfung, komplexer Brechungsindex“). Der Realteil n = nRe wird als absoluter Brechungsindex bezeichnet.

58

1 Wellenoptik

k​n​ =

ω​ n​ω​ = = n​k0​ > k​0 c​ph c​0

für n > 1 ,

(IV-1.111)

also

k​n​ = n​k0​ .

(IV-1.112)

Setzen wir c​ph = ν​n​ λ​n​ , so folgt ν​n​ =

c​ph c​0 /​n​ c​0 = = ν​ ; = λ​ n​ λ​ 0 /​n​ λ​ 0

(IV-1.113)

das heißt, während die Wellenlänge λ der elektromagnetischen Wellen i. Allg. kürzer wird, bleibt ihre Frequenz ν im Medium ungeändert. Das ist plausibel, da die Frequenz die Zahl der Schwingungen pro Zeiteinheit ist und in keinem Medium eine Schwingung „verloren gehen“ kann. Im Vakuum gilt weiter nach Kohlrausch und Weber (siehe Band III, „Statische Magnetfelder“, Abschnitt 3.3.4, Gl. III-3.138) c​ = c​0 = c​ph =

1

√ε​0 μ​0

;

und im Medium (siehe Abschnitt 1.1.3, Gl. IV-1.10) c​ph =

bzw. für das Verhältnis

1

=

1

=

c​

√ε​μ​ √ε​r​ ε​0 μ​r​ μ​0 √ε​r​ μ​r​

c​ die Maxwell Relation (Abschnitt 1.1.3, Gl. IV-1.11) c​ph

c​ = c​ph

√ε​0 μ​0 ε​r​ μ​r​ √ε​0 μ​0

= √ε​r​ μ​r​ = n​ .

Ist das Medium nicht ferromagnetisch, gilt daher μ​r​ = 1 , dann folgt n​ = √ε​r​ .

(IV-1.114)

1.3 Dispersion und Absorption

59

Wie kommt es zur Verlangsamung der Phasengeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen im Medium? Im einfachen, klassischen Modell, werden die äußeren e− der Atome durch eine einfallende elektromagnetische Welle zu erzwungenen Schwingungen angeregt, sie stellen daher von außen angeregte, aufgrund der abgestrahlten Energie (Strahlungsdämpfung) gedämpfte Oszillatoren dar. Die entsprechende Schwingungsgleichung ist nach Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.3.1, Gl. (Ι-5.123): 2

x​̈ + 2 γ​x​̇ + ω​ 0 x​ =

Dabei sind ω​0 = √

e​E0​ i​ω​t​ e​ . m​

(IV-1.115)

k​ i​ω​t​ die Eigenfrequenz des e−-Oszillators, e​E0​ e​ die Anregungsm​

kraft durch das elektrische Feld der Welle, F​⇀= −k​x​e⇀​x​ = ω​ 20 m​x​e⇀​x​ die harmonische β​ die DämpfungskonsRückstellkraft, F​⇀R​ = −β​x​e​̇ ⇀x​ eine Reibungskraft und γ​ = 2 m​ tante. Im stationären Fall, d. h. nach Abklingen des Einschwingvorganges, ist die Frequenz der erzwungenen Schwingung und der von ihr ausgehenden Sekundärwelle gleich der Anregungsfrequenz ω, ihre Phase ist aber gegen die Erregerschwingung verzögert. Durch Überlagerung der einfallenden und der phasenverzögerten Sekundärwellen kommt die Phase der Welle nach Durchlaufen einer Strecke im Medium später an als ohne Medium, d. h., ihre Phasengeschwindigkeit c​ph im Medium ist kleiner als im Vakuum. Für genauere Überlegungen siehe Abschnitt 1.3.4.

1.3.2 Phasen- und Gruppengeschwindigkeit Im Vakuum breiten sich alle elektromagnetischen Wellen trotz unterschiedlicher Wellenlängen mit der gleichen Phasengeschwindigkeit cph = c = c0 = 299 792 458 ms−1 aus.52 Im Medium liegt aber i. Allg. Dispersion vor, d. h., die Phasengeschwindigkeit wird wellenlängenabhängig, also (Abschnitt 1.3.1, Gl. IV-1.106) c​ph = c​ph (λ​) , Wellenzüge mit unterschiedlicher Wellenlänge breiten sich deshalb mit unterschiedlicher Phasengeschwindigkeit aus. Außerdem haben alle Naturvorgänge ei-

52 Die Lichtgeschwindigkeit c0 im Vakuum ist seit 1983 international mit c0 = 299 792 458 ms−1 festgelegt.

60

1 Wellenoptik

nen festgelegten Anfang und ein natürlich bestimmtes Ende, sie können deswegen nicht durch eine einzige harmonische Funktion beschrieben werden, sondern nur durch Wellenpakete (wave packets, siehe dazu Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.2 und Band V, Kapitel „Quantenoptik“, Abschnitt 1.6.3). Wenn daher Dispersion vorliegt, ist die variable Phasengeschwindigkeit υph zur Beschreibung der Wellenausbreitung ungeeignet. Man betrachtet stattdessen die Ausbreitung der Amplitude der Wellengruppe, die Gruppengeschwindigkeit υgr, das ist die Ausbreitung des Energiezentrums des Wellenpakets. Es gilt (siehe Abschnitt 1.3.1, Gl. IV-1.105 sowie Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.1, Gl. Ι-5.163 und Abschnitt 5.5.2, Gl. Ι-5.171) υ​ph = ν​ ⋅ λ​ =

υ​gr =

ω​ k​

d​ω​ d​υp​ h = υ​ph − λ​ . d​k​ d​λ​

Wenn die Dispersion verschwindet, d. h. υ​gr = υ​ph .

(IV-1.116)

d​υp​ h = 0 ist, z. B. im Vakuum, ist d​λ​

1.3.3 „Normale“ Dispersion, Absorption und „anomale“ Dispersion Wir wissen bereits, dass der Brechungsindex n, der die Veränderung (i. Allg. Verlangsamung) der Phasengeschwindigkeit cph elektromagnetischer Wellen im Medium beschreibt, von der Wellenlänge abhängt und damit auch die Phasengeschwindigkeit wellenlängenabhängig ist (Abschnitt 1.3.1, Gl. IV-1.106), dass also gilt n​ = n​ (λ​)



c​ph = c​ph (λ​) .

Dieses Aufspalten eines Wellengemisches infolge der wellenlängenabhängigen Phasengeschwindigkeit, das im Bereich sichtbaren Lichts als Farbzerlegung durch Brechung beobachtet werden kann, nennt man Dispersion. Normale Dispersion (Abbn. IV-1.28 und IV-1.29) 1

Bei normaler Dispersion nimmt die Brechzahl mit der Wellenlänge ab (

d​n​ < 0) . d​λ​

1.3 Dispersion und Absorption

n(λ) 1,56

61

sichtbarer Bereich

1,54 1,52 Quarzglas

1,50 1,48 1,46 1,44 1,42 200

400

600

800

1000

1400 λ[nm]

1200

Abb. IV-1.28: Normale Dispersion: Brechungsindex n als Funktion der Wellenlänge λ von Quarzglas. (nach Wikipedia)

sichtbarer Bereich

1.9

Lanthan-Schwerflintglas LaSF9

Brechzahl n

1.8 Schweres Flintglas SF10

1.7

Flintglas F2

1.6

Barium-Kronglas BaK4 Borosilikat-Kronglas BK7 1.5 Fluor-Kronglas FK51A 1.4 0.2

0.4

0.6

0.8 1.0 1.2 Wellenlänge λ [μm]

1.4

1.6

Abb. IV-1.29: Dispersionskurven wichtiger optischer Gläser (nach Wikipedia, Herbertweidner). Schweres Flintglas: ∼71 % PbO; Flintglas F2: 24 % PbO; Kronglas: 17 % K2O; Borosilikat-Kronglas: 10 % B2O3.

Tritt weißes Licht, das alle Wellenlängen des sichtbaren Bereichs enthält, geneigt in ein eben begrenztes brechendes Medium ein, z. B. ein Glasprisma, dann werden Wellen mit kürzerer Wellenlänge bzw. höherer Frequenz (violett) stärker gebrochen als längere Wellenlängen bzw. niedrigere Frequenzen (rot); es kommt zur Farbzerlegung des weißen Lichts (Abb. IV-1.30). Siehe dazu auch das Brechungsgesetz in Abschnitt 1.4.1, Gl. (IV-1.134).

62

1 Wellenoptik

ε

weißes Licht

n>1

rot orange gelb grün blau violett

~0,8 μm

λ

~0,4 μm n(λ)

Abb. IV-1.30: Farbzerlegung durch Brechung von weißem Licht am Glasprisma mit „brechendem Winkel“ ε (schematisch). Bei normaler Dispersion nimmt die Brechzahl n(λ) mit steigender Wellenlänge ab; langwelliges, rotes Licht wird daher schwächer gebrochen als violettes, kurzwelliges.

Diese Farbzerlegung tritt auch beim Regenbogen auf, der durch Brechung und Reflexion der Sonnenstrahlen an Wassertröpfchen in der Luft entsteht. Der Regenbogen Der Regenbogen wird durch Licht unterschiedlicher Wellenlänge erzeugt, das nach zweifacher Brechung an den fallenden Wassertropfen, einmal beim Eintritt, das andere Mal nach Reflexion an der Tropfeninnenseite beim Austritt aus dem Tropfen, ins Auge gelangt. Die Einfallsebene des Lichts von der Sonne wird durch das Auge des Beobachters, den Tröpfchenmittelpunkt und die Sonne festgelegt. In diesen Ebenen ist das Reflexions- und das Brechungsgesetz anzuwenden. Mit der Konstruktion von Descartes (siehe z. B. Paul. A. Tipler, Physik, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1995) kann man zeigen, dass von der Sonne her einfallende parallele Lichtstrahlen, die an der Innenseite eines kugelförmigen Wassertropfens reflektiert werden, durch die zweimalige Brechung beim Eintritt in den Tropfen und bei ihrem Austritt, zum größten Teil einen maximalen Winkel von 42° mit den reflektierten Strahlen einschließen. Schaut man daher unter einem Winkel von etwa 42° zu den Sonnenstrahlen, die von hinten kommen, so sieht man farbiges Licht: rotes Licht außen, violettes Licht innen am Bogen. Manchmal ist noch ein zweiter, sekundärer Regenbogen sichtbar. Er entsteht bei zweimaligem Durchlauf des Tropfens, wenn ein Teil des Lichts nach der Reflexion an der Tropfeninnenseite nicht austritt, sondern wieder reflektiert wird, und so erst nach insgesamt dreimaliger Reflexion austritt. Dadurch entsteht ein größerer Beobachtungswinkel von ca. 51° gegen die einfallenden Sonnenstrahlen und der zweite Regenbogen erscheint knapp über dem ersten in umgekehrter Farbfolge. Der Mittelpunkt des Bogens liegt auf einer Geraden von der Sonne (hinter dem Beobachter) durch das Auge des Beobachters und befindet sich damit unter dem Horizont, sodass immer nur ein Teil eines Kreises sichtbar ist. Steht die Sonne genau im Horizont, dann besitzt der Regenbogen die größte Ausdehnung, er wird zum Halbkreis.

1.3 Dispersion und Absorption

63

Absorption Wenn elektromagnetische Strahlung auf die Oberfläche eines Mediums fällt, so wird ein gewisser Bruchteil der Strahlung abhängig vom Einfallswinkel und der Polarisation reflektiert, der Rest dringt in das Medium ein. Betrachten wir die mo1 2 nochromatische Strahlung der Wellenlänge λ​ mit der Intensität I​ = c​ ⋅ ε​0 E​ 0 . Ein 2 Medium ist für die Strahlung vollständig durchlässig, wenn die Intensität der einfallenden Strahlung beim Durchgang durch das Medium unverändert bleibt. Ist ein Medium für Strahlung im sichtbaren Bereich durchlässig, bezeichnet man es als durchsichtig. I. Allg. tritt beim Durchgang von Strahlung durch ein Medium eine Intensitätsabnahme (= Extinktion) auf. Diese erfolgt durch – Absorption, das ist die Umwandlung in eine andere Energieform, z. B. in Wärme, oder durch – Streuung an Molekülen bzw. Inhomogenitäten wie Staub, Luftblasen etc., wobei die Freuenz entweder gleich bleibt oder verändert wird (siehe RamannStreuung, Band V, Kapitel „Quantenoptik“, Abschnitt 1.7.1 und Band VI, Kapitel „Festkörperphysik“, Abschnitt 2.4.2) Zur Untersuchung der Absorption nehmen wir als Ausbreitungsrichtung im Med​I​ ab. An der dium die Richtung l⇀, die Strahlung nimmt dann in l⇀-Richtung mit d​l d​I​ Stelle l + d​l beträgt die Intensität I​ − ⋅ d​l . Wir setzen die längenbezogene Abnahd​l me der Intensität proportional zum gerade vorhandenen Wert d​I​ = −α​ I​ (l​ ) d​l

(IV-1.117)

(mit α​ > 0) und erhalten die Differentialgleichung d​I​ = −α​ d​l . I​

(IV-1.118)

Die Integration ergibt mit der Integrationskonstante C​ = ln​ I​0 ln​ I​ = ln​ I​0 − α​l​

(IV-1.119)

bzw. I​ = I​0 e​ −α​l

Lambert-Beersches Gesetz.

(IV-1.120)

64

1 Wellenoptik

d​I​ α ist der Absorptionskoeffizient. Entsprechend dem obigen Ansatz = −α​ I​ (l) wird d​l d​I​ in jeder Schicht d​l des Mediums der gleiche Bruchteil der eindringenden StrahI​ (l) lung verschluckt und z. B. in Wärme umgewandelt oder nur zur Seite gestreut und damit ebenfalls dem einfallenden Strahl entzogen.

Anomale Dispersion Während der Brechungsindex n i. Allg. mit steigender Wellenlänge abnimmt d​n​ ( < 0), gibt es für viele Substanzen Wellenlängenbereiche geringer Ausdehd​λ​ d​n​ nung, in denen er zunimmt ( > 0), man spricht von anomaler Dispersion. Dieser d​λ​ Effekt wurde zuerst von Christiansen (Christian Christiansen, 1843–1917, dänischer Physiker ) an einer Fuchsinlösung53 gefunden. Die Wellenlängenbereiche, in denen anomale Dispersion auftritt, hängen mit Absorptionsbereichen des Mediums zusammen, eine Erklärung in einem einfachen klassischen Modell wird im nächsten Abschnitt 1.3.4 gegeben.

Im Bereich einer Absorptionsstelle ist die Brechzahl auf der kurzwelligen Seite erniedrigt und auf der langwelligen Seite erhöht.

Absorptionsbereich 10 Brechungsindex n

1

B

1

A

0,1 0,1

1

10 100 Wellenlänge λ [μm]

1000

Abb. IV-1.31: Dispersionskurve von NaCl mit einer Absorptionsstelle bei ca. 50 μm. Nach J. E. Eldridge und E. D. Palik, in: Handbook of Optical Constants of Solids, (E. D. Palik Editor), Academic Press, San Diego, USA 1985, S. 781. Für den Kurventeil von A nach B liefert die klassische Theorie keine zutreffende Beschreibung (siehe nächster Abschnitt 1.3.4).

53 Fuchsin ist ein rotblauer Farbstoff (Triphenylmethan, C20H19N3 ⋅ HCl); er wird meist in Alkohol gelöst und in der medizinischen Mikroskopie (Histologie) zum Färben verwendet.

1.3 Dispersion und Absorption

65

Auf der kurzwelligen Seite einer Absorptionsstelle kann die Brechzahl kleiner als Eins werden (Abb. IV-1.31); n​ < 1 bedeutet für die Phasengeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen mit c​ph =

1 c​0 > c​0 , n​

(IV-1.121)

dass die Phasengeschwindigkeit cph größer als die Vakuumlichtgeschwindigkeit c = c0 ist.54

1.3.4 Dielektrische Polarisation und Brechzahl Wie kommt es zur normalen und anomalen Dispersion elektromagnetischer Wellen in einem Medium? Dazu erinnern wir uns an die dielektrische Polarisation von Dielektrika im elektrischen Feld (siehe Band III, Kapitel „Elektrostatik“, Abschnitt 1.6.1). Die Moleküle polarer Dielektrika besitzen ein permanentes Dipolmo0 ment p​⇀e​ ; in polaren und nichtpolaren Dielektrika verursacht die Verschiebung l⇀ der Ladungsschwerpunkte im elektrischen Feld die Verschiebungspolarisation, ein induziertes Dipolmoment, sodass sich für alle Moleküle eines Dielektrikums ein elektrisches Dipolmoment (Gl. III-1.49) p​⇀e​ = q​ ⋅ l⇀

(IV-1.122)

ergibt. Die Dichte der Dipolmomente in einem Dielektrikum bezeichnet man als dielektrische Polarisation P​⇀(Gl. III-1.105) P​⇀=

1 ∑p​⇀e,i​ = n​D​ ⋅ p​⇀e​ = n​D​ ⋅ q​ ⋅ l⇀; V​ i​

(IV-1.123)

N​ ist die Anzahldichte der Dipole. V​ Entsprechend der Maxwell Relation (siehe Abschnitt 1.1.3, Gl. IV-1.11) gilt für die Brechzahl n​D​ =

n​ = √ε​r​ μ​r​ ,

54 Für die Phasengeschwindigkeit besteht keine relativistische Begrenzung, da sie keine Ausbreitungsgeschwindigkeit von Energie und damit von Information ist. Die Energie breitet sich bei der Wellenbewegung mit der Gruppengeschwindigkeit υgr aus, die immer kleiner/gleich c ist: υ​gr ≤ c​ . (Beweis in F. A. Jenkins und H. E. White, Fundamentals of Optics, McGraw-Hill, 1976, S. 487)

66

1 Wellenoptik

d. h. für nicht-ferromagnetische Materialien mit μ​r​ ≅ 1 2

n​ = ε​r​ .

(IV-1.124)

Im Kapitel „Elektrostatik“ haben wir gesehen (Abschnitt 1.6.1, Gl. III-1.108) χ​Diel =

n​D​ ⋅ α​ = ε​r​ − 1 ε​0

(IV-1.125)



n​ 2 − 1 =

n​D​ α​ . ε​0

(IV-1.126)

p​⇀e​ die Polarisierbarkeit der Moleküle des Dielektrikums. E​⇀ Dem klassischen Modell von H. A. Lorentz (siehe Abschnitt 1.2.7, Fußnote 34) folgend stellen wir uns vor: Eine elektromagnetische Welle trifft auf Materie und regt die elastisch an die Moleküle gebundenen Elektronen zu erzwungenen Schwingungen an, die zu einem sich zeitlich ändernden elektrischen Dipolmoment führen. Für die Schwingung des entstehenden Ladungsabstands l eines einzelnen Elektrons (e−) vom Kern im elektrischen Feld E​ = E​0 e​ i​ω​t​ (wirkende Kraft e ⋅ E) können wir die Schwingungsgleichung der erzwungenen Schwingung benützen (siehe Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.3.1, Gl. Ι-5.123 k​ F​ ohne Dämpfungsterm): x​¨ + ω​ 20 x​ = x​¨ + x​ = a​0 ⋅e​ i​ωt​ ​ = ⋅e​ i​ωt​ ​ , k … Federkonstante; m​ m​ ohne Dämpfungs- und Kopplungseffekte erhalten wir55

Dabei ist α​ =

m​e​

d​ 2 l d​t​

2

+ k​l = e​E0​ e​ i​ω​t​ ;

(IV-1.127)

ω ist die Anregungsfrequenz durch die einfallende Strahlung. Die stationäre Lösung für die erzwungene Ladungsverschiebung (siehe Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, 5.3.1) mit der Eigenfrequenz k​ ω​ 20 = des schwingenden Elektrons wird dann zu m​e​ l=

e​E​0 e​ i​ω​t​ m​e​ (ω​ 20 − ω​ 2 )

.

(IV-1.128)

55 Im eigentlichen „Lorentz-Modell“ wird die Schwingungsdämpfung berücksichtigt, es führt zur komplexen Brechzahl n​(ω​) = n​Re​ − i​n​Im​ und damit zu gedämpften Wellen (siehe Anhang 3).

67

1.3 Dispersion und Absorption

Damit ergibt sich als Dipolmoment für das Elektron mit der Ladung |q| = e p​e​ = q​ ⋅ l = und als Polarisierbarkeit mit E​ = E​0 e​

α​ =

e​ 2 E​0 e​ i​ω​t​ 2

2

(IV-1.129)

m​e​ (ω​ 0 − ω​ )

i​ω​t​

2 p​e​ e​ /​me​ ​ . = 2 E​ (ω​ 0 − ω​ 2 )

(IV-1.130)

N​ω0​

der beteiligten e− mit der Eigenfrequenz ω0 pro MoleN​Molekül kül kann noch durch einen Faktor f, die „Oszillatorstärke“, berücksichtigt werden. Für ein optisch sehr dünnes Medium mit einer Brechzahl n nahe bei Eins, kann n​D​ α​ 2 so dargestellt werden:56 n​ − 1 = ε​0 Die relative Zahl f​ =

n​ − 1 =

n​D​ α​ 2 ε​0

(IV-1.131)

und damit

n​ − 1 =

f​ n​D​ e​ 2/​me​ ​ 2

2 ε​0 (ω​ 0 − ω​ 2 )

.

(IV-1.132)

Die wichtigen Eigenschaften des optischen Brechungsindex im Bereich einer Absorptionsstelle können schon anhand dieser einfachen Formel verstanden werden, was zeigt, dass der Brechungsindex im Wesentlichen durch die elektronische Polarisation des Mediums bestimmt wird (Abb. IV-1.32): 1. ω = ω0 Die Eigenfrequenz ω0 der erzwungen schwingenden e− ist durch die Absorptionsfrequenz des Atoms gegeben. Fällt Strahlung mit der Absorptionsfrequenz ω = ω0 ein, so wird die Schwingungsamplitude so groß, dass dem Primärstrahl alle Energie entzogen wird. 2. ω < ω0, ergibt einen Frequenzbereich mit n > 1 Mit zunehmender Frequenz (abnehmender Wellenlänge) nähert sich ω der Eigenfrequenz ω0, die Differenz ω0 − ω wird dadurch immer kleiner und der Brechungsindex n steigt an (fällt mit steigender Wellenlänge); es ergibt sich ein Bereich normaler Dispersion.

2

56 (n​ − 1) = (n​ − 1) ⋅ (n​ + 1) ≅ 2(n​ − 1) ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ ≅ 2

68

1 Wellenoptik Brechzahl n ω = ω0, Absorptionsfrequenz

ω → ∞, n → 1

sinnloser Bereich

ω > ω0 n1

n1 2ε0 ω20

Richtung steigender Frequenz ω

−∞ 2

2

Abb. IV-1.32: Brechzahl n als Funktion der Abweichung ω​ 0 − ω​ der einfallenden Strahlung der Frequenz ω von der Absorptionsfrequenz ω0 im Lorentz-Modell ohne Dämpfung und Kopplung.

3.

Im Bereich der Absorptionsstelle fällt erfahrungsgemäß der Brechungsindex mit zunehmender Frequenz (abnehmender Wellenlänge), kürzere Wellenlängen werden daher weniger gebrochen als längere, es ergibt sich eine anomale Dispersion.57 Jenseits der Absorptionsstelle steigt der Brechungsindex n wieder mit steigender Frequenz der einfallenden Strahlung (normale Dispersion). 4. ω > ω0, ergibt im gesamten Frequenzbereich n < 1, sogar einen kleinen Bereich mit n < 0, was physikalisch sinnlos ist und nur zeigt, dass dieses Modell unvollständig ist. (In künstlich hergestellten „Metamaterialien“ kann n < 0 sein, siehe Abschnitt 1.3.1, Fußnote 50.) Das Modell kann verbessert werden: 1. mehrere Eigenfrequenzen führen zu mehreren Absorptionslinien; 2. eine Berücksichtigung der Schwingungsdämpfung führt zum komplexen Brechungsindex und damit zur Berücksichtigung der Absorption, siehe dazu Anhang 3; 3. die Wechselwirkung der Dipole kann berücksichtigt werden.

57 Dieses einfache Modell kann dies aber nicht zeigen.

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

69

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissionsund Reflexionsgrad 1.4.1 Reflexion und Brechung, Grenzwinkel der Totalreflexion Trifft eine ebene elektromagnetische Welle, die sich im Vakuum ausbreitet, auf ein eben begrenztes Medium mit Brechungsindex n > 1, so wird ein Teil der Energie reflektiert, ein Teil dringt in das Medium ein.58 Entsprechend dem Huygensschen Prinzip (siehe Abschnitt 1.1.5), weisen die während der Ausbreitung fortwährend entstehenden Sekundärwellen die gleiche Frequenz ν auf, wie die einfallende Primärwelle. Im Medium ist aber die Phasengeschwindigkeit der Welle kleiner als im Vakuum (Abschnitt 1.1.3, Gl. IV-1.12): c​ph =

c​ . n​

Einfache geometrische Betrachtungen (siehe Abb. IV-1.33) ergeben mit Hilfe kugelförmiger Elementarwellen59 das Reflexionsgesetz und das Snelliussche Brechungsgesetz,60 wobei die Winkel α und β vom Lot auf die Trennfläche zum Strahl hin gemessen werden: α​′ = α​

Reflexionsgesetz,

(IV-1.133)

1

Reflexionswinkel = Einfallswinkel;

sin ​α​ c​ p(1)h n​2 = = n​21 = sin ​β​ c​ p(2)h n​1

mit dem relativen Brechungsindex n​21 =

Brechungsgesetz,

(IV-1.134)

n​2 . n​1

58 Das gilt auch analog, wenn eine Welle im Medium auf die Grenzfläche zum Vakuum auftrifft. 59 In doppelbrechenden Stoffen ergeben sich zwei konzentrische Elementarwellen, eine kugelförmige und eine ellipsoidische, deren Einhüllende zum ordentlichen und zum außerordentlichen Strahl führen. 60 Nach Willebrord van Roijen Snell (latinisiert „Snellius“), 1580–1626, niederländischer Astronom und Mathematiker.

70

1 Wellenoptik

1

2

n1 = 1

Medium 1 (Vakuum) 2′

B′

A

α

1′

α′ B A′ β

B″ 2″

n2 > 1

Medium 2 (n > 1)

1″ Abb. IV-1.33: Reflexion und Brechung nach dem Huygensschen Prinzip. Wenn der Strahl 2 im Punkt B auf die Grenzfläche trifft, hat die vom Strahl 1 an der Grenzfläche erzeugte Sekundär(1) welle im Vakuum (c​ ph = c​, n1 = 1) bereits die Größe der im Schnitt als voller blauer Kreis gezeich̄ ′B​′ = ̄ A​B​ ) ̄ erreicht, während sie im Medium (c​ (2) < c​,n​ > 1) neten Kugel mit dem Radius A​B​ (A​ ph 2 im Schnitt die Form des strichlierten blauen Kreises aufweist (A​′B​″ < ̄ A​B​ =̄ A​′B​′ ). ̄Dadurch ergibt sich der Reflexionswinkel α′ gleich dem Einfallswinkel α, der ins Medium eindringende Strahl wird aber zur Normalen auf die Grenzfläche hin („zum Lot“) gebrochen (Brechungswinkel β). ̄ n​1 A​′B​′ ̄ Wegen der Gleichheit der optischen Weglängen (= Anzahl der Wellenlängen) n​1 A​B​ und ̄ ̄ sowie n​1 A​B​ und n​2 A​′B​″ interferieren die kohärenten Strahlen 1′ und 2′ sowie 1″ und 2″ konstruktiv. Über die Amplituden der reflektierten und gebrochenen Strahlen siehe Abschnitt 1.4.3.

Ist beim Übergang einer elektromagnetischen Welle von Medium 1 in Medium 2 n​1 > n​2 , handelt es sich also um einen Übergang vom optisch dichteren in das optisch dünnere Medium, so wird die Welle „vom Lot“ gebrochen und es gilt β​ > α​ und damit auch sin​ β​ > sin​ α​ . sin​ β​ erreicht sein Maximum sin​ β​max​ = 1 für π​ β​max​ = = 90° , d. h. wenn der gebrochene Strahl in der Grenzfläche verläuft. Dann 2 gilt nach dem Brechungsgesetz für den Einfallswinkel

sin ​α​ =

n​2 n​2 sin ​βm ​ ax​ = = sin ​αG​ ​ , n​1 ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ n​1 =1 n​2 α​G​ = arcsin​ ( ) n​1

(IV-1.135)

Grenzwinkel der Totalreflexion (critical angle of internal reflection). Siehe dazu auch Abschnitt 1.4.3, Abb. IV-1.39. Erfolgt der Übergang ins Vakuum 1 (~ Luft) mit n2 = 1, dann ist α​G​ = arcsin( ), was zur Messung von n1 verwendet n​1

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

71

werden kann. Für Einfallswinkel α​ ≥ α​G​ wird die einfallende Welle (die einfallende Energie) vollständig in das Einfallsmedium reflektiert (Totalreflexion, total internal reflection).

1.4.2 Polarisation durch Reflexion 61 Lassen wir elektromagnetische Strahlung auf die ebene Grenzfläche zweier Medien fallen, von denen eines auch Vakuum sein kann, so wird die Einfallsebene durch den Wellenvektor k​⇀(die Ausbreitungsrichtung) und die Normale auf die Grenzfläche bestimmt. Im natürlichen Licht schwingt der Vektor der elektrischen Feldstärke E​⇀entsprechend den atomaren Emissionsakten der Strahlung in allen möglichen Richtungen normal zur Fortpflanzungsrichtung,62 im linear polarisierten Licht dauernd in einer bestimmten Ebene, der Schwingungsebene. Lassen wir linear polarisiertes Licht auf eine Grenzfläche fallen, sind zwei Grenzfälle möglich: 1. Die Schwingungsebene liegt ⊥ zur Einfallsebene (Abb. IV-1.34). Das Licht trifft auf das Medium und regt die e− der Grenzflächenatome zu erzwungenen Schwingungen parallel zu E​⇀ an, die Dipolachsen liegen dabei ebenfalls ⊥ zur Einfallsebene. Ein schwingender elektrischer Dipol strahlt ⊥ zur Dipolachse maximal; damit strahlen die in der Grenzfläche schwingenden e− maximal und konstruktiv sowohl in die Reflexionsrichtung als auch in die durch das Brechungsgesetz vorgegebene Richtung: Die Welle wird reflektiert

61 Die Polarisation des Lichts durch Reflexion an Glas wurde erstmals von Étienne-Louis Malus (1775–1812) im Jahr 1808 beschrieben. Ihre Erklärung mit Hilfe von Transversalwellen erfolgte einige Jahre später durch Thomas Young (1773–1829, englischer Augenarzt und Physiker) und Augustin Jean Fresnel. 62 Die Lichtaussendung eines Atoms bei einem Strahlungsübergang (atomarer „Strahlungsblitz“) ist immer polarisiert. In einer gewöhnlichen Lichtquelle befindet sich jedoch eine sehr große Zahl zufällig angeregter atomarer Strahler. Jedes angeregte Atom strahlt für ca. 10−8 s einen aus Gründen der Drehimpulserhaltung zirkular polarisierten Wellenzug aus und geht so in einen niedrigeren Energiezustand über, wobei jedes Photon unabhängig von seiner Energie den Eigendrehimpuls h​ k​⇀ S​⇀p​h​ = ⋅ mit sich führt. Siehe dazu Band V, Kapitel „Quantenoptik“, Abschnitt 1.3, speziell 2 π​ |k​⇀| 1.3.3.1. Die von allen angeregten Atomen ausgehenden elektromagnetischen Wellen überlagern sich zu einer Gesamtstrahlung, deren Polarisationsgrad sich ständig in unvorhersehbarer Weise verändert. Wenn im Beobachtungszeitraum keine einzelnen Polarisationszustände mehr erkennbar sind, spricht man von natürlichem Licht. Mathematisch kann eine unpolarisierte Welle durch Überlagerung zweier inkohärenter, orthogonal zueinander linear polarisierter Wellen gleicher Amplitude dargestellt werden, deren Phasendifferenz sich schnell und statistisch verändert. Oft liegt ein Zwischenzustand vor: Die Schwingungsebene ändert sich nicht völlig regellos, bleibt aber auch nicht fest. Der Zustand der Welle ist dann teilweise polarisiert, z. B. durch Überlagerung von natürlichem und polarisiertem Licht.

72

1 Wellenoptik



n

Einfallsebene Schwingungsebene



E



elektromagnetische Welle, linear polarisiert, E -Vektor schwingt in Schwingungsebene



k

Oberfläche Dielektrikum

Abb. IV-1.34: Zur Polarisation durch Reflexion. Linear polarisiertes Licht fällt auf eine Grenzfläche. Im Bild liegt die Schwingungsebene ⊥ zur Einfallsebene.

2.

und gebrochen, wobei die Richtung von E​⇀erhalten bleibt; die Feldstärkenverteilung auf die reflektierte und die gebrochene Welle erfolgt gemäß den Stetigkeitsbedingungen an der Grenzfläche (siehe Band III, Kapitel Elektrostatik, Anhang A2.1 und hier im nachfolgenden Abschnitt 1.4.3). Die Schwingungsebene liegt in der Einfallsebene, d. h. normal zur in Abb. IV-1.34 dargestellten Richtung. Die Dipolachsen der zu Schwingungen angeregten e− im Dielektrikum nahe der Oberfläche liegen jetzt in der Einfallsebene und ihre Richtung wird durch die resultierende Feldstärke an der Oberfläche festgelegt (Abb. IV-1.35). Aus den Fresnelschen Formeln (siehe Abschnitt 1.4.3) folgt, dass die Intensität des reflektierten Strahls kleiner ist als im Fall 1. Liegt die Dipolachse, also die resultierende Feldstärke, genau in Reflexionsrichtung, so verschwindet die Intensität der reflektierten Welle. Dies ist genau dann der Fall, wenn sich der Einfallswinkel α und der Brechungswinkel β auf 90° ergänzen, d. h. wenn gilt α​ + β​ = 90° .

Trifft daher unpolarisiertes Licht auf eine Grenzfläche mit n2 > n1, so enthält die reflektierte Strahlung nur Wellen, die normal zur Einfallsebene linear polarisiert sind, wenn α​ + β​ = 90° gilt.63 Entsprechend dem Brechungsgesetz ist dann sin ​α​ sin ​α​ sin ​α​ n​2 = = = tan ​α​ = . sin ​β​ sin ​ (90° − α​) cos ​α​ n​1

(IV-1.136)

63 Dieses Ergebnis erhält man auch ohne die Modellvorstellung der schwingenden Dipole in der Oberflächenschicht des reflektierenden Dielektrikums mit Hilfe der Fresnelschen Formel in Abtan​(α​ − β​) schnitt 1.4.3, Gl. (IV-1.168), wenn in r​p​ = der Nenner unendlich groß wird, d. h. wenn tan​(α​ + β​) α​ + β​ = 90° gilt.

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

73

δ α

α

Dipolachse der zum Mitschwingen angeregten e− = Richtung der resultierenden Oberflächenfeldstärke, die sich aus den Grenzbedingungen ergibt

β

Abb. IV-1.35: Strahlengang in der Einfallsebene (= Papierebene). Ist der einfallende Strahl in der Einfallsebene polarisiert (blauer Doppelpfeil), so ist die Dipolachse der zum Mitschwingen angeregten e− im Medium nur wenig gegen die Reflexionsrichtung geneigt (∠ δ) und die reflektierte Intensität ist gering.

Als Bedingung für lineare Polarisation durch Reflexion ergibt sich so

tan ​α​B​ =

n​2 = n​21 n​1

Brewstersches Gesetz,

(IV-1.137)

wobei αB der Brewsterwinkel ist (nach Sir David Brewster, 1781–1868, schottischer Physiker und „Erfinder“ des Kaleidoskops (das allerdings schon den Griechen bekannt, aber lange Zeit in Vergessenheit geraten war). Für den Übergang Luft-Glas mit n21 = 1,5 ist α​B​ = arctan​1,5 = 56,3° .

1.4.3 Die Fresnelschen Formeln In Band III, Kapitel „Elektrostatik“, wurde das Verhalten der Tangential- und Normalkomponenten der elektrischen Feldstärke an Grenzflächen abgeleitet (Anhang 2.1, Gln. (III-1.161) und (III-1.165)). Dabei zeigte sich, dass beim Übergang von Medium 1 in Medium 2 für die elektrische Feldkomponente normal zur Grenzfläche

E​2, ⊥ =

ε​1 E​1, ⊥ ε​2

(IV-1.138)

gilt (d. h. stetiger Übergang der Normalkomponente von D​⇀= ε​E⇀​), während die Tangentialkomponente von E​⇀stetig übergeht

74

1 Wellenoptik

E​2,∥ = E​1,∥ .

(IV-1.139)

Analog kann für das Magnetfeld gezeigt werden

B​2,∥ =

μ​2 1/​μ1​ B​1,∥ = B​1∥ μ​1 1/​μ2​

(IV-1.140)

1 (d. h. stetiger Übergang der Tangentialkomponente von H​⇀= B​⇀) und μ​

B​⇀2, ⊥ = B​⇀1, ⊥ ,

(IV-1.141)

die Normalkomponenten der magnetischen Kraftflussdichte (= magnetische Induktion) B​⇀gehen stetig von einem Medium ins andere über. Für die Energiedichte des elektromagnetischen Feldes bzw. elektromagnetischer Wellen im Vakuum fanden wir (siehe Band III, Kapitel „Zeitlich veränderliche elektromagnetische Felder und Maxwellgleichungen“, Abschnitt 4.2.4, Gl. III-4.36 und Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.4, Gln. III-5.136 und III-5.147) 1 1 2 w​E​M​ = w​E​ + w​M​ = (ε​0 E​ 2 + B​ ) = ε​0 E​ 2 . 2 μ​0

(IV-1.142)

Im idealen, nicht-absorbierenden Medium gilt w​E​M​ = ε​ E​ 2 = ε​0 ε​r​ E​ 2 .

(IV-1.143)

2 Damit erhalten wir für die momentane Leistungsdichte S​mom​ = w​E​M​ ⋅ c​ph = ε​cp​ h E​ und die zeitlich gemittelte Intensität I (= Bestrahlungsstärke) einer linear polarisierten Welle im Medium, wenn E0 die elektrische Feldamplitude ist (siehe Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.4, Gl. III-5.150):

I​ =

1 c​ 2 1 c​ph ε​E​ 20 = ε​E​ 0 2 2 n​

mit

[I​ ] =

W​ m​ W​ . ⋅ = 2 3 m​ s​ m​ ⋅ s​

(IV-1.144)

Für die Phasengeschwindigkeit cph können wir schreiben (siehe Abschnitt 1.1.3, Gln. IV-1.11 und IV-1.12)

75

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

c​ph =

c​ = n​

1 1 = √ε​r​ ε​0 μ​r​ μ​0 √ε​μ​

und, wenn das Medium nicht ferromagnetisch ist, also μ​r​ = 1 ⇒ μ​ = μ​0 ⇒ n​ = √ε​r​ 1 und c​ph = . √ε​μ0​ Damit werden die momentane Leistungsdichte Smom und die (gemittelte) Bestrahlungsstärke (= Intensität) I am Flächenelement dA2 = dA der Grenzfläche zu S​mom​ = c​ph ε​E​ 2 =

I​ =

ε​ 2 d​Φ d​Φ 1 √ E​ 0 = d​A2​ = d​A​ 2 μ​0

ε​

√ε​μ0​

2

E​ = √

ε​ 2 E​ μ​0

(IV-1.145)

(Bestrahlungsstärke = Intensität).

(IV-1.146)

d​W​ , d​t​ d​Φe​ = I​e​ ⋅ d​A​ bzw. Φe​ = I​e​ ⋅ A​ , wenn Ie über A konstant ist (siehe Kapitel „Wärmestrahlung“, Abschnitt 3.1.3) auf die Fläche A der Grenzfläche zwischen zwei Medien 1 und 2 fallen (der Index e steht für „einfallend“). Dieses Bündel spaltet an der Grenzfläche in einen reflektierten Φr und einen in das zweite Medium transmittierten Strahl Φt auf (Abb. IV-1.36). Die Energieerhaltung verlangt, dass die einfallende Strahlungsleistung gleich der Summe der Strahlungsleistungen des reflektierten und des gebrochenen Strahls sein muss, daher Wir lassen jetzt ein Lichtbündel mit einer gewissen Strahlungsleistung Φe​ =

Φe​ = Φr​ + Φt​ .

(IV-1.147)

Die Querschnitte der Lichtbündel des einfallenden und des reflektierten Strahls sind A​ cos ​α​ , die des transmittierten Strahls A​ cos ​β​ . Für die Strahlungsleistungen muss daher mit dem Energiesatz gelten I​e​ A​ cos ​α​ = I​r​ A​ cos ​α​ + I​t​ A​ cos ​β​ I​e​ = I​r​ + I​t​

⇒ Mit q​α​ = ε​1

(IV-1.148)

cos ​β​ . cos ​α​

(IV-1.149)

cos ​β​ und den Werten für die Intensitäten aus Gl. (IV-1.146) wird cos ​α​ 2

ε​1

2

ε​2

2

cos ​β​

ε​1

2

ε​2

2

√ μ​0E​ 0,e​ = √ μ​0E​ 0,r​ + √ μ​0E​ 0,t​ cos ​α​ = √ μ​0E​ 0,r​ + q​α​ ⋅ √ μ​0E​ 0,t​ ;

(IV-1.150)

76

1 Wellenoptik

A

Φr

Φe α

α

α

Medium 1 β

Medium 2

β Φt

Abb. IV-1.36: Ein Lichtbündel mit der Strahlungsleistung Φe fällt auf die Grenzfläche zwischen den Medien 1 und 2. Es spaltet an der Grenzfläche in einen reflektierten Φr und einen in das zweite Medium transmittierten Strahl Φt auf.

für qα folgt 2

cos ​β​ = q​α​ = cos ​α​

√1 − sin​2 α​

√1 − sin​ 2 β​ cos ​α​

√n​ 221 − sin​ 2 α​

n​ 21

⏟ = sin ​β​ = ⇒

n​1 n​2

cos ​α​

sin ​α​

sin​ 2 β​ =

=

n​21 cos ​α​

(IV-1.151)

sin​ 2 α​ n​ 221

als Abkürzung für den Quotienten der Bündelquerschnitte und n​21 = =√

ε​2 μ​2 ε​2 μ​0 ε​2 =√ = √ als relativem Brechungsindex. ε​1 μ​1 ε​1 μ​0 ε​1

n​2 = n​1

Damit erhalten wir für die Differenz der Quadrate der Feldamplituden der einfallenden und der reflektierten Strahlen E​ 20,e​ − E​ 20,r​ = q​α​ √

ε​2 2 ⋅ E​ 0,t​ = n​21 ⋅ q​α​ ⋅ E​ 02 ,t​ . ε​1

(IV-1.152)

Wir betrachten jetzt die Komponenten Ep und Es der elektrischen Feldstärke E​⇀= {E​p,E​ ​ s} ​ parallel und senkrecht zur Einfallsebene; für beide Komponenten muss die obige Gleichung einzeln gelten: E​ 02 ,e​,s​ − E​ 02 ,r​,s​ = n​21 q​α​ E​ 20,t​,s​

(IV-1.153)

E​ 20,e​,p​ − E​ 02 ,r​,p​ = n​21 q​α​ E​ 20,t​,p​ .

(IV-1.154)

77

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

Wesentlich ist (siehe dazu die Abschnitt 1.4.2, Abb. IV-1.34): Die Komponente Es ⊥ zur Einfallsebene ist die Tangentialkomponente von E​⇀an der Grenzfläche. An der Grenzfläche sind Ee,s und Er,s die Tangentialkomponenten von E​⇀e​ und E​⇀r​ im Medium 1 und Et,s von E​⇀t​ im Medium 2. Aus der Stetigkeit der Tangentialkomponenten folgt daher: E​0,e​,s​ + E​0,r​,s​ = E​0,t​,s​ . 2

(IV-1.155)

2

2

Aus E​ 0,e​,s​ − E​ 0,r​,s​ = (E​0,e​,s​ + E​0,r​,s​ )(E​0,e​,s​ − E​0,r​,s​ ) = n​21 q​α​ E​ 0.t​,s​ ergibt sich sofort E​0,e​,s​ − E​0,r​,s​ = n​21 q​α​ E​0,t​,s​ .

(IV-1.156)

Durch nochmalige Verwendung von E​0,e​,s​ + E​0,r​,s​ = E​0,t​,s​ können wir die transmittierte Komponente eliminieren und umformen: E​0,e​,s​ − E​0,r​,s​ = n​21 q​α​ E​0,e​,s​ + n​21 q​α​ E​0,r​,s​

(IV-1.157)

E​0,r​,s​ (1 + n​21 q​α​ ) = E​0,e​,s​ (1 − n​21 q​α​ )

(IV-1.158)

E​0,r​,s​ = E​0,e​,s​

1− 1+

n​2 cos ​β​ n​1 cos α ​ ​ n​2 cos ​β​ n​1 cos α ​ ​

=

n​1 cos ​α​ − n​2 cos ​β​ . n​1 cos ​α​ + n​2 cos ​β​

Da E​0,r​,s​ = r​s​ E​0,e​,s​ ergibt sich als Amplitudenreflexionskoeffizient r​s​ =

r​s​ =

E​0,r​,s​ n​1 cos ​α​ − n​2 cos ​β​ sin ​ (α​ − β​) = =− E​0,e​,s​ n​1 cos ​α​ + n​2 cos ​β​ sin ​ (α​ + β​)

(IV-1.159)

E​0,r​,s​ E​0,e​,s​

(IV-1.160)

Amplitudenreflexionskoeffizient für die Komponente ⊥ zur Einfallsebene. 64

64 n​2 (

sin ​α​ sin ​β​

=

n​2 n​1



sin ​β​ cos ​α​ − cos ​β) ​ sin ​α​

sin ​β​ cos ​α​ + cos ​β​) n​2 ( sin ​α​

n​1 = n​2

=

sin ​β​ sin ​α​

;

sin ​β​ cos ​α​ − sin ​α​ cos ​β​ sin ​β​ cos ​α​ + sin ​α​ cos ​β​

=

sin ​(β​ − α​) sin ​(β​ + α​)

=−

sin ​(α​ − β​) sin ​(α​ + β​)

1

78

1 Wellenoptik

∠ (180 − α)

E0,e,p α

E0,r,p

E0,e,p⋅cos α

α

E0,r,p⋅cos (180 − α)

Abb. IV-1.37: Die Schwingungskomponente E0,e,p der einfallenden Strahlung schwingt in der Einfallsebene.

Eliminieren wir aus E​0,e​,s​ − E​0,r​,s​ = n​21 q​α​ E​0,t​,s​ (Gl. IV-1.156) unter Verwendung von E​0,r​,s​ = E​0,t​,s​ − E​0,e​,s​ (Gl. IV-1.155) die reflektierte Komponente, so erhalten wir E​0,e​,s​ − E​0,t​,s​ + E​0,e​,s​ = n​21 q​α​ E​0,t​,s​

(IV-1.161)

2E​0,e​,s​ = E​0,t​,s​ (1 + n​21 q​α​ )

(IV-1.161a)

2 E​0,t​,s​ = = E​0,e​,s​ 1 + n​21 q​α​

2 2 n​1 cos ​α​ = n​2 cos ​β​ n​1 cos ​α​ + n​2 cos ​β​) 1+ n​1 cos ​α​

(IV-1.162)

E​0,t​,s​ unund daraus (E​0,t​,s​ = t​s​ E​0,e​,s​) den Amplitudentransmissionskoeffizienten t​s​ = E​ 0,e​,s​ ter Verwendung der Beziehung von Fußnote 62

t​s​ =

E​0,t​,s​ 2 n​1 cos ​α​ 2 sin ​β​ cos ​α​ = = E​0,e​,s​ n​1 cos ​α​ + n​2 cos ​β​ sin​ (α​ + β​)

(IV-1.163)

Amplitudentransmissionskoeffizient für die Komponente ⊥ zur Einfallsebene. Jetzt betrachten wir die Schwingungskomponente der einfallenden Strahlung, die in der Einfallsebene schwingt, d. h. E0,e,p (Abb. IV-1.37). Auch diese Komponente hat einen Anteil, der in der Grenzfläche, also tangential, schwingt, der jetzt aber vom Einfallswinkel abhängt. Aus der Bedingung des stetigen Übergangs der Tangentialkomponenten in der Grenzfläche ergibt sich −cos ​α​

cos ​ (180 − α​) = E​0,t​,p​ ⋅ cos ​β​ E​0,e​,p​ ⋅ cos ​α​ + E​0,r​,p​ ⋅⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞ ⇒

E​0,e​,p​ − E​0,r​,p​ = E​0,t​,p​

cos ​β​ = E​0,t​,p​ q​α​ . cos ​α​

(IV-1.164) (IV-1.165)

79

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

Von der Aufspaltung in die zueinander senkrechten Komponenten wissen wir, dass 2 2 2 für die Schwingung parallel zur Einfallsebene E​ 0,e​,p​ − E​ 0,r​,p​ = n​21 q​α​ E​ 0,t​,p​ gilt (Gl. IV1.154); das können wir durch die obige Gleichung (IV-1.165) dividieren und erhalten (E​ 0,e​,p​ + E​ 0,r​,p​ )(E​ 0,e​,p​ − E​ 0,r​,p​ ) = n​21 E​ 0,t​,p​ (E​ 0,e​,p​ − E​ 0,r​,p​ ) ⇒

(IV-1.166)

E​0,e​,p​ + E​0,r​,p​ = n​21 E​0,t​,p​ .

(IV-1.167)

Die Eliminierung zunächst der transmittierten Komponente und anschließend der reflektierten Komponente mit Hilfe der Gleichung von oben, wieder unter Verwendung von Fußnote 64, liefert die Amplitudenreflexions- und -transmissionskoeffizienten rp und tp für die Komponente parallel zur Einfallsebene:



r​p​ =

E​0,r​,p​ n​2 cos ​α​ − n​1 cos ​β​ tan ​ (α​ − β​) = = E​0,e​,p​ n​2 cos ​α​ + n​1 cos ​β​ tan ​ (α​ + β​)

(IV-1.168)

Amplitudenreflexionskoeffizient für die Komponente ∥ zur Einfallsebene.65

t​p​ =

E​0,t​,p​ 2 n​1 cos ​α​ 2 sin ​β​ cos ​α​ = = E​0,e​,p​ n​2 cos ​α​ + n​1 cos ​β​ sin​ (α​ + β​) cos​ (α​ − β​)

(IV-1.169)

Amplitudentransmissionskoeffizient für die Komponente ∥ zur Einfallsebene. Die Gleichungen für r​s,r​ ​ p,t​ ​ s,t​ ​ p​ heißen Fresnelsche Formeln, da sie von Augustin Jean Fresnel 1821 aus der elastischen Lichttheorie (Lichtwellen als elastische Wellen im „Äther“ als Ausbreitungsmedium) abgeleitet wurden. Ihre Gültigkeit ist neben den Erscheinungen der Polarisation ein Beweis für die Transversalität elektromagnetischer Wellen. Die Fresnelschen Formeln beschreiben vollständig die Reflexion, Brechung und Polarisation elektromagnetischer Wellen in homogenen, isotropen, absorptionsfreien Medien.

1

Für den Fall der Reflexion der senkrecht polarisierten Welle am optisch dichteren Medium, bei dem der Einfallswinkel α immer größer ist als der Brechungswinkel β,

65 Mit n​1 = n​2

sin ​β​ sin ​α​

folgt zunächst r​p​ =

sin ​α​ ⋅ cos ​α​ − sin ​β​ ⋅ cos ​β​ sin ​α​ ⋅ cos ​α​ + sin ​β​ ⋅ cos ​β​

sin (α−β), cos (α+β), sin (α+β) und cos (α−β) findet man dann r​p​ =

; mit Hilfe der Ausdrücke für

sin (​ α​ − β​) ⋅cos (​ α​ + β​) sin (​ α​ + β​) ⋅cos (​ α​ − β​)

=

tan​(α​ − β​) tan​(α​ + β​)

.

80

1 Wellenoptik

1 0,8 0,6

n1 = 1 n2 = 1,5

n2 ___ 1,5 tan αB = ___ = ⇒ αB = 56,3° n1 1

‌ rS ‌ ‌ rp ‌

0,4 0,2 r

rp

αB

0 10

20

30

40

50

60

70

–0,2 –0,4 rS

–0,6

80 α[°]

90

rp

–0,8 –1 Abb. IV-1.38: Amplitudenreflexionskoeffizienten r für die Komponenten senkrecht (s) und parallel (p) zur Einfallsebene einer linear polarisierten elektromagnetischen Strahlung, die vom Vakuum (n1 = 1) auf ein Medium mit n2 = 1,5 auftrifft. Die negativen Werte der berechneten Kurven (schwarz) entstehen durch eine Richtungsumkehr der entsprechenden Komponenten an der Grenzfläche, die einem Phasensprung zwischen der einfallenden und der reflektierten Welle um π entspricht. Die blauen Kurven geben die Absolutwerte der Reflexionskoeffizienten wieder. Beim Einfallswinkel α = αB, dem Brewsterwinkel, wird rp = 0, da hier α + β = 90° und daher tan (α + β) = tan (π/2) = +∞: Beim Brewsterwinkel erfolgt vollständige Polarisation der reflektierten Strahlung senkrecht zur Einfallsebene, da rp = 0. Die durchgehende Strahlung ist partiell polarisiert, da tp < ts; denn aus den Fresnelschen Formeln folgt

t​s​ t​p​

=

2 sin​ β​ cos ​α​ sin​ (α​ + β​)

/

2 sin​ β​ cos ​α​ sin​ (α​ + β​) cos ​ (α​ − β​)

= cos ​ (α​ − β​) < 1 für

0 < α < π/2. Im Gegensatz zur Reflexion verschwindet beim Durchgang für alle Einfallswinkel keine der beiden Komponenten, aber es ist ts stets kleiner als tp (vgl. dazu auch Abb. IV-1.39a).

ergibt sich nach Gl. (IV-1.60) rs als negativ. Das bedeutet eine sprunghafte Phasenänderung der reflektierten Wellen um π an der Grenzfläche für alle Einfallswinkel.66 Die Komponente rp parallel zur Einfallsebene ist zwar für kleinere Einfallswinkel mit (α + β) < π/2 positiv und es tritt an der Grenzfläche kein Phasensprung auf, bei Erreichen des Brewsterwinkels αB wird aber auch rp negativ und die Phase ändert sich sprunghaft um π. Wir erkennen aus den berechneten Kurven der Abbn. IV-1.38, IV-1.39, IV-1.39a und IV-1.40: Für die reflektierte Strahlung gilt |r​s​ | > |r​p​ | , mit Ausnahme der beiden Werte für α = 0 und α = 90° (senkrechter und streifender Einfall), für die r​s​ = r​p​ .

66 Eine Phasenänderung um π bedeutet eine Multiplikation der Amplitude E0,r,s mit eiπ = −1.

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

1 0,8 0,6 r

0,4

81

rs , rp

n1 = 1,5 n2 = 1

n2 1 tan αB = __ = ___ n1 1,5 ⇒ αB = 33,7° n2 1 sin αG = __ = ___ n1 1,5 ⇒ αG = 41,8° rs

in diesem Bereich sind rp und rs komplex

rp

0,2 αB αG = 41,8°

‌ rp ‌

0 10 –0,2

20

30

40

50

60

70

80

90 α [ ° ]

rp Totalreflexion

Abb. IV-1.39: Amplitudenreflexionskoeffizienten r für die Komponenten senkrecht (s) und parallel (p) zur Einfallsebene einer linear polarisierten elektromagnetischen Strahlung, die aus einem Medium mit n1 = 1,5 ins Vakuum (n2 = 1) austritt. Die negativen Werte der für rp berechneten Kurve (schwarz strichliert) entstehen wieder durch eine Richtungsumkehr der entsprechenden Komponente an der Grenzfläche, die einem Phasensprung zwischen der einfallenden und der reflektierten Welle um π entspricht. Die blauen Kurven geben die Absolutwerte der Reflexionskoeffizienten π​ wieder. Beim Einfallswinkel α = αB (dann ist β​ = − α​B​ ), dem Brewsterwinkel, wird rp = 0 (Polari2 sation durch Reflexion). Ab einem Einfallswinkel α = αG, dem Grenzwinkel der Totalreflexion, tritt Totalreflexion ein. αG folgt aus dem Brechungsgesetz n​1 sin​ α​ = n​2 sin​ β​. Hier ist n2 < n1 und daher sin β > sin α; mit β​max​ = 90° (gebrochener Strahl in der Grenzfläche) und sin​ β​max​ = 1 ist 2 n​2 n​2 n​2 1 sin​ α​G​ = = wird α​G​ = 41,8°. Aus den Fresnelschen Formeln für rs sin​ β​max​ = ; mit = ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ n​1 n​ n​ 1,5 3 1 1 =1 und rp ergibt sich für α​ = α​G​ und β = βmax = 90°: cos βmax = 0 ⇒ rs = rp .

r​s​ | steigt ständig mit α; bis zum Brewsterwinkel αB sinkt |r​p​ | zuerst, beim Brewsterπ​ winkel α​ = α​B​ mit α​B​ + β​ = 90° wird r​p​ = 0 , (tan​ (α​B​ + β​) = tan​ = +∞​); für α​ > α​B​ 2 | | | | steigt r​p​ dann wieder stark an, bis bei r​p​ = 1 der Grenzwinkel der Totalreflexion |

erreicht ist. Die transmittierte Strahlung besteht stets aus einem Gemisch beider Komponenten mit t​p​ > t​s​ , nur bei senkrechtem Einfall (α = 0), für n2 > n1 auch bei streifendem (α = 90°), ist t​p​ = t​s​ . Wir betrachten den senkrechten Strahleinfall (α = 0) noch genauer: α​ = 0 und damit



β​ = 0

(IV-1.170)

82

1 Wellenoptik

3,0 n1 = 1,5 n2 = 1

2,5

sin αG = n2/n1 = 1/1,5 ⇒ αG = 41,8°

2,0

tp 1,5

ts t

Totalreflexion, in diesem Bereich sind tp und ts komplex

1,0

0,5 αG = 41,8° 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90 α [ ° ]

–0,5 IV-1.39a: Amplitudentransmissionskoeffizient ts (senkrecht) und tp (parallel) zur Einfallsebene einer linearpolarisierten elektromagnetischen Strahlung, die aus einem Medium mit n1 = 1,5 ins Vakuum (n2 = 1) austritt. Beide Komponenten verschwinden nicht bei αG, ts ist stets kleiner als tp. Für α > αG breitet sich die durchtretende Welle längs der Grenzfläche aus (Oberflächenwelle) und dringt einige λ tief in die Luft ein. Siehe dazu z. B. Bergmann-Schaefer, Lehrbuch der Experimentalphysik, Band 3. Optik. De Gruyter, 2004.

r​s​ =

n​1 cos ​α​ − n​2 cos ​β​ n​1 − n​2 1 − n​21 = = n​1 cos ​α​ + n​2 cos ​β​ n​1 + n​2 1 + n​21

(IV-1.171)

r​p​ =

n​2 − n​1 n​21 − 1 = n​2 + n​1 n​21 + 1

(IV-1.172)

t​s​ =

2 n​1 2 = n​1 + n​2 1 + n​21

(IV-1.173)

t​p​ =

2 n​1 2 = . n​2 + n​1 n​21 + 1

(IV-1.174)

Die Fresnelschen Formeln ergeben eine Änderung der reflektierten und transmittierten Feldstärkekomponenten in Abhängigkeit vom Einfallswinkel α und vom > Brechungskoeffizienten n21 =< 1 (für n​21 ≤ 1 aber nur für Einfallswinkel α​ < α​G​ !). Wird der Bereich der Totalreflexion (mit n​1 > n​2 und α​ > α​G​ mit sin​αG​ ​ = n​21) ausgeschlossen, so ist bei linear polarisierter Einfallsstrahlung auch die reflektierte und die

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

83

1

0,8

0,6 ts

n1 = 1 n2 = 1,5

t 0,4

tp

0,2

0 0

10

20

30

40

50

60

70 80 α[°]

90

Abb. IV-1.40: Amplitudentransmissionskoeffizienten t für die Komponenten senkrecht (s) und parallel (p) zur Einfallsebene einer linear polarisierten elektromagnetischen Strahlung, die vom Vakuum (n1 = 1) auf ein Medium mit n2 = 1,5 auftrifft.

transmittierte Strahlung wieder linear polarisiert, da in diesem Bereich die Fresnelschen Formeln nur Amplitudenänderungen beschreiben. Diese bewirken allerdings eine von α abhängige Drehung der Polarisationsebene sowohl im reflektierten als auch im transmittierten Bereich. Der Drehwinkel φ gegen das Einfallsazimut π​ E​0,r​,p​ π​ E​0,t​,p​ π​ − bzw. φ​t​ = arctan​ − . (E​0,e​,p​ = E​0,e​,s​) ist φ​r​ = arctan​ φ​0 = 4 E​0,r​,s​ 4 E​0,t​,s​ 4 Ganz anders liegen die Verhältnisse im Bereich der Totalreflexion bei α​ > α​G​ , sin​ α​G​ = n​21 = n​′ < 1 und sin α > sin αG = n′. Hier gilt

sin​ β​ =

sin​ α​ 2 > 1 ⇒ cos ​β​ = √1 − sin​ β​ = n​′



1−(

sin​ α​ n​2 = = n​′ < 1 und damit sin​ β​ n​1

sin​ α​ 2 sin​ 2 α​ ) = i​√ − 1 : cos β ist n​′ n​ ′2

⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ n​ ′2 ) in die Fresnelschen Forn​′

meln ein, dann werden die Koeffizienten r​⇀s​ und r​⇀p​ komplex. Das bedeutet, dass zwischen E​0,e​,s​ und E​0,r​,s​ sowie E​0,e​,p​ und E​0,r​,p​ eine Phasenverschiebung δ​s​ (α​) bzw. δ​p​ (α​) auftritt. Ohne Beweis sei hier angegeben (siehe z. B.: BergmannSchaefer, Lehrbuch der Experimentalphysik, Band 3, Optik (H. Niedrig, Hrsgb.), de Gruyter, 2004):

mit tan​

δ​s​ = 2

√sin​ 2 α​ − n​ ′2

E​0,r​,p​ = E​0,e​,p​ e​ i​δp​ ​ mit tan​

δ​p​ = 2

√sin​ 2 α​ − n​ ′2

E​0,r​,s​ = E​0,e​,s​ e​

i​δs​ ​

cos ​α​

n​′2 cos ​α​

und |E​0,r​,s​ | = |E​0,e​,s​ | und |E​0,r​,p​ | = |E​0,e​,p​ |

Bei geeignet gewähltem Einfallswinkel α kann so ein vorgegebener Phasenunterschied der beiden intern reflektierten Komponenten erreicht werden. Mit Kronglas (n​′ =

1 π​ 2 = ) beträgt Δ = δ​p​ − δ​s​ = bei α​ = 54°37′ . Dies benützte Fresnel 1,5 3 4

zur Erzeugung zirkular polarisierten Lichts, indem er linear polarisiertes Licht (Polarisationsebene unter 45° zur Einfallsebene ⇒ E​0,e​,p​ = E​0,e​,s​) zweimal unter α​ = 54°37′ in einem geeignet geformten Kronglas-Parallelepiped zur Totalreflexion brachte.

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

85

zirkular polarisiert

Fresnelsches Parallelepiped

54°37′ 54°37′ 54°37′

linear polarisiert unter 45° zur Einfallsebene

1.4.4 Reflexions- und Transmissionsgrad Der Energietransport einer elektromagnetischen Welle wird durch den PoyntingVektor beschrieben (siehe Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.4, Gl. III-5.149), der die momentane Energiestromdichte angibt: S​⇀=

1 (E​⇀× B​⇀) = ε​0 c​ 2 (E​⇀× B​⇀) . μ​0

(IV-1.175)

Für die über die Zeit gemittelte Leistungsdichte (= Bestrahlungsstärke = Intensität) einer linear polarisierten Welle ergibt sich im Vakuum (siehe Abschnitt 1.4.3, Gl. IV1.144 und Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und 1 Wellen“, 5.5.4, Gl. III-5.150) mit B​0 = ⋅ E​0 c​ I​ = 〈 |S​ |〉 =

1 ε​0 c​E​ 20 . 2

Die Strahlungsleistung auf eine bestrahlte Fläche A ist bei senkrechtem Strahlungseinfall definiert als (siehe Kapitel „Wärmestrahlung“, Abschnitt 3.1.3)

86

1 Wellenoptik

Φ=

d​W​ = I​ ⋅ A​ . d​t​

(IV-1.176)

Fällt die Strahlung unter dem Winkel α ein, müssen wir A durch A ⋅ cos α (= Bündelquerschnitt) ersetzen. Wir definieren als Reflexionsgrad R im Medium 1 (ε1, μ1 = 1) den Quotienten aus reflektierter und einfallender Strahlungsleistung mit Gl. (IV-1.164)

⏞ =

Φr​ I​r​ A​ cos ​α​ I​r​,s​ + I​r​,p​ R​ = = = Φe​ I​e​ A​ cos ​α​ I​e​,s​ + I​e​,p​ ε​1

2

2

2

2

√ μ​0(r​ s​ E​ 0,e​,s​ + r​ p​ E​ 0,e​,p​ ) =

2

=

2

2

2

r​ s​ E​ 0,e​,s​ + r​ p​ E​ 0,e​,p​

ε​1 2 2 √ μ​0(E​ 0,e​,s​ + E​ 0,e​,p​ )

2

2

E​ 0,e​,s​ + E​ 0,e​,p​

(IV-1.177)

und als Transmissionsgrad T im Medium 2 (ε2, μ2 = 1) den Quotienten aus einfallender und transmittierter Strahlungsleistung T​ =

Φt​ I​t​ A​ cos ​β​ cos ​β​ I​t​ cos ​β​ I​t​,s​ + I​t​,p​ = = = ⋅ = ⋅ Φe​ I​e​ A​ cos ​α​ cos ​α​ I​e​ cos ​α​ I​e​,s​ + I​e​,p​ ε​2

=

cos ​β​ cos ​α​

2

2

2

2

√ μ​0(t​ s​ E​ 0,e​,s​ + t​ p​ E​ 0,e​,p​ ) = n​21 ε​1 2 2 √ μ​0(E​ 0,e​,s​ + E​ 0,e​,p​ )

cos ​β​ t​ 2s​ E​ 02 ,e​,s​ + t​ p2 ​ E​ 20,e​,p​ . ⋅ 2 2 cos ​α​ E​ 0,e​,s​ + E​ 0,e​,p​

(IV-1.178)

Da bei senkrechtem Einfall die Einfallsebene nicht definiert ist, kann nicht zwischen den Komponenten ⊥ und ∥ zur Einfallsebene unterschieden werden, daher gilt E​0,e​,p​ = E​0,e​,s​ = E​0,e​ .

(IV-1.179)

Damit erhalten wir mit den Gln. (IV-1.171) bis (IV-1.174) bei senkrechtem Einfall für den Reflexionsgrad R 2

R​ =

(1 + =

2

(1 − n​ 21 )2 E​ 0,e​ + (n​ 21 − 1)2 E​ 0,e​ n​ 21 )2 ⋅ 2 E​ 20,e​

=

(n​ 2 − n​1 )2 (n​ 2 + n​1 )2

und für den Transmissionsgrad T

2(n​ 21 − 1)2 E​ 20,e​ 2(n​ 21 +

1)2 E​ 20,e​

=

(n​ 21 − 1)2 (n​ 21 + 1)2

=

(IV-1.180)

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

T​ = n​21 ⋅

4 E​ 20,e​ + 4 E​ 20,e​ 2

(n​ 21 + 1)

⋅ 2 E​ 20,e​

=

4 n​21 n​ 21 2

4 n​1 n​2

=

(n​ 2 + n​1 )

2

.

87 (IV-1.181)

(n​ 1 + n​2 )

I​r​,s​ Ohne Absorptionseffekte muss wegen der Energieerhaltung gelten (mit R​s​ = , I​ e​,s​ I​r​,p​ I​t​,s​ I​t​,p​ R​p​ = , T​s​ = und T​p​ = I​e​,p​ I​e​,s​ I​e​,p​ R​ + T​ = 1 ,

R​s​ + T​s​ = 1 ,

R​p​ + T​p​ = 1 ,

(IV-1.182)

was aus den angegebenen Formeln sofort ersichtlich ist. Beispiel: Reflexionsgrad R und Transmissionsgrad T für den Übergang Luft (Vakuum, n1 = 1) – Kronglas (n2 = 1,5) bei senkrechtem Einfall (α = 0). R​ =

(1,5 − 1)2 2

(1,5 + 1) T​ =

=

0,52 2

2,5

4 ⋅ 1,5 (1,5 + 1)2

=

0,25 = 0,04 ≙ 4 % 6,25

= 0,96 ≙ 96 % .

Dies scheint auf den ersten Blick viel für den Transmissionsgrad zu sein; wenn man aber bedenkt, dass komplizierte optische Systeme (wie z. B. U-Boot-Sehrohre) zwanzig und mehr Linsen mit je zwei reflektierenden Flächen besitzen, dann ist verständlich, dass die Optotechnik schon bald nach Möglichkeiten suchte, T zu erhöhen. Dies gelang schon in der Zwischenkriegszeit durch Bedampfung der Linsenflächen unter Ausnutzung des Interferenzeffekts (destruktive Interferenz der reflektierten Wellen – „Entspiegelung“). Bei 40 nichtentspiegelten Flächen treten nur mehr 0,9640 = 0,20 ≙ 20 % des einfallenden Lichts hindurch!

1.4.5 Doppelbrechung und optische Aktivität (Drehung der Polarisationsebene) In diesem Abschnitt soll die Ausbreitung einer auf einen Kristall mit optisch anisoi​ (ω​t​−k​⇀r​⇀) untersucht werden. troper Struktur einfallenden Planwelle E​⇀= E​⇀0 e​

1.4.5.1 Doppelbrechung (birefringence = double refraction) Alle Kristalle, die nicht dem kubischen Kristallsystem zuzuordnen sind, z. B. Calcit (Kalkspat, CaCo3 ), Quarz, Glimmer, Gips usw., sind optisch anisotrop, ihre optischen Eigenschaften hängen von der Richtung der Lichtstrahlen im Kristall ab

88

1 Wellenoptik

Optische Achse x

Optische Achse y

102ᵒ

102ᵒ

102ᵒ 78ᵒ

78ᵒ

102ᵒ

Calcit

x'

Quarz

y'

Abb. IV-1.41: Kristalliner Aufbau von Calcit (Kalkspat) und Quarz, beide natürlich gewachsen. Die Richtung der optischen Achse (optic axis, (x​x​′ und y​y​′ )) ist eingezeichnet. Nach F. A. Jenkins und H. E. White, Fundamentals of Optics, McGraw-Hill, 1976, S. 497.

(Abb. IV-1.41).67 Entdeckt wurde der Effekt 1669 von Erasmus Bartholinus (1625– 1692, Mediziner und Professor für Mathematik in Kopenhagen, Schwiegervater von Olaf Römer). Er stellte fest, dass ein in Kalkspat einfallender Lichtstrahl i. Allg. in zwei Richtungen, d. h. „doppelt“ gebrochen wird und deshalb Bilder oder Buchstaben einer Schrift, die man durch ihn hindurch betrachtet, doppelt erscheinen. Dieser Effekt der Doppelbrechung von Calcit (Kalkspat, CaCo3) wurde in Band I, Kapitel „Mechanik deformierbarer Körper“, Abschnitt 4.1.3, Abb. I-4.4, als Beispiel für die Anisotropie von Kristallen gezeigt. Fällt ein unpolarisierter Lichtstrahl auf einen Calcit- oder einen Quarzkristall, so wird ein Teil der Strahlung an der Oberfläche reflektiert, der andere Teil dringt ein, besteht aber aus zwei unterschiedlich gebrochenen Strahlen: Einer der beiden eindringenden Strahlen, der ordentliche Strahl (O), gehorcht dem Brechungsgesetz sin ​α​ = n​ , der andere, der außerordentliche Strahl (A) aber nicht. sin ​β​ Fällt unpolarisiertes Licht auf eine Calcitplatte (CaCO3 , trigonal), so verlassen die beiden Strahlen O und A den Kristall an verschiedenen Stellen parallel zum einfallenden Strahl und sind so auch zueinander parallel (Abb. IV-1.42). Fällt der Strahl normal auf die Oberfläche, so durchdringt der ordentliche Strahl den Calcitkristall ohne Verschiebung, der außerordentliche Strahl aber tritt gegen den einfallenden Strahl verschoben aus; bei einer Drehung des Kristalls um

67 Brewster entdeckte, dass auch transparente, isotrope Kristalle und Gläser unter mechanischer Spannung optisch anisotrop werden, es tritt accidentelle Doppelbrechung (= Spannungs-Doppelbrechung) auf. Auch unter dem Einfluss elektrischer (Kerr-Effekt) oder magnetischer Felder (CottonMouton-Effekt) können isotrope Materialien (Flüssigkeiten, Gläser) doppelbrechend werden.

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

89

optische Achse

 k

109°

α

71° A

71°

βO

βA

109°

O

Abb. IV-1.42: Hauptschnitt (enthält die optische Achse und den Wellenvektor k⇀) durch einen Calcitkristall.

den ordentlichen Strahl wird der außerordentliche Strahl um den fest bleibenden ordentlichen Strahl mitgedreht. Optisch anisotrope Kristalle gehören nicht dem kubischen Kristallsystem an (siehe dazu auch Band VI, Kapitel „Festkörperphysik“, Abschnitt 2.2.1): Hexagonale, tetragonale und trigonale Kristalle haben eine ausgezeichnete Richtung, in der der ordentliche Strahl und der außerordentliche Strahl die gleiche Geschwindigkeit besitzen, die optische Achse, die parallel zur Dreh-Symmetrieachse des Kristalls, der Hauptachse, liegt; sie sind uniaxial. Calcit (Kalkspat) und Quarz gehören zu dieser Gruppe von Kristallen. Orthorhombische, monokline und trikline Kristalle haben zwei optische Achsen, sie sind biaxial (zweiachsig). Wir betrachten aber im Folgenden der Einfachheit halber nur einachsige Kristalle. Die physikalischen Eigenschaften anisotroper Kristalle ändern sich für verschiedene Richtungen normal zur optischen Achse nicht, wohl aber für Richtungen, die einen anderen Winkel mit der optischen Achse einschließen; diese Änderungen werden maximal oder minimal in Richtung der optischen Achse. Die Doppelbrechung einachsiger Kristalle verschwindet, wenn das Licht entlang der optischen Achse einfällt, der O- und der A-Strahl fallen bei gleicher Ausbreitungsgeschwindigkeit der Energie und der Schwingungsphase zusammen. Auch normal zur optischen Achse fallen O- und A-Strahl zusammen, weisen aber unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeiten und Phasen auf.68 Abb. IV-1.41 zeigt, dass die optische Achse von Calcit, das ist die trigonale Achse, zwischen den stumpfen Winkeln des Calcitrhomboeders verläuft (x​x​′ ); sie schließt mit den 3 zugehörigen Ebenennormalen den gleichen Winkel von 45,5° ein. In Quarz verläuft die optische Achse parallel zu den sechs äquivalenten Seitenflächen in Längsrichtung (Abb. IV-1.41). Die optische Achse gibt eine Kristallrichtung an: Durch jeden Punkt des anisotropen Kristalls kann eine optische Achse gelegt werden, die paral-

68 Bei doppelbrechenden Kristallen muss zwischen der Geschwindigkeit υ​⇀′ der Energieausbreitung = Strahlgeschwindigkeit (parallel zu S​⇀= E​⇀× H​⇀), die für alle physikalischen Effekte verantwortlich ist, und der Phasengeschwindigkeit = Wellennormalengeschwindigkeit υ​⇀ph (parallel zu D​⇀× H​⇀, mit D​⇀ i. Allg. nicht parallel zu E​⇀), mit der sich die Wellenfronten (Wellennormalen) ausbreiten, unterschieden werden. Bei einachsigen Kristallen ist längs der optischen Achse υ​⇀O′​ = υ​⇀ph​,O​ = υ​⇀A​′ = υ​⇀ph​,A​ ; senkrecht zur optischen Achse ist υ​⇀O​′ = υ​⇀ph​,O​ ≠ υ​⇀A​′ = υ​⇀ph​,A​ , aber υ​⇀O​′ ∥υ​⇀A​′ . Für den ordentlichen Strahl gilt stets υ​⇀O​′ = υ​⇀ph​,O​ , für den außerordentlichen Strahl gilt i. Allg. υ​⇀A​′ ≠ υ​⇀ph,A​ , wobei sowohl Betrag als auch Richtung verschieden sind. In der Kristalloptik wird der D​⇀-Vektor als „Lichtvektor“ genommen.

90

1 Wellenoptik

optische Achse Hauptschnitt ∙

O

A

Abb. IV-1.43: Calcitkristall mit Hauptschnitt und Strahlenverlauf des ordentlichen (O) und des außerordentlichen Strahls (A). Der O-Strahl schwingt normal zur Hauptebene (Hauptschnitt, schraffiert), der A-Strahl schwingt in der Hauptebene (siehe Abb. IV-1.44).

lel zu jener durch einen anderen Kristallpunkt ist. Einen Hauptschnitt (principal section) stellt jede Ebene dar, die die optische Achse und den Wellenvektor k​⇀enthält (Abb. IV-1.43). Hauptschnitte, die die optische Achse und den ordentlichen Strahl enthalten heißen Hauptebene des O-Strahls und analog Hauptebene des A-Strahls. Huygens fand 1678 mit natürlichem Licht durch Verwendung von zwei Calcitkristallen hintereinander, von denen er einen drehte, dass das Licht der bei der Doppelbrechung entstehenden Strahlen O und A senkrecht zueinander polarisiert sein musste. Das einfallende, unpolarisierte Licht wird im Kristall in zwei linear polarisierte Strahlen aufgespaltet: Der ordentliche Strahl schwingt dabei normal zur Hauptebene, in Abb. IV-1.43 gleich dem blau schraffierten Hauptschnitt, der außerordentliche Strahl schwingt in der Hauptebene. Der Kristall „erzeugt“ die zwei Strahlkomponenten, indem er nur eine bestimmte Polarisationsrichtung den einen Strahlungsverlauf mit einer bestimmten Phasengeschwindigkeit nehmen, die andere dazu senkrechte aber den anderen Verlauf mit einer anderen Phasengeschwindigkeit (Abb. IV-1.44) nehmen lässt; das wird durch zwei unterschiedliche Brechzahlen verursacht (siehe weiter unten das „Indexellipsoid“).69 69 Die Erscheinung, dass sich in Kristallen (das kubische System ausgenommen) nur zwei senkrecht zueinander polarisierte Strahlen mit i. Allg. unterschiedlicher Strahl- und Phasengeschwindigkeit (= Normalengeschwindigkeit) ausbreiten können, folgt direkt aus den Maxwellschen Gleichungen mit Berücksichtigung der Tatsache, dass in nicht-kubischen Kristallen die Feldvektoren D​⇀und E​⇀nicht parallel sind: D​⇀= ε​0 ε​r​̃ E​⇀(ε​r​̃ ist der DK-Tensor, siehe Gl. IV-1.183 weiter unten). Dargestellt z. B. in: Clemens Schaefer, Einführung in die theoretische Physik, Band 3, Teil 1, de Gruyter, 1950, S. 453 ff. Nach den Maxwellschen Gleichungen ist D​⇀⊥ k​⇀0 (k​⇀0 = Wellenvektor im Vakuum) und E​⇀, D​⇀, k​⇀ und S​⇀ (S​⇀ = Poynting-Vektor, Dichte und Richtung des Energietransports) liegen in einer Ebene ⊥ zu H​⇀(siehe dazu z. B. R. S. Longhurst, Geometrical and Physical Optics. Longman, 1974). Ein Schnitt ⊥ zum Wellennormalenvektor k​⇀0 der einfallenden Welle durch das Indexellipsoid (vgl. Abb. IV-1.45) ergibt i. Allg. eine Ellipse, die die vom Zentrum ausgehenden D​⇀-Vektoren begrenzt. Aus dieser Menge von D​⇀-Vektoren sind nur jene beiden zulässig, die in Richtung der beiden aufeinander normal stehenden Ellipsenachsen fallen, da nur an deren Enden die E​⇀-Vektoren als die Normalen auf das Indexellipsoid an den Spitzen von D​⇀mit D​⇀und k​⇀0 in einer Ebene liegen. ⇒ Zu jedem Normalenvektor k​⇀0 gibt es nur 2 D​⇀-Wellen bzw. E​⇀-Wellen, die senkrecht zueinander polarisiert sind.

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

71° 109°

 E



D

91

Hauptschnitt = Papierebene



D∥E

A O

6,2° optische Achse

Abb. IV-1.44: Der auf einen Calcitkristall einfallende, unpolarisierte Lichtstrahl wird in zwei linear polarisierte Komponenten aufgespaltet, deren Polarisationsebenen aufeinander senkrecht stehen. Der O-Strahl schwingt normal zum Hauptschnitt, der A-Strahl im Hauptschnitt. Der D​⇀-Vektor ändert seine Richtung im ganzen Strahlverlauf nicht (im Kristall nach oben versetzt gezeichnet), der E​⇀-Vektor steht immer normal zum Strahl. ⇀⇀

Wir lassen jetzt eine ebene Welle E​⇀= E​⇀0 e​ i​ (ω​t​−k​r​ ) auf eine ebene Kristallfläche einfallen und fragen uns: Was ist die Ursache für diese Aufspaltung des unpolarisierten Lichts in einem anisotropen Kristall? Aufgrund des anisotropen Atomaufbaus dieser Kristalle stimmen die Brechungsindizes und damit die Phasengeschwindigkeiten des O- und des A-Strahls nur in Richtung der optischen Achse miteinander überein, differieren aber für andere Richtungen. Denken wir an das klassische Modell (Lorentz-Modell, siehe Abschnitt 1.3.4 und Anhang 3), das den Brechungsindex elektromagnetischer Wellen in Medien durch die Anregung erzwungener Schwingungen der elastisch an die Moleküle gebundenen Elektronen erklärt. In anisotropen Medien hängt die Rückstellkraft F​R​ = −k​ ⋅ x​ von der Richtung der Schwingung im Kristall ab und damit auch die Eigenfrequenz ω​0 = √

k​ , d. h., der Brem​e​

chungsindex wird von der Ausbreitungsrichtung abhängig: In anisotropen Medien wird die Polarisierbarkeit α (und damit auch die dielektrische Suszeptibilität χDiel ) zum Tensor und damit auch ε​r​ = χ​Diel + 1 und n​ = √ε​r​ . Analog zum Trägheitstensor (siehe Band I, Kapitel „Mechanik des starren Körpers“, Abschnitt 3.3.2, Gln. (Ι-3.29) und (Ι-3.31)) ist der Dielektrizitätstensor symmetrisch und kann durch die Hauptachsentransformation diagonalisiert werden: ε​1 0 0 ε​r​̃ = (0 ε​2 0 ) 0 0 ε​3

Dielektrizitätstensor, DK-Tensor, auf Hauptachsen transformiert.

(IV-1.183)

ε1, ε2, ε3 sind die relativen Haupdielektrizitätskonstanten. Sind zwei davon gleich, ist der Kristall einachsig, sonst zweiachsig. Daraus ergeben sich die Hauptwerte des tensoriellen Brechungsindex n​ ̃, einem symmetrischen Tensor 2. Stufe, zu

92

1 Wellenoptik

n​1 = √ε​1 ,

n​2 = √ε​2 ,

n​3 = √ε​3 .

(IV-1.184)

Jeder symmetrische Tensor 2. Stufe kann als Fläche 2. Grades dargestellt werden (siehe Band I, Kapitel „Mechanik des starren Körpers“, Abschnitt 3.3.6). So ergibt der Dielektrizitätstensor als dielektrisches Ellipsoid das Fresnelellipsoid (dielectric 2 2 ellipsoid), für das analytisch gilt: f​ (E​i​ ) = E​⇀⋅ D​⇀= E​⇀⋅ (ε​0 ε​ r​̃ E​⇀) = ε​0 ε​1 E​ x​ + ε​0 ε​2 E​ y​ + 2 + ε​0 ε​3 E​ z​ = 1. Das Fresnelellipsoid liegt also im Ei-Raum und seine Achslängen (das sind die Hauptlichtgeschwindigkeiten υi ) betragen nach den Gln. (IV-1.183) und (IV1 1 c​ 1.184) = ∝ = υ​i​ .70 √ε​ n​i​ n​i​ i​

Das andere wichtige Ellipsoid ist das Indexellipsoid −1 g​ (D​i​ ) = D​⇀⋅ E​⇀= D​⇀⋅ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ (ε​ 0 ε​ r​̃ ) D​⇀= = E​⇀

1 ∕ ε​1 2 2 2 D​ x​ D​ y​ D​ z​ + + = 1 mit ε​ r​̃−1 = ( 1 ∕ ε​2 ): ε​0 ε​1 ε​0 ε​2 ε​0 ε​3 1 ∕ ε​3 x​ 2 n​ 21

+

y​ 2 n​ 22

+

z​ 2 n​ 32

=1

(IV-1.185)

Indexellipsoid (Normalenellipsoid, index ellipsoid) mit (x, y, z) = (Dx, Dy, Dz). n1, n2, n3 sind die Hauptwerte des Brechungsindex (Hauptbrechungsindizes), sie entsprechen den Längen der Hauptachsen des Indexellipsoids (Abb. IV-1.45). Das Indexellipsoid liegt also im Di-Raum und hat die gleichen Achsrichtungen wie das Fresnelellipsoid, die Achslängen betragen hier aber √ε​i​ = n​i​ ! Der zu einem Vektor D​⇀gehörende E​⇀-Vektor steht senkrecht auf dem Indexellipsoid im Endpunkt des D​⇀-Vektors, 2

denn

2

2

⇀⋅ ( D​ x​ + D​ y​ + D​ z​ ) = 2 D​x​ e​⇀1 + 2 D​y​ e​⇀2 + 2 D​z​ e​⇀3 = 2 E​⇀. ⇀g​ (D​i​ ) = ∇ ∇ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ ε​0 ε​1 ε​0 ε​2 ε​0 ε​3 ε​⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ ε​0 ε​2 ε​0 ε​3 0 ε​1 Normalvektor zu g​ (D​i​ )

= 2 E​⇀

Maßgebend für die Wellenausbreitung in Medien ist der Vektor D​⇀= ε​0 ε​ ̃r​ ⋅ E​⇀. In anisotropen Medien fällt die Richtung des D​⇀-Vektors i. Allg. nicht mit der Richtung des E​⇀-Vektors zusammen. Im Kristall schwingt der D​⇀-Vektor in der Wellenfront (= Phasenfläche) der sich in der k​⇀-Richtung ausbreitenden Welle; der E​⇀-Vektor dagegen schwingt normal zur Strahlrichtung, gegeben durch den Poynting-Vektor S​⇀= E​⇀× H​⇀, der die Energieausbreitung beschreibt, und ist daher i. Allg. geneigt gegen die Wellenfront und den Wellenvektor k​⇀, der jetzt normal zum D​⇀-Vektor ist. Alle diese Vektoren, E​⇀, D​⇀, k​⇀, und S​⇀liegen in einer Ebene ⊥ H​⇀, aber E​⇀und D​⇀weisen nur dann die gleiche Richtung auf, wenn E​⇀parallel zur optischen Achse ist oder darauf normal steht, dann fallen S​⇀und k​⇀zusammen. Die Ausbreitung des ordent-

70 Sind von den 3 Achslängen des Fresnelellipsoids, also von den 3 Hauptlichtgeschwindigkeiten, 2 gleich, dann wird das Fresnelellipsoid ein Rotationsellipsoid, der Kristall ist dann optisch einachsig.

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

93

z = Dz optische Achse



S ... Strahlrichtung für den A-Strahl

Tangentialebene

nz

  E ∦D A

A

⊥ auf Tangentialebene

nA



k ... Wellennormalenrichtung, Strahlrichtung für den O-Strahl, steht normal auf der blauen Ellipse θ





DA

nO



ny



y = Dy



nx x = Dx

 



Schwingungsebene der beiden D -Vektoren DA und DO (Indexellipse)



EO ∥ DO





DO Abb. IV-1.45: Indexellipsoid eines optisch positiven Kristalls (z. B. Quarz). Die beiden D​⇀-Vektoren D​⇀A​ und D​⇀O​ schwingen längs den Hauptachsen der gezeigten Schnittellipse (blau). k​⇀gibt die Richtung der Wellennormalen, d. h. der Phasengeschwindigkeit, S​⇀ist der Strahlvektor = Poyntingvektor, der auf E​⇀A​ bzw. E​⇀O​ normal steht und die Richtung der Strahlgeschwindigkeit, d. h. der Energieausbreitung, angibt.

lichen Strahls, in dem E​⇀ und D​⇀stets parallel sind und normal zum Hauptschnitt schwingen, erfolgt so wie im isotropen Medium unabhängig von der Richtung mit gleicher Geschwindigkeit, seine Strahlflächen71 sind kugelförmig, S​⇀ und k​⇀ zeigen

71 Die zweischalige Strahlfläche (Wellenfläche) stellt die Strahlgeschwindigkeiten υ′ des O-Strahls und des A-Strahls für alle Richtungen im Kristall dar. Sie ergibt sich auch einfach aus dem Fresnelellipsoid, wenn man es senkrecht zu einer beliebigen Strahlrichtung S​⇀ schneidet und die beiden Halbachsen der Schnittellipse längs S​⇀abträgt. Die Menge der kleinen Halbachsen von konstanter Länge ergibt die Kugelschale des O-Strahls, die großen Halbachsen ergeben die Ellipsoidschale des A-Strahls. In Richtung der optischen Achse berühren die beiden Schalen einander. Die Strahlflächen erhält man (siehe Abbn. IV-1.46 a und b), wenn von einem Punkt aus in jeder Richtung die Strahlυ​ph,A​ geschwindigkeit υ′ aufgetragen wird, wobei gilt: υ​′ = mit ζ​ =∠ (D​⇀,E​⇀) ; ⇒ υ​′ ≥ υ​ph,A​ . Die Strahlcos ​ζ​ c​0 , die des außerordentlichen fläche des ordentlichen Strahls ist eine Kugel mit dem Radius c​ = n​3 c​o​ c​o​ c​0 ein Rotationsellipsoid mit den Achsen a​ = b​ = = und c​ = . Ist c > a = b , so ist der Kristall n​1 n​2 n​3 positiv einachsig (z. B. Quarz), ist c < a = b, dann ist er negativ einachsig (z. B. Calcit). c0 ist die c​0 c​0 c​0 , b​ = , c​ = sind die Hauptlichtgeschwindigkeiten = Achsen Vakuumlichtgeschwindigkeit, a​ = n​ n​ n​ 1 2 3 des Fresnelellipsoids.

94

1 Wellenoptik

Grenzfläche Vakuum Kristall

Grenzfläche

senkrecht einfallende Planwelle

 k

0





ʋ ′A

ʋph, A

ζ



S

 E

Wellenfront des O-Strahls

senkrecht einfallende Planwelle

Wellenfront des A-Strahls

Vakuum Kristall



k0 ʋ′O = ʋph,O



E





k



D



S



k

D Strahlflächen (= Wellenflächen) optische Achse

Abb. IV-1.46a: Eine Planwelle im Vakuum (k​⇀0) fällt mit ihrer Wellenfront parallel zur Grenzfläche auf einen optisch einachsigen Kristall auf. Die Richtungen der Vektoren E​⇀, D​⇀, k​⇀und S​⇀beim außerordentlichen (A, links) und beim ordentlichen (O) Strahl (rechts) sind gezeigt. Beim A-Strahl schließen die Strahlgeschwindigkeit υ​⇀A​′ und die Phasengeschwindigkeit der Wellenfront υ​⇀ph,A​ υ​ph,A​ den Winkel ζ ein mit = cos​ζ​, wobei ζ​ = ∠ (E​⇀,D​⇀); für den O-Strahl gilt υ​⇀O​′ = υ​⇀ph,O​. Die simultan υ​A′​ auftretenden Strahlenflächen des A- und des O-Strahls wurden der Deutlichkeit halber getrennt gezeichnet.

in die gleiche Richtung. Die Strahlflächen des außerordentlichen Strahls optisch einachsiger Kristalle dagegen sind Rotationsellipsoide um die optische Achse und S​⇀und k​⇀sind nur dann parallel, wenn sie in Richtung der optischen Achse liegen oder normal dazu. Die zu einer Strahlrichtung S​⇀gehörende Wellenfront (Phasenebene) mit dem Normalvektor k​⇀ist die Tangentialebene an die Strahlfläche im Endpunkt von υ​⇀′ (siehe z. B. M. Born, Optik, Springer 1965, S. 230). Aus dem Indexellipsoid sind die Brechungsindizes und damit auch die Phasengeschwindigkeiten für unterschiedliche Winkel θ zwischen dem Wellenvektor und der optischen Achse ersichtlich: Die Welle läuft in Richtung k​⇀durch den Kristall, die beiden D​⇀-Vektoren liegen in einer Ebene durch den Ursprung des Indexellipsoids normal zu k​⇀in Richtung der Hauptachsen der Schnittellipse; die Länge der Strecke in der Richtung von D​⇀vom Ursprung bis zur Schnittkurve der Ebene mit dem Ellipsoid gibt den Brechungsindex n der Welle in k​⇀-Richtung und damit auch ihre Phasenc​0 geschwindigkeit c​ph = (c​0 … Lichtgeschwindigkeit im Vakuum). Die Beziehungen n​

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

95

Brechung bei schrägem Einfall Vakuum Kristall β

ʋ′A

α

ʋph,O = ʋ′O ʋph, A





k0



Wellenfront des O-Strahls

kA



kO opt. Achse

Wellenfront des A-Strahls

Abb. IV-1.46b: Aus dem Vakuum schräg auf eine doppelbrechende Platte eines optisch einachsigen Kristalls auffallende Planwelle. Die zweischalige Strahlfläche stellt im Kristall die Huygenssche Elementarwelle für die Fortpflanzung der Lichterregung dar. Damit können die Vorgänge bei der Brechung anschaulich dargestellt werden: Die Wellenfronten des O- und des A-Strahls sind nicht mehr parallel. Für den O-Strahl gilt das Snelliussche sin ​α​ c​ Brechungsgesetz = . sin ​β​ υ​ph,O​

der maßgebenden Vektoren k​⇀, S​⇀, D​⇀und E​⇀können am besten mit Hilfe der zweistrahligen Strahlenflächen (= Wellenflächen) dargestellt werden, welche den Huygensschen Elementarwellen im Vakuum entsprechen (Abbn. IV-1.46a,b). Bei optisch einachsigen Kristallen sind zwei der Hauptwerte des Brechungsindex gleich (n​1 = n​2 ≠ n​3 ); gilt n​3 < n​1 = n​2 (c > a = b), so heißt der Kristall optisch positiv, gilt n​3 > n​1 = n​2 (c < a = b), heißt er optisch negativ. Bei zweiachsigen Kristallen sind alle Hauptwerte der Brechzahl verschieden (n​1 ≠ n​2 ≠ n​3).

96

1 Wellenoptik

Beispiel 1: Das Nicolsche Prisma* zur Erzeugung linear polarisierten Lichts. Die Endflächen eines Calcitrhomboeders werden so abgeschliffen, dass sie nur mehr einen Winkel von 68° gegen die Kanten aufweisen (ursprünglich 71°). Dann wird der Kristall senkrecht zu seinen neuen Endflächen durchgeschnitten, die Schnittflächen poliert und mit Kanadabalsam (n = 1,55) wieder zusammen gekittet. 48°

Hauptschnitt 90°

71° 68°

A O

90°

optische Achse Nicolsches Prisma aus zwei Calcit-Kristallen, die mit Kanadabalsam aneinander gekittet sind (siehe Text).

Die Brechzahlen des O- und des A-Strahls für diese Winkel in Calcit sind: nO = 1,65836 nA = 1,48641; Der Kanadabalsam (n = 1,55) ist für den A-Strahl optisch dichter, für den OStrahl aber optisch dünner; er kann daher an der Trennschicht total reflektiert (αG = 69°) und in der Fassung absorbiert werden. Für annähernd parallel einfallendes, unpolarisiertes Licht tritt linear polarisiertes Licht halber Intensität aus dem Nicolschen Prisma aus. Werden zwei Nicolsche Prismen so hintereinander in einen Lichtstrahl gesetzt, dass die Polarisationsebene des durchgelassenen Lichts des einen normal zur Polarisationsebene des anderen ist, spricht man von „gekreuzten Nicols“. Durch das zweite Prisma wird dann keine Strahlung durchgelassen, wenn sich keine optisch aktive Substanz zwischen den Prismen befindet (siehe nächster Unterabschnitt 1.4.5.2), die die Polarisationsebene dreht.

* Nach William Nicol, 1768–1851, schottischer Physiker. Er erfand das Prisma 1828, verstand aber angeblich nicht vollständig, wie es funktioniert.

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

97

Beispiel 2: Das λ/4-Plättchen. Wird aus einem einachsig doppelbrechenden Kristall (z. B. Quarz) eine Platte der Dicke d so herausgeschnitten, dass die optische Achse in der Plattenebene liegt, so spaltet ein senkrecht auf die Plattenebene einfallender Lichtstrahl, der unter 45° gegen die Achse linear polarisiert ist, in zwei linear polarisierte Strahlen gleicher Amplitude auf, von denen einer im Hauptschnitt (A-Strahl), der andere senkrecht dazu (O-Strahl) schwingt. Beim Quarz (positiv einachsig) ist die c​0 (nO = 1,54425) größer als die des A-Strahls Geschwindigkeit des O-Strahls υ​O​ = n​O​ c​0 (nA = 1,55336). Da sich diese beiden senkrecht zueinander polarisiermit υ​A​ = n​A​ ten Strahlen in der Platte verschieden schnell ausbreiten, entsteht beim Austritt aus der Platte eine Phasendifferenz ​ ​ = d​ ( Δφ​ = d​kA​ ​ − d​kO

2 π​ d​ 2 π​ n​A​ 2 π​ n​O​ )= − (n​A​ − n​O​ ) . λ​0 λ​0 λ​0

Dies kann zur Erzeugung von zirkular polarisiertem Licht (für Δφ​ = π​/​2) oder nach Durchgang durch einen Polarisator zur Phasendrehung des austretenden, π​ nun wieder linear polarisierten Lichts um (für Δφ​ = π​) verwendet werden, falls 2 die Plattendicke d geeignet eingestellt wird. Für die Erzeugung von zirkular polarisiertem Licht muss der Phasenunterπ​ schied Δφ​ = betragen, das entspricht einem Gangunterschied von 2 π​ 2 Δφ​ λ​ = Δs​ = = . Für die Dicke dλ/4 dieses λ/4-Plättchens gilt daher k​ 2 π​ 4 λ​ π​ 2 π​ d​λ​/​4 (n​A​ − n​O​ ) = λ​0 2



d​λ​/​4 =

λ​0 4(n​A​ − n​O​ )

kleinste Dicke des λ/4-Plättchens.

π​ noch ein Viel2 faches von 2 π, d. h. in der Dicke dλ/4 noch ein Vielfaches von 4 λ hinzutreten, was aus Festigkeitsgründen ausgenützt wird. Das λ/2-Plättchen mit Δφ​λ​/​2 = π​ ist doppelt so dick wie das λ/4-Plättchen. Natürlich kann zur erforderlichen Phasendifferenz von Δφ​λ​/​4 =

98

1 Wellenoptik

Für Na-Licht (λ0 = 589,3 nm) gilt im Falle von Quarz: d​λ​/​4 =

589,3 nm​ + 4 m​ ⋅ 589,3 nm​ = 4(1,55336 − 1,54425) −4

= 0,0162 mm​ + 4 m​ ⋅ 5,893 ⋅ 10

mm​ ,

m > 0, ganz. Anmerkung: Mit dem λ/4-Plättchen kann umgekehrt aus zirkular polarisiertem Licht wieder linear polarisiertes Licht erhalten werden. Siehe dazu auch den Versuch von R. A. Beth in Band V, Kapitel „Quantenoptik“, Abschnitt 1.3.3.2.

1.4.5.2 Optische Aktivität (Drehung der Polarisationsebene) 1811 fand François Arago, dass Quarz zu einer Aufhellung des Gesichtsfeldes bei der Beobachtung von Licht durch zwei „gekreuzte Nicols“ führt, obwohl keine messbare Strahlung zu erwarten war. Optisch aktive Substanzen, z. B. Quarz in Richtung seiner optischen Achse, aber auch Lösungen von Molekülen ohne Symmetriezentrum wie z.B. Zucker, drehen die Polarisationsebene, in der linear polarisiertes Licht schwingt und können so zu einer Aufhellung des Gesichtsfeldes führen, wenn sie sich zwischen gekreuzten Nicols befinden (Abb. IV-47a).

Abb. IV-1.47a: Stärkekörner zwischen gekreuzten Polarisatoren (siehe dazu Abschnitt 1.4.5.1, Beispiel ‚Nicolsches Prisma‘) bei 800-facher Vergrößerung. Durch die Drehung der Polarisationsebene in den optisch aktiven Stärkekörnern (Glucose), kommt es zur Aufhellung im sonst dunklen Bild. Die dunklen Kreuze in den Körnern liegen parallel zu den Polarisationsrichtungen der Polfilter und sind eine Folge der aus amorphen und kristallinen Schichten aufgebauten Struktur („Sphärokristallite“), die doppelbrechende Eigenschaften aufweist. Bild nach Wikipedia (Jan Homann).

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

Optische Achse

99

Optische Achse

Abb. IV-1.47b: Enantiomorphe Formen: Rechtshändiger (links) und linkshändiger Quarzkristall (rechts). (nach Wikipedia)

Die Ursache für diesen Effekt der optischen Aktivität ist im molekularen Aufbau mit schraubenartigem Charakter optisch aktiver Substanzen zu suchen (Dissymmetrie, Chiralität): Quarz ist enantiomorph, das heißt, er existiert in zwei voneinander verschiedenen kristallographischen Strukturen seiner identischen Moleküle, rechtshändig und linkshändig, die durch Spiegelung ineinander übergehen (Abb. IV-1.47b). Diese Eigenschaft der Enantiomorphie können auch Moleküle selbst besitzen (z. B. Zuckermoleküle), sodass die Drehung der Polarisationsebene nicht auf kristalline Substanzen beschränkt ist. Die statistische Bewegung der in der Flüssigkeit gelösten Moleküle ändert zwar ständig die Orientierung ihrer „Schraubenachsen“, aber der Schraubencharakter (links- oder rechtsdrehend) bleibt erhalten, gleichgültig ob das Molekül von der Lichtwelle von „vorne“ oder von „hinten“ getroffen wird. Auch Kristalle des kubischen Systems (z. B. NaClO3) können optische Aktivität besitzen, wenn dies für die zugrundeliegenden Moleküle zutrifft. Linear polarisiertes Licht kann aus zwei gegenläufig zirkular polarisierten Wellen gleicher Amplitude zusammengesetzt gedacht werden. In optisch inaktiven Substanzen bewegen sich die beiden zirkular polarisierten Wellen eines linear polarisierten Strahls mit gleicher Ausbreitungsgeschwindigkeit und liefern beim Austritt wieder linear polarisiertes Licht unveränderter Schwingungsrichtung. In optisch aktiven Substanzen dagegen sind die beiden Ausbreitungsgeschwindigkeiten entsprechend ihres molekularen, enantiotropen Aufbaus unterschiedlich groß (Brechzahlen n​l und n​r,​ l und r für links- und rechtsdrehend).

100

1 Wellenoptik

Bisher sind wir bei der Berechnung der Wellenausbreitung in Substanzen immer davon ausgegangen, dass die Molekülpolarisation α und daher auch der Verschiebungsvektor D​⇀an einem bestimmten Ort nur von der Feldstarke E​⇀an diesem Ort abhängt (D​⇀= ε​E⇀​ bzw. D​⇀= ε​ ̃E​⇀). Dieser Ansatz kann jedoch keine Spiegelsymmetrie beschreiben, sodass für enantiomorphe Körper (Kristalle oder Moleküle) zur ∂E​x​ ∂E​x​ ∂E​z​ Berechnung von α bzw. D​⇀auch noch örtliche Ableitungen , , ..., am Ort ∂x​ ∂y​ ∂z​ des Moleküls herangezogen werden müssen. Analoges gilt für den B​⇀-Vektor. Unter Berücksichtigung der Drehinvarianz sowie der Spiegelsymmetrie führt dies bei dissymmetrisch-isotropen Stoffen, wie z. B. NaClO3 mit μ = 1, zu zwei gekoppelten Materialgleichungen mit g als Aktivitätskoeffizienten (g ≪ 1): D​⇀= ε​E⇀​ −

g​ ∂H​⇀ und c​0 ∂t​

B​⇀= H​⇀+

g​ ∂E​⇀ c​0 ∂t​

(im cgs-Maßystem mit μ = 1 für unmagnetische Kristalle).

Die Lösung der Maxwell-Gleichungen unter Verwendung dieser beiden Materialgleichungen liefert zwei gegenläufig zirkular polarisierte Wellen mit unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeiten υl und υr bzw. verschiedenen Brechungsc​0 c​0 und n​r​ = (siehe: Clemens Schaefer, Einführung in die theoretische indizes n​l​ = υ​l​ υ​r​ Physik, Band 3, Teil 1, de Gruyter, 1950). Dies führt zu einer weiteren Art der Doppelbrechung, der zirkularen Doppelbrechung, die aber etwa 1000-mal kleiner ist als die bisher behandelte gewöhnliche Doppelbrechung aufgrund des DK-Tensors ε˜ und in optisch aktiven Stoffen wie z. B. Quarz dieser überlagert ist. In einem isotropen, optisch aktiven Körper pflanzen sich in jeder Richtung zur optischen Achse nur zwei elliptisch polarisierte Wellen fort, so wie sich in einem gewöhnlich doppelbrechenden Stoff nur die beiden linear polarisierten Wellen des O- und des AStrahls fortpflanzen. Die großen Halbachsen der beiden Schwingungsellipsen stehen für die eine Welle (l- bzw. r-Welle) senkrecht zum Hauptschnitt, für die andere (r- bzw. l-Welle) parallel zu ihm. Das Achsenverhältnis ist in Richtung der optischen Achse gleich 1, die beiden Wellen sind also in dieser Richtung zirkular polarisiert; es nimmt aber schon für kleine Abweichungen von der optischen Achse sehr rasch ab, die Polarisation ist elliptisch. Senkrecht zur optischen Achse sind die beiden Wellen senkrecht zueinander linear polarisiert (parallel und senkrecht zur optischen Achse). Die zweischalige Strahlenfläche von Quarz unterscheidet sich nur wenig von der des nicht optisch aktiven Calcits. Nur an den Polen der optischen Achse berühren einander die O- und die A-Schale nicht mehr – entsprechend den beiden unterschiedlichen Strahlgeschwindigkeiten υl und υr in dieser Richtung (Abb. IV-1.47c). Dadurch werden alle Spektrallinien mit einem Quarzprisma (für UV- und IR-Strahlung) doppelt abgebildet, auch wenn es parallel zur optischen Achse durchstrahlt wird. Um dies zu vermeiden, werden die Prismen längs der Mittelebene geteilt und

1.4 Polarisation, Fresnelsche Formeln, Transmissions- und Reflexionsgrad

101

zirkular polarisiert elliptisch polarisiert

r-Strahlenfläche

linear polarisiert

l-Strahlenfläche

Strahlenfläche ohne optische Aktivität

optische Achse Abb. IV-1.47c: Zweischalige Strahlenfläche eines rechtshändigen Quarzkristalls (nach F. A. Jenkins und H. E. White, Fundamentals of Optics. McGraw-Hill Book Company, 1957). Die Strahlenflächen für die l- und die r-Welle berühren einander nicht mehr. In Richtung der optischen Achse sind die beiden Wellen zirkular polarisiert, senkrecht zur optischen Achse sind sie senkrecht zueinander linear polarisiert (parallel und senkrecht zur optischen Achse); dazwischen sind sie elliptisch polarisiert.

die beiden Hälften aus Links- bzw. Rechtsquarz hergestellt: „Cornu-Prisma“. Auch bei abbildenden Linsen kann die vordere Hälfte aus Linksquarz, die hintere Hälfte aus Rechtsquarz hergestellt werden. Die aus den unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeiten der links- und rechtsdrehenden Welle entstehende Phasendifferenz δ der beiden Teilwellen, die zur durchlaufenen Strecke d proportional ist, bewirkt einen Phasenunterschied δ der beiden zirkularen Wellen beim Verlassen der Substanz um: δ​ = φ​l − φ​r​ =

2 π​ (n​l − n​r​ )d​ = 2 α​ 72 λ​

(IV-1.186)

72 Nach Verlassen der optisch aktiven Substanz lauten die beiden zirkularen Wellen mit a als Amplitude der längs x einfallenden linear polarisierten Welle: a​ a​ a​ a​ x​l​ = cos ​ω​t​; y​l​ = sin ​ω​t​; x​r​ = (cos ​ω​t​ + δ​); y​r​ = − (sin ​ω​t​ + δ​). 2 2 2 2

102

1 Wellenoptik

bzw.

α​ =

π​d​ (n​l − n​r​ ) λ​

Drehwinkel der Polarisationsebene.

(IV-1.187)

Andere optisch aktive Substanzen sind Natriumchlorat (NaClO3 ), Natriumbromat (NaBrO3 ), Rohrzucker und wässrige Rohrzuckerlösung, Nikotin, Strychnin, Aminosäuren. Die Polarisationsebene kann, bei Blickrichtung in Richtung Lichtquelle, nach rechts gedreht werden (rechtshändige Substanz ist rechtsdrehend) oder nach links (linkshändige Substanz ist linksdrehend). Der E​⇀-Vektor dreht sich daher in rechtsdrehenden Substanzen in einer Linksschraube um die Ausbreitungsrichtung. Rohrzuckerlösung z. B. ist rechtsdrehend, Aminosäuren sind linksdrehend. Der Drehwinkel α der Polarisationsebene ist proportional zur Länge d des Lichtweges in der optisch aktiven Substanz. In festen Stoffen gilt α​ = α​s​ ⋅ d​

(IV-1.188)

mit der spezifischen Drehung αs als Proportionalitätskonstante ([αs] = Grad/mm); in Lösungen muss noch die Konzentration c = g/ml berücksichtigt werden und es gilt α​ = α​s​ ⋅ c​ ⋅ d​

(IV-1.189)

Für die spezifische Drehung αs ergibt sich damit α​s​ = [d] = dm ⇒ [α​s] ​ =

α​ g g und ; mit [c​] = = c​ ⋅d​ ml cm3

Grad ⋅ ml Grad ⋅ cm3 Grad ⋅cm2 73 = = . αs ist stark wellenlängendm ⋅ g 10 cm ⋅ g 10 g

abhängig, bei weißem Licht erfolgt Rotationsdispersion; in guter Näherung ist die

a​ cos ​ω​t​ + cos ​(ω​t​ + δ​) ; y​ = sin ​ω​t​ − sin ​(ω​t​ + δ​) . 2 2 α​ + β​ α​ − β​ α​ + β​ α​ − β​ cos ​α​ + cos ​β​ = 2 cos ​ cos ​ und sin ​α​ − sin ​β​ = 2 cos ​ sin ​ 2 2 2 2

Die Überlagerung ergibt: x​ = Mit

a​

[

]

[

]

folgt

δ​ δ​ δ​ δ​ x​ = a​ cos ​ ⋅ cos ​(ω​t​ + ) , y​ = + a​ sin ​ ⋅ cos ​(ω​t​ + ). Die Amplitude der längs x einfallenden 2 2 2 2 Welle ist daher um α = δ/2 gedreht. 73 In der chemischen Literatur finden sich aus praktischen und historischen Gründen auch andere g g Definitionen mit den leichter realisierbaren Konzentrationen [c​] = bzw. [c​] = . Das 100 ml 1000 ml 100 ⋅ α​ 1000 ⋅ α​ erfordert eine Änderung des spezifischen Drehwinkels auf: α​s​ = bzw. α​s​ = , jeweils c​ ⋅ d​ c​ ⋅ d​ mit [d] = dm.

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

Drehung proportional zum Kehrwert des Quadrats der Wellenlänge λ​, d. h. α​ ∝

103 1

. λ​ 2 Für Quarz beträgt die spezifische Drehung für Na-Licht (λ​ = 589,29 nm) parallel zur optischen Achse α​s​ = 21,7°/​mm, für NaClO3 ist α​s​ = 3,13°/​mm.

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer Wir werden im 3. Kapitel „Wärmestrahlung“ erfahren, dass heiße (glühende) feste Körper und Flüssigkeiten ein kontinuierliches Strahlungsspektrum aussenden, das alle Wellenlängen enthält. Glühende Gase und Dämpfe dagegen senden dagegen bei niedrigem Druck auch ein diskontinuierliches Spektrum aus (Spektrallinien), man denke z. B. an die zwei eng benachbarten D-Linien des Na-Dampfes (siehe Abschnitt 1.5.1, Beispiel ‚Auflösungsvermögen eines Prismas aus Flintglas‘ und Band V, Kapitel „Atomphysik“, Abschnitt 2.5.7, Beispiel ‚Näherungsweise, halbklassische Berechnung der Feinstrukturaufspaltung‘). G. Kirchhoff (Gustav Robert Kirchhoff, 1824–1887) und R. W. Bunsen (Robert Wilhelm Eberhard Bunsen, 1811– 1899) fanden, dass jedes Element unter geeigneten Bedingungen ein charakteristisches Spektrum aussendet. Aus dem gemessenen Spektrum einer Lichtquelle, kann auf die chemischen Elemente geschlossen werden, die in der Quelle leuchten. Die Untersuchung der spektralen Verteilung I(λ) der von einer Lichtquelle ausgehenden Strahlung, die Spektralanalyse, ist einer der wichtigsten Zugänge zur Atomphysik. Wir unterscheiden Emissionsspektren: Von einer Lichtquelle wird infolge hoher Temperatur oder elektrischer oder chemischer Anregung Strahlung ausgesandt; und Absorptionsspektren: Ein Medium wird in den Strahlungsverlauf eingebracht und absorbiert gewisse Wellenlängen, es treten Lücken im sonst kontinuierlichen Spektrum auf, die schwarzen Fraunhofer-Linien (siehe Band V, Kapitel „Atomphysik“, Abschnitt 2.2.1). Apparate zur Messung der spektralen Verteilung elektromagnetischer Strahlung mit steigender Genauigkeit sind Prismenspektrometer, Gitterspektrometer und Interferometer.74

74 Apparate, die nur zur visuellen Beobachtung dienen, heißen Spektroskope, von lat. spectrum = Bild, Erscheinung und gr. σκοπειν (skopein) = betrachten, anschauen.

104

1 Wellenoptik

1.5.1 Prismenspektrometer In einem einfachen Prismenspektrometer fällt das Licht zunächst durch einen Eintrittsspalt im Brennpunkt einer Sammellinse, die Strahlen werden nach dem Durchgang durch die Linse parallel und treffen auf ein brechendes Prisma. Nach dem Durchgang werden die gebrochenen Strahlen durch eine zweite Sammellinse, jetzt für jede Farbe getrennt, wieder zum Bild des Spalts in der Brennebene gebündelt (Abb. IV-1.48). Der kurzwellige Teil des Spektrums wird stärker abgelenkt als der langwellige, es besteht aber kein linearer Zusammenhang zwischen dem Ablenkwinkel δ und der Wellenlänge λ, das Spektrum ist nicht linear und deshalb für absolute Wellenlängenmessungen nicht verwendbar. Mit Hilfe eines Eichspektrums sind relative Wellenlängenmessungen möglich. Durch die Dispersion des einfallenden Lichts im Prisma erscheinen für jede Wellenlänge räumlich getrennte Spaltbilder, die auf dem Schirm mit einer Lupe betrachtet und mit einem Maßstab verglichen werden können. Der nutzbare Wellenlängenbereich ist durch die Absorptionseigenschaften der Linsen und des Prismas beschränkt (Quarz bzw. CaF2 erweitern den Beobachtungsbereich von Strahlungsdetektoren wie Photoplatten und Photozellen). Transmissionsbereiche: Flint F2: 0,4–2,5 μm; Quarz: 0,4–4,5 μm; CaF2: 0,15–9 μm. φ Δs

δ

Sammellinse

Sammellinse

ε

rot d Lichtquelle α Kondensorlinse

f

Eintrittsspalt

λ

Prisma

λ − dλ

L f Schirm

blau Spaltbilder für unterschiedliche Wellenlängen

Abb. IV-1.48: Einfaches Prismenspektrometer: Das auf einen Eintrittsspalt gebündelte Licht einer Strahlungsquelle durchläuft eine Sammellinse und fällt parallel auf ein brechendes Prisma. Die gebrochenen und nach Wellenlängen getrennten Strahlen werden durch eine weitere Sammellinse auf einen Schirm gebündelt. Durch die Brechung mit n(λ) ergeben sich für jede Wellenlänge räumlich getrennte Spaltbilder und somit ein Wellenlängenspektrum der verwendeten Lichtquelle. Wellenlängen, die von der Lichtquelle nicht emittiert werden, zeigen sich als schwarze Streifen am Schirm. Für symmetrischen Durchgang (Minimum der Ablenkung) gilt: δ​ = 2 α​ − ε​; α ist der Einfallswinkel des Strahls auf eine Prismenfläche, ε der brechende Prismenwinkel. Der Strahlenverlauf im Prisma, der für λ und λ − dλ durch die Brechung an der ersten Prismenfläche schon etwas getrennt verläuft, ist nicht eingezeichnet.

105

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

Spektrales Auflösungsvermögen des Prismas Wir betrachten den Durchgang eines Lichtstrahlen-Parallelbündels der Breite d und der Wellenlänge λ durch das Prisma mit der Basislänge L (Abb. IV-1.49).

Δφ 2

4

Δs λ

4′ d

1

λ − dλ

3

L

Abb. IV-1.49: Zum spektralen Auflösungsvermögen eines Prismas: Durchgang eines LichtstrahlenParallelbündels der Breite d und der Wellenlänge λ durch das Prisma mit der Basislänge L. Der Unterschied der Austtrittstelle der beiden Strahlen im Punkt 3 durch die Brechung an der ersten Prismenfläche wurde vernachlässigt.

Zwischen den beiden Phasenflächen (1,2) und (3,4) ist die optische Weglänge per definitionem für alle Strahlen des Parallelbündels gleich groß; daher gilt für die optischen Weglängen s(λ) s​13 = 1,3 = n​ ⋅ L​ = s​24 = 2,4 .

(IV-1.190)

Für die kleinere Wellenlänge λ​ − d​λ​ sind die optischen Weglängen s​ (λ​ − d​λ​) s​13 = 1,3 = L​ (n​ −

d​n​ d​λ​) = s​24′ = 2,4′ > s​24 = L​ ⋅ n​ , d​λ​

(IV-1.191)

d​n​ < 0 für normale Dispersion (siehe Abschnitt 1.3.3). Für die Differenz der optid​λ​ schen Weglängen ergibt sich da

Δs​ = L​ (n​ −

d​n​ d​n​ d​λ​) − L​ ⋅ n​ = −L​ d​λ​ . d​λ​ d​λ​

(IV-1.192)

Damit folgt eine Winkeländerung des Bündels um Δφ​ =

Δs​ L​ d​n​ =− d​λ​ , d​ d​ d​λ​

(IV-1.193)

106

1 Wellenoptik

wenn sich die Wellenlänge von λ auf λ​ − d​λ​ ändert. Für die Berechnung des Auflösungsvermögens benützen wir das Rayleigh-Kriterium (siehe Anhang 2 unter ‚Das Auflösungsvermögen optischer Instrumente‘), nach dem die Richtung des Strahls der Wellenlänge λ​ − d​λ​ in das erste Beugungsminimum des durch das Prisma auf die Breite d beschränkten Parallelbündels der Wellenlänge λ fallen soll. Für diese Richtung haben wir in Abschnitt 1.2.4 (Gl. IV-1.62 mit m = 1) gefunden λ​ sin​ θ​ ≈ θ​ = , wenn b die beschränkende „Öffnung“, früher die Spaltbreite, jetzt b​ λ​ die Bündelbreite d ist, also θ​ = . Gleichsetzen von Δφ und θ liefert das Auflöd​ λ​ sungsvermögen d​λ​ −



λ​ d​n​ = −L​ d​λ​ d​λ​

L​ d​n​

d​λ​ =

λ​

d​ d​λ​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

d​ ⏟

= Δφ​

= θ​

(IV-1.194)

spektrales Auflösungsvermögen eines Prismas der Basislänge L. 75

(IV-1.195)

Das Auflösungsvermögen hängt also bei festem L nicht vom brechenden Winkel ε ab,76 sondern nur von der Prismenbasis L: Je größer L ist, umso größer wird für ein vorgegebenes d die Winkeländerung Δφ und umso kleiner kann die Wellenlängenänderung dλ werden, um das Rayleigh-Kriterium zu erfüllen. Beispiel: Auflösungsvermögen eines Prismas aus Flintglas77 mit 5 cm Basislänge: L = 5 cm, Dispersion von Flintglas: −

d​n​ 3 −1 ≅ 1,2 ⋅ 10 cm d​λ​

Damit ergibt sich ein Auflösungsvermögen von λ​ 3 −1 = 1,2 ⋅ 10 cm ⋅ 5 cm = 6000 , d​λ​

d​n​

λ​ < 0 (normale Dispersion) ergibt sich > 0. d​λ​ d​λ​ 76 Die Bündelbreite d hängt bei gegebenem L von ε ab. Sie geht aber in gleicher Weise (nämlich im Nenner) in die Winkel Δφ (Ablenkungswinkel) und θ (Beugungswinkel) ein und kürzt sich daher für das Auflösungsvermögen weg, sodass dieses nicht vom Prismenwinkel ε abhängt. 77 Flintglas ist ein Glas mit hohem Gehalt an Bleioxid (≈ 24 % PbO) und besitzt eine besonders hohe Dispersion dn/dλ (siehe Abb. IV-1.29 in Abschnitt 1.3.3).

75 Für

107

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

d. h., Wellenlängen, die sich um 1 ∕ 6000 unterscheiden, werden noch getrennt. Wir untersuchen die Na-D-Linien: −5

λ1 = 5,889950⋅10−5 cm, λ2 = 5,895924⋅10−5 cm, Mittelwert λ​ ̅ = 5,892937 ⋅ 10 ⇒

Δλ​ = 5,974 ⋅ 10−8 cm



−8 Δλ​ 1 5,974 ⋅ 10 cm ≅ . = −5 1000 ̅ λ​ 5,892937 ⋅ 10 cm

cm​

Die beiden Na-D-Linien sind mit diesem Prisma gut auflösbar!

1.5.2 Gitterspektralapparat In Abschnitt 1.2 wurde die Beugung am Spalt, am Doppelspalt und am Gitter besprochen: Der Beugungswinkel ist von der Wellenlänge abhängig. Die Aufspaltung der Wellenlängen einer Strahlung ist besonders günstig (hohes Auflösungsvermögen, große Breite des Spektrums) bei Verwendung eines Beugungsgitters mit einer sehr großen Anzahl von Beugungsöffnungen N: In jeder Ordnung der Beugung gibt es für jede Wellenlänge (praktisch) nur ein Beugungsmaximum (siehe Abschnitt 1.2.6). Bei einer großen Zahl N der beugenden Spalte treten die Hauptmaxima hervor, die Zahl der Nebenmaxima ist zwar groß, aber ihre Intensität praktisch gleich Null. 1821 entwickelte Joseph Fraunhofer durch Glasritzungen mit 300 Linien/mm das Strichgitter. Heute werden hochauflösende Beugungsgitter mit 104−105 Linien/mm benützt, die durch Photolithographie erzeugt werden oder durch Verwendung photosensitiver Gele mit einer periodischen Modulation des Brechungsindex.78

Spektrales Auflösungsvermögen des Gitters Betrachten wir wieder zwei Wellen mit den Wellenlängen λ​1 = λ​ und λ​2 = λ​ − δ​λ​ . Die Hauptmaxima bei der Beugung am Gitter liegen bei (Abschnitt 1.2.6, Gl. IV-1.80) a​ ⋅ sin ​θ​ = m​λ​ ,

m​ = 0, ±1, ±2, ... .

78 Vor der Anwendung dieser modernen Technik wurden vor allem von dem amerikanischen Physiker Henry A. Rowland (1848–1901) durch mechanisches Ritzen polierter planer sowie konkaver Metallflächen hochwertige Beugungsgitter („Rowland-Gitter“) hergestellt (Reflexionsgitter).

108

1 Wellenoptik

Daher gilt hier (mit α als Beugungswinkel) sin ​α​m​ =

m​λ​ ; a​

(IV-1.196)

a ist die Gitterkonstante, das ist der Abstand der „Spalte“, m ist die Beugungsordnung. Für die 1. Welle ergibt sich m​λ​ , a​

(IV-1.196)

m​λ​ − m​ ⋅ δ​λ​ a​

(IV-1.197)

sin ​α​m​,1 =

für die 2. Welle sin ​α​m​,2 =

und als Linienabstand der beiden Wellen,79 die sich um δλ unterscheiden, erhält man in der m-ten Ordnung ​ ​,2 = sin ​α​m​,1 − sin ​αm

m​ ⋅ δ​λ​ . a​

(IV-1.198)

Nach dem Rayleigh-Kriterium (siehe Anhang 2 unter ‚Das Auflösungsvermögen optischer Instrumente‘) können die Hauptmaxima der beiden Wellen noch getrennt werden, wenn das Hauptmaximum der ersten Welle mit der Wellenlänge λ1 auf das nächstliegende Minimum von λ2 (Minimum II. Klasse) fällt. Für die Minima II. Klasse, die zwischen den Hauptmaxima liegen, gilt (entsprechend Abschnitt 1.2.6, Gl. IV-1.82) sin ​αk​ ​ = k​

λ​ , N​ ⋅ a​

k​ = ±1, ±2,

... ausgenommen k​ = ±N​, ±2 N​,... ; (IV-1.199)

λ​ 2 λ​ , , ... , wenn N die Zahl der Gitterlinien, d. h. die N​a​ N​a​ Zahl der beugenden Öffnungen im Abstand a ist. sie liegen deshalb bei α​ = ±

79 Die Lage einer Linie wird hier durch den Sinus ihres Beugungswinkels α festgelegt. Für kleine Winkel α ist aber sehr genau sin α ≈ α.

109

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

Für k​ = 1 beträgt der Abstand eines Hauptmaximums von seinem benachbarten λ​ . Der Linienabstand der Hauptmaxima der Ordnung m für die WelMinimum N​ ⋅ a​ lenlängen λ​1 = λ​ und λ​2 = λ​ − δ​λ​ , die gerade noch aufgelöst werden sollen, muss diesem Abstand des Hauptmaximums von seinem benachbarten ersten Minimum zumindest gleich sein und die Bedingung erfüllen sin ​αm ​ ​,1 − sin ​α​m​,2 =

m​ ⋅ δ​λ​ λ​ = . a​ N​a​

(IV-1.200)

Damit ergibt sich für das spektrale Auflösungsvermögen des Beugungsgitters: λ​ = m​ ⋅ N​ δ​λ​

spektrales Auflösungsvermögen des Beugungsgitters.

(IV-1.201)

Die Auflösung des Gitters steigt daher mit der Ordnung m und der Strichzahl N.80 Beschränkung der Beobachtungsordnung Die Hauptmaxima treten auf, wenn a​ sin ​αm ​ ​ = m​ ⋅ λ​

mit m​ = 0, ±1, ±2, ... .

(IV-1.202)

Daraus folgt für die Gitterkonstante a​ =

m​λ​ , sin ​α​m​

(IV-1.203)

d. h., die Gitterkonstante, also der Abstand a der Spalte (Striche), ist nach unten beschränkt. Der kleinste erlaubte Abstand tritt für sin ​αm ​ ​ = 1 auf, damit wird die kleinstmögliche Gitterkonstante, bei der noch Beugung in der m-ten Ordnung möglich ist a​ min​ = m​λ​ .

(IV-1.204)

Die kleinste, noch zur Beugung beitragende Gitterkonstante ist also ein Vielfaches der Wellenlänge λ. Damit z. B. noch Beugung in der 3. Ordnung auftritt, muss die Gitterkonstante a ≥ 3 λ sein.

80 Bei einem Liniengitter oder auch Strichgitter wird die Zahl N der beugenden Öffnungen als „Strichzahl“ bezeichnet.

110

1 Wellenoptik

Bei einem Reflexionsgitter kann durch geeignete Form des Profils der Gitterstriche (unsymmetrische Dreiecksform der Strichbasis) unter Ausnutzung des Reflexionsgesetzes die gebeugte Strahlung fast zur Gänze in eine bestimmte Ordnung gelenkt werden: sogenannte Echelettegitter81 Beispiel 1: Beschränkung der Beobachtungsordnung mit einem Gitter mit Gitterkonstante a = 2,5 μm. Es wird eine „rote“ Wellenlänge mit λ = 0,75 μm verwendet. Für die Beobachtung in 3. Ordnung ergibt sich eine minimale Gitterkonstante von a​ 3min​ = 2,25 μm​ . Mit diesem Gitter kann daher in 3. Ordnung beobachtet werden. Wir sehen aber: Beobachtung in höherer Ordnung geht bei einem feinen, gut auflösenden Gitter, das wegen des großen N ein entsprechend kleines a besitzt, nicht! Beispiel 2: Spektrales Auflösungsvermögen. Beobachtung mit einem feinen Gitter mit N ≈ 105. λ​ = m​ ⋅ N​ = 200 000 δ​λ​ λ​ in 3. Ordnung: = 300 000 . δ​λ​

Beobachtung in 2. Ordnung:

Auflösung der Na-D-Doppellinie (siehe Abschnitt 1.5.1, Beispiel ‚Auflösungsλ​ = 1000 : vermögen eines Prismas aus Flintglas‘) mit Δλ​ D1 = 589,5924 nm, D2 = 588,9950 nm . Mit einem Gitter mit N = 105 kann in 2. Ordnung noch der 200., in 3. Ordnung noch der 300. Teil des Abstands der D-Linien aufgelöst werden.

1.5.3 Gittermonochromator Für die örtliche Auftrennung Δx einer Wellenlängendifferenz Δλ eines Spektralapparates gilt Δx​ =

wobei

d​x​ Δλ​ , d​λ​

d​x​ die laterale Dispersion des Apparats ist. d​λ​

81 Von fr. echelette = kleine Leitersprosse.

(IV-1.205)

111

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

In der Beobachtungsebene, d. h. in der Brennebene einer hinreichend großen Sammellinse (Objektiv) mit Brennweite f nach dem Gitter eines Gitterspektralapparats, wird nun ein Spalt der Breite Δx​ angebracht, der nur ein begrenztes Wellenlängenintervall Δλ​ durchlässt. Dann gilt

Δλ​ =

d​λ​ Δx​ . d​x​

(IV-1.206)

Der wellenlängenabhängige Beugungswinkel α und die Brennweite f des Projektivs bestimmen, wie groß die Spaltbreite Δx sein muss, damit ein bestimmter, kleiner d​α​ Wellenlängenbereich Δλ ausgewählt wird (Abb. IV-1.50). Man nennt die Winkeld​λ​ dispersion.

Bildebene

Projektiv mit langer Brennweite (α sehr klein)

x(λ) = f⋅α(λ)

dα α(λ) = ___ λ dλ

f

Abb. IV-1.50: Zur Berechnung der Winkeldispersion

d​α​ d​λ​

.

In der Position x, an der die Welle mit der Wellenlänge λ in der Brennebene auftrifft, gilt für kleines α: d​x​ = f​ ⋅ d​α​ = f​ ⋅(

d​α​ ) d​λ​ d​λ​

(IV-1.207)

bzw. für die differentiell kleine Änderung bei einem bestimmten Winkel α(λ) Δx​ = x​ (λ​ + Δλ​) − x​ (λ​) = f​

d​α​ ⋅ Δλ​ . d​λ​

(IV-1.208)

112

1 Wellenoptik

Die Hauptmaxima treten bei sin​ α​ =



m​ ⋅ λ​ auf a​

d​ (sin ​α​) = cos ​α​ d​α​ =

und erhalten so für die Winkeldispersion

m​ ⋅ d​λ​ a​

(IV-1.209)

d​α​ d​λ​

d​α​ m​ = d​λ​ a​ cos ​α​

(IV-1.210)

und damit für den räumlichen Abstand Δx in der Beobachtungsebene

Δx​ = f​

m​ Δλ​ a​ cos ​α​

räumlicher Abstand der Wellenlängen λ und λ + Δλ in der Beobachtungsebene.

(IV-1.211)

Mit einem Spalt der Breite Δx kann daher mit einem Beugungsgitter der Gitterkonstante a „monochromatische Strahlung“ der Unschärfe Δλ gewonnen werden; der dafür eingerichtete Apparat heißt Gittermonochromator.

1.5.4 Interferometer Treffen mehrere kohärente Wellenzüge von annähernd gleicher Ausbreitungsrichtung und Polarisation zusammen, so kommt es zu Interferenzerscheinungen. In Interferometern werden derartige Lichtbündel nach Durchlaufen unterschiedlicher optischer Weglängen zur Interferenz gebracht und dadurch sehr genau miteinander verglichen. Man kann so die Struktur von Spektrallinien untersuchen. Dazu wollen wir uns daher zunächst nochmals der räumlichen Kohärenz von Lichtstrahlen zuwenden. Zur Herleitung der Verdetschen Kohärenzbedingung (nach Marcel Émile Verdet, 1824–1866) verwenden wir einen Doppelspalt (Spalte P und Q im Abstand 2 b), der von zwei inkohärenten Lichtquellen L1 (auf der Symmetrieachse) und L2 (Abstand senkrecht zur Symmetrieebene a, dies kann auch die größte Ausdehnung eines flächenhaften Strahlers sein) beleuchtet wird. Der Abstand von L1 zu den Spalten P und Q betrage r, entsprechend jener von L2 r1 und r2 (Abb. IV-1.51). Die Quelle L1 erzeuge im Punkt N am Schirm ein Intensitätsmaximum. Wir wollen jetzt ausrechnen, wie weit die Quelle L2 senkrecht zur Symmetrieachse von L1 entfernt sein darf (Abstand a), ohne durch ihre eigene Interferenzfigur jene von L1

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

Doppelspalt P = r r1 L1 a L2

θ

Lichtquelle

113

Schirm

b d

Symmetrieachse

N

a b

r r2

= Q

Abb. IV-1.51: Zur Herleitung der Verdetschen Kohärenzbedingung.

wesentlich zu stören. Dazu muss r​1 − r​2 ≪ λ​ sein, denn dann erzeugt auch L2 in der Nähe von N ein Maximum. Es gilt entsprechend Abb. IV-1.51: r​ 21 = (b​ + a​)2 + d​ 2 ,

2

r​ 2 = (b​ − a​)2 + d​ 2 ;

(IV-1.212)

daraus folgt 2

2

r​ 1 − r​ 2 = 4 b​a​ = (r​1 + r​2 )(r​1 − r​2 ) .

(IV-1.213)

Mit r​1 + r​2 ≈ 2r​ und r​1 − r​2 ≪ λ​ erhalten wir 4 b​a​ ≪ 2 r​λ​

(IV-1.214)

und daraus unmittelbar b​ λ​ a​ ⋅ = a​ ⋅ sin ​θ​ ≪ r​ 2

Verdetsche Kohärenzbedingung.

(IV-1.215)

Für innerhalb von a liegende Lichtpunkte ist die Bedingung erst recht erfüllt. Eine ausgedehnte, nicht kohärente Lichtquelle A wirkt stets wie eine Punktquelle, wenn das Produkt aus ihrer größten Ausdehnung a und dem Sinus des halben Öffnungswinkels viel kleiner ist als die halbe Wellenlänge; dann können Interferenzerscheinungen beobachtet werden. Bei kleinen Öffnungswinkeln θ wirken also auch große Quellen so wie Punktquellen, z. B. Fixsterne wegen ihrer großen Entfernung. Beispiel 1: Wie groß darf eine mit natürlichem Licht (λ = 0,5 μm) beleuchtete Öffnung sein, die sich im Brennpunkt einer Linse (f = 20 cm) von d = 3 cm Durchmesser befindet, damit sie wie eine Punktquelle wirkt?

114

1 Wellenoptik

tan ​θ​ =

d​/​2 1,5​​ cm​ = f​ 20 cm​



θ​ = 4,29°



sin ​θ​ = 0,0748

−6



a​ ≪

0,5 ⋅ 10 m −6 = 3,34 ⋅ 10 m = 3,34 μm​ = 0,00334 mm​ ; 2 ⋅ 0,0748

das ist technisch mit zwei gekreuzten, guten Spalten noch realisierbar. Beispiel 2: Wie groß darf eine von der Sonne beleuchtete Öffnung 2 R sein, damit sie bei λ = 0,5 μm kohärentes Licht ausstrahlt, d. h. wie ein Punktstrahler wirkt? Entsprechungen zur Abb. IV-1.51: a​ = D​∗ , b​ = R​, r​ = L​∗ ⇒

sin​ θ​ =

2 R​ λ​ ≪ ; 2 L​∗ 2 D​∗

6 mit L​∗ = 149,6 ⋅ 10 km​ (Entfernung Erde–Sonne) 6 und D​∗ = 1,392 ⋅ 10 km​ (Sonnendurchmesser) folgt

2 R​ ≪

149,6 ⋅ 106 L​∗ ⋅ λ​ = ⋅ 0,5 μm​ = 53,8 μm​ = 0,0538 mm​ . 6 D​∗ 1,392 ⋅ 10

1.5.4.1 Interferenz an planparallelen Platten (Interferenzen gleicher Neigung) Seifenblasen und Seifenlammellen zeigen Farberscheinungen, die sich mit dem Radius der Seifenblase bzw. dem Blickwinkel auf die Lamelle ändern: In beiden Fällen ändert sich die vom Licht durchstrahlte Dicke der Schicht. Ähnliche Farberscheinungen sieht man auch nach dem Ausbreiten einer dünnen Ölschicht auf Wasser, oder bei nicht ganz aufeinanderliegenden Glasplatten: Es kommt zu Farberscheinungen durch Interferenz von Lichtwellen, die an der Vorder- und Rückseite der Lamelle, der Ölschicht oder der Glasplatten reflektiert worden sind: dadurch werden gewisse Wellenlängen verstärkt oder bis zur Auslöschung geschwächt. Um Helligkeitsänderungen im reflektierten und im durchgehenden Licht an solchen Schichten zu berechnen, betrachten wir ein monochromatisches Lichtbündel, das aus dem Vakuum (n​ = 1) unter dem Winkel α auf eine planparallele, durchsichtige Platte mit der Brechzahl n​ > 1 und der Dicke d einfällt (Abb. IV-1.52). Der Lichtstrahl 1 fällt unter dem Winkel α gegen die Normale der Platte mit dem Brechungsindex n ein, wird zum Teil reflektiert (Strahl 1′), zum Teil unter dem Winkel β in die Platte hinein gebrochen (A​B​ ). An der Rückseite der Platte wird der gebrochene Strahl zum Teil neuerlich reflektiert (B​C​ ) und tritt als Strahl 2′ aus der Oberfläche aus, wobei 2′ ∥ 1′, zum Teil tritt er als Strahl 1″ an der Unterseite aus. Wir sehen: Durch Vielfachreflexion splittet der einfallende Strahl 1 in eine große

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

ausgedehnte Lichtquelle z.B. Himmelslicht

115

P

Objektiv (Sammellinse)

E0 ⋅ e i(ωt–kx) rE0

1

1′ E0

α

α

n1 = 1

α

E A

d

rt2E0 2′ 3′

C

n2 = n

B

D

β

1″

2″ 3″

Objektiv (Sammellinse)

P′ Abb. IV-1.52: Zur Interferenz an planparallelen Platten. Ein monochromatisches Lichtbündel fällt aus dem Vakuum (n​ = 1) unter dem Winkel α auf eine planparallele, durchsichtige Platte mit der Brechzahl n​ > 1 und der Dicke d.

Zahl paralleler reflektierter Strahlen 1′, 2′, 3′, … und paralleler gebrochener Strahlen 1″, 2″, 3″, … auf. Da bei jeder Reflexion und jedem Durchgang die Feldstärke im Strahl verringert wird, werden die Amplituden der Strahlen 1′, 2′, 3′, … sowie 1″, 2″, 3″, … immer kleiner. Sämtliche Strahlen haben im Strahl 1 ihren Ursprung und sind daher untereinander kohärent. Die interferierenden parallelen Strahlen werden durch Sammellinsen in den Punkten P (reflektierte Strahlen) und P′ (transmittierte Strahlen) vereinigt. Die resultierende Intensität (Interferenzbild) hängt vom Gangunterschied benachbarter Strahlen ab. Wegen des Intensitätsabfalls aufeinanderfolgender Strahlen genügt es für einen ersten Überblick nur die beiden benachbarten Strahlen 1′, 2′ bzw. 1″, 2″ zu berücksichtigen („Zweistrahlinterferenz“).

116

1 Wellenoptik

Beobachtung in Reflexion Wir betrachten zunächst die reflektierten Strahlen 1′ und 2′: Ihre geometrische Gangdifferenz beträgt Δx​ = A​B​ + B​C​ − A​E​

(IV-1.216)

und daher ihre optische Gangdifferenz Δ = n​ (A​B​ ̅ + B​C​ ̅ ) − A​E​ ̅

(IV-1.217)

Entsprechend Abb. IV-1.52 gilt: cos ​β​ =

d​

=

A​B​

d​

A​B​ + B​C​ =



B​C​

sin ​α​ =

A​E​

2 d​ cos ​β​

(IV-1.218)



A​E​ = A​C​ sin ​α​

(IV-1.219)



A​C​ = 2 d​ tan ​β​

(IV-1.220)

A​C​ tan ​β​ =

A​C​ /​2 d​



A​E​ = 2 d​ tan ​β​ sin ​α​ .

Mit dem Snelliusschen Brechungsgesetz erhalten wir so

(IV-1.221)

sin ​α​ = n​ (Abschnitt 1.4.1, Gl. IV-1.134) sin ​β​

A​E​ = 2 n​ ⋅ d​ tan ​β​ sin ​β​ =

2 n​ ⋅ d​ 2 sin​ β​ cos ​β​

(IV-1.222)

und damit für die optische Wegdifferenz der beiden reflektierten Strahlen Δ=

2 n​ ⋅ d​ 2 n​ ⋅ d​ 2 n​ ⋅ d​ 2 (1 − sin2 β​) = 2 n​d​ cos ​β​ = − sin β​ = cos ​β​ cos ​β​ cos β ​ ​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

√1 − sin β​ 2

= 2 n​ ⋅ d​√ 1 − sin2 β​ = 2 d​√n​ 2 − sin2 α​ . ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

(IV-1.223)

2

sin α​ n​ 2

Da der Strahl 1′ durch Reflexion von Strahl 1 am dichteren Medium entstanden ist, muss noch ein Phasensprung um π berücksichtigt werden (siehe dazu die Fresnel-

117

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

schen Formeln Abschnitt 1.4.3 sowie Abb. IV-1.38), der eine zusätzliche Gangdifferenz von λ/2 bedeutet.82 Für die gesamte Gangdifferenz bei Reflexion ergibt sich damit

ΔR​ = Δ +

λ​ λ​ 2 2 = 2 d​√n​ − sin​ α​ + 2 2

Gangdifferenz der ersten beiden Strahlen an planparallelen Platten in Reflexion.

(IV-1.224)

Die entsprechende Phasendifferenz ist dann λ​ 2 π​ Δφ​R​ = k​ ⋅ (Δ + ) = ⋅ Δ + π​ 2 λ​

Phasendifferenz der ersten beiden Strahlen an planparallelen Platten in Reflexion.

(IV-1.225)

λ ist dabei die Wellenlänge außerhalb der Platte mit λ = λ0 (Vakuum); die Gangdifferenz wurde ja mit den optischen Weglängen n ⋅ l berechnet. Im Punkt P wird dann Helligkeit beobachtet, wenn die gesamte Gangdifferenz ΔR der beiden Strahlen ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge ist, d. h. mit m​ = 0, 1, 2, ... : ΔR​ = 2 d​√n​ 2 − sin​ 2 α​ +

λ​ λ​ = Δ + = m​ ⋅ λ​ } Helligkeit 2 2

Δφ​R​ = m​ ⋅ 2 π​

m = 0, 1, 2, ...

λ​ ΔR​ = (2 m​ + 1) 2 Δφ​R​ = (2 m​ + 1) ⋅ π​

} Dunkelheit (IV-1.226)

Helligkeit und Dunkelheit bei Interferenz in Reflexion an planparallelen Platten. Das ergibt für die Gangdifferenz Δ die Bedingung Δ = 2 d​√n​ 2 − sin​ 2 α​ = (2 m​ + 1)

λ​ 2

für Helligkeit

(IV-1.227)

Δ = 2 d​√n​ 2 − sin​ 2 α​ = 2 m​

λ​ 2

für Dunkelheit.

(IV-1.228)

82 Dies sieht man mit folgender Betrachtung ein: Für d → 0 geht auch die optische Gangdifferenz Δ → 0. Für d = 0 müsste daher im Punkt P Helligkeit beobachtet werden. Da bei d = 0 aber gar keine Reflexion erfolgt, weil alles Licht geradewegs hindurchgeht, muss in P bei jedem Einfallswinkel Dunkelheit herrschen, d. h. Δ = λ/2 sein. Eine andere Betrachtung zum Phasensprung um π bei Reflexion am dichteren Medium stammt von Stokes unter Benützung der Umkehrbarkeit des Strahlenganges, wenn kein Energieverlust durch Absorption vorliegt. Siehe zu diesen Überlegungen Anhang 4.

118

1 Wellenoptik

Der Intensitätsverlauf für Reflexion bei vorgegebener Polarisation in Abhängigkeit 2 π​ von δ​ = k​ ⋅ Δ = Δ folgt durch Summation der beiden Strahlen 1′ und 2′ (Zweiλ​ strahlinterferenz). Mit r​α​ , r​β​ als reflektiertem Strahlungsanteil in n1 bzw. n2, t​α​ als transmittiertem Strahlungsanteil („Transmission“) von n1 nach n2, t​′α​ als Transmis2 sion bei Strahlungsumkehr und t​α​ t​′α​ = 1 − r​ α​ ( siehe Anhang 4) folgt ​ E​ = E​1′ + E​2′ = E​0 e​ i​ (ω​t​ − k​x​) {r​α​ e​ i​π​ + r​β​ t​α​ t​′α​ e​ i​δ} ,

(IV-1.229)

wobei δ der Phasenwinkel des Strahls 2′ nach Austritt aus der Platte ist mit 4 π​d​ δ​ = k​ ⋅ Δ = √n​ 2 − sin​ 2 α​. Damit gilt für die Intensität λ​ 2

I​ (δ​) = E​ ∗ E​ = E​ 0 (r​α​ e​ −i​π​ + r​β​ t​α​ t​′α​ e​ −i​δ​ )(r​α​ e​ i​π​ + r​β​ t​α​ t​′α​ e​ i​δ​ ) = = E​ 20 {r​ α2 ​ + r​ 2β​ t​ α2 ​ t​ ′α2​ + r​α​ r​β​ t​α​ t​′α​ (e​ 2

2

2 2

i​ (π​ − δ​)

+ e​ −i​ (π​ − δ​) )} =

2

= E​ 0 {r​ α​ + r​ β​ t​ α​ t​′α​ + 2r​α​ r​β​ t​α​ t​′α​ cos ​ (π​ − δ​)} .

(IV-1.230)

Der Intensitätsverlauf I(δ) folgt einer Kosinusfunktion mit breiten Maxima bei δ​ = 2 = (2 m​ + 1)π​ (m = 0, 1, 2, ...) mit I​max​ = E​ 20 (r​2α​ + r​2β​ t​ 2α​ t​ ′α2​ + 2r​α​ r​β​ t​α​ t​α′ ​ ) = E​ 20 (r​ α​ + r​β​ t​α​ t​α′ ​ ) und ebenso breiten Minima bei δ​ = 2 m​π​ (m = 0, 1, 2, ...) mit I​min​ = 2

2

2 2

2

2

= E​ 0 (r​ α​ + r​ β​ t​ α​ t​ α′ ​ − 2r​α​ r​β​ t​α​ t​α′ ​ ) = E​ 0 (r​ α​ − r​β​ t​α​ t​′α​ )2 ( Abb. IV-1.53). Die Berücksichtigung aller durchgehenden Strahlen (Vielstrahlinterferenz) zeigt beim Fabry-Pérot-InterI(δ) Imax = E02 (rα + rβ tα t′α )2

Imax

Imin

Imin = E02 (rα − rβ tα t′α )2 π





δ

Abb. IV-1.53: Intensitätsverlauf I(δ) für Reflexion an planparallelen Platten bei vorgegebener Polarisation; Zweistrahlinterferenz, also nur die Strahlen 1′ und 2′ berücksichtigt.

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

119

ferometer (siehe Abschnitt 1.5.4.2), dass sich dadurch die Lage der Maxima nicht ändert, diese aber viel schärfer werden. (Da beim Fabry-Pérot-Interferometer der 1. Strahl nicht sofort am dichteren Medium reflektiert wird, ist dort die Lage der Extrema in Übereinstimmung mit dem Transmissionsvorgang; siehe weiter unten und Abschnitt 1.5.4.2 Abb. IV-1.55). Wird eine Lamelle oder Platte von einer ausgedehnten monochromatischen Lichtquelle (z. B. einer Na-Dampflampe vor einer Mattglasscheibe) beleuchtet und befindet sich das Auge senkrecht darüber, so werden konzentrische helle und dunkle Kreise um die Plattennormale als Achse beobachtet: Für jeden hellen und dunklen Kreis hat der Einfallswinkel α einen bestimmten anderen Wert, man beobachtet Kurven gleicher Neigung. Ist das beleuchtende Licht „färbig“ (z. B. diffuses Sonnenlicht), so entstehen farbige Ringe in den typischen Interferenzfarben, die durch den Wegfall bestimmter Wellenlängen entstehen.

Beobachtung in Transmission Als gesamte Gangdifferenz der transmittierten Strahlen 1″ und 2″ ergibt sich jetzt nur ΔT​ = Δ = 2 n​d​ cos ​β​ = 2 d​√n​ 2 − sin​ 2 α​

(IV-1.231)

Gangdifferenz an planparallelen Platten in Transmission, da keine Reflexion am dichteren Medium stattfindet und daher kein Phasensprung auftritt. Damit erhalten wir:

ΔT​ = Δ = 2 d​√n​ 2 − sin​ 2 α​ = m​ ⋅ λ​ Δφ​T​ = m​ ⋅ 2 π​ λ​ ΔT​ = (2 m​ + 1) 2 Δφ​T​ = (2 m​ + 1) π​

} Helligkeit m = 0, 1, 2, ...

} Dunkelheit (IV-1.232)

Helligkeit und Dunkelheit bei Interferenz in Transmission an planparallelen Platten.

2 π​ Δ Der Intensitätsverlauf der Zweistrahlinterferenz in Abhängigkeit von δ​ = λ​ ergibt sich aus: E​ = E​1″ + E​2″ = E​0 e​ i​ (ω​t​ − k​x​) {t​α​ t​′α​ + t​α​ r​ 2β​ t​′α​ e​ i​δ}​ = E​0 e​ i​ (ω​t​ − k​x​) t​α​ t​′α​ (1 + r​ 2β​ e​ i​δ​ )

(IV-1.233)

120

1 Wellenoptik

und 2 2

2

2

2

I​ (δ​) = E​ ∗ E​ = E​ 0 t​ α​ t​′α​ (1 + r​ β​ e​ −i​δ​ )(1 + r​ β​ e​ i​δ​ ) = i​δ​

= E​ 20 t​ α2 ​ t​′α​2 {1 + r​ 4β​ + r​ 2β​ (e​ + e​ 2 2

2

4

−i​δ​

)} =

2

= E​ 0 t​ α​ t​′α​ (1 + r​ β​ + 2r​ β​ cos ​ (δ​)) .

(IV-1.234) 2 2

2 2

2

Die Maxima liegen bei δ​ = 0, 2 π​, ... , 2 m​π​, ... mit I​max​ = E​ 0 t​ α​ t​ α′ ​ (1 + r​ β​ ) , die Minima 2 2

2

2 2

bei δ​ = π​, 3 π​, ... , (2 m​ + 1) π​, ... mit I​min​ = E​ 0 t​ α​ t​ α′ ​ (1 − r​ β​ ) . Die Abb. IV-1.54 zeigt die Intensitätsschwankungen I(δ) in Transmission für Zweistrahl- und Vielstrahlinterferenz (siehe nächster Abschnitt 1.5.4.2), wobei beide Funktionen auf gleichen Maximal- und Minimalwert normiert wurden. I(δ) Zweistrahlinterferenz (Kosinusfunktion I(δ) = A + B cos δ )

0

π



δ

Vielstrahlinterferenz (Airy-Funktion, siehe Abschnitt 1.5.4.2): 1 I(δ) = ____________________ 4r 2 δ ________ 1+ ⋅sin2 __ 2 (1 − r 2 ) 2

Abb. IV-1.54: Intensitätsverlauf I(δ) für Transmission an planparallelen Platten bei vorgegebener Polarisation; Zweistrahl- (nur die Strahlen 1″ und 2″ berücksichtigt) und Vielstrahlinterferenz.

Man beachte: Die Beobachtung von Helligkeiten und Dunkelheiten in Reflexion und Transmission erfolgt komplementär;83 der in Reflexion erforderliche Gangunterschied Δ für Helligkeit beträgt ein halbzahliges Vielfaches der Wellenlänge λ (Gl. IV-1.227), die Beobachtung in Transmission erfordert ein ganzzahliges Vielfaches von λ als Gangunterschied (Gl. IV-1.232). Diese Komplementarität liegt an der Son-

2

83 Dass trotzdem ihre Summe nicht I​ = E​ 0 ergibt, liegt daran, dass nur 2 der unendlich vielen Strahlen berücksichtigt wurden.

121

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

derstellung des ersten Strahls (1), der bei der planparallelen Platte als einziger am dichteren Medium reflektiert wird. 1.5.4.2 Das Fabry-Pérot-Interferometer Wir betrachten nun die Interferenz aller transmittierten Strahlen, da dies für die Behandlung des Fabry-Pérot-Interferometers (nach Maurice Paul Auguste Charles Fabry, 1867–1945 und Jean-Baptiste Alfred Pérot, 1863–1925) von Bedeutung ist (siehe Abb. IV-1.55). Dabei berücksichtigen wir, dass beim Fabry-Pérot-Interferometer die planparallele Platte eine von zwei Glasplatten begrenzte planparallele Luftschicht (n ≅ 1) ist (siehe auch Abb. IV-1.56 und Beschreibung des Fabry-Pérot-Interferometers weiter unten). α ist der Einfallswinkel in die erste, das Fabry-Pérot-Interferometer begrenzende Platte (P1 in Abb. IV-1.56) und damit auch der Einfallswinkel in die planparallele Luftschicht und auch der Austrittswinkel. Dem früheren Winkel β in Abschnitt 1.5.4.1, Abb. IV-1.52 und in Gl. (IV-1.231), entspricht daher jetzt der Winkel α. Ist E0 die Amplitude des einfallenden Strahls (wie in der Abb. IV-1.52 in Abschnitt 1.5.4.1), dann sind die komplexen Amplituden der aufeinanderfolgenden 2 i​δ​ 4 i​ 2 δ​ durchgehenden Strahlen E​0 t​t​′ , E​0 t​t​′r​ e​ , E​0 t​t​′r​ e​ , … , wenn t der TransmisDispersionsbereich = eindeutige Verschiebung eines Maximums bei der um ΔλD geänderten Wellenlänge 4 πd ΔδD = − _____ cos αΔλD λ2 IT (δ) IT,max

F=2 r = 0,52

F = 10 r = 0,733 0 -6,28

−2 π

IR (δ) = 1 − IT

F = 100 r = 0,905 -4,28

-2,28

-0,28

0

1,72

3,72

5,72



7,72

9,72

11,72

Abb. IV-1.55: Transmittierte Intensität (Airy-Funktion) als Funktion der Phasendifferenz 4 π​ d​ cos ​α​. (Nach Gl. IV-1.231 mit n = 1 und β = α; zum Dispersionsbereich ΔλD δ​ = λ​ siehe Anhang 5)

δ 4π

122

1 Wellenoptik

sionskoeffizient und r der Reflexionskoeffizient sind. Δ = 2 d​ cos ​α​ (n = 1, β = α) ist ihr Gangunterschied (siehe 1.5.4.1, Gl. IV-1.231). Die Summation ergibt für die komplexe Amplitude E der gesamten hindurchgetretenen Strahlung mit dem Phasenun4 π​ d​ cos ​α​ bei Einfall unter dem Winkel α (bei senkrechtem Einfall terschied δ​ = λ​ 4 π​d​ ): (α = 0) ist δ​ = λ​ E​ = E​0 e​ i​ (ω​t​ − k​x​) t​t​′ (1 + r​ 2 e​ i​δ​ + r​ 4 e​ i​ 2 δ​ + ...) = E​0 e​ i​ (ω​t​ − k​x​) t​t​′ ⋅

1 1 − r​ 2 e​ i​δ​

.

(IV-1.235)

2

Für die durchgelassene Intensität gilt dann mit t​t​′ = 1 − r​ (siehe Anhang 4)

I​T​ (δ​) = E​ ∗ E​ = E​ 20 t​ 2 t​ ′2

1 2 −i​δ​

1 − r​ e​

2

1 2 i​δ​

1 − r​ e​

2

=

E​ 0 t​ 2 t​ ′2 1 + 2 r​ 2 (1⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ − cos ​δ)​ − 2 r​ 2 + r​ 4 = 2 sin​2

δ​ 2

=

E​ 0 t​ 2 t​ ′2

=

2

1 − 2 r​ cos ​δ​ + r​

4

=

2 E​ 0 (1 − r​ 2 )2 ⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞ 1 ⋅ . 2 4r​ 2 δ​ 2 2 1+ ⋅ sin​ (1 − r​ ) ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ 2 (1 − r​ 2 )2 ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ = I​ = E​ 2 max​

0

Airy − Funktion

(IV-1.236)

(Die reflektierte Intensität braucht nicht getrennt berechnet werden, da aufgrund des Energiesatzes gilt: I​R​ + I​T​ = I​0 = E​ 20). 2 4 r​ = F​ (r​) mit 0 ≤ F ≤ ∞ wird nach Fabry Finesse Faktor Der Ausdruck 2 2 (1 − r​ ) verknüpft (coefficient of finesse) genannt, er ist mit der Airy-Funktion −1 δ​ ( = (1 + F​ ⋅ sin​ 2 ) , nach George Bidell Airy, 1801–1892, englischer Mathematiker, 2 Physiker und Astronom) und daher für die Linienform verantwortlich (Abb. IV1.55).84 Die Interferenz von unendlich vielen Strahlen lässt die Amplituden der unendlich vielen Nebenmaxima nach Null gehen, die Summenfunktion wird glatt. Die Schärfe der Linien (Linienabstand/Halbwertsbreite) ist durch die Finesse (finesse) π​√F​ ℱ gegeben mit ℱ = . 2 Fällt Licht von einer ausgedehnten Lichtquelle auf die planparallele Luftschicht, so führen alle Strahlen, die unter einem bestimmten Winkel auftreffen zu einem Interferenzring, sodass insgesamt ein Interferenzmuster aus konzentrischen hellen und dunklen Ringen entsteht. 84 Unsere Berechnung gilt für die Interferenz von unendlich vielen Strahlen, bei der die Amplituden der unendlich vielen Nebenmaxima nicht mehr auftreten (siehe auch die Abbildung der transmittierte Intensität (Airy-Funktion) als Funktion der Phasendifferenz δ, Abb. IV-1.55).

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

123

α A E0 P1 (n > 1) d

Luft (n ≅ 1) P2 (n > 1) B

Sammellinse

α f

R tan α = __ ; R … Ringradius f Beobachtung in der Brennebene

E R

Abb. IV-1.56: Zwei planparallele Glasplatten mit n > 1 begrenzen eine planparallele Luftschicht der Dicke d (n ≅ 1). Die an die Luftschicht grenzenden Seiten der Platten sind teilverspiegelt. Eine Platte lässt sich gegen die andere in Richtung der Plattennormalen verschieben. In der obigen Skizze ist die Brechung der Strahlen in den beiden Platten nicht berücksichtigt, die Verluste beim Eintritt (Punkt A) und beim Austritt (Punkt B) sowie in der Linse wurden vernachlässigt. Kommt das einfallende Licht von einer ausgedehnten Lichtquelle, dann entstehen am Schirm = Brennebene der Sammellinse konzentrische Ringe um den zentralen Lichtfleck für α = 0.

δ​ Die maximale Intensität eines Ringes IT,max ergibt sich für sin​ = 0 , d. h. für δ = 0, 2 2 π, 4 π, …, 2 mπ, … zu I​T​,max​ = E​ 20 ;

(IV-1.237)

δ​ die minimale Intensität ergibt sich für sin​ = 1 , d. h. für δ = π, 3 π, …, (2 m + 1)π, … 2 zu I​T​,min​ = I​T​,max​ ⋅

1 . 1 + F​

(IV-1.238)

Beim Fabry-Pérot-Interferometer (Abbn. IV-1.56 und IV-1.57) begrenzen zwei ebene Glasplatten P1 und P2 (n > 1) eine planparallele Luftschicht der Dicke d (n ≅ 1). Auf den Seiten, die an diese innere Luftschicht grenzen, sind beide Platten teilverspiegelt

124

1 Wellenoptik

Abb. IV-1.57: Dublett der Na D-Linien (λ1 = 588,9950 nm, λ2 = 589,5924 nm), aufgelöst mit einem Fabry-Pérot-Interferometer. (von: edu.tnw.utwente.nl (Universität Twente, Niederlande))

(Reflexionsgrad R = r2 ≈ 0,90−0,95). Eine Platte ist fest, die andere in Richtung der Plattennormalen verschiebbar. Der Plattenabstand beträgt einige mm bis 10 cm. Der einfallende, monochromatische Strahl einer Spektrallinie wird an den Reflexionsschichten der Platten sehr oft hin und her reflektiert. Bei jeder Reflexion tritt ein kleiner Bruchteil der Energie auch nach unten aus. Die austretenden Strahlen werden durch eine Sammellinse im Beobachtungspunkt vereinigt. Durch die Gangdifferenzen der Strahlen kommt es zur Interferenz. Erfolgt die Beleuchtung mit einer ausgedehnten Lichtquelle, so entstehen in der Brennebene der Sammellinse helle und dunkle Ringe um die Plattennormale als Kurven gleicher Neigung, da bei dieser Beleuchtung der Bereich der Einfallswinkel groß ist. Der Gangunterschied benachbarter Strahlen beträgt entsprechend Abschnitt 1.5.4.1, Gl. (IV-1.231) mit n = 1 (= Brechungsindex der Luft in der Interferometerplatte relativ zur Luft in der Umgebung des Interferometers) ΔT​ = 2 n​d​ cos ​α​ = 2 d​√1 − sin​ 2 α​ = 2 d​ cos ​α​ , wobei nLuft ≅ 1. α ist der Einfallswinkel auf die Platte P1 und auch der Austrittswinkel aus P2. Da das Fabry-Pérot-Interferometer überall von Luft umgeben ist, hängt ΔT nicht vom Brechungsindex nLuft ≅ 1 der Luftplatte ab. Ein heller Ring entsteht für ΔT​ = 2 d​ cos ​α​ = m​ ⋅ λ​ ,

m​ ganz.

(IV-1.239)

λ​0 , n = nLuft , λ0 = Vakuumwellenlänge. n​ Für den nächsten hellen Ring weiter außen wird

λ ist hier die Wellenlänge in Luft, also λ​ =

ΔT​ = (m​ − 1) λ​ ;

(IV-1.240)

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

125

λ​ so steigt der Winkel α der hellen Ringe mit abnehmendem m. 2 d​ Mit einem Maßstab in der Brennebene der Sammellinse können zwei Ringradien gemessen, und daraus ihre Einfallswinkel α1 und α2 bestimmt werden. Die Luftplattendicke d und der Brechungsindex n der Luftschicht sind bekannt (n ≅ 1), Δm zwischen zwei Ringen kann ausgezählt werden: Damit kann die Wellenlänge λ der einfallenden Spektrallinie bestimmt werden. Es gilt da cos ​α​ = m​

m​ ⋅ λ​ = 2 d​ cos ​α1​ ,

(m​ + Δm​) ⋅ λ​ = 2 d​ cos ​α2​

Δm​ ⋅ λ​ = 2 d​ ( cos ​α2​ − cos ​α​1 )



(IV-1.241) (IV-1.242)

und damit

λ​ =

2 d​ λ​ (cos ​α​2 − cos ​α1​ ) = 0 . Δm​ n​

(IV-1.243)

Ist eine Platte in Richtung der Plattennormalen verschiebbar, so kann der Intensitätswechsel hell − dunkel im Zentrum der Ringe als Funktion des Plattenabstands bestimmt werden. Dies kann ebenfalls zur Messung der Wellenlänge λ benützt werden. Für die Differenz des Abstands der Platten d1 und d2 für zwei aufeinanderfolgende Intensitätsmaxima im Zentrum (α​ = 0 , ΔT​ = 2 d​) bei einem Gangunterschied m​ ⋅ λ​ und (m​ − 1) ⋅ λ​ gilt mit α​ = 0 ⇒ cos ​α​ = 1 ⇒ ΔT​ = 2 d​ (siehe Gln. IV-1.239 und IV-1.240), also

d​1 − d​2 =

2 d​1 = m​λ​ ,

2 d​2 = (m​ − 1)λ​

m​λ​ − (m​ − 1)λ​ λ​ = 2 2

bzw.

λ​ = 2 (d​1 − d​2 ) .

(IV-1.244)

(IV-1.245)

In diesem Fall benützt man besser Beleuchtung mit parallelem Licht (Lampe im Brennpunkt eines Kondensors) statt einer ausgedehnten Lichtquelle. Für die Abhängigkeit der Austrittswinkels αm der hellen Ringe bzw. deren Radien Rm von der Ordnung m gilt, wie in Anhang 5 gezeigt wird (M = 2 d/λ)

α​m​ = √

2 m​ M​

und

R​m​ = f​ ⋅ α​m​ = f​ ⋅ √

2 m​ M​

m = 0, 1, 2, …

(IV-1.246)

Beziehung zwischen den Austrittswinkeln αm bzw. den Ringradien Rm und der Ordnung m. Die Radien der hellen Ringe wachsen daher mit √m​ an.

126

1 Wellenoptik

λ​ des Fabry-Pérot-Interferometers zu gelangen, Δλ​ betrachten wir das Intensitätsprofil eines Ringes als Funktion des Winkels α. Zwei Ringe mit den Wellenlängen λ und λ + Δλ können noch getrennt gesehen, d. h. „aufgelöst“ werden, wenn ihre Maxima zwei Halbwertsbreiten Δα​1/​2 auseinander fallen. 4 r​ 2 2 2 δ​ ⋅sin​ = 1 erreicht, d. h. Nach Gl. (IV-1.236) für IT(δ) ist I​T,​ max​/2 = E​ 0 /2 für 2 2 2 (1 − r​ ) Um zum Auflösungsvermögen

sin​

δ​1/​2 δ​1/​2 1 − r​ 2 ≈ = . 2 2 2 r​

(IV-1.247)

Der Phasenabstand der beiden noch aufzulösenden Ringe beträgt somit

Δδ​ = 2 δ​1/​2 = 2

1 − r​ 2 . r​

(IV-1.248)

4 π​ Dieser Phasenänderung entspricht nach der Beziehung δ​ = d​ cos ​α​ eine Winkelλ​ änderung Δα, für die gilt

Δδ​ = −

4 π​ 1 − r​ 2 d​ sin ​α​ Δα​ = 2 λ​ r​

(IV-1.249)

2



−2 d​ sin ​α​ Δα​ =

λ​ 1 − r​ . π​ r​

(IV-1.250)

Die gleiche Winkeländerung Δα soll nun das Maximum m-ter Ordnung erfahren, wenn sich die Wellenlänge um Δλ ändert. Aus der Bedingung für das Maximum 4 π​ m-ter Ordnung 2 m​π​ = d​ cos ​α​ (Gln. (IV-1.232) und (IV-1.239) mit δ = k ⋅ Δ) folgt λ​ durch Differentiation der Zusammenhang zwischen Δλ und Δα : m​Δ λ​ = −2 d​ sin ​α​ Δα​ .

(IV-1.251)

Wird darin für die rechte Seite die Beziehung (IV-1.250) eingesetzt, erhalten wir

m​ ⋅ Δλ​ =

λ​ 1 − r​ π​ r​

2

(IV-1.252)

und damit λ​ π​ ⋅ r​ = m​ ⋅ N​e​ = m​ ⋅ Δλ​ 1 − r​ 2

Auflösungsvermögen des Fabry-Pérot-Interferometers.

(IV-1.253)

127

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

N​e​ =

π​ ⋅ r​ 1 − r​

2

wird in Analogie zum Beugungsgitter als effektive Strahlzahl bezeich-

net.85 Für die Ordnung m gilt: m​ =

2 d​ cos ​α​ ; λ​

(IV-1.254)

diese ist hier im Gegensatz zum Gitter, bei dem m ≤ 3 ist, sehr groß (ca. 50 000), dagegen ist die effektive Strahlzahl (ca. 10) viel kleiner als die Strichzahl beim Gitter (ca. 100 000). Der Dispersionsbereich (freier Spektralbereich, free spectral range) ΔλD des FabryPérot-Interferometers, in dem die Interferenzringe in eindeutiger Weise Wellenlängen 4 π​ zugeordnet werden können, ergibt sich aus der Phasendifferenz δ​ = d​ ⋅ cos​ α​ (sieλ​ he auch Anhang 5). Eine Verkleinerung der Wellenlänge λ um ΔλD auf λ − ΔλD soll δ um 2 π auf δ + 2 π vergrößern und so einen Ring bis zum nächsten verschieben (vgl. 4 π​d​ cos​ α​ Abb. IV-1.55). Es gilt also: δ​ + 2 π​ = und damit (δ​ + 2 π​) ⋅ (λ​ − Δλ​D​ ) = λ​ − Δλ​D​ = ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ 4 π​d​ cos​ α​ = δ​ ⋅ λ​. Daraus ergibt sich δ​ ⋅ λ​ + 2 π​λ​ − Δλ​D​ (δ​ + 2 π​) = δ​ ⋅ λ​ und schließ= δ​ ⋅ λ​

lich Δλ​D​ =

2 2 π​λ​ λ​ λ​ 2 λ​ ≅ = ≅ . δ​ + 2 π​ δ​/2 π​ 2 d​ cos​ α​ 2 d​

Beispiel: Fabry-Pérot-Interferometer mit d = 1 cm, α ≅ 0° (d. h. Beobachtung der zentralen Ringe), r = 0,95, λ = 0,5 μm. m​ =

N​e​ =

2 ⋅ 10−2 m 2 d​ cos ​α​ = 40 000 ; = λ​ 0,5 ⋅ 10−6 m π​ ⋅ r​ 1 − r​ 2

=

π​ ⋅ 0,95 1 − 0,952

≅ 30 ;

F​ =

4 r​ 2 (1 − r​ 2 )2

=

4 ⋅ 0,952 2 2

= 380 ;

(1 − 0,95 )

daraus folgt für das Auflösungsvermögen: λ​ 6 = m​ ⋅ N​e​ = 40 000 ⋅ 30 = 1,2 ⋅ 10 . Δλ​ Der Dispersionsbereich beträgt: Δλ​D​ =

−5 λ​ 2 (5 ⋅ 10 )2 cm2 −9 −5 = = 1,25 ⋅ 10 cm = 2,50 ⋅ 10 λ​ . 2 d​ 2 ⋅ 1 cm

85 Für das Gitter gilt ja (siehe Abschnitt 1.5.2, Gl. IV-1.201)

λ​

Δλ​ der Interferenz und N die Strichzahl = Strahlzahl bedeutet.

= m​ ⋅ N​ , wobei m wieder die Ordnung

128

1 Wellenoptik

1.5.4.3 Die Lummer-Gehrcke Platte Das hohe Auflösungsvermögen des Fabry-Pérot-Interferometers entsteht infolge der Interferenz vieler Strahlen abnehmender Amplitude in sehr hoher Ordnung m, die durch den großen Reflexionsgrad infolge der Verspiegelung der Platten im großen Abstand d entsteht. Eine andere Möglichkeit, mehrere Strahlen bei sehr hoher Ordnung zur Interferenz zu bringen, besteht bei der Verwendung einer planparallelen Platte (Lummer-Gehrcke Platte, nach Otto Richard Lummer, 1860–1925 und Ernst Johann Gehrcke, 1878–1960) mit n > 1, d ≈ 1 cm, l ≈ 20 cm und sehr flachem Lichtaustritt (Austrittswinkel α bis zu 88°). Im Inneren der unverspiegelten Platte treffen die Strahlen dann knapp unter dem Winkel der Totalreflexion auf die Grenzfläche zum optisch dünneren Medium und es ergibt sich bei einer Brechzahl n​ = 1,5 ein Reflexionskoeffizient von R ≈ 0,95. Um den Reflexionsverlust des einfallenden Strahls (1. Strahl) stark zu verkleinern (ca. 4 %, 96 % der Energie verbleiben für die interferierenden Strahlen), wird auf die planparallele Platte ein Prisma aufgekittet (Gehrcke-Prisma). Die vielfach am optisch dünneren Medium reflektierten und nach oben durchgelassenen Strahlen werden in einem Fernrohr betrachtet, die nach unten austretenden werden ausgeblendet bzw. in einer Filzunterlage absorbiert (Abb. IV-1.58). In gleicher Weise kann auch das untere Gesichtsfeld für die Beobachtung verwendet werden; da es sich in beiden Fällen nur um transmittierte Strahlen handelt (kein interferierender Strahl wird mehr am dichteren Medium reflektiert), sind die Erscheinungen des oberen und unteren Gesichtsfeldes gleich, nicht komplementär.

Sammellinse sin α _____ =n sin β aufgekittetes Gehrcke-Prisma

1

d ≈ 1 cm

effektiver Spalt AB = l cos α B

α

P

A n β

l ≈ 20 cm

Abb. IV-1.58: Lummer-Gehrcke Platte. Auf eine äußerst gut planparallele Platte (die Abweichung λ​ von der Planparallelität darf nur etwa über die ganze Länge von ca. 20 cm betragen!) ist ein 80 Glasprisma so aufgekittet, dass die Lichtstrahlen praktisch ohne Reflexionsverlust einfallen (senkrechter Einfall) und knapp unter dem Grenzwinkel der Totalreflexion auf die Plattenoberfläche treffen. Dadurch ergibt sich eine Vielfachreflexion an den beiden Plattenoberflächen am optisch dünneren Medium. Da kein Strahl mehr am dichteren Medium reflektiert wird, erscheinen hier die Helligkeitsmaxima im Gesichtsfeld unter der Platte (hier nicht gezeichnet) an den gleichen Stellen wie im Gesichtsfeld oberhalb der Platte.

129

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

Wir berechnen zunächst den Dispersionsbereich Δλ​D​ , in dem die Interferenzstreifen von λ bis λ + ΔλD innerhalb einer Ordnung (Δm = 1) liegen, also eindeutig zugeordnet werden können. Ausgangspunkt ist wieder die für verstärkende Interferenz benachbarter reflektierter Strahlen bestehende Beziehung (nach Abschnitt 1.5.4.1, Gl. IV-1.226), wobei der Phasensprung um π hier nicht auftritt, da alle Reflexionen am dünneren Medium erfolgen (vgl. Abb. IV-1.58): 2 n​d​ cos ​β​ = 2 d​√n​ − sin​ α​ = m​ ⋅ λ​ 2

2

sin​ α​ = n​ (λ​) und m als Ordnung der Interferenz. Damit ergeben sich nach Quasin​ β​ drieren und Differenzieren nach λ

mit

m​ 2 λ​ = 2 d​ 2 (2 n​

d​n​ d​α​ − ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ 2 sin ​α​ cos ​α​ ) d​λ​ d​λ​ = sin ​2 α​

(IV-1.255)

und

d​α​ d​λ​

4 n​d​ =

2 d​n​

d​λ​ 2

2 − m​ λ​

2 λ​n​

2 2 d​n​ m​ λ​ − d​λ​ 2 d​ 2

=

2 d​ sin ​2 α​

2 λ​n​

d​n​ 2 2 − 2(n​ − sin​ α​) d​λ​

=

λ​ sin ​2 α​ λ​ sin ​2 α​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

,

(IV-1.256)

wird​ erst​ bei​ der​ Berechnung​ des​ Auflösungsvermögens​ benötigt​

woraus eine Winkeländerung Δαλ bei einer Wellenlängenänderung Δλ von 4 n​d​ Δα​λ​ =

2

d​n​ 2 − m​ λ​ d​λ​

2 d​ 2 sin ​2 α​

Δλ​

(IV-1.257)

folgt. Für die Winkeländerung ΔαΔm bei Änderung der Ordnung um Δm erhalten 2 2 wir aus der Ausgangsgleichung 2 d​√n​ − sin​ α​ = m​ ⋅ λ​

m​ λ​ 2 Δm​ = −4 d​ 2 sin ​α​ cos ​α​ ⋅ Δα​Δm​ = −2 d​ 2 sin ​2 α​ ⋅ Δα​Δm​ ;

(IV-1.258)

für die Änderung der Ordnung um 1 folgt die zugehörige Winkeländerung mit Δm​ = 1 Δα​Δm​ = 1 =

−m​λ​ 2 2 d​ 2 sin ​2 α​

.

(IV-1.259)

130

1 Wellenoptik

Der Dispersionsbereich folgt aus der Bedingung Δα​λ​ = Δα​Δm​ = 1 m​λ​

2 2 m​ λ​ − 4 n​d​

2

=

2

2 d​ sin ​2 α​

d​n​ d​λ​

2 d​ 2 sin ​2 α​

Δλ​D​ .

(IV-1.260)

Damit wird der Dispersionsbereich zu m​λ​ 2

Δλ​D​ = 2

m​ λ​ − 4 n​d​

2

d​n​ d​λ​

Dispersionsbereich der Lummer-Gehrcke Platte.

(IV-1.261)

λ​ verwenden wir wieder das RayΔλ​ leigh-Kriterium (siehe die Abschnitte 1.5.1 und 1.5.2 sowie Anhang 2). Wir betrachten die Amplituden der N austretenden Strahlen in 1. Näherung als konstant, sodass das austretende Lichtbündel im Querschnitt AB (siehe Abb. IV-1.58) als homogenes Parallellichtbündel angesehen werden kann. Dann ergibt sich in Analom​λ​ ) der Breite gie zur Beugung am Spalt (siehe Abschnitt 1.2.4, Gl. IV-1.62: sin​ θ​ = b​ ̄ 1. Beugungsmaximum (m = 1) einer Platte mit Länge l beim Winkel A​B​ das λ​ λ​ d​α​ = = . Die gleiche Winkeländerung muss durch die kleine, gerade ̄ A​B​ l cos ​α​ noch aufzulösende Wellenlängenänderung dλ hervorgerufen werden. Mit der obid​n​ 2 2 d​α​ 2 λ​n​ d​λ​ − 2(n​ − sin​ α​) gen Beziehung (IV-1.256) = erhalten wir d​λ​ λ​ sin​ 2 α​ Für die Berechnung des Auflösungsvermögens

λ​ d​α​ = = l cos ​α​

2 λ​n​

d​n​ 2 2 − 2(n​ − sin​ α​) d​λ​ d​λ​ = λ​ sin ​2 α​

2 2 2{(n​ − sin​ α​) − λ​n​

=

2 λ​ sin ​α​ cos ​α​

d​n​ } d​λ​ (−d​λ​)

und, da dλ und −dλ gleichwertig sind, d​n​ λ​ l λ​ 2 2 = = {(n​ − sin​ α​) − λ​n​ } = d​λ​ −d​λ​ d​λ​ λ​ sin ​α​ =

2 d​n​ d​n​ m​ 2 λ​ 2 l m​ λ​ l − λ​ n ​ − n​ ) = ( ) = ( λ​ sin ​α​ 4 d​ 2 d​λ​ n​ sin ​β​ 4 d​ 2 d​λ​

(IV-1.262)

131

1.5 Spektrometer, Monochromatoren und Interferometer

=

2 2 l 2 d​ d​n​ m​ λ​ d​n​ l cos ​β​ m​ λ​ − ( − 2 d​ ) = ( )= 2 d​ sin ​β​ 2 n​d​ d​λ​ 2 d​ sin ​β​ 2 n​d​ cos ​β​ cos ​β​ d​λ​

⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ = m​λ​

=

l 2 d​ d​n​ (m​ − ) = N​ ⋅ O​eff , 2 d​ tan ​β​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ cos ​β​ d​λ​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ = N​

(IV-1.263)

= O​eff​

N … Zahl der interferierenden Strahlen, Oeff … effektive Ordnung der Interferenz. Das gesuchte Auflösungsvermögen ist daher 2 d​ d​n​ λ​ l (m​ − ) = N​ ⋅ O​eff = d​λ​ 2 d​ tan ​β​ cos β ​ ​ d​λ​

Auflösungsvermögen der Lummer-Gehrcke Platte. (IV-1.264)

Beispiel: Lummer-Gehrcke Platte aus Flintglas mit n = 1,5; α ≈ 90°; sin ​α​ 1 sin ​β​ = = ⇒ β = 41,8°. n​ n​ Für λ​ = 5 ⋅ 10−5 cm​ folgt aus der Dispersionskurve für Flintglas (Abd​n​ 3 −1 schnitt 1.3.3, Abb. IV-1.29): = 1,583 ⋅ 10 cm​ . Für d = 1 cm und l = 20 cm​ gilt: d​λ​ 2 d​ d​n​ 2 ⋅ 1 ⋅ = ⋅ 1583 = 4221 cos ​β​ d​λ​ 0,75 2 d​√n​ − sin​ α​ 2 ⋅ 1 ⋅ √1,5 − 1 = 44 721 ; = λ​ 5 ⋅ 10−5 2

m​ =

N​ =

2

2

l 20 = = 11 ; 2 d​ tan ​β​ 2 ⋅ 1 ⋅ 0,89

O​eff​ = 44 721 − 4221 = 40 500 ; ⇒

λ​ = N​ ⋅ O​eff​ = 11 ⋅ 40 500 = 445 500 . d​λ​

Der Dispersionsbereich beträgt: Δλ​D​ =

m​λ​ 2 m​ 2 λ​ − 4 n​d​ 2

d​n​ d​λ​

=

44721 ⋅ (5 ⋅ 10 2

44721 ⋅ 5 ⋅ 10

−5

= 1,235 ⋅ 10− 9 cm = 2,471 ⋅ 10− 5 λ​ .

−5 2

)

− 4 ⋅ 1,5 ⋅ 12 ⋅ 1583

=

132

1 Wellenoptik

Zusammenfassung 1.

In linearen, homogenen Medien sind die Wellengleichungen für elektromagnetische Wellen linear in E​⇀und B​⇀und es gilt daher für die Feldamplituden das Superpositionsprinzip m​

E​⇀(r​⇀,t​) = ∑c​i​ E​⇀i​ (r​⇀,t​),

ci konstant, komplex.

i​ = 1

1 2 2 ε​0 c​E​ 0 (r​⇀) ∝ 〈E​⇀(r​⇀,t​) 〉 gilt das Superpositionsprinzip 2 i. Allg. nicht, bei der Überlagerung kann eine Interferenzstruktur mit wechselnder Intensität im Raum (Verstärkung und Auslöschung) entstehen. 2. Wellen, für die bei Überlagerung eine stationäre Interferenzstruktur entsteht, heißen kohärent. Bedingung dafür ist eine im Überlagerungsgebiet zeitlich hinreichend feste Phasenbeziehung der sich überlagernden Wellen gleicher Frequenz. Die im Überlagerungsgebiet kohärenter Wellen beobachtbare zeitlich stationäre Intensität variiert räumlich abhängig von ihrer Phasendifferenz Δφ​. 3. Ebene harmonische elektromagnetische Wellen werden durch den elektrischen i​ (ω​t​ − k​⇀r​⇀) beschrieben; für die PhasenfläFeldvektor E​⇀= E​⇀0 cos ​ (ω​t​ − k​⇀r​⇀) ≙ E​⇀0 e​ chen, die Flächen konstanter Phase, gilt Für die Intensitäten I​ (r​⇀) =

ω​t​ − k​⇀r​⇀= const. Die Dispersionsrelation im Vakuum lautet υ​ph (k​) =

ω​ = ν​ ⋅ λ​ . k​

4. Im Vakuum gilt ω​ ( ) = υ​ph = c​ = k​ Vak​

1

√ε​0 μ​0

,

im Medium υ​ph = c​ph =

1

=

1

=

c​

√ε​μ​ √ε​r​ ε​0 μ​r​ μ​0 √ε​r​ μ​r​

und damit für das Verhältnis der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit c zur Phasengeschwindigkeit cph im Medium

Zusammenfassung

c​ = c​ph

√ε​0 μ​0 ε​r​ μ​r​ √ε​0 μ​0

= √ε​r​ μ​r​ = n​ > 1

133

Maxwell Relation

bzw. c​ph =

c​ . n​

n ist die Brechzahl (= Brechungsindex). Mit μ​r​ = 1 (nicht-ferromagnetische Materialien) gilt n​ = √ε​r​ . 5. Mit dem Huygensschen Prinzip kann die Wellenausbreitung qualitativ erklärt werden: Jeder Punkt einer Wellenfläche (Phasenfläche) ist in jedem Moment Quelle einer sphärischen Elementarwelle (Sekundärwelle), deren Frequenz mit der Primärwelle übereinstimmt. In Kristallen ist dieser Kugelwelle noch eine ellipsoidische Welle überlagert, sodass die Huygenssche Elementarwelle zweischalig wird. An jedem nachfolgenden Punkt ist die Amplitude des optischen Feldes durch Überlagerung aller dieser Elementarwellen gegeben. Die neue Wellenfläche zum Zeitpunkt t + Δt ist die Einhüllende der zum Zeitpunkt t emittierten Elementarwellen. 6. Für die Winkelabhängigkeit ϑ der Intensität einer linearen Anordnung von N kohärenten punktförmigen Strahlungsquellen der Gesamtintensität I0 (Vielstrahlinterferenz) ergibt sich N​ d​ sin​ 2 (N​π​ sin ​ϑ​) Δφ​) 2 λ​ = I​0 . d​ 2 1 2 sin​ ( Δφ​) sin​ (π​ sin ​ϑ​) 2 λ​

sin​ 2 ( I​ (ϑ​) = I​0

Ist der Abstand d der Quellen d < λ, so kommt es zur geradlinigen Ausbreitung in die Richtung ϑ​ = 0 . 7. Bei Fraunhofer-Beugung müssen die auf das beugende Objekt einfallenden 2 d​ ≪ R​ , und die davon auslaufenden Wellenfronten eben sein (Bedingung: λ​ d … Durchmesser des beugenden Objekts, R … Abstand Objekt–Beobachtungsschirm). Bei Fresnel-Beugung treten kugelförmig gekrümmte Wellenfronten auf, deren Geometrie berücksichtigt werden muss. 8. Die Beugung am Spalt, am Doppelspalt und am Gitter wird aus der Interferenz vieler idealer linearer Lichtquellen entwickelt. Es ergibt sich in FraunhoferNäherung

134

1 Wellenoptik

I​ (θ​) = I​ (0)(

I​ (θ​) = 4 I​0 (

sin ​ β​ 2 ) β​

Intensitätsverteilung beim Einfachspalt,

sin ​ β​ 2 2 ) cos​ α​ β​

I​ (θ​) = I​0 (

Intensitätsverteilung beim Doppelspalt,

sin ​ β​ 2 sin ​ N​α​ 2 )( ) β​ sin ​α​

Intensitätsverteilung beim Vielfachspalt (Gitter).

k​b​ k​a​ sin ​θ​ und α​ = sin ​θ​, b ist die Spaltbreite der einzelnen 2 2 Spalte, a der Spaltabstand, θ der Beugungswinkel. Dabei sind β​ =

λ​ ⋅ m​, m​ = ±1, ±2, ... b​ bleiben beim Doppel- und beim Vielfachspalt erhalten, es treten aber zusätzliche N − 1 Intensitätsminima auf: mehr Spalte ⇒ mehr Minima! Aus den Beugungsformeln ist ersichtlich: Je kleiner die Spaltbreite b, desto breiter die Beugungserscheinung und umgekehrt. Das beobachtete Beugungsbild hängt mit der Verteilung des elektromagnetischen Feldes in der beugenden Apertur über die Fouriertransformation zusammen: Die Feldverteilung E​ (k​⇀) im Fraunhofer-Beugungsbild ist die Fouriertransformierte ℱ der Feldverteilung in der Apertur, d. h. der Aperturfunktion A​ (r​⇀): Die Intensitätsminima des Einfachspalts bei sin ​θ​ =

9.

+∞​ +∞​ i​ (k​Y​ ⋅y​ + k​Z​ ⋅z​) E​ (k​Y,k​ d​y​d​z​ = ℱ​{A​ ( y​, z​)} ​ Z​ ) = ∫ ∫ A​ ( y​,z​)e​ −∞​ −∞​

und umgekehrt ist die Aperturfunktion A(y,z) die inverse Fouriertransformierte (Fourierintegral) ℱ−1 der Feldverteilung E(ky,kz):

A​ ( y​,z​) = ℱ​ −1{E​ (k​Y,k​ ​ Z​ )} =

+∞​ +∞​

1 2

(2 π​ )

∫ ∫ E​ (k​Y,k​ ​ Z​ )e​

i​ (k​Y​ ⋅y​ + k​Z​ ⋅z​)

d​kY​ ​ d​kZ​ ​ .

−∞​ −∞​

A​ ( y​,z​) = ℱ​ −1{ℱ​{A​ ( y​, z​)}} ≡ (ℱ​ −1 ⋅ ℱ​){A​ ( y​, z​)} , also ℱ​ −1 ⋅ ℱ​ = 1 = ℱ​ ⋅ ℱ​ −1 10. In einem Medium tritt i. Allg. Dispersion auf: n​ = n​ (λ​)

Zusammenfassung

135

und daher gilt

c​ph =

c​ ω​ = ν​ ⋅ λ​ = = c​ph (λ​) n​ (λ​) k​

und

ω​ = c​ph (λ​) ⋅ k​ =

c​ k​ . n​ (λ​)

1 λ​0, aber es bleibt ν​n​ = ν​ , d. h., die Wellenlänge λ der elektron​ magnetischen Wellen wird i. Allg. im Medium (n > 1) kürzer, ihre Frequenz ν aber bleibt ungeändert. 11. Bei Vorliegen von Dispersion (n​ = n​ (λ​)) betrachtet man neben der Phasenω​ die Gruppengeschwindigkeit (Ausbreigeschwindigkeit υ​ph = c​ph = ν​ ⋅ λ​ = k​ tung der Amplitude der Wellengruppe, also des Energiezentrums des Wellenpakets): Damit wird λ​n​ =

υ​gr = c​gr =

d​ω​ d​cp​ h = c​ph − λ​ . d​k​ d​λ​

12. Wir unterscheiden zwischen „normaler Dispersion“, bei der die Brechzahl mit d​n​ der Wellenlänge abnimmt ( < 0, kürzere Wellenlängen werden stärker gebrod​λ​ chen), und „anomaler Dispersion“, die im Bereich von Absorptionsstellen auftritt und bei der die Brechzahl auf der kurzwelligen Seite erniedrigt, auf der langwelligen Seite erhöht ist; in unmittelbarer Umgebung der Absorptionsfrequenz steigt n mit λ: anomale Dispersion. 13. Beim Auftreffen von elektromagnetischer Strahlung auf Grenzflächen gelten unter idealen Bedingungen das Reflexionsgesetz und das Brechungsgesetz: Reflexionswinkel = Einfallswinkel; α​′ = α​ sin ​α​ c​ p(1)h​ n​2 = = n​21 = sin ​β​ c​ p(2)h n​1

Reflexionsgesetz Brechungsgesetz,

α … Einfallswinkel, β … Brechungswinkel. 14. Ist das Brewstersche Gesetz

tan ​α​B​ =

n​2 = n​21 n​1

erfüllt, so ist das von einer Grenzfläche reflektierte Licht senkrecht zur Einfallsebene linear polarisiert (Polarisation durch Reflexion).

136

1 Wellenoptik

15. Aus den Stetigkeitsbedingungen der Tangential- und Normalkomponenten der elektrischen und magnetischen Feldstärke an Grenzflächen zwischen unterschiedlichen Medien sowie der Energieerhaltung können die Fresnelschen Formeln entwickelt werden. Sie beschreiben vollständig die Reflexion, Brechung und Polarisation elektromagnetischer Wellen in homogenen, isotropen, absorptionsfreien Medien.

r​s​ =

E​0,r​,s​ sin​ (α​ − β​) =− , E​0,e​,s​ sin​ (α​ + β​)

r​p​ =

E​0,r​,p​ tan​ (α​ − β​) = E​0,e​,p​ tan​ (α​ + β​)

Amplitudenreflexionskoeffizienten für die Komponente ⊥ und ∥ zur Einfallsebene, t​s​ =

E​0,t​,s​ 2 sin ​β​ cos ​α​ = , E​0,e​,s​ sin​ (α​ + β​)

t​p​ =

E​0,t​,p​ 2 sin ​β​ cos ​α​ = E​0,e​,p​ sin​ (α​ + β​) cos ​ (α​ − β​)

Amplitudentransmissionskoeffizienten für die Komponente ⊥ und ∥ zur Einfallsebene. 16. Als Reflexionsgrad R und als Transmissionsgrad T ist jeweils das Verhältnis der reflektierten bzw. transmittierten Strahlungsleistung (Φr bzw. Φt ) zur einfallenden Strahlungsleistung Φe definiert:

R​ =

Φr​ r​ 2s​ E​ 02 ,e​,s​ + r​ p2 ​ E​ 20,e​,p​ = Φe​ E​ 02 ,e​,s​ + E​ 20,e​,p​ 2

T​ =

2

2

Reflexionsgrad,

2

Φt​ cos ​β​ t​ s​ E​ 0,e​,s​ + t​ p​ E​ 0,e​,p​ = n​21 Φe​ cos ​α​ E​ 02 ,e​,s​ + E​ 20,e​,p​

Transmissionsgrad.

17. In anisotropen Kristallen ist auch die Dielektrizitätskonstante anisotrop und muss als Tensor ε​r​̃ dargestellt werden. Damit wird auch der Brechungsindex n​ ̃ ein Tensor und in Folge die Phasengeschwindigkeit elektromagnetischer c​ richtungsabhängig. Im allgemeinen Fall erfolgt in solchen Wellen c​ph = n​ (r​⇀) Medien die Aufspaltung der Lichtstrahlen in den O- und den A-Strahl, die zueinander senkrecht linear polarisiert sind: Doppelbrechung. Optisch aktive Substanzen sind enantiomorph (spiegelbildlich gleich) und drehen die Polarisationsebene linear polarisierten Lichts proportional zu ihrem Lichtweg d in der Substanz; der Effekt ist wellenlängenabhängig (Rotationsdispersion). 18. Die Untersuchungen der spektralen Verteilung I(λ) des emittierten Spektrums von Lichtquellen erfolgt durch Aufspaltung des Lichts in seine Wellenlängen

Zusammenfassung

137

mit einem dispergierenden Instrument, z. B. einem Prisma oder einem Beugungsgitter in Spektrometern oder durch Vergleich interferierender Wellenzüge nach unterschiedlichen optischen Weglängen in Interferometern (Fabry-PérotInterferometer, Lummer-Gehrcke Platte). 19. Für das spektrale Auflösungsvermögen fanden wir λ​ d​n​ = −L​ d​λ​ d​λ​

mit L = 5 cm und

spektrales Auflösungsvermögen eines Prismas der Basislänge L;

d​n​ −1 = 1200 cm​ (Flintglas) d​λ​

λ​ = m​ ⋅ N​ δ​λ​

λ​ 5 = 2 ⋅ 10 , Δλ​

λ​ 5 = 3 ⋅ 10 . Δλ​

λ​ 2 d​ cos​ α​ π​ ⋅ r​ = m​ ⋅ N​e​ = ⋅ Δλ​ λ​ 1 − r​ 2

mit d = 1 cm und r = 0,95, α ≅ 0°



l 2 d​ d​n​ λ​ = (m​ − ) d​λ​ 2 d​ tan ​β​ cos β ​ ​ d​λ​

mit m​ =

λ​ 3 = 6 ⋅ 10 . Δλ​

spektrales Auflösungsvermögen des Beugungsgitters;

mit N = 105, m = 2 (2. Ordnung): m = 3 (3. Ordnung):



Auflösungsvermögen des Fabry-Pérot-Interferometers;

λ​ 6 = 1,2 ⋅ 10 . Δλ​

Auflösungsvermögen der Lummer-Gehrcke Platte,

2 d​ √n​ 2 − 1 und sin ​β​ = 1 (bei α ≅ 90°) . λ​ n​

Für d = 1 cm, l = 20 cm λ​ 5 = 4,5 ⋅ 10 . ⇒ Δλ​

und

d​n​ −1 = 1200 cm​ , α​ ≅ 90° d​λ​

138 5

1 Wellenoptik

Übungen: 1. Wie sieht die Welle aus, die von einer punktförmigen Strahlenquelle ausgeht? Hinweis: Löse die Wellengleichung in Kugelkoordinaten unter Berücksichtigung der Symmetrie (keine Abhängigkeit von der Poldistanz φ und vom Azimut θ). 2. Wenn auf einen optischen Spalt ein paralleles Strahlenbündel blauen Lichtes der Wellenlänge λbl = 500 nm senkrecht einfällt, so entsteht auf einem genügend weit entfernten Schirm ein Interferenzbild, bei dem die Mitte des zweiten dunklen Streifens um einen Winkel αbl = 5°14′ gegenüber der kürzesten Verbindungsgeraden Spalt-Schirm abweicht. Unter welchem Winkel wird die Mitte des vierten Dunkelstreifens erscheinen, wenn der Spalt anstelle des blauen Lichtes mit rotem Licht der Wellenlänge λr = 700 nm beleuchtet wird? 2 3. Beweise, dass die Fouriertransformierte einer Gaußfunktion e​ −α​x​ wieder eine Gaußfunktion ist. 4. Ermittle durch Fourier-Integration das Spektrum der Wellen, aus denen sich der unten dargestellte Rechteckimpuls zusammensetzt. Wie verändert sich das Fourierspektrum, wenn die Breite des Impulses gegen 0 bzw. gegen ∞ geht? f(t) = 1 für – a ≤ t ≤ + a f(t) = 0 für t < a und t > a

f(t)

1

a

a

t

Vergleiche das Ergebnis mit der Feldamplitude der Beugung am Spalt! Der Brechungsindex von Wasser relativ zu Luft beträgt 1,33, der eines Stückes Kronglases relativ zu Luft 1,54. Berechne den Brechungsindex von Kronglas relativ zu Wasser und den Grenzwinkel der Totalreflexion zwischen Kronglas und Wasser. 6. Wasser hat für Licht verschiedener Wellenlängen Brechzahlen von 1,331 bzw. 1,338. a) Wie groß sind die entsprechenden Lichtgeschwindigkeiten? b) Welche mittlere Dielektriziätskonstante ergibt sich für diesen Wellenlängenbereich? 5.

Zusammenfassung

7.

139

Welche Brechzahl muss ein zylindrischer Stab (Skizze) mindestens haben, damit alle in seine Basis eintretenden Strahlen innerhalb des Stabes durch Totalreflexion fortgeleitet werden?

 α

β



8. Um wieviel % unterscheiden sich Phasen- und Gruppengeschwindigkeit des gelben Natriumlichtes in CS2 , wenn der Brechungsindex nD = 1,628 und seine Dispersion (dn/dλ)D = −1,60⋅105 m−1 beträgt? 9. Unpolarisiertes Licht fällt auf eine Kronglasplatte. Für rotes Licht mit der Wellenlänge λr = 656 nm beträgt die Brechzahl nr = 1,5076, für violettes Licht mit λv = 405 nm ist nv = 1,5236. a) Wie groß ist das Reflexionsvermögen R der Platte bei senkrechtem Einfall des Lichts für die beiden Wellenlängen? b) Bei welchem Einfallswinkel αB ist das reflektierte Licht vollständig linear polarisiert? c) Wie groß ist der Winkel αB, wenn das Licht auf die Grenzfläche Glas → Luft fällt? Wie groß ist hier der Grenzwinkel αG der Totalreflexion? d) Welchen Wert hat in allen Fällen der Brechungswinkel β? 10. Auf einen Calcit-Kristall fällt normal zur optischen Achse Licht der Wellenlänge λ in Luft; ordentlicher und außerordentlicher Strahl breiten sich im Kristall daher in derselben Richtung aus. Welche Phasendifferenz zwischen beiden Strahlen ergibt sich nach Durchlaufen der Schichtdicke d? 11. Welche Wellenlängen aus dem sichtbaren Bereich des Spektrums werden bei der Reflexion an einer 750 nm dicken Seifenlamelle (n = 1,35) bei senkrechtem Strahleneinfall a) ausgelöscht, b) welche maximal reflektiert?

140

1 Wellenoptik

Anhang 1 Fraunhofer-Bedingung zur Beobachtung von Beugungserscheinungen im Fernfeld Betrachten wir noch einmal die Interferenz der von zwei Punktquellen ausgehenden elektromagnetischen Strahlung in einem sehr weit entfernten Punkt P (Abb. IV-1.59): P r2 Q2 r1 ϑ

d

ϑ

ϑ

ϑ

Q1

Δs

Abb. IV-1.59: Interferenz der Strahlung zweier Punktquellen Q1 und Q2 im Punkt P.

Die Wegdifferenz r​1 − r​2 der beiden sich in P schneidenden Wellenzüge ist nur angenähert r​1 − r​2 = Δs​ = d​ sin ​ϑ​ . Wir suchen eine Bedingung dafür, dass diese Näherung erfüllt ist. Dazu wenden wir zunächst den Kosinussatz (a​ 2 = b​ 2 + c​ 2 − 2 a​b​ cos ​α​) auf das Dreieck Q1PQ2 an: r​ 22 = r​ 21 + d​ 2 − 2 r​1 d​ cos ​ (∠ Q​2 Q​1 P​) = r​ 21 + d​ 2 − 2 r​1 d​ cos ​ (90° − ϑ​) = = r​ 21 + d​ 2 − 2 r​1 d​ sin ​ϑ​ .

(IV-1.265)

Daraus erhalten wir 1/​2

d​ d​ 2 r​2 = [1 − 2 ( )sin ​ϑ​ + ( ) ] r​1 r​1 r​1

(IV-1.266)

und entwickeln nach Potenzen von sin ϑ (Taylorreihe) für d ≪ r um sin ​ϑ​ = 0 86, d​ 2 wobei wir alle Terme bis zu ( ) mitnehmen: r​1

86 MacLaurinsche Reihe als Sonderfall einer Taylorreihe: f​ (x​) = f​ (0) +

x​ 1!

f​ ′(0) +

x​

2

2!

f​ ″(0) + ...

141

Anhang 1 Fraunhofer-Bedingung

d​ 2 1/​2 d​ 2 −1/​2 d​ d​ 2 −3/​2 d​ 2 sin​ 2 ϑ​ r​2 = [1 + ( ) ] −[1 + ( ) ] ( ) ⋅ sin ​ϑ​ − [1 + ( ) ] ( ) ⋅ = r​1 r​1 r​1 r​1 r​1 r​1 2 ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ f​ (0)

⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

f​ ′(0)

f​ ″(0)

=1+

1 d​ 3 d​ d​ 2 sin​ 2 ϑ​ d​ 1 d​ ( ) − [1 − ( ) ] sin ​ϑ​ − [1 − ( ) ] ⋅ ( ) = 2 r​1 2 r​1 r​1 2 r​1 r​1 2

=1+

d​ 1 d​ 2 1 d​ 2 2 ( ) − ( ) sin ​ϑ​ − ( ) sin​ ϑ​ = 2 r​1 r​1 2 r​1

2

2

2

d​ 1 d​ 2 = 1 − ( ) sin ​ϑ​ + ( ) [1 − sin​ 2 ϑ​] = r​1 2 r​1 d​ 1 d​ 2 = 1 − ( ) sin ​ϑ​ + ( ) cos​ 2 ϑ​ . r​1 2 r​1

(IV-1.267)

Damit ergibt die Entwicklung87

r​2 = r​1 − ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ d​ sin ​ϑ​ + Δs​

d​ 2 cos​ 2 ϑ​ + ... . 2 r​1 ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

(IV-1.268)

Δs​1

d​ 2 2 cos ​ ϑ​ verursachte 2 r​1 Phasenverschiebung vernachlässigbar klein? Wir rechnen die Wegdifferenz Δs1 in eine Phasendifferenz Δφ​ = k​Δ s​1 um und fordern

Unter welcher Bedingung wird die durch den Term Δs​1 =

2 2 π​ d​ 2 d​ 2 2 cos​ ϑ​) = cos​ ϑ​) ≪ π​ , Δφ​ = k​ ( ( 2 r​1 λ​ 2 r​1

(IV-1.269)

d​ 2 cos​ 2 ϑ​ ≪ λ​ . r​1

(IV-1.270)

das heißt

87 Diese Entwicklung kann auch sofort mit dem binomischen Lehrsatz erhalten werden: 1 2

(1 − x​ )

1 2

=1−

1!

1 2

1 2

( )( − 1)

( )

x​ +

2! n​

d​ gung aller Terme mit ( ) , n > 2. r​1

2

x​ = 1 −

x​ 2



x​

2

2

d​ d​ mit x​ = 2 ( ) sin​ ϑ​ − ( ) und Vernachlässi8 r​1 r​1

142

1 Wellenoptik

cos 2 ϑ wird maximal Eins, daher wird die Bedingung, dass der zweite Term in der Entwicklung nur einen vernachlässigbaren Beitrag zur Phasendifferenz im Punkt P liefert, die Wellenzüge also als parallel zueinander angenommen werden können, zu 2

r​1 ≫

d​ . λ​

(IV-1.271)

Betrachten wir zwei im Abstand d diametral zueinander liegende Randpunkte eines beugenden Objekts und beobachten im Abstand R​ ≈ r​1 ≈ r​2 vom Objekt, dann können wir demnach von parallel auslaufenden Wellenzügen ausgehen, wenn gilt d​ 2 ≪ R​ λ​

(IV-1.272)

Fraunhofer-Bedingung.

Anhang 2 Intensitätsverteilung bei der Beugung elektromagnetischer Wellen an einer kreisrunden Apertur, Auflösungsvermögen optischer Instrumente Wir nehmen an, dass ebene, monochromatische elektromagnetische Wellen auf eine kreisrunde Öffnung (Apertur) mit der Wellenfläche parallel zu dieser einfallen (Koordinatensystem (x,y,z)) – z. B. ausgehend von einem Lichtpunkt, der sich sehr weit vor der Öffnung auf deren Achse befindet – und auf einem sehr weit entfernten Schirm im Punkt P (Koordinaten (X,Y,Z)) ein Beugungsbild erzeugen (Abb. IV1.60). Wir wollen die Intensität in einem Punkt P(X,Y,Z) am Schirm in FraunhoferNäherung berechnen. Wir betrachten ein kleines Flächenelement dS in der Apertur; seine Längendimensionen seien viel kleiner als die Wellenlänge λ, sodass die von ihm ausgehenden Sekundärwellen (siehe Huygenssches Prinzip, Abschnitt 1.1.5), die zum Feld in P beitragen, unabhängig vom Winkel ∠(r​⇀, x​⇀) (in Abschnitt 1.1.5 der Winkel θ) alle in Phase sind und konstruktiv interferieren: dS emittiert dann als Punktquelle Kugelwellen. Wir nehmen weiter an, dass die Quellstärke pro Flächeneinheit AF über die ganze Apertur konstant ist. Das Feld, das dS in P erzeugt, ist dann d​E​ =

A​F​ i​ (ω​t​ − k​r​) d​S​ . e​ r​

(IV-1.273)

Für den Abstand zweier Punkte P​1(x​1,y​1,z​1 ) und P​2 (x​2 ,y​2 ,z​2 ) im Raum gilt 2 2 2 d​ = [(x​ 2 − x​1 ) + (y​ 2 − y​1 ) + (z​ 2 − z​1 ) ]

1∕2

.

(IV-1.274)

Anhang 2 Intensitätsverteilung bei kreisrunder Apertur

143

z

Z y

dS (0,y, z)

r

φ

ρ

P(X,Y, Z)

R θ

O

σ Φ

x

a

Y

P0

Abb. IV-1.60: Auf eine kreisrunde Apertur (Koordinatensystem (x,y,z)) fallen ebene, monochromatische elektromagnetische Wellen, die auf einem sehr weit entfernten Schirm im Punkt P (Koordinaten (X,Y,Z)) ein Beugungsbild erzeugen (Fraunhofer-Näherung).

Damit erhalten wir für den Abstand r von dS mit den Koordinaten (x,y,z) zum Punkt P(X,Y,Z) (siehe Abb. IV-1.60) 2 2 2 r​ = [X​ + (Y​ − y​) + (Z​ − z​) ]

1∕2

.

(IV-1.275)

In Fraunhofer-Näherung (Fernfeld) ist diese Distanz unendlich groß und es kann in der Amplitude r durch R, den Abstand vom Koordinatenursprung O ersetzt werden, solange die Apertur klein genug ist. Für die Phase, die von ω und k abhängt und bei der kleine Distanzänderungen von Bedeutung sind, kann aber nicht einfach r ≅ R gesetzt werden, da k = 2 π/λ eine große Zahl ist; daher ist hier wieder eine Entwicklung von r notwendig: 2

2

2

2

2 1∕2

r​ =[X​ + Y​ − 2 Y​ ⋅ y​ + y​ + Z​ − 2 Z​ ⋅ z​ + z​ ]

=

2 =[X​ + Y​ 2 + Z​ 2 + y​ 2 + z​ 2 − 2(Y​ ⋅ y​ + Z​ ⋅ z​)] 1 ∕ 2 = ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ = R​ 2

= R​ [1 +

2 2 y​ + z​ 2

R​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ sehr​ klein​ für​ grosse​ R​ ⇒ vernachlässigbar​



2 R​

2

(Y​ ⋅ y​ + Z​ ⋅ z​)] 1 ∕ 2

(IV-1.276)

144

1 Wellenoptik

Da y und z für die als klein angenommene Apertur auch klein sein müssen, ist der y​ 2 + z​ 2 Term für große R sicher vernachlässigbar klein. Der Rest in der eckigen 2 R​ Klammer wird nach dem binomischen Lehrsatz n​ (n​ − 1) 2 (−b​ ) ...) entwickelt und die Entwicklung nach dem 2! zweiten Glied abgebrochen. Man erhält

n​ n​ ((1 − b​ ) = 1 − n​b​ +

r​ = R​[1 −

1 R​

2

(Y​ ⋅ y​ + Z​ ⋅ z​)] = R​ −

Y​y​ + Z​z​ R​

(IV-1.277)

und für das von der gesamten Apertur stammende elektrische Feld in P unabhängig​ von​ d​S​



k​

E​ =

A​F​ i​ [( ω​⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞ t​ − k​R​ ∫e​ R​

E​ =

A​F​ i​ (ω​t​ − k​R​) i​k​ (Y​ ⋅ y​ + Z​ ⋅ z​)/​R​ ∫ e​ d​S​ . e​ R​ Apertur​

+

R​

(Y​ ⋅ y​ + Z​ ⋅ z​)]

d​S​

(IV-1.278)

(IV-1.279)

Wir spezialisieren jetzt auf eine kreisrunde Apertur und führen deshalb in den beiden Bezugsebenen (y,z) der Apertur und (Y,Z) des Schirms Polarkoordinaten ein: y​ = ρ​ cos ​φ​ , Y​ = σ​ cos ​Φ​ ,

z​ = ρ​ sin ​φ​ Z​ = σ​ sin ​Φ​ .

(IV-1.280)

Damit wird das differentielle Flächenelement dS der Apertur zu d​S​ = ρ​ d​ρ​ d​φ​

(IV-1.281)

und für die Feldstärke in P(X,Y,Z) ergibt sich mit Y​y​ + Z​z​ = ρ​σ​ (cos ​φ​ cos ​Φ​ + sin ​φ​ sin ​Φ​) , 1 cos ​φ​ cos ​Φ​ = [cos ​ (φ​ − Φ​) + cos ​ (φ​ + Φ​)] und 2 1 sin ​φ​ sin ​Φ​ = [cos ​ (φ​ − Φ​) − cos ​ (φ​ + Φ​)] 2 a​

E​ =

2 π​

A​F​ i​ (ω​t​ − k​R​) i​ ∫ ∫ e​ e​ R​ ρ​ = 0 φ​ = 0

k​ρ​σ​ R​

cos​ (φ​ − Φ​)

ρ​ d​ρ​ d​φ​ .

(IV-1.282)

Anhang 2 Intensitätsverteilung bei kreisrunder Apertur

145

Wegen der axialen Symmetrie muss die Lösung unabhängig vom Winkel Φ in der Schirmebene (Y,Z) sein, die Gleichung kann daher einfachheitshalber für den speziellen Wert Φ = 0 gelöst werden. Für das Integral mit der Variablen φ ergibt sich dann 2 π​

k​ρ​σ​

∫ e​ i​ R​ cos ​φ​ d​φ​ .

(IV-1.283)

0

Das Integral 2 π​

1 ∫ e​ i​x​ cos ​φ​ d​φ​ = J​0 (x​) 2 π​ 0

(IV-1.284)

ist die Bessel-Funktion (= Zylinderfunktion) nullter Ordnung (n = 0) der allgemeinen Bessel-Funktion erster Gattung

J​n​ (x​) =

2 π​

1 2 π​ i​

n​

∫ e​ i​x​ cos ​φ​ e​ i​n​φ​ d​φ​

=

2 π​

1 2 π​ i​

0

n​

∫ e​ i​ (n​φ​ + x​ cos ​φ​) d​φ​

(IV-1.285)

0

mit der Eigenschaft (Rekursionsformel)

d​ n​ [x​ J​n​ (x​)] = x​ n​ J​n​ − 1 (x​) d​x​

x​

⇒ ⏟ n​ = 1

∫ξ​ J​0 (ξ​) d​ξ​

= x​J1​ (x​) .

(IV-1.286)

0

Das von der beleuchteten, kreisförmigen Apertur mit Radius a stammende elektrische 2 π​

Feld in P(X,Y,Z) kann also so geschrieben werden (x​ =

1 k​ρσ ​ ​ i​x​ cos φ ​ ​ ∫ e​ d​φ)​ : , J​0 (x​) = R​ 2 π​ 0

a​

E​ (t​) =

A​F​ i​ (ω​t​ − k​R​) 2 π​ ∫ J​0 (k​ρ​σ​/​R​)ρ​ d​ρ​ = e​ R​ ρ​ = 0 k​a​σ​/​R​

=

A​F​ i​ (ω​t​ − k​R​) 2 π​ (R​/​k​σ​)2 ∫ J​0 (υ​)υ​ d​υ​ = e​ R​ υ​ = 0

=

A​F​ i​ (ω​t​ − k​R​) k​a​σ​ 2 R​ 2 π​a​ ). e​ J​1 ( R​ R​ k​a​σ​

(IV-1.287)

146

1 Wellenoptik 2

Daraus ergibt sich für die Intensität im Punkt P am Schirm, wenn F​ = a​ π​ die gesamte Aperturfläche ist, k​a​σ​ 2 )] ] R​ ] ] ] ] ] ] ] . k​a​σ​ ]

[J​ 1 ( 2[ [

1 A​ F​ I​ = ε​0 c​ 〈E​ ∗ E​ 〉 = ε​0 c​ ⋅ 2 ⋅ ( F​) 2 R​

[ [ [ [ [ [ [ [

R​

(IV-1.288)

]

Zur Ermittlung der Intensität in P0, d. h. im Zentrum des Beugungsbildes, müssen wir σ​ = 0 setzen. Entsprechend der obigen Rekursionsformel (IV-1.286) gilt mit n​ = 1:88 J​0 (x​) =

d​ J​1(x​) J​1(x​) + . d​x​ x​

(IV-1.289)

In unserem Fall ist mit σ​ = 0 2 π​

J​0 (k​a​σ​/​R​) |σ​=0 = J​0 (0) =

1 ∫ e​ i​ 2 π​ 0

k​a​ σ​ R​

2 π​

2 π​

cos ​φ​

d​φ​ =

1 1 ∫ e​ 0 d​φ​ = ∫ 1 ⋅ d​φ​ = 1 , 2 π​ 0 2 π​ 0 2 π​

2 π​

J​1(k​a​σ​/​R​) |σ​=0 = J​1(0) =

=

1 2 π​ i​ 2

k​a​ σ​ 1 i​ (φ​ + ∫ e​ R​ 2 π​ i​ 0

2 π​​i​

∫ e​

u​

d​u​ =

0

(IV-1.290)

cos ​φ​)

d​φ​ =

1 i​φ​ ∫ e​ d​φ​ = 2 π​ i​ 0

−1 u​ 2 π​i​ −1 e​ | = (1 − 1) = 0 ; 2 π​ 2 π​ 0

d​J1​ (x​) J​1(x​) hat für x​ % 0 den Grenzwert (l’Hospital) d​x​ x​ d​x​ d​x​

|

(IV-1.291)

d​J​1(x​) = d​x​ . Das aber bedeutet, 1

|

0

0

dass die rechte Seite der Formel für J0(x) (Gl. IV-1.289) für x​ % 0 den doppelten Grenzwert ergibt, also J​0 (0) =

88

d​ d​x​

[x​ ⋅ J​1(x​)] = J​1(x​) + x​

d​J​1(x​) d​x​

J​1 (x​) J​1 (x​) | | + und daher gilt x​ x​ % 0 x​ x​ % 0

= x​ ⋅ J​0(x​)



J​0(x​) =

d​J​1(x​) d​x​

+

J​1(x​) x​

147

Anhang 2 Intensitätsverteilung bei kreisrunder Apertur

J​1(x​) x​

J​0 (0) 1 = . 2 2

(IV-1.292)

1 A​ F​ 2 ( F​) ; 2 R​

(IV-1.293)

=

| x​ % 0

Die Intensität im Punkt P0 beträgt daher I​ (0) = ε​0 c​

damit folgt für die Intensität im allgemeinen Punkt P(X,Y,Z) nach Gl. (IV-1.288) k​a​σ​ 2 2 ⋅ J​ 1 ( )] [ ] [ R​ ] [ ] [ ] [ [ ] [ ] I​ = I​ (0)[ [ ] ] [ ] k​a​σ​ [ ] R​ [ ] bzw. mit sin ​θ​ =

(IV-1.294)

σ​ (siehe Abb. IV-1.60) R​

I​ (θ​) = I​ (0)[

2 J​ 1(k​a​ sin ​θ​) 2 ] . k​a​ sin ​θ​

(IV-1.295)

Diese Gleichung wurde zuerst von dem englischen Mathematiker und Astronomen Sir George Biddell Airy abgeleitet, das am Schirm sichtbare Beugungsscheibchen wird deshalb auch „Airy-Scheibchen“ (Airy-pattern) genannt (Abbn. IV-1.61 und IV-1.62). 1,0

I(θ) I0

0,5

0 –10

–8

–6

–4

–2 0 kasinθ

2

4

6

8

10

Abb. IV-1.61: Intensitätsverteilung in großem Abstand hinter einer kreisförmigen Öffnung (Blende): Airy-Scheibchen. (nach Wikipedia)

148

1 Wellenoptik

Abb. IV-1.62: Berechnetes Beugungsbild (Airy-Scheibchen) hinter einer Kreisblende in Fraunhofer-Näherung. Die Intensität ist entsprechend dem Weber-Fechnerschen Gesetz, nach dem die Empfindungsstärke etwa dem Logarithmus der Reizstärke proportional ist (siehe Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.6.6), logarithmisch auf die Helligkeitsskala umgesetzt, um den realen Eindruck durch das Auge wiederzugeben. (nach Wikipedia)

Das zentrale, helle Scheibchen ist von einem dunklen Ring umgeben, dessen Position von der ersten Nullstelle der Bessel-Funktion J1(x) bestimmt wird. Es gilt nach Tabelle: J​1(x​) = 0 für x = 3,83; in unserem Fall gilt daher beim ersten dunklen Ring, der den Durchmesser des Airy-Scheibchens bestimmt k​a​σ1​ = 3,83 ; R​

(IV-1.296)

daraus ergibt sich für den ersten dunklen Ring und damit für den Radius des Beugungsscheibchens ein Radius σ1 von

σ​1 =

3,83 ⋅ R​ ⋅ λ​ R​λ​ = 1,22 ⋅ . 2 π​a​ 2 a​

(IV-1.297)

Fokussiert man etwa mit einer Linse der Brennweite f​ = R​ einen entfernten Lichtpunkt auf einen Schirm (Abb. IV-1.63) und ist D​ = 2 a​ der Durchmesser der Linsenfassung (Apertur), dann wird der geometrische „Brennpunkt“ am Schirm zu einem Scheibchen mit dem Radius

σ​1 = 1,22 ⋅

f​ λ​ 89 . D​

(IV-1.298)

Die Linse hat die Funktion, die unter dem Winkel θ = σ/R ohne Linse aus der Apertur austretenden Parallelstrahlbündel, die erst in sehr weiter Entfernung auseinandertreten und so das Beugungsbild erkennbar werden lassen würden, in der Brennebene zu fokussieren und so das Beugungsbild schon in der Entfernung der Brennweite sichtbar werden zu lassen. 89 Für einen Spalt der Breite D erhielten wir für das erste Minimum (siehe Abschnitt 1.2.4, Gl. IVλ​ f​ ⋅ λ​ 1.62 mit m = 1): sin ​θ​ ≈ θ​ = ⇒ σ​1 = d. h. etwas weniger als für die Kreisöffnung. D​ D​

Anhang 2 Intensitätsverteilung bei kreisrunder Apertur Strahlen ohne Linse (Parallelbündel)

149

Intensität

λ geometrischer Brennpunkt F

D = 2a λ

Δθ

F

1,22⋅f⋅λ 2σ1 = 2 _________ D tatsächliches Beugungsscheibchen

λ R=f

Schirm

Abb. IV-1.63: Fokussiert man mit einer Linse (Apertur D​ = 2a​ , Brennweite f​ = R​) einen entfernten Lichtpunkt auf einen Schirm, dann wird der geometrische „Brennpunkt“ zu einem Scheibchen 1,22 ⋅ f​ ⋅ λ​ mit dem Radius σ​1 = . D​

Das Auflösungsvermögen optischer Instrumente Das hat eine entscheidende Konsequenz für das Auflösungsvermögen optischer Instrumente, das bei bester Vermeidung von Linsenfehlern (siehe Kapitel „Geometrische Optik“, Abschnitt 2.2.7) durch Beugungseffekte beschränkt wird. Betrachten wir das Licht, das von zwei punktförmigen, inkohärenten Lichtquellen gleicher Strahldichte (z. B. Sternen) in die Eingangsöffnung mit Durchmesser D einer Linse fällt. Der Radius des Beugungsscheibchens (= Radius des ersten Minimums) am f​ λ​ Beobachtungsschirm ist dann σ​1 = 1,22 ⋅ . Wenn Δθ der entsprechende BeuD​ σ​1 = sin ​Δθ​ ≈ Δθ​ nähern, ergibt sich als Winkelhalbwertsgungswinkel ist und wir f​ λ​ breite des Beugungsscheibchens Δθ​ = 1,22 ⋅ . Beträgt der Winkelabstand der beiD​ den Lichtquellen (Sterne) Δφ mit Δφ ≫ Δθ, können die Bilder (Scheibchen) der Lichtquellen am Schirm gut unterschieden werden. Nähern sich die Lichtquellen, kommen sich auch ihre Abbildungen nahe, überlappen sich und vereinigen sich schließlich zu einem einzigen Beugungsscheibchen. Nach Lord Rayleigh90 können die Punktlichtquellen dann gerade noch als getrennt beobachtet, also aufgelöst, werden, wenn das Zentrum des einen Beugungsscheibchens in das erste Minimum des anderen fällt (Abb. IV-1.64):

90 Siehe Abschnitt 1.2.7, Fußnote 33.

150 1

1 Wellenoptik

Zwei punktförmige Lichtquellen (z. B. Sterne) gleicher Helligkeit sind gerade noch getrennt wahrnehmbar, wenn das Beugungsmaximum der einen Lichtquelle mit dem ersten Minimum der anderen zusammenfällt. Rayleigh-Kriterium

Abb. IV-1.64: Zum Rayleigh-Kriterium: gute Auflösung der Punktquellen (links); Rayleigh-Kriterium gerade erfüllt (Mitte); keine Auflösung der Punktlichtquellen (rechts).

Damit erhalten wir die kleinste Winkelauflösung zu (Δφ​)min​ = Δθ​ = 1,22 ⋅

λ​ . D​

(IV-1.299)

Wenn der Abstand der Zentren der Beugungsscheibchen am Schirm nach Abbildung mit einer Linse (Brennweite f ) Δl ist, liegt die Auflösungsgrenze bei (Δl)min​ = 1,22 ⋅

f​ ⋅ λ​ . D​

(IV-1.300)

Als Auflösungsvermögen R wird der Kehrwert definiert:

R​l =

1 D​ = 0,82 ⋅ (Δl)min​ f​ ⋅ λ​

bzw.

R​φ​ =

1 D​ = 0,82 ⋅ . (Δφ​)min​ λ​

(IV-1.301)

D​ λ​ begrenzt: Je größer der Durchmesser der Eingangsöffnung D, der Apertur, ist, umso größer kann bei gleichem Auflösungsvermögen die beobachtete Wellenlänge λ sein, je kleiner aber D wird, umso kleiner muss λ sein.91 Das räumliche Auflösungsvermögen eines optischen Systems ist daher durch

Beispiel: Auflösungsvermögen eines Spiegelteleskops mit 2,4 m Spiegeldurchmesser: für λ = 500 nm (sichtbares Licht) ergibt sich

91 Eine große Apertur D der Frontlinse eines Fernrohres hat auch den erwünschten Effekt, dass man tiefer in den Weltraum blicken kann, da die empfangene Lichtmenge (Intensität) mit D2 anwächst.

Anhang 3 Lorentz-Modell mit Schwingungsdämpfung, komplexer Brechungsindex

(Δφ​)min​ =

151

1,22 ⋅ 500 ⋅ 10−9 −7 = 2,54 ⋅ 10 rad​ = 0,05″ . 2,4

Das entspricht am Mond mit einer Entfernung von 380 000 km einer räumlichen 8 −7 Auflösung von r​min​ = 3,8 ⋅ 10 m ⋅ 2,54 ⋅ 10 = 96,5 m . (Von der Erdoberfläche aus könnte diese Distanz wegen der atmosphärischen Störungen aber nicht aufgelöst werden.) (1 rad​ =

2 π​ 2 π​ 360° , 1° = rad​ , 1″ = rad​) 2 π​ 360 360 ⋅ 3600

Anhang 3 Lorentz-Modell mit Schwingungsdämpfung, komplexer Brechungsindex Im verlustbehafteten Medium betrachten wir die gedämpfte Schwingung eines elastisch an das Molekül gebundenen Elektrons (e−), die durch die einfallenden Lichtwellen der Frequenz ω ausgelöst wird. Gerechtfertigt wird dieses sehr einfache, mechanische Modell durch folgende Vorstellung: Entsprechend der Quantenmechanik (siehe Band V, Kapitel „Atomphysik“, Abschnitt 2.5) kann ein Atom (Molekül) als (nahezu) punktförmiger, positiv geladener Kern beschrieben werden, der von einer negativen, aus Elektronen bestehenden Ladungswolke umgeben ist, die als Ganzes um den Kern schwingen kann. In einer groben Näherung für die Ladungswolke aus f Elektronen (f ... Oszillatorstärke) nimmt man eine homogen geladene Kugel mit dem Radius R an, d. h. eine homogene Raum3 f​e​ , deren Zentrum sich zum Zeitpunkt t in der Entfernung l(t​) vom ladung ρ​e​ = 3 4 π​R​ Kern befindet (Abb. IV-1.65). Die sich ergebende Kraft zwischen dem Zentrum der Ladungswolke innerhalb der Distanz l(t​) vom Kernort mit einer negativen Gesamt4 π​ 3 ladung92 Q​ = ρ​e​ l und dem positiv geladenen Kern (Q​Kern = +f​ ⋅ e​) wird dann zu 3 1

f​ ⋅ e​ ⋅ Q​

4 π​ε0​

2

F​ = −

l

=−

1 4 π​ε0​

f​ ⋅ e​ ⋅ ⏟⏟⏟⏟⏟ Kern​

4 π​

ρ​e​ l

3

1

3 l ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

2

=

Elektronen​

=−

1 4 π​ε0​

f​ ⋅ e​ ⋅

4 π​ 3 f​e​ 3 4 π​R​ 3

l3

1 l2

=−

1

( f​ ⋅ e​)2

4 π​ε0​

R​ 3

l = −k​l

(IV-1.302)

92 Siehe z. B. A. J. Dekker, Solid State Physics, Prentice-Hall, 1957, Abschnitt 6-2. Im Inneren der Hohlkugel mit der Wanddicke (R​ − l) wirkt bekanntlich keine Kraft, sodass die außerhalb von l befindlichen Elektronen nicht mit der Kernladung +fe in Wechselwirkung treten. Es wird weiters der nicht-relativistische Fall betrachtet, bei dem die auftretenden Geschwindigkeiten ν ≪ c sind, sodass der magnetische Anteil der Lorentz-Kraft vernachlässigt werden kann.

152

1 Wellenoptik

1

(f​ e​)2

. Daraus folgt mit der bewegten Masse M​ = f​ ⋅ m​e​ aller Elektro4 π​ε0​ R​ 3 nen (da die Kernmasse viel größer ist, kann sie bei dieser Abschätzung als ruhend angenommen werden):

mit k​ =

ω​0 = √

k​ M​

=√

1

(f​ ⋅ e​)

2

4 π​ε0​ f​ me​ ​ R​ 3

=√

1



f​ ⋅ e​ 2

4 π​ε0​ m​e​ R​ 3

.

(IV-1.303)

Es ergibt sich also eine harmonische Schwingung der gesamten Ladungswolke mit der Frequenz ω0, wobei sich das Zentrum der Ladungswolke periodisch vom Kern entfernt; das entspricht einem schwingenden Dipol mit der Eigenfrequenz ω0.

R

Kern (fix)

F +f⋅e

l

ρe

M = f⋅me

f⋅e 4π Q = ___ ρe l3, ρe = ______ 3 4 πR3 _____ 3 Abb. IV-1.65: Als grobe Näherung für die Ladungswolke aus f Elektronen nimmt man eine 3 f​e​ , homogen geladene Kugel mit dem Radius R an, d. h. eine homogene Raumladung ρ​e​ = 3 4 π​R​ deren Zentrum sich zum Zeitpunkt t in der Entfernung l(t​) vom Kern befindet.

Beispiel: Wir nehmen für die Ausdehnung der Ladungswolke eines einzigen Elektrons (f = 1) den ersten Bohrschen Radius (siehe Band V, Kapitel „Atomphysik“, Abschnitt 2.2.4, Gl. V-2.26) R​ = a​0 = 5,3 ⋅ 10−11 m . Dann ergibt sich für Eigenfrequenz ω​0 = √

1

e​

2

4 π​ε0​ m​e​ a​ 30

= √9 ⋅ 10

9

(1,6 ⋅ 10−19 )2 9,1 ⋅ 10

−31

⋅ (5,3 ⋅ 10

−11 3

= 4,1 ⋅ 1016 s−1.

)

Das stimmt erstaunlich gut mit der Übergangsfrequenz 2 p → 1 s des Wasserstoffatoms von 2,5⋅1015 überein.

Anhang 3 Lorentz-Modell mit Schwingungsdämpfung, komplexer Brechungsindex

153

Ein schwingender elektrischer Dipol verliert Energie durch Strahlung, es muss daher in der Schwingungsgleichung noch ein Dämpfungsterm berücksichtigt werden. Wir betrachten die mit β​ < ω​0 subkritisch gedämpfte, von außen angeregte Schwingung des Zentrums der e−-Wolke gegen das positive Ladungszentrum, wobei wir den nicht-relativistischen Fall betrachten (ν ≪ c), sodass der magnetische Anteil der Lorentz-Kraft vernachlässigt werden kann. Dazu können wir unmittelbar die Ergebnisse der erzwungenen mechanischen Schwingung benützen (siehe Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.3.1). Die zu lösende k​ , Schwingungsgleichung lautet (Eigenfrequenz des schwingenden e− ω​0 = √ m​e​ von außen periodisch anregende Kraft F​ = e​ ⋅ E​ = e​E0​ e​ IV-1.115): l​ ̈ + 2 γ​ l ̇ + ω​ 20 l = Mit dem Ansatz l(t​) = l′ ⋅ e​

l′ =

=

i​ω​t​

i​ω​t​

, vgl. Abschnitt 1.3.1, Gl.

e​E0​ ⋅ e​ i​ω​t​ . m​e​

(IV-1.304)

erhalten wir für die komplexe Amplitude l′

1 e​E0​ = m​e​ ω​ 20 − ω​ 2 + 2 i​γ​ω​ e​E0​ 2 i​γ​ω​ (ω​ 20 − ω​ 2 ) − [ 2 ] = |l′ |e​ i​φ​ . m​e​ (ω​ 0 − ω​ 2 )2 + (2γ​ ω​)2 (ω​ 20 − ω​ 2 )2 + (2 γ​ ω​)2

(IV-1.305)

Daraus ergibt sich die Polarisation P durch Multiplikation der Amplitude mit der Ladung e des Elektrons und der Dipoldichte nD P​ = n​D​ ⋅ e​ ⋅ l(t​) = n​D​ e​

e​E0​ n​D​ e​ 2 1 l′e​ i​ω​t​ = E​0 e​ i​ω​t​ . m​e​ m​e​ ω​ 20 − ω​ 2 + 2 i​γ​ω​

(IV-1.306)

Da andererseits gilt (siehe Band III, Kapitel „Elektrostatik“, Abschnitt 1.6.1, Gl. III1.107) P​ = ε​0 χ​Diel E​

(IV-1.307)

ergibt sich die dielektrische Suszeptibilität zu

χ​Diel​ = =

n​D​ e​ 2 1 = χ​Re​ − i​χI​ m​ = 2 2 ε​0 m​e​ ω​ 0 − ω​ + 2 i​γ​ω​

(ω​ 20 − ω​ 2 ) 2 i​γ​ω​ n​D​ e​ 2 [ − ] , (IV-1.308) [ ] ε​0 m​e​ (ω​ 20 − ω​ 2 )2 + (2 γ​ ω​)2 (ω​ 20 − ω​ 2 )2 + (2 γ​ ω​)2 [ ]

154

1 Wellenoptik

und damit 2

2

(ω​ 0 − ω​ ) n​D​ e​ 2 χ​Re​ = 2 ε​0 m​e​ (ω​ 0 − ω​ 2 )2 + (2 γ​ ω​)2

(IV-1.309)

n​D​ e​ 2 2 γ​ω​ . 2 ε​0 m​e​ (ω​ 0 − ω​ 2 )2 + (2 γ​ ω​)2

(IV-1.310)

χ​Im​ =

Realteil und Imaginärteil der komplexen Suszeptibilität im Lorentz-Modell sind in Abb. IV-1.66 dargestellt. Der Realteil (Gl. IV-1.309) ist proportional zum Realteil des komplexen Brechungsindex n​ (ω​) = n​Re​ (ω​) − i​ ⋅ n​Im​ (ω​) = √1 + χ​Re​ − i​ ⋅ χ​Im​ , der die Dispersion beschreibt;93 der Imaginärteil (Gl. IV-1.310) gibt die Absorption wieder (siehe Abschnitt 1.3.3). χDiel a _____ 2 ω0 χlm Bereich anomaler Dispersion

a _____ 4 ωm

ω=∞

ω = ω0

−

0

χRe

ω=0 +

ω0 ω − ω 0

λ=0

λ 2= ∞

steigende Wellenlänge steigende Frequenz

Abb. IV-1.66: Realteil und Imaginärteil der komplexen Suszeptibilität im Lorentz-Modell. Der Realteil ist proportional zum Realteil des komplexen Brechungsindex n​ (ω​) = n​Re​ (ω​) − i​ ⋅ n​Im​ (ω​) = = √1 + χ​Re​ − i​ ⋅ χ​Im​ , der die Dispersion beschreibt; der Imaginärteil gibt die Absorption wieder. 2

93 Mit Gl. (IV-1.126) und (IV-1.307) gilt: n​ = 1 + ⇒ n​ = √1 + χ​Diel = √1 + χ​Re​ + i​ ⋅ χ​Im​

n​D​ ⋅ α​ ε​0

=1+

1 P​ ε​0 E​

= 1 + χ​Diel

Anhang 3 Lorentz-Modell mit Schwingungsdämpfung, komplexer Brechungsindex

155

Die Extremwertberechnung im nachfolgenden Beispiel zeigt, dass die Breite d​n​ 2 γ​ des Bereichs anomaler Dispersion ( > 0) bei kleiner Dämpfung ( ≪ 1) gerad​λ​ ω​0 de 2 γ beträgt. Für γ → 0 gilt χ​Re​,max​ % ±∞​ und ebenso χ​Im​,max​ % ∞​ . Beispiel: Berechnung des Extremwertes von χRe und χIm. 1 χ​Re​ = a​ ⋅ ; χRe hat einen Extremwert, wenn der Nenner 4 γ​ 2 ω​ 2 2 (ω​ 0 − ω​) + 2 (ω​ 20 − ω​ ) einen Extremwert besitzt. Mit ​

2

f​ (x​) = ω​ 0 (1 −

Wir setzen

ω​ 2

4 γ​ 2

ω​ 0

ω​ 0 −1 ω​ 2

d​f​ (x​) = −2 ω​ 20 x​ − d​x​



ω​ 20 x​ 4 =

ω​ = x​ folgt für den Nenner f(x) von χRe : ω​0

)+ 2

2

4 γ​ 2 2

(

2

= ω​ 0 (1 − x​ 2 ) +

4 γ​ 2 . 1 − 1 x​ 2

(−2 x​ −3 ) = 0

1 − 1) 2 x​

4 γ​ 2 x​ 4 2 2

(1 − x​ )

und damit (1 − x​ 2 )2 =

4 γ​ 2 ω​ 20

= α​ 2 .

Wir erhalten 1 − x​ 2 = ±α​

da ja

bzw.

x​ 2 = 1 ± α​



x​ =

ω​m​ = √1 ± α​ ω​0

ω​m​ nicht negativ werden kann. Daraus ergibt sich ω​0

ω​0 − ω​m​ = ω​0 (1 −

2 γ​ √1 ± α​) = ω​0 (1 − √1 ± ω​ ) ≅ ω​0 [1 0

− (1 ±

γ​ )] = ω​0

= ±γ​ ⋅ Für die beiden Extrema von χRe gilt deshalb mit ω​0 − ω​m​ = ±γ​ und ω​0 ≈ ω​ (d. h. γ sehr klein):

156

1 Wellenoptik

χ​Re​,m​ = a​ ⋅

≅2ω​m​ ⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞⏞ (ω​0 + ω​m​ )(ω​0

− ω​m​ ) 2

2



[(ω​ 0 + ω​m​ )(ω​0 − ω​m​ )] + (2γ​ ωm ​ ​) a​ ≅ 4γ​ωm ​ ​

mit a​ =

a​ ⋅ 2ω​m​ γ​ (2γ​ ω​m​ )2 + (2γ​ ωm ​ ​ )2



n​D​ e​ 2 und γ ≪ ω0 bzw. ω0 ≅ ωm . ε​0 m​e​

Für das Maximum von χIm folgt mit ω​0 − ω​ = 0 , d. h. ω​ = ω​0 χ​Im​,m​ ≅ a​ ⋅

2 γ​ω0​ 2

(2 γ​ ω0​ )

=

a​ ≅ 2 χ​Re​,m​ . 2 γ​ω0​

2 Für nicht ferromagnetische Materialien mit μ​r​ ≅ 1 ist wieder n​ = ε​r​ = 1 + χ​Diel , das ergibt für den komplexen Brechungsindex

n​ (ω​) = n​Re​ (ω​) − i​ ⋅ n​Im​ (ω​) = √1 + χ​Re​ − i​ ⋅ χ​Im​ .

(IV-1.311)

i​ (ω​t​ − k​x​) falle in das Medium mit dem Eine ebene elektromagnetische Welle E​x​ = E​0 e​ Brechungsindex n(ω) in x-Richtung ein. Für die Wellenzahl k

k​ =

ω​ 2 π​ 2 π​ ⋅ n​ = ⋅ n​ = λ​ λ​0 c​

(IV-1.312)

gilt im Medium mit dem komplexen Brechungsindex n = n(ω) k​ =

n​ (ω​) ⋅ ω​ n​Re​ (ω​) − i​ ⋅ n​Im​ (ω​) = ⋅ ω​ . c​ c​

(IV-1.313)

Damit kann die elektromagnetische Welle im Medium so geschrieben werden:

E​x​ = E​0 e​

i​ (ω​t​ − k​x​)

= E​0 e​ i​ (ω​t​ −

n​ (ω​) ⋅ω​ c​

x​)

= E​0 e​ −

n​Im​ (ω​) ⋅ω​ c​

⋅x​ i​ (ω​t​ −

e​

n​Re​ (ω​) ⋅ω​ c​

⋅x​)

.

(IV-1.314)

Die erste Exponentialfunktion beschreibt die Abschwächung der Welle, die zweite die Wellenfunktion mit Dispersion: l​e​ =

c​ ω​ ⋅ n​Im​ (ω​)

157

Anhang 4 Stokessche Überlegung zum Phasensprung um π bei Reflexion

ist die Eindringtiefe, bei der die Feldstärke um den Faktor 1/e und die Intensität um 1/e2 gefallen ist; c​ph =

c​ n​Re​ (ω​)

ist die Phasengeschwindigkeit und nRe der optische Brechungsindex. Für die Intensität einer linear polarisierten elektromagnetischen Welle gilt (siehe Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, 5.5.4, Gl. III-5.150): I​ω​ (x​) =

1 2 c​ε0​ |E​ (x​,t​) | = 2

= ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ I​ω​ (x​ = 0) e​ −2 =

1

n​Im​ ω​ c​

x​ i​ (ω​t​ −

n​Re​ (ω​)

e​

c​

⋅x​) −i​ (ω​t​ −

e​

n​Re​ (ω​) c​

⋅x​)

=

ε​0 c​E​ 20 = I​0

2

= I​0 e​

−α​ (ω​)x​

(IV-1.315)

.

Das ist das Lambert-Beersche Gesetz (siehe Abschnitt 1.3.3, Gl. IV-1.120) mit α​ (ω​) ≡

2 n​Im​ (ω​) ⋅ ω​ 2 = c​ l​ e​

als Absorptionskoeffizient.

(IV-1.316)

Die quantenmechanische Beschreibung der Wechselwirkung zwischen einem Atom oder Molekül eines Mediums und einer einfallenden elektromagnetischen Welle (Wechselwirkung eines Zwei-Niveau-Systems mit einem elektrischen Feld in Dipolnäherung) führt auf die Maxwell-Bloch-Gleichungen, die analoge aber detailliertere Ergebnisse zum obigen klassischen Modell liefern.

Anhang 4 Stokessche Überlegung zum Phasensprung um π bei Reflexion am dichteren Medium Nach Stokes (Sir George Gabriel Stokes, 1819–1903, irischer Mathematiker und Physiker) betrachten wir einen Lichtstrahl, der unter einem gewissen Einfallswinkel mit der Amplitude a auf ein optisch dichteres Medium einfällt (Abb. IV-1.67). Davon wird der Anteil r reflektiert und der Anteil t dringt gebrochen in das Medium ein, der Strahl a spaltet also in die Strahlen mit den Amplituden ar und at auf (Abb. IV-1.67, links).

158

1 Wellenoptik

ar

a

arr

n=1 n>1

ar att′

n=1 n>1

at

at

art′ atr′

Abb. IV-1.67: Stokessche Überlegung zum Phasensprung bei Reflexion am dichteren Medium. Links: Der einfallende Strahl der Amplitude a wird reflektiert (Amplitude ar) und ins dichtere Medium gebrochen (at). Rechts: Umkehrung des Strahlengangs; der im dünneren Medium einfallende Strahl der Amplitude ar wird reflektiert (arr) und gebrochen (art′), der im dichteren Medium einfallende Strahl der Amplitude at wird reflektiert (atr′) und ins dünnere Medium gebrochen (att′).

Tritt kein Energieverlust der Strahlung durch Absorption auf, so gilt nach dem Prinzip der Umkehrbarkeit 94, dass sich aus dem reflektierten (ar) und dem gebrochenen Strahl (at) wieder der einfallende Strahl a zusammensetzen lassen muss. Wir lassen daher die Strahlen ar und at in umgekehrter Richtung auf die Grenzfläche treffen (Abb. IV-1.67, rechts). Dabei wird der Anteil r des Strahls ar reflektiert (Strahl arr), der Anteil t′ wird in das Medium gebrochen (Strahl art′). Der Anteil r′ des Strahls at wird im Medium reflektiert (Strahl atr′), der Anteil t′ tritt gebrochen in das optisch dünnere Medium (Strahl att′) ein. Insgesamt muss sich im optisch dünneren Medium wieder ein Strahl mit der Amplitude a ergeben. Es muss also gelten a​r​r​ + a​t​t​′ = a​



t​t​′ = 1 − r​

2

(IV-1.317)

und im optisch dichteren Medium muss der reflektierte Strahl verschwinden: a​r​t​ + a​t​r​ ′ = 0



r​ ′ = −r​ .

(IV-1.318)

Die zweite Gleichung zeigt, dass zwar die reflektierten Intensitäten (I​ ∝ E​ 20 r​ 2 = E​ 20 r​ ′2 ) unabhängig davon sind, ob die Reflexion am optisch dichteren oder am optisch dünneren Medium erfolgt, dass aber offenbar ein Phasensprung von π zwischen einem am optisch dichteren und einem am optisch dünneren Medium reflektierten Strahl auftritt. Das Experiment zeigt, dass bei Reflexion am optisch dünneren Medium keine Phasenänderung auftritt, jedoch bei der Reflexion am optisch dichteren

94 Das Prinzip der Umkehrbarkeit von Prozessen beruht auf dem Prinzip der Invarianz bei Zeitumkehr, einem der fundamentalen Prinzipien der Physik. Es hat sich allerdings gezeigt, dass dieses Prinzip bei Prozessen der schwachen Wechselwirkung, einer der vier fundamentalen Wechselwirkungen (Gravitation, elektromagnetische WW, schwache WW, starke WW), z. B. beim β-Zerfall, verletzt ist. Siehe dazu auch in Band V, Kapitel „Subatomare Physik“, Abschnitt 3.1.4.3.

159

Anhang 5 Fabry-Pérot-Interferometer

Medium ein Phasensprung um π beobachtet wird, der zu einer Gangdifferenz von λ/2 führt.95

Anhang 5 Fabry-Pérot-Interferometer: Abhängigkeit der Austrittswinkel αm und der Ringradien Rm von der Ordnung m; Dispersionsbereich ΔλD und Visibilität (Kontrast) V Wir untersuchen hier die Austrittswinkel αm der hellen Ringe96 bzw. deren Radien Rm in der Brennebene der Linse mit Brennweite f (Abschnitt 1.5.4.2, Gl. IV-1.246 und Abb. IV-1.56): R​m​ = f​ ⋅ α​m​

α​m​ ≪

mit

π​ . 2

Für diese muss nach (Gl. IV-1.231) gelten (Phasenunterschied δ​ =

4 π​ d​ cos ​α​ mit λ​

n ≅ 1 (Luft), siehe Abschnitt 1.5.4.1):

δ​m​ = k​ ⋅ Δm​ =

2 π​ 4 π​d​ cos ​α​m​ = δ​0 cos ​αm ​ ​ = p​ ⋅ 2 π​ 2 d​ cos ​αm ​ ​= λ​ λ​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

(IV-1.319)

δ​0

mit p = M − m, ganz (vgl. Gl. IV-1.322) und δ​0 =

4 π​d​ . Damit erhalten wir für den λ​

Austrittswinkel αm des m-ten hellen Ringes cos ​αm ​ ​=

δ​m​ . δ​0

(IV-1.320)

Für α​m​ = 0 , d. h. in Richtung der Normalen, ist also δ​m​ = δ​0 .

95 Aus der obigen Herleitung wäre auch der Schluss zulässig, dass sich die Phase bei der Reflexion am dichteren Medium nicht ändert und der Phasensprung um π bei der Reflexion am dünneren Medium auftritt – dies muss daher experimentell entschieden oder es müssen die Fresnellschen Formeln zu Rate gezogen werden. 96 Die die Luftplatte begrenzenden Platten P1 und P2 lassen den Austrittswinkel gegenüber dem Eintrittswinkel unverändert, die beiden Strahlen sind nur parallelverschoben, es tritt nur der Einfallswinkel α auf!

160

1 Wellenoptik

Wir stellen jetzt zunächst den Plattenabstand d so ein, dass im Achspunkt, d. h. im Winkel α​m​ = 0 Helligkeit herrscht. Dann muss gelten:

δ​m​ = δ​0 =

4 π​d​ = M​ ⋅ 2 π​ , λ​

M > 0, ganz, mit

M​ =

2 d​ ≫ 1. λ​

(IV-1.321)

Für die nach außen folgenden Ringe verringert sich die Phase gegenüber δ0 im Zentrum schrittweise um 2 π, sodass für den m-ten Ring gilt δ​m​ = δ​0 − m​ ⋅ 2 π​ = 2 π​ (M​ − m​) ,

M ≫ m.

(IV-1.322)

Daraus folgt mit Gl. (IV-1.319) cos ​αm ​ ​=

δ​m​ 2 π​ (M​ − m​) m​ = = 1 − ≈ 1, δ​0 2 π​M​ M​

(IV-1.323)

αm ist also ein sehr kleiner Winkel, cos ​α​m​ kann entwickelt werden: 2 α​ m ​ cos ​αm ​ ​=1− . Damit erhalten wir 2 cos ​αm ​ ​=1−

2 α​ m m​ ​ =1− 2 M​

(IV-1.324)

und daraus

α​m​ = √

2 m​ M​

und

R​m​ = f​ ⋅ √

2 m​ M​

m = 0, 1, 2, …

(IV-1.325)

Beziehung zwischen den Austrittswinkeln αm bzw. den Ringradien Rm und der Ordnung m. Die Radien der hellen Ringe wachsen daher mit √m​ an. Unter dem Dispersionsbereich (freier Spektralbereich) Δλ​D​ versteht man jenen Wellenlängenbereich, in dem Interferenzringe innerhalb einer Ordnung bleiben; 4 π​d​ cos ​α​ bilden wir aus δ​ (λ​) = λ​

Δδ​D​ = −

4 π​d​ λ​ 2

cos ​α​ Δ λ​D​ = 2 π​

(IV-1.326)

161

Anhang 5 Fabry-Pérot-Interferometer

und erhalten so

|

Δλ​D​ | =

λ​ 2 λ​ 2 ≅ 2 d​ cos ​α​ 2 d​

Dispersionsbereich.

(IV-1.327)

Im Dispersionsbereich Δλ​D​ können den Ringen in eindeutiger Weise Wellenlängen zugeordnet werden. Für die Visibilität (den Kontrast) V der Ringe gilt

I​T​,max​ − I​T​,min​ = V​ = I​T​,max​ + I​T​,min​

Dabei sind F​ =

4 r​

1 1 + F​ F​ . = 1 2 + F​ 1+ 1 + F​

1−

(IV-1.328)

2

(1 − r​ 2 )2

der Finesse-Faktor und r der Reflexionskoeffizient.

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung Einleitung: In der Strahlenoptik, der „geometrischen Optik“, gelingt mit dem Modell der Lichtstrahlen eine einfache Beschreibung der Ausbreitung von Licht z. B. beim Schattenwurf oder in abbildenden optischen Systemen, solange Beugungserscheinungen keine Rolle spielen. Die im vorangegangenen Kapitel besprochene Wellenoptik, die auch die Beugungserscheinungen beschreibt, ist aber die Basis für die Strahlenoptik, die sie auch mit umfasst. Lichtstrahlen nehmen im Raum entsprechend dem Fermatschen Prinzip bevorzugt jenen Weg, für den es benachbarte Wege mit annähernd gleicher Laufzeit gibt; das ist in den meisten Fällen der optisch kürzeste Weg. Mit Lichtstrahlen kann die optische Abbildung durch Spiegel und Linsen beschrieben werden: Optische Abbildung ist Strahlenvereinigung. Eine große Bedeutung in optischen Systemen kommt der Strahlbegrenzung durch Blenden zu, die die Schärfe und die Helligkeit der Abbildung eines Objekts mitbestimmen. Spiegel, Linsen und Linsensysteme dienen in optischen Systemen der Vergrößerung des Winkels, unter dem ein Objekt gesehen wird; sie sind allerdings mit Fehlern verbunden (Aberrationen), die aber meist geeignet verhindert oder zumindest vermindert werden können. Das menschliche Auge nimmt eine Sonderstellung unter den optischen Instrumenten ein, es vermittelt zwischen der Außenwelt der Objekte und der Nervenerregung im Gehirn, die durch die Abbildung von Objekten auf die Netzhaut erzeugt wird und die visuelle Wahrnehmung der Objekte bewirkt. Am Ende dieses Kapitels wird das Auflösungsvermögen von Fernrohr und Mikroskop besprochen, wobei beim Mikroskop zwischen selbstleuchtenden (Theorie von Helmholtz) und von außen beleuchteten Objekten (Theorie von Abbe) unterschieden werden muss.

2.1 Grundlagen 2.1.1 Grundbegriffe und Grundaxiome In der geometrischen Optik wird die Ausbreitung elektromagnetischer Energie in homogenen, isotropen Medien in der Form von Strahlen dargestellt, das sind gerichtete Geraden senkrecht auf die Phasenflächen der Wellen (orthogonale Trajektorien) im Raum, in deren Richtung der Fluss der Strahlungsenergie erfolgt. Divergente Lichtbündel können durch Blenden in sehr schlanke, nur sehr wenig divergierende Bündel (Nadelstrahlen, (pencil beams) verwandelt werden, die im Grenzwert verschwindender Divergenz als Lichtstrahlen aufgefasst werden können. Da die Wellenlängen des sichtbaren Bereichs (≈ 500 nm) i. Allg. klein gegen makroskopische Gegenstände des täglichen Lebens sind, beschreibt die Strahlenhttps://doi.org/10.1515/9783110675719-002

164

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

optik die Erscheinungen von Licht- und Schatten sehr gut. Das Modell von Lichtstrahlen und ihrer geradlinigen Ausbreitung verliert aber seine Anwendbarkeit, wenn Beugungseffekte eine Rolle spielen, wenn also die Wellenlängen nicht mehr sehr klein gegen die Abmessungen des optischen Systems sind. Die Oberfläche eines Objektes, das selbst leuchtet oder von außen beleuchtet wird, kann als zusammengesetzt aus vielen Punktquellen gedacht werden, die alle Kugelwellen emittieren. Die von einer Punktquelle ausgehenden Lichtstrahlen divergieren, sie stehen normal auf die kugelförmigen Phasenflächen. Die Ausbreitung ebener Wellen, die von einer ebenen leuchtenden Fläche oder von einer sehr weit entfernten Punktquelle ausgehen, können jedoch durch Lichtstrahlen dargestellt werden, die normal auf diese Fläche stehen. Lichtstrahlen folgen daher Normalen auf die Phasenflächen der Lichtwellen in Richtung des Energieflusses, d. h. in Richtung des Poynting Vektors. Unter Lichtbündel versteht man die Gesamtmenge aller Lichtstrahlen, die den Bündelquerschnitt durchsetzen, also einen begrenzten Ausschnitt einer fortschreitenden Welle. Strahlen, die von einer Punktquelle ausgehen, laufen radial auseinander, sie divergieren; laufen sie in einem Punkt zusammen, konvergieren sie. Punkte, von denen Lichtstrahlen divergierend auslaufen oder konvergierend zusammenlaufen, heißen Bildpunkte. In der Strahlenoptik wird der Gang der Lichtstrahlen und werden damit auch die Wellenfronten durch Zwischenschalten reflektierender und/oder brechender Medien kontrolliert verändert, wobei Beugungserscheinungen vernachlässigt werden. Grundaxiome für die Ausbreitung von Lichtstrahlen in der Strahlenoptik sind: 1. In einem isotropen, optisch homogenen Medium sind die Lichtstrahlen Geraden. 2. An der Grenzfläche zwischen zwei Medien erfolgen Reflexion und Brechung nach dem Reflexions- bzw. dem Brechungsgesetz (siehe Kapitel „Wellenoptik“, Abschnitt 1.4.1, Gln. (IV-1.133) und (IV-1.134)). 3. Mehrere Strahlenbündel, die sich durchdringen, beeinflussen einander nicht.1 4. Ein Strahl, der vom Raumpunkt P2 zum Punkt P1 läuft, nimmt den genau umgekehrten Weg wie ein Strahl von P1 nach P2 (Umkehrungsprinzip, principle of reversibility). Wesentlich ist, dass immer nur Ausschnitte von Wellenfronten in optische Systeme eindringen und an den Bündelbegrenzungen (Blenden, Linsenfassungen etc.) Beugungserscheinungen auftreten, die die ideale geometrisch-optische Abbildung in dem Sinne stören, dass Punkte nicht mehr in Punkte abgebildet werden:

1 Dies gilt nur für die lineare Optik, d. h. nur bei kleinen Intensitäten, wenn die dielektrische Polarisation P​⇀= ε​0 χ​E⇀​ keine quadratischen Glieder enthält.

2.1 Grundlagen

165

Der Schärfegrad idealer optischer Abbildungen (die Auflösung der Bildpunkte) wird durch Beugungserscheinungen begrenzt.2

1

Die Bedeutung der Beugungseffekte ist aber gering, wenn die Wellenlänge klein gegen die Dimensionen des optischen Systems ist, d. h., wenn der Lichtbündelquerschnitt im System groß gegen die Wellenlänge ist (Bündeldurchmesser d > 20 λ).

2.1.2 Fermatsches Prinzip 3 Ein Lichtstrahl verbindet zwei Punkte des Raumes auf einem Weg, auf dem seine Laufzeit bei kleinen Variationen des Weges stationär ist, sich also nicht ändert. Fermatsches Prinzip Ein Lichtstrahl „bevorzugt“ demnach Wege, bei denen es benachbarte Wegmöglichkeiten mit annähernd gleicher Laufzeit gibt. Das ist eine Besonderheit des schnellsten Weges, den das Licht im Raum nimmt.4 In den meisten Fällen nimmt das Licht den minimalen optischen Weg, in manchen Fällen aber auch den maximalen (z. B. bei Reflexion an geeignet gekrümmten Hohlspiegeln).5 Aus dem Fermatschen Prinzip, das wieder aus dem Huygensschen Prinzip (siehe Kapitel „Wellenoptik“ Abschnitt 1.1.5) folgt, können das Reflexions- und das Brechungsgesetz abgeleitet werden.

2 Spiegel- und Linsenfehler z. B. infolge zu großer Öffnung (Apertur) vereiteln auch ohne Beugungseffekte eine punktförmige Abbildung. 3 Nach Pierre de Fermat, 1607–1665, französischer Mathematiker und Jurist. 4 Das Fermatsche Prinzip kann so plausibel gemacht werden: Welchen Weg soll ein Rettungsschwimmer nehmen, der jemanden möglichst rasch aus dem Wasser retten will? Dazu läuft der Rettungsschwimmer zunächst schnell am Strand auf einen Punkt zu, von dem aus der Weg durch das Wasser kurz ist, da er sich dort ja nur langsam fortbewegen kann. Läuft er aber etwas zu weit (oder zu kurz), dann wird der Teil des Weges im Wasser kaum kürzer (länger), aber die Strecke an Land länger (kürzer). Der Rettungsschwimmer muss deshalb nicht lange überlegen, denn wenn er den optimalen Punkt am Strand knapp verfehlt, wird die Gesamtzeit, die er braucht, kaum länger: Beim optimalen Weg ändert sich die Zeit bei einer kleinen Wegvariation nicht. (nach Wikipedia) 5 Wie findet das Licht den „richtigen“ Weg vom Punkt S einer Lichtquelle zum Beobachtungspunkt P z. B. am Schirm? Entsprechend dem Huygensschen Prinzip (siehe Kapitel „Wellenoptik“ Abschnitt 1.1.5) legt die Einhüllende der Elementarwellen den „richtigen“ Strahl als orthogonale Trajektorie fest. Dieser Strahl genügt dem Fermatschen Prinzip. Benachbarte Strahlen haben die gleiche Laufzeit und deshalb die gleiche Anzahl von Wellenlängen zwischen S und P, sie interferieren daher konstruktiv. Dies gilt nicht mehr für Strahlen, die nicht dem Fermatschen Prinzip genügen; in diesem Fall löschen sich benachbarte Strahlen gegenseitig aus. Siehe dazu auch die Interferenz von Materiewellen in Band V, Kapitel „Quantenoptik“, Abschnitt 1.5.3)

1

166

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Bedeutung für die Abbildung in optischen Instrumenten: Läuft ein Bündel von Lichtstrahlen von einem Punkt aus, durchläuft anschließend ein optisches System und wird wieder in einem Punkt vereinigt, so müssen nach dem Fermatschen Prinzip alle Strahlen des Bündels die gleiche Laufzeit haben bzw. die gleichen optischen Wege durchlaufen; jeder Strahl legt so die gleiche Zahl von Wellenlängen zurück.6 Daraus folgt, dass die im Bild zusammenlaufenden Wellen alle in Phase sind. In der Strahlenoptik werden im Prinzip das Reflexions- und das Brechungsgesetz wiederholt angewendet, die sich beide aus dem Fermatschen Prinzip ergeben. Das Fermatsche Prinzip ist daher die Basis für die Abbildung mit optischen Instrumenten.

2.1.3 Optische Abbildung In der Optik werden Objekte i. Allg. direkt oder mit Hilfe optischer Instrumente mit dem Auge betrachtet. Jeder Punkt eines Objekts sendet Lichtstrahlen aus, die ins Auge gelangen, wo auf der Netzhaut (retina) ein Bild des Objekts entsteht (siehe dazu Abschnitt 2.3.1), das vom Gehirn weiter verarbeitet wird. In dieser Weise entstehen alle Seheindrücke (Bilder) von unserer Umwelt. Das Wahrnehmen und Erkennen von Objekten geschieht also durch die Abbildung von Objekten auf der Netzhaut und der Bearbeitung der von den Bildpunkten ausgehenden Nervenerregungen im Gehirn. Eine Abbildung kommt dann zustande, wenn sich die von einem Objektpunkt ausgegangenen Strahlen auf der Netzhaut in einem mehr oder weniger scharfen Bildpunkt wiedervereinigen. 1

Abbildung ist Strahlenvereinigung. Dabei wird jeder einzelne Punkt eines leuchtenden Objekts durch je ein Lichtbündel abgebildet (Abb. IV-2.1). Optische Systeme sollen von gegebenen reellen Objekten reelle oder virtuelle Bilder erzeugen, die den Objekten ähnlich sind; ideal sollen sie eine punktförmige,7 reelle Abbildungen erzeugen. Reelle Bilder können auf einem Schirm aufgefangen werden, virtuelle Bilder nicht (z. B. bei der Abbildung durch ebene Spiegel, siehe Abschnitt 2.2.1.1). Auf der Netzhaut (einem Schirm) können nur reelle Bilder zur Wirkung gelangen. Diese können aber von virtuellen Bildern erzeugt werden,

6 sopt = n ⋅ sgeom : optische Weglänge = Brechungsindex × geometrische Weglänge (vgl. Kapitel „Wellenoptik“, Abschnitt 1.1.4). Ist für zwei Strahlen n1 s1 = n2s2, dann gilt für die Zahl N der Wellenlängen λ auf beiden Strecken: N1 = s1/λ1 = n1s1/λ0; N2 = s2 /λ2 = n2 s2 /λ0 = N1. 7 Eine ideale optische Abbildung ist punktförmig, d. h., sie ordnet jedem Objektpunkt einen umkehrbar eindeutigen Bildpunkt zu, die beiden Punkte heißen konjugierte Punkte.

167

2.1 Grundlagen Bild Hauptstrahlen Objekt („Gegenstand“) 2 u1 2 lg

w1

Sammellinse = Aperturblende = Eintritts- und Austrittspupille w2

2 lb optische Achse

2 u2 Gegenstandsraum g

Bildraum b

Abb. IV-2.1: Abbildung (Bildgröße 2 lb​, Bildweite b) eines Objekts (Gegenstandsgröße 2 lg​, Gegenstandsweite g) mit einer Sammellinse. Von jedem Punkt des Objekts gehen Strahlenbündel aus, in der Zeichnung sind zwei davon ausgeführt (dünn blau). Die eingangs- und ausgangsseitige Begrenzung der Bündel („Eintritts- und Austrittspupille“, siehe Abschnitt 2.2.6) erfolgt hier durch die Linsenfassung. u1,u2 sind die objekt- und bildseitigen Öffnungswinkel, w1,w2 die Neigungswinkel der Lichtbündelachsen (in der Zeichnung w2 = w1 ) gegen die optische Achse = Bildwinkel. Wenn, wie hier, die Mitte der Bündelbegrenzung, d. h. der Eintrittspupille, auf der optischen Achse liegt, heißen die Lichtbündelachsen Hauptstrahlen (dick blau). Die Eintrittspupille ist das Bild der materiellen Aperturblende, die das eintretende Strahlenbündel physisch begrenzt. Dieses Bild der Aperturblende wird von allen Linsen vor der Aperturblende bewirkt – die Eintrittspupille kann deshalb auch hinter der Linse liegen (siehe z.B. Abb. IV-2.23)! Analog ist die Austrittspupille das Bild der Aperturblende, das von allen Linsen hinter der Aperturblende erzeugt wird. Die Austrittspupille ist das Bild der Eintrittspupille durch das gesamte Linsensystem. Die Eintrittspupille begrenzt den objektseitigen Öffnungswinkel, die Austrittspupille den bildseitigen Öffnungswinkel.

da von den Punkten virtueller Bilder zwar keine Strahlen ausgehen, die das Auge direkt erreichen, die ins Auge fallenden divergenten Strahlenbündel scheinen aber vom virtuellen Bild auszugehen; der „Schirm“ (das Auge) befindet sich also nicht an der Stelle des virtuellen Bildes.

2.1.4 Schattenwurf Ursprünglich galt der Schattenwurf als Beweis für die geradlinige Lichtausbreitung im homogenen Medium, für das Strahlenkonzept. Im Kernschatten ist die Intensität (Bestrahlungsstärke) I = 0, er wird von der Lichtquelle nicht bestrahlt (Abb. IV-2.2). Im Halbschatten wächst die Intensität vom Kernschatten aus monoton an. Der Maximalwert der Intensität wird erreicht, wenn der geradlinige Strahlenverlauf nicht mehr durch das Hindernis gestört wird und von allen Punkten der leuchtenden Fläche Licht auf den Schirmpunkt gelangt. Sonnen- und Mondfinsternisse treten auf, wenn die Erde in den Schatten des Mondes bzw. der Mond in den Schatten der Erde eintritt. Bei einer Sonnenfinsternis

168

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Schirm

0

Intensität

leuchtende Fläche Halbschatten Kernschatten

undurchsichtige Kugel

Halbschatten Ort

Abb. IV-2.2: Kern- und Halbschatten hinter einer undurchsichtigen Kugel, die von einer leuchtenden Fläche beleuchtet wird.

ist deshalb in Abb. IV-2.2 die undurchsichtige Kugel der Mond und der Schirm die Erde, während bei einer Mondfinsternis die Erde durch die Kugel und der Mond durch einen Teil des Schirms dargestellt werden. Sind Teile der Erde im Kernschatten des Mondes, so tritt dort eine totale Sonnenfinsternis auf; tritt der Mond vollständig in den Kernschatten der Erde, so beobachtet man eine totale Mondfinsternis.8 Die medizinischen Röntgenaufnahmen, bei denen die Röntgenstrahlen (siehe dazu Band VI, Kapitel „Festkörperphysik“, Abschnitt 2.2.5.1) den menschlichen Körper abhängig von der Gewebsdichte mehr oder weniger gut durchdringen und auch jene der Materialprüfung (Prüfung auf Risse, Hohlräume, Einschlüsse), sind Schattenbilder, für deren Detailreichtum ein gut fokussierter Elektronenstrahl auf der Antikathode erforderlich ist, sodass eine punktförmige Röntgenlichtquelle entsteht (Vermeidung des Halbschattens).

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen 2.2.1 Ebener Spiegel und Hohlspiegel 2.2.1.1 Ebener Spiegel Es gilt das Reflexionsgesetz:9 α​′ = α​

Reflexionswinkel = Einfallswinkel,

(IV-2.1)

8 Bei Neumond dagegen steht der Mond zwischen Erde und Sonne (Konjunktion), seine sichtbare Oberfläche wird daher von der Sonne nicht beleuchtet. Bei der Mondfinsternis (Eklipse des Mondes) stehen Sonne und Mond in Opposition, der Erdschatten verdeckt den Mond. 9 Es folgt aus dem Huygensschen Prinzip (siehe Kapitel „Wellenoptik“, Abschnitt 1.1.5) bzw. aus dem Fermatschen Prinzip (siehe dieses Kapitel, Abschnitt 2.1.2)

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

169

einfallender, reflektierter Strahl und Flächennormale liegen in einer Ebene und es gilt (g … Gegenstandsweite, b … Bildweite) 10

b​ = −g​ .

(IV-2.2)

Der ebene Spiegel ist das einzige optische Instrument, das eine ideale, punktförmige Abbildung erzeugt: Jeder Punkt S des Raumes wird in einen anderen Punkt S​′ abgebildet (Abb. IV-2.3).

Spiegel α′2 α2 α′1 α1 virtuelles Bild S′

S α1 α′1 α2 α′2

g

b

Abb. IV-2.3: Spiegelung einer Punktlichtquelle S am idealen, ebenen Spiegel. Es gilt das Reflexionsgesetz (α​′ = α​); es wird ein virtuelles, ideal punktförmiges Bild S′ der Quelle erzeugt, das auf einer Normalen auf die Spiegelfläche im gleichen Abstand hinter dem Spiegel liegt (b​ = |g​ |). Die scheinbar vom virtuellen Bild S′ ausgehenden divergenten Strahlen vor dem Spiegel können von der Augenlinse auf die Netzhaut fokussiert werden und so dort ein Bild von S′ erzeugen.

10 Zur Festlegung des Vorzeichens siehe Abschnitt 2.2.1.2.

170

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Der ebene Spiegel verwandelt ein rechtshändiges Koordinatensystem in ein linkshändiges (Abb. IV-2.4): Spiegel Gegenstand

Bild

G

Auge

B

z





y x rechtshändiges Koordinatensystem ex x ey = ez

xʹ linkshändiges Koordinatensystem exʹ x eyʹ = –ezʹ

Abb. IV-2.4: Vertauschung von rechts und links beim Spiegel: Die dem Spiegel zugewandte, und damit dem Betrachter abgewandte Seite des Gegenstandes, erscheint im virtuellen Bild des Gegenstandes dem Betrachter zugewandt. Das ergibt für den Betrachter eine Vertauschung von rechts und links zwischen Gegenstand und Bild, da nur die x-Richtung mit der x′-Richtung vertauscht wurde. Ein im Objektraum rechtshändiges Koordinatensystem erscheint im Bild als linkshändiges System. Gegenstandsgröße G und Bildgröße B sind gleich, die (laterale) Vergrößerung beträgt daher V = 1.

Der Abbildungsmaßstab B/G, die laterale Vergrößerung V, beträgt V = 1. 2.2.1.2 Sphärischer Hohlspiegel Die Verwendung von Spiegeln hat gegenüber Linsen den Vorteil der Vermeidung chromatischer Fehler (siehe Abschnitt 2.2.7.1) durch unterschiedliche Brechung der verschiedenen Wellenlängen des einfallenden Lichts (Dispersion). Wir betrachten jetzt einen Spiegel, der die Form eines Ausschnittes aus einer Kugelfläche hat (Abb. IV-2.5). Am sphärischen Spiegel gilt für achsennahe und annähernd achsenparallele, das sind paraxiale Strahlen: 1

Parallel einfallende, paraxiale Strahlen schneiden einander (angenähert) im Brennpunkt F (focal point).11

11 Exakt würde dies für spiegelnde Rotationsparaboloide gelten (Scheinwerferreflektoren).

171

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

konkav r0

α α

T

T r Achse

α M

S

S

F

f>0

F

M

f 0), der Brennpunkt F liegt rechts vom Scheitel S und das virtuelle Bild eines reellen Achsenpunktes (g​ > 0) entsteht hinter dem Spiegel zwischen S und F, von wo die Strahlen nach der Reflexion am Spiegel herzukommen scheinen: 1 1 1 =− + n1 ) trifft. Der Strahl G​A​ wird an der Grenzfläche zum Lot auf die brechende Fläche gebrochen (Einfallswinkel α, Brechungswinkel β), der gebrochene Strahl schneidet die Symmetrieachse im Bildpunkt B unter dem Winkel u2.

17 Die Glasplatten bewirken nur eine seitliche Verschiebung des Strahls, aber keine Winkeländerung.

182

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

α

n1

A

h u1 S

G

n2 β r

φ

N

g

u2 M

B

b r

Abb. IV-2.11: Brechung an einer kugelförmigen Grenzfläche. Am Objektpunkt G auf der optischen Achse befindet sich eine Punktquelle. Die von ihr ausgehenden Wellenfronten treffen auf eine sphärische Grenzfläche mit Radius r und dem Mittelpunkt M auf der Achse. Für n2 > n1 wird ein von der Quelle unter dem Öffnungswinkel u1 gegen die Achse ausgehender, auf die Grenzfläche treffender Strahl (Einfallswinkel α) zum Lot gebrochen (Brechungswinkel β) und schneidet die Achse im Bildpunkt B unter dem Winkel u2 gegen die Achse.

Wir treffen zunächst eine Vereinbarung über die Vorzeichen der vorkommenden Größen: – Das Licht fällt in den Abbildungen immer von links nach rechts ein. – Die Gegenstandsweiten g sind positiv zu nehmen, wenn sie links vom Scheitel S gemessen werden und negativ, wenn sie rechts von S gemessen werden. – Die Bildweiten b sind positiv zu nehmen, wenn sie rechts vom Scheitel S, negativ, wenn sie links von S gemessen werden. – Beide Brennweiten (gegenstandsseitige und bildseitige Brennweite werden weiter unten definiert (Gln. IV-2.56 und IV-2.57)), sind positiv bei konvexer Fläche und negativ bei konkaver Fläche. – Gegenstands- und Bildgrößen (lg​ und lb​) sind positiv, wenn sie sich von der optischen Achse nach oben, negativ, wenn sie sich nach unten erstrecken. – Die Radien konvexer Flächen sind positiv zu nehmen, die von konkaven Flächen negativ. – Die Neigungswinkel, die Strahlen mit der optischen Achse einschließen, sind positiv, wenn die Achse im Gegenuhrzeigersinn um einen Winkel < π​/​2 gedreht werden muss, damit sie mit dem Strahl zusammenfällt; ein Neigungswinkel ist negativ, wenn die Achse im Uhrzeigersinn um einen Winkel < π​/​2 bis zur Übereinstimmung mit dem Strahl gedreht werden muss. Wir betrachten die Dreiecke GAM und AMB. Mit dem Sinussatz (vgl. Abschnitt 2.2.1.2, Fußnote 9) ergibt sich im Dreieck GAM der Abb. IV-2.11

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

183

sin ​u1​ sin​ (π​ − α​) sin​ α​ = = r​ g​ + r​ g​ + r​

(IV-2.40)

sin​ β​ − sin ​u2​ 18 = . b​ − r​ r​

(IV-2.41)

und im Dreieck AMB

Wir wenden in Gl. (IV-2.41) das Brechungsgesetz n​1 sin​ α​ = n​2 sin​ β​ an (sin​ β​ = n​1 = sin​ α​) und erhalten n​2 sin ​u2​ 1 n​1 sin​ α​ = − b​ − r​ n​2 r​



sin​ α​ = −(b​ − r​)

n​2 sin ​u​2 n​1 r​

(IV-2.42)

und setzen in die Gl. (IV-2.40) ein (g​ + r​)

sin ​u1​ n​2 sin ​u​2 = −(b​ − r​) r​ n​1 r​

(IV-2.43)

g​ + r​ n​2 sin ​u​2 . =− b​ − r​ n​1 sin u ​ ​1

(IV-2.44)



Im Dreieck GAB muss die Winkelsumme π ergeben:19 u​1 + ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ (π​ − α​) +

+ (−u​2 ) = π​

β​ ⏟



u​2 = u​1 + β​ − α​ ;

(IV-2.45)

∠G​A​M​ ∠M​A​B​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ ∠G​A​B​



g​ + r​ n​2 sin​ (u​1 + β​ − α​) . =− b​ − r​ n​1 sin ​u​1

(IV-2.46)

Wir sehen: Für unterschiedliche Öffnungswinkel u1 ist die Bildweite b i. Allg. untersin​ (u​1 + β​ − α​) für Kugelflächen nicht konstant ist. Dies führt zu eisin ​u​1 nem Abbildungsfehler kugelförmiger Brennflächen, der sogenannten sphärischen Aberration (siehe Abschnitt 2.2.7.2.1). schiedlich, da

18 Der Winkel u2 wird vom gebrochenen Lichtstrahl Richtung Bildpunkt B gegen die Achse gemessen; die Achse muss zur Übereinstimmung mit dem Strahl im Uhrzeigersinn gedreht werden: Der Winkel ist daher negativ zu nehmen. 19 Siehe Fußnote 18.

184

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Der Winkel u2 des gebrochenen Strahls kann nach Gl. (IV-2.45) berechnet werden und damit auch der Punkt, an dem er die Achse schneidet; mit sin​ β​ − sin ​u2​ = (Gl. (IV-2.41) ⇒ r​ sin​ β​ = −b​ sin ​u2​ + r​ sin ​u2​ ) ergibt sich so die Bildb​ − r​ r​ weite b: b​ = r​ − r​

sin​ β​ sin​ β​ ). = r​ (1 − sin ​u​2 sin​ (u​1 + β​ − α​)

(IV-2.47)

Wir untersuchen noch kurz den Spezialfall eines zur optischen Achse parallel einfallenden Strahls. In diesem Fall wird der Winkel φ in Abb. IV-2.11 gleich dem Einfallswinkel α, d. h. φ​ = α​ und damit sin​ α​ =

h​ . r​

(IV-2.48)

Im Dreieck AMB muss die Summe der nicht anliegenden Innenwinkel β​ + (−u​2 ) gleich dem Außenwinkel φ​ = α​ sein; in diesem Fall gilt daher u​2 = β​ − α​ .

(IV-2.49)

Wir beschränken uns jetzt auf paraxiale Strahlen, d. h., wir betrachten die Gaußsche Optik (= paraxiale Optik, Optik erster Ordnung, Gaussian optics). Im Grenzfall paraxialer Strahlen gilt für den Strahlneigungswinkel (= Öffnungswinkel, Akzeptanzwinkel, acceptance angle) u eines einfallenden Lichtstrahls gegen die optische Achse sin​ u​ = tan​ u​ = u​

und

cos ​u​ = 1

Gaußsche Optik. 20

(IV-2.50)

In diesem Fall sind die Beziehungen zwischen Objekt und Bild linear und es lassen sich Abbildungsgleichungen formulieren, die eine eindeutige punktförmige Zuordnung zwischen Objekt und Bild unabhängig von dem sehr kleinen Winkel u1 erlauben. Für paraxiale Strahlen verschwindet die Strecke S​N​ in Abb. IV-2.11 und es gilt daher entsprechend der Zeichnung: 20 Die Reihenentwicklungen der Funktionen sin x, tan x, cos x lauten sin ​x​ = x​ −

x​

3

3!

+

x​

5

5!

− …, tan ​x​ = x​ +

2 3

3

x​ +

2 15

5

x​ + …, cos ​x​ = 1 −

x​

2

2!

+

x​

4

4!

−….

Für Näherungen erster Ordnung (paraxiale Strahlen) wird nur das erste Glied der Entwicklung berücksichtigt, d. h. sin x = x, tan x = x, cos x = 1. Für die Berücksichtigung der dritten Ordnung 3 x​ usw.) siehe z. B. E. Hecht, Optik, de Gruyter 2014, Abschnitt 6.3.1. (sin​ x​ = x​ − 3!

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

− sin ​u​2 −u​2 h​/​b​ g​ −tan ​u2​ = = = = tan ​u​1 sin ​u​1 u​1 h​/​g​ b​ n​2 sin ​u​2 g​ + r​ =− b​ − r​ n​1 sin u ​ ​1

und aus der Gl. (IV-2.44)

185 (IV-2.51)

wird

g​ + r​ n​2 g​ = . b​ − r​ n​1 b​

(IV-2.52)

Daraus erhalten wir mit n​1 b​ ( g​ + r​) = n​2 g​ (b​ − r​) | ⋅

n​1 +



1 g​ ⋅ b​

n​1 n​2 1 r​ = n​2 − r​ | ⋅ g​ b​ r​

n​1 n​2 n​2 − n​1 + = g​ b​ r​

Abbildungsgleichung für eine Kugelfläche und achsennahe Strahlen.

(IV-2.53)

(IV-2.54)

(IV-2.55)

Diese Gleichung wurde für eine konvexe, brechende Kugelfläche abgeleitet, die ein reelles Objekt als reelles Bild abbildet (g, b, r alle positiv), sie gilt aber auch für alle anderen möglichen Fälle, insbesondere auch für konkave, brechende Kugelflächen unter Berücksichtigung der obigen Vorzeichenvereinbarung. So wie die vom Gegenstandspunkt G ausgehenden Strahlen im Bildpunkt B zusammentreffen, werden Strahlen, die vom Bildpunkt B ausgehen, nach dem Umkehrungsprinzip (Prinzip von der Umkehrbarkeit des Strahlenganges, siehe Abschnitt 2.1.1) in G vereinigt; G und B und überhaupt alle gemäß der Abbildungsgleichung einander entsprechenden Elemente (Strahlen, Flächen usw.) nennt man konjugierte Elemente. Befindet sich der Punkt G (die Quelle) im Unendlichen (g​ = ∞​), fallen also parallele Lichtstrahlen ein, so werden sie durch die Brechung im gemeinsamen Bildpunkt B​ = F​b​ fokussiert. In diesem Fall entspricht die Bildweite der bildseitigen Brennweite (= Bildbrennweite; secondary focal length)

b​ = f​b​ =

n​2 ⋅ r​ n​2 − n​1

Bildbrennweite (= hintere Brennweite)

und B ist der bildseitige (hintere) Brennpunkt Fb.

(IV-2.56)

186

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Wird dagegen G im Unendlichen abgebildet (b​ = ∞​ , G​ = F​g​ ), fallen daher Kugelwellen ein, die durch Brechung im Medium 2 plan werden, so entspricht jetzt die Objektweite g der Quelle der objektseitigen Brennweite (= Objektbrennweite, primary focal length)

g​ = f​g​ =

n​1 ⋅ r​ n​2 − n​1

Objektbrennweite (= vordere Brennweite);

(IV-2.57)

G ist dann der objektseitige (vordere) Brennpunkt Fg . Man beachte: Die beiden Brennweiten der Kugelfläche sind verschieden groß; es gilt f​g​ n​1 = . f​b​ n​2

(IV-2.58)

n​1 n​2 = = D​ werden Brechkraft (power) genannt und – wenn f in m f​g​ f​b​ 1 (Meter) gemessen wird – in Dioptrien (dpt) angegeben: [D​] = 1 dpt = 1 . m Nochmals eine Kurzfassung der Vorzeichenvereinbarung (Licht kommt von links): Die Größen

g, fg: b, fb: r: lg​ , lb​:

+, wenn links von S +, wenn rechts von S +, falls M rechts von S +, wenn oberhalb der Achse

Beispiel: Anwendung der Abbildungsgleichung. Gegeben sei ein Glasstab mit Brechungsindex n2 = 1,5, der an seinem linken Ende halbkugelförmig mit einem Radius r = 1 cm geschliffen ist. Ein Gegenstand, wesentlich kleiner als der Krümmungsradius der Halbkugel, befinde sich bei g = 5 cm links vom Scheitel des Glasschliffs in Luft (n1 = 1). Wo befindet sich das Bild? 1,5 1,5 − 1 1 + = 5 cm b​ 1 cm



1,5 0,5 1 = − b​ 1 cm 5 cm



1,5 1,5 = b​ 5 cm

⇒ b​ = 5 cm . Es ergibt sich 5 cm rechts vom Scheitel im Inneren des Glasstabs ein reelles Bild des Gegenstandes.

Lateralvergrößerung und Abbesche Sinusbedingung Wir betrachten ein Objekt der Höhe lg​ , von dem aus Licht auf eine konvexe, brechende Kugelfläche fällt (Abb. IV-2.12).

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

187

G′ n2

n1 lg Fg

Fb S

G

B

M

g

b

r

lb B′

Abb. IV-2.12: Zur lateralen Vergrößerung = Abbildungsmaßstab.

Wir definieren als laterale Vergrößerung (meist einfach nur Vergrößerung oder auch Abbildungsmaßstab) V​ =

lb​ . lg​

(IV-2.59)

Aus der Ähnlichkeit der Dreiecke GG′M und BB′M folgt stets, d. h. auch außerhalb des paraxialen Bereichs −lb​ b​ − r​ = lg​ g​ + r​

und mit

g​ + r​ n​2 g​ = b​ − r​ n​1 b​

(IV-2.60)

(Gl. IV-2.52) für paraxiale Strahlen

−lb​ n​1 b​ = lg​ n​2 g​



V​ =

b​ − r​ lb​ n​1 b​ =− =− . lg​ g​ + r​ n​2 g​

(IV-2.61)

Sind auch Strahlen mit größeren Neigungswinkeln zu berücksichtigen, muss im g​ + r​ g​ + r​ n​2 g​ n​2 sin ​u​2 Ausdruck für die Vergrößerung (Gl. IV-2.44) statt =− = b​ − r​ n​1 sin ​u​1 b​ − r​ n​1 b​ verwendet werden21 und wir erhalten

21 Dann ist auch die Lage des Bildes (b) und seine Größe lb​ von den Öffnungswinkeln u1 und u2 abhängig.

188

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

V​ =



lb​ b​ − r​ n​1 sin ​u​1 =− ; = lg​ g​ + r​ n​2 sin ​u​2

n​1 lg​ sin ​u​1 = n​2 lb​ sin ​u​2

Sinusbedingung für nicht-paraxiale Strahlen.

(IV-2.62)

(IV-2.63)

Der Abbildungsmaßstab kann also durch die Öffnungswinkel der Lichtbündel ausgedrückt werden, die das optische System durchsetzen; diese Gesetzmäßigkeit gilt für alle Strahlen, unabhängig von der Größe der konjugierten Strahlneigungswinkeln u1 und u2. Wir sehen (Gl. IV-2.62): Wenn bei einer Abbildung im nicht-paraxialen Strahsin ​u1​ lenbereich der Ausdruck nicht für alle Punkte der brechenden Fläche konsin ​u​2 stant ist, ist auch die Vergrößerung nicht konstant und die Abbildung wird unscharf! Die Bedingung für eine konstante Vergrößerung ist die Abbesche Sinusbedingung sin ​u​1 = const. sin ​u​2

Abbesche Sinusbedingung. 22

(IV-2.64)

In Abb. IV-2.13 wird anschaulich gezeigt, dass die Bedingung gleicher Bildgröße für Strahlen mit unterschiedlichen, großen Strahlneigungswinkeln auf die Abbesche Sinusbedingung führt. Es wird eine Lochblende mit Durchmesser 2 lg​ von hinten durch eine sehr weit entfernte, großflächige Lichtquelle beleuchtet. Die Abbildung durch zwei parallele Lichtbündel mit unterschiedlichem Neigungswinkel gegen die Achse soll die gleiche Bildgröße 2 lb​ für beide Lichtbündel ergeben. Aus dem Fermatschen Prinzip folgt, dass in diesem Fall die Strecken d​1 = 2 lg​ sin ​u1​ und d​2 = 2 lb​ sin ​u​2 gleich groß sein müssen,23 das ergibt sin ​u1​ lb​ = = const.24 sin ​u​2 lg​

(IV-2.65)

22 Nach Ernst Karl Abbe, 1840–1905. Mit Carl Zeiss und Otto Schott entwickelte er die Grundlagen der modernen Optik. Ab 1899 war er Alleininhaber der Firma Carl Zeiss Optische Werke und war auch an der Gründung der Jenaer Glaswerke (heute Schott AG) beteiligt. Er führte in der von ihm gegründeten Carl Zeiss Stiftung vorbildliche soziale Reformen durch. 23 Nach Abb. IV-2.13 gilt für die Weglängen der Strahlen 1 und 2 bzw. 1′ und 2′: l​1 = b​4a​′; ̄ ̄ Symmetriegründen ist l​ = l​ ; nach dem Fermatschen Prinzip gilt: l​2 = b​2a​′; l​1′̄ = a​3b​′; l​2′̄ = a​1b​′. Aus 1 1′ l​1 = l​2 und l​1′ = l​2′ ⇒ l​1 = l​2′ also auch l​2 = l​2′ . Nach Abb. IV-2.13 ist l​2 = d​1 + N​ ⋅ λ​ und l​2′ = d​2 + N​ ⋅λ​, denn (a,r) und (a′,s) liegen auf 2 Phasenflächen im Abstand N ⋅ λ (siehe dazu Abschnitt 2.1.2, Fußnote 6); mit l​2 = l​2′ folgt d1 = d2 , also 2⋅l​g​ ⋅sin​u1​ = 2 ⋅ l​b​ ⋅sin​u​2 . 24 Sind die Brechungsindizes im Gegenstands- und Bildraum n1 und n2, dann gilt für die optischen n​1 sin ​u​1 lb​ = Weglängen: d​1 = 2 lg​ n​1 sin ​u​1 und d​2 = 2 lb​ n​2 sin ​u​2 ; die Sinusbedingung lautet dann: n​2 sin ​u​2 lg​ entsprechend der Beziehung (IV-2.62) bzw. (IV-2.63).

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen von hinten beleuchtete Blende

Brennebene

189

Bildebene

1 Strahl 2′ 2 a 2lg

2 u1 1′ r

3

Strahl 1

b

a′

u2 Fb

4

s

2lb 2

b′ d2 = 2lb sin u2

d1 = 2lg sin u1

u2

2′

u1

Abb. IV-2.13: Abbildung einer von hinten beleuchteten Blende (Durchmesser 2 lg​ ) durch zwei parallele Lichtbündel unterschiedlicher Neigungswinkel. Die Forderung gleicher Bildgröße lb​ für alle u1 führt auf die Bedingung 2 lg​ sin ​u​1 = 2 lb​ sin ​u​2 und damit auf die Abbesche Sinusbedingung: sin ​u1​ = const. Siehe dazu auch Fußnote 23. sin ​u​2

Ist die Abbesche Sinusbedingung für ein optisches System nicht erfüllt, dann tritt ein Abbildungsfehler für Strahlen auf, die gegen die Achse geneigt sind, die Koma (siehe dazu Abschnitt 2.2.7.2.2). In der Näherung paraxialer Strahlen (Strecke S​N​ in Abb. IV-2.11 geht nach Null) gilt (Gl. IV-2.51) −

b​ tan ​u1​ = tan ​u​2 g​

und es ist daher (IV-2.61) V​ =



lb​ n​1 b​ =− lg​ n​2 g​

lb​ n​1 tan ​u1​ = ⋅ lg​ n​2 tan ​u​2

(IV-2.66)

bzw. n​1 lg​ tan ​u​1 = n​2 lb​ tan ​u​2

Lagrange-Helmholtz Gesetz.

(IV-2.67)

Das Lagrange-Helmholtz Gesetz (nach Joseph-Louis de Lagrange (Giuseppe Lodovico Lagrangia), 1736–1813, italienischer Mathematiker und Astronom und Hermann

190

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Ludwig Ferdinand von Helmholtz, 1821–1894, deutscher Physiologe und Physiker) der kollinearen Abbildung (Gl. IV-2.67) und die Abbesche Sinusbedingung (Gl. IV2.64) sind nicht gleichzeitig erfüllbar! Die Sinusbedingung für weite Bündel kann nur für ausgewählte Punkte (aplanatische Punkte) erfüllt werden (siehe dazu z. B. Karl Mütze, ABC der Optik, Brockhaus-Verlag, 1961), was bei Mikroskopobjektiven Anwendung findet. Für paraxiale Strahlen gilt (auch für mehrere hintereinander geschaltete Flächen)

n​1 lg​ u​1 = n​2 lb​ u​2

Lagrange-Helmholtz Gesetz für paraxiale Strahlen.

(IV-2.68)

2.2.4 Dünne Linsen Eine Linse ist ein optisches System aus einem transparenten Material (z. B. Glas), das aus zwei oder mehr brechenden Grenzflächen besteht, von denen wenigstens eine gekrümmt ist. Meist sind die gekrümmten Flächen, Ausschnitte aus Kugelflächen, auf eine Achse zentriert. Einfache Linsen bestehen nur aus zwei brechenden Flächen (Scheitel S1, S2 , Radien r1 , r2 ). Die Dicke dünner Linsen soll im Vergleich zu den bei den optischen Anwendungen vorkommenden Abständen klein sein, also:

1

Bei dünnen Linsen ist der Scheitelabstand der brechenden Flächen d​ = S​1 S​2 klein gegen die Brennweiten.

Abb. IV-2.14 zeigt Beispiele einfacher Linsen:

bikonvex r1 > 0 r2 < 0

bikonkav r1 < 0 r2 > 0

plankonvex plankonkav r1 = ∞ r1 = ∞ r2 < 0 r2 > 0

Abb. IV-2.14: Beispiele einfacher Linsen.

konvexkonkav r1 > 0 r2 > 0 (meniskus-konvex)

konvexkonkav r1 > 0 r2 > 0 (meniskus-konkav)

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

191

Sammellinsen (= Konvex-, Positivlinsen, converging lenses, positive lenses) sind in der Mitte dicker als am Rand, Zerstreuungslinsen (= Konkav-, Negativlinsen, diverging lenses, negative lenses) sind in der Mitte dünner als am Rand. Die optische Abbildung durch eine Linse entspricht der aufeinanderfolgenden Abbildung durch Brechung des einfallenden Lichts an den beiden Grenzflächen. Wir betrachten eine bikonvexe, sphärische Linse und die Abbildung einer Punktquelle, die sich am Gegenstandspunkt G auf der Achse befindet (Abb. IV-2.15).

M2 S1

B′ = G′ G

S2

r2

M1

r1

n

n=1

1 b′ < 0 g

B Achse

n=1

2

d

g′ = −b′ + d

b

Abb. IV-2.15: Brechung an einer bikonvexen, sphärischen Linse. Die vom Gegenstandspunkt G (innerhalb der Brennweite fg1 der ersten Fläche gelegen) auf der Achse (Gegenstandsweite g) ausgehenden Strahlen werden von der ersten Grenzfläche (1) in B′ abgebildet (Bildweite b′). Dieser Bildpunkt ist der neue (virtuelle) Gegenstandspunkt G′ = B′ für die Abbildung durch die zweite Grenzfläche (2). In der Linse scheinen die im Bildpunkt B zusammentreffenden Strahlen vom Bildpunkt B′ = G′ (Gegenstandsweite g′) auszugehen. Die Fläche 2 entwirft daher ein Bild von G′ im Punkt B.

Als Brechungsindex innerhalb des Linsenmaterials setzen wir im Folgenden n​2 = n​ > 1 , außerhalb sei n1 = 1 (Luft). Abbildung durch die erste Grenzfläche: n​1 n​2 n​2 − n​1 Entsprechend der Abbildungsgleichung für achsennahe Strahlen + = g​ b​ r​ (Abschnitt 2.2.3, Gl. IV-2.55) gilt hier mit der objektseitigen Brennweite fg1 der ersten Fläche (siehe Abschnitt 2.2.3, Gl. IV-2.57) 1 n​ n​ − 1 1 = > 0, + = g​ b​′ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ r​1 f​ g​1 >0

Fg1 liegt also links von S1 im Abstand f​ g​1 =

r​1 . n​ − 1

(IV-2.69)

192

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Der Objektpunkt G wird in B′ abgebildet; G′ = B′ ist nun der neue, virtuelle Gegenstandspunkt für die Abbildung an der zweiten Grenzfläche mit dem Scheitel S2, r2 ist jetzt negativ. Abbildung durch die zweite Grenzfläche: Die Strahlen gehen von G′ = B′ aus (neue Gegenstandsweite g′), werden an der Fläche 2 vom Lot gebrochen und vereinigen sich im Bildpunkt B (Bildweite b). Aus Abb. IV-2.15 sehen wir g​′ = |b​′ | + d​ .

(IV-2.70)

Die Gegenstandsweite g′ liegt links vom Scheitel und ist deshalb positiv zu nehmen, die erste Bildweite b′ liegt aber auch links vom Scheitel und ist deshalb negativ zu nehmen, also gilt |b​′ | = −b​′ und damit g​′ = −b​′ + d​ .

(IV-2.71)

Für die Abbildungsgleichung an der zweiten Grenzfläche ergibt sich daher mit dem bildseitigen Brennpunkt Fb2 der zweiten Fläche (siehe Abschnitt 2.2.3, Gl. IV-2.56) 1 1 1 − n​ n​ = > 0, + = (−b​′ + d​) b​ r​2 f​ b​2

(IV-2.72)

Fb2 liegt also rechts von S2 .25 1 − n​ > 0 . Wir addieren die beiden r​2 Abbildungsgleichungen Gl. (IV-2.69) und Gl. (IV-2.72) und erhalten

Es gilt ja n > 1 also (1 − n) < 0 und r2 < 0, daher

n​ 1 1 1 − n​ n​ − 1 n​ + + + = − = g​ b​ r​2 r​1 b​′ − d​ b​′ =

n​ − 1 n​ − 1 n​b​′ − n​b​′ + n​d​ − + = r​1 r​2 b​′ (b​′ − d​)

= (n​ − 1)(

n​ ⋅ d​ 1 1 − )+ . r​1 r​2 b​′ (b​′ − d​)

(IV-2.73)

Für den Fall einer dünnen Linse lassen wir d → 0 gehen. Damit geht der letzte Term auf der rechten Seite gegen Null und es ergibt sich die Linsenschleiferformel

25 In der Abbildungsgleichung (IV-2.55) ist jetzt für das erste Medium n1 = n und für das zweite r​2 . Medium n2 = 1 zu nehmen; mit Gl. (IV-2.56) wird damit f​b​2 = 1 − n​

193

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

Linsenschleiferformel (= Linsenmachergleichung, lensmaker’s formula).

1 1 1 1 + = (n​ − 1)( − ) g​ b​ r​1 r​2

(IV-2.74)

Bei Beachtung der richtigen Vorzeichen von g, b, r1, r2 (siehe Vorzeichenvereinbarung in Abschnitt 2.2.3) gilt diese Formel für alle Fälle optischer Abbildung an dünnen Linsen. Mit abnehmender Linsendicke d fallen die Scheitelpunkte S1 und S2 mehr und mehr zusammen; Gegenstandsweite g und Bildweite b können dann auch vom Linsenzentrum gemessen werden. Damit kann die Brechung an den Grenzflächen durch eine Brechung an der Mittelebene ersetzt werden. Wird die Quelle bei G ins Unendliche verschoben, so wird wie bei den Überlegungen einer brechenden Grenzfläche in Abschnitt 2.2.3 die Bildweite zur bildseitigen Brennweite (Anwendung von Gl. IV-2.74) lim ​b​ = f​b​

bildseitige Brennweite;

(IV-2.75)

g​ % ∞​

1 1 1 = (n​ − 1)( − ) . f​b​ r​1 r​2



(IV-2.76)

Analog wird die Gegenstandsweite zur objektseitigen Brennweite, wenn das Bild im Unendlichen liegt lim​ g​ = f​g​

objektseitige Brennweite;

(IV-2.77)

1 1 1 = (n​ − 1)( − ) . f​g​ r​1 r​2

(IV-2.78)

b​ % ∞​



Damit gilt für dünne Linsen f​b​ = f​g​ = f​ und die Linsenschleiferformel kann mit 1 1 1 = (n​ − 1)( − ) f​ r​1 r​2

Brennweite dünner Linsen in Luft 26

(IV-2.79)

26 Ist der Brechungsindex im Gegenstandsraum n1 und im Bildraum n2, dann folgt aus den Beziehungen in Abschnitt 2.2.3, Gl. (IV-2.55) die allgemeine Linsenschleiferformel für dünne Linsen: n​1 g​

+

n​2 b​

=

n​ − n​1 r​1



n​ − n​2 r​2



1 f​b​

=

1 n​2

(

n​ − n​1 r​1



n​ − n​2 r​2

)

und

1 f​g​

=

1 n​1

(

n​ − n​1 r​1



n​ − n​2 r​2

)

⇒ f​b​ ≠ f​g​ . Für n1 = n2 folgen daraus wieder die oben angeführten einfacheren Beziehungen, die aber z. B. für die Augenlinse nicht gelten auch wenn diese unzulässigerweise als dünn betrachtet wird!

194

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

so geschrieben werden: 1 1 1 + = g​ b​ f​

Gaußsche Linsenformel (Gaußsche Abbildungsgleichung) für Abbildung in Luft.

(IV-2.80)

Sind die Krümmungsradien gleich, d. h. ist r2 = −r1, so folgt mit r​ = r​1 = −r​2 1 2 = (n​ − 1) ⋅ f​ r​

(IV-2.81)

r​ 1 f​ = ⋅ . 2 (n​ − 1)



(IV-2.82)

Für Linsenglas mit n = 1,5 wird damit f = r. Beispiel 1: Lichtpunkt in der Brennebene. Befindet sich ein Lichtpunkt P im Abstand a von der Achse in der gegenstandsseitigen Brennebene (g​ = f​ ) einer Sammellinse (L+), dann verlässt die Linse ein Parallelbündel (b​ = ∞​) unter dem a​ Winkel α gegen die Achse mit tan ​α​ = . Die beiden von P ausgehenden Strahf​ len 1 und 2 sind nach der Sammellinse parallel und unter dem Winkel α gegen die Achse geneigt (Gleichheit der Dreiecke ΔFgOP und ΔFbOP″) und schneiden einander daher erst in dem im Unendlichen liegenden Bildpunkt P′, in dem sich auch alle anderen von P ausgehenden Strahlen schneiden. L+

P a

2

α Fg

1

α

O

Fb

α P″ f

2 Der Bildpunkt P′ 1 von P liegt bei b=∞

Fällt andererseits ein Parallellichtbündel unter dem Winkel α auf eine Sammellinse ein (Umkehrung des Strahlenganges), dann vereinigen sich die Strahlen in einem Punkt P″ in der bildseitigen Brennebene im Abstand a​ = f​ ⋅ tan​ α​ von der Achse (der Strahl durch die Linsenmitte geht ungebrochen weiter).

195

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

Analoge Beziehungen gelten für eine Zerstreuungslinse (L−), wenn P ein virtueller Lichtpunkt rechts von L− ist (die Strahlen konvergieren nach P). Die in den virtuellen Punkt P einfallenden Strahlen 1 und 2 verlassen die Zerstreuungslinse L− als Parallelbündel unter dem Winkel α gegen die Achse, das virtuelle Bild P′ von P liegt unter dem Winkel α bei b = −∞ (nächste Abbildung links). Alle auf P einfallenden Strahlen gehen von P′ aus und sind daher parallel unter dem Winkel α = arc tan (a/f ). Fällt ein Parallelbündel unter dem Winkel α ein, dann wird es virtuell in P″ abgebildet (Strahlen 1 und 3 in der nächsten Abbildung rechts).

L–

Der Bildpunkt P′ von P liegt bei b = –∞ P″ 1

L–

f P″

Fb

Fg

α 2

f

3 1

α

3

Fb

a

α P

Fg

α

a

1

1

P

1

2

Beispiel 2: Brennweite und Bildweite bei einer plankonvexen Linse mit 10 cm Radius und Brechungsindex n = 1,5 . Tritt das Licht auf der planen Seite ein, so gilt r1 = ∞, r2 = −10 cm . Damit wird 1 1 1 1 = (1,5 − 1)( + ) = 0,05 f​ ∞​ 10 cm cm



f​ = 20 cm .

Trifft das Licht auf die konvexe Seite, so ist r1 = +10 cm, r2 = ∞, die Brennweite aber wieder f​ = 20 cm . Bringen wir ein Objekt im Abstand 30 cm auf eine Seite der Linse, so gilt 1 1 1 + = 30 cm b​ 20 cm



1 1 = b​ 60 cm



b​ = 60 cm .

Wie im Fall einer einzigen brechenden Fläche (siehe Abschnitt 2.2.3) wird auch 1 hier = D​ als Brechkraft (power) bezeichnet und, wenn f in m (Meter) gemessen f​ 1 1 wird, in Dioptrien dpt angegeben: [ ] =[D​] = 1 dpt ; 1 dpt = 1 . f​ m

196

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Bildkonstruktion an Sammellinsen27 Die Bildkonstruktion erfolgt mit zwei der drei ausgezeichneten Strahlen: Ein Brennpunktstrahl verlässt die Linse parallel zur optischen Achse, Strahlen parallel zur optischen Achse werden in den Brennpunkt gebrochen, ein Mittelpunktsstrahl geht ungebrochen durch den Linsenmittelpunkt. 1. fg < g < 2 fg (Abb. IV-2.16) Sammellinse

lg

fg

G

fb = fg Fb

Fg

B 2 fg g

lb

b

Abb. IV-2.16: Gilt an einer Sammellinse f​g​ < g​ < 2 f​g,​ so entsteht ein reelles, vergrößertes, verkehrtes Bild.

Es entsteht ein reelles, vergrößertes, verkehrtes Bild. Ist g​ = 2 f​ , dann ist auch b​ = 2 f​ (siehe Gaußsche Abbildungsgleichung (IV-2.80)): Gegenstand und Bild sind gleich groß. 2. g > 2 fg (Abb. IV-2.17) Sammellinse

lg

G

fg Fg

fb = fg Fb B

2 fg g

lb

b

Abb. IV-2.17: Gilt an einer Sammellinse g​ > 2 f​g​, so entsteht ein reelles, verkleinertes, verkehrtes Bild.

Es entsteht ein reelles, verkleinertes, verkehrtes Bild. 27 In den folgenden Zeichnungen werden der besseren Darstellung wegen sehr große Öffnungswinkel u der Strahlen verwendet, obwohl sie nur die geometrischen Repräsentationen der paraxialen Linsenformeln darstellen. Sie dürfen daher nicht als tatsächlich auftretende Strahlen in optischen Geräten betrachtet werden, sondern dienen nur zur geometrischen Bestimmung der Bildweite b aus der Gegenstandsweite g sowie der relativen Größe von Bild und Gegenstand.

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

197

3. g < fg (Abb. IV-2.18) Sammellinse

lb

B G lg Fg

α Fb

fb = fg

fg g b

Abb. IV-2.18: Gilt an einer Sammellinse g​ < f​g​, so entsteht ein virtuelles, vergrößertes, aufrechtes Bild.

Befindet sich der Gegenstand innerhalb der einfachen Brennweite, so entsteht ein virtuelles, vergrößertes, aufrechtes Bild. Dieser Fall liegt bei der Verwendung einer Sammellinse als Lupe vor (siehe Abschnitt 2.3.2), die sich nahe vor dem Auge befindet. Rückt der Gegenstand in den Brennpunkt Fg , so befindet sich das Bild im Unendlichen, man kann es mit entspanntem Auge betrachten (Normalfall der Lul​g​ penvergrößerung), es erscheint dann unter dem Gesichtswinkel α​ = arc tan​ ( ) . f​g​

Bildkonstruktion an der Zerstreuungslinse Die bildseitigen und objektseitigen Brennweiten sind jetzt bezüglich des Linsenzentrums vertauscht (Abb. IV-2.19). Zerstreuungslinse

lg

G

Fb

fg

B lb fb = fg g

Fg

b

Abb. IV-2.19: Bei einer Zerstreuungslinse entsteht für alle Gegenstandsweiten ein virtuelles, verkleinertes, aufrechtes Bild.

Es entsteht für jede Position des Gegenstandes ein virtuelles, verkleinertes, aufrechtes Bild.

198

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Die Newtonsche Abbildungsgleichung Wir betrachten nochmals die Bildkonstruktion an einer Sammellinse (Abb. IV-2.20): G′ lg

A lg

G

Fg

Achse

Fb

S

B

lb xg

fg g

B

lb fb

xb B′

b

Abb. IV-2.20: Zur Newtonschen Abbildungsgleichung.

Aus der Ähnlichkeit der Dreiecke GG′Fg und SBFg bzw. SAFb und BB′Fb folgt lg​ −lb​ = x​g​ f​g​

und

−lb​ lg​ = . x​b​ f​b​

(IV-2.83)

Die Multiplikation der Kehrwerte der Gleichungen ergibt mit f​b​ = f​g​ = f​ x​g​ x​b​ = f​ 2

(IV-2.84)

Newtonsche Abbildungsgleichung.

Während in der Gaußschen Abbildungsgleichung die Abstände zum Gegenstand und zum Bild (g und b) von den zusammenfallenden Linsenscheiteln S der dünnen Linse gemessen werden, werden sie in der Newtonschen Abbildungsgleichung (xg und xb) von den entsprechenden Brennpunkten Fg und Fb aus gemessen, und zwar positiv, wenn der Gegenstand links vom Bezugspunkt (S bzw. Fg) und das Bild rechts von diesem (S bzw. Fb) liegt. Lateralvergrößerung (Abbildungsmaßstab) Für die Lateralvergrößerung ergibt sich aus der Abb. IV-2.20

V​ =

lb​ b​ x​b​ f​ f​ =− =− =− = lg​ g​ x​g​ f​ f​ − g​

Lateralvergrößerung.

28

(IV-2.85)

Sammellinsen erzeugen also, wie schon oben gesehen, je nach Position des Gegenstandes außerhalb oder innerhalb der Brennweite verkehrte, reelle (lb​ < 0, b > 0), 28 Ist also g = 2 f, dann ist V = −1, Bild und Gegenstand sind gleich groß und entgegengerichtet.

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

199

oder aufrechte, virtuelle Bilder (lb​ > 0, b < 0); bei Zerstreuungslinsen dagegen sind die Bilder immer aufrecht und virtuell (lb​ > 0, b < 0).

Brechkraft (dioptric power) Die Brechkraft D einer Linse ist gegeben durch D​ = Die Einheit [D​] = 1 die Dioptrie.

1 . f​

(IV-2.86)

1 = 1 dpt = D​i​o​p​t​r​i​e​ der Brechkraft D hat einen eigenen Namen, m

Beispiel: Brechkraft D einer bikonvexen, dünnen Linse mit n = 1,5 und gleichem Krümmungsradius von 20 cm. Für die Brennweite dünner Linsen fanden wir (Gl. IV-2.79) 1 1 1 1 2 1 = D​ = (n​ − 1)( − ) = (1,5 − 1)( − ) = 0,5 ⋅ = f​ r​1 r​2 0,2 m −0,2 m 0,2 −1 = 5 m = +5 dpt ⋅

Die Linse weist eine Brechkraft von +5 Dioptrien auf.

2.2.5 Dicke Linsen und Linsensysteme Bisher haben wir die Dicke der Linsen vernachlässigt. Bei dicken Linsen und Linsensystemen ist das nicht mehr möglich, die Mittelebene reicht nicht zur Konstruktion des Strahlenganges aus. In diesem Fall führt man zwei zur Linsenachse senkrechte Bezugsebenen, die Hauptebenen (principal planes) HE1 und HE2 so ein, dass die durch den gegenstandsseitigen Brennpunkt Fg einfallenden paraxialen Strahlen auf der Hauptebene HE1 zu Parallelstrahlen und einfallende Parallelstrahlen auf HE2 in den bildseitigen Brennpunkt Fb gebrochen werden. Die Schnittpunkte der Hauptebenen mit der Achse sind die Hauptpunkte (principal points) H1 und H2 . Befindet sich auf beiden Seiten der Linse das gleiche Medium (gleicher Brechungsindex), dann sind die Hauptpunkte gleichzeitig die Knotenpunkte des Systems. Strahlen, die durch die Knotenpunkte führen, verlaufen im Bild- und Gegenstandsraum parallel zueinander, sie entsprechen dem Mittelpunktsstrahl dünner Linsen. Ist der Brechungsindex, wie z. B. beim Auge, auf beiden Seiten des Abbildungssystems verschieden, dann fallen die Knotenpunkte nicht mehr mit den Hauptpunkten zusammen. Brennweiten, Gegenstands- und Bildweiten werden jetzt von den entsprechenden Hauptebenen bzw. den Hauptpunkten aus gezählt. Für die Bildkonstruktion

200

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

HE1 HE2 h1

tatsächlicher Strahlenverlauf

h2

G′

Achse G

Fg

S1

H1

H2

S2

Fb

B

B′ xg

fg

fb

xb

g

b

Abb. IV-2.21: Bildkonstruktion an einer dicken Linse. Es werden die Hauptebenen HE1 und HE2 so eingeführt, dass die durch den gegenstandsseitigen Brennpunkt Fg einfallenden paraxialen Strahlen auf der Hauptebene HE1 zu Parallelstrahlen und einfallende Parallelstrahlen auf HE2 in den bildseitigen Brennpunkt Fb gebrochen werden. Die Schnittpunkte der Hauptebenen mit der optischen Achse sind die Hauptpunkte H1 und H2. Brennweiten, Gegenstands- und Bildweite werden von den entsprechenden Hauptebenen (Hauptpunkten) aus gerechnet. Strahlen, die in Richtung auf H1 einfallen, verlassen die Linse in paralleler Richtung aus H2, falls sich auf beiden Seiten der Linse das gleiche Medium befindet. H1 und H2 sind dann gleichzeitig die Knotenpunkte des Systems. Der tatsächliche Strahlenverlauf in der Linse ist strichliert eingezeichnet.

ist auf diese Weise nur die Kenntnis der Hauptebenen und der Brennpunkte erforderlich und nicht die des wirklichen Strahlenverlaufs innerhalb des brechenden Systems (Abb. IV-2.21). Sind die Brechzahlen so wie bisher auf beiden Seiten der Linse gleich (z. B. Linse mit Brechzahl n im Vakuum oder in Luft mit Brechzahl n = 1), so ergeben sich die gegenstandsseitige und die bildseitige Brennweite wieder als gleich: f​b​ = f​g​ = f​ .

(IV-2.87)

Es gelten auch wieder die Gaußsche und die Newtonsche Abbildungsgleichung, da die gleichen Ähnlichkeiten wie bei Abb. IV-2.20 gelten29 1 1 1 = + f​ g​ b​

und

2

x​g​ x​b​ = f​ .

(IV-2.88)

29 Aus der Newtonschen Abbildungsgleichung folgt sofort die Gaußsche, denn mit x​g​ = g​ − f​ und 1 1 1 g​b​ 2 2 2 ⇒ = + . x​b​ = b​ − f​ folgt (g​ − f​)(b​ − f​) = f​ ⇒ g​b​ − f​b​ − f​g​ + f​ = f​ ⇒ f​ = g​ + b​ f​ g​ b​

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

201

Für die Brennweite einer dicken Linse (d​ = S​1 S​2 ) mit der Brechzahl n und den Krümmungsradien r1 und r2 gilt jetzt 30 1 1 1 1 1 (n​ − 1) ⋅ d​ ]= + = D​ = (n​ − 1)[ − + f​ r​1 r​2 n​ ⋅ r​1 ⋅ r​2 g​ b​

(IV-2.89)

und für die Entfernung h1 und h2 der Hauptebenen von den Scheitelpunkten S1 und S2 (n​ − 1) ⋅ f​ ⋅ d​ n​ ⋅ r​2

(IV-2.90)

(n​ − 1) ⋅ f​ ⋅ d​ . n​ ⋅ r​1

(IV-2.91)

h​1 = −

h​2 = −

Auch die laterale Vergrößerung V ergibt sich formal gleich wie bei den dünnen Linsen:

V​ =

lb​ b​ x​b​ f​ f​ =− =− =− = . lg​ g​ x​g​ f​ f​ − g​

(IV-2.92)

Beispiel: Bildweite einer bikonvexen Linse der Dicke 1 cm mit den Radien 25 cm und 50 cm und dem Brechungsindex n = 1,5; der Gegenstand befinde sich 40 cm vor dem Linsenscheitel. d​ = 1 cm​ , r​1 = 25 cm​ , r​2 = −50 cm​ , g​ − h​1 = 40 cm​ . Für die Gesamtbrennweite gilt 1 1 (n​ − 1) ⋅ d​ 1 1 1 ]= = + = (n​ − 1)[ − + f​ g​ b​ r​1 r​2 n​ ⋅ r​1 ⋅ r​2 1 1 (1,5 − 1) ⋅ 1 cm ]= − + = (1,5 − 1)[ 25 cm −50 cm 1,5 ⋅ 20 cm ⋅ (−50 cm) −1 −1 = 0,5[0,04 cm + 0,02 cm −

0,5 −1 −1 cm ] = 0,02983 cm ⋅ 1500

30 Siehe dazu die genauere Diskussion in Joseph Morgan, Geometrical and Physical Optics, McGraw-Hill Book Company, New York 1953.

202

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung



f​ = 33,52 cm . h​1 = −

(n​ − 1) ⋅ f​ ⋅ d​ 0,5 ⋅ 33,52 cm ⋅ 1 cm =− = +0,22 cm n​ ⋅ r​2 1,5 ⋅ (−50 cm)

h​2 = −

(n​ − 1) ⋅ f​ ⋅ d​ 0,5 ⋅ 33,52 cm ⋅ 1 cm =− = −0,45 cm ; n​ ⋅ r​1 1,5 ⋅ 25 cm

Die Hauptebene HE1 befindet sich daher rechts von S1, HE2 links von S2. ⇒

g​ = 40 cm + h​1 = 40,22 cm . 1 1 1 1 −1 −1 −1 = − = 0,02983 cm − cm = 0,00497 cm b​ f​ g​ 40,22



b​ = 201,34 cm .

Das entstehende Bild liegt ≈ 201 cm rechts von der zweiten Hauptebene. Die Hauptpunkte H1 und H2 sind konjugierte Punkte, also Punkte, die aufeinander abgebildet sind (siehe in den Abschnitten 2.2.1.2 und 2.2.3); wird nämlich die Gegenstandsweite g​ = 0 , das ist der Hauptpunkt H1 , so muss wegen f​ =

g​ ⋅ b​ g​ + b​

(IV-2.93)

auch die Bildweite b​ = 0 werden, das ist der Hauptpunkt H2 , da die Brennweite endlich ist. Das bedeutet: Der Hauptpunkt H1 wird auf den Hauptpunkt H2 abgebildet. Aus der Newtonschen Abbildungsgleichung folgt sofort, dass ein Gegenstand in der ersten Hauptebene (x​g​ = −f​ ) in die zweite Hauptebene abgebildet wird (x​b​ = −f​) und zwar mit der lateralen Vergrößerung V​ = 1 (siehe Gl. IV-2.85). Man bezeichnet daher die Hauptebenen manchmal auch als Einheitsebenen (unit planes). Zwischen den Hauptebenen sind alle Strahlen parallel zur optischen Achse zu zeichnen (siehe Abb. IV-2.21).

2.2.6 Blenden (stops) Nur jene vom Gegenstand ausgehenden Strahlen können zur Bildentstehung beitragen, die die Linse (das Linsensystem) durchsetzen; die äußere Begrenzung der einzelnen Linse stellt jedenfalls eine Begrenzung jener Lichtstrahlen dar, die in die Linse einfallen und zur Bildentstehung beitragen können. Die Linsenbegrenzung (Linsenfassung) oder eine vor oder hinter die Linse gesetzte materielle Blende (Aperturblende, aperture stop) beschränken die einfallenden Lichtstrahlen und be-

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

Aperturblende = Eintrittspupille

2u1 P

brechende Kugelflächen

203

Austrittspupille

2u2

Achse P′

IV-2.22a: Zur Lichtbündelbegrenzung durch Blenden. Hier liegt die Aperturblende vor den brechenden Flächen und ist daher gleichzeitig die Eintrittspupille. Der Öffnungswinkel 2u1 in P, der die Eintrittspupille zur Basis hat, ist der Aperturwinkel. Das Bild der Aperturblende durch das nachfolgende Linsensystem, bzw. das vom ganzen Linsensystem erzeugte Bild der Eintrittspupille ist die Austrittspupille. Der Winkel 2u2 in P′, der die Austrittspupille zur Basis hat, ist der Projektionswinkel. Nach M. Born und E. Wolf, Principles of Optics, Pergamon Press, 1986, S. 186.

stimmen so die Weite des Lichtbündels, das die Linse durchsetzt. Damit verbunden sind eine Beschränkung des Gesichtsfeldes, d. h. des Teils des Gegenstandes, der wirklich abgebildet wird, und die Helligkeit des Bildes. Wir betrachten alle Strahlen, die vom Punkt P auf der Achse eines optischen Systems ausgehen (Abb. IV-22a). Die Aperturblende bestimmt den Querschnitt des die Bildentstehung ermöglichenden Strahlenbündels. Bei einem optischen System aus mehreren Blendenöffnungen bzw. Linsenfassungen, muss das Bild jeder Blende bzw. Fassung durch die vor ihr gelegenen Linsen bestimmt werden; jenes Bild, das in P, also einem Achsenpunkt außerhalb des Systems auf der Seite des Lichteinfalls, den kleinsten Öffnungswinkel (= Aperturwinkel) aufspannt, wirkt als Eintrittspupille31 und die zugehörige materielle Blende, die diese Eintrittspupille erzeugt, ist die Aperturblende. Liegt die Aperturblende vor der ersten Linse, wie in Abb. IV-22a und IV-22b, dann ist die Aperturblende gleichzeitig die Eintrittspupille. Der Öffnungswinkel 2u1 in P, der die Eintrittspupille zur Basis hat, ist der Aperturwinkel (angular aperture on the object side). Das Bild der Aperturblende durch das nachfolgende Linsensystem, bzw. das vom ganzen Linsensystem erzeugte Bild der Eintrittspupille ist die Austrittspupille. Der Winkel 2u2 in P′, der die Austrittspupille zur Basis hat, ist der Projektionswinkel (angular aperture on the image side, projection angle). Es ist immer die materielle Aperturblende, die die abbildenden Lichtbündel begrenzt, nicht ihre Bilder, die Pupillen; die Blendenbilder zeigen aber die

31 Der Ausdruck „Pupille“ rührt vom menschlichen Auge her: Die Pupille ist die Einfallsöffnung des Auges für Lichtstrahlen, sie wird von der Aperturblende des menschlichen Auges, der Iris („Regenbogenhaut“) gebildet und der Helligkeit entsprechend verändert (Adaption).

204

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Sammellinse

Aperturblende = Eintrittspupille

reelles Bild der Aperturblende = Austrittspupille

2u1

Hauptstrahl fb

Fg

2lg 2w1

2lb Fb

fg 2u2

2w2 Bild

Hauptstrahl

Gegenstand

Abb. IV-2.22b: Begrenzung der abbildenden Lichtbündel. Gezeichnet sind zwei in eine Sammellinse einfallende, gegenstandsseitige Lichtbündel, die vom Fußpunkt und von der Spitze eines Gegenstands ausgehen. Ihr Öffnungswinkel (jeweils 2 u1 ) wird von einer Aperturblende vor der Linse als Eintrittspupille begrenzt, da keine Linsen vor der Aperturblende liegen. Das hinter der Linse liegende, reelle Bild der Blende zeigt als Austrittspupille die Begrenzung der bildseitigen Lichtbündel (Öffnungswinkel jeweils 2 u2 ), da ja nach der Aperturblende eine Linse liegt. Die Neigungswinkel zwischen den Hauptstrahlen der beiden Lichtbündel sind 2w1 (gegenstandsseitig) und 2 w2 (bildseitig). In der Zeichnung liegt die Aperturblende = Eintrittspupille in der doppelten Brennweite 2 f vor der Linse. Wird die Aperturblende (Eintrittspupille) gegen die Linse verschoben, verschiebt sich die Austrittspupille (Bild der Blende) nach rechts und liegt dann im Unendlichen, wenn die Aperturblende im gegenstandsseitigen Brennpunkt Fg liegt (w2 = 0, bildseitig telezentrischer Strahlengang).

Begrenzungen des Strahlenverlaufs an ihren Positionen an.32 Die Pupillen können unter Umständen auch mit der Aperturblende zusammenfallen (Abb. IV-22a und IV22b) oder auch virtuelle Bilder der Aperturblende sein (Abb. IV-2.23). In den Strahlenbündeln, die von jedem Objektpunkt ausgehen, gibt es je einen ausgezeichneten Strahl, der durch das Zentrum der Eintrittspupille geht, er wird Hauptstrahl (chief ray, principle ray, reference ray) genannt (siehe dazu auch Abschnitt 2.1.3, Abb. IV2.1). Linsen rechts hinter der Aperturblende bilden diese also von links her in die Austrittspupille ab (Abb. IV-2.22b), welche die Begrenzung der die Bildpunkte erreichenden bildseitigen Bündel zeigt. Ohne weitere Blenden33 wirkt die Linsenfassung als Begrenzung der in die Linse einfallenden (gegenstandsseitigen) und die Linse verlassenden (bildseitigen) Lichtbündel. In diesem Fall ist die Linsenfassung also Eintritts- und Austrittspupille (Abschnitt 2.1.3, Abb. IV-2.1). Wird vor die Linse eine

32 Die Aperturblende kann bei reellen Pupillen durch eine Blende von der Größe ihres Bildes (der Pupille) und an dessen Ort ersetzt werden, ohne die Bündelbegrenzung zu ändern. 33 Blenden sind immer materiell gebildete Öffnungen, Pupillen können auch Bilder von Blenden sein.

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

205

Blende mit kreisförmiger Öffnung, eine Lochblende, als Aperturblende gesetzt, so stellt diese die Eintrittspupille für die vom Gegenstand ausgehenden Lichtbündel dar (Abb. IV-2.22b). Die Begrenzungen der bildseitigen Lichtbündel werden dann vom reellen bzw. virtuellen Bild der Blende gezeigt, das als Austrittspupille wirkt.34 In Abb. IV-2.22b ist als Blendenposition die doppelte Brennweite gewählt (⇒ gleiche Größe der beiden Pupillen). Wird die Blende als Eintrittspupille gegen die Linse hin verschoben, so verschiebt sich die Austrittspupille, d. h. das Bild der Blende, nach rechts und liegt im Unendlichen, wenn die Eintrittspupille (Blende) im gegenstandsseitigen Brennpunkt Fg liegt. Der Öffnungswinkel w2 der bildseitigen Hauptstrahlen (= Bildwinkel) wird dann gleich Null, es werden ja gegenstandsseitig nur mehr „Brennpunktshauptstrahlen“ in die Linse gelassen, sodass alle bildseitigen Hauptstrahlen parallel zur Achse sind; der Strahlengang wird dann als bildseitig telezentrisch bezeichnet. Wird die Aperturblende wie in Abb. IV-2.23 innerhalb der Brennweite hinter die Linse gesetzt, so ergibt sich durch die Abbildung von rechts her ein virtuelles Blendenbild hinter der Linse, das als Eintrittspupille die Begrenzung der einfallenden Strahlenbündel zeigt. Die Aperturblende selbst wirkt dann als Austrittspupille und begrenzt alle Strahlenbündel. Sammellinse 2u1

2u2

2lg Fg

Fb

2lb

2w2

2w1

Bild

Gegenstand

Aperturblende = Austrittspupille

virtuelles Bild der Aperturblende = Eintrittspupille

Abb. IV-2.23: Begrenzung der abbildenden Lichtbündel. Hier befindet sich eine Aperturblende hinter einer Sammellinse innerhalb der bildseitigen Brennweite. Das virtuelle Bild der Blende hinter dem Bild ist die Eintrittspupille, da die Linse vor der Aperturblende liegt, und zeigt die Grenzen der einfallenden, gegenstandsseitigen Lichtbündel; gezeichnet sind nur die vom Fußpunkt und von der Spitze eines Gegenstandes ausgehenden Strahlen (gegenstandsseitiger Öffnungswinkel jeweils 2 u1 ). Die Blende hinter der Linse wirkt als Austrittspupille, da keine Linse hinter der Aperturblende liegt, und begrenzt alle Lichtbündel (bildseitiger Öffnungswinkel jeweils 2 u2 ). Wie vorher sind die Neigungswinkel zwischen den Hauptstrahlen (Bildwinkel) der beiden Lichtbündel 2 w1 (gegenstandsseitig) und 2 w2 (bildseitig).

34 Man erkennt, dass die Austrittspupille das Bild der Eintrittspupille ist und umgekehrt; sie sind daher zueinander konjugiert.

206

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Rückt die Aperturblende bildseitig in den Brennpunkt Fb, dann sind alle bildseitigen Hauptstrahlen Brennpunktstrahlen, während die gegenstandsseitig parallel zur Achse verlaufen; das System ist jetzt gegenstandsseitig telezentrisch. Wir sehen: 1

Die Lichtbündel, die das optische System durchsetzen und die Bildentstehung bewirken sowie die Bildhelligkeit bestimmen, werden durch die Aperturblende begrenzt; die sich dadurch ergebenden weiteren Begrenzungen im Strahlengang werden durch ihre reellen oder virtuellen Bilder, die Eintritts- und Austrittspupille, angezeigt. Die Durchmesser der Pupillen bestimmen die Öffnungswinkel u1 und u2 der Lichtbündel, die für die Bildhelligkeit verantwortlich sind; liegen die Mittelpunkte der Pupillen auf der optischen Achse, dann sind in den Schnittpunkten der Hauptstrahlen mit der optischen Achse die Neigungswinkeln w1 und w2, die als Bildwinkel bezeichnet werden. Die scharfe Begrenzung des Bildes erfolgt durch die Gesichtsfeldblende ( field stop), die entweder am Bildort selbst, i. Allg. aber am Ort eines Zwischenbildes angebracht wird. Für alle optischen Instrumente ist die Begrenzung der Lichtbündel durch Pupillen ganz entscheidend, speziell in Bezug auf die Linsenfehler, die im nächsten Abschnitt behandelt werden. Einerseits können durch Blenden die zur Abbildung verwendeten Lichtstrahlen auf paraxiale Strahlen beschränkt und damit Abbildungsfehler verringert werden, was allerdings zu einem Helligkeitsverlust in der Bildebene führt; andererseits führt die Verwendung von Blenden zur kissen- oder tonnenförmigen Verzeichnung des Bildes (siehe dazu Abschnitt 2.2.7.2.5).

2.2.7 Linsenfehler (Aberrationen) Abbildungsfehler treten in optischen Systemen auf, wenn Strahlen, die nicht mehr achsennah sind oder geneigt zur Achse verlaufen, zur Bildentstehung beitragen. In diesem Fall laufen Strahlen, die von einem Gegenstandspunkt ausgehen, nicht mehr in einem Bildpunkt zusammen, sondern treffen einander in der Umgebung des Bildpunktes: Das Bild wird unscharf. Weitere Abbildungsfehler entstehen durch Dispersion bei Verwendung von nicht-monochromatischem (weißem) Licht sowie ungünstige Anordnung der Blenden. Das Auftreten von Linsenfehlern kann heute aber durch die Verwendung mehrerer, die Fehler kompensierender, teilweise asphärischer Linsen in optischen Systemen weitgehend verhindert werden. 2.2.7.1 Chromatische Aberration Wir wissen, dass elektromagnetische Strahlung im Medium Dispersion zeigt, dass der Brechungsindex in Medien und daher auch im Linsenmaterial (i. Allg. opti-

207

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

sches Glas oder Kunststoff wie z. B. Polycarbonat) von der verwendeten Wellenlänge abhängt (Kapitel „Wellenoptik“, Abschnitt 1..3.1, Gl. IV-1.106) n​ = n​ (λ​) .

(IV-2.94)

Wird ein weißes, achsenparalleles Lichtbündel eingestrahlt, so hat die Linse für jede Wellenlänge eine andere Brennweite (Abb. IV-2.24), d. h. f​ = f​ (λ​) ! (vgl. dazu Gl. (IV-2.79) für die Brennweite f in Abschnitt 2.2.4, aus der hervorgeht, dass die 1 Brechkraft D​ = einer Linse mit der Brechzahl n des Linsenmaterials wächst.) f​ Sammellinse weißes Licht

fblau frot Abb. IV-2.24: Normale Dispersion: Kurzwelliges (blaues) Licht wird stärker gebrochen als langwelliges (rotes), daher gilt für die Brennweiten fblau < frot.

Durch Verwendung eines Systems aus zwei Linsen, einer Sammellinse und einer Zerstreuungslinse mit verschiedenen Brechzahlen n1 und n2 und geeigneten Brennweiten f1 und f2 (Achromat), kann diese chromatische Aberration weitgehend korrigiert werden.35

2.2.7.2 Monochromatische Aberrationen 2.2.7.2.1 Sphärische Aberration (Öffnungsfehler) Ein fester Brennpunkt ergibt sich für eine Linse (brechendes System) nur im Bereich paraxialer Strahlen, d. h. für Parallelstrahlen, die nur wenig von der optischen Achse entfernt sind. Die Brennweite hängt vom Abstand der Strahlen von der optischen Achse ab, sie wird mit zunehmendem Abstand kürzer (Abb. IV-2.25). Werden auch achsenferne Strahlen zugelassen, ergibt sich an Stelle eines Brenn-

35 Siehe dazu z. B. E. Hecht, Optik, de Gruyter 2014, Abschnitt 6.3.2.

208

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

punkts eine räumliche Brennfläche, die Diakaustik36 (analoge Brennfläche beim sphärischen Hohlspiegel: Katakaustik, siehe Abschnitt 2.2.1.3). monochromatisches Licht 2

Sammellinse

Diakaustik

1 paraxiale Strahlen

Fparaxial 1 2

f2 , f2′ f1 , f1′ fparaxial

Abb. IV-2.25: Sphärische Aberration: Achsenferne Strahlen besitzen eine kürzere Brennweite als achsennahe; die Brennweite nimmt mit zunehmender Distanz von der Achse ab.

Abbildungsfehler durch sphärische Aberration können durch Begrenzung des Öffnungswinkels des einfallenden Lichtbündels mit Blenden weitgehend vermieden werden, führen aber zu einem Intensitätsverlust und zu Blendenfehlern durch Verzerrung und Verzeichnung des Bildes (siehe Abschnitt 2.2.7.2.5). Eine andere Möglichkeit ist die Kombination von zwei oder mehr Linsen, also die Verwendung eines korrigierten Linsensystems, das eine fast vollständige Vermeidung von sphärischer Aberration ermöglicht: Der durch die eine Linse (Sammellinse) verursachte Öffnungsfehler muss gerade entgegengesetzt gleich groß zu jenem der anderen Linse (Zerstreuungslinse) sein.37 2.2.7.2.2 Die Koma 38 Laufen Lichtbündel nicht mit kleinen, sondern mit großen Strahlneigungswinkeln durch ein Linsensystem („schiefe Strahlen“), so kommt es zu unterschiedlichen Abbildungsmaßstäben und damit zu einem unscharfen Bild (siehe Abschnitt 2.2.3). Dieser Abbildungsfehler von Linsen wird als die Koma39 bezeichnet. Zur Vermei36 Von gr. διακαιειν: hindurchbrennen. 37 Ein verkittetes Paar aus einer Sammel- und einer Zerstreuungslinse mit unterschiedlichem Brechungsindex wird Petzval-Dublett genannt (nach Joseph Petzval, 1807–1891, österreichischer Techniker und Mathematiker; er entwickelte das erste lichtstarke Kameraobjektiv). 38 Nach gr. κομα oder κομη: Haar. 39 Bei der Koma werden Punkte nicht als Punkte abgebildet, sondern ein heller Bildpunkt ist wie ein Komet mit einem einseitigen, diffusen Schweif verbunden (siehe dazu auch Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen Wellen“, Abschnitt 5.5.4; hier bedeutet die Koma den Schweif eines Kometen).

2.2 Spiegel, Prisma und Linsen

209

dung dieses Abbildungsfehlers muss die Abbesche Sinusbedingung für die Strahlneigungswinkel u1 und u2 sin ​u​1 = const. sin ​u​2 erfüllt sein (siehe Abschnitt 2.2.3, Gl. IV-2.64). Optische Systeme, deren sphärische Aberration korrigiert ist und für die die Abbesche Sinusbedingung erfüllt ist, nennt man aplanatisch; mit aplanatischen Linsensystemen können zur Linsenachse senkrechte Flächenelemente auch mit weit geöffneten Lichtbündeln, die man für ein möglichst helles Bild braucht, (nahezu) fehlerlos abgebildet werden. Allerdings ist diese Korrektur nur für eine bestimmte Gegenstandsweite möglich, wie sie z. B. bei Mikroskopobjektiven vorliegt.

2.2.7.2.3 Der Astigmatismus schräger Strahlenbündel Selbst wenn ein optisches System bezüglich der sphärischen Aberration und der Koma korrigiert ist, treten für Lichtbündel, die von Gegenstandspunkten ausgehen, die nicht auf der optischen Achse des Systems liegen, weitere Abbildungsfehler auf: der Astigmatismus und die Bildfeldwölbung (siehe Abschnitt 2.2.7.2.4). Wir betrachten ein Lichtbündel mit kreisförmigem Querschnitt, das von einem Objektpunkt unterhalb der optischen Achse ausgeht (Abb. IV-2.26). Im Unterschied zu einem Lichtbündel, das von einem Achsenpunkt ausgeht und daher symmetrisch auf die Linse trifft, trifft dieses asymmetrisch auf die Linse, bevor es in den Bildraum gebrochen wird. Wir unterscheiden die Meridionalebene (= Tangentialebene, tangential plane), die die Büschelachse und die optische Achse enthält (in Abb. IV-2.26 blau gezeichnet) und die Sagittalebene, die die Büschelachse enthält und senkrecht auf der Meridionalebene steht. Die Lichtstrahlen in der Meridionalebene und in der Sagittalebene werden unterschiedlich gebrochen, daher wird der ursprünglich kreisförmige Lichtbündelquerschnitt nach der Linse elliptisch mit der großen Achse in der Sagittalebene. Im meridionalen Brennpunkt FM entartet die Ellipse zur meridionalen Bildlinie, die in der Sagittalebene liegt. Dann verändert sich der Bündelquerschnitt wieder und wird kreisförmig (Kreis der kleinsten Konfusion, bestes Bild des Gegenstandspunktes). Noch weiter von der Linse entfernt, wird der Querschnitt wieder elliptisch mit der großen Achse jetzt in der Meridionalebene und entartet im sagittalen Brennpunkt FS zur sagittalen Bildlinie in der Meridionalebene. Es gibt daher zwei Brennebenen, in denen der Gegenstandspunkt in zueinander senkrechten Linien abgebildet wird (astigmatische Verzerrung). Den Abstand der beiden Brennebenen nennt man astigmatische Differenz. Sie nimmt mit der Brechkraft der Linse, also mit kleiner werdenden Linsenradien, und der Entfernung des Objektpunktes von der Achse zu.

210

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

kreisförmiger Bündelquerschnitt: Kreis der kleinsten Konfusion Büschelachse Sammellinse optische Achse Meridionalebene meridionaler Brennpunkt FM

sagittaler Brennpunkt FS

astigmatische Differenz

lg Gegenstand Sagittalebene

Abb. IV-2.26: Astigmatismus. Ein Gegenstandspunkt außerhalb der optischen Achse wird durch ein Lichtbündel abgebildet, dessen Querschnitt vor dem Auftreffen auf die Linse kreisförmig ist. Hinter der Linse wird der Bündelquerschnitt zunehmend elliptisch mit der großen Achse in der Sagittalebene. Beim meridionalen Brennpunkt entartet der elliptische Bündelquerschnitt zur meridionalen Bildlinie, die in der Sagittalebene liegt (dick schwarz). Weiter nach hinten im Bildraum erweitert sich der Bündelquerschnitt, bis er wieder kreisförmig ist (Kreis der kleinsten Konfusion) und die beste Näherung des Gegenstandspunktes erzeugt. Noch weiter von der Linse entfernt wird der Querschnitt wieder elliptisch mit der großen Achse in der Meridionalebene und entartet im sagittalen Brennpunkt zur sagittalen Bildlinie, die in der Meridionalebene liegt (dick blau).

2.2.7.2.4 Bildfeldwölbung Auch bei Abwesenheit aller bisherigen Abbildungsfehler wird eine Ebene normal zur optischen Achse nicht als Ebene abgebildet, wenn achsenferne Strahlen (nichtparaxiale Strahlen) zur Abbildung verwendet werden: Eine Ebene wird in erster Näherung zu einer parabolisch gewölbten Fläche, es kommt zur Bildfeldwölbung.

2.2.7.2.5 Verzeichnung lb​ Ist die Lateralvergrößerung V​ = eine Funktion des Abstandes der Bildpunkte von lg​ der optischen Achse, so tritt ein Abbildungsfehler auf, der das Bild als Ganzes betrifft: Obwohl jeder einzelne Punkt scharf abgebildet wird, wird eine quadratische Anordnung entweder kissenförmig (positiv) verzeichnet, die Bildpunkte werden dabei radial nach außen verschoben, oder tonnenförmig (negativ), dabei werden die Bildpunkte radial nach innen, zum Mittelpunkt, verschoben (Abb. IV-2.27). Die Verzeichnung tritt bei dicken Linsen und bei der unvermeidlichen Verwendung von Blenden auf.

2.3 Optische Instrumente

kissenförmige (positive) Verzeichnung, Aperturblende hinter der Linse

verzeichnungsfreie Abbildung, Aperturblende auf der Linse

211

tonnenförmige (negative) Verzeichnung, Aperturblende vor der Linse

Abb. IV-2.27: Kissen- (links) und tonnenförmige Verzeichnung (rechts). In der Mitte das verzeichnungsfreie Original. (nach Wikipedia)

Liegt die Aperturblende vor der dünnen Linse, tritt tonnenförmige Verzeichnung ein (Abb. IV-2.27, rechts), bei einer Lage hinter der Linse kissenförmige (Abb. IV2.27, links). Nur wenn die Aperturblende der Linse aufliegt oder sich in der Mitte zweier gleicher Linsen(systeme) befindet, tritt keine Verzeichnung ein (Abb. IV-2.27, Mitte). Systeme dünner Linsen arbeiten verzeichnungsfrei, wenn sich die Aperturblende an jenem Punkt der Achse befindet, in dem sich die eintretenden und austretenden Strahlen (bzw. deren Verlängerungen) schneiden, wenn sie ohne Winkeländerung ein- und austreten (= optischer Mittelpunkt).

2.3 Optische Instrumente 2.3.1 Das Auge Das wichtigste optische Instrument ist das menschliche Auge (Abb. IV-2.28). Es ist – vereinfacht gesehen – eine Kamera mit fixer Bildweite b, bei der die Scharfstellung auf verschiedene Gegenstandsweiten g, die Akkommodation,40 durch Veränderung g​ ⋅ b​ der Brennweite f​ = erfolgt (Abb. IV-2.29). Die Iris ist die Aperturblende des g​ + b​ Auges; sie kann den Lichteinfall, gesteuert vom Gehirn, den Lichtverhältnissen in einem Bereich von 1 : 16 anpassen: Der Raum zwischen der das Auge vorne abschließenden Hornhaut (n ≈ 1,376) und der Iris, die vordere Augenkammer, ist mit einer durchsichtigen, wässrigen Flüssigkeit, dem Kammerwasser, gefüllt (n ≈ 1,336). Hinter der Iris liegt die bikonvexe, dicke Augenlinse. Sie besteht aus sehr vielen, feinen Schichten (Linseninneres: n ≈ 1,406, Linsenrand: n ≈ 1,386) aus dichtgepackten Lin-

40 Von lat. accommodare: anpassen.

212

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Lederhaut Aderhaut Hauptebenen Hʹ H

1,4 mm (entspannt) Hornhaut

Sehgrube

Iris

Optische Achse

Pupille (Ø = 1,5 mm bis 8 mm) vordere Augenkammer

Blinder Fleck

hintere Augenkammer

Ziliarmuskel Sehnerv Linse Netzhaut Glaskörper ~24,5 mm Abb. IV-2.28: Waagrechter Schnitt durch das linke menschliche Auge. Die leichte Verkippung der Sehachse gegen die optische Achse des menschlichen Auges ist hier nicht berücksichtigt. (nach Wikipedia)

senfasern (Durchmesser 4–7 μm, Länge ca. 12 mm); ihre Krümmungsradien und dadurch die Brennweite der Linse können durch den Ziliarmuskel verändert werden (Akkommodation). Der Rest des Augapfels wird vom durchsichtigen Glaskörper gebildet (n ≈ 1,337). Durch den unterschiedlichen Brechungsindex im Gegenstandsraum (Luft, n ≈ 1,0) und im Augeninneren sind die gegenstandsseitige und die bildseitige Brennweite verschieden: entspanntes Auge (auf Unendlich akkommodiert): fg = 16,7 mm, fb = 22,3 mm auf Nähe eingestelltes Auge: fg ≈ 14,2 mm, fb ≈ 18,9 mm Abstand der ersten Hauptebene vom Hornhautscheitel: 1,348 mm Abstand der beiden Hauptebenen: 0,254 mm. Das durch die Iris einfallende Licht wird auf die Netzhaut (retina) fokussiert, die sich auf der hinteren Innenseite des Auges befindet: Es ist eine dünne Schicht aus lichtempfindlichen Empfängerzellen (Rezeptoren), den Stäbchen (stäbchenförmige Zellen) und den Zapfen (zäpfchenförmige Zellen), die auf der gut durchbluteten, dunklen Aderhaut liegt. Der Abstand vom Hornhautscheitel zur Netzhaut beträgt ca. 24,5 mm. Die ca. 120 Millionen, ungleichförmig über die Netzhaut verteilten Stäbchen (∅ ≅ 0,5 μm) sind sehr lichtempfindlich; sie geben beim auf Dunkelheit adaptierten

2.3 Optische Instrumente

213

Abb. IV-2.29: Schematische Darstellung des Strahlengangs im Auge. Oben: entspanntes Auge; unten: Akkommodation auf einen Objektpunkt.

Auge noch bei 10−17 W (das entspricht bei einem Pupillendurchmesser von 7 mm einer Bestrahlungsstärke (= Intensität, siehe Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, 5.5.4 und das Kapitel „Wärmestrahlung“ im vorliegenden Band, Abschnitt 3.1.3) von 3⋅10−17 W/​cm2 = 3⋅10−13 W/​m2 , das bedeutet eine Beleuchtungsstärke von ca. 10−9 Lux auf der Hornhaut!41) Signale zum Sehnerv weiter,42 ermöglichen aber keine Farbunterscheidung und nur wenig abgegrenzte Bilder; sie sind für das Nachtsehen verantwortlich. Die ca. 6 Millionen Zäpfchen (∅ ≅ 1,5 μm) sind weniger empfindlich, ermöglichen aber durch ihre drei rot-, grün- und blau-empfindlichen Sorten eine Farbunterscheidung und geben ein scharfes Bild; sie sind für das Tagsehen verantwortlich.

41 Zum Vergleich: Eine Kerze mit einer Lichtstärke I = 0,903 cd („Hefnerlampe“) beleuchtet eine Fläche F in 95 cm Entfernung mit einer Beleuchtungsstärke von B​ = 1 lx = 1 Lux , denn I​ ⋅ Ω F​ 1 0,903 cd ⋅ sr −2 B​ = = I​ ⋅ ⋅ = = 1 cd sr m = 1 lx = 1 Lux (siehe dazu Kapitel „Wärmestrahlung“, 2 2 F​ r​ F​ (0,95 m) 1 W („mechanisches LichtäquivaAbschnitte 3.1.3 und 3.2.1. Experimentell findet man: 1 cd sr = 683 lent“). 42 Energie eines „grünen“ Photons (siehe Band V, Kapitel „Quantenoptik“, Abschnitt 1.3) mit λ​ = 550 nm : E​phot = h​ν​ = h​ −17

noch auf n​ =

10

c​ λ​

8

−34

= 6,626 ⋅ 10

Js ⋅

−1

3 ⋅ 10 ms −9

550 ⋅ 10

−19

= 3,61 ⋅ 10

J ; das Auge spricht also

m

−1

Js

−19

3,61 ⋅ 10

≅ 28 s

−1

Photonen grünen Lichts auf der Hornhaut an. Von diesen wird

J

aber der größte Teil in der Struktur des Auges absorbiert, sodass zur Auslösung eines Lichtreizes die Absorption von ca. 4 Photonen/s im Sehpurpur (Rhodopsin) der Stäbchen ausreicht. Vergleiche −12 2 −16 2 dazu die Hörschwellintensität des Ohres bei 1 kHz: I​0(1000 Hz) = 10 W/​m = 10 W/​cm (siehe Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.6.6).

214

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

180 000

Zahl der Rezeptoren pro mm2

160 000 140 000 120 000 100 000 80 000

Stäbchen

60 000 40 000 20 000 0

fovea centralis

Blinder Fleck

Zäpfchen –60° –40° –20° 0° 20° 40° 60° 80° Winkel von der fovea centralis aus

Abb. IV-2.30: Flächendichte der lichtempfindlichen Zellen (Rezeptoren) in der Netzhaut: Zäpfchen (dünn durchgezogen) und Stäbchen (punktiert). In der Sehgrube (fovea centralis) befinden sich nur die farbempfindlichen Zäpfchen mit sehr hoher Dichte. Der blinde Fleck ist die Eintrittsstelle des Sehnervs in die Netzhaut, die frei von lichtempfindlichen Zellen ist. (nach Wikipedia)

B​max​ ≅ 106 (AdaptiB​min​ onsbereich) verarbeiten,43 indem die Pupille im Durchmesser in einem Bereich von etwa 7,5 mm bis 2,5 mm veränderlich ist und außerdem unterschiedlich empfindliche Rezeptoren für Tagsehen (Zäpchen) und Nachtsehen (Stäbchen) in Tätigkeit treten. Die Stelle des schärfsten Sehens ist die Sehgrube (fovea centralis); sie enthält keine Stäbchen, hat aber eine hohe Dichte an Zäpfchen, etwa 140 000/mm2. Eine dauernde Bewegung des Augapfels ermöglicht, dass Licht von den beobachteten Stellen des Objekts stets auf ausgeruhte Zäpfchen in der Sehgrube fällt (Abb. IV2.30). Die Empfindlichkeit des Auges hängt stark von der Wellenlänge des einfallenden Lichts ab und hat für das Tagsehen bei λ​ = 555 nm (grün) ein Maximum. Siehe dazu die Empfindlichkeitskurven des menschlichen Auges für Tag- und Nachtsehen in Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.6 und im vorliegenden Band das Kapitel „Wärmestrahlung“, Abschnitt 3.2.1.

Das Auge kann durch Adaption einen Helligkeitsbereich von

43 Für das Ohr ist der verarbeitbare Lautstärkebereich wesentlich größer (≥ 1012 ! siehe Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.6.6).

2.3 Optische Instrumente

215

DA = 58,6 bis 70,6 dpt; DHH = 43,1 dpt; DL = 19,1 bis 33,1 dpt, ihre Änderung bewirkt die Akkomodation; ⇒ die Hornhaut liefert den größten Teil der Brechkraft des Auges. Linsendurchmesser (entspannt): ∅ = 9 mm; Linsendicke: dL = 3,7 bis 4,4 mm. Krümmungsaradius der Vorderfläche: Rv = 10 mm bis 5,33 mm, wird bei der Akkomodation geändert; Krümmungsradius der Hinterfläche: Rh = 6 mm bis 5,33 mm, wird bei der Akkomodation praktisch nicht geändert. Brechkraft des gesamten Auges: Brechkraft der Hornhaut: Brechkraft der Linse:

Die deutliche Sehweite und das Auflösungsvermögen des Auges Der bildseitige Brennpunkt des entspannten Auges liegt bei Normalsichtigkeit genau auf der Netzhaut für Gegenstände, die sehr weit entfernt sind; dort entsteht ein verkehrtes, verkleinertes Bild. Um das gesehene Bild eines Gegenstandes zu vergrößern, kann der Betrachter mit dem Auge näher an den Gegenstand herangehen: Dabei vergrößert sich das Netzhautbild und bleibt aufgrund der Vergrößerung der Brechkraft der Linse (Akkommodation) scharf. Unterhalb einer gewissen Distanz aber, dem Nahpunkt, wird das Bild unscharf. Diese Distanz ändert sich mit dem Alter; sie liegt bei Kindern unter 10 cm, bei jungen Erwachsenen bei etwa 25 cm, und bei 100 cm und mehr im mittleren Lebensalter. Im hohen Alter gelingt die Scharfstellung durch altersmäßige Verhärtung der Linse und Erschlaffung des Ziliarmuskels überhaupt nicht mehr.44 Der kleinste Abstand, bei dem ein Gegenstand ohne Augenfehler (Normalsichtigkeit) noch ohne Ermüdung scharf gesehen werden kann, ist die deutliche Sehweite s0 = 25 cm, für die ein Gegenstand mit der Gegenstandsgröße 2 lg​ unter dem Sehwinkel 2 ε0 gesehen wird (Abb. IV-2.31).

2lg

2ε0

2lb

s0 ≈ 25 cm Abb. IV-2.31: Gegenstand in deutlicher Sehweite s0 und seine Abbildung auf der Netzhaut unter dem Sehwinkel 2 ε0.

44 Bei Anspannung des ringförmig um die Linse liegenden Ziliarmuskels wird der radial gerichtete Zug auf die Linse verringert, sodass sie sich durch ihre Eigenelastizität etwas zusammenzieht, wodurch die Krümmungsradien und damit die Brechkraft erhöht werden. Dies ist die Hauptfunktion der Linse, deren Brechkraft je nach Akkommodationsgrad von 19,1 bis 33,1 dpt reicht.

216

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Der kleinste Sehwinkel, unter dem zwei Gegenstandspunkte noch getrennt wahrgenommen werden können, der physiologische Grenzwinkel, ist eine Bogenminute min​

2 ε​ 0

= 1′

physiologischer Grenzwinkel.

45

(IV-2.95)

Daraus ergibt sich als minimaler Abstand lg = Δlmin zweier noch auflösbarer Gegenlg​ standspunkte unter der Voraussetzung paraxialer Strahlen mit tan​ ε​ = ≅ ε​ : s​ min​

−4

Δlmin​ ≅ s​0 ⋅ 2ε​ 0 = 0,25 m ⋅ 1 Bogenminute = 0,25 m ⋅ 2,75 ⋅ 10 −5 = 6,88 ⋅ 10 m ≅ 70 μm ,

= (IV-2.96)

also etwas weniger als 1/10 mm.

Die Fehlsichtigkeiten des Auges Bei einem kurzsichtigen (myopischen) Auge ist die bildseitige Brennweite fb wegen eines zu lang gebauten Augapfels zu klein, ein sehr weit entfernter Punkt kann nicht scharf beobachtet werden. Der entfernteste Punkt, auf den mit entspanntem Auge scharf eingestellt werden kann, ist der Fernpunkt. Eine Sehkorrektur erfolgt durch Vorsetzen einer Zerstreuungslinse. Bei einem weitsichtigen (hypermetropischen) Auge ist die bildseitige Brennweite fb zu groß, weil z. B. die Akkommodation wegen mangelnder Linsenelastizität (Altersweitsichtigkeit) oder wegen eines zu kurz gebauten Augapfels nicht mehr möglich ist. Auch für sehr weit entfernte Objekte muss dann bereits akkommodiert werden. Der nächstliegende Punkt, auf den noch scharf eingestellt werden kann, ist der Nahpunkt. Die Sehkorrektur erfolgt durch eine Sammellinse.

45 Der physiologische Grenzwinkel ergibt sich aus dem Rayleigh-Kriterium der kleinsten Winkelλ​ auflösung (Δφ​)min​ = Δθ​ = 1,22 ⋅ optischer Instrumente für punktförmige Lichtquellen (siehe KapiD​ tel „Wellenoptik“, Anhang 2). Dabei ist D die Eingangsöffnung − beim Auge die von der Iris gebildete Pupille − und λ die verwendete Wellenlänge. Wir nehmen als Pupillenöffnung D bei hellem Licht 2 mm Durchmesser. Als Wellenlänge ergibt sich für gelbes Licht mit λ​Vak = 600 nm im Augeninneren mit einem mittleren Brechungsindex von n = 1,33 eine Wellenlänge von λ​ = 450 nm . Damit wird −9 λ​ 1,22 ⋅ 450 ⋅ 10 −4 der minimale Sehwinkel 2 ε​0 = 1,22 = = 2,75 ⋅ 10 rad bzw. in Bogenminuten −3 D​ 2 ⋅ 10 (360 ⋅ 60)′ −4 ⋅ 2,75 ⋅ 10 = 0,95′ , also gerade 1 Bogenminute. 2 ε​0 = 2 π​ Mit einem Abstand des hinteren Knotenpunktes von der Sehgrube von d = 17,2 mm ergibt sich ein Durchmesser DR des Rayleigh-Scheibchens von −4 −3 D​R​ = d​ ⋅ 2ε​0 = 17,2 ⋅ 2,75 ⋅ 10 mm = 4,73 ⋅ 10 mm ≈ 4,7 μm . Bei einem Zäpfchendurchmesser von DZ = 1,5 μm werden innerhalb des Beugungsscheibchens ca. 10 Zäpfchen von Licht mit zum Rand hin bis auf Null abnehmender Intensität erregt.

217

2.3 Optische Instrumente

Meist tritt zu den oben genannten Fehlsichtigkeiten wegen der nicht exakt kugelförmigen Hornhautkrümmung noch der Augenastigmatismus (siehe Abschnitt 2.2.7.2.3). Die Korrektur erfolgt durch Zylinderlinsen.

2.3.2 Die Lupe Die Aufgabe optischer Instrumente ist die Vergrößerung des Sehwinkels ε,46 wobei die deutliche Sehweite s0 nicht unterschritten werden darf. Der Sehwinkel 2 ε0 ohne Instrument ist der Winkel zwischen zwei Grenzhauptstrahlen vom Objekt zum optischen Zentrum des Auges (Abb. IV-2.32).47

2lg

2ε0

Abb. IV-2.32: Der Sehwinkel 2 ε0 als Winkel zwischen zwei Grenzhauptstrahlen vom Gegenstand zum Augenzentrum.

Unter der Winkelvergrößerung VW eines Instruments versteht man das Verhältnis der Bildgrößen des Gegenstandes auf der Netzhaut mit und ohne optisches Instrument 48 bzw. gleichbedeutend damit das Verhältnis der Sehwinkel mit und ohne Instrument, wobei die Beobachtung eines verschiebbaren Objektes ohne Instrument in der deutlichen Sehweite s0 erfolgt:

V​W​ =

ε​ S​e​h​w​i​n​k​e​l​ m​i​t​ I​n​s​t​r​u​m​e​n​t​ = . ε​0 S​e​h​w​i​n​k​e​l​ o​h​n​e​ I​n​s​t​r​u​m​e​n​t​

(IV-2.97)

46 Der Sehwinkel ε hängt sowohl von der Gegenstands- bzw. Bildgröße als auch von der Gegen-

stands- bzw. Bildweite ab: tan ​ε​ =

lb​ b​

, tan ​ε​0 =

lg​ g​



die bisher allein betrachtete Lateralvergrößerung V​ = V​lat = V​T​ =

g​ b​

V​W​ = lb​ lg​

ε​ ε​0



tan ​ε​ tan ​ε​0

=

lb​ b​ lg​

=

lb​ g​ ⋅ = V​lat ⋅ V​T​ ; lg​ b​

g​ muss daher mit der Tiefenvergrößerung

multipliziert werden, um die allein maßgebende Winkelvergrößerung V​W​ =

ε​ ε​0

zu erhalten.

47 Das optische Zentrum des Auges, durch das einfallende Strahlen unabgelenkt weitergehen, liegt zwischen den beiden Knotenpunkten, die 0,25 mm voneinander entfernt ca. 7,2 mm hinter dem Hornhautscheitel liegen, während die Irismitte (Aperturblende) 3,6 mm hinter dem Hornhautscheitel liegt. 48 Da die Bildweite im Auge unveränderlich vorgegeben ist, wird durch das Verhältnis der Netzhautbildgrößen unter Verwendung der Strahlen durch das Augenzentrum gleichzeitig das Verhältnis der Sehwinkel bestimmt.

218

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Ist der Sehwinkel für einen Gegenstand in der deutlichen Sehweite s0 mit bloßem min​ Auge kleiner als der physiologische Grenzwinkel ε​0 < ε​ 0 = 1′ , so muss zur Sichtbarmachung eine Winkelvergrößerung durch ein optisches Instrument mit hinreichend großem Auflösungsvermögen erfolgen. Dadurch wird der Sehwinkel ε​ > ε​ min​ und der Gegenstand wird auflösbar, d. h. seine Struktur sichtbar. 0 Die Lupe ist ein einfaches Gerät zur Vergrößerung des Sehwinkels (Abb. IV-2.33): Die Lupe ist eine Sammellinse mit kurzer Brennweite, die so vor dem Auge positioniert wird, dass sich der kleine Gegenstand etwas innerhalb der Brennweite oder im Brennpunkt Fg befindet. Sie erzeugt somit vom Gegenstand ein virtuelles, aufrechtes Bild.

1

Bʹ L+ (Lupe) lb lg

Augenzentrum



ε

G* Fg

B

ε0

G g

Fb

f

s0 b

l

Abb. IV-2.33: Vergrößerung des Sehwinkels von ε0 auf ε durch Anwendung einer Sammellinse als Lupe.

Wenn sich die Lupe im Abstand l vor dem Auge befindet, gilt für die Winkelvergrößerung (kleine Winkel ε und ε0 vorausgesetzt): lb​ ε​ b​ + l lb​ s​0 b​ s​0 s​0 1 V​w​ = = = ⋅ = ⋅ = ⋅ , l ε​0 lg​ lg​ b​ + l g​ b​ + l g​ 1+ b​ s​0

(IV-2.98)

also

V​w​ =

s​0 ⋅ g​

1 l 1+ b​

Winkelvergrößerung der Lupe (mit g ≤ f).

(IV-2.99)

219

2.3 Optische Instrumente

Mit dieser allgemeinen Vergrößerungsformel können Spezialfälle betrachtet werden: s​0 a) Gegenstand im Brennpunkt Fg : ⇒ g​ = f​ , b​ = ∞​ ⇒ V​W​ = , unabhängig f​ von l ! Für l = 0 ist das die Normalvergrößerung.49 s​0 b) Linse am Auge: ⇒ l = 0 ⇒ V​W​ = , unabhängig von f ! g​ 1 1 1 Da aber die Bildweite b zwischen −∞ und −s0 liegen muss, folgt aus = − g​ f​ b​ s​0 ; g kann daher nicht beliebig gewählt (b < 0), dass für g gilt: f​ ≥ g​ ≥ f​ ⋅ s​0 + f​ s​0 s​0 werden. Für VW gilt: ≤ V​W​ ≤ + 1 wie auch in a) und c). f​ f​ c) Linse am Auge, Gegenstand so platziert, dass das virtuelle Bild in der deutli1 1 1 1 1 1 − = , d. h. = + , chen Sehweite entsteht: ⇒ l = 0 , b​ = −s​0 ⇒ g​ s​0 f​ g​ f​ s​0 f​ ⋅ s​0 < f​ also g​ = f​ + s​0 ⇒

V​W​ =

s​0 s​0 1 1 = s​0 ( + ) = + 1 = V​W​,max​ . g​ f​ s​0 f​

(IV-2.100)

Diese Anordnung liefert also die maximal mögliche Lupenvergrößerung. Beispiel: Vergrößerung einer Lupe. Die Brennweite einer Lupe sei 2,5 cm. Befindet sich die Lupe direkt am Auge und der Gegenstand innerhalb der Lupenbrennweite und zwar so, dass das Bild in der deutlichen Sehweite s0 entsteht, so gilt V​W​ =

s​0 25 cm +1= + 1 = 11 , f​ 2,5 cm

d. h. eine 11-fache Vergrößerung. Verschiebt man den Gegenstand in die Brennebene der Lupe (g = f ), so gilt V​W​ =

s​0 25 cm = = 10 , f​ 2,5 cm

49 Normalvergrößerung liegt dann vor, wenn die Austrittspupille eines optischen Systems gerade gleich der Augenpupille ist. Ist die Augenpupille größer als die Austrittspupille, so wirkt die Augenpupille als Gesichtsfeldblende, die das Gesichtsfeld und damit die Helligkeit beschränkt; dies ist bei hohen Vergrößerungen der Fall. Bei sehr kleinen Vergrößerungen wird das Bild der Aperturblende (Objektivfassung) größer als die Augenpupille und die Augenpupille wirkt als bündelbegrenzende Aperturblende, sodass die Linse (Objektiv) nicht mehr voll ausgenützt werden kann.

220

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

d. h. eine 10-fache Vergrößerung. Man gibt die Vergrößerung immer für den Fall g = f an, also für die Beobachtung mit entspanntem Auge. Man positioniert die Lupe wenn möglich ganz am Auge (l ~ 0), da dann das Gesichtsfeld maximal ist.

2.3.3 Das Mikroskop 50 Die Erfindung des Mikroskops geht vermutlich auf den (griechischstämmigen) Holländer Hans Janssen zwischen 1590 und 1595 und seinen Sohn Zacharias Janssen zurück. In seiner einfachsten Ausführung besteht ein Mikroskop aus zwei Sammellinsen: Die dem Objekt nähere Linse, das Objektiv, entwirft ein reelles, vergrößertes Zwischenbild (ZB), das Objekt muss sich daher zwischen der einfachen und der zweifachen gegenstandsseitigen Brennweite befinden. Die zweite, dem Auge nähere Linse, das Okular, ist eine Lupe, mit der das Zwischenbild als neues Objekt in der gegenstandsseitigen Brennebene des Okulars betrachtet wird (Abb. IV-2.34).51 Von jedem Punkt des Gegenstandes gelangen daher parallele Lichtstrahlen ins Auge, das Bild des Gegenstandes erscheint dem Auge im Unendlichen. Da das Objektiv ein vergrößertes Bild des Gegenstandes erzeugt, das mit dem Okular betrachtet wird, ist die Vergrößerung des Mikroskops gleich der lateralen Ok Vergrößerung durch das Objektiv (V Obj) mal der Winkelvergrößerung V​ W​ des Okulars. Für die Lateralvergrößerung des Objektivs gilt (siehe Abschnitt 2.2.4, Gl. IV2.85), da das Bild in der vorderen Brennebene des Okulars entsteht V​

Obj

x​b​

=− f​

Obj

Δ

=− f​

Obj

;

(IV-2.101)

dabei ist Δ der Abstand zwischen dem bildseitigen Brennpunkt des Objektivs und dem gegenstandsseitigen Brennpunkt des Okulars; er wird optische Tubuslänge geObj Ok Obj Obj Obj nannt (Δ = L​ − f ​ g​ − f ​ b​ = b​ − f ​ b​ = x​ b​ , L ... Abstand Objektiv − Okular). Die Ok Winkelvergrößerung des Okulars ist nach 2.3.2, Gl. (IV-2.99) mit g​ = f​ (Betrachtung mit entspanntem Auge, also b = −∞) Ok

V​ W​ =

25 cm f​ Ok

.

(IV-2.102)

50 Von gr. μικροσ: klein und σκοπειν: betrachten. 51 In der Zwischenbildebene werden die Gesichtsfeldblende (sie liefert eine scharfe Berandung des Gesichtsfeldes) und allfällige Maßstäbe („Objektmikrometer“, eingeritzt auf Glasplättchen) angebracht.

221

2.3 Optische Instrumente

Okular

Objektiv = EP = Aperturblende Hauptstrahl gObj

L=f f

Obj

Δ

AP

Obj

+f



= xbObj

Hauptstrahl

f Ok

FbOk

FgOk

FbObj

lg

Ok

FgObj

ZB

ε0

lbObj

Auge

ε

bObj s0 = 25 cm virtuelles Bild im Unendlichen

EP... Eintrittspupille ZB… Zwischenbild AP… Augenpupille

Austrittspupille = Augenpupille = AP

Abb. IV-2.34: Strahlengang und Vergrößerung beim Mikroskop (Normalvergrößerung). Der Gegenstand befindet sich zwischen einfacher und doppelter Brennweite einer Sammellinse, des Objektivs. Das Objektiv erzeugt daher ein reelles, verkehrtes, vergrößertes Bild (Vergrößerung: Δ lb​ x​b​ V​Obj = = − = − ) . Dieses Bild wird mit einer Lupe, dem Okular, so betrachtet, dass es sich lg​ f​ f​ Obj 25 cm Ok ). Δ ist die optische Tubuslänge mit in ihrer Brennebene befindet (Vergrößerung: V​ W​ = Ok f​ Obj

Ok

Obj

Obj

Obj

− f​ = = b​ − f​ = x​ b​ . Die Eintrittspupille EP = Aperturblende ist die Fassung Δ = L​ − f​ der Objektivlinse. Der Hauptstrahl geht durch die Mitte von EP und AP, die bezüglich des Okulars konjugiert sind.

Damit wird die Vergrößerung insgesamt

V​Mikr = V​

Obj

Δ

Ok

⋅ V​ W​ = −

f​

Obj



25 cm f​

Ok

Vergrößerung des 52 Mikroskops.

(IV-2.103)

Die Vergrößerung des Mikroskops ist damit direkt proportional zur optischen Tubuslänge Δ und umgekehrt proportional zu den beiden Brennweiten f Obj und f Ok. Um die Linsenfehler zu korrigieren und beim Okular den Bildfeldwinkel ε möglichst groß zu halten ohne gleichzeitig den Durchmesser des Okulars zu groß werden zu lassen, sind sowohl das Objektiv als auch das Okular mehrlinsige Systeme.

52 Das negative Vorzeichen besagt, dass der Hauptstrahl im Gegenstands- und Bildraum entgegengesetzte Neigung zur optischen Achse besitzt.

222

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

So wird z.B. beim Okular eine weitere Linse, die Feldlinse, in der Nähe der Ebene des Zwischenbildes (ZB) verwendet. Die Vergrößerung VMikr des Mikroskops könnte theoretisch beliebig groß gemacht werden. Wegen des begrenzten Auflösungsvermögens (siehe AbObj schnitt 2.3.5) ist jedoch eine Vergrößerung über V​Mikr = 1000 , z. B. V​ = 100 , Ok V​ W​ = 10 , nicht sinnvoll, da dann keine weiteren Details des Objekts mehr erkannt werden können. Beispiel: Wie groß muss die Vergrößerung VMikr mindestens sein, damit das min​ = 1′ im kleinste noch auflösbare Objektdetail unter dem Grenzwinkel von ε​ Auge erscheint (= förderliche Vergrößerung)? Entsprechend dem Beispiel ‚Verwendung einer Immersion‘ in Abλ​ min​ schnitt 2.3.5.1, ist lg​ = zu setzen. Mit den Bezeichnungen der Abb. IV-2.34 gilt 2 für den Gesichtswinkel ε

ε​ =

lb​Obj f​ Ok

=

lb​Obj min​

l⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ g​ = V​





lg​min​ s​0 lg​min​ s​0 lg​min​ Obj Obj Ok ⋅ = ⋅ V​ ⋅ = ⋅ V​ W ⋅ V​ ​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ Ok Ok s​ s​ s​ f​ f​ 0 0 0 = V​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ Mikr

Obj

Ok

= V​ W​

ε​ min​ ⋅ s​0 ε​ min​ ⋅ s​0 2ε​ min​ ⋅ s​0 V​ min​ = = Mikr = λ​/​2 λ​ lg​min​ _ −9

Mit λ​ = 500 ⋅ 10

förderliche Vergrößerung.

m (grünes Licht) und ε​ min​ = 1′ wird

V​ min​ Mikr =

2 ⋅ 1′ ⋅ 0,25 m 500 ⋅ 10−9 m

2⋅ =

2 π​ rad ⋅ 0,25 m 360 ⋅ 60 500 ⋅ 10−9 m

= 291 ,

Obj Ok z. B. V​ = 60 , V​ W ​ = 5 . Eine höhere Mikroskopvergrößerung (bis zu V​Mikr = 1000) erhöht zwar die Sicherheit der Beobachtung, fördert aber keine neuen Details zutage!

2.3.4 Das Fernrohr Das Mikroskop vergrößert kleine Gegenstände, die sehr nahe an das Objektiv heran gebracht werden können durch Vergrößerung des Sehwinkels. Das Fernrohr vergrößert weit entfernte Objekte ebenfalls durch Vergrößerung des Sehwinkels.

2.3 Optische Instrumente

223

2.3.4.1 Das astronomische Fernrohr (Keplersches Fernrohr), ~ 1610 Beim astronomischen Fernrohr (nach Johannes Kepler, 1571–1630, auch Keplersches Fernrohr) erzeugt das Objektiv von einem fernen Gegenstand bei parallel einfallenden Strahlen ein reelles, verkehrtes Zwischenbild in der bildseitigen Brennebene. Für eine hohe Vergrößerung ist eine lange Brennweite notwendig. Dieses Zwischenbild wird dann mit einer Lupe als Okular so betrachtet, dass es in ihrer gegenstandsseitigen Brennebene liegt, die Strahlen also als Parallelbündel in das Auge eintreten (Abb. IV-2.35). Objektivfassung = Aperturblende = Eintrittspupille Okular Hauptstrahl

FgOk = FbObj lbObj ε

ε0

FbOk

ε Virtuelles Bild im Unendlichen f Ok

f Obj

Austrittspupille = Bild der Objektivfassung = Augenpupille

Abb. IV-2.35: Strahlengang und Vergrößerung im astronomischen Fernrohr (Normalvergrößerung). Von einem fernen Gegenstandspunkt fallen parallele Lichtstrahlen in eine Sammellinse mit langer Brennweite (Objektiv). Es wird ein reelles, verkehrtes, verkleinertes Bild erzeugt, das mit einer Lupe (Okular) so betrachtet wird, dass es sich in ihrer gegenstandsseitigen Brennebene befindet. Fernrohr

Die Vergrößerung des Sehwinkels beträgt V​ W​

=

ε​ ε​0

=−

f​ f​

Obj Ok

. Die Austrittspupille ist das vom

Okular entworfene Bild der Objektivfassung = Eintrittspupille.

Die Vergrößerung des astronomischen Fernrohres ergibt sich aus der Vergrößerung des Sehwinkels von ε0 zu ε. In der Näherung kleiner Winkel gilt Obj

tan ​ε​0 = ε​0 =

lb​

f​ Obj

und

Fernrohr V​ W = ​

tan ​ε​ = ε​ =

ε​ f​ Obj =− . ε​0 f​ Ok

−lb​Obj f​ Ok

(IV-2.104)

(IV-2.105)

Ein System, bei dem der bildseitige Objektivbrennpunkt und der gegenstandsseitige Okularbrennpunkt zusammenfallen, wird als Teleskopisches System bezeichnet.

224

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

2.3.4.2 Das terrestrische Fernrohr (Galileisches Fernrohr), ~ 1609 Bei der Beobachtung ferner Objekte auf der Erde ist ein verkehrtes Bild meist unbrauchbar. Zur Erzeugung aufrechter Bilder mit abbildenden Linsen bestehen drei Möglichkeiten: 1. Die Verwendung von Umkehrprismen führt zum Prismenfernrohr (Binokular, Feldstecher); 2. Die Verwendung einer Zerstreuungslinse als Okular ergibt das terrestrische Fernrohr (nach Galileo Galilei, 1564–1642, auch Galileisches Fernrohr): Es entsteht ein aufrechtes, virtuelles Bild (Abb. IV-2.36). Winkelvergrößerung:

V​W​ =

3.

ε​ f​ Obj =+ . ε​0 f​ Ok

(IV-2.106)

Die Verwendung einer dritten Sammellinse, meist integriert in einem „terrestrischen Okular“.

virtuelles, aufrechtes Bild im Unendlichen Objektiv = Aperturblende = Eintrittspupille

Okular Austrittspupille ε

Hauptstrahl

FbOk

ε0

FgOk = FbObj lbObj ε

f Ok f Ok f Obj

Abb. IV-2.36: Strahlengang im terrestrischen Fernrohr. Von einem fernen Gegenstandspunkt fallen parallele Lichtstrahlen in eine Sammellinse mit langer Brennweite (Objektiv). Es wird ein reelles, verkehrtes, verkleinertes Bild erzeugt, das mit einer Zerstreuungslinse (Okular) so betrachtet wird, dass es sich in ihrer gegenstandsseitigen Brennebene befindet. Winkelvergrößerung: Obj lb​ V​W​ =

ε​ ε​0

f​ =

Ok o​b​j​

lb​

Obj

=+

f​ f​

Obj ok

.

f​ Nachteil: Das Auge kann nicht zur Austrittspupille gebracht werden und muss daher beim Beobachten entweder bewegt werden oder das Gesichtsfeld ist sehr eingeschränkt.

2.3 Optische Instrumente

225

2.3.4.3 Das Spiegelteleskop Das Spiegelteleskop ist ein optisches System, das aus einem großen Hauptspiegel (Primärspiegel ≙ Objektiv) und einem kleinen Umlenk- bzw. Fangspiegel (Sekundärspiegel) besteht. Das Bild wird wieder mit einem Okular (Lupe) betrachtet. Die Teleskope unterscheiden sich in der Anordnung der beiden Spiegel zueinander (dies ist ein Spezialgebiet der beobachtenden Astronomie). Das erste Spiegelfernrohr baute im Jahr 1616 der Jesuit Nicolaus Zucchius53 (mit einem einzigen Bronzespiegel; die ersten Teleskope arbeiteten alle mit einem Bronzespiegel). Bereits 1636 verwendete Marin Mersenne54 zwei Spiegel zur Bilderzeugung. 1668 baute Newton eigenhändig ein Spiegelteleskop mit planem Fangspiegel (Abb. IV-2.37).

Fangspiegel

Spiegel

Okular

Abb. IV-2.37: Spiegelteleskop nach Newton.

Die Helligkeit eines Bildpunktes steigt mit dem Öffnungswinkel u1 der in ein optisches System eintretenden Strahlenbündel, und zwar mit sin2 u1 (und damit auch mit sin2 u2), daher ist, abgesehen von Abbildungsfehlern, ein großer Durchmesser des Objektivs vorteilhaft.55 Die größte Glaslinse befindet sich im Yerkes Observatorium (Eröffnung 21. 10. 1897, finanziert vom Industriellen Charles Tyson Yerkes) in Williams Bay am Lake Geneva in der Nähe von Chicago in Wisconsin, USA. Sie stellt das Objektiv eines Linsenteleskops (Refraktor) dar und hat einen Durchmesser von 102 cm und eine Brennweite von 19,7 m. Spiegel können mit wesentlich größerem Durchmesser fehlerfrei hergestellt werden als Linsen, bei denen die

53 Nicolaus Zucchius, 1586–1670, italienischer Astronom und Physiker, Jesuit und Professor am Collegio Romano. 54 Marin Mersenne, 1588–1648, französischer Theologe, Mathematiker und Musiktheoretiker. 55 Die Helligkeit (Bestrahlungsstärke bzw. Beleuchtungsstärke, siehe Kapitel Wärmestrahlung, Abschnitt 3.1.3 und 3.2.1) von weit entfernten Punktlichtquellen (Fixsternen), deren „Bilder“ Beugungsscheibchen in der hinteren Brennebene (lb = f) des Objektivs (Durchmesser DObj ) sind, ist proportional zur Fläche des Objektivs, das heißt zum Quadrat des Objektivdurchmessers, also 2 ∝ D​ Obj .

226

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Transparenz und die Homogenität (z. B. kleine Bläschen, das langsame „Fließen“ des Glases usw.) problematisch werden, wenn ihr Durchmesse 1 m übersteigen soll.56 Deshalb werden heute in der Astronomie fast ausschließlich Spiegelteleskope (Reflektoren) benützt. Bei Spiegelteleskopen wird als Objektiv ein Hohlspiegel benützt; er erzeugt ein reelles, verkehrtes, verkleinertes Bild, das mit einer Lupe als Okular betrachtet wird. Das Teleskop Gran Telescopio Canarias (GTC), mit dem derzeit größten, segmentierten Spiegel von 10,4 m Durchmesser steht auf einem Felsen bei La Palma auf den Kanarischen Inseln (Abb. IV-2.38). Ein noch größerer Spiegeldurchmesser von 11,8 m wird beim Large Binocular Telescope Observatory (LBTO) durch zwei Einzelspiegel mit je 8,4 m erzielt und befindet sich am Mount Graham in Arizona USA. Der große Spiegeldurchmesser ergibt ein sehr gutes Auflösungsvermögen bei sehr hoher Lichtstärke.

IV-2.38: Das Gran Telescopio Canarias (GTC) auf einem Felsen bei La Palma auf den Kanarischen Inseln (im Bild links) ist das Teleskop mit dem derzeit größten (segmentierten) Einzelspiegel mit 10,4 m Durchmesser. Das Bild rechts zeigt einen Blick in die „aktive Optik“ des aus 36 sechseckigen Einzelspiegeln bestehenden, segmentierten Hauptspiegels. Der Spiegelträger aus Zerodur-Glaskeramik wurde von der Mainzer Schott AG hergestellt. Die Konzeption des Teleskops gleicht jener der 2 Keck-Teleskope des Mauna-Kea-Observatoriums auf Hawai, die mit segmentierten Spiegeln von 10 m Durchmesser bis 2007 die größten Teleskope der Welt waren. Bilder nach Wikipedia (Zyance und H. Raab).

Ein sehr berühmtes Spiegelteleskop mit einem Spiegel von 2,5 m Durchmesser steht auf dem Mt. Wilson in Pasadena USA: Es ermöglichte zum ersten Mal den Andromeda-Nebel in Einzelsterne aufzulösen und Edwin Hubble entdeckte damit die Expansion des Universums (siehe dazu Band V, Kapitel „Subatomare Physik“, Abschnitt 3.2.6.1 ‚Kosmologie‘). Das größte Teleskop in Österreich ist das Spiegelteleskop des Leopold-Figl Observatoriums am Schöpfl in Niederösterreich (Abb. IV2.39). Sein Spiegel hat 1,52 m Durchmesser und eine Brennweite von 12,5 m.

56 Größere Linsen verformen sich aufgrund ihres Eigengewichts und werden daher unbrauchbar. Spiegel können von der Rückseite her mechanisch unterstützt werden.

2.3 Optische Instrumente

227

IV-2.39: Leopold-Figl Observatorium für Astrophysik der Universität Wien in Niederösterreich (Schöpfl), Österreichs größtes Teleskop mit einem Spiegel von 1,52 m Durchmesser (Brennweite 12,5 m). Das Observatorium wurde der Universität Wien anlässlich des 600-Jahrjubiläums ihres Bestehens (die Alma Mater Rudolphina Vindobonensis wurde 1365 von Rudolf IV., dem Stifter, als 3. Universität in Mitteleuropa gegründet) im Jahr 1965 vom Land Niederösterreich unter Landeshauptmann Leopold Figl geschenkt und am 25. September 1969 eröffnet. Bilder nach © Bwag/Commons (links) und Prof. Franz Kerschbaum, Institut für Astronomie, Universität Wien (rechts).

2.3.5 Auflösungsvermögen optischer Instrumente Die räumliche Trennung von Bildpunkten des Gegenstandes wird durch Beugungserscheinungen begrenzt und ist damit ein Problem der Wellenoptik (siehe Kapitel „Wellenoptik“ Anhang 2).

2.3.5.1 Das Auflösungsvermögen des Fernrohrs und des Mikroskops nach Helmholtz (Objekt leuchtet selbst)

Fernrohr Das Licht tritt durch eine kreisförmige Begrenzung (Aperturblende, Objektivfassung) in das Fernrohr, wodurch es zu Beugungserscheinungen kommt. Die punktförmige Lichtquelle, die ein sehr weit entfernter Stern darstellt, sieht man deshalb bei genauer Betrachtung nicht als Punkt, sondern als radialsymmetrische Intensitätsverteilung. Wir haben im Kapitel „Wellenoptik“, Anhang 2, erkannt, dass die durch zwei benachbarte Sterne verursachten Beugungsscheibchen (Lichtwellenlänge λ) von einem Fernrohr mit Objektivbrennweite f Obj und Eingangsblendendurchmesser D nach dem Rayleigh-Kriterium gerade noch getrennt werden können, wenn für den Abstand Δl der Beugungsscheibchen gilt (Gl. IV-1.300)

228

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

(Δl)min​ = 1,22 ⋅

f​ Obj ⋅ λ​ . D​

(IV-2.107)

Als Auflösungsvermögen wird der Kehrwert R​l dieser Minimalentfernung definiert: R​ Fernr = l

1 D​ = 0,82 ⋅ . Obj (Δl)min​ f​ ⋅ λ​

(IV-2.108)

Für das Fernrohr ist die auflösbare Sehwinkeldifferenz der beiden Sterne maßgebend. Diese beträgt (Δl)min​

(Δε​)min​ =

f​

Obj

= 1,22 ⋅

λ​ . D​

(IV-2.109)

Beispiel: Für λ​ = 600 nm (rotes Licht) und D​ = 1 m = 109 nm beträgt die noch auflösbare Winkeldifferenz: 600 nm 7,32 ⋅ 10−7 = 7,32 ⋅ 10−7 rad = Δε​min​ = 1,22 ⋅ 9 ⋅ 360 ⋅ 60 ⋅ 60″ = 2 π​ 10 nm = 0,15″ ⋅

Mikroskop Analog betrachtet man beim Mikroskop nach Helmholtz den minimalen Abstand zweier noch auflösbarer selbstleuchtender Gegenstandspunkte lg​min​ , wenn der Gegenstand sich nahe der gegenstandsseitigen Brennebene des Objektivs befindet; dann treten die vom Objektpunkt ausgehenden Lichtstrahlen wie beim Fernrohr annähernd als Parallelbündel aus dem Objektiv aus und es liegt wieder Fraunhofersche Beugung an der Linsenfassung vor. Das erste Beugungsminimum tritt bei einer kreisförmigen Öffnung dann auf, wenn der Gangunterschied δ diametraler Randstrahlen δ​ = 1,22 λ​ beträgt (siehe Kapitel „Wellenoptik“ Anhang 2). Wir betrachten die Abb. IV-2.40: Die von Q1 ausgehenden Strahlen ergeben im Bildpunkt Q​′1 ein Intensitätsmaximum, der Gangunterschied der Randstrahlen ist daher Null und es gilt Q​1 X​ = Q​1 Y​ . Nach dem Rayleigh-Kriterium für den kleinsten min​ auflösbaren Punktabstand Q​1 Q​2 = lg​ müssen die von Q2 ausgehenden Strahlen am Ort Q​′1 ein Intensitätsminimum ergeben; der Gangunterschied der von Q2 ausgehenden Randstrahlen muss daher 1,22 λ betragen, also Q​2 X​ − Q​2 Y​ = 1,22 λ​ . ⇒

min​

Q​2 X​ − Q​2 Y​ = Q​1 X​ + lg​ =

min​ 2 lg​

max​ sin ​u​ 1

max​

sin ​u​ 1

= 1,22 λ​ .

min​

− Q​1 Y​ + lg​

max​

sin ​u​ 1

= (IV-2.110)

229

2.3 Optische Instrumente

Q′2

Objektiv X n

u1max

n=1

u1max Q1

Fg

Fb

Q′1

lgmin

Q2 lgmin⋅sin u1max

lgmin⋅sin u1max

Y I(Q1) I(Q2)

Zwischenbildebene max​

Abb. IV-2.40: Von den Objektpunkten gehen Lichtbündel mit den Öffnungswinkeln 2 u1 aus, 2 u​ 1 ist der maximal mögliche Öffnungswinkel, der durch die Aperturblende oder, wie hier, durch die min​ Linsenfassung des Objektivs begrenzt wird. lg​ ist übertrieben groß gezeichnet, daher stimmen die rechten Winkel in der Zeichnung nicht mehr.

Befindet sich im Gegenstandsraum ein Medium mit dem Brechungsindex n (z. B. ein Immersionsöl: n​ = 1,517), dann beträgt die Wellenlänge im Gegenstandsraum λ​ nur mehr ; n​



lg​min​ =

1.22 λ​ 2 n​ ⋅ sin ​u​ max​ 1

=

0,61 λ​ . A​

(IV-2.111)

Der Ausdruck max​

A​ = n​ ⋅ sin​ u​ 1

(IV-2.112)

230

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

wird als numerische Apertur bezeichnet. Sehr gute Immersionsobjektive erreichen eine numerische Apertur von A​ = 1,35 .57 Für das Auflösungsvermögen nach Helmholtz (Hermann v. Helmholtz, 1874) 1 R​l = min​ ergibt sich damit lg​

R​ Mikro l,Helm = 0,82 ⋅

2 A​ λ​

Auflösungsvermögen des Mikroskops nach Helmholtz.

(IV-2.113)

Durch Verwendung einer nicht absorbierenden, meist zähen Flüssigkeit mit n > 1 zwischen Objekt und Objektiv (Immersion), kann das Auflösungsvermögen erhöht werden (Zedernholzöl: n = 1,516; Methylenjodid + Schwefel: n = 1,778):

min​

lg​

= 1,22 ⋅

1 λ​ ⋅ n​ sin ​u1​ 2



Mikro + Imm

R​ l,Helm

= 0,82 ⋅

2 n​ sin​ u​ . λ​

(IV-2.114)

Beispiel: Verwendung einer Immersion mit n = 1,5, maximaler Bündelöffnungswinkel u1 = 53°. sin ​u​1 = 0,8; A​ = n​ ⋅ sin ​u1​ = 1,5 ⋅ 0,8 = 1,2



(lg​ )min​ ≈

λ​ . 2

Durch Verwendung einer kürzeren Wellenlänge kann daher das Auflösungsvermögen erhöht werden: Im Elektronenmikroskop beträgt die verwendete Wellenlänge bei 100 kV Beschleunigungsspannung (Elektronenenergie von 105 eV) −12 λ​ = 4 ⋅ 10 m ; die Wellenlänge ist also um 105 kleiner als die von sichtbarem Licht. Wegen der großen Fehler durch sphärische Aberration müssen hier aber sehr −3 kleine Öffnungswinkel verwendet werden, z. B. u​1 = 0,34° , sin ​u​1 = 6 ⋅ 10 ⇒ −12 1 λ​ 2 ⋅ 10 m (lg​ )min​ = 1,22 ⋅ = 4 ⋅ 10−10 m . = 1,22 −3 sin ​u​1 2 6 ⋅ 10 Das entspricht etwa dem Netzebenenabstand in Metallkristallen.

57 Diese großen Öffnungswinkel unter Beibehaltung der Sinusbedingung sind nur möglich, wenn sich das kleine Objekt im „aplanatischen Punkt“ des Objektivs befindet (siehe auch Ende Abschnitt 2.2.3).

2.3 Optische Instrumente

231

2.3.5.2 Das Auflösungsvermögen des Mikroskops nicht selbstleuchtender Objekte nach Abbe; 1873 In der Helmholtzsche Betrachtung gehen von dem selbstleuchtenden Objekt Lichtwellen von verschiedenen Objektpunkten aus, die daher inkohärent sind, aber durch die Begrenzung an der Objektivfassung Beugungsscheibchen ergeben, die das Auflösungsvermögen beschränken. Bei den Überlegungen von Abbe ist das Objekt von außen beleuchtet und es kommen im Mikroskop die von den Lichtpunkten der Lichtquelle ausgehenden kohärenten Lichtwellen nach ihrer Beugung an den Objektstrukturen zur Interferenz. Diese Vorgehensweise ist deshalb besonders wichtig für das Transmissions-Elektronenmikroskop, bei dem eine nahezu punktförmige Lichtquelle, die Elektronenkanone, vorliegt. Als beleuchtetes Modellobjekt verwendete Abbe eine Gitterstruktur, deren einfachste Form ein Doppelspalt ist (Abb. IV-2.41).

Objektiv

−1. Ordnung

Doppelspalt als Gegenstand

Beleuchtung mit parallelem Licht einer weit entfernten Quelle

Brennebene des Objektivs

Bildebene des Objektivs Bild der unteren Kante des unteren Spalts

α1 a 0. Ordnung

+1. Ordnung primäres Beugungsbild

Bild der oberen Kante des oberen Spalts Bild des Doppelspalts

Abb. IV-2.41: Abbildung eines Doppelspalts durch die Objektivlinse eines Mikroskops. Die Bilder der beiden Spalte in der Bildebene des Objektivs entstehen durch Zusammenwirken der Strahlen aller drei Beugungsbilder in der Brennebene des Objektivs.

Als zu untersuchendes Objekt stellen wir uns einen Doppelspalt vor, der von links mit kohärentem Licht beleuchtet wird. Allgemein gilt: Alle Beugungsbilder, die vom Objektiv erfasst werden, tragen zum Bildaufbau bei; das vollständige Bild verlangt das Zusammenwirken der Strahlen aller Beugungspunkte. Die Frage ist nun: Bleibt die Spaltstruktur auch mit einer Beschränkung auf wenige Beugungsordnun-

232

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

gen erhalten? Die nullte Beugungsordnung allein (nach Ausblendung der −1. Ordnung und der +1. Ordnung) tritt bei jeder Struktur auf und enthält daher keine Information über das Objekt, die Bildfläche ist strukturlos. Für die höheren Beugungsmaxima gilt mit dem Spaltabstand a a​ ⋅ sin ​α​1 = m​ ⋅ λ​ .

(IV-2.115)

Damit im Bild die Spaltstruktur enthalten ist, muss mindestens das erste Beugungsmaximum (m = 1) zur Abbildung beitragen. Dieses tritt auf für sin ​α1​ =

λ​ . a​

(IV-2.116)

Die numerische Apertur muss daher mindestens so groß sein, dass das erste Beugungsmaximum nicht unterdrückt wird, dass also gilt A​ = sin ​u1​ = sin ​α1​ =

λ​ a​

(IV-2.117)

und damit

a​min​ =

λ​ A​

Kleinster auflösbarer Objektabstand des Mikroskops nach Abbe.

(IV-2.118)

Zu Ernst Karl Abbe, 1840–1905 siehe Abschnitt 2.2.3, Fußnote 22. 1 λ​ Umgeschrieben ergibt das a​min​ = 2 ⋅ ⋅ und das stimmt gut mit dem von A​ 2 1 λ​ Helmholtz bestimmten Wert (lg​ )min​ = 1,22 ⋅ ⋅ überein (siehe Abschnitt 2.3.5.1, Gl. A​ 2 IV-2.114). Bei Verwendung einer Immersionsflüssigkeit verringert sich die Wellenlänge im Gegenstandsraum auf

λ​ , sodass amin n-fach kleiner wird: n​

a​min​ = 2 ⋅

1 λ​ ⋅ . n​ sin ​u1​ 2

(IV-2.119)

Mit der numerischen Apertur A​ = n​ ⋅ sin ​u1​ wird das Auflösungsvermögen somit Mikro

R​ l,Abbe =

1 A​ = a​min​ λ​

Auflösungsvermögen des Mikroskops nach Abbe.

(IV-2.120)

Zusammenfassung

233

Zusammenfassung 1.

2. 3.

Das Fermatsche Prinzip besagt, dass ein Lichtstrahl zwei Punkte des Raumes auf einem Weg verbindet, auf dem seine Laufzeit bei kleinen Variationen des Weges stationär ist. Im Allgemeinen ist das der schnellste Weg mit der kürzesten Laufzeit. Der ebene Spiegel verwandelt ein rechtshändiges in ein linkshändiges Koordinatensystem. Daher erscheinen dem Betrachter Spiegelbilder seitenverkehrt. Beim sphärischen Spiegel (Radius r) schneiden sich paraxial einfallende Strahlen im Brennpunkt in der Entfernung f = r/2 vom Spiegelscheitel. Für den Konkavspiegel ist f > 0, für den Konvexspiegel ist f < 0. Bildweite g, Gegenstandsweite b und Brennweite f sind durch die Spiegel-Formel 1 1 1 + = g​ b​ f​

miteinander verknüpft. Für die laterale Vergrößerung ergibt sich

V​ =

−lB​ b​ =− lg​ g​

(Bild und Gegenstand befinden sich auf entgegengesetzten Seiten der optischen Achse). 4. Sind der Brechungsindex n und der brechende Winkel ε für ein Prisma gegeben, so kann die Strahlablenkung δ für jeden Einfallswinkel α1 berechnet werden: δ​ = α​1 + arcsin​ [sin​ ε​√n​ 2 − sin​ 2 α​1 − cos ​ε​ sin ​α1​ ] − ε​. Diese Ablenkung wird mi-

5.

nimal (δ = δmin ), wenn der einfallende Lichtstrahl das Prisma symmetrisch durchläuft. Bei Gaußscher Optik gilt für den Strahlneigungsungswinkel u eines einfallenden Lichtstrahls gegen die optische Achse sin​ u​ = tan ​u​ = u​

und

cos ​u​ = 1

und es gilt für eine brechende Kugelfläche die Abbildungsgleichung n​1 n​2 n​2 − n​1 . + = b​ r​ g​

234

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

6. Für die laterale Vergrößerung V​ = nusbedingung V​ =

lb​ einer brechenden Kugelfläche gilt die Silg​

n​1 sin ​u​1 , die zeigt, dass sich nur dann eine konstante Vern​2 sin ​u2​

größerung für verschiedene Strahlneigungswinkel u1 und u2 ergibt, wenn die Abbesche Sinusbedingung sin ​u​1 = const. sin ​u​2

7.

erfüllt ist. Für dünne Linsen (Radien r1 und r2 ) gilt die Linsenschleiferformel 1 1 1 1 + = (n​ − 1)( − ) g​ b​ r​1 r​2

bzw. mit

1 1 1 = (n​ − 1)( − ) die Gaußsche Linsenformel f​ r​1 r​2 1 1 1 + = g​ b​ f​

lg​ −lb​ −lb​ lg​ = = die Newtonsche Abbildungsgleichung, falls die und x​g​ f​ x​b​ f​ Gegenstandsweite xg und die Bildweite xb von den Brennpunkten aus gemessen werden oder mit

x​g​ x​b​ = f​ 2 . Für die Lateralvergrößerung ergibt sich

V​ =

b​ x​b​ lb​ f​ f​ =− =− =− = . lg​ g​ x​g​ f​ f​ − g​

8. Zur Bildkonstruktion und Bildberechnungen bei dicken Linsen werden die Hauptebenen eingeführt. Brenn-, Gegenstands- und Bildweiten werden von

Zusammenfassung

235

den entsprechenden Hauptebenen aus gezählt; damit ergeben sich die Abbildungsgleichungen und die Lateralvergrößerung analog zu den dünnen Linsen. 9. Die Begrenzung der Lichtbündel in optischen Systemen erfolgt durch die Aperturblende. Ihre Bilder sind im Gegenstandsraum die Eintrittspupille (EP), im Bildraum die Austrittspupille (AP), sie zeigen die Strahlenbegrenzung in den beiden Räumen an. 10. In optischen Systemen treten Abbildungsfehler (Abweichungen von den Ergebnissen der Gaußschen Optik) sowohl für achsenferne und/oder zur Achse geneigte Strahlen auf als auch durch Beugungserscheinungen an Strahlbegrenzungen. Bei Verwendung von nicht-monochromatischem (weißem) Licht ergeben sich durch Dispersion chromatische Abbildungsfehler. 11. Lupe, Mikroskop und Fernrohr sind optische Hilfsmittel zur Vergrößerung des Sehwinkels unter dem sehr kleine oder weit entfernte Gegenstände gesehen werden. Winkelvergrößerung der Lupe (mit g ≤ f, s0 … deutliche Sehweite, l … Abstand vom Auge):

V​w​ =

s​0 ⋅ g​

1 1+

l b​

Normalvergrößerung für l = 0 und g = f: V​N​ =

.

s​0 25 cm = f​ f​ cm

Vergrößerung des Mikroskops:

Ok V​Mikr = V​ Obj ⋅ V​ W ​ = −

Δ f​

Obj



25 cm f​ Ok cm

.

Vergrößerung des Fernrohres (− für das astronomische, + für das terrestrische Fernrohr):

Fernrohr​ V​ W = ​

ε​ f​ Obj = ∓ Ok . ε​0 f​

12. Durch Beugung der Lichtstrahlen an den begrenzenden Öffnungen (Blenden) ist das Auflösungsvermögen optischer Instrumente beschränkt.

236

2 Geometrische Optik: Strahlenoptik und optische Abbildung

Für das Fernrohr ist die auflösbare Sehwinkeldifferenz zweier benachbarter Sterne maßgebend. Diese beträgt (Δε​)min​ =

(Δl)min​ f​

Obj

= 1,22 ⋅

λ​ D​

D … Objektivdurchmesser. Mikro Beim Mikroskop gilt für das Auflösungsvermögen R​ l,Helm selbstleuchtender Objekte nach Helmholtz

Mikro

R​ l,Helm = 0,82 ⋅

2 A​ λ​

bzw. für das Auflösungsvermögen R​ Mikro l,Abbe nicht-selbstleuchtender Objekte nach Abbe

R​ Mikro l,Abbe =

1 a​min​

=

A​ λ​

mit der numerischen Apertur A​ = n​ ⋅ sin ​u1​ (u1 halber Öffnungswinkel des einfallenden Lichtbündels).

5

Übungen: 1. Ein konkaver sphärischer Spiegel besitzt einen Krümmungsradius von 1,2 m. Ein reelles Objekt, 12 cm hoch, wird 1 m vor dem Spiegel aufgestellt. Bestimme durch Konstruktion und Berechnung die Lage und Höhe des Bildes. 2. Ein Objekt ist 25 cm von einem konkaven, sphärischen Spiegel mit 80 cm Krümmungsradius entfernt. Bestimme Lage und relative Größe des Bildes. 3. Ein Gegenstand steht zwischen einem Konkav- und einem Konvexspiegel von gleich großen Krümmungsradien r. Der Scheitelabstand der Spiegel ist a. In welcher Entfernung x vom Konkavspiegel steht der Gegenstand, wenn beide Bilder gleich groß sind? 4. Ein Prisma, dessen Brechungswinkel 60° beträgt, verursacht eine minimale Ablenkung von 48° an einem monochromatischen Lichtbündel. Berechne den Brechungsindex des Prismas für diese Wellenlänge. 5. Wie viele Dioptrien hat ein konkavkonvexes Brillenglas (n = 1,5) mit den Krümmungsradien r1 = 12 cm und r2 = 18 cm? 6. Eine Plankonvexlinse hat den Krümmungsradius r =12 cm und die Brennweite f = 20 cm. Wie groß ist ihre Brechzahl?

Zusammenfassung

7.

8.

9.

10.

11.

12.

237

Eine Glaslinse hat in Luft eine Brennweite von +10 cm. Berechne ihre Brennweite in Wasser. Der Brechungsindex des Glases betrage 3/2, der von Wasser 4/3. Berechne die Lage und Brennweite einer Sammellinse, die das Bild einer Lampe 4-fach vergrößert auf einen 10 m von der Lampe entfernten Schirm projiziert. Welche Brennweite muss das Objektiv eines Filmvorführgerätes haben, wenn das 18 mm hohe Filmbild auf der 35 m entfernten Leinwand 2,5 m hoch erscheinen soll? Welche beiden Positionen kann eine Sammellinse mit der Brennweite von +15 cm einnehmen, damit sie ein Bild eines leuchtenden Gegenstandes erzeugen kann, der sich 80 cm vom Bild entfernt befindet? In einem Mikroskop betragen die Brennweiten für das Objektiv bzw. Okular +0,8 cm bzw. 2,5 cm. Das reelle Bild A′B′, das vom Objektiv erzeugt wird, ist 16 cm vom Objektiv entfernt. Bestimme die Gesamtvergrößerung, wenn das Auge dicht vor das Okular gehalten wird und sich das virtuelle Bild A″B″ in einer Entfernung von 25 cm davon befindet. Ein Teleobjektiv besteht aus einer Sammellinse mit einer Brennweite von +6 cm und einer sich 4 cm dahinter befindenden Zerstreuungslinse mit einer Brennweite von −2,5 cm. a) Bestimme die Lage des Bildes eines sehr weit entfernten Gegenstandes. b) Vergleiche die Größe des Bildes, das durch diese Linsenkombination erzeugt wird, mit der Größe des Bildes, das durch die Sammellinse allein entsteht.

3 Wärmestrahlung Einleitung: Alle Körper, ob heiß oder kalt, senden Wärmestrahlung aus, aber nur für die Hohlraumstrahlung lassen sich allgemeingültige Gesetze aufstellen. Entscheidend in der Entwicklung war daher die zunächst theoretische Vorstellung eines „schwarzen Körpers“, eines Hohlraums, der von elektromagnetischer Strahlung im thermischen Gleichgewicht mit seiner Wandung erfüllt ist. Diese Strahlung ist unabhängig von allen Stoffeigenschaften und nur durch die Temperatur bestimmt. Später gelang die Konstruktion eines „schwarzen Körpers“ und damit auch die genaue experimentelle Untersuchung der „schwarzen Strahlung“. Die Ergebnisse der genauen Messung der spektralen Verteilung der Strahlung schwarzer Körper waren mit der klassischen Vorstellung nicht vereinbar: Die klassische Rechnung lieferte die „Ultraviolettkatastrophe“, das bedeutet gegen unendlich gehende Werte der spektralen Strahldichte im kurzwelligen Bereich. Trotzdem konnten drei Gesetze der Wärmestrahlung noch klassisch ermittelt werden: Das Kirchhoffsche Gesetz (bei gleicher Temperatur und Wellenlänge sind spektraler Emissions- und spektraler Absorptionsgrad eines Körpers gleich), das Stefan-Boltzmannsche Gesetz (die spezifische Ausstrahlung schwarzer Körper ist proportional zu T 4 ) und das Wiensche Verschiebungsgesetz (das Maximum in der spektralen Verteilung schwarzer Körper verschiebt sich mit steigender Temperatur zu kleineren Wellenlängen nach der Beziehung λmax ⋅ T = const.). Nachdem die klassischen Rechnungen durch Rayleigh und Jeans das experimentelle Ergebnis der spektralen Verteilung der schwarzen Strahlung nicht beschreiben konnten, machte Planck einen verzweifelten Versuch: Er kombinierte das Wiensche Strahlungsgesetz, das bei kurzen Wellenlängen die experimentelle Spektralverteilung richtig wiedergab, mit dem Gesetz von Rayleigh und Jeans, das zwar bei kurzen Wellenlängen versagte, bei sehr langen Wellenlängen aber mit dem experimentellen Befund übereinstimmte. Dazu musste er aber von einer grundlegenden Vorstellung der klassischen Physik abgehen und annehmen, dass die Absorption und Emission der Strahlungsenergie des schwarzen Körpers an den Wänden des Hohlraums nicht kontinuierlich, sondern in diskreten Energiequanten, Vielfachen eines kleinstmöglichen Energiequants hν, erfolgt. Der erste Schritt in die Richtung der quantenhaften Beschreibung der Natur war gemacht. Es zeigt sich später in den Kapiteln „Quantenoptik“, „Atomphysik“, „Subatomare Physik“, „Statistische Physik“ und „Festkörperphysik“, dass die Berücksichtigung dieses quantenhaften Charakters der Natur wesentlich für die Erfolge der modernen Physik und damit für viele technische Errungenschaften unserer Zeit ist.

3.1 Grundbegriffe und Grundgrößen Wie schon früher beim elektromagnetischen Spektrum gesehen (siehe Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, https://doi.org/10.1515/9783110675719-003

240

3 Wärmestrahlung

Abschnitt 5.5.6), reicht der optische Spektralbereich von 100 nm bis 1 mm (= 10 6 nm), also von 10−7–10−3 m. Er umfasst das ferne Ultraviolett (UV) mit 100–200 nm (extrem fernes UV mit 10–100 nm ist nur oberhalb der Ozonschicht beobachtbar), das sichtbare Licht mit 380–780 nm und reicht bis zum fernen Infrarot (IR) mit 5⋅104–106 nm hin. Das entspricht ca. 13 optischen Oktaven (denn 100 nm ⋅ 1213 = 819 200 nm, bzw. 3 ⋅ 1011 Hz ⋅ 213 = 2,5 ⋅ 1015 Hz), davon ist aber nur etwa 1 Oktave für das Auge sichtbar.1

3.1.1 Erzeugung optischer Strahlung Heiße feste und flüssige Körper erzeugen aufgrund der Wärmebewegung ihrer Atome (im Festkörper sind das im Wesentlichen Gitterschwingungen, d. h. Schwingungen der Atome des Festkörpers um ihre Ruhelagen an den Gitterpositionen, siehe Band VI, Kapitel „Festkörperphysik“, Abschnitte 2.3.2 und 2.4) leicht registrierbare elektromagnetische Strahlung, die Wärmestrahlung = thermische Strahlung (thermal radiation): Es entsteht ein kontinuierliches Spektrum.2 Gase dagegen emittieren unter speziellen Bedingungen, z. B. in einer Gasentladungsröhre, ein diskretes Linienspektrum.3 In beiden Fällen wird dem Körper durch Abstrahlung Wärme entzogen und die Strahlung (insbesondere die Verteilung der Strahlung über die Wellenlängen bzw. Frequenzen) ist für die Temperatur und die Zusammensetzung des Körpers charakteristisch. Daneben kann durch verschiedene Anregungsprozesse von Atomen und Molekülen optische Strahlung durch Übergänge in den Grundzustand entstehen, die Lumineszenz, ein „kaltes Licht“, dessen spektrale Energieverteilung durch den emittierenden Stoff bestimmt ist. Je nach der Art der Anregung unterscheiden wir – Elektrolumineszenz: elektrische Anregung des Systems (Leuchtdioden, Gasentladung)

1 Vergleiche dazu den hörbaren Bereich von etwa 20 Hz bis 20 000 Hz, der knapp 9 Oktaven umfasst. 2 Während Atome ohne Wechselwirkung Energie nur in diskreten Portionen („Energiequanten“) absorbieren und emittieren und somit nur „Spektrallinien“ emittieren können, absorbieren und emittieren Systeme aus Atomen und/oder Molekülen mit Wechselwirkungen Energie in allen Frequenzbereichen mehr oder weniger gut. Ein Beispiel dafür sind Festkörper, z. B. Metalle, aber auch dichte, heiße Gase. 3 Die Anregung der Atome erfolgt hier nicht aufgrund der thermischen Bewegung, sondern durch elektrisch beschleunigte Ionen. Das Gas befindet sich in einem extremen Nichtgleichgewichtszustand! Damit ein Linienspektrum entstehen kann, muss das Gas relativ kühl (geringe Dopplerverbreiterung) und verdünnt sein (geringe Stoßverbreiterung). Befindet sich das Gas dagegen bei der Temperatur T im Temperatur- und Strahlungsgleichgewicht und ist die Schichtdicke so groß, dass alle einfallende Strahlung absorbiert wird (= schwarzer Körper, siehe Abschnitt 3.3.2), dann sendet es das kontinuierliche Spektrum der schwarzen Strahlung derselben Temperatur T aus. Bekannteste Beispiele sind die 6000 K-Strahlung der Sonnenphotosphäre (Sonnenoberfläche, aus der das sicht-

3.1 Grundbegriffe und Grundgrößen



– – – –

241

Photolumineszenz: Anregung durch elektromagnetische Strahlung (Photonen). Je nach Zeitdauer zwischen der Anregung und der Emission des Lichtes unterscheidet man zwischen Phosphoreszenz und Fluoreszenz. Chemolumineszenz: Anregung durch eine chemische Reaktion (Beispiel: Luminol zum Nachweis von Blut). Biolumineszenz: Anregung durch eine chemische Reaktion in lebenden Organismen (Beispiel: Oxidation von Luciferin im Leuchtkäfer). Tribolumineszenz: Anregung durch Reibung oder Auseinanderreißen (Beispiele: Zuckerkristalle, Abreißen von Klebebändern). Radiolumineszenz: Anregung durch Bestrahlung mit α-, β- oder γ-Strahlung.

3.1.2 Der Raumwinkel Wir wollen im Folgenden wichtige strahlungspysikalische Größen definieren. Dazu müssen wir den Zusammenhang zwischen einem Flächenelement dA einer bestrahlten Fläche und dem differentiellen Raumwinkel dΩ herstellen, unter dem dA im Abstand R von der punktförmig angenommenen Strahlungsquelle (z. B. im Ursprung O) aus erscheint. Man projiziert dazu das Flächenelement dA auf die Einheitskugel um die Strahlungsquelle in O (Zentralprojektion) und erhält so das Raumwinkelelement dΩ (Abb. IV-3.1).4 Wir schreiben beide Flächenelemente in Kugelkoordinaten an, wobei ε = ∠(R​⇀, d​A⇀​ ) ist d​Ω = sin​ θ​ d​θ​ d​φ​

und

d​A​ = R​ sin​ θ​ d​φ​ ⋅

R​ R​ 2 d​θ​ = sin​ θ​ d​θ​ d​φ​ cos​ ε​ cos​ ε​

(IV-3.1)

und erhalten so das gesuchte Raumwinkelelement dΩ = (dF⊥ /R2 ) d​Ω =

cos ​ε​ R​ 2

d​A​

Raumwinkelelement d​Ω

(IV-3.2)

unabhängig vom Koordinatensystem.5 bare Sonnenlicht stammt) sowie die 2,7 K-Hintergrundstrahlung im Weltraum (siehe Band V, Kapitel „Subatomare Physik“, Abschnitt 3.2.6.2). 4 Die Vorgehensweise hier ist ganz analog zur Herleitung des Gaußschen Gesetzes in der Elektrostatik (siehe Band III, Kapitel „Elektrostatik“, Abschnitt 1.2.2). 5 Das folgt auch sofort aus der Projektion des gerichteten Flächenelements d​A⇀​ auf die Richtung des Radiusvektors e​⇀n​: (d​A⇀​ ⋅ e​⇀n​ ) = d​A​ cos ​(d​A⇀​ ⋅ e​⇀n​) und der Definition des Raumwinkels (siehe Band I, ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ = ε​

Kapitel „Einleitung“ Abschnitt 1.2: Ω =

Kugelfläche​ (Radius​ )

2

=

A​ R​

2

): d​Ω =

d​F⊥ ​ R​

2

=

cos ​ε​ ⋅ d​A​ R​

2

.

242

3 Wärmestrahlung

dF๸

ε n Rdθ

ε

R

R dθ cos ε

z R sin θdφ

dA

dΩ dθ

θ –

O

φ

en sin θdφ y

x Abb. IV-3.1: Allgemeines Flächenelement dA und zugehöriges Raumwinkelelement dΩ. (Nach Bergmann-Schäfer, Lehrbuch der Experimentalphysik Band 3, Optik, Walter de Gruyter, Berlin 1993, S. 612)

Für die Dimension des Raumwinkels (solid angle) gilt: [Ω] =

Flächeninhalt auf der Einheitskugel (Radius​ )2

=

1 m2 1 m2

= 1 sr

(Steradiant).

Der Raumwinkel Ω, unter dem man eine ausgedehnte Fläche A sieht, wird damit zu Ω=∫ A​

cos ​ε​ R​ 2

d​A​ .

(IV-3.3)

Dabei hängen der Winkel ε (Neigung der Flächenelemente gegen den Radiusvektor) und der jeweilige Abstand R i. Allg. vom Flächenelement ab und können daher nicht vor das Integral gezogen werden. Wenn wir eine angenähert punktförmige Strahlungsquelle der Ausdehnung dA1 betrachten (der Index 1 bezieht sich auf „Quelle“), so gilt für das Raumwinkelelement dΩ1 der Abstrahlung in Richtung eines Flächenelements dA2 (der Index 2 bezieht sich auf „Empfänger“) einer von ihr bestrahlten Fläche A2 mit Neigung ε2 gegen die Achse des Strahlenbündels (Abb. IV-3.2, links)

243

3.1 Grundbegriffe und Grundgrößen

d​Ω1 =

cos ​ε​2 R​

2

d​A2​ .

Abstrahlung von dA1

(IV-3.4)

Zustrahlung auf dA2 A2

A2 en2

A1 dΩ1

ε2

en2

A1 dA2

ε2

dΩ2

R

dA2

R dA1

en1

ε1

dA1 e n1

2

ε1

Φ

2

Φ

1

1

Abb. IV-3.2: Die von der Fläche 1 auf die Fläche 2 übertragene Strahlungsleistung Φ. Links wird aus der Sicht von A1 die Abstrahlung in das Raumwinkelelement dΩ1 in Richtung A2 betrachtet, rechts aus der Sicht von A2 die Zustrahlung von A1 in das Raumwinkelelement dΩ2. Beide Betrachtungsweisen sind gleichwertig. Der Index 1 kennzeichnet eine Lichtquelle, der Index 2 eine bestrahlte Fläche (Empfänger).

Betrachten wir andererseits die in ein Raumwinkelelement dΩ2 von A2 einfallende Zustrahlung vom Flächenelement dA1 mit Neigung ε1, so gilt (Abb. IV-3.2, rechts) d​Ω2 =

cos ​ε1​ R​ 2

d​A1​ .

(IV-3.5)

3.1.3 Radiometrische Grundgrößen Wir betrachten einen Körper (eine Strahlungsquelle), der im Zeitintervall dt die Strahlungsenergie (radiant energy) dW abstrahlt

Φ=

d​W​ d​t​

Strahlungsleistung (= Energiestrom, Strahlungsfluss, radiant flux);

(IV-3.6)

Einheit: [Φ] = W (Watt). Umgeben wir die Strahlungsquelle mit einer geschlossenen Oberfläche A, so muss für die gesamte Strahlungsleistung durch A gelten Φ = ∮S​⇀d​A⇀​ , A​

(IV-3.7)

244

3 Wärmestrahlung

S​⇀ … Poynting-Vektor (Vektor der Dichte des Energieflusses pro Zeiteinheit, siehe dazu Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.4, Gl. III-5.149), d​A⇀​ … Flächenelement-Vektor mit Einheitsvektor ⊥ zum Flächenelement dA. Die differentielle Strahlungsleistung dΦ der Strahlungsquelle in ein Raumwinkelelement dΩ1 muss proportional zu dΩ1 sein und es gilt daher d​Φ = J​ d​Ω1

(IV-3.8)

mit der Proportionalitätskonstanten

J​ =

d​Φ d​Ω1

Strahlstärke (= Strahlungsstärke, radiant intensity);

(IV-3.9)

Einheit: [J​] = W/​sr (Watt/Steradiant). Diese Strahlungsleistung dΦ in das Raumwinkelelement dΩ1 kann auf die Strahlungsleistung umgerechnet werden, die auf ein Flächenelement dA2 des Empfängers auftrifft d​Φ = J​ d​Ω1 = J​ ⋅

cos ​ε2​ R​ 2

d​A2​ = I​ d​A2​

(IV-3.10)

mit der Proportionalitätskonstanten

I​ =

d​Φ cos ​ε2​ = J​ d​A2​ R​ 2

Bestrahlungsstärke (= Intensität, irradiance);

(IV-3.11)

Einheit: [I] = W/m2. Die Bestrahlungsstärke (Intensität) ist daher die auf die Flächeneinheit eines bestrahlten Körpers auftreffende Strahlungsleistung. Offensichtlich gilt für die Bestrahlungsstärke das quadratische Abstandsgesetz 1 I​ ~ 2 . R​ Das Zeitintegral der Bestrahlungsstärke heißt Bestrahlung: t​2

H = ∫I​ (t​) d​t​ t​1

Einheit: [H] = Ws/m2 = J/m2.

Bestrahlung (radiant exposure);

(IV-3.12)

3.1 Grundbegriffe und Grundgrößen

245

Die Bestrahlung ist ein Maß für die auf die Fläche bezogene Wirkung der Strahlung, z. B. Photoplatte, Haut etc. Die Bestrahlungsstärke gibt die Strahlungsleistung bezogen auf die Empfängerfläche dA2 an. In ähnlicher Weise kann die von der Strahleroberfläche in den vorderen Halbraum ausgestrahlte Leistung Φ auf ein Element dA1 der Strahleroberfläche bezogen werden: d​Φ = M​ d​A1​

(IV-3.13)

mit der Proportionalitätskonstanten

M​ =

d​Φ d​A1​

spezifische Ausstrahlung (radiant exitance).

(IV-3.14)

Die spezifische Ausstrahlung M wird uns später beim Stefan-Boltzmannschen Gesetz wieder begegnen (Abschnitt 3.3.4). Die vom Flächenelement dA1 in den vorderen Halbraum ausgestrahlte Leistung dΦ hängt von der Art des Strahlers und den Ausstrahlbedingungen (z. B. der Temperatur T) ab. Die Strahlstärke J einer Strahlungsquelle ist i. Allg. von der Abstrahlungsrichtung abhängig. Diese Abhängigkeit ist durch den Winkel ε1 zwischen der Flächennormalen (n​⇀1) der ausstrahlenden Fläche und dem Einheitsvektor in Richtung der Ausstrahlung gegeben (Abb. IV-3.3).





n1

n2

ε1 dA1

R

ε2 dA2

Abb. IV-3.3: Zur Definition der Strahldichte.

Allgemein definiert man daher als Strahldichte die Strahlstärke bezogen auf die Flächeneinheit senkrecht zur Ausstrahlungsrichtung (d​A​1 ⊥ = d​A1​ ⋅ cos ​ε1​ ) 6

6 Das Flächenelement (dA1cos ε1 ) muss kein materielles Flächenelement sein. Es kann einerseits ein körperliches Flächenelement dA1 sein, z. B. in der Hohlraumwand des schwarzen Körpers, dem ein bestimmtes Emissionsvermögen e1 ≡ L1 zukommt, andererseits aber auch ein in das Strahlungsfeld gelegtes Flächenelement dA, das von Strahlen aus allen Richtungen durchquert wird, wie etwa bei der Berechnung der Energiedichte der schwarzen Strahlung bei der Herleitung des Kirchhoffschen Gesetzes in Abschnitt 3.3.3.

246

3 Wärmestrahlung

L​ =

d​J​ d​A1​ ⋅ cos ​ε1​

Strahldichte (radiance);

(IV-3.15)

Einheit: [L] = Wm−2 sr−1. 1

Die Strahldichte L ist die Strahlungsleistung (Strahlungsenergie pro Zeiteinheit), die durch die Flächeneinheit senkrecht zum Strahl (dA1 cos ε1 ) in die Raumwinkeleinheit ausgestrahlt wird. Die Strahldichte L ist die fundamentale Größe zur Beschreibung eines Strahlungsfeldes! Im Bereich der sichtbaren Strahlung bestimmt die Größe L die Helligkeit eines geneigten Flächenelements dA1, die „Flächenhelligkeit“. Üblicherweise wird die von einem körperlichen Flächenelement ausgesandte Strahldichte L1 als Emissionsvermögen (emissivity) e​1 = L​1 des Flächenelements dA1 bezeichnet: L1 dA1 cos ε1 ≡ e1 dA1 cos ε1 . In vielen Fällen, den sogenannten diffusen Strahlern (Körper mit rauen, nicht spiegelnden Oberflächen), gilt für die Strahlstärke, die vom Flächenelement dA1 einer strahlenden Fläche unter dem Winkel ε1 abgegeben wird, in guter Näherung d​J​ = L​ ⋅ d​A1​ ⋅ cos ​ε1​

mit L​ = const.

Lambertsches Kosinusgesetz

(IV-3.16)

(nach Johann Heinrich Lambert, 1728–1777, wohnhaft im Elsass), wobei L als konstant angesehen werden kann. Es ist dies ein experimentell ermitteltes Gesetz, das nicht für alle Strahler gilt! Die auf das Flächenelement dA1 bezogene Strahlstärke in Richtung ε1 ist also dem Kosinus dieses Winkels proportional d​J​ = L​ cos ​ε1​ d​A1​

mit L​ = const.

Lambertsches Kosinusgesetz.

(IV-3.16a)

Falls L wirklich konstant ist, kann als Ursache für die Abnahme der Strahlstärke mit dem Winkel ε1 die einfache geometrische Tatsache angesehen werden, dass die vom Beobachter „gesehene“, scheinbare Fläche sich mit dem Kosinus des Winkels zwischen Beobachtungsrichtung und Flächennormaler verkleinert. Ist das Lambertsche Gesetz erfüllt (wie bei diffuser Emission oder Reflexion), so erscheint ein Flächenelement dA1 aus allen Beobachtungsrichtungen ε1 gleich hell, d​J​ denn in diesem Fall gilt für die Flächenhelligkeit = L = const. Wir spred​A1​ cos ε​ 1​ chen dann von einem Lambert-Strahler (Lambertian radiator).7 7 Da die kugelförmige Sonnenoberfläche in erster Näherung als konstant helle Scheibe erscheint, ist sie in guter Näherung ein Lambert-Strahler. Die feststellbare Randverdunklung rührt von der

3.1 Grundbegriffe und Grundgrößen

247

3.1.4 Das Grundgesetz der Strahlungsübertragung Wir betrachten jetzt den allgemeinen Fall einer nicht diffus strahlenden Fläche A1, d. h. L ≠ const. Dann gilt für die Strahlstärke eines Flächenelements d​J​ = L​ d​A1​ cos ​ε​1 ;

(IV-3.17)

andererseits ist nach Gl. (IV-3.8) dΦ = J ⋅ dΩ1 und daher d​ 2 Φ​ = d​J​ ⋅ d​Ω1 = L​ d​A1​ cos​ ε​1 ⋅

cos​ ε​2 R​

2

d​A2​ .

(IV-3.18)

Damit erhalten wir als Grundgesetz der Strahlungsübertragung für die von einem Flächenelement dA1 nach dA2 im Abstand R übertragene differentielle Strahlungsleistung

d​ 2 Φ = L​

d​A​1 cos ​ε​1 d​A2​ cos ​ε​2 R​

Grundgesetz der Strahlungsübertragung.

2

(IV-3.19)

Dieses Gesetz besagt, dass die von dA1 nach dA2 übertragene Strahlungsleistung proportional zu den Normalflächen (scheinbare Flächen) cos ε1 dA1 und cos ε2 dA2 und umgekehrt proportional zum Abstandsquadrat R2 ist. Die ProportionalitätsKonstante ist die Strahldichte L des Flächenelementes dA1 in Richtung dA2 . Das Gesetz gilt streng nur im Vakuum, da weder Absorption noch Streuung berücksichtigt wurden. Wir erhalten daraus eine Formel für die allgemeine Strahldichte L 2

L​ = R​ 2

d​ Φ d​A1​ cos ​ε​1 d​A2​ cos ​ε​2

= ⏟ cos ​ε​2 R​ 2

=

d​ 2 Φ d​A1​ cos ​ε​1 d​Ω1

= ⏟ cos ​ε1​ R​ 2

d​A2​ = d​Ω1

d​ 2 Φ d​A2​ cos ​ε2​ d​Ω2

(IV-3.20)

d​A1​ = d​Ω2

in Wm−2 sr−1, je nachdem, ob wir die Abstrahlung in dΩ1 von A1 aus oder die Zustrahlung in dΩ2 von A2 aus betrachten.

Temperaturabnahme mit der Höhe in der Photosphäre her. Einen idealen Lambert-Strahler stellt eine kleine Öffnung in einem Hohlraum von konstanter Wandtemperatur dar, da die Strahlung im Inneren des Hohlraums dann völlig isotrop ist (siehe Abschnitt 3.3.2 ‚Der schwarze Körper‘).

248

3 Wärmestrahlung

Zwischen dem Poynting-Vektor S​⇀und der Strahldichte L einer leuchtenden Fläd​Φ che kann noch folgender Zusammenhang angegeben werden (mit J​ = und d​Ω1 d​A2​ cos ​ε2​ ; siehe dazu auch Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektd​Ω1 = 2 R​ romagnetische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.4): 〈 |S​⇀|〉 =〈w​E​M〉​ ⋅ c​ph =

1 d​Φ cos ​ε2​ 1 = J​ = . c​ph ε​0 E​ 20 = I​ = ⏟ J​ 2 2 2 d​A2​ R​ ε​2 = 0 R​

(IV-3.21)

A​2 ⊥ S​⇀

Weiters folgt aus d​J​ = L​ cos ​ε1​ d​A1​ Gl. (IV-3.21)

〈 |S​⇀|〉 = ∫L​ A​1



J​ = ∫L​ cos ​ε1​ d​A1​ und wir erhalten mit A​1

cos ​ε​1

d​A1​ 2 R​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ d​Ω2

= ∫L​d ​Ω2

(IV-3.22)

Ω2

für kleine Winkel Ω2, damit S​⇀als räumlich konstant angesehen werden kann. Beispiel: Die Strahlung der Sonne. Wir berechnen zunächst aus der Solarkonstanten S0, die die Strahlungsleistung der Sonne pro Flächeneinheit oberhalb der Erdatmosphäre angibt, also die Bestrahlungsstärke auf der Erde ohne den Atmosphäreneinfluss, die Strahlungsleistung ΦS der Sonne. S0 = 1367 W/m2 = 1367 J m−2 s−1 . Um daraus die gesamte Strahlungsleistung der Sonne zu erhalten, umgeben wir die Sonne mit einer Kugel mit dem Radius des mittleren Sonnenabstands R​E​S​ und multiplizieren die Solarkonstante mit der Oberfläche dieser Kugel: ΦS​ = S​0 ⋅ A​E​S​ = S​0 ⋅ 4 π​ R​ 2E​S​ = 1367 ⋅ 4 π​ ⋅ (1,496 ⋅ 1011 )2 = 3,845 ⋅ 1026 W . Daraus ergibt sich mit Hilfe der Sonnenoberfläche OS für die spezifische Ausstrahlung der Sonne, ihre „Leuchtkraft“: M​ =

ΦS​ 3,845 ⋅ 1026 3,845 ⋅ 1026 = = = 2 O​S​ 4 π​ R​ S​ 4 π​ (6,96 ⋅ 108 )2

7 2 2 = 6,317 ⋅ 10 W/​m ≈ 63 MW/​m .

63 MW ist daher die von 1 m2 der Sonnenoberfläche in den Weltraum abgestrahlte Leistung.

3.2 Photometrie und Lichttechnik

249

Für die Ermittlung der Strahlstärke umgeben wir die Sonne mit der Einheitskugel und betrachten die Ausstrahlung in die Raumwinkeleinheit, indem wir durch den vollen Raumwinkel dividieren8: J​S​ =

d​ΦS​ ΦS​ 3,845 ⋅ 1026 25 = = = 3,06 ⋅ 10 W/sr. d​Ω1 4 π​ 12,566

Zur Kontrolle berechnen wir noch aus der Strahlstärke die Bestrahlungsstärke auf der Erde: I​S​ = J​

cos ​ε2​ R​ 2E​S​

=

3,06 ⋅ 1025 11 2

= 1367 W/​m2.

(1,496 ⋅ 10 )

3.2 Photometrie und Lichttechnik 3.2.1 Grundlagen Die Radiometrie beschäftigt sich ganz allgemein mit der Messung der Energie bzw. der Leistung elektromagnetischer Strahlung. In der Photometrie wird die Strahlung des sichtbaren Lichts, d. h. des Wellenlängenintervalls von 360 nm bis 830 nm, nicht nach ihrer physikalischen Energie oder Leistung bewertet, sondern es wird die physiologische Helligkeitsempfindung des menschlichen Auges zugrunde gelegt. Bei der Photometrie kommt daher neben der physikalischen Strahlungsmessung durch Wärmemessung oder den Photoeffekt (siehe Band V, Kapitel „Quantenoptik“, Abschnitt 1.1.1) auch die Bewertung der Strahlung durch das menschliche Auge in Frage. Unser Auge hat für verschiedene Wellenlängen im sichtbaren Bereich unterschiedliche Empfindlichkeit. Die maßgebliche Größe, der relative spektrale Hellempfindlichkeitsgrad V(λ), ist eine physiologische Eigenschaft und hängt von der Augenadaptierung (hell oder dunkel) ab. Sie wurde nach ausführlichen Untersuchungen an vielen Testpersonen international festgelegt (Abb. IV-3.4). Der relative spektrale Hellempfindlichkeitsgrad gibt die Empfindlichkeit des Auges für die verschiedenen Wellenlängen relativ zum maximalen Wert an, der für das Tagsehen bei 555 nm liegt. Zur Umrechnung von radiometrischen Größen

8 Diese Vorgangsweise ist zunächst nur für einen Punktstrahler korrekt, kann aber wegen der kugelsymmetrischen Ausstrahlung der Sonne auch auf diese angewendet werden. Im allgemeinen Fall wäre von der gemessenen Strahldichte L(dA1,ε1 ) als Funktion der Lage des strahlenden Flächenelements dA1 und des Ausstrahlungswinkels ε1 auszugehen. Im Falle eines Lambert-Strahlers (L = const.) ergibt sich wieder die obige Beziehung für JS.

250

3 Wärmestrahlung

1.0

V' (λ) V (λ) 0.5

0.0 380 420 460 500 540 580 620 660 700 740 780 Wellenlänge λ [nm] Abb. IV-3.4: Relativer spektraler Hellempfindlichkeitsgrad für Tagsehen (V(λ), Auge auf hell adaptiert, photopisch) und für Nachtsehen (V′(λ), Auge auf dunkel adaptiert, skotopisch).

(Strahldichte, Strahlstärke usw.) in photometrische Größen (Leuchtdichte, Lichtstärke usw., siehe Tabelle weiter unten) braucht man das spektrale photometrische Strahlungsäquivalent (luminous efficacy of a monochromatic radiation) K(λ), das man erhält, wenn man die V(λ)-Kurve mit dem Faktor Km = 683 lm/W, dem Maximalwert des photometrischen Strahlungsäquivalents, multipliziert (für die V′(λ)-Kur′ = 1700 lm/W): K(λ) = Km ⋅ V(λ). Damit ergeben sich die in ve beträgt der Faktor Km Abb. IV-3.4a gezeigten Kurven K(λ) und K′(λ). Um die photometrischen Einheiten an die radiometrischen SI-Einheiten anzuschließen, wurde schon 1979 festgelegt, dass monochromatische Strahlung der Frequenz 540 ⋅ 1012 Hz (λ = 555 nm, Empfindlichkeitsmaximum beim Tagsehen) bei einer Strahlungsleistung von 1 W einen Lichtstrom von 683 lm darstellt. Damit beträgt das spektrale photometrische Strahlungsäquivalent für diese Wellenlänge K(v = 540 ⋅ 1012 Hz) = K(λ = 555 nm) = 683 lm/W = 683 cd sr kg−1 m−2 s3 (exakt).9 Werden die radiometrischen Größen mit dem photometrischen Strahlungsäquivalent K(λ) gewichtet, so gelangt man zu den entsprechenden photometrischen Größen. Die Basisgröße photometrischer Größen ist die Lichtstärke Iv (Index v für ‚visuell‛), die der Strahlstärke J entspricht, ist also der in eine bestimmte Richtung

9 Der Wert von K(v = 540 ⋅ 1012 Hz) = Kcd stellt eine der 7 festgelegten Konstanten des SI-Systems dar: ΔνCs = 9 192 631 770 Hz, Strahlung des Caesium-Atoms; c = 299 792 458 m/s, Lichtgeschwindigkeit (Vakuum); h = 6,626 070 15 ⋅ 10−34 J ⋅ s, Plancksches Wirkungsquantum; e = 1,602 176 634 ⋅ 10−19 C, Elementarladung; k = 1,380 649 ⋅ 10−23 J/K, Boltzmannkonstante; NA = 6,022 140 76 ⋅ 1023 mol−1, Avogadro-Konstante; Kcd = 683 lm/W, Photometrisches Strahlungsäquivalent. Siehe dazu auch Band I, Kapitel „Einleitung“, Anhang 1.

Spektrales photometrisches Strahlungsäquivalent K, K′ [lm/W]

3.2 Photometrie und Lichttechnik

251

K′(λ)

K(λ)

Wellenlänge λ [nm]

IV-3.4a: Spektrales photometrisches Strahlungsäquivalent für Tagsehen (K(λ)) und für Nachtsehen (K′(λ)). Nach Wikipedia.

ausgesandte, auf den Raumwinkel bezogene Lichtstrom Φv (entspricht der Strahlungsleistung Φe und hat die Einheit Lumen, lm). Für die Lichtstärke gibt es im SIEinheitensystem eine Basiseinheit (siehe Band I, Kapitel „Einleitung“, Abschnitt 1.2), die Candela (cd), die durch das festgelegte photometrische Strahlungsäquivalent Kcd = 683 lm/W von monochromatischer Strahlung der Frequenz 540 ⋅ 1012 Hz definiert ist: Die Candela (cd) ist die Lichtstärke (luminous intensity) in einer bestimmten Richtung einer Strahlungsquelle, die die monochromatische Strahlung der Frequenz 540 ⋅1012 Hz ( ≙ λ​ = 555 nm) aussendet und deren Strahlstärke in dieser Richtung 1/683 W/sr beträgt. lm K​cd W K​cd 2 −1 −3 = = kg m sr s . sr 683 sr 683 Schon seit 1979 ist die Einheit „candela (cd)“ in dieser Weise festgelegt. Die Realisierung erfordert eine Lichtquelle der vorgegebenen Strahlstärke, die monochromatisches Licht einer Frequenz 540⋅1012 Hz (das entspricht einer Wellenlänge von 555 nm) liefert. Dies kann z. B. mit einem schwarzen Strahler einer Temperatur von 2042 K (das ist der Schmelzpunkt von Pt) erreicht werden, wenn die entsprechende Wellenlänge ausgefiltert wird. Heute wird die optische Strahlung aber mit speziellen thermischen Strahlungsempfängern (Kryoradiometern) gemessen. In einem Kryoradiometer wird die optische Strahlung in einem geeigneten Hohlraum (typische Temperatur 6 K) absorbiert und mit einer entsprechenden elektrischen Heizleistung verglichen.

Damit gilt für die Einheit Candela: 1 cd = 1

1

252

3 Wärmestrahlung

Da bei photometrischen Messungen das Helligkeitsempfinden des Auges berücksichtigt wird, haben photometrische (lichttechnische) Größen und Einheiten eigene Bezeichnungen: Größe

Einheit

radiometrisch (Index ‚e‛)

photometrisch (Index ‚v‛)

radiometrisch

photometrisch

Strahlstärke (radiant intensity) J (Ie)

Lichtstärke (luminous intensity) (Iv)

W/sr

cd

Strahlungsfluss, Strahlungsleistung (radiant flux) Φ (Φe)

Lichtstrom, Lichtleistung (luminous flux, luminous power) (Φv)

W

cd ⋅ sr = lm 10

Strahlungsenergie (radiant energy) W (auch Qe)

Lichtmenge (luminous energy) (Qv)

Ws = J

lm ⋅ s

Strahldichte (radiance) L (Le)

Leuchtdichte (luminance) (Lv)

W/(sr ⋅ m2 )

cd/m2

spezifische Ausstrahlung (radiant exitance) M (Me)

spezifische Lichtausstrahlung (luminous exitance) (Mv)

W/m2

lm/m2

Bestrahlungsstärke (irradiance) I (Ee)

Beleuchtungsstärke (illuminance) (Ev)

W/m2

lm/m2 = lx 11

Bestrahlung (radiant exposure) H (He)

Belichtung (luminous exposure) (Hv)

Ws/m2

lm ⋅ s/m2 = lx ⋅ s

Strahlungsausbeute (radiant efficiency) ηe

Lichtausbeute (luminous efficacy) ηe

%12

lm/W

Die in Klammern angegebenen Bezeichnungen der radiometrischen und photometrischen Größen sind die aktuell in der Optik üblichen Symbole, der Index „e“ bezeichnet die radiometrischen, der Index „v“ die photometrischen (visuellen) Größen. Für die Größen der Strahlstärke/Lichtstärke (I), der Strahlungsenergie/ Lichtmenge (Q) und der Bestrahlungsstärke/Beleuchtungsstärke (E) wurden zur Übereinstimmung der analogen Größen in anderen Abschnitten dieser Lehrbuchreihe davon abweichend die Symbole J, W und I verwendet.

10 Der Lichtstrom einer Lichtquelle ist eine Leistungsgröße und wird in der empirischen, physiologischen Einheit Lumen (lm) angegeben. 1 lm = 1 cd ⋅ 1 sr. 11 Die Beleuchtungsstärke (Intensität) dient als Maß für die Helligkeit einer Empfängerfläche und wird in Lux (lx) gemessen. 1 lx = 1 lm/m2. Wabgestrahlt​ 12 Hier tritt der Quotient aus abgestrahlter und zugeführter Leistung auf, der üblicherWzugeführt​ weise mit 100 multipliziert in % angegeben wird.

253

3.2 Photometrie und Lichttechnik

3.2.2 Photometrische Messmethoden Gemessen wird keine rein physikalische Größe, sondern eine mit dem spektralen Helligkeitsempfinden V(λ) bewertete radiometrische Größe, meist eine mit V(λ) modifizierte Strahlungsleistung. Ursprünglich wurden visuelle Photometer verwendet, die das Auge als Messgerät benützten. Heute verwendet man in Photometern physikalische Messmethoden, z. B. Photozellen (Photoeffekt), Photoelektronenvervielfacher (photomultiplier) etc., deren spektrale Empfindlichkeit bekannt sein muss, damit eine Umrechnung auf die Augenempfindlichkeitskurve möglich ist. Welches Messgerät auch benützt wird, die experimentelle Anordnung ist immer gleich (Abb. IV-3.5): Die unbekannte Lichtquelle L2 beleuchtet eine Fläche, deren Beleuchtungsstärke I2 mit jener verglichen wird, die eine bekannte (Normal-) Lichtquelle L1 erzeugt (I1 ). Bei senkrechter Beleuchtung (ε2 = 0) und Helligkeitsabgleich (I1 = I2 ) gilt mit dem quadratischen Abstandsgesetz (siehe Abschnitt 3.1.3): J​1 r​ 21 = . J​2 r​ 22

(IV-3.23)

I1 = I2

L1

*

J1

L2 r1

r2

*

J2

Die Messfläche ist übertrieben groß gezeichnet Abb. IV-3.5: Experimentelle Anordnung zur photometrischen Untersuchung einer unbekannten Lichtquelle (Photometerbank).

Die Entwicklung visueller optischer Photometer erreichte mit dem „Lummer-Brodhun-Würfel“ (nach Otto Richard Lummer, 1860–1925, und Eugen Heinrich Eduard Ernst Brodhun, 1860–1938) einen Höhepunkt. Der Photometerwürfel besteht aus zwei dreieckigen Glasprismen (ABC und ADC), die entlang ihrer Hypotenusenflächen zusammengekittet sind (Abb. IV-3.6). An den Stellen Aa, bc, de wird die Oberfläche an einem der Prismen weggeschliffen, sodass dort das von (R) kommende Licht zum Fernrohr hin reflektiert wird, während das von (L) kommende Licht in

1

254

3 Wärmestrahlung

von der Normallichtquelle L1 L

von der zu messenden Lichtquelle L2 A

R

E a b

B

F

c d

D

e

zum Fernrohr C

2 1

Gesichtsfeld im Beobachtungsfernrohr

4 3

Abb. IV-3.6: Schematische Zeichnung des Photometerwürfels nach Lummer und Brodhun (nach E. P. Hyde and F. E. Cady, Journal of the Optical Society of America 6, 615 (1922)).

den Zwischenbereichen ab und cd zum Fernrohr hindurchtritt. Durch geeignet angebrachte Blenden erscheint das Licht von (L) in Form zweier trapezförmiger Flächen auf einem von (R) beleuchteten Untergrund. Bei gleicher Beleuchtung von (L) und (R) (I1 = I2 ), was durch die Verschiebung des Würfels auf der Photometerbank erreicht wird, erscheint das Gesichtsfeld gleichmäßig hell. Als physikalische Strahlungsdetektoren werden heute verwendet: Thermosäule – eine Kette von Thermoelementen zur Vergrößerung der insgesamt gemessenen Thermospannung (siehe Band III, Kapitel „Stationäre Ströme“, Abschnitt 2.2.6 und Fußnote 21); Thermistor (Bolometer) – gemessen wird die Änderung des elektrischen Widerstandes durch Erwärmung nach Strahlungsabsorption; Photozellen – benützen den äußeren photoelektrischen Effekt; Photodioden – benützen den inneren photoelektrischen Effekt;13 Photoplatten, CCD-Kameras – diese akkumulieren die eingestrahlte Energie, ihre Anzeige ist der Bestrahlung H (siehe Abschnitt 3.1.3) proportional.

13 In einem halbleitenden Material kann durch Strahlungsanregung die Zahl der Ladungsträger, z. B. bei der Diode in der „Sperrschicht“, erhöht werden.

3.2 Photometrie und Lichttechnik

255

3.2.3 Lichttechnik Die technische Anwendung von Licht erfolgt in zwei Bereichen, 1. in der Leuchttechnik, also der Lichterzeugung, und 2. in der Beleuchtungstechnik, das ist die Verteilung der Lichtleistung in Wohn- und Arbeitsräumen und auch in Sportanlagen. Für das Lichtbedürfnis der Menschen ausgedrückt als Beleuchtungsstärke (Bestrahlungsstärke) gilt etwa: Straßenbeleuchtung Wohnzimmer Arbeit–Lesen Präzisionsarbeit helle Mondnacht mondlose, klare Nacht Sonne mittags

     10 lx     200 lx     500 lx    1000 lx       0,2 lx       0,0005 lx    6000 lx 100 000 lx

(keine Farberkennung) Winter Sommer

Lichtausbeute ηv künstlicher Lichtquellen: normale Glühlampe (glühender Wolframfaden im Vakuum) Halogenlampe (Halogengas statt Vakuum) Leuchtdiode (LED, Halbleitermaterial sendet bei Stromdurchgang Licht aus) Leuchtstoffröhre (Gasentladungslampe bei niederem Hg-Gasdruck, UV-Strahlung der Entladung bringt Leuchtschicht an der Innenseite des Glaskolbens zum Leuchten im sichtbaren Bereich) Quecksilberdampflampe (HochdruckBogenentladung) Xenon-Hochdrucklampen Natriumdampflampe

10–15 lm/W (600–1500 lm)  40 lm/W (500 lm) 50–100 lm/W   ca. 60 lm/W (2300 lm)

 45 lm/W (4500 lm)   bis 40 lm/W (bis 105 lm für Projektionszwecke)  150 lm/W, praktisch monochromatische Strahlung bei λ = 589 nm und 589,6 nm (Natrium D-Doppellinie, siehe Kapitel „Wellenoptik“, Abschnitt 1.5.1, Beispiel ‚Auflösungsvermögen eines Prismas aus Flintglas‘ und Band V, Kapitel „Atomphysik“, Abschnitt 2.5.7, Beispiel ‚Näherungsweise, halbklassische Berechnung der Feinstrukturaufspaltung‘).

256

3 Wärmestrahlung

3.3 Wärmestrahlung, Kirchhoffsches Gesetz, Stefan-Boltzmann Gesetz Wenn wir einen Körper auf eine beliebige Temperatur T > 0 K bringen, so sendet er elektromagnetische Strahlung aus, und zwar ein kontinuierliches Spektrum, die Wärmestrahlung. Wir beschreiben zunächst 4 qualitative Erfahrungen: 1. Alle Körper strahlen sich gegenseitig Energie zu: wärmere werden abgekühlt, kältere werden erwärmt. Dies entspricht dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik (2. HS, siehe dazu Band II, Kapitel „Physik der Wärme“, Abschnitt 1.3.1.3, insbesondere ‚irreversible Zustandsänderungen‘). Stellt man z. B. zwei Hohlspiegel in einem Abstand von mehreren Metern so auf, dass sich im Brennpunkt des einen ein Thermoelement als Thermometer befindet, während man in den Brennpunkt des anderen Spiegels einen warmer Gegenstand bringt, so zeigt das Thermoelement eine Erwärmung an (Wärmestrahlung). Ersetzt man den warmen Gegenstand anschließend durch ein Gefäß mit Eiswasser, so fällt die Temperatur am Thermoelement („Kältestrahlung“: Wärmestrahlung vom Thermoelement zum kalten Gefäß). In beiden Fällen ist es der Nettoeffekt zwischen Zu- und Abstrahlung, der zur Wirkung gelangt. 2. Die Strahlstärke steigt stark mit wachsender Temperatur. Dies zeigt ein Strahlungsmesser (z. B. eine Thermosäule, siehe Abschnitt 3.2.2), der in die Nähe einer elektrischen Kochplatte gebracht wird, die mit einem Thermometer versehen ist. 3. Mit wachsender Temperatur ändert sich die Verteilung der Strahlstärke im Spektrum, d. h. die spektrale Verteilung der Strahlung. Ein elektrisch erhitzter Draht gibt bei niederen Temperaturen nur unsichtbare Wärmestrahlung ab (Infrarot), zeigt aber dann bei höheren Temperaturen zuerst Rotglut (ca. 800 °C), dann Gelbglut (ca. 1100 °C) und schließlich Weißglut (ab ca. 1300 °C). 4. Bei gleicher Temperatur strahlt ein lichtabsorbierender Körper mehr als ein für Licht durchlässiger. Erhitzt man in einer nichtleuchtenden Bunsenflamme verschiedene Glasstäbe, so sieht man als Leuchterscheinung: – Klares Glas absorbiert wenig und leuchtet ganz schwach; – Gefärbtes Glas absorbiert einen Teil des Lichts und leuchtet stark; – ein klares Glasrohr, das mit dem Pulver des gefärbten Glases gefüllt ist, leuchtet weniger als der massive, gefärbte Glasstab (das einfallende Licht wird gestreut und kann nicht ins Innere vordringen und absorbiert werden. Bringt man eine Kerzenflamme in das Licht eines Projektionsapparats, so sieht man ein dunkles Bild der Flamme, da die Rußteilchen das sichtba-

3.3 Wärmestrahlung, Kirchhoffsches Gesetz, Stefan-Boltzmann Gesetz

257

re Licht der Projektionslampe absorbieren;14 die thermische Lichterzeugung durch die Flamme erfolgt durch die Strahlung fester, glühender, das sichtbare Licht der heißeren Projektorlampe absorbierender Rußteilchen. Die entscheidende Frage lautet: „Wie hängt die Strahldichte eines Körpers in den einzelnen Bereichen des Spektrum von der Temperatur ab?“. Sie konnte, wie wir sehen werden, im Rahmen der Vorstellungen der klassischen Physik nicht zufriedenstellend beantwortet werden und führte zu einer neuen Vorstellung vom Wesen des Lichts, nämlich seiner quantenhaften Natur.

3.3.1 Emissions- und Absorptionsgrad Die Strahlstärke der Wärmestrahlung wächst, wie wir gerade gesehen haben, mit der Temperatur, außerdem ändert sich die spektrale Verteilung der Strahlungsenergie charakteristisch mit der Temperatur. Wir benötigen daher die strahlungsphysikalischen Größen für die Strahldichte, den Reflexionsgrad, den Transmissionsgrad und den Absorptionsgrad in einem kleinen Wellenlängen- oder Frequenzintervall. Dazu bilden wir die spektrale Dichte einer strahlungsphysikalischen Größe X

X​ν​ =

d​X​ , d​ν​

X​λ​ =

d​X​ d​λ​

spektrale Dichte.

(IV-3.24)

c​ c​ d​λ​ c​ ⇒ = − 2 , d​λ​ = − 2 d​ν​. Es ν​ d​ν​ ν​ ν​ gilt daher Xν ≠ Xλ ,15 auch die Maxima der beiden Verteilungen Xν (ν) und Xλ(λ) liegen nicht bei der gleichen Wellenlänge bzw. Frequenz! Siehe dazu die Abb. IV-3.16 in Abschnitt 3.4.4. Wir definieren als spektrale Dichtefunktionen der Strahlung:

Dabei beachten wir, dass d​X​ = X​ν​ d​ν​ = X​λ​ d​λ​ und λ​ =

w​ν​ (ν​) =

d​w​ d​ν​

bzw.

w​λ​ (λ​) =

d​w​ d​λ​

spektrale Energiedichte.

(IV-3.25)

14 Die emittierenden, glühenden Russteilchen sind kälter als der Glühfaden der Projektorlampe, sodass sie auch nach Absorption der Projektorstrahlung, wodurch sie nur geringfügig erwärmt werden, in dessen Strahlungsfeld dunkler erscheinen. d​X​ d​X​ d​λ​ c​ 15 Denn: X​ν​ = = ⋅ = −X​λ​ ⋅ . d​ν​ d​λ​ d​ν​ ν​ 2

258

3 Wärmestrahlung

Für die gesamte Energiedichte der Strahlung ergibt sich dann ∞​

w​ = ∫ w​ν​ d​ν​ .

(IV-3.26)

ν​ = 0

Weiters:

R​ (λ​) =

d​ 3 Φλ​,r​ 3

spektraler Reflexionsgrad,16

(IV-3.27)

d​ Φλ​,e​ d3Φλ,e ist dabei die im Raumwinkelelement dΩ durch das Flächenelement d​A⇀​ im Wellenlängenintervall dλ einfallende Strahlungsleistung („Nadelstrahlung“, siehe dazu auch Kapitel „Geometrische Optik“, Abschnitt 2.1.1). Der Index λ weist darauf hin, dass es sich um Strahlung im Intervall (λ, λ + dλ) handelt. d3Φλ,r ist der an einer Wand reflektierte Anteil von Φλ,e .

T​ (λ​) =

d​ 3 Φλ​,t​ d​ 3 Φλ​,e​

A​ (λ​) =

d​ 3 Φλ​,a​ d​ 3 Φλ​,e​

spektraler Transmissionsgrad,

(IV-3.28)

spektraler Absorptionsgrad.

(IV-3.29)

Die Indizes t bzw. a bezeichnen die an einer Wandfläche durchgehende bzw. absorbierte Strahlungsleistung. R, T, A sind dimensionslose Materialkennzahlen mit Werten zwischen 0 und 1. Wenn wir voraussetzen, dass weder Streuprozesse mit Wellenlängenänderung noch andere Strahlungserzeugung (Lumineszenz) vorliegen, muss wegen der Energieerhaltung gelten R​ (λ​) + T​ (λ​) + A​ (λ​) = 1 .

(IV-3.30)

Zur Charakterisierung des Emissionsverhaltens von Strahlungsquellen (Temperad​L​ turstrahlen) definieren wir noch den spektralen Emissionsgrad mit L​λ​ = d​λ​

16 Da in allen folgenden Überlegungen immer „Strahlen“ in einem engen Winkelbereich dΩ durch ein Flächenelement d​A⇀​ im Wellenlängenintervall dλ betrachtet werden (man spricht auch von „Nadelstrahlung“), gilt bei der Definition von R(λ), bzw. T(λ) und A(λ) stets: 3 3 d​ Φ = L​λ​ cos ​ε​ ⋅ d​A​ ⋅ d​Ω ⋅ d​λ​, d​ Φ ist also ein dreifaches Differential.

259

3.3 Wärmestrahlung, Kirchhoffsches Gesetz, Stefan-Boltzmann Gesetz

E​ (λ​) =

L​λ​ L​λ​,S​

spektraler Emissionsgrad,

(IV-3.31)

wobei Lλ,S die emittierte spektrale Strahldichte des „schwarzen Strahlers“ (schwarzen Körpers) ist, die im folgenden Abschnitt 3.3.2 definiert wird. Auch der Zahlenwert von E liegt zwischen 0 und 1 .17

3.3.2 Der schwarze Körper (black body) Wir definieren den schwarzen Körper (schwarzer Strahler, black body) so: Der schwarze Körper (= der schwarze Strahler) absorbiert vollständig alle auf ihn auftreffende Strahlung.

Damit gilt A​S​ (λ​,T​) ≡ 1 .18

(IV-3.32)

Daraus folgt unmittelbar, dass sein Transmissions- und Reflexionsgrad verschwinden müssen T​S​ = R​S​ = 0 .

(IV-3.33)

Schon 1860 beschrieb G. Kirchhoff (Gustav Robert Kirchhoff, 1824–1887) seine Vorstellung vom ‚schwarzen Körper‘ so:19 Wenn ein Raum von Körpern gleicher Temperatur umschlossen ist und durch diese Körper keine Strahlen durchdringen können, so ist ein jedes Strahlenbündel im Innern des Raumes seiner Qualität und Intensität nach gerade so beschaffen, als ob es von einem vollkommen schwarzen Körper derselben Temperatur herkäme, ist also unabhängig von der Beschaffenheit und Gestalt der Körper und nur durch die Temperatur bedingt.

17 Der Index S zeigt hier und im Folgenden an, dass sich die indizierte Größe auf den schwarzen Körper bezieht. 18 Es ist aber zu beachten, dass der schwarze Körper gleichzeitig auch Strahlung im maximal möglichen Umfang emittiert, die, wie nachfolgend gezeigt wird, eine spezielle Zusammensetzung aufweist. 19 G. Kirchhoff, Annalen der Physik 19, 292 (1860).

1

260

3 Wärmestrahlung

Da die Experimentatoren in der Strahlungsphysik damals zunächst aber nicht den Ideen von Kirchhoff folgten, sondern erhitzte Metallplatten mit aufgerauten und geschwärzten Oberflächen verwendeten, gelang die Realisierung eines geeigneten schwarzen Körpers (eines geeigneten Hohlraums) als Strahlungsnormal erstaunlicherweise erst 1895 Lummer und Wien20 und in verbesserter Form 1898 Lummer, Kurlbaum (Ferdinand Kurlbaum, 1857–1927) und Pringsheim (Ernst Pringsheim sen., 1859–1917) an der ‚Physikalisch Technischen Reichsanstalt‘ in Berlin (Abb. IV-3.7). Der Hohlraum „verschluckt“ durch vielfache Absorption und diffuse Reflexion im Inneren die gesamte einfallende Strahlung. Ist der Körper, der den Hohlraum umfasst, bei der Temperatur T im Gleichgewicht (GG), so dringt aus einem Loch seiner Wandung unabhängig von ihrer stofflichen Natur jene Strahlung, die genau der Temperatur T als ‚schwarze Strahlung‘ entspricht: Das Loch mit dem dahinter liegenden Hohlraum kommt daher dem idealen „schwarzen Körper“ am nächsten, es wirkt als Strahlungsquelle der „schwarzen Strahlung“.21 Wesentlich ist die überall gleiche Temperatur der den Hohlraum umfassenden Wände; dann ist die austretende schwarze Strahlung völlig unabhängig von der Beschaffenheit im Inneren: Jedes Flächenelement hat die gleiche Strahldichte LS . Stärker absorbierende Flächenelemente emittieren selbst auch mehr und reflektieren weniger von der Strahlung aller übrigen Flächenelemente. Schwächer absorbierende Flächenstücke emittieren selbst auch weniger, reflektieren aber mehr von der auf sie einfallenden Strahlung der anderen Flächenstücke. Dann hängt die aus dem schwarzen Körper austretende Strahlung nur mehr von der Temperatur T ab. Die Strahlung ist homogen (unabhängig vom Ort im Hohlraum), isotrop (richtungsunabhängig) und unpolarisiert.22

1

In der aus dem Hohlraum austretenden schwarzen Strahlung ist keine Struktur des Inneren erkennbar. Die spektrale Strahldichte des schwarzen Körpers L​λ​,S​ ist die bestimmende Größe der im Hohlraum vorhandenen Wärmestrahlung.

20 Wilhelm Carl Werner Otto Fritz Franz Wien, 1864–1928. Für seine Entdeckungen zu den Strahlungsgesetzen erhielt er 1911 den Nobelpreis. 21 Da das Loch eigentlich eine „Fehlstelle“ in der geschlossenen Wandung darstellt, nähert sich die austretende Strahlung umso besser der schwarzen Strahlung an, je kleiner die Lochfläche im Verhältnis zur umschließenden Wandfläche ist. Ein hoher Absorptionsgrad der Wandflächen ist vorteilhaft, um alle einfallende Strahlung zu verschlucken. Wir nehmen im Folgenden einfachheitshalber an, dass das Innere des Hohlraums evakuiert ist (eine Luftfüllung kommt dem sehr nahe). 22 Die angegebenen Eigenschaften der Hohlraumstrahlung werden mit Hilfe zweier, aus verschiedenen Stoffen bestehender Hohlraumstrahler in einer gemeinsamen Hülle im thermischen GG bewiesen. Wie immer man die beiden Strahleröffnungen gegeneinander anordnet, das Strahlungsgleichgewicht bleibt erfahrungsgemäß erhalten: Die Strahldichten LW der beiden Hohlraumstrahlungen müssen immer gleich sein.

3.3 Wärmestrahlung, Kirchhoffsches Gesetz, Stefan-Boltzmann Gesetz

261

elektrisch geheiztes Platinrohr

schwarze Strahlung

Hohlaum

Thermoelement

geschwärztes Keramikrohr

Abb. IV-3.7: Der ‚elektrisch geglühte‘ schwarze Körper (ein Hohlraum) nach Lummer und Kurlbaum (publiziert in: Annalen der Physik, 5, 829 (1901)).

3.3.3 Das Kirchhoffsche Gesetz (1859) Das thermische GG der Wärmestrahlung wird im Inneren des Hohlraums durch ihre Wechselwirkung mit der Materie der Wände aufrechterhalten, indem von den Wandelementen Strahlung absorbiert, reflektiert und emittiert wird. Im thermischen GG können daher die Emissions-, Reflexions- und Absorptionsvorgänge nicht voneinander unabhängig sein. Wir betrachten ein Flächenelement dA2 eines Körpers oder der Wand des Hohlraums im thermischen GG mit der ihn umgebenden Wärmestrahlung: Die auffallende Strahlungsenergie wird ständig absorbiert und reflektiert, außerdem emittiert das Flächenelement gleichzeitig auch Strahlung; im GG, bei dem die Temperatur T konstant ist, müssen sich alle diese Prozesse im Mittel gegenseitig kompensieren, damit die Intensitätsverteilung der Strahlung über die verschiedenen Wellenlängen und Ausstrahlungsrichtungen im Mittel unverändert bleibt. Energiebilanz bei Wärmestrahlung Die Strahlungsleistung der Wärmestrahlung d​Φe​ falle, ausgehend von einem Flächenelement dA1 im Hohlraum (Neigungswinkel ε1 ), in das Raumwinkelelement d​Ω2 des undurchsichtigen (keine Transmission!) Flächenelements d​A​2 des Körpers (Wand) mit dem Winkel ε​2 gegen die Flächennormale (Abb. IV-3.8). Dann

262

3 Wärmestrahlung

gilt nach dem Grundgesetz der Strahlungsübertragung vom Flächenelement dA1 zum Wandelement dA2 , wenn sie sich im Abstand R voneinander befinden (siehe Abschnitt 3.1.4, Gl. IV-3.19) mit der Strahldichte LW der Wärmestrahlung:

2

cos ​ε​1 d​A1​

W​

d​ Φe​ ,2 = L​ cos ​ε2​ d​A2​

2

23

W​

R​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

= L​ cos ​ε​2 d​A2​ d​Ω2 .

(IV-3.34)

d​Ω

2

Flächenelement dA1 im Hohlraum, Strahldichte LW(λ ,T ) dΩ2 dA1

ε2 dA2

ε1

Wärmestrahlung d2Φe,2

Wandelement dA2, Emissionsvermögen L λ,2

Abb. IV-3.8: Zur Energiebilanz bei Wärmestrahlung. Zustrahlung vom Hohlraum-Flächenelement dA1 in das Raumwinkelelement dΩ2 des Flächenelements dA2 der Wand.

Dabei ist LW die Strahldichte der Wärmestrahlung im Hohlraum, die durch dA1 unter dem Winkel ε1 hindurchtritt, d 2 Φe,2 die auf das Wandelement dA2 auffallende Strahlungsleistung. Wir betrachten jetzt nur die aus einem bestimmten Wellenlängenintervall dλ auf dA2 auftreffende spektrale Strahlungsleistung: d​L​ W​ d​ 2 (d​ Φe​ ,2 ) = cos ​ε​2 d​A2​ d​Ω2 d​λ​ d​λ​

(IV-3.35)

d​ 3 Φλ​ ,e​,2 = L​ λW​​ cos ​ε​2 d​A2​ d​Ω2 d​λ​ .

(IV-3.36)

bzw.

w​

L​ λ​ =

d​L​ w​ ist die spektrale Strahldichte der Wärmestrahlung (Einheit: Wm−3 sr−1) .24 d​λ​

23 Es gilt: 2

W​

W​

d​ Φe​,2 = L​ (d​A1​ cos​ ε​1) ⋅ d​Ω1 = L​ (d​A1​ cos​ ε​1) ⋅

d​A2​ cos​ ε​2 R​

2

= d​A​2 cos​ ε​2

d​A1​ cos​ ε​1 R​

2

= d​A2​ cos​ ε​2 ⋅ d​Ω2 .

Siehe dazu auch Abb. IV-3.9. 24 Wird die Strahldichte auf ein Frequenzintervall dν statt auf ein Wellenlängenintervall dλ bezogen, so ist die Einheit der spektralen Strahldichte Wm−2 Hz−1 sr−1.

263

3.3 Wärmestrahlung, Kirchhoffsches Gesetz, Stefan-Boltzmann Gesetz

Für den Absorptionsgrad der Wandfläche dA2 gilt A​2 = in dA2 absorbierten Anteil der einfallenden Strahlung

d​ 3 Φλ​ ,a​,2 d​ 3 Φλ​ ,e​,2

d​ 3 Φλ​ ,a​,2 = A​2 d​ 3 Φλ​ ,e​,2 = A​2 L​ λw​​ cos ​ε2​ d​A2​ d​Ω2 d​λ​ ,

und daher für den

(IV-3.37)

der Rest wird reflektiert, da der Transmissionsgrad laut Voraussetzung gleich Null ist. Für die vom Flächenelement dA2 des Körpers in das Raumwinkelelement dΩ1 des Hohlraums emittierte Strahlungsleistung, die ein Flächenelement dA1 des Hohlraums unter dem Winkel ε1 durchdringt, gilt analog mit dem Emissionsvermögen L​ λ​,2 (Abb. IV-3.9) d​ 3 Φλ​ ,1 = L​ λ​,2 cos ​ε​1 d​A1​ d​Ω1 d​λ​ .

dΩ1

(IV-3.38)

ε2 dA2

ε1 dA1 Flächenelement dA1 im Hohlraum

Emission vom Wandelement dA2

Abb. IV-3.9: Zur Energiebilanz bei Wärmestrahlung. Zustrahlung vom Flächenelement dA2 der Wand in das Raumwinkelelement dΩ1 des Hohlraum-Flächenelements dA1.

L​ λ​,2 ist jetzt die spektrale Strahldichte der vom Wandflächenelement dA2 emittierten Strahlung der Wellenlänge λ. Unter der weiteren Voraussetzung, dass weder Streu- noch Lumineszenzprozesse vorliegen, geschieht die Reflexion am Wandelement dA2 elastisch, ohne Wellenlängenänderung, also ohne Energieaufnahme. Die vom Flächenelement dA2 aus einer bestimmten Raumrichtung absorbierte Strahlungsleistung muss deshalb im thermischen GG durch die Strahlung kompensiert werden, die im Wellenlängenintervall dλ vom betrachteten Flächenelement dA2 des Körpers selbst in die gleiche Richtung und mit der gleichen Wellenlänge wie die auffallende Strahlung emittiert wird.25 Im thermischen GG muss daher gelten d​ 3 Φλ​ ,a​,2 = d​ 3 Φλ​ ,1

25 Prinzip des „detaillierten Gleichgewichts“.

(IV-3.39)

264

3 Wärmestrahlung

oder W​

A​2 L​ λ​ cos ​ε​2 d​A2​ d​Ω2 d​λ​ = L​ λ​,2 cos ​ε​1 d​A1​ d​Ω1 d​λ​ .

Mit den Beziehungen für die Raumwinkel d​Ω1 =

cos ​ε​2 d​A2​

erhält man daraus

R​

2

und d​Ω2 =

L​ λ​,2 (λ​,T​) w​ = L​ λ​ (λ​,T​) . A​2 (λ​,T​)

(IV-3.40) cos ​ε​1 d​A1​ R​ 2

(IV-3.41)

Diese Beziehung gilt für alle Flächenelemente i: i​

L​ λ​ (λ​,T​) w​ = L​ λ​ (λ​,T​) = const.​ A​i​ (λ​,T​)

(IV-3.42)

Für den Absorptionsgrad eines schwarzen Flächenelements gilt andererseits AS ≡ 1, w​ wodurch die Strahldichte L​ λ​ der Hohlraumstrahlung als die Strahldichte L​λ​,S​ der von der schwarzen Fläche (AS = 1) ausgehenden Strahlung (der „schwarzen Strahlung“) bestimmt ist L​λ​,S​ (λ​,T​) = L​ λw​​ (λ​,T​) .

(IV-3.43)

Damit erhalten wir L​λ​ (λ​,T​) = L​λ​,S​ (λ​,T​) A​ (λ​,T​)

1

Kirchhoffsches Gesetz (1859).26

(IV-3.44)

Das Verhältnis der spektralen Strahldichte der von einem beliebigen, undurchsichtigen Körperelement dA ausgehenden Strahlung (= Emissionsvermögen, emissivity) zu seinem Absorptionsgrad ist gleich der spektralen Strahldichte eines schwarzen Strahlers (A = 1), also der Wärmestrahlung. Den spektralen Emissionsgrad haben wir oben (Abschnitt 3.3.1, Gl. IV-3.31) so deL​λ​ . Damit ergibt sich für jeden beliebigen strahlenden Körper finiert: E​ (λ​) = L​λ​,S​

26 Die Strahldichte der schwarzen Strahlung Lλ,S stellt sich im GG auch dann ein, wenn kein einziges Flächenelement an der Wandung „schwarz“ (A = 1) ist! (siehe Ende Abschnitt 3.3.2)

3.3 Wärmestrahlung, Kirchhoffsches Gesetz, Stefan-Boltzmann Gesetz

E​ (λ​,T​) = A​ (λ​,T​)

Kirchhoffsches Gesetz.

265 (IV-3.45)

Bei gegebener Wellenlänge und Temperatur ist der spektrale Emissionsgrad eines beliebigen Strahlers gleich seinem spektralen Absorptionsgrad.

1

Bei Kenntnis des leicht messbaren Absorptionsgrades A(λ,T) und der Strahldichte der schwarzen Strahlung Lλ,S(λ,T) (siehe Abschnitt 3.4 ‚Die spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung‘) kann mit Hilfe des Kirchhoffschen Gesetzes das schwer bestimmbare Emissionsvermögen Lλ(λ,T) jedes Strahlers berechnet werden. Gemäß der Definition des schwarzen Körpers ist das maximal mögliche Absorptionsvermögen eines beliebigen Körpers gleich dem Absorptionsvermögen des schwarzen Körpers, d. h. A(λ,T)max = AS(λ,T) = 1. Das muss auch für den Emissionsgrad gelten:

Der schwarze Körper hat unter allen Körpern den größten Emissionsgrad E​S​ (λ​,​T ​) = 1 .

Schreibt man z. B. auf ein Platinblech bei Raumtemperatur mit schwarzer Tusche einen Buchstaben, so erscheint dieser, wenn das Blech auf Rotglut erhitzt wird, heller als das ihn umgebende Blech: Der geschwärzte Blechteil hat einen höheren Absorptionsgrad und damit auch einen höheren Emissionsgrad.

3.3.4 Das Stefan-Boltzmannsche Gesetz Der Hohlraum des schwarzen Körpers (schwarzen Strahlers) ist mit Strahlungsenergie gefüllt, die über die Wellenlänge ungleichförmig verteilt ist, die aber insgesamt nur eine Funktion der Temperatur ist. Wir wollen jetzt die Energiedichte der schwarzen Strahlung im Hohlraum berechnen. Dazu legen wir ein Flächenelement dA ins Innere des Hohlraums eines schwarzen Körpers und betrachten die Strahlung, die durch dA im Raumwinkelelement dΩ in eine Richtung hindurchtritt, die mit der Flächennormalen e​⇀n​ von dA den Winkel ε bildet (Abb. IV-3.10). Die Strahlung legt im Zeitintervall dt die Strecke c ⋅ dt zurück, d. h., sie ist in einem Zylinder mit Grundfläche dA cos ε und Höhe cdt enthalten. Das Volumen V W dieses mit Strahlung gefüllten Zylinders ist daher V​ W​ = c​ cos ​ε​ d​A​ d​t​ .

(IV-3.46)

1

266

3 Wärmestrahlung

dA⋅cos ε dA, Flächenelement im Hohlraum

ε ε



c⋅dt

en



Abb. IV-3.10: Zur Berechnung der Energiedichte der schwarzen Strahlung im Hohlraum mit Hilfe eines gerichteten Strahls im Raumwinkelelement dΩ.

Für die Strahlungsleistung dΦ, die durch das Flächenelement dA in Richtung ε gegen die Flächennormale in den Raumwinkel dΩ hindurchtritt, gilt nach dem Grundgesetz der Strahlungsübertragung 2 d​ Φ = L​S​ cos ​ε​ d​A​ d​Ω =

d​WS​ ​ d​t​

(IV-3.47)

und wir erhalten für die im Volumen V W des Hohlraums im Zeitelement dt enthaltene Energie d​WS​ ​ = L​S​ cos ​ε​ d​A​ d​Ω d​t​ .

(IV-3.48)

Damit ergibt sich für die Energiedichte der gerichteten Strahlung27 d​wS​ ​ =

d​WS​ ​ V​

W​

=

L​S​ cos ​ε​ d​A​ d​Ω d​t​ L​S​ = d​Ω . c​ cos ​ε​ d​A​ d​t​ c​

(IV-3.49)

Da die Stahldichte LS der schwarzen Strahlung im Hohlraum homogen und isotrop ist (vgl. Ende Abschnitt 3.3.2), ergibt sich die Energiedichte wS der ungerichteten schwarzen Strahlung durch Integration über 4 π (ganzer Raum), wobei LS vor das Integral gezogen werden kann: 4 π​

w​S​ =

L​S​ 4 π​ ∫ d​Ω = ⋅ L​S​ c​ 0 c​

Energiedichte der schwarzen Strahlung.

(IV-3.50)

27 Je „schärfer“ der Strahl ist (dΩ → 0), desto kleiner ist seine Energiedichte (dwS → 0).

3.3 Wärmestrahlung, Kirchhoffsches Gesetz, Stefan-Boltzmann Gesetz

267

Wir wollen jetzt den Druck der Strahlung auf die Wände des Hohlraums berechnen. Über den Strahlungsdruck der elektromagnetischen Wellen (siehe Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.4, Gl. III-5.153) wissen wir: Bei gerichteter Strahlung ist der Strahlungsdruck gleich der Energiedichte, also P​S​ = w​E​M​ .

(IV-3.51)

Der Druck auf eine Wandfläche ist wegen der Impulsumkehr doppelt so groß: PWand = 2 wS . Ist die Strahlung dagegen ungerichtet wie hier im Hohlraum, so ist der auf ein Wandelement ausgeübte Druck nur ¹⁄₃ davon. Wie die genaue Überlegung zeigt 28, gilt P​S​ =

1 w​S​ .29 3

(IV-3.52)

28 Aus Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen Wellen“ Abschnitt 5.5.4, Beispiel ‚Berechnung des Strahlungsdrucks einer ebenen EM-Welle‘ ist bekannt, dass für den Impuls I einer gerichteten Strahlungsenergie dE (zur Vermeidung von Verwechslungen mit d​E​ dem Druck P bezeichnen wir hier den Impuls mit I) gilt: d​I​ = . Wir betrachten einen Strahl 1, der c​ unter dem Winkel ε auf ein Flächenelement dA der Wand auffällt.



dI2

2

dΩ ε

ε



1

dI1 dA

Wegen der Isotropie der Hohlraumstrahlung gibt es – unabhängig von der Beschaffenheit von dA – immer einen Strahl 2, der dA unter demselben Winkel ε verlässt („scheinbare Reflexion“). Für d​E​1 1 den Impuls I von 1 gilt: d​I1​ = = L​S​ cos ​ε​ d​A​ d​Ω d​t​ . Die Impulsänderung der „reflektierten“ c​ c​ Strahlung liegt senkrecht zu dA und beträgt: ΔI​⇀= 2 d​I⇀​1 cos ​ε​ . Daraus ergibt sich der Druck auf dA ⇀| |ΔI​ 2 L​S​ 2 L​S​ zu d​P​ = = cos​ 2 ε​ d​Ω = cos​ 2 ε​ sin ε​ d​ε​ d​φ​ und der Gesamtdruck im Hohlraum wird d​t​ ⋅ d​A​ c​ c​ 2π​ π/​2​

P​ = ∫



0

0

2 L​S​ c​

cos​ 2 ε​ sin ​ε​ d​ε​ d​φ​ =

4 π​ L​S​ 3 c​

=

w​S​ 3

.

29 Analog hierzu ist der Druck im idealen Gas P​ =

2 3

w​ (w … Energiedichte), wobei der Faktor 2

daher kommt, dass sich für den Impuls eines Gasmoleküls I​ = gerichteten elektromagnetischen Strahls der Energie E ja I​ =

E​ c​

2 E​ υ​

ergibt, während der Impuls eines

beträgt.

268

3 Wärmestrahlung

Ludwig Boltzmann verglich 1884 den Druck der Strahlung im Hohlraum mit jenem eines idealen Gases, dessen Zustand ebenfalls nur durch die Zustandsvariablen P, V, T bestimmt ist. Mit Hilfe des 1. und 2. Hauptsatzes der Thermodynamik kann dann die Energiedichte wS der schwarzen Strahlung im gesamten Hohlraum als Funktion der Temperatur gewonnen werden.30 Wir folgen hier dem Weg, den Boltzmann eingeschlagen hat, überlegen dazu aber zunächst eine Eigenschaft von Funktionen, deren vollständiges Differential existiert. 1

Der Zustand eines Systems sei (im einfachsten Fall) durch 2 unabhängige Variable, die Temperatur T und das Volumen V festgelegt. Dann müssen auch alle anderen zu diesem Zustand gehörenden Größen, die Zustandsgrößen, Funktionen von T und V sein. Zustandsgrößen – sie legen den Zustand eines Systems fest – sind z. B. der Druck P, die innere Energie U, die Entropie S. Es muss daher gelten P = P(V,T),

U = U(V,T),

S = S(V,T) .

In der Thermodynamik wird oft die funktionale Abhängigkeit einer Größe nicht durch eine explizite Funktion, z. B. P(V,T), beschrieben, sondern durch ihren differentiellen Zuwachs bei Änderung der Variablen, z. B. d​P​ = (

∂​P​ ∂​P​ ) d​T​ + ( ) d​V​ ∂​T​ V​ ∂​V​ T​

(totales Differential).

Es sei nun ganz allgemein eine Funktion F = F (x,y) gegeben durch ihr differentielles Verhalten (vollständiges Differential) d​F​ = A​ (x​,y​)d​x​ + B​ (x​,y​)d​y​ . y

(x + dx,y + dy)

dy (x,y) dx

x

30 Der entscheidende und revolutionäre Schritt Boltzmanns war die Anwendung des Begriffs der Entropie auf die Hohlraumstrahlung, nachdem er schon vorher der Strahlung eine Temperatur zugeschrieben hatte (diese kann von der Wandtemperatur des Hohlraums verschieden sein, solange sich der schwarze Körper noch nicht im thermischen Gleichgewicht befindet).

269

3.3 Wärmestrahlung, Kirchhoffsches Gesetz, Stefan-Boltzmann Gesetz

Andererseits muss aber entsprechend der Skizze für eine Funktion F(x,y), die nur von den Werten (x,y) abhängt, nicht aber vom „Weg“ auf dem man zu F(x,y) gelangt (sogenannte Zustandsfunktion, siehe auch Band II, Kapitel „Physik der Wärme“, Abschnitt 1.3.2.3), gelten d​F​ = F​ (x​ + d​x​,y​ + d​y​) − F​ (x​,y​) =

∂​F​ ∂​F​ d​x​ + d​y​ . ∂​x​ ∂​y​

Das heißt aber, dass die Funktionen A(x,y) und B(x,y) nicht beliebig sein dürfen, wenn durch sie wirklich eine Zustandsfunktion F(x,y) erklärt sein soll, da ja von oben folgt A​ =

∂​F​ ∂​x​

und

B​ =

∂​F​ . ∂​y​

Damit gilt für die zweifachen Ableitungen ∂​A​ ∂​ ∂​F​ ∂​ 2F​ = ( )= ∂​y​ ∂​y​ ∂​x​ ∂​y​ ∂​x​

und

2 ∂​B​ ∂​ ∂​F​ ∂​ F​ = ( )= . ∂​x​ ∂​x​ ∂​y​ ∂​x​ ∂​y​

Da die Differentiale im Nenner vertauschbar sein müssen, folgt ∂​A​ ∂​B​ = ∂​y​ ∂​x​

Integrabilitätsbedingung für das vollständige Differential dF.

Wir schreiben jetzt die beiden Hauptsätze der Thermodynamik an (siehe Band II, Kapitel „Physik der Wärme“, Abschnitt 1.3.1.1, Gl. II-1.118 und 1.3.1.3, Gl. II-1.175): d​U​ = d​Q​ + d​W​

1. Hauptsatz (1. HS),

(IV-3.53)

mit dQ > 0 und dW > 0 für zugeführte Wärme und zugeführte (am System verrichtete) Arbeit; d​S​ =

d​Q​ T​ ⏟

2. Hauptsatz (2. HS). 31

differentielle​ reduzierte​ Wärmemenge​

31 Wir setzen hier reversible Wärmezufuhr dQ voraus – andernfalls wäre dS > dQ/T !

(IV-3.54)

270

3 Wärmestrahlung

Wenn wir dQ aus Gl. (IV-3.53) in Gl. (IV-3.54) einsetzen, erhalten wir d​S​ =

d​U​ − d​W​ . T​

(IV-3.55)

Die Entropie S ist eine Zustandsgröße, es kann daher das totale Differential dS gebildet werden. Wir betrachten die unabhängigen Variablen T und V und schreiben die mechanische Arbeit dW als Volumenarbeit, die bei Veränderung des Hohlraumvolumens um dV geleistet werden muss (Kompression, also dV < 0, bedeutet damit am System verrichtete (zugeführte) Arbeit) d​W​ = −P​ d​V​ .

(IV-3.56)

Außerdem bilden wir das vollständige Differential der inneren Energie d​U​ =

∂​U​ ∂​U​ d​T​ + d​V​ . ∂​T​ ∂​V​

(IV-3.57)

Oben in die Entropiegleichung (IV-3.55) eingesetzt, ergibt das

d​S​ =

1 ∂​U​ 1 ∂​U​ d​T​ + ( + P​) d​V​ . T​ ∂​T​ T​ ∂​V​

(IV-3.58)

Es muss die Integrabilitätsbedingung gelten, daraus folgt ∂​ 1 ∂​U​ ∂​ 1 ∂​U​ ∂​ P​ ∂​ 1 ∂​U​ ( )= [ ( ( )+ + P​)] = ∂​V​ T​ ∂​T​ ∂​T​ T​ ∂​V​ ∂​T​ T​ ∂​V​ ∂​T​ T​



1 ∂​ 2 U​ 1 ∂​U​ 1 ∂​ 2U​ P​ 1 ∂​P​ =− 2 + − 2+ , T​ ∂​V​ ∂​T​ ∂​ V ​ T​ ∂​ V ​ ∂​ T ​ T​ ∂​T​ T​ T​

(IV-3.59)

(IV-3.60)

und damit ∂​U​ ∂​P​ = T​ − P​ . ∂​V​ ∂​T​

(IV-3.61)

Diese Beziehung gilt ganz allgemein für jede Substanz, für die P, V, T und U definiert sind. Wir wenden uns jetzt wieder dem Hohlraum zu. Der Hohlraum ist im GG mit den Wänden der Temperatur T und enthält die Energiedichte wS der elektromagne-

3.3 Wärmestrahlung, Kirchhoffsches Gesetz, Stefan-Boltzmann Gesetz

271

tischen Strahlung, die nur von T abhängt. Für die Gesamtenergie im Hohlraum mit dem Volumen V gilt dann U​ = V​ ⋅ w​S​ (T​)

Das setzen wir oben in Gl. (IV-3.61) für Wert P​S​ =



∂​U​ = w​S​ . ∂​V​

(IV-3.62)

∂​U​ ein und verwenden für den Druck P den ∂​V​

1 w​S​ aus Gl. (IV-3.52). Damit erhalten wir 3 ∂​U​ 1 d​wS​ ​ 1 = w​S​ = T​ ⋅ ⋅ − w​S​ ∂​V​ 3 d​T​ 3

(IV-3.63)

d​wS​ ​ 3 1 4 w​S​ = (w​S​ + w​S​ ) = . d​T​ T​ 3 T​

(IV-3.64)

und daher

Das gibt die Differentialgleichung d​wS​ ​ d​T​ =4 , w​S​ T​

(IV-3.65)

die wir sofort integrieren können (Integrationskonstante ln a) ln​ w​S​ = 4 ln​ T​ + ln​ a​ .

(IV-3.66)

Durch Entlogarithmieren ergibt sich w​S​ = a​ ⋅ T​ 4 .

(IV-3.67)

Die Energiedichte wS im Hohlraum ist daher proportional zu T 4. Wir haben oben berechnet (Gl. IV-3.50), dass für die Energiedichte der schwar4 π​ L​S​ gilt und erhalten so, dass auch die Strahldichte der zen Strahlung w​S​ = c​ schwarzen Strahlung – d. h. des schwarzen Körpers – proportional zu T 4 ist L​S​ =

c​ ⋅ a​ 4 ⋅ T​ . 4 π​

(IV-3.68)

272

3 Wärmestrahlung

Für die spezifische Ausstrahlung eines Lochs im Hohlraum von der Größe dA, also des schwarzen Körpers, erhalten wir damit aufgrund der Isotropie der Hohlraumstrahlung (diffuse Lambert-Strahlung, siehe Abschnitt 3.1.3) mit den Gln. (IV-3.14) und (IV-3.20):32

M​S​ =

d​Φ = L​S​ d​A​

= π​ ⋅ L​S​ =

2 π​



cos ​ε​ d​Ω = L​S​ ∫

Ω Halbraum​

c​ ⋅ a​ 4 ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

π​ ∕ 2



sin ​θ​ cos ​θ​ d​θ​ d​φ​ =

φ​ = 0 θ​ = 0

⋅ T​ 4 .

(IV-3.69)

σ​

Es gilt somit M​S​ = σ​T​ 4

Stefan-Boltzmannsches Gesetz, 33

(IV-3.70)

mit σ​ = 5,670 374 419 ... ⋅ 10−8 W m−2 K−4 , exakt

Stefan-Boltzmann Konstante.

(IV-3.71)

Der numerische Wert von σ kann aus thermodynamischen Überlegungen nicht erhalten werden und wurde zunächst experimentell ermittelt. Erst die Quantentheorie der Hohlraumstrahlung gestattet die Berechnung von σ aus fundamentalen Naturkonstanten zu (siehe dazu Ende Abschnitt 3.4.4, Gl. IV-3.144) 4

σ​ =

2 5 k​ = 5,670 374 419 ... ⋅ 10−8 W m−2 K −4 , exakt. π​ 15 h​ 3 c​ 2

32 ε wird in Kugelkoordinaten zu θ und variiert von 0 bis π/2. Damit der gesamte Halbraum erfasst wird, muss φ von 0 bis 2 π variieren.



φ = 0 bis 2π

θ = 0 bis π/2 33 Bzw. L​S​ =

M​S​ π​

=

c​ ⋅ a​ 4 π​

4

⋅ T​ =

σ​ π​

4

⋅ T​ .

3.3 Wärmestrahlung, Kirchhoffsches Gesetz, Stefan-Boltzmann Gesetz

273

Die Energiedichte wS, die Strahldichte LS und die spezifische Ausstrahlung MS des schwarzen Körpers sind also jeweils proportional zu T 4. Diese Abhängigkeit wurde zuerst von J. Stefan (Josef Stefan, 1835–1893, Direktor des Physikalischen Instituts der Universität Wien) 1879 experimentell durch sehr genaue Messungen der Ausstrahlung verschiedener erhitzter Körper bestimmt und 1884 von L. Boltzmann34 wie oben abgeleitet. 1 Da nun der Druck im Hohlraum als P​S​ = w​S​ bekannt ist, kann auch die Entro3 S​S​ piedichte s​S​ = leicht aus Gl. (IV-3.58) berechnet werden, indem das HohlraumvoV​ lumen bei der konstanten Temperatur T (d. h. dT = 0) von Null beginnend bis zum Endwert V ausgedehnt wird:35

d​SS​ ​ =

1 ∂​U​

d​T​ +

T​ ∂​T​ ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟

1 ∂​U​ ( + P​) d​V​ T​ ∂​V​

(IV-3.72)

=0 V​

1 ∂​U​ w​S​ 1 w​S​ 1 S​S​ = ∫ ( d​V​ + P​ d​V​) = (U​ + V​) = ( ⏟ w​S​ + )V​ T​ 0 ∂​V​ T​ 3 T​ 3



U​

V​

S​S​ 4 w​S​ = s​S​ = V​ 3 T​



w​S​ = a​T​

= w​S​

4 3 a​T​ 3

= ⏟

(IV-3.73)

(IV-3.74)

4

also

s​S​ =

4 4 a​T​ 3

Entropiedichte der Hohlraumstrahlung,

(IV-3.75)

mit a = 4 σ/c .

34 Boltzmann war der erste Student Stefans, später auch Assistent bei ihm. Die angegebene Berechnung führte er während seiner Zeit als Professor für Theoretische Physik in Graz durch. 35 Die dabei zuzuführende Wärmemenge beträgt V​

V​

V​

V​

Q​ = ∫d​Q​ = ∫T​d​S​ = ∫(d​U​ + P​d​V​) = ∫(w​S​ + 0

0

0

0

w​S​ 3

)d​V​ =

4 3

w​S​ ⋅ V​ ⇒

Q​ V​

= w​S​ +

w​S​ 3

.

Die zugeführte Wärmemenge muss also die Energiedichte wS liefern und außerdem noch für die w​S​ der Strahlung aufkommen! 3

dabei zu leistende Expansionsarbeit

274

3 Wärmestrahlung

Damit lauten die wesentlichen Zustandsfunktionen der Hohlraumstrahlung so: U​s​ = a​V​T​

4

S​s​ =

4 3 a​V​T​ 3

P​s​ =

1 4 a​T​ 3

Zustandsfunktionen der Hohlraumstrahlung.36

(IV-3.76)

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung 3.4.1 Das Wiensche Verschiebungsgesetz (1893) Schon Kirchhoff stellte 1860 im Rahmen seiner theoretischen Überlegungen zur Wärmestrahlung fest, dass die spektrale Strahlungsverteilung der Wärmestrahlung nur eine Funktion der Wellenlänge und der Temperatur sei, dass also gelten muss Lλ,S = Lλ,S(λ,T) und dass deren Bestimmung von enormer Bedeutung sei. Die späte Entwicklung eines seinen Überlegungen entsprechenden schwarzen Körpers führte aber erst 1899 zu den wesentlichen experimentellen Beobachtungen von Lummer und Pringsheim, nämlich zu einer sehr genauen Messung der Isothermen des schwarzen Körpers über ein großes Wellenlängenintervall und für verschiedene Temperaturen (Abb. IV-3.11). Schon aus früheren Messungen wusste man, dass sich das Maximum λmax der spektralen Verteilung mit zunehmender Temperatur des Strahlers zu kleineren Wellenlängen verschiebt. W. Wien behandelte 1893 ähnlich wie L. Boltzmann die im Hohlraum eingeschlossene Strahlung wie ein Gas von bestimmtem Volumen, dessen Zustandsfunktionen bekannt sind (vgl. Abschnitt 3.3.4). Mit Hilfe eines isentropen (adiabatischen) Prozesses, bei welchem er die Strahlung gedanklich in einem bestimmten Volumen V an einem bewegten Spiegel reflektieren ließ, wodurch es aufgrund des Dopplereffektes zu einer Frequenzänderung sowie aufgrund der Verrichtung von Arbeit am bewegten Spiegel zu einer Temperaturänderung kommt, fand er, dass die spektrale Strahldichte der Hohlraumstrahlung proportional zum Produkt λ−5 und einer Funktion von (λ ⋅ T) ist

36 Damit ergibt sich z. B. für die isentrope (adiabatische) Zustandsänderung (dS = 0) des „Strah4 3 4/​3 4 4/​3 lungsgases“: S​s​ = const.​ = a​V​T​ oder V​ ⋅ T​ = const.​ und damit V​ ⋅ P​ = const.​ Dies entspricht 3 c​P​ 4 = . der isentropen Zustandsänderung eines idealen Gases mit dem Adiabatenkoeffizienten κ​ = c​V​ 3 Siehe dazu Band II, Kapitel „Physik der Wärme“, Abschnitt 1.3.1.2.4.

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung

−5

L​λ​,S​ (λ​,T​) = λ​ ⋅ F​ (λ​ ⋅ T​)

allgemeine Form des Wienschen Verschiebungsgesetzes. 37

275

(IV-3.77)

Abb. IV-3.11: Isothermen der schwarzen Strahlung. Originalmessungen von O. Lummer und E. Pringsheim, Verhandlungen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 1, 215 (1899). Aufgetragen ist die vom schwarzen Körper (siehe Abschnitt 3.3.2, Abb. IV-3.7) emittierte spektrale Leistungsdichte E ∝ Lλ in willkürlichen Einheiten gegen die Wellenlänge in 10−6 m; (x) Messwerte, (⊗) mit dem Wienschen Strahlungsgesetz (Abschnitt 3.4.3) berechnet. Die schraffierten Flächen werden durch die Absorption durch den in der Luft vorhandenen H2O-Dampf (bei λ ≈ 2,7 μm) und CO2 (bei λ ≈ 4,3 μm) verursacht. 5 ̅ ,T​) oder J​ν​,S​ = ν​ 3 G​(ν​ ̅ /​T​) , 37 Das Gesetz wird auch in folgenden Formen geschrieben: L​λ​,S​ = T​ ⋅ F​(λ​ c​ 3 ̅ /​T ​) mit J​λ​ = bzw. J​λ​,S​ = T​ G​(λ​ J​ν​ . 2 λ​

276

3 Wärmestrahlung

Kennt man daher L​λ​,S​ (λ​) (und daher auch F(λ,T)) für eine bestimmte Temperatur T, so kann die spektrale Strahldichte für alle Temperaturen angegeben werden. Ist T1 die Temperatur der gesuchten Verteilungsfunktion Lλ,S (λ,T1 ), so wählen wir eine Wellenlänge λ1 als Abszissenwert für diese Funktion so, dass λ​1 T​1 = λ​T​,



λ​1 = λ​ ⋅

T​ T​1

(IV-3.78)

und damit F​ (λ​ ⋅ T​) = F​ (λ​1 ⋅ T​1 ) .

(IV-3.79)

Der gesuchte Wert von Lλ,S(λ1,T1 ) bei der Wellenlänge λ1 beträgt dann 5

L​λ​,S​ (λ​1,T​1 ) = λ​ −5 1 F​ (λ​1 ⋅ T​1 ) = (

5

T​ 1 T​ 1 ) ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ λ​ −5 ⋅ F​ (λ​ ⋅ T​) = ( ) ⋅ L​λ​,S​ (λ​ ⋅ T​) . T​ T​ L​ (λ​ ⋅ T​)

(IV-3.80)

λ​,S​

Damit ergibt sich für den physikalischen Gehalt des Verschiebungsgesetzes:

1

Ist T1 > T, so ist die zu λ zugeordnete Wellenlänge λ1 < λ (zu kleineren Wellenlängen verschoben), während die zugehörige neue Strahldichte um den Faktor (T1/T)5 vergrößert ist.

Dies lässt sich anhand der Maxima der Isothermen von Abb. IV-3.11, die mit der 5. Potenz anwachsen, leicht einsehen. Wir bestimmen das Maximum der Kurve L​λ​,S​ (λ​,T​), indem wir Lλ,T nach λ ableiten und Null setzen 5 F​ d​Lλ​ ​,S​ (λ​,T​) −6 −5 −5 = −5 λ​ F​ (λ​ ⋅ T​) + λ​ ⋅ T​ ⋅ F​′ (λ​ ⋅ T​) = λ​ (T​ ⋅ F​′ − ) = 0. d​λ​ λ​ (IV-3.81) Damit erhalten wir λ​max​ ⋅ T​ =

5 ⋅ F​ (λ​max​ ⋅ T​) . F​′ (λ​max​ ⋅ T​)

(IV-3.82)

Dies ist eine Bestimmungsgleichung für die einzige Variable (λmax ⋅T) mit der Lösung (λmax ⋅T) = b = const. und es gilt

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung

λ​max​ ⋅ T​ = b​

Wiensches Verschiebungsgesetz (spezielle Form).

277 (IV-3.83)

Die Konstante b kann quantentheoretisch aus fundamentalen Naturkonstanten iterativ (transzendente Gleichung) berechnet werden: b​ =

h​ ⋅ c​ 5 k​ 1 − e​

1 −λ​ max​ ⋅T​

−3

= 2,897773 ⋅ 10 m ⋅ K .

(IV-3.84)

3.4.2 Das Gesetz von Rayleigh und Jeans Die wesentliche Frage ist also: Wie kann die spektrale Strahldichte L​λ,​ S​ (λ​,T​) der schwarzen Strahlung bei einer bestimmten Temperatur als Funktion der Wellenlänge bzw. der Frequenz dargestellt werden? Der „klassisch richtige“ Zusammenhang wurde zuerst von Lord Rayleigh 1900 gegeben, indem er den Gleichverteilungssatz der klassischen Physik (siehe Band VI, Kapitel „Statistische Physik“, Abschnitt 1.3.6) für die Berechnung der Energiedichte im Hohlraum benützte; die detaillierte Rechnung erfolgte dann 1905 durch J. Jeans (James Hopwood Jeans, 1877–1946, englischer Physiker und Mathematiker). Diese Herleitung – die Methode der elektromagnetischen Eigenschwingungen eines Hohlraums – ist auch deshalb sehr wichtig, weil sie ganz analog zur Herleitung der elastischen Eigenschwingungen eines Festkörpers (Debyemodell der spezifischen Wärme des Festkörpers, vgl. Band VI, Kapitel „Festkörperphysik“, Abschnitt 2.3.4) und zur Bestimmung der Zustandsdichte der freien Elektronen eines Metalls im Rahmen des Sommerfeldmodells (vgl. Band VI, Kapitel „Festkörperphysik“, Abschnitt 2.6.1.2.2) dient. Wir betrachten dazu die möglichen harmonischen Schwingungsformen elektromagnetischer Strahlung, die sich in einem Hohlraum (Hohlraumresonator) ausbilden können.38 Dazu nehmen wir einen Quader aus ideal leitenden Wänden mit den Kantenlängen a, b, c (Abb. IV-3.12).39 38 Die physikalische Rechtfertigung dieser Vorgangsweise liegt darin begründet, dass nach dem Fourierschen Theorem (vgl. Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“ Abschnitt 5.1.3, Gl. (Ι-5.63) jedes mögliche stationäre Strahlungsfeld im Hohlraum als Summe von Eigenschwingungen geeigneter Amplitude und Phase darstellbar ist. Die Gesamtenergie des Strahlungsfeldes ist gleich der Summe der Energien dieser Eigenschwingungen. 39 Dies scheint zunächst eine Beschränkung der Allgemeinheit zu sein! Da sich aber weiter unten zeigen wird, dass die Gesamtenergie der Strahlung im Quader nur seinem Volumen mal einer reinen Temperaturfunktion proportional ist, kann die Strahlungsenergie in einem beliebigen Volumen beliebig genau als Summe der Energien in quaderförmigen Elementarvolumina erhalten werden. Außerdem ist die Hohlraumstrahlung von der geometrischen Form des Hohlraums unabhängig (W. Pauli), sodass zur Berechnung ihrer Eigenschaften die bequemste Gestalt verwendet werden darf.

278

3 Wärmestrahlung

z

y

c a

b

x

Abb. IV-3.12: Zur Herleitung der harmonischen Schwingungsformen elektromagnetischer Strahlung in einem Hohlraum. Quader aus ideal leitenden Wänden.

Die Tangentialkomponenten der elektrische Feldstärke E​⇀= {E​x,E​ ​ y,E​ ​ z} ​ müssen auf den leitfähigen Wänden verschwinden (vgl. Band III, Kapitel „Elektrostatik“, Anhang A2.2), daher muss gelten Ex = 0 für z = 0 oder z = c (Boden- und Deckfläche) und y = 0 oder y = b (Vorder- und Rückseite), Ey = 0 für x = 0 oder x = a (linke und rechte Seitenfläche) und z = 0 oder z = c, Ez = 0 für x = 0 oder x = a und y = 0 oder y = b, das heißt Ex(x,y,0) = Ex(x,y,c) = Ex(x,0,z) = Ex(x,b,z) = 0 Ey(0,y,z) = Ey(a,y,z) = Ey(x,y,0) = Ey(x,y,c) = 0 Ez(0,y,z) = Ez(a,y,z) = Ez(x,0,z) = Ez(x,b,z) = 0

(IV-3.85)

Die ebenen elektromagnetischen Transversalwellen der Strahlung im Hohlraum beschreiben wir durch ihren Wellenvektor k​⇀ k​⇀= {k​x,k​ ​ y,k​ ​ z} ​

mit

|

2 π​ k​⇀| = , λ​

(IV-3.86)

der senkrecht auf die Wellenflächen (die Flächen konstanter Phase) steht, also in die Ausbreitungsrichtung zeigt (siehe Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.3 und im vorliegenden Band das Kapitel „Wellenoptik“, Abschnitt 1.1.3). Laufende Wellen werden mit Phasenumkehr an den Wänden reflektiert, wenn ihr E​⇀-Vektor parallel zur Wand liegt, und es kommt so zur Ausbildung stehender Wellen, für deren Wellenlängen aufgrund der Randbedingungen die folgenden Beziehungen gelten müssen40 40 Wie bei der beidseitig eingespannten Saite (vgl. Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.6.2), sind die möglichen Wellenlängen der Schwingungen eingeschränkt

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung

λ​x​ =

2 a​ , n​

λ​ y​ =

2 b​ , m​

λ​ z​ =

2 c​ q​

41

n,m,q ≥ 1, ganz

279 (IV-3.87)

Damit ergeben sich die Komponenten des Wellenvektors zu k​x​ =

2 π​ n​π​ = , λ​x​ a​

k​y​ =

2 π​ m​π​ = , λ​y​ b​

k​z​ =

2 π​ q​π​ = λ​z​ c​

(IV-3.88)

und der Betrag des Wellenvektors, die Wellenzahl, ist 2 m​ 2 q​ 2 n​ k​ = |k​⇀| = √k​ x2​ + k​ 2y​ + k​ z2​ = π​√ + + . a​ 2 b​ 2 c​ 2

Aus c​0 =

(IV-3.89)

ω​ erhalten wir die entsprechende (Kreis-)Frequenz k​

ω​ = c​0 ⋅ k​ = c​0 ⋅ π​√

n​ 2 a​ 2

+

m​ 2 b​ 2

+

q​ 2 c​ 2

42

.

(IV-3.90)

Um die entsprechenden Komponenten des elektrischen Feldvektors E​⇀= E​x​ e​⇀x​ + E​y​ e​⇀y​ + E​z​ e​⇀z​ im Hohlraum angeben zu können, brauchen wir eine Lösung der Wellengleichung (Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagneti2 1 ∂​ E​⇀ = 0. sche Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.5.2, Gl. III-5.123) ΔE​⇀− 2 c​0 2 ∂​t​ Wir versuchen einen Separationsansatz für jede Komponente der Feldstärke als Produkt entsprechend E​x​ (x​,y​,z​,t​) = f​ (x​) ⋅ g​ ( y​) ⋅ h​ (z​) ⋅ T​ (t​) .

(IV-3.91)

Da auch die Zeit separiert wird, d. h. unabhängig von den räumlichen Komponenten auftritt, kann die Lösung, wie im Folgenden gezeigt wird, nur mehr in Form stehender Sinuswellen bestehen!

(„Quantisierung durch räumliche Einschränkung“): Die maximale Wellenlänge in der jeweiligen Richtung entspricht gerade der doppelten Seitenkante des Quaders. 41 Der Wert Null für n,m,q ist ausgeschlossen. 42 Um eine Verwechslung mit der Kantenlänge c des quaderförmigen Hohlraums zu vermeiden schreiben wir hier für die Vakuumlichtgeschwindigkeit c0.

280

3 Wärmestrahlung

In die Wellengleichung eingesetzt, ergibt sich die Separationsgleichung (der Doppelstrich „″“ bezeichnet die zweifache Ableitung nach jeweils x, y, z, t)

f​ ″ ⋅ g​ ⋅ h​ ⋅ T​ + g​ ″ ⋅ f​ ⋅ h​ ⋅ T​ + h​″ ⋅ f​ ⋅ g​ ⋅ T​ −

Wir multiplizieren mit

1 c​0 2

T​″f​ ⋅ g​ ⋅ h​ = 0 .

(IV-3.92)

1 und erhalten die Separationsgleichung f​ ⋅ h​ ⋅ g​ ⋅ T​ f​ ″ f​ ⏟⏟⏟⏟⏟ f​ (x​)

+

g​″

+

g​ ⏟⏟⏟⏟⏟ f​ (y​)

h​″



h​ ⏟⏟⏟⏟⏟ f​ (z​)

1 T​ ″ T​ c​0 2⏟⏟⏟⏟⏟

= 0.

(IV-3.93)

f​ (t​)

Da jeder Summand dieser Gleichung die Funktion einer anderen Variablen ist, kann die Summe nur verschwinden, wenn jeder Summand konstant ist. Wir setzen f​ ″ = −k​ x2​ , f​

g​″ = −k​ 2y​ , g​

h​″ 2 = −k​ z​ , h​

T​″ 2 = −ω​ . T​

(IV-3.94)

Diese Separationskonstanten müssen die Separationsgleichung erfüllen und wir erhalten 2

2

2

2

2 ω​ = c​0 (k​ x​ + k​ y​ + k​ z​ ) ;

(IV-3.95)

mit unseren Randbedingungen im Quader ergibt sich die Gl. (IV-3.90)

ω​ = c​0 ⋅ π​√

n​ 2 a​ 2

+

m​ 2 b​ 2

+

q​ 2 c​ 2

.

Aus dem Separationsansatz folgt, dass die Funktionen f, g und h entsprechend der jeweiligen homogenen, linearen DG (vgl. Gl. (IV-3.94) mit der Schwingungsgleichung des harmonischen Oszillators in Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.1.1 !) offensichtlich Summen von Sinus- und Kosinusfunktionen sein müssen. Es ist aber zu beachten, dass die stehenden Wellen an der leitfähigen Wand jeweils Knoten besitzen müssen, was nur die Sinusfunktion leistet. Wir setzen daher an f​ (x​) = sin​ (k​x​ x​ + φ​x​ ),

g​ ( y​) = sin​ (k​y​ y​ + φ​y​ ),

h​ (z​) = sin​ (k​z​ z​ + φ​z​ ) .

(IV-3.96)

Für T(t) kann gemäß Gl. (IV-3.94) ohne Beschränkung der Allgemeinheit T(t) = cos ωt genommen werden.

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung

281

Jetzt betrachten wir die Komponente Ex unter Beachtung der Randbedingungen (IV-3.85) des Quaders (Ex(x,y,0) = Ex(x,y,c) = Ex(x,0,z) = Ex(x,b,z) = 0) genauer (der Index „0“ bei Ex,0 bezeichnet die Amplitude): Für E​0x​ ∝ h​ (z​) = sin​ (k​z​ z​ + φ​z​ ) folgt somit: φz = 0 und sin(kzc) = 0, mit kz = qπ/c. Für E​0x​ ∝ g​ ( y​) = sin​ (k​y​ y​ + φ​y​ ) folgt somit: φy = 0 und sin(kyb) = 0, mit ky = mπ/b. Die Funktion f(x) ist nicht eingeschränkt, da Ex auf die Flächen x = 0 und x = a senkrecht steht. Für die Amplitude E0x und analog für die Amplituden der anderen Komponenten folgt daher mit den willkürlichen Faktoren Ax, Ay, Az (n′, m′, q′ sind zunächst von n, m, q verschiedene ganze Zahlen): m​π​ q​π​ y​) sin ​ ( z​) b​ c​ n​π​ q​′π​ E​0y​ = A​y​ sin ​ ( x​)g​ ( y​) sin ​ ( z​) a​ c​

E​0x​ = A​x​ f​ (x​) sin ​ (

E​0z​ = A​z​ sin ​ (

n​′π​ m​′π​ x​) sin ​ ( y​)h​ (z​) . a​ b​

(IV-3.97)

Wir setzen voraus, dass der betrachtete Hohlraum ladungs- und stromfrei ist, dass ⇀E​⇀= 0. In unserem Fall heißt das: also ρ​ = 0 und j​⇀= 0 gilt, und damit ∇ m​π​ q​π​ y​) sin​ ( z​) cos ​ω​t​ + b​ c​ n​π​ q​′π​ + A​y​ sin​ ( x​)g​′ (y​) sin​ ( z​) cos ​ω​t​ + a​ c​ n​′π​ m​′π​ + A​z​ sin​ ( x​) sin​ ( y​)h​′ (z​) cos ​ω​t​ = 0 . a​ b​

div​ E​⇀= A​x​ f​ ′(x​) sin​ (

(IV-3.98)

Diese Divergenz kann aber nur dann für alle Orte und für alle Zeiten verschwinden, wenn die ganzen Zahlen (n,n′), (m,m′), (q,q′) gleich sind, d. h. wenn also gilt m​ = m​′,

n​ = n​′,

q​ = q​′

(IV-3.99)

sowie

f​ ′(x​) ∝ sin​ (

n​π​ x​), a​

g​′ (x​) ∝ sin​ (

m​π​ y​), b​

Integriert ergeben sich die Funktionen f, g, h zu

h​′ (x​) ∝ sin​ (

q​π​ z​) . c​

(IV-3.100)

282

3 Wärmestrahlung

f​ (x​) ∝ cos ​ (

n​π​ x​) , a​

g​ ( y​) ∝ cos ​ (

m​π​ y​) , b​

h​ (z​) ∝ cos ​ (

q​π​ z​) . c​

(IV-3.101)

Mit neuen Proportionalitätskoeffizienten Ai erhalten wir schließlich für die stehenden Wellen im Hohlraum als Folge der an den Wänden reflektierten Strahlung (der Ursprung der Strahlung liegt in den beschleunigten (schwingenden) Ladungen in den Wänden des Hohlraums selbst)43: n​π​x​ m​π​y​ q​π​z​ sin​ sin​ cos ​ω​t} ​ } } } a​ b​ c​ } } } } } } } n​π​x​ m​π​y​ q​π​z​ } E​y​ = E​0y​ cos ​ω​t​ = A​y​ sin​ cos ​ sin​ cos ​ω​t​ } } a​ b​ c​ } } } } } } } n​π​x​ m​π​y​ q​π​z​ } } E​z​ = E​0z​ cos ​ω​t​ = A​z​ sin​ sin​ cos ​ cos ​ω​t​ } a​ b​ c​ } E​x​ = E​0x​ cos ​ω​t​ = A​x​ cos ​

Eigenschwingungen des Hohlraums = Schwingungsmoden des Hohlraumresonators. (IV-3.102)

Während also freie Wellen beliebige Frequenzen ω haben können, sind im Hohlraum wie bei der beidseitig eingespannten schwingender Saite nur Wellen mit bestimmten Frequenzen möglich, wir sprechen von Quantisierung durch räumliche Einschränkung: ω​n​m​q​ = c​0 π​√

n​

2

a​ 2

+

m​ 2 b​ 2

+

q​ 2 c​ 2

mit n,m,q = 1, 2, … .

(IV-3.103)

Bei realen Systemen mit gut, aber nicht ideal leitenden Wänden dringt das Feld etwas in die Wände des Holraums ein und die Wellen im Inneren des Hohlraums sind gedämpft. Wir betrachten hier nur den idealen Fall der ungedämpften Schwingung. Wir fragen jetzt: Wie viele Eigenschwingungen = Schwingungsmoden der Wellen im Hohlraum liegen in einem gewissen Frequenzintervall?

43 Man setze in den Gln. (IV-3.98) und (IV-3.100) z. B. t = 0, y​ = A​x​ f​ ′(x​) + (A​y​ + A​z)​ sin ​(

n​π​ a​

x​) = 0 ⇒ f​ ′(x​) = −

A​y​ + A​z​ A​x​

sin ​(

n​π​ a​

b​ 2 m​

, z​ =

c​ 2 q​

x​) ⇒ f​ (x​) =



a​ A​y​ + A​z​ n​π​

A​x​

cos ​(

n​π​ a​

x​) ⇒

n​π​ a​ A​x​ f​ (x​) = A​x​̅ cos ​( x​) mit A​x​̅ = (A​y​ + A​z​); bezeichnet man A​x​̅ wieder mit Ax, so ergeben sich aus a​ n​π​ Gl. (IV-3.97) die folgenden Beziehungen (Gl. IV-3.102) für die Eigenschwingungen des Hohlraums. Die hier auftretenden Ai sind daher mit den früheren nicht mehr identisch – was aber belanglos ist!

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung

283

ky

ω R = __ c =k π/a kx

π/a

Abb. IV-3.13: Im k​⇀-Raum bilden die Punkte P​n​m​q​ (

n​π​ m​π​ q​π​ , , ) ein Gitter mit a​ a​ a​

π​ ; jeder der Punkte entspricht genau einem möglichen a​ Wellenvektor k​⇀und damit genau einer Eigenschwingung (= Mode) im Hohlraum. Der k​⇀-Raum ist nach oben unbegrenzt, da es für λ keine untere Grenze gibt. der Gitterkonstanten

Dazu nehmen wir an Stelle des Quaders vereinfachend einen Würfel (b = c = a). Für ω ergibt sich so (c0 = c … Lichtgeschwindigkeit im Vakuum) ω​ =

c​ ⋅ π​ √n​ 2 + m​ 2 + q​ 2 . a​

(IV-3.104)

Wir betrachten nun jenen Raum, der die Komponenten des Wellenvektors als Koordinatenachsen besitzt, den k​⇀-Raum, der durch die Koordinatenachsen k​x,k​ ​ y,k​ ​ z​ aufgespannt wird (Abb. IV-3.13). Da k entsprechend k = 2 π/λ die Dimension einer reziproken Länge hat, ist der k​⇀-Raum ein reziproker Raum, man spricht auch von n​π​ m​π​ q​π​ , , ) bilden im k​⇀a​ a​ a​ Raum ein Gitter mit der Gitterkonstanten (= nächster Punktabstand) π​ ∕ a​ , das heißt, jeder der Punkte entspricht genau einem möglichen Wellenvektor k​⇀und damit genau einer stehenden Welle, also einer Eigenschwingung (= Mode) im Hohlraum. Aus Abb. IV-3.13 ist außerdem ersichtlich, dass jedem Gitterpunkt ein Eleπ​ 3 mentarvolumen V​Zelle = ( ) zugeordnet ist. a​ Damit aber entspricht die Zahl der Eigenschwingungen im Hohlraum in einem bestimmten Frequenzintervall der Zahl der Gitterpunkte im entsprechenden Bereich des k​⇀-Raums. Für den Betrag des Wellenvektors gilt im Hohlraum (siehe Gl. (IV-3.89) mit a = b = c) Fourier Raum oder „dualem“ Raum. Die Punkte P​n​m​q​ (

k​ =

π​ √n​ 2 + m​ 2 + q​ 2 = ω​ = √k​ x2​ + k​ 2y​ + k​ z2​ . c​ a​

(IV-3.105)

284

3 Wärmestrahlung

Das aber ist bei vorgegebenem ω der Radius einer Kugel im k​⇀-Raum (r​ =

√x​ 2 + y​ 2 + z​ 2 ) , der durch die Schwingungsfrequenz ω = 2 πν festgelegt ist.

π​ Ist der Kugelradius k groß gegen die Gitterkonstante , gilt demnach a​ π​ 2 2 2 n​ + m​ + q​ ≫ 1 bzw. k​ ≫ 5λ​ ≪ 2 a​, so stimmt die Zahl der Gitterpunkte innera​ halb des Kugelradius k = ω/c mit der Zahl der Einheitszellen mit Volumen π​ 3 V​Zelle = ( ) in dem von ω festgelegten Kugelvolumen überein, denn die Zahl der a​ von der Kugeloberfläche geschnittenen Einheitszellen ist vernachlässigbar klein gegenüber der im Kugelinneren liegenden Einheitszellen. Diese Zahl ist daher in diesem Fall unabhängig von den Zellen an der Oberfläche. Nach Gl. (IV-3.87) gilt m, n, q ≥ 1, ganz; die möglichen Schwingungsmoden entsprechen damit nur einem Kugeloktanten im k​⇀-Raum (Abb. IV-3.14). kz ω k = __ c

ky

kx Abb. IV-3.14: Mit m, n, q ≥ 1 entsprechen die möglichen Schwingungsmoden nur einem Kugeloktanten im k​⇀-Raum.

Wir erhalten die Modenzahl N im Hohlraum, also alle Eigenschwingungen von der Frequenz Null an44 bis zur Frequenz ω, aus dem Volumen des Kugeloktanten 1 4 π​ 3 π​ 3 V​k​ = k​ , indem wir es durch das Zellvolumen der Einheitszelle V​Zelle = ( ) 8 3 a​ dividieren

N​ =

44 Genauer: Von ω​1 =

2π​ λ​1

c​ =

also ω1 ≈ 0 gesetzt werden.

π​ a​

π​ ω​ 3 a​ 3 ω​ 3 a​ 3 ⋅ = . 6 c​ 3 π​ 3 6 π​ 2 c​ 3

c​ bis ω​ =

2π​ λ​1/N​

(IV-3.106)

c​ mit N ≫ 1 ⇒ ω1 kann gegenüber ω vernachlässigt,

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung

285

Da die Strahlung im Hohlraum unpolarisiert ist, kann sie durch zwei zueinander normal polarisierte Wellen dargestellt werden. Für jede Schwingungsmode sind so zwei Polarisationsrichtungen zu berücksichtigen und es ergibt sich für die gesamte Modenzahl N der unpolarisierten Strahlung

N​ (ω​) =

3

1

ω​ a​

3 π​ 2

c​ 3

3

(IV-3.107)

bzw.

N​ (ν​) =

8 π​ 3 ν​ 3 a​ 3 3 π​ 2 c​ 3

=

8 π​ ν​ 3 a​ 3 c​ 3

3

.

(IV-3.108)

Damit erhalten wir die Zahl der Moden pro Volumen (V = a3), die Modendichte

n​ =

N​

=

V​

8 π​ ν​

3

(IV-3.109)

3 c​ 3

unabhängig vom Hohlraumvolumen V. Für die spektrale Modendichte nν , d. h. die Freiheitsgrade des schwingenden Systems im Einheitsfrequenzintervall (d​ν​ = 1 Hz), gilt unabhängig von der Form des Hohlraums

n​ν​ =

d​n​

=

3 ⋅ 8 π​ν​

d​ν​

3 c​ 3

2

=

8 π​ν​ 2 c​ 3

.

(IV-3.110)

ν​ 2 8 π​ν​ 2 8 π​ d​ν​ = − d​λ​ = −n​λ​ d​λ​, d​ λ ​ gilt d​ n ​ = n​ ν​ d​ν​ = 2 3 c​ ν​ c​ λ​ 4 die Modendichte nimmt also mit der Wellenlänge rasch ab. Damit ergibt sich die spektrale Modendichte im Einheitswellenlängenintervall (d​λ​ = 1 m)

Mit d​λ​ = −

c​

d​ν​ und damit d​ν​ = −

n​λ​ = −

d​n​ d​λ​

=

8 π​ λ​ 4

.

(IV-3.111)

Wenn die Wellenlänge λ um dλ wächst, nimmt daher die Zahl der Schwingungsmoden um

8 π​ λ​ 4

d​λ​ ab.

286

3 Wärmestrahlung

Um zum Strahlungsgesetz von Rayleigh und Jeans zu kommen, ist nun folgende Annahme erforderlich: Die Modendichte des Hohlraumresonators gilt auch für die Strahlung im Hohlraum des schwarzen Körpers, unabhängig von der Beschaffenheit seiner Wände. Wie kommen wir jetzt zur Energiedichte im Hohlraum? Wir erinnern uns dazu an die mechanische und die elektrische harmonische Schwingung (vgl. Band I, Kapitel „Mechanische Schwingungen und Wellen“, Abschnitt 5.2.4 und Band III, Kapitel „Wechselstromkreis und elektromagnetische Schwingungen und Wellen“ Abschnitt 5.2.1). Bei Gültigkeit des Gleichverteilungssatzes der klassischen Physik (siehe Band VI, Kapitel „Statistische Physik“, Abschnitt 1.3.6) ergibt sich für die mittlere Gesamtenergie mechanischer Schwingungen aus der Summe der Mittelwerte von kinetischer und potenzieller Energie ̅ + E​pot ̅ = k​T​ . W​ ̅ = E​kin​

(IV-3.112)

Bei einer elektromagnetischen Schwingung gilt analog ̅ + ⏟⏟⏟⏟⏟ E​E​̅ = k​T​ , W​ ̅ = ⏟⏟⏟⏟⏟ E​M​ 1/​2k​T​

(IV-3.113)

1/​2k​T​

der kinetischen Energie entspricht die magnetische, der potenziellen Energie entspricht die elektrische Energie. Für jeden dieser ‚Freiheitsgrade‘ der Schwingung wird in der klassischen Physik entsprechend dem Gleichverteilungssatz (Äquipartitionstheorem) 1/2 kT für die mittlere Energie gesetzt, für die mittlere Energie der gesamten Schwingung daher kT.45 In unserem Fall ergibt das pro Schwingungsfreiheitsgrad, d. h. pro Schwingungsmode, kT. Damit erhalten wir für die spektrale Energiedichte bei der Temperatur T der Hohlraumstrahlung aus Gl. (IV-3.111)

und

für

8 π​ν​ 2

8 π​ w​λ​,S​ = n​λ​ ⋅ W​ ̅ = k​T​ 4 λ​

bzw.

w​ν​,S​ =

die

des

schwarzen

Strahldichte

c​ 3

k​T​

(IV-3.114)

Körpers

mit

〈 |S​ |〉 = 〈w​E​M​ 〉 ⋅ c​ = ∫L​S​ d​Ω = 4 π​ L​S​ (Abschnitt 3.1.4, Gl. IV-3.22), wobei die konstante Ω

Strahldichte LS im Hohlraum vor das Integral gezogen werden kann, 45 Die Anwendung des Gleichverteilungssatzes setzt voraus, dass die „gleichverteilten Entitäten“ („Entität“ ist ein Sammelbegriff für existierende Objekte, Eigenschaften, Ereignisse usw.) miteinander in Energieaustausch stehen, was bei den Moden in einem spiegelnden Hohlraum nicht möglich wäre. Man kann sich aber Hilfseinrichtungen vorstellen, die den Energieaustausch zwischen den Moden ermöglichen: im Hohlraum angebrachte Oszillatoren unterschiedlicher Frequenzen, die mit der Strahlung in Wechselwirkung treten können, sowie Gasatome, die durch Stoßvorgänge einen Energieaustausch zwischen den Oszillatoren ermöglichen und die Temperatur T im Hohlraum sicherstellen.

287

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung

L​S​ =

c​ c​ 〈w​E​M〉​ = w​S​ . 4 π​ 4 π​

(IV-3.115)

Die spektrale Strahldichte erhalten wir, wenn wir an Stelle der gesamten Energiedichte wS die spektrale Energiedichte wλ,S setzen

L​λ​,S​ (λ​,T​) =

2 c​ λ​

4

⋅ k​T​

Strahlungsgesetz von Rayleigh und Jeans.

(IV-3.116)

Die Abhängigkeit von λ−4 wurde zunächst von Lord Rayleigh 1900 angegeben, im Jahre 1905 von J. Jeans ausführlich abgeleitet. Es ist unmittelbar ersichtlich, dass dieses Strahlungsgesetz – wie erforderlich – dem Wienschen Verschiebungsgesetz gehorcht: −5 L​λ​,S​ (λ​,T​) = 2 c​k​λ​ ⋅ (λ​ ⋅ T​) .

(IV-3.117)

Obwohl das Rayleigh-Jeanssche Gesetz formell klassisch korrekt abgeleitet wurde, enthält es trotzdem zwei wesentliche Fehler: 1. Die Gesamtstrahlung geht für jede Temperatur gegen unendlich, dieses Strahlungsgesetz entspricht also nicht dem Stefan-Boltzmann Gesetz: ∞​

∫L​λ​,S​ (λ​,T​) d​λ​

∞​

= 2 c​k​T​∫

0

2.

0

d​λ​ λ​ 4

= ∞​ .

(IV-3.118)

Es gibt kein Maximum in der spektralen Verteilung: L​λ​,S​ % ∞​

für

λ​ % 0 ,

(IV-3.119)

man nennt das die Ultraviolettkatastrophe. Für große λ ⋅ T ist jedoch das Rayleigh-Jeans Gesetz eine gute Näherung.

3.4.3 Das Wiensche Strahlungsgesetz Schon an den Strahlungsmessungen an noch unvollkommenen schwarzen Körpern hatte W. Wien erkannt, dass die spektrale Energieverteilung der Maxwellschen Verteilung der Geschwindigkeit von Gasmolekülen ähnelt (siehe Band II, Kapitel „Physik der Wärme“, Abschnitt 1.2.5, Abb. II-1.7). Ausgehend von der Vorstellung eines

288

3 Wärmestrahlung

strahlenden Gases im Hohlraum nahm er an, dass die strahlenden Moleküle die Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung besitzen und monochromatische Strahlung der Wellenlänge λ aussenden, die der Molekülgeschwindigkeit υ proportional ist. Damit erhielt er im Jahre 1896 folgenden Ausdruck für die spektrale Strahldichte der Hohlraumstrahlung

L​λ​,S​ (λ​,T​) =

a​1 λ​

5

e​

−a​2 /​λ​T​

Wiensches Strahlungsgesetz,

(IV-3.120)

a1 , a2 sind Konstanten.46 Das Wiensche Verschiebungsgesetz ist wieder erfüllt und in seiner speziellen Form gilt: 5a​1 −a​ /​λ​T​ a​1 a​2 −a​ /​λ​T​ a​1 −a​ /​λ​T​ a​2 ∂​Lλ​ ​,S​ = − 6 e​ 2 + 7 e​ 2 = 6 e​ 2 ( − 5) = 0 ∂​λ​ λ​T​ λ​ λ​ T​ λ​ ⇒

λ​max​ ⋅ T​ =

1 a​2 . 5

(IV-3.121)

(IV-3.122)

Das Wiensche Strahlungsgesetz beschreibt recht gut die Form der spektralen Energieverteilung und ist eine sehr gute Näherung für kleine Werte von λ⋅T und damit auch im sichtbaren Bereich bis einige 1000 K. Die Formel wird daher der Pyrometrie zugrunde gelegt. Max Planck47 hielt dieses Gesetz ursprünglich (1897) für so gesichert wie den 2. Hauptsatz der Thermodynamik! Es weicht aber von der gemessenen Spektralverteilung im Bereich großer Wellenlängen ab, und zwar umso mehr, je größer λ⋅T ist. Außerdem weist es einen grundsätzlichen Fehler auf: Wird eine bestimmte Wellenlänge λ festgehalten, so geht die spektrale Strahldichte Lλ, S (λ,T) für T → ∞ nicht gegen unendlich sondern gegen den konstanten Wert a1/λ5.

3.4.4 Das Plancksche Strahlungsgesetz Wie wir schon oben festgestellt haben, ist der Ansatz von Rayleigh und Jeans an sich vernünftig, aber wie kann die UV-Katastrophe vermieden werden? Anfänglich schien das Wiensche Strahlungsgesetz die spektrale Energieverteilung der Strahlungsmessungen sehr gut wiederzugeben. Max Planck versuchte sogar eine theore-

46 In a1 steckt 1/υ3, wobei υ die Phasengeschwindigkeit der Wellen ist (im Vakuum ist υ = c) . 47 Max Karl Ernst Ludwig Planck, 1858–1947. In Anerkennung seiner zum Fortschritt der Physik geleisteten Dienste durch die Entdeckung der Energiequanten erhielt er 1918 den Nobelpreis.

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung

289

tische Rechtfertigung des Wienschen Gesetzes.48 Erst die sehr genauen Messungen von Lummer und Pringsheim und besonders die etwas späteren Messungen der Reststrahlung49 von Rubens (Heinrich Leopold Rubens, 1865–1922) und Kurlbaum (Ferdinand Kurlbaum, 1857–1927) zeigten merkbare Abweichungen vom Wienschen Gesetz bei langen Wellenlängen (Abb. IV-3.15), aber eine gute Übereinstimmung mit dem gerade bekannt gewordenen Rayleighschen Gesetz (∝ 1/λ4 ). Dies führte zu einer empirischen Veränderung des Wienschen Gesetzes durch Planck, sodass die Strahlungsverteilung bei langen Wellenlängen dem Rayleigh(-Jeans) Gesetz entsprach

L​λ​,S​ (λ​,T​) =

c​1

1

5

c​2 /​λ​T​

λ​ e​

Plancksches Strahlungsgesetz 50 (IV-3.123) −1

48 Obwohl ursprünglich ein Gegner der atomistischen Hypothese, erkannte Planck später ihre fundamentale Bedeutung zur konsistenten Erklärung einer Reihe physikalischer und chemischer Phänomene. In Anlehnung an Boltzmanns kinetische Gastheorie formulierte Planck ein „Prinzip der elementaren Unordnung“ und leitete aus dem Gleichgewicht zwischen Strahlung und monochromatischen Oszillatoren im Hohlraum das Wiensche Strahlungsgesetz her. 49 Bei der Reflexion elektromagnetischer Strahlung an einem Festkörper tritt ein Reflexionsmaximum bei der Grundschwingung des Kristallgitters auf, das im langwelligen Bereich (bei Steinsalz 51,2 μm) liegt. Wird eine einfallende Strahlung mit kontinuierlichem Spektrum daher mehrmals am selben Festkörper reflektiert, erhält man annähernd monochromatische Strahlung einer sehr langen Wellenlänge. Es wird dann die Abhängigkeit der Intensität dieser Strahlung von der Temperatur untersucht („Isochromate“). 50 Planck wusste zuerst nur von den kleinen Abweichungen der von Lummer und Pringsheim gemessenen Strahlungsisothermen. Als er am Sonntag, dem 7. Oktober 1900 das Ehepaar Rubens zu einem Nachmittagskaffee einlud, zeigte ihm Rubens die neuesten Messungen der Reststrahlung, die deutlich vom Wienschen Gesetz abwichen, aber gut mit dem Rayleighschen übereinstimmten. Noch am selben Abend änderte Planck die Wiensche Formel entsprechend ab und schickte sie auf einer Postkarte an Rubens. Am 19. Oktober trug er die neue Strahlungsformel bei einer Sitzung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft vor (er nannte sie eine „glücklich erratene Interpolationsformel“) und versuchte sie thermodynamisch zu begründen. Bei einer weiteren Sitzung am 14. Dezember gab er dann die physikalische Begründung (er nannte es später einen „Akt der Verzweiflung“) durch die Absorption und Emission der Strahlungsenergie des schwarzen Körpers an den Wänden des Hohlraums in diskreten Energiequanten (Planck nannte sie „Energieelemente“). Er sagte in dieser Veröffentlichung (Verhandlungen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 2, 237 (1900)) über die Verteilung der Energie auf die Resonatoren der Hohlraumwände: „Wenn E als unbeschränkt teilbare Größe angesehen wird, ist die Verteilung auf unendlich viele Arten möglich. Wir betrachten aber – und dies ist der wesentliche Punkt der ganzen Berechnung – E als zusammengesetzt aus einer ganz bestimmten Anzahl endlicher gleicher Teile und bedienen uns dazu der Naturkonstanten h = 6,55 ⋅ 10−27 [erg ⋅ sec]. Diese Konstante mit der gemeinsamen Schwingungszahl ν der Resonatoren multipliziert ergibt das Energieelement ε in erg, und durch Division von E durch ε erhalten wir die Anzahl P der Energieelemente, welche unter die N Resonatoren zu verteilen sind.“ Planck nannte die neue Naturkonstante zuerst „Hilfsgröße“, daher h.

290

3 Wärmestrahlung 200

Galvanometerausschlag [mm]

100

0

−100

−183 −80 0 100 200

400

600

800

1000

1200

1400

T [° C]

Abb. IV-3.15: Messung der ‚Reststrahlung‘ von Rubens und Kurlbaum an Steinsalz (Sitzungsberichte der k. Preussischen Akademie der Wissenschaften (Berlin) 33, 929 (1900) und Annalen der Physik, 4, 649 (1901)). Die Strahlung wurde mit einer dafür eigens konstruierten Thermosäule gemessen, an die ein Galvanometer angeschlossen war. Aufgetragen sind die Ausschläge am Galvanometer in mm für die Wellenlänge λ = 51,2 μm (Isochromatenmethode) gegen die Temperatur des die Strahlung aussendenden schwarzen Körpers in °C.

Die entscheidenden Annahmen, die Planck anschließend zur physikalischen Herleitung dieser Beziehung machen musste, führen weg von der „klassischen“ Physik, in der die Energie eine kontinuierliche Größe ist:

1

1.

Als harmonische Oszillatoren, die durch das elektrische Feld zu Schwingungen angeregt werden, haben die Atome kein kontinuierliches, sondern ein diskretes Energiespektrum 0, ε​,̅ 2 ε​,̅ ..., m​ ε​ ̅ .51

51 Wie sich später herausstellte (vgl. Band V, Kapitel „Atomphysik“, Abschnitt 2.4.3 ‚Der quanten3 1 ε​,̅ ... mit der allerdings mechanische harmonische Oszillator‘) ist die richtige Reihenfolge ε​,̅ 2 2 gleichen Energiedifferenz ε​ ̅ = h​ν​.

291

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung

2.

Die Energieportionen (Energiequanten) ε​,̅ die mit dem Strahlungsfeld ausgetauscht werden können, sind proportional zur Eigenfrequenz ν des Oszillators ε​ ̅ = h​ν​

Damit wird die Energie der Eigenschwingungen der atomaren Oszillatoren E​m​ = W​m​ = m​ ⋅ h​ ⋅ ν​

Plancksche Quantenhypothese.

52

(IV-3.124)

Dabei ist h = 6,626 070 15⋅10−34 Js, exakt das Plancksche Wirkungsquantum.53

(IV-3.125)

Bei der Absorption bzw. Emission von Strahlung aus dem bzw. in das elektrische Feld, ändert sich m um ±1, wobei die Strahlung mit den thermisch angeregten Oszillatoren in der Wand des schwarzen Körpers in Wechselwirkung steht (vgl. dazu die Herleitung von Gl. IV-3.137). Zur Herleitung des Planckschen Strahlungsgesetzes fragen wir zunächst: Wodurch ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass ein atomarer Oszillator mit diskreten Energiewerten eine gewisse Energie besitzt? Da es sich hier um ein sehr kleines, atomares System in Kontakt mit dem großen System (Wärmebad, Thermostat) der Strahlung im Hohlraum handelt, benützen wir die kanonische Verteilung (vgl. Band VI, Kapitel „Statistische Physik“, Abschnitt 1.3.4). In diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein System im Zustand i mit der Energie E = Ei befindet: P​i​ = C​

e​ −E​i​ /​k​T​ . ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ Boltzmann​-Faktor​

(IV-3.126)

Die Konstante C erhält man aus der Tatsache, dass sich das System ja in irgendeinem Zustand befinden und daher gelten muss

∑P​i​ = C​∑e​−E​i​ /​k​T​ = 1 i​

Normierungsbedingung.

(IV-3.127)

i​

52 Planck selbst glaubte nicht, ein neues physikalisches Prinzip gefunden zu haben, sondern nur eine spezielle, rein formale Eigenschaft der Absorption/Emission elektromagnetischer Strahlung. 53 Zahlreiche Physiker versuchten die klassische Physik ‚zu retten‘ indem sie h = 0 setzten, unter ihnen J. Jeans.

292

3 Wärmestrahlung

Daraus ergibt sich unmittelbar 1

C​ =

(IV-3.128)

∑e​ −E​i​ /​k​T​ i​

und damit

P​i​ (E​i​ ) =

e​ −E​i​ /​k​T​

∑e​ −E​i​ /​k​T​

=

e​ −E​i​ /​k​T​ Z​

kanonische Verteilung

(IV-3.129)

i​

mit Z​ = ∑e​

−E​i​ /​k​T​

kanonische Zustandssumme.

(IV-3.130)

i​

Die Wahrscheinlichkeit P(W), dass die Eigenschwingung unseres atomaren Oszillators die Energie W​m​ = m​h​ν​ hat, ist daher e​ −m​h​ν​/​k​T​

P​ (W​m​ ) =

54

.

(IV-3.131)

∞​

∑ e​ −m​h​ν​/​k​T​ m​ = 0

1

Mittelwertbildung (vgl. Band VI, Kapitel „Statistische Physik“, Abschnitt 1.1.3). Eine Variable u nehme M diskrete Werte u1, u2, … , uM mit den zugehörigen Wahrscheinlichkeiten P(u1 ), P(u2 ), … , P(uM) an. Als Mittelwert von u definieren wir M​

u​̅ = ∑P​ (u​i​ ) ⋅ u​i​ , i​ = 1

wenn P(ui) eine normierte Wahrscheinlichkeit ist.

∞​

54 Normierte Wahrscheinlichkeit, denn ∑ P​(W​m)​ = 1 . m​ = 0

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung

293

Für die mittlere Energie der Eigenschwingung W​ ̅ eines Oszillators der Frequenz ν, also auch einer Schwingungsmode der Wellenlänge λ = c/ν in der Hohlraumstrahlung, ergibt sich damit ∞​

∑m​h​ν​e​ −m​h​ν​/​k​T​

∞​

W​ ̅ =

∑ m​ ⋅ h​ ⋅ ν​ ⋅ P​ (m​h​ν​) =

0

.55

(IV-3.132)

∑e​ −m​h​ν​β​ ) ; 0

(IV-3.133)

∞​

m​ = 0

∑e​

−m​h​ν​/​k​T​

0

Wir betrachten zunächst den Zähler (β = 1/kT): ∞​

∞​

∑m​h​ν​ e​ −m​h​ν​/​k​T​ = ∑m​h​ν​ e​ −m​h​ν​ ⋅ β​ = − 0

0

∂​ ∂​β​ (

∞​

⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ geometrische​ Reihe​

Die Summe der unendlichen geometrischen Reihe ist ∞​

∑e​ −m​h​ν​β​ = 1 + e​ −h​ν​β​ + e​ −2 h​ν​β​ + ... = 0

1

(IV-3.134)

1 − e​ −h​ν​β​

und wir erhalten für den Zähler

=−

∂​ h​ν​ e​ −h​ν​β​ 1 ) = ( ∂​β​ 1 − e​ −h​ν​β​ (1 − e​ −h​ν​β​ )2

(IV-3.135)

Für den Nenner ergibt sich wieder die geometrische Reihe Gl. (IV-3.134): ∞​

∑e​ −m​h​ν​β​ = 0

1 1 − e​ −h​ν​β​

und so für die mittlere Energie der Eigenschwingung v eines atomaren Oszillators

W​ ̅ =

h​ν​ e​

−h​ν​β​

1 − e​ −h​ν​β​

=

h​ν​ 1 e​ −h​ν​β​

= −1

h​ν​ e​ h​ν​β​ − 1

=

h​ν​ e​ h​ν​/​k​T​ − 1

h​c​

= λ​ (e​

h​c​/​λ​k​T​

.

(IV-3.136)

− 1)

55 W​ ̅ ist ja die mittlere Energie eines Oszillators, der mit der Hohlraumstrahlung als Wärmereservoir im Gleichgewicht steht. Daher ist die mittlere Energie eines Oszillators der Frequenz ν gleich der mittleren Energie einer Schwingungsmode im Hohlraum der selben Frequenz.

294

3 Wärmestrahlung

Wir sehen: Klassisch, d. h. bei kontinuierlicher Energieverteilung, wird als mittlere Energie pro Eigenschwingung entsprechend dem Gleichverteilungssatz W​ ̅ = k​T​ gesetzt. Hier aber ergibt sich die völlig andere Verteilung

h​ν​

W​ = e​

h​ν​/​k​T​

Planck-Verteilung.

56

(IV-3.137)

−1

Unter Verwendung der Rayleigh-Jeansschen Modendichte im Hohlraum (Gl. IV-3.111), die ja von den Planckschen Annahmen nicht betroffen ist, wird damit die spektrale Energiedichte zu w​λ​,S​ (λ​,T​) =

8 π​h​c​ λ​

5

1 e​

h​c​/​λ​k​T​

und wir erhalten für die spektrale Strahldichte (L​ =

(IV-3.138) −1 c​ w​E​M)​ im Einheitswellenlän4 π​

genintervall dλ = 1 m

L​λ​,S​ (λ​,T​) =

2 h​c​ 2 λ​

5

1 e​

h​c​/​λ​k​T​

−1

Plancksches Strahlungsgesetz.

(IV-3.139)

Das Plancksche Strahlungsgesetz ist die korrekte Strahlungsformel, mit der die Messergebnisse in allen Wellenlängenbereichen beschrieben werden können (Abb. IV-3.16). Wieder erkennt man sofort, dass das Wiensche Verschiebungsgesetz (Gl. IV-3.77) erfüllt ist. c​ Wir können das Strahlungsgesetz mit d​λ​ = − 2 d​ν​ vom Wellenlängenintervall ν​ dλ auf das Frequenzintervall dν umrechnen (spektrale Modendichte nach Gl. IV8 π​ν​ 2 8 π​h​ν​ 3 1 310: n​ν​ = , spektrale Energiedichte: w​ ) und bekomν​,S​ (ν​,T​) = 3 3 h​ν​/​k​T​ c​ c​ e​ −1 men so für die spektrale Strahldichte im Einheitsfrequenzintervall dν = 1 Hz

56 Lassen wir im Sinne einer klassischen, kontinuierlichen Energieverteilung h → 0 gehen, so kann der Nenner entsprechend e​ x​ = 1 + x​ + ... entwickelt werden und wir erhalten h​ν​ W​ = = k​T​ . Damit ergibt sich wieder das klassische Rayleigh-Jeans Gesetz. h​ν​ −1 1+ k​T​

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung

Lλ [1011 Wm–3sr–1]

4

Wellenlänge λ [10–6 m] → 0,5 0,8 1 3 10

0,5

2⋅10–6 m

1,15⋅10–6 m

2500 K

2500 K

4

3

2 2,5

2 1,44 2000 K

2000 K

3,0

1

Lν [10–9 Wm–2sr–1Hz–1]

← Frequenz ν [1014 Hz] 5 2 1 0,75

295

1,8 1600 K 1600 K

0

2 4 Wellenlänge λ [10–6 m] →

6

6 3 ← Frequenz ν [1014 Hz]

0

IV-3.16: Spektrale Energieverteilung der (unpolarisierten) Wärmestrahlung des schwarzen Körpers. Spektrale Strahldichte Lλ (links) und Lν (rechts) für 1600 K, 2000 K und 2500 K. Die Abszissenmaßstäbe sind so gewählt, dass die entsprechenden Flächen unter den Kurven im linken und rechten Bild, also die Gesamtstrahlung bei der jeweiligen Temperatur, gleich sind. Die strichlierte c​ Kurve zeigt das Wiensche Verschiebungsgesetz. Entsprechend der Umrechnung d​λ​ = − d​ν​ 2 ν​ liegen die Maxima der Kurven nicht bei der gleichen Wellenlänge bzw. Frequenz. Nach R. W. Pohl, Einführung in die Optik, Springer, 1940, S. 284.

L​ν​,S​ (ν​,T​) =

2 h​ν​ 3 c​

2

1 e​

h​ν​/​k​T​

−1

Plancksches Strahlungsgesetz.

(IV-3.140)

Die mit der Planckschen Strahlungsformel berechnete spektrale Strahldichte ergibt nach Multiplikation mit dλ bzw. dν die tatsächliche Strahlungsenergie eines (unpolarisierten) Strahlenbündels des schwarzen Körpers, die im Intervall λ und λ + dλ, bzw. ν und ν + dν bezogen auf die Flächen-, die Zeit- und die Raumwinkeleinheit bei der Temperatur T in Richtung der Flächennormalen ausgestrahlt wird. Das Plancksche Strahlungsgesetz zeigt, dass die „klassische“ Physik zu einer Beschreibung der Naturerscheinungen nicht ausreicht, wenn atomare Dimensionen ins Spiel kommen. Planck selbst allerdings glaubte nur an eine spezielle Eigenschaft der optischen Strahlung, welche eine Energiequantelung erforderlich mache. a​ ⋅ c​ des Wir können jetzt auch die Proportionalitätskonstanten a und σ​ = 4 Stefan-Boltzmannschen Gesetzes (siehe Abschnitt 3.3.4, Gln. (IV-3.69) und (IV-3.71)) berechnen. Es gilt

1

296

3 Wärmestrahlung ∞​

w​S​ = a​ ⋅ T​ 4 = ∫w​ν​,S​ (ν​,T​) d​ν​ = 0

8 π​h​ c​

3

∞​

ν​ 3

∫ 0 e​

h​ν​/​k​T​

d​ν​ .

(IV-3.141)

−1

h​ν​ h​ und d​x​ = d​ν​ folgt k​T​ k​T​

Mit der neuen Variablen x​ =

a​ ⋅ T​ 4 =

8 π​h​ c​

3

∞​

(

3

k​ T​ 4 x​ d​x​ 57 ) ∫ x​ h​ e​ − 1 0 ⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟⏟ =

(IV-3.142)

π​ 4 15

und so ergeben sich die Konstanten zu 8

a​ =

π​

15 σ​ =

2

π​

5

15

5

k​ 4

−16

h​ 3 ⋅ c​ 3 k​ 4

h​ 3 ⋅ c​ 2

= 7,5657 ⋅ 10

−3

−4

Jm K

= 5,6704 ⋅ 10−8 W m−2 K−4 .

(IV-3.143)

(IV-3.144)

3.4.5 Pyrometrie 58 Das Plancksche Strahlungsgesetz bestimmt die spektrale Strahldichte des schwarzen Körpers für jede Wellenlänge allein durch die Temperatur. Es kann daher zur berührungslosen Temperaturmessung verwendet werden: Man vergleicht den Farbeindruck, den ein beliebiger schwarzer Strahler, z. B. das Innere eines Hochofens, hervorruft, mit der Farbe eines anderen schwarzen Strahlers, dessen Temperatur, die „Farbtemperatur Tf “, in messbarer Weise verändert werden kann. Meist wird durch Filter ein bestimmtes Wellenlängenintervall ausgesondert, da bei monochromatischer Strahlung die Strahldichte Lλ als Funktion der Temperatur gemessen werden kann: Es lässt sich in diesem Fall stets eine Temperatur des schwarzen Körpers angeben, bei der dieser die gleiche spektrale Strahldichte besitzt wie der zu vergleichende beliebige Strahler. Man nennt diese Temperatur die spektrale Strahlungstemperatur TS (λ) oder auch „spektrale Farbtemperatur“.

∞​

57 Das Integral ∫

x​ 3 d​x​

0 e​

x​

ist nur mit einigem mathematischen Aufwand als Ringintegral im Komple-

−1

xen zu berechnen. 58 Von πυρ, pyr, pyros (gr.): Feuer

3.4 Die Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung

297

Zur raschen Temperaturbestimmung glühender Körper wird meist ein visuelles Verfahren verwendet, bei dem das Glühlicht eines elektrisch geheizten Wolframfadens in der Zwischenbildebene eines Fernrohrs mit dem Bild des zu messenden Objekts zur Deckung gebracht wird (Glühfadenpyrometer). Der Strom durch den Glühfaden wird so lange variiert, bis sein Bild vor dem Messobjekt verschwindet. Der Einstellknopf des Heizstroms zeigt dann nach Kalibrierung mit Hilfe eines schwarzen Körpers bekannter Temperatur auf einer Temperaturskala die zu dem verwendeten Filter gehörende Farbtemperatur an.

298

3 Wärmestrahlung

Zusammenfassung 1.

Strahlungsphysikalische Grundgrößen: Im Zeitintervall dt abgestrahlte Energie dW:

Φ=

d​W​ d​t​

Strahlungsleistung, [Φ] = W;

J​ =

d​Φ d​Ω1

Strahlstärke, [J] = W⋅sr−1 ; Bestrahlungsstärke = Intensität, 2 d​A​ … bestrahltes Flächenelement, −2 [I] = W⋅m ;

d​Φ cos ​ε2​ I​ = = J​ 2 d​A2​ R​ t​2

H​ = ∫I​ (t​) d​t​

Bestrahlung, [H] = J⋅m−2 ;

t​1

M​ =

L​ =

2.

spezifische Ausstrahlung, d​A1​ … emittierendes Flächenelement, −2 [M] = W⋅m ;

d​Φ d​A1​

d​J​ d​A1​ ⋅ cos ​ε1​

Strahldichte, d​A1​ cos ε​1 … in Richtung ε​1 emittierendes −2​ −1​ Flächenelement d​A1​ , [L] =W m sr :

Die Strahldichte L (die Energie, die pro Zeiteinheit durch die Flächeneinheit senkrecht zum Strahl in die Raumwinkeleinheit ausgestrahlt wird) ist die fundamentale Größe zur Beschreibung des Strahlungsfeldes. Für zwei sich gegenseitig Strahlung zusendende Flächenelemente dA1 und dA2 gilt das Grundgesetz der Strahlungsübertragung

d​ 2 Φ = L​

3.

d​A​1 cos ​ε​1 d​A2​ cos ​ε2​ R​ 2

.

Die spektrale Verteilung der Strahlungsenergie der thermischen Strahlung ändert sich charakteristisch mit der Temperatur. Strahlungsphysikalische Größen werden daher auf einen kleinen Wellenlängen- oder Frequenzbereich bezogen, indem man die „spektrale Dichte“ der Größen bildet: X​ν​ =

d​X​ d​X​ , X​λ​ = : d​ν​ d​λ​

Zusammenfassung

w​ν​ (ν​) =

d​w​ , d​ν​

w​λ​ (λ​) = d​ 3 Φλ​,r​

R​ (λ​) =

d​w​ d​λ​

299

spektrale Energiedichte,

spektraler Reflexionsgrad,

3

d​ Φλ​,e​ T​ (λ​) =

d​ 3 Φλ​,t​

spektraler Transmissionsgrad,

3

d​ Φλ​,e​ A​ (λ​) =

d​ 3 Φλ​,a​

spektraler Absorptionsgrad.

3

d​ Φλ​,e​ R​ (λ​) + T​ (λ​) + A​ (λ​) = 1 ;

Energieerhaltung: E​ (λ​) =

L​λ​ L​λ​,S​

spektraler Emissionsgrad.

4. Der schwarze Körper absorbiert vollständig alle auf ihn auftreffende Strahlung: A​S​ (λ​,T​) ≡ 1 . 5.

L​λ​ (λ​,T​) = L​λ​,S​ (λ​,T​) A​ (λ​,T​)

bzw.

E​ (λ​,T​) = A​ (λ​,T​) E​S​ (λ​) = 1 .

⇒ 6.

7.

M​S​ = σ​T​ 4

bzw.

L​S​ =

Kirchhoffsches Gesetz,

σ​ 4 T​ π​

Stefan-Boltzmannsches Gesetz.

L​λ​,S​ (λ​,T​) = λ​ −5 ⋅ F​ (λ​ ⋅ T​) bzw. λ​max​ ⋅ T​ = b​ Wiensches Verschiebungsgesetz.

8. L​λ​,S​ (λ​,T​) =

9. L​λ​,S​ (λ​,T​) =

a​1 λ​

5

2 c​ λ​

e​

⋅ k​T​ 4

−a​2 /​λ​T​

Strahlungsgesetz von Rayleigh und Jeans, korrekt für sehr großes λ.

Wiensches Strahlungsgesetz, korrekt für sehr kleines λ.

300

3 Wärmestrahlung

10. L​λ​,S​ (λ​,T​) = L​ν​,S​ (ν​,T​) =

5

2 h​c​ 2 λ​

5

1 e​

2 h​ν​ 3 c​

2

h​c​/​λ​k​T​

−1

1 e​

h​ν​/​k​T​

Plancksches Strahlungsgesetz, allgemein gültig für Hohlraumstrahlung (= schwarze Strahlung).

−1

Übungen: 1. Zwei jeweils 2 m2 große Wände mit den Emissionsgraden E1 = 0,6 und E2 = 0,9 und den Temperaturen T1 = 1000 K und T2 = 300 K stehen einander parallel gegenüber. Welcher Wärmestrahlungsstrom (Strahlungsleistung) fließt zwischen ihnen? 2. Das Licht einer Quelle der Stärke 200 cd (siehe Abschnitt 3.2.1) fällt unter einem Winkel von 45° auf eine Fläche und erzeugt dort die Beleuchtungsstärke 40 lx (siehe Abschnitt 3.2.1 und Fußnote 9). In welchem Abstand von der Fläche befindet sich die Lichtquelle? 3. Wie viel Energie strahlt ein Mensch unter der Annahme, dass seine Strahlung „schwarz“ ist, in 1 s ab, wenn a) seine Körpertemperatur 37 °C beträgt? b) im Fieberzustand bei T = 39 °C ? (Körperoberfläche ≈ 2 m2 ). Achtung: Einen Teil dieser Strahlung empfängt er wieder von den Zimmerwänden, falls diese kühler sind als er selbst. Wie groß ist der Nettostrahlungsverlust, wenn die Zimmertemperatur 25 °C beträgt? (Die Wände und der Körper sollen nicht reflektieren). 4. Der von der Sonne kommende, auf die Erdoberfläche treffende Energiestrom überträgt auf einen Quadratzentimeter in der Minute etwa 8,12 J. Berechne die Oberflächentemperatur der Sonne unter der Voraussetzung, dass sie wie ein idealer schwarzer Körper strahlt. 5. Der gelb leuchtende Teil einer Kerzenflamme hat eine Temperatur von 1200 °C. a) Bei welcher Wellenlänge liegt das Maximum der Wärmestrahlung? b) Warum kann man die Kerze überhaupt sehen? 6. Ein schwarzer Körper habe zunächst Raumtemperatur RT = 300 K. Auf welche Temperatur muss man ihn erwärmen, damit er doppelt so viel Wärme abstrahlt? 7. Das spektrale Maximum der Strahldichte der Sonne liegt bei λmax = 510 nm. Welche Temperatur ergibt sich daraus für die Sonnenoberfläche, wenn man diese als schwarzen Körper betrachtet? 8. Leite aus dem Planckschen Strahlungsgesetz a) für kleine Wellenlängen und niedrige Temperaturen das Wiensche Strahlungsgesetz, b) für den Fall großer Wellenlängen und hoher Temperaturen das Rayleigh-Jeanssche Strahlungsgesetz ab.

Literatur Für die Themen aller Bände geeignete Literatur David Halliday, Robert Resnick, Jearl Walker. 1997. „Fundamentals of Physics, Extended“. 5th edition. John Wiley & Sons, New York. Stephen W. Koch, David Halliday, Robert Resnick, Jearl Walker. 2005. „Physik“. Wiley-VCH. Michael Mansfield, Colm O’Sullivan. 1998. „Understanding Physics“. John Wiley & Sons, New York. Paul A. Tipler. 1994. „Physik“. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg. Wolfgang Demtröder. 1998. „Experimentalphysik, 1. Mechanik und Wärme“. Springer. Wolfgang Demtröder. 2008. „Experimentalphysik, 2. Elektrizität und Optik“. Springer. Wolfgang Demtröder. 2003. „Experimentalphysik, 3. Atome, Moleküle Festkörper“. Springer. Wolfgang Demtröder. 2009. „Experimentalphysik, 4. Kern-, Teilchen- und Astrophysik“. Springer. Charles Kittel, Walter D. Knight, Malvin A. Ruderman. Berkeley Physik Kurs (Berkeley Physics Course). „Band 1 Mechanik“. Vieweg. Edward M. Purcell. Berkeley Physik Kurs (Berkeley Physics Course). „Band 2. Elektrizität und Magnetismus“. Vieweg. Frank S. Crawford, Jr. Berkeley Physik Kurs (Berkeley Physics Course). „Band 3. Schwingungen und Wellen“. Vieweg. Eyvind H. Wichmann. Berkeley Physik Kurs (Berkeley Physics Course). „Band 4. Quantenphysik“. Vieweg. Frederick Reif. Berkeley Physik Kurs (Berkeley Physics Course). „Band 5. Statistische Physik“. Vieweg. Alan M. Portis. Berkeley Physik Kurs (Berkeley Physics Course). „Band 6. Physik im Experiment“. Vieweg. Christian Gerthsen, Hans Otto Kneser, Helmut Vogel. 1974. „Physik“. Springer. R. W. Pohl. 1941. „Einführung in die Mechanik, Akustik und Wärmelehre“. Springer. R. W. Pohl. 1940. „Einführung in die Elektrizitätslehre“. Springer. R. W. Pohl. 1941. „Einführung in die Optik“. Springer. Bergmann-Schaefer. 1998. „Lehrbuch der Experimentalphysik“. Band 1. Mechanik, Relativität, Wärme. De Gruyter, Berlin. Bergmann-Schaefer. 2008. „Lehrbuch der Experimentalphysik“. Band 2. Elektromagnetismus. De Gruyter, Berlin. Bergmann-Schaefer. 2008.„Lehrbuch der Experimentalphysik“. Band 3. Optik. De Gruyter, Berlin. Bergmann-Schaefer. 2008. „Lehrbuch der Experimentalphysik“. Band 4. Bestandteile der Materie. De Gruyter, Berlin. Bergmann-Schaefer. 2008. „Lehrbuch der Experimentalphysik“. Band 5. Gase, Nanosysteme Flüssigkeiten. De Gruyter, Berlin. Bergmann-Schaefer. 2008. „Lehrbuch der Experimentalphysik“. Band 6. Festkörper. De Gruyter, Berlin. Bergmann-Schaefer. 2008. „Lehrbuch der Experimentalphysik“. Band 7. Erde und Planeten. De Gruyter, Berlin. Bergmann-Schaefer. 2009. „Lehrbuch der Experimentalphysik“. Band 8. Sterne und Weltraum. De Gruyter, Berlin. Georg Joos. 1964. „Lehrbuch der Theoretischen Physik“. Akademische Verlagsgesellschaft Leipzig.

https://doi.org/10.1515/9783110675719-004

302

Literatur

Speziell für die Themen von Band IV geeignete und weiterführende Literatur Wolfgang Demtröder. 2008. „Experimentalphysik, 2. Elektrizität und Optik“. Springer. R. W. Pohl. 1941. „Einführung in die Optik“. Springer. Bergmann-Schaefer. 2008. „Lehrbuch der Experimentalphysik“. Band 3. Optik. De Gruyter. Eugene Hecht. 2014. „Optik“. De Gruyter. Eugene Hecht. 2002. „Optics“. Addison-Wesley. R. C. Jennison. 1961. "Fourier Transforms and Convolutions for the Experimentalist". Pergamon Press. Joseph Morgan. 1953. „Geometrical and Physical Optics“. McGraw-Hill Book Company. F. A. Jenkins und H. E. White. 1976. „Fundamentals of Optics“. McGraw-Hill. E. W. Schpolski. 1968. „Atomphysik, Teil 1“. Deutscher Verlag der Wissenschaften. Hermann Haken und Hans Christoph Wolf. 1990. „Atom- und Quantenphysik. Einführung in die experimentellen und theoretischen Grundlagen“. Springer.

Register A Abbe, Ernst Karl 188, 232 Abbesche Sinusbedingung 188, 209 Abbildungsgleichung für eine Kugelfläche 185 Abbildungsmaßstab 174, 187 Ablenkwinkel (Prisma) 178 absoluter Brechungsindex 57 Absorption 2, 63, 154 Absorptionsgrad 263 Absorptionskoeffizient 64, 157 Absorptionsspektrum 103 Absorptionsvermögen 265 Abstrahlung 242, 247 Achromat 207 Adaption 203, 214 Aderhaut 212 Adiabatenkoeffizient 274 adiabatische (isentrope) Zustandsänderung 274 Airy, Sir George Biddell 147 Airy-Funktion 122 Airy-Scheibchen 147–148 Akkommodation 211 Akzeptanzwinkel 184 allgemeine Linsenschleiferformel 193 allgemeine Strahldichte 247 Amplitudenreflexionskoeffizient 77, 79 Amplitudentransmissionskoeffizient 78–79 Andromeda-Nebel 226 anomale Dispersion 64 Anregungskraft 59 Anregungsprozess von Atomen 240 Apertur 44, 52 Aperturblende 167, 202 Aperturfunktion 53 aplanatisch 209 aplanatischer Punkt 190, 230 aplanatisches Linsensystem 209 Äquipartitionstheorem (Gleichverteilungssatz) 277, 286 Arago, François 98 asphärische Linse 206 astigmatische Differenz 209 astigmatische Verzerrung 209 Astigmatismus 209 astronomisches Fernrohr 223 auflösbare Sehwinkeldifferenz 228 Auflösungsgrenze 150 https://doi.org/10.1515/9783110675719-005

Auflösungsvermögen 150, 222, 227 Auflösungsvermögen der Lummer-Gehrcke Platte 131 Auflösungsvermögen des Auges 215 Auflösungsvermögen des Fabry-PérotInterferometers 126 Auflösungsvermögen des Mikroskops 230, 232 Auflösungsvermögen nach Abbe 231 Auflösungsvermögen nach Helmholtz 227 Auflösungsvermögen optischer Instrumente 149 Auge 211 Augenadaptierung 249 Augenastigmatismus 217 Augenlinse 211 ausgezeichnete Strahlen (Bildkonstruktion) 196 außerordentlicher Strahl 88 Austrittspupille 167, 204–205 Austrittswinkel 125, 159 B β-Zerfall 158 Basislänge (Prisma) 105–106 Beleuchtungsstärke 252 Belichtung 252 Beobachtungsordnung 109 berührungslose Temperaturmessung 296 Bessel-Funktion (Zylinderfunktion) 145 Bestrahlung 244, 252 Bestrahlungsstärke (Intensität) 85, 213, 244, 252, 255 beugende Apertur 55 Beugung 34 Beugung am Doppelspalt 36 Beugung am Spalt 51 Beugung am Vielfachspalt 40 Beugung an Begrenzungen 24 Beugungserscheinung 2, 34, 164 Beugungserscheinung im Fernfeld 140 Beugungsgitter 40 Beugungsmaximum (Auflösungsvermögen) 232 Beugungsminima (Spalt) 32 biaxial 89 bikonvexe Linse 201 Bildfeldwölbung 209–210 Bildkonstruktion 175 Bildkonstruktion an der Zerstreuungslinse 197

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Register

Bildkonstruktion an Sammellinse 196 Bildpunkte 164 bildseitig telezentrisch 205 bildseitige Brennweite (Bildbrennweite) 185, 193, 200 Bildwinkel 205–206 Biolumineszenz 241 Blende 164, 202 Boltzmann, Ludwig 268, 273 brechende Kante (Prisma) 177 brechender Winkel (Prisma) 177 Brechkraft 186, 195, 199 Brechung 164 Brechung an Kugelflächen 181 Brechungsgesetz 61, 69, 116 Brechungsindex (Brechzahl) 9, 56, 65, 69, 157 Brechungsindex, komplexer 154, 156 Brechzahl (Brechungsindex) 9, 56, 65, 69, 157 Brennebene 175 Brennfläche 208 Brennpunkt 170 Brennpunktstrahl 196 Brennweite 171 Brennweite dünner Linsen 193 Brewster, Sir David 73 Brewstersches Gesetz 73 Brewsterwinkel 73, 80–81 Bündelbegrenzung 164 Bunsenflamme 256 C Calcit (Kalkspat) CaCo3 87 Calcitrhomboeder 89, 96 Candela 251 CCD-Kamera 254 Chemolumineszenz 241 chromatische Aberration 206 Cotton-Mouton-Effekt 88 D Dämpfungskonstante 59 Delta-Funktion 50, 55 destruktive Interferenz 11, 14 deutliche Sehweite 215 Diakaustik 208 dicke Linsen 199 Dielektrika 65 dielektrische Polarisation 65, 164 dielektrische Suszeptibilität 153 Dielektrizitätstensor, DK-Tensor 91

differentielle Strahlungsleistung 244, 247 differentieller Raumwinkel 241 diffuse Emission 246 diffuse Strahler (Lambert-Strahler) 246 Dioptrie 186, 195, 199 Dipoldichte 153 Dipolmoment 65 Dipolstrahlung 5 diskontinuierliches Spektrum 103 diskrete Energiewerte 291 diskretes Energiespektrum 290 diskretes Linienspektrum 240 Dispersion 56–57, 59, 154, 170, 206 Dispersionsbereich 127, 129, 159, 161 Dispersionsbereich der Lummer-Gehrcke Platte 130 Dispersionskurve 61, 64, 131 Dispersionsrelation im Medium 57 Dispersionsrelation im Vakuum 56 divergierende Lichtstrahlen 164 D-Linien des Na-Dampfes 103 Doppelbrechung 87 Doppelspalt 38–39, 231 Drehung der Polarisationsebene 99 Drehwinkel der Polarisationsebene 102 dualer Raum 283 dünne Linsen 190 durchsichtig 63 E ebene harmonische Welle 7 ebene Wellen 164 Ebener Spiegel 169 Echelettegitter 110 effektive Strahlzahl 127 Eigenschwingung (Schwingungsmoden) 282 Eindringtiefe 157 Einfachspalt 31 Einfallsebene 71 Einheitsebene (Hauptebene, dicke Linsen) 202 Einschwingvorgang 59 Eintrittspupille 167, 205 Elektrolumineszenz 240 elektromagnetische Strahlung 240, 249, 256 elektromagnetisches Spektrum 239 Elementarvolumen 283 Emission 2 Emissionsgrad 265 Emissionsspektrum 103 Emissionsvermögen 246, 263, 265

Register Empfindlichkeit des Auges 214 enantiomorph, enantiotrop 99 Energiebilanz bei Wärmestrahlung 261 Energiedichte der schwarzen Strahlung 245, 265–266, 271, 277, 286 Energiedichte des elektromagnetischen Feldes 74 Energieelement (Planck) 289 Energieportion 291 Entität 286 Entropie 268, 270 Entropiedichte der Hohlraumstrahlung 273 entspanntes Auge 197, 212, 216 Erregerschwingung 59 erzwungene Schwingung 66 Expansion des Universums 226 Extinktion 63 F Fabry, Maurice Paul Auguste Charles 121 Fabry-Pérot-Interferometer 121, 123, 159 Farbtemperatur 296 Farbzerlegung 60, 62 Fehlsichtigkeit 216 Fermat, Pierre de 165 Fermatsches Prinzip 165 Fernfeld 31, 143 Fernpunkt 216 Fernrohr 222, 227–228 feste Phasenbeziehung 3 Finesse 122 Finesse Faktor 122 Flächenhelligkeit 246 Fluoreszenz 241 förderliche Vergrößerung 222 Fourier-Analyse 7 Fourierentwicklung 47 Fourierintegral 49 Fourierkoeffizient 47 Fourier-Optik 44 Fourierreihe 47 Fouriersches Integraltheorem 47–48, 277 Fouriertransformationspaar 49 Fouriertransformierte 49 Fraunhofer, Joseph 26 Fraunhofer-Bedingung 28, 142 Fraunhofer-Beugung am Einfachspalt 31 Fraunhofer-Fresnel-Beugung 26 Fraunhofer-Näherung 142–143 freier Spektralbereich 127, 160

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Frequenz 52 Fresnel, Augustin Jean 27, 79 Fresnel-Beugung 27 Fresnelsche Formeln 73, 79, 82 Fuchsin 64 G Galilei, Galileo 224 Galileisches Fernrohr 224 Gangdifferenz 4 Gangdifferenz an planparallelen Platten 116– 117, 119 Gangunterschied 12–13 Gaußsche Abbildungsgleichung 194, 196, 200 Gaußsche Linsenformel 173, 194 Gaußsche Optik (paraxiale Optik) 184 gedämpfte Schwingung 151 gegenstandsseitig telezentrisch 206 gegenstandsseitige Brennweite 200 Gehrcke, Ernst Johann 128 Gehrcke-Prisma 128 geometrische Optik 1, 163 geradlinige Ausbreitung 23 gesamte Energiedichte 258 gesamte Strahlungsleistung 243 Gesetz von Rayleigh und Jeans 277, 287, 294 Gesichtsfeld 203 Gesichtsfeldblende 206, 220 Gitterkonstante 40, 108–109, 283 Gittermonochromator 110, 112 Gitterspektralapparat 107 Gitterspektrometer 103 Glas 256 Glaskörper (Auge) 212 Gleichverteilungssatz (Äquipartitionstheorem) 277, 286 Glühfadenpyrometer 297 Glühlampe 255 Grundaxiome der geometrischen Optik 164 Grundgesetz der Strahlungsübertragung 247, 262, 266 Gruppengeschwindigkeit 56, 60 H Halbschatten 167 Halogenlampe 255 Haupdielelktrizitätskonstante 91 Hauptachse 89 Hauptebene (dicke Linsen) 199, 202 Hauptebene (Doppelbrechung) 90, 199

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Register

Hauptlichtgeschwindigkeit 93 Hauptmaxima beim Gitter 42, 107–108, 112 Hauptmaximum (Spalt) 33 Hauptpunkt 199, 202 1. Hauptsatz der Thermodynamik 269 2. Hauptsatz der Thermodynamik 256, 269 Hauptschnitt 90, 177 Hauptspiegel (Primärspiegel) 225 Hauptstrahl 167 Hauptwerte des Brechungsindex (Hauptbrechungsindizes) 92 Hefnerlampe 213 Hellempfindlichkeitsgrad 249 Helligkeit des Bildes 203 Helligkeit und Dunkelheit bei Reflexion an planparallelen Platten 117 Helligkeit und Dunkelheit in Transmission an planparallelen Platten 119 Helligkeitsverlust 206 Helmholtz, Hermann Ludwig Ferdinand von 46, 190, 230 hexagonale Kristalle 89 Hilfsgröße h 289 hintere Brennweite 185 hinterer, bildseitiger Brennpunkt 173 Hintergrundstrahlung 241 Hohlraum 247, 260, 265, 270 Hohlraumresonator 277 Hohlraumstrahlung 260, 264, 266, 268, 272– 274, 286, 288 Hornhaut 211 Hornhautkrümmung 217 Hornhautscheitel 212 Hubble, Edwin 226 Huygens, Christiaan 14 Huygenssche Prinzip (Huygens-Fresnelsches Prinzip) 14–15, 69, 142, 165 I Immersion 230, 232 Immersionsobjektive 230 Immersionsöl 229 Indexellipsoid 94 Infrarot 240 inkohärente Überlagerung 4 Integrabilitätsbedingung 269–270 Intensität (Bestrahlungsstärke) 3, 10, 29, 63, 74, 167 Interferenz 2, 112 Interferenzen gleicher Neigung 114

Interferenzterm 10 Interferometer 103, 112 Invarianz bei Zeitumkehr 158 inverse Fouriertransformierte 49 Iris (Auge) 203, 211 isentrope (adiabatische) Zustandsänderung 274 Isochromate 289 Isotherme des schwarzen Körpers 274 Isotropie der Hohlraumstrahlung 272 J Jeans, James Hopwood 277 K Kältestrahlung 256 Kammerwasser (Auge) 211 Kanadabalsam 96 kanonische Verteilung 291 kanonische Zustandssumme 292 Katakaustik 177, 208 Kepler, Johannes 223 Keplersches Fernrohr 223 Kernschatten 167 Kerr-Effekt 88 Kerzenflamme 256 Kirchhoff, Gustav Robert 15, 259 Kirchhoffsches Gesetz 245, 261, 264 kissenförmige (positive) Verzeichnung 211 klassische Lichtquelle 4 kleinster auflösbarer Objektabstand des Mikroskops 232 Knotenpunkt 199 kohärente Lichtwelle 231 kohärente Linienquelle 29 kohärente Welle 2–3 Kohärenzlänge 4 Kohärenzzeit 4 Kohlrausch und Weber (Experiment zur „kritischen Geschwindigkeit“) 58 Koma (Linsenfehler) 189, 208 Komet 208 komplexe Amplitude 153 komplexe Suszeptibilität 154 komplexer Brechungsindex 57, 154, 156 konjugierte Elemente 185 konjugierter Punkt 166, 171 Konjunktion 168 konstruktive Interferenz 10, 14 kontinuierliche Energieverteilung 294

Register kontinuierliches Strahlungsspektrum 103, 240, 256 konvergierende Lichtstrahlen 164 k⇀-Raum 283 Kreisfrequenz 52 kreisrunde Apertur 142 Kreiswellenzahl 52 Kryoradiometer 251 kubischer Kristall 87 Kugelwelle 164 Kurlbaum, Ferdinand 260 kurzsichtiges (myopisch) Auge 216 L λ/2-Plättchen 97 λ/4-Plättchen 97 Ladungswolke 151 Lagrange, Joseph-Louis de (Giuseppe Lodovico Lagrangia) 189 Lagrange-Helmholtz Gesetz 189–190 Lambert, Johann Heinrich 246 Lambert-Beersches Gesetz 63, 157 Lambertsches Kosinusgesetz 246 Lambert-Strahler (diffuser Strahler) 246 Lambert-Strahlung (diffuse Strahlung) 272 Laser 6 laterale Dispersion 110 laterale Vergrößerung 175, 187 laterale Vergrößerung (= Lateralvergrößerung) 170, 175, 186–187, 198, 210, 217, 220 LED (Leuchtdiode) 255 Leopold-Figl Observatorium 226 Leuchtdichte 252 Leuchtdiode (LED) 255 Leuchtkraft 248 Leuchtstoffröhre 255 Lichtausbeute 252, 255 Lichtbündel 164 Lichtleistung 252, 255 Lichtmenge 252 Lichtstärke 250 Lichtstrahl 163 Lichtstrom 252 linear polarisiert 72 lineare, kohärente Lichtquelle 24–25 linksdrehende Substanz (Drehung der Polarisationsebene) 102 linkshändiges Koordinatensystem 170 Linsenbegrenzung (Linsenfassung) 164, 167, 202

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Linsenfehler (Aberration) 149, 206 Linsenschleiferformel (Linsenmachergleichung) 192 Linsensystem 199 Lorentz, Hendrik Antoon 46, 66 Lorentz-Modell 66, 91, 151, 154 Lumen (Einheit) 252 Lumineszenz 240, 258 Lummer, Otto Richard 128, 253 Lummer-Brodhun-Würfel 253 Lummer-Gehrcke Platte 128 Lupe 197, 217–218 Lux 252 Lux (Einheit) 213 M Malus, Etienne-Louis 71 maximal mögliche Lupenvergrößerung 219 Maxwell Relation 9, 56, 58, 65 mechanisches Lichtäquivalent 213 Meridionalebene (Tangentialebene beim Astigmatismus) 209 meridionaler Brennpunkt (Astigmatismus) 209 Mikroskop 220, 228 Minima I. Klasse (Doppelspalt, Gitter) 39, 42 Minima II. Klasse (Doppelspalt, Gitter) 39, 42, 108 minimale Ablenkung 180 minimaler Ablenkwinkel (Prisma) 179 Mittelpunktsstrahl 196 momentane Energiestromdichte 85 momentane Leistungsdichte 74 Mondfinsternis 168 monochromatische Spektrallinie 5 N Nachtsehen 213, 250 Na-D-Doppellinie 107, 110, 124, 255 Nadelstrahlen, Nadelstrahlung 163, 258 Nahpunkt 215–216 natürliche Linienbreite 6 natürliches Licht 71 Nebenmaxima (Fabry-Pérot) 122 Nebenmaxima (Gitter) 42, 107 Nebenmaxima (Spalt) 32 negativ einachsig 93 Netzhaut (retina, Auge) 166, 212 Newtonsche Abbildungsgleichung 198, 200, 202 Nichtgleichgewichtszustand 240

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Register

nicht-periodische Funktion 48 Nicol, William 96 Nicolsches Prisma 96 normale Dispersion 60 Normalkomponente der elektrischen Feldstärke 73 Normalsichtigkeit 215 Normalvergrößerung 219, 221, 223, 235 numerische Apertur 230, 232 O Objektiv 220 Objektmikrometer 220 objektseitige Brennweite (Objektbrennweite) 186, 193 objektseitiger Brennpunkt 173 Obliquität 15 Öffnungswinkel (Lichtbündel) 167, 206 Okular 220, 225 optisch aktiv 96, 98 optisch anisotrop 87 optisch negativ 95 optisch positiv 95 optische Abbildung 166 optische Achse 89, 167 optische Tubuslänge 220 optische Wegdifferenz 13, 116 optischer Spektralbereich 240 ordentlicher Strahl (Doppelbrechung) 88 Ordnung der Interferenz 129 Ordnung (Fabry-Pérot und LummerGehrcke) 125, 127–128, 130–131, 159 Ordnung (Gitterspektralapparat) 107–111 orthogonale Trajektorien 163 Oszillatorstärke 67, 151 P Parabolspiegel 176 paraxiale Strahlen 170, 176 periodische Funktion 47 Pérot, Jean-Baptiste Alfred 121 Petzval-Dublett 208 Phase einer Welle 3 Phasendifferenz an planparallelen Platten in Reflexion 117 Phasendifferenz (Phasenwinkel) 10, 13 Phasenfaktor 3 Phasenfläche 8, 163 Phasengeschwindigkeit 8, 56, 59, 65, 74, 89, 94, 157

Phasenkonstante 3 Phasensprung um π bei Reflexion am dichteren Medium 157 Phasenwinkel 3, 12–13 Phosphoreszenz 241 Photodiode 254 Photoeffekt (photoelektrischer Effekt) 249, 254 Photoelektronenvervielfacher 253 Photolumineszenz 241 Photometerbank 254 Photometerwürfel 253 Photometrie 249 photometrische Größe 250 Photoplatten 254 Photozelle 253–254 Physikalisch Technische Reichsanstalt 260 physikalische Strahlungsmessung 249 physiologische Helligkeitsempfindung 249 physiologischer Grenzwinkel (Auge) 216 Planck, Max Karl Ernst Ludwig 288 Plancksche Quantenhypothese 291 Plancksches Strahlungsgesetz 288–289, 294– 295 Plancksches Wirkungsquantum (Plancksche Konstante) 291 Planck-Verteilung 294 planparallele Platte 114–115, 117–120 Poissonscher Fleck 27 Polarisation 153 Polarisationszustand 46 Polarisierbarkeit 66 polarisiertes Licht 71 Polarkoordinaten 144 positiv einachsig (Doppelbrechung) 93, 97 Poynting-Vektor 52, 85, 92, 164, 244, 248 Primärwelle 14 Pringsheim, Ernst 260 Prinzip der elementaren Unordnung (Planck) 289 Prinzip der Umkehrbarkeit 158 Prinzip des detaillierten Gleichgewichts 263 Prisma 62, 104, 177 Prismenfernrohr (Binokular, Feldstecher) 224 Prismenspektrometer 103 Projektionswinkel 203 punktförmige Abbildung 166 Pupille (Auge) 214 Pupille (optische Instrumente) 167, 203 Pyrometrie 288, 296

Register Q quadratisches Abstandsgesetz 244 quantenhafte Natur des Lichts 257 Quantenoptik 1 Quantisierung durch räumliche Einschränkung 279, 282 Quarz 87 Quecksilberdampflampe 255 Quellstärke 24 R Radiolumineszenz 241 Radiometrie 249 räumliche Kohärenz 6 Raumwinkel 241 Raumwinkelelement 241 Rayleigh: John William Strutt, 3. Baron Rayleigh (Lord Rayleigh) 46, 277 Rayleigh-Jeanssches Strahlungsgesetz 277, 287, 294 Rayleigh-Kriterium 106, 108, 150, 216, 227 rechtsdrehende Substanz (Drehung der Polarisationsebene) 102 rechtshändiges Koordinatensystem 170 reelles Bild 166 Reflexion 164, 246 Reflexionsgesetz 69, 168 Reflexionsgrad 86, 257 Reflexionskoeffizient 77, 79, 128 Reflexionsverlust 128 Regenbogen 62 Reibungskraft 59 Rekursionsformel (Bessel-Funktion) 145 Reststrahlung 289 retina (Netzhaut) 166, 212 reversible Wärmezufuhr 269 Rezeptoren (Auge) 212 reziproker Raum 283 Reziprozitätsprinzip 44, 46 Ringradien (Fabry-Pérot) 125, 159 Roijen Snell, Willebrord van (latinisiert „Snellius“) 69 Röntgenaufnahme 168 Röntgenstrahl 168 Rotationsdispersion 102 Rotglut 256 Rowland, Henry A. 107 Rowland-Gitter 107 Rückstellkraft 59

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S sagittale Bildlinie 209 Sagittalebene (Astigmatismus) 209 sagittaler Brennpunkt 209 Sammellinsen (Konvex-, Positivlinse) 191 Satellitenschüssel 177 Schärfe der optischen Abbildung 165 Schattenwurf 167 scheinbare Fläche 247 scheinbare Fläche (Lambertsches Kosinusgesetz) 246 Scheitelabstand (dünne Linsen) 190 Scheitelpunkt (dicke Linsen) 201 schiefe Strahlen 208 Schott, Otto 188 schwache Wechselwirkung 158 schwarze Strahlung 240, 260, 264 schwarzer Körper 240, 245, 259 schwarzer Strahler 259 Schwingungsebene des Lichts 71 Sehgrube (Auge) 214 Sehkorrektur 216 Sehpurpur (Auge) 213 Sehwinkel 217 Sekundärwellen (Huygenssches Prinzip) 14, 142 Separationsansatz, Separationsgleichung, Separationskonstante (Rayleigh-Jeans Verfahren) 279–280 sichtbares Licht 240 SI-Einheitensystem 251 Sinusbedingung 188, 230 Solarkonstante 248 Sonnenfinsternis 167 Sonnenphotosphäre 240 Spektralanalyse 103 Spektralbereich, freier 127, 160 spektrale Dichte 257 spektrale Empfindlichkeit 253 spektrale Energiedichte 257, 294 spektrale Farbtemperatur 296 spektrale Modendichte 285, 294 spektrale Strahldichte der Wärmestrahlung 258, 260, 262, 287, 294 spektrale Strahlungsleistung 262 spektrale Strahlungstemperatur 296 spektrale Verteilung 256 spektraler Absorptionsgrad 258 spektraler Emissionsgrad 258 spektraler Reflexionsgrad 258

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Register

spektraler Transmissionsgrad 258 spektrales Auflösungsvermögen 105–107, 109– 110 Spektralfunktion 48–49 Spektrallinien 103 spezielle Relativitätstheorie 56 spezifische Ausstrahlung 245, 248, 252 sphärische Aberration (Öffnungsfehler) 176, 183, 207 sphärische Elementarwelle (Huygenssches Prinzip) 14 sphärische Grenzfläche 181 Sphärischer Hohlspiegel 170 Spiegel-Formel 173 Spiegelteleskop 150, 225 Stäbchen (Auge) 212 stationäre Interferenzstruktur 4 Stefan, Josef 273 Stefan-Boltzmann Gesetz 245, 265, 272, 287, 295 Stefan-Boltzmann Konstante 272 stehende Wellen 279 Stokessche Überlegung zum Phasensprung bei Reflexion 157 Strahl parallel zur optischen Achse 196 Strahldichte 245, 252, 257 Strahldichte der schwarzen Strahlung 271 Strahlenbündel 242 Strahlenflächenellipsoid (Wellenflächenellipsoid) 95 Strahlengang 177, 221, 223–224 Strahlenoptik 1, 164 Strahlfläche 93 Strahlneigungswinkel (Öffnungswinkel) 184, 208 Strahlstärke (Strahlungsstärke) 244, 247, 250, 256 Strahlung im Hohlraum 268 Strahlungsausbeute 252 Strahlungsenergie 243, 252 Strahlungsfluss 243 Strahlungsgas (Hohlraumstrahlung als „Gas“) 274 Strahlungsgesetz von Rayleigh und Jeans 287 Strahlungsleistung 252 Strahlungsleistung (Energiestrom) 243 Streuung von Licht 63 Strichgitter 107 Strichzahl 109 Superpositionsprinzip 2

T Tagsehen 213, 250 Tangentialkomponente der elektrischen Feldstärke 73, 278 Teleobjektiv 237 teleskopisches System 223 terrestrisches Fernrohr 224 terrestrisches Okular 224 tetragonale Kistalle 89 Thermistor (Bolometer) 254 Thermoelement 254, 256 Thermosäule 254, 256 Tiefenvergrößerung 217 tonnenförmige (negative) Verzeichnung 211 totale Mondfinsternis 168 totale Sonnenfinsternis 168 Totalreflexion 71, 82, 128 Transmissions-Elektronenmikroskop 231 Transmissionsgrad 86, 257 Tribolumineszenz 241 trigonale Kristalle 89 U Überlagerung ebener harmonischer Wellen 7 Ultraviolett 240 Ultraviolettkatastrophe 287 Umkehrbarkeit des Strahlenganges (Umkehrprinzip) 47, 164, 185 ungestörte Ausbreitung von Wellen 23 uniaxiale Kristalle (Doppelbrechung) 89 V Vakuumlichtgeschwindigkeit 9, 56, 65 Vakuumwellenzahl 13 Verdetsche Kohärenzbedingung 112–113 Vereinbarung für die Vorzeichen (Spiegel) 174 Vereinbarung über die Vorzeichen (Linsen) 182, 186 Vergrößerung des astronomischen Fernrohres 223 Vergrößerung des Mikroskops 221 Vergrößerung des terrestrischen Fernrohres 224 Verzeichnung (Abbildungsfehler) 208, 210 verzeichnungsfreie Abbildung 211 Verzerrung (Abbildungsfehler) 208 Vielfachreflexion 114 Vielfachspalt (Gitter) 41, 51 Vielstrahlinterferenz 14, 19 virtuelles Bild 166, 197, 224

Register Visibilität 159, 161 Volumen der Einheitszelle (Rayleigh-Jeans Verfahren) 284 vordere Brennweite 186 vorderer Brennpunkt 173 Vorzeichenvereinbarung (Spiegel und Linsen) 174, 182, 186 W Wärmestrahlung (thermische Strahlung) 1, 240, 256, 260, 274 Wegdifferenz 13 weißes Licht 61 Weißglut 256 weitsichtiges (hypermetropisches) Auge 216 Wellenfläche (Phasenfläche) 14, 92 Wellenflächenellipsoid (Strahlenflächenellipsoid) 95 Wellenoptik 1 Wellenpaket 5, 60 Wellenvektor 8, 52, 57, 71, 279, 283 Wellenzahl 52, 279 Wesen des Lichts ist quantenhaft 257 Wien, Wilhelm Carl Werner Otto Fritz Franz 260 Wiensches Strahlungsgesetz 287 Wiensches Verschiebungsgesetz 275, 277

311

Winkelauflösung 150 Winkeldispersion 111 Winkelvergrößerung 217–218, 220, 224 X Xenon-Hochdrucklampe 177, 255 Y Yerkes Observatorium 225 Z Zapfen (Auge) 212 Zeiss, Carl 188 Zentralprojektion 241 Zerstreuungslinsen (Konkav-, Negativlinse) 191 Ziliarmuskel (Auge) 215 zirkular polarisiert 84 Zustandsfunktion 269 Zustandsfunktionen der Hohlraumstrahlung 274 Zustrahlung 243, 247 zweidimensionale Fouriertransformierte 52, 54 zweidimensionales Fourierintegral 52 Zweistrahlinterferenz 115 Zwischenbild 220 Zwischenbildebene 220